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German Pages 308 Year 2018
Schriften zum Steuerrecht Band 135
Doppelte Verlustberücksichtigung bei Organschaft § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG und grenzüberschreitende Steuerarbitrage
Von
Philip Niemann
Duncker & Humblot · Berlin
PHILIP NIEMANN
Doppelte Verlustberücksichtigung bei Organschaft
S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 135
Doppelte Verlustberücksichtigung bei Organschaft § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG und grenzüberschreitende Steuerarbitrage
Von
Philip Niemann
Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Wintersemester 2017/2018 als Dissertation angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017/2018 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Ihr liegen die Gesetzgebung, Fachliteratur und Rechtsprechung bis Anfang Juni 2017 zugrunde. Das Thema der Arbeit war vor dem Hintergrund der mit dem Gesetz vom 20. Februar 2013 vollzogenen „kleinen Organschaftsreform“ von Anfang an aktuell. Im Laufe der Ausarbeitung folgten auf internationaler Ebene die Berichte der OECD vom 16. September 2014 und vom 5. Oktober 2015 über die Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen und damit konkrete, aber rechtlich unverbindliche Empfehlungen zur Sicherstellung einer kohärenten Besteuerung bei abweichender Qualifikation. Den Schlusspunkt der Arbeit bildet die Überführung eines wesentlichen Teils dieser Empfehlungen in verbindliches EU-Sekundärrecht in Form der Richtlinien vom 12. Juli 2016 und vom 29. Mai 2017. Der überwiegende Teil der Vorgaben letzterer Richtlinie ist bis Ende 2019 auch von Deutschland umzusetzen; zum hiervon berührten Bereich zwischen internationaler, doppelter Berücksichtigung desselben Aufwands oder Verlusts und § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG wird diese Arbeit hoffentlich einen Beitrag leisten. Im Kern entstand die Arbeit während meiner Tätigkeit als Berufseinsteiger in der steuerlichen Grundsatzabteilung der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von August 2014 bis Juli 2016. Diese Zeit habe ich in guter Erinnerung behalten, ermöglichte sie mir doch einen ständigen Praxisbezug, fachliche Diskussionen und erweiterte Recherchemöglichkeiten. Zugleich kam mir große Freiheit bei der Wahl und Bearbeitung des Themas der Arbeit zu. Hierfür und für seine ständige Verfügbarkeit gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Jürgen Lüdicke mein aufrichtiger Dank. Für viele Einblicke in die juristische Mandatspraxis danke ich Herrn Björn Bodewaldt. Zudem bedanke ich mich für Hinweise aus betriebswirtschaftlicher Perspektive und die Vermittlung von Ansprechpartnern an ausländischen Standorten bei Herrn Dr. Ronald Gebhardt. Hervorheben möchte ich auch die Humboldt European Law School, die mir das Studium an der Université Paris II Panthéon-Assas und am King’s College London ermöglichte. Diesem Programm wünsche ich eine weiter gute Entwicklung. Schließlich danke ich Herrn Prof. Dr. Gerrit Frotscher für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und das anregende Prüfungsgespräch. Mein Vater Klaus Niemann und meine Mutter Robin Niemann wissen um meine tief empfundene Dankbarkeit für ihre uneingeschränkte Förderung meiner Ausbildung. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Hamburg, im Oktober 2018
Philip Niemann
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. „Double dip“: Die historische Ausgangssituation und ihre Lösung . . . . . . . . . . .
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II. Neuregelung des organschaftlichen, subjektiven Inlandsbezugs als Regelungsanlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Gegenüberstellung der Altfassung und der Neufassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Status quo des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Anliegen und Gegenstand dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. Gang dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erster Teil Verlustverrechnung als grenzüberschreitende Steuerarbitrage
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Kapitel 1 Verlustverrechnung und Organschaft
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I. Aspekte der Einkünfteermittlung und innersubjektiven Verlustverrechnung . . . 1. Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einkunftsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Negative Einkünfte: Verlust und Werbungskostenüberschuss . . . . . . . . . . . . . a) Eigene und fremde Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inländische und ausländische Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aktive und passive Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verlustverrechnung: Verlustausgleich und Verlustabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Innerperiodischer Verlustausgleich: Horizontaler und vertikaler Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überperiodischer Verlustabzug: Verlustrücktrag und Verlustvortrag . . . . 5. Doppelbesteuerungsabkommen: Einkünftebegriff und Verlustverrechnung .
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II. Aspekte der körperschaftsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ergebnisausgleich als (ein) zentrales Anliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einkunftsarten der Organträger und Organgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerpflicht und Einkünfteerzielung bei Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis b) Einkünfteerzielung bei körperschaftsteuerlicher Organschaft . . . . . . . . . . . 4. Behandlung der Gewinnabführung und der Einkommenszurechnung beim Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behandlung der Gewinnabführung und der Verlustübernahme . . . . . . . . . . b) Ebene der Erfassung des Organeinkommens beim Organträger . . . . . . . . . 5. Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung der Organschaft im Ausland a) Selbständigkeit der innerstaatlichen Zurechnungsentscheidung . . . . . . . . . b) Gewinnabführung und Verlustübernahme als reale wirtschaftliche Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Abkommensberechtigung des Organträgers und der Organgesellschaft . . . . . a) Begriff der Abkommensberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Person (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansässigkeit (Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unbeschränkt steuerpflichtige Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Person (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansässigkeit (Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organträger-Personengesellschaften und beschränkt steuerpflichtige Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Organträger-Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inländische Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Abkommensschutz des Organträgers und der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . a) Eigene Einkünfte des Organträgers und der Organgesellschaft . . . . . . . . . b) Einkommen der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnabführung der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verlustübernahme des Organträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 2 Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung I. Doppelte Verlustberücksichtigung als grenzüberschreitende Steuerarbitrage . . . 1. Begriff der grenzüberschreitenden Steuerarbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Gewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sections 403D und 403E ICTA 1988 (Sections 106 bis 108 CTA 2010) . . . c) Subsection 1503(d) IRC und die Dual Consolidated Loss Regulations . . . d) § 4i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gefahr nirgends berücksichtigter Verluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einmalberücksichtigung nach dem Protokoll zum DBA-Österreich . . . . .
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Inhaltsverzeichnis b) Einmalberücksichtigung nach dem Dual Consolidated Loss Competent Authority Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „stets zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entwicklungen zu sog. hybrid mismatch arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) BEPS Action 2: Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Szenarien doppelter Verlustberücksichtigung bei Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeschränkte Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft nur in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aus deutscher Sicht beschränkt steuerpflichtiges Auslandsengagement . . . aa) Betriebsstätte im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übereinstimmend transparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) In Deutschland transparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aus deutscher Sicht unbeschränkt steuerpflichtiges Auslandsengagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Übereinstimmend intransparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) In Deutschland intransparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Intransparenz des Organträgers aus ausländischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung (mit Nachversteuerung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausübung steuerlicher Wahlrechte im Ausland (z. B. „check-thebox“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) „Indirekte“ Berücksichtigung negativer Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Hinzurechnungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Transparenz des Organträgers aus ausländischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . e) Steuerliche Behandlung der Organgesellschaft im Ausland beim Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkt steuerpflichtiger Organträger oder Organträger-Personengesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Inland beschränkt steuerpflichtiger Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organträger-Personengesellschaft mit im Ausland ansässigen Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis aa) Im Ausland transparent behandelte Organträger-Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im Ausland intransparent behandelte Organträger-Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonderbetriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unbeschränkte Steuerpflicht des Organträgers und/oder der Organgesellschaft in zwei Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Doppelt ansässiger Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Bestimmung des Ansässigkeitsstaats qua „tie-breaker“ . . . . . . bb) Festlegung des Ansässigkeitsstaats und Quellenstaats qua „tiebreaker“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Doppelt ansässige Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Bestimmung des Ansässigkeitsstaats qua „tie-breaker“ . . . . . . bb) Deutschland ist Ansässigkeitsstaat qua „tie-breaker“ . . . . . . . . . . . . . . c) Doppelt ansässiger Organträger und doppelt ansässige Organgesellschaft
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Zweiter Teil Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.
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Kapitel 3 Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung
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I. Organträger oder Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Natürliche Personen als Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Personengesellschaften als Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkt steuerpflichtige Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Organträger . . . . . . . . . . . . . . e) Doppelt ansässige Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Negative Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der negativen Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsatz eigenständiger Einkommensermittlung („stand alone“) . . . . . . . . . a) Zusammenfassung von Einkommen bzw. Einkünften oder isolierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Meinungsstand zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis b) Ebene der Erfassung des Organeinkommens beim Organträger . . . . . . . . c) Berücksichtigung der sog. Bruttomethode auf Ebene der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Eigener Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Verhältnis zum Verlustausgleich und Verlustabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkung des horizontalen Verlustausgleichs: Einzelne Einkunftsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs: Einkunftsart der gewerblichen Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Negative Einkünfte als Ergebnis des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unterscheidung nach weiteren Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Quellen . . . . . c) Unterscheidung nach den verrechneten Gewinnen (sog. dual inclusion income) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formen einer (Nicht-)Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigung bei Anrechnungsmethode und Freistellungsmethode . . . . a) Ausgrenzung der Anrechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgrenzung der Freistellungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall: Sog. modifizierte Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nichtberücksichtigung im Rahmen der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Kapitel 4 Berücksichtigung negativer Einkünfte bei einer ausländischen Besteuerung I. Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft in einem ausländischen Staat („soweit sie in einem ausländischen Staat . . . berücksichtigt werden“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dauerhafte Unterschiede in der Einkünfteermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfordernis einer sachlichen „Einkünfteidentität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfordernis einer zeitgleichen Berücksichtigung im Inland und im Ausland 4. Erfordernis einer tatsächlichen Berücksichtigung („berücksichtigt werden“) 5. Vorübergehende Unterschiede in der Einkünfteermittlung . . . . . . . . . . . . . . . .
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186 186 189 190 191 192
12
Inhaltsverzeichnis 6. Zeitversetzte Berücksichtigung negativer Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesonderte Feststellung als Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verrechnung im Inland, Vortrag im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vortrag im Inland, Verrechnung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonderfall: Verlustverrechnung mit Nachversteuerung im Ausland (inbound Fall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verfahrensrechtliche Anknüpfungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verrechnung im Inland, Vortrag im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vortrag im Inland, Verrechnung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verlustverrechnung mit Nachversteuerung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Tatbestandsmäßige Berücksichtigung bei Nichtanerkennung im Ausland? . . .
193 194 195 196 197 197 197 201 201 202 202
II. Berücksichtigung in einem ausländischen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Berücksichtigung im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfordernis einer Personenidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfordernis einer ausländischen Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Andere Person“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
205 206 207 210
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Dritter Teil Vereinbarkeit des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit dem Verfassungsrecht, Europarecht und Abkommensrecht
212
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Kapitel 5 Verfassungsrecht I. Art. 3 Abs. 1 GG: Allgemeiner Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gleichheitsrechtliche Maßgaben und einfach-gesetzliche Grundentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Willkürverbot und Verhältnismäßigkeitskontrolle („neue Formel“) . . . . . . b) Steuergerechtigkeit, Leistungsfähigkeitsprinzip und Folgerichtigkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . . aa) Individualbesteuerung, Trennungsprinzip und Organschaft . . . . . . . . . bb) Objektives Nettoprinzip und Verlustverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Welteinkommensprinzip und Territorialitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichheitsrechtliche Konsequenzen für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. . . .
215 215 216 216 217 218 219 220 221 223
Inhaltsverzeichnis a) b) c) d)
Vergleichbarkeit von Situationen mit und ohne Organschaft . . . . . . . . . . . Ungleichbehandlung und organschaftsimmanente Besonderheit . . . . . . . . Rechtfertigung und Alternativen der Normausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 223 225 226 229
II. Art. 14 GG: Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 III. Bestimmtheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 IV. Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Kapitel 6 Europarecht
236
I. Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit als Prüfungsmaßstab . . . . . . 1. Abgrenzung der Niederlassungsfreiheit von der Kapitalverkehrsfreiheit bei Beteiligung von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierung und allgemeine Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerrechtliche Vergleichsbarkeitsmaßgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertikale und horizontale Vergleichspaarbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorgaben für den Ansässigkeitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausländische, intransparent besteuerte Tochtergesellschaft . . . . . . . . bb) Ausländische Betriebsstätte bzw. transparent besteuerte Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorgaben für den Quellenstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Teilweise: Keine Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleichbarkeit im Unternehmenssteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Steuerliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237
II. Europarechtliche Konsequenzen für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. . . . . . . . . 1. Anwendbare Grundfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Europarechtliche Vergleichspaarbildung und tatbestandsmäßige Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vergleichspaare im outbound und inbound Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Offene und versteckte Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtfertigung der Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte . . . . . . . . . . . a) Steuermindereinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefahr der Steuerumgehung (Missbrauch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kohärenz der Steuerregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Marks & Spencer-Trias: Insbesondere ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Annex: Beschränkung der Berücksichtigung auf das sog. dual inclusion income . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
251 251
237 238 241 241 242 242 243 245 245 246 248
252 253 254 255 256 256 256 257 258 259
14
Inhaltsverzeichnis 4. Berufung auf die Niederlassungsfreiheit trotz fehlender Ausübung derselben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Kapitel 7 Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
262
I. Verteilungsnorm betreffend Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) . . . . . . . 263 II. Deutschland als Ansässigkeitsstaat: Vermeidung der Doppelbesteuerung . . . . . . 263 III. Deutschland als Quellenstaat: Diskriminierungsverbote nach Art. 24 OECD-MA 1. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 1 OECD-MA . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 3 OECD-MA . . . . . . . . . 3. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 5 OECD-MA . . . . . . . . .
265 266 267 270
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Vierter Teil Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD und Würdigung
275
Kapitel 8 Umsetzung der BEPS Empfehlungen durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. I. Deductible hybrid payments rule (Empfehlung 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Scope of the rule (Empfehlung 6.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rule only applies to deductible payments made by a hybrid payer (Empfehlung 6.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Staat des Zahlungsleisters abzugsfähige Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nochmaliger Abzug („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rule only applies to payments that result in a hybrid mismatch (Empfehlung 6.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Neutralise the mismatch to the extent the payment gives rise to a DD outcome (Empfehlung 6.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Dual-resident payer rule (Empfehlung 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Scope of the rule (Empfehlung 7.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rule only applies to deductible payments made by a dual resident (Empfehlung 7.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rule only applies to payments that result in a hybrid mismatch (Empfehlung 7.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
275 276 276 277 277 278 279 280 281 282 282 283
Inhaltsverzeichnis
15
4. Neutralise the mismatch to the extent the payment gives rise to a DD outcome (Empfehlung 7.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Momentaufnahme zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (Schlusswort) . . . . . . . . . 286 I. Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 II. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
Abkürzungsverzeichnis AbgÄG ABlEG. ABlEU. Abs. a. E. AEUV a. F. AG AktG Alt. Anh. AO Art. AStG Aufl. AuslInvG BB Bd. Begr. BEPS Beschl. BFH BFHE BFH/NV BFH/PR BFIT BGBl. BIFD BlgNR BMF BR-Drs. bspw. BStBl. BT-Drs.
Abgabenänderungsgesetz (Republik Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Alternative Anhang Abgabenordnung Artikel Außensteuergesetz Auflage Auslandsinvestitionsgesetz Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Begründer Base Erosion and Profit Shifting Beschluss Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (nicht veröffentlicht) BFH-Richter kommentieren für die Praxis (Zeitschrift) Bulletin for International Taxation (Zeitschrift) Bundesgesetzblatt Bulletin for International Fiscal Documentation (Zeitschrift) Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates (Republik Österreich) Bundesministerium der Finanzen Bundesratsdrucksache beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache
Abkürzungsverzeichnis BTR Buchst. BV BVerfG BVerfGE bzw. CGI CTA CV DB DBA ders. d.h. dies. DK Doppelbuchst. DÖV DRC Dreifachbuchst. DStJG DStR DStZ ebd. ECLI ECOFIN EFG EFTA EGL ErbStG Erk. EStÄR EStG EStG-E EStR ET et al. EU EuGH EuZW EWR EWS
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British Tax Review (Zeitschrift) Buchstabe Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (Königreich der Niederlande) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Code général des impôts (Französische Republik) Corporation Tax Act (Vereinigtes Königreich) Commanditaire Vennootschap (Königreich der Niederlande) Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen derselbe das heißt dieselben Der Konzern (Zeitschrift) Doppelbuchstabe Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Dual resident corporation (Vereinigte Staaten von Amerika) Dreifachbuchstabe Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e. V. Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) ebenda European Case Law Identifier (Europäischer Urteilsidentifikator) Economic and Financial Affairs Council Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) European Free Trade Association Ergänzungslieferung Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Erkenntnis (Republik Österreich) Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien Einkommensteuergesetz Einkommensteuergesetz-Entwurf Einkommensteuer-Richtlinien European Taxation (Zeitschrift) et alii (und andere) Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift)
18 f. (ff.) FG FGO Fn. Fortf. FR FS GbR gem. GES GesRZ GewStG GG ggf. GmbH GmbHR GP grds. GS HFR HGB HM Revenue and Customs HM Treasury H.R. Hrsg. Hs. ICTA i. d. F. IFSt Inc. IRB IRC i. S. d. i. S. v. ISR IStR IStR-LB ITLR i.V. m. IWB JbFSt
Abkürzungsverzeichnis folgende Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Fußnote Fortführung Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Zeitschrift für Gesellschaftsrecht und angrenzendes Steuerrecht (Zeitschrift) Der Gesellschafter (Zeitschrift) Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHRundschau (Zeitschrift) Gesetzgebungsperiode (Republik Österreich) grundsätzlich Gedächtnissymposium, Gedächtnisschrift Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch Her Majesty’s Revenue and Customs (Vereinigtes Königreich) Her Majesty’s Treasury (Vereinigtes Königreich) House of Representatives (Vereinigte Staaten von Amerika) Herausgeber Halbsatz Income and Corporation Taxes Act (Vereinigtes Königreich) in der Fassung Institut Finanzen und Steuern e. V. Incorporated (Vereinigte Staaten von Amerika) Internal Revenue Bulletin (Vereinigte Staaten von Amerika) Internal Revenue Code (Vereinigte Staaten von Amerika) im Sinne des im Sinne von Internationale Steuer-Rundschau (Zeitschrift) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) IStR-Länderbericht International Tax Law Reports (Zeitschrift) in Verbindung mit Internationale Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht
Abkürzungsverzeichnis KG KGaA KStG KStG-E KStR LJZ m.w. N. n. F. NJW Nr. NWB OECD OECD-MA
OECD-MAK OFD OHG Oy ÖBGBl. ÖKStG ÖStZ Pos. R RFH RFHE RGBl. RIW Rn. RV S. SA SchlA SE SICAV sog. StabG StbJb StuW
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Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuergesetz-Entwurf Körperschaftsteuer-Richtlinien Liechtensteinische Juristen-Zeitung (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) Organisation for Economic Co-operation and Development OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD Model Tax Convention on Income and on Capital) i. d. F. vom 15.7.2014 Kommentar zum OECD-MA (Commentaries on the Articles of the OECD Model Tax Convention) i. d. F. vom 15.7.2014 Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Osakeyhtiö (Republik Finnland) Bundesgesetzblatt (Republik Österreich) Körperschaftsteuergesetz (Republik Österreich) Österreichische Steuerzeitung (Zeitschrift) Position Richtlinie Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs Reichsgesetzblatt Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer Regierungsvorlage (Republik Österreich) Satz, Seite Société Anonyme (u. a. Französische Republik) Schlussanträge Societas Europaea Société d’investissement à capital variable (u. a. Französische Republik) sogenannter Stabilitätsgesetz (Republik Österreich) Steuerberater-Jahrbuch Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
20 SWI TIOPA TLR TNI u. a. Ubg UKHL UmwStG UntStFG UntStReiseKG Urt. UStG u. U. v. Verf. VermBG vgl. Vol. VwGH WPg WTJ z. B.
Abkürzungsverzeichnis Steuer und Wirtschaft International: Tax and Business Review (Zeitschrift) Taxation (International and Other Provisions) Act (Vereinigtes Königreich) Tax Law Review (Zeitschrift) Tax Notes International (Zeitschrift) und andere, unter anderem Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) United Kingdom House of Lords (Vereinigtes Königreich) Umwandlungssteuergesetz Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts Urteil Umsatzsteuergesetz unter Umständen vom Verfasser Vermögensbildungsgesetz vergleiche Volume Verwaltungsgerichtshof (Republik Österreich) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) World Tax Journal (Zeitschrift) zum Beispiel
Einleitung War lange Zeit die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung von Gewinnen ein wesentliches Thema der steuerpolitischen Diskussion, gerieten mit der Zeit auch die doppelte Nichtbesteuerung („Keinmalbesteuerung“) und die Minderbesteuerung in das Blickfeld. Insoweit kann an § 8b Abs. 1 S. 2 KStG gedacht werden, wonach bestimmte Bezüge bei der Ermittlung des Einkommens nur außer Ansatz bleiben, wenn sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben. Ähnlich ordnen beispielsweise § 20 Abs. 2 S. 1 AStG, § 50d Abs. 9 S. 1 EStG und § 8b Abs. 1 S. 3 KStG die Nichtanwendung der DBA-Freistellungsmethode für bestimmte Situationen an. Andererseits beschäftigten sich im Anschluss an die Finanzkrise 2007/2008 zwei Studien der OECD aus den Jahren 2010 und 2011 speziell mit Verlusten im steuerlichen Zusammenhang. Beide Berichte stellten Aspekte der steuerlichen Verlustnutzung in den einzelnen teilnehmenden Staaten im Allgemeinen1 und u. a. einzelstaatliche Maßnahmen gegen die Verlustberücksichtigung in mehr als einem Staat im Besonderen2 vor. Die Schlussfolgerungen beider Berichte sprachen ausdrücklich die mehrfache steuerliche Berücksichtigung desselben wirtschaftlichen Verlusts an3 und empfahlen, die Beschränkung solcher Möglichkeiten mehrfacher Verlustberücksichtigung zu erwägen.4 Nach Satz 2 des von den Ausschüssen des Bundesrats am 24.10.2014 empfohlenen und nicht Gesetz gewordenen § 4 Abs. 5a EStG-E5 sollten Aufwendungen nur abziehbar sein, soweit diese nicht in einem anderen Staat die Steuerbemessungsgrundlage mindern. Als Hauptursache für solche mehrfachen Abzüge desselben wirtschaftlichen Verlusts wurden in beiden Berichten sog. hybrid mismatch arrangements ausgemacht,6 die die OECD daraufhin in den Mittelpunkt eines Berichts aus 20127 1 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 31 ff. (Kapitel 3), 69 ff. (Annex A); OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 29 ff. (Kapitel 3). 2 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 36, 81; OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 41 f. 3 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 64; OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 78. 4 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 66; OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 79. 5 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst. a). Dazu z. B. Linn, IStR 2014, S. 920 ff. 6 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 57; OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 57. 7 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012.
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Einleitung
stellte und mit denen sie sich nochmals und umfassender in ihrem Abschlussbericht vom 5.10.2015 zu BEPS Aktionspunkt 28 beschäftigte. Schon Art. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.7.20169 machte Vorgaben zu hybriden Gestaltungen, wurde aber durch Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29.5.201710 neugefasst und erhielt deutlich umfangreichere Vorschriften zu hybriden Gestaltungen; die durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29.5.2017 neu eingefügten Art. 9a und 9b behandeln umgekehrt hybride Gestaltungen und Inkongruenzen bei der Steueransässigkeit. Die doppelte Berücksichtigung desselben wirtschaftlichen Verlusts (Aufwands) in zwei Rechtsordnungen, die Gegenstand dieser Arbeit ist, ist in diesem aktuellen Kontext ein bedeutender Aspekt. Schon seit langer Zeit ist sie jedoch mögliches Ergebnis grenzüberschreitender Aktivität.
I. „Double dip“: Die historische Ausgangssituation und ihre Lösung In historischer Perspektive sticht die doppelt ansässige Gesellschaft („dual resident company“) als Anwendungsfall des „double dips“ hervor:11 Eine Gesellschaft wurde nach amerikanischem Recht, insbesondere dem Recht des Staats Delaware,12 gegründet und im Vereinigten Königreich geleitet.13 Nach dem für die Ansässigkeit an die Gründung („incorporation“) anknüpfenden amerikanischen Steuerrecht war sie in den USA ansässig, nach dem an die Geschäftsleitung („central management and control“) anknüpfenden britischen Steuerrecht im Vereinigten Königreich. Diese Gesellschaft nahm zum Erwerb einer Gesellschaft („target“) ein Darlehen auf und erwirtschaftete aufgrund der Zinszahlun8 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015. Eine deutsche Fassung dieses Abschlussberichts wurde am 27.1.2017 veröffentlicht, eine französische Fassung am 28.2.2017. In dieser Arbeit wird jeweils die englische Fassung der Abschlussberichte zu den BEPS Aktionspunkten 2, 3 und 6 herangezogen. 9 ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. 10 ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff. 11 Umfassender zum „double dip“ mittels doppelt ansässiger Gesellschaften im Verhältnis USA/Vereinigtes Königreich z. B. Großmann, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 55 ff.; Morris, ET 1985, S. 35 ff.; Murby, BIFD 1985, S. 373 ff. Authentisch: General Explanation of the Tax Reform Act of 1986, H.R. 3838, 99th Congress, Public Law 99-514, S. 1063 f. Vgl. auch van Raad, in: H./R./R./V., Doppelt ansässige Gesellschaften, S. 1 (3 ff.). 12 Es wurde von einer „Delaware link company“ gesprochen (so Murby, BIFD 1985, S. 373 [373]). 13 Praktisch wurde nicht eine doppelt ansässige Gesellschaft, sondern zwei nacheinander geschaltete, doppelt ansässige Gesellschaften in die britische und die amerikanische Gruppenbesteuerung einbezogen, vgl. Morris, ET 1985, S. 35 (35 f.); Murby, BIFD 1985, S. 373 (375, 378).
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gen und mangels anderweitiger, kompensierender Einnahmen einen steuerlichen Verlust, den sie im Wege der amerikanischen Gruppenbesteuerung („consolidated return“) mit den Gewinnen von nur in den USA unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaften derselben Gruppe und im Wege der britischen Gruppenbesteuerung („group relief “) mit den Gewinnen von nur im Vereinigten Königreich unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaften derselben Gruppe verrechnete. Im Ergebnis wurde derselbe Verlust in zwei Steuerrechtsordnungen mit jeweils nur in einer Steuerrechtsordnung steuerpflichtigen Gewinnen, also „doppelt“, verrechnet. Die doppelte Verlustverrechnung mittels doppelt ansässiger Gesellschaften trat namentlich im Verhältnis USA/Vereinigtes Königreich und Australien/ USA auf,14 war darauf aber nicht beschränkt.15 Im November 1984 und im Dezember 1986 erfolgten Konsultationen durch das United Kingdom Board of Inland Revenue, die der gesetzlichen Regelung im Vereinigten Königreich vorausgingen.16 Danach wurden für das Jahr 1983 im Hinblick auf Investitionen britischer Unternehmen im Ausland über 50 multinationale Unternehmensgruppen mit doppelt ansässigen Finanzierungsgesellschaften und Zinszahlungen von annähernd 250.000.000 £, im umgekehrten Fall (Investitionen ausländischer Unternehmen im Vereinigten Königreich) eine ähnliche große Anzahl von Unternehmen und Zinszahlungen in Höhe von ca. 150.000.000 £ ausgemacht.17 Nach dem zweiten Konsultationsdokument hatte sich die Anzahl der identifizierten Unternehmensgruppen inzwischen fast verdoppelt und der Betrag steuerlich abzugsfähiger Zinszahlungen von 400.000.000 £ auf etwa 700.000.000 £ erhöht.18 Wurden im Rahmen der ersten Konsultation noch die zwei Möglichkeiten, entweder die Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen zu verwehren bzw. einzuschränken oder die Gruppenbesteuerung („group relief“) einzuschränken, aufgeführt,19 wurde im Rahmen der zweiten Konsultation nur der 14 Vgl. für die USA General Explanation of the Tax Reform Act of 1986, H.R. 3838, 99th Congress, Public Law 99-514, S. 1063. 15 Nach J. D. B. O., BTR 1987, S. 5 (Fn. 1) wurde im Hinblick auf doppelt ansässige Gesellschaften im Verhältnis Australien/Neuseeland von einem „Trans-Tasman Double Play“ gesprochen. 16 United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1984 (auch abgedruckt in: ET 1985, S. 38 f.); United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1986 (auch abgedruckt in: ET 1987, S. 100 ff.). 17 United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1984, S. 3 (auch abgedruckt in: ET 1985, S. 38 [38]). 18 United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1986, S. 1 (auch abgedruckt in: ET 1987, S. 100 [100]). 19 United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1984, S. 4 (auch abgedruckt in: ET 1985, S. 38 [39]).
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zweite, schon in der ersten Konsultation vorgezogene Weg der Einschränkung der Gruppenbesteuerung weiterverfolgt.20 1987 wurden mit Finance (No 2) Act 1987 Regelungen (Sections 63 und 64 und Schedule 4) betreffend sog. dual resident investing companies geschaffen; nach Section 63 Finance (No 2) Act 1987 bzw. Section 404 ICTA 1988 wurde es „passiven“ sog. dual resident investing companies, nicht aber „aktiven“ sog. (dual resident) trading companies, verwehrt, Verluste oder andere Beträge („loss or other amount“) durch „group relief“ zu übertragen.21 Im neuen CTA 2010 findet sich in Section 109 eine Regelung, die bei Doppelansässigkeit die Übertragung von Verlusten im Rahmen des „group reliefs“ einschränkt. Vor dem Hintergrund der Fälle Imperial Chemical Industries und Saint-Gobain ZN22 wurde mit Finance Act 2000 erstmalig die Möglichkeit geschaffen, Verluste (und, steuerneutral, Wirtschaftsgüter) von oder auf eine in Großbritannien gelegene Betriebsstätte oder einen Vertreter („branch or agency“) einer beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaft zu übertragen.23 Ergänzt wurde dies durch die mit Finance Act 2000 (Section 97 und Schedule 27) neu eingefügten Sections 403D und 403E, die für den Fall beschränkter Steuerpflicht im In(inbound) bzw. im Ausland (outbound) u. a. das Erfordernis aufstellten, dass u. a. ein Verlust oder ein Teil davon nicht im Ausland mit „non-UK profits“ verrechnet wird (Sections 403D(1)(c) und 403E(2)). In den Sections 106 bis 108 CTA 2010 finden sich nunmehr entsprechende Regelungen. Zuvor hatten bereits die USA mit dem Tax Reform Act of 1986 Section 1503 IRC um eine neue Subsection 1503(d) („dual consolidated loss“) für doppelt ansässige Gesellschaften erweitert.24 Hierdurch wurden für 1987 Steuermehreinnahmen in Höhe von 72.000.000 US$, für 1988 Steuermehreinnahmen in Höhe von 124.000.000 US$ und für 1989 Steuermehreinnahmen in Höhe von 130.000.000 US$ erwartet.25 Nach der 1988 (rückwirkend) ergänzten Subsection 1503(d)(3) unterliegen auch Verluste sog. separate units, d.h. Betriebsstätten („branch“) und (für steuerliche Zwecke transparente) Personengesellschaften
20 United Kingdom Board of Inland Revenue, Taxation of International Business: Dual Resident Companies, Consultative Document, London 1986, S. 2 (auch abgedruckt in: ET 1987, S. 100 [101]). 21 Hierzu Blessing, DK 2003, S. 203 (213). Zur Unterscheidung zwischen „investing“ und „trading companies“ bereits Murby, BIFD 1985, S. 373 (374). 22 Vom EuGH entschieden mit Urt. v. 16.7.1998, C-264/96, ECLI:EU:C:1998:370; Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, ECLI:EU:C:1999:438. Cussons, BTR 2007, S. 6 (6, 8) sieht diese Entwicklung durch den (deutschen) Fall Saint-Gobain veranlasst, Hickey, ET 2000, S. 466 (466) durch den (britischen) Fall ICI. 23 Hickey, ET 2000, S. 466 (466). 24 Eingefügt durch Section 1249 des Tax Reform Act of 1986. Vgl. Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. I, S. I-527 f. 25 General Explanation of the Tax Reform Act of 1986, H.R. 3838, 99th Congress, Public Law 99-514, S. 1067.
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(„partnership“), den „dual consolidated loss“ Regelungen.26 Sah der ursprüngliche Senatsvorschlag für eine „dual consolidated loss“ Regelung noch vor, den doppelt ansässigen Gesellschaften die Gruppenbesteuerung („consolidated return“) grundsätzlich zu verwehren, lässt die im „Conference Committee“ (Vermittlungsausschuss) vereinbarte Regelung zwar die Einbeziehung in die Gruppenbesteuerung zu, beschränkt aber die Verrechnung der betroffenen Verluste im Rahmen der Gruppenbesteuerung.27 Nach dem Senatsvorschlag sollte die Verrechnung der Verluste der doppelt ansässigen Gesellschaft im Rahmen des „consolidated return“ trotz ihrer Verrechnung im Rahmen einer ausländischen Gruppenbesteuerung möglich sein, wenn Einkünfte der ausländischen Gesellschaft, bei deren Besteuerung im Ausland sich die Verluste auswirken (konnten), auch in den USA steuerpflichtig waren.28 In die im „Conference Committee“ vereinbarte Fassung wurde diese Unterscheidung aber nicht aufgenommen, die Berücksichtigung im Rahmen des „consolidated return“ vielmehr unabhängig von einer etwaigen Steuerpflicht in den USA beschränkt, da allgemein kein steuerpolitischer Grund für die Berücksichtigung desselben Abzugs einer Gesellschaft bei zwei anderen Gesellschaften in zwei Steuerrechtsordnungen erkennbar sei und eine Unterscheidung nach der Steuerpflicht in den USA US-Gesellschaften, die von Ausländern beherrscht werden, gegenüber US-Gesellschaften, die von US-Inländern beherrscht werden, zu diskriminieren drohe.29 Anliegen des Senatsvorschlags und zumindest hauptsächlicher Beweggrund für das erweiterte Vermittlungsergebnis war damit, ausländischen Interessenten (namentlich aus Australien und dem Vereinigten Königreich) an US-Gesellschaften gegenüber US-inländischen Interessenten den durch den „double dip“ entstehenden Wettbewerbsvorteil zu entziehen.30 26
Hardy, TNI 1999 (9. August), S. 581 (593). Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. II, S. II-656 f.; Hardy, TNI 1999 (9. August), S. 581 (581, 592 f.). Hardy, TNI 1999 (9. August), S. 581 (581) bezeichnet den ursprünglichen Senatsvorschlag als „deconsolidation approach“. 28 Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. II, S. II-657. 29 Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. II, S. II-657; General Explanation of the Tax Reform Act of 1986, H.R. 3838, 99th Congress, Public Law 99-514, S. 1066 f. Der Aspekt der Verhinderung einer Diskriminierung bezog sich im Ergebnis auf das in vielen DBA der USA vereinbarte Verbot der Diskriminierung nach dem Gesellschafter entsprechend Art. 24 Abs. 5 OECD-MA (vgl. Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 [147/ Fn. 43]). 30 Hardy, TNI 1999 (9. August), S. 581 (592 f.); Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (146 f.). Vgl. die umfangreichen Ausführungen zu den Gründen für die Rechtsänderung („Reasons for Change“) in der General Explanation of the Tax Reform Act of 1986, H.R. 3838, 99th Congress, Public Law 99-514, S. 1064 f., die nur a. E. den umgekehrten Fall des Erwerbs ausländischer Gesellschaften durch US-Gesellschaften erwähnt. Vgl. auch folgende Zitate: „This reading suggests that Congress’s actual concern was 27
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II. Neuregelung des organschaftlichen, subjektiven Inlandsbezugs als Regelungsanlass Mit dem 2001 eingefügten § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG31 (im Folgenden als „Altfassung“ bzw. „§ 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F.“ bezeichnet) und 2013 neugefassten § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG32 (im Folgenden als „Neufassung“ bzw. „§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.“ bezeichnet) schuf Deutschland auf ähnliche Weise eine auf die Organschaft beschränkte, d.h. nicht außerhalb der Organschaft anwendbare, Vorschrift zur Verhinderung einer doppelten Berücksichtigung eines negativen Einkommens bzw. negativer Einkünfte.33 Schon der ursprüngliche § 7a KStG, durch den die körperschaftsteuerliche Organschaft erstmals positiviert wurde,34 ließ aber unter bestimmten Voraussetzungen die Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zu einer inländischen Organträger-Personengesellschaft mit im Inland nur beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (§ 7a Abs. 1 Nr. 3 S. 2 bis 4 KStG a. F.35) und zu einem im Inland nur mit einer im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung beschränkt steuerpflichtigen Organträger (§ 7a Abs. 6 KStG a. F.36) zu. Anlass für die Schaffung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. ,inbound‘ abuse and not ,outbound‘ abuse.“ (Hardy, TNI 1999 [9. August], S. 581 [593]) „On a political level, the intent of Congress was plain. It had received complaints that foreign persons enjoyed an unfair advantage because some of those persons, from the United Kingdom and Australia, could use DRCs to gain tax benefits for a single loss in more than one taxing jurisdiction. These benefits gave those persons an economic advantage in bidding for U.S. businesses.“ (Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 [147]). 31 Art. 2 Nr. 6 des UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 32 Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. dd des UntStReiseKG v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, S. 285 ff. 33 Zur Altfassung z. B. Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 331; Löwenstein/ Maier, IStR 2002, S. 185 (188 f.); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (443); Müller, IStR 2005, S. 181 (185). Zur Neufassung z. B. Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/ 2014, S. 349 (356, 361); Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 656; Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (618); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (134); Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (514). Zu beiden Fassungen Urtz, FS Frotscher, S. 629 (646). 34 Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15.8.1969, BGBl. I 1969, S. 1182 ff. 35 Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. V/3017, S. 8) sollte Satz 2 „der Sicherstellung der steuerlichen Erfassung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft“ dienen, die Sätze 3 und 4 die Nachprüfbarkeit der Organschaftsvoraussetzungen auch in Abwesenheit einer unbeschränkten Steuerpflicht der Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft gewährleisten. Zu § 7a Abs. 1 Nr. 3 S. 2 bis 4 KStG a. F. Jurkat, Organschaft, Rn. 197 ff., 272 ff., 285 ff. 36 Diese Vorschrift fehlte noch im ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Drs. V/3017) und wurde vom Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vorgeschlagen, BT-Drs. V/ 3882, S. 3; zu BT-Drs. V/3882, S. 3. Hierzu Hübl, JbFSt 1969/1970, S. 164 (168). Umfangreich zu § 7a Abs. 6 KStG a. F. Jurkat, Organschaft, Rn. 201, 518 ff., 853 ff. Dass manche Staaten die Einbeziehung von bloß beschränkt Steuerpflichtigen und von (steuerlich transparenten) Personengesellschaften in ihre Gruppenbesteuerung ermöglichen,
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war im Gegensatz zu den USA und dem Vereinigten Königreich kein als eine gesetzgeberische Reaktion herausfordernd empfundener Einsatz bestimmter Gestaltungstechniken. Vielmehr wird die Vorschrift als im Zusammenhang mit der Ersetzung der Anforderung eines inländischen Sitzes und einer inländischen Geschäftsleitung („doppelter Inlandsbezug“ 37) des Organträgers durch die Anforderung nur einer inländischen Geschäftsleitung („einfacher Inlandsbezug“ 38) und der Zulassung doppelt ansässiger Organträger stehend angesehen.39 Diese gesetzliche Verankerung eines „einfachen Inlandsbezugs“ im Jahr 2001 ging damit dem BFH-Urteil vom 29.1.200340, wonach das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Gesellschafters in Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 198941 (vgl. Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) die Möglichkeit der Bildung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zu einer in den USA (Delaware) gegründeten Körperschaft („corporation“) mit Geschäftsleitung in Deutschland gebietet,42 voraus. Umgekehrt ergingen zunächst das BFH-Urteil vom 9.2.201143 zur gewerbesteuerlichen Organschaft mit einer Körperschaft („public limited company“) mit Sitz und Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich als Organträger und als Reaktion auf ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission das Schreiben vom 28.3.201144 über die Einbindung einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen EU-/ EWR-Staat und Geschäftsleitung im Inland als Organgesellschaft.45 Anschließend wurde durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.201346 (im
wird auch Beweggrund für die Erweiterung von Subsection 1503(d) IRC im Jahr 1988 gewesen sein (vgl. Text zu Fn. 26). 37 Vgl. Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 95, 118; Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 325; Linn/Müller, IWB 2012, S. 378 (383). 38 Vgl. Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 325. 39 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 940; Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 325; Linn/Müller, IWB 2012, S. 378 (383). 40 BFH, Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 ff.; dazu BMF, BStBl. I 2004, S. 1181 ff. 41 BGBl. II 1991, S. 355 ff. 42 BFH, Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 (466 ff.). Voraus ging dem der ablehnende Beschl. des BFH v. 13.11.1991, I B 72/91, BFHE 166, S. 238 ff. 43 BFH, Urt. v. 9.2.2011, I R 54, 55/10, BFHE 232, S. 476 ff.; dazu BMF, BStBl. I 2012, S. 119 (Nichtanwendungserlass). 44 BMF, BStBl. I 2011, S. 300. 45 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (143, 152). Umfangreich zum subjektiven Inlandsbezug vor und nach der Reform Weigert/Strohm, DK 2013, S. 249 (253 ff., 262 ff.). 46 BGBl. I 2013, S. 285 ff. Die Änderungen der Anforderungen an die persönliche Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft erfolgten durch Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Doppelbuchst. bb, Nr. 3 Buchst. a und Nr. 4 dieses Änderungsgesetzes. Allgemein zu den Änderungen der Organschaft durch das UntStReiseKG bspw. Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 ff.; Jesse, FR 2013, S. 629 ff.; ders., FR 2013, S. 681 ff.; Rödder, JbFSt 2013/2014, S. 103 ff.; Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 ff.
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Folgenden „UntStReiseKG“) durch Änderung der §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG der Kreis potenzieller Organgesellschaften auf Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem EU- oder EWR-Staat erweitert, durch Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG und Aufhebung des § 18 KStG für alle Organträger ein einheitliches Erfordernis einer inländischen Betriebsstätte, der die die finanzielle Eingliederung vermittelnde Beteiligung an der Organgesellschaft oder an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen und das Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen ist, aufgestellt. Nach der Gesetzesbegründung47 war die Beschränkung auf einen einfachen Inlandsbezug der Organgesellschaft in Form einer inländischen Geschäftsleitung Anlass für die Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG.48
III. Gegenüberstellung der Altfassung und der Neufassung Waren die beschriebenen Änderungen des subjektiven Inlandsbezugs 2001 und 2013 jeweils Anlass, § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. einzuführen bzw. neu zu fassen, stellt sich die Frage nach den konkreten Änderungen und der Entstehungsgeschichte der Alt- und Neufassung. Eine tabellarische Gegenüberstellung49 der Alt- und der Neufassung stellt sich wie folgt dar: § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG (UntStFG)
§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG (UntStReiseKG)
„Ein negatives Einkommen
„Negative Einkünfte
des Organträgers
des Organträgers oder der Organgesellschaft
bleibt bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt,
bleiben bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt,
soweit es
soweit sie
in einem ausländischen Staat
in einem ausländischen Staat
im Rahmen einer der deutschen Besteue- im Rahmen der Besteuerung des Organrung des Organträgers entsprechenden trägers, der Organgesellschaft oder einer Besteuerung anderen Person berücksichtigt wird.“
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berücksichtigt werden.“
BT-Drs. 17/10774, S. 20. Vgl. auch Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (350); Dötsch, in: D./P./ M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 642; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 478; Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (617); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.4; Rödder, JbFSt 2013/2014, S. 103 (118); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (132); Thömmes/Linn, Intertax 2014, S. 28 (29). 49 Vgl. auch die Gegenüberstellungen bei Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (351); Blumenberg, JbFSt 2014/2015, S. 621 (623). 48
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Die Übersicht zeigt, dass die Vorschrift in einiger Hinsicht unverändert blieb, teilweise aber erhebliche Veränderungen vorgenommen wurden. Der Aufbau einer in einem Hauptsatz vorangestellten Rechtsfolge (Merkmale 1 bis 3) und einer in einem Nebensatz nachfolgenden Nennung der Tatbestandsmerkmale (Merkmale 4 bis 7) wurde nicht verändert. Zieht man den Vergleich zu den eingangs skizzierten Reaktionen der USA und des Vereinigten Königreichs (unter I., S. 22), dann fällt auf, dass die Alt- und die Neufassung im Gegensatz zu den britischen Vorschriften nicht auf „passive“ sog. investing companies beschränkt und sog. trading companies nicht ausgenommen sind. Unverändert ordnen die Alt- und die Neufassung die Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung an (Merkmal 3), was über die bloße Beschränkung auf eine Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen derselben Gesellschaft im Rahmen der US-amerikanischen Vorschriften hinausgeht. Im Übrigen (und dies geht aus der Übersicht nicht hervor) sind die Alt- und die Neufassung nach wie vor im Katalog der Organschaftsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG verortet, stellten und stellen aber dennoch keine Voraussetzung, sondern eine besondere Folge der Organschaft dar.50 Auch in dieser Hinsicht unterscheiden sich die Alt- und die Neufassung vom britischen „Pendant“. Sowohl im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz vom 20.12.2001 (UntStFG) als auch im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz vom 20.2.2013 (UntStReiseKG) gab es eine von der Gesetz gewordenen Fassung abweichende Alternativformulierung. Die in den folgenden zwei Zitaten durch Kursivdruck hervorgehobenen Elemente dieser Alternativen wurden dabei in die Gesetz gewordene Alt- und Neufassung (vgl. die vorstehende tabellarische Gegenüberstellung) nicht übernommen. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.9.2001 enthaltene Vorschrift eines § 14 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 KStG lautete: „Ein negatives Einkommen der Organgesellschaft bleibt im Rahmen der inländischen Besteuerung unberücksichtigt, soweit es in einem ausländischen Staat im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung berücksichtigt wird.“ 51 (Kursivdruck durch den Verf. ergänzt)
Die Vorschrift wäre hiernach systematisch unmittelbar (als Satz 2) den Vorgaben für die Einstellung von Beträgen aus dem Jahresüberschuss der Organgesellschaft in die Gewinnrücklagen i. S. d. § 272 Abs. 3 HGB gefolgt (§ 14 Nr. 4 KStG i. d. F. vor dem UntStFG, aktuell § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG). Nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 50 Zur Altfassung bspw. Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 324; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (443); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 472; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (10); Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (585). Zur Neufassung bspw. Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (352); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.2; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (645). 51 BT-Drs. 14/6882, S. 9 (Art. 2 Nr. 6 Buchst. a Doppelbuchst. cc).
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7.11.200152 wurde die Vorschrift zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG und aus den Worten „der Organgesellschaft“ und „im Rahmen“ auf der Rechtsfolgenseite wurden die Worte „des Organträgers“ und „bei“ (vgl. die Hervorhebungen durch Kursivdruck im vorstehenden Zitat). Nach dem dazugehörigen Bericht53 wurde das Merkmal Organgesellschaft „irrtümlich“ statt des Merkmals Organträger verwendet, erfolgte die Ausgliederung in eine Nr. 5 zur „Verbesserung der Systematik“. Im Gegensatz dazu entspricht die im Gesetzentwurf vom 25.9.201254 enthaltene Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG der am 25.2.2013 verkündeten Fassung55. Zwischenzeitlich hatte sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 24.10.2012 auf die folgende, in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 13.12.201256 zugunsten der ursprünglichen Fassung aufgegebene Fassung geeinigt: „Negative Einkünfte eines unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgers oder einer unbeschränkt steuerpflichtigen Organgesellschaft, deren satzungsmäßiger Sitz sich nicht im Inland befindet, bleiben bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt, soweit sie im ausländischen Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ist, im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden.“ 57 (Fettdruck des Originals vom Verf. durch Kursivdruck ersetzt)
Nach dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags58 sollten „europarechtliche Risiken“ durch die Beschränkung der Vorschrift auf negative Einkünfte aus Staaten, die weder der EU noch dem EWR angehören, mit Blick auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache Philips Electronics59 vermieden, sollte die Vorschrift generell „auf doppeltansässige Gesellschaften beschränkt“ werden. In dem Antrag der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg vom 21.11.201260 wurde mit der Begründung fehlender Europarechtswidrigkeit der ursprünglichen Fassung vom 25.9.201261 eine Rückkehr zu dieser Ursprungsfassung gefordert und dies erreicht. 52
BT-Drs. 14/7343, S. 19. BT-Drs. 14/7344, S. 9. Die beiden folgenden Zitate sind ebd. zu finden. 54 BT-Drs. 17/10774, S. 7. 55 BGBl. I 2013, S. 285 (289). 56 BT-Drs. 17/11841, S. 2. 57 BT-Drs. 17/11180, S. 15 (Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ddd). Nach Schwenke, ISR 2013, S. 41 (44) scheint dieser Formulierung ein Vorschlag der American Chamber of Commerce in Germany e.V. zugrunde zu liegen. 58 BT-Drs. 17/11217, S. 8. Die beiden folgenden Zitate sind ebd. zu finden. 59 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, ECLI:EU:C:2012:532. Inzwischen ist im Verfahren NN (C-28/17) beim EuGH u. a. die Frage nach Kriterien, wann eine „entsprechende Voraussetzung“ i. S. d. Rn. 20 des Urt. Philips Electronics für die Verlustverrechnung ansässiger Gesellschaften wie für die Verlustverrechnung inländischer Betriebsstätten nicht ansässiger Gesellschaften vorliegt, anhängig. 60 BR-Drs. 633/2/12. 61 BT-Drs. 17/10774, S. 7. 53
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§ 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. war nach § 34 Abs. 6 Nr. 2 KStG i. d. F. durch Art. 2 Nr. 16 des UntStFG vom 20.12.200162 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist nach § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i. d. F. durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. b des UntStReiseKG vom 20.2.201363 in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden.
IV. Status quo des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG Es wurden lange Zeit keine Gerichtsentscheidungen zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bekannt. Am 12.10.2016 erging dann das Urteil64 des BFH zur Zuordnung des Sonderbetriebsvermögens II eines in den Niederlanden ansässigen Gesellschafters im Fall einer doppelstöckigen Personengesellschaft, das sich auch mit der Neufassung auseinandersetzte. Zur Altfassung wurde angemerkt, dass es an einer Erwähnung in den Steuerformularen fehle;65 hingegen fragt die (neue) Anlage GK (Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb) in Zeile 92 die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte ab.66 Der Entwurf der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2015 vom 18.5.2015 nannte § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. noch ausdrücklich im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (genauer: des steuerlichen Gewinns),67 die endgültigen Körperschaftsteuer-Richtlinien 2015 vom 6.4.201668 hingegen überhaupt nicht mehr. Die Finanzverwaltung zeigt sich außerdem bewusst abwartend im Hinblick auf die Anwendung in Fällen der Anrechnungsmethode,69 arbei62
BGBl. I 2001, S. 3858 ff. BGBl. I 2013, S. 285 ff. Eine sich hieraus möglicherweise ergebende Berichtigungspflicht gem. § 153 AO wurde im Schrifttum kontrovers diskutiert: Kröner/Momen/Boller, IStR 2013, S. 405 (409 ff.); Walter, IStR 2013, S. 535 (535); Kröner/Momen/Boller, IStR 2013, S. 535 (535 f.). 64 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 ff. Der BFH hob das angefochtene erstinstanzliche Urt. des FG Düsseldorf v. 4.7.2012, 9 K 3955/09 F, FR 2013, S. 657 ff. auf und verwies die Sache mit Blick auf die Frage nach der Berücksichtigung verdeckter Gewinnausschüttungen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FGO). Dies ist (soweit erkennbar) die erste Gerichtsentscheidung zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG (Unterberg, GmbHR 2017, S. 433 [434]). Zum Gewerbesteuermessbescheid BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 93/12, BFH/NV 2017, S. 586 ff. 65 Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 (312). 66 Die Anlage GK ist abgedruckt bei Frotscher/Frotscher, Körperschaft-/Gewerbesteuererklärung 2016, S. 114 ff. Schon in den Vorjahren wurden im Vordruck der „Körperschaftsteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige, bei denen alle Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind“ (KSt 1 A) in Zeile 46 die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte abgefragt. 67 R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 15 KStR-E 2015. 68 BStBl. I, Sondernummer 1/2016. 69 BMF, GmbHR 2013, S. 728 (728); OFD Karlsruhe, FR 2014, S. 434 (436); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.5. Zum Verhältnis zu den Methoden der Vermeidung der Doppelbesteuerung Kapitel 3, unter III.2. (S. 177). 63
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tet jedoch an einem Schreiben zum Umgang mit der Neufassung.70 Häufig ist § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. scharf kritisiert worden71 und es sind keine Beiträge ersichtlich, die die Neufassung weitestgehend positiv beurteilen. Außerdem ist dem Verfasser – anders als zur Altfassung72 – zur Neufassung bislang keine Dissertation bekannt. Eine Abschaffung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. war von den Ausschüssen des Bundesrats in der zweiten Jahreshälfte 2014 anlässlich des Vorschlags für ein Betriebsausgabenabzugsverbot in Form eines neuen § 4 Abs. 5a EStG73 nicht vorgesehen.74
V. Anliegen und Gegenstand dieser Arbeit Vor dem Hintergrund dieses aktuellen Stands ist Anliegen dieser Arbeit die ganzheitliche Beurteilung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Rahmen zurückliegender und aktueller Entwicklungen. Denn in der Literatur wurde eine solche teilweise bewusst nicht unternommen;75 andere (Aufsatz-)Literatur behandelte die spezifischen Neuerungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. durch das Gesetz vom 20.2.201376 oder befasste sich z. B. mit Punkt 277 des BEPS Aktions70
Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 642 a. E. Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 (312 f.): „Bereits die bisherige gesetzliche Regelung . . . ist völlig missglückt. . . . Rechtssicherer als die Vorgängerregelung ist § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG schließlich nicht geworden; das Gegenteil ist der Fall.“ Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (602): „Die Neuregelung vermittelt vielmehr den Eindruck, dass der Gesetzgeber mit der ,Lumpensammlermethode‘ versucht, möglichst viele, für ihn selbst im Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses vielleicht noch gar nicht überschaubare Sachverhalte einzufangen.“ Gosch, JbFSt 2013/2014, S. 123: „In Bezug auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG ist nur schwer zu verstehen, weshalb der Gesetzgeber einmal mehr eine ganz augenfällig unionsrechtswidrige Neuregelung in die Welt setzt.“ Morlock, JbFSt 2016/2017, S. 996: „Es handelt sich dabei um eine Vorschrift, die sich mir als Praktiker aus der Betriebsprüfung nur sehr schwer erschließt.“ Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (287): „Im Ergebnis steht der Vorschrift die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.“ 72 Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung. 73 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst. a). 74 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 643. Vgl. auch Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.4. Anders die britische Finanzverwaltung, die in ihrem im Dezember 2014 veröffentlichten Konsultationspapier (HM Treasury/HM Revenue and Customs, Tackling aggressive tax planning: implementing the agreed G20OECD approach for addressing hybrid mismatch arrangements) von einer Ersetzung der Section 109 CTA 2010 (dazu diese Einleitung, unter I., S. 22) durch Vorschriften gegen sog. hybrid mismatch arrangements ausging (S. 32 [Rn. 6.12]). Zurückhaltender: Policy and Strategy, Inland Revenue, Addressing hybrid mismatch arrangements, A Government discussion document, 2016, Rn. 9.4 (Neuseeland), wo mit Blick auf doppelt ansässige Gesellschaften lediglich auf die bereits bestehenden Regelungen hingewiesen wird. 75 Vgl. Lüdicke, FS Frotscher, S. 403 (419); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (669). 76 BGBl. I 2013, S. 285 ff. 77 Namentlich die Berichte OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014 („deliverable“); 71
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plans der OECD. Anliegen ist über die Ausarbeitung des konkreten Anwendungsbereichs hinaus die umfassendere Beurteilung und, wo möglich, die Entwicklung eines eigenen Ansatzes. Die teilweise eingehende Auseinandersetzung mit Aspekten der ausländischen Besteuerung mag beispielhaft für die zukünftige Abhängigkeit der inländischen Besteuerung von Vorgängen der ausländischen Besteuerung sein. Die Arbeit wird sich außerdem mit überstaatlich vereinbarter Rechtsetzung auseinandersetzen, in deren Kontext wie auch im Rahmen kommender Gesetzgebung78 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. seinen Platz noch finden müssen wird. Den Ausführungen liegt der Rechtsstand bis Anfang Juni 2017 zugrunde. Indem § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. einerseits in der körperschaftsteuerlichen Organschaft (§§ 14 ff. KStG) verortet ist und andererseits die Berücksichtigung negativer Einkünfte in einem ausländischen Staat für maßgeblich erklärt, steht die Vorschrift außerdem an der Kreuzung von deutschem Konzern- und internationalem Steuerrecht. Damit können beide Teilgebiete nur insoweit Gegenstand dieser Arbeit sein, als sie für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von direkter Bedeutung sind. Zahlreiche, aktuelle Zweifelsfragen beider Bereiche – etwa die Notwendigkeit der Ermöglichung einer horizontalen Organschaft zwischen inländischen Schwestergesellschaften aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) infolge des EuGH-Urteils vom 12.6.201479 oder die Umsetzung der Ergebnisse des BEPS Projekts in das deutsche Recht80 – werden daher nicht oder nur in dem notwendigen Umfang abgehandelt. Andererseits sollen Aspekte ausländischer Rechtsordnungen exemplarisch vorgestellt werden, um § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. entwicklungsgeschichtlich im Rahmen der sog. dual consolidated loss rules einordnen zu können und ein mögliches Zusammenwirken mit ausländischen Normgefügen zu erörtern. Dies erlaubt es, hieraus auch rechtspolitische Folgerungen für zukünftige Entwicklungen zu gewinnen. OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015. 78 Die Bundesrepublik Deutschland ist als EU-Mitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinien (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 (ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff.) und (EU) 2017/952 des Rates v. 29.5.2017 (ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff.) verpflichtet. 79 C-39/13, C-40/13, C-41/13, SCA, ECLI:EU:C:2014:1758. Für eine Übertragbarkeit auf die deutsche Organschaft und eine gesetzgeberische Reaktion fordernd z. B. von Brocke/Müller, DStR 2014, S. 2106 (2108 ff.); Strobl-Haarmann, FS Haarmann, S. 927 (943 ff.); im Ergebnis gegen eine Übertragbarkeit Möhlenbrock, DB 2014, S. 1582 (1583); Sydow, IStR 2014, S. 480 (486). Zur Ende 2014 erfolgten Umsetzung im Rahmen der französischen Gruppenbesteuerung („intégration fiscale horizontale“) Gouthière, Impôts, Rn. 26235, 81769 und Schultze, IStR 2015, S. 546 ff., zur britischen Perspektive seit 2000 Hardwick/McGowan, BTR 2014, S. 530 (536), zur Rechtslage in den Niederlanden vor und nach dem EuGH-Urt. v. 12.6.2014 Schellekens, ET 2016, S. 414 ff. 80 Dazu z. B. Benz/Eilers, IStR 2016, Beihefter zu Heft 4, S. 1 ff. Zu den für diese Arbeit relevanten Aspekten des zweiten Aktionspunkts Kapitel 2, unter I.4.a) (S. 87).
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VI. Gang dieser Arbeit Die Arbeit ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil (S. 35) legt die Grundlagen durch Beschäftigung mit der inner- und übersubjektiven Verlustverrechnung im inner- und überstaatlichen Kontext. Auf die Ausführungen im zweiten Kapitel, welche Formen der doppelten Verlustberücksichtigung im grenzüberschreitenden Kontext steuerpolitisch abzulehnen sein mögen (unter I., S. 74), und auf die anschließend geschilderten Konstellationen doppelter Verlustberücksichtigung (unter II., S. 99) wird in den folgenden Teilen häufig zurückgekommen. Der zweite Teil (S. 123) behandelt die einfach-gesetzliche Auslegung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., der dritte Teil (S. 212) die Vereinbarkeit mit dem Verfassungs-, dem Europa- und dem Abkommensrecht. Eine Einbettung der Norm in die aktuellen Entwicklungen und ihr status quo sind Gegenstand des vierten Teils (S. 275).
Erster Teil
Verlustverrechnung als grenzüberschreitende Steuerarbitrage Dieser erste Teil behandelt im ersten Kapitel (S. 35) notwendige Aspekte der Ermittlung und der Verrechnung negativer Einkünfte. Im zweiten Kapitel (S. 74) wird die (doppelte) Verlustverrechnung in den weiteren Kontext der grenzüberschreitenden Steuerarbitrage eingeordnet. Kapitel 1
Verlustverrechnung und Organschaft In diesem ersten Kapitel werden zunächst die innersubjektive Verlustermittlung und -verrechnung skizziert (unter I., S. 35), sodann diverse Zweifelsfragen zum erweiterten (intersubjektiven) Ergebnisausgleich mittels körperschaftsteuerlicher Organschaft geklärt (unter II., S. 45).
I. Aspekte der Einkünfteermittlung und innersubjektiven Verlustverrechnung § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. stellt wesentlich auf „Negative Einkünfte“ ab. Es werden daher die Erwerbseinnahmen und -aufwendungen als Bestandteile der Einkünfte (unter I.1., S. 35), der Begriff der Einkunftsquelle (unter I.2., S. 36), weitere Kriterien zur Unterscheidung verschiedener (negativer) Einkünfte (unter I.3., S. 37) und die Formen der Verlustverrechnung (unter I.4., S. 39) behandelt. Ergänzt werden die Ausführungen um relevante abkommensrechtliche Aspekte (unter I.5., S. 42). 1. Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen § 2 Abs. 2 EStG artikuliert das sog. objektive Nettoprinzip für Zwecke der Einkommensteuer,81 über den Verweis in § 8 Abs. 1 S. 1 KStG findet die Vor81 BVerfG, Beschl. v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, S. 111 (121); BFH, Beschl. v. 26.2.2014, I R 59/12, BFHE 246, S. 27 (32); Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 54; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 14, 503; Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 11; Naujok, in: B./B., 326. EGL 12/2010, § 2 EStG Rn. 13; Ratschow, in: Blümich, 126. EGL 11/2014, § 2 EStG Rn. 6; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 763.
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Teil 1: Verlustverrechnung
schrift auch im Rahmen der Körperschaftsteuer Ausdruck.82 Danach sind Einkünfte der Gewinn (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, §§ 4 bis 7k, § 13a EStG) und der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, §§ 8 bis 9a EStG). Bei den Einkünften handelt es sich um Saldobeträge, die sich bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. §§ 4 Abs. 1, 5 EStG aus Erträgen und Aufwendungen, bei der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG aus Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben und bei der Einkünfteermittlung durch Überschussrechnung gem. §§ 8 bis 9a EStG aus Einnahmen und Werbungskosten ergeben.83 Erstere Komponenten wirken sich potenziell (vgl. aber z. B. § 3 EStG) einkünfteerhöhend aus, während sich letztere Komponenten potenziell (vgl. aber z. B. § 3c Abs. 1 EStG) einkünftemindernd auswirken. Für Zwecke dieser Arbeit werden erstere als Erwerbseinnahmen (oder Einnahmen) und letztere als Erwerbsaufwendungen (oder Aufwendungen) bezeichnet.84 2. Einkunftsquellen Innerhalb der sieben Einkunftsarten lässt sich nicht nur zwischen Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen, sondern auch nach Einkunftsquellen unterscheiden.85 Der Begriff wird im EStG zwar verwendet (z. B. in § 15b Abs. 1 S. 2 EStG), aber nicht definiert. Insbesondere, aber nicht nur, im Bereich der Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG) ist das Ergebnis für jede Einkunftsquelle (z. B. Betriebsstätte) separat zu ermitteln.86 Zwei Einkunftsquellen im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb können beispielsweise vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger einen eigenen Betrieb betreibt und zugleich Mitunternehmer einer Mitunternehmerschaft (vgl. insbesondere § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG) ist.87 Unsicherheit besteht jedoch, ob unter „Einkünften“ (§ 2 Abs. 1, Abs. 2 EStG) die Ergebnisse aus Erwerbseinnahmen und -aufwendungen der einzelnen Einkunftsquellen einer Einkunftsart oder vielmehr die Summe (bzw. Differenz) aus den Ergebnissen aller Einkunftsquellen einer Einkunftsart gemeint 82 BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (248); BFH, Beschl. v. 26.2.2014, I R 59/12, BFHE 246, S. 27 (32); Naujok, in: B./B., 326. EGL 12/ 2010, § 2 EStG Rn. 32; Rengers, in: Blümich, 123. EGL 6/2014, § 8 KStG Rn. 22; Schallmoser, in: H./H./R., 254. EGL 11/2012, § 8 KStG Rn. 6. 83 Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 205, 229. Vgl. auch Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 53. 84 So auch BVerfG, Beschl. v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, S. 111 (121); Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 90; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 53; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 765, 780. Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 205 ff. spricht dagegen von „Erwerbsbezügen“ und „Erwerbsaufwendungen“. 85 Bachem, in: B./B., 177. EGL 7/1998, § 2 EStG Rn. 126; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 76. 86 Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 505. 87 Bachem, in: B./B., 177. EGL 7/1998, § 2 EStG Rn. 126.
Kap. 1: Verlustverrechnung und Organschaft
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ist. Letzteres wird teilweise bejaht.88 Zweifel ergeben sich meines Erachtens, wenn man z. B. § 15 Abs. 4 EStG über die Behandlung von Verlusten aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung, aus bestimmten Termingeschäften oder u. a. aus (atypisch) stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften betrachtet. Denn nach § 15 Abs. 4 S. 6 1. Hs. EStG dürfen z. B. Verluste aus (atypisch) stillen Gesellschaften „weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden“, woraus gefolgert werden könnte, dass es auch im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb weitere Einkünfte aus anderen Einkunftsquellen geben kann. 3. Negative Einkünfte: Verlust und Werbungskostenüberschuss Werden Erwerbseinnahmen und -aufwendungen miteinander verrechnet, dann kann das Ergebnis nicht nur positiv, sondern auch negativ ausfallen. Unabhängig von der Einkunftsart werden solche negativen Ergebnisse als negative Einkünfte bezeichnet.89 Negative Einkünfte im Bereich der Gewinneinkünfte werden als Verluste, negative Einkünfte im Bereich der Überschusseinkünfte als Werbungskostenüberschuss (Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen) bezeichnet.90 In dieser Arbeit sind mit dem Begriff Verlust (teilweise) die negativen Einkünfte jeder der sieben Einkunftsarten gemeint,91 um das jeweilige Problem nicht um (unnötige) Komplexität anzureichern. a) Eigene und fremde Einkünfte In Abhängigkeit davon, ob es um die Berücksichtigung der von einem Steuerrechtssubjekt selbst erzielten (z. B. in einer Betriebsstätte) oder um die Berücksichtigung der von einem anderen Steuerrechtssubjekt (z. B. einer anderen AG) erzielten negativen Einkünfte geht, kann zwischen eigenen und fremden negativen Einkünften unterschieden werden.92 Im Rahmen des in Deutschland bis zum Veranlagungszeitraum 2001 geltenden, körperschaftsteuerlichen Anrechnungs-
88 Brandis, FR 1986, S. 60 (61); Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 403 (3. Abs.); Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 505. 89 Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 22; Ratschow, in: Blümich, 126. EGL 11/2014, § 2 EStG Rn. 52. 90 Besonders deutlich Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 504. Genauso Bachem, in: B./B., 177. EGL 7/1998, § 2 EStG Rn. 125; Ratschow, in: Blümich, 126. EGL 11/2014, § 2 EStG Rn. 52. 91 So auch Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 60. 92 Mit Blick auf den grenzüberschreitenden Fall Lüdicke/Lange-Hückstädt, IStR 2013, S. 611 (612); Lüdicke et al., BFIT 2014, S. 376 (376 f.). Vgl. auch die konsequente Unterscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zwischen in einem Unternehmen und in einem Konzern anfallenden Verlusten in ihrer Mitteilung v. 19.12.2006, KOM(2006) 824 endgültig, SEK(2006) 1690, S. 2.
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Teil 1: Verlustverrechnung
verfahrens konnte sich der auf Ebene der Tochtergesellschaft anfallende (fremde) Verlust auf Ebene der Muttergesellschaft zumindest im Wege der Teilwertabschreibung auswirken.93 Die körperschaftsteuerliche Organschaft gem. §§ 14 bis 19 KStG und die gewerbesteuerliche Organschaft gem. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG stellen eine Möglichkeit der Berücksichtigung fremder negativer Einkünfte (in Gestalt eines negativen Organeinkommens) und eines fremden negativen Gewerbeertrags beim Anteilseigner dar: Organgesellschaft können die SE, die AG und die KGaA (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG) sowie andere Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs. 1 S. 1 KStG), d.h. nur Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG mit eigener Körperschaftsteuersubjektfähigkeit, sein. Diese Abschirmwirkung wird mittels Organschaft (oder möglicherweise einer ausländischen Gruppenbesteuerung) überwunden.94 b) Inländische und ausländische Einkünfte Weiterhin kann nach dem Ort der Entstehung der jeweiligen negativen Einkünfte unterschieden werden. Befindet sich die Einkunftsquelle (z. B. eine Betriebsstätte), in der die negative Differenz aus Erwerbseinnahmen und -aufwendungen anfällt, im Inland, so kann von „inländischen“ negativen Einkünften gesprochen werden. Befindet sich die Einkunftsquelle dagegen im Ausland, so sind die negativen Einkünfte „ausländische“.95 Im erstgenannten Fall inländischer negativer Einkünfte kann es zu einer Berücksichtigung in einem weiteren Staat (insbesondere im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen) kommen, sodass aus Sicht des Staats der Einkunftsquelle ein „Verlustexport“ vorliegt; nimmt man stattdessen die Perspektive desjenigen Staats, in dem die negativen Einkünfte zwar nicht entstanden sind, aber ebenfalls berücksichtigt werden, ein, dann lässt sich diese Situation als „Verlustimport“ bezeichnen.96
93 Neyer, DStR 1983, S. 162 (163 ff.); speziell hierzu Schulze zur Wiesche, FR 1987, S. 385 ff. Vgl. auch Crezelius, FS Beusch, S. 153 (159). Ist Anteilseigner ein Körperschaftsteuersubjekt i. S. d. § 1 Abs. 1 KStG, dann ist eine solche Teilwertabschreibung gem. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG heute nicht mehr möglich. Wenn ein Einkommensteuersubjekt i. S. d. § 1 EStG Anteilseigner ist und die Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten wird (sonst: Abgeltungssteuer), können Teilwertabschreibungen (ggf. unter den Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG) grds. gem. §§ 3c Abs. 2 S. 1, 3 Nr. 40 EStG zu 60 % berücksichtigt werden (Jacobs, Unternehmensbesteuerung, S. 437). 94 In der Literatur wird teilweise zwischen direktem und indirektem Verlustausgleich terminologisch unterschieden. Die Organschaft, die zur Berücksichtigung negativer Einkünfte der Organgesellschaft unmittelbar beim Organträger führt, wird danach dem direkten, die Abschreibung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft auf den niedrigeren Teilwert dem indirekten Verlustausgleich zugeordnet (vgl. Neyer, DStR 1983, S. 162 [163]). 95 Lüdicke et al., BFIT 2014, S. 376 (376). 96 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 275.
Kap. 1: Verlustverrechnung und Organschaft
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c) Aktive und passive Einkünfte Das deutsche Steuerrecht unterscheidet an mancher Stelle zwischen sog. aktiven und passiven Einkünften. So enthält § 2a Abs. 2 EStG Ausnahmen von den Beschränkungen des § 2a Abs. 1 EStG zugunsten bestimmter („aktiver“) Tätigkeiten (sog. Aktivitätsklausel).97 Indem § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. darauf abstellte, dass ein Verlust im Inland bei fehlender DBA-Freistellung der gewerblichen Einkünfte aus einer Betriebsstätte im anderen Staat ausgeglichen oder abgezogen werden könnte, und § 2a Abs. 3 S. 2 EStG a. F. auf diesen Ausgleich für Zwecke des Verlustabzugs (§ 10d EStG) abstellte, erlangte das Aktivitätserfordernis auch für die in § 2a Abs. 3 EStG geregelte Verlustberücksichtigung trotz DBA-Freistellung Bedeutung.98 Auch § 8 Abs. 1 AStG enthält eine Aufzählung begünstigter („aktiver“) Tätigkeiten, grenzt diese mithin von den nicht aufgezählten (und niedrig besteuerten) „passiven“ Einkünften ab.99 Bedeutung erlangt diese Aufzählung „aktiver“ Tätigkeiten für § 20 Abs. 2 AStG,100 wobei umstritten ist, ob es durch die Anordnung der Anrechnungsmethode zur Berücksichtigung der negativen Betriebsstätteneinkünfte im Inland kommt.101 § 9 Nr. 7 GewStG verweist mehrfach auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG und auch z. B. Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-Vereinigtes Königreich 2010102 („Aktivitätsklausel“) macht die Freistellung u. a. von Betriebsstätten- und Dividendeneinkünften vom Nachweis von Tätigkeiten i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG abhängig. 4. Verlustverrechnung: Verlustausgleich und Verlustabzug Eine Verrechnung positiver und negativer Einkünfte ist entweder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung (sog. Verlustausgleich; dazu unter I.4.a), S. 40) oder in einem früheren oder späteren Veranlagungszeitraum (sog. Verlustabzug; dazu unter I.4.b), S. 41) denkbar.103 Diese Verrechnung – unabhängig davon, ob 97 Naujok, in: B./B., 349. EGL 1/2013, § 2a EStG Rn. 126; Wagner, in: Blümich, 120. EGL 8/2013, § 2a EStG Rn. 110. 98 Probst, in: H./H./R., 206. EGL 4/2002, § 2a EStG Rn. 236, 250, 255. 99 Rödel, in: Kraft, AStG, § 8 Rn. 2, 15; Vogt, in: Blümich, 124. EGL 8/2014, § 8 AStG Rn. 1. 100 Kraft, in: ders., AStG, § 20 Rn. 40; Vogt, in: Blümich, 130. EGL 10/2015, § 20 AStG Rn. 34. 101 Umfassend Becker/Loose/Misere, IStR 2016, S. 353 ff. Im Anschluss an das EuGH-Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829 wurde die Frage aufgeworfen, ob sich u. a. aus der von § 20 Abs. 2 AStG angeordneten Anwendung der Anrechnungsmethode die europarechtliche Vergleichbarkeit ergibt (Schnitger, IStR 2016, S. 72 [73 f.]; ders., FS Endres, S. 361 [370]). In seinem Urt. v. 22.2.2017 (I R 2/ 15, DStR 2017, S. 1145 ff.) entschied der BFH diese Frage ausdrücklich nicht (S. 1151). 102 BGBl. II 2010, S. 1334 ff. Umfangreich zu DBA-Aktivitätsklauseln Lüdicke, DBA-Politik, S. 77 f. 103 BVerfG, Beschl. v. 30.9.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, S. 88 (89); Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 61 f.; Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 93. Auf die Besonderhei-
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die Verrechnung in demselben, einem früheren oder späteren Veranlagungszeitraum erfolgt – wird in dieser Arbeit als Verlustverrechnung bezeichnet. a) Innerperiodischer Verlustausgleich: Horizontaler und vertikaler Ausgleich Durch die Bildung einer Summe der Einkünfte (vgl. § 2 Abs. 3 EStG) werden die positiven und die negativen Ergebnisse einer Einkunftsart und die positiven und die negativen Einkünfte verschiedener Einkunftsarten miteinander verrechnet. Ersteres ist der sog. horizontale, Letzteres der sog. vertikale Verlustausgleich.104 Der horizontale geht dem vertikalen Verlustausgleich grundsätzlich vor.105 Der horizontale Verlustausgleich beschränkt sich auf die einzelne Einkunftsart und führt zur Verrechnung der Ergebnisse der einzelnen Einkunftsquellen einer Einkunftsart.106 Der vertikale Verlustausgleich führt dagegen zur einkunftsartenübergreifenden Verrechnung.107 Sowohl der horizontale als auch der vertikale Verlustausgleich werden durch § 2a Abs. 1 EStG eingeschränkt.108 Für die Bemessungsgrundlage erlangt die Vorschrift Bedeutung, wenn kein DBA (z. B. mit Brasilien oder Hongkong) oder ein DBA mit Anrechnungsmethode (z. B. Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA-Mauritius109 oder Art. 22 Abs. 1 DBA-Zypern110) besteht.111 Die Vorschrift findet nur im Verhältnis zu Drittstaaten Anwendung, zu denen nicht die EU-Mitgliedstaaten und (unter weiteren Voraussetzungen) die EWR-Staaten gehören (§ 2a Abs. 2a EStG). ten des abgeltenden Steuerabzugs gem. § 50 Abs. 2 S. 1 EStG, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG (Folge: Nichtberücksichtigung zusammenhängender Aufwendungen, Nichtberücksichtigung der betroffenen Einkünfte beim Verlustausgleich) wird in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. 104 Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 61; Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 93; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 570; Ratschow, in: Blümich, 126. EGL 11/ 2014, § 2 EStG Rn. 140. 105 Kirchhof, in: ders., § 2 EStG Rn. 93; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 567, 572: Ein Verlust einer Einkunftsart ist aber ausnahmsweise zunächst mit anderen, nicht ermäßigten Einkünften anderer Einkunftsarten vertikal auszugleichen, wenn in der Einkunftsart des Verlusts tarifermäßigte Einkünfte anfallen. Verbleibt danach noch ein Verlust, kommt es zum horizontalen Ausgleich mit den tarifermäßigten Einkünften. 106 Bachem, in: B./B., 177. EGL 7/1998, § 2 EStG Rn. 126; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 570. 107 Bachem, in: B./B., 177. EGL 7/1998, § 2 EStG Rn. 140; Musil, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 2 EStG Rn. 570. Zu den Besonderheiten im Zusammenhang mit der Abgeltungssteuer vgl. z. B. Ratschow, in: Blümich, 126. EGL 11/2014, § 2 EStG Rn. 159. 108 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 5.70, 5.74. 109 BGBl. II 2012, S. 1051 ff. 110 BGBl. II 2011, S. 1069 ff. 111 Herkenroth/Striegel, in: H./H./R., 261. EGL 1/2014, § 2a EStG Rn. 8; Naujok, in: B./B., 349. EGL 1/2013, § 2a EStG Rn. 22.
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Unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte i. S. d. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 8 Abs. 2 KStG können nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben,112 sodass der Verlustausgleich auf einen horizontalen aus Ergebnissen verschiedener Quellen im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beschränkt ist. Alle anderen, d.h. beschränkt steuerpflichtige und unter §§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG fallende Körperschaftsteuersubjekte, können auch Einkünfte anderer Einkunftsarten erzielen, sodass neben einem horizontalen auch ein vertikaler Verlustausgleich möglich ist.113 Natürliche Personen können Einkünfte aller sieben Einkunftsarten haben, sodass sich ein horizontaler wie ein vertikaler Verlustausgleich ergeben kann. b) Überperiodischer Verlustabzug: Verlustrücktrag und Verlustvortrag Im Rahmen des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs (§ 10d EStG) ist zwischen dem Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG) und -vortrag (§ 10d Abs. 2 S. 1 EStG) zu unterscheiden. Da § 10d EStG die Verlustberücksichtigung in anderen Zeiträumen als dem Entstehungszeitraum ermöglicht, wird hierdurch vom Grundsatz der Abschnittsbesteuerung zugunsten einer zeitraumübergreifenden Besteuerung der Leistungsfähigkeit abgewichen.114 Durch § 2a Abs. 1 EStG wird auch der Verlustabzug eingeschränkt.115 Den Verlustabzug gibt es gleichermaßen für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte,116 wobei in den (negativen) Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 8 Abs. 2 KStG nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb einfließen (können), in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG auch Einkünfte 112
Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 71, 108. Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 112 f. Genauso Orth, WPgSonderheft 2003, S. 13 (14 f.), der aber entsprechend § 8 Abs. 2 EStG a. F. noch zwischen Steuerpflichtigen, die nach den Vorschriften des HGBs zur Führung von Büchern verpflichtet sind, und anderen Steuerpflichtigen unterschied. 114 Hallerbach, in: H./H./R., 276. EGL 9/2016, § 10d EStG Rn. 5; Schmieszek, in: B./B., 373. EGL 4/2015, § 10d EStG Rn. 31 f. Vgl. Schlenker, in: Blümich, 129. EGL 8/2015, § 10d EStG Rn. 5. 115 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 5.70, 5.74. 116 Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 122 ff.; Schlenker, in: Blümich, 122. EGL 3/2014, § 10d EStG Rn. 46. Auf die Besonderheiten des § 8c KStG, die sich auch im Rahmen des Verlustausgleichs stellen, und die allgemeinere Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 S. 1 EStG wird hier nicht eingegangen. Der durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, S. 2998 f. eingefügte § 8d KStG wird in dieser Arbeit nicht behandelt. Mit Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 ff. erklärte das BVerfG § 8c S. 1 KStG bzw. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG für insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, als dass die unmittelbare Übertragung von mehr als 25 % und bis zu 50 % des gezeichneten Kapitals innerhalb von fünf Jahren zur anteiligen Nichtabziehbarkeit der bis dahin nicht genutzten Verluste führt (Leitsatz 1). Bis zum 31.12.2018 ist eine rückwirkende Neuregelung zu treffen (Leitsatz 2). 113
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anderer Einkunftsarten – sofern vorhanden – eingehen.117 Auch im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht und im Rahmen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht finden der Verlustrücktrag und -vortrag grundsätzlich Anwendung.118 Nach § 15 S. 1 Nr. 1 KStG ist ein Verlustabzug i. S. d. § 10d EStG bei der Organgesellschaft nicht zulässig, sodass vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft im Rahmen der Organschaft nicht verrechnet werden.119 Dagegen sind vororganschaftliche Verluste des Organträgers nicht von der Verrechnung ausgeschlossen und können mit dem zugerechneten Organeinkommen der Organgesellschaft verrechnet werden.120 Dem Organträger im Rahmen der Organschaft zugerechnete Verluste (negatives Einkommen), die sich im innerperiodischen Ausgleich auf Ebene des Organträgers nicht erschöpfen, gehen in den Verlustabzug ein und können mit den Ergebnissen vor oder nach der Organschaft verrechnet werden.121 5. Doppelbesteuerungsabkommen: Einkünftebegriff und Verlustverrechnung Das Musterabkommen der OECD und die hierauf basierenden DBA Deutschlands nehmen nicht ausdrücklich Bezug auf die Einkünfte, wie sie in § 2 EStG behandelt werden. Stattdessen nimmt z. B. Art. 7 OECD-MA in seiner Überschrift auf „business profits“ (Unternehmensgewinne), nehmen Art. 10 und 11 OECD-MA in ihren Überschriften auf „dividends“ (Dividenden) und „interest“ (Zinsen) und nimmt Art. 21 in seiner Überschrift auf „other income“ (Andere Einkünfte) Bezug. Aus der Auffangvorschrift des Art. 21 OECD-MA wird geschlossen, dass der Begriff der „Einkünfte“ abkommensrechtlich der Oberbegriff ist.122 Auch im Rahmen der Vorschriften über die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat (Art. 23A OECD-MA, Freistellungsmethode; Art. 23B OECD-MA, Anrechnungsmethode) ist der Begriff der „Einkünfte“ der Oberbegriff und erfasst alle in den Verteilungsnormen (Art. 6 bis 21 OECD-MA) behandelten Einkünfte.123 Ob mit Einkünften jeweils ein Brutto- oder ein Netto117
Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 128 f. Hallerbach, in: H./H./R., 276. EGL 9/2016, § 10d EStG Rn. 16, 28 (Einkommensteuer); Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 135 (Körperschaftsteuer). 119 Herlinghaus, in: H./H./R., 237. EGL 7/2009, § 15 KStG Rn. 6, 35 f.; Orth, WPgSonderheft 2003, S. 13 (21). 120 Frotscher, in: F./D., 120. EGL 9/2013, § 15 KStG Rn. 12; Orth, WPg-Sonderheft 2003, S. 13 (22). 121 Herlinghaus, in: H./H./R., 237. EGL 7/2009, § 15 KStG Rn. 34; Orth, WPg-Sonderheft 2003, S. 13 (21). 122 Wassermeyer, in: ders., DBA, 99. EGL 10/2006, Vor Art. 6–22 OECD-MA Rn. 2. 123 Wassermeyer, in: ders., DBA, 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECD-MA Rn. 21; ders., in: ders., DBA, 130. EGL 6/2015, Art. 23B OECD-MA Rn. 17. 118
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betrag gemeint ist, ergibt sich durch Auslegung der relevanten Vorschrift, sodass z. B. Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA als ein Nettobetrag, Dividenden und Zinsen i. S. d. Art. 10, 11 OECD-MA als ein Bruttobetrag und sonstige Einkünfte i. S. d. Art. 21 OECD-MA entweder als ein Brutto- oder als ein Nettobetrag zu verstehen sind.124 Nach § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Sind Einnahmen aufgrund der Freistellungsmethode nach einem DBA steuerfrei, dann sind die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben nicht abzugsfähig.125 Andererseits ist es ständige BFH-Rechtsprechung, dass im Fall der Bezugnahme der DBA-Vorschrift auf Einkünfte nicht nur positive, sondern auch negative Einkünfte (namentlich Betriebsstättenverluste) bei Anwendung der Freistellungsmethode in Deutschland aus der Bemessungsgrundlage herausgehalten werden (sog. Symmetriethese).126 Die Ermittlung auch der nach DBA freizustellenden Einkünfte richtet sich nach deutschem Steuerrecht.127 Gerichte anderer Staaten verstehen die Freistellungsmethode nicht in einem solchen Sinn, dass sie die Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat ausschließt,128 und nach Teilen der Literatur fehlt diesem Verständnis die Rechtsgrundlage.129 Damit wirken sich ausländische, negative Einkünfte auf Grundlage des vorstehend beschriebenen Verständnisses der deutschen Rechtsprechung in der inländischen Bemessungsgrundlage nicht und allenfalls über einen negativen 124 Wassermeyer, in: ders., DBA, 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECD-MA Rn. 21; ders., in: ders., DBA, 130. EGL 6/2015, Art. 23B OECD-MA Rn. 17. 125 Desens, in: H./H./R., 275. EGL 6/2016, § 3c EStG Rn. 33, 35; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.541; von Beckerath, in: Kirchhof, § 3c EStG Rn. 45 („DBA“). Das Merkmal „soweit“ wird teilweise so ausgelegt, dass der die Einnahmen überschreitende Teil der Ausgaben grds. abziehbar ist (so Desens, in: H./H.R., 275. EGL 6/2016, § 3c EStG Rn. 42), teilweise wird auch der die Einnahmen überschreitende Teil der Ausgaben als vom Abzugsverbot erfasst angesehen (so Erhard, in: Blümich, 123. EGL 6/2014, § 3c EStG Rn. 47). 126 BFH, Beschl. v. 29.11.2006, I R 45/05, BFHE 216, S. 149 (149, 152 f.); BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/09, BFHE 230, S. 35 (35, 39); BFH, Urt. v. 5.2.2014, I R 48/ 11, BFHE 244, S. 371 (371, 374); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 14.24, 16.532; Wassermeyer, in: ders., DBA, 99. EGL 10/2006, Vor Art. 6–22 OECD-MA Rn. 2b; ders., in: ders., DBA, 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECD-MA Rn. 57. 127 BFH, Beschl. v. 29.11.2006, I R 45/05, BFHE 216, S. 149 (152); BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/09, BFHE 230, S. 35 (38); BFH, Urt. v. 5.2.2014, I R 48/11, BFHE 244, S. 371 (374). 128 VwGH, Erk. v. 25.9.2001, 99/14/0217, IStR 2001, S. 754 f. Dazu z. B. Vogel, IStR 2002, S. 91 ff. Nachweise zur Handhabung der Freistellungsmethode in weiteren Ländern bei Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 59. Auch der offizielle Kommentar der OECD erkennt in Art. 23A/B Rn. 44 OECD-MAK die unterschiedliche Handhabung an. 129 Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 62. Vgl. bereits Vogel, BB 1983, S. 180 (186 f.).
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Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, Art. 23A Abs. 3 OECDMA) aus.130 Durch den Verlustvortrag oder Verlustrücktrag der negativen Einkünfte im Quellenstaat und ihre Berücksichtigung mit Blick auf den Steuersatz im Ansässigkeitsstaat können sich die negativen Einkünfte zweimal auswirken.131 Nach § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG gilt § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG nicht für Einkünfte aus einer anderen als einer in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 S. 1 EStG erfüllt, sodass positive wie negative Einkünfte aus „passiven“ Betriebsstätten in Nicht-Drittstaaten (d.h. EU- und unter weiteren Voraussetzungen EWRStaaten) im Rahmen des (positiven bzw. negativen) Progressionsvorbehalts nicht zu berücksichtigen sind.132 Bei Anwendung der DBA-Anrechnungsmethode werden ausländische, negative Einkünfte (im Rahmen der Grenzen namentlich des § 2a EStG) hingegen bereits in der Bemessungsgrundlage mindernd berücksichtigt (vgl. Kapitel 1, unter I.4., S. 39).133 In seinem Urteil Lidl Belgium hielt der EuGH den Ausschluss der Berücksichtigung der in einer in Luxemburg gelegenen Betriebsstätte erlittenen Verluste aus der deutschen Bemessungsgrundlage aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten Freistellungsmethode (sog. Symmetriethese) zwar für eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, aber für durch die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis und die Gefahr doppelter Verlustberücksichtigung gerechtfertigt.134 Diese Verluste wurden außerdem in einem späteren Jahr in Luxemburg mit Gewinnen der Betriebsstätte verrechnet, sodass die Nichtberücksichtigung in der deutschen Bemessungsgrundlage angemessen war.135 Der EuGH übertrug damit seine im Urteil Marks & Spencer entwickelte Rechtsprechung zu sog. finalen Verlusten, wonach die Niederlassungsfreiheit zwecks Wahrung der Verhältnismäßigkeit die Berücksichtigung der Verluste im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft bei endgültiger („finaler“) Nichtberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat 130 Prokisch, DStJG 28, S. 229 (236, 241); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.532, 16.537, 16.539. 131 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.538: „Da der negative Progressionsvorbehalt weder abkommensrechtlich noch gem. § 32b EStG davon abhängig ist, ob die entsprechenden Verluste im Quellenstaat steuerliche Berücksichtigung finden oder nicht, kann es im Ergebnis zu einer doppelten Verlustverrechnung dadurch kommen, dass die ausländischen Verluste im Quellenstaat im Rahmen eines Verlustrückoder -vortrages und im Wohnsitzstaat im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehaltes berücksichtigt werden.“ 132 Vgl. Krippner, in: B./B., 377. EGL 8/2015, § 32b EStG Rn. 49b; Kuhn/Kühner, in: H./H./R., 252. EGL 7/2012, § 32b EStG Rn. 129; Wagner, in: Blümich, 125. EGL 10/2014, § 32b EStG Rn. 67. Alle Autoren bemängeln die Vorschrift. 133 Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 181; Prokisch, DStJG 28, S. 229 (232, 234). 134 EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, ECLI:EU:C:2008:278, Rn. 26, 42; Ackermann/Höft, EuZW 2016, S. 258 (259). 135 EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, ECLI:EU:C:2008:278, Rn. 50 f., 53. Vgl. Pohl/Burwitz, FR 2016, S. 561 (564).
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der Tochtergesellschaft verlangt136 und die in dieser Arbeit nicht umfangreich abgehandelt werden soll,137 auf (Freistellungs-)Betriebsstätten. 138 In seinem Urteil Timac Agro Deutschland beantwortete der EuGH die zweite Vorlagefrage nach der Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung der in einer österreichischen (Freistellungs-)Betriebsstätte erzielten Verluste in der deutschen Bemessungsgrundlage mit der Niederlassungsfreiheit dahingehend, dass keine Vergleichbarkeit mit einer Betriebsstätte in Deutschland besteht.139 Während einerseits der Aspekt fehlender Vergleichbarkeit betont wurde (Konsequenz: Europarechtskonformität der sog. Symmetriethese),140 legt ein anderer Teil der Literatur Wert darauf, dass dem Fall Timac Agro Deutschland keine finalen Verluste zugrunde lagen,141 mithin finale Verluste im Ansässigkeitsstaat entgegen der DBA-Freistellung zu berücksichtigen sind.142 Liegen solcherart finale Verluste vor, dann steht deren Einmalberücksichtigung, nicht aber die Verhinderung der doppelten Berücksichtigung in Frage.
II. Aspekte der körperschaftsteuerlichen Organschaft Wurde vorstehend (unter I., S. 35) das einzelne Steuersubjekt in den Blick genommen, werden nun Aspekte der körperschaftsteuerlichen Organschaft und der 136 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 55; Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.247. Streitig ist im Verfahren Yara International (E-15/16) vor dem EFTA-Gerichtshof die Anwendung dieser Grundsätze zu finalen Verlusten in einem mit der Situation in EuGH, Urt. v. 18.7.2007, C-231/05, Oy AA, ECLI:EU:C:2007:439 ähnlichen Fall. Fraglich ist die Verpflichtung Norwegens als Ansässigkeitsstaat zur Gewährung eines Abzugs für einen Gruppenbeitrag („group contribution“) der Muttergesellschaft an ihre litauische Tochtergesellschaft mit hohen Verlustvorträgen. Am 16.12.2009 wurde der Gruppenbeitrag zugesagt und am 10.1.2010 gezahlt, am 29.1.2010 wurde die Entscheidung zur Abwicklung der litauischen Gesellschaft getroffen. 137 Hierzu bspw. Brandis, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 59; Cordewener, EuZW 2015, S. 295 ff. 138 Ackermann/Höft, EuZW 2016, S. 258 (259); Niemann/Dodos, DStR 2016, S. 1057 (1058); Schnitger, FS Endres, S. 361 (364). Ablehnend Pohl/Burwitz, FR 2016, S. 561 (563 f.). 139 EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 65. Daran anknüpfend BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1150). 140 BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1150 f.); Ackermann/Höft, EuZW 2016, S. 258 (261). Der BFH sah ausdrücklich von einer erneuten Vorlage an den EuGH gem. Art. 267 AEUV ab (S. 1151). 141 Niemann/Dodos, DStR 2016, S. 1057 (1058, 1062 f.). Ausdrücklich anders BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1150). Vgl. EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 56; Wathelet, SchlA v. 3.9.2015, C388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:533, Rn. 67, 71, Fn. 45. 142 Niemann/Dodos, DStR 2016, S. 1057 (1063): „Damit gilt insbesondere für die DBA-Freistellungsfälle weiterhin der Grundsatz, dass die Nichtberücksichtigung finaler Auslandsverluste grundsätzlich eine nicht verhältnismäßige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt.“
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intersubjektiven Verlustverrechnung vertieft. Dazu wird einleitend der organschaftliche Ergebnisausgleich angesprochen (unter II.1., S. 46). Zu den im Hinblick auf die weitere Arbeit in diesem Abschnitt behandelten organschaftlichen Einzelaspekten gehören die Einkunftsarten der Organträger und -gesellschaften (unter II.2., S. 48), die Steuerpflicht und die Einkünfteerzielung bei Organschaft (unter II.3., S. 49), die grundsätzliche Behandlung der Gewinnabführung und der Einkommenszurechnung (unter II.4., S. 51) und mögliche Konsequenzen im grenzüberschreitenden Sachverhalt (unter II.5., S. 55). Wiederum folgen abkommensrechtliche Erwägungen; erörtert werden die Abkommensberechtigung (unter II.6., S. 58) und der Abkommensschutz (unter II.7., S. 66). 1. Ergebnisausgleich als (ein) zentrales Anliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft Das Rechtsinstitut der körperschaftsteuerlichen Organschaft hat vielerlei Vorund Nachteile.143 Von jeher wird von der „wirtschaftlichen Einheit rechtlich selbständiger Unternehmen“ 144 gesprochen; durch die Organschaft wird das körperschaftsteuerliche Trennungsprinzip im Hinblick auf die Organgesellschaft „überwunden“ zugunsten einer steuerlichen Beachtung dieser wirtschaftlichen Einheit.145 Trotz mehrfacher, fundamentaler Änderung des Umgangs mit der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung bei Beteiligung an einem Körperschaftsteuersubjekt (klassisches System, Anrechnungsverfahren, Beteiligungsertragsbefreiung und Halb-/Teileinkünfteverfahren) wurde die körperschaftsteuerliche Organschaft beibehalten, wodurch sich aber ihre Bedeutung wandelte.146 Dies zeigt sich, indem die Fälle einer Gewinne erzielenden (Gefahr der Doppelbesteuerung) und einer Verluste erzielenden (kein periodeninterner Ergebnisausgleich) Organgesellschaft in den Blick genommen werden: Wurde vor Einführung des Anrechnungsverfahrens durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31.8.1976147 die Bedeutung der Organschaft sowohl für die Vermeidung der Doppelbesteuerung als auch für den Ausgleich der positiven und negativen Ergebnisse des Organträgers und der Organgesellschaft(en) betont,148 wurde die (wirtschaftliche) Doppelbesteuerung grundsätzlich schon im Rahmen des Anrechnungsverfahrens (das 143 Dazu Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 10; Prinz, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 1.59 f. 144 Beusch, FS Flume, S. 21 (22). Vgl. z. B. auch Herzig, DStJG 28, S. 185 (190 f.); Krumm, in: Blümich, 131. EGL 3/2016, § 14 KStG Rn. 1; Wöhe, DStR 1990, Beihefter zu Heft 7, S. 1 (3). 145 Krumm, in: Blümich, 131. EGL 3/2016, § 14 KStG Rn. 2; Prinz, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 1.1 f., 1.33 f. Zur verfassungsrechtlichen Begründung Kapitel 5, unter I.1.c)aa) (S. 219). 146 Frotscher, in: F./D., 120. EGL 9/2013, § 14 KStG Rn. 2. 147 BGBl. I 1976, S. 2597 ff. 148 Jurkat, Organschaft, Rn. 103, 582.
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durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000149 abgeschafft wurde) vermieden, sodass der Ergebnisausgleich qua Organschaft besondere Bedeutung erlangte.150 Durch Organschaft verbleibt es also nicht bei einer überperiodischen Verrechnung der Verluste der Gesellschaft mit Gewinnen dieser Gesellschaft aus anderen Jahren durch Verlustabzug (dazu Kapitel 1, unter I.4.b), S. 41), sondern es wird ein subjektübergreifender, innerperiodischer Verlustausgleich (dazu Kapitel 1, unter I.4.a), S. 40) ermöglicht,151 sodass es zu einem „Liquiditäts- und Zinsvorteil“ 152 kommen kann. Mit Einführung des Freistellungs- bzw. Halbeinkünfteverfahrens gewann die Organschaft zum Zweck des Ausgleichs der (positiven, negativen) Ergebnisse des Organträgers und der Organgesellschaft(en) an zusätzlicher Bedeutung.153 Im Fall der Gewinnausschüttung gelten nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG fünf Prozent der außer Ansatz bleibenden Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG als nicht als Betriebsausgaben abzugsfähige Ausgaben. Bei Organschaft kommt es hingegen zur Einkommenszurechnung und es erfolgt grundsätzlich keine Dividendenausschüttung, sodass die Hinzurechnung und die hierdurch ausgelöste Zusatzbelastung unterbleiben.154 149
BGBl. I 2000, S. 1433 ff. Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 3; Grotherr, FR 1995, S. 1 (3); Wöhe, DStR 1990, Beihefter zu Heft 7, S. 1 (4, 8). Vgl. auch Jurkat, Organschaft, Rn. 932, 948, 951. Zum Ausgleich (ohne Organschaft) von Verlusten der Tochtergesellschaft im Anrechnungsverfahren durch Teilwertabschreibung Kapitel 1, unter I.3.a) (S. 37). 151 Grotherr, FR 1995, S. 1 (7): „Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß durch die körperschaftsteuerliche Organschaft im Going-Concern-Konzept in der Regel nur eine zeitlich vorgezogene Verlustverrechnung im Konzern erfolgt, d. h. der einzelgesellschaftliche interperiodische Verlustabzug durch den innerkonzernlichen innerperiodischen Verlustausgleich ersetzt wird.“ 152 Wöhe, DStR 1990, Beihefter zu Heft 7, S. 1 (4). Vgl. Kolbe, H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 10; Wöhe, DStR 1990, Beihefter zu Heft 7, S. 1 (8 f.). 153 Herzig, DStJG 28, S. 185 (191); Hey, in: Herzig, Organschaft, S. 507 (507); Prinz, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 1.23. Der EuGH sieht in der Verweigerung des periodeninternen Verlustausgleichs mittels Gruppenbesteuerung (Liquiditätsvorteil) eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (z. B. Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 32 ff.; Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 18 f.; Urt. v. 12.6.2014, C-39/13, C-40/13, C-41/13, SCA, ECLI:EU:C:2014:1758, Rn. 21 ff., 46 ff.; Strobl-Haarmann, FS Haarmann, S. 927 [934 ff.]). Hierzu näher Kapitel 6, unter I.2. (S. 238). 154 Vgl. Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 5; Heurung/Schmidt/ Kollmann, GmbHR 2016, S. 449 (452). Nach dem Urt. des EuGH v. 2.9.2015 im Fall Groupe Steria (C-386/14, ECLI:EU:C:2015:524) stellt sich allerdings die Frage, ob die Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG auf Dividenden von Tochtergesellschaften, die aufgrund ihrer Ansässigkeit im Ausland nicht in die Organschaft einbezogen werden können, mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) vereinbar ist (für einen Verstoß z. B. Krumm, in: Blümich, 131. EGL 3/2016, § 14 KStG Rn. 42; differenzierend Heurung/Schmidt/Kollmann, GmbHR 2016, S. 449 ff.). Zur einheitlichen Anwendung eines Anteils für Ausgaben und Aufwendungen („quote-part de frais et charges“) in Höhe von 1 % auf Dividenden, die von in die französische Gruppenbesteuerung („intégration fiscale“) eingebundenen und die von bestimmten, in EU- und EWR-Staaten ansässigen 150
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Teil 1: Verlustverrechnung
2. Einkunftsarten der Organträger und Organgesellschaften Unbeschränkt (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 1 EStG) und beschränkt (vgl. §§ 1 Abs. 4, 49 EStG) Einkommensteuerpflichtige können Einkünfte aller sieben Einkunftsarten erzielen. Dagegen ist für Körperschaftsteuersubjekte zu unterscheiden: Bei unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG sind gem. § 8 Abs. 2 KStG alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Hingegen können unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtige i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG und beschränkt Körperschaftsteuerpflichtige (§ 2 KStG) auch Einkünfte anderer Einkunftsarten erzielen. Im Ausland gegründete, mit den inländischen Rechtsformen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG vergleichbare Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen mit inländischer Geschäftsleitung sind unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und können auch nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.155 Damit können Organträger, die natürliche Person sind (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 1. Alt. KStG), auch Einkünfte anderer Einkunftsarten erzielen. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG, die Organträger sind (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Alt. KStG), können bei unbeschränkter Steuerpflicht nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Sind sie dagegen nur beschränkt steuerpflichtig oder unterfallen sie § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG, so sind auch Einkünfte anderer Einkunftsarten möglich.156 Personengesellschaften sind zwar selbst weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig,157 sie können aber unter den besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 und S. 3 KStG auch Organträger sein und ihren Gesellschaftern (negative) Einkünfte vermitteln. Organgesellschaft können gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG die SE, die AG und die KGaA mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem EU- oder EWR-Staat sein. § 17 Abs. 1 S. 1 KStG ordnet eine entsprechende Anwendung der §§ 14 bis 16 KStG an, wenn sich eine andere Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem EU- oder EWR-Staat zur Gewinnabführung verpflichtet. Andere Kapitalgesellschaft in diesem Sinn sind die deutsche GmbH und ausländische Kapitalgesellschaften, die mit der SE, AG, KGaA oder GmbH vergleichbar sind.158 Als unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften i. S. d. (und damit nicht in die „intégration fiscale“ einbezogenen) Tochtergesellschaften ausgeschüttet werden, als Reaktion des französischen Gesetzgebers Ende 2015 z. B. Gouthière, Impôts, Rn. 61425, 81767; Kochs, IWB 2017, S. 326 (327). 155 Frotscher, in: F./D., 125. EGL 9/2014, § 8 KStG Rn. 74. Vgl. auch Schallmoser, in: H./H./R., 254. EGL 11/2012, § 8 KStG Rn. 34. 156 Zu Vorstehendem Jesse, FR 2013, S. 629 (637 f.). 157 Bäuml, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 16.17; Hey, in: Tipke/Lang, § 10 Rn. 10; Reiß, in: Kirchhof, § 15 EStG Rn. 162. 158 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 190a; ders., in: F./D., 128. EGL 4/2015, § 17 KStG Rn. 6, 8; Neumann, in: Gosch, § 17 KStG Rn. 4; Walter,
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§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG haben Organgesellschaften daher stets nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG).159 3. Steuerpflicht und Einkünfteerzielung bei Organschaft § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nimmt auf die „Negative(n) Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“ Bezug, sodass deren Steuerpflicht (unter II.3.a), S. 49) und Fähigkeit zur Erzielung von Einkünften (unter II.3.b), S. 51) darzulegen sind. a) Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft Natürliche Personen sind gem. § 1 EStG einkommen-, die in §§ 1, 2 KStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sind körperschaftsteuerpflichtig. Personengesellschaften sind mangels Nennung in diesen Vorschriften weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. Der körperschaftsteuerlichen Organschaft liegt die Zurechnungstheorie zugrunde.160 Der Organträger und die Organgesellschaft bleiben subjektiv steuerpflichtig und ermitteln ihr steuerliches Einkommen eigenständig.161 Dementsprechend hat die Organgesellschaft auch eine Körperschaftsteuererklärung abzugeben und es ergeht ihr gegenüber ein Körperschaftsteuerbescheid.162 Dieses Konzept der Zurechnung eines (zuvor auf Ebene der Organgesellschaft ermittelten) einheitlichen Einkommens163 steht einer (strengen) Einheitstheorie, die die in: EY, 108. EGL 5/2015, § 17 KStG Rn. 1. Vgl. auch Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (143 f.). 159 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 185; Jesse, FR 2013, S. 629 (637); Kolbe, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 13.60. 160 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 619; Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 20. 161 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 619; Prinz, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 1.38. Die Folge wäre, dass das Einkommen der Organgesellschaft ohne Weiteres nach den Vorschriften über die Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaften zu ermitteln wäre. Bspw. könnten vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft ihr zuzurechnendes Einkommen gem. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V. m. § 10d Abs. 2 S. 1 EStG mindern. § 15 KStG enthält daher abweichende Vorschriften über die Ermittlung des Organeinkommens, sodass bspw. ein Verlustabzug gem. § 15 S. 1 Nr. 1 KStG ausgeschlossen ist (vgl. Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 480 f.). 162 Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 471; Prinz, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 1.38. 163 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 620; Orth, WPg-Sonderheft 2003, S. 13 (17). § 14 KStG ordnet gesetzlich die Zurechnung des Organeinkommens an, nicht aber die Zurechnung „andere(r) steuerliche(r) Verhältnisse und Tatbestandsmerkmale des Organs“ (BFH, Urt. v. 25.1.1984, I R 32/79, BFHE 140, S. 446 [448]). Damit wird bspw. ein Steuerermäßigungsbetrag der Organgesellschaft gem. § 14 Abs. 1 3. VermBG nicht dem Organträger zugerechnet (BFH, Urt. v. 25.1.1984, I R 32/79, BFHE 140, S. 446 [447]).
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Teil 1: Verlustverrechnung
Steuersubjektivität der Organgesellschaft durch die Annahme einer Betriebsstätte verneint164 und einzelne Geschäftsvorfälle, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben der Organgesellschaft als solche des Organträgers behandelt165, entgegen. Indem (abgesehen von § 16 KStG) auch das gesamte Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zur Besteuerung zugerechnet wird, unterscheiden sich die §§ 14 bis 19 KStG auch von der Bilanzierungstheorie, die auf den nach dem Gewinnabführungsvertrag abzuführenden Gewinn bzw. auszugleichenden Verlust abstellt und diese als Betriebseinnahme und Betriebsausgabe behandelt.166 Auch § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG über die gewerbesteuerliche Organschaft wird im Sinne einer eingeschränkten Einheitstheorie ausgelegt;167 die subjektive Steuerpflicht der Organgesellschaft wird dem Organträger zugerechnet,168 die objektive Steuerpflicht verbleibt bei der Organgesellschaft.169 Organträger und Organgesellschaft bilanzieren selbständig und ermitteln in einem ersten Schritt eigene Gewerbeerträge („erste Stufe“), die anschließend zusammenzufassen sind („zweite Stufe“).170
Auch die Tarifvergünstigung des § 34 EStG für Veräußerungsgewinne der Organgesellschaft i. S. d. § 16 Abs. 1 EStG, die der Organgesellschaft (da Kapitalgesellschaft) selbst nicht zusteht, wird dem Organträger nicht gewährt (BFH, Urt. v. 14.4.1992, VIII R 149/ 86, BFHE 168, S. 128 [132 f.]). Im ersten Fall wirkt sich die Organschaft in dieser Hinsicht nachteilig aus, da eine eigentlich vorhandene Begünstigung nicht auf den Organträger übergeht, im zweiten Fall ermöglicht die Organschaft nicht eine Begünstigung des Organträgers, die der Organgesellschaft selbst nicht zustünde. 164 Jurkat, Organschaft, Rn. 4; Hübl, DStZ A 1965, S. 17 (21). Konzeptionell liegt dagegen der niederländischen Gruppenbesteuerung die Einheitstheorie zugrunde, vgl. bereits Beusch, FS Flume, S. 21 (35 f.). 165 Jurkat, Organschaft, Rn. 15, 28. Vgl. auch Hübl, DStZ A 1965, S. 17 (21); Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 4. 166 Jurkat, Organschaft, Rn. 25; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 3; Hübl, DStZ A 1965, S. 17 (23). 167 Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 22. Kritisch Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3527 ff.; Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 962. Man mag statt von einer eingeschränkten auch von einer gebrochenen Einheitstheorie sprechen, vgl. BFH, Urt. v. 17.12.2014, I R 39/14, BFHE 248, S. 179 (182). Anders als der Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG es nahelegt, ist nicht die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers anzusehen, sondern die Betriebsstätten der Organgesellschaft als solche des Organträgers, vgl. Frotscher, IStR 2011, S. 697 (699); Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3523. 168 Hey, in: Tipke/Lang, § 14 Rn. 24, 27; Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3525. Teile der Literatur sprechen nicht von einer Zurechnung der subjektiven Steuerpflicht zum Organträger, sondern von einer Beendigung der subjektiven Steuerpflicht der Organgesellschaft, vgl. Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 964 („erlischt“). 169 Hey, in: Tipke/Lang, § 14 Rn. 24; Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3707. 170 BFH, Urt. v. 17.12.2014, I R 39/14, BFHE 248, S. 179 (181 f.); Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3762 f.; Orth, WPg-Sonderheft 2003, S. 13 (17 f.).
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b) Einkünfteerzielung bei körperschaftsteuerlicher Organschaft Das Bestehen einer Organschaft ist ohne Einfluss auf die Steuersubjektfähigkeit des Organträgers. Kann dieser ohne Organschaft Einkünfte erzielen, hindert auch das Bestehen einer Organschaft nicht die Erzielung eigener Einkünfte. Ist der Organträger (Personengesellschaft) umgekehrt an sich nicht Steuersubjekt, so begründet auch eine Organschaft nicht dessen Steuersubjektfähigkeit. Auf der anderen Seite können nur Kapitalgesellschaften Organgesellschaft sein (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG). Als Steuersubjekte können Kapitalgesellschaften Einkünfte erzielen, sodass die Frage aufgeworfen werden kann, ob das Bestehen einer Organschaft hierauf von Einfluss ist. Konsequenz der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft ist aber die Zurechnung eines Betrags (Einkommen/Gewerbeertrag) und nicht die Annahme einer Betriebsstätte im Sinne einer strengen Einheitstheorie (Kapitel 1, unter II.3.a), S. 49).171 Das Einkommen und der Gewerbeertrag wurden auf Ebene der Organgesellschaft ermittelt und können sich aus gewerblichen Einkünften verschiedener Einkunftsquellen zusammensetzen. Etwaige Korrekturen des selbständig ermittelten, zugerechneten Ergebnisses mögen große Auswirkungen haben, ändern aber nichts an dieser Vorgehensweise. Damit erzielt die Organgesellschaft (trotz Ergebniszurechnung) Einkünfte.172 4. Behandlung der Gewinnabführung und der Einkommenszurechnung beim Organträger Der Gewinnabführungsvertrag ist Voraussetzung für eine körperschaftsteuerliche Organschaft, die Gewinnabführung/Verlustübernahme beeinflusst das steuerliche Einkommen aber nicht unmittelbar (unter II.4.a), S. 51). Umstritten ist, auf welcher Stufe das Organeinkommen beim Organträger zu erfassen ist (unter II.4.b), S. 52). a) Behandlung der Gewinnabführung und der Verlustübernahme Nach §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG und § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG setzen die körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft einen Gewinnabführungsvertrag voraus. Während nach der Bilanzierungstheorie die (positive oder negative) Differenz zwischen abgeführtem Gewinn bzw. übernommenem Verlust und Einkommen bei der Organgesellschaft verbleibt und von ihr zu versteuern ist, ist Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organträger (vgl. aber § 16 KStG). 171
Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (754). Im Ergebnis genauso Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (742 f.). Vgl. auch Schnitger/ Berliner, IStR 2011, S. 753 (754); für die körperschaftsteuerliche Organschaft Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 620. 172
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Zwar stellen die Gewinnabführung bzw. die Verlustübernahme in Erfüllung der Verpflichtung aus dem Gewinnabführungsvertrag handelsrechtlich Aufwand bzw. Ertrag (§ 277 Abs. 3 S. 2 HGB) dar, sie werden steuerlich aber als gesellschaftsrechtliche Vorgänge angesehen (Einkommensverwendung i. S. d. § 8 Abs. 3 KStG bzw. Einlage) und beeinflussen das Einkommen der Organgesellschaft daher nicht.173 Die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme hat jedoch auch in der Handels- und der Steuerbilanz des Organträgers Berücksichtigung gefunden, sodass durch Zurechnung eines positiven bzw. negativen Organeinkommens das Einkommen des Organträgers zweifach beeinflusst zu werden droht (partielle Doppelbesteuerung, partielle doppelte Nichtbesteuerung), weshalb die handelsrechtliche Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme auf Ebene des Organträgers für steuerliche Zwecke außer Acht gelassen wird.174 b) Ebene der Erfassung des Organeinkommens beim Organträger Das Einkommen der Organgesellschaft ist grundsätzlich (vgl. aber insbesondere § 15 KStG) unabhängig von der Organschaft zu ermitteln.175 Weder § 14 bis § 19 KStG noch § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG geben vor, auf welcher Ebene der Ermittlung des Einkommens des Organträgers das Einkommen und der Gewerbeertrag der Organgesellschaft zu erfassen sind. Hierzu werden drei Auffassungen vertreten: Erfassung auf der Ebene der Gewinnermittlung („2. Stufe“), Erfassung nach der Summe der Einkünfte und vor dem Gesamtbetrag der Einkünfte und Erfassung beim zu versteuernden Einkommen des Organträgers.176 Hiervon hängt z. B. ab, ob das positive oder negative Organeinkommen auf die negativen Einkünfte des Organträgers, die nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aufgrund ihrer Berücksichtigung im Ausland bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt bleiben, von Einfluss ist.177 Auch mag die Ebene der Erfassung des negativen Organeinkommens vorgeben, ob das Organeinkommen zunächst mit den 173 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 214; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 709 f.; Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 483; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 392. Vgl. auch Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 82; ders., in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 13.60. 174 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 221; Müller, in: M./S./ L., Die Organschaft, Rn. 486; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 426. Vgl. auch Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 86. Anders Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 713 f., die nicht die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme auf Ebene des Organträgers außer Acht lassen, sondern dem Organträger nur ein um die bereits in sein Ergebnis eingeflossenen Beträge „korrigiertes“ Einkommen zurechnen will. 175 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 614; Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 480. 176 Vgl. den Überblick bei Orth, DK 2005, S. 79 (83). 177 Zur Neufassung im Detail Kapitel 3, unter II.2.a)bb) (S. 144). Vgl. zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. Orth, DK 2005, S. 79 (85).
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gewerblichen Einkünften des Organträgers – ggf. spezifisch aus dessen Organträger-Betriebsstätte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG – oder erst mit einem Ergebnis, in das bei bestimmten Organträgern auch Einkünfte anderer Einkunftsarten als den Einkünften aus Gewerbebetrieb eingeflossen sein können (Kapitel 1, unter II.2., S. 48), zu verrechnen ist.178 Nach einer im Schrifttum weit verbreiteten Ansicht ist das Organeinkommen auf Ebene des Organträgers bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus dem Gewinn bzw. Verlust aus der Steuerbilanz zu berücksichtigen („2. Stufe der Gewinnermittlung“ 179).180 Begründet wird diese Auffassung einerseits damit, dass der Gewerbeertrag gem. § 7 S. 1 GewStG aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelt wird und das Organeinkommen, sollte es erst auf einer Ebene nach Bestimmung des steuerlichen Gewinns berücksichtigt werden, konsequenterweise nicht der Gewerbesteuer unterliegen würde.181 Andererseits fehlt es OrganträgerPersonengesellschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG an einem Gesamtbetrag der Einkünfte sowie einem eigenen Einkommen, sodass ein Organeinkommen bei diesen Organträgern auf Ebene des Gesamtbetrags182 oder des Einkommens183 auch nicht erfasst werden könne. Dieses zweite Argument fehlender Möglichkeit der Erfassung im Rahmen des Gesamtbetrags der Einkünfte und des Einkommens bei Organträger-Personengesellschaften lässt sich auf Organträger übertragen, die gem. § 8 Abs. 2 KStG nur gewerbliche Einkünfte haben können und bei denen Summe und Gesamtbetrag der Einkünfte in der Regel keine separaten Ermittlungsebenen sind.184 Befürwortet wird der in den Körperschaftsteuer-Richtlinien185 vorgesehene Abzug des 178 Im Detail Kapitel 3, unter II.2.b) (S. 147). Vgl. (allerdings nicht spezifisch zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F.) Orth, WPg-Sonderheft 2003, S. 13 (20). 179 Wassermeyer, GmbHR 2003, S. 313 (314); ders., DStR 2004, S. 214 (215). 180 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 240; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 86; ders., in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 13.90; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 426, 505; Suchanek/Rüsch, DStZ 2015, S. 628 (631); Wassermeyer, StbJb 1992/93, S. 219 (231); ders., in: Herzig, Organschaft, S. 208 (212); ders., GmbHR 2003, S. 313 (314); ders., DStR 2004, S. 214 (215). Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 505 präzisiert, dass das Organeinkommen zunächst der Organträger-Betriebsstätte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG zugerechnet und erst anschließend als (Bestandteil des) Betriebsstättenergebnis(ses) beim Organträger als solchem berücksichtigt wird. 181 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 505; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 86; Wassermeyer, DStR 2004, S. 214 (215). 182 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 86. Vgl. auch von Groll, DStR 2004, S. 1193 (1195), der der von Wassermeyer, DStR 2004, S. 214 ff. entwickelten Ansicht kritisch gegenüber steht, aber im Hinblick auf Organträger-Personengesellschaften einer Erfassung des Organeinkommens auf Ebene des steuerlichen Gewinns zustimmt. 183 Wassermeyer, DStR 2004, S. 214 (215). 184 Vgl. Wassermeyer, in: Herzig, Organschaft, S. 208 (211). 185 BStBl. I, Sondernummer 1/2016 (R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 26 KStR 2015).
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dem Organträger zuzurechnenden Organeinkommens bei der Organgesellschaft erst nach der Ermittlung des steuerlichen Gewinns (also bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte), um auf der Ebene der Organgesellschaft den (wiederum an den steuerlichen Gewinn anknüpfenden und dem Organträger im Rahmen der gewerbesteuerlichen Organschaft zuzurechnenden) Gewerbeertrag ermitteln zu können.186 Außerdem wird unter Hinweis auf die in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG angeordnete Zurechnung des Organeinkommens zur Betriebsstätte des Organträgers erwogen, dass dies zur Einordnung des Organeinkommens als in dieser Betriebsstätte anfallende Einkünfte führen könne, das Organeinkommen mithin bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns zu erfassen sei.187 Demgegenüber ist das Organeinkommen nach den Körperschaftsteuer-Richtlinien beim Organträger bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, mithin nach Ermittlung des steuerlichen Gewinns zu berücksichtigen.188 Für den Fall, dass Organträger eine natürliche Person oder eine natürliche Person Gesellschafter einer Organträger-Personengesellschaft ist, enthalten die Einkommensteuer-Richtlinien keine Vorgabe zur Ebene der Erfassung des Organeinkommens.189 Die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums treten für eine Erfassung des Organeinkommens beim Organträger erst auf Ebene des zu versteuernden Einkommens ein.190 Hiernach erhöht ein positives Organeinkommen nicht den Gesamtbetrag der Einkünfte und damit den Höchstbetrag abziehbarer Zuwendungen des § 10b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG191 und ist ein Verlustabzug gem. § 10d EStG noch vor einer Verrechnung mit dem Organeinkommen vorzunehmen. 186 Suchanek/Rüsch, DStZ 2015, S. 628 (631) unter Hinweis auf R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 19 KStR-E 2015; R 29 Abs. 1 S. 2 Pos. 16 KStR 2004 (BStBl. I, Sondernummer 2/ 2004). 187 Liekenbrock, Ubg 2014, S. 785 (786); Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 276, 453. Auch nach § 18 S. 1 KStG a. F. war „das Einkommen der Organgesellschaft den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus der inländischen Zweigniederlassung zuzurechnen“. 188 BStBl. I, Sondernummer 1/2016 (R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 25 KStR 2015); BStBl. I, Sondernummer 2/2004 (R 29 Abs. 1 S. 2 Pos. 16 KStR 2004); BStBl. I, Sondernummer 1/1996 (R 24 Abs. 1 S. 2 Pos. 11 KStR 1995). Vgl. auch R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 19 KStR-E 2015. 189 BStBl. I, Sondernummer 1/2005 (R 2 Abs. 1 EStR 2005), geändert durch: BStBl. I 2008, S. 1017 ff. (EStÄR 2008); BStBl. I 2013, S. 276 ff. (EStÄR 2012). Vgl. auch Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 86. 190 BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 (100); Müller, in: M./S./ L., Die Organschaft, Rn. 467. Vgl. auch Orth, DK 2005, S. 79 (84 f.); ders., in: Herzig, Organschaft, S. 167 (171 f.), der sich entschieden gegen die Erfassung des Organeinkommens auf Ebene der Ermittlung des steuerlichen Gewinns ausspricht und die Erfassung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte für vertretbar, aber die Erfassung auf der späteren Ebene des zu versteuernden Einkommens für vorzugswürdig zu halten scheint. 191 Vgl. BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 ff.
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5. Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung der Organschaft im Ausland Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung der organschaftlichen Ergebniszusammenfassung im Ausland können insbesondere die Zurechnung des Organeinkommens (dazu II.5.a), S. 55) und die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme (dazu II.5.b), S. 57) sein. Hypothesenartig werden Überlegungen zur möglichen Handhabung im ausländischen Recht angestellt. Ob ein Organträger (bzw. dessen Gesellschafter) auch abkommensberechtigt ist und Abkommensschutz geltend machen kann, wird dagegen in diesem Kapitel erst unter II.6. (S. 58) und II.7. (S. 66) behandelt. a) Selbständigkeit der innerstaatlichen Zurechnungsentscheidung Die DBA regeln nicht, wem die Einkünfte zuzurechnen sind und wer sie erzielt; hierbei handelt es sich vielmehr um eine vom innerstaatlichen Recht des Anwendestaats zu beantwortende Frage.192 Ähnliches wird man für die in die Einkünfte einfließenden Erwerbseinnahmen und -aufwendungen wie auch das sich aus den Einkünften ergebende Einkommen sagen können. Führt die Organschaft zur Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organträger, dann handelt es sich hierbei um eine innerstaatlich angeordnete Rechtsfolge; innerhalb einer anderen (ausländischen) Rechtsordnung, die keine Gruppenbesteuerung bzw. keine Organschaft vorhält, wird diese Rechtsfolge im Zweifel nicht nachvollzogen werden.193 Dies muss allerdings nicht notwendig bedeuten, dass eine abweichende Zurechnungsentscheidung zustande kommt. Denn nicht nur Deutschland kann im Wege organschaftlicher Einkommenszurechnung das Trennungsprinzip im Hinblick auf die Organgesellschaft (Kapitalgesellschaft) „durchbrechen“. Es ist vorstellbar, dass die Organgesellschaft im Ausland (z. B. auf Ebene des im Ausland ansässigen Organträgers, der eine Betriebsstätte, der die Organbeteiligung zuzuordnen ist, im Inland unterhält) aufgrund der Ausübung eines Wahlrechts194 als transparent behandelt wird oder eine ausländische, grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung die Zurechnung des steuerlichen Er192 Wassermeyer, in: ders., DBA, 103. EGL 1/2008, Art. 1 OECD-MA Rn. 49; ders., in: ders., DBA, 99. EGL 10/2006, Vor Art. 6–22 OECD-MA Rn. 15. 193 In diesem Sinne Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277): „Vermutlich sollte nur die Möglichkeit eines ,Durchreichens‘ des negativen Einkommens der Organgesellschaft in das Ausland verhindert werden. . . . dass ein ausländischer Staat den deutschen Verlusttransport via Organschaft nachvollzieht, was eher untypisch ist.“ Klein, JbFSt 2013/2014, S. 585 (586): „Das Steuerrecht im Heimatstaat der F-Co vollzieht zwar die deutsche Organschaft nicht nach . . .“ Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (446): „Das Einkommen der deutschen Organgesellschaften wird dem Organträger im Ausland regelmäßig nicht als solches zugerechnet“. Vgl. auch Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953. 194 Klein, JbFSt 2013/2014, S. 585 (586).
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gebnisses der (deutschen) Organgesellschaft zum ausländischen Gesellschafter anordnet. In seinem Urteil vom 13.9.1972 entschied der BFH aus Sicht des Quellenstaats (Deutschland), dass die innerstaatliche und abkommensrechtliche Zurechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zur ausländischen Anteilseignerin der deutschen, ausschüttenden GmbH von Art. 13 DBA-Niederlande 1959195 nicht berührt werde, insbesondere die Zurechnung der Einkünfte nach der niederländischen Gruppenbesteuerung („fiskalische Einheit“) zu einer anderen Gesellschaft kein anderes Ergebnis zur Folge habe.196 Sowohl die Untergesellschaft im Rahmen der niederländischen fiskalischen Einheit als auch die Obergesellschaft im Rahmen der fiskalischen Einheit, die alle Anteile an der Untergesellschaft hielt, waren jeweils zu weniger als 25 % an der deutschen GmbH beteiligt und kamen zwar nicht unabhängig voneinander, aber bei Addition ihrer Beteiligungen in den Anwendungsbereich von Art. 13 Abs. 4 DBA-Niederlande 1959 (Begrenzung des Steuerabzugs im Quellenstaat auf 10 % der Dividenden bei einer Mindestbeteiligung von 25 %).197 Allein auf die Beteiligung der einzelnen Gesellschaft sei abzustellen, die Anteile der in die fiskalische Einheit einbezogenen Gesellschaften seien nicht zu addieren.198 Der Quellenstaat nimmt dementsprechend grundsätzlich seine eigene Zurechnung auf Grundlage der Wertungen seines Steuerrechts vor. Rechnet der Ansässigkeitsstaat Einkünfte oder ein Einkommen im Rahmen der Gruppenbesteuerung einer anderen Person (Gruppenträger) zu, dann wird sich dies grundsätzlich nicht auf die Zurechnung im Quellenstaat auswirken.199 Eine solche abweichende Zurechnung ist nicht auf Fälle unterschiedlicher Zurechnungsregeln des innerstaatlichen Rechts beschränkt. Das Phänomen wird besonders augenfällig, wenn der
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BGBl. II 1960, S. 1782 ff. BFH, Urt. v. 13.9.1972, I R 130/70, BFHE 107, S. 158 (161). 197 BFH, Urt. v. 13.9.1972, I R 130/70, BFHE 107, S. 158 (158 ff.). Nach Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie 2011/96/EU (ABlEU. L 345 v. 29.12.2011, S. 8 ff.) hat eine Quellenbesteuerung gänzlich zu unterbleiben. 198 BFH, Urt. v. 13.9.1972, I R 130/70, BFHE 107, S. 158 (161 f.). Im Streitfall hatte nicht der Steuerpflichtige, sondern die Finanzverwaltung für eine Addition der Beteiligungen der niederländischen Gesellschaften plädiert. Denn Nr. 18 des Schlussprotokolls v. 16.6.1959 zum DBA-Niederlande 1959 sah bei einem niedrigeren Körperschaftsteuersatz für ausgeschüttete als für thesaurierte Gewinne bei „Beteiligungen im Sinne des Artikels 13 Abs. 4“ höhere Steuersätze als Art. 13 Abs. 4 DBA-Niederlande 1959 für den Steuerabzug vor. 199 Für das Gruppenmitglied einer österreichischen Gruppenbesteuerung, das Quelleneinkünfte aus einem anderen Staat bezieht Brugger, in: Maisto, Groups of Companies, S. 175 (197 f.); Dommes/Schuch, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 347 (380 f.). Vgl. auch Wassermeyer, SWI 2005, S. 521 (522 f.). Eine andere Auffassung vertritt Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 195, nach dem der Quellenstaat für Zwecke des DBA nicht die Organgesellschaft, sondern den Organträger als denjenigen, der die Quelleneinkünfte bezieht, anzusehen hat. 196
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Quellenstaat im Gegensatz zum Ansässigkeitsstaat gar keine Gruppenbesteuerung vorhält.200 Entsprechendes wird für den Ansässigkeitsstaat gelten, d.h. auch er wird eine autonome Zurechnungsentscheidung treffen. Im Fall der Gruppenbesteuerung wird die Ausgestaltung eben dieses Systems (und nicht der deutschen Organschaft) vorgeben, wessen Ergebnisse wem zuzurechnen sind. Geht der Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners so weit, dass er die Einbeziehung nur im Ausland Steuerpflichtiger zulässt und auch deren Ergebnisse dem Anteilseigner (Gruppenträger) zurechnet, dann wird eine Zurechnung der Einkünfte im Quellenstaat zur Gruppengesellschaft dieses Ergebnis kaum ändern können. b) Gewinnabführung und Verlustübernahme als reale wirtschaftliche Vorgänge Die Gewinnabführung und die Verlustübernahme werden auf Ebene des Organträgers außer Acht gelassen, denn anderenfalls ergäbe sich im Zusammenspiel mit der Zurechnung eines positiven bzw. negativen Organeinkommens eine partielle Doppelbesteuerung bzw. partielle doppelte Nichtbesteuerung (Kapitel 1, unter II.4.a), S. 51). Unabhängig von dieser steuerlichen Handhabung handelt es sich bei der Gewinnabführung und Verlustübernahme handelsrechtlich jedoch um reale Vermögensverschiebungen, die auch im Ausland (sofern vom ausländischen Steueranspruch erfasst) einer eigenständigen steuerlichen Beurteilung nach den Maßstäben der ausländischen Wertungen unterzogen werden können.201 Im Hinblick auf die Gewinnabführung ist es denkbar, dass diese – ähnlich der deutschen Handhabung – auch in einer ausländischen Handelsbilanz erfasst, aber danach im Rahmen einer daraus entwickelten Steuerbilanz außerbilanziell gekürzt wird. Die Gewinnabführung mag auch als Gewinnausschüttung besteuert werden mit der Folge der Doppelbesteuerung.202 Auf ähnliche Weise mag die Gewinnabführung als Gewinnausschüttung behandelt werden, sodann aber (ganz, teilweise) steuerbefreit sein (innerstaatliches Recht, abkommensrechtliches Schachtelprivileg, Mutter-Tochter-Richtlinie 2011/96/EU203).204 Auch im Hinblick auf die Verlustübernahme sind verschiedene Behandlungen vorstellbar. Hierzu gehört z. B., dass eine ausländische Rechtsordnung eine Gewinnabführung zwar als steuerfreie Gewinnausschüttung, aber eine Verlustüber-
200 201
Dommes/Schuch, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 347 (380). Vgl. Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436
(446). 202 Frotscher, IStR 2011, S. 697 (701); Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (Fn. 28, 58); ders., in: ders., BEPS – Herausforderungen, S. 139. 203 ABlEU. L 345 v. 29.12.2011, S. 8 ff. Umfangreich zur Entwicklung dieser Richtlinie Gouthière, Impôts, Rn. 88160 ff. 204 Vgl. Frotscher, IStR 2011, S. 697 (701).
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nahme spiegelbildlich als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt. Es ist auch denkbar, dass eine ausländische Rechtsordnung ein mit der deutschen verdeckten Einlage vergleichbares Rechtsinstitut vorhält. Die (im Zweifel der inländischen Betriebsstätte zuzuordnende) Verlustübernahme könnte dann als verdeckte Einlage in die Organgesellschaft behandelt („Aktivtausch von Bankkonto zu Beteiligung auf Ebene des Organträgers“) und damit nicht steuermindernd berücksichtigt werden.205 Auch ist eine nur teilweise Berücksichtigung im Ausland denkbar. Für den Fall der Begründung einer Organschaft zu einem im Inland mit einer im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung nur beschränkt steuerpflichtigen Organträger (§ 18 KStG a. F.) ist dementsprechend in der Literatur auch erwogen worden, dass bei Anwendung des Welteinkommensprinzips und der Anrechnungsmethode im Ausland ein sich aus der organschaftsbedingt erfolgenden Zusammenfassung des Ergebnisses der Organgesellschaft mit den sonstigen in der inländischen Betriebsstätte anfallenden Einkünften ergebender Saldo auch im Ausland berücksichtigt werden kann.206 6. Abkommensberechtigung des Organträgers und der Organgesellschaft Ein im Inland ansässiger Organträger und/oder seine im Inland ansässige(n) Organgesellschaft(en) kann (können) negative Einkünfte aus einer ausländischen Einkunftsquelle (z. B. eine Betriebsstätte) beziehen (outbound). Gleichermaßen kann etwa ein im Ausland ansässiger Organträger in seiner inländischen Organträger-Betriebsstätte (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG) negative Einkünfte erzielen (inbound). Im Übrigen ist es nicht auszuschließen, dass die Gewinnabführung, die Verlustübernahme oder (in vereinzelten Fällen) die Einkommenszurechnung im Ausland (z. B. im Ansässigkeitsstaat des beschränkt steuerpflichtigen Organträgers) steuerlich erfasst wird (werden). Es stellt sich daher im DBA-Fall die Frage nach der Abkommensberechtigung des Organträgers und der Organgesellschaften; der Abkommensschutz wird in diesem Kapitel 1 unter II.7. (S. 66) besprochen.
205 Vgl. Stevens, IStR-LB zu Heft 17/1999, S. 2 (2) zu einem vom Hoge Raad der Nederlanden entschiedenen Fall, in dem eine niederländische BV, die Kommanditistin einer deutschen Organträger-KG und in den Niederlanden in eine Gruppenbesteuerung einbezogen war, Verluste einer deutschen Organgesellschafts-GmbH ausglich. Die Finanzverwaltung hatte den Verlustausgleich als verdeckte Einlage behandelt und den Abzug versagt; der Hoge Raad ließ den Abzug bei der Obergesellschaft der niederländischen Gruppe dagegen zu. Vgl. zur Behandlung der Verlustübernahme bei „verunglückter Organschaft“ Frotscher, in: F./D., 120. EGL 9/2013, § 14 KStG Rn. 693 f. 206 Grotherr, FS Flick, S. 757 (776); Walter, in: Grotherr, Steuerplanung, S. 651 (659 f.). Meines Erachtens ergibt sich aus den Beiträgen nicht eindeutig, ob auf die Verlustübernahme oder die Einkommenszurechnung abgestellt wird.
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a) Begriff der Abkommensberechtigung Gem. Art. 1 OECD-MA bzw. den entsprechenden Vorschriften der abgeschlossenen DBA gilt das Abkommen für in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässige Personen. Die Vorschrift steckt damit den persönlichen Anwendungsbereich des DBA ab;207 diese Abkommensberechtigung setzt eine Person und deren Ansässigkeit in einem oder in beiden Vertragsstaaten voraus.208 Person sind nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA natürliche Personen, Gesellschaften und alle anderen Personenvereinigungen („an individual, a company and any other body of persons“). Gesellschaft („company“) sind gem. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden („any body corporate or any entity that is treated as a body corporate for tax purposes“). Ansässig ist eine solche Person gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA in einem Vertragsstaat, wenn sie dort aufgrund eines ansässigkeitsbegründenden, ortsbezogenen Merkmals i. S. d. Vorschrift steuerpflichtig ist. Der Begriff der Person i. S. d. Abkommens ist damit unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, b OECD-MA zu bestimmen. Da allerdings alle in dieser Vorschrift genannten Begriffe ihrerseits auslegungsbedürftig sind, stellt sich die Frage nach dem für diese Auslegung maßgeblichen Recht: Der BFH bestätigte für Zwecke des Schachtelprivilegs in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa S. 1 DBA-Frankreich 1959/89209, dass der Begriff der Kapitalgesellschaft durch den Anwendestaat zu bestimmen, im Fall einer ausländischen Gesellschaft (hier: eine SICAV) ein sog. Typenvergleich der ausländischen Gesellschaft mit den Gesellschaften des deutschen Rechts durchzuführen sei.210 Allgemein sind der Begriff der Person und die ihn präzisierenden Begriffe des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, b
207 Prokisch, in: V./L., DBA, Art. 1 Rn. 4; Wassermeyer, in: ders., DBA, 103. EGL 1/ 2008, Art. 1 OECD-MA Rn. 1. 208 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.170. Es sei auf die Ergebnisse der OECD zur Verhinderung der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von DBA („treaty shopping“), zu denen eine detaillierte und eine vereinfachte Limitation-on-benefits Vorschrift und ein Principal Purposes Test gehören, hingewiesen (OECD, Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 17 ff.). 209 BGBl. II 1961, S. 398 ff.; BGBl. II 1970, S. 719 ff.; BGBl. II 1990, S. 772 ff. Übersichtlich zur Besonderheit des auf „Nettoeinkünfte“ abstellenden DBA-Schachtelprivilegs in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b DBA-Frankreich (neugefasst durch Art. 2 des Zusatzabkommens v. 20.12.2001, BGBl. II 2002, S. 2372 ff.) Kochs, IWB 2017, S. 326 (329 ff.). Gegen eine Verdrängung von § 8b Abs. 5 KStG FG München, Urt. v. 13.4.2017, 7 K 59/14, IStR 2017, S. 453 ff. 210 BFH, Urt. v. 6.6.2012, I R 52/11, BFHE 237, S. 356 (358 f.). Der BFH verwies die Sache zurück an das FG Rheinland-Pfalz, damit die Steuersubjektivität und die für den Rechtstypenvergleich relevanten Charakteristika der Gesellschaft geklärt werden.
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OECD-MA unter Rückgriff auf das innerstaatliche Recht des Anwendestaats auszulegen.211 Im Hinblick auf die Ansässigkeit dieser Person ist einerseits zu beurteilen, wie die Besteuerung der Person ausgestaltet sein muss, damit sie steuerpflichtig i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA ist. Hierzu entschied der BFH im vorgenannten Urteil, dass die Steuersubjektivität (Steuerpflicht) der Person im Ausland als solche hinreichend, aber auch notwendig sei.212 Steuerbefreiungen seien nicht von Einfluss auf die Ansässigkeit, solange eine solche Steuerpflicht an sich bestehe.213 Solange es der Person nicht schon an der Steuersubjektivität fehlt (und man dementsprechend noch nicht von einer transparenten Besteuerung sprechen muss), ist damit auch von deren Ansässigkeit auszugehen.214 Andererseits mag sich die Frage stellen, nach dem Recht welches Staats diese Steuerpflicht zu bestimmen ist. Dem BFH-Urteil zum Schachtelprivileg für Ausschüttungen einer französischen SICAV lässt sich entnehmen, dass die Steuerpflicht nach dem Recht des potenziellen Ansässigkeitsstaats (hier: Frankreich) zu bestimmen ist,215 was Zustimmung in der Literatur findet.216 211 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 12 ff.; Wassermeyer, in: ders., DBA, 103. EGL 1/2008, Art. 1 OECD-MA Rn. 16; ders., in: ders., DBA, 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 11. Vgl. allerdings den Hinweis von Dürrschmidt, in: V./L., Art. 3 Rn. 15 auf die mit dem Update 2014 veränderte Ziffer 3 S. 2 des OECD-MAK zu Art. 3 OECD-MA, wonach für Zwecke des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b 2. Alt. OECD-MA auf die steuerliche Behandlung des Rechtsträgers im Ansässigkeitsstaat (der nicht unbedingt der Anwendestaat ist) abzustellen ist. 212 BFH, Urt. v. 6.6.2012, I R 52/11, BFHE 237, S. 356 (358 f.). In seinem Urt. v. 8.3.2017, C-448/15, Wereldhave, ECLI:EU:C:2017:180 entschied der EuGH mit Blick auf Art. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie 90/435/EWG (ABlEG. L 225 v. 20.8.1990, S. 6 ff.) dagegen, dass eine Dividenden empfangende und aufgrund der vollständigen Ausschüttung dieser Dividenden an die eigenen Anteilseigner mit einem Körperschaftsteuersatz in Höhe von 0 % besteuerte Muttergesellschaft keine „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“ i. S. d. Richtlinie ist. 213 BFH, Urt. v. 6.6.2012, I R 52/11, BFHE 237, S. 356 (358 f.). Vgl. auch die zwei von Schultze, IStR 2016, S. 320 ff. besprochenen Entscheidungen des französischen Conseil d’État v. 9.11.2015, wonach die zwei betroffenen Versorgungswerke, die zwar grds. Körperschaftsteuersubjekt, aber von der Körperschaftsteuer befreit waren, als nicht ansässig i. S. d. DBA anzusehen sind. Der deutsche Kläger (Landesärztekammer Hessen Versorgungswerk) war gem. § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. 214 Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 4 OECDMA Rn. 25. Vgl. auch Lüdicke, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 13 Rn. 15, der wie Wassermeyer/Kaeser von einer „abstrakten persönlichen Steuerpflicht“ spricht. Für eine Darstellung des Spektrums aller Auffassungen vgl. Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 103 ff., der neben der dargestellten Ansicht noch eine weitere, allein auf ortsbezogene Merkmale abstellende Ansicht, den Bericht der OECD (Issues in International Taxation No. 6: The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, 1999) sowie Rechtsprechung und Finanzverwaltung untersucht. 215 BFH, Urt. v. 6.6.2012, I R 52/11, BFHE 237, S. 356 (358 f.). 216 Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 102; Lüdicke, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 13 Rn. 7. Vgl. auch Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 87 ff.; Wassermeyer/Kaeser,
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Die Abkommensberechtigung im vorstehend beschriebenen Sinn erschöpft sich in diesen zwei Merkmalen (Person und Ansässigkeit) und ist losgelöst von den konkret bezogenen Einkünften. Steht die Anwendung eines DBA auf bestimmte Einkünfte in Frage, dann wird davon gesprochen, ob die abkommensberechtigte Person Abkommensschutz geltend machen kann.217 b) Organgesellschaft Die Voraussetzungen der Person (unter II.6.b)aa), S. 61) und der Ansässigkeit (unter II.6.b)bb), S. 62) werden im Hinblick auf die Organgesellschaft besprochen. aa) Person (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA) Organgesellschaft können die Kapitalgesellschaften sein, gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG die SE, die AG und die KGaA, gem. § 17 Abs. 1 S. 1 KStG auch andere Kapitalgesellschaften und damit die GmbH (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Es genügt, dass sich die Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Inland befindet, der Sitz (§ 11 AO) kann sich in irgendeinem EU- oder EWR-Staat befinden (§§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG). Im Fall einer Gesellschaft mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat muss diese ihre Geschäftsleitung im Inland haben und mit den deutschen Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG vergleichbar sein.218 Diese inländischen Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG wie auch die ausländischen, vergleichbaren Kapitalgesellschaften sind juristische Personen i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b 1. Alt. OECD-MA, d.h. „Gesellschaften“ und damit Person i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA.219
in: Wassermeyer, DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 4 OECD-MA Rn. 26, die genauso von der Maßgeblichkeit des Rechts im potenziellen Ansässigkeitsstaat ausgehen, aber gleichzeitig die Berechtigung des anderen Staats, selbst zu beurteilen, ob nach dem fremden Recht eine Steuerpflicht i. S. d. Art. 4 OECD-MA besteht, betonen. 217 Vgl. Wassermeyer, in: ders., DBA, 112. EGL 10/2010, Art. 1 OECD-MA Rn. 18; ders., SWI 2005, S. 521 (522 ff.), der zunächst die Abkommensberechtigung der Gruppenmitglieder, danach den Abkommensschutz erörtert. Vgl. auch Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (743 ff.), der ausführlicher die Abkommensberechtigung der Organgesellschaft untersucht und den Schluss zieht, dass DBA auf die von der Organgesellschaft erzielten Einkünfte anzuwenden sind (Abkommensschutz), und sodann den Abkommensschutz des abkommensberechtigten Organträgers bzw. der abkommensberechtigten Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft für das Organeinkommen untersucht. 218 Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 182; ders., in: F./D., 128. EGL 4/2015, § 17 KStG Rn. 8 f.; Pache, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 17 KStG Rn. 17. 219 Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 91 f.; ders., in: Maisto, Groups of Companies, S. 137 (140 f.), S. 301 (321); Wassermeyer, in: ders., DBA, 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 18c. Vgl. zu den genannten Gesellschaften allgemein, aber ohne spezifische Äußerung, ob sich durch Einbindung als Organgesellschaft an der Personeneigenschaft i. S. d. Abkommensrechts etwas ändert Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3
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bb) Ansässigkeit (Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA) Sind Kapitalgesellschaften als Organgesellschaften trotz Einkommenszurechnung zum Organträger als Person im Abkommenssinn anzusehen, dann stellt sich anschließend die Frage, ob die organschaftliche Einkommenszurechnung zum Organträger die Steuerpflicht entfallen lässt und damit zumindest auf die Ansässigkeit der Organgesellschaft von Einfluss ist.220 Denn abgesehen von Ausgleichszahlungen i. S. d. § 16 KStG versteuert die Organgesellschaft ihr Einkommen nicht. Verneint man die Ansässigkeit, dann fehlt es auch an der Abkommensberechtigung der Organgesellschaft, sodass beispielsweise eine DBAVorschrift über Unternehmensgewinne (vgl. Art. 7, 23A OECD-MA) nicht auf die negativen Einkünfte der Organgesellschaft i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aus einer Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat anwendbar wäre. Die Organgesellschaft bleibt nach der Zurechnungstheorie (im Gegensatz zur Einheitstheorie) persönlich steuerpflichtig. Damit ist die Organgesellschaft nicht „transparent“ im Sinne einer fehlenden persönlichen Körperschaftsteuersubjektivität, was eine Einheitstheorie im Wege der Annahme einer (rechtlich unselbständigen) Betriebsstätte („Einheitsunternehmen“) erreicht (Kapitel 1, unter II.3.a), S. 49). Nimmt man aber eine solche Steuersubjektivität („Intransparenz“) an, so muss dies hinreichend für die Annahme einer Steuerpflicht i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA sein.221 In Anbetracht der Aufrechterhaltung der Steuersubjektivität trotz Einkommenszurechnung lassen sich wiederum Sondervorschriften einordnen, die ihrerseits die Annahme einer Steuerpflicht und damit der Abkommensberechtigung stützen: So sieht § 16 KStG vor, dass die Organgesellschaft ihr Einkommen in Höhe von 20/17 der geleisteten Ausgleichszahlungen selbst zu versteuern hat, was ihre Steuersubjektivität voraussetzt.222 Hiergegen ist eingewandt worden, dass sich im Fall der Ausgleichszahlungen die Bemessungsgrundlage nach eben diesen Ausgleichszahlungen und nicht nach dem Einkommen der Organgesellschaft richtet und selbst bei Leistung von Ausgleichszahlungen trotz steuerlicher Verluste die Organgesellschaft ihr Einkommen in entsprechender Höhe zu ver-
Rn. 13a f.; Wassermeyer, in: ders., DBA, 103. EGL 1/2008, Art. 1 OECD-MA Rn. 25; ders., in: ders., DBA, 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 18 f. 220 Lüdicke/Rödel, IStR 2004, S. 549 (554); Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (755); Wassermeyer, SWI 2005, S. 521 (522 f.); Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, Art. 4 OECD-MA Rn. 30. Für die frühere österreichische Organschaft Schuch, in: G./L./W., Unternehmensgruppen, S. 173 (178 f.); Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 354 f. 221 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 44; Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (743); Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (755); Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, Art. 4 Rn. 30. 222 Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (743); Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (755).
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steuern hat.223 Allerdings bestimmen sich die Ausgleichszahlungen in gewissem Maße nach dem wirtschaftlichen Erfolg der abhängigen Gesellschaft (§ 304 Abs. 2 AktG), der genauso (zumindest im Ausgangspunkt) der Besteuerung zugrunde zu legen ist (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG). Damit handelt es sich meines Erachtens bei den Ausgleichszahlungen und dem steuerlichen Einkommen im Ansatz nicht um völlig verschiedene Aspekte. Auch die Versteuerung erbrachter Ausgleichszahlungen trotz steuerlicher Verluste,224 die sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen Handelsrecht (Ausgleichszahlungen) und Steuerrecht (steuerlicher Verlust) ergeben kann, kann kaum etwas an der zugrunde liegenden Annahme der Steuersubjektivität der Organgesellschaft ändern. In gleicher Weise lässt sich § 15 S. 2 KStG, der die Anwendung der „Bruttomethode“ im Hinblick auf DBA-Schachtelprivilegien anordnet, die Prämisse einer Abkommensberechtigung der Organgesellschaft entnehmen.225 Aus der in § 15 S. 2 KStG angeordneten Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs auf Ebene des Organträgers den Schluss zu ziehen, dass die Organgesellschaft nicht ansässig sei,226 verkennt das Anliegen des Gesetzgebers, mit dem nachträglich eingefügten § 15 S. 2 KStG zu verhindern, dass einem nicht vom DBA-Schachtelprivileg begünstigten Organträger bzw. dessen nicht begünstigten Gesellschaftern das Schachtelprivileg über den Umweg der „zwischengeschalteten“, abkommensberechtigten Organgesellschaft gewährt wird.227 Daher sind Organgesellschaften steuerpflichtige und ansässige Personen i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA und abkommensberechtigt.228 c) Unbeschränkt steuerpflichtige Organträger Mit Blick auf unbeschränkt steuerpflichtige Organträger werden die Voraussetzungen der Person (unter II.6.c)aa), S. 64) und der Ansässigkeit (unter II.6. c)bb), S. 64) besprochen. 223 Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 194, der der Organgesellschaft die Steuerpflicht und damit die Ansässigkeit i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA abspricht. Vgl. genauso ders., in: Maisto, Groups of Companies, S. 301 (322). 224 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 16 KStG Rn. 26; Pache, in: H./H./ R., 243. EGL 9/2010, § 16 KStG Rn. 21. 225 Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (744); Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (756); Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, Art. 4 OECD-MA Rn. 30. 226 Link, Konsolidierte Besteuerung, S. 194. 227 Vgl. z. B. Lüdicke, IStR 2003, S. 433 (434 f.). 228 Im Ergebnis auch Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 82; Lüdicke, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 13 Rn. 14. Genauso für das in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglied im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung Brugger, in: Maisto, Groups of Companies, S. 175 (189 f.); Dommes/Schuch, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 347 (358 ff.). Ebenfalls für die Organgesellschaft im Rahmen der früheren österreichischen Organschaft Schuch, in: G./L./W., Unternehmensgruppen, S. 173 (178 ff.); Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 354 f.
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aa) Person (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA) Organträger sind unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland entweder ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG) bzw. ihre Geschäftsleitung und/oder ihren Sitz (§ 1 Abs. 1 KStG) haben. Die natürliche Person ist natürliche Person („individual“) i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA und damit Person im Abkommenssinn. Alle Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 1 Abs. 1 KStG sind Gesellschaft i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA, entweder sind sie juristische Person229 oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden230. Ausländische Rechtsgebilde, die mit den in § 1 Abs. 1 KStG genannten Körperschaftsteuersubjekten vergleichbar sind, sind gleichermaßen juristische Person bzw. steuerlich wie eine juristische Person behandelte Rechtsträger und damit Person im Abkommenssinn.231 bb) Ansässigkeit (Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA) Ein solcher Organträger, der Person im Abkommenssinn und gem. § 1 Abs. 1 KStG im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist, wird in der Regel auch ansässig i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA sein, denn letztere Vorschrift verweist auf die Steuerpflicht aufgrund des Wohnsitzes, des ständigen Aufenthalts, des Ortes der Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals. Die „tie-breaker“ (vgl. Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 OECD-MA) können dann zu einer abweichenden Beurteilung für Zwecke des betroffenen Abkommens führen, sodass es an der Ansässigkeit fehlt. Lässt man also die tie breaker-Regelungen der DBA außen vor, dann sind auch unbeschränkt steuerpflichtige Organträger (natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen) abkommensberechtigte Personen.232 229 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 13a; Wassermeyer, in: ders., 103. EGL 1/ 2008, Art. 1 OECD-MA Rn. 25. Hiernach sind juristische Person im Abkommenssinn die Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), die (rechtsfähigen) Genossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG), die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG), sonstige juristische Personen des privaten Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) und die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (d.h. Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts). Ausdrücklich werden die Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 2. Alt. KStG) dort jeweils nicht genannt. 230 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 16; Wassermeyer, in: ders., 109. EGL 10/ 2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 19. Beide Autoren rechnen hierzu nicht rechtsfähige Genossenschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG), nicht rechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) sowie Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). 231 Wassermeyer, in: ders., 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 18a, 19. 232 Im Ergebnis genauso Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 82; Wassermeyer, in: ders., 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 18c. Vgl. auch Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (741, 744), der sofort den Abkommensschutz des Organträgers (bzw. der Gesell-
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d) Organträger-Personengesellschaften und beschränkt steuerpflichtige Organträger Differenzierter sind Organträger-Personengesellschaften zu beurteilen (unter II.6.d)aa), S. 65), inländischen (Organträger-)Betriebsstätten fehlt die Personeneigenschaft (unter II.6.d)bb), S. 66). aa) Organträger-Personengesellschaften Abgesehen von Sonderregelungen in den DBA sind Personengesellschaften aus deutscher Sicht andere Personenvereinigung („other body of persons“) i. S. d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a 3. Alt. OECD-MA und damit Person.233 Aus deutscher Sicht sind Personengesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland234 nicht ansässig i. S. d. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA entsprechenden Abkommensbestimmungen, da sie in Deutschland nicht steuerpflichtig und damit nicht ansässig sind.235 Abkommensberechtigt kann dann ihr Gesellschafter sein. Personengesellschaften mit Geschäftsleitung im Ausland, wo sie persönlich steuerpflichtig („intransparent“) und damit ansässig sein mögen, können im Sinne einer Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA entsprechenden Bestimmung eines DBA mit Deutschland abkommensberechtigt sein.236 Eine inländische Personengesellschaft wird also nicht abkommensberechtigt sein, ggf. sind ihre Gesellschafter abkommensberechtigt. Eine ausländische Perschafter einer Organträger-Personengesellschaft) untersucht und somit die Abkommensberechtigung unterstellt. Genauso für den unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenträger im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung Dommes/Schuch, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 347 (355) und für die frühere österreichische Organschaft Schuch, in: G./L./W., Unternehmensgruppen, S. 173 (181); Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 354. Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (756) bezeichnen den Organträger als abkommensberechtigt hinsichtlich eigener, außerorganschaftlicher Einkünfte und als nicht abkommensberechtigt hinsichtlich eines etwaig zugerechneten Organeinkommens. Vermutlich wollen sie die Abkommensberechtigung aber nicht einkünftebzw. einkommensbezogen beurteilen, sondern nur den Abkommensschutz hinsichtlich des Organeinkommens ablehnen. 233 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 17; Wassermeyer, in: ders., 109. EGL 10/ 2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 20. Aus Sicht eines anderen Anwendestaats, der Personengesellschaften für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt, mag sich dies anders darstellen. 234 Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 122; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (4): Bei Personengesellschaften entspricht der Sitz dem Ort der Geschäftsleitung, nur letzterem kommt eigenständige Bedeutung zu. Mit „inländischer“ Personengesellschaft ist in dieser Arbeit daher eine solche mit inländischer Geschäftsleitung gemeint. 235 Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, 128. EGL 8/2014, Art. 4 OECD-MA Rn. 30. 236 Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, 128. EGL 8/2014, Art. 4 OECD-MA Rn. 30.
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sonengesellschaft ist bei „transparenter“ Besteuerung im Ausland auch nicht abkommensberechtigt; wird sie im Ausland „intransparent“ besteuert, dann mag sie abkommensberechtigt sein. Entsprechendes gilt im Fall einer Organträger-Personengesellschaft, sodass bei inländischen Organträger-Personengesellschaften die Abkommensberechtigung der Gesellschafter zu untersuchen ist,237 ausländische Organträger-Personengesellschaften bei Bestehen einer persönlichen Steuerpflicht im Ausland dagegen selbst abkommensberechtigt sein mögen. bb) Inländische Betriebsstätte Betriebsstätten (vgl. Art. 5 OECD-MA) sind dagegen schon keine Personen und können damit auch nicht ansässig sein.238 Stattdessen kann der Rechtsträger, dem die Betriebsstätte zuzurechnen ist, selbst abkommensberechtigte Person sein.239 Hierzu muss der Rechtsträger seinerseits im Ausland ansässige Person sein, wovon in der in Kapitel 2 (unter II.2.a), S. 112) diskutierten Konstellation im Fall einer unbeschränkten Steuerpflicht im anderen Vertragsstaat grundsätzlich auszugehen ist.240 7. Abkommensschutz des Organträgers und der Organgesellschaft Einerseits ist über den Abkommensschutz des Organträgers und der Organgesellschaft im Hinblick auf die eigenen (negativen) Einkünfte aus eigenen Einkunftsquellen zu entscheiden (unter II.7.a), S. 67). Auf der anderen Seite stellt 237 Zu dieser Situation Wassermeyer, in: ders., 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 18c. 238 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 11a; Wassermeyer, in: ders., 108. EGL 7/ 2009, Art. 5 OECD-MA Rn. 1. Im Ergebnis genauso Lüdicke, DBA-Politik, S. 49. 239 Dürrschmidt, in: V./L., DBA, Art. 3 Rn. 11a; Wassermeyer, in: ders., 108. EGL 7/ 2009, Art. 5 OECD-MA Rn. 1. 240 Es ist nicht zwingend, dass eine im anderen Vertragsstaat unbeschränkt (und in Deutschland mit einer Betriebsstätte nur beschränkt) steuerpflichtige natürliche Person bzw. Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse für Zwecke des Abkommens zwischen dem anderen Vertragsstaat und Deutschland in ersterem ansässig ist. Es wird auf Art. 4 Ziffer 8.2 S. 2 OECD-MAK hingewiesen, wonach die Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 OECD-MA scheitere, wenn die Gesellschaft oder andere Person („companies and other persons“) nach einem DBA mit einem Drittstaat in diesem ansässig sei. In seinem Beschl. v. 4.11.2014, I R 19/13, BFH/NV 2015, S. 333 f. scheint der BFH diese Ansicht abzulehnen, indem er dem „tie-breaker“ eines DBA nur Wirkung im (bilateralen) Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander zuspricht (S. 334). Auch in der Literatur wurde diese Auffassung kritisiert (Fett, Triangular Cases, S. 471 ff. mit Alternativvorschlägen; Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 121a; vgl. bereits Großmann, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 86 ff. und van Raad, in: H./R./R./V., Doppelt ansässige Gesellschaften, S. 1 [7 f.], aber beide noch ohne Ausführungen speziell zur Ziffer 8.2). Hiervon unabhängig könnte eine Ansässigkeit schon am ausländischen, innerstaatlichen Recht scheitern, wenn es die Steuerpflicht an andere Merkmale als Deutschland knüpft.
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sich im Verhältnis Organträger/Organgesellschaft die Frage nach dem Abkommensschutz des Organträgers im Hinblick auf das Organeinkommen, die Gewinnabführung und die Verlustübernahme (unter II.7.b), S. 67, unter II.7.c), S. 72 und unter II.7.d), S. 74). a) Eigene Einkünfte des Organträgers und der Organgesellschaft Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist die Zurechnung eines Einkommens. Dies schließt nicht aus, dass der Organträger über eigene Einkunftsquellen verfügt (z. B. ein Grundstück oder eine Betriebsstätte). Die Einnahmen bzw. Einkünfte hieraus sind unmittelbar, d.h. nicht über den „Umweg“ der Organgesellschaft, dem Organträger zuzurechnen. Im Fall einer Organträger-Personengesellschaft sind sie von den Gesellschaftern zu versteuern. Der Organträger kann sich hinsichtlich dieser Einkünfte selbst auf die Verteilungsnormen (Art. 6 bis 21 OECD-MA) und Methodenartikel (Art. 23A, 23B OECD-MA) der DBA berufen, d.h. Abkommensschutz geltend machen.241 Wird eine Organträger-Personengesellschaft im Staat ihrer Geschäftsleitung nicht als steuerpflichtig behandelt („transparent besteuert“), so können die Gesellschafter Abkommensschutz geltend machen. Auch die Organgesellschaft wird Abkommensschutz im Hinblick auf die von ihr in einem anderen DBA-Staat erzielten (negativen) Einkünfte geltend machen können. b) Einkommen der Organgesellschaft Das Einkommen der Organgesellschaft ist eine Größe des innerstaatlichen Rechts, deren Zurechnung das nationale Recht nach eigenen Maßstäben vornimmt (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55). Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG muss die die finanzielle Eingliederung vermittelnde Beteiligung an der Organgesellschaft bzw. an der vermittelnden Gesellschaft einer inländischen Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO zuzuordnen sein. Nach Satz 6 ist das Organeinkommen dieser Betriebsstätte zuzurechnen. Satz 7 stellt die Bedingung auf, dass die der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte nach innerstaatlichem Recht wie nach einem etwaigen DBA der inländischen Besteuerung unterliegen. Macht also Satz 7 das Bestehen der Organschaft von der inländischen Besteuerung der der Betriebsstätte zugerechneten Einkünfte auch nach einem etwaig anwendbaren DBA abhängig, so stellt dies die Anwendung des Betriebsstättenprinzips242 auch abkommensrechtlich sicher. Nach den Art. 7 Abs. 4 OECD-MA 241 Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 82; Schnitger/Berliner, IStR 2011, S. 753 (756); Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 358 (zum doppelt ansässigen Organträger im Rahmen der früheren österreichischen Organschaft). 242 Dazu Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 5.141, 16.230; Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. (2) 4. Stangl/Brühl,
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entsprechenden Abkommensvorschriften gehen zwar die Bestimmungen der anderen Artikel über die dort bezeichneten Einkünfte vor (sog. Subsidiaritätsklausel243), die Art. 10 Abs. 4, 11 Abs. 4, 12 Abs. 3, 21 Abs. 2 OECD-MA entsprechenden Vorschriften (sog. Betriebsstättenvorbehalte244) verweisen jedoch zurück auf die Art. 7 OECD-MA entsprechende Vorschrift.245 Die Art. 7 Abs. 1 S. 1 2. Hs., Abs. 2 OECD-MA entsprechende Abkommensvorschrift verschafft dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht an den der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünften. Ob aber das Organeinkommen „Einkünfte“ im DBA-Sinn (zum Begriff Kapitel 1, unter I.5., S. 42) darstellt, ist nicht abschließend geklärt. Ordnet man das Organeinkommen als der DBA-Betriebsstätte des Organträgers zuzurechnende Einkünfte ein, dann mag es unerheblich sein, ob es sich um Unternehmensgewinne, Dividenden oder sonstige Einkünfte handelt, denn jeweils bleibt das Besteuerungsrecht Deutschlands (als Quellenstaat) erhalten. Allerdings ist es zweifelhaft, ob das Organeinkommen als „Einkünfte“ im DBA-Sinn einzuordnen ist. In der Literatur ist dies teilweise abgelehnt worden. Der Organträger könne keinen Abkommensschutz hinsichtlich des zugerechneten Organeinkommens geltend machen, da anderenfalls zwei Steuersubjekte (Organgesellschaft und Organträger) gegenüber dem deutschen Steueranspruch Abkommensschutz geltend machen könnten.246 Die Konsequenz wäre eine „Verdoppelung“ des Abkommensschutzes, denn die Organgesellschaft würde sich gegenüber Deutschland als Ansässigkeitsstaat auf das DBA mit dem Quellenstaat und der Organträger würde sich gegenüber Deutschland als Quellenstaat auf das DBA mit seinem Ansässigkeitsstaat berufen. Nehme man aber einen Abkommensschutz des Organträgers hinsichtlich des Organeinkommens an, dann müsse man auch im Fall seiner Ansässigkeit in Deutschland das DBA mit dem Quellenstaat sowohl auf Ebene der Organgesellschaft als auch auf seiner Ebene prüfen, wobei Letzteres aber nicht praktiziert werde.247 Außerdem rechne der ausländische Ansässigkeitsstaat des Organträgers das Organeinkommen nicht dem Organträger zu (Kapitel 1, unter
DK 2013, S. 77 (83) und Weigert/Strohm, DK 2013, S. 249 (270) bezeichnen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 7 KStG als „Aufkommensvorbehalt“. 243 Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. 356 (Art. 7 Abs. 7 OECD-MA a. F.); ders., in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2010) Rn. 797 (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA n. F.). 244 Wassermeyer, in: ders., DBA, 108. EGL 7/2009, Art. 5 OECD-MA Rn. 12. 245 Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. (4) 6 spricht hinsichtlich Art. 10 Abs. 4, 11 Abs. 4 und 12 Abs. 3 OECD-MA von einer „Rückverweisungsklausel“. 246 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 668; Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (744); Schnitger/ Berliner, IStR 2011, S. 753 (756 f.), die in dieser Hinsicht von der Abkommensberechtigung sprechen (vgl. Fn. 232). Vgl. auch Behrens, BB 2012, S. 485 (489). 247 Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (745).
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II.5.a), S. 55), sondern respektiere das – aus seiner Sicht im Verhältnis zwischen ihm und Deutschland ausschließliche – Besteuerungsrecht Deutschlands am Organeinkommen mit der Folge, dass die Subsumtion des Organeinkommens unter den DBA-Einkünftebegriff regelmäßig „weiße Einkünfte“ zur Folge habe.248 In der österreichischen Literatur ist hingegen für Zwecke der abgeschafften, österreichischen Organschaft die „Ergebnisabfuhr“ (Gewinnabführung) als nicht unter den DBA-Einkünftebegriff subsumtionsfähig eingeordnet worden,249 die Zurechnung des steuerlichen Gewinns dagegen schon.250 Die Zurechnung der Einkünfte sei ein rechtlicher Vorgang, den die innerstaatlichen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgestalten mögen.251 Beispielhaft könne auf die Hinzurechnungsbesteuerung, im Fall derer der Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters („Hin“-Zurechnung zum Gesellschafter) eine andere Zurechnungsentscheidung treffe als der Staat der Gesellschaft (Zurechnung zur Gesellschaft), verwiesen werden.252 Auf ähnliche Weise führe § 9 Abs. 1 öKStG zur Zurechnung der Einkünfte der Organgesellschaft zum Organträger, die eine Besteuerung beim Organträger zur Folge habe.253 Auch präzisiere Art. 2 OECD-MA den sachlichen Anwendungsbereich der DBA und österreichische DBA nähmen häufig in der entsprechenden Vorschrift Bezug auf die Körperschaftssteuer, wozu auch die Regelungen über die Organschaft gehören (§ 9 öKStG), sodass der sachliche Anwendungsbereich eröffnet sei.254 248
Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (745 f.). Lang, SWI 2003, S. 215 (216); Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 359. Lang, SWI 2003, S. 215 (216) schreibt: „Die Ergebnisabfuhr gehört daher aus der Sicht des Organträgers für die Zwecke der Abkommensanwendung nicht zu den ,Einkünften‘.“ 250 Lang, SWI 2003, S. 215 (216 ff.). Die österreichische Organschaft, die durch das Gesetz v. 24.11.1972 (öBGBl. Nr. 441/1972) eingeführt wurde, sah zunächst die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft vor (§ 8 Abs. 4 S. 1 öKStG). Durch das Gesetz v. 7.7.1988 (öBGBl. Nr. 401/1988) wurden die Vorschriften jedoch in einen § 9 öKStG überführt, der bis zur Abschaffung der Organschaft von der Zurechnung des „steuerlich ermittelte(n) Gewinn(s) (Verlust[s])“ sprach. Der Regierungsvorlage zum Gesetz v. 7.7.1988 lässt sich entnehmen, dass mit der Neuregelung keine wesentlichen Änderungen inhaltlicher Art verbunden waren (RV 622 BlgNR XVII. GP, S. 18). Dies lässt darauf schließen, dass mit der Änderung des Zurechnungsgegenstands (zunächst das Einkommen, dann der steuerlich ermittelte Gewinn/Verlust) auch keine weitergehenden Änderungen beabsichtigt waren (beiläufig hierzu auch Göth, GesRZ 1991, S. 28 [32 f., 36]). 251 Lang, SWI 2003, S. 215 (217). 252 Lang, SWI 2003, S. 215 (217). 253 Lang, SWI 2003, S. 215 (218): „Folglich spricht m. E. viel dafür, die beim Organträger aufgrund des Organschaftsverhältnisses steuerlich erfassten Beträge als Einkünfte im abkommensrechtlichen Sinn zu verstehen.“ 254 Lang, SWI 2003, S. 215 (218): „Dementsprechend müssen auch Einkünfte im abkommensrechtlichen Sinn vorliegen, die einer der Verteilungsnormen zuzuordnen sind.“ Auf S. 219 ff. untersucht Lang die Art. 7, 10 und 21 OECD-MA. Dabei neigt er zu einer Anwendung von Art. 21 OECD-MA. 249
70
Teil 1: Verlustverrechnung
Ob das Organeinkommen „Einkünfte“ darstellt und unter welche Verteilungsnorm es bejahendenfalls fällt, bedarf meines Erachtens keiner Beantwortung. Die DBA suchen (nicht nur, aber im Wesentlichen) die Doppelbesteuerung zu verhindern. Abgesehen von Art. 9 OECD-MA sind die Verteilungsnormen auf Fälle internationaler juristischer Doppelbesteuerung ausgelegt.255 Eine solche liegt (vereinfacht) vor, wenn ein Steuerpflichtiger mit seinen Einkünften in einem Zeitraum mit gleichartigen Steuern in zwei (oder mehreren) Staaten zur Besteuerung herangezogen wird.256 Damit muss die Ausgangssituation sein, dass ein Steuerpflichtiger den Steueransprüchen (vgl. § 38 AO) zweier Staaten ausgesetzt ist, mithin in zwei Staaten steuerpflichtig ist.257 Wesentliches Merkmal des Steuertatbestands (und damit der Steuerpflicht) sind die objektive Steuerpflicht (Steuerobjekt) und die Zurechnung des Steuerobjekts.258 Das Ausland wird die Zurechnung des Organeinkommens für eigene Besteuerungszwecke aber grundsätzlich nicht nachvollziehen (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55), in der Regel auch keinen Tatbestand zur Erfassung dieses Organeinkommens vorhalten. Damit fehlt es an dem zugrunde liegenden Konflikt, dass sich ein Steuerpflichtiger mehreren Steueransprüchen gegenüber sieht. Die Situation unterscheidet sich auch von den Fällen sog. virtueller Doppelbesteuerung259. Hiermit sind regelmäßig Fälle gemeint, in denen der Ansässigkeitsstaat (im Methodenartikel) abkommensrechtlich zur Freistellung bestimmter Einkünfte verpflichtet ist, der Quellenstaat die Einkünfte oder Teile davon aber nicht besteuert.260 Es stellt sich dann die Frage, ob der Ansässigkeitsstaat von seiner abkommensrechtlichen Verpflichtung zur Freistellung Abstand nehmen und die (im Quellenstaat nicht besteuerten Einkünfte bzw. Einkunftsteile) dennoch be-
255
Wassermeyer, in: ders., DBA, 93. EGL 5/2004, Art. 9 OECD-MA Rn. 1. Vgl. auch Art. 23A/B Rn. 2 OECD-MAK, wonach der Methodenartikel nur Fälle juristischer, nicht Fälle wirtschaftlicher Doppelbesteuerung behandelt, wirtschaftlicher Doppelbesteuerung vielmehr in bilateralen Verhandlungen abzuhelfen ist. 256 OECD-MAK, Introduction Rn. 1; Jacobs, Unternehmensbesteuerung, S. 3; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 12.2. Vgl. bereits Bühler, Prinzipien, S. 32 („Internationale Doppelbesteuerung in einem engeren Sinn“). 257 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 12.2. Den Aspekt einer Erfassung derselben Einkünfte in zwei Steuerrechtsordnungen als den DBA zugrunde liegende Prämisse führt auch Eisgruber, StbJb 2011/2012, S. 361 (366 f.) an. Dieser Aspekt wird dort aber spezifisch im Hinblick auf das DBA-Diskriminierungsverbot erörtert. Die fehlende Gefahr einer Doppelbesteuerung des Organeinkommens scheint auch Lüdicke, 13 ITLR 2011, S. 840 (846) als Anlass zum Zweifel an der Anwendbarkeit der DBAVerteilungsnormen anzuerkennen („one may well question of whether or not arts 6 through 21 of the OECD Model prevent the source state to tax such income . . . there is no potential double taxation to be avoided.“). 258 Seer, in: Tipke/Lang, § 6 Rn. 36 ff., 42. 259 Vgl. zum Begriff Lehner, in: V./L., DBA, Grundlagen Rn. 8, 69 ff.; Lüdicke, DBA-Politik, S. 93 f. 260 Lehner, in: V./L., DBA, Grundlagen Rn. 8.
Kap. 1: Verlustverrechnung und Organschaft
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steuern kann.261 Wesentlich ist damit, dass der Ansässigkeitsstaat in seinem innerstaatlichen Recht eine Steuerwürdigkeitsentscheidung getroffen hat, mithin einen Steuertatbestand vorhält, den er allerdings aufgrund der bilateral vereinbarten Freistellung im Verhältnis zum anderen Vertragsstaat nicht zur Anwendung bringen kann. Stellt dagegen ein DBA mit einem anderen Staat vergleichbare Einkünfte (oder Teile davon) nicht frei (z. B. weil die Anrechnungsmethode vereinbart ist) oder besteht kein DBA, dann findet der Steuertatbestand dagegen Anwendung. Im Fall der Gruppenbesteuerung wird es aber im Ansässigkeitsstaat an einem innerstaatlichen Steuertatbestand zur Erfassung des Organeinkommens einer ausländischen Gesellschaft, das nach den Vorschriften eines anderen Staats zugerechnet wird, fehlen.262 Denn dass ein ausländischer Staat das Einkommen einer ansässigen Person einem anderen Staat zur Besteuerung zurechnet (ohne selbst darauf zuzugreifen), ist mindestens ungewöhnlich. Wenige Systeme lassen die Einbeziehung im Ausland ansässiger Tochtergesellschaften in die Gruppenbesteuerung zu (sog. grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung). Im Hinblick hierauf ist diskutiert worden, ob der Zugriff auf das Ergebnis einer im anderen DBA-Vertragsstaat ansässigen Tochtergesellschaft im Rahmen der grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung mit dem Artikel über Unternehmensgewinne entsprechend Art. 7 OECD-MA vereinbar ist.263 Denn Art. 7 Abs. 1 S. 1 1. Hs., Art. 3 Abs. 1 Buchst. d OECD-MA sehen als Grundsatz die Besteuerung der Unternehmensgewinne nur im Ansässigkeitsstaat der das Unternehmen betreibenden (ansässigen) Person vor. Für den Fall einer Betriebsstätte dieses „Unternehmens“, d.h. der das Unternehmen betreibenden (ansässigen) Person, im anderen Vertragsstaat trifft Art. 7 Abs. 1 S. 1 2. Hs. OECD-MA hiervon eine abweichende Regelung. In dieser Konstellation erfolgt die Zurechnung der Ergebnisse einer nicht ansässigen Tochtergesellschaft allerdings (einseitig) durch den Staat der Muttergesellschaft. Dieser setzt sich im Ergebnis über die vom Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft getroffene Zurechnungsentscheidung hinweg, sodass es zu zwei widerstreitenden Zurechnungen kommt. Damit ist das Ergebnis der Tochtergesellschaft den Steueransprüchen zweier Staaten (Staat der Muttergesellschaft, Staat der Tochtergesellschaft) „ausgesetzt“. Dies
261
Lüdicke, DBA-Politik, S. 88 f. Vgl. hierzu die bereits erwähnte Erwägung von Lüdicke, IStR 2011, S. 740 (745 f.), dass der andere Staat nicht mit einer Zurechnung rechne und es damit „zwangsläufig“ (S. 746) zu „weißen Einkünften“ kommen werde. 263 Vgl. IFSt, Gruppenbesteuerung, S. 69; Papotti, Intertax 2003, S. 320 (Fn. 1); Staringer, in: Maisto, Groups of Companies, S. 147 (149 ff.), der die Annahme einer Betriebsstätte im Hinblick auf die Tochtergesellschaft im anderen Vertragsstaat für möglich hält und im Gewinnfall dem Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft die Anrechnungsmethode empfiehlt (S. 155). Vgl. auch Bühler, Prinzipien, S. 95, 101, der in der grenzüberschreitenden Anwendung der (damals für die Körperschaftsteuer nicht positivierten) Organtheorie eine zustimmungsbedürftige „Verschiebung des Besteuerungsrechts“ (S. 101) erkannte. 262
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Teil 1: Verlustverrechnung
unterscheidet Fälle der grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung von dem vorliegenden, in dem der Staat der Tochtergesellschaft deren Einkommen der nicht ansässigen Muttergesellschaft zurechnet, der Staat der Muttergesellschaft auf das Einkommen der Tochtergesellschaft aber nicht zugreift. Auch ist die Situation eine andere als die der unterschiedlichen Einordnung der Steuersubjektivität von Personengesellschaften in verschiedenen Staaten. Denn in diesen Fällen erfassen die Staaten die Vorgänge steuerlich; unterschiedlich mag dann beantwortet werden, im Rahmen wessen Steuerpflicht die Besteuerung erfolgt und ggf. um welche Art der Einkünfte es sich handelt. c) Gewinnabführung der Organgesellschaft Nach § 291 Abs. 1 S. 1 2. Alt. AktG verpflichtet der Gewinnabführungsvertrag zur Abführung des ganzen Gewinns an ein anderes Unternehmen. Ein solches anderes Unternehmen können natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften sein.264 Damit ist auch gesagt, dass Vertragspartner nicht die inländische Betriebsstätte des Organträgers (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG), der es an der für einen Vertragsschluss erforderlichen Rechtsfähigkeit fehlt, sein kann. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG ordnet auch nur die Zurechnung des Organeinkommens zur inländischen Betriebsstätte des Organträgers an und verlangt nicht, dass auch handelsrechtlich der Gewinn an die inländische Betriebsstätte abgeführt wird.265 Ist der Organträger im Ausland ansässig (oder sind es die Gesellschafter der inländischen Organträger-Personengesellschaft), dann ist es möglich, dass die Gewinnabführung auch nach den Maßstäben des Auslands erfasst wird, denn im Gegensatz zur steuerlichen Einkommenszurechnung handelt es sich bei der Gewinnabführung um eine reale Vermögensverschiebung (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57). Für den Fall, dass ein DBA besteht, wird auch ihre Subsumtion unter die Verteilungsnormen (und damit einhergehend unter den Methodenartikel) der DBA in Frage stehen. Dabei werden vor allem die den Art. 7, 10266 und 21 OECD-MA entsprechenden Vorschriften in Frage kommen. Gegen eine Einordnung der Er-
264 Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 291 AktG Rn. 23. Vgl. auch Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 258. 265 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 141 f.; Kolbe, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 13.7. 266 Für die Einordnung der Gewinnabführung als Dividende Kaeser/Wassermeyer, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014 bzw. 122. EGL 3/2013, Art. 10 OECD-MA Rn. 117. Dagegen Ehlermann/Petersen, IStR 2011, S. 747 (751), die Unternehmensgewinne oder sonstige Einkünfte annehmen wollen. Ausgleichszahlungen i. S. d. § 304 AktG (§ 16 KStG), die mit der Gewinnabführung im Fall außenstehender Aktionäre einhergehen, ordnen Tischbirek/Specker, in: V./L., DBA, Art. 10 Rn. 192 als Dividenden im DBA-Sinn ein.
Kap. 1: Verlustverrechnung und Organschaft
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gebnisabfuhr im Rahmen der abgeschafften österreichischen Organschaft ist eingewandt worden, dass die Organgesellschaft Einkünfteerzielungssubjekt bleibe, die Ergebnisabfuhr an den Organträger mithin dem Bereich der Gewinnverwendung zuzuordnen sei.267 Allerdings sind auch Gewinnausschüttungen (z. B. Dividendenzahlungen) dem Bereich der Gewinnverwendung (§ 8 Abs. 3 KStG) zuzuordnen und stellen abkommensrechtlich Dividenden und damit Einkünfte dar. Damit kann das Argument der Gewinnverwendung meines Erachtens für sich genommen nicht überzeugen. Berücksichtigt man außerdem, dass eine Gewinnabführung nach deutschem Steuerrecht zunächst in den Handels- und den Steuerbilanzgewinn eingeht und erst im Anschluss außerbilanziell gekürzt wird (Kapitel 1, unter II.4.a), S. 51), dann ist auch eine entsprechende Berücksichtigung im Ausland beim ausländischen Organträger bzw. ausländischen Gesellschafter einer inländischen Organträger-Personengesellschaft denkbar. Damit „droht“ eine zumindest teilweise (Gewinnabführung als Bestandteil des Organeinkommens im Inland, Gewinnabführung als solche im Ausland) doppelte Erfassung der Gewinnabführung im In- und im Ausland. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Gewinnabführung auch von der Einkommenszurechnung, die als innerstaatlich angeordnete Rechtsfolge im Ausland mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nachvollzogen wird. Daher sollte meines Erachtens die Gewinnabführung grundsätzlich unter den DBA-Einkünftebegriff fallen. Allerdings ist Organschaftsvoraussetzung die ununterbrochene Zuordnung der Organbeteiligung oder der Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers i. S. d. § 12 AO (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG) und die der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte müssen auch nach einem DBA der inländischen Besteuerung unterliegen (S. 7). Damit verlangt Satz 7 nicht nur das Bestehen einer inländischen Betriebsstätte im DBASinn. Vielmehr muss die Beteiligung auch nach abkommensrechtlichen Grundsätzen dieser inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sein (sog. funktionale Zuordnung).268 Damit kommt eine Organschaft nicht zustande, wenn die Beteiligung der ausländischen Betriebsstätte des im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen oder dem ausländischen Stammhaus des beschränkt Steuerpflichtigen zuzuordnen ist.269 Geht man also von einer bestehenden Organschaft (und damit der Zuordnung der Beteiligung zur inländischen Betriebsstätte auch nach DBAGrundsätzen) aus, dann wird die Gewinnabführung (wenn man sie als vom Einkünftebegriff der DBA umfasst ansieht) mit hoher Wahrscheinlichkeit für steuerliche Zwecke auch der inländischen Betriebsstätte des im Ausland ansässigen 267 Lang, SWI 2003, S. 215 (216); speziell zu Art. 21 OECD-MA Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 361. 268 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 123. Umfassend zur abkommensrechtlichen Zuordnung von Beteiligungen zu Betriebsstätten für Zwecke der Betriebsstättenvorbehalte Häck, ISR 2015, S. 113 ff. 269 Vgl. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 141y.
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Teil 1: Verlustverrechnung
Organträgers zuzurechnen sein. Die sog. Betriebsstättenvorbehalte in Art. 10 Abs. 4, 21 Abs. 2 OECD-MA verweisen auf Art. 7 OECD-MA, sodass im Zweifel die konkrete Subsumtion als Unternehmensgewinne, Dividenden oder sonstige Einkünfte nicht entscheidend ist. d) Verlustübernahme des Organträgers Nimmt man im Einklang mit den Organschaftsvoraussetzungen die Zuordnung der Beteiligung zur inländischen Betriebsstätte an, dann wird das zur Gewinnabführung Gesagte entsprechend für die Verlustübernahme (§ 302 AktG) gelten. Dementsprechend ist es wahrscheinlich, dass die Verlustübernahme durch das ausländische Unternehmen für steuerliche Zwecke der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Werden Betriebsstättenergebnisse dann im Ausland freigestellt, so wirkt sich die Verlustübernahme dort möglicherweise nicht, ggf. aber im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts aus. Wird die Doppelbesteuerung dagegen im Wege der Anrechnung vermieden, dann geht die Verlustübernahme im Ausland möglicherweise in die Steuerbemessungsgrundlage ein; damit wirkt sich die (steuerlich der inländischen Betriebsstätte zuzurechnende) Verlustübernahme im Ausland möglicherweise auf die Besteuerung aus. Kapitel 2
Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung Standen in Kapitel 1 die Verlustverrechnung und die Organschaft im innerstaatlichen und im grenzüberschreitenden Zusammenhang im Vordergrund, wird der Blick in diesem Kapitel 2 auf die grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung gerichtet. Dies geschieht durch Beschäftigung mit dem Begriff der Steuerarbitrage in Form doppelter Verlustberücksichtigung (unter I., S. 74). Konkrete Szenarien potenzieller doppelter Verlustberücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. schließen sich an (unter II., S. 99) und sind Grundlage für die Kapitel 3 bis 8.
I. Doppelte Verlustberücksichtigung als grenzüberschreitende Steuerarbitrage Doppelte Verlustberücksichtigung ist nur eine Facette der Steuerarbitrage (unter I.1., S. 75). Ihre Verhinderung ist mehrfach steuerpolitisches Anliegen gewesen, was an vorwiegend ausländischen Vorschriften zur Verhinderung doppelter Verlustberücksichtigung illustriert wird (unter I.2., S. 76). Damit einher geht stets die Gefahr nirgends berücksichtigter Verluste und der Überbesteuerung (unter I.3., S. 83). Das aktuell international vereinbarte Verständnis abzulehnender Verlustberücksichtigung wird anhand der schon in der Einleitung erwähnten
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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Entwicklungen auf Ebene der OECD und der EU behandelt (unter I.4., S. 87). Ein Ergebnis schließt diesen Abschnitt ab (unter I.5., S. 98). 1. Begriff der grenzüberschreitenden Steuerarbitrage Es gibt keine einheitliche Definition der grenzüberschreitenden Steuerarbitrage. Mit dem Begriff wird vielmehr ein Phänomen beschrieben, für das bestimmte Aspekte charakteristisch sind und die regelmäßig genannt werden. Grundlegend sind die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Staaten, die sich aus der weitestgehend unabgestimmten Steuerrechtsetzung selbständiger Staaten ergeben.270 Den Staaten stellen sich dabei allgemein dieselben steuerlichen Fragen, sie beantworten sie aber anders.271 Beispielsweise kann ein Staat A einen Rechtsträger als steuerpflichtig einordnen, ein Staat B dagegen nicht. Ein anderer Staat C kann eine Zahlung als Dividende, ein weiterer Staat D kann dieselbe Zahlung als Zinszahlung einordnen. Im Wesentlichen führt grenzüberschreitende Steuerarbitrage zur Verdoppelung (ggf. Vervielfältigung) von Steuervorteilen,272 indem Steuervorteile in den verschiedenen beteiligten Staaten in Anspruch genommen werden. So kann es z. B. zu doppelter Nichtbesteuerung kommen, wenn eine Leistung in einem Staat D steuerlich abgesetzt werden kann und im Staat C des Empfängers keinen Eingang in die Bemessungsgrundlage findet. Auch können einzelne Aufwendungen (oder gar negative Einkünfte) in mehr als einem Staat die Bemessungsgrundlage mindern, d.h. doppelt berücksichtigt werden, indem z. B. der die Aufwendungen tätigende Rechtsträger in seinem Ansässigkeitsstaat A als steuerpflichtig (intransparent), im Ansässigkeitsstaat B seines Gesellschafters aber als nicht steuerpflichtig (transparent) behandelt wird. Eine solche Minderung der Bemessungsgrundlage in zwei Staaten kann sich auch ergeben, wenn die beteiligten Staaten jeweils Abschreibungen für dasselbe Wirtschaftsgut gewähren. Außerhalb der Bemessungsgrundlage kann es z. B. zur Gewährung einer Steueranrechnung in zwei verschiedenen Staaten für dieselbe Steuer kommen.273 Nur der Fall doppelter Berücksichtigung von Aufwendungen (negativen Einkünften) ist Gegenstand dieser Arbeit. Der Steuerpflichtige handelt in allen Fällen im Einklang mit dem Steuerrecht der beteiligten Staaten,274 profitiert aber insgesamt von einer (günstigen) steuerlichen Behand270
Kofler/Kofler, FS Djanani, S. 381 (382 ff.); Kofler, DStJG 33, S. 213 (232 f.). Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (142): „differences in addressing a common tax question“. 272 Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (143). 273 Vgl. zu diesen drei Vorteilen Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (143). Rosenbloom spricht im Hinblick auf den in der Einleitung (unter I., S. 22) beschriebenen Fall doppelt ansässiger Gesellschaften vom „archetype of international tax arbitrage“ (S. 147). 274 Kofler/Kofler, FS Djanani, S. 381 (382); Kofler, DStJG 33, S. 213 (232); Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (142 f.). 271
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Teil 1: Verlustverrechnung
lung, die bei Durchführung der Transaktion ausschließlich in einer Steuerrechtsordnung nicht gewährt worden wäre.275 Daher gibt es aus Sicht des einzelnen beteiligten Staats an sich keinen Anlass zur abweichenden Beurteilung des grenzüberschreitenden Sachverhalts;276 erst eine Gesamtbetrachtung, die auch eine Berücksichtigung der Behandlung in einem anderen Staat umfasst, führt in vielen Fällen zu der Einsicht, dass man die an sich vorgesehene Behandlung angesichts der Behandlung im anderen Staat verwehren möchte. 2. Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Gewinnen Unterschiede in den Steuerrechtsordnungen und Vorteile solcherart fordern gewissermaßen zur entsprechenden Strukturierung wie auch zur gesetzgeberischen Antwort auf. Es werden Vorschriften skizziert, die die Berücksichtigung oder die freie Verrechenbarkeit von Verlusten des grenzüberschreitend tätigen Steuerpflichtigen davon abhängig machen, dass es im jeweils anderen Staat keine weiteren, im Inland nicht steuerpflichtigen Gewinne gibt. a) § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG Ein erstes Beispiel ist die in § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG enthaltene Einschränkung des Verlustabzugs für beschränkt Steuerpflichtige.277 § 102 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 öEStG sieht den Verlustabzug zugunsten beschränkt Steuerpflichtiger nur für Verluste aus bestimmten inländischen Betriebsstätten oder bestimmtem unbeweglichen Vermögen vor. Nach § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG kann der Verlustabzug aber „nur insoweit berücksichtigt werden, als er die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte überstiegen hat.“ § 102 Abs. 2 Nr. 2 öEStG ist über § 21 Abs. 1 Nr. 1 letzter Satz öKStG ausdrücklich auch auf beschränkt steuerpflichtige Körperschaften anwendbar.278 Mit § 102
275 Kofler/Kofler, FS Djanani, S. 381 (382); Kofler, DStJG 33, S. 213 (232); Rosenbloom, 53 TLR 2000, S. 137 (143). 276 Vgl. insbesondere den Diskussionsbeitrag von Kofler, DStJG 33, S. 213 (268): „Man kann insofern aus einer einzelstaatlichen Perspektive gar nicht von einem Abfluss von Steuersubstrat sprechen.“ 277 Nr. 2 des Sonderregelungen für die Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger aufstellenden § 102 Abs. 2 öEStG lautet zurzeit: „Sonderausgaben (§ 18) sind abzugsfähig, wenn sie sich auf das Inland beziehen. Der Verlustabzug (§ 18 Abs. 6 und 7) steht nur für Verluste zu, die in inländischen Betriebsstätten entstanden sind, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dienen, oder für Verluste, die aus unbeweglichem Vermögen im Sinne des ersten Satzes des § 98 Abs. 1 Z 3 stammen. Er kann nur insoweit berücksichtigt werden, als er die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte überstiegen hat.“ 278 Kofler, SWI 2009, S. 477 (477); Lang, in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 137 (155).
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG wird bezweckt, dass es im Verhältnis Österreichs als Quellenstaat (beschränkte Steuerpflicht) zum Ansässigkeitsstaat (unbeschränkte Steuerpflicht) nicht zur doppelten Berücksichtigung des in Österreich erlittenen Verlusts kommt.279 Der horizontale und vertikale Verlustausgleich werden hierdurch nicht eingeschränkt,280 allerdings wird der Verlustabzug damit im Ergebnis nur (defizitären) beschränkt Steuerpflichtigen mit einem insgesamt negativen Einkommen gewährt.281 Aus der Bezugnahme des § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG auf „die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte“ folgt außerdem, dass der beschränkt Steuerpflichtige grundsätzlich auch alle seine übrigen Einkünfte und damit sein Welteinkommen nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln hat.282 Dem letzten Satz liegt also die Auffassung zugrunde, dass der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen vorrangig für die Berücksichtigung ausländischer Verluste verantwortlich ist.283 Aufgrund der Vorschriften des Ansässigkeitsstaats kann eine Berücksichtigung der ausländischen (hier: österreichischen) Verluste allerdings auch in diesem ausbleiben (dazu Kapitel 2, unter I.3.a), S. 83). Weiter ist der Grundsatz, dass Verluste im Verhältnis des Quellenstaats zum Ansässigkeitsstaat nicht doppelt, sondern einfach zu berücksichtigen sind, in der österreichischen Rechtsprechung anerkannt; eine solche doppelte Verlustberücksichtigung unterbleibt jedoch, wenn spätere positive Einkünfte aus derselben Quelle (Betriebsstätte) gleichsam in beiden Staaten besteuert werden und im Ergebnis die Verluste ausgleichen.284
279 Zum wortgleichen und durch das Gesetz v. 13.12.1989 (öBGBl. Nr. 660/1989) erstmals eingeführten § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG Loukota, ÖStZ 1990, S. 62 (63); Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 (50). Genauso zur aktuellen Fassung Kofler, SWI 2009, S. 477 (479); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBAÖsterreich, Art. 24 Rn. 4. Vgl. zu diesem und anderen Begründungsaspekten den frühen Meinungsstreit von Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 f.; Loukota, ÖStZ 1990, S. 62 ff.; Wundsam/Zöchling, ÖStZ 1990, S. 100 ff.; Loukota, ÖStZ 1990, S. 162 ff. 280 Kofler, SWI 2009, S. 477 (478). 281 Lang, in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 137 (154); Wundsam/Zöchling, ÖStZ 1990, S. 100 (100); Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 (51). 282 Kofler, SWI 2009, S. 477 (478); Lang, in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 137 (154). Vgl. bereits Loukota, ÖStZ 1990, S. 62 (63); Wundsam/Zöchling, ÖStZ 1990, S. 100 (100); Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 (51). 283 Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (296); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBA-Österreich, Art. 24 Rn. 4 a. E.; Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 334. 284 Zu beiden Aspekten VwGH, Erk. v. 25.9.2001, 99/14/0217, IStR 2001, S. 754 (755); VwGH, Erk. v. 16.2.2006, 2005/14/0036, ÖStZ 2006, S. 313 (313 [Kurzfassung]); VwGH, Erk. v. 28.11.2007, 2007/14/0048, ÖStZ 2008, S. 227 (227 [Kurzfassung]). Im Fall der Steueranrechnung bedeutet dies nach dem Erk. v. 16.2.2006, dass Betriebsstättengewinne späterer Jahre im Ansässigkeitsstaat voll steuerpflichtig sind, wegen der Verrechnung des Verlustvortrags im Quellenstaat mit diesen Gewinnen der Ansässigkeitsstaat aber einen entsprechend geminderten Steuerbetrag anrechnet.
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Teil 1: Verlustverrechnung
b) Sections 403D und 403E ICTA 1988 (Sections 106 bis 108 CTA 2010) Ähnliche Regelungen enthalten die in der Einleitung (unter I., S. 22) bereits angeführten Sections 403D und 403E ICTA 1988. Im Gegensatz zu § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG betreffen diese die periodeninterne Verlustübertragung im Rahmen der britischen Gruppenbesteuerung („group relief “) und nicht den periodenübergreifenden Verlustabzug. Allerdings ist Zweck der Section 403D (1)(c) ICTA 1988285 die Verhinderung, dass im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht angefallene Verluste nicht zweifach (im Quellenstaat Großbritannien und im Ansässigkeitsstaat) berücksichtigt werden.286 Im Kern ist die Übertragung eines Verlusts im Wege des „group relief“ hiernach nicht möglich, wenn der Verlust oder seine Bestandteile (z. B. Aufwendungen) im Rahmen einer ausländischen Steuer mit den „non-UK profits“ der Gesellschaft oder irgendeiner anderen Person verrechenbar sind. Unter „non-UK profits“ sind im Wesentlichen im Ausland, aber nicht in Großbritannien steuerpflichtige Gewinne zu verstehen (Section 403D(3) ICTA 1988).287 Nach Section 403D(6) ICTA 1988 ist ausländisches Recht, wonach die Abzugsfähigkeit für Zwecke irgendeiner ausländischen Steuer von der Abzugsfähigkeit im Rahmen der britischen Steuer abhängig ist, außer Acht zu lassen.288 Nach Auffassung des Generalzahlmeisters („Paymaster General“) war der Ansässigkeitsstaat vorrangig für die Verlustberücksichtigung 285 Section 403D(1)(c) ICTA 1988 lautete: „no part of – (i) the loss or other amount, or (ii) any amount brought into account in computing it, corresponds to, or is represented in, any amount which, for the purposes of any foreign tax, is (in any period) deductible from or otherwise allowable against non-UK profits of the company or any other person.“ Section 403D(1)(c) ICTA 1988 war auch im Verfahren Philips Electronics die entscheidende Vorschrift (vgl. Kokott, SchlA v. 19.4.2012, C-18/11, ECLI:EU:C:2012: 222, u. a. Rn. 15, 21). Infolge des EuGH-Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532 wurde Section 107 CTA 2010 durch Section 30 Finance Act 2013 um eine Unterscheidung zwischen in den EWR-Staaten ansässigen und außerhalb der EWR-Staaten ansässigen, übertragenden Gesellschaften („surrendering company“) erweitert. Die neu eingefügte Subsection (6B) stellt im Hinblick auf in einem EWRStaat ansässige, übertragende Gesellschaften auf die tatsächliche Verrechnung ab („the amount is (in any period) deducted from or otherwise allowed against non-UK profits of any person.“), wohingegen nach Subsection (6) im Übrigen nach wie vor auf die bloße Möglichkeit der Verrechnung abgestellt wird („the amount is (in any period) deductible from or otherwise allowable against non-UK profits of any person.“). Kursivdruck durch den Verf. 286 Blessing, DK 2003, S. 203 (214); Hickey, ET 2000, S. 466 (467). 287 Hickey, ET 2000, S. 466 (467). Section 403D(3) ICTA 1988 lautete: „In this section ,non-UK profits‘, in relation to any person, means amounts which – (a) are taken for the purposes of any foreign tax to be the amount of the profits, income or gains on which (after allowing for deductions) that person is charged with that tax, and (b) are not amounts corresponding to, and are not represented in, the total profits (of that or any other person) for any accounting period, or amounts taken into account in computing such amounts.“ 288 Blessing, DK 2003, S. 203 (214) bezeichnet dies als „mirror legislation rule“. Section 403D(6) ICTA 1988 lautete: „So much of the law of any territory outside the United Kingdom as for the purposes of any foreign tax makes the deductibility of any
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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zuständig und sollte die doppelte Verlustberücksichtigung verhindert werden.289 Section 403E ICTA 1988 enthält spiegelbildlich Vorschriften, wonach der „group relief“ bei Verrechnung im Ausland mit „non-UK profits“ einer anderen Person verweigert wird.290 c) Subsection 1503(d) IRC und die Dual Consolidated Loss Regulations Ein drittes Beispiel ist Subsection 1503(d) IRC („dual consolidated loss“), wodurch verhindert wird, dass doppelt ansässige Gesellschaften („dual resident corporations“) – und rückwirkend ab 1988 auch US-Gesellschaften mit sog. separate units – einen wirtschaftlichen Verlust zum einen mit nur in den USA steuerpflichtigen Einkünften, zum anderen mit nur in einem anderen Staat steuerpflichtigen Einkünften verrechnen (zum Entstehungszusammenhang: Einleitung, unter I., S. 22).291 Nach § 1.1503(d)-1(b)(5) der Dual Consolidated Loss Regulations vom 19.3.2007292 ist ein sog. dual consolidated loss (vereinfacht) der „net operating loss“ einer sog. dual resident corporation (dazu § 1.1503[d]-1[b][2] der Regulations) oder der einer sog. separate unit (§ 1.1503[d]-1[b][4] der Regulations) zuzuordnende „net loss“. Nach § 1.1503(d)-1(b)(4)(i) der Regulations sind (vereinfacht) sowohl Betriebsstätten („foreign branch separate unit“) als auch Beteiligungen („interest“) an hybriden Gesellschaften („hybrid entity separate unit“) als sog. separate unit anzusehen, wobei hybride Gesellschaft („hybrid entity“) nach § 1.1503(d)-1(b)(3) der Regulations im Ausland intransparent und in den USA transparent besteuerte Gesellschaften sind. Nach der sog. separate unit combination rule in § 1.1503(d)-1(b)(4)(ii) der Regulations sind grundsätzlich mehrere sog. separate units eines US-Eigentümers oder mehrerer, in einer steuerlichen Gruppe („consolidated group“) verbundener US-Eigentümer in einem ausländischen Staat als eine sog. separate unit zu behandeln. Für einen solchen „dual consolidated loss“ besteht in den USA grundsätzlich ein Verrechnungsverbot (§ 1.1503[d]-4[b] der Regulations,293 sog. domestic use limitation294) mit der amount dependent on whether or not it is deductible for tax purposes in the United Kingdom shall be disregarded for the purposes of this section.“ 289 Zitiert bei Hickey, ET 2000, S. 466 (468). 290 Blessing, DK 2003, S. 203 (214); Hickey, ET 2000, S. 466 (468). 291 Federal Register (Part III), Vol. 72, No. 52, S. 12902 (12902); OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 42; OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 16 (Rn. 43). 292 Federal Register (Part III), Vol. 72, No. 52, S. 12902 ff. Ausführlich zu den Unterschieden dieser neuen Regulations im Verhältnis zu den früheren, endgültigen Regulations aus 1992 S. 12902 ff. Mit Veröffentlichung im Federal Register am 24.3.2017 wurde öffentlich zur Stellungnahme zur Behandlung sog. dual consolidated losses aufgefordert (Federal Register, Vol. 82, No. 56, S. 15102 f.). 293 § 1.1503(d)-4(b) der Regulations lautet auszugsweise: „Except as provided in § 1.1503(d)-6, the domestic use of a dual consolidated loss is not permitted.“ 294 Jacobs et al., 38 The Tax Adviser 2007, S. 526 (529).
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Teil 1: Verlustverrechnung
Folge, dass das Einkommen ohne Berücksichtigung des „dual consolidated loss“ berechnet und dieser eigenständig erfasst (sog. separate return limitation year) und zurück- oder vorgetragen wird (§ 1.1503[d]-4[c] der Regulations).295 § 1.1503(d)-6 der Regulations – mit „Exceptions to the domestic use limitation rule.“ überschrieben – enthält drei Ausnahmen von dieser sog. domestic use limitation mit dem Ergebnis der (freien) Verrechenbarkeit in den USA:296 Die USA haben mit einem anderen Staat eine Vereinbarung getroffen, wonach der Steuerpflichtige den Staat wählen kann, in dem der „dual consolidated loss“ berücksichtigt wird (§ 1.1503[d]-6[b] der Regulations, „Elective agreement in place between the United States and a foreign country“); es fehlt an einer Möglichkeit zur Nutzung des Verlusts im Ausland (§ 1.1503[d]-6[c] der Regulations, „No possibility of foreign use“); der Steuerpflichtige wählt die Verlustnutzung in den USA und versichert die Nichtberücksichtigung im Ausland (§ 1.1503[d]-6[d] bis -6[j] der Regulations, „Domestic use election“). Zur zweiten Ausnahme ist anzumerken, dass bei fehlender Möglichkeit zur Verlustnutzung im Ausland („foreign use“, § 1.1503[d]-3 der Regulations) eine „Gefahr“ der Verrechnung mit in den USA nicht steuerpflichtigen Einkünften nicht bestehen sollte. Im Hinblick auf die erste und die dritte Ausnahme besteht eine solche Möglichkeit zwar; im ersten Fall enthält das Abkommen jedoch eine Wahlmöglichkeit, in welchem der beiden Staaten der Verlust verrechnet wird (§ 1.1503[d]-6[b][1] der Regulations). Im Rahmen der dritten Ausnahme versichert der Betroffene u. a., dass es keine Verlustnutzung („foreign use“) im Ausland gab und geben wird (§ 1.1503[d]6[d][1][v] der Regulations) und dass entsprechende Vorkehrungen zur Verhinderung der Nutzung und zur Information des Antragstellers („elector“) bei Nutzung getroffen wurden (§ 1.1503[d]-6[d][1][vi] der Regulations). Nach § 1.1503(d)-6(e) (1)(i) der Regulations ist ein „foreign use“ außerdem Anlass („triggering event“) zur Nachversteuerung des „dual consolidated loss“ (einschließlich Zinsen). Nach der sog. mirror legislation rule wird eine Verlustnutzung im Ausland („foreign use“) grundsätzlich angenommen, wenn das ausländische Steuerrecht im Entstehungsjahr des „dual consolidated loss“ die Verlustnutzung zwar grundsätzlich zugelassen hätte, aufgrund möglicher Verlustberücksichtigung im Ausland (hier: USA) aber jegliche Möglichkeit zur Verlustnutzung verweigert (§ 1.1503[d]3[e][1] der Regulations).297 Mit der sog. mirror legislation rule wird bezweckt, 295
Jacobs et al., 38 The Tax Adviser 2007, S. 526 (529 f.). Zu diesen drei Ausnahmen Jacobs et al., 38 The Tax Adviser 2007, S. 526 (530 f.). 297 § 1.1503(d)-3(e)(1) der Regulations lautet auszugsweise: „(e) Mirror legislation rule – (1) In general. . . . a foreign use shall be deemed to occur if the income tax laws of a foreign country would deny any opportunity for the foreign use of the dual consolidated loss in the year in which the dual consolidated loss is incurred (mirror legislation), determined by assuming that such foreign country had recognized the dual consolidated loss in such year“. 296
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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dass nicht nur andere Staaten von der Versagung doppelter Verlustnutzung profitieren.298 Selbst bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der sog. mirror legislation rule ist die Verrechnung des „dual consolidated loss“ in den USA nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Denn nach der (in die „neuen“ Regulations erstmalig eingefügten299) sog. stand alone exception300 der Regulations kann eine Berücksichtigung in den USA vereinbart werden (sog. stand-alone domestic use agreement), wenn in Abwesenheit der „mirror legislation“ des anderen Staats kein Bestandteil des „dual consolidated loss“ im Ausland einem „foreign use“ zugänglich (d.h. mit in den USA nicht steuerpflichtigen Einnahmen, Einkünften verrechenbar) wäre.301 In einer solchen Situation fehlt es im Ausland an der Möglichkeit zur Verrechnung mit in den USA nicht steuerpflichtigen Einkünften. d) § 4i EStG Dem zweifachen Abzug derselben Betriebsausgaben im Aus- und im Inland (in Form sog. Sonderbetriebsausgaben) entgegen zu wirken, ist ein auch in Deutschland zuvor identifiziertes steuerpolitisches Anliegen.302 Mit dem Gesetz 298
Federal Register (Part III), Vol. 72, No. 52, S. 12902 (12906 a. E.). Federal Register (Part III), Vol. 72, No. 52, S. 12902 (12907). 300 § 1.1503(d)-3(e)(2) der Regulations. Der erste Satz lautet: „(2) Stand-alone exception – (i) In general. This paragraph (e)(2) applies if, in the absence of the mirror legislation described in paragraph (e)(1) of this section, no item of deduction or loss composing the dual consolidated loss of such dual resident corporation or separate unit would otherwise be available for a foreign use in the taxable year in which such dual consolidated loss is incurred.“ 301 Vgl. Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (622); Jacobs et al., 38 The Tax Adviser 2007, S. 526 (533); Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (291 f.). 302 Vgl. z. B. die Problemanalyse auf S. 8 f. des „Eckpunktepapier(s) zur Verstetigung des Körperschaftsteueraufkommens“: „Bei dem sog. ,Personengesellschaftsmodell‘ werden internationale Systemunterschiede in der Gewinnermittlung von Personengesellschaften ausgenutzt. Grundlage des Modells ist das einkommensteuerliche Institut des Sonderbetriebsvermögens, das eine im Ausland weitgehend unbekannte Besonderheit des deutschen Ertragsteuerrechts ist. Die inländische steuerliche Gewinnermittlung bei Personengesellschaften weicht durch die entsprechende Berücksichtigung von Sonderbelangen der Gesellschafter latent von der steuerlichen Behandlung im Ausland ab. Hierdurch kann es international unter anderem zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung ein und desselben Aufwands kommen (sog. ,double dip‘).“ Die Anlage 3 hierzu enthielt auf S. 31 f. eine konkrete Gesetzesformulierung für einen § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a EStG: „In die Ermittlung der Gewinnanteile nach Nr. 2 sind Aufwendungen nicht einzubeziehen, soweit diese in einem ausländischen Staat im Rahmen der dortigen Besteuerung des Mitunternehmers gewinnmindernd berücksichtigt werden können.“ Interessanterweise stellte auch die Begründung zu dieser Gesetzesformulierung auf S. 34 lediglich auf die Möglichkeit der Berücksichtigung im Ausland ab: „Entscheidend für den Ausschluss des Sonderbetriebsausgabenabzugs im Inland ist nicht die tatsächliche steuermindernde Berücksichtigung der nämlichen Aufwendungen im Ausland, sondern deren dort bestehende Anerkennungsfähigkeit dem Grunde nach.“ Die Protokollerklärung der Bundesregierung zur „Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz“ v. 4.4.2003 spricht nicht direkt den Sonderbetriebsausgabenabzug an, wenn 299
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Teil 1: Verlustverrechnung
vom 20.12.2016 wurde diesbezüglich ein neuer § 4i in das EStG eingefügt.303 Die Vorschrift ist gem. Art. 19 Abs. 2 des Gesetzes vom 20.12.2016304, § 52 Abs. 1 S. 1 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2017 anwendbar. Ihr Satz 1 sieht vor, dass Aufwendungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft305 nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Dieser erste Satz gilt nicht, soweit diese Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in dem anderen Staat. Dementsprechend knüpft § 4i S. 2 EStG auf ähnliche Weise wie die zuvor vorgestellen ausländischen Vorschriften maßgeblich daran an, ob den doppelt berücksichtigten Aufwendungen auch doppelt berücksichtigte Erträge gegenüberstehen und macht hiervon die Rechtsfolge der Nichtabziehbarkeit im Inland abhängig.306 auf S. 1 steht: „Außerdem muss dem doppelten Abzug von Betriebsausgaben bei Inlandsbetriebsstätten von Steuerausländern entgegengetreten werden. Dies dient der Beseitigung von Diskrepanzen zwischen den Besteuerungssystemen Inland/Ausland.“ Hierzu z. B. Lüdicke, IStR 2003, S. 433 (441 a. E.). Das Eckpunktepapier und die Protokollerklärung sind, soweit ersichtlich, in keiner Fachzeitschrift veröffentlicht. Die Vorgehensweise wird in ihren Grundzügen in Kapitel 2 (unter II.2.b)cc), S. 116) dieser Arbeit skizziert. 303 Art. 8 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, S. 3000 ff. Betrachtet man die Begründung auf S. 3 ff. der Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats v. 9.9.2016, BR-Drs. 406/1/16, dann fallen die Parallelen zu den in Fn. 302 wiedergegebenen Auszügen auf. 304 BGBl. I 2016, S. 3000 ff. 305 Nr. 2 der Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats (BR-Drs. 406/1/16, S. 3 ff.) stellte noch auf „Aufwendungen eines Mitunternehmers“ ab. Nr. 7 Buchst. b der Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats (BR-Drs. 816/1/16, S. 11 f.) im Rahmen der Arbeiten für ein Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz sah vor, das Merkmal „Gesellschafters einer Personengesellschaft“ durch „Mitunternehmers“ zu ersetzen. Dies wurde damit begründet, dass diese Formulierung die Anwendung des § 4i EStG auch auf atypisch stille Gesellschaften klarstelle (S. 12). Nach Art. 6 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags v. 27.4.2017 (BR-Drs. 365/17, S. 12 f.) entfällt das Merkmal „des Gesellschafters einer Personengesellschaft“ gänzlich. Der Bundesrat stimmte dem vom Deutschen Bundestag am 27.4.2017 verabschiedeten Gesetz in seiner Sitzung am 2.6.2017 zu (BR-Drs. 365/17[B]). 306 Aktuelle Einzelfragen zu § 4i EStG werden die Praxis beschäftigen, sollen hier aber nicht entschieden werden. Hierzu zu zählen ist z. B. das Verhältnis zwischen § 4i EStG und § 50d Abs. 10 EStG (für eine Spezialität des § 50d Abs. 10 EStG Bergmann, FR 2017, S. 126 [128 f.]; dem widersprechend Gosch, in: Kirchhof, § 4i EStG Rn. 4). Interessant sind die Überlegungen von Schnitger, IStR 2017, S. 214 ff. zu Fällen, in denen der Gesellschafter der Personengesellschaft und ein (aus deutscher Sicht) weiterer Steuerpflichtiger im Ausland in Anwendung einer (dortigen) Gruppenbesteuerung eine Einheit bilden: Einerseits fehle es bereits an einer Minderung der Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat i. S. d. § 4i S. 1 EStG, wenn sich die Aufwendungen des Gesellschafters und die korrespondierenden Einnahmen des das Darlehen gewährenden, ausländischen Gruppenmitglieds im Ausland gegenseitig aufheben
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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e) Ergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass andere Regelungen (im Einzelnen sehr verschieden) die Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten (Aufwendungen) im Inland von der Existenz solcher Gewinne (Erträge) abhängig machen, die im Inland nicht steuerpflichtig sind. Teilweise kommt es zur völligen Nichtberücksichtigung der Verluste, teilweise zur eingeschränkten Verrechenbarkeit. Übereinstimmend wird der andere Staat als für die Verlustberücksichtigung zuständig angesehen. § 4i S. 2 EStG stellt auf in beiden Staaten der Besteuerung unterliegende Erträge ab. In ihrem in diesem Kapitel (unter I.4.a), S. 87) behandelten Bericht spricht die OECD mit Blick auf in beiden beteiligten Staaten erfasste Einnahmen („item of income“) von „dual inclusion income“ 307, umgekehrt im Hinblick auf nur in einer Rechtsordnung erfasste Bestandteile von „non-dual inclusion income“. Auch Deutschland hat mit § 2a EStG eine die freie Verrechenbarkeit ausländischer negativer Einkünfte einschränkende Vorschrift, die aber nicht die Berücksichtigung negativer Einkünfte in zwei Steuerrechtsordnungen verhindern soll, sondern bestimmte, als nicht förderungswürdig erkannte Aktivitäten benachteiligt. 3. Gefahr nirgends berücksichtigter Verluste Die in diesem Kapitel (unter I.2., S. 76) vorgestellten Vorschriften drohen nirgends berücksichtigte Verluste hervorzubringen; teilweise wird deren Berücksichtigung in einem Staat sichergestellt (unter I.3.a), S. 83 und I.3.b), S. 85). Unter I.3.c) (S. 86) wird auf einen hiermit im Zusammenhang stehenden Aspekt der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. verwiesen. Das EU-Recht sucht über die Figur der finalen Verluste nirgends berücksichtigte Verluste zu verhindern (Kapitel 1, unter I.5., S. 42), die Vorschläge der OECD sprechen von „stranded losses“ (Kapitel 2, unter I.4.a) a. E., S. 87). a) Einmalberücksichtigung nach dem Protokoll zum DBA-Österreich § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG kann nicht bloß die vorrangige Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat sicherstellen, sondern im Zusammenwirken mit den Vorschriften eines anderen Staats auch zur Nichtberücksichtigung der Verluste in beiden Staaten führen: In der Literatur wurde vielfach vorgebracht, dass im Ansässigkeitsstaat die Berücksichtigung in der Bemessungs(S. 215). Andererseits ließen sich Erträge desselben Steuerpflichtigen i. S. d. § 4i S. 2 EStG annehmen, wenn der Gesellschafter und ein weiteres, die Erträge erzielendes Gruppenmitglied aufgrund der ausländischen Gruppenbesteuerung zu einem Steuerpflichtigen zusammengefasst werden (S. 218: „ist mE vertretbar“). 307 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 122 (Definition).
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grundlage bei Anwendung der Freistellungsmethode ausbleibe, es allenfalls zur Berücksichtigung im Wege des negativen Progressionsvorbehalts komme und § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG den Verlustabzug in Österreich dennoch versage.308 Vor dem „neuen“ DBA-Österreich 2000 existierte im Verhältnis Deutschland/Österreich kein DBA-Betriebsstättendiskriminierungsverbot (vgl. Art. 24 Abs. 3 OECD-MA),309 sodass speziell im Verhältnis zu Deutschland die Gefahr nirgends berücksichtigter Verluste bestand: Nach § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. konnte ein in einer nach einem DBA freigestellten Betriebsstätte (hier: in Österreich) erzielter Verlust unter weiteren Voraussetzungen auf Antrag des Steuerpflichtigen in Deutschland bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden; nach Satz 2 war im Umfang des unterbliebenen Ausgleichs ein Verlustabzug (§ 10d EStG) möglich. Daher wurde ein Verlustabzug gem. § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG versagt. In Deutschland kam es gem. § 2a Abs. 3 S. 3 EStG a. F. im Fall späterer, insgesamt positiver gewerblicher Einkünfte aus Freistellungsbetriebsstätten in diesem ausländischen Staat (hier: Österreich) zur Nachversteuerung (Hinzurechnung des abgezogenen Betrags). Die deutsche Finanzverwaltung sah in § 102 Abs. 2 Nr. 2 öEStG keinen Anwendungsfall von § 2a Abs. 3 S. 4 EStG a. F., da die Norm nicht „allgemein“ die Berücksichtigung ausschließe.310 Dementsprechend kam es in der Regel zur Überbesteuerung, indem Verluste in beiden Staaten nicht berücksichtigt wurden.311 Außerdem droht das Betriebsstättendiskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 3 des „neuen“ DBA-Österreich 2000312 § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG zu verdrängen, sodass österreichische Verluste nunmehr in Österreich hätten vorgetragen und zugleich in Deutschland, also 308 Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (297); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBA-Österreich, Art. 24 Rn. 5; Staringer, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, S. 334 f.; Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 (50). Vgl. auch Kofler, SWI 2009, S. 477 (479). 309 Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (295). Zu der frühen Diskussion, ob § 102 Abs. 2 letzter Satz öEStG mit dem DBA-Betriebsstättendiskriminierungsverbot im Einklang steht, vgl. Kofler, SWI 2009, S. 477 (481); Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (303 f.); Zöchling, ÖStZ 1990, S. 50 (51). 310 Hierzu Kofler, SWI 2009, S. 477 (484); Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (295, 298); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBAÖsterreich, Art. 24 Rn. 6. Auch der BFH erkannte in seinem Vorlagebeschluss vom 29.11.2006, I R 45/05, BFHE 216, S. 149 (154) in der österreichischen Rechtslage keinen „allgemeinen“ Ausschluss des Verlustabzugs i. S. v. § 2a Abs. 3 S. 4 EStG a. F. (das Revisionsverfahren wurde durch Klagerücknahme erledigt, so Brandis, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 59 Rn. 5). Der österreichische VwGH hat im Verhältnis zur Schweiz inzwischen entschieden, dass § 102 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz öEStG aufgrund des DBA-Betriebsstättendiskriminierungsverbots nicht anzuwenden ist, wenn es im Ansässigkeitsstaat – trotz der im DBA vorgesehenen Freistellung – zur Berücksichtigung und in späteren Jahren zur Nachversteuerung kommt (Erk. v. 28.11.2007, 2007/14/ 0048, ÖStZ 2008, S. 227 f. [Kurzfassung]). 311 Kofler, SWI 2009, S. 477 (484), der von „Doppelbesteuerung“ spricht. 312 BGBl. II 2002, S. 735 ff.
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doppelt, hätten berücksichtigt werden können.313 Die Protokollbestimmung (12) Buchst. b zum DBA-Österreich 2000,314 die nach Art. 30 DBA-Österreich 2000 Bestandteil des DBA-Österreich ist, soll daher die einmalige Berücksichtigung der Verluste im Verhältnis Deutschland/Österreich gewährleisten und die doppelte Berücksichtigung verhindern.315 b) Einmalberücksichtigung nach dem Dual Consolidated Loss Competent Authority Agreement Auch im Verhältnis USA/Vereinigtes Königreich bestand (besteht) die Gefahr nirgends berücksichtigter Verluste, wovon exemplarisch an dieser Stelle das Verhältnis von Section 403D ICTA 1988 zu Subsection 1503(d) IRC behandelt wird. Während Section 403D ICTA 1988 den inbound Fall mit einer Betriebsstätte in Großbritannien erfasst, erfasst Subsection 1503(d)(3) IRC (vgl. auch § 1.1503[d]1[b][5][ii], -1[b][4][i][A] der Regulations) auch den outbound Fall mit einer Betriebsstätte („foreign branch separate unit“); beide Normkomplexe enthalten ihre eigenen „mirror legislation rules“ (vgl. Section 403D[6] ICTA 1988 und § 1.1503 [d]-3[e] der Regulations), verweigern im Ergebnis also die Verlustberücksichtigung im Inland zur Verhinderung der einseitigen Belastung des eigenen Steueraufkommens. Aufgrund dieses Zusammenwirkens war es nicht möglich, den in einer britischen Betriebsstätte angefallenen Verlust periodenintern steuerlich auszugleichen mit der Konsequenz zumindest vorübergehender Überbesteuerung.316 Nach § 1.1503(d)-6(b)(1) der Regulations greift die „domestic use limitation“ (§ 1.1503[d]-4[b] der Regulations) nicht ein, wenn die Berücksichtigung des „dual consolidated loss“ in den USA nach einer Vereinbarung, die die Berücksichtigung des Verlusts in nur einem Staat (nicht: beiden Staaten) vorsieht, gewählt wird.317 Nach § 1.1503(d)-3(e)(1) der Regulations steht die „mirror legis313 Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (304); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBA-Österreich, Art. 24 Rn. 13. 314 Die letzten zwei Sätze der Protokollbestimmung (12) Buchst. b lauten: „Ab dem Wirtschaftsjahr 1998 (1997/98) entstehende Verluste sind auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Betriebsstättenstaat zu berücksichtigen. Die vorstehenden Regelungen sind nur insoweit wirksam, als dies nicht zu einer Doppelberücksichtigung der Verluste führt.“ 315 Konezny, in: G./L./L., DBA-Österreich, S. 293 (304 f.); Schuch/Fürnsinn, in: Wassermeyer, DBA, 128. EGL 8/2014, DBA-Österreich, Art. 24 Rn. 14. 316 Cussons, BTR 2007, S. 6 (7), wonach hiervon namentlich US-Banken betroffen waren und der von „unrelieved economic double taxation“ spricht. 317 § 1.1503(d)-6(b)(1) der Regulations lautet auszugsweise: „(b) Elective agreement in place between the United States and a foreign country – (1) In general. The domestic use limitation rule of § 1.1503(d)-4(b) shall not apply to a dual consolidated loss to the extent the consolidated group, unaffiliated dual resident corporation, or unaffiliated domestic owner, as the case may be, elects to deduct the loss in the United States pursuant to an agreement entered into between the United States and a foreign country that puts
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lation rule“ unter dem Vorbehalt eines solchen Verwaltungsabkommens. Die USA und das Vereinigte Königreich schlossen am 6.10.2006 eine solche Verwaltungsvereinbarung318 über die Berücksichtigung von „dual consolidated losses“. Die Verwaltungsvereinbarung findet namentlich auf doppelt ansässige Gesellschaften („dual resident corporations“), hybride Gesellschaften („hybrid entity separate units“) und bestimmte, mittelbar gehaltene „separate units“ keine Anwendung.319 Sie gibt die Möglichkeit, den Verlust periodenintern entweder in den USA oder im Vereinigten Königreich (aber nicht in beiden Staaten) steuerlich geltend zu machen.320 c) „stets zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland“ Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.9.2001321 sollte mit § 14 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 KStG-E (Einleitung, unter III., S. 28) neben einer doppelten auch eine Berücksichtigung „aufgrund entsprechender nationaler Regelungen ausländischer Staaten (z. B. in den USA) stets zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland“ verhindert werden. Zwar war die in Kapitel 1 (unter I.5., S. 42) behandelte Rechtsprechung zu sog. finalen Verlusten noch nicht eingeleitet, die Keinmalberücksichtigung der Verluste erscheint aber als willentlich in Kauf genommen.322 d) Ergebnis Die in diesem Kapitel (unter I.2., S. 76) dargestellten Vorschriften können nirgends berücksichtigte Verluste zur Folge haben. Die OECD spricht in ihrem nachstehend unter I.4.a) (S. 87) behandelten Abschlussbericht zu BEPS Action 2 von „stranded losses“ 323 und trifft in ihren Empfehlungen 6 und 7 Vorkehrungen into place an elective procedure through which losses in a particular year may be used to offset income in only one country.“ 318 United Kingdom/United States Dual Consolidated Loss Competent Authority Agreement, IRB 2006-45, Announcement 2006-86, S. 842 ff. Hierzu Cussons, BTR 2007, S. 6 ff. Eine vergleichbare Verwaltungsvereinbarung besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA derzeit nicht. 319 United Kingdom/United States Dual Consolidated Loss Competent Authority Agreement, IRB 2006-45, Announcement 2006-86, S. 842 (843); Cussons, BTR 2007, S. 6 (8). 320 United Kingdom/United States Dual Consolidated Loss Competent Authority Agreement, IRB 2006-45, Announcement 2006-86, S. 842 (843); Cussons, BTR 2007, S. 6 (6, 9). 321 BT-Drs. 14/6882, S. 37, wo auch das Zitat zu finden ist. 322 Zur Frage, ob bei Anwendung der sog. mirror legislation rule eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. bzw. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorliegt, vgl. Kapitel 4, unter I.4. (S. 191). 323 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 73 (Rn. 202), 80 (Rn. 229).
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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zu deren Verhinderung. Angesichts der Gefahr verhinderungswürdiger Überbesteuerung wird mit den unter I.3.a) (S. 83) und I.3.b) (S. 85) dargestellten bilateralen Regelungen versucht, die Einmalberücksichtigung zu ermöglichen und zugleich die doppelte Berücksichtigung zu verhindern. 4. Entwicklungen zu sog. hybrid mismatch arrangements Im Folgenden werden die aktuellen (nicht abgeschlossenen) Entwicklungen zu sog. hybrid mismatch arrangements auf Ebene der OECD (unter I.4.a), S. 87) und der EU (unter I.4.b), S. 92 und unter I.4.c), S. 97) dargestellt. Diese Entwicklungen werden für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. skizziert, soweit sie doppelte Abzüge behandeln. Auf dieses Verhältnis wird besonders Kapitel 8 (S. 275) genauer eingehen. a) BEPS Action 2: Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements Schon im März 2012 veröffentlichte die OECD einen Bericht324 zu sog. hybrid mismatch arrangements. Weiterführende Untersuchungen erfolgten im Rahmen von Aktionspunkt 2 des BEPS Projekts, die zunächst in das Arbeitsergebnis325 („deliverable“) vom 16.9.2014 und anschließend in den Abschlussbericht326 vom 5.10.2015 mündeten. Speziell zu hybriden Betriebsstätten veröffentlichte die OECD einen Diskussionsentwurf („discussion draft“) vom 22.8.2016327, der sich in einem vierten Abschnitt spezifisch mit der doppelten Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit Betriebsstätten beschäftigt.328 Wie der Steuerarbitrage (Kapitel 2, unter I.1., S. 75) liegen auch den sog. hybrid mismatch arrangements maßgeblich Unterschiede in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen zugrunde.329 Diese Gestaltungen stehen auch im Einklang mit dem 324 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012. Zum Bericht z. B. Russo, BFIT 2013, S. 110 ff. 325 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014. Hierzu z. B. Kahlenberg/Kudert, SWI 2015, S. 52 ff.; Staats, IStR 2014, S. 749 ff. 326 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015. Zum Abschlussbericht z. B. Berges/Rotter, IWB 2015, S. 802 ff. 327 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 2, Branch Mismatch Structures, v. 22.8.2016. 328 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 2, Branch Mismatch Structures, v. 22.8.2016, S. 22 ff. (Rn. 54 ff.). 329 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 11: „Hybrid mismatch arrangements exploit differences in the tax treatment of an entity or instrument under the laws of two or more tax jurisdictions“. Zum Begriff auch Schönfeld, in: Lüdicke, BEPS – Herausforderungen, S. 118 f.
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innerstaatlichen Steuerrecht der betroffenen Staaten.330 Dementsprechend ist es häufig schwierig, den Staat, dem Steueraufkommen entgeht, auszumachen.331 Im Mittelpunkt stehen der doppelte (mehrfache) Abzug, die doppelte Nichtbesteuerung und die Anrechnung ausländischer Steuer in mehreren Staaten.332 Der Bericht aus 2012 benannte zunächst die verschiedenen Möglichkeiten des Umgangs mit sog. hybrid mismatch arrangements,333 beschrieb dann die vorhandenen Vorschriften einzelner Staaten zu sog. hybrid mismatch arrangements sowie die Erfahrung im Umgang damit334 und empfahl u. a., die Einführung oder Überarbeitung spezieller und gezielter Regelungen im Bereich der sog. hybrid mismatch arrangements zu erwägen.335 Von den sechs Regeln („rules“) der Empfehlungen des Abschlussberichts aus dem Oktober 2015 zum innerstaatlichen Recht („recommendations for domestic law“) betreffen zwei (direkt) den Fall des doppelten Betriebsausgabenabzugs („double deduction“). Dies sind die Regel für abzugsfähige hybride Zahlungen („deductible hybrid payments rule“) und die Regel für doppelt ansässige Steuerpflichtige („dual-resident payer rule“).336 Außerdem berührt (indirekt) auch die Regel für importierte Besteuerungsinkongruenzen („imported mismatch rule“) die Fälle des doppelten Betriebsausgabenabzugs; sie ist auf diese Fälle aber nicht beschränkt und knüpft mit dem Merkmal des hybriden Betriebsausgabenabzugs („hybrid deduction“) auch an die den anderen Regeln zugrunde liegenden Vorgänge an (Empfehlung 8.2), weshalb sie in dieser Arbeit nicht weiter behandelt wird.337 Während die „deductible hybrid payments rule“ eine vorrangige Maßnahme („recommended response“) ohne Einschränkung des Anwendungsbereichs und eine Abwehrregel („defensive rule“), 330 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 25. Es wird dort allerdings ein Vorbehalt gemacht („arguably“). 331 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 11 (Rn. 23); Russo, BFIT 2013, S. 110 (111). 332 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 7 (Rn. 11); OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 11; Brunsbach/Freiling, FS Endres, S. 61 (62 ff.); Russo, BFIT 2013, S. 110 (110). 333 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 13 f. (Rn. 29 ff.); Russo, BFIT 2013, S. 110 (111). 334 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 15 ff. (Rn. 36 ff.), S. 23 f. (Rn. 63 ff.). 335 OECD, Hybrid Mismatch Arrangements: Tax Policy and Compliance Issues, 2012, S. 25; Russo, BFIT 2013, S. 110 (111). 336 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 67 (zur Empfehlung 6), 77 (zur Empfehlung 7). 337 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 83 (zur Empfehlung 8). Spezifisch zum Aspekt des doppelten Betriebsausgabenabzugs wird auf die Rn. 234, 243 und 266 f. verwiesen.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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die nur auf demselben Konzern („same control group“) angehörige Beteiligte oder im Fall einer strukturierten Gestaltung („structured arrangement“) unter Beteiligung des Steuerpflichtigen Anwendung findet (Empfehlung 6.4), enthält, ist der Anwendungsbereich der „dual-resident payer rule“ uneingeschränkt (Empfehlung 7.4). Der Diskussionsentwurf vom 22.8.2016 geht von einer Anwendbarkeit der „deductible hybrid payments rule“ in den Fällen der Berücksichtigung derselben Aufwendung im Ansässigkeits- und im Betriebsstättenstaat aus.338 Die „dual-resident payer rule“ findet auf abzugsfähige Zahlungen eines doppelt ansässigen Steuerpflichtigen („dual resident“) Anwendung (Empfehlung 7.2); die „deductible hybrid payments rule“ findet auf abzugsfähige Zahlungen eines hybriden Zahlungsleisters („hybrid payer“) Anwendung (Empfehlung 6.2): Eine Person gilt als hybrider Zahlungsleister im Hinblick auf im Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“) abzugsfähige Zahlungen, wenn der Zahlungsleister keine im Staat des Zahlungsleisters ansässige Person ist und die Zahlung bei diesem Zahlungsleister oder einer nahestehenden Person („related person“) im Ansässigkeitsstaat des Zahlungsleisters („parent jurisdiction“, „Staat der Muttergesellschaft“) einen weiteren Abzug („duplicate deduction“) auslöst (Empfehlung 6.2[a]) oder wenn der Zahlungsleister in dieser Rechtsordnung ansässig ist und die Zahlung bei einem am Zahlungsleister Beteiligten („investor in that payer“) oder einer nahestehenden Person („related person“) in dessen Ansässigkeitsstaat („parent jurisdiction“, „Staat der Muttergesellschaft“) zu einem weiteren Abzug („duplicate deduction“) führt (Empfehlung 6.2[b]). Die Empfehlung 6.2(a) erfordert keine unterschiedliche Beurteilung der zahlenden Person („person making the payment“) als steuerlich transparent oder intransparent („opaque“) und findet auch auf ausländische Betriebsstätten bei übereinstimmend transparenter Behandlung des Zahlungsleisters („payer“) Anwendung.339 Daraus folgt meines Erachtens, dass die Empfehlung auch auf übereinstimmend transparent behandelte (Personen-)Gesellschaften Anwendung findet. Es fällt auf, dass die „deductible hybrid payments rule“ nicht auf Fälle unterschiedlicher Beurteilung der Steuerrechtssubjektivität (Transparenz, Intransparenz) beschränkt ist, sondern etwa auch bei übereinstimmender Beurteilung als unbeschränkt steuerpflichtig in dem einen und als beschränkt steuerpflichtig in dem anderen Staat Anwendung findet. Die Empfehlung 6.2(b) betrifft den Fall 338 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 2, Branch Mismatch Structures, v. 22.8.2016, S. 22 ff. (Rn. 54 ff.). 339 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 74 (Rn. 209). Die Anwendung auf Betriebsstätten ist Gegenstand des im Bericht auf S. 317 ff. behandelten Beispiels 6.2. Schon in ihrem Bericht Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011 nennt die OECD u. a. doppelt ansässige Gesellschaften und Betriebsstättenaktivitäten als Beispiele für „hybrid mismatch arrangements“ (S. 57 f.).
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Teil 1: Verlustverrechnung
der Behandlung des Zahlungsleisters („payer“) als steuerlich transparent auf Ebene eines Beteiligten („by one of its investors“).340 Nach der „deductible hybrid payments rule“ ist der nochmalige Abzug („duplicate deduction“) vorrangig im Staat der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“) zu versagen (Empfehlung 6.1[a]), subsidiär ist der Abzug („deduction“) im Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“) zu versagen (Empfehlung 6.1[b]). Auffällig ist, dass die „Zahlung“ („payment“ 341) und damit die einzelne Erwerbsaufwendung (Kapitel 1, unter I.1., S. 35), nicht hingegen die Einkünfte, betrachtet wird. Damit findet die Empfehlung auch auf solche Aufwendungen Anwendung, denen anderweitige Einnahmen gegenüber stehen und die daher zu keinem Verlust führen. Im ersten Fall (outbound, Empfehlung 6.1[a]) steht die Berücksichtigung ausländischer Aufwendungen im Inland (Import), im zweiten Fall (inbound, Empfehlung 6.1[b]) die Berücksichtigung inländischer Aufwendungen im Ausland (Export) im Raum (zu den Begriffen des Verlustimports und -exports Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38). Nach der „dual-resident payer rule“ verweigert jeder Ansässigkeitsstaat („Each resident jurisdiction“) gleichermaßen den Abzug (Empfehlung 7.1[a]). Auch im Rahmen dieses Vorschlags wird der Begriff der Zahlung („payment“ 342) weit verstanden und meint Erwerbsaufwendungen. Die OECD überlässt es im Rahmen der Empfehlungen 6 und 7 den Staaten, auch andere doppelte Abzüge ohne unmittelbaren Zahlungsabfluss (Abschreibungen) zu erfassen.343 Sowohl die „deductible hybrid payments rule“ als auch die „dual-resident payer rule“ sind auf solche Zahlungen („payment“) beschränkt, die eine hybride Besteuerungsinkongruenz („hybrid mismatch“) zur Folge haben (Empfehlung 6.3, Empfehlung 7.3). Eine solche Inkongruenz liegt danach nur bei Verrechnung 340 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 74 (Rn. 210). Vgl. namentlich Beispiel 6.5 des Berichts (S. 332 ff.). 341 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 123, 130 (Definition). Für Zwecke der „deductible hybrid payments rule“ werden „deductible payments“ als „a taxpayer’s curent expenditures such as service payments, rents, royalties, interest and other amounts“ (S. 69 [Rn. 188]) beschrieben. 342 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 78 f. (Rn. 222). 343 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 70 (Rn. 192 [Empfehlung 6]), 79 (Rn. 224 [Empfehlung 7]). Nach Erwägungsgrund 21 der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates v. 29.5.2017 (ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff.) sollte „(d)ie Definition des Begriffs ,hybride Gestaltung‘ . . . auch doppelte Abzüge erfassen, ungeachtet dessen, ob sie sich infolge von Zahlungen, von Aufwendungen, die nach innerstaatlichem Recht nicht als Zahlungen behandelt werden, oder von Abschreibungsverlusten ergeben.“
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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des Betriebsausgabenabzugs für die Zahlung („deduction for the payment“) nach den Rechtsvorschriften des Staats des Zahlungsleisters („under the laws of the payer jurisdiction“, Empfehlung 6.3) bzw. nach den Rechtsvorschriften des anderen Staats („under the laws of the other jurisdiction“, Empfehlung 7.3) mit sog. non-dual inclusion income vor. Im Umkehrschluss entsteht keine Inkongruenz im Umfang der Verrechnung mit in beiden Staaten berücksichtigten Einnahmen („dual inclusion income“, Empfehlung 6.1[c], Empfehlung 7.1[b]). Ziel der in der Einleitung (unter I., S. 22) geschilderten Gestaltungen war es, die in der doppelt ansässigen Gesellschaft entstandenen (Zins-)Aufwendungen in beiden Staaten jeweils mit sog. non-dual inclusion income zu verrechnen, mithin ein „hybrid mismatch“ hervorzurufen. Entstammen einer Quelle in beiden Staaten zu berücksichtigende Einnahmen („dual inclusion income“), einer anderen Quelle in beiden Staaten zu berücksichtigende Aufwendungen, dann sollten die Einnahmen und die Aufwendungen grundsätzlich statt einer Einzelbetrachtung jeder Quelle im Sinne einer Gesamtbetrachtung in beiden Staaten miteinander verrechnet werden können.344 Die die doppelt berücksichtigten Einnahmen übersteigenden Abzüge („excess deduction“, „überschießende Betriebsausgaben“) können von doppelt berücksichtigten Einnahmen („dual inclusion income“) anderer Zeiträume abgezogen werden (Empfehlung 6.1[d] Satz 1, Empfehlung 7.1[c] Satz 1).345 Diese Beschränkung der Verrechnung auf das „dual inclusion income“ anderer Zeiträume zu Lasten einer freien Verrechenbarkeit auch mit „non-dual inclusion income“ gibt den Empfehlungen der OECD meines Erachtens den Charakter einer Verrechnungsbeschränkung, wie sie im Hinblick auf die Wirkung auf ähnliche Weise im deutschen Steuerrecht in § 2a EStG und im US-amerikanischen Steuerrecht in den „dual consolidated loss“ Vorschriften (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79) enthalten ist. Der die doppelt berücksichtigten Einnahmen übersteigende Teil („excess deduction“) kann zur Vermeidung nicht ausgeglichener Verluste („stranded losses“) mit „non-dual inclusion income“ verrechnet werden, wenn eine Verrechnung in dem jeweils anderen Staat mit „non-dual inclusion income“ nicht möglich ist (Empfehlung 6.1[d] Satz 2, Empfehlung 7.1[c] Satz 2).346
344 Zu dieser Erkenntnis gelangt man bei Betrachtung der Beispiele der OECD. Im Beispiel 6.1 (OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 310 ff.) erzielt die hybride B Co 1 einerseits Einnahmen (sog. dual inclusion income), andererseits Zinsaufwendungen und nimmt steuerwirksame Abschreibungen vor. Mutmaßlich stammen diese Zu- und Abflüsse aus verschiedenen Quellen. 345 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 69 (Rn. 185), 72 f. (Rn. 201), 78 (Rn. 219), 80 (Rn. 228). 346 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 69 (Rn. 185), 73 (Rn. 202), 78 (Rn. 219), 80 (Rn. 229).
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Teil 1: Verlustverrechnung
b) Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 Schon der Richtlinienvorschlag vom 28.1.2016347 und die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.7.2016348 enthielten mit Art. 10 bzw. Art. 9 einen mit „Hybride Gestaltungen“ überschriebenen Artikel. Unterschied der Vorschlag vom 28.1.2016 noch zwischen „hybride(n) Unternehmen“ auf der einen und „hybride(n) Instrumenten“ auf der anderen Seite,349 bezog sich Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 auf „hybride Gestaltung(en)“ mit dem Ergebnis eines „doppelten Abzug(s)“, Art. 9 Abs. 2 auf „hybride Gestaltung(en)“ mit dem Ergebnis eines „Abzug(s) bei gleichzeitiger Nichtbesteuerung“. Nachdem im Anschluss an den Richtlinienvorschlag vom 25.10.2016350 am 21.2.2017 eine politische Einigung351 über die Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 gefunden wurde, erfolgte am 29.5.2017 die formale (einstimmige) Annahme im Ministerrat und am 7.6.2017 die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Diese Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29.5.2017352 sieht eine Neufassung des Art. 9 („Hybride Gestaltungen“) sowie zwei neue Art. 9a („Umgekehrt hybride Gestaltungen“) und 9b („Inkongruenzen bei der Steueransässigkeit“) vor. Davon behandeln namentlich Art. 9 Abs. 1 und Abs. 3 sowie Art. 9b den doppelten Abzug. Auch die weiteren Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission vom 25.10.2016 betreffend die Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage enthalten Artikel zu hybriden Gestaltungen.353 Art. 2 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 definierte die „hybride Gestaltung“ als „eine Situation zwischen einem Steuerpflichtigen in einem Mitglied347 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, COM(2016) 26 final, 2016/0011 (CNS). 348 ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. 349 Benz/Böhmer, DB 2016, S. 307 (311); Lüdicke/Oppel, BB 2016, S. 351 (354); Niedling/Rautenstrauch, BB 2016, S. 1303 (1304). 350 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/ 1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, COM(2016) 687 final, 2016/ 0339 (CNS), SWD(2016) 345 final. Zu diesem Vorschlag und seiner Weiterentwicklung während der slowakischen EU-Ratspräsidentschaft 2016 Balco, ET 2017, S. 127 ff. 351 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/ 1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, 6595/17, FISC 54, ECOFIN 143. Dazu z. B. Grotherr, IWB 2017, S. 289 ff.; Kahlenberg/Oppel, IStR 2017, S. 205 ff.; dies., NWB 2017, S. 1732 ff. 352 ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff. 353 Art. 61 und 61a des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, COM(2016) 685 final, 2016/0337 (CNS), SWD(2016) 341, SWD(2016) 342; Art. 74 des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), COM(2016) 683 final, 2016/0336 (CNS), SWD(2016) 341 final, SWD (2016) 342 final.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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staat und einem verbundenen Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat oder eine strukturierte Vereinbarung zwischen Parteien in Mitgliedstaaten, in der Unterschiede bei der rechtlichen Einordnung eines Finanzinstruments oder Unternehmens“ zum „doppelte(n) Abzug“ oder „Abzug bei gleichzeitiger Nichtbesteuerung“ führen. Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2017/952 enthält eine Neufassung dieses Art. 2 Abs. 9, wobei Art. 2 Abs. 9 Buchst. g i. d. F. dieser Änderungsrichtlinie (EU) 2017/952 klarstellt, dass eine „hybride Gestaltung“ auch eine Situation mit dem Ergebnis eines doppelten Abzugs ist. Der Begriff „doppelter Abzug“ („double deduction“) wird in Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 mit Blick auf diesen Art. 2 Abs. 9 und die Art. 9, 9a und 9b definiert als ein „Abzug derselben Zahlung, derselben Aufwendungen oder derselben Verluste in dem Steuergebiet, aus dem die Zahlung stammt bzw. in dem die Aufwendungen oder die Verluste anfallen (Steuergebiet des Zahlenden), und in einem anderen Steuergebiet (Steuergebiet des Investors). Im Falle einer Zahlung eines hybriden Unternehmens oder einer Betriebsstätte ist das Steuergebiet des Zahlenden das Steuergebiet, in dem das hybride Unternehmen seinen Sitz hat bzw. die Betriebsstätte niedergelassen oder belegen ist“ (Buchst. b). Im Gegensatz zu Art. 2 Abs. 9 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2016/1164 betreffend den „Abzug bei gleichzeitiger Nichtbesteuerung“, der einzig auf die „Zahlung“ abstellte, sprach auch Art. 2 Abs. 9 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2016/1164 („doppelter Abzug“) bereits von „Zahlungen, Aufwendungen oder Verluste(n)“. Mit Blick auf die in Kapitel 1 (unter I.1., S. 35 und I.3., S. 37) für das innerstaatliche Steuerrecht entwickelte Terminologie sind damit sowohl Erwerbsaufwendungen als auch Verluste erfasst. Daneben finden sich in Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 weitere Begriffsbestimmungen, z. B. „Inkongruenz“ („mismatch outcome“), „Abzug“ („deduction“) oder „Einkünfte, die steuerlich doppelt berücksichtigt werden“ („dual inclusion income“). Schon Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 enthält eine Definition des Begriffs „verbundenes Unternehmen“ („associated enterprise“), der Begriff „strukturierte Vereinbarung“ („structured arrangement“) wurde bislang nicht definiert.354 Art. 1 Nr. 2 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2017/952 sieht einen neuen Art. 2 Abs. 11 mit einer Definition des Begriffs „strukturierte Gestaltung“ („structured arrangement“) vor; auch der letzte Unterabsatz des Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 („verbundenes Unternehmen“, „associated enterprise“) erhält nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2017/952 eine Neufassung mit Spezifizierungen im Hinblick auf die – durch die Richtlinie (EU) 2017/952 neugefassten bzw. neu eingefügten – Art. 9 und 9a.
354 Allgemein den Rückgriff auf die Vorarbeiten der OECD zu BEPS Action 2 zum Zweck der Auslegung der Richtlinienvorgaben für „unerlässlich“ haltend Nielsen, SWI 2017, S. 104 (106, 113). Vgl. auch den Erwägungsgrund 28 der Richtlinie (EU) 2017/ 952 des Rates v. 29.5.2017, ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff.
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Teil 1: Verlustverrechnung
Art. 10 des Richtlinienvorschlags vom 28.1.2016 enthielt eine Qualifikationsverkettung, wonach die Behandlung im Mitgliedstaat der Zahlung, Aufwendungen oder Verluste vom anderen Mitgliedstaat zu übernehmen war;355 die Richtlinie (EU) 2016/1164 verknüpfte dagegen die steuerliche Behandlung eines Vorgangs in den Mitgliedstaaten i. S. d. Empfehlungen der OECD (dazu Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87). Dieses Konzept der Verknüpfung („Korrespondenz“) wird in Art. 9 Abs. 1 und Abs. 3 sowie Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 beibehalten. Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 war der Abzug nur im Quellenstaat möglich, was im Rahmen der „deductible hybrid payments rule“ der vorrangigen Versagung des nochmaligen Abzugs in der „parent jurisdiction“ (Empfehlung 6.1[a]) entspricht. Eine nachrangige Berücksichtigung nur im Ansässigkeitsstaat durch Versagung der Berücksichtigung im Quellenstaat (Empfehlung 6.1[b]) war hierin nicht vorgesehen, allerdings waren die EU-Mitgliedstaaten im Verhältnis zueinander sämtlich zur Umsetzung und Anwendung von Art. 9 Abs. 1 (und damit der vorrangigen Berücksichtigung im Quellenstaat) verpflichtet.356 Demgegenüber sieht Art. 9 Abs. 1 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 vorrangig die Verweigerung des Abzugs „in dem Mitgliedstaat, der das Steuergebiet des Investors ist,“ („investor jurisdiction“) und nachrangig die Verweigerung „in dem Mitgliedstaat, der das Steuergebiet des Zahlenden ist,“ („payer jurisdiction“) vor. Art. 9 Abs. 3 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 ordnet die Verweigerung des Abzugs an, soweit die „Zahlung direkt oder indirekt in abzugsfähige Aufwendungen fließt, die zu einer hybriden Gestaltung durch eine Transaktion oder eine Reihe von Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen oder als Teil einer strukturierten Gestaltung führen“.357 Diese Verweigerung des Abzugs ist nachrangig gegenüber der Verweigerung in den anderen beteiligten Staaten („es sei denn“).358 Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 betrifft in mehr 355 Benz/Böhmer, DB 2016, S. 307 (311); Lüdicke/Oppel, BB 2016, S. 351 (354). Daher kann dieselbe Mitunternehmerschaft im Verhältnis zu einigen Mitgliedstaaten als transparent, im Verhältnis zu anderen als intransparent zu behandeln sein (Lüdicke/ Oppel, BB 2016, S. 351 [354]). 356 Vgl. Balco, ET 2017, S. 127 (127). 357 Vgl. die Erläuterungen zu „Eingeführte(n) Inkongruenzen“ („Imported mismatches“) im ursprünglichen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern v. 25.10. 2016, COM(2016) 687 final, 2016/0339 (CNS), SWD(2016) 345 final, S. 12 f. Mit Art. 9 Abs. 4 und Abs. 5 sah dieser Vorschlag v. 25.10.2016 noch separate Regelungen für doppelte Abzüge und Abzüge bei gleichzeitiger steuerlicher Nichtberücksichtigung vor. Art. 9 Abs. 3 i. d. F. der Einigung v. 21.2.2017 erfasste sodann schon beide Fälle (vgl. dazu Grotherr, IWB 2017, S. 289 [294 ff.]; Kahlenberg/Oppel, IStR 2017, S. 205 [211 ff.]). 358 Kahlenberg/Oppel, NWB 2017, S. 1732 (1738) führen zu ihrem Beispiel 6 aus, dass das Abzugsverbot nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 damit nur in Situationen zur Anwendung kommen wird, in denen abgesehen vom Zahlenden alle anderen Beteiligten nicht in EUMitgliedstaaten ansässig sind. Denn anderenfalls würde der hybriden Gestaltung auf
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als einem Steuergebiet ansässige Steuerpflichtige; Satz 2 statuiert für das Verhältnis zweier Mitgliedstaaten zueinander eine Verpflichtung zur Verweigerung des Abzugs im Quellenstaat, wenn der andere Mitgliedstaat nach einem DBA Ansässigkeitsstaat ist. Nach dem (im Vergleich zum Richtlinienvorschlag vom 28.1.2016 unveränderten) Art. 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 gilt diese „für alle Steuerpflichtigen, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten körperschaftsteuerpflichtig sind, einschließlich der in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten von Unternehmen, die steuerlich in einem Drittland ansässig sind.“ Damit erfasst die Richtlinie (EU) 2016/1164 transparent besteuerte Personengesellschaften nicht, deren körperschaftsteuerpflichtige Gesellschafter aber schon.359 Unter Hinweis auf den Erwägungsgrund 4 des Richtlinienvorschlags vom 28.1.2016 wurde dessen Art. 1 dahingehend verstanden, dass auch die EU-Betriebsstätten von in anderen EU-Mitgliedstaaten (d.h. nicht nur von in Drittländern ansässigen Unternehmen) körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen erfasst sind.360 Schon die in Art. 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 enthaltene Bezugnahme auf in mehreren Mitgliedstaaten Körperschaftsteuerpflichtige ließ für sich betrachtet eine Auslegung zu, wonach auch in mehr als einem EU-Mitgliedstaat unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtige (Ansässige) erfasst sind. Andererseits ließ sich die Definition in Art. 2 Abs. 9 („zwischen einem Steuerpflichtigen in einem Mitgliedstaat und einem verbundenen Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat oder . . . zwischen Parteien in Mitgliedstaaten“) restriktiv als unanwendbar in Fällen der Doppelansässigkeit verstehen, wenn der unbestimmte Artikel („einem“) als Zahlwort verstanden wurde.361 Für Fälle der Ansässigkeit in mehr als einem Staat sieht Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 nunmehr eine spezielle Regelung vor. Durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2017/952 wurde Art. 1 neugefasst, wobei der Wortlaut des ursprünglichen Art. 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 in Art. 1 Abs. 1 übernommen und in Art. 1 Abs. 2 eine Aussage zum Anwendungsbereich der Richtlinie im Hinblick auf umgekehrt hybride Gestaltungen aufgenommen wurde. Auch verlangte die Definition in Art. 2 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 eine Ursächlichkeit „der Unterschiede bei der rechtlichen Einordnung eines Ebene dieser anderen Beteiligten bereits durch die zur Umsetzung von Art. 9 Abs. 1 ergangene Regelung begegnet. 359 Benz/Böhmer, DB 2016, S. 307 (308); mit zusätzlichem Hinweis auf Einzelunternehmen Haug, DStZ 2016, S. 446 (448 f.); Lüdicke/Oppel, DB 2016, S. 549 (549). 360 Haug, DStZ 2016, S. 446 (448). Der Erwägungsgrund 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 formuliert in seinem (nicht wort-, aber inhaltsgleichen) Satz 3: „Die Vorschriften sollten auch für Betriebsstätten derjenigen steuerpflichtigen Unternehmen gelten, die möglicherweise in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten belegen sind.“ 361 Zu der vergleichbaren, im Schrifttum zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. geführten Diskussion im Hinblick auf das Merkmal „in einem ausländischen Staat“ Kapitel 4, unter II. (S. 204).
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Finanzinstruments oder Unternehmens“. Nicht nur die Steuersubjektivität (Transparenz, Intransparenz), sondern auch der Umfang der Steuerpflicht (unbeschränkt, beschränkt) kann unterschiedlich beurteilt werden, sodass bereits hiernach eine Erfassung solcher Körperschaftsteuersubjekte denkbar war, die in einem anderen Mitgliedstaat mit einer Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig sind. Die Definition des Begriffs „doppelter Abzug“ in Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 erfasst ausdrücklich auch von Betriebsstätten erbrachte Zahlungen. Diese sind damit von Art. 9 Abs. 1 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/ 952 erfasst.362 Ausdrücklich unterschied Art. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 auch nicht zwischen der Verrechnung mit „non-dual inclusion income“ oder „dual inclusion income“ (vgl. Empfehlung 6.1[c], 6.3; Empfehlung 7.1[b], 7.3). Demgegenüber hält Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 fest, dass für Zwecke dieses Art. 2 Abs. 9 „eine hybride Gestaltung gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe . . . g nur insoweit (entsteht), als es im Steuergebiet des Zahlenden gestattet ist, den Abzug mit einem Betrag zu verrechnen, der steuerlich nicht doppelt berücksichtigt wird“ (unter b). Auch Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 spricht von „Einkünften . . ., die steuerlich nicht doppelt berücksichtigt werden.“ Das steuerliche Schicksal der erfassten „Zahlung“ wurde in der Richtlinie (EU) 2016/1164 nicht geregelt (vgl. Empfehlung 6.1[d], Empfehlung 7.1[c]). Andererseits sieht Art. 9 Abs. 1 S. 2 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 vor, dass ein Abzug „jedoch für eine Verrechnung mit Einkünften, die steuerlich doppelt berücksichtigt werden, infrage (kommt), unabhängig davon, ob diese in einem laufenden oder einem späteren Steuerzeitraum anfallen.“ Während die Richtlinie (EU) 2016/1164 also mit Blick auf die Empfehlungen 6 und 7 der OECD in vielfacher Hinsicht Defizite aufweist, nimmt sich die Änderungsrichtlinie (EU) 2017/952 diesen Defiziten an. Viele Aspekte (z. B. die Maßgeblichkeit der Verrechnung mit „non-dual inclusion income“) hätten bereits in der Richtlinie (EU) 2016/1164 berücksichtigt werden können und waren nicht durch die bewusste Außerachtlassung von Betriebsstätten- und Drittstaatenaspekten363 bedingt. Andererseits sollte die Ausarbeitung eines umfassenden Regelwerks zur Bekämpfung hybrider Gestaltungen – als Bestandteil der Richtlinie (EU) 2016/1164 – nicht den formalen Abschluss der im Übrigen erzielten (und außerordentlich rasanten) Einigung verzögern.364
362 Vgl. Grotherr, IWB 2017, S. 289 (292) sowie Erwägungsgrund 15 der Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates v. 29.5.2017, ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff.: „Es muss gegen vier Kategorien von hybriden Gestaltungen vorgegangen werden: . . . und schließlich doppelte Abzüge infolge von Zahlungen eines hybriden Unternehmens oder einer Betriebsstätte.“ 363 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016, ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. 364 Balco, ET 2017, S. 127 (127).
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c) Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) Auch die Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) befasste sich mit sog. hybriden Gestaltungen. Die Ausarbeitungen befassen sich mit hybriden Gesellschaften auf der einen und mit hybriden Betriebsstätten auf der anderen Seite und umfassen jeweils Richtlinien („guidance“), zusätzliche Erläuterungen („explanatory notes“) und Beispiele. Mit Blick auf Situationen unter Beteiligung von zwei EU-Mitgliedstaaten wird zur Verhinderung doppelter Abzüge („double deduction“) vorgeschlagen, dass die beteiligten Mitgliedstaaten die hybride Gesellschaft einheitlich als steuerlich nicht transparent und die wirtschaftliche Aktivität einheitlich als nicht durch eine Betriebsstätte durchgeführt behandeln.365 Im Verhältnis zu Drittstaaten wird dagegen die steuerliche Behandlung durch den Drittstaat für maßgeblich erklärt: Zur Verhinderung des doppelten Abzugs („double deduction“) ist eine von einem Drittstaat als steuerlich intransparent behandelte hybride Gesellschaft durch den Mitgliedstaat genauso als intransparent, ist eine von einem Drittstaat als nicht durch eine Betriebsstätte durchgeführt angesehene Tätigkeit durch den Mitgliedstaat genauso als nicht durch eine Betriebsstätte durchgeführt zu behandeln.366 Grundlegend ist die Definition des doppelten Abzugs („double deduction“) für Zwecke dieser Vorschläge: Im Hinblick auf hybride Gesellschaften ergibt sich (vereinfacht) ein solcher nur in dem Fall, dass die gleiche Zahlung („same payment, expense or loss“) in beiden Staaten mit nicht in der gleichen Gesellschaft angefallenen Einnahmen („income“) verrechnet wird.367 Andererseits liegt ein doppelter Abzug („double deduction“) im Hinblick auf hybride Betriebsstätten (vereinfacht) nur vor, wenn die gleiche Zahlung („same payment, expense or loss“) in beiden Staaten mit nicht der Betriebsstätte zuzuordnenden Einnahmen („income“) verrechnet wird.368
365 Zu hybriden Gesellschaften Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 11.12.2014, 16553/1/14, REV 1, LIMITE, FISC 225, ECOFIN 1166, Annex 2, S. 9 (unter 2.1.); zu hybriden Betriebsstätten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 11.6.2015, 9620/15, LIMITE, FISC 60, ECOFIN 443, Annex 1, S. 7 (unter 2.2.). 366 Zu hybriden Gesellschaften Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 23.11.2015, 14302/15, LIMITE, FISC 159, ECOFIN 883, Annex 1, S. 6 (unter 2.1.1.); zu hybriden Betriebsstätten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 13.6.2016, 9912/16, FISC 97, ECOFIN 558, Annex I, S. 14 (unter 2.2.1.). Umfassender zur Richtlinie v. 13.6.2016 Gil García, ET 2017, S. 94 ff. 367 Im Verhältnis zwischen EU-Mitgliedstaaten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 11.12.2014, 16553/1/14, REV 1, LIMITE, FISC 225, ECOFIN 1166, Annex 2, S. 9 (unter 1.4.); im Verhältnis zu Drittstaaten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 23.11.2015, 14302/15, LIMITE, FISC 159, ECOFIN 883, Annex 1, S. 6 (unter 1.4.). 368 Im Verhältnis zwischen EU-Mitgliedstaaten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 11.6.2015, 9620/15, LIMITE, FISC 60, ECOFIN 443, Annex 1, S. 6 (unter 1.4.); im Verhältnis zu Drittstaaten Code of Conduct Group (Business Taxation), v. 13.6.2016, 9912/16, FISC 97, ECOFIN 558, Annex I, S. 13 (unter 1.4.). In dieser Hinsicht zur Richtlinie v. 13.6.2016 auch Gil García, ET 2017, S. 94 (96).
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5. Ergebnis Ergebnis dieses Abschnitts ist einerseits, dass international in der doppelten Berücksichtigung von Aufwendungen oder negativen Einkünften nicht per se steuerpolitische Bedenken gesehen werden. So erkennen die Empfehlungen 6 und 7 des Abschlussberichts der OECD zu BEPS Action 2, Bestandteil der von den Staatsund Regierungschefs der G20 bekräftigten BEPS Vorschläge,369 Bedenken dieser Art in der doppelten Verrechnung („double deduction“) jeweils mit sog. non-dual inclusion income („will give rise to tax policy concerns“).370 Ähnlich stellen auch alle unter I.2. (S. 76) vorgestellten Normen auf nur in einer anderen Steuerrechtsordnung steuerpflichtige Einkünfte („non-dual inclusion income“) ab. Zur Verhinderung nirgends berücksichtigter Verluste („stranded losses“) sehen die Empfehlungen 6 und 7 außerdem eine Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income vor. Ganz unterschiedlich können die vorgestellten Vorschriften Österreichs, der USA und des Vereinigten Königreichs die Berücksichtigung ermöglichen, wenn es im Ausland an sog. non-dual inclusion income fehlt; Bemühungen zur Verhinderung nirgends berücksichtigter Verluste stellen auch die unter I.3.a) (S. 83) und I.3.b) (S. 85) erörterten Vereinbarungen dar. Die Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. (unter I.3.c), S. 86) steht dazu in eindeutigem Widerspruch. Im Ergebnis ist verhinderungswürdige Steuerarbitrage durch doppelten Abzug daher in der Verrechnung mit jeweils nur in einer Steuerrechtsordnung steuerpflichtigen Einnahmen/Gewinnen zu erkennen und außerdem der Berücksichtigung(-sfähigkeit) der Aufwendungen/Verluste Beachtung zu schenken. Andererseits wurde herausgearbeitet, dass die unter I.2. (S. 76) behandelten Regelungen vorrangig das Steueraufkommen des jeweiligen Staats schützen. Charakteristisch für grenzüberschreitende Steuerarbitrage und für „hybrid mismatch arrangements“ ist, dass sich erst unter Berücksichtigung der (günstigen) Behandlung im Ausland die Verweigerung einer (günstigen) Behandlung im Inland begründen lässt. Die Vorschläge zu „hybrid mismatch arrangements“ schützen aber nicht vorrangig das „eigene“ Steueraufkommen, geben dessen Verteilung vielmehr im Sinne eines quid pro quo „automatisch“ vor.371 Im Ausgangspunkt 369 G20 Leaders’ Communiqué, Antalya Summit, 15–16 November 2015, Rn. 15: „To reach a globally fair and modern international tax system, we endorse the package of measures developed under the ambitious G20/OECD Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) project.“ Genauso Communiqué, G20 Finance Ministers and Central Bank Governors Meeting, Baden-Baden, Germany, 17–18 March 2017, Rn. 9: „We will continue our work for a globally fair and modern international tax system. We remain committed to a timely, consistent and widespread implementation of the Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) package“. 370 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 68 (Rn. 181), S. 77 (Rn. 216), wo jeweils auch das Zitat zu finden ist. Vgl. zur „disregarded hybrid payments rule“ (Empfehlung 3) S. 50 (Rn. 115). 371 Vgl. Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (509).
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besteht Unsicherheit, ob ein Gleichgewicht zwischen dem abgegebenen und dem zugestandenen Steueraufkommen bestehen wird. Pragmatisch betrachtet verlangen die Vorschläge der OECD und die Richtlinienvorgaben der EU also ein Umdenken.
II. Szenarien doppelter Verlustberücksichtigung bei Organschaft Indem § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf die Berücksichtigung negativer Einkünfte „in einem ausländischen Staat“ abstellt, verlangt die Vorschrift einen grenzüberschreitenden Kontext. Dieser soll anhand beispielhafter Konstellationen, die zu doppelter Verlustberücksichtigung im weitesten Sinn führen können, abgesteckt werden. Die Konstellationen sind nach der persönlichen Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft geordnet: Unter II.1. (S. 99) und II.3. (S. 118) sind diese nur in Deutschland bzw. in Deutschland und einem weiteren Staat unbeschränkt steuerpflichtig. Unter II.2. (S. 112) ist der Organträger in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig (unter II.2.a), S. 112) bzw. als Personengesellschaft aus deutscher Sicht selbst nicht steuerpflichtig (unter II.2.b), S. 114). 1. Unbeschränkte Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft nur in Deutschland Die Abschnitte II.1.a) (S. 99) und II.1.b) (S. 103) handeln von Auslandsaktivitäten des Organträgers und/oder der Organgesellschaft. Diese Auslandsaktivitäten können aus deutscher Sicht entweder steuerrechtlich unselbständig (unter II.1.a), S. 99) oder eigenständig (unter II.1.b), S. 103) sein. In Abhängigkeit von der Beurteilung durch den Staat der Aktivität als selbständig bzw. unselbständig wird weiter unterschieden. Es handelt sich um outbound Fälle, sodass potenziell immer ein Verlustimport (Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38) im Raum steht. Dagegen handelt es sich in den unter II.1.c) (S. 105) und II.1.d) (S. 111) dargestellten Konstellationen um inbound Fälle mit der Möglichkeit des Verlustexports (Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38). Unterschieden wird weiter nach der Behandlung des Organträgers als intransparent (unter II.1.c), S. 105) oder transparent (unter II.1.d), S. 111) im Ausland. Unter II.1.e) (S. 111) wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der direkte (Mehrheits-, Minderheits-)Gesellschafter der Organgesellschaft im Ausland ansässig sein kann. a) Aus deutscher Sicht beschränkt steuerpflichtiges Auslandsengagement Der Organträger und/oder die Organgesellschaft kann im Ausland in einer Form investieren, die aus deutscher Sicht eine beschränkte Steuerpflicht des Organträgers und/oder der Organgesellschaft auslöst. Die ausländischen Einkünfte
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sind dann grundsätzlich nach dem Welteinkommensprinzip372 in Deutschland steuerpflichtig. Nimmt auch der ausländische Staat eine beschränkte Steuerpflicht an, dann ist der Organträger (die Organgesellschaft) dort mit diesen Einkünften nach dem Territorialitätsprinzip 373 beschränkt steuerpflichtig (dazu unter II.1.a)aa), S. 101 und II.1.a)bb), S. 102); erkennt der ausländische Staat in der ausländischen Tochtergesellschaft ein eigenes Steuersubjekt, wird er diese im Zweifel nach dem Welteinkommens- oder dem Territorialitätsprinzip (z. B. Frankreich) besteuern (dazu unter II.1.a)cc), S. 103). Nach innerstaatlichem Recht vermeidet Deutschland die juristische Doppelbesteuerung grundsätzlich durch Anrechnung der ausländischen Steuer (§§ 34c, 34d EStG; § 26 KStG) und ggf. durch Abzug (§ 34c Abs. 2, Abs. 3 EStG; § 26 Abs. 1 KStG).374 Daher wirken sich ausländische negative Einkünfte in der Bemessungsgrundlage der Einkommen- und der Körperschaftsteuer – im Rahmen der Schranken des § 2a EStG – aus (Kapitel 1, unter I.4., S. 39). Dies gilt auch, wenn in einem DBA die Anrechnungsmethode vereinbart ist (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Findet hingegen die DBA-Freistellungsmethode Anwendung, dann sind negative ausländische Einkünfte nach der sog. Symmetriethese grundsätzlich von der inländischen Bemessungsgrundlage auszunehmen. Im Anschluss an ihren Aktionsplan vom 17.6.2015375 veröffentlichte die Europäische Kommission am 25.10. 2016 Richtlinienvorschläge für eine (in einem ersten Schritt einzuführende) Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage376 und eine (darauf aufbauend in einem zweiten Schritt einzuführende) Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)377. Art. 42 („Verlustausgleich und Nachbesteuerung“) des Richtlinienvorschlags für eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage sieht die Möglichkeit eines Ausgleichs der in einer (freigestellten) Betriebstätte in einem anderen Mitgliedstaat
372 Bühler, Prinzipien, S. 165 f. („Universalprinzip“); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 5.53 ff., 6.8. 373 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 5.103 ff. 374 Überblicksartig zur Behandlung ausländischer Betriebsstätten, Mitunternehmerschaften und Schachtelbeteiligungen im Rahmen der Gewerbesteuer von Freeden, FS Piltz, S. 281 (286 ff.). Kritisch zur fehlenden Anrechnungsmöglichkeit Lüdicke, DBAPolitik, S. 108 f. 375 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte, COM(2015) 302 final, SWD(2015) 121 final, S. 13. Dazu Krauß, IStR 2016, S. 59 ff. 376 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, COM(2016) 685 final, 2016/0337 (CNS), SWD(2016) 341, SWD(2016) 342. 377 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), COM(2016) 683 final, 2016/0336 (CNS), SWD(2016) 341 final, SWD(2016) 342 final.
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angefallenen Verluste im Inland mit Nachversteuerung vor.378 Im Fall der Einigung auf eine solche Vorschrift und ihrer Umsetzung in Deutschland bestünde mithin die Möglichkeit zur Verlustberücksichtigung in Deutschland als Ansässigkeitsstaat trotz Anwendung der Freistellungsmethode. Ist der Organträger eine natürliche Person oder sind natürliche Personen Gesellschafter einer Organträger-Personengesellschaft, dann können sich negative Einkünfte grundsätzlich im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts auswirken (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Wirken sich negative Einkünfte in zwei Staaten bei Anwendung der Anrechnungsmethode aus, dann mag dies eine doppelte Verlustberücksichtigung i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. darstellen. Auf ähnliche Weise wird man zumindest im Ausgangspunkt zu fragen haben, ob bei Anwendung der Freistellungsmethode in der Erfassung in der Bemessungsgrundlage (Quellenstaat) und der Beachtung hinsichtlich des Steuersatzes (Ansässigkeitsstaat) ein Anwendungsfall des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu erkennen ist. Nach der im dritten Kapitel (unter III.1., S. 176) entwickelten Auffassung führt die Beachtung negativer Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nicht zur Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aa) Betriebsstätte im Ausland Das Auslandsengagement kann die Form einer Betriebsstätte annehmen (§ 12 AO, Art. 5 OECD-MA). Nach innerstaatlichem Recht wird die auf diese Einkünfte angefallene ausländische Steuer grundsätzlich angerechnet (§§ 34c Abs. 1, 34d Nr. 2 Buchst. a EStG [i.V. m. § 26 KStG]), im Fall eines DBA werden die ausländischen Einkünfte freigestellt oder es wird die ausländische Steuer angerechnet. Auf vergleichbare Betätigungsformen (z. B. ein Grundstück) wird nicht eingegangen. Die ausländische Betriebsstätte des Organträgers und/oder der Organgesellschaft, in der negative Einkünfte erzielt werden, kann in eine ausländische Gruppenbesteuerung einbezogen sein. Je nach Ausgestaltung der ausländischen Gruppenbesteuerung mag sie die Funktion eines Gruppenträgers (ähnlich § 18 bzw. § 7a Abs. 6 KStG a. F.) oder eines Gruppenmitglieds einnehmen. Somit können für Zwecke der ausländischen Besteuerung die in der Betriebsstätte erzielten negativen Einkünfte auf andere Steuerpflichtige oder die positiven Einkünfte anderer Steuerpflichtiger auf die Betriebsstätte übertragen werden. Hierin mag eine 378 Es sei auf die vorangegangenen Erwägungen zur Berücksichtigung freigestellter Betriebsstättenverluste (mit Nachversteuerung) in der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften v. 19.12.2006, KOM(2006) 824 endgültig, SEK(2006) 1690, S. 6 verwiesen. Vgl. zum Verlustabzug mit Nachversteuerung bereits Art. 7 und 8 des Richtlinienvorschlags v. 24.1.1991, KOM(90) 595 endg., ABlEG. C 53 v. 28.2.1991, S. 30 ff. Der Vorschlag wurde zurückgezogen (ABlEU. C 5 v. 9.1.2004, S. 20). Hierzu z. B. Gouthière, Impôts, Rn. 88155.
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Teil 1: Verlustverrechnung
Berücksichtigung negativer Einkünfte in einem ausländischen Staat i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu erblicken sein. In ihrem Beispiel 6.2379 erkennt auch die OECD die Gefahr eines „hybrid mismatch“ durch Verrechnung der negativen Einkünfte im Ansässigkeits- und im Quellenstaat jeweils mit „non-dual inclusion income“. Die OECD führt die Verrechnung im Quellenstaat im Wege der Gruppenbesteuerung beispielhaft an.380 Nach der „deductible hybrid payments rule“ ist die Verlustberücksichtigung vorrangig im Ansässigkeitsstaat (des Organträgers, der Organgesellschaft) zu verweigern (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87).381 bb) Übereinstimmend transparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft Statt einer Betriebsstätte kann das Auslandsengagement auch die Form einer ausländischen Gesellschaft annehmen, die in ihrem Errichtungsstaat und in Deutschland übereinstimmend transparent besteuert, d.h. als nicht steuerpflichtig behandelt wird. Konsequenz übereinstimmend transparenter Behandlung ist die übereinstimmende Besteuerung der in der ausländischen Gesellschaft erzielten Einkünfte in den Händen des Gesellschafters bzw. der Gesellschafter,382 d.h. des Organträgers und/oder der Organgesellschaft. Ob eine ausländische Gesellschaftsform in Deutschland als steuerpflichtig (intransparent) zu behandeln ist oder nicht (transparent), entscheidet sich nach dem Rechtstypenvergleich383. Hiernach sind in einem ersten Schritt die Maßgaben des ausländischen Gesellschaftsrechts für die ausländische Gesellschaft zu bestimmen, in einem zweiten Schritt sind die ermittelten Maßgaben mit denen inländischer Gesellschaften zu vergleichen, um die ausländische Gesellschaft der steuerlichen Behandlung ihres inländischen „Pendants“ zuzuführen.384 Unterhält eine solcherart einheitlich transparent behandelte Gesellschaft eine Betriebsstätte, dann ist § 2a Abs. 1 S. 1 379 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff. 380 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 318 (Rn. 8). 381 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 318 (Rn. 9). 382 Vgl. schon Bühler, Prinzipien, S. 175 zum Gleichlauf der Betätigung in Form einer Betriebsstätte und einer (übereinstimmend transparent behandelten) Mitunternehmerschaft. 383 RFH, Urt. v. 12.2.1930, VI A 899/27, RFHE 27, S. 73 ff.; BFH, Urt. v. 20.8.2008, I R 34/08, BFHE 222, S. 521 ff.; BMF, BStBl. I 2004, S. 411 ff.; Jacobs, Unternehmensbesteuerung, S. 393 ff. (ausländische Kapitalgesellschaften), 484 ff. (ausländische Personengesellschaften); W. Wassermeyer, FS Piltz, S. 1 ff. 384 Schnittker, in: W./R./S., Personengesellschaften, Rn. 3.12 ff.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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Nr. 2 EStG zu berücksichtigen.385 Im Fall der DBA-Freistellung können sich negative Einkünfte bei natürlichen Personen im Rahmen des Steuersatzes durch den negativen Progressionsvorbehalt (und damit möglicherweise in zwei Staaten) auswirken (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). cc) In Deutschland transparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft Die ausländische Tochtergesellschaft des Organträgers und/oder der Organgesellschaft kann zwar im Inland als transparent, im Ausland aber als Steuersubjekt behandelt werden.386 Dem kann die unterschiedliche Einordnung aufgrund eines Rechtstypenvergleichs zugrunde liegen. Der Rechtsträger kann aber beispielsweise auch in beiden Staaten an sich einheitlich als nicht steuerpflichtig eingeordnet werden, im Ausland wird jedoch von einem Wahlrecht zur intransparenten Besteuerung Gebrauch gemacht.387 In der Folge sollte das Ausland den Organträger und/oder die Organgesellschaft nicht als steuerpflichtig im Hinblick auf die Einkünfte der ausländischen Tochtergesellschaft ansehen. Da Deutschland den Organträger und/oder die Organgesellschaft als steuerpflichtig im Hinblick auf die über die ausländische Tochtergesellschaft bezogenen (negativen) Einkünfte ansieht, drohen diese aus deutscher Sicht auf Ebene des Organträgers und/oder der Organgesellschaft, aus ausländischer Sicht auf Ebene der Tochtergesellschaft erfasst zu werden. Auch hierin mag ein Anwendungsfall von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. gesehen werden. Diese Tochtergesellschaft kann ihrerseits z. B. in eine ausländische Gruppenbesteuerung einbezogen werden, sodass es zur Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income kommen mag. b) Aus deutscher Sicht unbeschränkt steuerpflichtiges Auslandsengagement Das Auslandsengagement des Organträgers und/oder der Organgesellschaft kann in einer Form durchgeführt werden, die aus deutscher Sicht eigenständiges 385 BFH, Urt. v. 17.11.1999, I R 7/99, BFHE 191, S. 18 (21); Gosch, in: Kirchhof, § 2a EStG Rn. 18. 386 Landläufig wird bei unterschiedlicher Einordnung desselben Rechtsträgers von einem sog. Qualifikationskonflikt gesprochen (ablehnend Lehner, in: V./L., DBA, Grundlagen Rn. 96g; Prokisch, in: V./L., DBA, Art. 1 Rn. 19). Zu Qualifikationskonflikten z. B. Geberth, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 9; Wassermeyer, in: W./R./S., Personengesellschaften, Kapitel 4. 387 Z. B. sehen Art. 206 Abs. 3, 239 CGI ein Wahlrecht für Personengesellschaften zur intransparenten Besteuerung („impôt sur les sociétés“) vor. Über die Gewährung von Wahlrechten hinaus können die souveränen Entscheidungen zwischen transparenter und intransparenter Besteuerung der verschiedenen Gesellschaftsformen unterschiedlich ausfallen. Vgl. hierzu Schön, GS Knobbe-Keuk, S. 139 (142 ff.), der sich abgesehen von den eindeutigen Fällen des Einzelunternehmens und der börsennotierten AG für ein Wahlrecht aller übrigen Personen- und Kapitalgesellschaften zwischen intransparenter und transparenter Besteuerung ausspricht (S. 148).
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Teil 1: Verlustverrechnung
Steuersubjekt ist. Befinden sich weder die Geschäftsleitung (§ 10 AO) noch der Sitz (§ 11 AO) im Inland, besteht keine unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Tochtergesellschaft im Inland. Sind auch die Voraussetzungen einer beschränkten Körperschaftsteuerpflicht im Inland (§§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 S. 1 KStG, § 49 EStG) nicht erfüllt, dann ist die Tochtergesellschaft (obwohl Steuersubjekt) im Inland nicht steuerpflichtig. Aufgrund des sog. Trennungsprinzips388 erstreckt sich auch die Steuerpflicht des Organträgers und/oder der Organgesellschaft als Anteilseigner grundsätzlich nicht auf die von der ausländischen Tochtergesellschaft erzielten (negativen) Einkünfte. Eine „direkte“ 389 Nutzung der negativen Einkünfte der Tochtergesellschaft scheidet nach dem Gesetz aus: Eine „grenzüberschreitende“ Organschaft mit einer nur im Ausland unbeschränkt steuerpflichtigen Tochtergesellschaft ist von jeher nicht möglich.390 Auch kann ein Gewinnabführungsvertrag mit einer ausländischen Tochtergesellschaft in der Regel nicht abgeschlossen werden.391 Art. 42 („Verlustausgleich und Nachbesteuerung“) des Richtlinienvorschlags vom 25.10.2016 für eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage392 (vgl. bereits Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99) sieht auch eine vorübergehende Berücksichtigung der Verluste näher definierter, ausländischer Tochtergesellschaften bei der Muttergesellschaft (mit Nachversteuerung) vor. Eine „indirekte“ 393 Nutzung etwaiger negativer Einkünfte der Tochtergesellschaft auf Ebene des inländischen Anteilseigners ist nur eingeschränkt möglich: Ist Anteilseigner ein Organträger, der Körperschaftsteuersubjekt ist, dann verhindert § 8b Abs. 3 S. 3 KStG eine Minderung des steuerlichen Gewinns im Wege der Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG.394 Findet auf den Or-
388 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, S. 120. Auf die §§ 7 ff. AStG wird an dieser Stelle nicht eingegangen. 389 Dazu Fn. 94. 390 Vgl. Neyer, DStR 1983, S. 162 (163). Jedoch können gem. §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG i. d. F. des UntStReiseKG v. 20.2.2013 (BGBl. I 2013, S. 285 ff.) die SE, die AG, die KGaA sowie andere Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem EU- oder EWR-Staat Organgesellschaft sein. 391 Dazu z. B. Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 (306); Kessler/Arnold, IStR 2016, S. 226 (230 ff.); Schnitger, FS Endres, S. 361 (368 f.). 392 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, COM(2016) 685 final, 2016/0337 (CNS), SWD(2016) 341, SWD(2016) 342. In der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften v. 19.12.2006, KOM(2006) 824 endgültig, SEK(2006) 1690, S. 7 ff. wird der Verlustabzug mit Nachversteuerung neben dem Verlustabzug ohne Nachversteuerung und der laufenden Berücksichtigung der Ergebnisse ausländischer Tochtergesellschaften als eine von drei Alternativen dargestellt. Auch Art. 9 und 10 des Richtlinienvorschlags v. 24.1.1991, KOM(90) 595 endg., ABlEG. C 53 v. 28.2.1991, S. 30 ff. sahen einen Abzug der Verluste der Tochtergesellschaft mit Nachversteuerung vor. Vgl. bereits Fn. 378. 393 Dazu Fn. 94. 394 Dazu Fn. 93.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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ganträger dagegen das Teileinkünfteverfahren Anwendung, dann mindert eine Teilwertabschreibung grundsätzlich gem. §§ 3c Abs. 2 S. 1, 3 Nr. 40 EStG zu 60 % den steuerlichen Gewinn.395 Ist dagegen die Organgesellschaft Anteilseignerin der ausländischen Tochtergesellschaft, so wirkt sich eine Teilwertabschreibung mangels Anwendung von § 8b Abs. 3 S. 3 KStG gem. § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG zunächst gewinnmindernd aus. aa) Übereinstimmend intransparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft Ordnet auch das Ausland die ausländische Tochtergesellschaft des Organträgers und/oder der Organgesellschaft als selbständig steuerpflichtig ein, sollten von der Tochtergesellschaft bezogene Einkünfte auch aus ausländischer Sicht nicht dem Organträger und/oder der Organgesellschaft, sondern nach dem sog. Trennungsprinzip der Tochtergesellschaft selbst zugeordnet werden. Eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n.F. kommt vor dem Hintergrund einer zumindest „indirekten“ Verlustnutzung im Inland und einer Berücksichtigung im Ausland, etwa durch Einbindung in eine ausländische Gruppenbesteuerung, in Betracht. bb) In Deutschland intransparent besteuerte, ausländische Tochtergesellschaft Anders als in Deutschland mag eine ausländische Tochtergesellschaft in ihrem Errichtungsstaat als nicht steuerpflichtig (transparent) beurteilt werden. Die Einbeziehung in eine ausländische Gruppenbesteuerung mag dann zwar unwahrscheinlicher sein; allerdings ermöglicht die deutsche Organschaft die Einbeziehung beschränkt Steuerpflichtiger (vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG) und bestimmter Personengesellschaften als Organträger (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 und 3 KStG), sodass eine Einbindung in eine Gruppenbesteuerung im Ausland nicht auszuschließen ist. Auch könnte in einem Verlustvortrag oder Verlustrücktrag auf Ebene der ausländischen Tochtergesellschaft eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erblickt werden. c) Intransparenz des Organträgers aus ausländischer Sicht Richtet man den Blick auf inbound Fälle, dann kann die Inlandsaktivität eines Ausländers die Form einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Organträger (14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Alt. KStG) mit Geschäftsleitung und Sitz in Deutschland annehmen. Deutschland wird diesen als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln (§ 1 Abs. 1 KStG). Im Zweifel wird der Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters den Organträger anhand der Kategorien seines 395
Dazu Fn. 93.
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Teil 1: Verlustverrechnung
eigenen Rechts beurteilen, d.h. eine dem deutschen Rechtstypenvergleich ähnliche Beurteilung vornehmen.396 Kommt dieser Staat zu dem Ergebnis, dass der Organträger im Ausgangspunkt selbständiges Steuersubjekt (intransparent) und daher das sog. Trennungsprinzip anzuwenden ist, dann gibt es dennoch vielfache Wege einer Berücksichtigung seiner Ergebnisse im Ausland und damit einer potenziellen Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., die nachstehend geschildert werden. aa) Grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung Der Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters des Organträgers kann eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung, die zur Berücksichtigung der Ergebnisse solcher Tochtergesellschaften, die in dem betreffenden Staat nicht ansässig sind, berechtigt, vorhalten. Eine solche haben insbesondere Dänemark und Italien.397 Beispielhaft hierfür ist das 2011 abgeschaffte französische „régime du bénéfice consolidé“ 398 (Art. 209 quinquies CGI a. F.), das eine Berücksichtigung der Ergebnisse aller französischen und ausländischen Tochterkapitalgesellschaften und Betriebsstätten und damit die Verrechnung dieser (positiven, negativen) Ergebnisse in Frankreich zur Folge hatte.399 Erfasst wurden genauso die Ergebnisse „nachgeschalteter“ ausländischer Enkelgesellschaften und damit z. B. das Ergebnis einer Organgesellschaft.400 Das im Rahmen der französischen Körperschaftsteuer („impôt sur les sociétés“) geltende Territorialitätsprinzip (Art. 209-I Abs. 1 CGI) schließt die Gewinne und Verluste ausländischer Betriebsstätten, ausländischer ständiger Vertreter und ausländischer vollständiger Geschäftsabläufe von einer Berücksichtigung in Frankreich aus und sieht daher auch keine
396 Zum Rechtstypenvergleich im Hinblick auf eine nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware gegründete General Partnership, die nach deutschen Maßstäben grds. einer GbR oder einer oHG entspricht, für Zwecke der französischen Besteuerung Conseil d’État, Urt. v. 24.11.2014, Société Artémis SA, Nr. 363556, 17 ITLR 2015 (Part 4), S. 582 (587, 616); dazu Rubechi, IStR-LB zu Heft 7/2015, S. 30 (30). Vgl. zum französischen Rechtstypenvergleich bei Personengesellschaften mit Geschäftsleitung außerhalb Frankreichs auch Gouthière, Impôts, Rn. 31320 ff. 397 IFSt, Gruppenbesteuerung, S. 112. Nach Mayr, IStR 2016, S. 519 (521) machen bislang etwa elf italienische Unternehmen von der grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung Gebrauch. Ähnlich stand es um das „régime du bénéfice consolidé“ (Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 279 f. [Anfang 2004: elf französische Konzerne]). 398 Hierzu Gouthière, Impôts, Rn. 25200 ff.; umfassend auf deutsch Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 277 ff. Vgl. bereits Lefebvre/Fleischmann, DStR 1969, S. 425 ff. 399 Gouthière, Impôts, Rn. 25352 f.; Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 277 f. War die französische Gesellschaft nur anteilig an der (inländischen, ausländischen) Tochtergesellschaft beteiligt, dann führte das „régime du bénéfice consolidé“ zur anteiligen Zurechnung des Ergebnisses der Tochtergesellschaft in Höhe des Gewinnbezugsrechts, vgl. Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 278, 428 ff. („Prinzip der proportionalen Konsolidierung“). 400 Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 205 (Fn. 815).
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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Anrechnung ausländischer Steuern vor.401 Das auch im französischen Steuerrecht geltende Trennungsprinzip hat zur Folge, dass die Ergebnisse ausländischer (Tochter-)Gesellschaften, solange sie nicht in Frankreich erzielt und nicht an in Frankreich Steuerpflichtige ausgeschüttet werden, nicht besteuert werden.402 Das „régime du bénéfice consolidé“ ermöglichte in Abweichung hiervon die Berücksichtigung der Ergebnisse dieser ausländischen Gesellschaften und Betriebsstätten und die Anrechnung ausländischer Steuern.403 Zwar waren die Ergebnisse der ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten nach französischem Bilanzsteuerrecht zu ermitteln,404 bei übereinstimmend negativem Einkommen bzw. negativen Einkünften des Organträgers (der Organgesellschaft) in Deutschland und in Frankreich mochte sich hieraus aber eine doppelte Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ergeben. bb) Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung (mit Nachversteuerung) Keine umfassende grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung i. S. d. französischen „régime du bénéfice consolidé“ stellt die österreichische Gruppenbesteuerung (§ 9 öKStG) dar.405 Es können zwar nach § 9 Abs. 2 S. 1 zweiter Spiegelstrich öKStG auch mit Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenos401 Scheunemann, Konzernbesteuerung, insbesondere S. 53 f., 56 f.; Viegener, in: Wassermeyer, DBA, 129. EGL 1/2015, DBA-Frankreich, Anh. Rn. 95 ff. Indem nach Art. 209-I Abs. 1 CGI nicht bloß inländische Einkünfte („en tenant compte uniquement des bénéfices réalisés dans les entreprises exploitées en France“), sondern auch die Frankreich durch ein DBA zur Besteuerung zugewiesenen Einkünfte („ainsi que de ceux dont l’imposition est attribuée à la France par une convention internationale relative aux doubles impositions.“) körperschaftsteuerpflichtig sind, wird dies im Ergebnis relativiert (Viegener, in: Wassermeyer, DBA, 129. EGL 1/2015, DBA-Frankreich, Anh. Rn. 98). 402 Vgl. Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 19 ff. Zu Art. 209 B CGI (Hinzurechnungsbesteuerung mit Blick auf Betriebsstätten und Tochtergesellschaften) z. B. Gouthière, Impôts, Rn. 6345, 73100 ff. 403 Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 278 f. Nach Abschaffung des „régime du bénéfice consolidé“ ist Art. 20 Abs. 2 Buchst. b nach Kramer, in: Wassermeyer, DBA, 126. EGL 3/2014, DBA-Frankreich, Art. 20 Rn. 54 entbehrlich. Die Vorschrift wurde dennoch durch Art. XII Nr. 6 des Zusatzabkommens zum DBA-Frankreich v. 31.3. 2015, BGBl. II 2015, S. 1335 ff. nur leicht verändert. Art. 20 Abs. 2 Buchst. b S. 1 DBA-Frankreich lautet nun: „Wird eine in Frankreich ansässige Gesellschaft dort nach französischem innerstaatlichem Recht anhand einer konsolidierten Bemessungsgrundlage besteuert, die insbesondere die Gewinne und Verluste der in der Bundesrepublik ansässigen Tochtergesellschaften oder der in der Bundesrepublik gelegenen Betriebstätten umfasst, so schließt dieses Abkommen die Anwendung des französischen innerstaatlichen Rechts nicht aus.“ Die Bedeutung der Vorschrift lässt sich auch nicht mit Hilfe der französischen Fassung oder der Denkschrift weiter erschließen. 404 Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 278, 458 ff. 405 Ausführlich zur seit 2011 anwendbaren, liechtensteinischen Gruppenbesteuerung, die die Zurechnung von nach liechtensteinischem Steuerrecht ermittelten Verlusten (mit Nachversteuerung) ausländischer Gesellschaften ermöglicht, Knörzer, LJZ 2010, S. 95 ff.
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senschaften vergleichbare, nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften unter weiteren Voraussetzungen Gruppenmitglied sein. § 9 Abs. 6 Nr. 6 öKStG sieht aber nur die Zurechnung von Verlusten (nicht: von Gewinnen) dieser nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften vor.406 Außerdem ist diese Verlustzurechnung auf solche nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften beschränkt, die ausschließlich mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppenträger finanziell verbunden sind (§ 9 Abs. 2 S. 1 zweiter Spiegelstrich zweiter Unterspiegelstrich, Abs. 4 öKStG), d.h. den in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Tochtergesellschaften „nachgeschaltete“ Enkelgesellschaften sind grundsätzlich von der Verlustzurechnung ausgeschlossen.407 Die Verlustzurechnung mit Nachversteuerung ist ein wesentliches Merkmal408 der österreichischen Gruppenbesteuerung. Zwar ist die Verlustzurechnung seit Einführung der Gruppenbesteuerung beschränkt auf den Umfang der Beteiligungen der Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers am nicht unbeschränkt steuerpflichtigen ausländischen Gruppenmitglied, denn § 9 Abs. 6 Nr. 6 S. 1 öKStG stellte (und stellt immer noch) auf das „Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligte(n) Gruppenmitglieder einschließlich eines beteiligten Gruppenträgers“ ab.409 Die Verlustzurechnung wurde jedoch inzwischen zunehmend eingeschränkt: Fand in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen eine Zurechnung von Verlusten ausländischer Gruppenmitglieder statt und wurden diese noch nicht nachversteuert, dann kann aus Verwaltungssicht im Jahr darauf eine Nachversteuerung erfolgen, wenn weder weitere Verluste noch eine Nachversteuerung erklärt wird.410 Die zuzurechnenden Verluste des ausländischen Gruppenmitglieds wurden und werden außerdem nach österreichischem (nicht: ausländischem) Steuerrecht bestimmt,411 wohingegen sich die Nachversteuerung in Öster406
Mamut/Schilcher, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 169 (174). Vgl. das Beispiel 2 bei Urtz, FS Frotscher, S. 629 (643 ff.) zur Berücksichtigung des negativen Ergebnisses eines nur in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen, in eine österreichische Gruppe eingebundenen Organträgers in Österreich. Insbesondere das im Rahmen der Organschaft dem Organträger zugerechnete negative Einkommen der Organgesellschaft sei für Zwecke der Verlustzurechnung nicht zu berücksichtigen (S. 644). 407 Tumpel/Moshammer, FS Frotscher, S. 613 (618 f.); kritisch Oberascher/Staringer, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 29 (47 ff.). Vgl. IFSt, Gruppenbesteuerung, Fn. 236. 408 Dazu zählte auch die Firmenwertabschreibung in § 9 Abs. 7 öKStG. Diese wurde inzwischen durch Art. 2 Nr. 4 Buchst. e des AbgÄG 2014, öBGBl. I Nr. 13/2014 abgeschafft (vgl. Heffermann, GES 2014, S. 127 [127]) und vom EuGH mit Urt. v. 6.10. 2015, C-66/14, Finanzamt Linz, ECLI:EU:C:2015:661 für mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar erklärt. 409 Mamut/Schilcher, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 169 (175 ff.); Tumpel/Moshammer, FS Frotscher, S. 613 (620). 410 Heffermann, GES 2014, S. 127 (129). 411 In seinem Erk. v. 29.6.2016 (2013/15/0253, GES 2016, S. 429 ff.) entschied der VwGH die Streitfrage, ob bei Aufnahme eines ausländischen Gruppenmitglieds (im Fall: eine deutsche GmbH) die nach ausländischem Recht ermittelten Restbuchwerte heranzuziehen (sog. Korrekturvariante) oder dem österreichischen Steuerrecht entspre-
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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reich anlässlich der Verrechnung (bzw. Verrechenbarkeit) des zugerechneten, ausländischen Verlusts mit ausländischen Gewinnen der Höhe nach nach dem ausländischen Verlust richtete und immer noch richtet. In Fällen, in denen sich nach ausländischem Steuerrecht kein, aber nach österreichischem Steuerrecht ein Verlust ergab bzw. der nach österreichischem Steuerrecht ermittelte Verlust höher ausfiel als der nach ausländischem Steuerrecht ermittelte, unterlag dieser Differenzbetrag dementsprechend grundsätzlich nicht der Nachversteuerung in Österreich.412 Um diese dauerhafte Verrechnung in Österreich zu verhindern, wurde 2012 die Zurechnung auf die Höhe der nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste beschränkt.413 Eine weitere, durch das Abgabenänderungsgesetz 2014414 ergänzte Einschränkung ist, dass Verluste ausländischer Gruppenmitglieder nach § 9 Abs. 6 Nr. 6 S. 2 öKStG „nur im Ausmaß von 75 % der Summe der eigenen Einkommen sämtlicher unbeschränkt steuerpflichtiger Gruppenmitglieder sowie des Gruppenträgers berücksichtigt werden.“ Ein etwaiger Überhang ausländischer Verluste geht nach Satz 3 der Vorschrift in einen Verlustvortrag des Gruppenträgers ein.415 Auch die Europäische Kommission arbeitet an Vorschlägen zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung mit Nachversteuerung (Kapitel 2, unter II.1.b), S. 103). cc) Ausübung steuerlicher Wahlrechte im Ausland (z. B. „check-the-box“) Ist der Organträger nach ausländischem Steuerrecht grundsätzlich als steuerpflichtig einzuordnen (sog. Trennungsprinzip), dann mag hiervon auf Option des Gesellschafters abgewichen werden (können). Im Rahmen der US-amerikanischen „check-the-box“ Regelungen kann nicht bloß der Organträger, sondern auch eine „nachgeschaltete“ Organgesellschaft als steuerlich transparent behandelt werden.416 Ist eine aus Sicht der USA ausländische Gesellschaft standardmächende Restbuchwerte zu ermitteln (sog. Eröffnungsbilanzvariante) sind, i. S. d. zweiten Ansatzes. Auf der SWI-Jahrestagung 2016 wurde die Entscheidung diskutiert (Darstellung bei Mayer/Wenzl, SWI 2017, S. 47 ff.). 412 Haslehner/Kofler, GES 2012, S. 350 (351). Vgl. auch Heffermann, GES 2014, S. 127 (128 f.); Tumpel/Moshammer, FS Frotscher, S. 613 (621 f.). 413 Art. 3 Nr. 2 des 1. StabG 2012, öBGBl. I Nr. 22/2012 ersetzte § 9 Abs. 6 Nr. 6 S. 1 öKStG, fügte im Ergebnis aber nur die Einschränkung „höchstens jedoch die nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste des betreffenden Wirtschaftsjahres“ ein. Kritisch zu dieser Bezugnahme auf ausländisches Steuerrecht Haslehner/Kofler, GES 2012, S. 350 (350 ff.), die stattdessen einen Alternativvorschlag, wonach sich die Verlustzurechnung und die Nachversteuerung nur nach österreichischem Steuerrecht richten, unterbreiten. 414 ÖBGBl. I Nr. 13/2014. Die Ergänzung ist in Art. 2 Nr. 4 Buchst. c dieses Änderungsgesetzes zu finden. 415 Heffermann, GES 2014, S. 127 (129). 416 Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (293); Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 205 (Fn. 815).
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ßig oder aufgrund der „check-the-box“ Regelungen als transparent einzuordnen, finden auf deren (nach US-Steuerrecht ermittelte) negative Einkünfte die „dual consolidated loss“ Regelungen Anwendung (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79).417 Damit ist eine Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers und/oder der Organgesellschaft im Staat des Gesellschafters denkbar, aber nicht sicher. dd) „Indirekte“ Berücksichtigung negativer Einkünfte Im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters mag die inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufgrund eines Rechtstypenvergleichs als eigenständiges Steuersubjekt (sog. Trennungsprinzip) und damit als steuerlich intransparent beurteilt werden, ohne dass hiervon z. B. durch ein Wahlrecht abgewichen wird. Eine „indirekte“ 418 Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers ist dann vorstellbar, z. B. durch eine steuerlich relevante Teilwertabschreibung (vgl. Kapitel 2, unter II.1.b), S. 103) oder durch Bildung einer steuerfreien Rücklage nach Art des abgeschafften § 3 AuslInvG419. Darin mag eine Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers in einem ausländischen Staat (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) gesehen werden. ee) Hinzurechnungsbesteuerung Bereits die zu Beginn der Einleitung erwähnten Berichte der OECD aus den Jahren 2010 und 2011 zeigen, dass viele Staaten mit Hinzurechnungsbesteuerung ähnlich der deutschen Regelung (§ 10 Abs. 1 S. 4 AStG) Verluste ausländischer Zwischengesellschaften („controlled foreign companies“) nicht den ansässigen Anteilseignern hinzurechnen, dass andererseits Verluste aber vielfach in anderen Zeiträumen, in denen die Zwischengesellschaft Gewinne erwirtschaftet, berücksichtigt werden (vgl. § 10 Abs. 3 S. 5 AStG).420 Auch Art. 8 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie (EU) 2016/1164 vom 12.7.2016421 sieht eine solche Regelung vor. Dass eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hauptsächlich oder ausschließlich „passive“ Einkünfte (Kapitel 1, unter I.3.c), S. 39) erzielt, schließt ihre Organträgerfähigkeit nicht aus. Im Übrigen ist der Körperschaft417
Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (289 f.). Dazu Fn. 94. 419 BGBl. I 1969, S. 1211 ff. Das AuslInvG ist in Art. 2 (S. 1214 ff.) dieses Steueränderungsgesetzes 1969 enthalten. Vgl. Neyer, DStR 1983, S. 162 (163) sowie im Detail Selent, RIW 1988, S. 38 ff. 420 OECD, Addressing Tax Risks Involving Bank Losses, 2010, S. 36, 80; OECD, Corporate Loss Utilisation through Aggressive Tax Planning, 2011, S. 39. Zu § 10 Abs. 1 S. 4, Abs. 3 S. 5 AStG Kraft, IStR 2016, S. 909 (909 f.). 421 ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. Auch die OECD empfiehlt ähnliche Einschränkungen im Hinblick auf Verluste einer Zwischengesellschaft (OECD, Designing Effective Controlled Foreign Company Rules, Action 3 – 2015 Final Report, OECD/ G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 57 ff. [Rn. 99, 103 ff.]). 418
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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steuersatz des § 23 Abs. 1 KStG (proportional 15 %) vergleichsweise niedrig, sodass eine Niedrigbesteuerung (vgl. § 8 Abs. 3 AStG) im Sinne einer ausländischen Hinzurechnungsbesteuerung nicht auszuschließen ist. Werden aber negative Einkünfte des Organträgers etwa für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung im Ausland vorgetragen, dann mag hierin eine Berücksichtigung in einem ausländischen Staat i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu erblicken sein. d) Transparenz des Organträgers aus ausländischer Sicht So wie im outbound Fall eine Tochtergesellschaft im Errichtungsstaat als intransparent und im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters als transparent behandelt werden kann (Kapitel 2, unter II.1.a)cc), S. 103), kann im inbound Fall die inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Inland (Errichtungsstaat) als intransparent, im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters (Ausland) aber – im Zweifel aufgrund eines Rechtstypenvergleichs – als transparent eingeordnet werden. Die Einkünfte des Organträgers müssen dann in der Bemessungsgrundlage des Gesellschafters nicht zwangsläufig frei verrechenbar sein, z. B. weil ein (körperschaftsteuerliches) Territorialitätsprinzip angewandt wird (zu Frankreich vgl. Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106), weil trotz Anwendung der (DBA-)Anrechnungsmethode Regelungen entsprechend § 2a EStG (Kapitel 1, unter I.4., S. 39) oder die „dual consolidated loss“ Regelungen (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79) die freie Verrechenbarkeit einschränken oder weil die (DBA-)Freistellungsmethode i. S. d. sog. Symmetriethese ausgelegt wird (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Auch werden die Gewinnabführung oder Verlustübernahme im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zu würdigen sein (dazu Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57, unter II.7.c), S. 72 und unter II.7.d), S. 74). e) Steuerliche Behandlung der Organgesellschaft im Ausland beim Anteilseigner Eine Organschaft kann zwischen einem nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Organträger und einer nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Organgesellschaft bestehen, selbst wenn der Organträger mittelbar über eine nur im Ausland unbeschränkt steuerpflichtige Tochtergesellschaft an der Organgesellschaft beteiligt ist. Die Organgesellschaft ist dann mittelbar finanziell in den Organträger eingegliedert (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 KStG), der Gewinnabführungsvertrag (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG) besteht unmittelbar zwischen Organträger und Organgesellschaft („Klammerorganschaft“ 422).423 Für Zwecke der Besteue422 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 157; Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 207; Walter, in: EY, 113. EGL 11/2015, § 14 KStG Rn. 279. 423 Vgl. z. B. Walter, in: EY, 113. EGL 11/2015, § 14 KStG Rn. 279 ff., 293 (zur „zwischengeschalteten ausländischen Gesellschaft“); ders., in: EY, 114. EGL 1/2016, § 14 KStG Rn. 580 f. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG muss die Beteiligung an
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Teil 1: Verlustverrechnung
rung im Inland sind die Gewinnabführung und Verlustübernahme unbeachtlich (Kapitel 1, unter II.4.a), S. 51), ein ausländischer Staat wird jedoch im Zweifel die organschaftliche Einkommenszurechnung nicht anerkennen (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55) und ggf. steuerliche Konsequenzen an die Gewinnabführung/Verlustübernahme knüpfen (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57). Vor diesem Hintergrund mag es zwar sein, dass die Organgesellschaft im Ausland auf Ebene ihres unmittelbaren Anteilseigners (Tochtergesellschaft des Organträgers) als steuerlich intransparent (vgl. Kapitel 2, unter II.1.b), S. 103 und II.1.c), S. 105) oder als transparent (vgl. Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99 und II.1.d), S. 111) beurteilt wird und die von ihr erzielten (Kapitel 1, unter II.3.b), S. 51) negativen Einkünfte – direkt oder indirekt – berücksichtigt werden. Ausgeglichen wird ein handelsrechtlicher Verlust aber im Wege der Verlustübernahme (§ 302 AktG). Damit könnte in der isolierten Berücksichtigung der den negativen Einkünften zugrunde liegenden Vermögensminderungen eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. gesehen werden, unter Berücksichtigung der Vermögensmehrung durch die Verlustübernahme in toto eine Berücksichtigung aber ausbleiben (oder ggf. niedriger ausfallen). 2. Beschränkt steuerpflichtiger Organträger oder Organträger-Personengesellschafter Im Gegensatz zu den unter II.1. (S. 99) dargestellten Situationen ist in den folgenden Situationen entweder der Organträger selbst im Inland mit einer Betriebsstätte nur beschränkt steuerpflichtig (unter II.2.a), S. 112) oder der Gesellschafter einer Organträger-Personengesellschaft ist mit der ihm über die Personengesellschaft vermittelten Betriebsstätte nur beschränkt steuerpflichtig (unter II.2.b), S. 114). a) Im Inland beschränkt steuerpflichtiger Organträger Bereits seit Positivierung der körperschaftsteuerlichen Organschaft durch das Gesetz vom 15.8.1969424 sieht das Gesetz eine körperschaftsteuerliche Organschaft zu einem nur beschränkt steuerpflichtigen Organträger vor (zunächst § 7a Abs. 6 KStG, dann § 18 KStG und heute § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG, vgl. die Einleitung, unter II., S. 26). Betrachtet man die Betriebsstätte, dann handelt es sich bei dieser inbound Situation um das Pendant zu dem unter II.1.a)aa) (S. 101) behandelten outbound Fall. Im Beispiel 6.2 des Abschlussberichts der OECD425 wäre Deutschland dementsprechend als Betriebsstättenstaat B einzuder vermittelnden Gesellschaft einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers zuzuordnen sein (Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 [308]). 424 BGBl. I 1969, S. 1182 ff. 425 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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ordnen, hätte ein sog. hybrid mismatch im Hinblick auf die negativen Einkünfte (im Beispiel: Zinszahlung) also nur subsidiär („defensive rule“) zum Ansässigkeitsstaat A nach der „deductible hybrid payments rule“ (Empfehlung 6.1[b]) zu verhindern. Der Umfang des Steueranspruchs des Ansässigkeitsstaats des Organträgers kann bereits nach dem sog. Territorialitätsprinzip begrenzt sein, wovon eventuell durch ein Wahlrecht426 zur Anwendung des Welteinkommensprinzips abgewichen werden kann. Umgekehrt kann der Steueranspruch des Ansässigkeitsstaats nach dem sog. Welteinkommensprinzip ausgestaltet sein, auf Option427 des Steuerpflichtigen können aber alle (sic) ausländischen Betriebsstättenergebnisse von der inländischen Besteuerung ausgenommen werden. Sind das Welteinkommensprinzip und die Anrechnungsmethode vorgesehen, dann kann die intrasubjektive (zu § 2a EStG: Kapitel 1, unter I.4., S. 39) oder die intersubjektive (zu Sections 403D und 403E ICTA 1988: Kapitel 2, unter I.2.b), S. 78; zu Subsection 1503(d) IRC und den sog. Dual Consolidated Loss Regulations: Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79) Verlustverrechnung dennoch eingeschränkt sein. Im Fall der DBA-Freistellungsmethode ist die spiegelbildliche Nichterfassung negativer ausländischer Einkünfte in der Bemessungsgrundlage (sog. Symmetriethese) möglich, aber nicht Praxis aller Staaten (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). „Im Ausland nicht berücksichtigte Verluste“ können nach § 2 Abs. 8 Nr. 3 S. 1 öEStG – ausgelöst durch das Erkenntnis vom 25.9.2001428 – in Österreich trotz DBA-Freistellung in der Bemessungsgrundlage (mit Nachversteuerung) berücksichtigt werden;429 bereits § 2 AuslInvG430 (später § 2a Abs. 3, Abs. 4 EStG a. F.) sah eine ähnliche Verlustberücksichtigung mit Nachversteuerung vor. Genauso ist nicht auszuschließen, dass sich negative Einkünfte im Ansässigkeitsstaat aufgrund eines Progressionsvorbehalts auf den Steuersatz auswirken (zu § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, Art. 23A Abs. 3 OECD-MA: Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Der (negative) Progressionsvor426 Zum ebenfalls abgeschafften, französischen „régime du bénéfice mondial“ Lefebvre/Fleischmann, DStR 1969, S. 425 (426); Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 286 ff. Anders als das „régime du bénéfice consolidé“ führte dieses nicht zur Erfassung der Ergebnisse ausländischer Tochtergesellschaften (Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 287). 427 Zu Italien Mayr, IStR 2016, IStR 2016, S. 519 (521 f.). 428 VwGH, 99/14/0217, IStR 2001, S. 754 f. 429 Mamut/Schilcher, in: L./S./S./S., Grundfragen, S. 169 (172 f.); Schuch/Haslinger/ Stefaner, in: Wassermeyer, DBA, 110. EGL 1/2010, DBA-Österreich, Anh. Rn. 27a. Vgl. auch Heffermann, GES 2014, S. 127 (129) mit dem Hinweis, dass § 2 Abs. 8 Nr. 3 öEStG anders als § 9 Abs. 6 Nr. 6 öKStG i. d. F. des AbgÄG 2014 keine Beschränkung der Verlustberücksichtigung auf 75 % der Summe der Einkommen der unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers enthält. Allerdings ist die Verlustberücksichtigung gem. § 2 Abs. 8 Nr. 3 S. 1 öEStG „höchstens in Höhe der nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste“ (wie in § 9 Abs. 6 Nr. 6 S. 1 öKStG) möglich (vgl. hierzu umfassend Haslehner/Kofler, GES 2012, S. 350 [350 ff.]). 430 BGBl. I 1969, S. 1211 ff. Das AuslInvG ist in Art. 2 (S. 1214 ff.) dieses Steueränderungsgesetzes 1969 enthalten.
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Teil 1: Verlustverrechnung
behalt findet hingegen im Rahmen der inländischen beschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG (inländischer Betrieb) keine Anwendung:431 Ist eine im Ausland ansässige natürliche Person, die im Inland mit einer Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG), Organträger und bezieht die Organgesellschaft in Deutschland freizustellende Einkünfte aus einem weiteren Staat, so sind diese (dem Organträger als Einkommen zugerechneten) Einkünfte entgegen § 32b Abs. 1a EStG im Hinblick auf den Einkommensteuersatz des beschränkt Steuerpflichtigen (mangels Progressionsvorbehalts) nicht zu berücksichtigen.432 In dieser inbound Situation ergeben sich vielfältige Situationen möglicher Berücksichtigung negativer Einkünfte in einem ausländischen Staat i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Vor diesem Hintergrund ist auch zu unterscheiden. Auf der einen Seite stehen die eigenen (Kapitel 1, unter I.3.a), S. 37) negativen Einkünfte des beschränkt steuerpflichtigen Organträgers aus der inländischen Betriebsstätte (zum Abkommensschutz: Kapitel 1, unter II.7.a), S. 67). Auf der anderen Seite stehen die von der Organgesellschaft erzielten und dem Organträger in Form des Organeinkommens zugerechneten negativen Einkünfte: Die organschaftliche Zurechnung wird zwar im Ausgangspunkt vom Ansässigkeitsstaat nicht nachvollzogen und es besteht insoweit auch kein Abkommensschutz (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55 und unter II.7.b), S. 67), es bieten aber die handelsrechtlichen Vorgänge der Gewinnabführung und der Verlustübernahme die Möglichkeit zur steuerlichen Anknüpfung im Ausland und zur Gewährung von Abkommensschutz (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57 sowie unter II.7.c), S. 72 und unter II.7.d), S. 74). b) Organträger-Personengesellschaft mit im Ausland ansässigen Gesellschaftern In der Einleitung (unter II., S. 26) wurde angesprochen, dass bereits § 7a KStG a. F.433 unter weiteren Voraussetzungen die Begründung einer Organschaft zu einer Personengesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland, deren (ausländische) Gesellschafter beschränkt einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig waren, zuließ.434 § 7a Abs. 6 KStG a. F. regelte die Organschaft zu einem be431 Vgl. den Wortlaut des § 32b Abs. 1 S. 1 EStG, der nur auf unbeschränkt sowie gem. § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG beschränkt Steuerpflichtige Bezug nimmt, und Kuhn/ Kühner, in: H./H./R., 252. EGL 7/2012, § 32b EStG Rn. 22, 57. 432 Vgl. den Wortlaut des § 32b Abs. 1a EStG, der nur von unbeschränkt Steuerpflichtigen spricht, sowie Kuhn/Kühner, in: H./H./R., 252. EGL 7/2012, § 32b EStG Rn. 164. 433 BGBl. I 1969, S. 1182 ff. 434 § 7a Abs. 1 Nr. 3 S. 4 KStG a. F. sprach zwar von „Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen . . ., die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung nicht im Inland haben.“ Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber, dass hiermit beschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte gemeint waren (BT-Drs. V/3017, S. 8).
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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schränkt Steuerpflichtigen; nunmehr stellt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG einheitliche Anforderungen an die (zumindest beschränkte) Steuerpflicht des Organträgers im Inland auf. Daher werden unter II.2.b)aa) (S. 115) und unter II.2.b)bb) (S. 115) jeweils in- und ausländische Organträger-Personengesellschaften angesprochen, wobei nur im unter II.2.b)bb) (S. 115) geschilderten Szenario die Steuerrechtssubjektivität der Personengesellschaft von den Staaten abweichend beurteilt wird. Unter II.2.b)cc) (S. 116) wird der „Sonderfall“ der Sonderbetriebsausgaben des beschränkt steuerpflichtigen Mitunternehmers behandelt. aa) Im Ausland transparent behandelte Organträger-Personengesellschaft Ist die Organträger-Personengesellschaft eine inländische, d.h. hat sie ihre Geschäftsleitung im Inland,435 und behandelt auch das Ausland als Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters diese (aufgrund eines Rechtstypenvergleichs) als transparent, dann tritt keine abweichende Beurteilung ein (kein Qualifikationskonflikt). Genauso wenig tritt eine abweichende Beurteilung ein, wenn die Organträger-Personengesellschaft eine ausländische ist und Deutschland sie aufgrund des Rechtstypenvergleichs als Personengesellschaft (transparent) einordnet. In beiden Konstellationen ist übereinstimmend der Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft Steuersubjekt. Wird das inländische Betriebsstättenergebnis im Ausland DBA-freigestellt, dann ist ein Unterbleiben der Berücksichtigung des Ergebnisses in der ausländischen Bemessungsgrundlage möglich, aber nicht zwingend, und eine Beachtung im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts vorstellbar (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Bei Anwendung der Anrechnungsmethode im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters ist eine (freie) Berücksichtigung der inländischen Betriebsstättenergebnisse in der Bemessungsgrundlage des Gesellschafters vorstellbar, aber genauso wenig zwingend. bb) Im Ausland intransparent behandelte Organträger-Personengesellschaft Demgegenüber kann die Organträger-Personengesellschaft eine inländische sein und abweichend hiervon im Ausland (aufgrund eines Rechtstypenvergleichs) als Steuersubjekt (intransparent) behandelt werden. Dann kommen die in diesem Kapitel unter II.1.c) (S. 105) für den Fall eines inländischen Organträgers, der selbst Steuersubjekt ist, dargestellten Szenarien in Betracht. Die Organträger-Personengesellschaft kann aber auch eine ausländische sein und im Ausland, anders als im Inland, als Steuersubjekt (intransparent) behandelt werden. Der ausländische Staat wird die steuerliche Beurteilung – etwa über die Gewährung von Abkommensschutz im Hinblick auf in der inländischen Betriebsstätte angefallene negative Einkünfte (Kapitel 1, unter II.7.a), S. 67) oder im Hinblick auf eine Ge435
Vgl. Fn. 234.
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Teil 1: Verlustverrechnung
winnabführung oder eine Verlustübernahme (Kapitel 1, unter II.7.c), S. 72 und II.7.d), S. 74) – dann im Zweifel auf deren Ebene vornehmen. cc) Sonderbetriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen des Gesellschafters Finanziert ein Mitunternehmer einer Mitunternehmerschaft seinen Mitunternehmeranteil fremd, dann zählt das Darlehen grundsätzlich zum notwendigen, negativen Sonderbetriebsvermögen II des Mitunternehmers.436 Die auf das Darlehen gezahlten Zinsen sind Sonderbetriebsausgaben,437 die sich auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung bei der Mitunternehmerschaft (Sonderbilanz, Sondergewinn- und -verlust-Rechnung) mindernd auswirken und damit die gewerblichen Einkünfte des Mitunternehmers mindern. In seinem Urteil vom 12.10. 2016 bejahte der BFH unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, dass auch bei doppelstöckigen Personengesellschaften der Gesellschafter (im Streitfall eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts) der Oberpersonengesellschaft Sonderbetriebsvermögen II bei der Unterpersonengesellschaft (im Streitfall die Klägerin und Organträgerin) haben kann.438 Unterhält eine Mitunternehmerschaft eine inländische Betriebsstätte, dann vermittelt sie diese (anteilig) ihrem im Ausland ansässigen Mitunternehmer, der gem. (§ 2 Nr. 1 KStG i.V. m.) § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Inland beschränkt steuerpflichtig ist.439 Unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 EStG (insbesondere: Veranlassungszusammenhang) sind auch beschränkt steuerpflichtige Mitunternehmer zum Abzug ihrer Sonderbetriebsausgaben im Inland bei der Gewinnermittlung berechtigt,440 wenn der von § 50 Abs. 1 S. 1 EStG verlangte wirtschaftliche Zusammenhang besteht. In dem dem Urteil vom 12.10.2016 zugrunde liegenden Sachverhalt finanzierte die zunächst unmittelbar an der Klägerin beteiligte Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts eine Einlage in die Klägerin über zwei Darlehen fremd, einige Zeit später brachte sie ihren Anteil in eine CV, d.h. eine mit einer deutschen KG vergleichbare Gesellschaft niederländischen Rechts, ein.441 Der BFH erkannte für Recht, dass infolge der Einlage 436
Kahle, FR 2012, S. 109 (113). BFH, Urt. v. 9.4.1981, IV R 178/80, BFHE 133, S. 293 (295); Bode, in: Blümich, 125. EGL 10/2014, § 15 EStG Rn. 531 f.; Kahle, FR 2012, S. 109 (115); Müller, BB 2009, S. 751 (756). 438 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (590 f.); Brandis, BFH/ PR 2017, S. 182 (183). 439 Rosenberg, in: W./R./S., Personengesellschaften, Rn. 11.12; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 18.66 f. 440 BFH, Urt. v. 20.6.2000, VIII R 57/98, BFH/NV 2001, S. 28 (29 f.); Müller, BB 2009, S. 751 (756). 441 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (589); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184). 437
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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ein Veranlassungszusammenhang zwischen den der Einlage zugrunde liegenden Darlehen und den auf das Darlehen gezahlten und als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähigen Zinsaufwendungen sowie der mitunternehmerischen Beteiligung der Darlehensnehmerin an der Klägerin ursprünglich bestand und dieser Zusammenhang auch nicht durch die Einbringung in die CV als Obergesellschaft entfiel.442 Eine Änderung des ursprünglichen Zusammenhangs war „ausgeschlossen“, da das Vermögen der CV als Obergesellschaft einzig aus der Beteiligung an der Klägerin als Untergesellschaft bestand.443 Das Ausland kann dieselben Zinsaufwendungen auf Ebene des Mitunternehmers zum Abzug zulassen (insbesondere wenn es das Institut der Sonderbetriebsausgaben nach dem Recht des anderen Staats nicht gibt), sodass sich infolge divergierender Zuordnung ein doppelter Abzug (im Inland auf Ebene der Mitunternehmerschaft, im Ausland beim Mitunternehmer) ergibt.444 Besteht eine solche abweichende Zuordnung und findet ein DBA Anwendung, dann liegt eine Zuordnung der Zinsaufwendungen für abkommensrechtliche Zwecke im Inland zum Betriebsstättenergebnis und im Ausland zum Mitunternehmer nahe.445 Wendet der andere Vertragsstaat (Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers) die Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) an, dann wird zwar nicht das Betriebsstättenergebnis im Rahmen der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden, die Aufwendungen mindern aber die Bemessungsgrundlage in beiden Vertragsstaaten unabhängig voneinander; wendet der andere Vertragsstaat dagegen die Anrechnungsmethode (Art. 23B OECD-MA) an, dann kommt es nur zur doppelten Berücksichtigung, wenn der andere Vertragsstaat das nach deutschem Recht ermittelte Ergebnis als solches (und nicht bloß ein nach seinen Vorschriften ermitteltes Ergebnis, in das die Zinsaufwendungen nach seinen Vorschriften nicht eingehen) übernimmt.446 Es mag an eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. gedacht werden, wenn es dadurch zur steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen im In- und Ausland kommt.
442 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (592); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (183). 443 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (592). Dort ist auch das Zitat zu finden. 444 Mi. Müller, IStR 2005, S. 181 (181 ff.); Ma. Müller, BB 2009, S. 751 (758). Vgl. auch die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats v. 24.10.2014, BR-Drs. 432/1/ 14, S. 14, wonach der vorgeschlagene (nicht Gesetz gewordene) § 4 Abs. 5a S. 2 EStG (doppelter Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben) namentlich diesen Fall treffen sollte. Dem hiermit verfolgten Anliegen wurde mit dem ab dem Veranlagungszeitraum 2017 anwendbaren § 4i EStG nachgekommen (vgl. Gosch, in: Kirchhof, § 4i EStG Rn. 2). Zu einer ähnlichen Konstellation mit dem Ergebnis eines Abzugs und einer Nichtberücksichtigung Kapitel 4, unter I.8. (S. 202). 445 Mi. Müller, IStR 2005, S. 181 (184). Vgl. auch Ma. Müller, BB 2009, S. 751 (756 ff.). 446 Müller, IStR 2005, S. 181 (184).
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Teil 1: Verlustverrechnung
3. Unbeschränkte Steuerpflicht des Organträgers und/oder der Organgesellschaft in zwei Staaten Erfüllt eine Person die in der Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA entsprechenden Abkommensvorschrift genannten Ansässigkeitsvoraussetzungen in beiden Vertragsstaaten, so wird sie als doppelt ansässig bezeichnet.447 Auch der Organträger und die Organgesellschaft können ansässige und abkommensberechtigte Person sein (Kapitel 1, unter II.6., S. 58). Staaten, die das Welteinkommensprinzip anwenden, werden bei Erfüllung eines der in der Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA entsprechenden Vorschrift genannten Kriterien nach ihrem innerstaatlichen Steuerrecht häufig auch ausländische negative Einkünfte besteuern. Aus historischer Sicht gehen die „dual consolidated loss“ Vorschriften auf in zwei Staaten unbeschränkt steuerpflichtige und in beiden Staaten in eine Gruppenbesteuerung eingebundene Gesellschaften zurück (Einleitung, unter I., S. 22). Es stellt sich die Frage, ob § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf solche Fälle doppelter Ansässigkeit beschränkt ist (dazu Kapitel 3, unter I.1.e), S. 130, unter I.2., S. 133 und unter I.3., S. 135). In den Konstellationen unter II.3.a) (S. 118) und unter II.3.b) (S. 120) sind der Organträger oder die Organgesellschaft in zwei Staaten unbeschränkt steuerpflichtig. In der Konstellation unter II.3.c) (S. 121) sind der Organträger und die Organgesellschaft beide in zwei Staaten unbeschränkt steuerpflichtig. Stets wird vorausgesetzt, dass die persönlichen Anforderungen an den Organträger (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG) und die Organgesellschaft (§§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG) erfüllt sind. Besteht ein mit dem OECD-MA vergleichbares DBA, dann wird die Organgesellschaft nach dem „tie-breaker“ entsprechend Art. 4 Abs. 3 OECD-MA im Inland ansässig sein. Die dem Organträger zuzurechnenden Einkünfte müssen nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 7 KStG auch nach einem DBA der inländischen Besteuerung unterliegen. Dies kann sowohl bei inländischer Geschäftsleitung und ausländischem Sitz (der Organträger ist entsprechend Art. 4 Abs. 3 OECD-MA im Zweifel im Inland ansässig) als auch bei ausländischer Geschäftsleitung und inländischem Sitz (der Organträger ist im Zweifel im Ausland ansässig) gegeben sein. Bei Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat nach Anwendung des „tie-breakers“ muss hinsichtlich der „dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte“ die Voraussetzung entsprechend Art. 7 Abs. 1 S. 1 2. Hs. OECD-MA erfüllt sein. a) Doppelt ansässiger Organträger Der doppelt ansässige Organträger ist nach dem „tie-breaker“ eines DBA entweder in einem Vertragsstaat ansässig (unter II.3.a)bb), S. 119) oder nicht (unter II.3.a)aa), S. 119). 447
Kaeser, in: Wassermeyer, Festgabe, Beitrag 19 Rn. 1 f.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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aa) Keine Bestimmung des Ansässigkeitsstaats qua „tie-breaker“ Das (umfassende) Besteuerungsrecht als Ansässigkeitsstaat kann im Verhältnis zwischen Deutschland und dem anderen Staat, in dem der Organträger unbeschränkt steuerpflichtig ist, nicht eindeutig einem der beiden Staaten zugewiesen sein. Das ist der Fall, wenn schon gar kein DBA mit dem anderen Staat besteht, ein bestehendes DBA keinen „tie-breaker“ enthält oder der „tie-breaker“ eines bestehenden DBA keine Anwendung findet. Berücksichtigt der andere Staat auch ausländische (negative) Einkünfte, dann können (negative) Einkünfte in beiden Staaten im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht berücksichtigt werden. Vollzieht der andere Staat die organschaftliche Einkommenszurechnung nach deutschem Recht nicht nach und fehlt es diesbezüglich am Abkommensschutz (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55 und unter II.7.b), S. 67), mögen negative Einkünfte der Organgesellschaft immerhin im Wege der Verlustübernahme durch den Organträger im Ausland Berücksichtigung finden (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57 und unter II.7.d), S. 74). Bezieht der doppelt ansässige Organträger aus einem Drittstaat negative Einkünfte und werden diese in Deutschland und dem anderen Staat unbeschränkter Steuerpflicht berücksichtigt, mag es zur Berücksichtigung in drei Staaten kommen. Gleiches mag eintreten, wenn die Organgesellschaft aus einem Drittstaat negative Einkünfte bezieht und der andere Staat, in dem der Organträger ebenfalls unbeschränkt steuerpflichtig ist, diese infolge der Verlustübernahme berücksichtigt. Damit steht eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Raum. bb) Festlegung des Ansässigkeitsstaats und Quellenstaats qua „tie-breaker“ Besteht ein DBA und ist Deutschland nach einem darin enthaltenen „tiebreaker“ Ansässigkeitsstaat, dann ist eine Berücksichtigung (negativer) Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat, der im Verhältnis zu Deutschland Quellenstaat ist und in dem z. B. neben dem Sitz eine Betriebsstätte unterhalten werden kann, auch in Deutschland möglich. Bei Anwendung der Anrechnungsmethode können diese Einkünfte in der Bemessungsgrundlage, bei Anwendung der Freistellungsmethode können sie zumindest im Rahmen des progressiven Einkommensteuertarifs einer nach dem DBA in Deutschland ansässigen natürlichen Person als Organträger Beachtung finden (Kapitel 1, unter I.4., S. 39 und unter I.5., S. 42). Bezieht der nach dem DBA in Deutschland ansässige Organträger keine negativen Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat, aber aus deutschen Quellen, dann mögen diese negativen Einkünfte im anderen Vertragsstaat, dem abkommensrechtlich die Besteuerungsbefugnis eines Quellenstaats zugewiesen ist, dennoch berücksichtigt werden, wenn sich dort der Anteilseigner des Organträgers befindet und etwa eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung oder eine grenz-
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Teil 1: Verlustverrechnung
überschreitende Verlustberücksichtigung448 (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106 und unter II.1.c)bb), S. 107) Anwendung findet. Besteht ein DBA und ist Deutschland nach dem „tie-breaker“ im Verhältnis zum anderen Vertragsstaat Quellenstaat, mögen in der inländischen OrganträgerBetriebsstätte (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 7 KStG) angefallene (negative) Einkünfte im Ausland in der Bemessungsgrundlage oder im Rahmen des Steuersatzes berücksichtigt werden. Eine Verlustübernahme durch den Organträger aufgrund des Gewinnabführungsvertrags kann zur Folge haben, dass auch negative Einkünfte der Organgesellschaft im Ausland die Bemessungsgrundlage beeinflussen. b) Doppelt ansässige Organgesellschaft Nach §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG kann eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem EU- oder EWR-Staat Organgesellschaft sein. Mögliche Folgen, wenn der Ansässigkeitsstaat qua „tie-breaker“ bestimmt ist oder nicht, werden unter II.3.b)aa) (S. 120) und unter II.3.b)bb) (S. 120) behandelt. Auf das Problem, dass ein Gewinnabführungsvertrag dem Gesellschaftsstatut einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Ausland in der Regel unbekannt sein wird, soll nicht eingegangen werden.449 aa) Keine Bestimmung des Ansässigkeitsstaats qua „tie-breaker“ Ist die Organgesellschaft nach einem DBA mit einem anderen EU- oder EWRStaat nicht eindeutig in einem Staat ansässig (z. B. weil keine Einigkeit hinsichtlich des „place of effective management“ besteht450), dann ist eine Berücksichtigung der (negativen) Einkünfte aus Deutschland, aus dem anderen Vertragsstaat oder aus einem Drittstaat in beiden Staaten im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht möglich. Die Einkünfte beeinflussen dann im Zweifel die Bemessungsgrundlage der Organgesellschaft in beiden Staaten. Damit kommt eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in Betracht. bb) Deutschland ist Ansässigkeitsstaat qua „tie-breaker“ Greift ein „tie-breaker“ ein und weist dieser Deutschland das (umfassende) Besteuerungsrecht als Ansässigkeitsstaat und dem anderen Vertragsstaat das (ein448 Vgl. das Beispiel 1 bei Urtz, FS Frotscher, S. 629 (639 ff.), der u. a. auf die Unsicherheit verweist, ob die Zurechnung von Verlusten mit Nachversteuerung auf doppelt ansässige Gesellschaften überhaupt anwendbar ist (S. 640 f.). 449 Quellen hierzu befinden sich bereits in Fn. 391. 450 Auf Unterschiede hinweisend Lehner, in: V./L., DBA, Art. 4 Rn. 268.
Kap. 2: Grenzüberschreitende doppelte Verlustberücksichtigung
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geschränkte) Besteuerungsrecht als Quellenstaat zu, dann mögen Einkünfte aus deutschen Quellen im anderen Vertragsstaat im Zweifel nicht berücksichtigt werden. Bezieht die Organgesellschaft negative Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat (z. B. aus einer Betriebsstätte), dann ist im Inland eine Berücksichtigung der negativen Einkünfte auf Ebene der Organgesellschaft in der Bemessungsgrundlage (Anrechnungsmethode) denkbar. Im Fall der Freistellungsmethode können sich die negativen Einkünfte auf Ebene des Organträgers im Rahmen des (negativen) Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1a EStG (Freistellungsmethode) auswirken. c) Doppelt ansässiger Organträger und doppelt ansässige Organgesellschaft Die unter II.3.a) (S. 118) und unter II.3.b) (S. 120) diskutierten Konstellationen können zusammentreffen, d.h. der Organträger und die Organgesellschaft sind in zwei Staaten unbeschränkt steuerpflichtig. Ein „tie-breaker“ kann Deutschland das (umfassende) Besteuerungsrecht als Ansässigkeitsstaat nur im Hinblick auf die Organgesellschaft oder aber im Hinblick auf den Organträger und die Organgesellschaft zuweisen. Ist die Tochtergesellschaft nach dem „tiebreaker“ in einem anderen EU- bzw. EWR-Staat ansässig, wird es ihr im Zweifel auch an der inländischen Geschäftsleitung und damit an einer notwendigen Organschaftsvoraussetzung fehlen. Lässt sich auch mit Hilfe eines „tie-breakers“ der Ansässigkeitsstaat der Organgesellschaft i. S. d. DBA nicht eindeutig bestimmen, dann werden die (negativen) Einkünfte der doppelt ansässigen Organgesellschaft häufig auch im Inland das zuzurechnende Einkommen beeinflussen. Im Wege der innerstaatlich angeordneten Einkommenszurechnung wirken sich diese negativen Einkünfte auf Ebene des Organträgers aus. Ist dieser doppelt ansässige Organträger nach einem DBA mit einem weiteren Staat nicht in Deutschland ansässig, dann wird das Organeinkommen (und damit die negativen Einkünfte der Organgesellschaft) aus Sicht des deutschen Steuerrechts auf Ebene der inländischen Organträger-Betriebsstätte berücksichtigt werden. Der Ansässigkeitsstaat wird diese organschaftliche Einkommenszurechnung im Zweifel nicht nachvollziehen (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55 und unter II.7.b), S. 67), stattdessen häufig das sog. Trennungsprinzip hinsichtlich der Organgesellschaft anwenden und allenfalls steuerliche Folgen an die Verlustübernahme knüpfen (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57 und unter II.7.d), S. 74). Ist Deutschland nach dem DBA der Ansässigkeitsstaat der Organgesellschaft und sind die negativen Einkünfte im Inland freigestellt, so beeinflussen sie das Organeinkommen grundsätzlich nicht. Nach § 32b Abs. 1a EStG können diese (negativen) Einkünfte jedoch den persönlichen Einkommensteuersatz des in Deutschland und in einem weiteren Staat unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgers (natürliche Person) beeinflussen und sich somit im Inland auswirken. Ist
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Teil 1: Verlustverrechnung
dieser Organträger nach einem DBA im Ausland ansässig, so besteht die unbeschränkte Steuerpflicht i. S. d. innerstaatlichen Rechts als solche fort. Im (bilateralen) Verhältnis zum Ansässigkeitsstaat nimmt Deutschland jedoch die Rolle des Quellenstaats ein und ist auf die Besteuerung im Umfang einer beschränkten Steuerpflicht beschränkt. Ein DBA hat nicht auf das innerstaatliche Recht die Auswirkung, dass der in zwei Staaten unbeschränkt Steuerpflichtige und nach einem DBA in einem Vertragsstaat Ansässige auch für Zwecke des innerstaatlichen Rechts nur beschränkt steuerpflichtig ist.451 Dies spricht für eine Berücksichtigung der negativen, freigestellten Einkünfte der Organgesellschaft im Rahmen der Progression i. S. v. § 32b Abs. 1a EStG. Da Deutschland im Verhältnis zum DBA-Ansässigkeitsstaat aber die Rolle des Quellenstaats einnimmt, entspricht dieses Szenario in dieser Hinsicht dem des beschränkt steuerpflichtigen Organträgers (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112). Daher mag die Anwendung von § 32b Abs. 1a EStG aus Wertungsgesichtspunkten bezweifelt werden.
451 Vgl. die bei Fett, Triangular Cases, S. 485 ff. dargestellten Rechtsvorschriften Großbritanniens, Kanadas und Südafrikas, nach denen ein nach innerstaatlichem Recht grds. Ansässiger, der nach einem DBA in einem anderen Staat ansässig ist, auch für Zwecke des innerstaatlichen Rechts als nicht ansässig zu behandeln ist. Hierzu auch OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 137 (Rn. 432). Für das deutsche Recht sei auf die speziellen Regelungen in § 43b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG i.V. m. Nr. 2 der Anlage 2 zum EStG, § 50g Abs. 3 Nr. 5 S. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG und § 12 Abs. 3 S. 2 KStG hingewiesen.
Zweiter Teil
Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Aspekte der Verlustverrechnung und der Organschaft sowie der grenzüberschreitende Kontext standen im ersten Teil im Vordergrund, dieser zweite Teil behandelt die mannigfaltigen, einfach-gesetzlichen Fragen speziell zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Die Altfassung wird stets mitbehandelt, denn wie die tabellarische Übersicht in der Einleitung (unter III., S. 28) zeigt, sind diverse Merkmale in der Alt- und der Neufassung identisch. Aus Änderungen mögen genauso Schlüsse gezogen werden. Von meines Erachtens grundlegender Bedeutung ist, dass der Nebensatz und Tatbestand („soweit sie . . .“) der Norm auf Vorgänge im Ausland abstellt, ihre im Hauptsatz angeordnete Rechtsfolge („Negative Einkünfte . . .,“) hingegen nur innerstaatlich eintreten kann und damit selbst keinen entsprechenden Auslandsbezug aufweist. Daher werden die Merkmale der Rechtsfolge zunächst untersucht (Kapitel 3, S. 123), bevor in Kapitel 4 (S. 185) die (teilweise gleichen) Tatbestandsmerkmale in ihrer spezifischen Qualität der Bezugnahme auf ausländische Vorgänge behandelt werden. Kapitel 3
Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung Die Merkmale der Rechtsfolge (Negative Einkünfte; des Organträgers oder der Organgesellschaft; Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung) werden nacheinander in drei Abschnitten (unter I., S. 123, unter II., S. 140 und unter III., S. 175) untersucht.
I. Organträger oder Organgesellschaft § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. spricht von negativen Einkünften „des Organträgers oder der Organgesellschaft“. Der Schilderung des Meinungsstands zu den Merkmalen des Organträgers (unter I.1., S. 123) und der Organgesellschaft (unter I.2., S. 133) schließt sich eine Stellungnahme an (unter I.3., S. 135). 1. Organträger Im Hinblick auf das Merkmal Organträger lässt sich sowohl nach der Person des Organträgers (Einkommensteuersubjekt, Körperschaftsteuersubjekt, Perso-
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
nengesellschaft) als auch nach dessen (unbeschränkter, beschränkter) Steuerpflicht im Inland unterscheiden.452 Denn nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG können natürliche Personen und nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaftsteuersubjekte, nach dessen Sätzen 2 und 3 auch bestimmte Personengesellschaften Organträger sein. Seit der Neufassung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG und der Aufhebung von § 18 KStG a. F.453 ist auch keine unbeschränkte Steuerpflicht bzw. inländische Geschäftsleitung mehr erforderlich. Die im Schrifttum zur Alt- und zur Neufassung gemachten, teilweise sehr restriktiven Auslegungsvorschläge knüpfen im Wesentlichen an diese zwei Aspekte an, wie die nachstehenden Ausführungen zu natürlichen Personen (unter I.1.a), S. 124), Personengesellschaften (unter I.1.b), S. 124), beschränkt steuerpflichtigen Organträgern (unter I.1.c), S. 128), nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgern (unter I.1.d), S. 129) und doppelt ansässigen Organträgern (unter I.1.e), S. 130) zeigen. a) Natürliche Personen als Organträger Zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. ist vertreten worden, dass natürliche Personen als Organträger nicht umfasst seien. Denn eine Berücksichtigung eines negativen Einkommens einer natürlichen Person als Organträger „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ im Ausland sei nicht denkbar.454 Umgekehrt wurden natürliche Personen auch als umfasst angesehen.455 Unter Hinweis auf die (weite) Bezugnahme auf den Organträger statt z. B. auf Gesellschaften wird zur Neufassung vertreten, dass auch natürliche Personen erfasst seien.456 b) Personengesellschaften als Organträger Im Hinblick auf inländische, im In- und Ausland übereinstimmend transparent behandelte Organträger-Personengesellschaften (Kapitel 2, unter II.2.b)aa), S. 115) 452 Umfassend zu den subjektiven Anforderungen Weigert/Strohm, DK 2013, S. 249 (258 ff.). 453 Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb, Art. 2 Nr. 4 des UntStReiseKG v. 20.2. 2013, BGBl. I 2013, S. 285 ff. 454 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 337 mit Hinweis auf Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (16 f. [„schwer vorstellbar“]). Implizit schließt auch Hey, BB 2002, S. 915 (915 f.) natürliche Personen aus, indem er die Altfassung für nur auf doppelt ansässige „juristische Person(en)“ anwendbar hält. 455 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 486 mit Hinweis auf Meilicke, DB 2002, S. 911 (914). Genauso die Anwendung auf natürliche Personen nicht grds. ausschließend Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 948. 456 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 498. Ebenfalls grds. für die Anwendbarkeit der Neuregelung auf natürliche Personen Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (604).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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wurden schon zur Altfassung verschiedene Argumente vorgebracht, weshalb diese nicht erfasst seien. Hierzu gehörte, dass Personengesellschaften in Deutschland selbst nicht der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterliegen,457 selbst gar kein Einkommen haben.458 Außerdem seien die im Ausland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft häufig nicht ihrerseits im Ausland in eine Gruppenbesteuerung eingebunden.459 Aber selbst im Fall einer solchen Einbindung der ausländischen Gesellschafter in eine ausländische Gruppenbesteuerung finde die Zurechnung der Verluste der inländischen Personengesellschaft zum Gesellschafter nicht aufgrund einer Gruppenbesteuerung statt, sondern basiere vielmehr auf dem Zurechnungskonzept der Personengesellschaften.460 Damit erfolge die Zurechnung aber nicht „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F., sondern „nur gelegentlich einer der Besteuerung des deutschen Organträgers entsprechenden Besteuerung“ 461. Ein drittes Gefüge von Argumenten geht dahin, dass die Altfassung lediglich den Import ausländischer Verluste (Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38) zu Lasten der Besteuerung im Inland, nicht aber den Export inländischer Verluste in das Ausland erfasse;462 im Fall einer inländischen Personengesellschaft mit im Ausland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern könne es aber nur zum Export inländischer Verluste kommen, der jedoch nicht von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. umfasst sei.463 Auch sei § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. auf doppelt ansässige Gesellschaften, die in eine Gruppenbesteuerung im Ausland einbezogen sind, beschränkt, sodass „Personengesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, die als Organträger fungieren,“ 464 nicht erfasst seien.465 Schließlich sei die Herstellung einer Organschaft zu einer Personengesellschaft von jeher möglich, d.h. nicht vom Wechsel vom doppelten zum einfachen Inlandsbezug des Organträgers (Einleitung, unter II., S. 26) betroffen, und auch die Gesetzesbegründung enthalte keine Hinweise auf Personengesellschaften.466 Im Gegensatz zu diesen Ansätzen, 457 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 947; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (444, 450); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (133). 458 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 947; Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 485; Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (133). 459 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 485. 460 Jänisch/Klein, BB 2007, S. 696 (697); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 485; Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (133); Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584 f.). 461 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584). 462 Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (109, 112). 463 Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (109). 464 Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (44). 465 Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (43 f.). Ähnlich Hey, BB 2002, S. 915 (916). 466 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (278) mit Hinweis auf Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (43 f.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
die Personengesellschaften ausnehmen, wurde schon zur Altfassung vertreten, dass das Merkmal der „Besteuerung des Organträgers“ eine Erfassung von Personengesellschaften nicht hindere und diese Erfassung aus gleichheitsrechtlichen Gründen auch geboten sei.467 Ob die Neufassung auf Organträger-Personengesellschaften anwendbar ist, ließ der BFH in seinem Urteil vom 12.10.2016 unbeantwortet.468 In der Literatur zur Neufassung wird darauf hingewiesen, dass Personengesellschaften zwar Einkünfteermittlungs- und Einkünftequalifikationssubjekt, nicht aber Einkünfteerzielungssubjekt seien, sodass im Fall einer Organträger-Personengesellschaft keine negativen Einkünfte der Gesellschaft (sondern ihrer Gesellschafter) gegeben seien; von den Gesellschaftern erzielte negative Einkünfte seien aber nicht tatbestandsmäßig i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.469 Unterstützt werde diese Sichtweise durch das Merkmal der „inländischen Besteuerung“, denn Personengesellschaften würden nicht im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer besteuert.470 Außerdem müsse auch nach der Neufassung der Organträger (bzw. die Organgesellschaft) in eine ausländische Gruppenbesteuerung eingebunden sein, was im Fall einer Organträger-Personengesellschaft, die zwecks Abzugs der Refinanzierungsaufwendungen des ausländischen Gesellschafters im Inland als Sonderbetriebsausgaben eingesetzt werde (Kapitel 2, unter II.2.b)cc), S. 116), nicht der Fall sei.471 Beschränke man den Anwendungsbereich der Neuregelung auf doppelt ansässige Gesellschaften, so sei die Neuregelung auf den Abzug von Refinanzierungsaufwendungen als Sonderbetriebsausgaben mangels doppelter Ansässigkeit ebenfalls nicht anwendbar.472 Das zur Altfassung vertretene Argument, es müsse sich um eine spezifisch organschaftliche Zurechnung (und nicht um eine nach allgemeinen, außerorganschaftlichen Maßstäben) handeln, wird auch zur Neufassung vertreten, weshalb Organträger-Personengesellschaften vom 467 Frotscher, in: F./D., 118. EGL 6/2013, § 14 KStG Rn. 499 (zitiert nach Benecke/ Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 [354]). Zustimmend Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 400. 468 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596). Skeptisch Wacker, IStR 2017, S. 286 (288). 469 Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (134). Zustimmend Klein, JbFSt 2013/2014, S. 585 (588); Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (603 f.); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1691). Ablehnend z. B. Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 479. Vgl. aber zur BFH-Rechtsprechung und mit guten Gründen für eine Anerkennung der Personengesellschaft als Subjekt der Einkünfteerzielung Hüttemann, GS Knobbe-Keuk, S. 39 (40 ff.). Auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 365 ff. spricht durchweg von der Gewinnerzielung durch die Personengesellschaft. 470 Von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1691 f.) mit Hinweis auf Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (450). 471 Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (134 f.). Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (604) verlangen für diesen Fall des Sonderbetriebsausgabenabzugs, dass zumindest der im Ausland ansässige Gesellschafter in eine Gruppenbesteuerung einbezogen ist. 472 Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (135 f.).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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Anwendungsbereich auch der Neufassung auszunehmen seien.473 Andere messen dieser Frage, ob die Neufassung auch Personengesellschaften erfasst, geringe Bedeutung bei, denn nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. genüge auch die Berücksichtigung der negativen Einkünfte im Ausland bei „einer anderen Person“.474 Die Gegenansicht sieht auch Organträger-Personengesellschaften als von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. umfasst an, denn ein formales Abstellen auf die Einkünfteerzielung werde der Vorschrift nicht gerecht475 bzw. bereits die Subjektivität für Zwecke der Einkünfteermittlung könne genügen, um das Merkmal der „Negative(n) Einkünfte des Organträgers“ im Hinblick auf Organträger-Personengesellschaften als erfüllt anzusehen.476 Mit Blick auf § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO über die gesonderte Feststellung von Einkünften und anderen Besteuerungsgrundlagen bei Beteiligung mehrerer Personen sei außerdem für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von einer Erzielung negativer Einkünfte durch die Personengesellschaft zu sprechen.477 Weiterhin könnten nicht nur natürliche Personen und nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Organträger sein (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG), sondern nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG auch bestimmte Personengesellschaften, die angesichts der (uneingeschränkten) Bezugnahme auf Organträger in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. umfasst seien.478 Diese weite Auslegung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., die der besonderen Eigenständigkeit der Personengesellschaft im Rahmen der Organschaft gerecht werde, werde außerdem dadurch bestätigt, dass (zentrale) Rechtsfolge die Zurechnung des Organeinkommens zur Personengesellschaft selbst, nicht aber unmittelbar zu deren Gesellschaftern sei.479 Die Neufassung bezieht sich u. a. auf die Berücksichtigung der negativen Einkünfte im Ausland im Rahmen der Besteuerung einer anderen Person. Als eine solche „andere Person“ könne der Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft angesehen werden.480 Außerdem gebiete eine verfassungskonforme Auslegung der Neufassung die Gleichbehandlung aller möglichen Organträger, d.h. neben der Anwendung auf natür-
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Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (604). Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282). Ähnlich Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 271 mit Hinweis auf Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (619). 475 Jesse, FR 2013, S. 629 (638): „überbetont die Begrifflichkeiten“. Zustimmend Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 479. 476 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 499. 477 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 271; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 479. 478 Vgl. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 498; Jesse, FR 2013, S. 629 (638). 479 Jesse, FR 2013, S. 629 (638). 480 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 499. Vgl. die Konstellation in Kapitel 2, unter II.2.b)aa) (S. 115). 474
128
Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
liche Personen und Körperschaftsteuersubjekte auch auf Personengesellschaften.481 c) Beschränkt steuerpflichtige Organträger Im Hinblick auf im Inland mit einer Zweigniederlassung beschränkt steuerpflichtige Organträger galten nach § 18 S. 2 KStG a. F. die Vorschriften der §§ 14 bis 17 KStG sinngemäß. Durch diesen einschränkungslosen Verweis war auch eine Bezugnahme auf § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. denkbar.482 Dennoch wurde eine Anwendung vielfach verneint: Zum einen müsse der im Inland nur beschränkt Steuerpflichtige im Ausland selbst in eine Gruppenbesteuerung einbezogen sein.483 Zum anderen folge die Unanwendbarkeit der Altfassung aus anderen Gründen: Die Altfassung sei auf doppelt ansässige Gesellschaften beschränkt; da es bei nur beschränkter Steuerpflicht im Inland hieran aber fehle, sei die Vorschrift nicht anwendbar.484 Außerdem folge die Berücksichtigung des inländischen Betriebsstättenergebnisses im Ausland im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht bereits aus allgemeinen Zurechnungsgrundsätzen und nicht aus spezifisch durch die Gruppenbesteuerung bedingten Gründen, was nicht für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. hinreichend sei.485 Die beschränkte Steuerpflicht des Organträgers könne auch nur einen Export inländischer Verluste in das Ausland, nicht aber einen Verlustimport (Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38) zu Lasten der inländischen Bemessungsgrundlage zur Folge haben, weshalb § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. nicht anwendbar sei.486 Zudem sei die Begründung einer Organschaft zur inländischen Zweigniederlassung eines beschränkt Steuerpflichtigen von jeher möglich; wie bei Personengesellschaften würden diese Konstellationen beschränkter Steuerpflicht weder von der Lockerung des Inlandsbezugs noch von der Gesetzesbegründung berührt.487 Auch nach Aufhebung des § 18 KStG a. F. und Neuregelung des Inlandsbezugs in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG ist eine Organschaft zu einem beschränkt steuerpflichtigen Organträger möglich, sodass sich die Frage nach der Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf beschränkt Steuerpflichtige weiterhin stellt. Teilweise wird die Vorschrift als auf den Verlustimport be481
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 499. Vgl. zur Altfassung auch Fn. 467. 482 Vgl. Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 338; Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (43). 483 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 484; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (585). 484 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 338; Hey, BB 2002, S. 915 (916); Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (43 f.). 485 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (452); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 484; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584 f.). 486 Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (109, 112). 487 Vgl. Fn. 466.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
129
schränkt angesehen, denn Fälle des Verlustexports seien aufgrund verfassungskonformer Auslegung vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen.488 Bestehe bloß eine beschränkte Steuerpflicht mit einer inländischen Betriebsstätte, dann könne es nur zum Verlustexport, auf den § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht anwendbar sei, kommen.489 Dagegen wird die Neufassung als auch auf beschränkt steuerpflichtige Organträger anwendbar erachtet.490 Teilweise wird dies aus der Bezugnahme der Neufassung auf „Negative Einkünfte des Organträgers“ statt auf ein negatives Einkommen gefolgert,491 teilweise aus der Aufhebung von § 18 KStG a. F. und der Schaffung eines einheitlichen, für alle Organträger geltenden Anforderungskatalogs in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG.492 d) Nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Organträger Auch bei im Inland intransparent besteuerten, nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgern ist eine Berücksichtigung negativer Einkünfte im In- und Ausland vorstellbar (Kapitel 2, unter II.1.c), S. 105 und unter II.1.d), S. 111). Zur Altfassung wurde vertreten, dass es bei Anwendung von Wahlrechten (z. B. den „check-the-box“ Vorschriften) oder einer Hinzurechnungsbesteuerung auf den Organträger nicht zu der erforderlichen Berücksichtigung des negativen Einkommens aufgrund einer ausländischen Gruppenbesteuerung komme; im Fall einer bestehenden Gruppenbesteuerung sei diese also nicht für die Berücksichtigung im Ausland ursächlich.493 Weiterhin sei § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. auf doppelt ansässige Gesellschaften zu beschränken, wobei eine solche (erforderliche) Doppelansässigkeit im Fall von im Inland mit Sitz und Geschäftsleitung unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaften nicht vorliege.494 Außerdem sei das Merkmal der Berücksichtigung „im Rahmen einer der deutschen Besteue488 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 275 („Keine Anwendung auf Fälle des Verlustexports“). 489 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 271. 490 Ohne weitere Begründung Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 498. 491 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 479. 492 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (658 f.). Damit kommen Urtz und Kolbe (Fn. 489) zu gegenteiligen Ergebnissen, obwohl beide § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. als auf den sog. Verlustimport beschränkt ansehen (vgl. Fn. 488 zu Kolbe und Urtz, FS Frotscher, S. 629 [659 ff.]). Eine Begründung könnte in dem Umstand gesucht werden, dass sich Kolbe hauptsächlich auf verfassungsrechtliche, Urtz dagegen auf europarechtliche Erwägungen stützt. 493 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584 f.). Ähnlich Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (44). 494 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 335; Hey, BB 2002, S. 915 (915 f.); Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (44). Genauso Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (276, 279 f.), die mangels Doppelansässigkeit die Fälle des „régime du bénéfice consolidé“ (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106) und der „check-the-box“ Regeln (Kapitel 2, unter II.1.c)cc), S. 109) als nicht erfasst ansehen.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
rung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ so zu verstehen, dass nur die Berücksichtigung im Ausland bei derselben Person (dem Organträger) und nicht bei anderen Personen (z. B. den Anteilseignern) genüge.495 Zur Neufassung wird eine Erfassung von Organträgern mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland unter Hinweis darauf, dass nur doppelt ansässige Organträger erfasst seien, teilweise abgelehnt.496 Aus dem Entstehungszusammenhang der Alt- und der Neufassung (jeweils Änderung des Inlandsbezugs) wird außerdem hergeleitet, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht anwendbar sei, wenn der Organträger und die Organgesellschaft jeweils einen doppelten Inlandsbezug aufweisen, d.h. Sitz und Geschäftsleitung im Inland haben.497 Andererseits wird dies zwar kritisiert, wird die Neufassung aber dennoch für auf Organträger mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, deren Ergebnisse im Ausland aufgrund der Ausübung eines Wahlrechts zur transparenten Besteuerung berücksichtigt werden, anwendbar gehalten.498 e) Doppelt ansässige Organträger In den vorstehenden Abschnitten I.1.a) bis I.1.d) ging es um die Frage, ob einzelne Erscheinungsformen der Organträgerschaft vom Anwendungsbereich der Alt- und Neufassung auszunehmen sind. Um dies zu begründen, wurde sich mehrfach darauf berufen, dass die Vorschrift auf Fälle der Doppelansässigkeit beschränkt sei, sodass der diesbezügliche Diskussionsstand von Bedeutung ist. Zur Altfassung wurde mehrheitlich eine Einschränkung auf doppelt ansässige Organträger befürwortet. Dies wurde einerseits damit begründet, dass die Gesetzesbegründung499 nur auf doppelt ansässige Gesellschaften Bezug nimmt.500 Andererseits sei der Entstehungszusammenhang, d.h. die durch dasselbe Gesetz in § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 KStG zugelassene Möglichkeit der Begründung einer Organschaft zu einem Organträger, der nur seine Geschäftsleitung und nicht auch 495
Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451 f.). Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (604 f.). 497 Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (100). Vgl. auch Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 968, der aus den Merkmalen der „inländischen Besteuerung“ und der Berücksichtigung „in einem ausländischen Staat“ ableitet, dass diese Fälle nicht erfasst seien, und auf den im Schreiben der Verbände v. 19.4.2013 (Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. et al., Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts – Folgeprobleme bei den Regelungen zur Organschaft), S. 2 ff. geschilderten Fall eines Organträgers oder einer Organgesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte verweist. Im Ergebnis handelt es sich hierbei um den in Kapitel 2, unter II.1.a)aa) (S. 101) behandelten Fall. 498 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 490, 496, 498. 499 BT-Drs. 14/6882, S. 37. 500 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 332; Hey, BB 2002, S. 915 (915); Jänisch/Klein, BB 2007, S. 696 (697); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (161); Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (190). 496
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
131
seinen Sitz im Inland hat (sog. einfacher Inlandsbezug),501 zu berücksichtigen: Die Tatsache, dass § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. im Kontext des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F. durch dasselbe Gesetz verortet worden sei, spreche für eine systematische Bezugnahme nur auf die nach letzterer Vorschrift nun zulässigen, doppelt ansässigen Organträger.502 Denn andere Situationen als doppelt ansässige Organträger mit u. U. ähnlichen Ergebnissen (z. B. mit einer Zweigniederlassung beschränkt steuerpflichtige Organträger oder Organträger-Personengesellschaften mit beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern) gebe es schon länger, seien mithin kein Novum, das eine gesetzgeberische Handlung in Form von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. erfordere.503 Die rückwirkende Einführung sowohl der Nr. 2 als auch der Nr. 5 für Veranlagungszeiträume ab 2001 spreche genauso für den Zusammenhang, denn letztere (belastende) Vorschrift schränke dann nur erstere (begünstigende) Vorschrift ein, stelle zumindest keine eigenständige, verfassungsrechtlich im Hinblick auf die Rückwirkung separat zu untersuchende Belastung dar.504 Auch sei es verfassungsrechtlich geboten, dass Verluste im Inland bei der sie erleidenden Person berücksichtigt werden, sodass eine Verlustberücksichtigung im Ausland bei einem anderen, ausländischen Steuerrechtssubjekt als Grund für die Nichtberücksichtigung im Inland bei ersterer Person verfassungsrechtlich nicht hinzunehmen und die Altfassung auf doppelt ansässige Organträger zu beschränken sei.505 Eine Anwendung der Altfassung nur auf doppelt ansässige Organträger wurde andererseits (inzident) mit der Annahme abgelehnt, dass § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. eingreifen könne, wenn eine ausländische Gruppenbesteuerung die Einbeziehung nur im Inland ansässiger Organträger als untergeordnete Gesellschaft (Gruppengesellschaft) zulasse.506 Weiterhin sei eine vorsichtige Handhabung der Gesetzesmaterialien geboten, müsse aus der gleichzeitigen Zulassung auch doppelt ansässiger Organträger nicht zwangsläufig auf eine entsprechende Beschränkung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. geschlossen 501 Art. 2 Nr. 6 des UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, S. 3858 ff. Obwohl ursprünglich im Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, FR 2001, Beilage zu Heft 11, S. 19 für hinreichend angesehen, setzte sich damit nicht der Ansatz durch, dass auch ein inländischer Sitz bei ausländischer Geschäftsleitung für die Eignung als Organträger genügt. 502 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 332; Hey, BB 2002, S. 915 (916); Jänisch/Klein, BB 2007, S. 696 (697); Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (190); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (161). 503 Hey, BB 2002, S. 915 (916). 504 Hey, BB 2002, S. 915 (916). 505 Hey, BB 2002, S. 915 (916); Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (190); Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 168 f. Vgl. auch Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 181, 186 f. 506 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 487. Strittig war allerdings, ob das Merkmal „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ verlangt, dass der Organträger auch in der ausländischen Gruppenbesteuerung übergeordnete Gesellschaft (Gruppenträger) ist. Vgl. Kapitel 4, unter III.2. (S. 207).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
werden und sei es denkbar, dass auch eine nur in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaft in eine ausländische Gruppenbesteuerung einbezogen wird.507 Zur Neufassung wird ein (implizites) Erfordernis der Doppelansässigkeit teilweise abgelehnt. Dies geschieht zum einen unter Hinweis auf den Wortlaut, der keine Doppelansässigkeit verlangt.508 Auch wird aus dem Tatbestandsmerkmal der Berücksichtigung der negativen Einkünfte im Rahmen der Besteuerung einer anderen Person geschlossen, dass die Neufassung keine Doppelansässigkeit verlange.509 Drittens wird auf das Gesetzgebungsverfahren verwiesen, in dem der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags510 die Doppelansässigkeit ausdrücklich verlangende Merkmale vorschlug, sich diese geänderte Fassung im Vermittlungsausschuss511 aber (zugunsten der ursprünglichen Fassung) nicht durchsetzen konnte.512 Außerdem verwende die Gesetzesbegründung513 im Hinblick auf doppelt ansässige Organgesellschaften das Wort „insbesondere“, spreche ausdrücklich also nur einen wesentlichen Anwendungsfall an.514 Der Entstehungszusammenhang, im Rahmen dessen für die Organgesellschaft der sog. einfache Inlandsbezug in §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG verankert wurde, sei auch kein Aspekt, der zur Beschränkung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf doppelt ansässige Organgesellschaften zwinge.515 Sechstens sei nicht erkennbar, warum es einen Unterschied mache, dass ein Organträger im In- und im Ausland oder nur im Ausland unbeschränkt und im Inland beschränkt steuerpflichtig ist;516 nur der erste, nicht der zweite Fall wäre dann erfasst. Nehme man eigene, außerorganschaftliche negative Einkünfte des Organträgers vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aus und konzentriere die Vorschrift auf die Berücksichtigung negativer Einkünfte der Organgesellschaft beim Organträger im Wege der Einkommenszurechnung, dann sei ein Erfordernis der Doppelan-
507
Zur Altfassung Urtz, FS Frotscher, S. 629 (649 f.). Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 497; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 271; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282). 509 Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (619). 510 Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ddd der Beschlussempfehlung v. 24.10.2012, BT-Drs. 17/11180. Vgl. auch den Bericht v. 25.10.2012, BT-Drs. 17/11217, S. 8: „Zudem wird die Anwendung auf doppeltansässige Gesellschaften beschränkt.“ 511 BT-Drs. 17/11841. 512 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (352 f.); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (147); Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 497; Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 618; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650 f.). 513 BT-Drs. 17/10774, S. 20. 514 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650). 515 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650). 516 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 477. 508
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
133
sässigkeit abzulehnen.517 Demgegenüber wird auch zur Neufassung vom Entstehungszusammenhang mit der Verankerung des einfachen Inlandsbezugs für Organgesellschaften auf eine Beschränkung auf Fälle der Doppelansässigkeit geschlossen.518 Die Tatsache, dass der Änderungsvorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags nicht Gesetz wurde, könne auch so gedeutet werden, dass der ursprüngliche Normtext als hinreichend eindeutig auf doppelt ansässige Gesellschaften beschränkt angesehen wurde.519 Aus dem Umstand, dass die Gesetzesbegründung von einer Ausdehnung der bislang für den Organträger geltenden Vorschrift auf Organgesellschaften anlässlich der Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs für die Organgesellschaft spreche, könne geschlossen werden, dass man nicht die Abschaffung des Erfordernisses doppelter Ansässigkeit, sondern nur dessen Ausweitung auf Organgesellschaften gewollt habe.520 Aus § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i. d. F. des UntStReiseKG vom 20.2.2013521, wonach § 14 Abs. 1 S. 1 erster Hs., S. 1 Nr. 5 KStG und § 17 S. 1 KStG in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden sind, wurde gefolgert, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die (begünstigende) Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG nur einschränken könne, um verfassungsrechtliche Probleme der Rückwirkung zu vermeiden.522 2. Organgesellschaft §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG i. d. F. vor dem UntStReiseKG vom 20.2.2013523 verlangten von Organgesellschaften einen sog. doppelten Inlandsbezug, d.h. Geschäftsleitung und Sitz mussten im Inland sein (vgl. Einleitung, unter II., S. 26). Diese Anforderungen mochten gegen europäische Grundfreiheiten verstoßen, was vom EuGH aber nicht geklärt wurde. In der Literatur zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. wurde davon ausgegangen, dass doppelt ansässige Organgesellschaften (anders als doppelt ansässige Organträger) nicht umfasst seien.524 Nach §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG i. d. F. seit dem UntStReiseKG vom 20.2. 2013 ist ein sog. einfacher Inlandsbezug nötig, wonach sich die Geschäftsleitung im Inland befinden muss; zwar muss sich der Sitz nicht mehr im Inland befinden, die Anforderungen hieran sind aber insofern qualifiziert, als dass dieser in
517 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 271 („Doppelte Ansässigkeit des Organträgers“). 518 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (135). 519 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605). 520 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605). 521 BGBl. I 2013, S. 285 ff. 522 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605). 523 BGBl. I 2013, S. 285 ff. 524 Meilicke, DB 2002, S. 911 (913). Vgl. auch Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 205.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
einem EU-Mitgliedstaat bzw. EWR-Vertragsstaat sein muss.525 Damit kommen hauptsächlich Situationen in Betracht, in denen die Organgesellschaft in zwei Staaten doppelt ansässig ist (Kapitel 2, unter II.3.b), S. 120), in denen die Organgesellschaft Sitz und Geschäftsleitung im Inland hat, aber ein Auslandsengagement unterhält (Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99 und unter II.1.b), S. 103), oder in denen ihre Ergebnisse im Ausland auf Ebene ihrer (direkten) Gesellschafter berücksichtigt werden (Kapitel 2, unter II.1.e), S. 111). Zur Neufassung wird auf die Anwendungsregelung des § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG, wonach § 14 Abs. 1 S. 1 erster Hs., S. 1 Nr. 5 KStG und § 17 S. 1 KStG in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden sind, verwiesen: Enthalte § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nur Einschränkungen hinsichtlich der nunmehr nach dem KStG ausdrücklich zulässigen Organgesellschaften, dann möge eine (echte) Rückwirkung vermieden werden können.526 Außerdem seien der ausdrückliche Hinweis auf doppelt ansässige Organgesellschaften in der Gesetzesbegründung sowie der Zusammenhang des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit der gesetzlich festgeschriebenen Zulassung doppelt ansässiger Organgesellschaften zu berücksichtigen.527 Die Tatsache, dass eine Einschränkung auf doppelt ansässige Gesellschaften im Gesetzgebungsverfahren zwar erwogen, aber nicht übernommen wurde, könne auch so gedeutet werden, dass schon die ursprüngliche (und dann Gesetz gewordene) Fassung bereits hinreichend auf Fälle doppelter Ansässigkeit beschränkt sei.528 Mehrheitlich wird eine Einschränkung auf doppelt ansässige Organgesellschaften jedoch abgelehnt. Dies geschieht zunächst – wie auch im Hinblick auf den Organträger (Kapitel 3, unter I.1.e), S. 130) – unter Hinweis auf den insoweit uneingeschränkten Wortlaut.529 Der Zusammenhang mit der Abschaffung des gesetzlich geforderten sog. doppelten Inlandsbezugs für Organgesellschaften zwinge nicht zur Annahme eines Erfordernisses doppelter Ansässigkeit.530 Dass die ursprüngliche Fassung ohne weitere Einschränkungen schließlich Gesetz wurde, sei so zu verstehen, dass eine Einschränkung auf doppelt ansässige Organgesellschaften nicht beabsichtigt gewesen sei.531 In der Gesetzesbegründung532 werde
525 526
Umfassend hierzu Weigert/Strohm, DK 2013, S. 249 (256 f.). Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131
(135). 527
Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (604 f.); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131
(135). 528
Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (605). Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 497; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 273; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282). 530 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650). 531 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (352 f.); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (147); Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 497; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 273; Müller, in: M./S./L., Die Organ529
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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der Fall der doppelt ansässigen Organgesellschaft auch nicht als einziger, sondern als ein möglicher, „prädestinierter“ Anwendungsfall präsentiert.533 Wertend sei auch kein Unterschied zwischen einer nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen und einer sowohl im Inland als auch im Ausland unbeschränkt steuerpflichtigen Organgesellschaft erkennbar, wenn diese jeweils in ihrer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte negative Einkünfte erziele.534 3. Stellungnahme Die dargestellten Ansichten und Argumente sind sehr unterschiedlich. Grob lassen sie sich jeweils einer befürwortenden oder einer ablehnenden Haltung zuordnen. Im Detail besteht aber eine regelrechte Meinungsvielfalt. Obwohl die Argumente häufig der Begründung einer im Ergebnis übereinstimmenden Position (befürwortend oder ablehnend) dienen, sind sie oftmals im Grundsätzlichen nicht miteinander vereinbar. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass der Altoder der Neufassung ein anderes Verständnis oder Konzept und damit ein anderer Zweck zugrunde gelegt wird. Beispielhaft für zwei im Ergebnis übereinstimmende, in der Begründung aber unvereinbare Sichtweisen kann auf zwei Auffassungen verwiesen werden, die eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. auf nur im Inland ansässige, in eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung einbezogene Organträger (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106) ablehnen: Im Ergebnis wird eine Anwendung der Altfassung abgelehnt, dies wird aber einerseits hauptsächlich mit der Abwesenheit einer erforderlichen Doppelansässigkeit,535 andererseits mit der fehlenden Berücksichtigung des negativen Einkommens (der negativen Einkünfte) bei derselben Person (als Organträger) im Ausland begründet.536 Die Ursache ist insbesondere die einschränkungslose Verwendung des Begriffs des Organträgers in der Alt- und in der Neufassung. Durch den Gebrauch eines Attributs (z. B. „doppelt ansässig“ oder „mit Sitz oder [sic] Geschäftsleitung im Inland“) und/oder eines anderen Worts (z. B. „Gesellschaft“ oder „Körperschaftsteuersubjekt“) hätte eine Einschränkung erreicht, eine insofern eindeutige Gesetzesauslegung und Gesetzesanwendung gewährleistet werden können. Der Kontext des § 14 KStG (und zur Zeit der Einführung der Altfassung auch des schaft, Rn. 618; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650 f.). 532 BT-Drs. 17/10774, S. 20 („insbesondere“). 533 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (650). 534 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 477. 535 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (279). 536 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451 f.), der keine Doppelansässigkeit verlangt, da er den outbound Fall einer ausländischen Betriebsstätte des Organträgers, die die Obereinheit einer ausländischen, steuerlichen Gruppe ist, als auch von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. umfasst ansieht (S. 454 f.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
§ 18 KStG a. F.) erlaubt zur Alt- und zur Neufassung allerdings ein weites Verständnis des möglichen Wortsinns „Organträger“, welches natürliche Personen, Personengesellschaften und Körperschaftsteuersubjekte, Fälle der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht und der Doppelansässigkeit erfassen kann. Ein engeres Verständnis ist mithin begründungsbedürftig. Die diversen zur Begründung einer Einengung vorgebrachten Argumente mögen methodisch der Bestimmung des Gesetzeszwecks, der Gesetzesauslegung oder schon der Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion zuzuordnen sein. Denn unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung kann z. B. ein historisches oder teleologisches Argument, dass sich der Zweck von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf die doppelte Berücksichtigung negativer Einkünfte bei doppelt ansässigen Gesellschaften beschränkt, entwickelt werden. Unter Rückgriff auf den so ermittelten Zweck kann dann beispielsweise eine teleologische Auslegung, ggf. eine Reduktion, begründet werden. Von einer teleologischen Reduktion wird auch teilweise in der Literatur gesprochen.537 Es wird hierdurch eine Vorschrift über ihren (durch Auslegung bestimmten) Wortsinn hinaus eingeengt, eine dem Wortsinn nach anwendbare Regelung unter Rückgriff auf den Sinn und Zweck zurückgenommen, um nach der Wertung nicht Vergleichbares nicht derselben Regelung zu unterwerfen und damit auch ungleich zu behandeln.538 Zielt der jeweilige Vorschlag auf eine solche Reduktion ab, dann dient das jeweilige Argument meines Erachtens der Begründung einer „,planwidrige(n) Unvollständigkeit‘ des Gesetzes“ 539, d.h. eine nach dem Plan des Gesetzesgebers erforderliche Regelung (Einschränkung) wurde versehentlich nicht eingefügt. Oft wird aber dann in der Literatur meines Erachtens die erforderliche Wertung fehlender Vergleichbarkeit nicht oder unzureichend vorgenommen. Für eine Ausgrenzung natürlicher Personen als Organträger mag sprechen, dass in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags540 auf einen ausländischen Sitz abgestellt wurde, natürliche Personen aber 537 Nicht notwendig spezifisch im Hinblick auf das Merkmal Organträger Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 329; Rödder, JbFSt 2013/2014, S. 103 (119). Eine teleologische Reduktion lehnt Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 653 ff. ab und gelangt zu einem weiten persönlichen Anwendungsbereich, der die in diesem dritten Kapitel (unter I.1., S. 123 und unter I.2., S. 133) behandelten Fallgruppen umfasst. 538 Hauptsächlich mit Blick auf das Zivilrecht Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 210 f. Vgl. für das Steuerrecht Englisch, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 85. Larenz/Canaris sprechen in diesem Fall einer an sich mangels expliziter Einschränkung anwendbaren Regelung von einer „verdeckten Lücke“ (S. 198). Vgl. zum entgegengesetzten Fall der „teleologischen Extension“ z. B. BFH, Urt. v. 2.12.2015, V R 25/13, BFHE 251, S. 534 (542 ff. [Personengesellschaft als juristische Person i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG]). 539 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 194. 540 Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ddd der Beschlussempfehlung v. 24.10.2012, BT-Drs. 17/11180. Vgl. die Bemerkung von Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 499, wonach „der Gesetzgeber der Frage, ob auch
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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keinen Sitz i. S. d. § 11 AO haben können. Außerdem wurde in dem dazugehörigen Bericht541 ausdrücklich von doppelt ansässigen Gesellschaften gesprochen. Man mag dem andererseits entgegenhalten, dass natürliche Personen im Umkehrschluss von der geltenden Fassung umfasst seien, da diese Einschränkung nicht übernommen wurde. Wie in der Literatur vorgeschlagen mag man für „Negative Einkünfte des Organträgers“ verlangen, dass dieser jene Einkünfte auch erzielt. Der bestimmte Artikel „des“ drückt zwar eine Zugehörigkeit oder Zuordnung aus, zwingend ergibt sich hieraus aber kein Erfordernis der Einkünfteerzielung. Mit der Tatsache, dass Personengesellschaften und Betriebsstätten von jeher in die Organschaft einbezogen werden können (vgl. § 7a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 6 KStG i. d. F. des Gesetzes vom 15.8.1969542) und § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. jeweils im Zusammenhang mit der Lockerung des organschaftlichen Inlandsbezugs stehen, mag man eine Ausgrenzung von Personengesellschaften und Betriebsstätten rechtfertigen. Demgegenüber kann man anführen, dass ursprünglich auch für Personengesellschaften ein doppelter Inlandsbezug bestand, eben jener 2001 bzw. 2013543 aber genauso zurückgenommen wurde. Ebenso mag der Entstehungszusammenhang von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit dem in §§ 14, 17 KStG neu geregelten Inlandsbezug für Organträger und Organgesellschaften und der Abschaffung von § 18 KStG a. F. ein anderes Bild abgeben: Nunmehr können gem. §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG auch Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU bzw. im EWR und Geschäftsleitung im Inland Organgesellschaft sein; nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG muss ein Organträger weder Sitz noch Geschäftsleitung, aber eine inländische Betriebsstätte, der die die finanzielle Eingliederung vermittelnde Beteiligung an der Organgesellschaft bzw. bei mittelbarer Beteiligung die Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist, haben. Gegen eine solche extensive Sichtweise mag man jedoch einwenden, dass die Gesetzesbegründung544 diesen Fall nur beschränkter Steuerpflicht des Organträgers im Inland nicht nennt, vielmehr den Fall der doppelt ansässigen Organgesellschaft hervorhebt, und dass beschränkt steuerpflichtige Organträger auch zuvor gem. § 18 KStG a. F. möglich waren. Diesem letzten Aspekt ist jedoch entgegenzusetzen, dass mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG die Anforderungen an beschränkt steuerpflichtige Organträger teilweise gelockert (Betriebsstätte statt einer inländischen, in das Han-
Personengesellschaften und natürliche Personen von der Vorschrift betroffen sein sollen, offensichtlich keine Beachtung geschenkt hat.“ 541 Bericht v. 25.10.2012, BT-Drs. 17/11217, S. 8. Vgl. auch das Zitat in Fn. 510. 542 BGBl. I 1969, S. 1182 ff. 543 § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 KStG i. d. F. des Art. 2 Nr. 6 des UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, S. 3858 ff.; § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2, S. 4 bis 7 KStG i. d. F. des Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb des UntStReiseKG v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, S. 285 ff. 544 BT-Drs. 17/10774, S. 20.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
delsregister eingetragenen Zweigniederlassung) bzw. verschärft (Zuordnung der Beteiligung zur inländischen Betriebsstätte auch für Zwecke der DBA) wurden.545 Dem ersten Aspekt – und damit der Gesetzesbegründung – mag (relativierend) das BFH-Urteil vom 14.5.1991546 zur Berücksichtigung des (negativen) Sonderbetriebsvermögens des Kommanditisten für Zwecke der Ermittlung des Kapitalkontos i. S. v. § 15a EStG entgegengesetzt werden, wonach das noch in der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf genannte Sonderbetriebsvermögen trotz des insoweit offenen Wortlauts insbesondere aus Gründen des Zwecks und der Systematik nicht zu berücksichtigen war. Betrachtet man die Gesetzesbegründung zur Altfassung547, dann fällt auf, dass diese abschließend auf doppelt ansässige Gesellschaften Bezug nahm, d.h. keinen auf eine nicht abschließende Aufzählung hinweisenden Zusatz enthielt. Eine Auslegung, die andere als doppelt ansässige Gesellschaften erfasst, konnte daher nur schwer auf die Gesetzesbegründung gestützt werden. Die Gesetzesbegründung zur Neufassung548 nennt die Einbeziehung des Organträgers in eine Gruppenbesteuerung in verschiedenen Ländern und den Fall der doppelt ansässigen Organgesellschaft dagegen nur als Beispiels- („z. B.“) bzw. Hauptanwendungsfall („insbesondere“). Damit wird umgekehrt eine Auslegung, die § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf Fälle der Doppelansässigkeit zu beschränken sucht, schwieriger zu begründen sein. Betrachtet man den ersten Satz der Gesetzesbegründung zur Neufassung, dann scheint dieser auf die Altfassung Bezug zu nehmen. Konzentriert man sodann die Betrachtung auf dessen zweiten Teil („z. B. weil der Organträger in verschiedenen Ländern in eine Gruppenbesteuerung einbezogen ist.“), dann fällt auf, dass (isoliert) ein Erfordernis doppelter Ansässigkeit nicht ausgesprochen, sondern vielmehr die Einbeziehung in eine Gruppenbesteuerung in verschiedenen Ländern in den Vordergrund gerückt wird. Eine solche Einbeziehung ist aber außer im Fall doppelter Ansässigkeit (Kapitel 2, unter II.3., S. 118) häufig beispielsweise auch bei beschränkt steuerpflichtigen Organträgern (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112) oder umgekehrt im Fall eines Auslandsengagements bei unbeschränkter Steuerpflicht im Inland (Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99 und unter II.1.b), S. 103) möglich. Die Anwendungsregelung des § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG, wonach § 14 Abs. 1 S. 1 erster Hs., S. 1 Nr. 5 KStG und § 17 S. 1 KStG in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden sind, so zu verstehen, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Hinblick auf Organgesellschaften nur im Fall der Doppelansässigkeit Anwendung findet, mag Bedenken einer verfassungswidrigen Rück545
Vgl. Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (135). BFH, Urt. v. 14.5.1991, VIII R 31/88, BFHE 164, S. 516 ff. Hierauf verweisen Hey, BB 2002, S. 915 (915); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (159). 547 BT-Drs. 14/6882, S. 37. 548 BT-Drs. 17/10774, S. 20. 546
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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wirkung Rechnung tragen. Schließt man sich aber der Sichtweise an, dass die Einschränkung auf Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland als Organgesellschaft gegen europäische Grundfreiheiten verstieß und bereits zuvor Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in der EU bzw. im EWR taugliche Organgesellschaften waren, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. diesen bestehenden Rechtszustand also verschärft,549 dann verliert dieser Aspekt seine Überzeugungskraft. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung auch über das Merkmal der Organgesellschaft hinaus ausgeweitet wurde (z. B. Entfallen des Merkmals einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung).550 Ob – wie für eine teleologische Reduktion erforderlich – unter Wertungsgesichtspunkten solche Unterschiede zwischen doppelt ansässigen Organträgern bzw. Organgesellschaften und anderen Konstellationen grenzüberschreitender Aktivität vorliegen, als dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden, ist meines Erachtens fraglich.551 Die körperschaftsteuerliche Organschaft hat (im Hinblick auf die Organgesellschaft) die Überwindung des sog. Trennungsprinzips zur Folge, im Verlustfall erlaubt dies den periodeninternen Ausgleich mit den Gewinnen anderer Steuerpflichtiger (Organträger, andere Organgesellschaften), es ergibt sich ein Liquiditätsvorteil zugunsten der in der Organschaft zusammengefassten wirtschaftlichen Einheit (Kapitel 1, unter II.1., S. 46). Besteht auf Ebene des Organträgers keine Möglichkeit zum (periodeninternen) Ausgleich, dann kann dessen Einbindung in eine ausländische Gruppenbesteuerung nicht nur diesen periodeninternen Ausgleich mit dem (positiven) Ergebnis eines Dritten ermöglichen, sodass, wenn auch bei der ausländischen Besteuerung, periodenintern ein Liquiditätsvorteil entsteht. Vielmehr kann es solcherart auch zur Verrechnung mit im Inland nicht steuerpflichtigen Gewinnen (sog. non-dual inclusion income) kommen. Eine solche Möglichkeit der Verrechnung im Ausland mag sich bei Doppelansässigkeit ergeben, ist hierauf aber nicht beschränkt, sondern ergibt sich in allen denjenigen Fällen, in denen das Ausland eine (freie) Verrechnung mit nicht in Deutschland steuerpflichtigen Gewinnen zulässt. Dies kann auch bei im Ausland unbeschränkt und im Inland beschränkt oder bei nur im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen der Fall sein. Eine einschränkende Auslegung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. lässt sich im Ergebnis nicht überzeugend begründen. Bestätigt wird dieses Ergebnis (rechtsvergleichend) durch eine Betrachtung der Anwendungsbereiche der in Kapitel 2 (unter I.2., S. 76) geschilderten ausländischen Vorschriften. So waren etwa die 549
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485b. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485c. 551 Auch Lüdicke, BFIT 2014, S. 309 (312) weist darauf hin, dass die doppelte Verlustberücksichtigung kein Spezifikum hybrider Gesellschaften sei, sondern genauso bei beschränkter Steuerpflicht, übereinstimmender Behandlung als transparent oder Doppelansässigkeit eintreten kann. 550
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
US-amerikanischen „dual consolidated loss“ Vorschriften ursprünglich auf doppelt ansässige Gesellschaften beschränkt, wurden aber sodann auf ausländische Betriebsstätten und Personengesellschaften („separate units“) und Fälle der Wahlrechtsausübung („hybrid entity separate unit“) ausgeweitet (vgl. Einleitung, unter I., S. 22; Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79 und unter II.1.c)cc), S. 109). Auch die OECD schlägt dementsprechend nicht nur die „Dual-resident payer rule“ (Empfehlung 7), sondern auch eine „Deductible hybrid payments rule“ (Empfehlung 6) vor (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87).
II. Negative Einkünfte Nach einer kurzen Abgrenzung des Merkmals der negativen Einkünfte vom Begriff der Aufwendungen (unter II.1., S. 140) wird untersucht, inwiefern das Einkommen bzw. die Einkünfte für Zwecke der Alt- bzw. Neufassung selbständig („stand alone“) zu ermitteln sind (unter II.2., S. 141). Ob unter „Einkünften“ i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. das Ergebnis einer Einkunftsquelle, einer Einkunftsart oder die Summe der Einkünfte zu verstehen ist, hat unmittelbare Auswirkungen auf das Verhältnis der Neufassung zum Verlustausgleich und Verlustabzug (unter II.3., S. 158). Ausführungen zu weiteren, vorgeschlagenen Einschränkungen folgen (unter II.4., S. 169), eine Zusammenfassung der hier vertretenen Ansicht schließt diesen Abschnitt ab (unter II.5., S. 175). 1. Begriff der negativen Einkünfte Der Begriff der negativen Einkünfte wird von den Steuergesetzen an diversen Stellen verwendet. Beispielsweise definiert § 8c Abs. 1 S. 1 KStG die „nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte“ als „nicht genutzte Verluste“ und § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG bestimmt, dass u. a. „vom übertragenden Rechtsträger nicht ausgeglichene negative Einkünfte“ auf den übernehmenden Rechtsträger nicht übergehen. Was unter den Einkünften zu verstehen ist, wird von § 2 Abs. 2 S. 1 EStG vorgegeben (Kapitel 1, unter I.1., S. 35). Auch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. spricht in der Rechtsfolge von „Negative(n) Einkünfte(n)“ und nimmt hierauf mit dem Personalpronomen „sie“ im Tatbestand Bezug. Dementsprechend wurde auch in der Rechtsprechung und in der Literatur vertreten, dass mit dem Merkmal der negativen Einkünfte allgemein ein Saldo – und nicht speziell einzelne Aufwendungen – gemeint sei.552 Teilweise wurde auf § 2a Abs. 1
552 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184); Brunsbach/Freiling, FS Endres, S. 61 (71); Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 664; Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.17; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (514); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (136).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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S. 2 EStG und § 3c Abs. 2 S. 1 EStG hingewiesen, die von „Gewinnminderungen“ bzw. „Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten“ sprechen.553 Demgegenüber stellte der mit den Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats vom 24.10.2014554 eingebrachte § 4 Abs. 5a S. 2 EStG-E auf „(d)ie einer Betriebsausgabe zugrunde liegenden Aufwendungen“ ab. Gleichermaßen nimmt § 4i S. 1 EStG auf die „Aufwendungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft“ Bezug.555 Meines Erachtens ergibt sich aus diesen Aspekten, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. notwendig auf einen Saldo und nicht auf einzelne Erwerbsaufwendungen (z. B. Zinszahlungen) abstellt. 2. Grundsatz eigenständiger Einkommensermittlung („stand alone“) Dissens besteht zur Alt- und zur Neufassung, ob jeweils die separaten Ergebnisse des Organträgers und der Organgesellschaft oder vielmehr ein Saldo aus diesen Ergebnissen gemeint ist (unter II.2.a), S. 141). Es ist insofern von Bedeutung, auf welcher Ebene der Einkommensermittlung beim Organträger das Organeinkommen erfasst (unter II.2.b), S. 147) und wie mit den Spezifika der sog. Bruttomethode umgegangen wird (unter II.2.c), S. 149). Diese Auseinandersetzung ist Grundlage für einen eigenen Vorschlag (unter II.2.d), S. 150). a) Zusammenfassung von Einkommen bzw. Einkünften oder isolierte Betrachtung Auch bei Organschaft erzielt die Organgesellschaft weiterhin „ihre“ Einkünfte (Kapitel 1, unter II.3.b), S. 51), die das dem Organträger zuzurechnende, auf Ebene der Organgesellschaft grundsätzlich selbständig ermittelte Einkommen bilden. Im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. (unter II.2.a)aa), S. 142) und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (unter II.2.a)bb), S. 144) ist mit Blick auf die Merkmale des negativen Einkommens des Organträgers bzw. der negativen Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft(en) stets uneinheitlich beurteilt worden, ob das Einkommen bzw. die Einkünfte eigenständig zu bestimmen sind. Im Folgenden wird diskutiert, ob die Vorschrift immer nur auf einen Saldo aus den Einkommen des Organträgers und der Organgesellschaft(en) bzw. aus den Einkünften des Organträgers und der Organgesellschaft(en) anwendbar ist.
553 Zu § 2a EStG Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (137); zu § 3c EStG Goebel/ Ungemach, NWB 2013, S. 595 (602). 554 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst. a). 555 Schnitger, IStR 2017, S. 214 (217) schließt hieraus auf einen Vorrang gegenüber § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Vgl. auch die aktuelle Überarbeitung des § 4i S. 1 EStG (dazu Fn. 305).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
aa) Meinungsstand zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. Ursache der unterschiedlichen Beurteilung zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. ist zu einem großen Teil, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung556 noch von „Ein(em) negative(n) Einkommen der Organgesellschaft“ sprach, der Gesetz gewordene § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. aber von „Ein(em) negative(n) Einkommen des Organträgers“ spricht (Einleitung, unter III., S. 28). Nach einer Auffassung ist allein (entsprechend der ursprünglichen Formulierung) das Einkommen der Organgesellschaft maßgeblich.557 Hiernach seien eigene „Verluste“ des Organträgers von der Altfassung nicht erfasst, sondern nur die dem Organträger zugerechneten der Organgesellschaft.558 Anderenfalls, d.h. bei Erfassung auch des „eigenen“ Einkommens des Organträgers, würde ein Organträger im Vergleich zu Nicht-Organträgern allein aufgrund der Stellung als Organträger schlechter gestellt.559 Nur im Hinblick auf das Einkommen der Organgesellschaft (und nicht hinsichtlich desjenigen des Organträgers) werde das Steuersubjektprinzip durchbrochen, die Berücksichtigung im Ausland erlaube es, die Berücksichtigung beim Organträger trotz der handelsrechtlichen Verlustübernahme zu versagen.560 Demgegenüber sehen andere561 nur das eigene Einkommen des Organträgers vor Zurechnung des Organeinkommens als erfasst an: Zwar sei dieses Ergebnis der Anwendung der Altfassung auf Organträger aufgrund ihrer Stellung als Organträger und damit ihre Schlechterstellung im Vergleich zu Fällen fehlender Organträgerstellung verfassungsrechtlich nicht bedenkenlos; hieraus könne aber nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass das „eigene“ Einkommen des Organträgers vor Zurechnung nicht gemeint sei.562 Dass das Organeinkommen als solches nicht gemeint sei, folge auch aus dem Gesetzgebungsverfahren, im Rahmen dessen zugunsten einer Bezugnahme auf das negative Einkommen des Organträgers entschieden wurde.563 Außerdem werde im Ausland die Rechts556
BT-Drs. 14/6882, S. 9. Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 478; Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 959. Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (Fn. 53) hält diese Ansicht für „ausgeschlossen“. 558 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 478 („Verlustes der OG“, „die dem OT zugerechneten Verluste der OG“), 489 („Verluste der OG“); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 959 („Verluste einer Organgesellschaft“). 559 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 478; Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 959. 560 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 478. 561 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (446); Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 615; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (13 f.); Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (110); Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (43). 562 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953. 563 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953, 952. 557
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folge der Einkommenszurechnung in der Regel ohnehin nicht nachvollzogen, vielmehr würden ggf. eigene Rechtsfolgen nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts an die handelsrechtlichen Vorgänge der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme geknüpft (Kapitel 1, unter II.5., S. 55); die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme beeinflusse dann aber aus der Perspektive des Auslands das Einkommen des Organträgers, ein Abstellen auf eine Berücksichtigung des Einkommens der Organgesellschaft sei praktisch bedeutungslos.564 Stellte man auf das Einkommen der Organgesellschaft ab, dann wäre außerdem nicht ersichtlich, warum § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. nur auf den sich aus diesem negativen Organeinkommen und einem (geringeren) positiven Einkommen des Organträgers ergebenden (negativen) Saldo anwendbar sein sollte.565 Wende man die Altfassung (erst) auf den negativen Saldo aus den Ergebnissen des Organträgers und der Organgesellschaft(en) an, dann komme es ohnehin zu keinem Vorteil in Form eines innerperiodischen Ausgleichs, sondern es verbleibe im Inland nur der Verlustabzug.566 Außerdem sei zu berücksichtigen, dass das Einkommen des Organträgers grundsätzlich unabhängig vom zugerechneten Organeinkommen sei, eine Zusammenfassung vielmehr für Zwecke der Besteuerung und des Ergebnisausgleichs erfolge, weshalb das Organeinkommen nicht erfasst sein könne.567 Drittens wird eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. nur auf den sich aus den Einkommen des Organträgers und der Organgesellschaft ergebenden Saldo („Gesamteinkommen“) vertreten: Hierzu wird das zuletzt genannte Argument quasi umgekehrt, indem aus der organschaftlichen Einkommenszurechnung auf ein Gesamteinkommen des Organkreises für Zwecke des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. geschlossen wird.568 Für eine Zugrundelegung des Gesamteinkommens des Organkreises spreche auch, dass nach den Körperschaftsteuer-Richtlinien das Einkommen der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Gesamtbe564
Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436
(446). 565 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953 a. E. Vgl. auch Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (110), die § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. auf Fälle des Verlustimports beschränken möchten und darauf verweisen, dass bei Anwendung der Vorschrift nur auf einen Saldo aus den Einkommen des Organträgers und der Organgesellschaft eine Verrechnung gerade erfolge, mithin ein Verlustimport nicht verhindert werde. 566 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (446). Lüdicke möchte die Altfassung jedoch auf negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb beschränken (S. 445), sodass bei natürlichen Personen als Organträger noch die Möglichkeit zur innerperiodischen Verrechnung durch Ausgleich mit den positiven Einkünften anderer Einkunftsarten bestehe (Fn. 62). Vgl. dieses Kapitel 3 (unter II.3.b), S. 161) zur Beschränkung des Merkmals der negativen Einkünfte auf solche aus Gewerbebetrieb. 567 Altrichter-Herzberg/Nuernberger, GmbHR 2006, S. 466 (469); Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (13); Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 206. Vgl. bereits Kapitel 1 (unter II.4.b), S. 52) zu der von Orth befürworteten Erfassung des Organeinkommens auf Ebene des Einkommens des Organträgers. 568 Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (191); mit besonderem Hinweis auf § 8 Abs. 1 KStG i.V. m. § 2 Abs. 4 EStG Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (582).
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trags der Einkünfte zu berücksichtigen und folglich im Einkommen des Organträgers enthalten sei (Kapitel 1, unter II.4.b), S. 52).569 Wenn nicht dieses Gesamteinkommen (sondern das, zumindest gedanklich, separate Einkommen des Organträgers) gemeint gewesen wäre, dann wäre die Vorschrift nicht im Rahmen der Organschaftsregelung des § 14 KStG verortet worden.570 Im Fall einer Erfassung nur des (negativen) Einkommens des Organträgers vor Zurechnung ließe sich außerdem in vielen Fällen eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. vermeiden, indem gewinnbringende Tätigkeiten zwecks Vermeidung eines sonst entstehenden negativen Einkommens auf die Ebene des Organträgers verlagert würden.571 Stellte man in diesem Sinn auf das „eigene“ Einkommen des Organträgers ab, dann würde dies trotz gleicher Ergebnisse der Gesamtunternehmung solche schlechter stellen, bei denen ein negatives Einkommen auf Ebene des Organträgers und Gewinne auf Ebene der Tochtergesellschaften anfallen, was verfassungsrechtlich problematisch sei.572 bb) Meinungsstand zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. spricht gleichermaßen von den „Negative(n) Einkünfte(n) des Organträgers oder der Organgesellschaft“, sodass man eine separate Anwendung der Neufassung jeweils auf Ebene des Organträgers und auf Ebene der Organgesellschaft auf „deren“ negative Einkünfte vor Einkommenszurechnung vertreten mag. Eine solche von der Organschaft losgelöste Einzelbetrachtung jeweils auf Ebene des Organträgers und der Organgesellschaft wurde in der Literatur oft vertreten und häufig als sog. stand alone Betrachtung bezeichnet.573 Begründet wird dies häufig mit dem geänderten Wortlaut der Vor-
569 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277); Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 341; Jänisch/Klein, BB 2007, S. 696 (697); Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (191); Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (582). Uneindeutig Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 150; Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (159). 570 Meilicke, DB 2002, S. 911 (914). 571 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277); Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 342; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (582 f.), wonach ein negatives Einkommen des Organträgers durch das Betreiben einer eigenen profitablen Tätigkeit, die Verschmelzung einer profitablen Tochtergesellschaft auf den Organträger oder die Zwischenschaltung einer (transparenten) Personengesellschaft erreicht werden kann. 572 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (582 f.). Vgl. auch Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277). 573 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (353); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (145 a. E.); Blumenberg, JbFSt 2014/2015, S. 621 (625); Dötsch, in: D./P./ M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 660; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502; Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (618); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (136). Spezifisch mit Blick auf das Merkmal der negativen Einkünfte des Organträgers Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 480a und (uneindeutig) Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283).
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schrift,574 aber auch damit, dass beim Abstellen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte (oder gar das Einkommen) nach den Körperschaftsteuer-Richtlinien im Hinblick auf die Organgesellschaft kein Anwendungsbereich für die Neufassung verbleibe.575 Dagegen lehnen andere eine sog. stand alone Betrachtung ab, indem sie nur den sich aus der Verrechnung des negativen Organeinkommens mit einem etwaigen positiven Ergebnis des Organträgers ergebenden Saldo als von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst ansehen.576 Auch das Urteil des BFH vom 12.10. 2016577 kann in dieser Kategorie verortet werden: Eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts war zunächst unmittelbar als Kommanditistin an einer GmbH & Co. KG als Organträgerin beteiligt und zahlte Zinsen auf zwei ihr von ihrer Alleingesellschafterin zwecks Einlage in die Organträgerin gewährte Darlehen. Die Zinszahlungen wurden im Inland als Sonderbetriebsausgaben bei der steuerlichen Gewinnermittlung der Organträgerin berücksichtigt, infolge der organschaftlichen Einkommenszurechnung lag aber auf Ebene der Organträgerin insgesamt ein positives Ergebnis vor. Der BFH entschied, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. beim Organträger auf einen Saldo nach Erfassung des Organeinkommens anzuwenden ist,578 lehnte mithin eine sog. stand alone Betrachtung ab.579 Im Streitfall unterblieb eine Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., da das positive zuzurechnende Organeinkommen auf Ebene der Organträgerin einen positiven Saldo zur Folge hatte.580 Speziell im Hinblick auf negative Einkünfte des Organträgers wurde außerdem vertreten, dass grundsätzlich nur die Einkünfte des Organträgers zu betrachten seien; nur für den Fall, dass auch im Rahmen einer ausländischen (z. B. österreichischen) Gruppenbesteuerung, in die der Organträger (insbesondere als Gruppenmitglied) einbezogen ist, darüber hinaus das Ergebnis der deutschen Organgesellschaft berücksichtigt werde, sei ausnahmsweise neben den (eigenen) negativen
574 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (353); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (145 a. E.); Blumenberg, JbFSt 2014/2015, S. 621 (625); Frotscher, in: F./ D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502; Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (618); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (136). 575 Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (618); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (136). Hieran ändert auch § 16 KStG nichts. 576 Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (102): „Eigene positive Einkünfte bzw. entsprechendes Einkommen des Organträgers sind . . . Puffer für Verluste des Organs“. 577 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 ff. 578 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596): „Für die Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG sind die konsolidierten Einkünfte des Organträgers nach der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft maßgeblich“. Genauso Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184). 579 Unterberg, GmbHR 2017, S. 433 (434). 580 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Einkünften des Organträgers auch das Organeinkommen zu berücksichtigen.581 Hiernach ist also für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. grundsätzlich eine sog. stand alone Betrachtung der negativen Einkünfte des Organträgers vorzunehmen, es sei denn, die negativen Einkünfte des Organträgers werden im Ausland nicht „stand alone“ betrachtet (sondern stattdessen die Einkünfte des Organträgers und der Organgesellschaft).582 Andere knüpfen maßgeblich an den (auch zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. vertretenen, vgl. Kapitel 3, unter II.2.a)aa), S. 142) Gedanken an, dass nur das negative Organeinkommen vor Einkommenszurechnung einer speziellen Behandlung unterworfen sein könne.583 In dieser Hinsicht wird betont, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. entweder bereits auf Ebene der Organgesellschaft im Fall einer Berücksichtigung auf ihrer Ebene im Ausland Anwendung finde, was sich bereits auf die Zurechnung des Organeinkommens zum Organträger auswirke, oder erst auf Ebene des Organträgers Anwendung finde, wenn sich die Berücksichtigung des Organeinkommens im Ausland auf seiner Ebene vollziehe; in diesem zweiten Fall der Anwendung auf Ebene des Organträgers finde § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf den Saldo aus dem negativen Organeinkommen und dem positiven Ergebnis des Organträgers bzw. im Fall eines negativen Ergebnisses des Organträgers auf das negative Organeinkommen als solches Anwendung.584 Bei Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf Ebene der Organgesellschaft, z. B. weil diese ihr negatives Organeinkommen aus einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte bezieht (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101), vollzieht sich die Beurteilung im Sinne einer sog. stand alone Betrachtung auf Ebene der Organgesellschaft. Erfolgt dagegen erst auf Ebene des Organträgers eine Saldierung mit einem positiven Ergebnis des Organträgers, so entspricht dies wegen der (vorherigen) Verrechnung mit einem nicht von der Organgesellschaft erzielten Ergebnis keiner sog. stand alone Betrachtung mehr.
581 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (663 f.). Vgl. auch das auf S. 639 ff. geschilderte Beispiel (Fall 2), in dem der Organträger zwar (höhere) negative Einkünfte erzielt, die dem österreichischen Gruppenträger grds. gem. § 9 Abs. 6 Nr. 6 öKStG zuzurechnen sind, die Organgesellschaft aber ein (niedrigeres) positives Einkommen hat. Aus Gründen der Nachversteuerung (§ 9 Abs. 6 Nr. 7 öKStG) wird dem österreichischen Gruppenträger im Ergebnis nur der sich daraus ergebende (negative) Saldo zugerechnet, d.h. in Österreich erfolgt keine sog. stand alone Betrachtung. Dann sei aber auch für Zwecke des (deutschen) § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. keine sog. stand alone Betrachtung durchzuführen. 582 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (640, 664). 583 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 261 („Tatsächlicher Gesetzeszweck“); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 965 f. 584 Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 965 f. Werden dem Organträger die Einkommen mehrerer Organgesellschaften zugerechnet und erfolgt die Berücksichtigung im Ausland auf Ebene des Organträgers, dann sei die Verfahrensweise dagegen „(u)nklar“ (Rn. 967).
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b) Ebene der Erfassung des Organeinkommens beim Organträger Zumindest gesetzlich ist nicht vorgegeben, auf welcher Ebene der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Organträgers das (positive, negative) Organeinkommen zu erfassen ist (Kapitel 1, unter II.4.b), S. 52). Denn § 14 Abs. 1 S. 1 KStG ordnet nur die Zurechnung des Organeinkommens zum Organträger an. Geht das Organeinkommen bereits in die Ermittlung des steuerlichen Gewinns bzw. Verlusts ein, dann beeinflusst dies die Einkünfte des Organträgers bzw. des Gesellschafters einer Organträger-Personengesellschaft; wird es erst anschließend bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt, dann bleibt es ohne Einfluss auf diese Einkünfte.585 Zur Altfassung ist zur Begründung einer Auslegung des Merkmals „Ein negatives Einkommen des Organträgers“ im Sinne eines Saldos aus dem zugerechneten Organeinkommen und dem eigenen Einkommen des Organträgers auf die Körperschaftsteuer-Richtlinien verwiesen worden (Kapitel 3, unter II.2.a)aa), S. 142). Geht das Organeinkommen hiernach in den Gesamtbetrag der Einkünfte ein (und geht es damit einem Verlustabzug i. S. v. § 10d EStG vor), dann beeinflusst es auch das Einkommen des Organträgers.586 Ein sich daraus ergebendes „Gesamteinkommen“ ist kein Einkommen im Sinne einer sog. stand alone Betrachtung auf Ebene des Organträgers. Zur Altfassung wurde außerdem für eine Erfassung des Organeinkommens bereits auf Ebene der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (statt, wie in den Körperschaftsteuer-Richtlinien vertreten, zwischen Summe und Gesamtbetrag der Einkünfte) eingetreten.587 Dies entspricht grundsätzlich der ersten der in Kapitel 1 (unter II.4.b), S. 52) dargestellten Ansichten, bedeutet aber im Ergebnis wie eine Erfassung zwischen Summe und Gesamtbetrag der Einkünfte genauso wenig, dass das Einkommen des Organträgers eigenständig („stand alone“) bestimmt wird.588 Nur wenn man mit der (früheren) Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums das Organeinkommen erst auf Ebene des zu versteuernden Einkommens erfasst, mag bei einer solchen streng am Schema der Verwaltung orientierten Herangehensweise zur Altfassung eine isolierte Betrachtung des Einkommens des Organträgers für Zwecke des Merkmals „Ein negatives Einkommen des Organträgers“ begründet werden können. Mit Blick auf das Merkmal der „Negative(n) Einkünfte des Organträgers“ wird auch zur Neufassung eine Erfassung des Organeinkommens im Rahmen der Er585 Liekenbrock, Ubg 2014, S. 785 (785 f.); Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 453. 586 Vgl. exemplarisch Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (191). Dem keine Relevanz für § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. beimessend Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (13 a. E.). 587 Für natürliche Personen als Organträger Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (445 f.); allgemeiner Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953. 588 Orth, DK 2005, S. 79 (85).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
mittlung des steuerlichen Gewinns vertreten: Erfasst man das (negative) Organeinkommen bereits auf dieser Ebene, so ergeben sich u. U. auch negative Einkünfte des Organträgers i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.,589 sodass hiernach im Ergebnis eine sog. stand alone Beurteilung der negativen Einkünfte des Organträgers unterbleibt.590 Eine solche Erfassung des Organeinkommens in den negativen Einkünften des Organträgers i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (und damit eine Ablehnung einer sog. stand alone Beurteilung) erscheint jedoch nicht zwingend, denn innerhalb des Kreises der Befürworter einer außerbilanziellen Erfassung des Organeinkommens auf der „zweiten Stufe der Gewinnermittlung“ wird teilweise nichtsdestotrotz eine eigenständige Beurteilung der negativen Einkünfte des Organträgers vorgenommen.591 Eine sog. stand alone Beurteilung der negativen Einkünfte des Organträgers ist dagegen naheliegend, wenn man einen Ansatz verfolgt, wonach das Organeinkommen erst auf einer den Einkünften nachfolgenden Ebene (Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, Ermittlung des zu versteuernden Einkommens) zu erfassen ist. Hieraus ergibt sich mit Blick auf die Alt- und die Neufassung folgendes Bild: Wird das Organeinkommen „früh“ (steuerlicher Gewinn) erfasst, so steht es für einen Verlustausgleich (Kapitel 1, unter I.4.a), S. 40) zur Verfügung. Im Fall eines Organträgers, der nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben kann, wird das Organeinkommen am horizontalen Verlustausgleich teilnehmen bzw. mit dem hieraus folgenden Ergebnis verrechnet werden. Kann der Organträger aber auch andere Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben (Einkommensteuerpflichtige, beschränkt steuerpflichtige und von § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG erfasste Körperschaftsteuersubjekte [vgl. § 8 Abs. 2 KStG]), dann wird es am horizontalen und am vertikalen Verlustausgleich teilnehmen können. Wird es dagegen „später“ erfasst, dann wird das Organeinkommen nicht mehr in den Verlustausgleich einbezogen, wird vielmehr nur noch mit dem sich aus dem Ausgleich ergebenden Saldo verrechnet. Möglicherweise sind dem auch weitere Abzüge vorausgegangen, bei Erfassung erst beim zu versteuernden Einkommen z. B. ein Abzug vororganschaftlicher Verluste des Organträgers (Kapitel 1, unter I.4.b), S. 41) oder bei einer natürlichen Person als Organträger etwaige Abzüge für Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Dies wird beeinflussen, 589 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 275 (3. Abs.), Rn. 86 („2. Stufe der Gewinnermittlung“). Vgl. auch Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283), die statt einer eigenständigen („stand alone“) Beurteilung der negativen Einkünfte des Organträgers genauso ein Abstellen auf den Saldo aus den Einkünften des Organträgers und dem Organeinkommen für möglich halten. 590 Für den umgekehrten Fall ([höheres] positives Organeinkommen, [niedrigere] negative Einkünfte auf Ebene des Organträgers vor Einkommenszurechnung) BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184). 591 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 480a. Vgl. auch das Schema bei Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 426, das zwischen „steuerlicher Gewinn des OT ohne Berücksichtigung der Organschaft“ und „vom OT zu versteuernder Gewinn“ unterscheidet.
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ob ein (und wie viel) Verlustausgleich erfolgen kann oder ggf. nur ein Vor- oder Rücktrag möglich ist. Dies wiederum beeinflusst, ob es im relevanten Zeitraum in Deutschland überhaupt zu einer für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. maßgeblichen Verrechnung kommt. c) Berücksichtigung der sog. Bruttomethode auf Ebene der Organgesellschaft Beispielsweise kann eine Organgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland eine Betriebsstätte, in der negative Einkünfte anfallen, oder eine Tochterkapitalgesellschaft, auf deren Anteile sie eine Teilwertabschreibung vornimmt, im Ausland unterhalten (Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99 und unter II.1.b), S. 103). Die Betriebsstätte bzw. Tochtergesellschaft kann ihrerseits in eine ausländische, steuerliche Gruppe einbezogen sein, sodass die negativen Einkünfte im Ausland zeitgleich mit den positiven Einkünften eines anderen Steuersubjekts verrechnet werden können. Nach § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG ist u. a. § 8b Abs. 3 KStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden, sodass durch die Teilwertabschreibung auf Ebene der Organgesellschaft negative Einkünfte entstehen mögen. Fließen der Organgesellschaft außerdem Dividenden zu, so kann dies negative Einkünfte vermeiden oder verringern, denn § 8b Abs. 1 KStG bzw. abkommensrechtliche Freistellungen sind nach § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG bzw. § 15 S. 2 KStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Ist Organträger aber ein Körperschaftsteuersubjekt, dann finden (u. a.) § 8b Abs. 1 und Abs. 3 KStG auf Ebene des Organträgers Anwendung (§ 15 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG) und die Dividenden bzw. die Teilwertabschreibung werden neutralisiert. Betrachtet man die Organgesellschaft isoliert, so mögen die negativen Einkünfte aus der Auslandsbetriebsstätte oder aus der Teilwertabschreibung negative Einkünfte der Organgesellschaft sein, die nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht zu berücksichtigen sind. Fließen aber z. B. Dividenden zu, so mögen derartige negative Einkünfte der Organgesellschaft gänzlich vermieden werden. In der Literatur wird unterschiedlich beurteilt, wie mit einer solchen durch die Anwendung der sog. Bruttomethode auf Ebene der Organgesellschaft bedingten (Nicht-)Entstehung negativer Einkünfte mit Blick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. umzugehen ist. Hierzu wird einerseits vertreten, dass die Korrekturen auf Ebene des Organträgers (§ 15 S. 1 Nr. 2 S. 2, § 15 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG) bereits auf Ebene der Organgesellschaft zu berücksichtigen seien, sodass ggf. schon keine negativen Einkünfte der Organgesellschaft vorlägen.592 Im Ergebnis wäre hiernach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. schon auf Ebene der Organgesellschaft nicht bzw. auf einen niedrigeren Betrag anzuwenden. Andere Ansichten gelangen zur Anwendbarkeit
592 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (146); Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/ 2016, § 14 KStG Rn. 661.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
der Vorschrift auf Ebene der Organgesellschaft im Fall der sog. Bruttomethode: Denn einerseits wird auf den eindeutigen Wortlaut verwiesen, der eine Berücksichtigung der durch die sog. Bruttomethode bedingten gegenläufigen Effekte auf Ebene des Organträgers im Hinblick auf die Einkünfte der Organgesellschaft nicht gestatte.593 Andererseits wird eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf derart auf Ebene der Organgesellschaft entstandene negative Einkünfte für möglich gehalten, der hiervon erfasste Betrag sei dann aber nicht mehr in dem dem Organträger zuzurechnenden Organeinkommen „enthalten“ i. S. v. § 15 S. 1 Nr. 2 S. 2 bzw. S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG, sodass auf Ebene des Organträgers die grundsätzlich vorgesehene Korrektur (z. B. keine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 S. 3 i.V. m. § 15 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG für auf Ebene der Organgesellschaft vorgenommene Teilwertabschreibungen) unterbleiben müsse.594 Im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. wurde teilweise – statt des „Einkommens der Organgesellschaft“ oder eines Saldos aus den Einkommen des Organkreises – nur das „eigene“ Einkommen des Organträgers als erfasst angesehen (vgl. Kapitel 3, unter II.2.a)aa), S. 142); die sich aus § 15 S. 1 Nr. 2 KStG ergebenden Korrekturen seien dann aber nicht diesem „eigenen“ Einkommen des Organträgers, sondern dem zuzurechnenden Organeinkommen zuzuordnen.595 d) Eigener Vorschlag Legt man § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. den Gedanken zugrunde, dass negative Einkünfte im Inland nicht verrechnet (berücksichtigt) werden sollen, wenn sie im Ausland bereits mit im Inland nicht steuerpflichtigen positiven Einkünften verrechnet werden (zu den „dual consolidated loss“ Vorschriften Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79), dann ergeben sich folgende Überlegungen. Stellt man für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG lediglich auf einen Saldo aus dem Einkommen des Organträgers und dem Organeinkommen (a. F.) oder aus den Einkünften bzw. dem Einkommen des Organträgers und dem Organeinkommen (n. F.) ab,596 dann wird hinsichtlich des verrechneten (berücksichtigten) Teils (der damit nicht „überhängender“ Saldo ist) im Inland eine Verrechnung (Berücksichtigung) gewährt, die im Ausland durch zeitgleiche Verrechnung (Berücksichtigung) ge-
593 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502b; Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (618). 594 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (606 f.). Für die Teilwertabschreibung genauso Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 465, die daher die Unterlassung einer Teilwertabschreibung auf Ebene der Organgesellschaft erwägen. Ausführlich zum Zusammenwirken von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit der sog. Zinsschranke und der sog. Bruttomethode Liekenbrock, Ubg 2014, S. 785 ff. 595 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (Fn. 60). 596 Bspw. sehen nur den sich im Inland ergebenden Saldo – und damit nicht den verrechneten Teil – als von der Altfassung umfasst an Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (191); Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (102).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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nauso eintreten mag.597 Um aber dem Anliegen der Verhinderung doppelter Berücksichtigung gerecht zu werden, muss sich die Vorschrift nicht auf den Saldo, sondern auf den verrechneten (saldierten) Teil selbst beziehen und diesen im Inland von der Berücksichtigung ausschließen, soweit er auch im Ausland verrechnet (saldiert) wird. Sieht man dagegen von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. nur den Saldo aus dem Einkommen des Organträgers und dem Organeinkommen als erfasst an, so bleibt der durch Bildung dieses Saldos erfolgende, innerperiodische Verlustausgleich von der Vorschrift unberührt und stattdessen wird nur der überperiodische Verlustabzug eingeschränkt.598 Im Hinblick auf die Neufassung („Negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“) sind differenzierte Beobachtungen anzustellen: Werden vom Organträger und von den Organgesellschaften ausschließlich negative Einkünfte erzielt und werden einzelne negative Einkünfte auch im Ausland berücksichtigt und daher von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst, dann ist (mangels positiver Einkünfte) im Organkreis ohnehin kein Verlustausgleich möglich. Dann kann nur ein Verlustvortrag bzw. Verlustrücktrag (auf Ebene des Organträgers) verringert werden, sodass sich die Neufassung auch nur auf den Verlustabzug auswirkt. Stehen auch positive Einkünfte zum Ausgleich zur Verfügung, dann kann sich die Erfassung einiger negativer Einkünfte von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bereits auf den innerperiodischen Ausgleich auswirken.599 Meines Erachtens ist es vorzugswürdig, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht bereits auf Ebene der Organgesellschaft auf die von ihr erzielten und im Ausland berücksichtigten negativen Einkünfte („der Organgesellschaft“) anzuwenden. Stattdessen ist die Vorschrift auf diese negativen Einkünfte der Organgesellschaft erst auf Ebene des Organträgers anzuwenden (dazu die folgenden drei Absätze). Auf Ebene des Organträgers sind die negativen Einkünfte des Organträgers und der Organgesellschaft getrennt („stand alone“) zu beurteilen, insbesondere ist innerhalb der negativen Einkünfte des Organträgers i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht das (positive, negative) Organeinkommen zu erfassen (dazu der vierte bis achte folgende Absatz). § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. sagt nicht, im Rahmen wessen Besteuerung im Inland negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft, die 597 Vgl. die zu den Fn. 565 und 566 dargestellten Argumente von Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953 a. E.; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (446); Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (110). 598 Für eine Erfassung nur des Saldos als negatives Einkommen des Organträgers im Rahmen der Altfassung Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502, der daraus konsequent folgert, dass die Altfassung auch nur den überperiodischen Verlustabzug eingeschränkt habe. Auch Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (446) und Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (110) bemerken, dass beim Abstellen auf den Saldo im Ergebnis nur der Verlustabzug, nicht schon der Verlustausgleich, eingeschränkt werde. 599 So zur Neufassung auch Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502 a. E.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
im Ausland berücksichtigt werden, nicht zu berücksichtigen sind. Vorgegeben ist nur, um wessen negative Einkünfte („Negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“) es sich handeln und bei wem im Ausland eine Berücksichtigung eintreten muss („im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person“). Die Folge ist, dass negative Einkünfte der Organgesellschaft in das dem Organträger zuzurechnende Organeinkommen eingehen.600 Anschließend kann auf Ebene des Organträgers die Anwendung der Neufassung auf diese negativen Einkünfte untersucht werden: Auf diese Weise kann der Anwendung der sog. Bruttomethode auf Ebene der Organgesellschaft, die z. B. durch die Nichtanwendung der sog. Zinsschranke auf Ebene der Organgesellschaft (§ 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG) zu negativen Einkünften der Organgesellschaft führen kann, auf Ebene des Organträgers vor Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Rechnung getragen werden. Eine Lösung, die den für die Ebene des Organträgers vorgesehenen „Umkehreffekten“ bereits auf Ebene der Organgesellschaft im Rahmen der Ermittlung ihrer Einkünfte Rechnung tragen möchte, steht dem Gesetz zuwider, denn dieses (§ 15 KStG) sieht eine Nichtanwendung bestimmter Vorschriften (u. a. von § 8b Abs. 1 bis Abs. 6 KStG) vor, ohne dass es eine Ausnahme für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aufstellt. Entgegen dem bis zum UntStFG vom 20.12.2001601 verfolgten Ansatz (Gewährung des DBA-Schachtelprivilegs bereits auf Ebene der Organgesellschaft bei Berechtigung des Organträgers602) hat sich der Gesetzgeber für eine Nichtanwendung dieser Vorschriften auf Ebene der Organgesellschaft entschieden. Auch wenn dies für die Gesetzesauslegung nur am Rande von Bedeutung sein kann, so erscheint es in praktischer Hinsicht auch nicht immer bzw. nur mit hohem Aufwand praktikabel, den Korrekturen der sog. Bruttomethode bereits auf Ebene der Organgesellschaft für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Rechnung zu tragen (z. B. im ggf. grenzüberschreitenden Fall der OrganträgerPersonengesellschaft mit natürlichen Personen und Körperschaftsteuersubjekten als Gesellschafter). In Konstellationen, in denen eine Organgesellschaft negative Einkünfte aus inländischen Quellen bezieht, wird eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 600 Anders bspw. Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 456; Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 965 f. 601 BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 602 Nach § 15 Nr. 2 KStG bis zur Neufassung durch das UntStFG v. 20.12.2001 war das internationale Schachtelprivileg der DBA auf Ebene der Organgesellschaft nur anzuwenden, wenn der Organträger zu den begünstigten Steuerpflichtigen gehörte (Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 518, 681). Auch § 15 S. 1 Nr. 2 KStG i. d. F. des Gesetzentwurfs zum UntStFG (BT-Drs. 14/6882) unterschied auf Ebene der Organgesellschaft danach, ob § 8b Abs. 1 und 2 KStG auf den Organträger bzw. den Gesellschafter einer Organträger-Personengesellschaft anzuwenden ist (Art. 2 Nr. 7). Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags trat mit der Beschlussempfehlung v. 7.11.2001 (BTDrs. 14/7343) für eine (vorläufige) Nichtanwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG auf Ebene der Organgesellschaft ein (Art. 2 Nr. 7).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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KStG n. F. auf ihrer Ebene auf „ihre“ negativen Einkünfte ausscheiden. Dennoch mögen diese negativen Einkünfte der Organgesellschaft erst auf Ebene des Organträgers oder bei dessen (ausländischen) Anteilseignern im Ausland berücksichtigt werden,603 weshalb die Prüfung der Neufassung im Hinblick auf die negativen Einkünfte der Organgesellschaft auf ihrer Ebene nicht abgeschlossen sein kann. Der Gedanke, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. sei abschließend auf Ebene der Organgesellschaft zu würdigen, wird auf diese Weise im Ergebnis relativiert. Man mag dieser Herangehensweise entgegenhalten, dass sie unsystematisch sei. Denn dem Organträger wird ein einheitliches Einkommen zugerechnet (Kapitel 1, unter II.3.a), S. 49), das sich ggf. aus Einkünften der Organgesellschaft aus diversen Einkunftsquellen zusammensetzt. Auf Ebene des Organträgers dieses Einkommen aber „im Nachhinein“ für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu „sezieren“ widerspreche der Systematik organschaftlicher Einkommenszurechnung, laufe im Extremfall dem Gesetz zuwider. Ein erster, relativierender Aspekt ist jedoch, dass der steuerliche Gewinn (Verlust) und das Einkommen der Organgesellschaft weitestgehend einander entsprechen werden, denn nach § 8 Abs. 2 KStG sind ihre Einkünfte auf solche aus Gewerbebetrieb beschränkt und nach § 15 S. 1 Nr. 1 KStG ist ein Verlustabzug bei der Organgesellschaft nicht zulässig.604 Auch sind Differenzierungen auf Ebene des Organträgers im Hinblick auf das Organeinkommen dem Gesetz nicht fremd: Nach § 32b Abs. 1a EStG gelten (ggf. anteilig605) von einer Organgesellschaft bezogene, im Inland DBA-steuerbefreite ausländische Einkünfte als unmittelbar von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogene ausländische Einkünfte i. S. d. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG. Auch ordnet z. B. § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG die Nichtanwendung der § 8b Abs. 1 bis 6 KStG, § 4 Abs. 6 UmwStG auf Ebene der Organgesellschaft an, sodass z. B. Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG oder Veräußerungsgewinne i. S. d. § 8b Abs. 2 KStG in das Organeinkommen eingehen und die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften auf Ebene des Organträgers nach dessen Verhältnissen (bzw. denjenigen der Gesellschafter einer Organträger-
603 Vgl. Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 965 f., der § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. deshalb zunächst auf Ebene der Organgesellschaft und anschließend (nach Einkommenszurechnung) auf Ebene des Organträgers untersuchen möchte. Zur Berücksichtigung der Ergebnisse von Enkelgesellschaften im Rahmen des „régime du bénéfice consolidé“ und der „check-the-box“ Regeln vgl. Kapitel 2 (unter II.1.c)aa), S. 106 und unter II.1.c)cc), S. 109). 604 Kolbe, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 13.60; Walter, in: EY, 104. EGL 9/ 2014, § 14 KStG Rn. 965. 605 Im Fall einer Organträger-Personengesellschaft sind diese Einkünfte bei natürlichen Personen als Gesellschafter nur anteilig zu berücksichtigen (Krippner, in: B./B., 377. EGL 8/2015, § 32b EStG Rn. 52; Kuhn/Kühner, in: H./H./R., 252. EGL 7/2012, § 32b EStG Rn. 165; Pfirrmann, in: Kirchhof, § 32b EStG Rn. 19; Wagner, in: Blümich, 125. EGL 10/2014, § 32b EStG Rn. 83).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Personengesellschaft) zu beurteilen ist (sog. Bruttomethode).606 § 19 Abs. 1 bis Abs. 4 KStG stellt eine differenzierte Regelung über die Anwendung besonderer Tarifvorschriften (insbesondere § 34c EStG und § 26 KStG607) auf, auch § 19 Abs. 5 KStG (Steuerabzug) unterscheidet im Hinblick auf den Organträger. Meines Erachtens sind die negativen Einkünfte des Organträgers bzw. der Organgesellschaft separat zu beurteilen. Gleichwohl bedeutet dieser Ansatz nicht zwangsläufig eine Ablehnung der Erfassung des Organeinkommens auf Ebene des Organträgers im Rahmen der Gewinnermittlung zweiter Stufe.608 Diese Herangehensweise erlaubt es, nicht bloß einen Saldo aus Einkünften (des Organträgers) und Organeinkommen den Rechtswirkungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu unterziehen, sondern den verrechneten Teil selbst. Für den Fall eines positiven Organeinkommens und negativer Einkünfte des Organträgers, die im Ausland berücksichtigt werden (z. B. beim Anteilseigner des Organträgers), bedeutet dies, dass der potenziell im Inland verrechenbare Teil dieser negativen Einkünfte bei entsprechender Berücksichtigung im Ausland nicht zur Verrechnung zur Verfügung steht. Der organschaftliche Ergebnisausgleich (Kapitel 1, unter II.1., S. 46) wird also nicht gewährt, weil ein Ergebnisausgleich bereits im Ausland durch Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers erfolgt. Dagegen entschied der BFH in seinem Urteil vom 12.10.2016, dass negative Einkünfte des Organträgers i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erst der Saldo aus den Einkünften des Organträgers und dem zugerechneten (im Streitfall: positiven) Organeinkommen sind.609 Vor dem Hintergrund der in Kapitel 1 (unter II.4.b), S. 52) vorgestellten Ansicht, wonach das Organeinkommen beim Organträger bereits im Rahmen der Ermittlung des steuerlichen Gewinns zu erfassen ist, ist diese Entscheidung nachvollziehbar. Mehrere Aspekte sprechen meines Erachtens jedoch für die beschriebene, separate Beurteilung des Vorliegens negativer Einkünfte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. und gegen die Erwägungen im Judikat des BFH. Dem Ersten Senat des BFH ist darin zuzustimmen, dass der Verortung der Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung in 606 Frotscher, in: F./D., 107. EGL 5/2011, § 15 KStG Rn. 27; Herlinghaus, in: H./H./ R., 237. EGL 7/2009, § 15 KStG Rn. 7. 607 Dötsch, in: D./P./M., 82. EGL 12/2014, § 19 KStG Rn. 9; Frotscher, in: F./D., 128. EGL 4/2015, § 19 KStG Rn. 5. § 19 Abs. 5 KStG betrifft dagegen nicht die Anrechnung ausländischer Quellensteuern im Inland (Dötsch, in: D./P./M., 85. EGL 12/ 2015, § 19 KStG Rn. 26; Neumann, in: Gosch, § 19 KStG Rn. 24; Voß, in: H./H./R., 237. EGL 7/2009, § 19 KStG Rn. 6, 60). Vgl. zur Ausübung des Wahlrechts zwischen Anrechnung und Abzug ausländischer Steuern im Organkreis OFD Frankfurt, IStR 2017, S. 336. 608 Vgl. Fn. 591 mit dem Verweis auf Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 426, 480a. 609 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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der Organschaft als subjektübergreifender steuerlicher Ergebnisverrechnung wesentliche Bedeutung beizumessen ist.610 Die Folgerung, dass dementsprechend in den negativen Einkünften des Organträgers bereits das Organeinkommen zu erfassen ist, hat jedoch zur Folge, dass in Höhe der Verrechnung mit einem positiven Organeinkommen im Inland eine Berücksichtigung erfolgt, die im Ausland gleichermaßen eintreten mag.611 Legt man § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Zielsetzung der Verhinderung der doppelten Berücksichtigung negativer Einkünfte im In- und im Ausland zugrunde, dann wird diese Rechtsprechung dieser Zielsetzung also nicht gerecht.612 Wird stattdessen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf die eigenständig ermittelten negativen Einkünfte des Organträgers angewandt, so stehen diese im Fall der Berücksichtigung in einem ausländischen Staat im Inland zum Ausgleich mit weiteren positiven Einkünften des Organträgers oder zum subjektübergreifenden Ausgleich mit dem Organeinkommen nicht zur Verfügung. Im letzten Fall der Versagung des subjektübergreifenden Ausgleichs mit dem zugerechneten Organeinkommen fügt sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. einerseits nachvollziehbar in das von § 14 Abs. 1 S. 1 KStG angeordnete Konzept subjektübergreifender steuerlicher Ergebniszurechnung ein, wird andererseits – im Gegensatz zur Auslegung durch den BFH – aber auch dem von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verfolgten Ziel der Verhinderung doppelter Verlustberücksichtigung gerecht. Auch die Ausführungen, dass die Neufassung nach der Gesetzesbegründung613 auch auf Organgesellschaften anwendbar sein sollte, um dies zu gewährleisten aber auf negative Einkünfte statt auf ein negatives (dem Organträger zugerechnetes) Einkommen abzustellen ist,614 sind im Ausgangspunkt nachvollziehbar.
610 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596): „da der Gesetzgeber die Verlustabzugsbeschränkung gerade der Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG zugewiesen und damit in den Zusammenhang der Einkommenszurechnung als Rechtsfolge der Organschaft gestellt hat.“ Genauso Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184). 611 Nach Wacker, Vorsitzender Richter am BFH im Ersten Senat, wurde im Revisionsverfahren vorgebracht, dass die im Inland als Sonderbetriebsausgaben geltend gemachten Darlehenszinsen möglicherweise auch in den Niederlanden steuerlich geltend gemacht wurden (IStR 2017, S. 286 [288]). Vgl. auch Rn. 51 des BFH-Urt. v. 12.10. 2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596). 612 Genauso kann auch die Ansicht von Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 965 ff. eine Berücksichtigung negativer Einkünfte im In- und im Ausland zur Folge haben, wenn er auf Ebene des Organträgers („zweite Stufe“) nur den Saldo aus den positiven Einkünften des Organträgers und dem negativen Organeinkommen als erfasst ansehen möchte. Im Gegensatz zum BFH in seinem Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596) hält Walter § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auch nur in den Fällen eines negativen (nicht: positiven) Organeinkommens für potenziell anwendbar (ebd.). 613 BT-Drs. 17/10774, S. 20. 614 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596); Brandis, BFH/PR 2017, S. 182 (184). Angesprochen sind die Ausführungen in den Sätzen 3 ff. (begin-
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Daraus zu schließen, dass die negativen Einkünfte des Organträgers nicht eigenständig zu beurteilen sind, sondern einen Saldo nach Verrechnung mit dem Einkommen der Organgesellschaft bilden, erscheint jedoch nicht zwingend. Denn findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf Ebene des Organträgers auf dessen negative Einkünfte, die eigenständig ermittelt und in einem ausländischen Staat berücksichtigt wurden, Anwendung und sind diese negativen Einkünfte daher bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt zu lassen, dann stehen diese genauso wenig für den subjektübergreifenden Ergebnisausgleich qua körperschaftsteuerlicher Organschaft zur Verfügung. Gleichermaßen unterbleibt aber auch eine doppelte Berücksichtigung der negativen Einkünfte in zwei Staaten. Das Verhältnis der Entscheidung des Ersten Senats zum Urteil vom 23.1. 2002615 ist ungeklärt. Dem Urteil lag (verkürzt) der Sachverhalt zugrunde, dass die Klägerin an drei Personengesellschaften beteiligt war, die jeweils Organträger im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft waren. Mit Blick auf den in der im Streitjahr 1990 geltenden Fassung des § 10b Abs. 1 EStG616 normierten Höchstbetrag für den Sonderausgabenabzug („Spendenabzug“) urteilte der Elfte Senat des BFH, dass die der Klägerin über die Organträger-Personengesellschaften zuzurechnenden Anteile an den Organeinkommen nicht zu berücksichtigen sind. Dem Urteil lag erstens die Erwägung zugrunde, dass der nach wie vor in § 10b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verwendete Begriff des Gesamtbetrags der Einkünfte i. S. v. § 2 Abs. 3 EStG auszulegen ist, Bestandteil der diesem zugrunde liegenden Summe der Einkünfte aber nur die vom Steuerpflichtigen selbst erzielten Einkünfte sind.617 Zweitens liegt der körperschaftsteuerlichen Organschaft die sog. Zurechnungstheorie zugrunde (Kapitel 1, unter II.1., S. 46 und unter II.3.a), S. 49): Eine Erfassung des eigenständig ermittelten Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung scheidet aus, die Zurechnung erfolgt erst später auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens.618 Drittens sind die Höchstbeträge für den Sonderausgabenabnend mit „Zudem“) der Rn. 49 des Urt. Zur sog. Kettenorganschaft Unterberg, GmbHR 2017, S. 433 (435). 615 BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 ff. 616 § 10b Abs. 1 S. 1 EStG lautete: „Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke sind bis zur Höhe von insgesamt 5 vom Hundert des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 2 vom Tausend der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abzugsfähig.“ 617 BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 (100). 618 BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 (100 f.). Darin heißt es mitunter: „Organträger und Organgesellschaft bleiben zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger und ermitteln selbständig ihr jeweiliges Einkommen; erst danach ist das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 KStG dem Organträger zuzurechnen . . . Die Zurechnung erfolgt nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern als Zurechnung fremden Einkommens zur Besteuerung . . . Das eigene Einkommen des Organträgers und das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft bilden gemein-
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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zug der Organgesellschaft und des Organträgers (Kapitalgesellschaft) bzw. des Gesellschafters des Organträgers (Personengesellschaft) getrennt zu ermitteln, da das Organeinkommen anderenfalls (doppelt) bei der Höchstbetragsberechnung auf Ebene der Organgesellschaft und auf Ebene des Organträgers bzw. des Gesellschafters des Organträgers Berücksichtigung findet.619 Auch der Erste Senat des BFH betonte, dass sich die Zusammenfassung der Einkommen des Organträgers und der Organgesellschaft(en) erst im Anschluss an die getrennte Ermittlung dieser Einkommen vollzieht.620 Mangels Auseinandersetzung mit dieser vorgestellten Rechtsprechung im Urteil vom 12.10.2016 besteht eine Unstimmigkeit zur bislang vertretenen Erfassung des Organeinkommens auf Ebene des zu versteuernden Einkommens; es ist nicht erkennbar, ob diese Rechtsprechung aus Sicht des Ersten Senats etwa auf die jeweils maßgeblichen Rechtsnormen beschränkt und nicht auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. übertragbar ist. Allein die Bezugnahme der Neufassung auf Einkünfte statt auf ein Einkommen bedingt (wie geschildert) eine Erfassung des Organeinkommens in den Einkünften nicht; die insoweit eindeutige Positionierung des BFH sowie der Gedanke der eigenständigen Einkommensermittlung im Rahmen der Organschaft ließen bislang eine Erfassung des Organeinkommens auf Ebene des zu versteuernden Einkommens vermuten. Für den umgekehrten Fall eines negativen Organeinkommens und positiver Einkünfte des Organträgers ist § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Hinblick auf die das negative Organeinkommen bildenden negativen Einkünfte der Organgesellschaft zu beurteilen: Diese mögen bereits auf Ebene der Organgesellschaft im Ausland berücksichtigt werden (z. B. in einer ausländischen Anrechnungsbesam das vom Organträger zu versteuernde (Gesamt-)Einkommen“ (S. 100). „Nach den vorstehenden Grundsätzen gehörten für die Berechnung des Höchstbetrags der abziehbaren Spenden zum Gesamtbetrag der Einkünfte zwar die auf die Klägerin als Mitunternehmerin entfallenden Anteile an den laufenden Einkünften der Organträgergesellschaften, nicht aber die Anteile der Klägerin am Einkommen der jeweiligen Organgesellschaften. Sie waren ihr erst auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens zuzurechnen“ (S. 101). Vgl. auch BFH, Urt. v. 28.2.2013, IV R 50/09, BFHE 240, S. 270 (273). 619 BFH, Urt. v. 23.1.2002, XI R 95/97, BFHE 198, S. 99 (101). 620 BFH, Beschl. v. 20.6.1974, I B 77/73, BB 1974, S. 1238 (1239); BFH, Urt. v. 11.4.1990, I R 167/86, BFHE 160, S. 504 (510). Im Beschl. v. 20.6.1974, der die Bildung von Rückstellungen für vom Organträger zu übernehmende Verluste der Organgesellschaft betraf, stand u. a.: „Hätte der Gesetzgeber in Abweichung vom logischen Sprachgebrauch und in Kenntnis der unterschiedlichen Auswirkungen zwei ungleichartige Begriffe zusammenrechnen und das Einkommen der Organgesellschaft beim Gewinn des Organträgers erfassen wollen, hätte er dies im Gesetz zum Ausdruck gebracht.“ (S. 1239) Im Urt. v. 11.4.1990 wurde u. a. formuliert: „Dies hat auch Auswirkungen auf die Einkommensermittlung des Organträgers. Dieses ist zunächst losgelöst von der Anwendung des § 7a KStG 1968/1975 für den Organträger getrennt zu ermitteln. Dem so ermittelten Einkommen des Organträgers wird das für die Organgesellschaft ermittelte Einkommen hinzugerechnet. Beide Einkommen bilden nur für Zwecke der Besteuerung eine Einheit.“ (S. 510).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
triebsstätte). Sie mögen aber auch nur aus inländischen Quellen herrühren und erst auf Ebene des Organträgers im Ausland berücksichtigt werden (z. B. weil der ausländische Anteilseigner des Organträgers ein steuerliches Wahlrecht [„checkthe-box“] auch im Hinblick auf die Organgesellschaft ausübt). In dieser zweiten Konstellation nur einen Saldo aus dem negativen Organeinkommen und den positiven Einkünften des Organträgers, der dann die negativen Einkünfte des Organträgers i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. darstellt, dieser Norm zu unterziehen, bedeutet, in Höhe des verrechneten Teils (bei entsprechender Berücksichtigung im Ausland) einen organschaftlichen Ergebnisausgleich im Inland zu gewähren, obwohl ein Ausgleich (mit u. U. im Inland nicht steuerpflichtigen Einkünften) auch im Ausland erfolgt. 3. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Verhältnis zum Verlustausgleich und Verlustabzug In diesem Kapitel 3 (unter II.1., S. 140) wurde geschlussfolgert, dass unter negativen Einkünften i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ein Saldo zu verstehen ist. Dieser Saldo ist auch separat auf Ebene des Organträgers zu würdigen, d.h. für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist das Organeinkommen nicht in den Einkünften des Organträgers zu erfassen und die Einkünfte der Organgesellschaft werden auf Ebene des Organträgers beurteilt (Kapitel 3, unter II.2.d), S. 150). Mit den folgenden Ausführungen werden die (möglichen) Auswirkungen von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. untersucht, wenn das Vorliegen solcher negativen Einkünfte nur im Hinblick auf separate Einkunftsquellen (z. B. Betriebsstätten) oder auf alle Einkunftsquellen einer oder, sofern möglich, aller Einkunftsarten bestimmt wird. Dabei gilt allgemein, dass bei Vorhandensein mehrerer Einkunftsquellen und Anwendung eines engen Verständnisses der negativen Einkünfte der innerperiodische Verlustausgleich (Kapitel 1, unter I.4.a), S. 40) innerhalb der Einkunftsart (horizontal) bzw. zwischen den Einkunftsarten (vertikal) eingeschränkt wird. Stellt man hingegen für Zwecke des Merkmals der negativen Einkünfte auf die Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) ab, so wirkt sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht auf den innerperiodischen Ausgleich, sondern auf den überperiodischen Verlustabzug (Kapitel 1, unter I.4.b), S. 41) aus. a) Beschränkung des horizontalen Verlustausgleichs: Einzelne Einkunftsquellen Zunächst mag man unter negativen Einkünften i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. das Ergebnis der einzelnen Einkunftsquelle (Kapitel 1, unter I.2., S. 36) einer Einkunftsart verstehen. Hiernach werden die Ergebnisse anderer Einkunftsquellen nicht berücksichtigt, sondern ggf. einer separaten Untersuchung unterzogen. Insbesondere positive Ergebnisse anderer Einkunftsquellen gleichen negative Einkünfte einer Einkunftsquelle für Zwecke des Merkmals der negativen
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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Einkünfte gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht aus. Handelt es sich bei solchen positiven Einkünften aus anderen Quellen um Einkünfte derselben Einkunftsart, so beschränkt (bzw. verhindert) § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. den innerperiodischen, horizontalen Verlustausgleich. Gehören die positiven Einkünfte aus anderen Quellen auch einer anderen Einkunftsart an, so wird der vertikale Verlustausgleich eingeschränkt (bzw. verhindert). In der Literatur ist zum Merkmal der negativen Einkünfte vertreten worden, dass es sich nicht auf einzelne Einkunftsquellen einer Einkunftsart, sondern auf den Saldo nach horizontalem Verlustausgleich beziehe.621 Im Fall einer Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) als Organträger oder Organgesellschaft oder einer gewerblichen Personengesellschaft als Organträger (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG), die nur gewerbliche Einkünfte haben könnten, finde § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. daher nur auf den negativen Gesamtsaldo aus allen Einkunftsquellen Anwendung; im Fall der natürlichen Person als Organträger beschränke die Vorschrift zwar nicht den horizontalen, aber den vertikalen Ausgleich zwischen positiven und negativen Einkünften der verschiedenen Einkunftsarten.622 Zur Altfassung ist mit Blick auf inländische Organträger-Personengesellschaften mit beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (Kapitel 2, unter II.2.b), S. 114) vorgebracht worden, ein durch den Gesellschafter in einer eigenen, inländischen Betriebsstätte erwirtschaftetes Ergebnis sei kein negatives Einkommen des Organträgers i. S. v. § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F., denn Organträger sei die Personengesellschaft und nicht der Gesellschafter.623 In dieser Konstellation unterhält der Gesellschafter einerseits selbst eine Betriebsstätte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, andererseits wird ihm eine solche über seine Beteiligung an der inländischen Personengesellschaft vermittelt, sodass es ggf. nicht zum Ausgleich zwischen den Ergebnissen kommt. Zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wurde außerdem vertreten, dass nicht sämtliche negativen Einkünfte des Organträgers, sondern nur solche, die auf die Zurechnung des Organeinkommens zurückzuführen seien, erfasst seien.624 Mit Blick auf das durch das UntStReiseKG vom 20.2.2013625 eingefügte Betriebsstättenerfordernis in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG sind in der Literatur zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. weitere Einschränkungen auf die in dieser Betriebsstätte erzielten negativen Einkünfte vertreten worden: Sei eine 621 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 509; Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.18. Allerdings unterscheidet Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 512b für Zwecke des Merkmals der Berücksichtigung der negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat nach Einkunftsquellen. 622 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 509 f.; Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 403 (3. Abs.). 623 Meilicke, DB 2002, S. 911 (914). 624 Martini, HFR 2017, S. 307 (309). 625 BGBl. I 2013, S. 285 ff.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
natürliche Person Organträger (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 1. Alt. KStG), könne diese zwar Einkünfte verschiedener Einkunftsarten und aus verschiedenen Quellen erzielen, von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst seien aber nur die in der Betriebsstätte, der die die finanzielle Eingliederung verschaffende Beteiligung an der Organgesellschaft oder an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG; „Organträger-Betriebsstätte“), erzielten negativen, gewerblichen Einkünfte.626 Auch im Fall der von §§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6, 2 Nr. 1 KStG erfassten unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekte, auf die § 8 Abs. 2 KStG nicht anzuwenden sei (Kapitel 1, unter II.2., S. 48), sei für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nur auf die in der Betriebsstätte, der die Beteiligung zuzuordnen sei, erzielten negativen Einkünfte abzustellen.627 Demgegenüber wird für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG als Organträger und Organgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) unter Hinweis auf § 8 Abs. 2 KStG eine ganzheitliche Betrachtung der negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vertreten, d.h. eine separate Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf einzelne Quellen abgelehnt.628 Folge einer solchen Unterscheidung ist, dass im Hinblick auf nicht § 8 Abs. 2 KStG unterfallende Körperschaftsteuersubjekte (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6, 2 Nr. 1 KStG) und natürliche Personen das Vorliegen negativer Einkünfte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. spezifisch für die Betriebsstätte, der die die finanzielle Eingliederung verschaffende Beteiligung an der Organgesellschaft oder an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist, zu beurteilen wäre. Hat der Organträger also gewerbliche Einkünfte aus weiteren Einkunftsquellen, dann wird der horizontale Verlustausgleich eingeschränkt. Zu einer Einschränkung des vertikalen Ausgleichs kommt es, wenn der Organträger nur anderen Einkunftsarten zuzuordnende Einkünfte aus anderen Einkunftsquellen hat. Und fehlt es abgesehen von der Organträger-Betriebsstätte an weiteren Einkunftsquellen, so wirkt sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht auf den Ausgleich, aber auf den Verlustabzug aus. Handelt es sich dagegen um Organträger und Organgesellschaften i. S. d. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 8 Abs. 2 KStG, so scheidet ein vertikaler Verlustausgleich mangels anderer Einkunftsarten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus: Im Fall weiterer Einkunftsquellen wird § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. also den
626 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (146); Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/ 2016, § 14 KStG Rn. 659; Jesse, FR 2013, S. 629 (637 f.); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (137). Vgl. auch Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (354). 627 Jesse, FR 2013, S. 629 (637 f.). Vgl. auch Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (137). 628 Jesse, FR 2013, S. 629 (637). Vgl. auch Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (146). Für Organgesellschaften mit insgesamt positiven Einkünften, in die aber einzelne, auch im Ausland berücksichtigte negative Einkünfte eingeflossen sind, mit Hinweis auf § 8 Abs. 2 KStG Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 276.
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horizontalen Ausgleich einschränken, d.h. die in der Organträger-Betriebsstätte erzielten negativen Einkünfte nicht daran teilnehmen lassen; fehlt es an weiteren Einkunftsquellen, so wird der Verlustabzug berührt. b) Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs: Einkunftsart der gewerblichen Einkünfte Es ist ungeklärt, ob unter „Einkünften“ der auf Ebene der einzelnen Einkunftsquelle ermittelte Saldo oder vielmehr die Summe aus allen solchen Salden einer Einkunftsart zu verstehen ist (Kapitel 1, unter I.2., S. 36). Dann lässt sich aber auch erwägen, dass mit den negativen Einkünften i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die negative Summe aus allen auf Ebene der einzelnen Einkunftsquellen (z. B. Betriebsstätten) ermittelten Ergebnissen gemeint ist. Im Gegensatz zur quellenbezogenen Betrachtungsweise (Kapitel 3, unter II.3.a), S. 158) ist (sofern vorhanden) das Ergebnis mehrerer Quellen (einer Einkunftsart) der Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu unterziehen. Bei Organgesellschaften, bestimmten Organträgern (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 8 Abs. 2 KStG) und natürlichen Personen mit nur gewerblichen Einkünften schließt sich kein vertikaler Verlustausgleich an; eine weitere Verrechnung mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten erfolgt nicht. Das so durch vertikalen Verlustausgleich gewonnene, negative Ergebnis entspricht nicht notwendig dem Gesamtbetrag der Einkünfte i. S. d. § 10d EStG, denn z. B. sind nach den Körperschaftsteuer-Richtlinien das (positive, negative) Organeinkommen (Kapitel 1, unter II.4.b), S. 52) oder abzugsfähige Zuwendungen i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG nach Ermittlung des steuerlichen Gewinns zu berücksichtigen. Einen Verlustausgleich kann § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aber nicht mehr einschränken, sondern beeinflusst nur noch (ggf. mittelbar) die Entstehung eines Verlustvortrags bzw. Verlustrücktrags. Kann der Organträger auch Einkünfte anderer Einkunftsarten haben und hat er solche, so folgt noch ein vertikaler Verlustausgleich, d.h. die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf den durch horizontalen Verlustausgleich gebildeten Saldo hat nur mittelbar Auswirkung auf den Verlustabzug. Bereits das Merkmal des negativen Einkommens des Organträgers in der Altfassung wurde teilweise so ausgelegt, dass hiermit nur die negativen Einkünfte des Organträgers aus Gewerbebetrieb gemeint seien.629 Auch mit Blick auf das Merkmal der negativen Einkünfte in der Neufassung wird speziell zu natürlichen Personen als Organträger vertreten, dass nur deren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die sich ggf. aus den Ergebnissen mehrerer gewerblicher Einkunftsquellen zusammensetzen, und nicht etwaige weitere Einkünfte anderer Einkunftsarten er-
629 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 953; besonders für natürliche Personen als Organträger Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (444 f.); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 476.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
fasst seien.630 Außerdem wird zur Neufassung auch auf § 8 Abs. 2 KStG verwiesen mit der Folge, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bei Organträgern, welche nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben können, und Organgesellschaften nur auf den sich aus einem horizontalen Verlustausgleich, nicht aber auf separate Ergebnisse einzelner Einkunftsquellen, ergebenden Saldo Anwendung finde.631 Kann ein Organträger auch Einkünfte anderer Einkunftsarten haben und hat er diese (z. B. eine natürliche Person), dann sind hiernach gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Saldo nach horizontalem Verlustausgleich unberücksichtigt zu lassen, sodass der vertikale Verlustausgleich eingeschränkt wird. Können der Organträger, die Organgesellschaft nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben bzw. haben sie nur solche, so kann eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf das Ergebnis des horizontalen Verlustausgleichs einen folgenden vertikalen Ausgleich nicht mehr einschränken (weil keiner erfolgt) und wirkt sich insofern auf den Verlustabzug aus. c) Negative Einkünfte als Ergebnis des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs Um zu bestimmen, ob negative Einkünfte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorliegen, mag man drittens auf den Saldo aus allen Ergebnissen aller Einkunftsarten, wobei in das Ergebnis jeder Einkunftsart die Einzelergebnisse aller Einkunftsquellen eingeflossen sind, abstellen (Summe der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 3 EStG). Eine solche Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf die Summe der Einkünfte ist in der Literatur abgelehnt worden.632 Erzielt der Steuerpflichtige z. B. negative, auch im Rahmen einer ausländischen Besteuerung berücksichtigte Einkünfte aus einer Quelle und gleichen andere positive Einkünfte (aus derselben oder anderen Einkunftsarten) diese aus, so ist das Merkmal nicht erfüllt. Weil an ein Ergebnis nach Durchführung des Verlustausgleichs angeknüpft wird, kann dieser nicht mehr, ggf. aber der Verlustvortrag bzw. Verlustrücktrag beeinflusst werden. Bei Einkommensteuersubjekten, unbeschränkt i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekten ist dieses Ergebnis dasjenige nach Durchführung des horizontalen und des vertikalen Verlustausgleichs, in allen anderen Fällen dasjenige nach Durchführung nur des horizontalen Verlustausgleichs.
630 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502c, 509a; Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 403 (3. Abs.); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.19. 631 Vgl. die Quellen in Fn. 628. 632 Allgemein Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (135, 137). Für natürliche Personen als Organträger Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (146); Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 502c; M. Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.19; T. Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 620.
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d) Stellungnahme Fraglich ist, wie der Begriff der negativen Einkünfte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu verstehen ist. Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass die Konsequenzen des gewählten Ansatzes sehr stark von der Situation des Steuerpflichtigen abhängen. Hierzu gehört u. a., ob er weitere Einkunftsquellen hat, ob diese im Inland oder im Ausland belegen sind, ob auf ihrer Ebene ein positives oder negatives Ergebnis ermittelt wird und so weiter. Gewiss ist, dass im Hinblick auf das Merkmal der Einkünfte auch in anderen Zusammenhängen Unsicherheit herrscht. So ordnet § 7 Abs. 1 AStG an, dass Einkünfte, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, im Ausmaß der Beteiligung des unbeschränkt Steuerpflichtigen am Nennkapital der Gesellschaft bei diesem steuerpflichtig sind. Die Einordnung als Zwischengesellschaft setzt nach § 8 Abs. 1 AStG u. a. eine niedrige Besteuerung voraus, die in § 8 Abs. 3 AStG näher umschrieben wird. Nach § 8 Abs. 3 S. 1 AStG liegt eine Niedrigbesteuerung vor, „wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht.“ Der letzte Nebensatz („ohne dass“) verhindert dabei u. a., dass auf eine Niedrigbesteuerung geschlossen wird, weil die ausländische Gesellschaft in einem „Hochsteuerland“ (Belastung durch Ertragsteuern in Höhe von mindestens 25 %) aus einer Einkunftsquelle positive, passive Einkünfte und aus einer anderen Einkunftsquelle negative, aktive Einkünfte erzielt, durch Verrechnung dieser Einkünfte aber effektiv im Hinblick auf die positiven, passiven Einkünfte eine Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 % eintritt.633 Hieraus mag man folgern, dass der Regelfall der Ausgleich der Ergebnisse verschiedener Quellen ist, eine quellenbezogene Betrachtung mithin ausdrücklich angeordnet sein muss. Meines Erachtens ist dem zu erwidern, dass § 8 Abs. 3 S. 1 AStG nicht an den Einkünftebegriff selbst anknüpft, sondern vielmehr das Merkmal der Niedrigbesteuerung näher umschreibt. Betrachtet man den Wortlaut des letzten Halbsatzes („Einkünften aus anderen Quellen“), dann erweckt dies im Gegenteil den Eindruck, dass Einkünfte einzelnen Quellen entspringen können. Auch kann § 34c Abs. 1 S. 3 2. Hs. EStG berücksichtigt werden. Hiernach sind „bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte (Anmerkung des Verf.: für Zwecke des Anrechnungshöchstbetrags) . . . die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus dem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden.“ Grundsätzlich ist im Rahmen der Berechnung des Anrech633 Kraft, in: ders., AStG, § 8 Rn. 845 (Beispiel 1); Schönfeld, IStR 2009, S. 301 (302 [Beispiel 1]). Dort werden auch weitere Situationen, in denen der auf passive, positive Einkünfte aus einer bestimmten Quelle an sich Anwendung findende, „hohe“ Steuersatz effektiv unter die Belastungsgrenze von 25 % tritt, erörtert.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
nungshöchstbetrags nicht weiter nach den Einkunftsarten der aus dem ausländischen Staat stammenden Einkünfte zu unterscheiden.634 Indem § 34c Abs. 1 S. 3 2. Hs. EStG in ihrem Quellenstaat nach dessen Recht nicht besteuerte Einkünfte bei der Berechnung des Höchstbetrags außen vor lässt, erfolgt eine (weitere) Verengung im Sinne einer sog. per item limitation.635 Man mag der angeordneten Außerachtlassung solcherart nicht besteuerter, ausländischer Einkünfte bereits unter Hinweis auf die Verortung im EStG im Rahmen der Steuerermäßigungen die Relevanz absprechen. Macht man dies nicht, dann kann man zu dem Schluss gelangen, dass für den Fall, dass eine abweichende gesetzliche Anordnung fehlt, im Hinblick auf ausländische Einkünfte nicht weiter nach Einkunftsarten zu differenzieren ist. Meines Erachtens ist dieser Schlussfolgerung (wenn überhaupt) wenig Gewicht beizumessen, denn die Steueranrechnung und der Anrechnungshöchstbetrag sind anders als § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht dem Bereich der Bemessungsgrundlage zuzuordnen. Im Hinblick auf § 50d Abs. 9 S. 1 EStG ist das Merkmal der Einkünfte Diskussionsgegenstand gewesen: Nach der Vorschrift war eine grundsätzlich nach dem DBA vorgesehene Freistellung für „Einkünfte“ eines unbeschränkt Steuerpflichtigen zu verwehren, wenn636 sich der andere Staat nach dem DBA zur Freistellung verpflichtet bzw. nur zu einer durch das DBA auf einen reduzierten Steuersatz beschränkten Besteuerung berechtigt ansieht (Nr. 1) oder die Einkünfte mangels unbeschränkter Steuerpflicht im ausländischen Staat nicht steuerpflichtig sind (Nr. 2). Einerseits solle der Begriff i. S. v. § 2 EStG zu verstehen sein, andererseits sei stattdessen der abkommensrechtliche Einkünftebegriff maßgeblich.637 Werde der Begriff der Einkünfte sehr weit ausgelegt, dann greife § 50d Abs. 9 EStG auch bei weitestgehender Nichtbesteuerung im Ausland nicht ein, wenn nur ein geringfügiger Teil der Einkünfte im Ausland besteuert werde.638 Es
634 BFH, Urt. v. 20.12.1995, I R 57/94, BFHE 179, S. 392 (394 ff.); Gosch, in: Kirchhof, § 34c EStG Rn. 25; Wagner, in: Blümich, 127. EGL 3/2015, § 34c EStG Rn. 62. 635 Gosch, in: Kirchhof, § 34c EStG Rn. 26; Wagner, in: Blümich, 127. EGL 3/2015, § 34c EStG Rn. 57. Die Vorschrift wurde als Reaktion auf das in der Fn. 634 genannte BFH-Urt. ergänzt, vgl. näher z. B. Lüdicke, IStR 2003, S. 433 (433 f.). 636 Durch Art. 8 Nr. 11 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, S. 3000 ff. wurde das Merkmal „wenn“ durch das Merkmal „soweit“ ersetzt (dazu z. B. Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, S. 281 [289 f.]). 637 Für die erste Ansicht Meretzki, in: W./R./S., Personengesellschaften, Rn. 15.70. Für die zweite Ansicht (zu § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG) BFH, Beschl. v. 19.12.2013, I B 109/13, BFHE 244, S. 40 (42 f.); BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 68/14, BFHE 250, S. 96 (102); BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 69/14, BFH/NV 2015, S. 1395 (1397). Weitere Nachweise bei Cloer/Hagemann, in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 323. 638 Cloer/Hagemann, IStR 2015, S. 489 (490); dies., in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 324.
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ist daher in der Literatur eindringlich vertreten worden, dass der Begriff der Einkünfte im Kontext des § 50d Abs. 9 EStG („ein normspezifisches Verständnis“ 639) nicht notwendig das Gesamtergebnis einer Einkunftsart meine (und damit allgemeiner als der Begriff der Einkunftsquelle sei), sondern vielmehr ein „quellenorientierte(s) Verständnis“ 640 möglich und insbesondere bei teleologischer Auslegung auch angezeigt sei.641 Dieses Einkünfteverständnis für Zwecke des § 50d Abs. 9 S. 1 EStG ist insofern für das Merkmal der negativen Einkünfte in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von Bedeutung, als dass eine Auslegung des Merkmals der Einkünfte i. S. d. Gesamtergebnisses einer Einkunftsart nicht als zwingend angesehen wird. In seinem Urteil vom 27.8.1997 entschied der BFH zu Art. 23 Abs. 3 des „alten“ DBA-Kanada 1981642, der die abkommenskonforme Besteuerung von „Gewinne(n) oder Einkünfte(n)“ zur Voraussetzung für deren Herkunft („stammen“) „aus Quellen innerhalb des anderen Vertragsstaats“ i. S. d. Methodenartikels erhebt, dass „es nicht möglich (sei), den betreffenden Gewinn ,zu sezieren und in seine Einzelteile zu zerlegen‘“ 643. Das Ausmaß der steuerlichen Erfassung dieser Gewinne oder Einkünfte in Kanada sowie die Erfassung (Besteuerung) aller „Einkunftsteile“ sei für Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada 1981 nicht von Bedeutung, denn die Vorschrift stelle darauf ab, dass („wenn“) und nicht inwieweit („soweit“) eine abkommenskonforme Besteuerung erfolge.644 Hieraus wurde
639 Cloer/Hagemann, IStR 2015, S. 489 (492); dies., in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 326. 640 Cloer/Hagemann, IStR 2015, S. 489 (492); dies., in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 326. 641 Cloer/Hagemann, IStR 2015, S. 489 (492); dies., in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 326. Folge dieser Auffassung war insbesondere, dass § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG trotz der Besteuerung des Gewinnanteils im Ausland auch separat auf Sondervergütungen Anwendung fand, vgl. Cloer/Hagemann, in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 329; Gosch, in: Kirchhof, § 50d EStG Rn. 41a. Ausdrücklich anders als Cloer/Hagemann, IStR 2015, S. 489 ff. aber BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 68/14, BFHE 250, S. 96 (103 f.); BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 69/14, BFH/NV 2015, S. 1395 (1397). 642 BGBl. II 1982, S. 802 ff. 643 BFH, Urt. v. 27.8.1997, I R 127/95, BFHE 184, S. 326 (328). 644 BFH, Urt. v. 27.8.1997, I R 127/95, BFHE 184, S. 326 (327 f.). Bestätigt in BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 68/14, BFHE 250, S. 96 (103); BFH, Urt. v. 20.5.2015, I R 69/14, BFH/NV 2015, S. 1395 (1397). Inzwischen wurde § 50d Abs. 9 EStG durch Art. 8 Nr. 11 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, S. 3000 ff. um einen S. 4 ergänzt. Dieser lautet: „Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, sind auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmung des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.“ Hierzu z. B. Ditz/ Quilitzsch, DStR 2017, S. 281 (290).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
gefolgert, dass abkommensrechtliche „subject-to-tax“ Klauseln645 grundsätzlich nicht separat auf einzelne Erwerbseinnahmen, die Bestandteil einer abkommensrechtlichen Einkunftsart sind, anwendbar seien, es sei denn, die Klausel nehme spezifisch auch auf „Einkunftsteile“ Bezug.646 Fehle es an einer solchen spezifischen Bezugnahme, dann komme zwar keine Anwendung auf einzelne Erwerbseinnahmen in Betracht, vorstellbar sei aber immerhin eine separate Anwendung auf einzelne Einkunftsquellen derselben (aber natürlich auch verschiedener) – abkommensrechtlichen – Einkunftsart (z. B. verschiedene Betriebsstätten in demselben Staat).647 Diese vorgenommenen Unterscheidungen nach Quellen innerhalb der (einheitlichen) Einkunftsart erfolgen auf Abkommensebene; sie können dementsprechend nicht für den Einkünftebegriff des § 2 EStG oder des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von unmittelbarer Bedeutung sein, zumal der abkommensrechtliche Einkünftebegriff mal Erwerbseinnahmen des innerstaatlichen Rechts, mal Einkünfte des innerstaatlichen Rechts erfassen kann (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). Die Ausführungen zeigen aber, dass der Begriff der „Einkünfte“ in einem anderen Kontext (hier: dem abkommensrechtlichen) einer anderen Auslegung zugänglich ist. Fünftens mag man § 2a EStG heranziehen. Nach dessen Abs. 1 S. 1 1. Hs. dürfen negative Einkünfte aus den in Nr. 1 bis 7 genannten Quellen im weiten Sinne grundsätzlich „nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und . . . aus demselben Staat . . . ausgeglichen werden“ (vgl. den Wortlaut für die weiteren, hier nicht zitierten Maßgaben). Zu dem Merkmal der negativen Einkünfte i. S. d. § 2a Abs. 1 S. 1 EStG ist für den Fall mehrerer gewerblicher Betriebsstätten in demselben Drittstaat (§ 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) ausgeführt worden, dass jedes Betriebsstättenergebnis separat (und nicht das saldierte Ergebnis aller Betriebsstättenergebnisse aus einem Drittstaat) zu untersuchen sei.648 Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass § 2a Abs. 1 S. 1 die Quellen verrechnungsbeschränkter, negativer Einkünfte aufzählt. Dagegen enthält § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. keine solche Bezugnahme auf Quellen im weiten Sinn. Allerdings legt die Literaturauffassung zusammen mit dem Wortlaut des § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 645 Umfassend zu „subject-to-tax“ Klauseln Meretzki, in: W./R./S., Personengesellschaften, Rn. 15.13 ff. 646 Lüdicke, IStR 2013, S. 721 (724 f.); Meretzki, ISR 2014, S. 42 (44 f.), die insoweit von einer „Atomisierung“ sprechen. 647 Lüdicke, IStR 2013, S. 721 (724); Meretzki, ISR 2014, S. 42 (45); ders., in: W./R./S., Personengesellschaften, Rn. 15.24 f. 648 Herkenroth/Striegel, in: H./H./R., 261. EGL 1/2014, § 2a EStG Rn. 30: „Der Tatbestand des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist für jede Betriebsstätte getrennt zu prüfen. Dies bedeutet, dass jede Betriebsstättengewinnermittlung auf negative Einkünfte zu überprüfen ist“; Naujok, in: B./B., 349. EGL 1/2013, § 2a EStG Rn. 62: „Negative Einkünfte sind danach gegeben, wenn die Einkünfte aus einer Betriebsstätte negativ sind, auch wenn der Saldo der Einkünfte beider Betriebsstätten insgesamt positiv ist.“ Vgl. auch Wagner, in: Blümich, 120. EGL 8/2013, § 2a EStG Rn. 48: „Für die Verlustermittlung . . . ist i. R. d. Nr. 1 und 2 auf die einzelne Betriebsstätte . . . abzustellen“.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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und 2 EStG649 nahe, dass mit dem Begriff der Einkünfte auch das Ergebnis einzelner Quellen, das gemeinsam mit den Ergebnissen weiterer Quellen den Saldo einer Einkunftsart (§ 2 Abs. 2 EStG) bildet (z. B. eine Betriebsstätte in Deutschland und eine weitere in einem Drittstaat), gemeint sein kann.650 Ergebnis dieser Beispiele ist weder ein übergreifend quellenbezogenes Verständnis des Merkmals der (positiven, negativen) Einkünfte noch ein übergreifend einkunftsartenbezogenes Verständnis. Denn häufig besteht im Detail Unklarheit. Aus den Ausführungen ergibt sich aber, dass der Begriff der Einkünfte auslegungsfähig, d.h. a priori weder spezifisch quellenbezogen noch spezifisch einkunftsartenbezogen zu verstehen ist. Kann man diesem Begriff aber kein starres, allgemeines Konzept beimessen, dann erlangen der Zusammenhang (Kontext) des Begriffs mit der konkreten, interpretierten Vorschrift und deren Auslegung im Speziellen umso mehr an Bedeutung.651 Gegen eine Heranziehung der Summe der Einkünfte (Kapitel 3, unter II.3.c), S. 162), also des Ergebnisses nach horizontalem und (sofern möglich) vertikalem Verlustausgleich, spricht meines Erachtens die terminologische Unterscheidung zwischen Einkünften und der Summe der Einkünfte.652 Betrachtet man das Anliegen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., die Berücksichtigung negativer Einkünfte im Inland bei Organschaft bei Verlustberücksichtigung im Ausland zu verhindern, dann „droht“ ein einkunftsartenübergreifendes Verständnis der negativen Einkünfte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bei Organträgern, die neben Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte weiterer Einkunftsarten haben können (und haben), diesem Anliegen besonders zuwider laufende Ergebnisse hervorzurufen. Aber auch eine Herangehensweise, wonach negative Einkünfte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. der Saldo aus allen Ergebnissen aller Einkunftsquellen einer Einkunftsart sind (Kapitel 3, unter II.3.b), S. 161), verhindert nicht durchweg eine doppelte Berücksichtigung von Ergebnissen einzelner Quellen bei der inländischen und einer ausländischen Besteuerung:653 Ob von einer Berücksichtigung bei der inländischen Besteuerung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. abgesehen wird, hängt damit von den Ergebnissen weiterer Quellen ab, die im Ausland möglicherweise nicht berücksichtigt werden.
649 Dieser lautet: „Negative Einkünfte 1. aus einer in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte, 2. aus einer in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte,“ (Kursivdruck durch den Verf. ergänzt). 650 Probst, in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 13 (20). 651 Ähnlich zu § 50d Abs. 9 S. 1 EStG Cloer/Hagemann, in: B./B., 380. EGL 1/2016, § 50d EStG Rn. 325. 652 Für Literaturstimmen vgl. Fn. 632. 653 Für ein Abstellen auf den (Gesamt-)Saldo einer Einkunftsart aber Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 509 („Insoweit ist also auch nach der Neuregelung ein ,double dip‘ noch möglich.“); Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 480; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (284 [Fall 1, Abwandlung]).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Verfolgt man daher einen quellenorientierten Ansatz (Kapitel 3, unter II.3.a), S. 158), dann mag sich die in Kapitel 3 (unter II.3.a), S. 158) geschilderte Ansicht, der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. sei in gewissen Fällen auf in der inländischen Organträger-Betriebsstätte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG anfallende negative Einkünfte zu beschränken, hierin einfügen. Denn diese Betriebsstätte (§ 12 AO, Art. 5 OECD-MA) bildet ihrerseits eine Quelle, die in den in Kapitel 2 (unter II.2., S. 112) beschriebenen Fällen beschränkter Steuerpflicht des Organträgers oder des Mitunternehmers einer inländischen Organträger-Personengesellschaft in einem ausländischen Staat Berücksichtigung finden kann. Ähnliche Konstellationen mögen sich bei doppelt ansässigen Organträgern (Kapitel 2, unter II.3.a), S. 118) ergeben, z. B. wenn sich die Geschäftsleitung im Ausland, der Sitz und eine (weitere) Betriebsstätte im Inland befinden und die Ansässigkeit qua „tie-breaker“ dem anderen DBA-Vertragsstaat zugewiesen ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine derartige, quellenorientierte Verengung den bei Veranlagung (nicht: abgeltender Steuerabzug) eines beschränkt Steuerpflichtigen uneingeschränkt654 möglichen Verlustausgleich und Verlustabzug einschränkt: Ist die Betriebsstätte die einzige inländische Quelle, dann wird der Verlustabzug eingeschränkt (verhindert); bestehen weitere inländische Quellen, dann können der horizontale und der vertikale Verlustausgleich eingeschränkt (verhindert) werden. Werden in den übrigen Quellen positive Einkünfte erzielt, dann mag dies nachteilig sein, wenn ein Ausgleich unterbleibt; fallen in den übrigen Quellen aber auch im Ausland berücksichtigte negative Einkünfte an, dann werden diese nicht von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst, werden also nicht „gesperrt“. Gegen die vorerwähnte Auslegung mag man den weiten Wortlaut, dafür mag man den systematischen Zusammenhang mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG anführen. Dieser Zusammenhang wird jedoch dadurch deutlich relativiert, dass die Neugestaltung des sog. Inlandsbezugs des Organträgers auf das in der Einleitung (unter II., S. 26) angeführte BFH-Urteil zurückzuführen ist,655 letzteres aber keine doppelte Berücksichtigung negativer Einkünfte (negativer Einkommen) zum Gegenstand hatte. Meines Erachtens ist damit eine solche Einschränkung auf die inländische Organträger-Betriebsstätte abzulehnen: Der beschränkt steuerpflichtige Organträger mag negative Einkünfte in weiteren inländischen Quellen, z. B. einer weiteren Betriebsstätte, die nicht Betriebsstätte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG ist, erzielen („–200“), der Organträger-Betriebsstätte selbst mag dagegen ein positives Organeinkommen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG zuzurechnen sein („+100“). Eine Berücksichtigung der Einkommenszu-
654 Schäfers, in: B./B., 379. EGL 11/2015, § 50 EStG Rn. 150; Wied, in: Blümich, 124. EGL 8/2014, § 50 EStG Rn. 42. 655 Dötsch/Pung, DB 2013, S. 305 (307); Kessler/Arnold, IStR 2016, S. 226 (227). Gemeint ist das BFH-Urt. v. 9.2.2011, I R 54, 55/10, BFHE 232, S. 476 ff.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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rechnung im Ausland ist unwahrscheinlich, ähnliche steuerliche Konsequenzen mag ein ausländisches Steuerrecht aber an die Gewinnabführung knüpfen (Kapitel 1, unter II.5., S. 55) und somit das Ergebnis aller inländischen Quellen („per Saldo –100“) berücksichtigen. Bereits hiermit kommt es im Ausland anteilig zur Verrechnung und zur tatbestandsmäßigen Berücksichtigung. Werden weitere positive Einkünfte in ausländischen, nicht von der beschränkten Steuerpflicht umfassten Quellen erzielt („+100“), dann mag im Ausland überhaupt kein zu versteuerndes Einkommen („0“) vorliegen, in vollem Umfang also eine Berücksichtigung der inländischen negativen Einkünfte („–200“) eintreten. Käme es im Inland zur vollständigen Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. infolge der in der Organträger-Betriebsstätte nicht erzielten negativen Einkünfte, so träte ein (organschaftsbedingter) Ausgleich von positivem Organeinkommen („+100“) und anderweitigen negativen Einkünften („–200“) ein, obwohl auch im Ausland eine Verrechnung und Berücksichtigung erfolgen. Dass einerseits mit Blick auf die positiven Einkünfte aus ausländischen Quellen („+100“) eine Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income erfolgt, andererseits hinsichtlich des Ergebnisses der Organgesellschaft möglicherweise eine Verrechnung mit sog. dual inclusion income erfolgt (Kapitel 2, unter I.2.e), S. 83 und unter I.4.a), S. 87), ist für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nach dessen uneingeschränktem Wortlaut ohne Relevanz (Kapitel 3, unter II.4.c), S. 173). Aus diesen Erwägungen folgt, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. einerseits separat auf einzelne Quellen anzuwenden, andererseits aber nicht auf in der inländischen Organträger-Betriebsstätte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG anfallende negative Einkünfte zu beschränken ist. 4. Unterscheidung nach weiteren Aspekten Im Hinblick auf das Merkmal der negativen Einkünfte lassen sich weitere Unterscheidungen vornehmen. Diese können sich an der Aktivität/Passivität der unternommenen Tätigkeit (unter II.4.a), S. 169), an der Belegenheit der Einkunftsquelle im Inland oder im Ausland (unter II.4.b), S. 171) oder daran, ob die positiven Einkünfte, mit denen die negativen Einkünfte im Ausland verrechnet werden, im Inland steuerpflichtig sind (unter II.4.c), S. 173), orientieren. a) Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Tätigkeit Dem Wortlaut nach unterscheidet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht zwischen aktiven und passiven Tätigkeiten.656 Andere Vorschriften knüpfen hieran stattdessen an (Kapitel 1, unter I.3.c), S. 39); dazu gehören § 8 Abs. 1 AStG, § 2a Abs. 2 EStG, § 9 Nr. 7 GewStG und die Aktivitätsklauseln der DBA. In der Literatur wird weitgehend von einem Vorrang des § 2a EStG vor § 14 Abs. 1 S. 1 656
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 507.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Nr. 5 KStG n. F. ausgegangen.657 Dies wird damit begründet, dass § 2a EStG zum einen anders als § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bereits im Rahmen der Einkünfteermittlung anzuwenden sei,658 zum anderen § 2a EStG sich spezifisch an ausländische negative Einkünfte richte.659 Außerdem folge der Vorrang auch aus dem in § 2a Abs. 1 S. 3 bis 5 EStG vorgesehenen Verlustvortrag.660 Ist in den in Kapitel 2 (unter II.1.a), S. 99) beschriebenen outbound Konstellationen mit dem anderen Staat in einem DBA die Freistellungsmethode vereinbart, findet § 2a EStG im Rahmen der Bemessungsgrundlage keine Anwendung (Kapitel 1, unter I.4.a), S. 40). Ist der ausländische Staat ein EU- bzw. ein EWR-Staat i. S. d. § 2a Abs. 2a S. 2 EStG, findet § 2a EStG auch keine Anwendung. § 2a EStG findet genauso wenig auf andere als die dort enumerierten Tatbestände Anwendung. Die Konkurrenzfrage stellt sich nicht. Greift aber die Anrechnungsmethode ein und handelt es sich um einen „Drittstaat“, ist das Verhältnis beider Vorschriften zueinander potenziell zu klären. Nach § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG sind zwar „passive“ gewerbliche Betriebsstätten in „Nicht-Drittstaaten“ vom Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG auszunehmen (Kapitel 1, unter I.5., S. 42), im Hinblick auf „aktive“ gewerbliche Betriebsstätten in „NichtDrittstaaten“ und Betriebsstätten in Drittstaaten greift aber der (ggf. negative) Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ein. Daher wäre im Fall negativer Einkünfte auch das Verhältnis des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu klären. Dieser Aspekt hängt von der in diesem Kapitel 3 (unter III.1., S. 176) behandelten (und dort verneinten) Frage ab, ob eine Beachtung negativer Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts (nicht: Bemessungsgrundlage) eine Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist. Einerseits ist bei Anwendung der Anrechnungsmethode und Beteiligung von Drittstaaten zu berücksichtigen, dass § 2a Abs. 1 und 2 EStG den allgemeinen Verlustausgleich einschränkt661 und bereits auf Ebene der einzelnen Betriebsstätte Anwendung findet.662 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist andererseits ge657 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (362); Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 663; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 505; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 262; Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (140); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 964; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (285). 658 Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (140) unter Hinweis auf R 29 Abs. 1 S. 2 Pos. 11 KStR 2004 (BStBl. I, Sondernummer 2/2004) bzw. nun R 7.1 Abs. 1 S. 2 Pos. 15 KStR 2015 (BStBl. I, Sondernummer 1/2016). 659 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 505. Vgl. auch Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (285). 660 Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 964. 661 Naujok, in: B./B., 349. EGL 1/2013, § 2a EStG Rn. 17; Wagner, in: Blümich, 120. EGL 8/2013, § 2a EStG Rn. 2. 662 Vgl. die Quellen in Fn. 648.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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nauso im Hinblick auf einzelne Einkunftsquellen anzuwenden (Kapitel 3, unter II.3.d), S. 163). In diesen outbound Situationen stellt sich die Konkurrenzfrage umso mehr und ließe sich etwa mit Argumenten der Spezialität für die eine (§ 2a EStG normiert Spezialtatbestände, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht) oder die andere Seite (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist Spezialvorschrift der Organschaft, § 2a EStG gilt allgemein) entscheiden. Allerdings ist die bloße gesonderte Feststellung zum Zweck des Verlustabzugs keine Berücksichtigung i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (Kapitel 4, unter I.6.a), S. 194). § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. kommt nicht zur Anwendung, wenn negative Einkünfte im Inland oder im Ausland lediglich gesondert festgestellt werden (ausführlich Kapitel 4, unter I.6.b), S. 195 und unter I.6.c), S. 196). Werden in späteren Jahren in derselben Quelle positive Einkünfte erzielt und steht die Verhinderung einer Verrechnung durch Verlustabzug nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n.F im Raum, ist die Frage einer leistungsfähigkeitswidrigen Besteuerung aufgeworfen. Der uneingeschränkten Nichtberücksichtigung negativer (ausländischer) Einkünfte bei der inländischen Besteuerung stehen aber verfassungsrechtlich verhältnismäßigere Alternativen gegenüber (Kapitel 5, unter I.2.c), S. 226). b) Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Quellen Man mag innerhalb des Merkmals des negativen Einkommens in der Altfassung bzw. der negativen Einkünfte in der Neufassung zwischen inländischen und ausländischen Einkünften (Kapitel 1, unter I.3.b), S. 38) unterscheiden. Sieht man z. B. nur „ausländische Verluste“ als von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst an und werden eine inländische Betriebsstätte mit Verlusten und eine ausländische Betriebsstätte mit Gewinnen unterhalten, dann mag die Vorschrift bei isolierter Betrachtung nicht eingreifen. Dieses Szenario kann sich im outbound (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101) und im inbound Fall (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112) ergeben. Fallen umgekehrt in der ausländischen Betriebsstätte negative, im Ausland berücksichtigte Einkünfte und in der inländischen Betriebsstätte positive Einkünfte an, dann beschränkt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nach dem quellenbezogenen Ansatz (Kapitel 3, unter II.3.d), S. 163) den innerperiodischen, horizontalen Verlustausgleich. Zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. wurde vertreten, die Vorschrift solle (nur) die Berücksichtigung ausländischer negativer Ergebnisse im Inland (sog. Verlustimport) verhindern, erfasse aber nicht den Fall der Berücksichtigung inländischer negativer Ergebnisse im Ausland (sog. Verlustexport).663 Denn speziell im Fall (zugezogener) doppelt ansässiger Gesellschaften bestehe die Möglichkeit, dass negative Ergebnisse im Inland und im Ausland gleichermaßen verrechnet wer663 Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (109, 112); Töben/Schulte-Rummel, FR 2002, S. 425 (436 f.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
den, wohingegen Deutschland zur Berücksichtigung von Inlandsverlusten vorrangig zuständig sei.664 Dagegen ist eine Beschränkung auf ausländische negative Ergebnisse auch unter Hinweis auf den uneingeschränkten Wortlaut abgelehnt worden.665 Auch der Gesetzesbegründung lasse sich keine solche Einschränkung entnehmen und eine Verrechnung von Verlusten im Inland, die in einer Anrechnungsbetriebsstätte des Organträgers oder der Organgesellschaft im Ausland, auf die namentlich § 2a EStG keine Anwendung findet und die im Ausland in eine Gruppenbesteuerung eingebunden ist, anfallen, sei bereits zuvor möglich gewesen.666 Auch zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird vertreten, dass inländische und ausländische negative Einkünfte erfasst seien, denn der Wortlaut sehe keine Einschränkung vor und auch die durch die Einkommenszurechnung mögliche steuersubjektübergreifende Verrechnung gebe keinen Anlass zur Unterscheidung.667 Diese fehlende Einschränkung auf ausländische negative Einkünfte in Wortlaut und Gesetzesbegründung anerkennend wird demgegenüber eine Einschränkung auf ausländische negative Einkünfte aus den Grundfreiheiten hergeleitet.668 Eine solche Einschränkung auf Fälle des sog. Verlustimports wird außerdem verfassungsrechtlich mit dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründet, denn dieses gebiete eine Berücksichtigung inländischer Erwerbsaufwendungen und inländischer negativer Einkünfte für Zwecke der inländischen Besteuerung.669 Ferner mag man im Hinblick auf das Vorliegen ausländischer negativer Einkünfte fragen, wie im Fall mehrerer Quellen in demselben oder in verschiedenen Staaten zu unterscheiden ist und ob ggf. die Summe aus den Einzelergebnissen aller Quellen je Staat („per country limitation“) heran-
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Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (109); Töben/Schulte-Rummel, FR 2002, S. 425 (436 f.). Diese scheinbar kongruenten Ansichten unterschieden sich aber darin, dass Prinz/Simon keine konsolidierte Besteuerung im Ausland verlangen (S. 111), während dies nach Töben/Schulte-Rummel erforderlich ist (S. 437). 665 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 955; Frotscher, DK 2003, S. 98 (102); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (447). 666 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 955; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (447). 667 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 505. Zustimmend Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 665. Gegen eine Beschränkung auf ausländische negative Einkünfte auch Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 969. 668 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (659 ff.). Vgl. hierzu (wie auch zum EuGH-Urt. v. 6.9.2012 im Fall C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532) Kapitel 6 (S. 236). 669 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 275. Vgl. hierzu Kapitel 5 (S. 215). Die Ansichten von Kolbe und Urtz (Fn. 668) unterscheiden sich aber bspw. darin, ob auch beschränkt steuerpflichtige Organträger von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst sind, was Kolbe ablehnt und Urtz bejaht (vgl. bereits Kapitel 3, unter I.1.c), S. 128).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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zuziehen ist.670 Durch einfach-gesetzliche Auslegung lassen sich dem eindeutigen Wortlaut der Neufassung keine Einschränkungen entnehmen; inwiefern das Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht diese Beurteilung beeinflussen, wird im dritten Teil (S. 212) der Arbeit zu klären sein. c) Unterscheidung nach den verrechneten Gewinnen (sog. dual inclusion income) Man mag drittens danach unterscheiden, ob die zu beurteilenden negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat mit auch in Deutschland steuerpflichtigen (keine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) oder mit nicht in Deutschland steuerpflichtigen (Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) positiven Einkünften verrechnet werden. Für diese Unterscheidung ist also maßgeblich, ob den negativen Einkünften sog. dual inclusion income671 oder sog. non-dual inclusion income (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87) gegenüber steht. Im erstgenannten Fall würde es (im Umfang der Verrechnung) an negativen Einkünften i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. fehlen. Im Ausgangspunkt ist eine solche Verrechnung im Ausland mit sog. non-dual inclusion income in allen in Kapitel 2 (unter II., S. 99) dargestellten Konstellationen denkbar. Ob ein positives Einkommen der Organgesellschaft auch im Ausland (z. B. auf Ebene des Organträgers in der in Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112 geschilderten inbound Konstellation) berücksichtigt wird, mithin sog. dual inclusion income darstellt, wird davon abhängen, wie der ausländische Staat die Gewinnabführung behandelt und ob er die Einkommenszurechnung nachvollzieht oder eine eigene Zurechnungsentscheidung trifft (Kapitel 1, unter II.5., S. 55).672 Umgekehrt mögen im Fall eines aus deutscher Sicht beschränkt steuerpflichtigen Auslandsengagements (Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99), dessen Ergebnisse in Deutschland in der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind, positive Ergebnisse nur in einer (zumindest aus deutscher Sicht) separaten Einheit anfallen.673 670 Vgl. Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (138, 142 f. [Beispiele 2 und 3]), die bei Belegenheit mehrerer Quellen in demselben Staat zu einer Saldierung, bei Belegenheit in verschiedenen Staaten wegen des Merkmals der Berücksichtigung „in einem ausländischen Staat“ zu einer getrennten Beurteilung tendieren. Vgl. Kapitel 4, unter II. (S. 204). 671 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 122 (Definition). 672 Vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150 [Beispiel 3]), die von einer Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. absehen wollen, soweit im Ausland beim Anteilseigner nur die negativen Einkünfte der inländischen Organträger-Personengesellschaft mit den positiven Einkünften der Organgesellschaft verrechnet werden. Genauso im Ergebnis Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (143 [Beispiel 4]). 673 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (360 f. [Abwandlung: in der ausländischen Betriebsstätte angefallene negative Einkünfte werden im Wege des „group
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Ob dieses Ergebnis dann in Deutschland berücksichtigt wird (sog. dual inclusion income), wird auch davon abhängen, ob Deutschland seinerseits eine ausländische Zurechnungsentscheidung zur ausländischen Betriebsstätte bzw. zur in Deutschland transparent behandelten Gesellschaft nachvollzieht. Bereits in der Literatur zur Altfassung ist diesem Aspekt, ob die Verrechnung im Ausland mit vom deutschen Steueranspruch erfassten positiven Einkünften erfolgt oder nicht, besondere Bedeutung beigemessen worden.674 Auch zur Neufassung ist auf den bloßen Liquiditätsvorteil bei Verrechnung im Ausland mit auch im Inland steuerpflichtigen positiven Einkünften verwiesen und daher eine Nichtanwendung vorgeschlagen worden.675 In diesem Sinne unterschied auch der ursprüngliche Senatsvorschlag zu den „dual consolidated loss“ Vorschriften danach, ob die Gewinne der ausländischen Gesellschaften, mit denen die Verluste der doppelt ansässigen Gesellschaft („dual resident corporation“) verrechnet werden, in den USA steuerpflichtig sind oder nicht.676 Die im U.S. Kongress im „Conference Committee“ (Vermittlungsausschuss) vereinbarte Fassung findet unabhängig von einer Steuerpflicht der Ergebnisse der ausländischen Gesellschaft auch in den USA Anwendung.677 Dem Regime liegt der Gedanke der Verrechrelief“ mit den positiven Einkünften einer ausländischen Tochtergesellschaft verrechnet]); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (149 f. [Beispiel 2: negative Einkünfte einer ausländischen Personengesellschaft werden mit den positiven Einkünften einer nachgelagerten Tochtergesellschaft verrechnet]). 674 Vgl. Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (454 f.): „Ein inländischer Organträger . . . hat in einer ausländischen Betriebsstätte einen Verlust erzielt . . .; die Betriebsstätte hat im Ausland ,Organträger‘-Funktion und der Steuerpflichtige verrechnet den Betriebsstättenverlust mit Gewinnen der ausländischen Gruppengesellschaften, die im Inland nicht steuerpflichtig sind. . . . Eine doppelansässige Kapitalgesellschaft . . . verrechnet . . . Verluste im Ausland . . . mit Gewinnen der ausländischen Gruppengesellschaften, die im Inland nicht steuerpflichtig sind.“ Vgl. auch Töben/Schulte-Rummel, FR 2002, S. 425 (437): Nicht notwendig ist eine „Beschränkung der Berücksichtigung von Auslandsverlusten einer doppelt ansässigen Gesellschaft, wenn und soweit solche Auslandsverluste im Ausland (nur) mit Gewinnen verrechnet werden, die diese doppelt ansässige Gesellschaft im Ausland selbst erzielt und die wegen der unbeschränkten deutschen Steuerpflicht der doppelt ansässigen Gesellschaft und wegen fehlendem DBA-Schutz auch in Deutschland erfasst werden.“ 675 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (359 f.); Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (149 f.); Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (288). Vgl. auch Schnitger/ Weiss, IStR 2014, S. 508 (514), nach denen „dringender Handlungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber“ zur Beschränkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf den das sog. dual inclusion income übersteigenden Teil besteht. 676 Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. II, S. II-656: „The Senate amendment does not allow a U.S. corporation to consolidate with other U.S. corporations if foreign parties may benefit from its losses through foreign consolidation or group relief rules, unless the income of those foreign parties is or will be subject to U.S. tax.“ (Kursivdruck durch den Verf.). 677 Conference Report To Accompany H.R. 3838 (Tax Reform Act of 1986), H.R. Report 99-841, 99th Congress (2d Session), Vol. II, S. II-657.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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nung eines wirtschaftlichen Verlusts in zwei Steuerrechtsordnungen mit jeweils nur dort steuerpflichtigen Gewinnen zugrunde (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79). Auch die Empfehlungen der OECD unterscheiden danach, ob sog. dual inclusion income oder sog. non-dual inclusion income vorliegt (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87). Weder dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. noch der Gesetzesbegründung678 lassen sich solche Einschränkungen entnehmen; Kapitel 8 (S. 275) behandelt, ob mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine Umsetzung der OECD Vorgaben (und der Relevanz des „dual inclusion income“) erfolgt ist. 5. Zusammenfassung Zusammenfassend ergibt sich, dass im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht isoliert auf einzelne Erwerbsaufwendungen abzustellen ist. Negative Einkünfte i. S. d. Vorschrift sind auch mit Blick auf den Organträger und die Organgesellschaft separat zu beurteilen, wobei die negativen Einkünfte der Organgesellschaft für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aus Gründen der sog. Bruttomethode auf Ebene des Organträgers beurteilt werden. „Negative Einkünfte“ sind auch quellenbezogen, nicht aber als Saldo mehrerer Quellen nach einem Verlustausgleich oder Verlustabzug zu verstehen. Weitere Einschränkungen (aktiv/passiv, inländisch/ausländisch, dual inclusion income/non-dual inclusion income) sieht der Wortlaut der Vorschrift nicht vor.
III. Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist die Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung. Wie die Altfassung stellt auch die Neufassung in Tatbestand und Rechtsfolge auf die (Nicht-)Berücksichtigung ab. Für Zwecke der Organschaft wird den unbestimmten Begriffen der Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung kein allgemeiner Bedeutungsgehalt beigemessen. Auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung präzisiert den Begriff nicht, verwendet ihn aber selbst („wird ausgeschlossen, dass Verluste des Organträgers mehrfach berücksichtigt werden können“ 679). Für Zwecke des allgemeinen Sprachgebrauchs ist der Begriff „berücksichtigen“ weit zu verstehen.680 Daher wird der Frage nachgegangen, was darunter generell zu verstehen sein kann (unter III.1., S. 176), wie der Anrechnungsfall und der Freistellungsfall zu beurteilen sind (unter III.2., S. 177) und wie die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung für Zwecke der Gewerbesteuer zu beurteilen ist (unter III.3., S. 183). 678
BT-Drs. 17/10774, S. 20. BT-Drs. 17/10774, S. 20. 680 J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, S. 1530: „BERÜCKSICHTIGEN, rationem habere, respicere: dieser mensch musz berücksichtigt werden, fordert, verdient rücksicht; eine sache berücksichtigen; man soll alles berücksichtigen.“ 679
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
1. Formen einer (Nicht-)Berücksichtigung Im Hinblick auf das Merkmal der Berücksichtigung des negativen Einkommens des Organträgers in einem ausländischen Staat im Tatbestand der Altfassung wurde vertreten, dass zwar eine Erfassung im Rahmen der Bemessungsgrundlage, nicht aber eine Erfassung für Zwecke des (negativen) Progressionsvorbehalts erfasst sei.681 Dies verwundert zunächst, denn auch bei Freistellung kann es im Wege des negativen Progressionsvorbehalts zur doppelten Verlustberücksichtigung kommen (Kapitel 1, unter I.5., S. 42): Bezieht eine in Deutschland ansässige natürliche Person aus einer Freistellungsbetriebsstätte in einem Drittstaat negative Einkünfte („–100“) und inländische positive Einkünfte in gleicher Höhe mit umgekehrtem Vorzeichen („+100“), dann kommt es (vereinfacht) zur Anwendung eines Einkommensteuersatzes in Höhe von 0 % auf die inländische Bemessungsgrundlage („+100“). Andererseits sei innerhalb der Bemessungsgrundlage jedoch eine (innerperiodische) Verrechnung nicht zwingend, sondern es genüge auch ein (überperiodischer) Verlustvortag entsprechend § 10d EStG.682 Auch zum Merkmal der Berücksichtigung im Tatbestand der Neufassung wird vertreten, dass eine Erfassung in der Bemessungsgrundlage im Ausland, nicht aber die Erfassung für Zwecke des Progressionsvorbehalts erfasst sei.683 Demgegenüber vertreten andere, dass auch die Erfassung im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts tatbestandsmäßige Berücksichtigung sei.684 Dass bereits der Verlustvortrag im Ausland eine Berücksichtigung ist, wird teilweise bejaht,685 681 Meilicke, DB 2002, S. 911 (914). Genauso für die Bemessungsgrundlage, zweifelnd hinsichtlich des Progressionsvorbehalts Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 491; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14). Im Fall der DBA-Freistellungsmethode wird häufig eine Art. 23A Abs. 3 OECD-MA entsprechende Vorschrift die Progression ausdrücklich zulassen; das Recht des Quellenstaats zur Anwendung eines progressiven Steuertarifs wird davon nicht berührt (Art. 23A/B Rn. 56 OECD-MAK). 682 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 957; Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 491; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 961. Dies ablehnend Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 343, 348. 683 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150); Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 512; Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 622; Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (138). Lehnt man eine tatbestandsmäßige „Berücksichtigung“ im Fall der Beachtung im Ausland im Rahmen des Progressionsvorbehalts ab, dann mag man überlegen, zwischen den Betriebsstätteninhaber oder Mitunternehmer im „Anrechnungsausland“ und die inländische Organträger-Betriebsstätte bzw. -Personengesellschaft eine in einem „Freistellungsstaat“ ansässige Gesellschaft „zwischenzuschalten“ („§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG-Blocker“). Für diesen Praxishinweis in unserer Diskussion im Sommer 2015 dankt der Verf. Herrn Dr. Ronald Gebhardt. 684 Jesse, FR 2013, S. 629 (638) mit besonderem Hinweis auf die in Kapitel 2 (unter II.2.b)aa), S. 115) geschilderte Situation; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 281 (14. Absatz). 685 Jesse, FR 2013, S. 629 (638).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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teilweise abgelehnt.686 Werden negative Einkünfte lediglich bei der Berechnung einer indirekten Steueranrechnung (vgl. z. B. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MutterTochter-Richtlinie 2011/96/EU687) oder für das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung im Rahmen einer Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. § 8 Abs. 3 S. 1 AStG) beachtet, so solle keine Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorliegen.688 Demgegenüber erfolgte nach Satz 3 des am 24.10.2014 von den Ausschüssen des Bundesrats empfohlenen § 4 Abs. 5a EStG-E689 kein Ausschluss des (doppelten) Betriebsausgabenabzugs, wenn die Aufwendungen im Ausland nur für Zwecke des Progressionsvorbehalts oder der (direkten) Steueranrechnung berücksichtigt werden. Betrachtet man die Besteuerung des Gesamtergebnisses einer „wirtschaftlichen Einheit“ als zentrales Anliegen der Organschaft (Kapitel 1, unter II.1., S. 46) und dementsprechend Regelungen (z. B. § 32b Abs. 1a EStG) außerhalb der Bemessungsgrundlage als bloß ergänzende Regelungen, dann ergibt sich auch für das Merkmal der (Nicht-)Berücksichtigung in Tatbestand und Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine einschränkende Auslegung. Daraus kann gefolgert werden, dass eine Beachtung negativer Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts oder der Steueranrechnung im inbound und outbound Fall nicht umfasst ist und nicht die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung auslöst. Unterstützt wird dies durch die Gesetzesbegründung690, die davon spricht, dass „die negativen Einkünfte einer doppelt ansässigen Organgesellschaft“ im Ausland „ausgeglichen oder abgezogen werden.“ Andererseits ist hiermit noch nicht entschieden, wie diese geforderte Beachtung in der Bemessungsgrundlage beschaffen sein muss (innerperiodisch bzw. überperiodisch, gesonderte Feststellung oder erst tatsächlicher Abzug als Berücksichtigung). 2. Berücksichtigung bei Anrechnungsmethode und Freistellungsmethode Fraglich ist, inwiefern bei Anwendung der Anrechnungsmethode bzw. der Freistellungsmethode eine Berücksichtigung im Ausland mit der Folge der Nichtberücksichtigung im Inland erfolgen kann. Die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung wird nur insoweit eintreten können, wie ohne § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG 686 Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (602); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283). Genauso Urtz, FS Frotscher, S. 629 (646), der zusätzlich eine Berücksichtigung im In- und Ausland in demselben Zeitraum (vgl. Kapitel 4, unter I.3., S. 190) verlangt; damit fehlt es auch dann an einer tatbestandsmäßigen Berücksichtigung, wenn es später aufgrund des Vortrags zur Verrechnung kommt. 687 ABlEU. L 345 v. 29.12.2011, S. 8 ff. 688 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150). 689 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst a). 690 BT-Drs. 17/10774, S. 20. Dort sind auch die zwei Zitate zu finden.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
n. F. eine Berücksichtigung im Inland möglich wäre.691 Außerdem sollte das Merkmal der (Nicht-)Berücksichtigung auf Tatbestands- („berücksichtigt wird.“) und auf Rechtsfolgenseite („bleibt bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt,“) aufgrund der Verwendung desselben Worts in demselben Satz und ohne Hinweis auf ein jeweils abweichendes Verständnis gleich zu verstehen sein. Drittens sollte das Merkmal für Deutschland in der Situation des Ansässigkeits(outbound) und des Quellenstaats (inbound) gleich zu verstehen sein, mag eine differenzierte Behandlung beider Situationen auch geboten sein (zu den europarechtlichen Vorgaben Kapitel 6, unter I.3., S. 241). Fallen z. B. (inländische) negative Einkünfte auf Ebene der Organgesellschaft an und ist der Organträger im Inland nur beschränkt steuerpflichtig (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112), dann mag der Ansässigkeitsstaat des Organträgers die organschaftliche Einkommenszurechnung nicht nachvollziehen, aber ähnliche Rechtsfolgen an den wirtschaftlichen Vorgang der Verlustübernahme durch den Organträger knüpfen (Kapitel 1, unter II.5., S. 55). Die Verlustübernahme mag dann der inländischen Organträger-Betriebsstätte zuzuordnen sein (Kapitel 1, unter II.7.d), S. 74). Kommt es zur Erfassung des Organergebnisses in der ausländischen Bemessungsgrundlage (Anrechnung) oder zur Beachtung für Zwecke des Progressionsvorbehalts (Freistellung), dann mag die Berücksichtigung im Inland (Quellenstaat) unter Hinweis auf die Berücksichtigung im Ausland verweigert werden. Im umgekehrten outbound Fall (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101) mögen in der ausländischen Betriebsstätte angefallene negative Einkünfte im Fall der Freistellungsmethode im Rahmen der Progression (Kapitel 1, unter I.5., S. 42), im Fall der Anrechnungsmethode auch in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden (Kapitel 1, unter I.4., S. 39). Nachstehend wird auf die Anrechnungsmethode (unter III.2.a), S. 178), die Freistellungsmethode (unter III.2.b), S. 180) und die sog. modifizierte Freistellung (unter III.2.c), S. 181) eingegangen. Es folgen Anmerkungen (unter III.2.d), S. 182). a) Ausgrenzung der Anrechnungsmethode Im Schrifttum wurde geäußert, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. sinnvollerweise nur im Verhältnis zu solchen Ländern, die ausländische (hier: deutsche) negative Einkünfte nicht in der Bemessungsgrundlage erfassen, Anwendung finden sollte.692 Reduziere man die Vorschrift auf solche Fälle der Freistellung (Nichterfassung) deutscher negativer Einkünfte im ausländischen Staat, dann verbleibe die Situation, dass beide Staaten aufgrund eines sog. Zurechnungskonflikts 691 Vgl. Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (135), die von einer „implizite(n) Tatbestandsvoraussetzung“ sprechen. 692 Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (622 a. E.). Für den in- und outbound Fall Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (288).
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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jeweils für sich ein Besteuerungsrecht erkennen, als ein wesentlicher Anwendungsbereich.693 Auf ähnliche Weise ist unter Berufung auf den Zweck der Vorschrift eine Ausgrenzung negativer Einkünfte, die in einer Anrechnungsbetriebsstätte des Organträgers bzw. der Organgesellschaft erzielt werden, vom Anwendungsbereich vertreten worden.694 Folgt man dem allgemeinen Gedanken, dass die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Wege der Anrechnungsmethode im in- und im outbound Fall vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ausgenommen ist, mithin die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung ausscheidet, dann scheidet auch eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Anwendungsbereich der abkommensrechtlich vereinbarten Anrechnungsmethode695 aus. Demzufolge wären negative Einkünfte aus einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte im outbound Fall im Inland trotz § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in der Bemessungsgrundlage grundsätzlich zu verrechnen; im umgekehrten inbound Fall mögen die in der inländischen Anrechnungsbetriebsstätte angefallenen negativen Einkünfte mit einem positiven Organeinkommen zu verrechnen sein. Entsprechendes mag für in Deutschland und in einem anderen Vertragsstaat ansässige Organträger bzw. Organgesellschaften – bei Zuweisung der DBA-Ansässigkeit nach einem „tiebreaker“ – im Verhältnis beider Staaten zueinander gelten (Kapitel 2, unter II.3., S. 118). Der Diskussionsentwurf der OECD vom 22.8.2016 sieht eine Anwendung der „deductible hybrid payments rule“ (Empfehlung 6 des Abschlussberichts vom 5.10.2015 zu BEPS Aktionspunkt 2696) in Fällen vor, in denen dieselbe Aufwandsposition in zwei Steuerrechtsordnungen aufgrund divergierender steuerlicher Zuordnung (zum Stammhaus, zur Betriebsstätte) abgezogen wird und die Ergebnisse der Betriebsstätte im Stammhausstaat allgemein freigestellt werden.697
693 Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (622 f.). U. U. wird einer derartigen doppelten Berücksichtigung aufgrund sog. Zurechnungskonflikte dann durch ein ausländisches Äquivalent zu den deutschen „Switch-over“ Klauseln vorgebeugt. 694 Rödder, JbFSt 2013/2014, S. 103 (118 f.). In der anschließenden Diskussion zustimmend Möhlenbrock (JbFSt 2013/2014, S. 125), eher ablehnend Gosch (ebd.). Vgl. auch das Schreiben der Verbände v. 19.4.2013 (Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. et al., Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts – Folgeprobleme bei den Regelungen zur Organschaft), S. 2 ff., das eine Ausgrenzung dieser Fälle der Anrechnungsbetriebsstätte durch Beschränkung auf Fälle doppelter Ansässigkeit bzw. eine entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 S. 3 EStG fordert. 695 Vgl. die in Kapitel 1 (unter I.4.a), S. 40) beispielhaft angeführten Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA-Mauritius und Art. 22 Abs. 1 DBA-Zypern. 696 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 67 ff. 697 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 2, Branch Mismatch Structures, v. 22.8.2016, S. 22 ff. (Rn. 54 ff.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
b) Ausgrenzung der Freistellungsmethode Auf der anderen Seite wurde bereits zur Altfassung vertreten, dass eine Anwendung der Vorschrift im Fall der Anrechnungsmethode im Prinzip vorstellbar, im Fall der Freistellungsmethode dagegen nicht möglich sei, es sei denn, spezielle Vorschriften des ausländischen Staats lassen eine Berücksichtigung (trotz Freistellung) zu.698 Genauso wird auch zur Neufassung vertreten, dass bei Freistellung eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ausscheide.699 Nimmt man dagegen an, dass auch eine Beachtung im Rahmen des Progressionsvorbehalts eine Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist,700 dann kommt es auch bei Verrechnung im Quellenstaat in der Bemessungsgrundlage und Beachtung im Ansässigkeitsstaat im Rahmen der Progression zur doppelten Berücksichtigung. Ein Sonderfall mag eintreten, wenn eine passive Betriebsstätte im Sinne einer sog. Aktivitätsklausel vorliegt, d.h. statt der Freistellungs- die Anrechnungsmethode anzuwenden ist: Hierzu wird vertreten, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. als die allgemeinere gegenüber der Aktivitätsklausel als die speziellere Vorschrift zurücktrete, die Berücksichtigung im Inland mithin möglich sei.701 Greift die Ausnahme des § 2a Abs. 2 S. 1 EStG von dessen Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zugunsten aktiver Tätigkeit nicht ein, sind passive negative Einkünfte i. S. d. Aktivitätsklausel (und des § 2a Abs. 2 S. 1 EStG) nur eingeschränkt verrechenbar.702 Allerdings sind § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., der die „Berücksichtigung“ pauschal ausschließt und im Verhältnis zu allen anderen Staaten Anwendung findet, und § 2a Abs. 1 S. 1 1. Hs. EStG, der einen eingeschränkten Verlustausgleich zulässt, nicht kongruent (Kapitel 3, unter II.4.a), S. 169). Weil sich die Zinszahlung auf ein der Betriebsstätte steuerlich zuzuordnendes Darlehen sowohl im Ansässigkeitsstaat als auch im Betriebsstättenstaat in der Bemessungsgrundlage mindernd auswirkt, scheint die OECD im Beispiel 6.2 ihres Abschlussberichts vom 5.10.2015 zu BEPS Aktionspunkt 2 die Anrech-
698 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 330; Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (189). Ähnlich Töben/Schulte-Rummel, FR 2002, S. 425 (437), die aber nur den outbound Fall als erfasst ansehen (vgl. bereits den Text zu Fn. 663). Vgl. in diesem Kontext § 2a Abs. 3, Abs. 4 EStG a. F. und § 2 Abs. 8 Nr. 3, Nr. 4 öEStG (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112). 699 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (355), die eine abweichende Beurteilung bei finalen Verlusten für vorstellbar halten; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 12 a. E., 263, 281 a. E.; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (282); Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, S. 621 (628); Schwenke, ISR 2013, S. 41 (43); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (644 f., 669 f.). 700 Vgl. die Quellen in Fn. 684. 701 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 506. Zu dem von Frotscher angenommenen Vorrang der DBA-Anrechnungsmethode gegenüber § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Kapitel 7 (unter II., S. 263 sowie Fn. 1085). 702 In diesem Sinn Wassermeyer, in: ders., DBA, 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECDMA Rn. 156.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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nungsmethode zugrunde zu legen und die „deductible hybrid payments rule“ dementsprechend in den Fällen einer Anrechnungsbetriebsstätte für anwendbar zu halten.703 c) Sonderfall: Sog. modifizierte Freistellung Eine Sonderstellung nimmt gewissermaßen die sog. Methode der modifizierten Freistellung704 ein. Hierbei werden die dem Quellenstaat in den Verteilungsartikeln ausschließlich bzw. vorrangig zur Besteuerung zugewiesenen Einkünfte im Ansässigkeitsstaat zwar in die Bemessungsgrundlage aufgenommen, die hierauf im Ansässigkeitsstaat (sic) entfallende Steuer aber auf die Steuer des Ansässigkeitsstaats angerechnet.705 Diese Methode wirkt im Ergebnis wie eine (reguläre) Freistellung unter Progressionsvorbehalt;706 eine dem Art. 23A Abs. 3 OECD-MA entsprechende Vorschrift zum Progressionsvorbehalt ist dann jedoch entbehrlich.707 Dass bei Anwendung dieser Methode auch speziell negative Einkünfte im Ansässigkeitsstaat in die Bemessungsgrundlage aufgenommen werden (und bejahendenfalls in der Bemessungsgrundlage frei mit weiteren positiven Einkünften verrechenbar sind), steht damit allerdings nicht fest, sondern hängt u. a. von der konkreten Ausgestaltung des anwendbaren Methodenartikels ab.708 703 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff. (Beispiel 6.2). 704 Vgl. Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 51, 64; Kramer, in: Wassermeyer, DBA, 126. EGL 3/2014, DBA-Frankreich, Art. 20 Rn. 2, 51. Vgl. auch den Formulierungsvorschlag in Art. 23A/B Rn. 37 OECD-MAK: „Where a resident of a Contracting State derives income or owns capital which, in accordance with the provisions of this Convention, shall be taxable only or may be taxed in the other Contracting State, the first-mentioned State shall, subject to the provisions of paragraph 2, allow as a deduction from the income tax or capital tax that part of the income tax or capital tax, respectively, which is applicable, as the case may be, to the income derived from or the capital owned in that other State.“ 705 Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 51, 64. Nach Ismer (Rn. 51 m.w. N.) wird diese sog. Methode der modifizierten Freistellung von den Niederlanden in den DBA und den Vorschriften zur unilateralen Vermeidung der Doppelbesteuerung genutzt. Auch in dem in dieser Arbeit angesprochenen Erk. des VwGH v. 16.2.2006 (2005/14/ 0036, ÖStZ 2006, S. 313 [313 (Kurzfassung)]) sahen die Niederlande im Verhältnis zu Österreich die sog. Methode der modifizierten Freistellung vor. 706 Kramer, in: Wassermeyer, DBA, 126. EGL 3/2014, DBA-Frankreich, Art. 20 Rn. 2, 51. Vgl. auch Ismer, in: V./L., DBA, Art. 23 Rn. 51; Art. 23A/B Rn. 37 OECDMAK. 707 Art. 23A/B Rn. 37 OECD-MAK. 708 Bspw. sah Art. 20 Abs. 2 Buchst. a S. 1 DBA-Frankreich vor, dass „Gewinne und andere positive Einkünfte, die aus der Bundesrepublik stammen . . ., . . . auch in Frankreich besteuert werden (können), wenn sie einer in Frankreich ansässigen Person zufließen.“ Kramer, in: Wassermeyer, DBA, 126. EGL 3/2014, DBA-Frankreich, Art. 20 Rn. 45 schließt aus den Merkmalen „Gewinne und andere positive Einkünfte“, dass negative Einkünfte von der Berücksichtigung im Ansässigkeitsstaat Frankreich nicht umfasst, allenfalls im Quellenstaat zu berücksichtigen seien. Interessanterweise wurde
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Hiernach muss sich dann richten, ob eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung vorliegt, mithin die Rechtsfolge einer Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung eintreten kann. d) Anmerkungen Reduziert man mit der in diesem Kapitel 3 (unter III.1., S. 176) entwickelten Ansicht das Merkmal der (Nicht-)Berücksichtigung – organschaftsbedingt – auf Vorgänge, die sich auf die Bemessungsgrundlage auswirken, und nimmt man mit den in diesem Abschnitt III.2. (S. 177) dargestellten Ansichten eine Ausgrenzung der Fälle der Vermeidung der (juristischen) Doppelbesteuerung durch Freistellung und durch Anrechnung an, so verbleibt für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf den ersten Blick kein Anwendungsbereich mehr. Die Kombination beider Ansichten – und damit u. U. auch jede Ansicht für sich genommen – führte diese ad absurdum. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber ein anderes Bild, wenn man – wie es die Literaturansichten vielfach machen709 – § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht auf diesen (isolierten) Aspekt der Vermeidung der Doppelbesteuerung bezieht, sondern auf eine darüber hinausgehende Verrechnung im Ausland mit sog. non-dual inclusion income (Kapitel 3, unter II.4.c), S. 173) abstellt. Dies kann z. B. im outbound Fall, in dem das Betriebsstättenergebnis im Wege der Gruppenbesteuerung mit dem Ergebnis einer weiteren (aus deutscher Sicht intransparenten) Tochtergesellschaft verrechnet wird, eintreten.710 Aber z. B. auch in den inbound Fällen einer Einbeziehung des nur in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgers in eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung auf Ebene des ausländischen Anteilseigners (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106) oder der Einbeziehung im Wege einer ausländischen Hinzurechnungsbesteuerung (Kapitel 2, unter II.1.c)ee), S. 110) könnte es zur Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income kommen. Zwar mag es in diesen zuletzt geschilderten Fällen zu einer Anrechnung der deutschen Steuer im Ausland kommen (vgl. beispielhaft die §§ 10 Abs. 1 S. 1, 12 AStG), hierbei handelt es sich aber abweichend um die (indirekte) Anrechnung der Steuer eines anderen Steuersubjekts zwecks Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung.711 In dieser inbound Situation wird es dann auch von Bedeutung sein, ob der ausländische Ansässigkeitsstaat Art. 20 Abs. 2 Buchst. a S. 1 DBA-Frankreich durch Art. XII Nr. 4 des Zusatzabkommens zum DBA-Frankreich v. 31.3.2015, BGBl. II 2015, S. 1335 ff. geändert und spricht nunmehr von „Einkünfte(n), die aus der Bundesrepublik stammen“. 709 Vgl. exemplarisch die von Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (149 f.) geschilderten Beispiele 1 bis 3. 710 Vgl. OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff. (Beispiel 6.2). 711 Vgl. zum französischen régime du bénéfice consolidé Lefebvre/Fleischmann, DStR 1969, S. 425 (425); umfassend Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 278 f., 484 ff. Vgl. zu § 12 Abs. 1 AStG Jochimsen/Schnitger, in: S./F., § 26 KStG Rn. 39.
Kap. 3: Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung
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des Gesellschafters die deutsche, organschaftliche Einkommenszurechnung nachvollzieht bzw. eine eigene Zurechnungsentscheidung trifft (im Fall der grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung durch die Einbeziehung von Enkelgesellschaften, im Fall der Hinzurechnungsbesteuerung durch eine § 14 AStG ähnliche Vorschrift) und wie das Ausland die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme steuerlich behandelt. 3. Nichtberücksichtigung im Rahmen der Gewerbesteuer Nach § 6 GewStG ist der Gewerbeertrag „Besteuerungsgrundlage“ für die Gewerbesteuer. § 7 S. 1 GewStG bestimmt u. a., dass der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG bzw. KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG ist. Ob aber § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. für Zwecke der Gewerbesteuer von Bedeutung ist, d.h. eine Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anordnet, wird von jeher kontrovers diskutiert. Zur Altfassung wurde zur Unanwendbarkeit im Rahmen der Gewerbesteuer vorgebracht, dass § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG nur auf die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft, nicht aber auf deren Rechtsfolgen einschließlich § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. Bezug nehme, dass es im Ausland in der Regel an einer vergleichbaren Gewerbesteuer und somit an „einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ fehle, dass nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG nur an den im Inland betriebenen, stehenden Gewerbebetrieb angeknüpft werde.712 Auf ähnliche Weise wie der Ausschluss des Verlustabzugs i. S. d. § 10d EStG für vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft gem. § 15 S. 1 Nr. 1 KStG im Rahmen der Gewerbesteuer unanwendbar sei, müsse auch § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. auf die körperschaftsteuerliche Organschaft beschränkt sein.713 Andererseits wurde aus dem Zusammenhang des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. mit der Änderung der §§ 2 Abs. 2 S. 2 und 3, 7 S. 1 GewStG durch das UntStFG vom 20.12.2001714 die grundsätzliche Anwendbarkeit auch im Rahmen der Gewerbesteuer gefolgert.715 Da im Ausland aber häufig keine Gewerbesteuer erhoben werde, fehle es (trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit) al-
712 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (456); Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (18). Im Ergebnis auch Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (278 f.); Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 339. 713 Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (18). Vgl. aber nunmehr § 10a S. 3 GewStG. 714 BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 715 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (585). Im Ergebnis auch M. Frotscher, in: F./D., 114. EGL 10/2012, § 2 GewStG Rn. 75c.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
lerdings am Merkmal einer Berücksichtigung im Rahmen einer „entsprechenden Besteuerung“.716 In seinem Urteil vom 12.10.2016 ließ der BFH ausdrücklich offen, ob § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG auch auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verweist.717 In der Literatur wird mit Blick auf die Neufassung mit der Fokussierung der Gewerbesteuer auf das Inland die Nichtanwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Rahmen der Gewerbesteuer begründet.718 Daraus, dass das Erfordernis einer „der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ in die Neufassung nicht übernommen wurde (vgl. die tabellarische Übersicht in der Einleitung, unter III., S. 28), wird zwar geschlossen, dass dieses zur Altfassung vorgebrachte Argument auf die Neufassung nicht mehr anwendbar sei.719 Allerdings müsse, solle Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Nichtberücksichtigung für Zwecke der inländischen Gewerbesteuer sein, die Berücksichtigung im Ausland auch im Rahmen der Neufassung im Rahmen einer mit der deutschen Gewerbesteuer vergleichbaren Gewerbesteuer erfolgen.720 Außerdem wurde § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. als Vorschrift zur Ermittlung des Gewinns aus dem Gewerbebetrieb und damit des Gewerbeertrags i. S. v. § 7 S. 1 GewStG eingeordnet und damit eine Anwendbarkeit im Rahmen der Gewerbesteuer begründet;721 unter Hinweis darauf, dass die Norm die Nichtberücksichtigung an bereits bestimmte negative Einkünfte anknüpfe, nicht aber schon im Rahmen der Einkünfteermittlung Anwendung finde, wurde dies andererseits abgelehnt.722 Auf Grundlage der in Kapitel 3 (unter II.3.d), S. 163) entwickelten Ansicht, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (auch innerhalb der Einkünfte aus 716 M. Frotscher, in: F./D., 114. EGL 10/2012, § 2 GewStG Rn. 75c; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (585). 717 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 93/12, BFH/NV 2017, S. 586 (592). Dies ist das den Gewerbesteuermessbescheid betreffende Parallelverfahren zum Urt. des BFH v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 ff. 718 G. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485; Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3781; Schnitger, IStR 2013, S. 143 (148); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (656). Schnitger zustimmend Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 650. 719 Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (137). 720 Jesse, FR 2013, S. 629 (638). Ähnlich Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (141). Vgl. aber Keß, in: L./S., 111. EGL 10/2014, § 2 GewStG Rn. 3781 a. E. mit diversen Beispielen für ausländische „gemeindliche Gewinnsteuern für Unternehmen“. Zu der von Keß für Frankreich genannten „contribution économique territoriale“ instruktiv Viegener, in: Wassermeyer, DBA, 129. EGL 1/2015, DBA-Frankreich, Anh. Rn. 164 ff. 721 Benecke, IStR 2013, S. 143 (148); zustimmend Jesse, FR 2013, S. 629 (638). Genauso in den Diskussionen auf der 64. Steuerrechtlichen Jahresarbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht e.V. in Wiesbaden vom 6. bis zum 8.5.2013 Gosch, JbFSt 2013/2014, S. 124 und S. 593 f. 722 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485; Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (141).
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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Gewerbebetrieb) auf einzelne Einkunftsquellen anzuwenden ist, scheint sich der vorerwähnte Ansatz einer Einordnung als Gewinnermittlungsvorschrift zu bestätigen. Dass ausländische Einkünfte (mangels Kürzungstatbestand) der Gewerbesteuer unterliegen, ist teilweise schon der Fall;723 auch sieht das Gewerbesteuergesetz keine Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vor. Diese Auslegung mag dem Konzept einer auf das Inland ausgerichteten Gewerbesteuer widersprechen, die gesetzlich angeordnete Technik der Gewerbeertragsermittlung bietet aber keinen Anknüpfungspunkt für eine Einschränkung.
IV. Ergebnis Zusammenfassend besteht hinsichtlich jedes Merkmals ein regelrechtes Meinungsspektrum, vielfach lassen sich konträre Ansichten vertreten. In diesem dritten Kapitel wurde daher im Zweifel dem weiten Wortlaut der Neufassung der Vorzug gegeben, weil sich Einschränkungen nicht auf überzeugende Weise begründen lassen. Hierzu gehören die weite Auslegung des subjektiven Anwendungsbereichs (unter I.3., S. 135), die quellenbezogene Bestimmung negativer Einkünfte (unter II.3.d), S. 163) und die Maßgeblichkeit auch für die Gewerbesteuer (unter III.3., S. 183). Dem steht die systematisch erforderliche Ausgrenzung solcher Vorgänge, die zur Berücksichtigung negativer Einkünfte außerhalb der Bemessungsgrundlage führen (unter III.1., S. 176), gegenüber. Kapitel 4
Berücksichtigung negativer Einkünfte bei einer ausländischen Besteuerung Wurde in Kapitel 3 (S. 123) die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. behandelt, ist Gegenstand dieses vierten Kapitels der Tatbestand. Dieser findet Ausdruck in dem Nebensatz „soweit sie in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden.“ Auffällig ist, dass an den Vorgang der Berücksichtigung im Ausland angeknüpft wird; die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung tritt zwar im Inland ein, auslösend hierfür ist aber ein Vorgang im Ausland.724 723 Lüdicke, DBA-Politik, S. 108, der in Fn. 421 auf Zinsen, Lizenzgebühren und Dividenden außerhalb des § 9 Nr. 7 GewStG verweist. In dem anderen Kontext der Drittstaatsdividenden ist die Frage nach der Vereinbarkeit des § 9 Nr. 7 GewStG mit den Art. 63 ff. AEUV beim EuGH unter dem Az. C-685/16 anhängig (FG Münster, Beschl. v. 20.9.2016, 9 K 3911/13 F, EFG 2017, S. 323 ff.). 724 Völkerrechtlich ist eine Anknüpfung innerstaatlicher Rechtsfolgen an Vorgänge im Ausland grds. zulässig, vgl. Bühler, Prinzipien, S. 133 f.; Seer, in: Tipke/Lang, § 1 Rn. 84. Auf die allgemeine Anforderung eines sog. genuine link wird nicht eingegangen.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
I. Berücksichtigung der negativen Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft in einem ausländischen Staat („soweit sie in einem ausländischen Staat . . . berücksichtigt werden.“) Schwerpunkt dieses vierten Kapitels ist dieser erste Abschnitt. In seinem Mittelpunkt stehen das vierte und das siebte Merkmal aus der tabellarischen Übersicht in der Einleitung (unter III., S. 28), wobei das fünfte Merkmal („in einem ausländischen Staat“) zwar notwendig zu erwähnen, aber Gegenstand eines separaten, zweiten Abschnitts (unter II., S. 204) ist. Den vielfachen, materiell-rechtlichen Auslegungsfragen (unter I.1., S. 186 bis I.6., S. 193 sowie unter I.8., S. 202) stehen spezifisch verfahrensrechtliche Aspekte (unter I.7., S. 197) gegenüber, die auf das unter I.6. (S. 193) erörterte Problem zeitversetzter Berücksichtigung im Inland und im Ausland eingehen. 1. Dauerhafte Unterschiede in der Einkünfteermittlung Durch unterschiedliche Einkünfteermittlungsvorschriften im Inland und im Ausland können die (negativen) Einkünfte im Inland und im Ausland verschieden hoch ausfallen.725 Die Ursache können z. B. abweichende Vorschriften über abzugsfähige Betriebsausgaben (vgl. § 4 Abs. 5 EStG, § 10 KStG) im Inland und im Ausland sein.726 Zur Altfassung727 und zur Neufassung728 ist aus der Konjunktion „soweit“ geschlossen worden, dass die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte (bzw. eines negativen Einkommens) im Inland auf den jeweils kleineren Betrag der nach in- bzw. ausländischen Vorschriften ermittelten Einkünfte beschränkt sei. Seien die negativen Einkünfte nach inländischer Einkünfteermittlung höher als nach ausländischer, so sei in Höhe der Differenz nach wie vor eine Berücksichtigung im Inland möglich.729 Meines Erachtens ist dieser Auslegung insoweit zuzustimmen, als dass es aufgrund abweichender Vorschriften über die steuerliche Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen als Betriebsausgaben (Werbungskosten) im Inland und im Ausland zu dauerhaften Un725 Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (160); Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14). Durch eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage würden sich für die betroffenen Staaten derartige Unterschiede erledigen. 726 Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (Fn. 51). 727 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 154; Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 344; Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (191); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 961. Vgl. auch Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14). 728 Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 460; von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1692 f.); mit Zahlenbeispielen Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139 f.). 729 Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (604); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1692).
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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terschieden kommt. Denn in Höhe der Differenz kommt es im Inland (die negativen Einkünfte fallen nach inländischer Ermittlung höher aus) bzw. im Ausland (die negativen Einkünfte fallen nach ausländischer Ermittlung höher aus), nicht aber in beiden Staaten zur Berücksichtigung, sodass es zu keiner doppelten Berücksichtigung im Rahmen zweier Steuerrechtsordnungen kommt. Abgesehen von jener einmaligen Berücksichtigung liefe hier eine Heranziehung des höheren Betrags auch auf eine (partielle) Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf einzelne Erwerbsaufwendungen hinaus, die meines Erachtens als solche aber von der Vorschrift nicht erfasst sind (Kapitel 3, unter II.1., S. 140). Noch nicht gesagt ist hiermit, ob für Zwecke des Tatbestands von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. negative Einkünfte („sie“) bzw. ein negatives Einkommen („es“) nach in- oder ausländischem Steuerrecht zu ermitteln sind. Weder die Altnoch die Neufassung treffen hierzu eine Aussage.730 Im deutschen Steuerrecht ist die Ermittlung der ausländischen Einkünfte nach deutschen Vorschriften (für Zwecke der inländischen Besteuerung) die Regel: Beispielsweise sind nach § 10 Abs. 3 S. 1 1. Hs. AStG die dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln; auch § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. ordnete an, dass sich der auf Antrag des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehende Verlust nach den Vorschriften des inländischen Steuerrechts ergeben muss; im Rahmen der Anrechnung ausländischer Steuern sind ausländische Einkünfte i. S. d. §§ 34d, 34c EStG nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln;731 erfolgt eine DBA-Freistellung ausländischer Einkünfte entsprechend Art. 23A OECD-MA, dann werden die von der Steuer befreiten Einkünfte in der Regel dennoch nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats (z. B. für Zwecke des Progressionsvorbehalts) ermittelt;732 auch sog. finale Verluste (Kapitel 1, unter I.5., S. 42) sollen grundsätzlich aus Gründen unionsrechtlicher Gleichbehandlung nach dem
730 Zur Altfassung für die Anwendung deutschen Steuerrechts Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 961. Zur Altfassung mit zwei Alternativen Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14): Die „pragmatische Lösung“ ziehe das nach ausländischem Recht ermittelte Ergebnis heran. Nach der „differenzierte(n) Lösung“ sei der dem im Ausland berücksichtigten Betrag nach inländischen Ermittlungsvorschriften entsprechende Betrag zu entwickeln, indem die nach ausländischem Recht vorgenommenen Anpassungen zunächst umgekehrt und sodann inländische Vorschriften auf den Ausgangsbetrag angewandt würden (insbesondere die vom deutschen Steuerrecht vorgesehenen Anpassungen im Rahmen der außerbilanziellen zweiten Stufe der Gewinnermittlung). Für die „pragmatische Lösung“ Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 152. 731 Gosch, in: Kirchhof, § 34c EStG Rn. 14; Wagner, in: Blümich, 127. EGL 3/2015, § 34c EStG Rn. 58. 732 Wassermeyer, in: ders., 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECD-MA Rn. 53. Vgl. auch BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/09, BFHE 230, S. 35 (38). Dagegen bezeichnet Lüdicke, DBA-Politik, S. 71 es als „regelmäßig entbehrlich“, bei Freistellung die ausländischen Einkünfte nach inländischem (deutschem) Steuerrecht zu ermitteln.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
innerstaatlichen Steuerrecht des Ansässigkeitsstaats (der Muttergesellschaft bzw. des Stammhauses) zu ermitteln sein.733 Man mag im Umkehrschluss aus der teilweise ausdrücklich angeordneten Anwendung deutschen Steuerrechts im Hinblick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. folgern, dass mangels Anordnung ausländisches Steuerrecht Anwendung finde. Meines Erachtens ist allerdings ein entgegengesetzter Schluss angezeigt: Als Grundsatz sind ausländische Einkünfte für Zwecke des innerstaatlichen Steuerrechts auch nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Möchte der Gesetzgeber hiervon abweichen, dann muss (sollte) er dies ausdrücklich anordnen.734 Die Anwendung innerstaatlichen Steuerrechts zur Bestimmung, ob ausländische, negative Einkünfte i. S. d. Tatbestands von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorliegen, beschränkt sich aber auch hierauf. Denn ob eine Berücksichtigung jener negativer Einkünfte in einer ausländischen Rechtsordnung erfolgt, wird nur diese für sich beurteilen können. Veranschaulichend mag § 2a Abs. 3 EStG a. F. herangezogen werden, dessen Satz 3 eine Hinzurechnung vorsah, wenn in einem vorangegangenen Veranlagungszeitraum ein Verlust nach § 2a Abs. 3 S. 1, S. 2 EStG a. F. (entgegen der im DBA vorgesehenen Freistellung) berücksichtigt worden war, die aber nach Satz 4 unterblieb, „wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß nach den für ihn geltenden Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug von Verlusten in anderen Jahren als dem Verlustjahr allgemein nicht beansprucht werden kann.“ Damit war maßgeblich, ob nach ausländischem Recht ein Verlustvortrag und/oder Verlustrücktrag möglich (nicht: tatsächlich erfolgt) war, d.h. es wurde auf das ausländische Recht abgestellt.735 In entsprechender Anwendung der in Kapitel 1 (unter II.5., S. 55) entwickelten Grundsätze über die Anerkennung des organschaftlichen Ergebnisausgleichs in einem ausländischen Steuerrecht wird Deutschland im Zweifel die im Rahmen einer ausländischen Gruppenbesteuerung (z. B. eines „group reliefs“ oder einer „intégration fiscale“) getroffene Zurechnungsentscheidung genauso wenig nachvollziehen. Kommt es erst 733 BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/09, BFHE 230, S. 35 (39 f.); FG Hamburg, Urt. v. 6.8.2014, 2 K 355/12, EFG 2014, S. 2084 (2084 [Leitsatz 3], 2087); Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.248; Kokott, SchlA v. 19.7.2012, C-123/11, A, ECLI: EU:C:2012:488, Rn. 73 ff. Gegen das Urt. des FG Hamburg v. 6.8.2014 ist ein Revisionsverfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 17/16 anhängig, nachdem die Finanzverwaltung eine Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Aktenzeichen I B 95/14 eingelegt hatte. Vgl. auch EuGH, Urt. v. 21.2.2013, C-123/11, A, ECLI:EU:C:2013:84, Rn. 59, der sich aber weigerte, diese Frage „abstrakt und hypothetisch“ (Rn. 60) zu beantworten und eine Einzelfallprüfung verlangt (ebd.). 734 Auch im Rahmen der liechtensteinischen Gruppenbesteuerung sind die Verluste ausländischer Gruppenmitglieder nach liechtensteinischem Steuerrecht (allerdings aufgrund ausdrücklicher Anordnung) zu ermitteln (hierzu Knörzer, LJZ 2010, S. 95 [97]). Vgl. auch die 2012 erfolgte Beschränkung der Zurechnung ausländischer Verluste in Österreich auf den nach ausländischem Recht ermittelten Betrag (§ 2 Abs. 8 Nr. 3 S. 1 öEStG, § 9 Abs. 6 Nr. 6 S. 1 öKStG), dazu Kapitel 2 (unter II.1.c)bb), S. 107). 735 Probst, in: H./H./R., 206. EGL 4/2002, § 2a EStG Rn. 261.
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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hierdurch zur Verrechnung und damit zur Berücksichtigung, sind komplexere Vorgänge auf mehreren Ebenen zu würdigen. 2. Erfordernis einer sachlichen „Einkünfteidentität“ Mit dem Merkmal „sie“ wird im Tatbestand auf die „Negative(n) Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“ Bezug genommen, sodass sich die Frage nach deren Übereinstimmung stellt: Schon zur Altfassung wurde vorgebracht, dass im In- und im Ausland ein negatives Ergebnis (Einkommen) vorliegen müsse, in das jeweils die gleichen Aufwendungen (Betriebsausgaben) eingeflossen seien.736 Im Hinblick auf die Neufassung wird eine „sachliche Identität der im In- und im Ausland zu berücksichtigenden Verluste“ 737 verlangt. Dies bedeute, dass den negativen Einkünften im In- und im Ausland derselbe Sachverhalt zugrunde liege, im Fall mehrerer Quellen sei nur auf die negativen Einkünfte aus der auch im Ausland berücksichtigten Quelle abzustellen.738 Diesem Ansatz lässt sich eine Beschränkung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in zweifacher Hinsicht entnehmen: Erzielt ein Organträger bzw. eine Organgesellschaft negative Einkünfte jeweils aus einer in- (im Ausland nicht berücksichtigten) und einer ausländischen (im Ausland berücksichtigten) Quelle, dann sind nur die negativen Einkünfte aus der ausländischen Quelle erfasst.739 Insoweit ergibt sich eine Übereinstimmung mit der in Kapitel 3 (unter II.3.d), S. 163) vertretenen Ansicht einer quellenbezogenen Betrachtung. Der Unterschied zeigt sich jedoch, wenn in der inländischen (im Ausland nicht berücksichtigten) Quelle nunmehr positive Einkünfte (derselben Einkunftsart) anfallen und statt einzig auf die negativen Einkünfte aus der auch im Ausland berücksichtigten Quelle auf den Saldo aus diesen negativen und positiven Einkünften (einer Einkunftsart), d.h. nach horizontalem Verlustausgleich, abzustellen ist.740 Ein Beispiel für eine fehlende Iden736 Meilicke, DB 2002, S. 911 (915 f.); dem folgend Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 492. Deutlich weiter gehen die „dual consolidated loss“ Regelungen (Federal Register [Part III], Vol. 72, No. 52, S. 12902 ff.), die in § 1.1503(d)-3 bestimmen: „(a) Foreign use – (1) In general. Except as provided in paragraph (c) of this section, a foreign use of a dual consolidated loss shall be deemed to occur when any portion of a deduction or loss taken into account in computing the dual consolidated loss is made available under the income tax laws of a foreign country to offset or reduce, directly or indirectly, any item that is recognized as income or gain under such laws and that is, or would be, considered under U.S. tax principles to be an item of –“. Blessing, DK 2003, S. 113 (119 f.) spricht von einem „all or nothing concept“. 737 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 512a. Auch Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 672. 738 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 512b; Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 404. 739 So das Beispiel bei Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 512b. Genauso Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 404. 740 So im Ergebnis Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 509; Lohmar, in: Lademann, 49. EGL 12/2013, § 14 KStG Rn. 403 (3. Abs.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
tität zwischen den im In- und im Ausland berücksichtigten negativen Einkünften (negativen Einkommen) ist die Entstehung negativer Einkünfte aufgrund der Vornahme einer Abschreibung in dem einen Staat auf Anteile an einer (verlustträchtigen) Gesellschaft in dem anderen Staat auf den niedrigeren Teilwert (Kapitel 2, unter II.1.c)dd), S. 110), die dementsprechend in der Literatur zur Altfassung741 und zur Neufassung742 als nicht erfasst eingeordnet wurde. 3. Erfordernis einer zeitgleichen Berücksichtigung im Inland und im Ausland Diskutiert wurde auch, ob die Berücksichtigung der negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat und deren Berücksichtigung bei der inländischen Besteuerung unter Außerachtlassung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in demselben Zeitraum erfolgen müssen („zeitliche Identität“).743 Im Gegensatz zur Begründung des § 4i EStG744 befassen sich die Begründungen zur Alt- und zur Neufassung mit dieser Frage der Zeitgleichheit nicht. Zur Altfassung wurde für den Fall, dass ein Organträger in einem Jahr ein im Ausland berücksichtigtes negatives Ergebnis erziele und ihm in demselben Jahr ein positives Organeinkommen zugerechnet werde, argumentiert, dass die Nichtberücksichtigung (d.h. die Nichtverrechnung mit dem positiven Organeinkommen) grundsätzlich eine leistungsfähigkeitswidrige Besteuerung sei, nur im Fall zeitgleicher Verrechnung im Ausland mit positiven Einkünften sei eine verfassungskonforme Besteuerung zumindest vorstellbar.745 Andererseits wurde speziell in dieser Konstellation ein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Organträgers und (sic) der Organgesellschaft in jenem Jahr abgelehnt mit der Begründung, dass „nur“ die Verrechnung des negativen Einkommens des Organträgers mit dem ihm zugerechneten positiven Organeinkommen ausbleibe und der Organträger „nur“ ein fremdes (nicht: eigenes) positives Einkommen, im Hinblick auf das die Organgesellschaft selbst leistungsfähig sei, zu versteuern
741 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277 a. E.); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 492; Rödder, DStR 2002, S. 1800 (1802 f.); Stadler/Elser, DB 2002, Beilage 1 zu Heft 7, S. 41 (44). 742 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 512a; Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (286 f.); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283). 743 Zu der Frage, ob die gesonderte Feststellung für Zwecke des Verlustvortrags entsprechend § 10d EStG eine (zeitgleiche) Berücksichtigung im Ausland ist, vgl. Kapitel 4 (unter I.6.a), S. 194). 744 BR-Drs. 406/1/16, S. 5 f., wonach ein zeitgleicher Abzug der Aufwendungen oder eine zeitgleiche Besteuerung der Erträge in einem anderen Staat nicht erforderlich ist. Zustimmend Bergmann, FR 2017, S. 126 (128); Gosch, in: Kirchhof, § 4i EStG Rn. 6 f. 745 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (448 ff.). Vgl. auch Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 343, 348.
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
191
habe.746 Auch fordere der Normtext der Altfassung keine zeitgleiche Berücksichtigung.747 Unter Betonung des Aspekts einer zeitgleichen Verrechnung negativer Einkünfte im In- und Ausland mit den positiven Einkünften eines anderen Steuerpflichtigen wird auch zur Neufassung vertreten, dass eine Berücksichtigung in demselben Zeitraum im In- und Ausland erforderlich sei, d.h. ein Verlustvortrag und auch ein Verlustrücktrag nicht tatbestandsmäßig sei.748 Demgegenüber wird auch zur Neufassung unter Berufung auf den Wortlaut und den möglichen Zweck der Einschränkung der Verlustverrechnung bei Organschaft ein (implizites) Erfordernis zeitgleicher Berücksichtigung im In- und Ausland abgelehnt.749 Auch ist es nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung ein Hauptanwendungsfall, wenn „negative Einkünfte einer doppelt ansässigen Organgesellschaft im Rahmen der Besteuerung im ausländischen Staat mit positiven Einkünften eines Gruppenträgers ausgeglichen oder abgezogen werden.“ 750 Technisch ist mit einem Abzug der überperiodische Verlustausgleich im Wege des Verlustvortrags bzw. Verlustrücktrags gemeint, woraus man schließen kann, dass eine zeitgleiche Berücksichtigung nicht erforderlich ist. 4. Erfordernis einer tatsächlichen Berücksichtigung („berücksichtigt werden.“) § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. stellt darauf ab, dass „sie“, also die „Negative(n) Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“, „in einem ausländischen Staat . . . berücksichtigt werden.“ Dementsprechend ist eine tatsächliche Berücksichtigung in einem ausländischen Staat erforderlich.751 Das bedeutet einerseits, dass – anders als nach den Steuerrichtlinien der USA („shall be deemed to occur“)752 – keine Vermutung für die Berücksichtigung in einem ausländischen Staat aufgestellt wird. Andererseits geht hieraus nicht hervor, ob der Steuerpflichtige – ähnlich der sog. domestic use election in den USA (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79) – ein Wahlrecht zur Berücksichtigung der negativen Einkünfte (nur) bei der inländischen Besteuerung hat. Wird ein solches Wahlrecht für 746
Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 149. Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (160); zustimmend Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 493. 748 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (646, 653, 662 f.). Genauso eine Berücksichtigung in demselben Zeitraum für erforderlich haltend Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (621). 749 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 513. Im Ergebnis auch Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 669; Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139). 750 BT-Drs. 17/10774, S. 20. 751 Zur Altfassung Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 343; Jänisch/Klein, BB 2007, S. 696 (697); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (160); Löwenstein/Maier, IStR 2002, S. 185 (192); Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14). 752 Vgl. Fn. 736. 747
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bejaht, dann ließen sich die negativen Einkünfte bewusst in derjenigen Steuerrechtsordnung nutzen, in der sie die größtmögliche steuerliche Auswirkung (z. B. wegen eines höheren nominalen Steuersatzes) haben.753 Im Hinblick auf die sog. mirror legislation rule754 der amerikanischen Steuerrichtlinien ist ungeklärt, ob eine tatbestandsmäßige „Berücksichtigung“ ausgeschlossen ist, wenn die weitere Verrechnung hiernach in den USA beschränkt ist: Die Gesetzesbegründung zur Altfassung nahm ausdrücklich auf eine (einseitige) Berücksichtigung „aufgrund entsprechender nationaler Regelungen ausländischer Staaten (z. B. in den USA) stets zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland“ 755 Bezug. Daraus wurde geschlossen, dass die sog. mirror legislation rule gemeint sei;756 greife sie ein, dann hindere § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. (mangels „Berücksichtigung“) nicht die Berücksichtigung im Inland.757 Aus der fehlenden (erneuten) Bezugnahme auf solche ausländischen Regelungen in den Gesetzesmaterialien zur Neufassung wurde geschlossen, dass es im Fall des Eingreifens solcher Regelungen zumindest an einer Berücksichtigung i. S. d. Neufassung fehle.758 Auf gleiche Weise fehle es auch im Rahmen der Neufassung bei Anwendung der sog. mirror legislation rule in den USA an einer „Berücksichtigung“, sodass die Berücksichtigung im Inland möglich sei.759 5. Vorübergehende Unterschiede in der Einkünfteermittlung Unterschiedliche Einkünfteermittlungsvorschriften im In- und Ausland können zur Folge haben, dass zeitraumübergreifend Unterschiede der Höhe nach (Kapitel 4, unter I.1., S. 186) ausbleiben. Dabei mag es zur zeitversetzten Entstehung (Berücksichtigung) negativer Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft kommen, eine zeitliche Identität (Kapitel 4, unter I.3., S. 190) also ausblei753 Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (604). Gegen ein Wahlrecht Urtz, FS Frotscher, S. 629 (662). 754 Vgl. den Auszug in Fn. 297 sowie allgemein Kapitel 2 (unter I.2.c), S. 79). 755 BT-Drs. 14/6882, S. 37. 756 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (151); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (450); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 494; Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 143; Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (583). 757 Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 334; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (450); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 494; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (17); Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (583 f., 586). Ausführliche Überlegungen zu einer analogen Anwendung bei Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 144 f., was dieser im Ergebnis unter Hinweis auf den „abschließenden Charakter“ (S. 145) der Altfassung ablehnt. 758 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (151). 759 Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 622 a. E.; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (286); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (138 a. E.).
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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ben. Im Gegensatz zu den folgenden Ausführungen in diesem Kapitel 4 (unter I.6., S. 193) fehlt es im In- oder Ausland auch nicht an weiteren positiven Einkünften, mit denen im Entstehungsjahr verrechnet werden könnte, sondern in einem Besteuerungsabschnitt (aber nicht abschnittsübergreifend) fallen die (negativen) Einkünfte im In- und Ausland unterschiedlich aus. Der Fall dauerhaft und damit abschnittsübergreifend unterschiedlich hoher Einkünfteermittlung im Inund Ausland war bereits Gegenstand dieses Kapitels 4 (unter I.1., S. 186). Grund für solche vorübergehenden Unterschiede mögen verschiedene Techniken der Einkünfteermittlung im In- und Ausland sein, z. B. einerseits durch Bilanzierung und andererseits durch Einnahmen-Überschussrechnung.760 Auch können die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in dem einen Staat sofort, in dem anderen Staat nur über Jahre verteilt als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig sein.761 Aus der Verwendung des Merkmals der „Negative(n) Einkünfte“ folgt, dass einzelne Aufwendungen nicht gemeint sein können (Kapitel 3, unter II.1., S. 140); einzelne Aufwendungen werden, indem auf den jeweils kleineren Betrag der negativen Einkünfte abgestellt wird („soweit“), nicht von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst (Kapitel 4, unter I.1., S. 186). Andererseits muss entscheidend sein, ob im In- und Ausland in dem betroffenen Veranlagungszeitraum überhaupt negative Einkünfte im Sinne eines Saldos entstanden sind; das Merkmal „soweit“ hat dann für jeden Veranlagungszeitraum zur Folge, dass der jeweils kleinere Betrag der negativen Einkünfte erfasst wird.762 6. Zeitversetzte Berücksichtigung negativer Einkünfte Verlangt man einerseits Zeitgleichheit i. S. v. Kapitel 4 (unter I.3., S. 190) und legt man andererseits das Merkmal der Berücksichtigung restriktiv in einem solchen Sinn aus, dass eine gesonderte Feststellung zum Zweck des Verlustvortrags keine Berücksichtigung ist (dazu unter I.6.a), S. 194), dann ist in beiden Staaten eine Verrechnung der negativen Einkünfte im Entstehungsjahr erforderlich. Wenn und soweit dies nicht der Fall ist (und z. B. ein Verlustvortrag entsteht bzw. erhöht wird), greift § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht ein. Der Anwendungsbereich der Norm wäre also relativ begrenzt. Zu einem weiteren Anwendungsbereich gelangt man, wenn entweder bereits die gesonderte Feststellung eine Berücksichti760 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 517. Vgl. auch Löwenstein/ Maier, IStR 2002, S. 185 (Fn. 51). 761 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 517. Vgl. auch Löwenstein/ Maier, IStR 2002, S. 185 (Fn. 51). Gedacht werden kann z. B. an die in den USA seit Veröffentlichung des Entwurfs („blueprint“) der Republikaner im Repräsentantenhaus für eine grundlegende Steuerreform v. 24.6.2016 diskutierte „cash flow“ Besteuerung mit grds. unverzüglicher Abzugsfähigkeit auch von Investitionen in Anlagegüter. Zu diesem Entwurf z. B. Schoppe/Weigelt, BB 2017, S. 727 ff. Auf diesen Aspekt der Reform wurde in der Pressekonferenz am 26.4.2017 aber nicht eingegangen. 762 Vgl. auch Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 517.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
gung ist oder die gesonderte Feststellung zwar keine Berücksichtigung darstellt, aber auch eine Verrechnung im Wege des Verlustvortrags („Abzug“) in einem anderen Zeitraum als erfasst angesehen wird.763 Zumindest denkbar (aber rechtsstaatlich unzulässig, dazu unter I.6.b), S. 195) ist es, dass zwar die gesonderte Feststellung als solche keine „Berücksichtigung“ ist, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Moment der Feststellung aber dennoch „prophylaktisch“ Anwendung findet und im Fall ausbleibender Verrechnung im Rahmen der Besteuerung in einem ausländischen Staat nachträglich nicht angewendet wird. Diesen materiell-rechtlichen Überlegungen folgen in diesem vierten Kapitel (unter I.7., S. 197) ergänzende verfahrensrechtliche Überlegungen. a) Gesonderte Feststellung als Berücksichtigung Fraglich ist, ob die gesonderte Feststellung negativer Einkünfte gem. (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V. m.) § 10d Abs. 4 EStG im Inland bzw. eine entsprechende Feststellung im Ausland (Verlustvortrag) schon eine „Berücksichtigung“ ist. Bejahendenfalls wären negative Einkünfte nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt (d.h. nicht am Verlustausgleich teilnehmen) zu lassen, wenn die negativen Einkünfte im Ausland gesondert festgestellt werden; umgekehrt gingen die negativen Einkünfte bei Berücksichtigung (d.h. Verrechnung) im Rahmen der Besteuerung in einem ausländischen Staat im Inland nicht in die gesonderte Feststellung ein (Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung). Auch bei fehlender Möglichkeit zur Verrechnung im In- und Ausland unterbliebe im Inland die gesonderte Feststellung bei entsprechender Feststellung im Ausland. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist in der Literatur so ausgelegt worden, dass allein die gesonderte Feststellung zum Zweck des Verlustvortrags im Ausland keine tatbestandsmäßige Berücksichtigung sei.764 Auch die Ansichten, die zur Alt- und Neufassung eine zeitliche Identität in dem Sinn fordern, dass die negativen Einkünfte im In- und Ausland in demselben Zeitraum mit positiven Einkünften ausgeglichen werden (Kapitel 4, unter I.3., S. 190), haben zum Ergebnis, dass die Vorschrift bei gesonderter Feststellung keine Anwendung findet. Die Gesetzesbegründung zur Neufassung führt an, dass die negativen Einkünfte im Ausland „ausgeglichen oder abgezogen“ 765 werden. Auf ähnliche Weise definiert 763
Vgl. zu diesen drei Szenarien Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (621). Gründig/Schmid, DStR 2013, S. 617 (621); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (283). Anderer Meinung zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. wohl Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (14): „Die periodengleiche Minderung eines positiven Einkommens im ausländischen Staat oder ein Verlustrücktrag sind nicht Tatbestandsvoraussetzung. Deswegen wird es für eine Nichtberücksichtigung im Inland . . . ausreichen, wenn der Verlust des Organträgers in dem ausländischen Staat zur Entstehung eines vortragsfähigen Verlustes führt.“ 765 BT-Drs. 17/10774, S. 20. 764
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte als nicht genutzte Verluste und ordnet an, dass diese (anteilig) nicht mehr abziehbar sind. „Abzug“ in diesem Sinn ist die Verrechnung in der Bemessungsgrundlage, nicht aber isoliert die (verfahrensrechtliche) gesonderte Feststellung. Daher kann auch mit „Berücksichtigung“ i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (neben der innerperiodischen) nur die (überperiodische) Verrechnung und nicht die separate Feststellung gemeint sein.766 Können negative Einkünfte im Ausland schon ohne gesonderte Feststellung durch die Finanzverwaltung vorgetragen und in späteren Jahren verrechnet werden, dann wird es im Jahr der Verlustentstehung erst Recht an einer Berücksichtigung i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. fehlen. b) Verrechnung im Inland, Vortrag im Ausland Beispielhaft können in den in Kapitel 2 (unter II.1.a), S. 99) geschilderten outbound Konstellationen negative Einkünfte in dem aus deutscher Sicht beschränkt steuerpflichtigen Auslandsengagement (Betriebsstätte, übereinstimmend transparent besteuerte Tochtergesellschaft, Qualifikationskonflikt) anfallen und im Inland mit weiteren positiven Einkünften an sich verrechenbar sein. Fehlt es im Ausland an „nachgeschalteten“ Gesellschaften oder erzielen diese z. B. keine Einkünfte, dann kann es zu einem Verlustvortrag (im Rahmen der aus ausländischer Sicht beschränkten bzw. unbeschränkten Steuerpflicht) kommen. Umgekehrt kann in der in Kapitel 2 (unter II.2.a), S. 112) geschilderten inbound Konstellation der im Ausland ansässige Organträger außerhalb seiner inländischen Betriebsstätte (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG) keine weiteren Einkünfte erzielen und das ausländische Steuerrecht vollzieht die organschaftliche Zurechnung des positiven Organeinkommens nicht nach und knüpft auch keine steuerlichen Folgen an die Gewinnabführung (Kapitel 1, unter II.5., S. 55). Ist die gesonderte Feststellung der negativen Einkünfte im Ausland entsprechend § 10d Abs. 4 EStG in der in- und der outbound Konstellation keine Berücksichtigung (Kapitel 4, unter I.6.a), S. 194), dann wird § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. den Verlustausgleich im Inland aufgrund der Feststellung im Ausland (da keine „Berücksichtigung“) nicht versagen können. Eine nachträgliche Versagung der Verrechnung kommt aber in Betracht, wenn es in einem späteren Zeitraum zum Abzug der vorgetragenen negativen Einkünfte kommt. Alternativ könnte § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bereits im Zeitraum der Entstehung der negativen Einkünfte aufgrund eines erwarteten, späteren Abzugs der vorgetragenen negativen Einkünfte Anwendung finden. Allerdings ist Voraussetzung für die 766 Der Verf. dankt Herrn Thomas Brink für seinen Hinweis hierauf im Gespräch am 18.12.2015. In Kapitel 3 (unter III.1., S. 176) wurde unter Berufung auf die Gesetzesbegründung entschieden, dass die Beachtung für Zwecke des Progressionsvorbehalts oder der Steueranrechnung nicht von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst ist.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Steuererhebung die Erfüllung der Merkmale des die Rechtsfolge auslösenden Tatbestands („Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung“).767 Kommt es im Ausland aber nicht zur Verrechnung, sondern zur bloßen gesonderten Feststellung, die nach der vorstehend entwickelten Ansicht als solche keine Berücksichtigung ist, muss eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mangels Erfüllung des Merkmals „berücksichtigt werden“ ausscheiden. Damit fehlt es im Zeitraum der Feststellung im Ausland an einem Anknüpfungspunkt. c) Vortrag im Inland, Verrechnung im Ausland Spiegelbildlich mögen negative Einkünfte im Rahmen der Besteuerung in einem ausländischen Staat berücksichtigt, d.h. verrechnet, im Inland aber an sich nur in einen Verlustvortrag aufgenommen werden. Auch dieses Szenario mag in der in- und der outbound Situation eintreten. Nach der Literatur zur Neufassung ist ein Verlustabzug im Hinblick auf die in einem ausländischen Staat berücksichtigten negativen Einkünfte nicht möglich, d.h. insoweit ist ein Verlustvortrag bzw. Verlustrücktrag nicht möglich.768 Versteht man auf ähnliche Weise, wie die Merkmale „Negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft“ auf der Rechtsfolgenseite und „sie“ auf der Tatbestandsseite zusammenhängen (Kapitel 3, unter II.1., S. 140), auch unter der Anordnung der Nichtberücksichtigung auf der Rechtsfolgenseite einen mit dem Merkmal der „Berücksichtigung“ (Verrechnung) auf der Tatbestandsseite vergleichbaren Vorgang, dann wird nicht eine unterlassene gesonderte Feststellung der von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte, sondern erst die unterbliebene Verrechnung (trotz Verrechnungsmöglichkeit „ohne“ § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) Nichtberücksichtigung i. S. d. Norm sein. Im Rahmen von § 8c Abs. 1 KStG sind die nicht mehr abziehbaren negativen Einkünfte bereits im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs nicht mit in die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags (§ 10d Abs. 4 EStG) aufzunehmen;769 mit dieser Feststellung wird über die Abzugsfähigkeit der betroffenen negativen Einkünfte entschieden und sie ist für spätere Jahre, in denen ein Abzug der betroffenen negativen Einkünfte in Frage steht, grundsätzlich verbindlich.770 Ob zunächst im Inland nicht verrechenbare nega-
767 Drüen, in: T./K., 128. EGL 1/2012, § 3 AO Rn. 33; Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 230, 232; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 120, 127. 768 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 526. Vgl. auch Gründig/ Schmid, DStR 2013, S. 617 (619 [Verlustvortrag]). 769 Brandis, in: Blümich, 117. EGL 11/2012, § 8c KStG Rn. 60; Dötsch/Leibner, in: D./P./M., 86. EGL 4/2016, § 8c KStG Rn. 36; Frotscher, in: F./D., 122. EGL 1/2014, § 8c KStG Rn. 157; Hallerbach, in: H./H./R., 276. EGL 9/2016, § 10d EStG Rn. 122. Vgl. auch Roser, in: Gosch, § 8c KStG Rn. 102. 770 Zu § 8 Abs. 4 KStG a. F. („Mantelkauf “) für die Gewerbesteuer BFH, Urt. v. 22.10.2003, I R 18/02, BFHE 204, S. 273 ff.; für die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer BFH, Urt. v. 26.5.2004, I R 112/03, BFHE 206, S. 533 (535 f.). Vgl. auch
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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tive Einkünfte (trotz ggf. zunächst erfolgter Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) vorliegen, wird auch davon abhängen müssen, ob die „Berücksichtigung“ im Ausland eine dauerhafte ist, d.h. die Berücksichtigung im Ausland nicht beispielsweise durch eine spätere Besteuerung anlässlich inländischer positiver Einkünfte „kompensiert“ wird. d) Sonderfall: Verlustverrechnung mit Nachversteuerung im Ausland (inbound Fall) Auch kann der Tatbestand des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aufgrund der Verrechnung (und damit der „Berücksichtigung“) der negativen Einkünfte im Entstehungsjahr in einem ausländischen Staat zunächst erfüllt werden, aufgrund der Besteuerung (z. B. anlässlich inländischer positiver Einkünfte) eines Betrags bis zur Höhe der zunächst im Ausland berücksichtigten negativen Einkünfte aber nachträglich wieder entfallen. In der Folge wird § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Inland nicht anzuwenden sein, d.h. ein unterbliebener Verlustvortrag wird nachzuholen bzw. ein erfolgter Verlustvortrag auf die negativen Einkünfte auszuweiten sein; bei Erfassung im Rahmen eines Vortrags mag keine Änderung vorzunehmen sein (zum Verfahrensrecht Kapitel 4, unter I.7., S. 197). 7. Verfahrensrechtliche Anknüpfungsmöglichkeiten Aufbauend auf Vorüberlegungen (unter I.7.a), S. 197) werden verfahrensrechtliche Aspekte zu den zuvor unter I.6.b) (S. 195), unter I.6.c) (S. 196) und unter I.6.d) (S. 197) erörterten Konstellationen untersucht. a) Vorüberlegungen Zur Altfassung wurde für den Fall, dass ein inländisches negatives Einkommen im Ausland zunächst berücksichtigt (verrechnet) wird, im Fall späterer, inländischer Gewinne im Ausland aber eine Besteuerung (Nachversteuerung) erfolgt (Kapitel 2, unter II.1.c)bb), S. 107 und unter II.2.a), S. 112), vertreten, dass die Nichtberücksichtigung des negativen Einkommens des Organträgers bei der inländischen Besteuerung gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen sei.771 Erfolge eine Nichtberücksichtigung im Inland bereits anlässlich der Erfassung im Ausland im Rahmen des Verlustvortrags, dann sei die Nichtberücksichtigung im Inland gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren, wenn es im Ausland aufgrund einer zeitlichen Befristung des Verlustvortrags nicht zur Verz. B. Dötsch/Leibner, in: D./P./M., 86. EGL 4/2016, § 8c KStG Rn. 36; Frotscher, in: F./ D., 122. EGL 1/2014, § 8c KStG Rn. 158. 771 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 156; Hey, BB 2002, S. 915 (916); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 491, 498.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
rechnung komme.772 Auch für den Fall, dass das negative inländische Ergebnis eines Jahres im Ausland in einen Verlustvortrag eingehe und dort in einem Folgejahr nur mit einem positiven inländischen Ergebnis verrechnet werde, sei die Anwendung der Altfassung im Inland gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO umzukehren.773 Zur Neufassung wurde stattdessen in dieser Situation bloßer Verrechnung der negativen Einkünfte mit positiven Einkünften, die jeweils auch im Inland steuerpflichtig sind (sog. dual inclusion income, vgl. Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87), im Wege des Verlustvortrags eine Anwendung von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO erwogen.774 Allgemeiner wurde ausgeführt, dass bereits im Fall des bloßen Vortrags negativer Einkünfte im Ausland ihre Verrechnung im Inland nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. unterbleiben könne, bei Ausbleiben der Verrechnung im Ausland der Steuerbescheid, in dem die Nichtberücksichtigung im Inland erfolgte, aber gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern sei; umgekehrt sei es auch vorstellbar, dass die negativen Einkünfte trotz des Verlustvortrags im Ausland im Inland zunächst verrechnet werden, bei Verrechnung im Ausland aber gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern sei.775 Im Übrigen sei eine Steuer grundsätzlich nach § 165 AO vorläufig festzusetzen, wenn zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die (Nicht-)Berücksichtigung der negativen Einkünfte im Rahmen einer Besteuerung in einem ausländischen Staat noch nicht endgültig feststehe.776 In seinem Urteil vom 28.1.2004 entschied der BFH u. a., dass der Körperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft kein Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, der eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids des Organträgers gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO erlaube, sei.777 Nach dem Urteil vom 6.3.2008 ist auch ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die Tochterpersonengesellschaft der Organgesellschaft nicht 772
Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (278); Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1
(14). 773
Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (278). Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (149), die aber bei Verrechnung mit sog. dual inclusion income vorrangig von einer Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. absehen wollen (vgl. Beispiel 1). 775 Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (101). Vgl. Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 471, die im erstgenannten Fall von einer „aufschiebend-bedingte(n) Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5“, im zweiten Fall von einer „aufschiebend-bedingte(n) Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5“ sprechen. Vgl. auch Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (140). 776 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 515. Vgl. auch Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 670. Für den umgekehrten Fall, in dem es im Inland zunächst zur gesonderten Feststellung der negativen Einkünfte und im Ausland zur (vorläufigen) Berücksichtigung kommt, ist der Streit, ob die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gem. § 165 AO vorläufig erfolgen kann (dagegen Schmieszek, in: B./B., 373. EGL 4/2015, § 10d EStG Rn. 339), zu berücksichtigen. 777 BFH, Urt. v. 28.1.2004, I R 84/03, BFHE 205, S. 1 (3). Bestätigt in BFH, Urt. v. 6.3.2008, IV R 74/05, BFHE 220, S. 304 (306). Vgl. zu beiden Urt. bspw. Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 678. 774
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
199
Grundlagenbescheid gegenüber dem Organträger.778 Auch § 14 Abs. 5 KStG erhebt weder den Körperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft noch einen Feststellungsbescheid im Hinblick auf eventuelle Tochterpersonengesellschaften der Organgesellschaft zum Grundlagenbescheid i. S. d. §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO für den (Körperschaft-)Steuerbescheid des Organträgers;779 die Vorschrift ordnet in ihrem Satz 1 vielmehr die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Organeinkommens und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen an. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids kann sich nur aus dem Gesetz ergeben;780 nach § 179 Abs. 1 AO erfordert bereits die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, dass („soweit“) dies in der Abgabenordnung oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Namentlich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. lässt sich eine solche Bindungswirkung ausländischer Bescheide oder anderer, vergleichbarer Vorgänge aber nicht entnehmen. Eine Korrektur auf Grundlage des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO wird ausscheiden müssen. Allerdings mag eine Korrektur auf Grundlage von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO möglich sein: Zwar entschied der BFH in dem vorgenannten Urteil vom 28.1.2004, dass es an einem zur Änderung des Körperschaftsteuerbescheids des Organträgers gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO berechtigenden rückwirkenden Ereignis fehle, wenn das Organeinkommen später geändert werde.781 Andererseits wurde mit Blick auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die zwar in den USA steuerpflichtig waren, mangels Abgabe einer Steuererklärung in den USA dort aber nicht versteuert wurden und auf die daher statt der DBA-Freistellungsmethode die DBA-Anrechnungsmethode Anwendung fand („subject-to-tax“), in der späteren Versteuerung in den USA ein die Korrektur des Steuerbescheids legitimierendes rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erkannt.782 Für Zwecke der Anrechnung ausländischer Schenkungsteuer gem. § 21 i.V. m. § 1 Abs. 2 ErbStG wurde höchstrichterlich entschieden, dass die Entrichtung einer anrechenbaren ausländischen Steuer nach Eintritt der Bestandskraft des deutschen Schenkungsteuerbescheids ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist.783 Auch soll im Rahmen von § 34c EStG (Steuerermäßigung) die Entrichtung einer ausländischen anrechenbaren Einkommensteuer nach Eintritt der Bestandskraft des deutschen Einkommensteuerbescheids die 778 BFH, Urt. v. 6.3.2008, IV R 74/05, BFHE 220, S. 304 (306 f.). Fallskizze bei Drüen, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 4.19. 779 Drüen, DK 2013, S. 433 (449 f.). 780 Kruse, in: T./K., 128. EGL 1/2012, § 171 AO Rn. 90 m.w. N. 781 BFH, Urt. v. 28.1.2004, I R 84/03, BFHE 205, S. 1 (4). 782 BFH, Urt. v. 11.6.1996, I R 8/96, BFHE 181, S. 125 (128); BMF, BStBl. I 2013, S. 980 (983). Zum BFH-Urt. im Fall I R 8/96 und zu BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/ 09, BFHE 230, S. 35 ff. auch Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (603). 783 BFH, Urt. v. 22.9.2010, II R 54/09, BFHE 231, S. 219 ff.
200
Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
Änderung der deutschen Veranlagung zur Einkommensteuer nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zur Folge haben.784 Zudem wurde wiederholt ausgeführt, dass die zu einem Zeitpunkt (z. B. anlässlich der Schließung einer Betriebsstätte im Quellenstaat) aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Nutzung der negativen Einkünfte im Quellenstaat bestehende Finalität nicht dadurch gehindert werde, dass eventuell zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. durch Wiederaufnahme der eingestellten Betriebsstättentätigkeit) die Möglichkeit zur Verrechnung eben jener Verluste „wieder auflebe“; der deutsche Steuerbescheid sei dann vielmehr gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren.785 Eine weitere Parallele mag sich aus dem durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008786 aufgehobenen § 8 Abs. 4 KStG („Mantelkauf“) ergeben: Wurde dessen Tatbestand fehlender wirtschaftlicher Identität nicht in einem Veranlagungszeitraum, sondern über mehrere solche Zeiträume erfüllt (z. B. Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile im Jahr 1 und Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens im Jahr 2), dann war die gesonderte Feststellung der Verluste für das Jahr des Anteilseignerwechsels (und ggf. der Körperschaftsteuerbescheid dieses Jahres) gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern.787 Aus diesen Vorüberlegungen folgt meines Erachtens, dass das deutsche Steuerverfahrensrecht (abgesehen von der praktisch häufigen Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 AO) mit den §§ 165, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zumindest im Ausgangspunkt auch für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Vorschriften für eine materiell richtige Steuerfestsetzung vorhält. Muss eine frühere inländische Feststellung oder Festsetzung aufgrund späterer Ereignisse im Ausland korrigiert werden, bieten § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO788 und die Ablaufhemmung in dessen Satz 2 eine Handhabe. An den vielen praktischen Schwierigkeiten ändert dies indessen nichts.
784 Kuhn, in: H./H./R., 264. EGL 6/2014, § 34c EStG Rn. 72; Nieland, in: B./B., 318. EGL 5/2010, § 34c EStG Rn. 70; Wagner, in: Blümich, 127. EGL 3/2015, § 34c EStG Rn. 71. Vgl. auch BFH, Urt. v. 22.9.2010, II R 54/09, BFHE 231, S. 219 (222 f.). 785 BFH, Urt. v. 9.6.2010, I R 107/09, BFHE 230, S. 35 (42); BFH, Urt. v. 5.2.2014, I R 48/11, BFHE 244, S. 371 (376); FG Hamburg, Urt. v. 6.8.2014, 2 K 355/12, EFG 2014, S. 2084 (2087). Vgl. auch Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 (2000) OECD-MA Rn. 153. Gegen das Urt. des FG Hamburg v. 6.8.2014 ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 17/16 ein Revisionsverfahren anhängig. 786 Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, S. 1912 ff. 787 Rengers, in: Blümich, 128. EGL 5/2015, § 8 KStG Rn. 955. Der hier herangezogene § 8 Abs. 4 S. 2 KStG lautete vor seiner Aufhebung: „Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt.“ 788 Zur Änderung einer zunächst nach § 8 Abs. 3 S. 4 KStG erfolgten Einkommenserhöhung bei der inländischen Tochtergesellschaft im Fall späterer Einkommenserhöhung bei der ausländischen Muttergesellschaft möchten Brunsbach/Freiling, FS Endres, S. 61 (69 [Alternative 3]) § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anwenden.
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
201
b) Verrechnung im Inland, Vortrag im Ausland Wendet man § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. entgegen der in Kapitel 4 (unter I.6.a), S. 194) entwickelten Ansicht bereits anlässlich der gesonderten Feststellung im Ausland an, dann wird eine Verrechnung in dem relevanten Umfang („soweit“) im Inland unterbleiben. Können die negativen Einkünfte im Ausland (trotz gesonderter Feststellung) daraufhin endgültig nicht mehr berücksichtigt werden (z. B. aufgrund einer Befristung des Verlustvortrags), so wird die Steuerfestsetzung, in der § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zur Anwendung kam, i. S. d. Vorüberlegungen gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren sein.789 Für den Fall sog. finaler Verluste (Kapitel 1, unter I.5., S. 42) mag eine solche Korrektur der Nichtberücksichtigung unionsrechtlich notwendig sein. In diesem Fall stellt die Korrektur der ursprünglich erfolgten Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine Einmalberücksichtigung der negativen Einkünfte (im Inland) in der Bemessungsgrundlage statt einer Keinmalberücksichtigung (vgl. Kapitel 2, unter I.3., S. 83) sicher. Gelangt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. umgekehrt nicht anlässlich der gesonderten Feststellung im Ausland zur Anwendung, so wird bei Verrechnung im Ausland in einem späteren Jahr die (frühere) inländische Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nachträglich anzuwenden sein.790 Damit verhindert die Korrektur eine doppelte Berücksichtigung der negativen Einkünfte in der Bemessungsgrundlage in zwei Staaten zugunsten einer einmaligen Berücksichtigung (im Ausland). Können die im Ausland (gesondert) festgestellten negativen Einkünfte dort endgültig nicht mehr berücksichtigt werden und erfolgte im Entstehungsjahr bereits eine Verrechnung im Inland, so sollte sich umgekehrt kein Problem sog. finaler Verluste ergeben. c) Vortrag im Inland, Verrechnung im Ausland Werden die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte im Inland aufgrund ihrer Verrechnung im Ausland im Entstehungsjahr schon nicht gesondert festgestellt und besteht in einem späteren Jahr, wären die negativen Einkünfte festgestellt worden, die Möglichkeit zur Verrechnung, unterbleibt die Verrechnung im Inland. Allerdings mögen die negativen Einkünfte trotz ihrer Verrechnung im Ausland im Entstehungsjahr (z. B. weil die ausländische Berücksichtigung eine nur vorübergehende ist) zunächst (zumindest der Höhe nach) gesondert festgestellt worden sein. Nach § 181 Abs. 1 S. 1 AO gelten die Vorschriften 789 Man mag mit der in Fn. 775 zitieren Terminologie von Rödder/Liekenbrock von einer „aufschiebend-bedingte(n) Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5“ sprechen. 790 Hier mag dann von einer „aufschiebend-bedingte(n) Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5“ gesprochen werden.
202
Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
über die Durchführung der Besteuerung für die gesonderte Feststellung sinngemäß. Dies bezieht auch die §§ 172 bis 177 AO mit ein.791 Außerhalb der verfahrensrechtlichen Sonderregelungen des § 10d Abs. 4 EStG erfolgt die gesonderte Feststellung nach Maßgabe der §§ 179 ff. AO,792 sodass über § 181 Abs. 1 S. 1 AO auch die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß gelten,793 auf eine frühere Verlustfeststellung also auch § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Anwendung finden kann. Fallen in einer solchen Situation in einem späteren Jahr steuerpflichtige positive Einkünfte, mit denen die vorgetragenen, im Ausland berücksichtigten negativen Einkünfte verrechnet werden könnten, an, mag die ursprüngliche Feststellung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzupassen sein. Eine andere Beurteilung mag sich im nachstehenden Szenario der Nachversteuerung ergeben. d) Verlustverrechnung mit Nachversteuerung im Ausland Diese Korrektur der gesonderten Feststellung im Inland bei Verrechnung („Berücksichtigung“) im Ausland gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO mag allerdings zu unterbleiben haben, wenn die zunächst im Ausland erfolgte Verrechnung dort dadurch ausgeglichen wird, dass später anlässlich inländischer (deutscher) positiver Einkünfte ein entsprechender Betrag besteuert (d.h. nachversteuert) wird. Unterbleibt die Korrektur, so kommt es im Inland zur Verrechnung der vorgetragenen negativen Einkünfte und damit zur Berücksichtigung i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.; infolge der Nachversteuerung bleibt im Ausland eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung aus. Wurden dagegen ursprünglich anlässlich der Verrechnung („Berücksichtigung“) der negativen Einkünfte im Ausland diese negativen Einkünfte im Inland schon nicht gesondert festgestellt und erfolgt nunmehr im Ausland eine Nachversteuerung, wird gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eine unterbliebene gesonderte Feststellung nachgeholt bzw. eine ergangene gesonderte Feststellung um die darin nicht eingeflossenen negativen Einkünfte ergänzt werden müssen. I.S.d. §§ 181 Abs. 1 S. 1, 175 Abs. 1 S. 1 AO bedeutet dies im ersten Fall, dass ein (Verlust-)Feststellungsbescheid „zu erlassen“, im zweiten Fall, dass ein solcher Bescheid „zu ändern“ ist. 8. Tatbestandsmäßige Berücksichtigung bei Nichtanerkennung im Ausland? Der Auslegung überlassen ist auch die Frage, ob negative Einkünfte in einem ausländischen Staat berücksichtigt werden, wenn im Ausland Einnahmen, die mit 791 Brandis, in: T./K., 137. EGL 8/2014, § 181 AO Rn. 4; Loose, in: T./K., 137. EGL 8/2014, Vor § 172 Rn. 16. 792 Hallerbach, in: H./H./R., 276. EGL 9/2016, § 10d EStG Rn. 121; Schmieszek, in: B./B., 373. EGL 4/2015, § 10d EStG Rn. 343. 793 Schmieszek, in: B./B., 373. EGL 4/2015, § 10d EStG Rn. 343.
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
203
im Inland zu negativen Einkünften führenden Aufwendungen korrespondieren, nicht besteuert werden. Diese Folge doppelter Nichtbesteuerung kann das Ergebnis grenzüberschreitender Steuerarbitrage sein (Kapitel 2, unter I.1., S. 75), in ihrem endgültigen Bericht zu BEPS Action 2 spricht die OECD im Hinblick auf in einer Steuerrechtsordnung abzugsfähige und in einer anderen Rechtsordnung nicht steuerpflichtige Zahlungen von einem „deduction/no inclusion outcome (D/NI outcome)“ 794. Im Hinblick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wurde argumentiert, dass es im Ausland an einer tatbestandsmäßigen Berücksichtigung fehle, wenn mit im Inland als Betriebsausgaben abgezogenen Aufwendungen korrespondierende Einnahmen nicht besteuert werden.795 Ursächlich für eine solche steuerliche Nichterfassung korrespondierender Einnahmen im Ausland beim Empfänger mögen die steuerliche Nichtanerkennung von Rechtsverhältnissen zwischen demselben Konzern angehörenden Gesellschaften796 oder etwa spezielle Steuerbefreiungen sein. Auch mögen Rechtsverhältnisse zwischen Gesellschaften, die in eine ausländische Gruppenbesteuerung einbezogen sind, im Ausland steuerlich nicht anerkannt werden, sodass im Ausland weder die Aufwendungen noch die Einnahmen die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflussen;797 etwas Ähnliches wird für Rechtsverhältnisse zwischen dem Anteilseigner und einer (z. B. deutschen) Gesellschaft, im Hinblick auf die das „check-the-box“ Wahlrecht zur transparenten Besteuerung ausgeübt wurde (Kapitel 2, unter II.1. c)cc), S. 109), gelten.798 In dieser Hinsicht im Ergebnis ähnlich ist der Fall, dass die im Ausland ansässige Mitunternehmergesellschaft einer deutschen Organträger-Personengesellschaft an ihre ausländische Muttergesellschaft Leistungen (z. B. Zinszahlungen für ein von der Muttergesellschaft gewährtes Darlehen) erbringt, die im Inland als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähig sind (Kapitel 2, unter II.2.b)cc), S. 116), im Ausland infolge einer Gruppenbesteuerung aber (genauso wenig wie damit korrespondierende Einnahmen) steuerlich nicht anerkannt
794 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 16 (Rn. 6). Kursivdruck des Originals vom Verf. entfernt. 795 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150 f. [Beispiel 4]); Niedling/Rautenstrauch, BB 2016, S. 1303 (1304); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (142). Vgl. auch Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (356); Blumenberg, JbFSt 2014/ 2015, S. 621 (Fn. 197); Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (514). Anders tendenziell Staats, IStR 2014, S. 749 (Fn. 45). Irreleitend Jochimsen/Zinowski, ISR 2016, S. 318 (323 a. E.). 796 So wohl Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150). 797 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 293 ff. (Beispiel 3.2) sowie Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (604 f. [Beispiel 3, Alternative a]). 798 Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (295 f.). Die Anwendung der Altfassung in dieser Konstellation ablehnend Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (279 f.); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (160 f.).
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
werden.799 Dem Urteil vom 12.10.2016800 lässt sich nicht entnehmen, ob zwischen der Darlehensnehmerin (Beigeladene zu 1.) und ihrer Alleingesellschafterin (Darlehensgeberin), die beide Kapitalgesellschaften niederländischen Rechts waren, eine Gruppenbesteuerung („fiscale eenheid“) bestand. Ungeachtet der Tatsache, dass das Merkmal „Negative Einkünfte“ nicht spezifisch einzelne Erwerbsaufwendungen erfasst (Kapitel 3, unter II.1., S. 140), wird eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. selbst in den Fällen, in denen Aufwendungen und negative Einkünfte (weitestgehend) einander entsprechen, abzulehnen sein.801 Diese Auslegung bestätigen mag auch der in der zweiten Jahreshälfte 2014 diskutierte § 4 Abs. 5a EStG-E802, dessen Satz 1 ausdrücklich den Fall doppelter Nichtbesteuerung und dessen Satz 2 den Fall des doppelten Betriebsausgabenabzugs betraf. Auch die OECD unterscheidet in ihrem Bericht vom 5.10.2015 zwischen „deduction/no inclusion outcome“, „double deduction outcome“ und „indirect D/NI outcome“ 803.
II. Berücksichtigung in einem ausländischen Staat Das Merkmal der Berücksichtigung „in einem ausländischen Staat“ ist unverändert in der Alt- und der Neufassung enthalten (vgl. die tabellarische Übersicht in der Einleitung, unter III., S. 28). Es ist auch weniger als andere Merkmale Gegenstand streitiger Auseinandersetzung in der Literatur, obwohl Situationen vorstellbar sind, in denen der Auslegung zentrale Bedeutung zukommt. Hierzu zählen Fälle, in denen negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft nicht nur in einem, sondern z. B. in zwei ausländischen Staaten im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden.804 799 Für eine Unanwendbarkeit des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in dieser Situation der Einbeziehung der niederländischen Mitunternehmergesellschaft (im Beispiel: S-NL BV) und der niederländischen Darlehensgeberin (im Beispiel: F-NL BV) in die niederländische Gruppenbesteuerung („fiscale eenheid“) Kroppen, JbFSt 2016/2017, S. 986 (990). Insoweit in der anschließenden Diskussion zustimmend, als dass eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung aufgrund der niederländischen Gruppenbesteuerung ausbleibt, Märtens, JbFSt 2016/2017, S. 997. 800 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 ff. 801 Im Ergebnis einstimmig für die jeweils behandelte Konstellation die Literatur. Zur Neufassung Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (356); Blumenberg, JbFSt 2014/2015, S. 621 (Fn. 197); Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (605); Polatzky/Seitner, Ubg 2013, S. 285 (296); Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (514); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (142). Zur Altfassung Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (280); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (161). 802 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst. a). 803 Jeweils OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 16 f. (Rn. 6). Kursivdruck der Originale vom Verf. entfernt. 804 Vgl. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 511a.
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
205
Einerseits wird die Verwendung des unbestimmten Artikels „einem“ so verstanden, dass auch der Fall der Berücksichtigung in mehr als einem Staat von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst sei.805 Andererseits wird dazu geneigt, aufgrund des Merkmals „einem“ nicht die Einzelergebnisse aus mehreren Staaten für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu saldieren, sondern die Vorschrift jeweils separat auf das Ergebnis aus jedem Staat anzuwenden.806 Die Gesetzesbegründung verhält sich uneindeutig, wenn sie einerseits davon spricht, dass durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verhindert werde, „dass Verluste des Organträgers mehrfach berücksichtigt werden können, z. B. weil der Organträger in verschiedenen Ländern in eine Gruppenbesteuerung einbezogen ist.“ Andererseits sei „nun auch auf der Ebene der Organgesellschaft eine doppelte Verlustnutzung denkbar“, ein Hauptanwendungsfall sei der Ausgleich oder Abzug der „negativen Einkünfte einer doppelt ansässigen Organgesellschaft im Rahmen der Besteuerung im ausländischen Staat“ 807. In systematischer Hinsicht mag man § 34c Abs. 1 S. 1 1. Hs. EStG heranziehen, der sich präziser für Zwecke der Steueranrechnung an unbeschränkt Steuerpflichtige wendet, „die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden“. Aus dem dort verwendeten bestimmten Artikel („dem“) mag im Umkehrschluss gefolgert werden, dass sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. weniger spezifisch auf einen Staat bezieht. Im Übrigen müsse dieser ausländische Staat nicht Ansässigkeitsstaat sein.808 Im Sinne einer Negativabgrenzung sei „ausländischer Staat“ alles, was nicht als Inland i. S. d. § 1 Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 3 KStG zu begreifen sei, sodass auch EU-Staaten (und EWR-Staaten) „Ausland“ seien.809
III. Berücksichtigung im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person Während die Altfassung noch eine Berücksichtigung „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ 810 verlangte, bezieht sich die Neufassung auf eine „Berücksichtigung im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person“ (vgl. die tabellarische Übersicht in der Einleitung, unter III., S. 28). Einen Grund 805
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 511a. Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (138, 142 f.). Dazu bereits Fn. 670 und ferner Kapitel 3 (unter II.4.b), S. 171). 807 Alle drei Zitate sind auf S. 20 in BT-Drs. 17/10774 zu finden. 808 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 511a; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 283. 809 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 283. 810 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584) sprechen von der „Kernvoraussetzung“ und dem „Korrektiv“. 806
206
Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
für diese Änderung nennt die Gesetzesbegründung811 nicht. Dem Merkmal wird in diesem Abschnitt durch Auseinandersetzung mit den in der Literatur diskutierten Erfordernissen einer Personenidentität (unter III.1., S. 206) und einer ausländischen Gruppenbesteuerung (unter III.2., S. 207) sowie mit dem Merkmal „einer anderen Person“ in der Neufassung (unter III.3., S. 210) nachgegangen. 1. Erfordernis einer Personenidentität Da das Gesetz auf die Berücksichtigung „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ bzw. „im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person“ abstellt, herrscht Unklarheit über ein etwaiges Identitätserfordernis hinsichtlich der Person, bei der ein negatives Einkommen bzw. negative Einkünfte im In- und Ausland berücksichtigt werden. Teilweise wurde zur Altfassung ein Erfordernis der Personenidentität bejaht, was u.a. mit dem Wortlaut („des Organträgers“)812 oder mit der Gesetzesbegründung mit ihrem Hinweis auf doppelt ansässige Gesellschaften813 begründet wurde. Außerdem gewähre Deutschland im Gewinnfall keine Anrechnung, wenn die positiven Einkünfte im Wege der Gruppenbesteuerung im ausländischen Staat bei einem anderen Steuerpflichtigen besteuert werden, sodass umgekehrt im Verlustfall auch nur die Berücksichtigung im Ausland bei diesem Steuerpflichtigen zum Anknüpfungspunkt erhoben werden könne; eine Versagung der Berücksichtigung im Inland aufgrund einer Berücksichtigung im Ausland bei einer anderen Person drohe das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu verletzen und Deutschland habe nicht über die Besteuerung anderer Steuerpflichtiger in anderen Staaten zu befinden; drittens sei es für den Steuerpflichtigen u. U. nicht erkenn- und steuerbar, ob und wie im Ausland bei anderen eine Berücksichtigung erfolge; viertens ließen es die europäischen Grundfreiheiten in der Auslegung durch den EuGH in seinen Urteilen vom 26.10.1999814 und vom 12.12.2002815 grundsätzlich nicht zu, einen Steuerpflichtigen aufgrund der steuerlichen Behandlung eines anderen Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat nachteilig zu behandeln.816 Umgekehrt wurde aus dem Wortlaut der Altfassung gefolgert, dass sich hieraus keine Vorgaben hinsichtlich der Person, bei der die Berücksichtigung im Ausland zu erfolgen hat, entnehmen ließen.817 Außerdem wurde ein Erfordernis der Personenidentität un811
BT-Drs. 17/10774, S. 20. Meilicke, DB 2002, S. 911 (915). 813 Vgl. Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277). 814 EuGH, Urt. v. 26.10.1999, C-294/97, Eurowings, ECLI:EU:C:1999:524. 815 EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, Lankhorst-Hohorst, ECLI:EU:C:2002:749. 816 Zu diesen vier Argumenten Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451). 817 Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584). Dem folgend Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 493 a. E. 812
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
207
ter Betonung des Aspekts einer Verrechnung in zwei Steuerrechtsordnungen jeweils mit den (positiven) Einkommen anderer Steuerpflichtiger abgelehnt.818 Die Neufassung wird dagegen unter Hinweis auf den geänderten Wortlaut des Tatbestands („Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person“) so verstanden, dass eine Personenidentität nicht erforderlich sei.819 2. Erfordernis einer ausländischen Gruppenbesteuerung Während zur Alt- und zur Neufassung Konsens herrscht, dass Anwendungsvoraussetzung eine körperschaftsteuerliche Organschaft ist,820 wird insbesondere unterschiedlich beurteilt, ob auch im Ausland eine Gruppenbesteuerung vorliegen und wie diese ausgestaltet sein muss. Zumindest keine direkte Bedeutung kann es haben, dass historisch im Verhältnis USA/Vereinigtes Königreich die doppelt ansässige Gesellschaft in beiden Staaten in eine Gruppenbesteuerung („group relief“ und „consolidated return“) einbezogen war (vgl. die Einleitung, unter I., S. 22). Die in Kapitel 2 (unter I.4.a), S. 87) behandelten Empfehlungen der OECD (Empfehlungen 6 und 7) verlangen keine Gruppenbesteuerung,821 die OECD verweist vielmehr auf vergleichbare Ergebnisse einer Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income durch andere Gestaltungen.822 Mehrheitlich wurde § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. so ausgelegt, dass auch im Ausland eine Gruppenbesteuerung erforderlich sei, was bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („entsprechenden Besteuerung“) folge.823 Dass eine Gruppenbesteuerung (und nicht bloß eine ausländische Körperschaftsteuer) erforderlich sei, lasse sich weiterhin dem Merkmal „im Rahmen“ entnehmen, das auf eine Berücksichtigung im Ausland innerhalb eines (Gruppenbesteuerungs-)Verfahrens schließen lasse, und folge auch aus der Verwendung des Worts „Besteuerung“, womit – anders als durch Verwendung des Merkmals „Steuer“ in § 34c Abs. 1 818 Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (15): „Deswegen überzeugen Überlegungen nicht, § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG sei lediglich bei ,Subjektidentität‘ anwendbar.“ 819 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 520; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 284; Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 466 f.; Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (103); Urtz, FS Frotscher, S. 629 (654); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139). 820 Literaturstimmen zur Alt- und Neufassung sind zu finden in Fn. 33. 821 Zum Diskussionsentwurf („discussion draft“) Schnitger/Weiss, IStR 2014, S. 508 (514). 822 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 75 (Rn. 213 f.), 81 (Rn. 233), 318 (Rn. 8). 823 Endres/Thies, RIW 2002, S. 275 (277); Kestler/Weger, GmbHR 2003, S. 156 (160); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (450); Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 482; Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, S. 1 (15); Schreiber/ Meiisel, IStR 2002, S. 581 (584 f.). Vgl. auch Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 159 f.
208
Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
S. 1 1. Hs. EStG, § 26 Abs. 1 S. 1 KStG – nicht bloß eine vergleichbare Steuer verlangt werde.824 Andererseits wurde teilweise nur der sog. Verlustimport mittels doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften als von der Altfassung erfasst angesehen, was aber genauso bei fehlender ausländischer Gruppenbesteuerung eintreten könne, sodass eine solche nicht zu verlangen sei.825 Uneinheitlich wurde in der Gruppe derjenigen, die eine ausländische Gruppenbesteuerung verlangen, aber beurteilt, welche Stellung (Gruppenträger, Gruppenmitglied) der deutsche Organträger aufweisen muss: Nach einer Ansicht müsse der Organträger auch im Rahmen der ausländischen Gruppenbesteuerung übergeordnete Einheit (Gruppenträger) sein und eine bloße Einbindung als untergeordnete Gesellschaft (Gruppenmitglied) genüge nicht.826 Begründet wurde dies mit einem Erfordernis der Personenidentität (Kapitel 4, unter III.1., S. 206);827 nur die Stellung als übergeordnete Einheit im Rahmen der ausländischen Gruppenbesteuerung stelle eine (allein tatbestandsmäßige) entsprechende Besteuerung des Organträgers im Ausland sicher.828 Nach der anderen Ansicht genügt es, dass der Organträger im Rahmen der ausländischen Gruppenbesteuerung entweder (untergeordnetes) Mitglied oder (übergeordneter) Gruppenträger ist.829 Im Rahmen der Neufassung wird hingegen mehrheitlich eine ausländische Gruppenbesteuerung für entbehrlich gehalten: Dies wird hauptsächlich mit dem Wegfall der Anforderung einer „entsprechenden Besteuerung“ begründet.830 Auch wird auf das neue Merkmal „einer anderen Person“ verwiesen, das einerseits die Berücksichtigung negativer Einkünfte im Ausland im Rahmen einer Gruppenbesteuerung erfasse, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. hierauf aber nicht beschränke.831 Weiterhin müsse maßgeblich sein, ob negative Einkünfte aufgrund 824 Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 160, der sich aber auf § 34c Abs. 3 EStG bezieht. 825 Prinz/Simon, DK 2003, S. 104 (111 f.). Anders aber Töben/Schulte-Rummel, FR 2002, S. 425 (437). Vgl. bereits Fn. 664. 826 Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 155; Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 346; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451); Meilicke, DB 2002, S. 911 (915). 827 Meilicke, DB 2002, S. 911 (915). 828 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451). 829 Neumann, in: Gosch, 2. Aufl. 2009, § 14 KStG Rn. 482, 483, 487; umfangreich gegen die von Lüdicke (vgl. Text zu Fn. 816 und Fn. 828) vertretene Ansicht Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 161 f.; Scheunemann, Konzernbesteuerung, S. 211. Nach Schreiber/Meiisel, IStR 2002, S. 581 (585) muss „der deutsche Organträger selbst in einen ausländischen Konsolidierungskreis (regelmäßig als Organgesellschaft) einbezogen sein“. 830 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150); Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 284; Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (101). Vgl. auch Gründig/ Schmid, DStR 2013, S. 617 (618); Walter, in: EY, 104. EGL 9/2014, § 14 KStG Rn. 969. 831 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 520; tendenziell auch Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139).
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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der Öffnung der Organschaft für grenzüberschreitende Fälle in zwei Steuerrechtsordnungen berücksichtigt werden, nicht aber das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer Gruppenbesteuerung im Ausland.832 Andererseits wurde vorgebracht, dass eine ausländische Gruppenbesteuerung zu verlangen sei, da ansonsten einzig das Vorliegen einer Organschaft über die Versagung der Berücksichtigung negativer Einkünfte entscheide, mithin im Inland in eine Organschaft einbezogene und im Inland in keine Organschaft einbezogene Steuerpflichtige ungleich behandelt würden.833 Außerdem sei die deutsche Organschaft international eher unüblich, weshalb wegen des Erfordernisses einer „entsprechenden Besteuerung“ anderweitige Erscheinungsformen der Gruppenbesteuerung nicht erfasst zu werden drohten; nunmehr seien auch andere Gruppenbesteuerungsformen erfasst, eine Gruppenbesteuerung sei aber auch erforderlich.834 Verstehe man den Gesetzeszweck des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. so, dass nur Fälle zeitgleicher Verrechnung in zwei Steuerrechtsordnungen mit den positiven Einkünften anderer Steuerpflichtiger betroffen sind, wozu es in praxi im Ausland nur infolge einer Gruppenbesteuerung komme, dann sei eine ausländische Gruppenbesteuerung auch im Rahmen der Neufassung zu verlangen.835 Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., der keine Einschränkung auf Fälle einer ausländischen Gruppenbesteuerung enthält, spricht gegen eine Einschränkung im Wege der einfach-gesetzlichen Auslegung. Vielfach wird es im Ausland auch zur „Berücksichtigung“ der negativen Einkünfte kommen, ggf. auch durch Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income, sodass eine Einschränkung des weiten Wortlauts (Wortsinns) durch Rechtsfortbildung (teleologische Reduktion) kaum zu begründen ist (umfassender Kapitel 3, unter I.3., S. 135). Daraus folgt, dass die Neufassung (zunächst) z. B. in Fällen beschränkt steuerpflichtiger Organträger (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112), die im Ausland in keine Gruppenbesteuerung eingebunden sind, anwendbar ist.836
832 833
Stangl/Brühl, DK 2013, S. 77 (101). Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (609); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131
(135). 834 Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (609); Schaden/Polatzky, IStR 2013, S. 131 (134 f.). 835 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (653). Inwiefern dieses (tendenziell empirische) Argument dadurch widerlegt werden könnte, dass auch andere Institute eine zeitgleiche Verrechnung im Ausland mit den positiven Einkünften eines anderen Steuerpflichtigen zur Folge haben können, wird von Urtz nicht erörtert. Dies ließe sich z. B. anhand der in Kapitel 2 (unter II.1.d), S. 111) geschilderten Konstellation diskutieren. 836 Benecke/Schnitger, IStR 2013, S. 143 (150 [Beispiel 3]) kommen zu dem Ergebnis einer Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., wenn die auf Ebene der inländischen Organträger-Personengesellschaft angefallenen negativen Einkünfte beim im Ausland ansässigen und dort in keine Gruppenbesteuerung eingebundenen Mitunternehmer (Konstellation in Kapitel 2, unter II.2.b)aa), S. 115) mit im Inland nicht steuerpflichtigen positiven Einkünften verrechnet werden.
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Teil 2: Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte
3. „Andere Person“ Im Gegensatz zur Altfassung, die eine Berücksichtigung „im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung“ verlangte, stellt die Neufassung auf die Berücksichtigung „im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person“ ab. Das (einschränkende) Merkmal einer „entsprechenden Besteuerung“ entfiel, der Tatbestand wurde auf die Berücksichtigung bei „einer anderen Person“ ausgeweitet. Dass die negativen Einkünfte im In- und im Ausland bei derselben Person berücksichtigt werden (sog. Personenidentität), wird zur Neufassung dementsprechend nicht gefordert (Kapitel 4, unter III.1., S. 206). Unter der Prämisse, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auch auf inländische Organträger-Personengesellschaften Anwendung findet (Kapitel 3, unter I.1.b), S. 124 und unter I.3., S. 135), wurde in der Literatur häufig erwogen, dass „andere Person“ auch der im Ausland unbeschränkt steuerpflichtige Mitunternehmer sein könne.837 „Andere Person“ könne z. B. auch eine im Ausland ansässige Konzernobergesellschaft oder eine andere (nicht übergeordnete) Gesellschaft des Konzerns sein.838 Gleichermaßen werde der Fall erfasst, dass der Organträger im In- und im Ausland unterschiedlich als steuerlich transparent bzw. intransparent eingeordnet werde,839 z. B. weil auf Ebene des ausländischen Gesellschafters ein Wahlrecht („check-the-box“) zur steuerlich transparenten Behandlung des (im Inland intransparent behandelten) Organträgers ausgeübt werde (Kapitel 2, unter II.1.c)cc), S. 109).840 Erfolge im Hinblick auf den nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Organträger eine (vorübergehende) Verlustzurechnung mit Nachversteuerung auf Ebene des ausländischen (z. B. österreichischen) Anteilseigners (Kapitel 2, unter II.1.c)bb), S. 107), so erfolge auch diese Berücksichtigung bei „einer anderen Person“ i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.841 Genauso seien die Gruppenbesteuerungsmodelle erfasst, nach denen negative Einkünfte im Ausland von einem Steuersubjekt auf ein anderes (Gewinne erwirtschaftendes) Steuersubjekt („group relief“) bzw. positive Einkünfte im Ausland von einem Steuersubjekt auf
837 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 654, 673; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 499; speziell für die natürliche Person mit amerikanischer Staatsbürgerschaft als Mitunternehmer Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 491 (Fall 5); Rödder/Liekenbrock, in: R./H./N., § 14 KStG Rn. 466 f.; von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1692); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, S. 133 (139). 838 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 673; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 520. 839 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 673; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 520. 840 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 520; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 488 (Fall 2). 841 Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 489 (Fall 3).
Kap. 4: Berücksichtigung bei einer ausländischen Besteuerung
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ein anderes (Verluste erwirtschaftendes) Steuersubjekt („Konzernbeitrag“) übertragen werden können.842
IV. Ergebnis Bereits die Rechtsfolgenseite der Neufassung war schwierig in das übrige Steuerrecht einzupassen (Kapitel 3, S. 123). In diesem vierten Kapitel (S. 185) wurde der Versuch unternommen, die vielfältigsten Vorgänge im Ausland, an die der Tatbestand des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. anknüpft, zu skizzieren und, wo möglich, Lösungen anzubieten. Von großer praktischer Bedeutung dürfte die Grundaussage sein, dass allein eine (verfahrensrechtliche) gesonderte Feststellung im Ausland zum Zweck des Verlustvortrags keine tatbestandsmäßige Berücksichtigung bedeutet (unter I.6.a), S. 194). Andererseits wurden diverse Einschränkungen der Norm – etwa ein Erfordernis zeitgleicher Berücksichtigung (unter I.3., S. 190) oder ein Erfordernis einer ausländischen Gruppenbesteuerung (unter III.2., S. 207) – abgelehnt.
842 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 668; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 521. Vgl. zur britischen Gruppenbesteuerung z. B. Levedag, in: Wassermeyer, DBA, 116. EGL 1/2012, DBA-Großbritannien, Anh. Rn. 61 ff., zum schwedischen System der Konzernbeiträge z. B. Wunderlich, in: Wassermeyer, DBA, 108. EGL 7/2009, DBA-Schweden, Anh. Rn. 57 f.
Dritter Teil
Vereinbarkeit des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit dem Verfassungsrecht, Europarecht und Abkommensrecht Behandelten die ersten beiden Teile (S. 35 und S. 123) dieser Arbeit die Grundlagen, die Auslegung und damit den Anwendungsbereich der Alt- und der Neufassung, ist Gegenstand dieses dritten Teils die Vereinbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit dem Verfassungsrecht (Kapitel 5, S. 215), dem Europarecht (Kapitel 6, S. 236) und dem Recht der DBA (Kapitel 7, S. 262). Die eingehende Auseinandersetzung auch mit der Altfassung im zweiten Teil (S. 123) erlaubte es, Rückschlüsse für die Auslegung der Neufassung zu ziehen. In diesem dritten Teil wird die Altfassung nur noch beiläufig angesprochen werden.
Vorbemerkungen Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist somit auch auf außerhalb Deutschlands ansässige natürliche Personen anwendbar.843 Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. In der Literatur wird uneinheitlich beurteilt, ob damit auch bloß teilrechtsfähige Organisationen berechtigt sind;844 jedenfalls sei eine Behandlung von Personengesellschaften wie der oHG oder der KG als „juristische Person“ grundsätzlich (und mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG im Speziellen845) möglich.846 Als „inländisch“ ist eine juristische Person einzuordnen, wenn das Inland tatsächlich im Zentrum ihrer Tätigkeit steht;847 843 BVerfG, Beschl. v. 12.10.1976, 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, S. 1 (6); Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 76, 274; Osterloh/Nußberger, in: Sachs, Art. 3 GG Rn. 69. 844 Bejahend Remmert, in: M./D., 55. EGL 5/2009, Art. 19 Abs. 3 GG Rn. 37. Ablehnend Sachs, in: ders., Art. 19 GG Rn. 62. 845 BVerfG, Urt. v. 20.7.1954, 1 BvR 459 u. a., BVerfGE 4, S. 7 (12). Vgl. auch Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 276. 846 BVerfG, Urt. v. 20.7.1954, 1 BvR 459 u. a., BVerfGE 4, S. 7 (12); Remmert, in: M./D., 55. EGL 5/2009, Art. 19 Abs. 3 GG Rn. 39. Vgl. auch Sachs, in: ders., Art. 19 GG Rn. 64. 847 Remmert, in: M./D., 55. EGL 5/2009, Art. 19 Abs. 3 GG Rn. 78 („Ort der tatsächlichen Hauptverwaltung“); Sachs, in: ders., Art. 19 GG Rn. 54 („effektiven Sitz“).
3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
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auch (ausländische) juristische Personen aus EU-Mitgliedstaaten sind aufgrund der Grundfreiheiten des AEUV und des allgemeinen Diskriminierungsverbots (Art. 18 AEUV) Grundrechtsträger.848 Während nur Staatsangehörige von EUMitgliedstaaten nach Art. 49 AEUV von der Niederlassungsfreiheit persönlich erfasst sind,849 steht die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) natürlichen Personen und Gesellschaften losgelöst von Staatsangehörigkeit und Ansässigkeit, d.h. auch bei Zuordnung zu einem Drittstaat, zu.850 Gem. Art. 54 Abs. 1 AEUV stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der EU haben, den natürlichen Personen mit Staatsangehörigkeit von EU-Mitgliedstaaten gleich. Damit ist die Niederlassungsfreiheit persönlich auch auf Gesellschaften anwendbar.851 Dagegen sind die Art. 24 OECD-MA nachempfundenen DBA-Diskriminierungsverbote durch ihren bilateralen Charakter geprägt: Nach Art. 24 Abs. 1 OECD-MA werden Staatsangehörige eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat, nach Abs. 2 in einem Vertragsstaat ansässige Staatenlose, nach Abs. 3 Unternehmen eines Vertragsstaats mit Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat, nach Abs. 4 bestimmte Schulden und Zahlungen von Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person und nach Abs. 5 Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital einer oder mehreren im anderen Vertragsstaat ansässigen Personen gehört oder von ihnen kontrolliert werden, geschützt.852 Aus den folgenden drei Kapiteln wird sich ergeben, dass sich zwar die aus diesen Rechtskreisen ergebenden Anforderungen unterscheiden. Ist ein Betroffener aber nicht berechtigt, eine dieser Maßgaben gegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorzubringen, wird eine andere entsprechend seiner Berechtigung in den Mittelpunkt 848 BVerfG, Beschl. v. 19.7.2011, 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, S. 78 (94 ff.); BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (106). Mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 277, der darüber hinaus dafür eintritt, dass juristische Personen aller Staaten über die Prozessgrundrechte inzident eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes rügen können. Die Grundrechtsberechtigung nach Art. 3 Abs. 1 i.V. m. Art. 19 Abs. 3 GG einer ungarischen Kapitalgesellschaft mit Betriebsstätte in Deutschland vor dem Beitritt Ungarns zur EU ablehnend BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (106). 849 Forsthoff, in: G./H./N., 43. EGL 3/2011, Art. 49 AEUV Rn. 11; Korte, in: C./R., Art. 49 AEUV Rn. 6. Auf die Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf Staaten, die nicht der EU angehören, z. B. im Verhältnis zu den übrigen EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen oder gegenüber der Schweiz, wird nicht weiter eingegangen (hierzu und zu weiteren Staaten z. B. Korte, in: C./R., Art. 49 AEUV Rn. 7 ff.). 850 Ress/Ukrow, in: G./H./N., 52. EGL 1/2014, Art. 63 AEUV Rn. 120. 851 Forsthoff, in: G./H./N., 52. EGL 1/2014, Art. 54 AEUV Rn. 1; Korte, in: C./R., Art. 54 AEUV Rn. 1. Im Hinblick auf eine in Delaware (USA) gegründete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung in Deutschland hielt der EuGH die Niederlassungsfreiheit dementsprechend für persönlich unanwendbar (EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 45 f.). 852 Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 1.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
zu stellen sein.853 Ein anderer, hiermit im Zusammenhang stehender Aspekt ist die Frage nach einer (inhaltlichen) Konvergenz dieser verschiedenen Rechtskreise, welche zumindest ansatzweise zu beobachten ist.854 Ähnlich grundlegend sind Überlegungen dahingehend, welcher Rechtskreis welche Situationen (inbound, outbound) erfasst. Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV („primäre Niederlassungsfreiheit“ 855) spricht davon, dass Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten sind. Nach Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV („sekundäre Niederlassungsfreiheit“ 856) gilt das Gleiche für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften. Auch wenn sich diese Grundfreiheit damit nur an den Aufnahme- bzw. Zuzugsstaat (inbound) zu richten scheint, richtet sie sich doch gleichermaßen an den Herkunfts- bzw. Wegzugsstaat (outbound).857 Dagegen erfassen die Diskriminierungsverbote des Art. 24 OECD-MA nur den Aufnahmestaat bzw. inbound Fall und verbieten nicht Diskriminierungen durch den Ansässigkeitsstaat.858 Dementsprechend wird vorwiegend in inbound Fällen, wie sie z. B. in Kapitel 2 (unter II.2.a), S. 112) geschildert sind, an Art. 24 OECD-MA entsprechende Vorschriften zu denken sein. Die Art. 23A und 23B OECD-MA richten sich hingegen nur an den Ansässigkeitsstaat,859 sodass sich hieraus z. B. in den in Kapitel 2 (unter II.1.a), S. 99) geschilderten outbound Fällen möglicherweise Verpflichtungen Deutschlands mit Blick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ergeben. Art. 3 Abs. 1 GG wird man in inund outbound Situationen zu berücksichtigen haben: In seinem Beschluss vom 12.10.1976860 untersuchte das BVerfG den Ausschluss der Abzugsfähigkeit der 853 So Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 14 für den Fall, dass sich eine juristische Person aus einem Drittstaat zwar nicht auf Art. 3 Abs. 1 GG, aber auf ein DBA-Diskriminierungsverbot berufen kann. 854 Vgl. die Erwägungen des BFH in seinem Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 (466, 469 f.) unter besonderem Eindruck durch das EuGH-Urt. v. 5.11.2002, C208/00, Überseering, ECLI:EU:C:2002:632 und Gosch, DStR 2007, S. 1553 (1560): „spricht viel dafür, die EG-Gleichbehandlungsgebote in die Abkommens-Diskriminierungsverbote einfließen zu lassen.“ Eher dagegen BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (105). 855 Vgl. Forsthoff, in: G./H./N., 43. EGL 3/2011, Art. 49 AEUV Rn. 52; Korte, in: C./R., Art. 49 AEUV Rn. 29. 856 Vgl. Forsthoff, in: G./H./N., 43. EGL 3/2011, Art. 49 AEUV Rn. 52; Korte, in: C./R., Art. 49 AEUV Rn. 29. 857 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 31; EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087, Rn. 18; EuGH, Urt. v. 2.9.2015, C-386/14, Groupe Steria, ECLI:EU:C:2015:524, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 21; EuGH, Urt. v. 21.12.2016, C-593/14, Masco Denmark, ECLI:EU:C:2016:984, Rn. 24. 858 Vgl. Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 7. 859 Wassermeyer, in: ders., DBA, 129. EGL 1/2015, Art. 23A OECD-MA Rn. 1, 5; ders., in: ders., DBA, 130. EGL 6/2015, Art. 23B OECD-MA Rn. 1, 6.
Kap. 5: Verfassungsrecht
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von einem in den USA ansässigen Kommanditisten einer inländischen KG gezahlten Vermögensteuer als Sonderausgabe anhand des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes. Umgekehrt hielt das BVerfG in seinem Beschluss vom 15.12. 2015861 („treaty override“) den auf den outbound Fall anwendbaren, allerdings nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betreffenden § 50d Abs. 8 S. 1 EStG für mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.862 Kapitel 5
Verfassungsrecht Im Schrifttum zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wurde die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit teilweise ausgespart.863 Dementsprechend ist Gegenstand dieses Kapitels 5 die Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vor dem Hintergrund der in den Kapiteln 3 und 4 gefundenen Auslegungsergebnisse. Im Vordergrund steht dabei die Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG (unter I., S. 215); Ausführungen zu Art. 14 GG (unter II., S. 229), zum Bestimmtheitsgebot (unter III., S. 231) und zum Rückwirkungsverbot (unter IV., S. 232) vervollständigen dieses Kapitel.
I. Art. 3 Abs. 1 GG: Allgemeiner Gleichheitssatz Im Hinblick auf den in Art. 3 Abs. 1 GG geregelten allgemeinen Gleichheitssatz ist es möglich, unterschiedliche Organschaftssituationen oder Fälle mit und ohne Organschaft auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG zu untersuchen.864 Sowohl § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. als auch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. finden außerhalb der Organschaft keine Anwendung (Einleitung, unter II., S. 26), sodass die dadurch ausgelöste Ungleichbehandlung zu untersuchen sein wird. Speziell diese Ungleichbehandlung von Fällen mit und ohne Organschaft ist auch in der Literatur häufig behandelt worden.865 Wird (wie in der Literatur vielfach 860 861 862 863
BVerfG, Beschl. v. 12.10.1976, 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, S. 1 ff. BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 ff. BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (38 ff.). Urtz, FS Frotscher, S. 629 (669). Allgemeiner Lüdicke, FS Frotscher, S. 403
(419). 864 Drüen, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 4.9, der von „Binnendifferenzierungen innerhalb des Organschaftsrechts“ und „Außendiskriminierung(en)“ spricht. Mit Blick auf die Rechtsfolge bloßer Zurechnung, die von einer Selbständigkeit des Organträgers und der Organgesellschaft ausgeht, kam Göth, GesRZ 1991, S. 28 ff. zur in § 9 öKStG a. F. normierten österreichischen Organschaft zu dem Ergebnis, dass durch den restriktiv formulierten, im Ergebnis eine wirtschaftliche Einheit verlangenden Tatbestand wesentlich Gleiches ungerechtfertigt ungleich behandelt wird. 865 Vgl. zur Altfassung Meilicke, DB 2002, S. 911 (916). Vgl. zur Neufassung Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 529a; von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, S. 1690 (1694 a. E.).
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
vorgeschlagen) außerdem der Anwendungsbereich von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (z. B. auf doppelt ansässige Organträger und Organgesellschaften) eingeengt (umfassend Kapitel 3, unter I., S. 123), dann ergeben sich verfassungsrechtlich zu würdigende Ungleichbehandlungen durch teilweise Anwendung und teilweise Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. innerhalb der Organschaft.866 Obwohl gleichheitsrelevante Unterscheidungen innerhalb des Organschaftstatbestands schon Diskussionsgegenstand gewesen sind,867 werden Unterscheidungen solcherart aufgrund des in Kapitel 3 (unter I.3., S. 135) gefundenen Ergebnisses an dieser Stelle nicht untersucht. Der Untersuchung der Vereinbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit Art. 3 Abs. 1 GG (unter I.2., S. 223) sind die relevanten Grundlagen vorangestellt (unter I.1., S. 216). 1. Gleichheitsrechtliche Maßgaben und einfach-gesetzliche Grundentscheidungen Nach einer kurzen allgemeinen (unter I.1.a), S. 216) und spezifisch steuerrechtlichen (unter I.1.b), S. 217) Entwicklung des allgemeinen Gleichheitssatzes werden für die verfassungsrechtliche Prüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wichtige Komponenten des Leistungsfähigkeitsprinzips (unter I.1.c), S. 218) skizziert. a) Willkürverbot und Verhältnismäßigkeitskontrolle („neue Formel“) Schon mit Urteil vom 23.10.1951 entschied der Zweite Senat des BVerfG, dass Art. 3 Abs. 1 GG „verbietet, daß wesentlich Gleiches ungleich, nicht dagegen, daß wesentlich Ungleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit ungleich behandelt wird.“ 868 Eine Verletzung ergebe sich, „wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss.“ 869 Dieser Ansatz wird auf die prägnante Aussage zugespitzt, der Gesetzgeber habe „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behan-
866 Vgl. zur Altfassung für den Fall der Nichterfassung von Organträger-Personengesellschaften Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 971 mit Hinweis auf die von Frotscher zur Altfassung vertretene Anwendung auf Personengesellschaften (Fn. 467). 867 Z. B. die früher angeordnete Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 KStG auf Organgesellschaften, die Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen sind. Speziell dazu und mit dem Ergebnis der Verfassungswidrigkeit Hey, in: Herzig, Organschaft, S. 507 (510 ff.). 868 BVerfG, Urt. v. 23.10.1951, 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, S. 14 (16). Dazu Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 296. 869 BVerfG, Urt. v. 23.10.1951, 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, S. 14 (16 f., 52).
Kap. 5: Verfassungsrecht
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deln“ 870. Nach der vom Ersten Senat des BVerfG entwickelten und häufig als „neue Formel“ 871 bezeichneten Auslegung ist der allgemeine Gleichheitssatz „vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“ 872. Diese abstrakten Grundsätze gelten generell und nicht speziell für das Steuerrecht. Der allgemeine Gleichheitssatz ist – denn im Gegensatz zu Art. 134 der Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919873 fehlt es an spezifisch steuergleichheitsrechtlichen Vorgaben im Grundrechtsteil des Grundgesetzes – daher für das jeweils betroffene Teilstück der Rechtsordnung zu präzisieren.874 Mit Blick auf das Steuerrecht im Besonderen hält das BVerfG jedoch grundsätzlich Unterscheidungen zwischen unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen für verfassungsrechtlich zulässig,875 hält mithin unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige für jeweils eigenständige Gruppen, d.h. dass Unterscheidungen innerhalb dieser Gruppen anhand Art. 3 Abs. 1 GG zu würdigen sind.876 b) Steuergerechtigkeit, Leistungsfähigkeitsprinzip und Folgerichtigkeitsgebot Dem Bereich des (modernen) Steuerrechts liegt der Gedanke der gleichmäßigen Verteilung der gemeinen Lasten auf alle mit dem Gemeinwesen in Beziehung Stehenden zugrunde.877 Man mag den Aspekt der Lastenverteilung betonend von
870 BVerfG, Beschl. v. 7.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1 (30); BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (244); BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (38); BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1098). 871 Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 296; Osterloh/Nußberger, in: Sachs, Art. 3 GG Rn. 13. 872 BVerfG, Beschl. v. 7.10.1980, 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, S. 72 (88). 873 RGBl. II 1919, S. 1383 ff. Der Art. lautete: „Alle Staatsbürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei.“ 874 BVerfG, Urt. v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (268); BVerfG, Beschl. v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121 (134); Kirchhof, in: M./D., 75. EGL 9/2015, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 6, 314, 323. Insoweit wird von einer „bereichsspezifischen Anwendung des Gleichheitssatzes“ gesprochen (vgl. ebd.). 875 BVerfG, Beschl. v. 12.10.1976, 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, S. 1 (8 ff.); BVerfG, Beschl. v. 9.2.2010, 2 BvR 1178/07, NJW 2010, S. 2419 (2420); BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (41). 876 Ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (41). 877 Vgl. BVerfG, Urt. v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (268 f.); BVerfG, Beschl. v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121 (134).
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
einem „Grundsatz der Lastengleichheit“ 878 oder den Aspekt der gerechten Verteilung hervorhebend von einem „Grundsatz der Steuergerechtigkeit“ 879 sprechen. Dem Gesetzgeber steht im Bereich des Steuerrechts außerdem eine weitgehende Gestaltungsbefugnis zu; das BVerfG formuliert, dass „(d)er Gesetzgeber . . . bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum“ 880 hat. Allerdings begrenzen das Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit die dem Gesetzgeber so eingeräumte Befugnis zur Ausgestaltung des einfachen Rechts.881 Daraus folgt, dass Steuerpflichtige mit gleich hoher Leistungsfähigkeit der Höhe nach auch gleich zu besteuern sind, dass Steuerpflichtige mit unterschiedlich hoher Leistungsfähigkeit der Höhe nach entsprechend unterschiedlich zu besteuern sind (sog. horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit).882 Damit erlangt das Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG mit Blick auf Fiskalzwecknormen besondere Bedeutung als Vergleichsmaßstab.883 Das Folgerichtigkeitsgebot verlangt eine Rechtfertigung mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Gesetzgeber in Abweichung von seiner Ausgangsentscheidung weitere Unterscheidungen bzw. Ausnahmen trifft.884 c) Inhaltliche Ausgestaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips Das im Steuerrecht übergeordnete Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit wird durch untergeordnete Prinzipien konkretisiert, die teilweise Verfassungsvorgaben präzisieren, teilweise verfassungsrechtlich nicht vorgegebene, gesetzgebe878 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (39). Den Steuerbezug betonend BVerfG, Urt. v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (269): „Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit“. 879 BVerfG, Beschl. v. 7.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1 (30); BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1099). Dagegen aber Drüen, in: T./K., 128. EGL 1/2012, § 3 AO Rn. 42, nach dem sich nur der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt, der Grundsatz der Steuergerechtigkeit vielmehr ein auch dem Art. 3 Abs. 1 GG vorgelagertes, allgemeineres Prinzip ist. 880 BVerfG, Urt. v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (271). Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 7.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1 (30); BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (245). 881 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1 (30); BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (245); BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (39 f.). 882 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (40); BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1099). Wendt, DStJG 28, S. 41 (43) stellt klar, dass im Hinblick auf die Verlustberücksichtigung nur die horizontale Dimension gleicher Leistungsfähigkeit betroffen ist. 883 Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 13, 40 ff. Vgl. auch Drüen, in: T./K., 128. EGL 1/ 2012, § 3 AO Rn. 43; Wendt, DStJG 28, S. 41 (42 ff.). 884 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (40).
Kap. 5: Verfassungsrecht
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rische Grundentscheidungen formulieren.885 Die folgenden Ausführungen behandeln (nicht erschöpfend) einige solcher Prinzipien, die für die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von besonderer Bedeutung sind. Dabei erlangen auch die nicht verfassungsgebotenen Grundentscheidungen über das Folgerichtigkeitsgebot (Kapitel 5, unter I.1.b), S. 217) Bedeutung für die verfassungsrechtliche Prüfung. aa) Individualbesteuerung, Trennungsprinzip und Organschaft Der Einkommensteuer unterliegt die Leistungsfähigkeit (Einkommen) der natürlichen Person; sie ist Personensteuer und baut (neben dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit) auf dem Grundsatz der Individualbesteuerung auf.886 Dementsprechend stellt § 1 EStG die Einkommensteuerpflicht der natürlichen Person auf, nach § 2 Abs. 1 S. 1 EStG unterliegen die aufgezählten, während der Einkommensteuerpflicht des Steuerpflichtigen (natürliche Person) erzielten Einkünfte der Einkommensteuer. Personengesellschaften sind weder einkommennoch körperschaftsteuerpflichtig (Kapitel 1, unter II.3.a), S. 49). In seinem Beschluss vom 17.12.2007887 entschied der Große Senat des BFH, dass ein Verlustabzug des Erblassers (§ 10d EStG) nicht auf den Erben übergeht, dass daher der „an den Steuerpflichtigen gebundene“ Abzug bei der Besteuerung des Erben nicht berücksichtigt werden kann. Verfassungsrechtlich zulässig ist die vom Gesetzgeber nach dem sog. Trennungsprinzip vorgenommene Unterscheidung zwischen Körperschaft und Anteilseigner, die eine separate (körperschaft-)steuerliche Erfassung der damit (getrennt) auf Ebene der Körperschaft entstehenden Leistungsfähigkeit ermöglicht.888 Ausnahmen vom Trennungsprinzip im Rahmen der Körperschaftsteuer bilden namentlich die Organschaft (§§ 14 ff. KStG) und § 8c KStG über den Verlustabzug bei Körperschaften.889 Betrachtet man die (steuerliche) Einkommenszurechnung als Rechtsfolge der körperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 885 Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 13 ff., die im Hinblick auf die Unterprinzipien weiter zwischen „Verfassungskräftige(n) Subprinzipien“ und „Einfachgesetzliche(n) Prinzipien“ unterscheidet. 886 BFH, Beschl. v. 17.12.2007, GrS 2/04, BFHE 220, S. 129 (137). Vgl. Hey, in: Tipke/Lang, § 7 Rn. 21, § 8 Rn. 22. 887 BFH, Beschl. v. 17.12.2007, GrS 2/04, BFHE 220, S. 129 ff. 888 BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (250); BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1101). Grundlegend kann man die Frage stellen, ob steuerliche Leistungsfähigkeit nur natürlichen Personen oder auch Körperschaften zugeordnet werden kann (vgl. Drüen, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 4.3; Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 50 f., jeweils m.w. N.). 889 Noch mit Blick auf § 8 Abs. 4 KStG a. F. Herzig, DStJG 28, S. 185 (190 ff.). Nach § 12 Abs. 3 2. Hs. i.V. m. § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG n. F. gehen bei Verschmelzung und Vermögensübertragung (Vollübertragung) u. a. verrechenbare Verluste und verbleibende Verlustvorträge nicht (mehr) über.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Abs. 1 S. 1 KStG), dann ergibt sich, dass diese Abweichung vom sog. Trennungsprinzip aus Gründen der Folgerichtigkeit ihrerseits zu rechtfertigen ist, wobei sich die Rechtfertigung aus der im Gewinnabführungsvertrag begründeten Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme („reale Vermögensverschiebung“) ergibt.890 bb) Objektives Nettoprinzip und Verlustverrechnung Bislang hat das BVerfG nicht für oder wider den Verfassungsrang des objektiven Nettoprinzips entschieden, eine angemessene Rechtfertigung von Abweichungen von der hiermit getroffenen Grundentscheidung aus Gründen der Folgerichtigkeit jedoch als erforderlich erachtet.891 Ob das objektive Nettoprinzip nur die (über- und innerperiodische) Verrechnung von Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen einer Einkunftsquelle (Kapitel 1, unter I.1., S. 35 und unter I.2., S. 36) oder auch den horizontalen (Ausgleich zwischen verschiedenen Quellen) und vertikalen (Ausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten) Verlustausgleich verbürgt, wird uneinheitlich beantwortet.892 Allerdings seien selbst bei erstgenanntem, restriktiven Verständnis des objektiven Nettoprinzips der horizontale und der vertikale Verlustausgleich sowie der überperiodische Verlustabzug zumindest vom (allgemeineren) Leistungsfähigkeitsprinzip erfasst.893 In überperiodischer Hinsicht kann einerseits der in § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a. F.894 geregelte Ausschluss des Ausgleichs und des Abzugs des Werbungskostenüberschusses herangezogen werden. Dieser wurde mit dem Beschluss des Zweiten Senats des BVerfG vom 30.9.1998895 mit Blick auf laufende Einkünfte aus der Vermietung
890 Drüen, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 4.5; Hüttemann, Organschaft, S. 127 (133). Vgl. auch Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 14. Von einem Transfer der Leistungsfähigkeit der Organgesellschaft auf den Organträger geht auch Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (449) aus, wenn er von der „tatsächlichen Leistungsfähigkeit“ des Organträgers spricht und das Organeinkommen als hierin inbegriffen ansieht. Zu der häufig geäußerten Kritik aufgrund der regelmäßigen Differenz zwischen abgeführtem Gewinn/übernommenem Verlust und zugerechnetem (positivem/negativem) Organeinkommen vgl. z. B. Herzig, DStJG 28, S. 185 (192 f.). 891 BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, S. 224 (248); Wendt, DStJG 28, S. 41 (50). 892 Für Ersteres z. B. Wendt, DStJG 28, S. 41 (53 f.). Für Letzteres z. B. Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 61; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 763 f. Vgl. auch Seiler, DStJG 34, S. 61 (82), der in ausdrücklicher Abgrenzung zu Wendt den periodeninternen, horizontalen und vertikalen Verlustausgleich für durch das objektive Nettoprinzip geboten, die Vorgaben für den Verlustabzug allerdings für weniger eindeutig hält. 893 Im Ergebnis Wendt, DStJG 28, S. 41 (49). Vgl. Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 62; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 780. 894 § 22 Nr. 3 S. 3 EStG a. F. (BGBl. I 1984, S. 113 [150]) lautete: „Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen, so darf der übersteigende Betrag bei Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden; er darf auch nicht nach § 10 d abgezogen werden“. 895 BVerfG, Beschl. v. 30.9.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, S. 88 ff.
Kap. 5: Verfassungsrecht
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beweglicher Gegenstände für verfassungswidrig (Art. 3 Abs. 1 GG) erklärt. In dem Verfahren führten die Beschwerdeführer aus, dass sich aus der Besteuerung von in einem Jahr anfallenden Erwerbseinnahmen und der Nichtberücksichtigung von Erwerbsaufwendungen eines anderen Jahres eine leistungsfähigkeitswidrige Besteuerung ergebe, worin auch das BVerfG eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung erkannte.896 In seinem Vorlagebeschluss vom 14.10.2015897 erkannte der BFH in dem anderen Zusammenhang der sog. Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) eine ungerechtfertigte Abweichung von der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers für das objektive Nettoprinzip.898 Die (rechtfertigungsbedürftige) Abweichung ergebe sich daraus, dass die in einem Jahr erzielten Einnahmen gänzlich, die Zinsaufwendungen dagegen nur im Rahmen der Zinsschranke bei der Besteuerung berücksichtigt werden, die Berücksichtigung (und deren Umfang) eines Zinsvortrags in späteren Jahren ungewiss sei.899 Außerdem sah der BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 26.2.2014 eine leistungsfähigkeitswidrige und mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Besteuerung speziell in der Situation, dass dem Steuerpflichtigen aufgrund der in (§ 8 Abs. 1 KStG i.V. m.) § 10d Abs. 2 S. 1 EStG und in § 10a S. 2 GewStG geregelten sog. Mindestbesteuerung ein Verlustabzug für einen Verlust eines früheren Jahres, der mit einem Gewinn eines späteren Jahres im Zusammenhang steht (im konkreten Fall: Teilwertabschreibung und spätere Teilwertzuschreibung derselben Forderung), mit der Folge eines sog. Definitiveffekts nicht möglich ist.900 cc) Welteinkommensprinzip und Territorialitätsprinzip Nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG sind natürliche Personen mit Wohnsitz (§ 8 AO) und/oder gewöhnlichem Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Befinden sich Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland, dann ist eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach den Absätzen 2 und 3 möglich. Anderenfalls kommt unter der Voraussetzung inländischer 896
BVerfG, Beschl. v. 30.9.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, S. 88 (93 f., 97). BFH, Beschl. v. 14.10.2015, I R 20/15, BFHE 252, S. 44 ff. Beim BVerfG ist das Verfahren der konkreten Normenkontrolle unter dem Az. 2 BvL 1/16 anhängig. 898 BFH, Beschl. v. 14.10.2015, I R 20/15, BFHE 252, S. 44 (48 ff.). 899 BFH, Beschl. v. 14.10.2015, I R 20/15, BFHE 252, S. 44 (48 ff.). 900 BFH, Beschl. v. 26.2.2014, I R 59/12, BFHE 246, S. 27 (39 ff.). Nach der Überzeugung des Ersten Senats des BFH verletzt es den „Kernbereich einer Ausgleichsfähigkeit von Verlusten . . ., wenn . . . auf der Grundlage eines inneren Sachzusammenhangs bzw. einer Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn der sog. Mindestbesteuerung im Einzelfall (,konkret‘) die Wirkung zukommt, den Verlustabzug gänzlich auszuschließen . . . und eine leistungsfähigkeitswidrige Substanzbesteuerung auszulösen“ (S. 39). Beim BVerfG ist dieses Verfahren der konkreten Normenkontrolle unter dem Az. 2 BvL 19/14 anhängig. Unter dem Az. 2 BvR 242/17 ist eine Verfassungsbeschwerde gegen das zwischenzeitlich zur sog. Mindestbesteuerung ergangene BFH-Urt. v. 21.9.2016, I R 65/14, BFH/NV 2017, S. 267 ff. anhängig. 897
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Einkünfte i. S. d. § 49 EStG eine beschränkte Einkommensteuerpflicht in Betracht. Folge einer unbeschränkten (persönlichen) Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG ist grundsätzlich eine (sachliche) Steuerpflicht des Welteinkommens in Deutschland.901 Dagegen ergibt sich aus § 1 Abs. 3 S. 1 EStG („soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.“), dass die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nur im Hinblick auf die inländischen Einkünfte i. S. v. § 49 EStG erfolgt.902 Die beschränkte Einkommensteuerpflicht gem. § 1 Abs. 4 i.V. m. § 49 EStG weist Eigenschaften einer Objektsteuer auf und erfasst inländische Einkünfte nach dem sog. Territorialitätsprinzip. 903 Dem objektiven Nettoprinzip entsprechend können nach § 50 Abs. 1 S. 1 EStG mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, es sei denn, die Einkommensteuer für dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte gilt durch den Steuerabzug als abgegolten (§ 50 Abs. 2 S. 1 EStG).904 Aus § 50 Abs. 2 S. 2 EStG ergeben sich wiederum Ausnahmen von der Abgeltungswirkung. § 1 Abs. 1 KStG zählt die Rechtsgebilde auf, die bei inländischer Geschäftsleitung (§ 10 AO) und/oder inländischem Sitz (§ 11 AO) der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Diese erstreckt sich nach § 1 Abs. 2 KStG auf sämtliche Einkünfte, enthält also das Welteinkommensprinzip.905 § 49 EStG findet über § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch auf die nach § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Rechtsgebilde Anwendung.906 Auch § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG liegt das sog. Territorialitätsprinzip zugrunde, wenn hiernach jeder im Inland betriebene, stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterliegt.907 Der durch die Erfassung ausländischer Einkünfte nach dem sog. Welteinkommensprinzip bestehenden Gefahr der (juristischen) Doppelbesteuerung trägt § 34c EStG Rechnung:908 Nach Absatz 1 ist die ausländische Steuer anzurechnen, die 901 Rauch, in: Blümich, 126. EGL 11/2014, § 1 EStG Rn. 40; Stapperfend, in: H./H./ R., 247. EGL 8/2011, § 1 EStG Rn. 14. 902 Gosch, in: Kirchhof, § 1 EStG Rn. 17; Rauch, in: Blümich, 123. EGL 6/2014, § 1 EStG Rn. 242; Stapperfend, in: H./H./R., 247. EGL 8/2011, § 1 EStG Rn. 297. 903 Gosch, in: Kirchhof, § 49 EStG Rn. 1; Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 27. 904 Gosch, in: Kirchhof, § 50 EStG Rn. 4 f.; Schäfers, in: B./B., 379. EGL 11/2015, § 50 EStG Rn. 114 f. 905 Klein, in: H./H./R., 263. EGL 4/2014, § 1 KStG Rn. 77; Rengers, in: Blümich, 130. EGL 10/2015, § 1 KStG Rn. 194. 906 Jelinek, in: B./B., 375. EGL 6/2015, § 49 EStG Rn. 30; Roth, in: H./H./R., 264. EGL 6/2014, § 49 EStG Rn. 20; Wied, in: Blümich, 128. EGL 5/2015, § 49 EStG Rn. 15. 907 Seer, in: Tipke/Lang, § 1 Rn. 88. Zurückhaltender Drüen, in: Blümich, 130. EGL 10/2015, § 2 GewStG Rn. 35. 908 Gosch, in: Kirchhof, § 34c EStG Rn. 1; Wagner, in: Blümich, 127. EGL 3/2015, § 34c EStG Rn. 1. Unter weiteren Voraussetzungen ordnet § 50 Abs. 3 EStG (ggf. i.V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG) eine entsprechende Anwendung von § 34c Abs. 1 bis 3 EStG im Hinblick auf Gewinneinkünfte beschränkt Steuerpflichtiger an. Weil in
Kap. 5: Verfassungsrecht
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Absätze 2 und 3 sehen den Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte vor und nach Absatz 5 kann die auf ausländische Einkünfte entfallende Einkommensteuer erlassen oder pauschal festgesetzt werden. Im Hinblick auf Körperschaftsteuersubjekte begegnet § 26 KStG der sich aus dem sog. Welteinkommensprinzip (§ 1 Abs. 2 KStG) ergebenden Gefahr der (juristischen) Doppelbesteuerung.909 Auf abkommensrechtlicher Ebene wird der durch Anwendung des sog. Welteinkommensprinzips im Ansässigkeitsstaat bestehenden Gefahr einer Doppelbesteuerung entweder durch Vereinbarung der Freistellungsmethode entsprechend Art. 23A OECD-MA oder der Anrechnungsmethode entsprechend Art. 23B OECD-MA begegnet. Findet die Anrechnungsmethode Anwendung, dann kann § 2a EStG der uneingeschränkten Berücksichtigung ausländischer Verluste in der inländischen Bemessungsgrundlage entgegenstehen (Kapitel 1, unter I.4., S. 39), die (abkommensrechtliche) Freistellungsmethode findet grundsätzlich auf positive und auf negative Einkünfte Anwendung (Kapitel 1, unter I.5., S. 42). 2. Gleichheitsrechtliche Konsequenzen für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Die entwickelten Maßgaben werden nun – in den Gedankenschritten Vergleichbarkeit (unter I.2.a), S. 223), Ungleichbehandlung (unter I.2.b), S. 225), Rechtfertigung (unter I.2.c), S. 226) und Ergebnis (unter I.2.d), S. 229) – auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. angewandt. a) Vergleichbarkeit von Situationen mit und ohne Organschaft Legt man den Gedanken zugrunde, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf Organträger und Organgesellschaften, nicht aber auf nicht organschaftlich verbundene Muttergesellschaften und Tochtergesellschaften Anwendung findet (Einleitung, unter II., S. 26), dann ergibt sich hieraus die erste Koordinate für die Vergleichspaarbildung. Auch ohne Organschaft kann es in den in Kapitel 2 (unter II., S. 99) erläuterten Konstellationen zur Berücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen und der ausländischen Besteuerung kommen, sodass die der Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung) zugrunde liegende Situation Deutschland beschränkt Steuerpflichtige aber nicht mit ihren weltweiten Einkünften steuerpflichtig sind, wird man die Anrechnungsmethode nicht als auf die Verhinderung einer aufgrund der Besteuerung des Welteinkommens drohenden Doppelbesteuerung beschränkt ansehen können. Diese Anwendung auf beschränkt Steuerpflichtige, die auch aufgrund des EuGH-Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, Saint-Gobain, ECLI:EU:C: 1999:438 geboten sein mag, spricht meines Erachtens aber nicht gegen die prinzipielle Verankerung des sog. Welteinkommensprinzips auch in § 34c EStG und § 26 KStG. 909 Endert, in: F./D., 130. EGL 9/2015, § 26 KStG Rn. 1; Lieber, in: H./H./R., 270. EGL 7/2015, § 26 KStG Rn. 3; Pohl, in: Blümich, 128. EGL 5/2015, § 26 KStG Rn. 1.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
potenzieller Berücksichtigung in zwei Steuerrechtsordnungen auch außerhalb der Organschaft vorzufinden, also Vergleichbarkeit mit Blick auf die Rechtsfolge festzustellen ist. Zweitens wird man der Vergleichbarkeit halber mit Ausnahme der Organschaft gleiche Situationen einander gegenüberzustellen haben. Das bedeutet, dass z. B. in der in Kapitel 2 (unter II.1.a)aa), S. 101) geschilderten outbound Situation ein Organträger mit Betriebsstätte im Ausland mit einer nicht organschaftlich verbundenen Muttergesellschaft mit Betriebsstätte im Ausland zu vergleichen ist. In der Situation nur beschränkter Steuerpflicht im Inland (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112, unter II.2.b)aa), S. 115 und unter II.2.b)bb), S. 115) wären demzufolge ein beschränkt steuerpflichtiger Organträger bzw. eine inländische OrganträgerPersonengesellschaft mit einem nicht organschaftlich verbundenen, beschränkt Steuerpflichtigen bzw. einer nicht organschaftlich verbundenen, inländischen Personengesellschaft zu vergleichen. Drittens wird man zu berücksichtigen haben, dass im Wege der Auslegung bereits viele Fallgruppen vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auszunehmen sind: Zu einer Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. kommt es z. B. nicht aufgrund einer Beachtung negativer Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts oder der Steueranrechnung (Kapitel 3, unter III.1., S. 176). Das kann z. B. für die in Kapitel 2 (unter II.2.a), S. 112) geschilderte inbound Situation die Nichtanwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. bedeuten, wenn der Ansässigkeitsstaat die in der deutschen (Organträger-)Betriebsstätte angefallenen negativen Einkünfte unter (negativem) Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freistellt. Auch in der umgekehrten outbound Situation (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101) wird zumindest § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. einer Berücksichtigung der freigestellten, negativen Einkünfte im Inland im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts nicht entgegenstehen. Auch erübrigt sich eine verfassungsrechtliche Würdigung der Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. für den Fall der (steuerwirksamen) Abschreibung der Anteile an einem inländischen Organträger durch einen im Ausland ansässigen Anteilseigner (Kapitel 2, unter II.1.c)dd), S. 110), wenn die Abschreibung mangels „Einkünfteidentität“ als nicht von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst eingeordnet wird (Kapitel 4, unter I.2., S. 189). Viertens ist dem (innerstaatlich, abkommensrechtlich abgesteckten) Umfang des deutschen und ausländischen Steueranspruchs Bedeutung beizumessen: Behandelt Deutschland ein Auslandsengagement für Zwecke der Besteuerung als transparent (Kapitel 2, unter II.1.a), S. 99), dann mögen auch ausländische negative Einkünfte vom deutschen Steueranspruch erfasst sein. Dies wird insbesondere vom innerstaatlichen Recht (vgl. § 2a EStG) und dem Methodenartikel etwaiger DBA (Freistellung, Anrechnung) abhängen. Namentlich im inbound Fall wird ein ausländischer Staat ähnliche Erwägungen anstellen, wobei hinzu-
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kommt, dass dieser dem deutschen Steuerrecht unbekannte Institute, z. B. eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106), zur Verfügung stellen mag. Erlangt die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen als Vergleichsmaßstab ihre Relevanz im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung (Kapitel 5, unter I.1.b), S. 217), dann muss besonders auf einen Vergleich gleich leistungsfähiger Steuerpflichtiger geachtet werden. Dementsprechend wird man einen Organträger, der in einer ausländischen, aktiven Anrechnungsbetriebsstätte negative Einkünfte („–100“) und in einer inländischen Betriebsstätte positive Einkünfte („+100“) erzielt und dem kein Organeinkommen („0“) zuzurechnen ist, als mit einer Muttergesellschaft, die genauso in einer ausländischen, aktiven Anrechnungsbetriebsstätte negative Einkünfte („–100“) und in einer inländischen Betriebsstätte positive Einkünfte („+100“) erzielt, wegen gleicher Leistungsfähigkeit („0“) als vergleichbar einzuordnen haben. Diese Beobachtung wird in der Literatur geteilt910 und mag als offensichtlich eingeordnet werden. Andererseits kann man in der beschriebenen Konstellation jeweils (nur) die inländische Betriebsstätte des Organträgers bzw. der Muttergesellschaft durch eine positive Einkünfte („+100“) erzielende Tochtergesellschaft, die als Organgesellschaft mit dem Organträger verbunden bzw. als bloße Tochtergesellschaft getrennt zu behandeln ist, ersetzen. Durch den organschaftsbedingten Übergang der Leistungsfähigkeit der Organgesellschaft (Kapitel 5, unter I.1.c)aa), S. 219) wird der Organträger eine andere Leistungsfähigkeit („0“) als die (nicht organschaftlich verbundene) Muttergesellschaft („–100“) haben. Denn infolge des körperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips verbleibt die Leistungsfähigkeit („+100“) bei der Tochtergesellschaft. Ob die Verrechnung der u. U. von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte mit „eigenen“ (Kapitel 1, unter I.3.a), S. 37) Einkünften oder mit einem Organeinkommen in Frage steht, hat daher große Bedeutung. b) Ungleichbehandlung und organschaftsimmanente Besonderheit Weisen z. B. ein Organträger und eine Muttergesellschaft eine gleiche Leistungsfähigkeit auf, werden aber in einem ausländischen Staat berücksichtigte, negative Einkünfte des Organträgers bei der inländischen Besteuerung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht berücksichtigt, so ergeben sich unterschiedliche Steuerbemessungsgrundlagen und eine unterschiedliche Besteuerung. Abstrakt sind der Gedanke horizontaler Steuergerechtigkeit und das Leistungsfähigkeitsprinzip betroffen. Vergleichbar mit der bereits zu § 2a EStG vorgebrachten Kri-
910 Nach Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 11 („Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG)“) ist die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf negative („eigene“) Einkünfte des Organträgers gleichheitswidrig. Solche Einkünfte des Organträgers seien nach verfassungskonformer Auslegung daher nicht erfasst.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
tik, dass durch die Einschränkung der Verlustverrechnung das sog. Welteinkommensprinzip (Kapitel 5, unter I.1.c)cc), S. 221) durchbrochen werde,911 hat im Fall ausländischer Anrechnungsbetriebsstätten auch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine Durchbrechung des sog. Welteinkommensprinzips zur Folge. Diese wirkt umso schwerer, als dass kein Vortrag oder Rücktrag vorgesehen ist. Versteht man das objektive Nettoprinzip so, dass es nicht bloß die Verrechnung von Einnahmen und Aufwendungen einer Einkunftsquelle, sondern auch den (horizontalen, vertikalen) Ausgleich verbürgt (vgl. Kapitel 5, unter I.1.c)bb), S. 220), ist auch dieses nicht eingehalten. Folglich ergibt sich eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung vergleichbarer Situationen. Besondere Rechtsfolge der Organschaft ist die Zurechnung des Organeinkommens zum Organträger mit der Folge eines Ergebnisausgleichs (Kapitel 1, unter II.1., S. 46). Mit dem Gewinnabführungsvertrag geht eine Verschiebung von Leistungsfähigkeit einher (im Gewinnfall zum Organträger, im Verlustfall zur Organgesellschaft); damit wird die Leistungsfähigkeit eines Organträgers im Vergleich zu einer nicht organschaftlich verbundenen Muttergesellschaft ceteris paribus eine andere sein (Kapitel 5, unter I.2.a), S. 223). Hieraus den Schluss zu ziehen, dass damit eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. entsprechend der verfassungsrechtlichen Maßgabe, Ungleiches sei ungleich zu behandeln, zulässig sei, erscheint meines Erachtens verfehlt. Denn i. S. d. „neuen Formel“ (Kapitel 5, unter I.1.a), S. 216) wird spezifisch die Gruppe der Organträger und Organgesellschaften anders behandelt, muss also die durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ausgelöste Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung in einem angemessenen Verhältnis zu den Unterschieden zwischen beiden Gruppen (organschaftlich verbundene, nicht organschaftlich verbundene Steuerpflichtige) stehen. c) Rechtfertigung und Alternativen der Normausgestaltung Mangels Beschränkung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf „passive“ (vgl. Kapitel 3, unter II.4.a), S. 169) negative Einkünfte ist eine Rechtfertigung durch die Missbrauchsverhinderung abgelehnt worden.912 Eine Rechtfertigung unter dem Blickwinkel, dass die Doppelansässigkeit Möglichkeiten der Steuergestaltung eröffne, scheide aus, weil die Doppelansässigkeit allgemein möglich und nicht auf die Organschaft beschränkt sei.913 Im Übrigen könne weder das Anliegen der Verhinderung einer doppelten Berücksichtigung negativer Einkünfte noch das Anliegen einer Beschränkung der durch den organschaftlichen Ergebnisausgleich eröffneten Verlustverrechnungsmöglichkeiten die Vorschrift recht911 912 913
Zur Erstfassung des § 2a EStG z. B. Vogel, BB 1983, S. 180 (182). Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 532. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 533.
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fertigen; aufgrund ihrer Zulässigkeit bei isolierter Betrachtung böten beide Aspekte genauso wenig in der Gesamtschau eine Rechtfertigung.914 Anzuerkennen ist die (eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung nicht fördernde) Unklarheit über das mit der Neufassung verfolgte Anliegen.915 Abstrakt mag dieses in der Einschränkung des organschaftlichen Ergebnisausgleichs in Fällen der Berücksichtigung negativer Einkünfte in einer anderen Steuerrechtsordnung erkannt werden. In der in diesem Kapitel 5 (unter I.2.a), S. 223 und unter I.2.b), S. 225) beschriebenen Konstellation, in der es an einem (positiven, negativen) Organeinkommen fehlt und dementsprechend die (negativen, positiven) Einkünfte des Organträgers nicht organschaftsbedingt rechtsträgerübergreifend verrechnet werden können, besteht kein solches Regelungsanliegen. In seinem Beschluss vom 29.3.2017 bestätigte das BVerfG die grundsätzliche Berechtigung des Gesetzgebers zur Typisierung,916 sah diese Befugnis aber bei Anknüpfung einzig an die Übertragung eines Anteils in Höhe von mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals namentlich mit Blick auf das Ziel der Missbrauchsbekämpfung als überschritten an.917 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. knüpft einzig an die Berücksichtigung negativer Einkünfte in einem ausländischen Staat an, ohne den verwerflichen Aspekt (z. B. die Verrechnung mit im Inland nicht steuerpflichtigen, positiven Einkünften) als solchen zu umschreiben. Die Vorschrift erscheint damit in dieser Hinsicht als die gesetzgeberische Typisierungsbefugnis übersteigend zu weit gefasst. Betrachtet man hingegen die Fälle, in denen es zur Verrechnung der im Rahmen der Besteuerung in einem ausländischen Staat berücksichtigten negativen Einkünfte des Organträgers mit einem positiven Organeinkommen bzw. der negativen Einkünfte der Organgesellschaft (in Gestalt eines negativen Organeinkommens) mit positiven Einkünften des Organträgers kommt, stehen der angeordneten Rechtsfolge der pauschalen Nichtberücksichtigung gewichtige Alternativen gegenüber: Zum einen ist den US-amerikanischen sog. dual consolidated loss Vorschriften („separate return limitation year“) und dem deutschen Steuerrecht die Beschränkung der Verrechnung negativer Einkünfte („besondere Verrechnungskreise“) nicht unbekannt.918 So dürfen z. B. nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 914 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 533; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (287). 915 Vgl. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 528a. 916 BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1100 f.). 917 BVerfG, Beschl. v. 29.3.2017, 2 BvL 6/11, DStR 2017, S. 1094 (1103). 918 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 530; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (453 f.). Mit Blick auf ausländische negative Einkünfte erwägen Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (289) eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F., wenn spätere Gewinne in Deutschland nicht besteuert werden, und eine Nichtanwendung, wenn spätere Gewinne in Deutschland besteuert werden. Verrechnungsbeschränkungen für das deutsche Steuerrecht kategorisierend Wendt, DStJG
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
EStG „passive“ negative Einkünfte aus einer in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen und nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Nach § 2a Abs. 1 S. 3 EStG mindern solcherart nicht ausgeglichene negative Einkünfte zukünftige positive Einkünfte der jeweils selben Art aus demselben Staat.919 Ein Ausgleich mag hierdurch im Jahr der Entstehung der negativen Einkünfte ausbleiben, u. U. eine nicht vorhandene Leistungsfähigkeit besteuert werden; kommt es aber in späteren Jahren zur Verrechnung mit korrespondierenden Gewinnen, ergibt sich zwar ein Zinsnachteil, aber zeitraumübergreifend keine leistungsfähigkeitswidrige Besteuerung. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. führt dagegen zur Besteuerung positiver Einkünfte bei Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte, hat also eine endgültige Besteuerung zuwider der Leistungsfähigkeit zur Folge.920 Zwar mag das Steuerverfahrensrecht in gewissem Umfang Abhilfe bieten (Kapitel 4, unter I.7., S. 197). In seinen Vorlagebeschlüssen zur sog. Mindestbesteuerung und zur sog. Zinsschranke führte der Erste Senat des BFH jedoch aus, dass die §§ 163, 227 AO keine Grundlage zur Behebung grundlegender, vom Gesetzgeber bewusst hingenommener Rechtsfolgen (und damit verfassungsrechtlicher Defizite) im Wege der Billigkeit böten.921 Zu der umfangreichen Kritik an der Altfassung gehörte auch, dass die fehlende Möglichkeit zur (beschränkten) überperiodischen Verrechnung die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift zur Folge habe;922 bei der Abfassung der Neufassung wurde diese Kritik aber nicht berücksichtigt. Von einer Inkaufnahme oder zumindest sehr unreflektierten Gesetzeskonstruktion ist daher auszugehen. Auch unterscheidet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht nach den positiven Einkünften, die den negativen Einkünften gegenüber stehen, wie es in der Literatur vorgeschlagen wurde (Kapitel 3, unter II.4.c), S. 173) und Vorschriften anderer Steuerrechtsordnungen (Kapitel 2, unter I.2., S. 76) und die Vorschläge der OECD (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87) im Wesentlichen machen. Dieser Ansatz 28, S. 41 (65 ff.), der u. a. zwischen Beschränkungen auf Einkunftsquellen, auf Teile einer Einkunftsart und auf gesamte Einkunftsarten unterscheidet. 919 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (289) erwägen eine analoge Anwendung von § 2a Abs. 1 S. 3 EStG auf ausländische negative Einkünfte im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. 920 Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 651; Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 530. Vgl. zur Altfassung Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (453 f.). Die sich bereits aus der ursprünglichen Fassung von § 2a EStG ergebende Einschränkung des Leistungsfähigkeitsprinzips rügend Vogel, BB 1983, S. 180 (182). 921 BFH, Beschl. v. 26.2.2014, I R 59/12, BFHE 246, S. 27 (41 f.); BFH, Beschl. v. 14.10.2015, I R 20/15, BFHE 252, S. 44 (66). § 163 AO wurde durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, S. 1679 ff. neugefasst. 922 Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 965, 970; Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (453, 458).
Kap. 5: Verfassungsrecht
229
betont weniger die Beschränkung der Verlustverrechnung (auf bestimmte Quellen, auf Teile bestimmter Einkunftsarten), sondern stellt darauf ab, ob nicht nur die negativen Einkünfte, sondern auch die positiven Einkünfte, mit denen verrechnet wird, im In- und Ausland steuerpflichtig sind. Unter Hinweis auf den Wortlaut wird zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vertreten, dass eine Berücksichtigung im In- und Ausland bei derselben Person nicht erforderlich sei (Kapitel 4, unter III.1., S. 206). Zur Altfassung wurde vorgebracht, dass die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung mit Blick auf den Gedanken subjektbezogener Leistungsfähigkeit (Kapitel 5, unter I.1.c)aa), S. 219) verfassungsrechtlich nur zulässig sei, wenn die Berücksichtigung des negativen Einkommens des Organträgers im Ausland bei dessen eigener Besteuerung erfolge.923 Allerdings besteht auch im Fall einer solchen Personenidentität die Möglichkeit, dass die Verrechnung im Ausland, obgleich bei derselben Person, mit auch im Inland steuerpflichtigen Einkünften erfolgt,924 mithin positive Einkünfte zweifach besteuert, negative Einkünfte dagegen nur einmal (im Ausland) berücksichtigt werden. Die „Alternativen“ der Abschaffung der Organschaft in Gänze oder des Ausschlusses „passiver“ Rechtsträger vom Anwendungsbereich entsprechend der im Vereinigten Königreich getroffenen Lösung (Einleitung, unter I., S. 22) erscheinen dagegen als aliud, durch das der Lösung des eigentlichen Problems ausgewichen wird. d) Ergebnis § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verstößt gegen das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. In Fällen, in denen es zu keinem organschaftlichen und damit erweiterten Ergebnisausgleich kommt, ergibt sich eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu vergleichbaren außerorganschaftlichen Situationen. Kommt es aufgrund der Organschaft zu einem Ergebnisausgleich, ist eine Verrechnungsbeschränkung hingegen vorstellbar, muss aber der Erfassung entsprechender positiver Einkünfte (namentlich nach dem sog. Welteinkommensprinzip) zeitraumübergreifend Rechnung getragen werden.
II. Art. 14 GG: Eigentumsgarantie Als Ausgangspunkt der Bedeutung der Eigentumsgarantie auch für das Steuerrecht mag das (bereits in den Vorbemerkungen [S. 212] zu den Kapiteln 5, 6 und 7 erwähnte, nicht steuerspezifische) Urteil des BVerfG (Erster Senat) vom 20.7. 923 Hey, BB 2002, S. 915 (916); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (451, 458), der zusätzlich eine zeitgleiche Berücksichtigung verlangt (S. 449). 924 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (449 f.): „. . . erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel, . . . wenn das ausländische Steuerrecht auch die positiven Ergebnisse der deutschen Organgesellschaften einbezieht und der Verlust mit diesen und nicht mit im Inland nicht steuerpflichtigen anderen Einkünften verrechnet wird.“
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
1954, wonach „Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten“ 925 schützt, herangezogen werden.926 In der Folge führte der Zweite Senat des BVerfG aus, dass es aber gegen Art. 14 GG verstoßen kann, „wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden.“ 927 Mit Blick auf die Vermögensteuer unterbleibt eine solche übermäßige Belastung und grundlegende Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen nur, wenn „sie in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen die Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt läßt und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträge) bezahlt werden kann.“ 928 Mit Beschluss vom 18.1.2006 entschied der Zweite Senat des BVerfG, dass der Schutzbereich der Eigentumsgarantie „jedenfalls auch dann (eröffnet ist), wenn Steuerpflichten – wie im Einkommen- und Gewerbesteuerrecht – an den Hinzuerwerb von Eigentum anknüpfen.“ 929 Die Herangehensweise, dass grundsätzlich der Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht eröffnet ist, bei hinreichend starker Belastung ein Eingriff in das Grundrecht aber anerkannt wird, wurde in der Literatur als widersprüchlich kritisiert;930 die Steuergesetze seien (rechtfertigungsbedürftige) Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.931 Auch wurde vorgebracht, dass sich der Schutz des Art. 14 GG nicht auf die einzelne Eigentumsposition beschränke, das sich aus diesen Positionen zusammensetzende Vermögen gegenüber der Besteuerung eine eigenständige Bedeutung im Rahmen der Eigentumsgarantie entfalte.932 Im Gegensatz zur Auffassung in vorgenanntem Beschluss vom 18.1.2006 folge der Eingriff i. S. d. modernen Eingriffsverständnisses nicht aus der einkommensteuertatbestandlichen Anknüpfung an einzelne Vorgänge, sondern aus der Entstehung des Einkommensteueranspruchs mit Ablauf des Kalenderjahrs (§ 38 AO i.V. m. §§ 36 Abs. 1, 25 Abs. 1 EStG).933 925 BVerfG, Urt. v. 20.7.1954, 1 BvR 459 u. a., BVerfGE 4, S. 7 (17). Vgl. z. B. auch BVerfG, Urt. v. 24.7.1962, 2 BvL 15, 16/61, BVerfGE 14, S. 221 (241). 926 Vgl. Friauf, DÖV 1980, S. 480 (484); Frye, FR 2010, S. 603 (604); Wendt, NJW 1980, S. 2111 (2112). 927 BVerfG, Urt. v. 24.7.1962, 2 BvL 15, 16/61, BVerfGE 14, S. 221 (241). Das BVerfG spricht insofern in anderen Entscheidungen auch von einer „Erdrosselungswirkung“ bzw. „Konfiskation“ (vgl. Friauf, DÖV 1980, S. 480 [484 m.w. N.]). 928 BVerfG, Beschl. v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121 (137). 929 BVerfG, Beschl. v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97 (111). Kritisch Frye, FR 2010, S. 603 (605). 930 Friauf, DÖV 1980, S. 480 (484 f.); Frye, FR 2010, S. 603 (605 f.); Wendt, in: Sachs, Art. 14 GG Rn. 39. 931 BVerfG, Beschl. v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97 (111 f.); Frye, FR 2010, S. 603 (606); Wendt, NJW 1980, S. 2111 (2115): „Schrankenziehung sui generis gem. Art. 14 I 2 GG“. 932 Friauf, DÖV 1980, S. 480 (488); Wendt, NJW 1980, S. 2111 (2113 f.); ders., in: Sachs, Art. 14 GG Rn. 38.
Kap. 5: Verfassungsrecht
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Eine Arbeit zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird diese Unsicherheiten grundsätzlicher Art nicht entscheiden, mangels Klarheit über die Auslegung des verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs keine endgültigen Aussagen zur Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie machen können. Von Bedeutung für die Vereinbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit Art. 14 GG ist, dass zwar (ggf. gesondert festgestellten) negativen Einkünften als solchen nicht die Qualität einer geschützten Eigentumsposition beigemessen wurde, eine solche sich aber im Fall der Erzielung anderweitiger (und damit grundsätzlich verrechenbarer) positiver Einkünfte ergeben könne.934 Komme es zur Besteuerung von Erwerbseinnahmen ohne Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen, werde auf grundsätzlich unverhältnismäßige Weise eine fiktive Leistungsfähigkeit besteuert.935 Erzielt z. B. ein Organträger negative Einkünfte in einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte und kann er diese mit in einer inländischen Betriebsstätte erzielten positiven Einkünften gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht verrechnen, dann werden die positiven Einkünfte besteuert, obwohl der Steuerpflichtige nicht (bzw. weniger) leistungsfähig ist. Infolgedessen droht eine Besteuerung der wirtschaftlichen „Substanz“ des Steuerpflichtigen; mangels Möglichkeit einer zumindest überperiodischen Berücksichtigung dieser negativen Einkünfte droht eine „Substanzbesteuerung“ definitiv zu werden.
III. Bestimmtheitsgebot Auch ist die Frage aufzuwerfen, ob § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar ist. Dieses beansprucht sowohl für die Tatbestandsals auch für die Rechtsfolgenseite einer (Steuer-)Norm Geltung;936 allerdings führt die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Norm nicht zu ihrer (verfassungswidrigen) Unbestimmtheit.937 Schon zur Altfassung wurde vertreten, dass u. a. aus der Unklarheit über das eigentliche Regelungsanliegen und die einzelnen Elemente der Vorschrift der Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz folge.938 Auch zur Neufassung wird auf die Unsicherheit über die erfassten Fallgruppen und fehlende, offizielle Äußerungen der Verwaltung verwiesen und hieraus der 933 Frye, FR 2010, S. 603 (605). Bei Betroffenheit konkreter Eigentumspositionen i. S. d. Art. 14 GG den Eingriff zumindest nach modernem Eingriffsverständnis bejahend Papier, in: M./D., 59. EGL 7/2010, Art. 14 GG Rn. 170. 934 Wendt, DStJG 28, S. 41 (61). 935 Allerdings ohne Ausführungen zum horizontalen und vertikalen Verlustausgleich Frye, FR 2010, S. 603 (607). 936 Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 137. 937 BVerfG, Beschl. v. 14.3.1967, 1 BvR 334/61, BVerfGE 21, S. 209 (215); Drüen, in: T./K., 128. EGL 1/2012, § 3 AO Rn. 40; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 138. Allgemein Grzeszick, in: M./D., 48. EGL 11/2006, Art. 20 VII GG Rn. 61. 938 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (457). Vgl. auch Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 969. Kritisch, aber ohne daraus einen Verstoß gegen Bestimmtheitsanforderungen zu folgern Erle/Heurung, in: E./S., § 14 KStG Rn. 323, 328.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gefolgert.939 Die Frage nach der Bestimmtheit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. stellt sich namentlich aufgrund der aufgezeigten Grundrechtsrelevanz (Kapitel 5, unter I., S. 215 und unter II., S. 229). Zu berücksichtigen ist, dass diverse Merkmale wie „Negative Einkünfte“ oder „des Organträgers oder der Organgesellschaft“ durchaus einer – insbesondere in systematischer Hinsicht – (weiten) Auslegung zugänglich sind. Andere Begriffe wie „bei der inländischen Besteuerung“ oder „in einem ausländischen Staat“ sind genauso einer insbesondere grammatikalischen und systematischen Auslegung zugänglich. Indem die Merkmale drittens, wo möglich, auf Rechtsfolgen- und Tatbestandsseite gleich verstanden werden („Negative Einkünfte“ und „sie“, „unberücksichtigt“ und „berücksichtigt“), können abweichende und damit unbestimmte Auslegungen vermieden werden. Anzuerkennen ist zwar, dass das Merkmal „berücksichtigt“ kein technisches Merkmal und damit potenziell unbestimmt ist; allerdings ist Spezifikum des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Bezugnahme auf (irgend-)eine ausländische Besteuerung. Eine solche Formulierung überlässt die Bestimmung, ob dem Gesetzgeber a priori unbekannte ausländische Vorgänge mit der Verrechnung in der Bemessungsgrundlage gleichwertig und daher von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst sind oder nicht, in einem grundsätzlich rechtsstaatlich zulässigen Maß der Rechtsanwendung.
IV. Rückwirkungsverbot § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. war nach § 34 Abs. 6 Nr. 2 KStG i. d. F. durch Art. 2 Nr. 16 des UntStFG vom 20.12.2001940 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist nach § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i. d. F. durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. b des UntStReiseKG vom 20.2. 2013941 in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden (Einleitung, unter III., S. 28). Die Literatur erkannte in der Neufassung eine verfassungswidrige Rückwirkung für Veranlagungszeiträume teilweise bis einschließlich 2012,942 teilweise bis mindestens 2011943 und erwog, dass die Anwendung
939 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 11 („Gesetzesbestimmtheit“). 940 BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 941 BGBl. I 2013, S. 285 ff. 942 Blumenberg, JbFSt 2014/2015, S. 621 (630); Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 485b ff.; Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 11. Differenzierend Kröner/Momen/Boller, IStR 2013, S. 405 (408 f.). Für negative Einkünfte der Organgesellschaft Müller, in: M./S./L., Die Organschaft, Rn. 617. Die Vereinbarkeit mit dem Rückwirkungsverbot blieb ausdrücklich unbeantwortet in BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 (596). 943 Ohne Festlegung mit Blick auf den Veranlagungszeitraum 2012 Benecke/Blumenberg, StbJb 2013/2014, S. 349 (366); Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 157.
Kap. 5: Verfassungsrecht
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der Neufassung zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Rückwirkung durch ein BMF-Schreiben auf die Zukunft beschränkt werde.944 Das BVerfG unterscheidet herkömmlicherweise zwischen „echter“ und „unechter“ Rückwirkung bzw. „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ und „tatbestandlicher Rückanknüpfung“.945 Sei ein Vorgang bereits vor Verkündung einer Norm abgeschlossen und werde dieser (nachträglich) belastend von der Rechtsfolge dieser Norm geregelt, komme es zur grundsätzlich unzulässigen echten Rückwirkung bzw. Rückbewirkung von Rechtsfolgen; habe der Vorgang zum Zeitpunkt der Verkündung zwar schon begonnen, ordne die Norm aber nur Rechtsfolgen für die Zukunft an, komme es zur unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung.946 Nach § 38 AO i.V. m. §§ 36 Abs. 1, 25 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahrs als Veranlagungszeitraum, sodass Änderungen mit Wirkung für das laufende Jahr nur als unechte Rückwirkung einzuordnen sind;947 dies gilt auch für die (durch Veranlagung, nicht durch Steuerabzug oder Vorauszahlung entstandene) Körperschaftsteuer (§ 30 Nr. 3 KStG) und grundsätzlich auch für die Gewerbesteuer (§§ 14, 18 GewStG).948 Einer echten Rückwirkung steht ausnahmsweise kein schutzwürdiges Vertrauen entgegen, insbesondere „wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten“, „wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste“, „wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden“ oder „wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern“ 949. Dagegen hielt
944
Dötsch, in: D./P./M., 87. EGL 8/2016, § 14 KStG Rn. 652 a. E. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, S. 1 (16 f.); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (318); BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1147); Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 261; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 150. 946 BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, S. 1 (16 f.); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (318); BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1147). 947 BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (319); BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013, 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, S. 1 (13 f.). 948 Zur Körperschaftsteuer BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013, 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, S. 1 (14); BFH, Urt. v. 22.2.2017, I R 2/15, DStR 2017, S. 1145 (1147); zur Gewerbesteuer BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (319). 949 Die Zitate sind BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013, 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, S. 1 (22) entnommen. Die zitierten und die in der BVerfG-Rechtsprechung angeführten Fallgruppen sind nicht abschließend. Vgl. zu den Fallgruppen auch Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 150 f. 945
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
das BVerfG die unechte Rückwirkung lange Zeit für grundsätzlich zulässig.950 Inzwischen betont das BVerfG auch mit Blick auf die unechte Rückwirkung die Notwendigkeit eines verhältnismäßigen Ausgleichs zwischen dem Vertrauensschutz der Betroffenen und den mit der unechten Rückwirkung verfolgten Zielen.951 In diesem Sinne entschied der Zweite Senat in seinem Beschluss vom 7.7.2010 zur unecht für das Jahr 1999 rückwirkenden Verlängerung des Zeitraums für die Steuerfreiheit in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auf zehn Jahre, dass die nachträglich angeordnete Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen insoweit nichtig sei, als dass eine durch Ablauf der (ursprünglichen) Zweijahresfrist bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes am 31.3.1999952 eingetretene Steuerfreiheit nachträglich entfalle.953 Etwa dreizehn Monate später entschied der Erste Senat, dass die durch das UntStFG vom 20.12.2001954 mit unechter Rückwirkung angeordnete Hinzurechnung von Streubesitzdividenden nach § 8 Nr. 5 GewStG für das Jahr 2001 insoweit nichtig sei, als dies zur Hinzurechnung von bis zum 11.12.2001 (Tag des Vorschlags des Vermittlungsausschusses) beschlossenen und ausgeschütteten Vorabgewinnausschüttungen führe.955 Denn jeweils (in beiden Fällen) fehlte es für die unechte Rückwirkung an einem (der Verhältnismäßigkeitsprüfung immanenten) Rechtfertigungsgrund.956 Im Hinblick auf die Merkmale der Neufassung wurde teilweise zwischen der Erweiterung auf Organgesellschaften und den übrigen Merkmalen (vgl. die tabellarische Übersicht in der Einleitung, unter III., S. 28) unterschieden: Aufgrund des Europarechts sei eine Einbindung doppelt ansässiger Gesellschaften in die Organschaft schon vor der Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG n. F. möglich gewesen und damit tendenziell eine Rückwirkung bis einschließlich 2012 abzulehnen;957 § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG sei im Übrigen für die Jahre bis einschließlich 2012 verfassungswidrig, da es für die echte Rückwirkung mit Blick auf die
950 Hey, in: Tipke/Lang, § 3 Rn. 261, 263; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 152. Umfangreiche Nachweise aus der BVerfG-Rechtsprechung z. B. bei Grzeszick, in: M./D., 48. EGL 11/2006, Art. 20 VII GG Rn. 88. 951 BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, S. 1 (17 f.); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (320). 952 BGBl. I 1999, S. 402 ff. 953 BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, S. 1 (21 ff.). Die erhöhten Anforderungen an die Rechtfertigung der Rückwirkung mit Blick auf die bis Ende 1998 eingetretene Steuerfreiheit werden hier nicht erörtert. Auch die zwei anderen am 7.7.2010 ergangenen und in BVerfGE 127 veröffentlichten Beschlüsse zur sog. unechten Rückwirkung werden nicht besprochen (auch zu diesen Beschlüssen z. B. Kirchhof, FR 2016, S. 530 [531 ff.]). 954 BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 955 BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (329 ff.). 956 BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, S. 1 (25 ff.); BVerfG, Beschl. v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, S. 302 (331 ff.). 957 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485b.
Kap. 5: Verfassungsrecht
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Jahre bis 2011 an Rechtfertigungsgründen fehle, mit Blick auf das Jahr 2012 der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen der echten Rückwirkung entgegenstehe.958 Hinsichtlich der unechten Rückwirkung im Jahr 2013 müsse eine Verhältnismäßigkeitsprüfung über die Zulässigkeit entscheiden.959 Unter Berücksichtigung der Veröffentlichung des UntStReiseKG im Bundesgesetzblatt am 25.2.2013960 ergibt sich für mit Ablauf des Jahres 2012 und früherer Jahre entstandene Einkommen- und Körperschaftsteueransprüche eine echte, mit Blick auf mit Ablauf des Jahres 2013 entstandene Ansprüche eine unechte Rückwirkung. Zwar wurde das Gesetz am 25.10.2012 vom Deutschen Bundestag beschlossen; diese Fassung enthielt jedoch die vom Finanzausschuss961 des Deutschen Bundestags vorgeschlagenen Einschränkungen (Einleitung, unter III., S. 28) und im nur § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. betreffenden Antrag vom 21.11. 2012962 verlangten die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg die Rückkehr zur Fassung des Gesetzentwurfs. Der Vermittlungsausschuss empfahl963 dem Deutschen Bundestag daraufhin den Beschluss i. S. d. Gesetzentwurfs. Nach Art. 77 Abs. 2 S. 5 GG hatte der Deutsche Bundestag hierüber erneut zu entscheiden; ein solcher Beschluss erfolgte 2012 nicht mehr, sodass die weitere Entwicklung einzuschätzen Betroffenen nicht möglich war und schutzwürdiges Vertrauen bestand.964 Man mag auch die Altfassung als „unklar, verworren“ oder „systemwidrig, unbillig“ qualifizieren, die Neufassung und das Gesetzgebungsverfahren brachten aber kaum Klarheit über Inhalt und Verfassungsmäßigkeit.965 Gründe des Allgemeinwohls oder eine Verhältnismäßigkeitsabwägung ermöglichende Gründe sind nicht erkennbar, sodass § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG meines Erachtens für die Jahre bis einschließlich 2012 verfassungswidrig ist. Wertungsmäßig bestand zwischen der (soeben erörterten) Situation Ende des Jahres 2012 und der Situation Anfang des Jahres 2013 zumindest bis zum Be958
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485c ff. Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 11. 960 BGBl. I 2013, S. 285 ff. 961 BT-Drs. 17/11180, S. 15 (Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ddd). 962 BR-Drs. 633/2/12. 963 BT-Drs. 17/11841. 964 Genauso Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 485d. Leichter wäre die Beurteilung, wenn der Steuerpflichtige stets auf das aktuelle Recht bis zur Verkündung einer Änderung vertrauen dürfte (hierfür Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 160). 965 Ähnlich zu ersterem Rechtfertigungsgrund Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/ 2015, § 14 KStG Rn. 11. Nach Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 161 müsste aus „Unklarheit, Verworrenheit“ verfassungswidrige Unbestimmtheit folgen. In diesem Kapitel 5 (unter III., S. 231) wurden Gründe für eine Beurteilung der Neufassung als hinreichend bestimmt angeführt. 959
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
schluss des Deutschen Bundestags über die Neufassung vom 17.1.2013966 meines Erachtens kein Unterschied. Erzielte z. B. ein Organträger am 10.1.2013 aus der Veräußerung eines im (Anrechnungs-)Ausland belegenen Grundstücks negative, auch im Ausland berücksichtigte Einkünfte, folgt hieraus eine wirtschaftliche Entscheidung, die grundsätzlich (insbesondere vorbehaltlich besonderer vertraglicher Abmachungen) abgeschlossen ist und u. U. von dem nach § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG unecht rückwirkenden § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfasst wird. Gründe, die den Vertrauensschutz zurücktreten lassen, sind nicht erkennbar; § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG ist daher auch insoweit wegen unzulässiger unechter Rückwirkung verfassungswidrig.967 Kapitel 6
Europarecht § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird in der „Checkliste potenziell EU-rechtswidriger Normen des deutschen direkten Steuerrechts“ (auch) des Jahres 2017 als potenziell gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßende Norm aufgeführt.968 Dort (wie auch in der übrigen Literatur zur Neufassung969) wird auf das EuGHUrteil in der Rechtssache Philips Electronics970 verwiesen, im Hinblick auf das schon im Gesetzgebungsverfahren zur Neufassung zunächst eine Einschränkung beabsichtigt war (Einleitung, unter III., S. 28). In ihrem Antrag vom 21.11.2012 hielten die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg die ursprüngliche (und letztlich Gesetz gewordene) Fassung dagegen für „EUrechtlich unbedenklich“ 971. Schon in der Altfassung wurde häufig ein Verstoß gegen EG-Recht erkannt.972 Bevor § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. am Maßstab der Grundfreiheiten geprüft wird (unter II., S. 251), werden die relevanten Vorgaben in einem ersten Abschnitt (unter I., S. 237) ausgearbeitet.
966
BR-Drs. 34/13. Anderer Ansicht sind Kröner/Momen/Boller, IStR 2013, S. 405 (409), nach denen die unechte Rückwirkung für das Jahr 2013 zulässig war. 968 Kessler/Spengel, DB 2017, Beilage 1 zu Heft 5, S. 1 (28). 969 Gosch, IWB 2012, S. 694 (695 f.); Linn/Müller, IWB 2012, S. 761 (765 ff.); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.48 ff.; Oellerich, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 8.118; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (287 f.); Schnitger, IStR 2013, S. 143 (151). Genauso die Beiträge von Gosch, JbFSt 2013/2014, S. 123 und S. 593. Für die Alt- und die Neufassung den Verstoß bejahend Danelsing, in: Blümich, 118. EGL 4/2013, § 14 KStG Rn. 158. 970 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, ECLI:EU:C:2012:532. 971 BR-Drs. 633/2/12, S. 2. 972 Hey, BB 2002, S. 915 (916); Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (458 f.); Meilicke, DB 2002, S. 911 (916). Vgl. auch Brink, in: S./F., § 14 KStG Rn. 972; Linn/ Müller, IWB 2012, S. 378 (383 f.); dies., IWB 2012, S. 761 (765 a. E.). 967
Kap. 6: Europarecht
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I. Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit als Prüfungsmaßstab Das allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV), die Warenverkehrsfreiheit in der Ausprägung des Verbots mengenmäßiger Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34 bis 36 AEUV), die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) haben für eine Prüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. am Maßstab des Europarechts keine Bedeutung. Sie werden daher nicht erörtert. Nach der Abgrenzung der Niederlassungs- von der Kapitalverkehrsfreiheit (unter I.1., S. 237) werden die Begriffe der Diskriminierung und der Beschränkung behandelt (unter I.2., S. 238). Bevor anschließend die Rechtfertigungsgründe skizziert werden (unter I.4., S. 248), wird spezifisch auf den Aspekt der Vergleichbarkeit eingegangen (unter I.3., S. 241). 1. Abgrenzung der Niederlassungsfreiheit von der Kapitalverkehrsfreiheit bei Beteiligung von Drittstaaten Die Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat geht typischerweise mit einer Kapitalbewegung einher;973 andererseits erfasst nur Art. 63 Abs. 1 AEUV auch Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern, sodass die Abgrenzung beider Freiheiten im Hinblick auf Drittstaaten besondere Bedeutung erlangt.974 Mehrfach stellte der EuGH darauf ab, dass einerseits die betroffene inländische Regelung nur auf die Beherrschung der Gesellschaft ermöglichende Beteiligungen anwendbar ist und andererseits im Streitfall auch tatsächlich eine einen sicheren Einfluss verschaffende Beteiligung vorlag.975 Es sei nachrangig und rechtfertige keine eigenständige Berufung hierauf, dass auch die Kapitalverkehrsfreiheit berührt sei.976 In Fällen, die die Ausschüttung von Dividenden aus Drittstaaten (nicht: Mitgliedstaaten) an einen inländischen und beherrschenden Anteilseigner betrafen, entschied der EuGH aller-
973 Forsthoff, in: G./H./N., 43. EGL 3/2011, Art. 49 AEUV Rn. 128; Ress/Ukrow, in: G./H./N., 52. EGL 1/2014, Art. 63 AEUV Rn. 303. 974 Ress/Ukrow, in: G./H./N., 52. EGL 1/2014, Art. 63 AEUV Rn. 304. 975 EuGH, Urt. v. 13.3.2007, C-524/04, Thin Cap Group Litigation, ECLI:EU:C: 2007:161, Rn. 28 ff., 32; EuGH, Urt. v. 10.5.2007, C-492/04, Lasertec, ECLI:EU:C: 2007:273, Rn. 21 f., 23; mit Blick auf abkommensrechtlich als (freigestellte) Betriebsstätten zu würdigende Beteiligungen an US-Personengesellschaften EuGH, Urt. v. 6.11. 2007, C-415/06, Ergste Westig, ECLI:EU:C:2007:651, Rn. 15. 976 EuGH, Urt. v. 13.3.2007, C-524/04, Thin Cap Group Litigation, ECLI:EU:C: 2007:161, Rn. 34; EuGH, Urt. v. 10.5.2007, C-492/04, Lasertec, ECLI:EU:C:2007:273, Rn. 25; EuGH, Urt. v. 6.11.2007, C-415/06, Ergste Westig, ECLI:EU:C:2007:651, Rn. 16.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
dings, dass eine Prüfung des sachlichen Anwendungsbereichs der betroffenen Vorschrift genüge.977 Daher könne sich auch ein beherrschender, in einem Mitgliedstaat ansässiger Anteilseigner auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen, wenn die maßgebliche Vorschrift des innerstaatlichen Rechts allgemein anwendbar sei und nicht spezifisch eine beherrschende Beteiligung verlange.978 In seinem Urteil im Fall Kronos International ergänzte der EuGH, dass dies auch dann gelte, wenn der Steuerpflichtige (hier: aufgrund seiner Gründung im US-Bundesstaat Delaware) vom persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nicht erfasst werde.979 Inzwischen wurde diese Rechtsprechung auch auf Beschränkungen des Quellenstaats (inbound Fälle) angewandt;980 sie ist genauso wenig auf die Dividendenbesteuerung betreffende Vorschriften begrenzt, sondern wurde auch auf Beschränkungen der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen angewandt.981 Generell steht diese Auslegung allerdings unter dem Vorbehalt, dass sie nicht dazu führt, dass die (räumlich auf die EU beschränkte) Niederlassungsfreiheit Personen aus Drittstaaten gewährt wird.982 Dies sei namentlich der Fall, wenn die mitgliedstaatliche Vorschrift „die Voraussetzungen des Marktzugangs“ 983 behandle. 2. Diskriminierung und allgemeine Beschränkung Nach Art. 49 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats sowie der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften unter weiteren Voraussetzungen verboten. Art. 63 Abs. 1 AEUV enthält ein Verbot von Beschränkungen des
977 EuGH, Urt. v. 13.11.2012, C-35/11, FII Group Litigation, ECLI:EU:C:2012:707, Rn. 96; EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 38; EuGH, Urt. v. 24.11.2016, C-464/14, SECIL, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 34. 978 EuGH, Urt. v. 13.11.2012, C-35/11, FII Group Litigation, ECLI:EU:C:2012:707, Rn. 99, 104; EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 39, 41; EuGH, Urt. v. 24.11.2016, C-464/14, SECIL, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 35. 979 EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 42. 980 Vgl. EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 14 ff.; EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-190/12, Emerging Markets, ECLI:EU:C:2014:249, Rn. 23 ff. 981 EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 14 ff. 982 EuGH, Urt. v. 13.11.2012, C-35/11, FII Group Litigation, ECLI:EU:C:2012:707, Rn. 100; EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-190/12, Emerging Markets, ECLI:EU:C:2014:249, Rn. 31; EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 53; EuGH, Urt. v. 24.11.2016, C-464/14, SECIL, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 42. 983 EuGH, Urt. v. 13.11.2012, C-35/11, FII Group Litigation, ECLI:EU:C:2012:707, Rn. 100; EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 11.9.2014, C-47/12, Kronos, ECLI:EU:C:2014:2200, Rn. 54. Vgl. EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-190/12, Emerging Markets, ECLI:EU:C:2014:249, Rn. 33; EuGH, Urt. v. 24.11.2016, C-464/14, SECIL, ECLI:EU:C:2016:896, Rn. 43.
Kap. 6: Europarecht
239
Kapitalverkehrs. Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sind „alle Maßnahmen . . ., die die Ausübung dieser Freiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen“ 984. Zu den Beschränkungen des Kapitalverkehrs zählen namentlich Maßnahmen, „die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten“ 985. Teilweise prüfte der EuGH das Vorliegen speziell einer Diskriminierung mit Blick auf die Niederlassungsfreiheit auf Eingriffsebene und sah diese darin, „daß unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder daß dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird“ 986. In anderen Entscheidungen wird nur festgestellt, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliege und diese nur bei fehlender objektiver Vergleichbarkeit der Situationen oder bei Rechtfertigung „durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses“ zulässig sei.987 Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV nennt das Recht der Mitgliedstaaten auf Anwendung steuerlicher Vorschriften, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln; nach Art. 65 Abs. 3 AEUV dürfen entsprechende Maßnahmen und Verfahren aber weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung darstellen. Aus der Zusammenschau dieser Vorschriften folgert der EuGH für die Rechtfertigungsebene, dass eine Steuervorschrift „nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden (kann), wenn die von ihr vorgesehene Ungleichbehandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist“ 988. Im Fall Itelcar prüfte der EuGH dagegen die Rechtfertigung unmittelbar nach Feststellung einer Beschrän984 EuGH, Urt. v. 6.12.2007, C-298/05, Columbus Container Services, ECLI:EU:C: 2007:754, Rn. 34; EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C:2008:588, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-282/07, Truck Center, ECLI:EU:C:2008:762, Rn. 33. 985 EuGH, Urt. v. 28.2.2013, C-168/11, Beker, ECLI:EU:C:2013:117, Rn. 35; EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 27; EuGH, Urt. v. 7.11.2013, C-322/11, K, ECLI:EU:C:2013:716, Rn. 22. 986 EuGH, Urt. v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker, ECLI:EU:C:1995:31, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-311/97, Royal Bank of Scotland, ECLI:EU:C:1999:216, Rn. 26. Vgl. z. B. auch EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-282/07, Truck Center, ECLI: EU:C:2008:762, Rn. 37. Deutlich erkennbar ist die Parallele zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 GG i. S. d. „alten Formel“ (Kapitel 5, unter I.1.a), S. 216). 987 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 16 f.; EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087, Rn. 22 f.; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 25 f., 62 f. Das im Text genannte Zitat ist jeweils dort zu finden. Kritisch Englisch, IStR 2014, S. 561 (561 a. E.): „Fehlentwicklung“. 988 EuGH, Urt. v. 7.11.2013, C-322/11, K, ECLI:EU:C:2013:716, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-190/12, Emerging Markets, ECLI:EU:C:2014:249, Rn. 57. Vgl. Ress/Ukrow, in: G./H./N., 52. EGL 1/2014, Art. 65 AEUV Rn. 16.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
kung des Kapitalverkehrs.989 Auf Aspekte der Vergleichbarkeit wird unter I.3. (S. 241) näher eingegangen. Abschließend soll Licht darauf geworfen werden, dass in der Verweigerung eines Liquiditätsvorteils mehrfach eine Beschränkung der Grundfreiheiten erkannt wurde: Müsse eine Tochtergesellschaft eine Körperschaftsteuervorauszahlung (sog. advance corporation tax) leisten, wenn sie Dividenden an ihre im Ausland ansässige Muttergesellschaft ausschütte, wohingegen sich dies mittels einer späteren Zahlung bei Ausschüttung an eine im Inland ansässige Muttergesellschaft durch ein Wahlrecht (sog. group income election) vermeiden lasse, dann beschränke diese Verweigerung des Liquiditätsvorteils (hier: ungerechtfertigterweise) die Niederlassungsfreiheit.990 Auch stelle es eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, wenn die Gruppenbesteuerung (sog. group relief) nur auf inländische Gesellschaften bzw. im Inland erlittene Verluste Anwendung finde und die Verrechnung der Verluste ausländischer Gesellschaften bzw. im Ausland erlittener Verluste nicht gestatte, im Ergebnis der Liquiditätsvorteil auf Ersteres beschränkt werde.991 Können negative Einkünfte aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts einer Beteiligung an einer ausländischen Tochtergesellschaft nur mit positiven Einkünften (ggf. späterer Jahre) der jeweils selben Art und aus demselben Staat bzw. bei Erfüllung weiterer Aktivitätsanforderungen uneingeschränkt und negative Einkünfte aus der Abschreibung einer Beteiligung an einer inländischen Tochtergesellschaft ohne Weiteres ausgeglichen werden, so wird ein Liquiditätsvorteil im grenzüberschreitenden Sachverhalt restriktiver gehandhabt.992 Entsprechendes gilt mit Blick auf die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn nur der Ausgleich negativer Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von im Ausland belegenen Immobilien eingeschränkt wird.993 Folglich kann der Ausschluss grenzüberschreitender Sachverhalte von der Gewährung von Liquiditätsvorteilen im in- und im outbound Fall sowie mit Blick auf Dividendenausschüttungen, negative Einkünfte und die inner- und die intersubjektive Verlustverrechnung
989
EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C-282/12, Itelcar, ECLI:EU:C:2013:629, Rn. 31 f. Im Ergebnis EuGH, Urt. v. 8.3.2001, C-397/98, C-410/98, Metallgesellschaft, ECLI:EU:C:2001:134, Rn. 44. Vgl. auch Schnitger, FS Endres, S. 361 (363). 991 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 32 bis 34. Seit 2000 konnten infolge des EuGH-Urt. v. 16.7.1998, C-264/96, Imperial Chemical Industries, ECLI:EU:C:1998:370 grds. auch die von ausländischen Konzerngesellschaften in inländischen Betriebsstätten erlittenen Verluste auf inländische Konzerngesellschaften und die von inländischen Konzerngesellschaften erlittenen Verluste auf inländische Betriebsstätten ausländischer Konzerngesellschaften übertragen werden (EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 16 f.; Einleitung, unter I., S. 22). 992 Im Ergebnis EuGH, Urt. v. 29.3.2007, C-347/04, Rewe Zentralfinanz, ECLI:EU: C:2007:194, Rn. 29. 993 Im Ergebnis EuGH, Urt. v. 15.10.2009, C-35/08, Busley und Cibrian, ECLI:EU: C:2009:625, Rn. 25. 990
Kap. 6: Europarecht
241
eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Niederlassungs- bzw. der Kapitalverkehrsfreiheit sein. 3. Steuerrechtliche Vergleichsbarkeitsmaßgaben Die Handhabung des Vergleichbarkeitserfordernisses ist kritisch gesehen worden.994 Allerdings ist die Vergleichbarkeit, wie gezeigt (Kapitel 6, unter I.2., S. 238), sowohl für die Niederlassungs- als auch für die Kapitalverkehrsfreiheit von Bedeutung. Dies wird durch jüngere Entwicklungen bestätigt, die nachfolgend für den outbound Fall (unter I.3.b), S. 242) und den inbound Fall (unter I.3.c), S. 245) – nicht erschöpfend, sondern zum Zweck der Prüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. – skizziert werden. Dem vorangestellt sind Grundlagen der Vergleichspaarbildung (unter I.3.a), S. 241). a) Vertikale und horizontale Vergleichspaarbildung In der Literatur wird im Hinblick auf die Grundfreiheiten häufig zwischen „vertikalen“ und „horizontalen“ Vergleichspaaren unterschieden.995 Während es beim ersten Vergleichspaar um eine Gegenüberstellung innerstaatlicher und grenzüberschreitender Sachverhalte geht, hat das zweite Vergleichspaar die Gegenüberstellung verschiedener grenzüberschreitender Sachverhalte zum Gegenstand.996 Damit steht im erstgenannten Fall der Vergleich nicht Ansässiger mit Inlandsaktivität mit Ansässigen mit vergleichbarer Inlandsaktivität bzw. Ansässiger mit Auslandsaktivität mit Ansässigen mit vergleichbarer Inlandsaktivität im Vordergrund, im zweiten Fall der Vergleich nicht Ansässiger mit verschiedenen Inlandsaktivitäten (z. B. der Niederlassung im Wege der Betriebsstätte oder der Tochtergesellschaft) bzw. Ansässiger mit verschiedenen Auslandsaktivitäten (z. B. der Niederlassung im Wege der Betriebsstätte oder der Tochtergesellschaft).997 Mit Blick auf das Verbot von Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften (Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV) mag man bei „horizontaler“ Vergleichspaarbildung von einem Gebot der Gleichbehandlung dieser verschiedenen Betätigungsformen sprechen („Rechtsformneutralität“). 998 Ob und in welchen Konstellationen ein solches Gebot auch in 994 Kritisch, aber für die Beibehaltung der Vergleichbarkeitsprüfung Englisch, IStR 2014, S. 561 (561); gegen deren Beibehaltung Kokott, SchlA v. 13.3.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:153, Rn. 21 ff. 995 Vgl. für den outbound Fall Cordewener, DStJG 28, S. 255 (300 ff.); allgemeiner Lang, SWI 2016, S. 118 (118). 996 Vgl. für den outbound Fall Cordewener, DStJG 28, S. 255 (300 ff.); allgemeiner Lang, SWI 2016, S. 118 (118). 997 Vgl. die für den outbound Fall von Cordewener, DStJG 28, S. 255 (300 ff.) gebildeten Vergleichspaare. 998 Vgl. für den outbound Fall Cordewener, DStJG 28, S. 255 (308 ff.), wo auch das Zitat zu finden ist. Zu diesem Prinzip freier Rechtsformwahl umfassend für den inbound Fall bereits Schön, EWS 2000, S. 281 ff.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
der Rechtsprechung anerkannt ist, wird auch nachstehend unter I.3.b) (S. 242) und unter I.3.c) (S. 245) ausgeführt. b) Vorgaben für den Ansässigkeitsstaat Im outbound Fall kommt es in Betracht, eine im Inland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft mit einer im Ausland ansässigen Tochtergesellschaft bzw. ein inländisches Stammhaus mit einer inländischen Betriebsstätte mit einem inländischen Stammhaus mit einer ausländischen Betriebsstätte zu vergleichen („klassischer“, vertikaler Vergleich). Andererseits kann man erwägen, eine im Inland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Ausland ansässigen Tochtergesellschaft mit einem inländischen Stammhaus mit einer ausländischen Betriebsstätte bzw. (umgekehrt) ein inländisches Stammhaus mit einer ausländischen Betriebsstätte mit einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft mit einer im Ausland ansässigen Tochtergesellschaft zu vergleichen (horizontaler Vergleich).999 Dabei wird zwischen ausländischen, intransparent besteuerten Tochtergesellschaften (unter I.3.b)aa), S. 242) und ausländischen Betriebsstätten bzw. transparent besteuerten Tochtergesellschaften (unter I.3.b)bb), S. 243) des Organträgers bzw. der Organgesellschaft zu unterscheiden sein. Eine Sonderstellung nimmt die ausnahmsweise bestehende Verpflichtung des Ansässigkeitsstaats zur Berücksichtigung sog. finaler Verluste ein (dazu Kapitel 1, unter I.5., S. 42). aa) Ausländische, intransparent besteuerte Tochtergesellschaft Mit Blick auf im Ausland ansässige, aus Sicht des Ansässigkeitsstaats der Muttergesellschaft intransparent besteuerte Tochtergesellschaften (Kapitel 2, unter II.1.b), S. 103) richtet der EuGH schon durch Fassung der jeweiligen Frage des vorlegenden Gerichts in eigene Worte die Prüfung auf einen Vergleich mit einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft aus.1000 Die Ermöglichung des Ergebnisausgleichs durch Gruppenbesteuerung oder durch Fusion stelle einen Vorteil dar, dessen Verwehrung im grenzüberschreitenden Fall im Hinblick auf im Ausland ansässige Tochtergesellschaften die Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch die Mutterge999 Zumindest diskutieren ließen sich auch horizontale Vergleichspaare, die nicht nach der Niederlassungsform (Betriebsstätte, Tochtergesellschaft) im Ausland (outbound Fall) bzw. im Inland (inbound Fall), sondern nach dem Zielstaat der Investition (z. B. Betriebsstätte im Staat A, Betriebsstätte im Staat B) bzw. der Herkunft des Investors (Staat A, Staat B) unterscheiden („Meistbegünstigung“). Diese sollen nicht weiter erörtert werden. 1000 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 27; EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 15; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, C-123/11, A, ECLI:EU:C:2013:84, Rn. 21; EuGH, Urt. v. 21.12.2016, C-593/14, Masco Denmark, ECLI:EU:C:2016:984, Rn. 22.
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sellschaft beeinträchtige.1001 Eine im Inland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft und eine im Inland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Ausland ansässigen Tochtergesellschaft seien unter Berücksichtigung der Zwecksetzung der betroffenen innerstaatlichen Vorschrift vergleichbar.1002 Andererseits befänden sich mit Blick auf die durch ein DBA vorgenommene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten im Ausland ansässige Tochtergesellschaften einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft und ausländische Betriebsstätten eines inländischen Stammhauses in keiner vergleichbaren Situation, sodass der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft nicht verpflichtet sei, im Ausland ansässige Tochtergesellschaften und ausländische Betriebsstätten steuerlich gleich zu behandeln.1003 Daraus folgt, dass insoweit eine steuerliche Gleichbehandlung der Rechtsformen und ein horizontaler Vergleich ausgeschlossen sind.1004 bb) Ausländische Betriebsstätte bzw. transparent besteuerte Tochtergesellschaft Sprach der EuGH in seinen frühen Urteilen Lidl Belgium und Krankenheim Ruhesitz zu im Ausland belegenen Freistellungsbetriebsstätten die Vergleichbarkeit zumindest ausdrücklich nicht an,1005 erlangt dieser Aspekt aktuell große Bedeutung: Die Benachteiligung inländischer Stammhäuser mit ausländischen Betriebsstätten gegenüber inländischen Stammhäusern mit inländischen Betriebsstätten bzw. die Benachteiligung im Inland ansässiger Muttergesellschaften mit im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften gegenüber im Inland ansässigen Muttergesellschaften mit im Inland ansässigen Tochtergesellschaften (vertikaler Vergleich) stelle eine Behinderung der Niederlassungsfreiheit dar,1006 wozu auch eine Nachversteuerung zuvor berücksichtigter Verluste anlässlich der Veräußerung einer im Ausland (nicht: im Inland) belegenen Betriebsstätte zähle.1007 Mit 1001 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 32 f.; EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 18 f.; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, C-123/11, A, ECLI:EU:C:2013:84, Rn. 31 f. 1002 EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 21.2.2013, C-123/11, A, ECLI:EU:C:2013:84, Rn. 35. 1003 EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 38, 40, wo dies in der Verhältnismäßigkeitsprüfung erörtert wird. Der Verweis in Rn. 40 der deutschen Urteilsfassung auf Rn. 33 ist falsch. Andere Sprachfassungen (englisch, französisch) bestätigen, dass vielmehr Rn. 38 gemeint ist. 1004 Schnitger, FS Endres, S. 361 (371 f.). 1005 EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, Lidl Belgium, ECLI:EU:C:2008:278; EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C:2008:588. Vgl. Ackermann/Höft, EuZW 2016, S. 258 (261). 1006 EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 22. 1007 EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C:2008: 588, Rn. 36 f.; EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:
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Blick auf Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung befänden sich inländische und ausländische Betriebsstätten allerdings grundsätzlich nicht in einer vergleichbaren Situation;1008 die Vergleichbarkeit fehle, wenn der Steueranspruch des Ansässigkeitsstaats die Ergebnisse der ausländischen Betriebsstätte nicht erfasse (zur sog. Symmetriethese Kapitel 1, unter I.5., S. 42),1009 sie bestehe hingegen bei Erfassung der Ergebnisse der ausländischen Betriebsstätte im Inland.1010 Mangels Vergleichbarkeit sei im erstgenannten Szenario kein Raum für eine Rechtfertigungsprüfung, sodass konsequenterweise auch eine Pflicht zur Anerkennung sog. finaler Verluste ausscheiden müsse.1011 Andererseits entschied der EuGH in dem eine ausländische, dort intransparent und in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat der Gesellschafter transparent behandelte KG betreffenden Fall Columbus Container Services1012 (Kapitel 2, unter II.1.a)cc), S. 103), dass der in § 20 Abs. 2 und Abs. 3 AStG a. F. angeordnete Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode die Niederlassungsfreiheit nicht beschränke: Es fehle schon an einer Diskriminierung, weil es durch die Anwendung der Anrechnungsmethode nur zu einer Gleichbehandlung in- und ausländischer Personengesellschaften komme und sich der Gesellschafter einer ausländischen, niedrig besteuerten Personengesellschaft in keiner unterschiedlichen Position befinde.1013 Weder müsse ein Mitgliedstaat dafür Sorge tragen, dass eine ansässige Gesellschaft, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt, steuerlich wie eine ansässige Gesellschaft behandelt wird, die sich in einem dritten Mitgliedstaat niederlässt, noch müsse ein Mitgliedstaat verschiedene Formen der Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) steuerlich gleich behandeln (horizontaler Vergleich).1014 Folglich scheiden im Stammhausstaat bzw. im Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners (zumindest in dieser konkreten Konstellation1015) der horizontale
2087, Rn. 21; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015: 829, Rn. 24. 1008 EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 27, 64. 1009 EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 65. 1010 EuGH, Urt. v. 17.7.2014, C-48/13, Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829, Rn. 28. 1011 Eisendle, ISR 2016, S. 37 (39, 42); Schnitger, IStR 2016, S. 72 (73). 1012 Vgl. zu dieser unterschiedlichen steuerlichen Behandlung EuGH, Urt. v. 6.12. 2007, C-298/05, ECLI:EU:C:2007:754, Rn. 5, 7, 18. 1013 EuGH, Urt. v. 6.12.2007, C-298/05, Columbus Container Services, ECLI:EU:C: 2007:754, Rn. 39 f., 41 f. 1014 EuGH, Urt. v. 6.12.2007, C-298/05, Columbus Container Services, ECLI:EU: C:2007:754, Rn. 50 f., 52 f. Vgl. zum letzten Aspekt auch Forsthoff, in: G./H./N., 43. EGL 3/2011, Art. 49 AEUV Rn. 87 a. E. 1015 Nach Lang, SWI 2016, S. 118 (122 f.) ist die Entscheidung Columbus Container Services im Licht der Rn. 38 und 40 der Entscheidung X Holding BV (vgl. Fn. 1003)
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Vergleich und ein Anspruch auf Gleichbehandlung der verschiedenen Formen der Niederlassung im EU-Ausland aus. c) Vorgaben für den Quellenstaat Im inbound Fall mag „vertikal“ eine im Inland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft mit einer im Ausland ansässigen Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft bzw. ein inländisches Stammhaus mit einer inländischen Betriebsstätte mit einem ausländischen Stammhaus mit einer inländischen Betriebsstätte verglichen werden. In „horizontaler“ Hinsicht können eine im Ausland ansässige Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft mit einem ausländischen Stammhaus mit einer inländischen Betriebsstätte bzw. (umgekehrt) ein ausländisches Stammhaus mit einer inländischen Betriebsstätte mit einer im Ausland ansässigen Muttergesellschaft mit einer im Inland ansässigen Tochtergesellschaft verglichen werden. Es wird nachstehend behandelt, wann im inbound Fall die Vergleichbarkeit abgelehnt (unter I.3.c)aa), S. 245) und wann sie bejaht (unter I.3.c)bb), S. 246) wurde. aa) Teilweise: Keine Vergleichbarkeit Ausgehend von einem in Belgien ansässigen Steuerpflichtigen, der Einkünfte durch Ausübung einer nichtselbständigen Tätigkeit in Deutschland bezog, in Belgien keine weiteren Einkünfte erzielte und bei der Besteuerung in Deutschland seine persönlichen und familiären Verhältnisse berücksichtigt haben wollte, formulierte der EuGH den Grundsatz, dass sich „(i)m Hinblick auf die direkten Steuern . . . Gebietsansässige und Gebietsfremde in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation“ 1016 befinden. Denn grundsätzlich erzielt ein Steuerpflichtiger in seinem Ansässigkeitsstaat den Großteil seiner Einkünfte, sodass dieser Staat besser zur Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse geeignet und dementsprechend eine Berücksichtigung im Quellenstaat nicht erforderlich ist.1017 Andererseits besteht Vergleichbarkeit im Quellenstaat mit Blick auf die steuerliche Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse (so im Ausgangsfall), wenn der Steuerpflichtige den Großteil seiner Ein-
eher so zu verstehen, dass der horizontale Vergleich nicht generell, sondern nur in der dort gegenständlichen Situation unzulässig sei. 1016 EuGH, Urt. v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker, ECLI:EU:C:1995:31, Rn. 31. Kritisch und für die Verlagerung der Erwägungen dieser Rechtsprechung auf die Ebene der Rechtfertigung Reimer, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, insbesondere Rn. 7.133 f., 7.141 ff., 7.146, 7.150, 7.155. 1017 EuGH, Urt. v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker, ECLI:EU:C:1995:31, Rn. 32 bis 35.
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künfte dort erzielt.1018 Vergleichbarkeit besteht auch im Hinblick auf die Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen im Quellenstaat, die mit den dort erzielten Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, als Betriebsausgaben.1019 Der Ansatz fehlender Vergleichbarkeit unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtiger fand auch in Entscheidungen, denen unternehmenssteuerrechtliche Sachverhalte zugrunde lagen, Resonanz: Werden Steuern auf Zinsen, die eine ansässige Gesellschaft an eine nicht ansässige Gesellschaft zahlt, durch Steuerabzug erhoben und ist kein solcher Steuerabzug vorzunehmen, wenn die Zinsen an eine ansässige Gesellschaft gezahlt werden, so betrifft dies nicht vergleichbare Situationen.1020 Besteuert ein Mitgliedstaat Gesellschaften, die in bestimmten Mitgliedstaaten ansässig sind und Dividenden von einer im erstgenannten Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft beziehen, und gewährt er diesen eine abkommensrechtlich vereinbarte Steuergutschrift, wohingegen er Gesellschaften, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind und Dividenden von einer im erstgenannten Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft beziehen, nicht besteuert und diesen mangels Vereinbarung in einem DBA auch keine Steuergutschrift gewährt, dann befinden sich diese in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen, jeweils Dividenden beziehenden Gesellschaften in keiner vergleichbaren Situation.1021 Damit betrifft der erste Fall ein vertikales, der zweite Fall ein horizontales Vergleichspaar. bb) Vergleichbarkeit im Unternehmenssteuerrecht Obwohl auch in Fällen zum Unternehmenssteuerrecht entschieden wurde, dass es bereits an der Vergleichbarkeit (und damit an der Diskriminierung) fehlt (Kapitel 6, unter I.3.c)aa), S. 245), ist in inbound Situationen die Bejahung der Vergleichbarkeit der Regelfall: Häufig wird in inbound Konstellationen unter Hinweis auf die primärrechtliche Verankerung der sog. sekundären Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV) eine Berechtigung des Aufnahmestaats zur 1018 EuGH, Urt. v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker, ECLI:EU:C:1995:31, Rn. 36 ff. Auf das EuGH-Urt. v. 9.2.2017, C-283/15, X, ECLI:EU:C:2017:102 wird aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht weiter eingegangen. Es betrifft die Anwendung der Schumacker-Rechtsprechung in einem Fall, in dem der in Spanien ansässige Kläger, ein niederländischer Staatsangehöriger, dort keine Einkünfte erzielte, andererseits aber 60 % seiner Einkünfte aus einer Gesellschaft in den Niederlanden und 40 % seiner Einkünfte aus einer Gesellschaft in der Schweiz (also nicht alle bzw. nicht nahezu alle seine Einkünfte aus nur einem Tätigkeitsstaat) bezog und in den Niederlanden einen Abzug begehrte. 1019 EuGH, Urt. v. 12.6.2003, C-234/01, Gerritse, ECLI:EU:C:2003:340, Rn. 27. Hierzu Hey, in: Tipke/Lang, § 8 Rn. 28; Reimer, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.132. 1020 EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-282/07, Truck Center, ECLI:EU:C:2008:762, Rn. 49. Vgl. auch die weiteren Rechtsprechungsnachweise bei Reimer, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.141 (Fn. 4). 1021 EuGH, Urt. v. 12.12.2006, C-374/04, ACT Group Litigation, ECLI:EU:C:2006: 773, Rn. 91.
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steuerlichen Diskriminierung bestimmter Niederlassungsformen abgelehnt.1022 Bejaht der EuGH in inbound Fällen regelmäßig die Vergleichbarkeit, wenn die Niederlassung des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen die Form der Betriebsstätte annimmt,1023 wird dies teilweise kaum1024 und teilweise umfassend1025 begründet: Zu den im Fall beschränkter Steuerpflicht mit einer Betriebsstätte die Vergleichbarkeit begründenden Aspekten gehört namentlich die Übereinstimmung des auf unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige Anwendung findenden Steuerregimes in einem maßgeblichen Aspekt (z. B. Erfassung der im Inland erzielten bzw. abkommensrechtlich zur Besteuerung zugewiesenen Einkünfte in beiden Fällen; Gewinnermittlung nach dem objektiven Nettoprinzip in beiden Fällen; Besteuerung von Dividenden von und von Beteiligungen an im Ausland ansässigen Tochter- und Enkelgesellschaften in beiden Fällen).1026 Ergänzt wird diese Annahme objektiver Vergleichbarkeit ggf. durch Vorschriften eines DBA, die ansässige Gesellschaften und mit einer Betriebsstätte beschränkt Steuerpflichtige gleichstellen.1027 Im Hinblick auf die frühere Unterscheidung in Deutschland zwischen einem höheren sog. Betriebsstättensteuersatz und einem niedrigeren sog. Ausschüttungssteuersatz führten sowohl der Gesichtspunkt, dass bei Gewinnausschüttung die Vermögenszuordnung wechselt, als auch der Aspekt der Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung bei unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland zu keinen unterschiedlichen Situationen, insbesondere weil die Muttergesellschaft bzw. das Stammhaus in beiden Fällen Zugriff auf die 1022 EuGH, Urt. v. 28.1.1986, C-270/83, Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:1986: 37, Rn. 22; EuGH, Urt. v. 23.2.2006, C-253/03, CLT-UFA, ECLI:EU:C:2006:129, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 13. Vgl. auch EuGH, Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, Saint-Gobain, ECLI:EU:C:1999: 438, Rn. 42. 1023 EuGH, Urt. v. 28.1.1986, C-270/83, Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:1986: 37, Rn. 17 ff.; EuGH, Urt. v. 13.7.1993, C-330/91, Commerzbank, ECLI:EU:C:1993: 303, Rn. 16 ff.; EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-311/97, Royal Bank of Scotland, ECLI: EU:C:1999:216, Rn. 26 ff.; EuGH, Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, Saint-Gobain, ECLI: EU:C:1999:438, Rn. 45 ff.; EuGH, Urt. v. 23.2.2006, C-253/03, CLT-UFA, ECLI:EU: C:2006:129, Rn. 19 ff.; EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI: EU:C:2012:532, Rn. 18 f.; Reimer, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.144. 1024 EuGH, Urt. v. 13.7.1993, C-330/91, Commerzbank, ECLI:EU:C:1993:303, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 19. 1025 EuGH, Urt. v. 28.1.1986, C-270/83, Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:1986: 37, Rn. 19 f.; EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-311/97, Royal Bank of Scotland, ECLI:EU: C:1999:216, Rn. 28 ff.; EuGH, Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, Saint-Gobain, ECLI:EU:C: 1999:438, Rn. 47 f.; EuGH, Urt. v. 23.2.2006, C-253/03, ECLI:EU:C:2006:129, CLTUFA, Rn. 22 ff. 1026 EuGH, Urt. v. 28.1.1986, C-270/83, Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:1986: 37, Rn. 19 f.; EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-311/97, Royal Bank of Scotland, ECLI:EU: C:1999:216, Rn. 28; EuGH, Urt. v. 21.9.1999, C-307/97, Saint-Gobain, ECLI:EU:C: 1999:438, Rn. 47. 1027 EuGH, Urt. v. 29.4.1999, C-311/97, Royal Bank of Scotland, ECLI:EU:C:1999: 216, Rn. 31.
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Gewinne der Tochtergesellschaft bzw. der Betriebsstätte hat und der niedrigere Steuersatz auch im Fall der Gewinnausschüttung an eine im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtige Muttergesellschaft zur Anwendung kommt.1028 Im Übrigen scheidet eine Diskriminierung aus, wenn der Quellenstaat entsprechend dem sog. Territorialitätsprinzip den dem beschränkt Steuerpflichtigen gewährten Verlustvortrag auf Verluste beschränkt, die mit der inländischen Tätigkeit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.1029 4. Steuerliche Rechtfertigung Nach Art. 52 Abs. 1 AEUV steht die Niederlassungsfreiheit nicht den durch die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigten Vorschriften entgegen; nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. b AEUV sind u. a. Maßnahmen zulässig, die durch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. Diese geschriebenen Rechtfertigungsgründe spielen in der Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern im Ergebnis kaum eine Rolle.1030 Allerdings können Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit „durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt“ 1031 sein, wobei ihre Geeignetheit und Erforderlichkeit hinzutreten müssen.1032 Im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit kommt genauso eine Rechtfertigung „durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses“ in Betracht (vgl. bereits Kapitel 6, unter I.2., S. 238); die Vorschriften müssen sich aber auch in diesem Fall im Rahmen des Erforderlichen halten.1033 Zu diesen rechtfertigenden, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehört namentlich die Verhinderung von „Steuermindereinnahmen“ nicht.1034 Der EuGH hat in seiner Entscheidung Marks & Spencer anerkannt, dass die Aufrechterhaltung der „ausgewogene(n) Aufteilung der Besteuerungsbefugnis 1028
EuGH, Urt. v. 23.2.2006, C-253/03, CLT-UFA, ECLI:EU:C:2006:129, Rn. 20 ff. EuGH, Urt. v. 15.5.1997, C-250/95, Futura Participations, ECLI:EU:C:1997:239, Rn. 21 f. Umgekehrt sind mit der inländischen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Erwerbsaufwendungen grds. zu berücksichtigen (Kapitel 6, unter I.3.c)aa), S. 245). 1030 Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.200 f. 1031 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 35; EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, Lidl Belgium, ECLI:EU:C:2008:278, Rn. 27; EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C: 2008:588, Rn. 40. 1032 Übergreifend zur grundfreiheitlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.205 f. 1033 EuGH, Urt. v. 7.11.2013, C-322/11, K, ECLI:EU:C:2013:716, Rn. 72. 1034 EuGH, Urt. v. 16.7.1998, C-264/96, Imperial Chemical Industries, ECLI:EU: C:1998:370, Rn. 28; EuGH, Urt. v. 8.3.2001, C-397/98, C-410/98, Metallgesellschaft, ECLI:EU:C:2001:134, Rn. 59; EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, Lankhorst-Hohorst, ECLI:EU:C:2002:749, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 10.4.2014, C-190/12, Emerging Markets, ECLI:EU:C:2014:249, Rn. 102. Das im Text genannte Zitat ist jeweils dort zu finden. Zu den als Rechtfertigung ausscheidenden Erwägungen umfangreich Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.208 ff. 1029
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zwischen den Mitgliedstaaten“, die Verhinderung der „Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung“ und die Bekämpfung der „Steuerfluchtgefahr“ eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können.1035 Die Wahl des Mitgliedstaats, in dem Verluste berücksichtigt werden, und die damit einhergehende Beeinflussung der Steuerbemessungsgrundlagen durch den Steuerpflichtigen droht die Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten aus dem Gleichgewicht zu bringen, sodass es notwendig sein kann, dass sowohl auf die Gewinne als auch auf die Verluste des Steuerpflichtigen das Steuerrecht nur eines Mitgliedstaats angewandt wird.1036 Akzeptierte der EuGH in der Folgezeit auch eine Rechtfertigung auf Basis einer Kombination der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis mit nur einem weiteren Grund dieses Marks & Spencer-Trias,1037 akzeptierte er im Urteil X Holding die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten auch als alleinigen Rechtfertigungsgrund.1038 Muss folglich der ausländische Gewinne nicht besteuernde Ansässigkeitsstaat ausländische Verluste nur berücksichtigen, wenn (technisch konsequent) Vergleichbarkeit besteht (Kapitel 6, unter I.3.b)bb), S. 243) und die Verluste final sind (Kapitel 1, unter I.5., S. 42), ist dem Quellenstaat eine Berufung auf die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse verschlossen: Wird einer gebietsansässigen Gesellschaft die Einbeziehung in eine inländische Gruppenbesteuerung bzw. einer inländischen Betriebsstätte die Übertragung von Verlusten im Rahmen einer Gruppenbesteuerung auf eine andere gebietsansässige Gesellschaft verwehrt, steht keine (grundsätzlich verhinderungswürdige) Beeinträchtigung der Besteuerungsbefugnis des Quellenstaats im Raum.1039 Da es nur um die inländische Übertragung von im Inland entstandenen Verlusten geht, scheiden auch die Steuerfluchtgefahr und die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung als Rechtfertigung aus.1040 1035 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 42 ff., 51. Die Zitate sind Rn. 43 entnommen. Frühzeitig und konsequent gegen eine grundfreiheitlich begründete Pflicht zur Berücksichtigung von ausländischen Verlusten, die in anderen Mitgliedstaaten ansässige Tochtergesellschaften erlitten haben Thömmes, in: Herzig, Organschaft, S. 525 (528 ff.). 1036 EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, ECLI:EU:C:2005:763, Rn. 45 f.; EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, Lidl Belgium, ECLI:EU:C:2008:278, Rn. 31 f.; EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 28 f. 1037 EuGH, Urt. v. 18.7.2007, C-231/05, Oy AA, ECLI:EU:C:2007:439, Rn. 60; EuGH, Urt. v. 15.5.2008, C-414/06, Lidl Belgium, ECLI:EU:C:2008:278, Rn. 42. 1038 EuGH, Urt. v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, ECLI:EU:C:2010:89, Rn. 33. 1039 Im Ergebnis EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008: 659, Rn. 36 ff.; EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C: 2012:532, Rn. 25 ff.; EuGH, Urt. v. 1.4.2014, C-80/12, Felixstowe, ECLI:EU:C:2014: 200, Rn. 30. 1040 Zu Ersterem im Ergebnis EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008:659, Rn. 39; zu Letzterem im Ergebnis EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/ 11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 28 ff. Der EuGH äußerte sich damit
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Die Verwehrung eines steuerlichen Vorteils (z. B. die Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen oder die rechtsträgerübergreifende Verlustverrechnung im Rahmen einer Gruppenbesteuerung) kann durch die Wahrung der Kohärenz der betroffenen Regelung gerechtfertigt sein.1041 Erforderlich ist hierfür ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer korrespondierenden, steuerlichen Belastung (z. B. die Besteuerung von Versicherungsleistungen oder die Neutralisierung von Rückstellungen für die [ggf. mittelbare] Beteiligung an der verlustträchtigen Gesellschaft).1042 Aus diesem Grund wurde auch die spätere Nachversteuerung (Nachteil) aufgrund einer früheren Verlustberücksichtigung trotz Freistellung (Vorteil) gem. § 2a Abs. 3 und Abs. 4 EStG a. F. als gerechtfertigt angesehen.1043 Außerdem wurde schon früh die „Gefahr einer Steuerumgehung“ als separater Rechtfertigungsgrund anerkannt.1044 Allerdings wurde lange Zeit hervorgehoben, dass dies eine Regelung nur zu rechtfertigen vermöge, wenn spezifische Zielsetzung die Bekämpfung „rein künstliche(r) Konstruktionen“ sei.1045 Der EuGH stellte in seiner Grundsatzentscheidung in dieser Hinsicht klar, dass sich „eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nur mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen (lässt), wenn das spezifische Ziel der Beschränkung darin liegt, Verhaltensweisen zu verhindern, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen zu dem Zweck zu errichten, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird.“ 1046 Auf die Rechtfertigungsgründe der „Wirksamkeit zumindest sehr zurückhaltend im Hinblick auf die grds. Eignung der Verhinderung einer doppelten Verlustberücksichtigung als eigenständiger Rechtfertigungsgrund (vgl. Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 28, 33; Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.226 [Fn. 2], 7.244, 7.265), wie er bereits im Fall Überseering (EuGH, Urt. v. 5.11.2002, C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632) von der deutschen Bundesregierung zur Rechtfertigung der sog. Sitztheorie vorgebracht wurde (Rn. 90). Kritisch Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.269 ff. 1041 EuGH, Urt. v. 28.1.1992, C-204/90, Bachmann, ECLI:EU:C:1992:35, Rn. 28; EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008:659, Rn. 51. Umfassend zu dieser Rechtfertigung Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.279 ff. 1042 EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008:659, Rn. 44. 1043 EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C: 2008:588, Rn. 43; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015: 829, Rn. 41. Im Fall Timac Agro sah der EuGH die Nachversteuerung zusätzlich als durch die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse und die Verhinderung der Steuerumgehung gerechtfertigt an (Rn. 45). 1044 EuGH, Urt. v. 16.7.1998, C-264/96, Imperial Chemical Industries, ECLI:EU:C: 1998:370, Rn. 26; EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, Lankhorst-Hohorst, ECLI:EU: C:2002:749, Rn. 37. Dort ist jeweils auch das Zitat zu finden. 1045 EuGH, Urt. v. 16.7.1998, C-264/96, Imperial Chemical Industries, ECLI:EU: C:1998:370, Rn. 26; EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, Lankhorst-Hohorst, ECLI: EU:C:2002:749, Rn. 37. Dort ist jeweils auch das Zitat zu finden. Vgl. auch EuGH, Urt. v. 12.9.2006, C-196/04, Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, Rn. 51. 1046 EuGH, Urt. v. 12.9.2006, C-196/04, Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, Rn. 55. Zur zunehmenden Relativierung dieser strengen Rechtfertigungsanforderungen
Kap. 6: Europarecht
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der Steueraufsicht“ und der „Effizienz der Beitreibung der Einkommensteuer“ wird mangels Bedeutung für die folgende Prüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. an dieser Stelle nicht eingegangen.1047
II. Europarechtliche Konsequenzen für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Die auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n.F. anwendbare Grundfreiheit (unter II.1., S. 251), die Vergleichbarkeit und die Beschränkung (unter II.2., S. 252) sowie die Rechtfertigung (unter II.3., S. 256) werden in dieser Reihenfolge erörtert. Von Bedeutung ist, dass eine Berufung auf die Niederlassungsfreiheit gegenüber § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. möglich ist, wenn der Betroffene diese nicht selbst ausgeübt hat (unter II.4., S. 261). Es folgt ein Ergebnis (unter II.5., S. 262). 1. Anwendbare Grundfreiheit Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG muss die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft diesem die Mehrheit der Stimmrechte verschaffen (Satz 1), bei mittelbarer Beteiligung muss auch diese die Mehrheit der Stimmrechte verschaffen (Satz 2). Aufgrund dieser Ausgangslage wird der Organträger einen „sicheren Einfluss“ auf die Organgesellschaft i. S. d. Niederlassungsfreiheit haben. Als Tatbestandsvoraussetzung für die körperschaftsteuerliche Organschaft schränkt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG zugleich den Anwendungsbereich der von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. angeordneten Rechtsfolge ein. Abgesehen von diesem „Innenverhältnis“ Organträger/Organgesellschaft kann sich im „Außenverhältnis“ ein anderes Bild ergeben: Z. B. kann sich die Betriebsstätte des Organträgers oder der Organgesellschaft im outbound Fall (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101) in einem Drittstaat befinden oder der mit einer Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtige Organträger im inbound Fall (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112) in einem Drittstaat ansässig sein. Genauso kann im outbound Fall die Beteiligung an einer aus deutscher Sicht transparent besteuerten Tochtergesellschaft (Kapitel 2, unter II.1.a)bb), S. 102 und unter II.1.a)cc), S. 103) oder im inbound Fall die Beteiligung an einer inländischen Organträger-Personengesellschaft (Kapitel 2, unter II.2.b)aa), S. 115) so niedrig ausfallen, dass es tatsächlich an relevanten Einflussmöglichkeiten fehlt.
im Bereich der Verrechnungspreise Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.256 ff. 1047 Zu Ersterem EuGH, Urt. v. 15.5.1997, C-250/95, Futura Participations, ECLI: EU:C:1997:239, Rn. 31; zu Letzterem EuGH, Urt v. 3.10.2006, C-290/04, Scorpio, ECLI:EU:C:2006:630, Rn. 35. Dort ist jeweils das Zitat zu finden. Im Detail zu diesen Rechtfertigungsgründen Englisch, in: S./E., Europäisches Steuerrecht, Rn. 7.289 ff., 7.297 ff.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
In diesen Fällen der Beteiligung von Staaten, die weder der EU noch dem EWR angehören, kommt es meines Erachtens aber nicht darauf an, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG Stimmrechtsmehrheit verlangt, sondern darauf, dass die Rechtsfolge der Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung durch Berücksichtigung der negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat ausgelöst wird. Unter welchen Voraussetzungen es zu einer Berücksichtigung in einem ausländischen Staat kommt, bestimmt dessen Recht. Damit kann der Tatbestand von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auch in Fällen erfüllt sein, in denen eine Betätigung nicht die Form der Niederlassung i. S. d. Art. 49 AEUV annimmt oder eine Anwendung der Niederlassungsfreiheit aufgrund der Beteiligung eines sog. Drittstaats ausscheidet (dazu Kapitel 6, unter I.1., S. 237). Ob also z. B. ein bloßer Minderheitsgesellschafter ohne „sicheren Einfluss“ oder ein Mehrheitsgesellschafter mit „sicherem Einfluss“ auf die Organgesellschaft (vgl. Kapitel 2, unter II.1.e), S. 111) in einem EU- bzw. EWR-Staat oder einem sog. Drittstaat ansässig ist, wird die Anwendbarkeit zumindest der Kapitalverkehrsfreiheit mit Blick auf die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. angeordnete Nichtberücksichtigung der (ggf. anteilig) in einem ausländischen Staat beim Mehr- oder Minderheitsgesellschafter berücksichtigten negativen Einkünfte nicht verhindern. Damit ist je nach Fallkonstellation der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit und/oder der Kapitalverkehrsfreiheit eröffnet.1048 2. Europarechtliche Vergleichspaarbildung und tatbestandsmäßige Beschränkung Aus der unterschiedslosen Anwendung auf in- und ausländische Steuerpflichtige wurde gefolgert, dass es an einer grundsätzlich grundfreiheitswidrigen Diskriminierung fehle.1049 Fraglich ist, ob dies wirklich so ist und ob nicht ein tatbestandsmäßiger Eingriff in Form einer Beschränkung der Niederlassungs- bzw. der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt. Denn wie aus diesem Kapitel 6 (unter I.2., S. 238) hervorgeht, ist der Begriff der Beschränkung einer weiteren Auslegung zugänglich, die über das durch die Aspekte der Ungleichbehandlung und der Vergleichbarkeit abgesteckte Institut der Diskriminierung hinausgeht. Nach Entwicklung der Vergleichspaare (unter II.2.a), S. 253) und Ablehnung einer Diskri-
1048 Die Anwendung beider Grundfreiheiten auf § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. bejahend Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 217 ff., 241 ff.; Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 186 ff. Anderer Ansicht zur Neufassung sind Thömmes/Linn, Intertax 2014, S. 28 (30), die Fälle, in denen eine einen „sicheren Einfluss“ verschaffende Beteiligung am Organträger fehlt, als unwahrscheinlich („this seems to be rather unlikely in practice.“) einordnen und daher nur die Niederlassungsfreiheit anwenden möchten. 1049 BR-Drs. 633/2/12, S. 2; insoweit auch Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 537 f., der hierin aber eine europarechtswidrige Beschränkung erkennt.
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minierung (unter II.2.b), S. 254) wird das Vorliegen einer Beschränkung geprüft und bejaht (unter II.2.c), S. 255). a) Vergleichspaare im outbound und inbound Fall Im outbound Fall ist entsprechend der in diesem Kapitel 6 (unter I.3.b), S. 242) entwickelten Maßgaben ein vertikales Vergleichspaar heranzuziehen. Dementsprechend ist z. B. eine im Inland ansässige natürliche Person als Organträgerin mit einer aus deutscher Sicht intransparent besteuerten, in einem anderen EUMitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft mit einer im Inland ansässigen natürlichen Person als Organträgerin mit einer aus deutscher Sicht intransparent besteuerten, im Inland ansässigen Tochtergesellschaft zu vergleichen (Kapitel 6, unter I.3.b)aa), S. 242). Erkennt man in der teilweise steuerlich wirksamen Abschreibung der Anteile an der Tochtergesellschaft (Teileinkünfteverfahren) einen Anwendungsfall von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (dagegen Kapitel 4, unter I.2., S. 189), dann zeigt dieses vertikale Vergleichspaar die Ungleichbehandlung auf, weil sich nur die Teilwertabschreibung der Anteile an der inländischen Tochtergesellschaft in Höhe von 40 % auswirkt. Handelt der outbound Fall von einer Betriebsstätte bzw. transparent besteuerten Tochtergesellschaft (Kapitel 6, unter I.3.b)bb), S. 243), wird es bei Anwendung der Freistellungsmethode entsprechend Art. 23A OECD-MA grundsätzlich schon an der Vergleichbarkeit mit einer inländischen Betriebsstätte fehlen. Im Übrigen hindert § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht die Berücksichtigung negativer Einkünfte, die in einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte erzielt wurden, im Inland im Rahmen des Progressionsvorbehalts (Kapitel 3, unter III.1., S. 176). Damit fehlt es an einer Ungleichbehandlung mit Blick auf den (negativen) Progressionsvorbehalt. Verhindert § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Berücksichtigung von negativen Einkünften, die in einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte erzielt wurden, beim inländischen Stammhaus, werden aber in einer inländischen Betriebsstätte erzielte negative Einkünfte berücksichtigt, dann zeigt auch dieses vertikale Vergleichspaar die Ungleichbehandlung auf. Nach den in Kapitel 6 (unter I.3.c)bb), S. 246) entwickelten Vorgaben wird Deutschland als Quellenstaat im inbound Fall nicht darauf verweisen können, dass sich eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vermeiden ließe, indem z. B. ein im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger statt durch eine inländische Organträger-Betriebsstätte i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112) im Inland mit einer als Organträger eingesetzten Tochterkapitalgesellschaft tätig werden könnte. Anderenfalls wäre keine „Rechtsformneutralität“ im Aufnahmestaat Deutschland mit Blick auf die vom Steuerpflichtigen gewählte Form der sekundären Niederlassung gewährleistet (Kapitel 6, unter I.3.a), S. 241).
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
b) Offene und versteckte Diskriminierung § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. unterscheidet zwischen Organträgern und Organgesellschaften, deren negative Einkünfte in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden, und solchen Organträgern und Organgesellschaften, deren negative Einkünfte nicht auf diese Weise im Ausland berücksichtigt werden. Nur im erstgenannten Fall untersagt die Norm die Berücksichtigung bei der inländischen Besteuerung. Augenfällig wird damit, dass in ausschließlich inländischen Sachverhalten § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. keine Anwendung finden wird.1050 Kommt die Norm in Sachverhalten mit Auslandsbezug potenziell zur Anwendung, in ausschließlich inländischen aber nicht, dann liegt die Bejahung (unter der Prämisse der Vergleichbarkeit) einer Diskriminierung nahe. Mangels ausdrücklicher Bezugnahme auf die Staatsangehörigkeit bzw. den Sitz des Steuerpflichtigen scheidet eine sog. offene Diskriminierung offensichtlich aus;1051 allerdings verbieten die „Vorschriften über die Gleichbehandlung . . . auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen“ 1052. Aufgrund der in Kapitel 3 (unter I.3., S. 135) vertretenen weiten Auslegung des persönlichen Anwendungsbereichs von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. kommt eine Anwendung auf im In- und im Ausland ansässige Steuerpflichtige in Betracht: Im inbound Fall kann der ausländische Organträger im Inland mit einer Betriebsstätte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG (Ansässigkeit im Ausland) tätig sein (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112; Kapitel 3, unter I.1.c), S. 128) oder ein ausländischer Steuerpflichtiger eine inländische Organträger-Tochterkapitalgesellschaft (Ansässigkeit im Inland) gründen (Kapitel 2, unter II.1.c), S. 105 und unter II.1.d), S. 111; Kapitel 3, unter I.1.d), S. 129). Im erstgenannten Szenario erfasst § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im Ausland ansässige Organträger, im zweitgenannten Szenario im Inland ansässige Organträger; im erstgenannten Szenario wird es also häufig um Organträger mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder ausländischem Sitz gehen, im zweitgenannten Szenario um Organträger mit inländischem Sitz. Vergegenwärtigt man sich, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG 1050 Thömmes/Linn, Intertax 2014, S. 28 (30): „the rule does not apply in a purely domestic situation.“ 1051 Genauso mit Blick auf doppelt ansässige Organträger eine direkte Diskriminierung durch die Altfassung ablehnend Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 223. Vgl. auch Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 186 f. 1052 EuGH, Urt. v. 12.2.1974, 152/73, Sotgiu, ECLI:EU:C:1974:13, Rn. 11; EuGH, Urt. v. 5.2.2014, C-385/12, Hervis Sport, ECLI:EU:C:2014:47, Rn. 30. Vgl. z. B. auch EuGH, Urt. v. 13.7.1993, C-330/91, Commerzbank, ECLI:EU:C:1993:303, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 12.4.1994, C-1/93, Halliburton, ECLI:EU:C:1994:127, Rn. 15; EuGH, Urt. v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker, ECLI:EU:C:1995:31, Rn. 26.
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n. F. auf Organträger oder Organgesellschaften, die negative Einkünfte in einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte erzielen (Kapitel 2, unter II.1.a)aa), S. 101), Anwendung finden kann, dann sind im outbound Fall genauso im Inland ansässige Organträger und Organgesellschaften betroffen. Auch diese werden häufig die deutsche Staatsangehörigkeit bzw. einen inländischen Sitz aufweisen. Kann es in allen diesen Szenarien (Ansässigkeit im Inland, Ansässigkeit im Ausland) zur Berücksichtigung negativer Einkünfte in einem ausländischen Staat kommen, dann führt die Ausgestaltung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht tatsächlich im Sinne einer „versteckten Diskriminierung“ zu einem Ergebnis, das dem Abstellen auf Staatsangehörigkeit und Sitz vergleichbar ist. Mithin liegt keine mittelbare Diskriminierung vor.1053 c) Beschränkung Im Gegensatz zu ausschließlich inländischen Sachverhalten wird in grenzüberschreitenden Fällen Gefahr gelaufen, dass wegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Gewinne doppelt besteuert, Verluste aber nur einmal oder überhaupt nicht berücksichtigt werden, woraus eine Beschränkung folgt.1054 Im outbound Fall könnte dies zur Vermeidung einer Anrechnungsbetriebsstätte und zur Abwicklung der Leistungsbeziehungen durch Direktgeschäft oder zur „Einschaltung“ einer nicht organschaftlich eingebundenen Tochtergesellschaft zwischen den Organträger bzw. die Organgesellschaft und eine ausländische Anrechnungsbetriebsstätte führen. Auch im inbound Fall kann § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. investitionslenkende Wirkung haben, wenn z. B. eine Organschaft zu einer inländischen Tochterkapitalgesellschaft als Organträger statt zu einer inländischen Anrechnungsbetriebsstätte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen begründet wird. Notwendigkeiten solcherart „behindern“ allerdings die Ausübung der Niederlassungsfreiheit und können Nichtansässige von Investitionen in Deutschland bzw. Ansässige von Investitionen im Ausland „abhalten“. Damit liegt im inbound und im outbound Fall eine Beschränkung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit vor. In Kapitel 5 (unter I.2.c), S. 226) wurde die „Isolation“ der in einem ausländischen Staat berücksichtigten negativen Einkünfte in einem besonderen Verrechnungskreis als verhältnismäßige Alternative zwecks Besteuerung entsprechend der Leistungsfähigkeit angesprochen. Andererseits wurde in Kapitel 6 (unter I.2., 1053 Zur Altfassung eine mittelbare Diskriminierung bejahend Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 224 f.; Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 186 f. Zur Neufassung von „einer Diskriminierung“ sprechend Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (611). 1054 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 536 f. Zusätzlich zur mittelbaren Diskriminierung für eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 226 f.
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S. 238) aufgezeigt, dass die Verweigerung eines im innerstaatlichen Sachverhalt verfügbaren Liquiditätsvorteils im grenzüberschreitenden Sachverhalt beschränkende Wirkung hat. Eine solche beschränkte Verrechnungsmöglichkeit stellt sich zwar als ein milderer Eingriff als die gänzliche Nichtberücksichtigung der negativen Einkünfte bei der inländischen Besteuerung dar, ist aber trotzdem eine Beschränkung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit. 3. Rechtfertigung der Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte Die grundfreiheitliche Rechtfertigung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird anhand der in diesem Kapitel 6 (unter I.4., S. 248) behandelten Rechtfertigungsgründe geprüft. Im Angesicht des aktuellen, internationalen Verständnisses, dass eine doppelte Verlustberücksichtigung bei bloßer Verrechnung mit in beiden Staaten steuerpflichtigen Gewinnen keine abzulehnende Steuerarbitrage darstellt (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87), sind Erwägungen hierzu als Annex angefügt (unter II.3.e), S. 259). a) Steuermindereinnahmen Die Verhinderung von Steuermindereinnahmen ist kein rechtfertigender Grund des Allgemeininteresses (Kapitel 6, unter I.4., S. 248). Dennoch wurden die Altfassung1055 und die Neufassung1056 ganz erheblich mit solcherart fiskalischen Erwägungen begründet. Die Verwendung des Worts „daher“ 1057 im Antrag der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg vom 21.11. 2012 legt überdies eine Kausalität dieser Erwägung nahe. Andererseits muss diese Erwägung dreier Bundesländer nicht die der übrigen Bundesländer und der Mitglieder des Deutschen Bundestags gewesen sein. b) Gefahr der Steuerumgehung (Missbrauch) § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. dient nicht der Verhinderung des Missbrauchs im Sinne einer Gestaltung zuwider der mit dem Gesetz beabsichtigten Besteuerung, sondern soll ausweislich des Wortlauts der Berücksichtigung negativer Einkünfte in zwei Steuerrechtsordnungen begegnen. Weder nimmt die Vorschrift in ihrer tatbestandlichen Ausgestaltung Bezug auf die Steuerumgehung oder den 1055 BT-Drs. 14/6882, S. 37 („verhindert bei doppelt ansässigen Gesellschaften, dass Verluste . . . stets zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt werden.“); Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 230 f.; Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 188 f. 1056 BR-Drs. 633/2/12, S. 2. Danach hätte die (restriktiver formulierte) Vorschrift i. d. F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (BTDrs. 17/11180, S. 15; zitiert in der Einleitung, unter III., S. 28) „unkalkulierbare Steuermindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden zur Folge und ist daher abzulehnen.“ 1057 BR-Drs. 633/2/12, S. 2.
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Missbrauch noch lässt sich ihr entnehmen, dass sie speziell die Bekämpfung „rein künstlicher Konstruktionen“ zum Gegenstand hat (dazu Kapitel 6, unter I.4., S. 248). Eine Rechtfertigung allein mit dem Aspekt der Verhinderung der Steuerumgehung oder des Missbrauchs, d.h. nicht in der Zusammenschau mit der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse, muss meines Erachtens daher ausscheiden.1058 c) Kohärenz der Steuerregelung In der Literatur zur Altfassung wurde zur Rechtfertigung aus Gründen der Kohärenz Stellung bezogen: Der persönliche Anwendungsbereich sei einerseits auf doppelt ansässige Organträger beschränkt;1059 müsse der Organträger wiederum seine Geschäftsleitung im Inland haben, dann habe er stets auch seinen Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung i. S. d. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA entsprechenden „tie-breakers“ im Inland, sodass Deutschland das Recht zur Besteuerung nicht verliere, der von der Altfassung angeordnete Nachteil der Nichtberücksichtigung des negativen Einkommens nicht mit dem Vorteil der Nichtberücksichtigung eines positiven Einkommens korrespondiere.1060 Auch wurde erwogen, dass ein hinreichender Zusammenhang i. S. d. Kohärenzrechtfertigung im Hinblick auf die Vorschläge zur Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung im Zwischenbericht1061 der OECD bestehen könne: Bei Besteuerung beim Empfänger besteht Abzugsfähigkeit beim Leistenden, bei Nichtbesteuerung beim Empfänger wird der Abzug beim Leistenden versagt.1062 Einerseits scheinen sich hierdurch Widersprüche zur 1058 Im gesamten EuGH-Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C: 2012:532 wird die Verhinderung der Steuerumgehung (Missbrauch) nicht erwähnt. Mit Blick auf die Vorschläge der OECD in ihrem „deliverable“ Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014 zur Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung und doppelter Verlustverrechnung die Rechtfertigung durch die Verhinderung der Steuervermeidung („tax avoidance“) ablehnend Helminen, BTR 2015, S. 325 (332 f.); diese Rechtfertigung („tax abuse“) im Hinblick auf die vorrangige Maßnahme („primary response“) zur Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung in diesem „deliverable“ genauso ablehnend Rust, BTR 2015, S. 308 (313 f.). Nach beiden Autoren bestünde aber eine Rechtfertigung im Fall der Beschränkung auf „rein künstliche Gestaltungen“. Andererseits fehlt es nach Kahlenberg/Vogel, StuW 2016, S. 288 (300) im Hinblick auf Fälle des doppelten Betriebsausgabenabzugs („double deduction“) in EU-Situationen in erster Linie schon an einer Ungleichbehandlung bzw. an einem innerstaatlichen Vergleichsmaßstab, subsidiär bestehe eine Rechtfertigung. 1059 Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 168 f., 223 f.; Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 181, 186 f. 1060 Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 235; Rogge, Europarechts(in-)konformität der körperschaftsteuerlichen Organschaft, S. 189. 1061 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014. 1062 Helminen, BTR 2015, S. 325 (336); Rust, BTR 2015, S. 308 (315), der sich im Ergebnis relativ zuversichtlich zeigt (S. 318). Etwas anders greifen Kahlenberg/Vogel, StuW 2016, S. 288 einen ähnlichen Gedanken auf, wenn sie den innerstaatlichen und
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
EuGH-Judikatur (namentlich im Fall Eurowings1063) zu ergeben; andererseits wurde dieser Aspekt primär1064 mit Blick auf den Fall doppelter Nichtbesteuerung erörtert. Meines Erachtens ist zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in seiner aktuellen Ausgestaltung kein Vorteil erkennbar, der mit dem von der Neufassung angeordneten Nachteil unmittelbar korrespondiert. d) Marks & Spencer-Trias: Insbesondere ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird teilweise und differenzierend insoweit als durch die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse gerechtfertigt angesehen, als dass ausländische Verluste betroffen sind (Verlustimport), wobei eine Rechtfertigung mit Blick auf inländische Verluste (Verlustexport) ausscheide.1065 Auf der anderen Seite wurde verallgemeinernd eine solche Rechtfertigung der Nichtberücksichtigung für alle Fälle abgelehnt, in denen Deutschland auch (inländische, ausländische) Gewinne besteuert.1066 Andere nehmen wie die vorstehenden Ansichten zwar auf das inländische Verluste und deren „Export“ betreffende Urteil Philips Electronics1067 Bezug, scheinen ihre Überlegungen (und damit ihr Urteil über die Europarechtswidrigkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) aber mangels ausdrücklicher Unterscheidung zwischen den grundfreiheitlichen Vorgaben zur Berücksichtigung negativer Einkünfte im Quellen- oder im Ansässigkeitsstaat auf inbound Situationen zu beschränken.1068 Mit Blick auf die in Kapitel 6 (unter I.4., S. 248) entwickelten Maßgaben für eine Rechtfertigung aufgrund der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis ist meines Erachtens zu differenzieren: Ist Deutschland Quellenstaat der von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfassten negativen Einkünfte, verstößt die Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung gegen die Grundfreiheiden grenzüberschreitenden Fall schon für nicht vergleichbar halten, wenn „der Schuldnerstaat, der den Abzug der Aufwendungen davon abhängig macht, ob diese im anderen Staat besteuert wurden, keinerlei Besteuerungsbefugnis über die Einkünfte im Ausland (hat). In einem innerstaatlichen Sachverhalt besteht sehr wohl die Besteuerungsbefugnis über den Schuldner als auch über den Gläubiger.“ (S. 298). 1063 EuGH, Urt. v. 26.10.1999, C-294/97, Eurowings, ECLI:EU:C:1999:524. Vgl. hierzu Rust, BTR 2015, S. 308 (316 f.). 1064 Helminen, BTR 2015, S. 325 (336) erwähnt zumindest den Fall des doppelten Abzugs. 1065 Urtz, FS Frotscher, S. 629 (667 f.). Vgl. bereits den Text zu Fn. 668. 1066 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, S. 281 (288); Thömmes/Linn, Intertax 2014, S. 28 (30 ff.). 1067 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, ECLI:EU:C:2012:532. 1068 Goebel/Ungemach, NWB 2013, S. 595 (601); Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.50; Ritzer/Aichberger, DK 2013, S. 602 (612); Scheipers/Linn, IStR 2013, S. 139 (141 f.).
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ten. Dies kann der Fall sein, wenn ein beschränkt steuerpflichtiger Organträger negative Einkünfte in seiner inländischen Betriebsstätte erzielt und diese in seinem Ansässigkeitsstaat berücksichtigt werden (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112). Ist Deutschland Ansässigkeitsstaat und werden die in einer ausländischen Betriebsstätte des Organträgers oder der Organgesellschaft erzielten negativen Einkünfte in der inländischen Bemessungsgrundlage erfasst (Anrechnungsmethode), dann weicht die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. angeordnete pauschale Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung von der anderenfalls bestehenden Symmetrie zwischen der Berücksichtigung positiver und negativer Einkünfte ab, was nicht durch die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis gerechtfertigt ist. Umgekehrt kommt es im Fall der Freistellungsmethode grundsätzlich nicht zur Berücksichtigung im Rahmen der inländischen Besteuerung, die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ausgeschlossen werden könnte. e) Annex: Beschränkung der Berücksichtigung auf das sog. dual inclusion income In Kapitel 5 (unter I.2.c), S. 226) wurden die Schaffung eines überperiodischen Verlustvortrags und die Beschränkung der Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte im Inland auf solche, die im Ausland mit nicht der inländischen Besteuerung unterliegenden positiven Einkünften (sog. non-dual inclusion income) verrechnet werden, als alternative, mildere Mittel erörtert. Die Begrenzung der Verrechnung negativer Einkünfte bei Auslandsbezug schafft allerdings einen Liquiditätsnachteil und damit eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung (Kapitel 6, unter I.2., S. 238 und unter II.2.c), S. 255). Die Literatur erkannte teilweise in der Altfassung auch bei deren Ergänzung um einen auf den Organträger beschränkten überperiodischen Verlustausgleich einen Verstoß gegen die Niederlassungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit.1069 Der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz kommt namentlich in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen zwar im grenzüberschreitenden Sachverhalt ein Vorteil vorenthalten wird (z. B. Abzug von Versicherungsbeiträgen, Verlustverrechnung durch Gruppenbesteuerung, Verrechnung von innerstaatlichen Veräußerungsverlusten), mit diesem Vorteil im innerstaatlichen Sachverhalt aber unmittelbar ein Nachteil korrespondiert (z. B. Besteuerung von Versicherungsleistungen, Neutralisierung von Rückstellungen für den Wertverlust einer Beteiligung, Besteuerung von innerstaatlichen Veräußerungsgewinnen).1070 Auf ähnliche Weise wurde ein Zusammenhang i. S. d. Kohärenz zwischen der Berücksichtigung negativer Be1069 Ohne Begründung Remplik, Grenzüberschreitende Organschaftsbesteuerung, S. 244 f. 1070 Vgl. EuGH, Urt. v. 28.1.1992, C-204/90, Bachmann, ECLI:EU:C:1992:35; EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008:659; EuGH, Urt. v. 7.11.2013, C-322/11, K, ECLI:EU:C:2013:716.
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
triebsstätteneinkünfte trotz Freistellung (Vorteil) und der Nachversteuerung anlässlich der Erzielung von Gewinnen oder der Veräußerung der Betriebsstätte (Nachteil) erkannt.1071 Damit kann die Frage aufgeworfen werden, ob der Nachteil der Beschränkung der Verrechnung solcher negativen Einkünfte im Inland (die Verweigerung des Vorteils der uneingeschränkten Verrechenbarkeit solcher negativen Einkünfte im Inland), die im Ausland mit im Inland nicht steuerpflichtigen positiven Einkünften verrechnet werden (sog. non-dual inclusion income), mit dem Vorteil der Nichtbesteuerung dieses positiven, nur im Ausland steuerpflichtigen non-dual inclusion income im Inland (mit der Nichtanwendung des Nachteils der Besteuerung dieses non-dual inclusion income im Inland) unmittelbar i. S. d. Kohärenz zusammenhängt. Dem möglichen Einwand, dass die Verrechnung im Ausland häufig bei einem anderen Steuerpflichtigen erfolgen mag, kann einerseits entgegen gehalten werden, dass selbst der EuGH die Kohärenz in einem Fall mit mehreren rechtlich selbständigen und im Konzern verbundenen Gesellschaften bejaht hat.1072 Andererseits ist eine Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income auch möglich, wenn die Verrechnung im Ausland bei demselben Steuerpflichtigen, der im Inland z. B. mit einer Organträger-Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig ist (Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112), erfolgt.1073 Man könnte auch anführen, dass im Urteil Philips Electronics1074 die Kohärenz nicht erwähnt wurde, obwohl die entscheidende Vorschrift (Section 403D[1][c] ICTA) maßgeblich auf die Verrechnung im Ausland mit sog. non-dual inclusion income („non-UK profits“) abstellte (Kapitel 2, unter I.2.b), S. 78). Die Anwendung dieses Rechtfertigungsgrunds würde darüber hinaus erfordern, dass die Kohärenz nicht für das Steuerrecht des einzelnen Mitgliedstaats, sondern staatenübergreifend beurteilt wird.1075 Ist man bereit, die Kohärenzrechtfertigung grundsätzlich für anwendbar zu halten, dann mag der Aspekt, dass der Mitgliedstaat im Fall seiner Verpflichtung zur Gewährung des steuerlichen Vorteils (uneingeschränkte Verrechenbarkeit der negativen Einkünfte, „dual inclusion losses“) im grenzüberschreitenden Sachverhalt gleichsam zur Anwendung des damit zusammenhängenden steuerlichen Nachteils (Besteuerung des „non-dual [sic] inclusion income“) in der Lage sein muss,1076 besondere Bedeutung erlangen. Häufig wird eine solche Besteuerung 1071 Vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.2008, C-157/07, Krankenheim Ruhesitz, ECLI:EU:C: 2008:588; EuGH, Urt. v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, ECLI:EU:C:2015:829. 1072 EuGH, Urt. v. 27.11.2008, C-418/07, Papillon, ECLI:EU:C:2008:659, Rn. 45 bis 51; Helminen, BTR 2015, S. 325 (336); Kokott, SchlA v. 12.5.2016, C-593/14, Masco Denmark, ECLI:EU:C:2016:336, Rn. 45. 1073 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff. (Beispiel 6.2); Helminen, BTR 2015, S. 325 (336). 1074 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, ECLI:EU:C:2012:532. 1075 Helminen, BTR 2015, S. 325 (336 f.). 1076 EuGH, Urt. v. 28.1.1992, C-204/90, Bachmann, ECLI:EU:C:1992:35, Rn. 23 ff.
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des „non-dual inclusion income“ bereits (völker-)rechtlich nicht möglich sein, sodass i. S. d. Kohärenz auch nicht die Gewährung des Vorteils (uneingeschränkte Verrechenbarkeit) im grenzüberschreitenden Kontext geboten wäre. Im Hinblick auf die im Urteil Marks & Spencer1077 entwickelte Rechtfertigung mögen die Staaten unterschiedlichen Anforderungen ausgesetzt sein: Die „deductible hybrid payments rule“ sieht primär die Verhinderung eines nochmaligen Abzugs im Ansässigkeitsstaat („parent jurisdiction“) vor (Empfehlung 6.1[a]), sog. stranded losses oder sog. finale Verluste mögen durch subsidiäre Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income verhindert werden (Empfehlung 6.1[d] Satz 2). Damit scheint den Rechtfertigungsanforderungen (Kapitel 6, unter I.4., S. 248) Genüge getan zu sein; die angeführte Rechtsprechung erging jedoch zu „Freistellungsfällen“ (Trennungsprinzip, Symmetriethese), wohingegen die Empfehlungen der OECD auf die Anrechnungs- und (bei unterschiedlicher Zuordnung) die Freistellungsmethode1078 abzielen. Im Fall der Empfehlung 6.1(b) mag dem Quellenstaat („payer jurisdiction“) die Rechtfertigung bereits im Ansatz verschlossen sein (Kapitel 6, unter I.4., S. 248).1079 Meines Erachtens nachvollziehbar wäre bei Umsetzung der Empfehlungen in allen betroffenen Staaten die folgende Unterscheidung: Soweit den „dual inclusion losses“ auch sog. dual inclusion income gegenübersteht, scheidet eine Rechtfertigung der Verrechnungsbeschränkung aus, soweit den „dual inclusion losses“ sog. non-dual inclusion income gegenübersteht (Regelfall), ist eine Rechtfertigung möglich. 4. Berufung auf die Niederlassungsfreiheit trotz fehlender Ausübung derselben? Ordnet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte beim beschränkt steuerpflichtigen oder doppelt ansässigen Organträger an, weil die negativen Einkünfte bei diesem in einem ausländischen Staat berücksichtigt wurden, wird sich dieser als derjenige, der die Niederlassungsfreiheit z. B. durch Verlegung seiner Geschäftsleitung in das Inland ausgeübt hat, hierauf berufen können. Haben aber der Organträger und die Organgesellschaft die Niederlassungsfreiheit nicht ausgeübt und werden negative Einkünfte z. B. beim ausländischen Anteilseigner des Organträgers berücksichtigt, wird sich der Organ1077
EuGH, Urt. v. 13.12.2005, C-446/03, ECLI:EU:C:2005:763. Implizit liegt die Anrechnungsmethode dem Beispiel 6.2 in OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/ G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 317 ff. zugrunde. Im Diskussionsentwurf v. 22.8.2016 (OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 2, Branch Mismatch Structures, S. 22 ff.) wird dagegen speziell die Anwendung der „deductible hybrid payments rule“ bei Anwendung der Freistellungsmethode und unterschiedlicher steuerlicher Aufwandszuordnung erörtert. 1079 Für einen Verstoß der „defensive rule“ gegen die Niederlassungsfreiheit Rust, BTR 2015, S. 308 (323 f.). 1078
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
träger dennoch selbst auf die Niederlassungsfreiheit berufen können: Denn wird eine Gesellschaft in ihrer Niederlassungsfreiheit beschränkt, wirkt sich diese Beschränkung aber nachteilig auf die Besteuerung einer anderen, verbundenen Gesellschaft aus, dann kann sich letztere gegenüber der beschränkenden Regelung auf die Niederlassungsfreiheit der ersten Gesellschaft berufen.1080 Werden negative Einkünfte des nur im Inland steuerpflichtigen Organträgers beispielsweise im Ausland beim Anteilseigner im Rahmen einer weltweiten Gruppenbesteuerung berücksichtigt (Kapitel 2, unter II.1.c)aa), S. 106), wird sich der Organträger gegen die seine Besteuerung beeinflussende Beschränkung auf die Niederlassungsfreiheit berufen können. 5. Ergebnis Dieses sechste Kapitel (S. 236) hat gezeigt, dass vielfach auch die Kapitalverkehrsfreiheit gegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ins Feld geführt werden kann (unter II.1., S. 251) und dass die Ausübung der eigenen Niederlassungsfreiheit nicht conditio sine qua non für die Berufung hierauf ist (unter II.4., S. 261). § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verstößt im inbound Fall und im outbound Fall bei Anwendung der Anrechnungsmethode gegen die Grundfreiheiten (unter II.3.d), S. 258). § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. findet keine Anwendung im Fall der Freistellungsmethode mit negativem Progressionsvorbehalt (Kapitel 3, unter III.1., S. 176), sodass sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten nicht stellt. Kapitel 7
Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen) Dieses letzte Kapitel des dritten Teils der Arbeit untersucht die Vereinbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit den DBA. Im ersten Abschnitt werden Erwägungen zur Vereinbarkeit mit dem Unternehmensgewinne betreffenden Verteilungsartikel (vgl. Art. 7 OECD-MA) skizziert (unter I., S. 263). Im zweiten Abschnitt wird die Vereinbarkeit mit dem Methodenartikel (vgl. Art. 23A, 23B OECD-MA) geprüft (unter II., S. 263), im dritten Abschnitt (unter III., S. 265) die Vereinbarkeit mit den DBA-Diskriminierungsverboten (vgl. Art. 24 OECD-MA). 1080 EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-18/11, Philips Electronics, ECLI:EU:C:2012:532, Rn. 39; EuGH, Urt. v. 1.4.2014, C-80/12, Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200, Rn. 23 f. Linn/Müller, IWB 2012, S. 761 (765) sprechen von einer „Drittwirkung der Niederlassungsfreiheit“. Ausführlich dazu bereits dies., IWB 2012, S. 378 (382 f.). Schon im Fall Lankhorst-Hohorst (EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, ECLI:EU:C:2002:749) war es die deutsche Lankhorst-Hohorst GmbH, die sich gegenüber der deutschen Finanzverwaltung erfolgreich auf die Niederlassungsfreiheit berief, obwohl ihre direkte Anteilseignerin, eine in den Niederlanden ansässige BV, die Niederlassungsfreiheit ausgeübt hatte und das Darlehen von der indirekten Anteilseignerin, eine ebenfalls in den Niederlanden ansässige BV, gewährt worden war.
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
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I. Verteilungsnorm betreffend Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) Nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 OECD-MA können Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Staat durch eine dort belegene Betriebsstätte aus. Im outbound Fall (vgl. exemplarisch Kapitel 2, unter II.1. a)aa), S. 101) wird der Blick auf den ersten Halbsatz, im inbound Fall (vgl. exemplarisch Kapitel 2, unter II.2.a), S. 112) auf den zweiten Halbsatz („es sei denn“) zu richten sein. Nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA können die einer Betriebsstätte im anderen Staat nach Art. 7 Abs. 2 OECD-MA zuzurechnenden Gewinne im anderen Staat besteuert werden. „Gewinn“ meint einen Saldobetrag, der positiv (Gewinn) oder negativ (Verlust) ausfallen kann.1081 Er wird nach den innerstaatlichen Einkünfteermittlungsvorschriften des das DBA anwendenden Staats bestimmt.1082 Erst daran anknüpfend regelt namentlich Art. 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 OECD-MA die Abgrenzung des Gewinns zwischen den Vertragsstaaten.1083 Art. 7 Abs. 1 OECD-MA umgrenzt nur die Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten, legt diesen aber umgekehrt keine Verpflichtung zur Besteuerung auf.1084 Insofern spricht Art. 7 Abs. 1 S. 1 OECD-MA von „taxable“ (englisch) und „imposables“ (französisch), Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA von „may be taxed“ (englisch) und „sont imposables“ (französisch). Eine abkommensrechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung negativer Einkünfte in der Bemessungsgrundlage zuwider § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. lässt sich aus diesem Wortlaut nicht folgern.
II. Deutschland als Ansässigkeitsstaat: Vermeidung der Doppelbesteuerung Mit Blick auf die von Deutschland vielfach vereinbarte Freistellungsmethode wird ein Konflikt von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit einem DBA insofern ausbleiben, als dass die Berücksichtigung negativer Einkünfte in Deutschland in der Bemessungsgrundlage schon aufgrund der sog. Symmetriethese unterbleibt 1081 Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2010) Rn. 418; Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. 152. 1082 Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. 151 (159), der z. B. den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung oder die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Betriebsausgaben nennt. Genauso Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.238, 18.17. 1083 Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 16.238. 1084 Prägnant Wassermeyer, in: ders., DBA, 124. EGL 10/2013, Art. 7 OECD-MA (2000) Rn. 168: „Art. 7 Abs. 1 S. 1 gewährt dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmers unter den dort genannten Voraussetzungen ein ausschließl. Besteuerungsrecht . . . Der Ansässigkeitsstaat ist ledigl. zur Besteuerung berechtigt, nicht aber verpflichtet.“
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
(Kapitel 1, unter I.5., S. 42) und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auch auf den negativen Progressionsvorbehalt keine Anwendung findet (Kapitel 3, unter III.1., S. 176). Andererseits wurde vertreten, dass die im DBA vereinbarte Anrechnungsmethode als speziellere Vorschrift dem § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. vorgehe,1085 bei Ablehnung einer solchen Lösung der Konkurrenz im Wege der Auslegung unter Heranziehung des Spezialitätsgrundsatzes § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zumindest als unzulässiger, „verdeckter treaty override“ einzuordnen sei.1086 In seinem Beschluss vom 15.12.2015 unterstrich das BVerfG zwar (vorbehaltlich der Spezialität oder eines anderweitig eingeräumten Vorrangs der früheren Vorschrift) die Anwendung des lex posterior-Grundsatzes auch im Verhältnis zu (nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG in Form eines Bundesgesetzes zustimmungspflichtigen) DBA,1087 der Beschluss erging aber zu § 50d Abs. 8 S. 1 EStG und damit zu einem ausdrücklich angeordneten „treaty override“. Meines Erachtens ist weniger nach der Lösung eines etwaigen Konflikts von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit der DBA-Anrechnungsmethode zu fragen, sondern vorrangig die Frage nach dem Umfang der völkervertraglichen Verpflichtung Deutschlands aufzuwerfen: Denn nicht nur die Freistellungsmethode entsprechend Art. 23A OECD-MA beurteilen andere Staaten derart, dass sie der (vorübergehenden) Berücksichtigung negativer Einkünfte im Ansässigkeitsstaat nicht entgegen stehe (Kapitel 1, unter I.5., S. 42); vielmehr führt die OECD auch mit Blick auf die in Art. 23B OECD-MA vorgesehene Anrechnungsmethode aus, dass die Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat sehr von dessen innerstaatlichem Recht abhänge, der Methodenartikel bilateral so ausgestaltet werden könne, dass er Probleme der Verlustberücksichtigung bei Anrechnung behandle.1088 Mit dieser Feststellung, dass der Methodenartikel ohne anderweitige, ausdrückliche Behandlung der Frage der Berücksichtigung negativer Einkünfte im DBA bzw. in den Protokollen keine Behandlung vorgibt, ist das Problem nicht gelöst, sondern auf Ebene des innerstaatlichen Rechts zu beantworten. Das OECD-MA gibt insofern keinen verbindlichen Prüfungsmaßstab vor, der auf eine Unvereinbarkeit mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. schließen ließe. Vielmehr sind an dieser Stelle die in Kapitel 5 (S. 215) behandelten Erwägungen betref-
1085
Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 506. Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 537b; Müller, in: P./W., Steuerliche Organschaft, Rn. 28.56 f. Vgl. auch, aber ohne klare Stellungnahme Ritzer/ Aichberger, DK 2013, S. 602 (613). 1087 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (21). Mit Urt. v. 25.5.2016, I R 64/13, DStR 2016, S. 2087 ff. entschied der BFH im Hinblick auf die „umgekehrte“ Frage nach der Auflösung der Konkurrenz zwischen dem älteren „treaty override“ des § 50d Abs. 8 S. 1 EStG und der in einem jüngeren DBA ohne Nachweiserfordernis angeordneten Freistellungsmethode zugunsten einer Anwendung des älteren „treaty overrides“. 1088 Art. 23A/B Rn. 65 f. OECD-MAK. 1086
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
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fend die Verfassungsmäßigkeit eines ausnahmslosen Ausschlusses der Berücksichtigung negativer Einkünfte im Inland für den Fall ihrer Berücksichtigung im Ausland (namentlich bei Anwendung der Anrechnungsmethode) anzustellen.
III. Deutschland als Quellenstaat: Diskriminierungsverbote nach Art. 24 OECD-MA Völkerrechtliche Verträge und damit DBA haben entsprechend Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG innerstaatlich grundsätzlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes.1089 § 2 Abs. 1 AO, wonach unmittelbar innerstaatlich anwendbare Verträge mit anderen Staaten i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG über die Besteuerung den Steuergesetzen vorgehen, kann den DBA keinen höheren Rang verleihen.1090 Auch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. hat den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Verstoßen solche innerstaatlichen Vorschriften gegen ein DBA-Diskriminierungsverbot, finden diese nach § 2 Abs. 1 AO keine Anwendung.1091 Wird ein Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot bejaht, muss es daher trotz ihrer Berücksichtigung in einem ausländischen Staat zur Berücksichtigung dieser negativen Einkünfte bei der inländischen Besteuerung kommen. Einschränkungen könnten sich daraus ergeben, dass sich die DBA-Diskriminierungsverbote nur an den Aufnahmestaat (inbound Fall) richten (Vorbemerkungen zu diesem dritten Teil, S. 212). Denn Teile der Literatur halten § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. für nur auf den sog. Verlustimport anwendbar (Kapitel 3, unter II.4.b), S. 171).1092 Nach meinem Verständnis ist die von diesem Teil der Literatur vertretene Unanwendbarkeit der DBA-Diskriminierungsverbote auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.1093 vor diesem Hintergrund (keine Anwendbarkeit der DBA-Diskriminierungsverbote im outbound Fall [Ansässigkeitsstaat], keine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. im inbound Fall [Verlustexport]) zu sehen. Nach dem offiziellen Kommentar der OECD zum Musterabkommen ermöglicht die Berufung auf die Diskriminierungsverbote in Art. 24 Abs. 3 und Abs. 5 OECD-MA u. a. keine Konsolidierung mit einer Betriebsstätte eines Unternehmens eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat oder mit im anderen Vertragsstaat ansässigen Personen, denen ein Unternehmen eines Vertragsstaats gehört oder die dieses kontrollieren (im Folgenden als „Anteilseigner“ bezeich1089
BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (19, 35 f.). BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, S. 1 (20). 1091 Vgl. FG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2015, 8 K 2541/12 G, IStR 2015, S. 828 (831) zu dem (nicht wortwörtlich, aber inhaltlich) Art. 24 Abs. 3 S. 1 OECD-MA entsprechenden Betriebsstättendiskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 2 S. 1 DBA-USA 1989, BGBl. II 1991, S. 355 ff.; Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 2; Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 12. 1092 Vgl. Fn. 669. 1093 Kolbe, in: H./H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 263. 1090
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
net).1094 Meines Erachtens schließt dies eine Prüfung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. am Maßstab der DBA-Diskriminierungsverbote nicht aus. Denn die §§ 14, 17 KStG ermöglichen vielfach eine Organschaft im grenzüberschreitenden Kontext und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. enthält nur eine besondere Rechtsfolge der Organschaft. Fehlen ein zuzurechnendes Organeinkommen und ein abzuführender Gewinn/zu übernehmender Verlust, dann kann es in den in Kapitel 2 (unter II., S. 99) geschilderten Konstellationen vielfach zur Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. kommen und die Situation insoweit einer Situation ohne Organschaft entsprechen. Ausführungen zu den Diskriminierungsverboten entsprechend Art. 24 Abs. 2 und Abs. 4 OECD-MA bleiben aus; die Ausführungen konzentrieren sich auf das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (unter III.1., S. 266), das Betriebsstättendiskriminierungsverbot (unter III.2., S. 267) und das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Anteilseigners (unter III.3., S. 270). 1. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 1 OECD-MA Art. 24 Abs. 1 S. 1 OECD-MA spricht von „Nationals of a Contracting State“, wobei „national“ nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g OECD-MA „any individual“ (unter (i)) und „any legal person, partnership or association“ (unter (ii)) unter den dort genannten Voraussetzungen sein kann. Entscheidend ist im Hinblick auf natürliche Personen das Staatsangehörigkeitsrecht des betroffenen Vertragsstaats,1095 im Hinblick auf die übrigen Berechtigten ist das Recht maßgeblich, nach dem die nicht natürliche Person errichtet wurde.1096 Damit dieses Diskriminierungsverbot Anwendung findet, muss die Staatsangehörigkeit der Grund für die andere oder belastendere Behandlung sein.1097 Zu § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. wurde vertreten, dass es sich um eine solcherart verbotene Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit handele.1098 1094 Art. 24 Rn. 41, 77 OECD-MAK. Vgl. auch das Beispiel 5 zu Art. 24 Abs. 1 OECD-MA (Rn. 24 f.). Es ist deutsche DBA-Politik geworden, den Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 5 OECD-MA entsprechenden Diskriminierungsverbots so einzuschränken, dass es keine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung zulässt (Nr. 5 des Protokolls zur deutschen DBA-Verhandlungsgrundlage, IStR 2013, Beihefter zu Heft 10, S. 46 [56], berichtigt in IStR 2013, S. 440; vgl. auch Gosch, IWB 2012, S. 694 [701]). 1095 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.53; Wassermeyer, in: ders., DBA, 109. EGL 10/2009, Art. 3 OECD-MA Rn. 47. 1096 Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 54; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.53. 1097 BFH, Urt. v. 30.3.2011, I R 63/10, BFHE 233, S. 198 (200); Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 48; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.51; Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 16. 1098 Meilicke, DB 2002, S. 911 (916).
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
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Meines Erachtens diskriminiert § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. nicht aufgrund der Staatsangehörigkeit. Man denke hierzu an eine natürliche Person, deren Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt sich in einem anderen Vertragsstaat befinden und die als Organträgerin ihre Beteiligung an der Organgesellschaft über eine inländische Betriebsstätte hält. Werden negative Einkünfte im Rahmen ihrer Besteuerung in einem ausländischen Staat, d.h. dem anderen Vertragsstaat und Ansässigkeitsstaat der natürlichen Person, berücksichtigt, ordnet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Nichtberücksichtigung dieser negativen Einkünfte bei der inländischen Besteuerung an. Ob diese natürliche Person die deutsche Staatsangehörigkeit oder die des anderen Vertragsstaats hat, ist dabei nicht von Belang. Maßgeblich ist damit die Berücksichtigung der negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat, wobei die Gründe für diese Berücksichtigung sehr verschieden sein können (z. B. eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung). 2. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 3 OECD-MA Teilweise führte die Literatur, die die Altfassung als nicht auf ausländische Organträger mit einer inländischen, in das Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung (§ 18 KStG a. F.) anwendbar ansah,1099 aus, dass anderenfalls ein Verstoß gegen das Betriebsstättendiskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 3 OECD-MA drohe.1100 Die Frage muss in dieser Arbeit umso mehr beantwortet werden, weil die Neufassung nach dem Ergebnis in Kapitel 3 (unter I.3., S. 135) auch auf beschränkt steuerpflichtige Organträger anwendbar ist. Hinzutritt, dass einerseits aufgrund § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 7 KStG im Ergebnis eine Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 OECD-MA entsprechenden Regelung eines DBA vorliegen muss1101 und andererseits das Merkmal der Betriebsstätte in Art. 24 Abs. 3 OECD-MA i. S. v. Art. 5 OECD-MA zu verstehen ist.1102 Im Übrigen streitet die OECD einen Verstoß der Maßnahmen in ihrem Abschlussbericht zu BEPS Action 2 (auch) gegen das Betriebsstättendiskriminierungsverbot ab.1103
1099 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (452, 454). Umfassend zu den Argumenten für und wider die Anwendung der Alt- und der Neufassung auf beschränkt steuerpflichtige Organträger Kapitel 3 (unter I.1.c), S. 128). 1100 Lüdicke, in: Herzig, Organschaft, S. 436 (459 f.) mit Hinweis auf Löwenstein/ Maier, IStR 2002, S. 185 (192). 1101 Frotscher, in: F./D., 127. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 141y, 141z; Kolbe, in: H./ H./R., 267. EGL 1/2015, § 14 KStG Rn. 195; Neumann, in: Gosch, § 14 KStG Rn. 123. 1102 Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 42. Vgl. auch Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 97; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.55. 1103 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 148 f. (Rn. 447 ff.).
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Der Schutz des Art. 24 Abs. 3 OECD-MA vor einer ungünstigeren Besteuerung wird dem in einem Vertragsstaat ansässigen Unternehmen im Hinblick auf die Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat zuteil.1104 Wie nach den in den Kapiteln 5 (unter I.1.a), S. 216) und 6 (unter I.3., S. 241) ausgearbeiteten Maßgaben muss auch im Rahmen der DBA-Diskriminierungsverbote Vergleichbarkeit bestehen: Zum Vergleich ist ein inländisches Unternehmen des anderen Vertragsstaats (hier: Deutschlands) heranzuziehen.1105 Ein Vergleich mit einer in diesem anderen Vertragsstaat ansässigen Tochtergesellschaft eines Unternehmens des ersten Vertragsstaats ist abzulehnen, würde er doch das Betriebsstättendiskriminierungsverbot insofern entwerten, als dass eine gleichermaßen ungünstige Besteuerung inländischer Betriebsstätten und inländischer Tochtergesellschaften jeweils von ausländischen Unternehmen stets zulässig wäre.1106 In zwei jüngeren Entscheidungen, in denen allerdings keine Uneinigkeit über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage,1107 sondern nur über den (höheren) Steuersatz für beschränkt Steuerpflichtige bestand, präzisierte der BFH diesen Vergleichsmaßstab jedoch. Das inländische Unternehmen als Vergleichsmaßstab müsse nicht nur im Inland Einkünfte in Höhe der Betriebsstätteneinkünfte erzielen, sondern auch ausländische Einkünfte in Höhe der von dem ausländischen Unternehmen erzielten Einkünfte.1108 Fällt im Vergleich zu dem inländischen Vergleichsunternehmen „die finanzielle Belastung (Gesamtsteuerbelastung) des ausländischen Unternehmens hinsichtlich seiner inländischen Betriebsstätte höher“ aus, liegt eine tatbestandsmäßige ungünstigere Besteuerung vor.1109 So entschied das FG Düsseldorf, dass (für die Berechnung des „safe haven“ in § 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG a. F.) die in § 8a Abs. 2 S. 5 KStG a. F.1110 normierte Beschränkung der 1104 Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 95. Vgl. auch Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 46 („Schutzobjekt“). 1105 FG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2015, 8 K 2541/12 G, IStR 2015, S. 828 (831); Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 101 („Besteuerung eines rein inländischen Unternehmens“); Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 46 („Vergleichsobjekt“). 1106 Papotti, Intertax 2003, S. 320 (325); Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 101, wonach dies „im Ergebnis einer gegenständlich beschränkten Meistbegünstigungsklausel“ entspräche. 1107 BFH, Urt. v. 30.3.2011, I R 63/10, BFHE 233, S. 198 (199); BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (100). 1108 BFH, Urt. v. 30.3.2011, I R 63/10, BFHE 233, S. 198 (202); BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (104). 1109 BFH, Urt. v. 19.12.2012, I R 73/11, BFHE 240, S. 99 (104); Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.57. Das Zitat ist jeweils dort zu finden. 1110 Der mit der Neufassung von § 8a KStG durch das Gesetz v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, S. 2840 ff. („Korb II-Gesetz“) neu eingefügte § 8a Abs. 2 S. 5 KStG lautete: „Für Kapitalgesellschaften, die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs nicht zur Führung von Büchern verpflichtet sind, ist bei der Berechnung des anteiligen Eigenkapitals auf die mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter abzustellen; die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend.“
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
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Berechnung des anteiligen Eigenkapitals auf die mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter gegen das Betriebsstättendiskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 2 S. 1 DBA-USA 19891111 verstößt.1112 Denn die ungünstigere Besteuerung ergibt sich daraus, dass im Gegensatz zu den von § 8a Abs. 2 S. 5 KStG a. F. erfassten, nach dem HGB nicht zur Buchführung verpflichteten Kapitalgesellschaften bei der Berechnung der abzugsfähigen Zinsen eines inländischen Unternehmens sämtliche Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden.1113 Für diese ungünstigere Besteuerung muss die Ansässigkeit des Unternehmens im anderen Vertragsstaat ursächlich sein.1114 Die Ausführungen in Kapitel 3 (unter I.3., S. 135) ergaben, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auch auf mit einer inländischen Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtige Organträger Anwendung findet. Ist etwa eine (übereinstimmend) intransparent besteuerte Kapitalgesellschaft Organträgerin und Unternehmen eines Vertragsstaats i. S. v. Art. 24 Abs. 3 S. 1 OECD-MA, so wird sie mit einer in Deutschland ansässigen Organträger-Kapitalgesellschaft (als Unternehmen des anderen Vertragsstaats, d.h. Deutschlands) zu vergleichen sein. Erzielt erstere weitere, positive Einkünfte im Ausland, dann muss auch die in Deutschland ansässige Organträger-Kapitalgesellschaft als Vergleichsmaßstab positive Einkünfte aus dem Ausland in entsprechender Höhe beziehen. Die von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. angeordnete Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung verhindert eine Minderung der Bemessungsgrundlage des beschränkt Steuerpflichtigen, im Inland nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegende (z. B. weil in dem DBA-Vertragsstaat bezogene) positive Einkünfte erhöhen die inländische Bemessungsgrundlage nicht. Umgekehrt erhöhen die von dem inländischen Unternehmen als Vergleichsmaßstab aus dem DBA-Vertragsstaat bezogenen positiven Einkünfte die inländische Bemessungsgrundlage, verhindert § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. aber nicht die Minderung der inländischen Bemessungsgrundlage (durch Verrechnung) um die negativen Einkünfte. Die inländische Bemessungsgrundlage des untersuchten (ausländischen) Unternehmens eines Vertragsstaats (keine Besteuerung der ausländischen positiven Einkünfte im Inland, keine Berücksichtigung der inländischen negativen Einkünfte im Inland) und die des (inländischen) Unternehmens des anderen Vertragsstaats (Besteuerung der ausländischen positiven Einkünfte im Inland, Berücksichtigung der inländischen negativen Einkünfte im Inland) fallen nicht 1111
BGBl. II 1991, S. 355 ff. FG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2015, 8 K 2541/12 G, IStR 2015, S. 828 ff. 1113 Implizit FG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2015, 8 K 2541/12 G, IStR 2015, S. 828 (831). Auf das obiter dictum in Rn. 63 (S. 833) des Urt., wonach auch § 50d Abs. 10 EStG mit dem Betriebsstättendiskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 2 S. 1 DBA-USA 1989 unvereinbar ist, wird an dieser Stelle nur hingewiesen. Das Urt. ist rechtskräftig. 1114 Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 6, 95 („Er [Anmerkung: der in einem Vertragsstaat ansässige Unternehmer] soll nach Art. 24 Abs. 3 vor Benachteiligungen aufgrund seiner Ansässigkeit bewahrt werden“). 1112
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
unterschiedlich aus. Dementsprechend bleibt in konsequenter Anwendung der eingangs geschilderten Rechtsprechung eine ungünstigere Besteuerung des ausländischen Unternehmens im Hinblick auf die inländische Betriebsstätte im Vergleich zu einem inländischen Unternehmen im Jahr der Entstehung der negativen Einkünfte aus. Erzielt das (ausländische) Unternehmen eines Vertragsstaats im Folgejahr positive Einkünfte in der inländischen Betriebsstätte, dann unterbleibt aufgrund der im vorangegangenen Jahr erfolgten Verrechnung der negativen Einkünfte im DBA-Vertragsstaat ein Verlustabzug. Aufgrund des im ersten Jahr im Inland erfolgten Ausgleichs der inländischen negativen Einkünfte mit den ausländischen positiven Einkünften wird das (inländische) Unternehmen des anderen Vertragsstaats als Vergleichsunternehmen gleichermaßen im Inland steuerpflichtige positive Einkünfte haben. Damit bleibt auch im Folgejahr eine ungünstigere Besteuerung des ausländischen Unternehmens im Hinblick auf die inländische Betriebsstätte aus. Im Ergebnis steht das Betriebsstättendiskriminierungsverbot daher einer Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in der aufgezeigten Konstellation eines beschränkt steuerpflichtigen Organträgers nicht entgegen. 3. Diskriminierungsverbot entsprechend Art. 24 Abs. 5 OECD-MA Der Schutz des in Art. 24 Abs. 5 OECD-MA verbürgten Verbots der Diskriminierung aufgrund des Anteilseigners kommt den Unternehmen eines Vertragsstaats gegenüber ihrem Ansässigkeitsstaat, nicht den im anderen Vertragsstaat ansässigen Anteilseignern zu.1115 Zu dem in Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 19891116 verankerten Diskriminierungsverbot entschied der BFH, dass es auch eine Kapitalgesellschaft (eine GmbH) mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland berechtigt, deren Anteilseignerin eine doppelt ansässige Kapitalgesellschaft (eine Inc.) mit Sitz (und Gründung) in den USA (Delaware) und Geschäftsleitung im Inland ist und deren Ansässigkeitsstaat die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nicht nach Art. 4 Abs. 3 1. Hs. desselben Abkommens durch Konsultation bestimmt haben.1117 Die Fiktion des Art. 4 Abs. 3 2. Hs. des Abkommens, wonach eine in beiden Vertragsstaaten nach innerstaatlichem Recht ansässige nicht natürliche Person in Abwesenheit einer Verständigung über den Ansässigkeitsstaat für Zwecke des DBA als in keinem der beiden Vertragsstaaten ansässig gilt, versage nicht dem ausschließlich im Inland ansässigen Unternehmen (der GmbH) den Diskriminierungsschutz; für die Ansässigkeit des Anteilseigners (der Inc.) im anderen Vertragsstaat (USA) i. S. d. Art. 24 Abs. 4 des Abkommens genüge bereits
1115 Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 164; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.61; Wassermeyer, in: ders., DBA, 96. EGL 5/2005, Art. 24 OECD-MA Rn. 86. 1116 BGBl. II 1991, S. 355 ff. 1117 BFH, Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 (467 f.).
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
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dessen Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens.1118 In seinem Urteil vom 8.9.2010 ließ der BFH die Berufung einer doppelt ansässigen Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz und Geschäftsleitung in Deutschland auf Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/19921119 zu, da sich der „Mittelpunkt der tatsächlichen Geschäftsleitung“ (vgl. Art. 4 Abs. 8 S. 1 DBA-Schweiz 1971/1992) der doppelt ansässigen Gesellschaft in Deutschland befand und diese daher „Unternehmen eines Vertragsstaates“ i. S. v. Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 war.1120 Daher erfolgten keine Ausführungen zur Berufung auf das Diskriminierungsverbot, wenn der Ansässigkeitsstaat der doppelt ansässigen, nicht natürlichen Person für Zwecke des DBA nicht feststeht. In Abhängigkeit von der Ausgestaltung des konkreten DBA werden sich vergleichbare Probleme in Zukunft auch im Hinblick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. stellen, sollte die deutsche Abkommenspolitik in Zukunft zur Vereinbarung von auf gegenseitiger Verständigung basierenden „tie-breakern“ entsprechend BEPS Action 61121 übergehen. Als „other similar enterprises“ und damit als Vergleichsmaßstab kommen im Prinzip Unternehmen eines Vertragsstaats in Betracht, deren Anteilseigner in demselben Staat, in einem Drittstaat oder in dem anderen Vertragsstaat ansässig sind.1122 Die britische Finanzverwaltung vertrat lange Zeit, dass mit einem Unternehmen des Vertragsstaats, dessen Anteilseigner in einem Drittstaat ansässig ist, zu vergleichen sei;1123 weder Art. 24 Abs. 5 OECD-MA noch Art. 3 Abs. 1 Buchst. d OECD-MA geben allerdings Anlass für eine solche Begrenzung des Anwendungsbereichs, sodass Vergleichsmaßstab ein inländisches Unternehmen mit im Inland ansässigen Anteilseignern ist.1124 Darüber hinaus muss die Ansässigkeit des Gesellschafters im Ausland für die andere oder belastendere Besteuerung oder damit zusammenhängende Verpflichtung ursächlich sein.1125 In den in 1118
BFH, Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 (468). BGBl. II 1972, S. 1022 ff. Letztmalig wurde das DBA-Schweiz mit Bedeutung für die Streitjahre 1999, 2000 und 2001 durch das Protokoll vom 21.12.1992, BGBl. II 1993, S. 1888 geändert. Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992 entspricht weitestgehend Art. 24 Abs. 5 OECD-MA. 1120 BFH, Urt. v. 8.9.2010, I R 6/09, BFHE 231, S. 75 (80). 1121 OECD, Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances, Action 6 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 72 (Rn. 48). Im Gegensatz dazu ist es aktuell deutsche DBA-Politik, einen einzig auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung („place of effective management“) abstellenden „tie-breaker“ zu vereinbaren (Art. 4 Abs. 3 der deutschen DBAVerhandlungsgrundlage, IStR 2013, Beihefter zu Heft 10, S. 46 [47], berichtigt in IStR 2013, S. 440). 1122 Boulogne, ET 2011, S. 171 (174 f.). 1123 Avery Jones et al., WTJ 2011, S. 179 (204). Ablehnend Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 167. 1124 Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 167 m.w. N. 1125 Avery Jones et al., WTJ 2011, S. 179 (180, 197); Rust, in: V./L., DBA, Art. 24 Rn. 165; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rn. 4.62. 1119
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
der Einleitung (unter II., S. 26) genannten BFH-Urteilen aus den Jahren 2003 und 20111126 zum subjektiven Inlandsbezug des (körperschaftsteuerlichen, gewerbesteuerlichen) Organträgers ging es mit § 14 Nr. 3 S. 1 KStG a. F. bzw. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG a. F. i.V. m. § 14 Nr. 3 S. 1 KStG a. F. um Normen, die ausdrücklich im Hinblick auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen eine Geschäftsleitung und einen Sitz im Inland und damit Ansässigkeit verlangten. Speziell § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. stellt aber weder auf die Ansässigkeit noch auf den Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt, die Geschäftsleitung oder den Sitz ab. Andererseits erkannte der BFH in seinen Urteilen1127 zu § 8a KStG i. d. F. vor und nach dem Steuersenkungsgesetz vom 23.10.20001128 (Urteil vom 8.9.2010) bzw. i. d. F. nur vor dem Steuersenkungsgesetz (Urteil vom 16.1. 2014) Verstöße gegen Art. 24 Abs. 5 OECD-MA entsprechende DBA-Diskriminierungsverbote: Zwar stellte § 8a Abs. 1 S. 1 KStG i. d. F. vor dem Steuersenkungsgesetz auf einen nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner und § 8a Abs. 1 S. 2 KStG i. d. F. nach dem Steuersenkungsgesetz auf die Erfassung der Vergütung beim Anteilseigner im Inland im Rahmen einer Veranlagung ab, dies läuft aber im Wesentlichen auf eine Erfassung derjenigen inländischen Unternehmen hinaus, deren Anteilseigner im anderen Vertragsstaat ansässig sind.1129 Auf ähnliche Weise, wie es vor dem EuGH im Verfahren Lankhorst-Hohorst für die Bejahung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ohne Bedeutung war, dass auch inländische, von der Körperschaftsteuer befreite juristische Personen nicht zur Anrechnung berechtigt waren,1130 änderte die Anwendbarkeit von § 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG i. d. F. vor und nach dem Steuersenkungsgesetz auch auf gewisse inländische Unternehmen mit inländischen Anteilseignern nichts an dem Verstoß.1131 Das britische House of Lords entschied im Hinblick auf Drittstaaten, im Verhältnis zu denen die Niederlassungsfreiheit und damit auch die vom EuGH im Urteil Metallgesellschaft1132 entwickelten Grundsätze nicht anwendbar sind, dass die Ansässigkeit der Muttergesellschaft 1126 BFH, Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 ff.; BFH, Urt. v. 9.2.2011, I R 54, 55/10, BFHE 232, S. 476 ff. 1127 BFH, Urt. v. 8.9.2010, I R 6/09, BFHE 231, S. 75 ff.; BFH, Urt. v. 16.1.2014, I R 30/12, BFHE 244, S. 354 ff. 1128 BGBl. I 2000, S. 1433 ff. Diese Rechtsprechung betrifft daher die Rechtslage namentlich vor Schaffung der sog. Zinsschranke durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (BGBl. I 2007, S. 1912 ff.). 1129 BFH, Urt. v. 8.9.2010, I R 6/09, BFHE 231, S. 75 (81 f.). Auffällig ist die Begriffswahl des BFH: „stets und insbesondere“, „unmittelbar und nicht lediglich mittelbar“, „in erster Linie und in der tatsächlichen Auswirkung“. Kritisch („doubtful“) gegenüber dieser Rechtsprechung Avery Jones et al., WTJ 2011, S. 179 (202). 1130 EuGH, Urt. v. 12.12.2002, C-324/00, ECLI:EU:C:2002:749, Rn. 4, 28. Vgl. auch Rn. 18 und 22 f. 1131 BFH, Urt. v. 8.9.2010, I R 6/09, BFHE 231, S. 75 (81 f.). 1132 EuGH, Urt. v. 8.3.2001, C-397/98, C-410/98, Metallgesellschaft, ECLI:EU:C: 2001:134.
Kap. 7: Abkommensrecht (Doppelbesteuerungsabkommen)
273
im anderen Vertragsstaat (Japan, USA) nicht i. S. d. Art. 24 Abs. 5 OECD-MA entsprechenden Diskriminierungsverbots für die Verweigerung der Option (sog. group income election) zur Befreiung der Tochtergesellschaft von der Körperschaftsteuervorauszahlung (sog. advance corporation tax) anlässlich der Dividendenausschüttung ursächlich war.1133 Denn die nicht im Vereinigten Königreich ansässige Muttergesellschaft konnte eine im Vereinigten Königreich ansässige Tochtergesellschaft „zwischenschalten“, sodass zwar die Kontrolle außerhalb des Vereinigten Königreichs verblieb, die im Vereinigten Königreich ansässige Enkelgesellschaft aber anlässlich der Ausschüttung an ihre unmittelbare Anteilseignerin von der Körperschaftsteuervorauszahlung absehen konnte. War der Anteilseigner eine natürliche Person, dann ließ sich die Vorauszahlung unabhängig davon, ob die natürliche Person im In- oder im Ausland ansässig war, nicht vermeiden.1134 Die Verweigerung des Wahlrechts beruhte daher nicht auf dem im Ausland ansässigen Anteilseigner, sondern darauf, dass die Muttergesellschaft selbst nicht zur Körperschaftsteuervorauszahlung verpflichtet war.1135 Berechtigt Art. 24 Abs. 5 OECD-MA Unternehmen eines Vertragsstaats („Enterprises of a Contracting State“), dann bedeutet dies nach der Definition in Art. 3 Abs. 1 Buchst. d OECD-MA das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betriebene Unternehmen („an enterprise carried on by a resident of a Contracting State“). Wann der Organträger und die Organgesellschaft(en) Person und in einem Vertragsstaat ansässig sind, wurde in Kapitel 1 (unter II.6., S. 58) ausführlich behandelt. Im Hinblick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wird es namentlich um solche Organträger gehen, die nur im Inland unbeschränkt steuerpflichtig (Kapitel 2, unter II.1.c), S. 105 und unter II.1.d), S. 111) oder aufgrund des „tie-breakers“ eines DBA in Deutschland ansässig sind (Kapitel 2, unter II.3.a)bb), S. 119). Zu vergleichen wird ein solches Unternehmen eines Vertragsstaats (Deutschlands) mit einem oder mehreren im anderen Vertragsstaat ansässigen Anteilseignern mit einem inländischen Unternehmen mit einem oder mehreren im Inland (Deutschland) ansässigen Anteilseignern sein. Versagt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. dem in Deutschland ansässigen Organträger die Berücksichtigung negativer Einkünfte bei der inländischen Besteuerung (z. B. wegen der Berücksichtigung im Rahmen einer grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung), dann fallen dessen Bemessungsgrundlage und damit die Besteuerung („any taxation“) belastender („more burdensome“) als die des Vergleichsunternehmens aus. 1133 House of Lords, Urt. v. 23.5.2007, Boake Allen Limited, [2007] UKHL 25, 9 ITLR 2007 (Part 5), S. 995 (1002). Das Urt. erging einstimmig. 1134 Zu beiden Aspekten House of Lords, Urt. v. 23.5.2007, Boake Allen Limited, [2007] UKHL 25, 9 ITLR 2007 (Part 5), S. 995 (1002). 1135 House of Lords, Urt. v. 23.5.2007, Boake Allen Limited, [2007] UKHL 25, 9 ITLR 2007 (Part 5), S. 995 (1002 ff.); Avery Jones et al., WTJ 2011, S. 179 (201). Diese Situation liegt auch den Ausführungen in Art. 24 Rn. 78 OECD-MAK zugrunde (Avery Jones et al., WTJ 2011, S. 179 [201 f.]).
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3. Teil: Vereinbarkeit mit Verfassungs-, Europa- und Abkommensrecht
Meines Erachtens kann hieraus aber nicht geschlossen werden, der inländische Organträger werde in tatbestandsmäßiger Weise aufgrund seines im anderen Vertragsstaat ansässigen Anteilseigners benachteiligt. Denn zur Altfassung wurde teilweise eine Identität desjenigen, bei dem das negative Einkommen im In- und im Ausland berücksichtigt wird („Personenidentität“) verlangt, zur Neufassung zwar nicht für erforderlich, aber auch für hinreichend gehalten (Kapitel 4, unter III.1., S. 206). Werden die negativen Einkünfte im In- und im Ausland bei derselben Person berücksichtigt, dann ist es aber nachrangig, ob der Anteilseigner im anderen Vertragsstaat ansässig ist. Namentlich in den Fällen beschränkter Steuerpflicht des Organträgers, die in diesem Kapitel 7 (unter III.2., S. 267) mit Blick auf die Art. 24 Abs. 3 OECD-MA entsprechenden Betriebsstättendiskriminierungsverbote behandelt wurden, und doppelt ansässiger Organträger erfolgt eine solche Berücksichtigung im Ausland beim Organträger selbst. Auch wurden und werden solcherart doppelt ansässige Organträger zumindest als Hauptanwendungsfall der Alt- und der Neufassung angesehen (Kapitel 3, unter I.1.e), S. 130). Es kommt also zur Berücksichtigung im Ausland (und damit zur Benachteiligung im Inland) aufgrund der eigenen Ansässigkeit des Organträgers im anderen Vertragsstaat, nicht aber aufgrund der Ansässigkeit der Anteilseigner dieses Organträgers. Damit ist die Berücksichtigung der negativen Einkünfte in einem ausländischen Staat als solche, nicht aber der Anteilseigner, ursächlich für die Nichtberücksichtigung bei der inländischen Besteuerung.
IV. Ergebnis Ein Verstoß gegen den Verteilungsartikel betreffend Unternehmensgewinne (unter I., S. 263) oder gegen den Methodenartikel der DBA (unter II., S. 263) liegt nicht vor. Genauso wenig ergeben sich nach den Ausführungen in diesem siebten Kapitel Verstöße gegen die dem Art. 24 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 OECD-MA entsprechenden DBA-Diskriminierungsverbote (unter III.1., S. 266, unter III.2., S. 267 und unter III.3., S. 270).
Vierter Teil
Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD und Würdigung Es wird das Verhältnis von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. zu den Empfehlungen der OECD gegen „double deductions“ untersucht (Kapitel 8, S. 275). Anschließend folgt ein Schlusswort (S. 286). Kapitel 8
Umsetzung der BEPS Empfehlungen durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Die relevanten Aspekte des Abschlussberichts der OECD1136 sowie der Richtlinien (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.7.20161137 und (EU) 2017/952 des Rates vom 29.5.20171138 zur doppelten Verlustberücksichtigung waren Gegenstand des zweiten Kapitels (unter I.4., S. 87). § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. wurde in der Literatur zum Bericht der OECD1139 sowie zum Vorschlag vom 28.1.20161140 und zur Einigung vom 21.2.20171141 häufig als deutsche Maßnahme gegen doppelte Verlustberücksichtigung genannt. Der von den Ausschüssen des Bundesrats am 24.10.2014 empfohlene § 4 Abs. 5a EStG-E1142, der der frühzeitigen Umset1136 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015. 1137 ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. 1138 ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff. 1139 Benz/Eilers, IStR 2016, Beihefter zu Heft 4, S. 1 (5, 7); Berges/Rotter, IWB 2015, S. 802 (809, 812). Zum „deliverable“ OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014 Rust, BTR 2015, S. 308 (323); Staats, IStR 2014, S. 749 (750, 754, 756). 1140 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, COM(2016) 26 final, 2016/0011 (CNS). Genannt wird § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von Jochimsen/Zinowsky, ISR 2016, S. 106 (115), umfassender von Niedling/Rautenstrauch, BB 2016, S. 1303 (1304 f.). 1141 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/ 1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, 6595/17, FISC 54, ECOFIN 143. Lediglich genannt wird § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. von Grotherr, IWB 2017, S. 289 (300); Kahlenberg/Oppel, NWB 2017, S. 1732 (1736). 1142 BR-Drs. 432/1/14, S. 12 (Nr. 9 Buchst. a).
276
4. Teil: Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD
zung der Empfehlungen zu sog. hybrid mismatch arrangements dienen sollte,1143 wird häufig von der angesprochenen Literatur genauso genannt.1144 Umgekehrt nimmt auch die OECD vielfach Bezug auf die Gruppenbesteuerung.1145 Betrachtet man andererseits das Beispiel 6.11146 und die Erläuterungen dazu, dann fällt auf, dass es auch ohne Gruppenbesteuerung in beiden beteiligten Staaten zur Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income kommen kann, sodass sich die Frage stellt, inwiefern § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Vorgaben der OECD bereits umsetzt. Die nachstehenden Ausführungen behandeln daher zum einen die „deductible hybrid payments rule“ (unter I., S. 276) und zum anderen die „dual-resident payer rule“ (unter II., S. 281) und enden mit einem Fazit (unter III., S. 284). Art. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2016/1164 sowie Art. 9 und Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 werden stets inzident behandelt.
I. Deductible hybrid payments rule (Empfehlung 6) Die „deductible hybrid payments rule“ im Verhältnis zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist Gegenstand dieses Abschnitts. Es wird zunächst auf den Anwendungsbereich eingegangen (unter I.1., S. 276), die Ausführungen unter I.2. (S. 277) und I.3. (S. 279) lassen sich der Voraussetzungsseite, die Ausführungen unter I.4. (S. 280) der Rechtsfolgenseite zuordnen. 1. Scope of the rule (Empfehlung 6.4) Die Abwehrregel („defensive rule“) setzt die Zugehörigkeit der Beteiligten zu demselben Konzern („same control group“) oder eine strukturierte Gestaltung unter Beteiligung des Steuerpflichtigen („the mismatch arises under a structured arrangement and the taxpayer is party to that structured arrangement“) voraus (Empfehlung 6.4).1147 Die empfohlene Maßnahme („recommended response“) ist uneingeschränkt anwendbar. Auch die Definition der „hybride(n) Gestaltung“ in Art. 2 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 enthält Einschränkungen („ver1143
BR-Drs. 432/1/14, S. 13. Benz/Eilers, IStR 2016, Beihefter zu Heft 4, S. 1 (3, 7 f., 15); Berges/Rotter, IWB 2015, S. 802 (812); Jochimsen/Zinowsky, ISR 2016, S. 106 (115 f.); Niedling/Rautenstrauch, BB 2016, S. 1303 (1306); Rust, BTR 2015, S. 308 (322 f.). 1145 Zu den Empfehlungen 6 und 7 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 75 (Rn. 213), 81 (Rn. 233). 1146 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 310 ff. 1147 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 105 ff. („Definition of structured arrangement“), 113 ff. („Definitions of related persons, control group and acting together“). 1144
Kap. 8: Umsetzung der BEPS Empfehlungen
277
bundenen Unternehmen“, „strukturierte Vereinbarung“). Auf ähnliche Weise legt Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 fest, dass „eine Inkongruenz nicht als hybride Gestaltung behandelt (wird), es sei denn, sie ergibt sich zwischen verbundenen Unternehmen, zwischen einem Steuerpflichtigen und einem verbundenen Unternehmen, zwischen dem Hauptsitz und einer Betriebsstätte oder zwischen zwei oder mehr Betriebsstätten desselben Unternehmens oder im Rahmen einer strukturierten Gestaltung.“ Durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2017/952 wurde der letzte Unterabsatz des Art. 2 Abs. 4 („verbundenes Unternehmen“) der Richtlinie (EU) 2016/1164 durch speziellere Vorgaben betreffend die Art. 9 und 9a ersetzt, durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. c derselben Änderungsrichtlinie wurde Art. 2 der Richtlinie (EU) 2016/1164 um einen Absatz 11 mit einer Definition des Begriffs „strukturierte Gestaltung“ ergänzt. Zum einen ist Anwendungsvoraussetzung für § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine bestehende Organschaft (Einleitung, unter II., S. 26), die von der OECD und den Richtlinien (EU) 2016/1164 und (EU) 2017/952 nicht zwingend verlangt wird. Zum anderen enthält § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die genannten Einschränkungen allenfalls rudimentär in Form der Erfordernisse der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG) und der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme (§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 17 KStG). Bereits der Anwendungsbereich von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist damit ein anderer. 2. Rule only applies to deductible payments made by a hybrid payer (Empfehlung 6.2) Voraussetzung der „deductible hybrid payments rule“ ist der doppelte Abzug, ein erstes Mal im Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“, unter I.2.a), S. 277) und ein weiteres Mal („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“, unter I.2.b), S. 278). a) Im Staat des Zahlungsleisters abzugsfähige Zahlung Betrachtet wird die Zahlung („payment“) und damit die einzelne Erwerbsaufwendung (Kapitel 1, unter I.1., S. 35 und Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87) und nicht die Einkünfte. Art. 2 Abs. 9 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2016/1164 sprach von „Zahlungen, Aufwendungen oder Verluste(n)“ (Kapitel 2, unter I.4.b), S. 92), auch der Begriff „doppelter Abzug“ betrifft nach Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 den „Abzug derselben Zahlung, derselben Aufwendungen oder derselben Verluste“. Die Zahlung muss auch nach den Rechtsvorschriften des Staats des Zahlungsleisters abzugsfähig („deductible“ 1148) sein („a payment 1148 Dazu OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 69 f. (Rn. 188 ff.).
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4. Teil: Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD
that is deductible under the laws of the payer jurisdiction“, Empfehlung 6.2). Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“) ist der Staat, in dem der Zahlende entweder nicht ansässig oder ansässig ist („(a) the payer is not a resident of the payer jurisdiction“, „(b) the payer is resident in the payer jurisdiction“, Empfehlung 6.2). Lässt man in den in Kapitel 2 (unter II., S. 99) für Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. geschilderten Szenarien die Organschaft außer Acht, dann kann es im outbound Fall (Quellenstaat/„payer jurisdiction“ ist das Ausland, Deutschland ist Ansässigkeitsstaat/„parent jurisdiction“) im Ausland in den Konstellationen unter II.1.a)aa) (S. 101) und unter II.1.a)bb) (S. 102) (Empfehlung 6.2[a]) sowie unter II.1.a)cc) (S. 103) (Empfehlung 6.2[b]) zur abzugsfähigen Zahlung i. S. d. Empfehlung kommen. Im umgekehrten inbound Fall (Quellenstaat/„payer jurisdiction“ ist Deutschland, das Ausland ist Ansässigkeitsstaat/„parent jurisdiction“) kann es in Deutschland in den Konstellationen unter II.2.a) (S. 112) und unter II.2.b)aa) (S. 115) (Empfehlung 6.2[a]) sowie unter II.1.d) (S. 111) (Empfehlung 6.2[b]) zur abzugsfähigen Zahlung kommen. b) Nochmaliger Abzug („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft Es muss zum nochmaligen Abzug („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“) kommen („(a) . . . and the payment triggers a duplicate deduction for that payer (or a related person) under the laws of the jurisdiction where the payer is resident (the parent jurisdiction);“ „and the payment triggers a duplicate deduction for an investor in that payer (or a related person) under the laws of the other jurisdiction (the parent jurisdiction).“). Für die zuvor in Bezug genommenen Konstellationen bedeutet dies: Im outbound Fall (Quellenstaat/„payer jurisdiction“ ist das Ausland, Deutschland ist Ansässigkeitsstaat/„parent jurisdiction“) kann es in Deutschland – vorbehaltlich insbesondere § 2a EStG – zum nochmaligen Abzug kommen, im inbound Fall (Quellenstaat/„payer jurisdiction“ ist Deutschland, das Ausland ist Ansässigkeitsstaat/ „parent jurisdiction“) kann es im Ausland zum nochmaligen Abzug kommen. Gleichermaßen, aber deutlich unbestimmter nahm auch Art. 2 Abs. 9 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2016/1164 auf den erstmaligen („werden sowohl in dem Mitgliedstaat, aus dem die Zahlungen stammen bzw. in dem die Aufwendungen oder Verluste angefallen sind“) und den nochmaligen („als auch in einem anderen Mitgliedstaat“) Abzug Bezug. Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 spricht von einem „Abzug . . . in dem Steuergebiet, aus dem die Zahlung stammt bzw. in dem die Aufwendungen oder die Verluste anfallen (Steuergebiet des Zahlenden), und in einem anderen Steuergebiet (Steuergebiet des Investors).“
Kap. 8: Umsetzung der BEPS Empfehlungen
279
3. Rule only applies to payments that result in a hybrid mismatch (Empfehlung 6.3) Im Staat der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“) wird es im Fall weiterer steuerpflichtiger Einnahmen (Einkünfte) und vorbehaltlich eventueller Besonderheiten (Abzugs-, Verrechnungsbeschränkungen und so weiter) „automatisch“ zur Verrechnung mit sog. non-dual inclusion income kommen, wenn kein oder ungenügend sog. dual inclusion income erzielt oder hiermit nachrangig verrechnet wird. Für ein „hybrid mismatch“ wird es daher zur Voraussetzung erhoben, dass es im Staat des Zahlungsleisters zur Verrechnung („set-off“) mit sog. non-dual inclusion income kommt („may be set-off, under the laws of the payer jurisdiction, against income that is not dual inclusion income“, Empfehlung 6.3); ähnlich stellt Art. 2 Abs. 9 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 klar, dass hybride Gestaltungen mit doppelten Abzügen „nur insoweit (entstehen), als es im Steuergebiet des Zahlenden gestattet ist, den Abzug mit einem Betrag zu verrechnen, der steuerlich nicht doppelt berücksichtigt wird“ (Buchst. b). In dieser Arbeit (Kapitel 3, unter II.3.d), S. 163) wurde aufgezeigt, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf einzelne Einkunftsquellen, nicht erst auf das Ergebnis aus den Einzelergebnissen verschiedener Quellen nach (horizontalem, vertikalem) Verlustausgleich anzuwenden ist. Indem § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf negative Einkünfte und nicht auf einzelne Aufwendungen (Kapitel 3, unter II.1., S. 140) angewandt wird, findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in Höhe der Verrechnung mit in derselben Quelle erzielten Einnahmen (sog. dual inclusion income) keine Anwendung. Erzielt ein inländischer Steuerpflichtiger im outbound Fall in seiner ausländischen (Anrechnungs-)Betriebsstätte negative Einkünfte („–100“, „dual inclusion losses“) und in einer weiteren, inländischen Betriebsstätte positive Einkünfte („+100“, sog. non-dual inclusion income), dann findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. separat auf die ausländischen negativen Einkünfte („–100“) Anwendung und ordnet deren Nichtberücksichtigung im Inland an.1149 Erzielt umgekehrt ein ausländischer Steuerpflichtiger im inbound Fall in seiner inländischen Betriebsstätte negative Einkünfte („–100“, „dual inclusion losses“) und in einer weiteren, ausländischen Betriebsstätte positive Einkünfte („+100“, sog. non-dual inlcusion income), dann stellen die inländischen, negativen Einkünfte genauso negative Einkünfte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. dar.1150 Es
1149 Es müssen die weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. erfüllt sein. Dazu gehört z. B., dass die gesonderte Feststellung zum Zwecke des Verlustvortrags keine tatbestandsmäßige Berücksichtigung ist (Kapitel 4, unter I.6.a), S. 194). Eine Verrechnung im Ausland könnte z. B. im Wege der Gruppenbesteuerung eintreten. 1150 Eine andere Frage (dazu Kapitel 3, unter II.3.d), S. 163) ist, ob § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. auf die inländische Organträger-Betriebsstätte i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG zu verengen ist und weitere inländische Quellen außer Acht zu lassen sind.
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4. Teil: Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD
wird also den Empfehlungen der OECD allenfalls insoweit entsprochen, als ein auf einzelne Einkunftsquellen bezogenes Verständnis berührt ist. Im inbound Fall (Deutschland ist Quellenstaat/„payer jurisdiction“) ist mit Blick auf die Szenarien in Kapitel 2 (unter II.1.d), S. 111, unter II.2.a), S. 112 und unter II.2.b)aa), S. 115) unter dem Gesichtspunkt der Verrechnung mit sog. dual inclusion income außerdem den organschaftlichen Vorgängen der Einkommenszurechnung und Gewinnabführung Bedeutung beizumessen. Denn einerseits wird die Einkommenszurechnung im Zweifel im Ausland nicht nachvollzogen (Kapitel 1, unter II.5.a), S. 55), führt aber im Inland zur Besteuerung beim Organträger. Andererseits werden die Gewinnabführung/Verlustübernahme zwar für Zwecke der Besteuerung im Inland unberücksichtigt gelassen (Kapitel 1, unter II.4.a), S. 51), bilden im ausländischen Ansässigkeitsstaat aber häufig den Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung (Kapitel 1, unter II.5.b), S. 57, unter II.7.c), S. 72 und unter II.7.d), S. 74). Besteuert der Ansässigkeitsstaat Dividenden (und ordnet er die Gewinnabführung als eine solche ein), dann wird die Gewinnabführung neben inländischen, negativen Einkünften, die auf Ebene der Betriebsstätte, Personengesellschaft oder hybriden Körperschaft erzielt wurden, gleichermaßen steuerlich erfasst und im Zweifel mit diesen negativen Einkünften im Ausland ausgeglichen.1151 Knüpft Deutschland steuerliche Folgen an die steuerliche Zurechnung, das Ausland aber an die handelsrechtliche Gewinnabführung, dann mag hierin vereinfacht (beide Beträge entsprechen einander regelmäßig nicht1152) sog. dual inclusion income erblickt werden. Auch nach der OECD hindern Mechanismen zur Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung im Prinzip nicht die Beurteilung als „dual inclusion income“.1153 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. lässt sich jedoch keine Unterscheidung zwischen „non-dual inclusion income“ und „dual inclusion income“ entnehmen (Kapitel 3, unter II.4.c), S. 173).1154 4. Neutralise the mismatch to the extent the payment gives rise to a DD outcome (Empfehlung 6.1) Kommt es zum Abzug im Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“) und zum nochmaligen Abzug („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“) mit dem Ergebnis einer hybriden Besteuerungsinkon-
1151
Lüdicke, in: ders., BEPS – Herausforderungen, S. 139. Vgl. Fn. 890. 1153 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 71 f. (Rn. 198), 79 f. (Rn. 226). 1154 Gibt es einen Anrechnungshöchstbetrag im Ansässigkeitsstaat, dann unterbleibt dort auch eine Anrechnung der in Deutschland angefallenen Steuer (Lüdicke, in: ders., BEPS – Herausforderungen, S. 140). 1152
Kap. 8: Umsetzung der BEPS Empfehlungen
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gruenz („hybrid mismatch“), dann sieht die „deductible hybrid payments rule“ vorrangig die Verweigerung des nochmaligen Abzugs („duplicate deduction“) im Staat der Muttergesellschaft vor (Empfehlung 6.1[a]). Nachrangig ist der Abzug im Staat des Zahlungsleisters zu versagen (Empfehlung 6.1[b]). Im outbound Fall wird in erster Linie an § 2a EStG zu denken sein, der aber nur spezielle Tatbestände beschränkter Verrechnung normiert und insofern keine Umsetzung der Empfehlung ist. Wird der Blick auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. gerichtet, dann fällt die grundsätzliche Anwendbarkeit – im Rahmen einer bestehenden Organschaft – in allen vorstehend unter I.2.a) (S. 277) ausgeführten outbound Fällen auf. Umgekehrt findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. mit Blick auf den Organträger grundsätzlich auch in allen unter I.2.a) (S. 277) behandelten inbound Konstellationen Anwendung (Kapitel 3, unter I.3., S. 135), aufgrund ihrer (einfach-rechtlichen) Untauglichkeit als Organgesellschaft insoweit jedoch nicht auf beschränkt Steuerpflichtige und (in Deutschland transparent besteuerte) Personengesellschaften. Die Empfehlung 6.1(b) ist nur nachrangig anzuwenden („If the parent jurisdiction does not neutralise the mismatch“) und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist für den inbound Fall keine Vorrangregel zugunsten der Nichtberücksichtigung im Ansässigkeitsstaat zu entnehmen.1155 Der Vorrangregel ließe sich de lege lata Rechnung tragen, indem bei Anwendung der Empfehlung 6.1(a) im Ausland eine tatbestandsmäßige Berücksichtigung verneint wird und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. somit nicht zur Anwendung gelangt. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. findet Anwendung bei bloßer Verrechnung im Ausland mit sog. dual inclusion income (vorstehend unter I.3., S. 279) und enthält keine Regelung zum Umgang mit überschießenden Betriebsausgaben („excess deduction“). Die Richtlinie (EU) 2016/1164 machte insoweit keine Vorgaben (Kapitel 2, unter I.4.b), S. 92). Art. 9 Abs. 1 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 sieht die vorrangige Verweigerung des Abzugs im Steuergebiet des Investors (Buchst. a), die nachrangige Verweigerung im Steuergebiet des Zahlenden (Buchst. b) vor. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. enthält auch keine Regelung zur Verhinderung nicht ausgeglichener Verluste („stranded losses“) i. S. v. Empfehlung 6.1(d) S. 2; das deutsche Verfahrensrecht mag aber in begrenztem Umfang Möglichkeiten zu deren Verhinderung bieten (Kapitel 4, unter I.7., S. 197).
II. Dual-resident payer rule (Empfehlung 7) Auch zur „dual-resident payer rule“ werden der Anwendungsbereich (unter II.1., S. 282), Spezifika der Voraussetzungsseite (unter II.2., S. 282 und unter II.3., S. 283) und abschließend die Rechtsfolgenseite (unter II.4., S. 283) behandelt.
1155 Die Anpassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. anregend Lüdicke, in: ders., BEPS – Herausforderungen, S. 140.
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4. Teil: Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD
1. Scope of the rule (Empfehlung 7.4) Der Anwendungsbereich ist unbegrenzt (Empfehlung 7.4). Auch Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 nimmt lediglich auf einen „Steuerpflichtigen, der in zwei oder mehr Steuergebieten steuerlich ansässig ist,“ und nicht etwa auf eine „hybride Gestaltung“ Bezug. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist stattdessen auf die Organschaft beschränkt (Einleitung, unter II., S. 26); der persönliche Anwendungsbereich ist höchst strittig, Einschränkungen desselben lassen sich kaum überzeugend begründen (Kapitel 3, unter I., S. 123). 2. Rule only applies to deductible payments made by a dual resident (Empfehlung 7.2) Erfasst sind nur doppelt ansässige Steuerpflichtige (Empfehlung 7.2).1156 Der Begriff der Zahlung („payment“) wird wie im Rahmen der „deductible hybrid payments rule“ (Kapitel 8, unter I.2.a), S. 277) weit verstanden und meint Erwerbsaufwendungen (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87). Wie im Rahmen der Empfehlung 6 überlässt es die OECD den Staaten, auch andere doppelte Abzüge ohne unmittelbaren Zahlungsabfluss (Abschreibungen) zu erfassen (Kapitel 2, unter I.4.a), S. 87). Nach der OECD scheidet bei Doppelansässigkeit eine Unterscheidung zwischen dem Staat des Zahlungsleisters („payer jurisdiction“) und demjenigen der Muttergesellschaft („parent jurisdiction“) aus.1157 Wert wird darauf gelegt, dass selbst bei Einbindung in eine Gruppenbesteuerung die Ansässigkeit nicht entfällt.1158 Die körperschaftsteuerliche Organschaft ist ohne Einfluss auf die subjektive Steuerpflicht des Organträgers und der Organgesellschaft und die Einkünfteerzielung (Kapitel 1, unter II.3., S. 49); auch die Abkommensberechtigung wird nicht beeinflusst (Kapitel 1, unter II.6., S. 58). Damit ist dieser Aspekt weniger bedeutend für die körperschaftsteuerliche Organschaft, im grenzüberschreitenden Fall (Doppelansässigkeit) aber möglicherweise mit Blick auf eine ausländische, anders ausgestaltete Gruppenbesteuerung. Die Überschrift des Art. 9 der Richtlinie (EU) 2016/1164 („Hybride Gestaltungen“) ließ auf eine Nichterfassung doppelt ansässiger Körperschaftsteuersubjekte schließen; es bestand jedoch ein gewisser Auslegungsspielraum (Kapitel 2, unter I.4.b), S. 92). 1156 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 80 (Rn. 231): „A person should be treated as a resident of a jurisdiction for tax purposes if it qualifies as tax resident or is taxable in that jurisdiction on their worldwide net income.“ 1157 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 78 (Rn. 217). 1158 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 80 (Rn. 231), 337 f. (Rn. 7).
Kap. 8: Umsetzung der BEPS Empfehlungen
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Die in Kapitel 2 (unter II.3., S. 118) für die Organschaft behandelten Situationen zeigen, dass es auch bei Organschaft zur Doppelansässigkeit kommen kann. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Begründung einer Organschaft zu doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz außerhalb der EU/des EWR oder mit Geschäftsleitung im Aus- und Sitz im Inland (jeweils) als Organgesellschaft nicht möglich (§§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG). Auch insofern setzt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. die Empfehlung nicht um. 3. Rule only applies to payments that result in a hybrid mismatch (Empfehlung 7.3) Es muss zur hybriden Besteuerungsinkongruenz („hybrid mismatch“) durch Verrechnung mit „non-dual inclusion income“ kommen (Empfehlung 7.3), im Umfang der Verrechnung mit „dual inclusion income“ bleibt die Inkongruenz aus (Empfehlung 7.1[b]). Art. 9b S. 1 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 stellt darauf ab, dass es „in dem anderen Steuergebiet gestattet ist, den zweiten Abzug mit den Einkünften zu verrechnen, die steuerlich nicht doppelt berücksichtigt werden.“ Zur Verrechnung mit „non-dual inclusion income“ in zwei Staaten kann es durch Einbindung der doppelt ansässigen Gesellschaft in eine Gruppenbesteuerung in beiden Staaten,1159 aber z. B. auch durch Einbindung der doppelt ansässigen Gesellschaft in eine Gruppenbesteuerung in nur einem Staat und Beteiligung an einer hybriden Gesellschaft in dem anderen Staat kommen.1160 Der erstgenannte Fall entspricht dem in der Einleitung (unter I., S. 22) geschilderten „klassischen“ Fall des „double dip“. Zugleich zeigt der zweite Fall, dass vergleichbare Ergebnisse auch ohne Gruppenbesteuerung erzielt werden können, das Erfordernis einer Organschaft durch Verortung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in der Organschaft eine zu restriktive Umsetzung ist. Auch im Fall der Doppelansässigkeit stellen negative Einkünfte einen quellenbezogen zu bestimmenden Saldo dar und kann die Gewinnabführung (Einkommenszurechnung) zu sog. dual inclusion income führen (vgl. Kapitel 8, unter I.3., S. 279). 4. Neutralise the mismatch to the extent the payment gives rise to a DD outcome (Empfehlung 7.4) Als Rechtsfolge ist die Verweigerung des Abzugs in beiden Staaten („Each resident jurisdiction will deny“) vorgesehen (Empfehlung 7.1[a]). Gleichermaßen können überschießende Betriebsausgaben („excess deduction“) in anderen Zeit1159 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014, S. 55 (Abbildung 3.2). 1160 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 336 ff. (Beispiel 7.1).
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4. Teil: Verhältnis zu den BEPS Empfehlungen der OECD
räumen mit doppelt berücksichtigten Einnahmen („dual inclusion income“) verrechnet, zur Verhinderung einer Nichtberücksichtigung in beiden Staaten („stranded losses“) kann die Verrechnung in einem Staat mit „non-dual inclusion income“ zugelassen werden (Empfehlung 7.1[c]).1161 Nach Art. 9b S. 1 i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 „verweigert der Mitgliedstaat des Steuerpflichtigen den Abzug insoweit, als in dem anderen Steuergebiet gestattet ist, den zweiten Abzug mit den Einkünften zu verrechnen, die steuerlich nicht doppelt berücksichtigt werden.“ Satz 2 des Art. 9b i. d. F. der Richtlinie (EU) 2017/952 sieht für den Fall, dass der Steuerpflichtige in zwei Mitgliedstaaten ansässig ist, die vorrangige Verweigerung des Abzugs in dem Mitgliedstaat vor, der nach dem DBA nicht der Ansässigkeitsstaat (also der Quellenstaat) ist. Denkwürdig ist meines Erachtens der Ansatz der OECD, in beiden Staaten (automatisch) die Berücksichtigung im Umfang des das „dual inclusion income“ übersteigenden Teils zu versagen: Die OECD erkennt das Risiko der Überbesteuerung („risk of double taxation“ 1162), das der Steuerpflichtige durch Schaffung von „dual inclusion income“ vermeiden könne.1163 Vielfach werden hierzu die wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht oder nur unzureichend bestehen, z. B. wenn die doppelt ansässige Gesellschaft das aufgenommene Darlehen nicht an die eigene Muttergesellschaft weiterreichen kann, weil dieses zur Akquisition der eigenen Tochtergesellschaft verwendet wurde.1164 Wirtschaftliche Entscheidungen drohen durch steuerliche Vorgaben beeinflusst zu werden. Es ist fraglich, ob bei Verweigerung der Verrechnung im anderen Ansässigkeitsstaat eine tatbestandsmäßige „Berücksichtigung“ eintritt (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. findet Anwendung) oder nicht (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. findet keine Anwendung).
III. Fazit Es war zu beobachten, dass viele der in Kapitel 2 (unter II., S. 99) geschilderten Konstellationen von den Empfehlungen 6 und 7 der OECD nicht erfasst sind. 1161 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 80 (Rn. 228 f.). 1162 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 80 (Rn. 227), 337 (Rn. 5). 1163 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 80 (Rn. 227), 338 ff. (Rn. 9 ff.). 1164 Zu diesem Vorschlag OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 338 f. (Rn. 9 f.). Von mangelnder Sensibilität zeugt die Anregung, Staaten könnten doppelt ansässige Gesellschaften von der Gruppenbesteuerung ausschließen (S. 340 [Rn. 14]). Insofern sei auf das BFH-Urt. v. 29.1.2003, I R 6/99, BFHE 201, S. 463 ff. verwiesen.
Kap. 8: Umsetzung der BEPS Empfehlungen
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Mit Blick auf die Empfehlung 6 („deductible hybrid payments rule“) sind dies die Situationen der Intransparenz (Rechtstypenvergleich) im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters („parent jurisdiction“), die in Kapitel 2 für den outbound Fall unter II.1.b)bb) (S. 105) und für den inbound Fall unter II.2.b)bb) (S. 115) geschildert wurden. Auch den Fall übereinstimmender Intransparenz (Kapitel 2, unter II.1.b)aa), S. 105 [outbound] und unter II.1.c), S. 105 [inbound, ohne die dort geschilderten Wege einer Verlustberücksichtigung beim Gesellschafter]) hat die OECD nicht vor Augen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass aufgrund der Intransparenz aus Sicht der „parent jurisdiction“ eine doppelte Berücksichtigung desselben Verlusts (Aufwands) grundsätzlich nicht droht. Andererseits ermöglicht in den in Kapitel 2 unter II.1.c) (S. 105) geschilderten Konstellationen der Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters („parent jurisdiction“, „Staat der Muttergesellschaft“) bewusst die Berücksichtigung der Ergebnisse nicht ansässiger, im Ausgangspunkt nach dem sog. Trennungsprinzip zu behandelnder Tochtergesellschaften. Die behandelten Institute treffen aber Vorkehrungen gegen eine Verrechnung im Ausland (z. B. in Deutschland) mit sog. non-dual inclusion income: In eine grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung werden alle Tochtergesellschaften (niedrige Beteiligungsschwelle) einzubeziehen sein (unter II.1.c)aa), S. 106), Voraussetzung für eine grenzüberschreitende Verlustzurechnung ist die Nichtberücksichtigung der Verluste im Ausland und es wird eine Nachversteuerung angeordnet (unter II.1.c)bb), S. 107), im Fall des „check-thebox“ Wahlrechts finden die „dual consolidated loss“ Regelungen Anwendung (unter II.1.c)cc), S. 109), die spezifisch eine solche doppelte Verlustverrechnung zu verhindern suchen (Kapitel 2, unter I.2.c), S. 79). Im Fall der „indirekten“ Verlustberücksichtigung (unter II.1.c)dd), S. 110) wird es sich um eigene Verluste des Anteilseigners handeln und besondere Vorkehrungen verhindern häufig, dass die Hinzurechnungsbesteuerung auch negative Einkünfte erfasst (unter II.1.c)ee), S. 110). Die in Kapitel 2 (unter II.3., S. 118) geschilderten Fälle der Doppelansässigkeit sind in gewissem Umfang von der Empfehlung 7 („dual-resident payer rule“) erfasst. Ob eine doppelte Verrechnung von Verlusten (Aufwendungen) mit „nondual inclusion income“ im Raum steht, wird im Wesentlichen davon abhängen, ob die DBA-Ansässigkeit durch einen „tie-breaker“ einem Vertragsstaat zugewiesen ist, ob (bejahendenfalls) die negativen Einkünfte (Aufwendungen) im Ansässigkeitsstaat oder im Quellenstaat anfallen und wie im Fall negativer Einkünfte aus dem Quellenstaat der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung vermeidet. Es treten viele aufgezeigte Aspekte hinzu: § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. ist anders als die Empfehlungen der OECD auf die Organschaft begrenzt. Der Norm ist auch keine eindeutige Vorrangregelung/Nachrangregelung zu entnehmen, sodass Deutschland, was im Wege der Anordnung nachrangiger Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. geschehen könnte, kein Steueraufkommen ab-
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Schlusswort
gibt. Wie in Kapitel 2 (unter I.5., S. 98) geschlussfolgert wurde, laufen die Vorschläge der OECD und die Vorgaben des EU-Sekundärrechts hierauf aber hinaus. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. misst der Verrechnung im Ausland mit sog. dual inclusion income keine Bedeutung bei, sieht auch keine Verrechnung der erfassten Verluste (Aufwendungen) in anderen Zeiträumen mit „dual inclusion income“ vor und berücksichtigt nicht die Eventualität sog. stranded losses. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. setzt die Empfehlungen 6 und 7 der OECD daher nicht um.1165
Momentaufnahme zu § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (Schlusswort) Die umfassende Beschäftigung mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. in dieser Arbeit gibt Anlass für eine Momentaufnahme samt Schlussfolgerungen. Der Blick wird zunächst auf die bestehende Rechtslage nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. gerichtet (unter I., S. 286). Die hieraus abzuleitenden Ergebnisse wie auch der aktuelle Kontext sind Grundlage für weiterführende Überlegungen (unter II., S. 287).
I. Rückblick Seit der Schaffung von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG a. F. durch das UntStFG vom 20.12.20011166 sind über 15 Jahre vergangen. Die in der Literatur zur Alt- und zur Neufassung vorgebrachte Kritik hat den zweiten und den dritten Teil dieser Arbeit geprägt. Der in der Einleitung (unter IV., S. 31) geschilderte aktuelle Zustand aus Sicht der Finanzverwaltung erscheint ambivalent: Auf der einen Seite die Nennung in den Formularen, auf der anderen Seite die (bewusste) Außerachtlassung in den finalen Körperschaftsteuer-Richtlinien. Als ursächlich für die bestehende Unklarheit erscheint auch die Vielzahl der potenziellen Anwendungsfälle der Neufassung (vgl. Kapitel 2, unter II., S. 99), sodass ein erstes Anliegen dieser Arbeit die Ausarbeitung des Anwendungsbereichs der Neufassung war. Einfach-rechtlich ist der Anwendungsbereich der Neufassung weit gefasst. Einschränkungen in persönlicher Hinsicht lassen sich nicht überzeugend begründen (Kapitel 3, unter I.3., S. 135), die negativen Einkünfte des Organträgers und der Organgesellschaft(en) sind – in Abgrenzung zum Urteil des BFH vom 12.10. 20161167 – separat (Kapitel 3, unter II.2.d), S. 150) und quellenbezogen (Kapitel 3, unter II.3.d), S. 163) zu untersuchen, ohne dass sich dem Merkmal der „Negative(n) Einkünfte“ weitere Einschränkungen entnehmen ließen (Kapitel 3, 1165 Zu §§ 8b Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. Staats, IStR 2014, S. 749 (756): „Diese im letzten Jahr eingeführten Regelungen wird man aber aufgrund der nun sehr viel umfassender vorgelegten Empfehlungen für nationale Rechtsvorschriften nur als ersten Schritt ansehen können.“ 1166 BGBl. I 2001, S. 3858 ff. 1167 BFH, Urt. v. 12.10.2016, I R 92/12, DStR 2017, S. 589 ff.
Schlusswort
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unter II.4., S. 169). Auch eine Ausgrenzung der Anrechnungs- oder der Freistellungsmethode lässt sich de lege lata kaum begründen (Kapitel 3, unter III.2.d), S. 182). Die Untersuchung hat ergeben, dass die gesonderte Feststellung zum Zweck des Verlustabzugs (Kapitel 4, unter I.6.a), S. 194) oder die Beachtung bei der Steueranrechnung oder beim Progressionsvorbehalt (Kapitel 3, unter III.1., S. 176) keine „Berücksichtigung“ sind, der Vorgang sich auf die Bemessungsgrundlage auswirken muss. Der weite Wortlaut der Neufassung lässt weitere Einschränkungen der Tatbestandsseite, etwa ein Erfordernis der Berücksichtigung bei derselben Person oder im Rahmen einer Gruppenbesteuerung, nicht zu (Kapitel 4, unter III.1., S. 206 und unter III.2., S. 207), gibt mit dem Merkmal „einer anderen Person“ vielmehr Anlass zur Erfassung von Fällen einer Berücksichtigung bei verschiedenen Personen (Kapitel 4, unter III.3., S. 210). Diese weite Normausgestaltung erfährt durch das Verfassungs-, das Europaund das Abkommensrecht vielfache Einschränkungen. Aus der uneingeschränkt angeordneten Nichtberücksichtigung negativer Einkünfte auch für den Fall bloßer organschaftlicher Einbindung ohne tatsächlichen Ergebnisausgleich ergibt sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Kapitel 5, unter I.2.d), S. 229). Ermöglicht die Organschaft einen solchen Ausgleich, ist diese zumindest denkbare Einschränkung dennoch verhältnismäßig auszugestalten. Die Grundfreiheiten schränken § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. insoweit ein, als dass die Norm zwar die Erfassung positiver Einkünfte in der inländischen Bemessungsgrundlage zulässt, die Erfassung (inländischer, ausländischer) negativer Einkünfte aber asymmetrisch versagt (Kapitel 6, unter II.5., S. 262). Die deutlich gezielteren Diskriminierungsverbote der DBA geben keine Handhabe gegen eine Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. (Kapitel 7, unter IV., S. 274).
II. Ausblick Die Aufrechterhaltung dieses Zustands kann (darf) nicht gewollt sein. Denn eine in weiten Teilen rechtswidrige Norm macht das Steueraufkommen unplanbar und abhängig von Rechtsstreitigkeiten. Für den Steuerpflichtigen bedeutet die Divergenz aus Anspruch und tatsächlicher Bedeutung der Norm Rechtsunsicherheit. Die anstehende Umsetzung von BEPS Action 21168 sowie der Richtli1168 Die Protokollerklärung der Bundesregierung v. 19.12.2014 (keine BT-Drs. oder BR-Drs.) formuliert u. a.: „Zum Jahresanfang 2015 laden wir die Länder zu einer BundLänder-Arbeitsgruppe zur Erörterung der Umsetzung der in 2015 vorliegenden Ergebnisse des BEPS-Projekts der OECD ein. Auf der Basis der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe legt die Bundesregierung zeitnah einen Gesetzentwurf hierzu vor, der insbesondere die Thematik hybride Gestaltungen umfassen wird.“ Hierauf Bezug nehmend BR-Drs. 406/1/16, S. 4: „Ziel der eingesetzten und in unregelmäßigen Abständen tagenden Arbeitsgruppe ist ein umfassendes gesetzgeberisches Konzept zur vollständigen Umsetzung der OECD/G20-Empfehlungen. Der Abschluss der umfangreichen Arbeiten und die Vorlage von Gesetzesvorschlägen sind aber derzeit noch nicht absehbar.“
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Schlusswort
nien (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.7.20161169 und (EU) 2017/952 des Rates vom 29.5.20171170 geben daher Anlass zur Reflektion. Denn zwischen dem international Vereinbarten (BEPS), dem europarechtlich verbindlich Umzusetzenden (Richtlinien vom 12.7.2016 und vom 29.5.2017) und dem steuerpolitisch (Un-) Gewollten besteht zwar eine Schnittmenge, aber keine Kongruenz (Kapitel 8, unter III., S. 284). Betrachtet man die sechs Empfehlungen der OECD, dann fällt auf, dass die Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs stets (teilweise vorrangige, teilweise alleinige) Antwort auf eine Besteuerungsinkongruenz („hybrid mismatch arrangement“) sein soll.1171 Die ganzheitliche Umsetzung verlangt also auch außerhalb der doppelten Berücksichtigung desselben Aufwands (Verlusts) ein Abzugsverbot (namentlich zur Verhinderung der „deduction/no inclusion“), das das deutsche Steuerrecht aber nicht vorsieht.1172 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. findet in diesen Situationen keine Anwendung (Kapitel 4, unter I.8., S. 202). Die Schaffung einer allgemeinen Regelung könnte daher die vollständige, kohärente Umsetzung der Empfehlungen der OECD, zu denen neben den in Kapitel 8 (S. 275) diskutierten Empfehlungen auch die Regelungen in den Kapiteln 1, 3, 4 und 8 des Abschlussberichts der OECD gehören, gewährleisten. Andererseits ließen sich damit die verfassungsrechtlichen Defizite der Ungleichbehandlung von Organträgern und nicht organschaftlich verbundenen Anteilseignern (Kapitel 5, unter I.2.d), S. 229) beheben. Soll allein der organschaftliche (subjektübergreifende) Ergebnisausgleich eingeschränkt werden, dann gibt die Schaffung einer allgemeinen Regelung die Möglichkeit zur entsprechenden Einschränkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. unter Berücksichtigung der in Kapitel 5 (unter I.2.c), S. 226) geschilderten Alternativen. In den Bereichen, in denen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. über die international vereinbarten Tatbestände verhinde1169
ABlEU. L 193 v. 19.7.2016, S. 1 ff. ABlEU. L 144 v. 7.6.2017, S. 1 ff. 1171 Übersichtlich OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 20 (unter „Response“). Wie aus dieser Übersicht hervorgeht, wird die „hybrid financial instrument rule“ (S. 23 ff.) um spezifische Empfehlungen („Specific recommendations“, S. 45 ff.) ergänzt, zu denen die Nichtgewährung einer Dividendenfreistellung für abzugsfähige Zahlungen gehört (Empfehlung 2.1). Vgl. § 8b Abs. 1 S. 2 KStG und Staats, IStR 2014, S. 749 (752). 1172 Mit Blick auf die „hybrid financial instrument rule“ (OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2014, S. 33 ff. [Rn. 51 ff.]; OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015, S. 23 ff.) Staats, IStR 2014, S. 749 (752). Vgl. auch den im Vereinigten Königreich mit Finance Act 2016 (Section 66 und Schedule 10) mit Wirkung ab dem 1.1.2017 neu eingefügten, ganzheitlichen Part 6A TIOPA 2010 (dazu z. B. Bhogal, BTR 2016, S. 575 ff.). Vom 9.12.2016 bis zum 10.3.2017 führte HM Revenue and Customs eine öffentliche Anhörung („consultation“) zu umfangreichen Richtlinien („guidance“) hierzu durch. 1170
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rungswürdiger, doppelter Verlustberücksichtigung hinausgeht (Kapitel 8, unter III., S. 284), muss bestimmt werden, ob die Berücksichtigung als tatsächlich problematisch einzuordnen ist und eine Maßnahme verlangt. Unabhängig davon, welcher dieser Wege (Aufhebung, Änderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F.) beschritten wird, sind die höherrechtlichen Anforderungen an die neuen bzw. geänderten Maßnahmen die gleichen. Diese Arbeit hat gezeigt, dass es im Vergleich zur völligen Nichtberücksichtigung verhältnismäßige Alternativen gibt (Kapitel 5, unter I.2.c), S. 226), deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht aber nicht durchweg geklärt ist (Kapitel 6, unter II.3.e), S. 259). Das Sekundärrecht in Form der Richtlinie (EU) 2016/1164 wies insofern bedauerlicherweise kaum die Richtung; auch die OECD unternimmt in ihrem Abschlussbericht vom 5.10.20151173 keine Untersuchung der Bedeutung der europäischen Grundfreiheiten für ihre Vorschläge. Andererseits ist zu begrüßen, dass mit der Richtlinie (EU) 2017/952 der Versuch einer genaueren Übernahme der Arbeiten der OECD unternommen wurde. Umso bedeutender wird es vor diesem Hintergrund sein, neuen oder geänderten Regelungen eine widerspruchsfreie Zielsetzung zugrunde zu legen, zu denen auch eine Berufung auf international abgestimmte Regelungen zur Bekämpfung von sog. hybrid mismatch arrangements gehören könnte. In Kapitel 8 (S. 275) wurde aufgezeigt, dass mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. eine solche kohärente Umsetzung nicht gelingt. Dies ist Anlass, diese Arbeit mit der Aufforderung zu beenden, die nahende Gesetzgebung zur Auseinandersetzung mit dem mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG n. F. verfolgten Anliegen zu nutzen. Fehlt es der Vorschrift bei objektiver Beurteilung im Kontext einer solchen neuen Gesetzgebung aber an einer eigenständigen Bedeutung, dann unterstreicht ihre gleichzeitige Abschaffung nur die Entschlossenheit, mit den neuen Vorschriften ein neues Kapitel im Umgang mit grenzüberschreitender Steuerarbitrage aufzuschlagen.
1173 OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, Action 2 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, 2015.
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Sachverzeichnis Abkommensberechtigung – Begriff 59–61 – der Organgesellschaft 61–63 – des Organträgers 63–66 Abkommensschutz im Hinblick auf – das Organeinkommen 67–72 – die Gewinnabführung 72–74 – die Verlustübernahme 74 – eigene Einkünfte 67 Ansässigkeit – der Organgesellschaft 62–63 – des unbeschränkt steuerpflichtigen Organträgers 64 Anti-Tax-Avoidance Directive 92–96 BEPS Action 2 87–91 Beschränkung (Europarecht) 238–241, 255–256 Bestimmtheitsgebot 231–232 Betriebsstättenvorbehalt 67–68, 74 Bruttomethode 149–150, 151–154, 175 Check-the-box Regelungen 109–110 Deductible hybrid payments rule 88–91, 276–281 Diskriminierung (Europarecht) 238–241, 254–255 Diskriminierungsverbote (DBA) – aufgrund der Staatsangehörigkeit 266– 267 – aufgrund des Anteilseigners 270–274 – Betriebsstättendiskriminierung 267– 270 Doppelansässigkeit – der Organgesellschaft 120–121, 121– 122, 133–135
– des Organträgers 118–120, 121–122, 130–133 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) 42–45, 262–274 Double dip 22–25 Dual consolidated losses (USA) – Domestic use limitation 79–80, 85 – Dual consolidated loss competent authority agreement 85–86 – Dual consolidated loss regulations 79– 81 – Mirror legislation rule 80–81, 85–86, 192 – Separate return limitation year 79–80, 227 – Separate unit combination rule 79 – Stand alone exception 81 Dual inclusion income (non-dual inclusion income) 90–91, 93, 96, 98, 173– 175, 259–261, 279–281, 283–284 Dual-resident payer rule 88–91, 281–284 Eigentumsgarantie 229–231 Einkommenszurechnung 52–54, 55–57, 62–63, 67–72, 219–220 Einkünfteidentität 189–190 Einkunftsquelle 36–37, 158–161 Erwerbsaufwendungen (-einnahmen) 35– 36, 90, 93, 140–141, 277, 282 Finale Verluste 44–45, 187–188, 201, 244, 261 Folgerichtigkeitsgebot 217–220 Gewerbesteuer 183–185 Gewinnabführung 51–52, 57, 72–74, 219–220, 280, 283
Sachverzeichnis Grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung (régime du bénéfice consolidé) 106–107 Grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung (mit Nachversteuerung) 100– 101, 104, 107–109, 113, 197, 202, 243, 250, 259–260 Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) 97 Hinzurechnungsbesteuerung 110–111 Hybrid mismatch arrangements 87–91 Individualbesteuerung 219 Inlandsbezug 26–28 Kapitalverkehrsfreiheit 213, 237–238, 252 Kohärenz (Europarecht) 250, 257–258, 259–261 Leistungsfähigkeitsprinzip 217–223 Liquiditätsvorteil 46–47, 240–241, 255– 256, 259 Marks & Spencer Rechtfertigung 248– 249, 258–259 Modifizierte Freistellung 181–182 Negative Einkünfte 37–39, 140–175 Niederlassungsfreiheit 213, 237–238, 252, 261–262 Objektives Nettoprinzip 35–36, 220– 221, 222, 226 Organgesellschaft 111–112, 120–122, 133–135 Organträger 105–111, 112–117, 118– 120, 121–122, 123–133
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Sonderbetriebsausgabenabzug 81–82, 116–117, 145 Stand alone Betrachtung 141–158 Steuerarbitrage 75–76 Steuermindereinnahmen (Europarecht) 248, 256 Steuerumgehung (Europarecht) 250, 256–257 Stranded losses 91, 261, 281, 284, 286 Subsidiaritätsklausel 67–68 Symmetriethese 43–45, 244, 261, 263– 264 Teilwertabschreibung 104–105, 110, 149–150, 221, 253 Territorialitätsprinzip 100, 106–107, 113, 221–223, 248 Treaty override 215, 264 Trennungsprinzip 46, 55, 107, 219–220, 225, 261 Verfahrensrecht 197–202 Vergleichbarkeit – europarechtlich 241–248, 253 – verfassungsrechtlich 216–218, 223– 225 Verlustabzug (Verlustvortrag und -rücktrag) 41–42, 76–77, 83–85, 158–169, 193–197, 220–221 Verlustausgleich 40–41, 46–47, 148–149, 158–169, 220–221 Verlustimport (-export) 38, 171–173 Verlustübernahme 51–52, 57–58, 74, 219–220
Personenidentität 206–207, 210, 274
Welteinkommensprinzip 99–100, 113, 221–223, 225–226, 229 Willkürverbot 216–217
Rechtstypenvergleich 102, 105–106, 285 Rückwirkungsverbot 232–236
Zeitgleichheit 190–191, 209, 211 Zurechnungstheorie 49–50, 62, 156