Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile 9783161602801


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German Pages 407 [416] Year 2021

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Table of contents :
Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen
A. Einleitung und Überblick
§ 1. Geschichtliche Entwicklung
I. Frankreich und die Schweiz
II. Frankreich und Sardinien
III. ANSELM FEUERBACH und die deutschen Länder
IV. Italien, Lateinamerika und die Entwicklung bis um 1869
V. Wissenschaft, Kongresse, Konferenzen
VI. Weiterentwicklung bis heute
§ 2. Fachausdrücke
I. Erststaat, Zweitstaat, Erstgesetzgebung, Zweitgesetzgebung usw.
II. Jurisdiktion und internationale Zuständigkeit
III. Befolgungs- und Beurteilungsregeln
§ 3. Abgrenzung und Ausscheidung
I. Kritik und Dogmatik
II. Rechtskraft und Vollstreckbarkeit, Beweiskraft und Tatbebestandswirkung
III. Vertragsrecht, autonomes Recht, Gegenseitigkeit
IV. Bestehende und geplante Kollektivverträge
1. Haager Abkommen über den Zivilprozeß
2. Internationales Personen-, Familien- und Erbrecht
3. Internationales Konkursrecht
4. Auswärtige Schiedssprüche
5. Eisenbahnabkommen
6. Rheinschiffahrtsakte
7. Allgemeine Kollektivverträge über Voll treckungshilfe
V. Erloschene, vorübergehende, künftige Verträge
1. Erloschene Verträge
2. Verträge mit vorübergehend geltenden Bestimmungen
3. Künftige Verträge
a) Vertragsentwürfe
b) Noch nicht ratifizierte Verträge
c) pacta de contrahendo
VI. Urteilsvollstreckung im Erststaat
VII. Zivilurteile, Strafurteile, Steuerbescheide
§ 4. Ermittlung der geltenden Verträge
I. Auffindung der Verträge
1. Frühere Zusammenstellungen
a) Rechtsvergleichende Zusammenstellungen
b) Zusammenstellungen für einzelne Länder
2. Allgemeine Vertragssammlungen
3. Gesetzsammlungen, Zeitschriften
4. Vermeidung von Fehlern
II. Weitergeltung der aufgefundenen Verträge
1. Ausdrückliche Aufhebung durch neuen Vertrag
2. Stillschweigende Aufhebung durch neuen Vertrag
3. Feststellung der Tatsache einer Kündigung
4. Wechsel der Landesgesetzgebung
5. Sardinien-Italien
6. Die beiden Weltkriege
7. Österreich-Ungarn, Österreich, Ungarn
8. Vatikanstadt
9. Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich
10. Tschechoslowakei
11. Polen
III. Erweiterung des Verzeichnisses der Verträge durch Meistbegünstigungsklauseln?
§ 5. Gestaltung des Verzeichnisses der Verträge
§ 6. Schrifttum
I. Schriften allgemeineren Inhalts
1. Einschlägige Abhandlungen sowie allgemeine Schriften zum internationalen Privat- und Prozeßrecht
2. Lehrbücher des Völkerrechts
II. Schriften zum Rechte der einzelnen Staaten
III. Besondere Schriften zu den einzelnen Staatsverträgen
B. Die Staatsverträge, einzeln betrachtet
I. Unvollkommene Verträge
§ 7
1. Leerlaufende Verträge
a) Bulgarien-Rumänien
b) Italien-Vatikanstadt
2. Vertrag mit enger gegenständlicher Begrenzung (Sowjetrußland-Mongolei)
II. Verträge mit grundsätzlich umfassender Regelung
1. Verträge mit Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage
§ 8. Unbestimmte Fassung
a) Sardinien/Italien-Spanien
b) Italien-Lateinamerika, Rumänien, Frankreich/Tunis
c) Schweiz-Spanien
d) Palästina-Ägypten?
§ 9. Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates
a) Unbestimmte Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates: Baden-Aargau
b) Verträge mit der österreichischen Jurisdiktionsformel
1. Österreich-Jugoslawien
2. Tschechoslowakei-Jugoslawien
3. Italien-Jugoslawien, Tschechoslowakei
4. Österreich-Türkei
c) Verträge mit der Jurisdiktionsformel des Haager Entwurfs von 1925
1. Schweiz-Tschechoslowakei, Österreich
2. Tschechoslowakei-Griechenland, Portugal, Spanien
d) Bloßer Vorbehalt der ausschließlichen Zuständigkeit eines zweitstaatlichen Gerichts
1. Ausdrücklicher Vorbehalt: Tschechoslowakei-Rumänien, Bulgarien, Polen; Deutsches Reich-Österreich
2. Stillschweigender Vorbehalt: Italien-San Marino, Spanien-Columbien
§ 10. Doppelte Verweisung: auf „die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts“ und auf die Gesetzgebung des Erststaates
Italien-Türkei
§ 11. Vertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände
a) Verträge des österreichischen Rechtskreises
1. Österreich-Bulgarien, Ungarn-Bulgarien
2. Jugoslawien-Bulgarien
3. Österreich-Ungarn
b) Deutsches Reich-Schweiz, Italien
c) Frankreich-Italien
d) Italien-Schweiz, Niederlande
e) Schweiz-Schweden
f) Die Verträge des englischen Rechtskreises
1. Großbritannien-Frankreich, Belgien
2. Palästina-Ägypten
2. Verträge mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage
§ 12
a) Frankreich-Schweiz
1. Gerichtsstände
2. Vollstreckbarerklärung
b) Frankreich-Belgien
1. Gerichtsstände
2. Rechtskraftwirkung und Vollstreckbarkeit
c) Belgien-Niederlande
1. Gerichtsstände
2. Rechtskraftwirkung und Vollstreckbarkeit
III. Rückblick
§ 13
C. Kritische Gesamtwürdigung
§ 14. Rahmen und Gestalt der Staatsverträge
I. Verbindung mit anderen Materien oder Selbständigkeit
II. Überschrift
III. Systematik
IV. Sprache
V. Räumlicher Geltungsbereich
VI. Persönlicher Geltungsbereich
VII. Zeitlicher Geltungsbereich
1. Kündigung
2. Rückwirkung
VIII. Nationale und internationale Auslegung
§ 15. Staatsvertrag und Landesrecht, Völkerrecht, Privatautonomie
I. Staatsvertrag und Landesrecht
1. Landesrecht als Ursache für die Gestaltung des Vertrags und seine Auslegung
2. Staatsvertragliche Regelung des Verhältnisses von Staatsvertragsrecht und Landesrecht
a) Staatsvertragliche Vollkodifikation
b) Teilkodifikation nach Prozeßstadien
c) Teilkodifikation nach Gegenständen
d) Schlichte Teilregelung. – Distanzierung und Verweisung
e) Vorrang des Staatsvertragsrechts vor dem Landesrecht
f) Subsidiäres Staatsvertragsrecht
II. Staatsvertrag und Völkerrecht
III. Staatsvertrag und Privatwille
1. Private Wahl zwischen staatsvertraglicher und landesgesetzlicher Regelung?
2. Gerichtsstandsvereinbarungen, vorbehaltlose Einlassung
3. Andre prozeßbeeinflussende Willensakte, insbesondere Erhebung der Klage
§ 16. Gegenstand der Staatsverträge
I. Gerichtliche Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
1. Zweckmäßigkeit einer genaueren Umschreibung
a) Bezeichnung der in Frage kommenden Gerichte
b) Strafgerichtliche Zuerkennung von Bußen (Adhäsionsurteile)
c) Entscheidungen in weitem und in engem Sinne
d) Streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit
e) Inhaltliche Begrenzung
2. Zweckmäßigkeit gewisser Ausscheidungen
a) Adhäsionsurteile
b) Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit
c) Nicht vermögensrechtliche Angelegenheiten
II. Anerkennung und Vollstreckung
1. Anerkennung
2. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in den reinen Vollstreckungsverträgen
3. Einklang zwischen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen
a) bei Erteilung des Exequatur
b) bei Ablehnung des Exequatur
c) bei einem die Anerkennung bejahenden Urteil
d) bei einem die Anerkennung versagenden Urteil
§ 17. Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils
I. Keine révision du fond
II. Die vier Punkte der Nachprüfung
1. Die Jurisdiktionsfrage (s. § 18)
2. Der ordre public
a) Das allgemeine Problem
b) Anwendung unerwünschter privatrechtlicher Kollisionsnormen
e) Urteilserschleichung
d) Widersprechende Urteile
e) Rechtshängigkeit (Litispendenz)
3. Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Ersturteils im Erststaat
4. Schutz der säumigen Partei
III. Nachprüfung von Amts wegen
IV. Das Exequaturverfahren
1. Befugnis zur Einleitung des Verfahrens
2. Sorge für eine Vertretung des Vollstreckungsgläubigers
3. Urkundliche Nachweise
4. Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens. Sichernde Maßnahmen
§ 18. Fortsetzung. Die Jurisdiktionsfrage
I. Theoretische Grundlagen
1. Einteilung der Gerichtsstände in international beachtliche, international unerwünschte und völkerrechtswidrige Gerichtsstände
2. Fälle international unerwünschter Gerichtsstände
3. International beachtliche, in der eigenen Gesetzgebung fehlende Gerichtsstände
4. Positive und negative Bestimmung der international beachtlichen Gerichtsstände
a) Positive Bestimmung (österreichische Jurisdiktionsformel)
b) Negative Bestimmung (Haager Jurisdiktionsformel)
5. Bestimmung der international beachtlichen oder der international unerwünschten Gerichtsstände durch Verweisung
a) auf die zweitstaatliche Gerichtsstandsordnung. Fiktion der identischen Norm; vorbehaltene ausschließliche Gerichtsstände
b) auf die erststaatliche Gerichtsstandsordnung
c) auf international anerkannte Gerichtsstände
6. International unerwünschte Gerichtsstandsverweigerung
7. International unerwünschte Ausschließlichkeit
II. Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen
1. Unbestimmte Jurisdiktionsformel
2. Verweisung auf die erststaatliche Gerichtsstandsordnung
3. Beschränkung auf den Vorbehalt ausschließlicher Gerichtsstände
4. Verweisung auf die Zweitgesetzgebung in verschiedener Bedeutung
5. Verweisung auf allgemeine Grunsdätze des internationalen Rechts
6. Staatsvertragliche Anerkennung bestimmter Gerichtsstände. Subsidiäre Generalklausel
7. Befolgungsregeln und Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage
Schluß
Anhang: Verzeichnis der Verträge
A. Chronologisches Verzeichnis der geltenden und in den letzten Jahrzehnten außer Kraft getretenen Verträge
B. Systematisches Verzeichnis der geltenden oder 1940 in Geltung gewesenen Verträge, einschließlich des österreichisch-deutschen Vertrages von 1923
C. Alphabetisches Verzeichnis der gleichen Verträge
Inhaltsverzeichnis 2. Heft
Texte
Aargau–Baden
Ägypten–Palästina
Argentinien–Italien
Belgien–Frankreich
Belgien–Großbritannien
Belgien–Niederlande
Bolivien–Italien
Bulgarien–Jugoslawien
Bulgarien–Österreich-Ungarn
Bulgarien–Österreich
Bulgarien–Rumänien
Bulgarien–Tschechoslowakei
Columbien–Spanien
Costa Rica–Italien
Deutsches Reich–Italien
Deutsches Reich–Österreich
Deutsches Reich–Schweiz
Dominikanische Republik–Italien
Frankreich–Großbritannien
Frankreich–Italien
Frankreich–Schweiz
Zusatzvertrag von 1935
Frankreich/Tunis–Italien
Griechenland–Tschechoslowakei
Honduras–Italien
Italien–Jugoslawien
Italien–Nicaragua
Italien–Niederlande (noch nicht ratifiziert)
Italien–Paraguay
Italien–Peru
Italien–Rumänien
Italien–San Marino
Italien–Schweiz
Italien (Sardinien)–Spanien
Italien–Tschechoslowakei
Italien–Türkei
Italien–Vatikanstadt
Jugoslawien–Österreich
Jugoslawien–Tschechoslowakei
Mongolei–Sowjetrußland
Österreich–Schweiz
Österreich–Türkei
Österreich–Ungarn
Polen–Tschechoslowakei
Portugal–Tschechoslowakei
Rumänien–Tschechoslowakei
Schweden–Schweiz
Schweiz–Spanien
Schweiz–Tschechoslowakei
Spanien–Tschechoslowakei
Anhang
Haager Entwurf von 1925
Haager Questionnaire von 1925
Haager Zusätze von 1928
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Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile
 9783161602801

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B E I T R Ä G E ZUM

AUSLÄNDISCHEN

UND I N T E R N A T I O N A L E N

PRIVATRECHT

HERAUSGEGEBEN VOM MAX-PLANCK-INSTITUT UND

FÜR

INTERNATIONALES

AUSLÄNDISCHES PRIVATRECHT

Direktor : Professor Dr. Hans Dölle

24 I

19 5 3

WALTER DE G R U Y T E R & CO. BERLIN

J . C . B . M O H R (PAUL S I E B E C K ) TÜBINGEN

DIE ZWEISEITIGEN

STAATSVERTRÄGE

ÜBER ANERKENNUNG AUSLÄNDISCHER

ZIVILURTEILE

E i n e k r i t i s c h e U n t e r g u ch u n g von

Dr. W A L T E R

JELLINEK

Professor an der Universität Heidelberg

Erstes Heft: Abhandlung

19

V A L T E R DE G R U Y T E R & CO. BERLIN

5 3

J . C . B . M O H R (PAUL S I E B E C K ) TÜBINGEN

Gedruckt mit Uateretiitzuag der Deutleheu Foncbaagegemeiaecbaft

Alle Redtte vorbebalten Oboe auedriiddidle Genebmi~:uog des Verlage ist ee audl nidlt gestattet, das Budl oder Teile daraus auf pbotomemaniemem Wege IPhotokopie, Mikrokopie) zn vervielfähigen Printed in Germaoy Satz: Waller de Grnyter & Co., Berlin W 35 Druck: Budlkunet, Berlin W 35 eISBN 978-3-16-160280-1 unveränderte eBook-Ausgabe 2022

Vorwort Die niederländische Zeitschrift Rechtsgeleerd Magazijn brachte in ihrem 57. Jahrgang, 1938, S. 240, folgende Bekanntmachung: De Faculteit der Rechtsgeleerdheid te Leiden heeft thans de volgende prijsvraag uitgeschreven: ,,Het Legatum Visserianum vraagt eene kritische bespreking van de bestaande bilaterale verdragen betreffende de kracht van burgerlij ke vonnissen.'' Die deutschen Zeitschriften haben dann das Preisausschreiben, allerdings nicht ganz einheitlich, in deutscher Sprache wiedergegeben. In der Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 52 (1938) S. 439, z. B. heißt es: Der ab-actis der Fakultät der Rechtswissenschaft an der Universität Leiden teilt mit, daß die neue Preisaufgabe der Dr. S. J . VissER-Stiftung lautet: „Eine kritische Besprechung der bestehenden bilateralen Verträge bezüglich der Kraft von Zivilurteilen.'* Ablieferungstermin für die Arbeiten war der 29. Februar 1940. Vorliegende Abhandlung wurde mit dem Kennwort ,,Ubi societas, ibi ius" rechtzeitig eingereicht und ging preisgekrönt aus dem Wettbewerb hervor. Die Ungunst der Verhältnisse brachte es aber mit sich, daß ich erst 1947 vom Schicksal meiner Arbeit erfuhr. Der Leidener Juristenfakultät verdanke ich es also, daß ich mich in einer Zeit, da mir in Deutschland Schweigen auferlegt war, mit ganzer Kraft der Bearbeitung einer schönen und fruchtbaren rechtswissenschaftlichen Aufgabe widmen durfte. Es soll ihr unvergessen bleiben. Der Abhandlung liegt die Fassung der Preisschrift von 1940 zugrunde. Doch habe ich überall den Ereignissen seit 1940 durch Streichungen, Zusätze, Änderungen Rechnung getragen. Allerdings ist diese, vorwiegend als kritisch gedachte, Abhandlung nicht so stark von den Änderungen des positiven Rechtes abhängig wie eine dogmatische Schrift. Es hätte angesichts der gerade um 1940 erreichten Hochblüte der staatsvertraglichen Regelung der Urteils-

Vorwort

VI

anerkennung sogar einen Sinn gehabt, einfach den Rechtszustand von 1940 zu schildern, der sich sehr wahrscheinlich nicht so bald erheblich ändern wird. So ist es denn kein Zufall, daß die Liste der Verträge zwischen selbständigen Staaten seit 1940 nur eine einzige Ergänzung erfahren konnte, nämlich die durch das tschechoslowakisch-polnische Abkommen vom 21. Januar 1949. Das französisch-saarländische Abkommen vom 3. Januar 1948 gehört nicht in diesen Zusammenhang. Fruchtbarer war in den Jahren seit 1940 die Wissenschaft. Aber auch das Erscheinen solch hervorragender Werke, wie der großen Abhandlung zum schweizerischen Recht von KALLMANN (1946), des Internationalen Zivilprozeßrechts von RIEZLER (1949) und des Schlußbandes (VI) des Traité de droit international privé français von NIBOYET (1949/50), berühren nur unwesentlich eine Abhandlung, die s ä m t l i c h e einschlägigen Staatsverträge, frühere wie gegenwärtige, und nicht nur Gruppen von ihnen, behandelt, vor allem aber deshalb, weil ihr Anliegen eine Kritik, und nicht eine Auslegung der vorhandenen Staatsverträge ist, ein Herausarbeiten ihrer Grundgedanken, die den Sachbearbeitern beim Abschluß künftiger Verträge vor Augen führen, auf welche Fragen zu achten und welche Fehler zu vermeiden sind. Herrn Professor Dr. H A N S DÖLLE danke ich auch an dieser Stelle herzlich dafür, daß er die Abhandlung in den „Beiträgen zum ausländischen und internationalen Privatrecht" erscheinen läßt, sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Ermöglichung der Drucklegung. Dank schulde ich endlich Herrn Gerichtsreferendar E G O N HOLDER für seine Hilfe bei Durchsicht der Druckbogen und Anfertigung der Register. Heidelberg, im Juli 1953. W A L T E R JELLINEK

Inhaltsverzeichnis Seite

Verzeichnis der Verträge Schrifttumsverzeichnis

247—254 .

.

64—75

Verzeichnis der Abkürzungen

XV—XVI

A. E i n l e i t u n g u n d Ü b e r b l i c k

1 —73

§1. Geschichtliche E n t w i c k l u n g

I—22

I. Frankreich und die Schweiz

1

II. Frankreich und Sardinien

6

III. ANSELM FEUERBACH und die deutschen Länder

7

IV. Italien, Lateinamerika und die Entwicklung bis um 1869. . V . Wissenschaft, Kongresse, Konferenzen V I . Weiterentwicklung bis heute §2.

11 13 18

Fachausdrücke

22—27

I. Erststaat, Zweitstaat, Erstgesetzgebung, Zweitgesetzgebung usw

22

II. Jurisdiktion und internationale Zuständigkeit

24

III. Befolgungs- und Beurteilungsregeln

26

§3. A b g r e n z u n g u n d A u s s c h e i d u n g

27—43

I. Kritik und Dogmatik

27

II. Rechtskraft und Vollstreckbarkeit, Beweiskraft und Tatbebestandswirkung

29

III. Vertragsrecht, autonomes Recht, Gegenseitigkeit

31

IV. Bestehende und geplante Kollektivverträge

32

1. Haager Abkommen über den Zivilprozeß 2. Internationales Personen-, Familien- und Erbrecht

33 . . .

33

3. Internationales Konkursrecht

35

4. Auswärtige Schiedssprüche

35

5. Eisenbahnabkommen

36

6. Rheinschiffahrtsakte 7. Allgemeine Kollektivverträge über Voll treckungshilfe.

36 .

37

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite

V . Erloschene, vorübergehende, künftige Verträge

38

1. Erloschene Verträge 2. Verträge mit vorübergehend geltenden Bestimmungen

38 .

3. Künftige Verträge a) Vertragsentwürfe b) Noch nicht ratifizierte Verträge c) pacta de contrahendo V I . Urteilsvollstreckung im Erststaat V I I . Zivilurteile, Strafurteile, Steuerbescheide §4. E r m i t t l u n g der g e l t e n d e n V e r t r ä g e I. Auffindung der Verträge 1. Frühere Zusammenstellungen

39 39 39 40 41 41 43 43 —61 44 44

a) Rechtsvergleichende Zusammenstellungen

44

b) Zusammenstellungen für einzelne Länder

45

2. Allgemeine Vertragssammlungen

48

3. Gesetzsammlungen, Zeitschriften

49

4. Vermeidung von Fehlern

49

II. Weitergeltung der aufgefundenen Verträge

51

1. Ausdrückliche Aufhebung durch neuen Vertrag

51

2. Stillschweigende Aufhebung durch neuen Vertrag . . . .

51

3. Feststellung der Tatsache einer Kündigung

53

4. Wechsel der Landesgesetzgebung

54

5. Sardinien-Italien

55

6. Die beiden Weltkriege

56

7. Österreich-Ungarn, Österreich, Ungarn

56

8. Vatikanstadt

58

9. Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich . . . .

58

10. Tschechoslowakei

60

11. Polen

60

III. Erweiterung des Verzeichnisses der Verträge durch Meistbegünstigungsklauseln ?

60

§5. G e s t a l t u n g des V e r z e i c h n i s s e s der V e r t r ä g e

61—62

§6. S c h r i f t t u m

63 — 75

I. Schriften allgemeineren Inhalts

64

1. Einschlägige Abhandlungen sowie allgemeine Schriften zum internationalen Privat- und Prozeßrecht

64

2. Lehrbücher des Völkerrechts

66

II. Schriften zum Rechte der einzelnen Staaten III. Besondere Schriften zu den einzelnen Staatsverträgen . . .

66 70

Inhaltsverzeichnis

IX Seite

B. D i e S t a a t s v e r t r ä g e , e i n z e l n b e t r a c h t e t

76 — 136

I. U n v o l l k o m m e n e V e r t r ä g e § 7

76—78 76 76 76

1. Leerlaufende Verträge a) Bulgarien-Rumänien b) Italien-Vatikanstadt 2. Vertrag mit enger gegenständlicher Begrenzung (Sowjetrußland-Mongolei)

77

II. V e r t r ä g e m i t g r u n d s ä t z l i c h u m f a s s e n d e r R e g e l u n g 1. V e r t r ä g e mit diktionsfrage

Beurteilungsregeln

zur

Juris-

§8. U n b e s t i m m t e F a s s u n g a) b) c) d)

Sardinien/Italien-Spanien Italien-Lateinamerika, Rumänien, Frankreich/Tünis . Schweiz-Spanien Palästina-Ägypten ?

§9. V e r w e i s u n g a u f d i e G e s e t z g e b u n g d e s Z w e i t s t a a t e s

78—85 79 81 84 85 86 — 96

a) Unbestimmte Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates: Baden-Aargau

86

b) Verträge mit der österreichischen Jurisdiktionsformel. 1. Österreich-Jugoslawien 2. Tschechoslowakei-Jugoslawien 3. Italien-Jugoslawien, Tschechoslowakei 4. Österreich-Türkei

87 87 88 89 90

c) Verträge mit der Jurisdiktionsformel des Haager Entwurfs von 1925 1. Schweiz-Tschechoslowakei, Österreich 2. Tschechoslowakei-Griechenland, Portugal, Spanien.

92 93 94

d) Bloßer Vorbehalt der ausschließlichen Zuständigkeit eines zweitstaatlichen Gerichts 1. Ausdrücklicher Vorbehalt: Tschechoslowakei-Rumänien, Bulgarien, Polen; Deutsches Reich-Österreich 2. Stillschweigender Vorbehalt: Italien-San Marino, Spanien-Columbien § 10. D o p p e l t e V e r w e i s u n g : a u f „ d i e a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e d e s i n t e r n a t i o n a l e n R e c h t s " u n d a u f d i e Ges e t z g e b u n g des E r s t s t a a t e s Italien-Türkei §11. V e r t r a g l i c h e F e s t l e g u n g bestimmter Gerichtsstände

94 94 96

97 97 97 — 116

a) Verträge des österreichischen Rechtskreises 1. Österreich-Bulgarien, Ungarn-Bulgarien 2. Jugoslawien-Bulgarien 3. Österreich-Ungarn

98 98 100 100

b) Deutsches Reich-Schweiz, Italien c) Frankreich-Italien d) Italien-Schweiz, Niederlande

102 105 108

X

Inhaltsverzeichnis Seite

e) Schweiz-Schweden f) Die Verträge des englischen Rechtskreises . . . . 1. Großbritannien-Frankreich, Belgien 2. Palästina-Ägypten 2. V e r t r ä g e m i t B e f o l g u n g s r e g e l n frage §12.

zur

ixo 111 112 115

Jurisdiktions-

.

116 a) Frankreich-Schweiz 1. Gerichtsstände 2. Vollstreckbarerklärung

118 118 121

b) Frankreich-Belgien 1. Gerichtsstände 2. Rechtskraftwirkung und Vollstreckbarkeit . ;

122 122 127

c) Belgien-Niederlande 1. Gerichtsstände 2. Rechtskraftwirkung und Vollstreckbarkeit . .

128 129 130

III. R ü c k b l i c k § 13

133-136

C. K r i t i s c h e G e s a m t w ü r d i g u n g

137—245

§14. R a h m e n und G e s t a l t der S t a a t s v e r t r ä g e . . . . I. II. III. IV. V. VI. VII.

Verbindung mit anderen Materien oder Selbständigkeit Überschrift Systematik Sprache Räumlicher Geltungsbereich Persönlicher Geltungsbereich Zeitlicher Geltungsbereich 1. Kündigung 2. Rückwirkung

V I I I . Nationale und internationale Auslegung §15. S t a a t s v e r t r a g und L a n d e s r e c h t , Privatautonomie

137 138 140 142 143 144 146 147 148 150

Völkerrecht,

I. Staatsvertrag und Landesrecht 1. Landesrecht als Ursache für die Gestaltung des Vertrags und seine Auslegung 2. Staatsvertragliche Regelung des Verhältnisses von Staatsvertragsrecht und Landesrecht a) Staatsvertragliche Vollkodifikation b) Teilkodifikation nach Prozeßstadien c) Teilkodifikation nach Gegenständen d) Schlichte Teilregelung. — Distanzierung und Verweisung e) Vorrang des Staatsvertragsrechts vor dem Landesrecht f) Subsidiäres Staatsvertragsrecht II. Staatsvertrag und Völkerrecht

137 —151

151 —170 151 151 153 153 153 154 156 158 159 160

Inhaltsverzeichnis

XI Seite

III. Staatsvertrag und Privatwille

162

1. Private W a h l zwischen staatsvertraglicher und landesgesetzlicher Regelung ?

162

2. Gerichtsstandsvereinbarungen, vorbehaltlose Einlassung .

164

3. Andre prozeßbeeinflussende Willensakte, insbesondere E r hebung der K l a g e

168

§16. G e g e n s t a n d der S t a a t s v e r t r ä g e

170 — 187

I. Gerichtliche Entscheidungen in Z i v i l - u n d Handelssachen.

.

170

1. Zweckmäßigkeit einer genaueren Umschreibung a) Bezeichnung der in Frage kommenden Gerichte . . . b) Strafgerichtliche Zuerkennung von B u ß e n (Adhäsionsurteile) c) Entscheidungen in weitem und in engem Sinne. . . . d) Streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit e) Inhaltliche Begrenzung

171 172 173 174 175 176

2. Zweckmäßigkeit gewisser Ausscheidungen a) Adhäsionsurteile b) A k t e der freiwilligen Gerichtsbarkeit c) Nicht vermögensrechtliche Angelegenheiten

177 178 178 179

II. Anerkennung und Vollstreckung

180

1. Anerkennung

181

2. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in den reinen Vollstreckungs Verträgen

183

3. Einklang zwischen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen a) bei Erteilung des E x e q u a t u r b) bei Ablehnung des E x e q u a t u r c) bei einem die Anerkennung bejahenden Urteil . . . . d) bei einem die Anerkennung versagenden Urteil. . . .

184 184 184 185 187

§17. P r ü f u n g und V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g des E r s t u r t e i l » . I. Keine révision du fond

188—216 188

II. Die vier P u n k t e der Nachprüfung

189

1. Die Jurisdiktionsfrage (s. § 18)

189

2. Der ordre public a) Das allgemeine Problem b) Anwendung unerwünschter priratrechtlicher sionsnormen e) Urteilserschleichung d) Widersprechende Urteile e) Rechtshängigkeit (Litispendenz)

189 190

3. Rechtskraft Erststaat

und Vollstreckbarkeit

Kolli-

des Ersturteils

194 195 197 201 im 205

4. Schutz der säumigen Partei

208

I I I . Nachprüfung von A m t s wegen

210

XII

Inhaltsverzeichnis Seit c

IV. Das Exequaturverfahren

212

1. Befugnis zur Einleitung des Verfahrens

213

2. Sorge für eine Vertretung des Vollstreckungsgläubigers. .

214

3. Urkundliche Nachweise

214

4. Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens. Sichernde Maßnahmen

215

J 18. F o r t s e t z u n g . D i e J u r i s d i k t i o n s f r a g e

216—245

I. Theoretische Grundlagen

217

1. Einteilung der Gerichtsstände in international beachtliche, international unerwünschte und völkerrechtswidrige Gerichtsstände

217

2. Fälle international unerwünschter Gerichtsstände . . . .

221

3. International beachtliche, in der eigenen Gesetzgebung fehlende Gerichtsstände

223

4. Positive und negative Bestimmung der international beachtlichen Gerichtsstände a) Positive Bestimmung (österreichische Jurisdiktionsformel) b) Negative Bestimmung (Haager Jurisdiktionsformel). . 5. Bestimmung der international beachtlichen oder der international unerwünschten Gerichtsstände durch Verweisung a) auf die zweitstaatliche Gerichtsstandsordnung. Fiktion der identischen Norm; vorbehaltene ausschließliche Gerichtsstände b) auf die erststaatliche Gerichtsstandsordnung c) auf international anerkannte Gerichtsstände

226 226 227 228

228 231 232

6. International unerwünschte Gerichtsstandsverweigerung .

233

7. International unerwünschte Ausschließlichkeit

234

II. Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

235

1. Unbestimmte Jurisdiktionsformel

235

2. Verweisung auf die erststaatliche Gerichtsstandsordnung .

235

3. Beschränkung auf den Vorbehalt ausschließlicher Gerichtsstände

238

4. Verweisung auf die Zweitgesetzgebung in verschiedener Bedeutung

239

5. Verweisung auf allgemeine Grunsdätze des internationalen Rechts

240

6. Staatsvertragliche Anerkennung bestimmter stände. Subsidiäre Generalklausel

241

Gerichts-

7. Befolgungsregeln und Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage

243

XIII

Inhaltsverzeichnis

Seite

Schluß

245—246

A n h a n g : V e r z e i c h n i s der V e r t r ä g e

247—254

A . Chronologisches Verzeichnis der geltenden und in Jahrzehnten außer K r a f t getretenen Verträge

den

letzten 247

B. Systematisches Verzeichnis der geltenden oder 1940 in Geltung gewesenen Verträge, einschließlich des österreichisch-deutschen Vertrages von 1923

250

C. Alphabetisches Verzeichnis der gleichen Verträge

252

V e r t r a g s t e x t e (abgedruckt im zweiten Heft)

255—385

Register

386 — 397

Verzeichnis der Abkürzungen Actes

Conférence de L a Haye de droit international privé. Actes de la cinquième session, tenue du 12 octobre au 7 novembre 1925. Appellationshof

App.

Bulletin de l'Institut juridique international, Leiden (bis Bd. 29, 1933: Bull. d. l'Inst. intermédiaire international) Kassationshof Cour d'appel

Bull. Cass. Cour

Journ.

Conférence de L a Haye de droit international privé. Documents relatifs à la cinquième session, tenue du 12 octobre au 7 novembre 1925. Société des Nations. Institut international de Rome pour l'unification du droit privé. L'exécution à l'étranger des obligations alimentaires. Rome, octobre 1938. (Appendice, décembre 1949.) Journal du droit international

KALLMANN

FRANÇOIS KALLMANN,

v.M.

VON

Documents

L'exécution

I

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, 1946. (Vollständiger Titel unten, S. 70). MARTENS,

Nouveau Recueil général de Traités, Continuation

1843-1875. v.

M.

II

VON M A R T E N S ,

Nouveau Recueil général de Traités, deuxième série.

1876 — 1908. v.

M.

III

VON M A R T E N S ,

her. MORELLI PILLET

Nouveau Recueil général de Traités, troisième série, i9o8ff.

VON T R I E P E L ,

G A E T A N O M O R E L L I , IL diritto processuale civile internazionale, 1938. A . P I L L E T , Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l'exécution des jugements, 1913.

RabelsZ.

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von E R N S T R A B E L , jetzt herausgegeben von H A N S D Ö L L E . Recueil des Cours Académie de droit international (im Haag), Recueil des Cours. Erscheint in Paris. Répertoire

Répertoire de droit international, herausgegeben von

DE L A P R A D E L L E

u n d NIBOYET, 1 9 2 9 — 1934.

Rev.

Revue de droit international privé, seit 1934 : Revue critique de droit international.

RevDrComp.

Revue de droit international et de législation comparée.

Verzeichnis der Abkürzungen

XVI RGBl.

Reichsgesetzblatt

Riv.

Rivista di diritto internazionale.

SdN.

Société des Nations, Recueil des Traités.

Trib.

Tribunal civil

UN.

United Nations — Nations Unies, Treaty Sériés— Recueil des Traités.

ZIntR.

N I E M E Y E R S Zeitschrift für internationales Recht, früher als Zeitschrift für internationales Privat- und Strafrecht herausgegeben von

ZivPrO.

FERDINAND

BÖHM.

Zivilprozeßordnung Z i t i e r w e i s e (insbesondere im Text der Abhandlung) :

(3)

Artikel 3

(3 II)

Artikel 3, Absatz 2 (auch wenn die Absätze der Artikel des betreffenden Vertrages mit arabischen Ziffern oder mit „ § " bezeichnet sein sollten) Artikel 3, Absatz 2, Ziffer 1 Artikel 4, Ziffer 1

(3 II 1) (4, 1)

A. Einleitung und Uberblick § i. Geschichtliche Entwicklung

Völkerrechtliche Verträge über die Anerkennung und Vollstrekkung von Zivilurteilen begegnen als häufige Erscheinung erst in neuerer Zeit. Nur zwei von den neueren Verträgen lassen sich in ihren Wurzeln bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen: der französisch-schweizerische Vertrag von 1869 und der französisch-italienische von 1930. I. F r a n k r e i c h und die S c h w e i z Der älteste Vollstreckungsvertrag zwischen selbständigen Staaten, der sich überhaupt nachweisen läßt, ist der Bund der eidgenössischen katholischen Orte mit der Krone Frankreichs, unterzeichnet und beschworen zu Solothurn am 5. Mai 17151, in seinem Artikel 31. Es ist allerdings schon behauptet worden, die Vollstrekkung erststaatlicher Urteile im Zweitstaat werde bereits im Aarauer Vertrag vom 1. Juni 1658 zugesagt2 oder ergebe sich aus dessen Bestimmungen über den Gerichtsstand des Wohnsitzes ; denn nach den Ideen jener Zeit bedeute die Anerkennung einer fremden Jurisdiktion zugleich die Anerkennung der von ihr ausgehenden Urteile und die Verpflichtung zu deren Vollstreckung3. Beide Behauptungen sind unrichtig oder ungeschichtlich gedacht, ja im Gegenteil ist nicht einmal die Bestimmung des Solothurner Bundes von 1715 eine Vollstreckungszusicherung im vollen internationalen Sinne. Der Satz der schweizerischen Bundesverfassung (Art. 59), daß der aufrechtstehende, in der Schweiz wohnende Schuldner für per1

A m t l i c h e Sammlung der älteren eidgenössischen Abschiede 7 I (1860) 1361 f f .

— D a s B i s t u m L ü t t i c h und das Herzogtum Brabant, zwischen denen die g e g e n seitige Urteilsvollstreckung im A r t . 41 eines Vertrages v o m 21. N o v e m b e r

1615

vereinbart wurde (MERLIN, Recueil alphabétique des questions de droit, 2 . A u f l . I V 1810, 499), gehörten dem Verbände des Deutschen Reiches an. 2

MERLIN a.a.O. I I I (1810) 2oof. I h m folgend KLÜBER, Droit des gens moderne

de l'Europe I (1819) 97 t., A n m . d ; derselbe, Europäisches Völkerrecht, 2. A u s g . (1847) 69, A n m . d. 3

So MOREAU, E f f e t s internationaux des jugements (1884) 32.

1 J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

2

§ i.

Geschichtliche

Entwicklung

sönliche Ansprachen vor dem Richter seines Wohnortes gesucht werden müsse, entspricht alter schweizerischer Rechtsüberzeugung 1 . Wenn daher ein entsprechender Satz in einem internationalen eidgenössischen Vertrage erscheint, so zielt er zunächst auf den unmittelbaren Schutz des Schweizers vor einer hiernach unzuständigen Gerichtsbarkeit. Der in der Schweiz wohnende Schweizer soll während eines Aufenthalts in Frankreich nicht vor ein französisches Gericht geladen werden können, ihm sollen schon die Unannehmlichkeiten und Gefahren eines Prozesses in der Fremde erspart bleiben. Und ähnlich war die Rechtsauffassung im alten Frankreich. Der vielgenannte Art. 121 des sog. Code M I C H A U L T , einer Ordonnanz L U D W I G S X I I I . vom Januar 16292, erklärt alle gegen Franzosen im Auslande ergangenen Urteile für unbeachtlich und erreichte damit wenigstens mittelbar im wesentlichen das Gleiche wie die eidgenössische unmittelbare Regelung : den Zwang, einen Franzosen an seinem französischen Wohnsitz zu belangen. Für eine solche Beschränkung des Klägerstaates mußte aber bei staatsvertraglicher Regelung der Beklagtenstaat eine Gegenleistung bieten : die Zusicherung eines raschen und gerechten Verfahrens zwecks Befriedigung des ausländischen Klägers. In knappster Form kommt dieser Gedanke im Bündnis der Städte Zürich und Bern mit der Herrschaft Venedig vom 6. März 1615, Art. 24, zum Ausdruck 3 : ,,Si lites exoriantur inter utriusque partis homines privatos, quibuscunque de causis, actor reum in ius citato sub illo magistratu, cuj reus ille est subjectus; qui magistratus ius procurabit et dicet sine longiori interposita mora, dictam vero sententiam exsequatur absque respectu personae huius vel illius religionis". Ähnliches bestimmt das Bündnis zwischen Bern und dem Herzog von Savoyen vom 23. Juni 1617, Art. 21, nach Festlegung des Gerichtsstandes für persönliche und dingliche Klagen 4 : „ E n quel cas chasque souveraineté fera administrer bonne et briefve justice, faisant mettre en execution les sentences donnees sans aucun delay ni respect de personne, et sans que l'une des parties puisse faire citer l'autre par devant autres juges pourfaict que ce soit". 1

EMIL WELTI, D e r Gerichtsstand in Forderungsstreiten nach den bis 1798 a b -

geschlossenen eidgenössischen Staatsverträgen, Diss. B e r n (1880). 2

Wörtlich bei MERLIN, Répertoire universel et raisonné de jurisprudence, 3. A u f l .

V I (1808) 569, auch I I (1807) 437 f. — Ausführlich über die Tragweite dieser B e stimmung P. LYNDRAJER, D e executione sententiae peregrinae in causa civili l a t a e , Diss. L e y d e n (1824) 27 ff. 3

Amtliche Sammlung der älteren eidgenössischen Abschiede 5 I (1872) I 9 5 4 f f .

« A . a . O . 1971 ff.

I. Frankreich

und die Schweiz

3

Wenn also in diesen Verträgen eine Vollstreckung zugesagt wird, so nur die des Ersturteiles im E r s t s t a a t , während heute die Vollstreckung des Ersturteils im Z w e i t s t a a t den Gegenstand völkerrechtlicher Abmachungen bildet. Auf dieser Stufe der Entwicklung aber befinden sich noch alle vor 1715 zwischen Frankreich und den Eidgenossen abgeschlossenen Verträge. Der Friedensvertrag vom 28. Oktober 1444 enthält noch keine einschlägige Bestimmung 1 . Dagegen findet sich der Zwang für den Kläger, den Beklagten an seinem Wohnsitz zu belangen, oder, wörtlich, „das Recht zu suchen an den Enden, da der Versprecher gesessen ist", im Ewigen Frieden zwischen Frankreich und den Eidgenossen vom 29. November 1516 2 , zugleich mit der Weisung an den Richter, solche Prozesse nach gutem Recht zu einem raschen Ende zu führen. Unter Bezugnahme auf diese Bestimmung wiederholen spätere Staatsverträge die beiden Punkte: ausschließlicher Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten, gerechte und rasche Justiz: so der Solothurner Vertrag vom 7. Juni u. 6. Oktober 1549 3 im Art. 17, der Erneuerungsvertrag vom 31. Januar 1602 4 im Art. 20, das Solothurner Bündnis vom 2. Juli 1653, das Aarauer Bündnis vom 1. Juni 1658 und das Solothurner Bündnis vom 24. September 1663 5 , alle drei im gleichlautenden Art. 19. Auch in den letzten, gelegentlich zu Unrecht als Vollstreckungsverträgen bezeichneten 6 Abkommen heißt es nur: „les demandeurs seront tenus chercher les deffendeurs aux lieux et Jurisdictions ou Iis seront demeurans et Residans, ausquels sera fait bonne et briefve Justice selon le contenu de la paix." Auch sie also handeln nur von der Vollstreckung im Erststaat, und nicht von der international bedeutsameren im Zweitstaat. Aber selbst dem Art. 31 des Solothurner Bundes der katholischen Orte mit der Krone Frankreich vom 9. Mai 1715 7 , der erstmalig die Vollstreckung im Zweitstaat erwähnt, fehlt noch die volle internationale Bedeutung eines Vertrages über Vollstreckungshilfe. Allerdings beginnt Art. 31 verheißungsvoll, Vollstreckungshilfe für höchstrichterliche Urteile wird zugesagt; doch erleidet die Zusage alsbald eine wichtige Einschränkung, die erkennen läßt, in welchem Geiste sie gemacht ist. Die Zusage gilt nämlich nur für den Fall, daß der im Erststaat verurteilte Angehörige des Erststaates, um der Vollstreckung zu entgehen, in den Zweitstaat flüchtet: 1

A . a . O . I I (1863) 807 ff.

2

A . a . O . I I I 2 (1869) 1 4 1 2 1

8

A . a . O . I V 1 e (1886) i 3 8 s f f .

4

A . a . O . V 1 (1872) i 8 8 o f f .

s

A . a . O . V I 1 (1867) i 6 i 8 f f „ 1 6 7 2 ! , 1641 ff.

» A . a . O . V I I 1 (1860) 1361 ff.

l*

• Oben S. 1 A n m . 2. u. 3.

4

§ i. Geschichtliche Entwicklung

„en sorte que si un françois, pour frauder ses créanciers ou créditeurs se refugioit en suisse, il y sera poursuivi et saisi, afin de le nécessiter de satisfaire de bonne foy au jugement rendu contre luy, la mesme chose se pratiquera en france a l'esgard d'un Suisse." Sie gilt nicht für den Fall, daß der in der Schweiz wohnhafte und dort verurteilte Franzose nach Frankreich oder der in Frankreich wohnhafte und dort verurteilte Schweizer nach der Schweiz flüchtet, und das erst wäre Vollstreckungshilfe im vollen internationalen Sinne. Die Abmachung erinnert etwas an die Auslieferungsverträge, nur daß der „Delinquent" nicht ausgeliefert, sondern gepfändet wird. Sie ist also Rechtshilfe im nationalen Bereiche. Zwar kommt sie auch den Schweizern, die in Frankreich einen Franzosen verklagen, zugute, ebenso den Franzosen, die in der Schweiz einen Schweizer verklagen. Aber an diese Ausnahmefälle denken die Vertragschließenden nicht, sondern an den typischen Fall, daß ein Franzose in Frankreich einen Franzosen und daß ein Schweizer in der Schweiz einen Schweizer verklagt, in dieser rein nationalen Angelegenheit wollen sich die Vertragschließenden Hilfe leisten. Diese Feststellung ist um so wichtiger, als der Vertrag von 1715 nicht mehr starr am ausschließlichen Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes festhält, sondern daneben noch den Gerichtsstand des gemeinsamen Aufenthalts von Kläger und Beklagten und den vereinbarten Gerichtsstand vorsieht (Art. 30), die Möglichkeiten der Verurteilung eines Schweizers in Frankreich oder eines Franzosen in der Schweiz also erheblich vermehrt hat. Der allgemeine Allianzvertrag zwischen Frankreich und dem Corps Helvétique vom 18. Mai 1777 1 enthält in seinem Art. 12 nicht mehr die einschränkende Klausel des Vertrags von 1715, sagt vielmehr Vollstreckungshilfe schlechthin zu; eine einfache Erklärung des Souveräns des Erststaates soll die Vollstreckungspflicht des Zweitstaates auslösen. Aber die Gedankengänge sind noch immer die alten : die Ersturteile sollen im Zweitstaat vollstreckt werden, wenn sich dort, nach Erlaß des Ersturteils, der Verurteilte befinden w i r d , oder wörtlich: „dans le pays où se trouvera, après le dit jugement, la partie condamnée." Also auch hier die stillschweigende Vorstellung, daß der Verurteilte nach Erlaß des Urteils einen Ortswechsel vornimmt, um sich der einheimischen Gerichtsbarkeit zu entziehen. Für diese Deutung 1

v. MARTENS, Recueil de Traités, 2. Aufl. I I 507ff. ; ebenso Art. 7 des Vertrages zwischen Frankreich und dem Fürst-Bischof von Basel vom 20. J u n i 1780, a.a.O. I I I 327 ff.

I. Frankreich

und die

5

Schweiz

spricht vor allem noch der kurz darauf zwischen Frankreich und dem Herzog von der LEVEN am 22. September 1781 abgeschlossene Grenzvertrag1 in seinem Art. 21. Es entspreche der Sicherheit und der Wohlfahrt der Staaten und Territorien der beiden Herrschaften, daß die Verbrechen bestraft, die Vergehen durch Geld- und sonstige Strafen unterdrückt und die Urteile und Beschlüsse der ordentlichen Justiz rasch und sicher vollstreckt würden, daher sollten die Abmachungen zwischen Frankreich und Basel 2 auch zwischen Frankreich und dem Herzog von der LEYEN zur Anwendung kommen. Gedacht ist also in den Verträgen jener Jahre nur an den guten Gang der Justiz im Erststaat; zur Erreichung dieses Zweckes soll der Zweitstaat als u n b e t e i l i g t e r S t a a t Hilfe leisten genau wie bei der Auslieferung eines Verbrechers. Die internationale Wendung zur Vollstreckungspflicht des Zweitstaates t r o t z seiner B e t e i l i g u n g haben die damaligen Abmachungen noch nicht genommen. Sonst wäre die Regelung der Frage, ob sich der Zweitstaat die Gerichtsbarkeit des Erststaates gefallen lassen müsse, unerläßlich gewesen. Statt dessen erklären die Verträge das Wort des erststaatlichen Souveräns, es handle sich um vollstreckbare Gerichtsakte, für schlechthin bindend, was auch ganz sinngemäß ist, solange die Gefahr einer Kollision zweier Jurisdiktionen nicht besteht. Trotzdem kann man einen Fortschritt des Vertrages von 1777 gegenüber dem von 1715 nicht bestreiten. Wohl denkt der König von Frankreich auch hier noch an den Franzosen, der in Frankreich verurteilt wurde und sich der Vollstreckung durch Flucht nach der Schweiz entzieht, und entsprechend die Eidgenossen an den in der Schweiz verurteilten Schweizer, aber der W o r t l a u t des Vertrages ließ bereits eine Entwicklung zur vollen internationalen Auswirkung zu, also zu einer Vollstreckungshilfe gegen einen Schweizer in der Schweiz oder gegen einen Franzosen in Frankreich. Ganz klar zum Ausdruck kam dieser Gedanke zwischen Frankreich und der Schweiz erst in dem noch heute geltenden Vertrage vom 15. Juni 1869. Die dazwischen liegenden Verträge vom 19. August 17983 im Art. 11, vom 27. September 18034 im Art. 15 und vom 18. Juli 18285 im Art. 1 unterscheiden sich nur unwesentlich vom soeben besprochenen Vertrage des Jahres 1777. Auch der Vertrag von 1828 erkennt die Vollstreckbarkeit im Zweitstaat allen endgültigen und rechtskräftigen Zivilurteilen des Erststaates zu, ohne in diesem Zusammenhange die Frage der Jurisdiktion des 1

A a.O. III 344ff.

3

v . MARTENS a . a . O . V I

6

v.M. I 7 (2) 665 ff.

2

466 ff.

S. oben S. 4 Anm. 1 1

A.a.O.

VIII

132 ff.

6

§ i.

Geschichtliche

Entwicklung

Erststaates aufzuwerfen. Nach heutiger Auffassung wäre es eine sehr fortschrittliche Regelung, die Jurisdiktionsfrage schlechthin durch die Rechtskraft des Ersturteils für beantwortet zu erklären, nur bei nahe befreundeten Staaten des gleichenKulturkreises findet man ein solch weitgehendes Vertrauen zum ausländischen Richter 1 . Zu einer solchen Regelung gehört aber das B e w u ß t s e i n , daß man mit der unbedingten Anerkennung des Ersturteils den Erstrichter auch zum Richter über die Frage zweier kollidierender Jurisdiktionen macht, und dies Bewußtsein fehlte beim Abschluß der damaligen Verträge. Für die bewußte internationale Wendung zur Vollstreckungspflicht des Zweitstaates bedurfte es im Verhältnis zwischen Frankreich und der Schweiz einer von außen kommenden Befruchtung. II. F r a n k r e i c h und S a r d i n i e n Diese Befruchtung kam nicht von dem eingangs angedeuteten Vorläufer des französisch-italienischen Vertrages, vom 3. Juni 1930, dem f r a n z ö s i s c h - s a r d i s c h e n V e r t r a g v o m 24. März 1760 (Art. 22)2. Hier wird an zweiter Stelle bestimmt : „que pour favoriser l'exécution réciproque des décrets et jugements, les cours suprêmes déféreront de part et d'autre, à la forme du droit, aux réquisitoires qui leur seront adressés à cette fin, même sous le nom desdites cours." Also auch hier, wie im französisch-schweizerischen Vertrage von 1777, eine Vollstreckungspflicht schlechthin für den Zweitstaat ohne Prüfung der erststaatlichen Jurisdiktion, aber gerade dies, wie dort, ein Zeichen noch unentwickelten Rechtes. Bedenkt man, daß hier das gleiche Frankreich Vertragspartner war wie 17 Jahre darauf im Vertrage mit den Eidgenossen und daß dort, wie gezeigt, die volle internationale Wendung zur Vollstreckungspflicht des Zweitstaates noch nicht eingetreten war, so darf man auch im französischsardischen, Vertrag in erster Linie nur eine Waffe gegen den faulen inländischen, ins Ausland geflüchteten Schuldner vermuten. Erst die für ganz Italien gültig gewordene französisch-sardische Déclaration vom Ii. September 1860 8 mitihrer ausdrücklichen Betonung des Erfordernisses einer „juridiction compétente" brachte den vollen internationalen Gedanken in die alte Vereinbarung. Die Déclaration gibt sich als Erläuterung des bestehenden Zustands, und nach einem Jahrhundert Geltung mag der alte Vertrag unter dem Einflüsse seiner Handhabung durch die Gerichte auch wirklich den in 1

V g l . z. B . A r t . 25 des deutsch-österr. Vertrags v . 21. Juni 1923.

* Vollständig abgedruckt bei PILLET 327. 3

v . M. I 17 (2) S. 49Î.

I I I ,

A N S E L M F E U E R B A C H und

die

deutschen

7

Länder

der Déclaration niedergelegten Sinn angenommen haben. An dem geschichtlichen Ausgangspunkt aber konnte die Déclaration von 1860 nichts ändern, und der lag noch im gleichen engen, nationalen Bereiche wie bei den französisch-schweizerischen Verträgen des 18. Jahrhunderts. Aber auch hier war der Wortlaut bei der Zusage von Vollstreckungshilfe so weit gefaßt, daß er im Laufe der Entwicklung einer vollen internationalen Deutung nicht im Wege stand. III.

ANSELM

FEUERBACH

u n d die d e u t s c h e n

Länder

Der entscheidende Anstoß zu einer solchen Entwicklung ging von D e u t s c h l a n d aus 1 . Das Heilige Römische Reich deutscher Nation zerfiel im Jahre 1806 und machte der vollen Selbständigkeit seiner Territorien Platz. Diese, in einer Art von Souveränitätsrausch, wachten eifersüchtig auch über ihre Justizhoheit und versagten auswärtigen Erkenntnissen in Zivilsachen nicht allein die Vollstreckbarkeit, sondern darüber hinaus auch die Wirkung der rechtskräftig entschiedenen Sache2. Da griff A N S E L M FEUERBACH ein, zunächst in einem Aufsatz vom Mai 1811 über die Rechtskraft und Vollstreckung eines von einem auswärtigen Gerichte gesprochenen Erkenntnisses 3 und dann, spätestens Anfang 1812, in dem Entwurf eines Staatsvertrags über die gegenseitigen Gerichtsverhältnisse zweier benachbarter Staaten 4 . Schon in dem Aufsatz von 1811 erkennt FEUERBACH die Probleme des Gegenstandes in ihrer ganzen Weite, untersucht insbesondere die vier denkbaren Zusammenstellungen der Parteien : Ausländer gegen Ausländer, siegreicher Inländer gegen unterliegenden Ausländer, siegreicher Ausländer gegen unterliegenden Inländer, Inländer gegen Inländer 5 , und schlägt die ihm als angemessen dünkenden Lösungen vor. Sein Entwurf eines Staatsvertrages aber, der in 28 Paragraphen neben der streitigen auch die freiwillige und die Strafgerichtsbarkeit behandelt, mutet ganz modern an. Die beiden ersten Paragraphen lauten : § 1. Jeder von beiden contrahirenden Staaten erkennt in seinem Gebiete die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der richterlichen Erkenntniße des anderen Staates (an), so fern solche Ur1 Vgl. zum folgenden WALTER JELLINEK, Eine unbewußte Begegnung mit Feuerbach, Festschrift für Rudolf Smend (1952) 163 ff. 2

ANSELM FEUERBACH, T h e m i s

(1812)

Savignys

78f.

A.a.O. 75 — 131. Über den gleichen Gegenstand hatten kurz vorher ZACHARIAE und VON KAMPTZ geschrieben: Germanien 2 (1809) 229—247; 3 (1809) 231—246. Die Frage lag in der Luft. 5 A.a.O. 97ff. 'Themis 305 — 328. 3

8

§ i.

Geschichtliche Entwicklung

theile, nach den näheren Bestimmungen des gegenwärtigen Staatsvertrags, von einem beiderseits als competent anerkannten Gerichte gesprochen worden sind, und nach den Gesezen des Staats, von dessen Gerichte sie erkannt worden, bereits die Rechtskraft beschritten haben. § 2. Ein von einem zuständigen Gerichte erlassenes rechtskräftiges Erkenntniß begründet vor den Gerichten des andern Staates die Einrede des rechtskräftigen Urtheils (exceptio rei judicatae) mit denselben Wirkungen, als wenn das Urtheil von einem Gerichte desjenigen Staats, in welchem solche Einrede geltend gemacht wird, gesprochen worden wäre. Desgleichen werden solche Erkenntnisse an den in dem anderen Staate gelegenen Gütern des Sachfälligen unweigerlich vollstreckt. Unter den besonderen Bestimmungen findet sich dann eine Reihe von gegenseitig anzuerkennenden Gerichtsständen, wie der des Beklagtenwohnsitzes (§ 8), der Widerklage (§ 6), der gelegenen Sache (§ 14), der Erbschaftsklage (§ 15), des Arrests (§ 16), des Kontrakts (§ 17), der Wechselverschreibung (§ 18), der geführten Verwaltung (§ 19), der Intervention (§ 20). Der F E U E R B A C H sehe Entwurf blieb nicht totes Recht, sondern diente einer großen Anzahl von Staatsverträgen zwischen deutschen Ländern als Muster. Ein Vertrag zwischen Bayern und Württemberg vom 7. Mai 1821 machte den Anfang, einer zwischen dem Königreich Sachsen und dem Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha vom 10. Juni/19. Juli 1848 schloß die Reihe. Im ganzen waren es nicht weniger als 39 Verträge, davon 10, an denen Preußen, je 2, an denen Bayern und Baden beteiligt waren 1 ; die badischen mit Württemberg vom 3. Januar 1826 und mit Hohenzollern-Sigmaringen vom 13./20. September 1827 seien wegen der Bedeutung Badens für die Weiterentwicklung der internationalen Vollstrekkungshilfe besonders hervorgehoben. Auf einen dieser Verträge, den zwischen Preußen und SachsenWeimar vom 8-/25. Juni 1824, fiel auch das Auge S A V I G N Y S , und es entbehrt nicht des Reizes, daß er einen Fehler der Ausdrucksweise entdeckte, vermutlich, ohne zu ahnen, welch großem Zeitgenossen seiner Mannesjahre er damit nahe trat 2 . Es war die oben im § 2 des F E U E R B A C H sehen Entwurfs wiedergegebene Bestimmung, daß ein Ersturteil vor dem Zweitgericht die Einrede der Rechts1 2

A. O. KRUG, Das Intemationalrecht der Deutschen (1851) 12 ff. FRIEDRICH

(1849) 26of.

CARL

VON

SAVIGNY,

System

des

heutigen

römischen

Rechts

V I I I

IH.

AMSELM FEUERBACH

und die deutschen

Länder

9

kraft mit den gleichen Wirkungen begründet, als wenn es von einem Zweitgericht gesprochen worden wäre. SAVIGNY fragt, ob wirklich der Umfang der Rechtskraft eines Ersturteils nach der Zweitgesetzgebung und nicht vielmehr der Erstgesetzgebung beurteilt werden solle, und meint, an diesen feineren Gegensatz habe man dabei schwerlich gedacht, vielmehr bloß sagen wollen, „daß die Exception aus einem Urteil des Nachbarlandes ebenso g e w i ß , wie aus einem inländischen Urteil, geltend gemacht, also nicht etwa wegen der ausländischen Stellung des früheren Richters zurückgewiesen werden könne". Der Fortschritt des FEUERBACH sehen Entwurfs und der ihm folgenden Verträge gegenüber den früheren französischen Verträgen ist klar. Über den französischen Verträgen steht ausdrücklich oder stillschweigend der Satz, sie sollten zur Anwendung kommen, wenn der in Frankreich verurteilte französische Schuldner in die Schweiz flüchtet, um der französischen Zwangsvollstreckung zu entgehen, und entsprechend beim schweizerischen Schuldner. Da hier eine Kollision zwischen französischer und schweizerischer Jurisdiktion nicht in Frage kam, genügte für die Pflicht der schweizerischen Behörden zur Vollstreckungshilfe die unüberprüfbare Erklärung des französischen Souveräns oder seines Repräsentanten, daß ein französischer Vollstreckungstitel vorliege. Wohl enthielten die französischen Verträge Abgrenzungen der beiderseitigen Jurisdiktionen, doch fehlte noch jeder Zusammenhang dieser Abgrenzungen mit der Vollstreckungshilfe. Ganz anders die deutschen Verträge. Hier verpflichtete sich z. B. Baden nicht nur zur Vollstrekkung der in Württemberg gegen einen Württemberger, sondern auch der in Württemberg gegen einen Badener ergangenen Urteile. Dafür mußten diese Urteile von einem nach Maßgabe des Staatsvertrages zuständigen württembergischen Gerichte erlassen worden sein, keine Erklärung einer württembergischen Behörde konnte diese Voraussetzung ersetzen. Damit waren die Gerichtsstände des Staatsvertrages mit der Verpflichtung zur Vollstreckungshilfe erstmalig organisch verbunden. Auch die hier erstmalige ausdrückliche Erwähnung der Rechtskraftwirkung des Ersturteils neben seiner Vollstreckbarkeit verdient Hervorhebung. Unter den deutschen Ländern nahm für die Weiterentwicklung der Vollstreckungshilfe das G r o ß h e r z o g t u m B a d e n eine besondere Stellung ein, einmal, weil es im 19. Jahrhundert das deutsche Musterländchen war und überall für Klarheit und Ordnung sorgte, dann wegen seiner gemeinsamen Grenzen mit Frankreich und der Schweiz. Schon 1819 schloß es mit Ö s t e r r e i c h ein, 1837 erneuertes und 1856 auf die ganze österreichisch-ungarische Mon-

10

§ i. Geschichtliche Entwicklung

archie ausgedehntes, Abkommen über Vollstreckungshilfe 1 , das von den FEUERBACH sehen Vorschlägen abwich und bewußt die Jurisdiktionsfrage der Erstgesetzgebung sowie der pflichtmäßigen Entscheidung des Erstrichters überließ2. Wichtiger für die allgemeine Entwicklung war der f r a n z ö s i s c h - b a d i s c h e Vertrag vom 16. April 1846 3 , weil er erstmalig die FEUERBACHSchen Gedankengänge im Verhältnis zwischen zwei europäischen Staaten verwirklichte und damit die Grenzen des Deutschen Bundes sprengte. Der Vertrag ist knapper und vermöge der französischen Sprache eleganter abgefaßt als die deutschen Verträge seit 1821. Aber deren Kern ist geblieben: Verkoppelung der Jurisdiktionsfrage mit der Frage der Vollstreckungshilfe, Jurisdiktion des Erststaats als Voraussetzung für die Gewährung der Vollstreckungshilfe, Regelung auch der bloßen Rechtskraftwirkung des Ersturteils im Zweitstaat, Benennung einiger, von beiden Staaten anzuerkennender Gerichtsstände. Diese Benennung hat hier nur die Bedeutung von B e u r t e i l u n g s r e g e l n , nicht von B e f o l g u n g s r e g e l n , d.h. die Gerichtsstände werden nicht für den Erststaat bindend festgelegt, lassen vielmehr dessen Gesetzgebung unberührt und gelten nur für den Zweitrichter, wenn er das Vorhandensein der erststaatlichen Jurisdiktion nachprüft. Es wird sich zeigen, daß die größere Anzahl der heute geltenden Verträge über Vollstreckungshilfe, soweit sie überhaupt einzelne Gerichtsstände festlegen, wie der französisch-badische Vertrag nur Beurteilungsregeln, keine Befolgungsregeln enthält. Während die beiden genannten Verträge Badens heute nicht mehr gelten, der badisch-österreichische wegen Aufkündigung, der französisch-badische als Folge des ersten Weltkriegs, wird dem b a d i s c h a a r g a u i s c h e n Vertrage vom 23. August/28. September 1867 4 von verschiedenen Seiten trotz des deutsch-schweizerischen Vertrages vom 2. November 1929 Weitergeltung zuerkannt 5 . Wir werden dieser Frage noch nähertreten. Hier genüge die Feststellung, daß der badisch-aargauische Vertrag eine weitgehende Vollstreckungshilfe vorsieht, die Jurisdiktionsfrage der Prüfung des Zweitrichters unterstellt, aber auf die Festsetzung von Gerichtsständen verzichtet. 1 Vgl. die Nachweise in der badischen Aufhebungs-Bekanntmachung v. 24. Aug. 1898, G V B 1 . S. 4 1 9 . 2 v. M E I L I , vorgehoben.

Int. Civilprozeßrecht

(1906) 460f., als

große Besonderheit her-

3

v. M. I 9 S. i 2 6 f f . T e x t und eingehende Würdigung bei

4

Bad. GVB1. 1867 S. 426.

5

Vgl. unten S. 5 3 Anm. x.

PILLET

328, 43 — 68.

IV.

Italien, Lateinamerika

und die Entwicklung

bis um 1869

11

IV. I t a l i e n , L a t e i n a m e r i k a und die E n t w i c k l u n g bis um 1869 Der badisch-aargauische Vertrag reicht zeitlich bis nahe an daß Jahr 1869 heran, das mit dem französisch-schweizerischen Vertrag und dem Gesetze des Norddeutschen Bundes über Rechtshülfe eine Epoche abschließt und mit dem Aufsatz des niederländischen Juristen T O B I A S A S S E R im ersten Jahrgang der Revue de droit international et de législation comparée eine neue Epoche einleitet. Vorher hatte noch I t a l i e n einiges zur Entwicklung der internationalen Vollstreckungshilfe beigetragen. Am 30. Juni 1851 schloß das Königreich Sardinien einen Vollstreckungsvertrag mit S p a n i e n , der noch heute zwischen Spanien und ganz Italien Geltung hat. Mit dem 31. Dezember 1868 beginnt dann die lange Reihe fast gleichlautender Verträge, die Italien in Anlehnung an Art. 941 seines Codice di procedura civile von 1865 mit süd- und m i t t e l a m e r i k a n i s c h e n S t a a t e n abschloß1. Den ältesten Vertrag dieser Gruppe, den mit Nicaragua vom 6. März 1868, hat ein späterer Vertrag (von 1906) ersetzt. Auch der Vertrag mit Guatemala vom 31. Dezember 1868 ist nicht mehr in Kraft, auch für die Vollstrekkungshilfe nicht erneuert worden. Dagegen gilt noch, vorbehaltlich der vertragszerstörenden Wirkung des zweiten Weltkriegs, der Vertrag vom gleichen Tage mit Honduras. Ferner gelten noch die Verträge mit Costa R i c a vom 6. Mai 1873 und mit P e r u vom 23. Dezember 1874, während der mit Uruguay vom 19. September 1885 außer Kraft getreten ist. Weiter gelten der Vertrag mit der D o m i n i k a n i s c h e n R e p u b l i k vom 18. Oktober 1886, die spät — erst 1901 —ratifizierten Verträge mit A r g e n t i n i e n vom 1. August 1887 und mit B o l i v i e n vom 18. Oktober 1890, sowie die mit P a r a g u a y vom 22. August 1893 und mit N i c a r a g u a vom 25. Januar 1906. Zur Familie dieser Verträge, die sich durch die Knappheit ihrer Bestimmungen auszeichnen, gehören auch noch der Vertrag mit S e r b i e n vom 9.November/28. Oktober 1879 u n d der mit R u m ä n i e n vom 17./5. August 1880, während sich der Vertrag mit F r a n k r e i c h - T u n i s vom 28. September 1896 mehr an die französisch-italienische Deklaration vom xi. September 1860 anschließt. Der Vertrag mit San M a r i n o vom 24. April 1872 und ursprünglich auch der vom 28. Juni 1897 waren nichtssagend, bis der Zu1

D e r v o n V . DE ROSSI, L a

esecuzione

delle sentenze,

2. A u f l . (1890) 3 6 2 f . ,

erwähnte Freundschaftsvertrag zwischen Italien und Costa R i c a v o m 14. A p r i l 1863 enthält keine B e s t i m m u n g ü b e r Anerkennung oder Vollstreckung v o n Urteilen. D e r Irrtum des Verfassers h a t sich aber fortgepflanzt: LA LOGGIA, L a esecuzione delle sentenze straniere (1902) 146, UDINA, Répertoire V I (1930) 528.

12

§ i. Geschichtliche Entwicklung

satzvertrag vom 29. Juli 1907, abgelöst durch den Vertrag vom 31. März 1939, auch die Beziehungen Italiens zu diesem kleinen Staate, obschon mit bedeutsamer Abweichung in der Jurisdiktionsfrage, nach Art der lateinamerikanischen Verträge Italiens gestaltet hat. Der Jahreszahl nach liegen die meisten der soeben genannten Verträge weit nach dem Jahre 1869, das, wie ausgeführt, einen Einschnitt in der Entwicklung der Vollstreckungsverträge bedeutet. Inhaltlich jedoch unterscheiden sie sich nicht oder kaum von den zwischen 1851 und 1868 zustandegekommenen italienischen Verträgen. Der gleichen Gruppe gehören aber auch einige innerhalb L a t e i n a m e r i k a s oder zwischen Lateinamerika und Spanien abgeschlossene Verträge an, deren geschichtlicher Ort daher hier und nicht später zu suchen ist: der Vertrag Perus mit Bolivien vom 5. November 1863, die Verträge Mexikos mit San Salvador vom 24. April 1893 und mit Honduras vom 24. März 1908, der Vertrag Spaniens mit Columbien vom 30. Mai 1908 und der Boliviens mit Ecuador vom 23. Mai 1913. Der d ä n i s c h - s c h w e d i s c h e V e r t r a g vom 25. April 1861 ging eigene Wege; er ist durch die umfassendere Regelung im nordischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag vom 18. März 1933 gegenstandslos geworden. Das Jahr 1869 brachte den Abschluß der i n n e r d e u t s c h e n Entwicklung durch das Gesetz des Norddeutschen Bundes, betreffend die Gewährung von Rechtshülfe, vom 21. Juli 1869 1 , das später Reichsgesetz wurde und alle früheren innerdeutschen Vollstrekkungsverträge, außer den österreichischen, beseitigte. Der den deutschen Ländern übergeordnete Gesetzgeber konnte die Vollstrekkungshilfe viel weitergehend anordnen, als es in den einzelnen früheren Verträgen möglich war. Den Kernpunkt der Regelung bildete der Satz des § 1 Abs. 2: „Das ersuchte Gericht darf die Rechtshülfe (NB. worunter auch die Vollstreckungshülfe fiel) selbst dann nicht verweigern, wenn es die Zuständigkeit des ersuchenden Gerichts nicht für begründet hält." Man darf dabei nicht vergessen, daß die deutschen Länder nicht mehr selbständige Staaten waren, und daher auch keine Folgerungen aus dieser Regelung für die Vollstreckungsverträge selbständiger Staaten ziehen. 1 Erläutert von W . E N D E M A N N in der Z. f. Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen I I I (1869) 398—479, auch als Buch erschienen.

V. Wissenschaft,

Kongresse,

Konferenzen

13

In das Jahr 1869 fällt auch der Abschluß des noch heute geltenden f r a n z ö s i s c h - s c h w e i z e r i s c h e n Vertrags vom 15. Juli 1869. Er ist das Schlußglied der mit dem Solothurner Vertrag von 1715 einsetzenden Entwicklung. Die Verkoppelung der vertraglich geregelten Gerichtsstände mit der Vollstreckungshilfe ist jetzt erreicht, während noch der Vertrag von 1828 Vollstreckungshilfe und Gerichtsstände unabhängig voneinander regelte. Im Gegensatz zum französisch-badischen Vertrage aber hat die Benennung einiger, von beiden Staaten anzuerkennender Gerichtsstände die Bedeutung von B e f o l g u n g s r e g e l n , deren Innehaltung der Beklagte schon im Erstverfahren verlangen kann, nicht die von bloßen Beurteilungsregeln für das Zweitverfahren. Dem französisch-schweizerischen Vertrage teilweise nachgebildet ist der s c h w e i z e r i s c h - s p a n i s c h e vom 19. November 1896. Allerdings hinkt die Nachbildung sehr stark, da der Vertrag keine Festlegung von Gerichtsständen enthält. Trotzdem kann man ihn als letzten Ausläufer des französisch-schweizerischen Vertrages von 1869 bezeichnen und ihn daher an dieser Stelle aufführen. V. W i s s e n s c h a f t , Kongresse, K o n f e r e n z e n Im gleichen Jahre 1869, im ersten Jahrgang der Genter Revue, erschien die schon erwähnte Abhandlung von TOBIAS MICHAEL CHARLES A S S E R über die Wirkung und die Vollziehung der im Auslande ergangenen Zivil- und Handelsurteile1. Ihre große Bedeutung liegt in der Stoßkraft, die von ihr ausging. Wohl hatte sie ihre Vorläufer. A S S E R verweist auf einen von ihm selbst auf der Amsterdamer Tagung der Association internationale pour le progrès des sciences sociales ( 1 8 6 4 ) gehaltenen Vortrag und auf seine ein Jahr zuvor ( 1 8 6 3 ) in Gent getanen Äußerungen2. Doch schon 1 8 6 2 war das erstaunliche Werk LUDWIG B A R S , Das internationale Privatund Strafrecht, in erster Auflage erschienen, und am Anfang der ganzen Entwicklung stehen die beiden oben S. 7 erwähnten Aufsätze ANSELM FEUERBACHS aus den Jahren 1 8 1 1 / 1 8 1 2 , die A S S E R augenscheinlich verborgen geblieben waren. Aber T O B I A S A S S E R kämpfte unablässig für seine Ideen, in seinen Schriften 3 und durch die Tat, 1

RevDrComp. i (1869) 82 — 99, 408 — 417, 473 — 495. A.a.O. 96 Anm. 1, 478 Anm. 2. Vgl. Annales de l'Association internationale pour le progrès des sciences sociales, Congrès d'Amsterdam (1864) 1 5 1 — 1 5 5 , Congrès de Gand (1863) 1 7 1 —173. 3 Schets van het internationaal Privaatregt (1880) 99—105, 122 — 127 (deutsche Ausgabe von MAX COHN, 1880, 78—83, 98—100); Buitenlandsche vonnissen, Vortrag vor der Niederländ. Juristenvereinigung (1888). 2

14

§ i. Geschichtliche Entwicklung

als Anreger und Vorsitzer der Haager Konferenzen für internationales Privatrecht 1 , und erreichte so, was der Niederländischen Regierung 1 8 7 4 2 und ein Jahrzehnt darauf dem italienischen Staatsmann und Juristen MaNciNi3 zunächst mißlang : die Einleitung gemeinsamer Staatenbesprechungen auch über Fragen des internationalen Zivilprozeßrechts. A S S E R erlebte noch das — für die Vollstreckungshilfe bescheidene — Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juni 1905. Aber auch die 5. H a a g e r K o n f e r e n z vom Jahre 1925 mit dem von ihr empfohlenen Mustervertrag über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen lag im Zuge seines Strebens und Wirkens. Die Zeitspanne von A S S E R S Auftreten bis zur 5 . Haager Konferenz erhält ihre weitere besondere Prägung durch die fruchtbare Arbeit der w i s s e n s c h a f t l i c h e n G e s e l l s c h a f t e n u n d V e r sammlungen. Die Jahrbücher des I n s t i t u t de d r o i t i n t e r n a t i o n a l erscheinen erst seit 1877. Aber schon vorher, auf der Haager Tagung von 1 8 7 5 , erstattete A S S E R einen groß angelegten Bericht über den internationalen Zivilprozeß 4 und befaßte sich dabei auch mit der Jurisdiktionsfrage und der Frage der Urteilsvollstreckung. Auch auf der Pariser Tagung von 1 8 7 8 stand ein Vorschlag A S S E R S über die Jurisdiktionsfrage bei Versäumnisurteilen zur Erörterung 5. Mit der Frage der Rechtshängigkeit im internationalen Verkehr befaßten sich die Tagungen von 1896 und 1898 6. Kurz vor dem ersten Weltkrieg legte A N T O I N E P I L L E T , dem wir die eindringlichsten Erläuterungen zu den französischen Verträgen über Vollstreckungshilfe und damit die bis zum Erscheinen der großen Werke von K A L L M A N N und N I B O Y E T 7 eindringlichsten dogmatischen Ausführungen über den Gegenstand überhaupt verdanken, dem Institut einen Bericht über „Règles générales sur l'autorité et l'exécution des jugements étrangers" vor 8 , zu denen sich nach dem ersten Weltkrieg einige Gelehrte, insbesondere der Belgier A L B E R I C R O L I N , kritisch 1

Vgl. die

Nachrufe

auf

T O B I A S ASSER

von

DE LAPRADELLE, R e v .

9

(1913)

724—

734, und von ALB. ROLIN, Grotius (1914) 1 — 5. 2 Journ. 1 (1874) 1 5 9 - 1 7 4 ; 6 (1879) 373 f. 3 Journ. 13 (1886) 55 f. 4 Bulletin de l'Institut de droit international (1875) 36ff. ; auch abgedruckt in RevDrComp. 7 (1875) 364 ff. 6 Annuaire de l'Institut de droit international, 3. u. 4. Jahrg. I (1880) 86ff. 8 Annuaire 15 (1896) 85ff.; 17 (1898) 288ff. 7 KALLMANN (1946) ; NIBOYET, Traité de droit international privé français V I (1949) 251 ff.; V I (1950) i f f . 8 Annuaire 26 (1913) 413 ff.

V. Wissenschaft,

Kongresse,

Konferenzen

15

äußerten 1 . Im Bericht über die Brüsseler Tagung von 1923 wurden alle Vorgänge seit 1875 wieder abgedruckt. Auch kam es diesmal und ein Jahr darauf (1924) in Wien 2 zu Aussprachen und Beschlüssen. So schloß das Institut seine Bearbeitung des Gegenstandes ein Jahr vor der 5. Haager Konferenz für internationales Privatrecht. Auch die I n t e r n a t i o n a l L a w A s s o c i a t i o n , anfänglich unter dem Namen einer Association for the Reform andCodification of the Law of Nations tätig, behandelte die Frage der Vollstreckungshilfe bis nahe an die Schwelle der 5. Haager Konferenz. Den Verhandlungen und Resolutionen der Mailänder Tagung von 1883 lag ein Bericht des Engländers I. G. A L E X A N D E R zugrunde 3 , der seine Bemühungen, den Gegenstand vorwärts zu bringen, auf der Hamburger Tagung von 1885 fortsetzte 4. Auf der Genueser Tagung von 1892 war D E R O S S I Berichterstatter. Nach der Aussprache beschloß die Versammlung, bei der italienischen Regierung anzuregen, ihre Einladung an die Mächte zu einer Konferenz, wie vor 9 Jahren ( M A N C I N I !), zu wiederholen 5 . Die Brüsseler Tagung von 1895 stand mit ihren Berichten des Belgiers B R U N A R D und des durch zahlreiche Entwürfe zu Verträgen über Vollstreckungshilfe bekannt gewordenen Franzosen L A C H A U 6 bereits im Zeichen des kommenden französisch-belgischen Vertrages. Die Tagungen von Buffalo 1899, Rouen 1900 und Glasgow 1901 galten den Vorschlägen des englischen Internationalrechtlers I. A L D E R S O N F O O T E 7 , die dann noch einmal, mit Zusätzen von C O X - S I N C L A I R und G. G. PHILLIMORE, in den Budapester Verhandlungen von 1908 erscheinen8. Den Bericht auf dieser Tagung erstattete der ungarische Advokat H E V E S I 9 , dem auf der Londoner Tagung 1910 ein Bericht der ungarischen Ausschußmitglieder folgte 10 . Zwischen Glasgow und Budapest liegt der Bericht des Belgiers DE L E V A L auf der Antwerpener Tagung 1903, der bei dieser Gelegenheit den belgischen Privatentwurf eines Vertrages zwischen England und Belgien mitteilte; in der Aussprache ergriff u. a. L A C H A U das Wort 1 1 . Auf der Tagung von Christiania 1

Annuaire 27 (1919) 92ff., 96f.; 28 (1921) 29ff. Annuaire 30 (1923) I73if., 278ff.; 31 (1924) 127ff., i8off. 3 11 (1883) 118 ff., I29ff. « 12 (1885) 137 ff. 5 15 (1892) 52ff., 69. 6 17 (1895) 233 ff., 243 ff. 7 18 (1899) 227ff. ; 19 (1900) igöff. ; 20 (1901) 275ff. 8 25 (1908) 201 ff. » A.a.O. 189ff. 10 26 (1910) 721 ff. 11 21 (1903) n8ff., i39ff. 2

16

§ l . Geschichtliche

Entwicklung

1905 berichtete F L I F L E T über die Rechtslage in Norwegen1. Die hervorragendsten Beiträge zur Frage der internationalen Jurisdiktion und der Anerkennung fremder Urteile aber lieferte der niederländische Gelehrte J. K O S T E R S . Über die Regelung der Jurisdiktionsfrage berichtete er in den Reports des Exekutivausschusses für 1913/14 und 19x4/15 2, über die Anerkennung der Wirkungen fremder Urteile zusammen mit S U Y L I N G 1921 auf der Haager Tagung der Association3. Nach ihm behandelte die Association den Gegenstand nur noch zweimal: 1922 in Buenos Aires, mit Gutachten der Deutschen KLEINFELLER und W A L T E R SIMONS 4 , und 1924 in Stockholm mit Gutachten von G O V A R E (Frankreich) und V A D Ä S Z (Ungarn)5. Ein Jahr darauf tagte die 5. Haager Staatenkonferenz, die International Law Association hat sich später mit dem Gegenstand nicht mehr abgegeben. Im Gegensatz zu den Verhandlungen des Institut de droit international und der International Law Association tagte die W i e n e r R e c h t s h i l f e - K o n f e r e n z nur einmal, am 4. und 5. Januar 19106 Die Fragepunkte hatten Professor H A N S SPERL, der verdiente österreichische Spezialist des Gegenstandes, und der ungarische Professor von M A G Y A R Y aufgestellt, von beiden Gelehrten sind auch gedruckte Berichte den Verhandlungen angeschlossen7. Die Teilnahme solch hervorragender Juristen, wie A D O L F W A C H und F R A N Z K L E I N , bürgte für das ungewöhnlich hohe Niveau der Aussprache. Die Erörterungen beschränkten sich auf das Verhältnis zwischen den drei Staaten Österreich, Ungarn und dem Deutschen Reich, aber gerade diese Beschränkung kam den Verhandlungen zugute. Die 5. H a a g e r K o n f e r e n z f ü r i n t e r n a t i o n a l e s P r i v a t r e c h t 8 war zwar, wie die früheren Konferenzen, eine amtliche Staatenkonferenz, keine wissenschaftliche Versammlung. Aber auch ihre Vorbereitung und der Verlauf der Verhandlungen war von solch hohem wissenschaftlichem Geiste getragen, daß man sie in diesem Zusammenhange erwähnen darf. Schon das von der Nieder1

22 (1905) 268 ff. Rep. of the Executive Council for 1913 —14 and 1914—15, S. 15 — 46. Erweitert in Rechtsgel. Mag. 33 (1914) Suppl., 107 Seiten. 3 30 (1921) I 353ff. 4 31 (1922) 375ff., 402ff. Vgl. auch KLEINFELLER, ZIntR. 30 (1923) 62 ff. 6 33 (1924) i6gff., 2 i 6 f f . • Verhandlungen der Rechtshilfe-Konferenz in Wien. Veröffentlichungen der mitteleuropäischen Wirtschaftsvereine (1910). 7 A.a.O. X I f . , X I I I , 1 9 9 - 2 4 8 , 249—344. 8 Rückschauende Kritik von S T R A Z N I C K Y , Les conférences de droit international privé depuis la fin de la guerre mondiale, Recueil des Cours 44 (1933) 439—563, insbes. 4 5 7 i f - 539ff2

V. Wissenschaft,

Kongresse,

Konferenzen

17

ländischen Regierung ausgearbeitete und den einzelnen Staaten zur Beantwortung mitgeteilte „Questionnaire" 1 war vorbildlich abgefaßt. Die Verhandlungen des Beratungsausschusses leitete der schweizerische Bundesrichter M E R Z , der später in einem knappen und anschaulichen Vortrag über den Gang der Verhandlungen berichtet hat 2 . An den Beratungen beteiligten sich auch Männer von großem Ansehen, wie der Franzose J . B A S D E V A N T , der Däne M U N C H P E T E R S E N und der Niederländer J . K O S T E R S . Auch K O S T E R S berichtete später über den Gang der Verhandlungen 3. Der auf der 5. Haager Konferenz vereinbarte, auf der 6. Konferenz von 19284 nur unwesentlich geänderte und ergänzte Entwurf sollte in seiner ursprünglichen Gestalt das Muster für zweiseitige Verträge bilden, eine Gesamtvereinbarung nach Art des Haager Zivilprozeßabkommens ließ sich 1925 nicht erreichen. Insofern war den süd- und p a n a m e r i k a n i s c h e n K o n f e r e n z e n ein größerer Erfolg beschieden. Sie mündeten über den Vertragsentwurf von Lima vom 9. November 18785 und den — ersten — Vertrag von Montevideo vom 10. Januar 18896, der für die Staaten Bolivien, Columbien, Ecuador, Peru und Venezuela durch den Vertrag von Caracas vom 18. Juli 1911 bestätigt und geändert wurde7, schließlich in den Code B u s t a m a n t e vom 20. Februar 19288 aus. Dieser behandelt in seinem vierten Buche unter Titel II die internationale Jurisdiktion und unter Titel X die Vollstreckung auswärtiger Urteile und machte so, nach seiner Ratifizierung auch durch Costa Rica 1930, Guatemala 1929, Honduras 1930, Nicaragua 1930 und San Salvador 19319, die entsprechende Gesamtvereinbarung dieser fünf Staaten im Art. 15 des allgemeinen Friedensvertrages vom 1

Documents (1925) 14—16.

2

Schweizerische Vereinigung für internationales Recht, Druckschrift Nr. 19

(I927)3

RevDrComp. 53 (1926) i 8 g f f . ;

5

NEUBAUER, Z.f.d.ges. Handelsrecht

4

Actes (1928) 421 ff.

25 (1880) 545 ff. ; v. M. II 16 S. 293FF.

6 HECK, Z I n t R . 1 (1891) 597f., Tratados vigentes 1825 — 1925, II Bolivia (1925) 238ff.; v. M. II 18 S. 414 ff. 7 Tratados vigentes 1825 — 1925, I I I Bolivia (1925) 803 — 809. Über die Hintergründe des Vertrages von Caracas vgl. ANTOKOLETZ, Tratado de derecho internacional público en tiempo de paz, 2. Aufl. I (1928) 321. — Vgl. neuerdings den zweiten Vertrag von Montevideo vom 19. März 1940, abgeschlossen von den Staaten Argentinien, Bolivien, Brasilien, Columbien. Paraguay, Peru und Uruguay: L'exécution, Appendice (1949) 87 ff., ohne Angabe der etwaigen Ratifikationen, die 1945 noch nicht vorlagen: RABEL, The Conflict of Laws I (1945) 30. 8

Abgedruckt SdN. 86, S. i n ff., auch Rev. 23 (1928) 545ff.

• L'exécution 164 Anm. 1. 2

J e l l l n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

18

§ i. Geschichtliche

Entwicklung

20. Dezember 1907 1 gegenstandslos. Der Name B U S T A M A N T E gestattet, auch diese staatlichen Konferenzen den wissenschaftlichen Kongressen beizuzählen. Allerdings liegt ihr Ergebnis nicht unmittelbar im Bereiche unserer Untersuchungen, die nur den zweiseitigen, nicht den mehrseitigen völkerrechtlichen Abmachungen gewidmet sind. Der V ö l k e r b u n d selbst befaßte sich nur mit der Frage der auswärtigen Schiedssprüche2, die ebenfalls abseits von unseren Untersuchungen liegen. Auch das dem Völkerbund unterstellte I n s t i t u t i n t e r n a t i o n a l de R o m e pour l ' u n i f i c a t i o n du d r o i t p r i v é 3 hat bis jetzt seine Aufmerksamkeit; nur der Vollstreckung von Alimentenforderungen im Auslande zugewandt 4 , aber bei dieser Gelegenheit ein Quellenwerk von beträchtlichem allgemeinem Werte geschaffen. Anhang I enthält die Gesetzestexte über die Vollstreckung auswärtiger Urteile von 54 Staaten, dabei die Schweiz mit ihren 21 verschiedenen kantonalen Gesetzgebungen als einziger Staat gerechnet, Anhang II 7 Gesamtvereinbarungen und 20 zweiseitige Staatsverträge im vollen Wortlaut. Auch den Mustervertrag der 5. Haager Konferenz findet man hier wörtlich abgedruckt. VI. W e i t e r e n t w i c k l u n g bis h e u t e Die Zahl der seit 1869, dem Auftreten A S S E R S , abgeschlossenen Verträge über Urteilsanerkennung und -Vollstreckung blieb, wenn man von den Ausläufern der früheren Epoche absieht, zunächst gering. Es mußten volle 30 Jahre vergehen, ehe der nächst dem französisch-schweizerischen meist genannte Vertrag, der zwischen F r a n k r e i c h und B e l g i e n vom 8. Juli 1899, zustande kam. Wie der französisch-schweizerische enthält auch er Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage ; gerade sie haben zu lebhaft erörterten Streitfragen geführt. Dem Vertrage nachgebildet, doch in vielen Einzelheiten verbessert, ist der b e l g i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e Vertrag vom 28. März 1925. Die Wiener Rechtshilfe-Konferenz5 hatte zunächst nur den Erfolg, daß zwischen Ö s t e r r e i c h und U n g a r n , am 10. Mai 1914, ein Vertrag über Vollstreckungshilfe zustande kam. Schon drei 1

v . M. I I I 3 S. 94. V g l . auch den Vertrag der gleichen fünf Staaten v o m 7 . Febr.

1923 (Art. 13), A m . Journ. of int. law 17 (1923) Suppl. i ï 7 f f . 2

Société des Nations, Questions juridiques (1931) 52.

8

Ü b e r dies Institut unterrichtet Répertoire, Suppl. (1934) 171 — 1 7 4 .

4

L ' e x é c u t i o n (1938); Appendice, décembre 1949.

6

V g l . oben S. 16 A n m . 6.

VI.

Weiterentwicklung

bis heute

19

Jahre zuvor, am 31. Mai 1911, war zwischen Ö s t e r r e i c h - U n g a r n und B u l g a r i e n ein auch die Vollstreckungshilfe umfassender Rechtshilfe vertrag abgeschlossen worden, der in seiner wohl abgewogenen Ausdrucksweise und Gliederung die Nähe des großen österreichischen Prozessualisten F R A N Z K L E I N verrät. Für seine Weitergeltung zwischen Bulgarien und Österreich nach dem ersten Weltkriege wurde er am 20. Oktober 1922 durch Staatsvertrag ausdrücklich bestätigt. Er stimmt fast wörtlich mit dem Vertrage zwischen Österreich-Ungarn und Serbien vom 30./17. März 1911 überein, der einen älteren Vertrag zwischen beiden Staaten, vom 6. Mai/24. April 1881, ersetzte und mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges außer Kraft trat. Sonst ist unter den vor dem ersten Weltkrieg abgeschlossenen Verträgen nur noch der über internationales Privatrecht vom 18. Juni 1903 zu erwähnen, in dem C o l u m b i e n u n d E c u a d o r außer der Abgrenzung der beiderseitigen Jurisdiktionen auch die Vollstreckungshilfe regelten. Groß ist dagegen die Anzahl der n a c h dem ersten W e l t k r i t ge abgeschlossenen Verträge. Das D e u t s c h e R e i c h , das sich vor dem ersten Weltkriege nur dadurch gebunden hatte, daß es im Art. 18 der Zusatzkonvention zum Frankfurter Frieden vom 11. Dezember 1871 1 mit Frankreich die Ausdehnung des französisch-badischen Vertrages von 1846 auf das Gebiet von Elsaß-Lothringen vereinbarte, schloß nach dem ersten Weltkriege zunächst mit Österreich den heute nicht mehr geltenden Vertrag vom 21. Juni 1923, der, wie es bei eng befreundeten Staaten häufiger vorkommt, die Nachprüfung der Jurisdiktion des Erstrichters durch den Zweitrichter nur sehr beschränkt zuließ. Im übrigen hat das Deutsche Reich nur noch mit der S c h w e i z , am 2. November 1929, und mit I t a l i e n , am 9. März 1936, Verträge geschlossen. Bei I t a l i e n fiel der Beginn des Abschlusses von Verträgen nach dem ersten Weltkrieg etwa zeitlich zusammen mit der Änderung des Art. 941 des Codice di procedura civile durch Königliches Dekret vom 20. Juli 1919. Am 6. April 1922 schloß Italien zu Rom drei nahezu gleichlautende Verträge mit Ö s t e r r e i c h , J u g o s l a w i e n und der T s c h e c h o s l o w a k e i , von denen der letzte nach dem zweiten Weltkrieg durch Erklärung der Tschechoslowakei an Italien vom 25. Februar 1948 ausdrücklich wieder in Kraft gesetzt wurde z. Es folgten die mit der T ü r k e i vom 10. August 1926, 1 2

R G B l . 1872 S. 20. U N . 26, 103.

20

§ I,

Geschichtliche

Entwicklung

mit F r a n k r e i c h vom 3. Juli 1930, mit der S c h w e i z vom 3. Januar 1933, sowie der noch nicht ratifizierte mit den N i e d e r l a n d e n vom 7. März 1935. Der Vertrag mit dem D e u t s c h e n R e i c h e von 1936 wurde schon erwähnt. Auch mit der V a t i k a n s t a d t kam es im Lateranvertrag vom 11. Februar 1929 und im Konkordat vom gleichen Tage zu einigen Abmachungen. Auch die T s c h e c h o s l o w a k e i bekundete einen großen Eifer im Abschluß von Verträgen über Vollstreckungshilfe. Außer dem oben erwähnten Vertrag mit I t a l i e n kamen Verträge zustande mit: J u g o s l a w i e n am 17. März 1923, R u m ä n i e n am 7. Mai 1925, B u l g a r i e n am 15. Mai 1926, der S c h w e i z am 21. Dezember 1926, G r i e c h e n l a n d am 7. April 1927, P o r t u g a l am 23. November 1927, S p a n i e n am 26. November 1927 und P o l e n am 10. Februar 1934, dieser ersetzt durch Kap. IV des Rechtspflegevertrags vom 21. Januar 1949 Ö s t e r r e i c h schloß nach dem ersten Weltkriege außer mit I t a lien und dem D e u t s c h e n R e i c h e noch Verträge mit der S c h w e i z am 15. März 1927, mit J u g o s l a w i e n am 1. Mai 1928 und mit der T ü r k e i am 22. Juni 1930. Außerdem kamen im Donauraum am 26. November 1923 Verträge zwischen B u l g a r i e n u n d J u g o s l a w i e n und am 19. April 1924 zwischen B u l g a r i e n u n d R u m ä n i e n zustande, ferner im Osten Deutschlands der Vertrag zwischen P o l e n und der F r e i e n S t a d t D a n z i g vom 28. November 1925, und im fernen Osten der zwischen S o w j e t r u ß l a n d u n d der M o n g o l i s c h e n R e p u b l i k , in Kraft seit dem 16. April 1931 2 . Die S c h w e i z e r i s c h e E i d g e n o s s e n s c h a f t , deren nach dem ersten Weltkrieg geschlossene Verträge mit der T s c h e c h o s l o w a k e i , Ö s t e r r e i c h , dem D e u t s c h e n R e i c h e und I t a l i e n bereits begegneten, schloß am 15. Januar 1936 noch einen Vertrag mit S c h w e d e n . Das große Ereignis in Nordwesteuropa im Bereiche der Vollstreckungshilfe war die Erlassung des e n g l i s c h e n Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Acts vom 13. April 1933 3 . Dies Gesetz, das Vorläufer nur für die inneren Beziehungen des britischen Weltreichs hatte, ermöglichte den Abschluß zweier, einU N . 31, 262. Vgl. Taraconzio, Am. Journ. of int. law 31 (1937) Ö3ff.; Maurach, Z I n t R . 47 (1933) 3i3 Abgedruckt im Bull. 29 (1933) 3 ff. und in L'exécution ôgff., ferner englisch und deutsch in RabelsZ. 9 (1935) 449ff> französisch im Journ. 61 (1934) 5 0 2 f f . , italienisch in der Riv. 25 (1933) 34off. 1

8

VI.

Weiterentwicklung bis heute

21

andersehr ähnelnder Verträge: des zwischen G r o ß b r i t a n n i e n und F r a n k r e i c h vom 18. Januar 1934 und des zwischen G r o ß b r i t a n nien und B e l g i e n vom 2. Mai 1934. Mit beiden Verträgen verwandt, wenn auch in vielen Punkten abweichend, ist der Vertrag zwischen P a l ä s t i n a und Ä g y p t e n vom 12. Januar 1929. Damit ist der letzte Stand der Entwicklung wiedergegeben. Nach genauer Sichtung werden wir an anderer Stelle die Verträge in der Weise aufführen, daß auf einen Blick zu sehen ist, mit welchen Staaten der einzelne Staat Verträge abgeschlossen hat. Hier sei nur noch einmal der wichtigeren Staaten gedacht, deren Verträge soeben nur beim andern Vertragspartner aufgeführt werden konnten. So hat nach dem ersten Weltkrieg F r a n k r e i c h mit I t a l i e n (1930) und mit G r o ß b r i t a n n i e n (1934) Verträge abgeschlossen, B e l g i e n , außer mit den Niederlanden (1925), mit G r o ß b r i t a n n i e n (1934) und die N i e d e r l a n d e mit B e l g i e n (1925) und den noch nicht ratifizierten mit I t a l i e n (1935). Die baltischen Staaten können mit keinem zweiseitigen Abkommen, die nordischen Staaten nur mit dem schweizerisch-schwedischen Abkommen von 1936 aufwarten. Dafür kam am 14. November 1935 ein dreiseitiges Abkommen über Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen zwischen L i t a u e n , L e t t l a n d , und E s t l a n d und am 16. März 1932 ein mehrseitiges Abkommen gleicher Art zwischen D ä n e m a r k , F i n n l a n d , I s l a n d , N o r w e g e n und S c h w e d e n zustande, dem ein Vollstreckungsabkommen für Unterhaltsansprüche vom 10. Februar 1931 voranging 1 . Die Weiterentwicklung auf dem Gebiete der internationalen Vollstreckungshilfe wird vor allem von der politischen und der wirtschaftlichen Weltlage abhängen. Kriegszeiten sind dem Abschluß zivilprozessualer Verträge nicht günstig; die Staaten, auch die neutralen, haben da größere Sorgen auf anderen Gebieten. Ebenso beeinflussen die Autarkie-Bestrebungen oder -Notwendigkeiten die Bereitschaft zum Abschluß von Vollstreckungsverträgen ungünstig, nicht nur, weil unter solchen Bestrebungen das Auslandsgeschäft leidet, sondern vor allem wegen der Schwierigkeiten des Umtausches der Fremdwährung in die eigene Währung. Ein Staat mit geringem Auslandshandel ist gezwungen, die Verbringung von Geld ins Ausland streng zu überwachen. Was nützt es dann z. B. einem Schweden, in Stockholm gegen einen Spanier ein in Spanien vollstreckbar zu erklärendes Urteil über 1000 Kronen zu erwirken, wenn er zwar in Spanien pfänden und einen Erlös von 13000 Pe1 Die genannten drei Abkommen sind abgedruckt in: L'exécution 175ff., 168ff. Vgl. auch unten S. 37 Anm. 2, S. 38 Anm. 1.

22

§ 2.

Fachausdrücke

setas erzielen kann, ihm aber die Möglichkeit fehlt, diese 13000 Pesetas auf irgendeinem zulässigen Wege nach Schweden zu bringen ! Wohl kann er eine Erholungsreise nach Spanien machen, seine schwedischen Freunde in Spanien beschenken, sich dort einen Kraftwagen oder Musikinstrumente anschaffen und, falls deren Ausfuhr gestattet ist, nach Schweden mitnehmen. Aber zu diesem Zwecke wird er kaum prozessiert haben. Vollstreckungsverträge werden daher nur in einer gesunden Weltwirtschaft gedeihen können. § 2.

Fachausdrücke

Schon im vorstehenden geschichtlichen Überblick gebrauchten wir einige Fachausdrücke, deren Sinn kaum zweifelhaft sein dürfte, deren Wahl trotzdem an dieser Stelle — vor weiterer Verwendung — begründet werden soll. I. E r s t s t a a t , Z w e i t s t a a t , E r s t g e s e t z g e b u n g , Z w e i t g e s e t z g e b u n g usw. Gegenstand der Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ist die Geltendmachung des in dem einen Staate erlassenen Urteils vor den Gerichten des andern Staates. Man sucht daher schon lange für die beiden Staaten zur Vermeidung zeitraubender Umschreibungen einen knappen, anschaulichen Namen. Im Art. 1 des deutsch-italienischen Vertrages z. B. wird die Anerkennung der Rechtskraft des im andern Staate ergangenen Urteils zugesagt, wenn „für die Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde", eine Zuständigkeit begründet war und nicht „nach dem Recht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird", dessen eigene Gerichte oder die eines dritten Staates ausschließlich zuständig sind. Es ist klar, daß diese umständliche Ausdrucksweise die Untersuchung auf Schritt und Tritt hemmen würde. Im Deutschen ist es üblich, den ersten Staat „Urteilsstaat" oder „Erkenntnisstaat" zu nennen, den zweiten Staat „Vollstreckungsstaat 1 . Der zweite Ausdruck ist aber ungenau, da ja die Geltendmachung eines fremdstaatlichen Urteils nicht immer Vollstreckung 1

Vgl. z. B. Vertrag zwischen Österreich und Ungarn (Art. 12 Ziff. 1).

I. Erststaat, Zweitstaat, Erstgesetzgebung, Zweitgesetzgebung, usw.

23

zu sein braucht, so insbesondere nicht bei der Einwendung der Rechtskraft. Außerdem läßt sich der Ausdruck „Gericht des Vollstreckungsstaates" nicht mit „Vollstreckungsgericht" abkürzen, weil dieser Ausdruck wieder eine besondere Bedeutung hat und auf keinen Fall für das Prozeßgericht paßt, vor dem die Rechtskraft des fremden Urteils als Einwendung geltend gemacht wird. Deshalb sind auch die Ausdrücke „Tribunal de Jugement" und „Tribunal d'ExSquatur" 1 nicht uneingeschränkt zu empfehlen; allerdings muß dahingestellt bleiben, ob sich in der französischen Sprache bessere Bezeichnungen finden lassen, die von uns vorzuschlagenden Bezeichnungen jedenfalls lassen sich nicht in dieser Kürze ins Französische übertragen. Nicht viel besser sind die amtlichen Abkürzungen in den beiden britischen Verträgen (i, 5): „original court" oder „tribunal d'origine" und „court applied to" oder „tribunal requis", insbesondere nicht in der französischen Fassung. Allerdings weist der letzte Ausdruck nicht so eindeutig auf die Vollstreckungshilfe hin wie der Ausdruck „tribunal d'Exequatur", aber ein „ersuchtes" Gericht ist das Gericht, vor dem die Rechtskraft des fremden Urteils einredeweise geltend gemacht wird, auch nicht, obgleich die Verträge es ausdrücklich wahr haben wollen. Nennt man dagegen den Staat, in dem das anzuerkennende oder zu vollstreckende Urteil erlassen wurde, E r s t s t a a t und den Staat in dem das Urteil irgendwie geltend gemacht wird, Z w e i t s t a a t , so hat man damit kurze, anschauliche und sprachlich fruchtbare Ausdrücke. Namentlich das letzte ist wichtig. Dem Erststaat entspricht das E r s t u r t e i l , das E r s t g e r i c h t , die E r s t g e s e t z g e b u n g , das E r s t v e r f a h r e n , dem Zweitstaat das Z w e i t g e r i c h t , die Z w e i t g e s e t z g e b u n g , das Z w e i t v e r f a h r e n . Auch für einen dritten, unbeteiligten Staat ist dann Raum für eine entsprechende Bezeichnung; er wäre der D r i t t s t a a t , seine Gesetzgebung die D r i t t g e s e t z g e b u n g . Die oben wiedergegebene Bestimmung des deutsch-italienischen Vertrags ließe sich demnach so ausdrücken, die Anerkennung der Rechtskraft eines Ersturteils werde zugesagt, wenn für die Erstgerichte eine Zuständigkeit begründet war und nicht nach der Zweitgesetzgebung die Zweitgerichte oder ein Drittgericht ausschließlich zuständig sind. 1

Vgl. LEVAL, Intern. L a w Association 21 (1903) 123.

24

§ 2.

Fachausdrücke

II. J u r i s d i k t i o n und i n t e r n a t i o n a l e Z u s t ä n d i g k e i t Die Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge haben bei der Frage, ob das Erstgericht zuständig für die Entscheidung war, nicht die s a c h l i c h e Zuständigkeit im Auge. Wohl macht es bei den britischenVerträgen einen Unterschied, ob ein höheres oder ein niederes Gericht das Ersturteil gefällt hat, da nur die Urteile eines höheren Gerichts anerkennungs- und vollstreckungsfähig sind, aber die Zuständigkeitsfrage zwischen höherem und niederem Gericht ist für den Zweitrichter auch hier gleichgültig. Wichtig ist allein die Frage der Zuständigkeit des erststaatlichen Gerichts im Verhältnis zu dem zweitstaatlichen oder zu drittstaatlichen Gerichten. Im Gegensatze zur ö r t l i c h e n Zuständigkeitsverteilung, die nur die Befugnisse gleichgeordneter Gerichte des gleichen Staates gegeneinander abgrenzt, pflegt man die Zuständigkeit der Gerichte des Erststaates im Verhältnis zu denen des Z w e i t - oder eines Drittstaates i n t e r n a t i o n a l e Z u s t ä n d i g k e i t zu nennen1. Der Ausdruck begegnet insbesondere in der italienischen Rechtssprache. Er ist auch durchaus am Platze, soweit der Gesetzgeber die Zuständigkeit seiner Gerichte im Verhältnis zu auswärtigen Gerichten geregelt hat. Er bestimmt z. B., daß das Gericht der belegenen Sache für die Entscheidung über das Eigentum an Grundstücken selbst dann ausschließlich zuständig sein soll, wenn die Parteien Ausländer sind und im Auslande wohnen. Damit hat der Staat die ausschließliche internationale Zuständigkeit seiner Gerichte der belegenen Sache festgelegt. Man hat diese, im Verhältnis zu anderen Staaten gemeinte Zuständigkeit auch J u r i s d i k t i o n genannt2, doch decken sich die Ausdrücke „internationale Zuständigkeit" und „Jurisdiktion" nicht vollständig. Allerdings können wir die von M A X P A G E N STECHER 3 in neuerer Zeit mit großer Energie betonte Unterscheidung zwischen Gerichtsbarkeit und internationaler Zuständigkeit für unsere Zwecke vernachlässigen, da es P A G E N S T E C H E R nur darum zu tun ist, gewissen inländischen Urteilen, weil die vom inländischen Gesetzgeber gezogenen Grenzen der Gerichtsbarkeit 1 Vgl. NEUNER, Internationale Zuständigkeit (1929) 1 ff.; d e r s e l b e , Der B e griff der internationalen Zuständigkeit als Gegenstand des Gesetzgebung, Annuario di diritto comparato e di studi legislativi, ser. II, vol. X I I I , part. I (1938) 349 ff.; PERROUD, Journ. 52 (1925) 723. 2 Vgl. z. B . KOSTERS, Rechtsgel. Mag. 33 (1914) Suppl. 2; Jos. JITTA, Intern. Privaatrecht (1916) 588ff. ; ANZILOTTI, Corso di lezioni di diritto internazionale (diritto privato) (1913) 409: „competenza jurisdizionale", zitiert von BALDONI, Riv. 23 (1931) 137 Anm. 1. 3 RabelsZ. 11 (1937) 337 — 483, auch RabelsZ. 4 (1930) 713 ff. Vgl. hierzu KALLMANN, 22ff.; RIEZLER, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 201 ff.

II.

Jurisdiktion

und internationale

Zuständigkeit

25

durchbrechend, die Rechtskraftfähigkeit abzustreiten, im Gegensatz zu den Urteilen, die nur gegen die Regeln der internationalen Zuständigkeit verstoßen. Auch enthalten wir uns einer Kritik dieser Lehre, da wir hierzu weit ausholen müßten, ohne den Gegenstand unserer Studien irgendwie zu fördern. Aber in einem andern Sinne ist die Unterscheidung zwischen Jurisdiktion und internationaler Zuständigkeit auch für den internationalen Bereich anzuerkennen. Man kann nämlich unter Jurisdiktion in Anlehnung an den Sprachgebrauch des römischen und des kanonischen Rechtes mit die r e c h t s e t z e n d e G e w a l t auf dem Gebiete der Justiz verstehen. „Der Staat hat die Jurisdiktion über alle Streitigkeiten, die aus einer auf seinem Gebiete begangenen unerlaubten Handlung entstehen", heißt dann nicht notwendig, das Gericht des Tatortes oder ein anderes Gericht des Staates sei zur Entscheidung der genannten Streitigkeiten zuständig, sondern zunächst nur: „Der Staat darf durch Gesetz seine Gerichte für Streitigkeiten zuständig machen, die aus unerlaubten, auf seinem Gebiete begangenen Handlungen entstehen". Das Verhältnis von Jurisdiktion in diesem Sinne und internationaler Zuständigkeit ist also das von Möglichkeit und Wirklichkeit. Hat ein Staat den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch für den internationalen Bereich in seiner Gesetzgebung festgelegt, so geht er notwendig von der Anschauung aus, daß ihm die entsprechende Jurisdiktion zukomme. Fehlt es aber an einer solchen Zuständigkeitsregelung, so ist damit keineswegs gesagt, daß dem Staat nach seiner eigenen Auffassung die Jurisdiktion zur Aburteilung unerlaubter Handlungen fehle, sondern nur, daß er von einer ihm zustehenden gesetzgeberischen Möglichkeit noch keinen Gebrauch gemacht hat. Wir halten die Unterscheidung für wichtig genug, um sie auch im Ausdruck festzuhalten. Ein Beispiel möge es zeigen. Der Zweitstaat erkenne die Jurisdiktion des Erststaates für die auf dessen Gebiete begangenen unerlaubten Handlungen an. Dem Erststaat fehle nach seiner Gesetzgebung der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung. Trotzdem verurteile das Erstgericht des Tatortes wegen einer solchen unerlaubten Handlung. Das Zweitgericht wird das Urteil des Erstgerichts anerkennen, weil das Erstgericht im Rahmen der vom Zweitstaat anerkannten Jurisdiktion des Erststaates Recht gesprochen hat. Würde dagegen der Zweitstaat verlangen, daß die Erstgerichte oder mindestens ein Erstgericht nach der Erstgesetzgebung internationale Zuständigkeit für Prozesse über unerlaubte Handlungen besitzen, so müßte das Zweitgericht dem ergangenen Ersturteil die Anerkennung versagen.

26

§ 2.

Fachausdrücke

III. B e f o l g u n g s - u n d B e u r t e i l u n g s r e g e l n Die vom Erststaat für seine eigenen Gerichte erlassenen Zuständigkeitsvorschriften sind B e f o l g u n g s r e g e l n , d . h . Regeln, nach denen die Erstgerichte die bei ihnen anhängig gemachten Prozesse annehmen oder ablehnen müssen. Hält sich das Erstgericht für zuständig, so tritt es in die Prüfung der Klage ein; andernfalls weist es die Klage wegen mangelnder eigener Zuständigkeit ab. Das Erstgericht muß also die Zuständigkeitsvorschriften u n m i t t e l b a r b e f o l g e n , BARTIN hat daher die so gemeinte Zuständigkeit auch unmittelbare Zuständigkeit, „compétence directe", genannt 1 . Im Gegensatze dazu wenden sich die B e u r t e i l u n g s r e g e l n nur an den Zweitrichter, der im Zweitverfahren beurteilen soll, ob der Erstrichter im internationalen Bereiche zuständig war oder nicht. Die so nachgeprüfte Zuständigkeit des Erstrichters berührt diesen also unmittelbar gar nicht, er kann sich immer nur nach den Befolgungsregeln richten; seine Zuständigkeit kommt hier nur m i t t e l b a r in Frage, nämlich für die Beurteilung der Anerkennungswürdigkeit seines Urteils, daher der von B A R T I N 2 vorgeschlagene Ausdruck „compétence indirecte". Man könnte auch von ursprünglicher und nachträglicher Zuständigkeit sprechen. Wir schlagen statt dessen das Ausdruckspaar „Befolgung" und „Beurteilung" vor, weil man sich unter ihnen das Gemeinte ohne weiteres vorstellen kann. Für den Erstrichter sind die im Erst verfahren zu beachtenden Zuständigkeitsvorschriften Befolgungsregeln, für den Zweitrichter Beurteilungsregeln, die sich mit den Befolgungsregeln nur dann vollinhaltlich decken, wenn der Zweitgesetzgeber die Zuständigkeitsvorschriften des Erststaates ohne Einschränkung anerkennt. Die Befolgungsregeln können positiv oder negativ sein. P o s i t i v e B e f o l g u n g s r e g e l n zur Jurisdiktionsfrage, die in einem Staatsvertrage vereinbart werden, begründen Gerichtsstände für das Er st verfahren, selbst wenn diese Art von Gerichtsständen im autonomen Recht des Erststaates fehlen. N e g a t i v e B e f o l g u n g s r e g e l n zur Jurisdiktionsfrage schließen für das Erstverfahren gewisse unerwünschte Gerichtsstände aus. Entsprechend gibt es auch positive und negative Beurteilungsregeln. Eine p o s i t i v e B e u r t e i l u n g s r e g e l verpflichtet den Zweitrichter zur Anerkennung eines erststaatlichen Gerichtsstandes, eine n e g a t i v e B e u r t e i l u n g s r e g e l verbietet ihm eine solche Anerkennung. 1 2

BARTIN, Etudes sur les effets internationaux des jugements I (1907) 4f. A.a.O. 5.

§ 3. I. Kritik und Dogmatik

27

Obwohl sich die Befolgungsregeln an den Erstrichter, die Beurteilungsregeln an den Zweitrichter wenden, besteht doch ein Zusammenhang zwischen ihnen. Die in einem Staatsvertrage vereinbarten Befolgungsregeln sind nämlich immer zugleich Beurteilungsregeln für den Zweitrichter. Ist im Staatsvertrag z. B. der Gerichtsstand der Vertragserfüllung als Befolgungsregel anerkannt, so muß ihn im Zweitverfahren auch der Zweitrichter anerkennen; schließt eine Befolgungsregel den Gerichtsstand des Klägerwohnsitzes aus, so darf ihn auch der Zweitrichter nicht anerkennen. Dagegen haben Beurteilungsregeln keinen Einfluß auf das Erstverfahren, nötigen den Erstrichter zu keiner Befolgung, sind also an sich nicht zugleich Befolgungsregeln. Wären sie es, so wäre ja die ganze Unterscheidung der Zuständigkeitsvorschriften in Befolgungs- und Beurteilungsregeln überflüssig. Das logische Verhältnis zwischen Befolgungs- und Beurteilungsregeln ist also das zweier ungleicher Kreise, von denen der kleinere die Befolgungsregeln darstellt und sich mit seinem ganzen Umfang innerhalb des größeren Kreises befindet, der die Beurteilungsregeln bedeutet. Jede in einem Staatsvertrage vereinbarte Befolgungsregel ist zugleich eine Beurteilungsregel, aber nicht jede staatsvertragliche Beurteilungsregel zugleich eine Befolgungsregel. § 3. Abgrenzung und Ausscheidung

Gegenstand der Untersuchung ist eine kritische Besprechung der bestehenden zweiseitigen Staatsverträge über die Anerkennung ausländischer Zivilurteile. Erste Voraussetzung für einen fruchtbaren Beginn der Arbeit ist eine übersichtliche Zusammenstellung des gesamten zu bearbeitenden Materials. Grobe Arbeit hierfür hat schon die geschichtliche Einleitung geleistet, die endgültige Sichtung bleibt diesem und dem folgenden Paragraphen vorbehalten. Aber auch die anderen Punkte der Aufgabe bedürfen einer Erörterung. Sie sei vorweggenommen. I. K r i t i k u n d

Dogmatik

Die Besprechung soll k r i t i s c h sein. Sie soll also mehr sein als eine bloße Zusammenstellung der bestehenden Verträge, auch mehr als eine bloße rechtsvergleichende Darstellung, selbst die Gruppierung nach gemeinsamen juristischen Gesichtspunkten würde nicht genügen. Sie soll andererseits n i c h t d o g m a t i s c h sein. Einzelne von den zu bearbeitenden Verträgen haben bei ihrer Handhabung zu mannigfachen juristischen Streitfragen Anlaß gegeben, so ins-

28

§ 3' Abgrenzung

und

Ausscheidung

besondere der französisch-belgische Vertrag, an dessen Auslegung mit bewunderungswürdigem Scharfsinn mitzuarbeiten, selbst ein so bedeutender Jurist wie A N T O I N E P I L L E T , nicht unter seiner Würde gehalten hat 1 . So groß die Freude des dogmatischen Juristen an derartigen Auslegungsschwierigkeiten sein mag: uns lassen solche unüberlegten Vertragstexte völlig kalt. Denn für die k r i t i s c h e Betrachtung ist die Unklarheit eines Vertrages kein Anreiz zu ausführlichen Darlegungen, zu scharfsinnigen Abwägungen des Für und Wider dieser oder jener Auslegung, sondern nur ein Zeichen der Schwäche und der Verbesserungswürdigkeit des Vertrages. Wenn z. B. viel Tinte über die Frage verspritzt wurde, ob und inwieweit Art. 2 des französisch-belgischen Abkommens mit seinen Bestimmungen über den Gerichtsstand des Vertrages das autonome belgische Recht geändert hat 2 , so brauchten wir uns an sich zu der Streitfrage selbst gar nicht zu äußern, sondern nur davon Kenntnis zu nehmen, daß hier eine Unklarheit vorliegt, und zu prüfen, woher sie kommt und wie sie beseitigt oder bei künftigen Verträgen vermieden werden könnte. Nur der Vollständigkeit halber werden wir am gegebenen Orte auch mit unserer dogmatischen Ansicht nicht zurückhalten 3 . Damit ist zugleich angedeutet, woran sich die kritische Betrachtung ausrichten kann, ohne subjektiv zu werden: an j u r i s t i schen W e r t e n und nur an ihnen. So mag man es bedauern, daß Großbritannien nur bei Geldurteilen Vollstreckungshilfe leistet und daß es bisher nur zwei Verträge über Vollstreckungshilfe abgeschlossen hat. Aber mit Gründen der wissenschaftlichen Kritik wird man nicht nachweisen können, daß es Unrecht hat. Dagegen sind die Kategorien K l a r h e i t , V o l l s t ä n d i g k e i t , F o l g e r i c h t i g k e i t dem Juristen vertraut und daher Richtungspunkte für eine wissenschaftliche Kritik der vorhandenen Verträge. Dabei leisten gute Dienste die Erfahrung und die Rechtsvergleichung. Gibt ein Vertrag bei seiner Handhabung keinen Anlaß zu widersprechenden Entscheidungen oder auch nur zu Entscheidungen mit ausführlichen juristischen Erörterungen, so ist dies ein gutes Zeichen für seine Brauchbarkeit. Was Perikles von den Frauen sagt: die seien die besten, von denen man am wenigstens spreche, gilt auch von den Verträgen über Vollstreckungshilfe. Häufen sich dagegen die höchstrichterlichen Entscheidungen auf beiden Seiten, dann gibt der Vertrag sicher berechtigten Anlaß zur Kritik. Ferner kann auch die R e c h t s v e r g l e i c h u n g Werte zutage fördern. Man sieht dabei, an welche Schwierigkeiten gewisse Staaten gedacht und wie sie 1

PILLET 245 ff.

s

V g l . z. B . PILLET 262 f f .

3

S. unten S. 125 f.

II.

Rechtskraft

und

Vollstreckbarkeit,

Beweiskraft

und

Tatbestandswirkung

29

solche gelöst haben, und merkt daran, was in anderen Verträgen vergessen oder unzweckmäßig geordnet wurde. Sehr alt ist die Regelung der Vollstreckungshilfe durch Staatsverträge noch nicht, aber doch alt genug, um vermuten zu lassen, daß es kaum mehr ein Problem gibt, das die vorhandenen Verträge oder ihre Handhabung nicht gelöst oder doch aufgezeigt haben. II. R e c h t s k r a f t und V o l l s t r e c k b a r k e i t , B e w e i s k r a f t und T a t b e s t a n d s w i r k u n g Die Anerkennung von ausländischen Zivilurteilen ist Gegenstand dieser Abhandlung. Damit kann nur zweierlei gemeint sein: ihre R e c h t s k r a f t und ihre Anwartschaft auf V o l l s t r e c k b a r k e i t ; denn nur um diese beiden Wirkungen kümmern sich die Verträge, ein Teil von ihnen sogar nur um die zweite. Die Anwartschaft eines Ersturteils auf V o l l s t r e c k b a r k e i t im Zweitstaat aber besteht in der Möglichkeit, unter Mitwirkung der Zweitbehörden die Vollstreckbarkeit des Urteils im Zweitstaat zu erreichen, ohne daß es, vorbehaltlich gewisser Ausnahmen, den Zweitbehörden gestattet ist, das Urteil auf seine sachliche Richtigkeit nachzuprüfen. Ein gleiches grundsätzliches Verbot der sachlichen Nachprüfung des Ersturteils, der sog. révision du fond, besteht bei der Geltendmachung seiner R e c h t s k r a f t w i r k u n g . Zwischen A und B sei es streitig gewesen, wer von beiden der Eigentümer eines Bildes ist. Durch ein im Prozeß zwischen A und B ergangenes Ersturteil wird das Eigentum des A festgestellt. A leiht darauf dem B das Bild, der es ins Ausland, den Zweitstaat, mitnimmt. Als B das Bild nicht zurückgibt, klagt A gegen ihn im Zweitstaat auf Rückgabe. B wendet ein, er sei Eigentümer. A kann sich auf die Rechtskraftwirkung des Ersturteils berufen und vom Zweitgericht verlangen, daß es sein rechtskräftig festgestelltes Eigentum nicht mehr in Frage stellt, soweit nicht B eine nachträgliche Eigentumsänderung behauptet und nachweist. Außer der Rechtskraft- und der Vollstreckbarkeitswirkung unterscheidet die Theorie bisweilen noch die Beweiskraft- und die Tatbestandswirkung. Beide Wirkungen scheiden für unsere Untersuchung aus, einfach deshalb, weil keine von ihnen Gegenstand eines der uns vorliegenden völkerrechtlichen Verträge ist. Die B e w e i s k r a f t Wirkung 1 wäre eine unvollkommene Rechtskraftwirkung, aus der unwiderleglichen Vermutung des „pro veri1

PIGOOTT, T h e law and practice relating to foreign judgments, 2. A u f l . (1884)

22ff.; 3. A u f l : I (1908) 2 5 f f . ; VROONEN, D e la force extratenitoriale des jugements étrangers

(1920)

25ff.;

CORNELLIE, Blätter f. int. Privatrecht 2

Bosco, R i v . 22 (1930) 244 f f .

(1927)

103f.;

30

§ 3• Abgrenzung und

Ausscheidung

täte accipitur" würde eine widerlegliche Vermutung. Aber solch widerlegliche Vermutungen kennen unsere Verträge nicht. Wohl ist es dem Zweitrichter unbenommen, ein für ihn aus irgendwelchen Gründen nicht bindendes Ersturteil mit Rücksicht auf die Sorgfalt des vorangegangenen Verfahrens im Rahmen der freien Beweiswürdigung tatsächlich zu beachten 1 , aber ein Zwang dazu besteht für ihn nicht. Auch für die T a t b e s t a n d s w i r k u n g , eine Erscheinung, auf die wohl erstmalig A D O L F W A C H 2 aufmerksam gemacht und die dann B A R T I N 3 für den internationalen Bereich verwertet hat, bieten die vorliegenden Verträge keine Unterlagen. Das einmal erlassene und rechtskräftig gewordene Ersturteil bildet zweifellos unter Umständen eine Tatsache, an der der Zweitrichter nicht vorbeigehen kann, selbst wenn er die Rechtskraftwirkung des Urteils nicht anerkennen darf. B bürgt z. B. dem C für eine Schuld des A, doch mit dem Vorbehalt, daß C den B nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn C vergebens versucht hat, sein Geld bei A einzutreiben. C klagt gegen den im Erststaat begüterten A und erwirkt ein rechtskräftiges Urteil gegen ihn. Ohne die Vollstreckung des Urteils auch nur zu versuchen, klagt dann C im Zweitsstaat gegen den dort wohnenden Bürgen B. B wendet ein, daß C erst versuchen müsse, durch Vollstreckung des Ersturteüs im Erststaate zu seinem Gelde zu kommen. C erwidert, das Ersturteil werde wegen fehlender Jurisdiktion des Erststaates im Zweitstaat nicht anerkannt, B könne sich daher auf das Vorhandensein des Ersturteils nicht berufen; da A sich mit unbekanntem Aufenthalt auf Reisen befinde, bestehe keine weitere Möglichkeit, ihn zu belangen. Hier wird der Zweitrichter die bloße Tatsache des Vorhandenseins des Ersturteils anerkennen und die Klage gegen den Bürgen abweisen müssen, da die Tatsache, daß C im Erststaat in das Vermögen des A auf Grund des Ersturteils vollstrecken kann, nicht aus der Welt zu schaffen und davon unabhängig ist, ob der Zweitrichter das Ersturteil in seiner Richtigkeit anerkennt oder nicht. Es gibt also zweifellos neben der Rechtskraftwirkung auch im internationalen Bereiche eine Tatbestandswirkung ausländischer Urteile, doch versteht sich dies rein Tatsächliche so von selbst und kann so wenig weggeredet werden, daß es keinen Platz in völkerrechtlichen Abmachungen finden wird. 1

V g l . unten, S. 185 A n m . 1. Handbuch des deutschen Civilprozeßrechts I (1885) 626ff.

2

WACH,

3

BARTIN,

L e jugement étranger considéré comme un fait, Journ. 51 (1924) 857ff.

III.

Vertragsrecht, autonomes Recht, Gegenseitigkeit

31

III. V e r t r a g s r e c h t , a u t o n o m e s R e c h t , Gegenseitigkeit Nur v ö l k e r r e c h t l i c h e V e r t r ä g e unterliegen unserer kritischen Betrachtung. Ausgeschieden von der Untersuchung bleibt also die a u t o n o m e R e g e l u n g der Anerkennung und Vollstrekkung auswärtiger Zivilurteile. Bei der rein a u t o n o m e n Regelung leuchtet dies ohne weiteres ein. Ein Staat bestimmt ohne Rücksicht auf das Verhalten des Auslands die Voraussetzungen für die Urteilsanerkennung und Vollstreckungshilfe. Hier ist auch nicht die Spur einer vertraglichen Regelung vorhanden. Aber auch bei Abhängigkeit der autonomen Regelung von der Voraussetzung v e r b ü r g t e r G e g e n s e i t i g k e i t 1 fehlt es an den wesentlichen Elementen eines internationalen Vertrages. Dies ist ganz klar beim System der r i c h t e r l i c h e n P r ü f u n g , wenn also die Prüfung, ob Gegenseitigkeit verbürgt ist, im Laufe des Zweitverfahrens dem Zweitrichter zusteht, der die Frage ohne Rücksicht auf die Ansicht seiner Regierung zu entscheiden hat, eine Regelung, wie sie z. B. in Deutschland nach § 328 der Zivilprozeßordnung rechtens ist. Dies gilt nicht minder beim System der e i n s e i t i g e n m i n i s t e r i ellen G e g e n s e i t i g k e i t s e r k l ä r u n g , wie sie die österreichische Exekutionsordnung im § 79 vorsieht. Die Vollstreckung findet hier nur dann und in dem Maße statt, ,,als die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch darüber erlassene, im Reichsgesetzblatte kundgemachte Regierungserklärungen verbürgt ist." Dies gilt aber selbst beim System der p a r a l l e l e n G e g e n s e i t i g k e i t s e r k l ä r u n g e n zweier R e g i e r u n g e n , ein früher mehrfach von Österreich und von Schweizer Kantonen eingeschlagenes Verfahren. Die Regierungen zweier Staaten, in denen ausländische Urteile nur bei verbürgter Gegenseitigkeit anerkannt und vollstreckt werden, unterrichten sich gegenseitig von den sonstigen, für die Anerkennung und Vollstreckung eines Ersturteils geltenden Voraussetzungen, prüfen die beiderseitige Rechtslage und erklären sich bei günstigem Ausfall der Prüfung bereit, die Gegenseitigkeit als verbürgt anzusehen, wenn die andere Seite zum gleichen Ergebnis 1 Vgl. Kleinfeller, Gegenseitigkeit, JW. 1924, 1326ÎÎ.] Stauffer, V o m Gegenrecht in der internationalen Urteilsvollstreckung, Z. d. bern. Juristen Vereins 62 (1926) 5ff. ; Gutteridge, Reciprocy in regard to foreign judgments, British. Y e a r book of international law 13 (1932) 49ff. ; Niboyet, L a notion de réciprocité dans les traités diplomatiques de droit international privé, Recueil des Cours 52 (1935) 253ff. ; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 552 ff.

32

§ 3- Abgrenzung und

Ausscheidung

gelangt. Da keine der beiden Regierungen ihre Gerichte binden will, wenn nicht die andere Regierung auch ihre Gerichte bindet, müssen sie beide Erklärungen irgendwie miteinander verkoppeln und etwa gleichzeitig in ihren Regierungsblättern veröffentlichen. Dadurch kann der S c h e i n eines V e r t r a g e s entstehen, und der Schein wird durch die gelegentliche Bezeichnung der parallelen Erklärungen als „Abkommen" 1 noch verstärkt. In Wirklichkeit liegen nur sich gegenseitig bedingende einseitige Erklärungen vor, und kein Vertrag2, weil jede Bindung des einen Staates gegenüber dem andern Staate fehlt. Gewinnt die eine Regierung die Überzeugung, daß, entgegen ihrer früheren Annahme, die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, dann kann sie ihre Gegenseitigkeitserklärung ohne Kündigungsfrist widerrufen. Auch kann sie ohne Verletzung völkerrechtlicher Pflichten ihre Gesetzgebung derart ändern, daß dem andern Staate nichts übrig bleibt, als seine Gegenseitigkeitserklärung zurückzuziehen. Der Verzicht auf die Aufnahme der gemeinsamen Gegenseitigkeitserklärungen in das Verzeichnis de;r Staatsverträge wird schon dadurch erleichtert, daß die meisten von ihnen durch die Zeitverhältnisse überholt sind. Doch sei zum Überflusse ausdrücklich betont, daß uns folgende, bisweilen zu den Verträgen gerechnete, gemeinsame oder auch einseitige Gegenseitigkeitserklärungen nicht weiter beschäftigen werden: Österreich/Kanton Waadt 9. März/10. Dezember 18973, Österreich/Kanton Zürich 31. Januar/14. März 19073, Österreich/Kanton St. Gallen 30. Dezember 1908/19.. Februar 19093, Österreich/Rumänien 29. September 19004, Österreich/Liechtenstein 10. Dezember 18975, Kanton Luzern/Liechtenstein 19266, Kanton Bern/Rumänien 24. Oktober 19227. IV. B e s t e h e n d e und g e p l a n t e

Kollektivverträge

Da die Untersuchung den zweiseitigen Verträgen gilt, scheiden ferner die zwischen drei und mehr Staaten abgeschlossenen Koll e k t i v v e r t r ä g e aus. 1 So Bekanntmachung des Regierungsrats Zürich vom 14. Dez. 1907 über das „Abkommen zwischen dem Kanton Zürich und Österreich betr. die gegenseitige Exekution von Zivilurteilen", Zürch. Gesetzsammlung 28 (1910) 82. 2 So mit Recht Schweiz. Bundesgericht 20. Febr. 1925, B G E 51 (1925 I) 3 f f . 3 4

• 7

Vgl. Eidgen. Gesetzsammlung 1926 S. 172. 5 Österr. R G B l . 1897 S. 1478. österr. R G B l . 1900 S. 407. Burckhardt, Schweiz. Bundesrecht I V (1931) 130. Gesetze des Kantons Bern, N . F . 21. Bd. S. 224.

IV.

Bestehende und geplante Kollektivverträge

33

1. Ein solcher Kollektivvertrag ist das H a a g e r Abkommen über den Z i v i l p r o z e ß vom 17. Juli 1905 1 mit seinen in den Artikeln 18, 19 niedergelegten Vorschriften über die Vollstreckung von K o s t e n e n t s c h e i d u n g e n des Erststaates im Zweitstaate. Der Kläger ist von der vorschüßlichen Zahlung der Prozeßkosten befreit. Dafür muß er sich im Falle seiner Verurteilung in die Prozeßkosten, also in der Regel bei Klagabweisung, gefallen lassen, daß das Kostenurteil nach nur formeller Prüfung bei ihm zu Hause gegen ihn vollstreckt wird. Hier unterbleibt die sonst übliche hauptsächliche Prüfung: die der erststaatlichen Jurisdiktion, da sich der Kläger durch die Erhebung der Klage vor dem Erstgericht der Jurisdiktion des Erststaates unterworfen hat, aber auch, weil die Duldung einer bedingungslosen Vollstreckung der Erstentscheidung im Zweitstaat eine Gegenleistung des Klägers dafür ist, daß er im Erstverfahren von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten befreit war. Deshalb fällt die Regelung auch sachlich ganz aus dem Rahmen der sonst üblichen Vollstreckungshilfe und würde bei der vergleichenden Darstellung des Gegenstandes nur stören. Eben deshalb hätte es keinen Sinn, der Regelung dann nachzugehen, wenn sie sich, in Anlehnung an die Haager Bestimmungen, in einem zweiseitigen Vertrage befindet, wie etwa im deutsch-türkischen Abkommen vom 28. Mai 1929 über den Rechtsverkehr2 (Art. 3 u. 4), um nur ein Beispiel aus vielen herauszugreifen. Auch wenn die Regelung in einem richtigen Vertrage über Vollstreckungshilfe begegnet, werden wir uns nicht bei ihr aufhalten. 2. Das H a a g e r Ehescheidungsabkommen vom 12. Juni 1902 zählte vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges nur noch sechs sichere Mitglieder: Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Rumänien, Ungarn3. Trotzdem bleibt es über seine augenblickliche Schwäche hinaus als ein Zeichen dafür bestehen, daß die Anerkennung von Urteilen in Ehesachen eine Regelung durch Kollektivvertrag geradezu fordert. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, daß es vereinzelt Staaten gibt, die im Rahmen anderer Vereinbarungen auch die Anerkennung von Urteilen in Ehesachen durch zweiseitige Verträge geordnet haben, wie Jugoslawien mit Ungarn durch Vertrag vom 1 1 . November 1929 (Art. 28)4. Jedenfalls hätte es keinen Sinn, die Haager Gesamtregelung bei1 Ausführlich erläutert von J . K O S T E R S und F . B E L L E M A N S , Les Conventions de la Haye (1921) 891 — 1339. 2 R G B l . 1930 I I S. 7. 3 Vgl. G U T T E R I D G E , RevDrComp. 65 (1938) i f f . 4 v . M . I I I 33, S. 270. — Vgl. allgemein R I T A R O S E N B E R G E R , Anerkennung ausländischer Ehescheidungsurteile im internationalen Privat- und Prozeßrecht (1935).

3

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

34

§ 3• Abgrenzung

und

Ausscheidung

seite zu lassen, aber die entsprechenden besonderen zweiseitigen Verträge in den Kreis der Betrachtung zu ziehen. Noch ein anderer Grund spricht für die Vernachlässigung der in Ehesachen ergangenen Urteile: diese Urteile sind im wesentlichen nur ein Zubehör zur Regelung der ihnen zugrunde liegenden privatrechtlichen Rechtsverhältnisse 1 . Offenbar besteht ein näherer Zusammenhang zwischen einem Scheidungsurteil und dem dabei zu berücksichtigenden Eherecht als zwischen einem Scheidungsurteil und dem Urteil, das auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme lautet. Eben deshalb scheiden bei einer Aufzählung der geltenden Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge auch alle jene zahlreichen Konsular- und sonstigen Verträge aus, die sich mit Fragen der i n t e r n a t i o n a l e n B e h a n d l u n g v o n N a c h l ä s s e n befassen und dabei auch bestimmen, welchem Staate die Jurisdiktion bei Nachlaßstreitigkeiten zustehen soll2. Eine solche Selbstbescheidung ist umso mehr am Platze, als sich die Haager Konferenzen bereits mit der Regelung dieser Jurisdiktion abgegeben haben3. Endlich gibt es noch andere Einzelfragen des internationalen Privatrechts, die zwar noch nicht vom Haager Forum entschieden wurden, für die aber eine Regelung durch Kollektivvertrag ebenfalls das Gegebene wäre, wie K i n d s c h a f t , A d o p t i o n , T o d e s e r k l ä r u n g 4 . Polen entwickelte einen besonderen Eifer beim Abschluß zweiseitiger Verträge auf solchen Gebieten®. Auch der bereits erwähnte6 Vertrag zwischen Jugoslawien und Ungarn vom I i . November 1929 über gewisse Fragen des Zivilprozesses und des Privatrechts enthält hierüber Bestimmungen. Dabei mußte man auch die Frage der Anerkennung erstgerichtlicher Entscheidungen über Todeserklärungen, Kindschafts- und Adoptionsverhältnisse im Zweitstaat klären (Art. 25, 27, 29). Trotzdem ist diese dem Verfahrensrechtangehörige Regelung nur ein Anhängsel der im Vertrag geregelten privatrechtlichen Fragen und entfällt daher bei unserer 1 So mit Recht K O S T E R S , Int. Law Ass., Reports of the Executive Council for 1913 —14 and 1 9 1 4 — 1 5 S. 22. 2 Z. B. ital.-türk. Konsularvertrag v. 9. Sept. 1929 (Art. 21 § XI), v. M. III 26 S. 730. 3 Zuletzt 6. Konferenz von 1928, Actes 405ff.: Projet de Convention sur les conflits de lois et de juridictions en matière de successions et de testaments. 4 Vgl. O . M A R T H A L E R , Die Verschollenheits- und Todeserklärung im internationalen Privatrecht, Diss. Zürich (1938). 5 Polen-Jugoslawien, 4. Mai 1923, SdN. 85 S. 455; Polen-Österreich, 19. März 1924, SdN. 56 S. 95; Polen-Tschechoslowakei, 6. März 1925, SdN. 46 S. 201 * Vgl. S. 33 Anm. 4. — S. auch Rumänien-Ungarn, 16. April 1924, v. M. I I I 24

S.

459.

IV.

Bestehende

und geplante

Kollektivverträge

35

Sichtung der Verträge über Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile. Allerdings trifft unsere Ausscheidungsmaßnahme nur die vorhandenen Sonderverträge auf dem Gebiete des Personen-, Familien- und Erbrechts. Soweit sich die a l l g e m e i n e n Verträge über Urteilsanerkennung und -Vollstreckung dieser Fragen angenommen haben, wird darauf gebührend zu achten sein. 3. Wegen seiner Tendenz zur kollektiven Regelung, aber auch sachlich fällt aus dem Rahmen der Untersuchung auch das ganze i n t e r n a t i o n a l e K o n k u r s r e c h t . Wohl kann man in einem sehr weiten Sinne den Gerichtsbeschluß über die Eröffnung des Konkurses als Zivilurteil bezeichnen, auch ist es zu verstehen, obschon nicht unbedingt zu billigen, daß einige von den geltenden Verträgen über Vollstreckungshilfe auch die Frage der Eröffnung des Konkursverfahrens im Auslande zum Gegenstande ihrer Regelung gemacht haben, so der französisch-schweizerische, der französischbelgische, der belgisch-niederländische und der französisch-italienische Vertrag. Trotzdem ist das Konkursrecht auch im Verhältnis zum Vollstreckungsrecht ein Gegenstand für sich, der eine Fülle nur ihm eigener Probleme aufwirft. Auf der 5. H a a g e r K o n f e r e n z behandelte man neben der Vollstreckungshilfe auch das internationale Konkursrecht, gelangte auch zu einem „projet d'une Convention sur la faillite" 1 . Aber schon die Tatsache, daß für die Beratung dieses Entwurfs ein anderer Ausschuß eingesetzt war als für die Beratung des Entwurfs über Vollstreckungshilfe, sowie, daß die schließlich beschlossenen Entwürfe über Konkursrecht und über Vollstreckungshilfe selbständig nebeneinander stehen2, beweist die Selbständigkeit der beiden Gegenstände. Zweiseitige Verträge zur Regelung des Konkursrechts, wie — teilweise — der zwischen Polen und der Tschechoslowakei vom 10. Februar 1934 3 oder der zwischen Frankreich und Monako vom 22. Juli 1935 4 , werden uns also nicht weiter beschäftigen. 4. Wie mit dem Konkursrecht ist es mit dem Rechte der a u s w ä r t i g e n S c h i e d s s p r ü c h e . Sicher ist eine gewisse Verwandtschaft zwischen der Vollstreckung eines auswärtigen Gerichtsurteils und der eines auswärtigen Schiedsspruches vorhanden. Allein schon der Umstand, daß hier die beim Gerichtsurteil alles beherrschende Jurisdiktionsfrage nicht oder kaum hineinspielt, deutet auf tiefgreifende Verschiedenheiten. Dann aber besteht auf diesem 1

2 Actes 91 ff. Actes 341 ff., 344f. v. M. III 35 S. 493, aufgehoben durch Art. 89 des Vertrages vom 21. Jan. 1949, UN. 31 (1949) 262 ff. 4 v. M. III 31 S. 707. 3



36

§ 3- Abgrenzung

und

Ausscheidung

Gebiete ein internationaler Gesamtvertrag großen Stiles: das Genfer A b k o m m e n zur V o l l s t r e c k u n g a u s l ä n d i s c h e r Schiedss p r ü c h e vom 26. September 19271, das nach früher Gesagtem das Eingehen auf den entsprechenden Inhalt vorhandener zweiseitiger Staatsverträge als unangebracht erscheinen läßt. Der wichtigste Grund für die Ausscheidung bleibt allerdings die Erkenntnis, daß ein Schiedspruch etwas anderes ist als ein Gerichtsurteil. 5. Das internationale Ubereinkommen über den E i s e n b a h n f r a c h t v e r k e h r sowie das über den E i s e n b a h n - , Personenund G e p ä c k v e r k e h r , beide vom 23. November 19332, bestimmen in den gleichlautenden Artikeln 55 § 1 : „Urteile, auch Versäumnisurteile, die auf Grund der Bestimmungen dieses Übereinkommens von dem zuständigen Gericht erlassen und nach den für das urteilende Gericht maßgebenden Gesetzen vollstreckbar geworden sind, sind in jedem anderen Vertragsstaat vollstreckbar, sobald die in diesem Staate vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhalts ist nicht zulässig." Da auch diese beiden Abkommen zu den Gesamtverträgen großen Stiles gehören und wir unsere Aufmerksamkeit nur den zweiseitigen Verträgen widmen wollen, möge der einmalige Hinweis auf sie an dieser Stelle genügen. Aber auch das — durch die politischen Verhältnisse überholte — E i s e n b a h n a b k o m m e n zwischen E s t l a n d , L e t t l a n d und S o w j e t r u ß l a n d vom 29. Oktober 19253, das im Art. 55 des ihm beiliegenden Règlement auch Bestimmungen über Urteilsvollstreckung enthält, ist kein zweiseitiger Vertrag mehr und fällt schon deshalb aus dem Bereiche unserer Untersuchungen. 6. Das Gleiche gilt von den einschlägigen Bestimmungen der R e v i d i e r t e n R h e i n s c h i f f a h r t s a k t e , imArt.62 der Anlage zum modus vivendi vom 4. Mai 19364 : „Rechtskräftige Entscheidungen in Rheinschiffahrts-Zivilsachen sind in allen Uferstaaten und Belgien unter Beachtung der Formen für vollstreckbar zu erklären, die die Gesetze des Landes, in dem sie vollstreckt werden sollen, vorschreiben. Die zuständige Behörde des Staates, in dem die Vollstreckung beantragt wird, muß ihre Prüfung auf die Feststellung beschränken: 1 SdN. 92 S. 301. 8 SdN. 66 S. 224. ' R G B l . 1935 II S. 524, 599. 1 Eidgen. Gesetzsammlung 1936 S. 675; über den Nicht-Beitritt der Niederlande zu diesem modus vivendi und seine Kündigung durch das Deutsche Reich mit Note vom 14. Nov. 1936 vgl. R G B l . 1936 II S. 361. — Über die Vorverhandlungen TELDERS, Der Kampf um die neue Rheinschiffahrtsakte (1934).

IV.

Bestehende

und geplante

Kollektivverträge

37

1. ob die betreffende Entscheidung echt ist, 2. ob die Entscheidung rechtskräftig ist, 3. ob die Entscheidung nicht gegen die öffentliche Ordnung verstößt, 4. ob es sich um die Entscheidung eines zuständigen Gerichts in einer Rheinschiffahrtssache handelt. Die vorstehenden Regeln sind auch auf gerichtliche Vergleiche in Zivilsachen anwendbar. Sie gelten nicht für die vorläufige Beschlagnahme und andere Sicherungsmaßnahmen." Zur Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte gehören nach Art. 55 Rechtsstreitigkeiten wegen Schäden aus Schiffahrtsunfällen, wegen Behinderungen im Gebrauch der Leinpfade, wegen Lotsenvergütungen und wegen des Lohnes für Hilfeleistung und Bergung. Die Fassung des Art. 62 ist wohlabgewogen, namentlich gut überlegt ist die Reihenfolge der vier Prüfungspunkte. 7. Aber auch solche völkerrechtliche Abmachungen, die das G e s a m t g e b i e t der A n e r k e n n u n g und V o l l s t r e c k u n g ausl ä n d i s c h e r U r t e i l e regeln, müssen beiseite bleiben, wenn mehr als zwei Staaten an ihnen beteiligt sind. Das hat auch seine gute, innere Berechtigung, weil derartige Gesamtverträge meist nur zwischen Staaten enger Zusammengehörigkeit abgeschlossen werden und daher von einem größeren Vertrauen in die ausländische Rechtsprechung getragen zu sein pflegen, als dies bei zweiseitigen Verträgen üblich ist. Ihr Inhalt weicht daher vielfach vom Durchschnittstypus ab. In Europa begegnen zwei, schon kurz erwähnte, Gruppen von solchen Kollektivverträgen: die beiden nordischen Konventionen von 1931 und 1932 und die baltische Konvention von 1935. Von der 5. und der 6. Haager Konferenz für internationales Privatrecht war schon in anderem Zusammenhang die Rede 1 . Die n o r d i s c h e n S t a a t e n Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden schlössen zunächst, am 10. Februar 1931, ein Abkommen über die Beitreibung von familienrechtlichen Unterhaltsleistungen und dann, am 16. März 1932, ein umfassenderes Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung auswärtiger Urteile2. Das Eigentümliche beider Abkommen ist, daß sie die Prüfung der Jurisdiktionsfrage nur bei Versäumnisurteilen zulassen. 1 2

Oben S. 16 f., auch unten S. 40. SdN. 126 S. 51; 139 S. 165.

38

§3-

Abgrenzung und

Ausscheidung

Auch das von den b a l t i s c h e n S t a a t e n Estland, Litauen und Lettland abgeschlossene Abkommen vom 14. November 1935 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen 1 ging in der Jurisdiktionsfrage eigene Wege. Die Jurisdiktion des Erststaates wurde nur dann nicht anerkannt, wenn das Ersturteil ein im Zweitstaat gelegenes Grundstück betraf (6, 1). Wichtige Kollektivverträge auf dem Gebiete der Vollstreckungshilfe sind endlich die l a t e i n a m e r i k a n i s c h e n Kodifikationen von M o n t e v i d e o I (1889), C a r a c a s (1911), H a b a n a (1928, Code Bustamente) und M o n t e v i d e o II (1940). Von ihnen war schon im geschichtlichen Überblick die Rede 2 . Trotz der umfassenden, im Code Bustamante niedergelegten Kodifikation, sind doch auch die Verträge von Montevideo I und Caracas noch in Geltung, da der — erste — Prozeßrechtsvertrag von Montevideo vom ix. Januar 1889 die Staaten A r g e n t i n i e n , B o l i v i e n , P a r a g u a y , P e r u . U r u g u a y kraft Ratifikation, C o l u m b i e n kraft Adhäsion verpflichtet 3 , den Vollstreckungsvertrag von Caracas vom 18. Juli 1911 die Staaten Bolivien, C o l u m b i e n , Ecuador, Peru und Venezuela abgeschlossen haben 4 , die Ratifikation des Code Bustamante aber sich in den Staaten A r g e n t i n i e n , P a r a g u a y , U r u g u a y und C o l u m b i e n lange verzögert 5 . Die Kenntnis von diesen Einzelheiten ist nicht unwichtig für die später zu beantwortende Frage, ob nicht gewisse zweiseitige Vollstreckungsverträge zwischen lateinamerikanischen Staaten durch jene Kodifikationen überholt sind6. V. E r l o s c h e n e , v o r ü b e r g e h e n d e , k ü n f t i g e V e r t r ä g e Gegenstand unserer Untersuchung können nur die geltenden Verträge von einer gewissen Dauer sein. Es scheiden daher aus die erloschenen Verträge, die vorübergehenden Verträge und die bloß künftigen Verträge. 1. Soweit die e r l o s c h e n e n V e r t r ä g e eine geschichtliche Aufgabe erfüllt haben, wurde ihrer in der Einleitung (S. i f f . ) gedacht. Darüber hinaus sie bei der kritischen Rechtsvergleichung zu berücksichtigen, würde zu weit führen. Ganz klar ist dies, wenn zwei Staaten einen älteren Vertrag durch einen neuen, nach ihrer Ansicht doch sicher besseren Vertrag ersetzt haben. Der ältere Ver2 Oben S. SdN. 166 S. 75. 17t. Vgl. A m . Journ. of intern, law 33 (1939), Sondernummer (Juni 1939) 147. O b der zweite Prozeßrechtsvertrag von Montevideo den ersten ersetzt hat, hängt von seiner Ratifikation ab, vgl. oben S. 17 A n m . 7. 4 Tratados vigentes 1825 — 1925, I I I Bolivia 1925, 803 ff. 6 L'exécution, 164 A n m . 1 ; RABEL, The Conflict of L a w s I (1945) 33. 6 Vgl. unten S. 5 i f . 1

3

V. Erloschene, vorübergehende, künftige Verträge

39

trag kann dann höchstens noch den Hintergrund bilden, auf dem sich die Vorzüge des neueren Vertrages abheben, und in diesem Sinne mag seiner noch gedacht werden. Aber auch, wenn ein Vertrag durch die Gewalt der politischen Ereignisse seine Geltung verloren hat, wie z. B. der zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich, muß man sich mit dieser Tatsache bei der Rechtsvergleichung abfinden. Denn die völkerrechtlichen Verträge sind keine abstrakten Gedankengebilde, sondern geschichtliche Wirklichkeiten, und wenn das Vorhandensein des Deutschen Reiches und Österreichs als zweier selbständiger Staaten 1938, obschon nur vorübergehend, aufgehört hat, so wurde auch die Welt der vertraglichen Beziehungen davon betroffen. Auch die der Wirklichkeit zugewandte Wissenschaft muß davon Kenntnis nehmen, will sie sich nicht dem Vorwurfe der Weltfremdheit aussetzen. Nur bei den durch den zweiten Weltkrieg zerstörten Verträgen ist es anders, da hier die Möglichkeit ihrer erneuten Inkraftsetzung nicht von der Hand zu weisen ist. 2. Bei Verträgen m i t n u r v o r ü b e r g e h e n d g e l t e n d e n Bes t i m m u n g e n lohnt sich eine kritische, rechtsvergleichende Betrachtung überhaupt nicht, zumal solche Bestimmungen von Vertragsfall zu Vertragsfall eine ganz verschiedene, nicht zu berechnende Gestalt annehmen können. Estland und Lettland z. B. schlössen am 22. Juli 1927 ein auch die Urteilsanerkennung berührendes Abkommen über die Registrierung des Grundeigentums im Grenzgebiet 1 . Es ist klar, daß Einzelfragen eines solchen, zudem erloschenen Vertrages kein weiteres Interesse bieten. 3. Von k ü n f t i g e n V e r t r ä g e n kann man in dreifachem Sinne sprechen. a) Noch nicht geltendes Recht ist der bloße V e r t r a g s e n t w u r f . Um solche Entwürfe haben sich zahlreiche Gelehrte und Praktiker bemüht, die Verhandlungen der wissenschaftlichen Gesellschaften sind reich an formulierten Vorschlägen 2 . Diese Arbeiten sind von 1 SdX. 73 s. 333. 2 Vgl. allgemein: P . J. A . F E U E R B A C H , Themis (1812) 305ff. A . DE D O M I N - P E T R U S H E V E C Z , Précis d'un Code du droit international (Art. 216, 217), Leipzig 1861. F U S I N A T O , L'esecuzione delle sentenze straniere (1884) i 3 o f f . D E R O S S I , L a esecuzione delle sentenze e degli atti esteri in Italia (1890) 368ff. (auch in: Association for the Reform = Intern. L a w Association 15, 1892, 61 ff.). F O O T E U. a. in: Int. L a w Ass. 19 (1900) igöff. ; 20 (1901) 2 7 5 f f . ; 25 (1908) 201 ff. G R U E B L E R , Die Vollstreckung ausländischer Civilurteile in der Schweiz (1906) i o 3 f . P I L L E T in Ann. de L'Inst. de droit int. 26 (1913) 4 3 2 I D U P R A Z , Exécution en Suisse des jugements étrangers, Diss. Fribourg (1913) i o g f f .

40

§3- Abgrenzung und Ausscheidung

sehr verschiedenem Werte, manche v o n ihnen haben später abgeschlossene Verträge beeinflußt, manche sind ohne nachhaltige Wirkung geblieben. A u f keinen F a l l aber darf man sie den geltenden Verträgen gleichsetzen, da die Wirklichkeit gegenüber dem bloßen Gedanken einen unersetzlichen W e r t voraus hat. Dies würde an sich auch v o m V e r t r a g s e n t w u r f d e r 5. H a a g e r K o n f e r e n z gelten, wenn ihm nicht einige von den neueren Verträgen Rechtswirklichkeit verliehen hätten. Allerdings will es das Verhängnis, daß an den fünf Verträgen, die dem Haager Vorbild am nächsten kommen — Schweiz/Tschechoslowakei, Schweiz/Österreich, Tschechoslowakei/Griechenland, Tschechoslowakei/Portugal, Tschechoslowakei/Spanien — gerade die politisch stark betroffenen oder b e troffen gewesenen Staaten Österreich und die Tschechoslowakei als Partner beteiligt sind. b) N o c h nicht geltendes Recht ist der V e r t r a g

vor

seiner

R a t i f i k a t i o n . Weit zurückliegende Verträge dieser A r t , wie der französisch-spanische v o m 14. Mai 1870 1 , dessen Ratifikation zudem von französischer Seite ausdrücklich abgelehnt wurde, haben k a u m größeren Wirklichkeitswert als Vertragsentwürfe. A u c h bei in: Int. Law Ass., Rep. of the Executive Council for 1913 —14 and 1914 —15 S. 39 ff. K O S T E R S und S U Y L I N G in: Int. Law Ass. 30 (1921 I) 375ff. Für einzelne Staaten: A. L E L I È V R E (Gent) im Namen eines Ausschusses der Association internationale pour le progrès des sciences sociales, dem auch A S S E R und W E S T L A K E angehörten, für Frankreich und Belgien und für Belgien und die Niederlande: Annales dieser Association, Congrès d'Amsterdam (1864) 206—211. Einige Grundsätze, ausgearbeitet von A. L E L I È V R E , bereits auf dem Brüsseler Kongreß 1862, Annales 1 (1862) 226 f. P I G G O T T für Großbritannien-Italien, in: A S S E R , Buitenlandsche vonnissen (1888) 57 ffDas belgische Comité der Int. Law Ass. für Großbritannien-Belgien: Int. Law Ass. 21 (1903) 122 ff. JITTA und H E N N E B I C Q namens der „Commission hollando-belge pour l'étude des questions économiques relatives aux deux pays", Weekblad van het recht v. 18. Juni 1909 Nr. 8850 S. 6f., auch abgedruckt bei H E N R I D E C O C K , Etudes sur la Convention franco-belge (1912) 2i6ff. L A C H A U für Frankreich-Belgien, in : Bulletin de la société de législation comparée 25 (1895-96) 480ffL A C H A U für Frankreich-Deutsches Reich, im gleichen Bulletin 31 (1901 —02) 377ff. L A C H A U für Frankreich-Italien, in: Nouvelle Revue pratique de droit international privé 1 (1905) 6 ff. Französische Commission der Société d'Etudes législatives für Frankreich-Italien, in: Bulletin de la Société d'études législatives 14 (1918) i84ff. G É Z A V O N M A G Y A R V für Ungarn, Deutsches Reich und Österreich, in: Verhandlungen der Rechtshilfe-Konferenz in Wien (Leipzig 1910) 339ff. 1 Vgl. Bulletin de la société de législation comparée 10 (1880 — 81) 558 f. KOSTERS

VI.

Urteilsvollstreckung im Erststaat

41

neueren Verträgen ist die Tatsache, daß einer von den beiden Staaten die Ratifikation hinausschiebt, ein Zeichen für das Vorhandensein von Hindernissen in der Welt der Wirklichkeit. Streng genommen müßte daher im Verzeichnis der Verträge der italien i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e von 1935 wegbleiben. Da aber die um die wissenschaftliche Entwicklung der Frage der Vollstreckungshilfe so verdienten Niederlande nur einen ratifizierten Vertrag aufzuweisen haben: den belgisch-niederländischen, sei der italienischniederländische Vertrag so behandelt, als sei er bereits in Kraft getreten, zumal er einige bemerkenswerte Abweichungen von seinem Vorbilde, dem italienisch-schweizerischen Vertrage, enthält. c) Noch nicht geltendes Recht ist endlich der in einem Staatsvertrag vorgesehene k ü n f t i g abzuschließende V e r t r a g . Das pactum de contrahendo ist eben noch nicht der contractus selbst. Ein solches pactum de contrahendo für dieVollstreckungshilfe begegnet innerhalb des Freundschaftsvertrages vom 19. März 1912 zwischen B o l i v i e n und Columbien 1 , dessen Artikel I X lautet: „Die in Zivil- und Strafsachen. ergangenen richterlichen Erkenntnisse eines vertragschließenden Staates werden, wenn sie vollstreckbar sind, in dem andern geachtet in Gemäßheit eines noch abzuschließenden Sondervertrages". Den gleichen Hinweis auf einen noch abzuschließenden Sondervertrag enthält Art. X , der von der Erledigung behördlicher Ersuchen handelt. VI. U r t e i l s v o l l s t r e c k u n g im

Erststaat

Innerhalb der Beziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz hat sich, wie gezeigt2, im Laufe der geschichtlichen Entwicklung eine Verschiebung des Interesses von der Urteilsvollstreckung im Erststaat zur Urteilsvollstreckung im Zweitstaat vollzogen. Seit 1715 ist dies, nicht mehr die Vollstreckung im Erststaat, das internationale Problem der Urteilsvollstreckung. Bei einer Sichtung der vorhandenen Staatsverträge würde man daher völlig Verschiedenartiges beisammen lassen, wenn man nicht die V o l l s t r e c k u n g i m E r s t s t a a t ausschiede. Der zusätzliche Friedensvertrag zwischen S p a n i e n und P e r u vom 16. Juli 1897 3 enthält im Art. VI eine die Vollstreckung im Erststaat betreffende Bestimmung: die von 1

2 v. M. I I I 9 S. 562, 565. Oben S. 2 ff. v. M. II 32 S. 69. Der Vertrag wird von José Ramón de Orue, Manual de derecho internacional privado español (1928) 329 in einem Atemzuge mit den echten Vollstreckungsverträgen genannt. 3

42

§3-

Abgrenzung und

Ausscheidung

einem Spanier in Peru und die von einem Peruaner in Spanien erzielten Urteile sollen die gleichen Wirkungen haben, als wenn ein Inländer Kläger gewesen wäre. Es leuchtet ein, daß eine solche Bestimmung mit der Rechtskraftwirkung des Urteils und seiner Vollstreckung im Zweitstaat nicht das Geringste zu tun hat. Auf dem gleichen Blatte steht eine Bestimmung wie Art. 10 des d e u t s c h - s o w j e t r u s s i s c h e n W i r t s c h a f t s a b k o m m e n s vom 12. Oktober 1 9 2 5 W e n n es dort hieß: „Staatliche Unternehmungen der UdSSR. . . . können aus Rechtshandlungen, die sie in Deutschland vornehmen, in Ermangelung eines anderen deutschen oder vereinbarten Gerichtsstandes bei dem Landgericht I Berlin oder, wenn das Amtsgericht zuständig ist, bei dem Amtsgericht Berlin-Mitte verklagt werden" so bedeutete dies einen Verzicht Sowjetrußlands auf die etwa zu beanspruchende Exterritorialität seiner staatlichen Unternehmungen, also die Unterwerfung dieser Unternehmungen unter die Entscheidungs- und Vollstreckungsgewalt des Deutschen Reiches als E r s t s t a a t e s , ohne daß Sowjetrußland damit seine Vollstreckungshilfe als Zweitstaat zugesagt hätte 2 . Daher scheiden auch alle Fragen aus, die die Wirkung eines ersts t a a t l i c h e n V o l l s t r e c k u n g s a k t e s im Zweitstaat betreffen; denn auch hier handelt es sich nicht um die Anerkennung oder Vollstreckung eines Ersturteils im Zweitstaat, sondern um die Vollstreckung eines Ersturteils im Erststaat. Gewiß ist es eine wichtige Frage, welche Wirkungen z. B. eine Forderungspfändung hat, wenn nicht beide Beteiligte, der Pfändungsschuldner und dessen Verpflichteter (der Drittschuldner) ihren Wohnsitz im Erststaat haben. Unterstehen beide im Augenblicke der Vollstreckung ausschließlich der Jurisdiktion eines Zweitstaates, dann bedarf es sicher der Vollstreckungshilfe auch für die Forderungspfändung. Aber wie, wenn nur der Drittschuldner im Zweitstaate wohnt und auch sonst dem Erststaate in keiner Weise unterworfen ist ? Oder wenn der im Erststaate verurteilte Pfändungsschuldner nur vermöge seiner zu pfändenden Forderung noch Beziehungen zum Erststaate hat, weil nämlich der Drittschuldner im Erststaate wohnt ? Kann in solchen Fällen die erststaatliche Behörde gültig pfänden ? Wird in solchen Fällen der Drittschuldner durch Zahlung an den PfändungsR G B l . 1926 II S. 13. Vgl. M E R S M A N N - S O E S T und 1925 (Berlin 1926) 125. 1

2

WOHL,

Die deutsch-russischen Verträge vom 12. O k t .

VII.

Zivilurteile,

Strafurteile,

Steuerbescheide

43

gläubiger befreit ? Alles Fragen, die einer gründlichen Untersuchung bedürfen 1 , aber mit der uns beschäftigenden Vollstreckungshilfe im Zweitstaate nichts zu tun haben. VII. Z i v i l u r t e i l e , S t r a f u r t e i l e , Steuerbescheide Endlich beschränkt sich unsere Untersuchung auf die Anerkennung ausländischer Zivilurteile. Den Gegensatz bildet die Vollstreckungshilfe in S t r a f s a c h e n , die nur beim sog. Adhäsionsurteil, das dem Delinquenten außer der Strafe eine B u ß e für den Geschädigten auferlegt, aus dem Bereiche des rein Strafrechtlichen heraustritt und daher vielfach der Vollstreckungshilfe in Zivilsachen gleichgesetzt wird. Einen weiteren Gegensatz bildet die Vollstrekkungshilfe in S t e u e r s a c h e n , die ganz dem öffentlichen Rechte angehört. So gibt es einen deutsch-schwedischen Vertrag über Amtsund Rechtshilfe in Steuersachen vom 14. Mai 1935 2 , der im Art.X auch die Vollstreckungshilfe in Steuersachen regelt, ebenso ein deutsch-italienisches Abkommen gleicher Art vom 9. Juni 1938 (Art. io) 3 . Da auch der weiteste Begriff des Zivilurteils einen Steuerbescheid nicht mit umfaßt, werden auch solche Verträge uns nicht weiter beschäftigen. § 4. E r m i t t l u n g der g e l t e n d e n Verträge

Einer Zusammenstellung der heute geltenden zweiseitigen Verträge über die Anerkennung ausländischer Zivilurteile steht jetzt nichts mehr entgegen. Doch seien zuvor die Wege geschildert, die mit einiger Sicherheit zur Vollständigkeit führen. Nach getaner Arbeit sieht alles so selbstverständlich aus. Aber die Tatsache, daß bei den bisherigen Gesamt- oder Teildarstellungen selbst Männern mit angesehenem Namen vielfach Irrtümer unterlaufen sind, macht es wahrscheinlich, daß hier gewisse Schwierigkeiten überwunden werden müssen. Dabei stellen sich zwei Fragen: Welche Verträge sind geschlossen worden ? Welche von diesen Verträgen gelten noch ? 1 Vgl. E. v. HOFFMANNSTHAL, Vollstreckungswirkung ohne Vollstreckungshilfe, B l ä t t e r für intern. Privatrecht 3 (1928) Sp. 169 ff.; ROSENBAUM, D i e Zwangsvollstreckung in Forderungen im intern. Rechtsverkehr, Diss. H a m b u r g , auch als: Beiträge z u m Zivilprozeß 10 (1930) erschienen; RHEINSTEIN, D i e inländische B e deutung einer ausländischen Zwangsvollstreckung in Geldforderungen, RabelsZ. 8 (1934) 277 ff. 2 3 R G B l . 1935 I I S. 866. R G B l . 1939 I I S. 124.

44

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

I. A u f f i n d u n g der V e r t r ä g e i. F r ü h e r e Z u s a m m e n s t e l l u n g e n . Man wird bei einer Abhandlung wie der vorliegenden nicht den Ehrgeiz haben, ganz von vorne zu beginnen und frühere Arbeiten völlig zu vernachlässigen. Wenn man nur immer, auch bei der größten Autorität, den Grundsatz befolgt, die früheren Angaben nachzuprüfen, leisten sie bei der eigenen Arbeit unschätzbare Dienste. a) R e c h t s v e r g l e i c h e n d e Z u s a m m e n s t e l l u n g e n . Über den Rechtszustand in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts unterrichtet F O E L I X in seiner rechtsvergleichenden Abhandlung: De l'effet ou de l'exécution des jugements et actes dans les pays étrangers1. Sehr zuverlässig ist der Beitrag von L A H M A S C H ZU dem von v. H O L T Z E N D O R F F herausgegebenen Handbuch des Völkerrechts über Rechtshilfeverträge in Zivilstreitigkeiten, in dem er auch eine nahezu vollständige Übersicht der damals geltenden Verträge bringt2. Nur der Vertrag zwischen Peru und Bolivien vom 5. November 1863 scheint ihm entgangen zu sein. Zuverlässig, aber nicht vollständig, sind die Zusammenstellungen von M E I L I in seinem Internationalen Civilprozeßrecht3 sowie die, nur praktischen Zwecken dienende, von H A E G E R in seinem, im Auftrage der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin verfaßten Buche über die Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr4. Einen Überblick, der vollständig sein soll, bringt V E R B E E K am Schlüsse seiner verdienstvollen, in Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht 45 (1931—1932) abgedruckten Kölner Dissertation: Die Staatsverträge über die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile5. Doch wimmelt gerade dies „Verzeichnis der Verträge" von Fehlern. Schon die Tatsache, daß der Verfasser unter den nicht mehr gültigen Verträgen einen zwischen Sardinien und den beiden Sizilien vom 3. Mai 1870, einen zwischen Sardinien und Modena vom 18. Januar 1870 und einen zwischen Sardinien und dem Kirchenstaat vom 28. Juli 1880 aufführt6, zeigen, daß Geschichtskenntnis und Genauigkeit nicht gerade die stärksten Seiten des Verfassers sind. Vom groß angelegten Werke von L E S K E und L O E W E N F E L D über die Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr ist in neuer Bearbei1 Revue étrangère et française de législation, de jurisprudence et d'économie politique 9 (1842), 10 (1843) ; auch: Traité du droit international privé (1843) 360ff. ; 2 4. Aufl. von DEMANGEAT II (1866) 34ff. Bd. 3 (1887) 354ff. 3 (1906) 456ff. 4 (1910) X I I I . 6 S. 134ff. 8 S. 137, unter I V 54, 56, 58.

I. Auffindung

der Verträge

45

tung für den Bereich des Zivilprozesses erst ein Band erschienen1, in dem die außereuropäischen Staaten sowie die Staaten Großbritannien, Frankreich, Belgien, Italien, Spanien, Portugal noch fehlen. Unter den Wörterbüchern zieht man mit Nutzen das von SCHLEGELBERGER herausgegebene R e c h t s v e r g l e i c h e n d e H a n d w ö r t e r buch 2 und das von DE LAPRADELLE und NIBOYET herausgegebene R é p e r t o i r e de d r o i t i n t e r n a t i o n a l 3 zu Rate, doch bürgen auch diese Werke weder für unbedingte Vollständigkeit noch für unbedingte Richtigkeit. Sehr dankbar begrüßt man es, daß das I n s t i t u t i n t e r n a t i o nal de Rome pour l ' u n i f i c a t i o n du d r o i t p r i v é in seinem Werke über die Vollstreckung von Alimentenforderungen im Ausland (1938) auch eine ganze Anzahl der allgemeinen zweiseitigen Verträge über Urteilsanerkennung und -Vollstreckung wörtlich abgedruckt hat 4 . Nur muß man sich darüber klar sein, daß es noch andere Verträge gibt als die hier mitgeteilten. b ) Z u s a m m e n s t e l l u n g e n für einzelne Länder.Die genannten Wörterbücher bringen das Länderrecht aus der Feder sachkundiger Angehöriger dieser Länder. So leiten sie zu den Sonderzusammenstellungen für einzelne Länder über. Vorbildlich war auf diesem Gebiete Ö s t e r r e i c h , weil dort ein amtlicher „Rechtshilfeerlaß 1932" bestand, der mit gewissen, noch zu untersuchenden Maßgaben auch nach 1938 weiter galt. Dessen § 48 zählt die von Österreich geschlossenen und noch geltenden Rechtshilfeverträge vollständig auf. Eine sorgfältige Handausgabe des Rechtshilfeerlasses aus dem Jahre 1933 bringt auch die vollständigen Vertragstexte 5 . Für die beim Abschluß von Verträgen über Vollstreckungshilfe besonders regsam gewesene T s c h e c h o s l o w a k e i gibt es eine private Zusammenstellung der Verträge in deutscher Sprache, die nur die neuesten Verträge, die mit Polen vom 10. Februar 1934 und 21. Januar 1949, nicht mehr berücksichtigen konnte®. Herausgegeben von L O E W E N F E L D , S T E U B E R und K A N N , I (1933)s VI 1930, V I I 1930, Supplément 1934I Länderberichte 1929. * L'exécution 181 ff. ; Appendice (1949) 99 ff. 5 K R A U T M A N N - K R E C H T - H A C K L , Zwischenstaatlicher Rechtshilfeverkehr (Handausgabe österr. Gesetze, Nr. 243), 2. Aufl. (1933). Vgl. für den gegenwärtigen Rechtszustand den Rechtshilfeerlaß von 1 9 5 1 , erläutert von H O Y E R und CHLANDA 1

s

(1952)• HORNER, Exekutionsordnung für Böhmen und Mähren-Schlesien (Reichenberg I 9 3 T ) 9 7 6 f f . Vgl. auch E . L I B I C H , Rechtsschutz- und Rechtshilfeverträge der Tschechoslowakei, Juristenzeitung für das Gebiet der tsch.-sl. Republik 12 (1931) 35Ü.. 45ff., der aber in der Zusammenstellung (S. 48) den S. 47 gewürdigten Vertrag mit Rumänien zu erwähnen vergißt.

46

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

Auch für die Verträge J u g o s l a w i e n s besteht eine private Textausgabe in deutscher Sprache 1 . Bei G r i e c h e n l a n d beruhigt einigermaßen die wiederholte Versicherung im Schrifttum, daß es nur e i n e n Vertrag abgeschlossen habe: den mit der Tschechoslowakei vom 7. April 192y2. Auch R u m ä n i e n hat in früherer Zeit nach mehrfachem Zeugnis nur e i n e n Vollstreckungsvertrag abgeschlossen: den mit Italien vom 17./5- August 18803. Der außerdem behauptete, durch den ersten Weltkrieg fortgefallene Vertrag mit Österreich 4 war nur eine Gegenrechtserklärung 5 . Das D e u t s c h e R e i c h , G r o ß b r i t a n n i e n , die N i e d e r l a n d e und B e l g i e n bieten mit ihren wenigen, aber viel beachteten Verträgen keine Schwierigkeiten. Für F r a n k r e i c h bestätigt ein wohl von N I B O Y E T stammendes Verzeichnis sämtlicher von Frankreich abgeschlossenen Verträge aus dem Jahre 1936, daß Verträge über Urteilsvollstreckung nur mit der Schweiz, mit Belgien, mit Italien und mit Großbritannien bestehen6. Der von Frankreich für Tunis mit Italien abgeschlossene Vertrag vom 28. September 1896 fehlt allerdings, wie üblich, in der Zusammenstellung. Über die S c h w e i z berichten zuverlässig eine 1936 erschienene Berner Dissertation von P R O B S T 7 und das große Werk von K A L L M A N N 8 , sie übertreffen, weil sie alle heute geltenden Verträge der Schweiz berücksichtigen konnten, die früher erschienenen Arbeiten an Vollständigkeit. Gerne findet man in einem der Haager Akademie-Vorträge von einem Spanier bestätigt 9 , daß S p a n i e n Vollstreckungsverträge nur mit Italien, der Schweiz und Columbien abgeschlossen hat, oder in einem columbianischen Werke 10 , daß für C o l u m b i e n außer dem Vertrag mit Spanien nur noch einer mit Ecuador, oder in einem Werke über peruanisches Recht 1 1 , daß für P e r u nur der Vertrag mit Italien von 1874 besteht. LACHNER, Das neue Zivilprozeßrecht Jugoslawiens II (1934) 6ff. STREIT, Recueil des Cours 20 (1927) 65; MILONOPULO, Riv. 23 (1931) 71. 3 NEGULESCO, Journ. 38 (1911) 106. 4 COHEN, Rev. 22 (1927) 540. * Vgl. oben S. 32. 6 Rev. 31 (1936) 222. 7 PROBST, Die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Schweiz nach den geltenden Staatsverträgen (1936); auch als 118. H e f t der Abhandlungen zum schweizerischen Recht (N.F.) erschienen. 1

2

8

KALLMANN,

1946.

TRIAS DE BES, Recueil des Cours 31 (1930) 701, auch Répertoire V I (1930) 264 f. 10 J. RESTREPO-HERNÁNDÉZ, Derecho internacional privado, 2. Aufl. II (Bogota 1928) 255 f. 1 1 CARLOS GARCIA GASTAÑETA, Derecho internacional privado (Lima 1930) 307. 8

I. Auffindung

47

der Verträge

Auch rein negative Feststellungen nimmt man zur Kenntnis, so, daß kein Vollstreckungsvertrag zwischen A r g e n t i n i e n und Spanien 1 , C h i l e und Italien 2 , C o s t a R i c a und der Schweiz 3 , Mon a k o und Frankreich 4 besteht, oder daß L u x e m b u r g überhaupt keinen Vollstreckungsvertrag abgeschlossen hat 5 , B r a s i l i e n früher auch keinen6 und in neuerer Zeit nur einen, den Code Bustamante 7 , und auch P o r t u g a l nur „plurilaterale" Verträge 8 . Ganz eigenartig liegen die Verhältnisse bei I t a l i e n . Obgleich es von allen Staaten der Welt die meisten Vollstreckungsverträge abgeschlossen hat, ist es doch weder früheren noch neueren Bearbeitern gelungen, ein wirklich vollständiges, einwandfreies Verzeichnis der geltenden Verträge aufzustellen. Der geringere Fehler ist noch die Aufführung von Verträgen, die nicht dazu gehören oder nicht mehr gelten, da man diesen Fehler durch Nachprüfung leicht beseitigen kann. Aber auch die unbedingte Vollständigkeit des Verzeichnisses will nicht recht gelingen. Nur zum Beweise der Behauptung, nicht als Vorwurf gegen verdiente Männer, sei festgestellt, daß E S P E R S O N 9 der Vertrag mit Rumänien entgangen ist, ebenso FUSINATO, dessen Hauptfehler aber in der Erwähnung mehrerer, nicht hierher gehöriger brasilianischer Verträge besteht 10 ; DE Rossi der Vertrag mit Costa Rica von 1873, statt dessen er einen älteren, nichts Einschlägiges enthaltenden Vertrag anführt 1 1 ; B A I S I N I ebenfalls der, allerdings durch die Überschrift des italienischen Manteldekretes etwas irreführende, Vertrag mit Costa Rica von 1873 12 . Auch L A L O G G I A 1 3 ist bei Costa Rica unsicher 14 , macht bezüglich Brasiliens den gleichen Fehler wie F U S I N A T O 1 5 und übersieht den mit Frankreich für Tunis abgeschlossenen Vertrag von 1896. Nimmt man Costa Rica als Prüfstein für die VollSpan. Oberster Gerichtshof 28. Okt. 1935, Journ. 63 (1936) 452 f. Chil. Oberster Gerichtshof 11. Mai 1916 u. 25. Nov. 1919, Rev. 15 (1919) 597 u. Bull. 9 (1923) 130. 3 App. Bern 31. Mai 1935, Z. d. bern. Juristenvereins 72 (1936) 42Öf. 4 Nizza, Trib. 20. April 1925, Bull. 14 (1926) 302 8 E . S. in Journ. 36 (1909) S. 127. 6 CH. CONSTANT, De l'exécution des jugements étrangers dans Ies divers pays, 7 VALLADAO, Journ. 58 (1931) 590. 2. Aufl. (1890) 129. 1

2

8

ÁLVARDO D A

COSTA MACHADO VILLELA,

Tratado

elementar

de

direito

inter-

nacional privado I (Coimbra 1921) 692. 8 Journ. 11 (1884) 259. 1 0 L'esecuzione delle sentenze straniere (1884) 19, 21. 1 1 L a esecuzione delle sentenze e degli atti esteri in Italia, 2. Aufl. (1890) 362f. 1 2 Studj di diritto civile internazionale (1892) I73f. 1 3 L a esecuzione delle sentenze straniere (1902). 1 4 Vgl. den Widerspruch zwischen S. 113 und S. 146. 1 8 S. 114.

48

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

ständigkeit eines Verzeichnisses der italienischen Vollstreckungsverträge, so schneidet U D I N A 1 nicht einwandfrei ab, da er noch 1930 den nichts über Vollstreckungshilfe enthaltenden Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag von 1863 statt des Staatsangehörigkeitsvertrages von 1873 anführt und auch sonst einige Fehler macht. Auch C U C I N O T T A führt den Vertrag mit Costa Rica in seiner sonst sehr genauen Zusammenstellung der italienischen Verträge nicht an, weil er den Staatsangehörigkeitsvertrag von 1873 mit dem Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag von 1863 verwechselt und diesen letzten als durch den neuen Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 14. Juni 1933 aufgehoben ansieht2. Selbst in einem solch ausgezeichneten Werke, wie dem über internationales Zivilprozeßrecht von G A E T A N O M O R E L L I 3 , fehlt der Vertrag mit Costa Rica. V E R N A R E C C I D I F O S S O M B R O N E 4 erwähnt ihn, übersieht aber dafür die Verträge mit Bolivien (1890) und mit Nicaragua (1906). Nur die neueren Verträge, seit dem ersten Weltkrieg, bringt, allerdings vollständig, B A S S A N O 5 . Obgleich, soviel zu sehen, kein einziges italienisches Werk ein ganz einwandfreies, vollständiges italienisches Vertragsverzeichnis bietet, gewinnt man aus der Vergleichung der verschiedenen Angaben die Überzeugung, daß die Zusammenstellung von M O R E L L I richtig und vollständig ist, wenn man ihr noch den Vertrag mit Costa Rica hinzufügt. Allerdings vermißt man bei ihm (S. 393) einen Hinweis darauf, daß der italienisch-niederländische Vertrag noch nicht ratifiziert ist. 2. A l l g e m e i n e V e r t r a g s s a m m l u n g e n . Trotz solcher Vorarbeiten bleibt die Durchsicht der S a m m l u n g e n v ö l k e r r e c h t l i c h e r V e r t r ä g e unerläßlich. Die wichtigsten Sammlungen dieser Art sind der von G E O R G begründete, zuletzt von T R I E P E L herausgegebene Recueil général de Traités, und der vom Völkerbund: S o c i é t é des N a t i o n s , League of Nations, jetzt von den Vereinten Nationen: N a t i o n s U n i e s , United Nations, herausgegebene Recueil des Traités. Allerdings fehlt auch diesen großartigen Veröffentlichungen die unbedingte Vollständigkeit, dem Werke des F R I E D R I C H VON M A R T E N S

Répertoire V I (1930) 528. L'assistenza giudiziaria nei rapporti internazionali (1935) 140, 168. 3 II diritto processuale civile internazionale (1938) 389. 4 Die Vollstreckung der ausländischen Gerichtsurteile in Italien, Z. d. Akademie f. deutsch. Recht 2 (1935) Ausland-Sonderheft 27. 4 Convenzioni per il riconoscimento e l'esecuzione delle sentenze straniere, Riv. del diritto commerciale 35 I (1937) 356 Anm. 2. 1

2

I. Auffindung

der Verträge

49

Völkerbundes schon deshalb, weil es grundsätzlich nur die von Völkerbundsmitgliedern abgeschlossenen Verträge berücksichtigt hat. 3. G e s e t z s a m m l u n g e n , Z e i t s c h r i f t e n . Dem Ziele der Vollständigkeit käme man sicher nahe durch das Studium der G e s e t z s a m m l u n g e n der einzelnen Staaten. Doch ist dies praktisch nicht durchführbar, sei es aus sprachlichen Gründen, sei es, weil diese Gesetzsammlungen in keiner Bücherei mit unbedingter Vollständigkeit vorhanden sein dürften. Daher muß man sich mit der angenäherten Gewißheit, zur Vollständigkeit vorzudringen, begnügen, die das Studium der einschlägigen Z e i t s c h r i f t e n gewährt. Wer sich nach der v. MARTENsschen Sammlung und der des Völkerbundes und der Vereinten Nationen das Journal de droit international, die Revue critique de droit international privé, die Rivista di diritto internazionale, die Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, das Bulletin de l'Institut juridique international und das American Journal of international law vorgenommen und die Ergebnisse seiner Aufzeichnungen mit den oben aufgeführten früheren Zusammenstellungen verglichen hat, der kann der Überzeugung sein, sich dem Ideale der Vollständigkeit stark genähert zu haben. 4. V e r m e i d u n g v o n F e h l e r n . Bei all dieser Sucharbeit ist die Nachprüfung jeder gefundenen Angabe unerläßlich. Folgenden Unrichtigkeiten begegnet man : Gerichtliche Ersuchungen, sog. R o g a t o r i e n , lettres rogatoires, commissions rogatoires, können sich an sich auch auf die Vollstrekkungshilfe beziehen, nach dem französisch-sardischen Vertrage von 1760 war sogar, bei strenger Auslegung, das Ersuchen von Gericht zu Gericht Voraussetzung für die Gewährung von Vollstreckungshilfe 1 . Aber diese Bedeutung des Ausdrucks ist nicht zu vermuten. In Brasilien z. B. bestimmt das Gerichtsverfassungsgesetz vom 20. November 1894 für die Zuständigkeit des Distriktsrichters 2 : „les commissions rogatoires et les sentences des juges ou tribunaux étrangers seront de leur ressort", stellt also Rechtshilfe und Vollstreckungshilfe nebeneinander, nicht einander gleich. Dies war schon früher Rechtens, jedenfalls sind die angeblichen Verträge über Vollstreckungshilfe zwischen B r a s i l i e n und P e r u vom 29. September 1879, zwischen B r a s i l i e n und P a r a g u a y vom 5. November 1879 und zwischen B r a s i l i e n und B o l i v i e n vom 22. Dezem1 2

4

V g l . z. B . Cour d ' A m i e n s 21. Mârz 1906, R e v . 4 (1908) 469 ff. V g l . Annuaire de législation étrangère 25 (1896) 953. J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. 1.

50

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

ber 1879, die F U S I N A T O erwähnt 1 , nur Verträge über R e c h t s h i l f e ohne Einschluß der Vollstreckungshilfe 2 . Der Irrtum pflanzte sich aber über L A L O G G I A 3 bis in die neueste Zeit fort 4 . K o n s u l a r v e r t r ä g e oder ähnliche Verträge 5 befassen sich häufig mit der Behandlung von Nachlässen und regeln dabei vielfach, aber nicht immer, auch die Jurisdiktion für Nachlaßstreitigkeiten. Es ist kein unbedingter Fehler, sie im letzten Falle den Verträgen über die Anerkennung ausländischer Urteile zuzurechnen, wenn auch sehr unzweckmäßig, da sie ein Sondergebiet betreffen 6 . Aber ein Fehler ist es, ihre Beschränkung auf Nachlaßstreitigkeiten überhaupt nicht zu erwähnen, sie also in eine Linie mit den allgemeinen Vollstreckungsverträgen zu stellen, und ein doppelter Fehler, wenn der fragliche Konsularvertrag keine Vorschriften über die Jurisdiktion in Nachlaßsachen enthält 7 . Z e i t u n g s m e l d u n g e n sollten für die Schriftleiter wissenschaftlicher Zeitschriften nur Anlaß für Rückfragen bei den zuständigen Stellen sein. So brachte das Bulletin de l'Institut intermédiaire international 8 eine Meldung des „Figaro" vom 10. August 1931 über den Abschluß eines Vollstreckungsvertrages zwischen P e r s i e n u n d d e r T ü r k e i . Eine Anfrage bei einer diplomatischen Vertretung der Türkei ergab die Unrichtigkeit der Meldung. Am 14. März 1931 haben Iran und die Türkei einen Rechtshilfevertrag abgeschlossen, aber auch der enthält nur Vorschriften über die Vollstreckung von Kostenentscheidungen. Auch die Mitteilung vom Abschluß eines Vertrages über die Anerkennung von Urteilen, die Schiedsgerichtsbarkeit und Rechtshilfe zwischen J u g o s l a w i e n u n d D ä n e m a r k am 14. Dezember 1935 stellt sich als unrichtig heraus, obwohl sie aus einer unserer führenden Zeitschriften stammt 9 . In Wirklichkeit behandelt der Vertrag internationale Staatsstreitigkeiten, für deren Schlichtung er ein Vergleichs-, ein Gerichts- und ein Schiedsverfahren vorsieht 10 . L'esecuzione (1884) 21. v. M. II 12, S. 542, 544; ferner unten S. 51 Anm. 5. 3 L a esecuzione (1902) 114. 4 V E R B E E K , Z I n t R . 45 (1931 —1932) 136. 5 z. B. Italien-Brasilien v. 14. Juni 1879, v. M. I I 8, S. 644. 6 Vgl. oben S. 34. 7 So der zwischen I t a l i e n und S a n S a l v a d o r vom 25. Jan. 1876, den F U S I N A T O (L'esecuzione, 1884, 18), L A L O G G I A (La esecuzione, 1902, 113), U D I N A (Répertoire V I , 1930, 528), V E R B E E K (ZIntR. 45, 1931/32, 136) aufführen. Auch den Vertrag zwischen F r a n k r e i c h und C h i l e vom 15. Sept. 1846 (Dalloz, Jurispudence générale I V 1853, I 5 7 F F . ) erwähnt V E R B E E K (a.a.O.) zu Unrecht, der Irrtum findet sich 8 25 (1932) 464. bereits bei L A L O G G I A (a. a. O. 114). 9 RabelsZ. 11 (1937) 716. 1 0 SdN. 184 S. 99. 1

2

II.

Weitergeltung

II. W e i t e r g e l t u n g

der aufgefundenen

Verträge

51

der a u f g e f u n d e n e n V e r t r ä g e

Das Auffinden eines Vertrages ist vielfach leicht im Vergleich zur Feststellung, ob er noch in Geltung ist. Auf die Schwierigkeit dieser Feststellung hat man schon öfter hingewiesen 1 . Sie wird durch die politischen Ereignisse seit 1914 noch über das Maß des Üblichen hinaus erhöht. 1. Klar liegen die Verhältnisse, wenn zwei Staaten im Rahmen eines n e u e n Vertrages den früheren Vertrag ausdrücklich aufheben2 oder durch N o t e n w e c h s e l feststellen, daß der frühere Vertrag erloschen ist3. 2. Auch die s t i l l s c h w e i g e n d e A u f h e b u n g durch neuen Vertrag bereitet in der Regel keine Schwierigkeiten. So haben die Verträge von Montevideo (1889), Caracas (1911) und Habana (Code Bustamante 1928) für die an ihnen beteiligten Staaten alle zwischen ihnen bestehenden älteren Verträge gleichen Inhalts beseitigt. Es bedürfte daher an sich keiner Prüfung, ob die von F U S I N A T O 4 erwähnten, schwer auffindbaren Verträge zwischen B o l i v i e n u n d P e r u vom 5. November 1863 und zwischen B r a s i l i e n u n d P e r u vom 29. September 1879 wirklich Vollstreckungsverträge gewesen sind 5 , da der Code Bustamante für Brasilien und Peru 1929, für Bolivien 1932 in Kraft trat 6 . Auch Artikel 9 des Freundschaftsvertrages vom 17. April 1911 zwischen B o l i v i e n u n d E c u a d o r 7 und die prozeßrechtlichen Teile des Vertrages über internationales Privatrecht vom 18. Juni 1903 zwischen C o l u m b i e n u n d E c u a d o r 8 wurden durch spätere Gesamtregelungen überholt, zunächst durch denVollstreckungsvertrag von Caracas vom 18. Juli 1911, an dem alle drei Staaten: Bolivien, Columbien und Ecuador beteiligt sind 9 , dann für Bolivien 1 BASDEVANT, B u l l , de la société d ' é t u d e s l é g i s l a t i v e s (1933) 127Ü. ; NIBOYET, R e v . 31 (1936) 2132 Frankreich-Schweiz, V e r t r a g v . 15. J u n i 1869 (Art. 22 I V ) w e g e n des V e r t r a g e s v o n 1828; F r a n k r e i c h - I t a l i e n , V e r t r a g v o m 3. J u n i 1930 (Art. 38 I I I ) w e g e n d e r V e r t r ä g e v o n 1760 u n d 1860; T s c h e c h o s l o w a k e i - P o l e n , V e r t r a g v o m 21. J a n u a r 1949 ( A r t 89) w e g e n des V e r t r a g e s v o m 10. F e b r u a r 1934. 3 D ä n i s c h - s c h w e d i s c h e r N o t e n w e c h s e l v . 18. M ä r z 1933 ( S d N . 134 S . 457) w e g e n des V e r t r a g e s v . 25. A p r i l 1861. 4 L ' e s e c u z i o n e delle s e n t e n z e (1884) 19. 5 Beim Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen P e r u und B o l i v i e n v o m 5. N o v . 1863 t r i f f t dies z u (Art. I V ) ; d a g e g e n b e h a n d e l t der V e r t r a g z w i s c h e n B r a s i l i e n u n d P e r u v o m 29. S e p t . 1879 n u r B e w e i s e r h e b u n g e n : R e p u b l i c a del P e r u , C o l e c c i o n de los t r a t a d o s , her. v o n R . ARANDA I I (1890) 303ff., 6 2 8 f f . 6 8 9

4*

7 v . M. I I I 8 S . 4 3 1 . L ' e x é c u t i o n 164 A n m . 1. v . M. I I 35 S . 306 T r a t a d o s v i g e n t e s 1825 — 1925, I I I (Bolivia 1925) 8 o 3 f f .

52

§ 4- Ermittlung der geltenden Verträge

und Ecuador durch den von ihnen 1932 und 1933 ratifizierten Code Bustamante 1 . Allerdings konnten wir bis jetzt noch nicht einwandfrei feststellen, ob Columbien den Vertrag von Caracas ratifiziert hat. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sein und demgemäß die prozeßrechtlichen Teile des Vertrages zwischen Columbien und Ecuador noch gelten sollten2, ist doch die lateinamerikanische Neigung zur Regelung aller privat- und prozeßrechtlichen Fragen durch Gesamtvertrag so deutlich zu merken, daß es sich nicht lohnt, einen einzigen, in seiner Weitergeltung noch dazu so zweifelhaften, rein amerikanischen Vertrag bei der vergleichenden Darstellung und Kritik der zweiseitigen Verträge über Vollstreckungshilfe zu berücksichtigen. Aber auch bei einem der europäischen Verträge bleibt die Frage, ob ihn ein späterer Vertrag stillschweigend aufgehoben hat, zweifelhaft: beim b a d i s c h - a a r g a u i s c h e n Vertrage vom 23. August/ 28. September 1867 im Verhältnis zum d e u t s c h - s c h w e i z e r i s c h e n Vertrage vom 2. November 1929. Die Frage ist insofern bedeutsam, als der ältere Vertrag sich auf alle „Erkenntnisse in bürgerlichen Rechtssachen", der neuere Vertrag uneingeschränkt nur auf die „über vermögensrechtliche Ansprüche ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen" bezieht. Der alte Vertrag hat sich immer wieder durchgesetzt trotz mancher, ihn gefährdender Ereignisse: Einbuße der Souveränität Badens durch seinen Eintritt in das Deutsche Reich, Einführung der Reichsjustizgesetze im Jahre 1879, Aushöhlung der Staatlichkeit Badens durch die Weimarer Verfassung von 1919. Auch die völlige Entstaatlichung der Länder durch das Reichsgesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 würde der Weitergeltung territorial begrenzter völkerrechtlicher Verträge nicht im Wege stehen. Am stärksten gefährdet ihn der deutsch-schweizerische Vertrag von 1929. Ist es denkbar, daß die vertragschließenden Staaten, Deutsches Reich und Schweizerische Eidgenossenschaft, den Vertrag eines deutschen Landes mit einem schweizerischen Kanton neben der neuen Regelung dulden wollten? In Deutschland fehlt es an amtlichen Auslassungen hierüber. Der Schweizerische Bundesrat erklärt in seiner Botschaft vom 9. Dezember 19293, die badisch-aargauische ÜberL'exécution 164 Anm. 1. Nicht unwahrscheinlich, da der Vertrag noch in Band V I der Anales Diplomáticos y Consulares de Colombia (1920) aufgeführt ist. — Bemerkt sei aber, daß J. M . Y E P E S , Vorsitzender des Juristenrates des Außenministeriums von Columbien, in seinem Vortrag über den Beitrag Lateinamerikas für die Entwicklung des öffentlichen und privaten internationalen Rechts (Recueil des Cours 32, 1930, 691 — 799) den columbischen Vertrag mit Ecuador überhaupt nicht erwähnt. 3 Bundesblatt 1929 III S. 532. 1

2

II.

Weitergeltung der aufgefundenen

Verträge

53

einkunft „falle dahin, soweit sie sich auf unter Art. i — 3 des neuen Abkommens fallende gerichtliche Entscheidungen beziehe". Dabei bleibt es aber zweifelhaft, ob der Bundesrat nur die in den Art. 5 und 6 geregelte Rechtshilfe bei Zustellungen, Ladungen, Ersuchschreiben von der Aufhebung ausnehmen wollte oder auch die Urteilsvollstreckung. Trotz erheblicher Bedenken sei die Weitergeltung des Abkommens von 1867 auf dem durch den Vertrag von 1929 nicht geregelten Gebiete angenommen1, da weder das Reich noch die Eidgenossenschaft ein Interesse daran haben konnten, die freundnachbarlichen Verhältnisse ihrer beiden Teilgebiete zu stören. 3. Ein völkerrechtlicher Vertrag kann seine Wirksamkeit durch K ü n d i g u n g verlieren, nur ist es nicht allgemein üblich, die geschehene Kündigung in der Gesetzsammlung oder an einem sonstigen, leicht zugänglichen Orte zu veröffentlichen. Und selbst bei ordnungsmäßiger Bekanntgabe der Kündigung kann es vorkommen, daß ein Vertrag im Schrifttum noch viele Jahre nach seinem Erlöschen als gültig behandelt wird. M E I L I führt in seinem Internationalen Civilprozeßrecht (1906) als besonders bemerkenswert den Vollstreckungsvertrag zwischen Österreich-Ungarn und Baden von 1856 an, weil er die Exekution ,,sans phrase" zusichere2. In Wirklichkeit war der Vertrag schon 1898 durch Kündigung erloschen, und das badische Justizministerium hatte diese Tatsache am 24. August 1898 im Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 419) amtlich bekanntgegeben. Trotzdem behandelte den Vertrag ein solch ausgezeichneter Kenner des Gegenstandes, wie H A N S S P E R L , noch auf der Wiener Rechtshilfe-Konferenz (1910) als gültig 3 , und dem gleichen Irrtum verfiel H A N S D I E H L , ein Schüler S C H Ü C K I N G S , in einer 1 9 1 1 erschienenen Marburger Dissertation4. Aus diesen Schwierigkeiten helfen von sachkundiger Hand bearbeitete Z u s a m m e n s t e l l u n g e n der g e l t e n d e n S t a a t s v e r t r ä g e eines b e s t i m m t e n S t a a t e s . Am dringendsten tut dies not bei den i t a l i e n i s c h e n Verträgen, und gerade da gibt es glücklicherweise sogar zwei sehr begrüßenswerte Verzeichnisse. Das eine stammt von Professor F A S O L I S und hat die im August 1925 in Gel1

So auch LEVIS, Fortdauernde Wirksamkeit des aargauisch-badischen Vollstreckungsabkommens, Schweiz. Juristenzeitung 3 3 (1937) 3ö9ff.; PT.OBST, Die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Schweiz (1936) 40; KALLMANN (1946) 5 A n m . 15; vgl. auch SCHNORR VON CAROLSFELD, RabelsZ. 1 2 (1939) 289 A n m . 3. 1

S. 4 6 0 « . Verhandlungen der Rechtshilfe-Konferenz in Wien (1910) 1 2 5 . 4 Die Zwangsvollstreckung ausländischer Urteile als Problem des Völkerrrechts, Diss. Marburg ( 1 9 1 1 ) 60. 3

54

§ 4- Ermittlung

der geltenden

Verträge

tung gewesenen italienischen Handels- und Schiffahrtsverträge zum Gegenstand1. Das andere ist von Dr. v a n P a n h u y s P o l m a n G r u y s verfaßt und behandelt, mit sehr genauen Angaben, sämtliche am i. Januar 1933 in Geltung gewesenen italienischen Verträge2. Man wird so davor bewahrt, die Verträge Italiens mit Guatemala (1868) und mit Uruguay (1885) noch zu den geltenden Verträgen zu rechnen. Der mit U r u g u a y ist ersatzlos weggefallen, und der neue Handels- und Schiffahrtsvertrag mit G u a t e m a l a vom 15. September 1926 enthält keine Bestimmung mehr über Vollstreckungshilfe. — Über die Weitergeltung der m e x i k a n i s c h e n Verträge belehrt sogar eine amtliche Vertragssammlung3. Da sie die beiden mexikanischen zweiseitigen Verträge über Vollstreckungshilfe: den Handels- und Schiffahrtsvertrag mit San S a l v a d o r vom 24. April 1893 (Art. 6)4 und den Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit H o n d u r a s vom 24. März 1908 (Art. 6)5 nicht enthält, muß man annehmen, daß beide Verträge außer Kraft getreten sind. 4. Keinen Endigungsgrund für einen völkerrechtlichen Vertrag bildet ein W e c h s e l der L a n d e s g e s e t z g e b u n g . Man sollte meinen, daß sich dies bei der noch immer überwiegend angenommenen scharfen Trennung der Sphären des Landesrechts und des Völkerrechts6 von selbst versteht. Indessen tauchte folgende Frage auf: Am 30. Juni 1851 schloß Sardinien mit Spanien einen Vollstrekkungsvertrag, der noch im gleichen Jahre in Kraft trat. Nach Art. III Ziff. 1 wird die Vollstreckung eines Ersturteils im Zweitstaat versagt, wenn das Ersturteil an offenbarer Ungerechtigkeit leidet. Später erließen beide Staaten Zivilprozeßordnungen, die eine solche Nachprüfung des fremden Urteils nicht kennen7, und man behauptete, hierdurch seien die strengeren Bestimmungen des Vertrages von 1851 hinfällig geworden8. Daran ist nur so viel richtig, daß ein Problem vorliegt. Ein Vollstreckungsvertrag wird zur ErBull. 13 ( 1 9 2 5 ) 354 ffTrattati e convenzioni bilaterali ira il Regno d'Italia e gli altri stati in vigore al i° gennaio 1933 (Leiden 1935). 3 P o d e r e j e c u t i v o f e d e r a l M e x i c o , Tratados y Convenciones vigentes entre 1

2

los E s t a d o s u n i d o s M e x i c a n o s y o l t r o p a i s e s I (1930), I I (1931), I I I (1931). 6 v. M. III 8 S. 398. v. M. II 20 S. 864. Völkerrecht und Landesrecht (1899) 2 5 3 F F . ' M E I L I , Das intern. Civilprozeßrecht (1906) 459 . 8 E S P E R S O N , Journ. 11 (1884) 373 f. Ihm zustimmend F U S I N A T O , L'esecuzione (1S84) 1 7 . Vgl. auch E S P E R S O N , Il secondo Congresso giuridico italiano e il diritto internazionale (1880) 21 f. Ohne Bedenken gegen die Geltung des Vertrages offenbar der Spanier S I L V E L A , Journ. 8 (1881) 24. 4

8

TRIEPEL,

II.

W eìtergeltung der aufgefundenen

Verträge

55

leichterung der Vollstreckung abgeschlossen, und hier würden die Vertragsstaaten nach Änderung ihrer Gesetzgebung schlechter dastehen als andere Staaten, da die Urteile der Vertragsstaaten dem Einwand der offenbaren Ungerechtigkeit ausgesetzt wären, die Urteile der übrigen Staaten dagegen nicht. Spanien scheint das Unbefriedigende dieser Regelung nicht zu scheuen und die italienischen Urteile auf Ungerechtigkeit nachzuprüfen 1 , während die italienischen Gerichte das für die spanischen Urteile günstigere italienische Landesrecht anwenden 2 . Die italienische Auffassung verdient den Vorzug, allerdings nicht, weil der Vertrag von 1851 hinfällig geworden ist, denn ein Federstrich des Gesetzgebers könnte die autonome Regelung wieder ungünstiger gestalten, so daß sich die vertragliche Regelung wieder vorteilhaft von der autonomen abhöbe. Aber man muß annehmen, daß alle solche Verträge mit einer stillschweigenden Klausel abgeschlossen werden, nach der die Urteile des Erststaates nie schlechter behandelt werden sollen als bei vertragslosem Zustand 3 . 5. Unter den politischen Ereignissen der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, denen man Einfluß auf die Gültigkeit von Verträgen zuschreiben könnte, begegnet die E i n i g u n g I t a l i e n s , und es entsteht die Frage, ob die vom früheren Königreich Sardinien abgeschlossenen Verträge durch das Aufgehen Sardiniens in Italien erloschen sind oder nunmehr für ganz Italien gelten 4 . Die Frage hat seit Aufhebung der französisch-sardischen Verträge von 1760 und 1860 durch den französisch-italienischen Vertrag von 1930 für uns viel an Wichtigkeit verloren und hat heute Bedeutung nur noch im Verhältnis Italiens zu Spanien. Das heißt, wirklich wichtig ist die Frage nie gewesen, da die Rechtsprechung die Identität des Königreichs Sardinien mit dem heutigen Italien nie ernstlich bestritten hat 5 . Insbesondere wenden die Gerichte auch heute noch den sardisch-spanischen Vertrag von 1851 für das ganze italienische Staatsgebiet an 6 . 1 So D I E N A , Principi di diritto internazionale II (1917) 456. Vgl. aber R e v i s t a general de legislation y jurisprudencia 94 (1899) 150. 2

DIENA a. a. O .

3

In diesem Sinne schon NORSA, RevDrComp. 9 (1877) 2 3 5 ! .

MANRESA,

Vgl. hierüber F I O R E , Journ. 5 (1878) 245!.; B O U R D E L L È S , Journ. 9 (1882) 389ff.; ANZILOTTI, R i v . 6 (1911) i f f . , 25; S . ROMANO, daselbst 345ff. 4

6 Cour de Montpellier 29. März 1891, Journ. 20 (1893) 404t.; Cass. R o m 3. Dez. 1927, R i v . 22 (1930) 102.

• App. Rom 2 4 . - 2 6 . Nov. 1931, R i v . italiana di diritto internazionale privato e processuale 1 (1931) 291 ff. ; TRIAS DE BES, Répertoire V I (1930) 264.

56

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

6. Der erste W e l t k r i e g 1 hat die zwischen den Mittelmächten und seinen Feinden bestehenden Verträge aufgehoben, soweit sie nicht durch die Friedensverträge oder nach Maßgabe der Friedensverträge wieder in Kraft gesetzt wurden2. Daher hat der f r a n z ö s i s c h - b a d i s c h e Vertrag von 1846 zu bestehen aufgehört3. Wenn ein Schriftsteller ihn 1921 trotzdem noch unter den geltenden Verträgen aufzählte 4 , so hat er sich versehen. Auch für Ungarn und Jugoslawien besteht seit 1914 der am 17./30. März 1 9 1 1 zwischen Österreich-Ungarn, Österreich, U n g a r n und Serbien abgeschlossene Vertrag nicht mehr, jedenfalls ist nirgends zu lesen, daß Jugoslawien sein Wiederinkrafttreten nach Art. 224 des Vertrages von Trianon verlangt habe. Da Österreich seine Beziehungen zu Jugoslawien in Fragen der Vollstreckungshilfe durch Vertrag vom 1. Mai 1928, Italien durch Vertrag vom 6. April 1922 neu geregelt haben und andere derartige, vor dem ersten Weltkrieg abgeschlossene Verträge Serbiens als die mit Italien und der österreichisch-ungarischen Monarchie nicht bestanden haben, kann die viel erörterte Frage nach dem Verhältnis Jugoslawiens zum alten Serbien auf sich beruhen 5 . 7. Dagegen ist für eine Zusammenstellung der vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges in Kraft gewesenen Staatsverträge Stellungnahme geboten für die Frage, ob die vor dem ersten Weltkrieg abgeschlossenen Verträge Ö s t e r r e i c h s und U n g a r n s mit Staaten, die nicht Feindstaaten waren, weiter gegolten haben oder, bei Österreich, wenigstens bis 1938 weiter gegolten haben; dennÖsterreichUngarn hat am 3 1 . Mai 1 9 1 1 mit Bulgarien einen Rechts- und Voll1

Die endgültigen Wirkungen des z w e i t e n Weltkrieges sind noch unübersehbar, da noch manches in der Schwebe ist. Sicher wieder in K r a f t getreten sind der f r a n z ö s i s c h - i t a l i e n i s c h e Vertrag von 1930, Revue 37 (1948) 5 4 5 f f . , und der i t a l i e n i s c h - t s c h e c h o s l o w a k i s c h e Vertrag von 1922, U N . 26 S. 103, sowie der d e u t s c h - i t a l i e n i s c h e Vertrag von 1 9 3 6 , B G B l . 1 9 5 2 I I S. 986. F ü r die Bundesrepublik Deutschland allgemein vgl. BÜLOW im Bundesanzeiger v. 3. Dez. 1 9 5 2 . 2 z. B . Vertrag von Versailles (Art. 282ff.), Vertrag von Trianon (Art. 2 i 7 f f . ) . — Über die vertragsauflösende Wirkung des Krieges überhaupt vgl. Richard RÄNK, Einwirkung des Krieges auf die nichtpolitischen Staatsverträge, Uppsala 1949 ; Cass. Paris 22. Juni 1949, Rabeis Z. 16 (1950/51) 1 3 1 ff. ; AUBIN ebenda I33FF. ; SCELLE, Journ. 77 ( i 9 5 ° ) 2 6 f f . ; NIBOYET, Sirey 1949. 1. 1 6 1 ; SCH/TZEL, ArchVöR. 2 (1950) 3 7 1 ! ; FRIEDR. KLEIN u n d ULR. SCHEUNER, B e r i c h t e a u f d e r B o n n e r T a g u n g d e r D e u t s c h e n

Gesellschaft für Völkerrecht (1953). 3 R . DESBOIS, L a convention franco-badoise du 1 6 avril 1846 sur l'exécution des jugements; ce qu'en ont fait la guerre et le Traité de Versailles, Thèse Paris 1 9 2 0 ; PII.LET, Traité pratique de droit international privé I I (1924) 766. 4 GARSONNET U. CÉZAR-BRU, Traité de procédure civile V I I (1921) 670. 5 ERICH KAUFMANN, Z I n t R . 3 1 (1923 — 24) 2 i i f f . ; Biscottini, R i v . 30 (1938) 5ôff., 2 4 5 f f . ; K . SCHILLING, Ist das Königreich Jugoslawien mit dem früheren Königreich Serbien völkerrechtlich identisch ? Diss.Berlin (1939).

II.

Weile/geltung

der aufgefundenen

Verträge

57

streckungshilfevertrag abgeschlossen, der nach dem ersten Weltkriege ausdrücklich nur zwischen Österreich und Bulgarien bestätigt wurde, und zwischen Österreich und Ungarn selbst kam am io. Mai 1914 ein Vertrag über Vollstreckungshilfe zustande. Die Frage, ob Österreich und Ungarn durch Auflösung der eine Realunion darstellenden Gesamtmonarchie dieselben Staaten geblieben oder ob sie Rechtsnachfolger der alten Staaten geworden sind 1 , ist ziemlich müßig, da die verschiedenen Beantwortungen in unserm Falle doch zum gleichen Ergebnis führen würden. Doch ist es am natürlichsten, Identität der Nachkriegsstaaten Österreich und Ungarn mit den zur Gesamtmonarchie geeint gewesenen Vorkriegsstaaten Österreich und Ungarn anzunehmen. Weder die Gebietsverkleinerungen 2 noch die Auflösung der Realunion 3 haben die Substanz der Vorkriegsstaaten angetastet. Als die andere große Realunion jenes Zeitalters, die zwischen Schweden und Norwegen, 1905 auseinander ging, blieben beide Staaten an ihre alten Einzel- und Gesamtverträge gebunden 4 . Genau so ist es mit Österreich und Ungarn. Der Vertrag zwischen B u l g a r i e n u n d U n g a r n von 1911 hat also den ersten Weltkrieg überlebt 5 . Man darf das Gegenteil nicht daraus schließen, daß Österreich und Bulgarien es für nötig hielten, die Anwendbarkeit des Vertrages für ihre Gebiete nach dem ersten Weltkrieg durch Vertrag vom 20. Oktober 1922 ausdrücklich zu bestätigen ; denn der Vertrag von 1922 brachte durch Streichung des Schlußprotokolls zugleich eineRechtsänderung. Das gleiche gilt mit den unter 9 zu besprechenden allgemeinen, wegen Österreichs zu,machenden Vorbehalten für den vielfach totgesagten 6 Vertrag zwischen Ö s t e r r e i c h u n d U n g a r n vom 10. Mai 1914. Schon die Erwähnung seiner Bestimmungen im § 48 des österreichischen Rechtshilfeerlasses 19327 zusammen mit den übrigen Vollstreckungsverträgen Österreichs ist Beweis genug. Überdies haben ihn bis in die neuere Zeit die Gerichte, österreichische wie ungarische, angewandt 8 . 1 UDINA, L'estinzione d e l l ' I m p e r o A u s t r o - U n g a r i c o nel diritto internazionale (1933) 63, 291. 2 R e c h t b a n k 2 1 . J u n i 1926, A m s t e r d a m , Bull. 16 (1927) 334, für die T ü r k e i . 3 LERESCHE, L ' e x é c u t i o n des j u g e m e n t s civils étrangers en Suisse (Aarau 1927) 69. 4 L o u i s JORDAN, L a séparation de la Suède et de la Norvège,Thèse P a r i s (1906) i33ff. ® So a u c h l . SCHWARTZ,ZIntR. 41 (1929) 188 A n m . 5 7 ; BARBAR,ZIntR. 42 (1930) 266. • I. SCHWARTZ, Z I n t R . 41 (1929) 196; VERBEEK, Z I n t R . 45 (1931 — 32) 1 3 7 ; SCHEPKE, Die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile, Diss. Göttingen (1935) 48. 7 Vgl. KRAUTMANN-KRECHT-HACKE, Zwischenstaatlicher Rechtshilfeverkehr, 2. Aufl. (1933) 50. Vgl. zur j e t z i g e n R e c h t s l a g e HOYER-CHLANDA, R e c h t s h i l f e e r l a ß

(1952) 8 1 . 8 R a b e l f Z . 7 (1933) 8 9 3 ; " ( i 9 3 7 ) 1 9 2 ; 12 (1939) 243. — J o u r n . 58 ( 1 9 3 1 ) 5 ° 8 f . . 509, 1 2 4 5 ! , 1248; 59 (1932) 1 1 3 6 f . ; 60 (1933) 7 5 6 f f .

58

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

8. Die Entstehung der V a t i k a n s t a d t im Jahre 1929 hat die italienischen Vollstreckungsverträge nicht beeinflußt. Auf keinen Fall ist das neue Staatswesen neben Italien in dessen Verträge eingetreten, auf keinen Fall also kann die Vatikanstadt Vollstreckung ihrer Urteile auf Grund der vor 1929 abgeschlossenen italienischen Verträge verlangen. Im umgekehrten Verhältnis mag es anders sein 1 , aber nicht, weil die Vatikanstadt vertraglich gebunden wäre, sondern weil der Papst durch autonomen Akt die gesamte italienische Prozeßgesetzgebung übernommen hat 2 , zu der man auch die durch italienisches Gesetz zum Landesrecht umgeformten Verträge rechnen kann. 9. Durch die Ereignisse des Frühjahrs 1938 hatte Ö s t e r r e i c h aufgehört ein Staat zu sein. Seine Eingliederung in das Deutsche Reich hatte das Erlöschen des deutsch-österreichischen Vertrages vom 21. Juli 1923 zur unmittelbaren Folge. Nicht so einfach liegt die Frage für die von Ö s t e r r e i c h m i t a n d e r e n M ä c h t e n a b g e s c h l o s s e n e n V e r t r ä g e . Ein Vergleich mit Elsaß-Lothringen, auf dessen Gebiet nach seiner Rückkehr zu Frankreich sich ohne weiteres das französische Staatsvertragsrecht erstreckt hat 3 , weist die wichtige Verschiedenheit auf, daß Elsaß-Lothringen vor der Vereinigung mit Frankreich eine gehobene Provinz, Österreich dagegen ein selbständiger Staat war, zudem einer mit zahlreichen internationalen Beziehungen und Bindungen. Allgemein über das Problem unterrichtet das der S t a a t e n s u k z e s s i o n gewidmete Schrifttum 4 , auch haben die österreichischdeutschen Vorgänge von 1938 eine eindringliche Sonderuntersuchung erfahren 5 . Wichtiger noch für unsere Zwecke ist das amtliche Verhalten des Deutschen Reiches nach der Eingliederung. Unterm 23. August 1938 gibt der deutsche Außenminister einen deutsch-italienischen Notenwechsel vom 15. August 1938 beNIBOYET, Repertoire V I I (1930) 288t. Nr. 19, 291 Nr. 43. Legge sulle fonti del diritto v. 7. Juni 1929 Ziff. 13: Acta apostolicae sedis, Suppl. Nr. 1 v. 8. Juni 1929 S. 5. Französisch: Rev. 24 (1929) 565. 3 Cour de Colmar 22. März 1932, Journ. 60 (1933) I53ff.; Cour de Bruxelles 24. März 1926, Journ. 54 (1927) 478. Stillschweigend auch Schweiz.Bundesgericht 9. Dez. 1932, B G E . 58 (193 2 ) I 3134 Vgl. z. B. SCHOENBORN, Staatensukzessionen, Handbuch des Völkerrechts II 5 (1913); U D I N A , Recueil des Cours 44 (1933) 665ff.; CAVAGLIERI, RevDrComp. 61 (1934) 2 i g f f . s J. W. GARNER, Questions of State Succession raised by the German Annexation of Austria, Am. Journ. of international law 32 (1938) 42iff., bes. 4 3 i f f . Zustimmend KEITH, Z. d. Akademie f. deutsches Recht 6 (1939) 481 f. 1

2

II.

Weitergeltmg

der aufgefundenen

Verträge

59

kannt 1 , laut dem zwischen beiden Regierungen Einverständnis darüber bestehe, „daß ab 15. August 1938 das Abkommen . . . über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen . . . vom 9. März 1936 im Verkehr zwischen dem Gesamtgebiet des Deutschen Reiches und dem Königreich Italien anzuwenden ist." Daraus folgt das Erlöschen des i t a l i e n i s c h - ö s t e r r e i c h i s c h e n Vollstreckungsabkommens vom 6. April 1922. Es folgt aber weiter, daß das italienisch-österreichische Abkommen nicht mit der Eingliederung Österreichs von selbst erlosch, das italienisch-deutsche Abkommen sich nicht von selbst auf das Gebiet des ehemaligen Österreichs erstreckte, da sonst die Festsetzung des 15. Augusts 1938 als Anfangstermin für die Erstreckung, also fünf Monate nach der Eingliederung Österreichs, unverständlich wäre. Diese Auffassung findet eine Stütze im Verhalten des D e u t s c h e n R e i c h s gegenüber J u g o s l a w i e n . Laut Bekanntmachung vom 17. Mai 19392 wurde zwischen beiden Regierungen durch Notenwechsel vom 30. Januar und 13. Februar 1939 Einverständnis darüber festgestellt, daß im Verkehr zwischen beiden Staaten für Zustellungen und Rechtshilfeersuchen nur die Bestimmungen des Haager Abkommens über den Zivilprozeß anzuwenden sind. Weiter heißt es: „Dadurch ist der zweite Abschnitt .Rechtshilfe' des Staatsvertrages zwischen der früheren Republik Österreich und dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr vom 1. Mai 1928 gegenstandslos geworden." Also, darf man daraus schließen, waren die übrigen Abschnitte des Vertrags, insbesondere der 6. Abschnitt des ersten Teiles über Zwangsvollstreckungen (=Vollstreckungshilf e),, .vorläufig weiter anzuwenden. " 3 Damit ist ganz allgemein die Frage entschieden, ob die österreichischen Vollstreckungsverträge nach 1938 in Geltung geblieben sind. Beim deutsch-österreichischen und beim italienisch-österreichischen Vertrag ist die Frage zu verneinen, im übrigen zu bejahen 4 . Da Österreich ein stark ausgeprägter Juristenstaat ist, dessen Justizgesetzgebung von der reichsdeutschen erheblich abweicht, sind auch die österreichischen Justizverträge für das Gebiet Österreichs vorläufig bestehen geblieben, bis sie durch Kündigung oder Neuordnung ihr Ende gefunden haben. a R G B l . II S. 778. R G B l . II S. 426. Ausdruck in der Bek. des Reichsaußenministers v. 13. Juni 1939 (RGBl. I I S. 837) für die Weitergeltung der Art. 18 u. 19 des italienisch-österreichischen Rechtshilfevertrags vom 6. April 1022. 1

3

4

von

1950 ausdrücklich anerkannt für den schweizerisch-österreichischen Vertrag 1927,

v g l . HOYER-CHLANNDA, a. a. O .

I93F.

60

§ 4• Ermittlung

der geltenden

Verträge

10. Damit ist aber auch schon der Weg gewiesen für die Behandlung der t s c h e c h o s l o w a k i s c h e n S t a a t s v e r t r ä g e . Die Minderung der Staatlichkeit der Tschechoslowakei durch die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren war offenbar geringer als die Österreichs durch seine Eingliederung in das Deutsche Reich. Wenn also nicht einmal die österreichischen Verträge ohne weiteres als erloschen anzusehen waren, so noch viel weniger die der Tschechoslowakei. So wurde das italienisch-tschechoslowakische Abkommen vom 6. April 1922 erst durch deutsch-italienischen Notenwechsel vom 22. Mai 1941 für unanwendbar erklärt 1 , lebte aber auf Grund des Friedensvertrages der Tschechoslowakei mit Italien vom 10. Februar 1947 und der tschechoslowakischen Verbalnote vom 25. Februar 1948 wieder auf 2 . 11. Dagegen muß man nach den Ereignissen des Septembers 1939 den Vertrag vom 28. November 1925 zwischen P o l e n u n d D a n zig 3 endgültig als nicht mehr geltendes Recht ansehen. Der in seiner Weitergeltung zweifelhafte Vertrag zwischen P o l e n u n d d e r T s c h e c h o s l o w a k e i vom 10. Februar 1934 dagegen wurde durch Vertrag vom 21. Januar 1949 ersetzt und ausdrücklich aufgehoben 4 . III. E r w e i t e r u n g des V e r z e i c h n i s s e s d e r V e r t r ä g e durch Meistbegünstigungsklauseln ? Mit der Auffindung sämtlicher innerhalb des letzten Jahrhunderts abgeschlossenen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge und der Streichung der nicht mehr geltenden Verträge ist noch nicht alle Arbeit des Sichtens und Ordnens getan, wenn die Möglichkeit besteht, einen solchen Vertrag durch eine M e i s t b e g ü n s t i g u n g s k l a u s e l 5 auf weitere Staaten zu erstrecken. Die Staaten A und B verpflichten sich als Zweitstaaten zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung der im Erststaat erlassenen Urteile. Staat C schließt mit Staat A einen Meistbegünstigungsvertrag, der so weit gefaßt ist, daß er die Vollstreckungshilfe an sich mit umfassen würde. Kann jetzt Staat C verlangen, daß die von seinen Gerichten gesprochenen Urteile im Staate A vollstreckt werden, weil dies auch mit den im Staate B gesprochenen Urteilen geschieht ? Die Frage wurde früher für das Verhältnis des Deutschen Reiches zu Serbien gestellt, das mit Österreich-Ungarn einen Vertrag über 1 Riv. 33 S. 240. a U N . 26 S. 103 * v. M. I I I 25 S. 892. * SdN. 178 S. 159; U N . 31 S. 262 4 Vgl. hierüber allgemein SUZANNE BASDEVANT, L a clause de la nation la plus favorisée, Répertoire I I I (1929) 464 ff.

III.

Erweiterung des Verzeichnisses

der Verträge durch Meistbegünstigungsklauseln

61

Vollstreckungshilfe und mit dem Deutschen Reiche einen Meistbegünstigungsvertrag abgeschlossen hatte, und bisweilen in dem Sinne beantwortet, daß das Deutsche Reich von Serbien Vollstrekkungshilfe verlangen könne 1 . Diese Auffassung geht aber offenbar fehl, weil es an der Voraussetzung der Gleichbehandlung mangelt. Ein deutsches Urteil war kein österreichisches Urteil, und nur auf österreichische (ungarische, serbische) • Urteile bezog sich das Abkommen zwischen Österreich-Ungarn und Serbien vom 6. Mai/ 24. April 1881. Gesetzt den Fall, das Abkommen hätte die Wohltaten der Regelung den Staatsangehörigen der Vertragsstaaten vorbehalten, so hätte der Meistbegünstigungsvertrag wenigstens die Wirkung gehabt, daß der reichsdeutsche Kläger, der ein österreichisches Urteil erzielt hatte, wie ein Österreicher zur Vollstreckung in Serbien zugelassen wurde 2 . Aber nicht einmal diese Wirkung konnte der Meistbegünstigungsvertrag haben, weil für die Anwendung des österreichisch-serbischen Vertrages die Staatsangehörigkeit des Klägers ohne Bedeutung war. § 5. Gestaltung des Verzeichnisses der Verträge

Jetzt endlich steht einem Verzeichnis der geltenden oder bis 1939 in Geltung gewesenen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge nichts mehr im Wege. Ein kleiner Schönheitsfehler bleibt allerdings übrig: der s o w j e t r u s s i s c h - m o n g o l i s c h e Vertrag liegt nur in einer sowjetrussischen Ausführungsanweisung vor 3 . Alle Bemühungen um Erlangung des amtlichen Vertragstextes waren vergeblich. Nicht einmal sein Datum steht fest. Daß er am 16. April 1931 in Kraft getreten ist, ist alles, was man weiß. Auch ist die Ausführungsanweisung des Volkskommissariats für Justiz unvollständig, da sie nur Bestimmungen für die Gerichte enthält, die Prüfung der mongolischen Urteile auf Vollstreckungsfähigkeit aber, gegen alle Regeln, nicht den Gerichten, sondern dem Volkskommissariat für Justiz anvertraut ist. Das Verzeichnis bedarf einer dreifachen Form: einer chronologischen, einer alphabetischen und einer systematischen. 1 M. KLEIN, Z I n t R . 6 (1896) 403^; HAEGER, Die Vollstreckung v o n Urteilen (1910) 2 I 4 f f . 2 Über eine ähnliche F r a g e — Ausschließung eines ungünstigen Gerichtsstands unter B e r u f u n g auf Meistbegünstigung — vgl. Cass. de F r a n c e 22. Dez. 1913, Dalloz, Jurispudence générale (1915 I) i f f . , mit A n m e r k u n g v o n J. BASDEVANT. 3 A u c h der Vertrag zwischen Österreich und Ungarn v o m 10. Mai 19x4 ist als solcher nirgends veröffentlicht, doch gibt dieVerordnung des österreichischen Justizministers v . 26. O k t . 1914 den genauen W o r t l a u t der vereinbarten B e s t i m m u n g e n wieder.

62

§ 5- Gestaltung des Verzeichnisses der Ve träge

Das c h r o n o l o g i s c h e V e r z e i c h n i s soll das Hauptverzeichnis sein, insbesondere die genaue Überschrift der Verträge bringen und, besonders kenntlich gemacht, gewisse außer Kraft getretene Verträge mit umfassen. In welcher Reihenfolge soll es aber die am einzelnen Vertrage beteiligten Staaten nennen ? Die Zufälligkeit des Vertragstextes oder Rücksichten auf die völkerrechtliche Etikette, die überdies beim Alternat Schwierigkeiten bereiten würde, können nicht maßgebend sein. Das sinnvoll Gegebene ist vielmehr die Bevorzugung des s t ä r k e r e n V e r t r a g s p a r t n e r s , d. h. des Staates, der offenbar bei den Verhandlungen geführt hat. Bei den britischen Verträgen z. B. ist dies Großbritannien gewesen, wie der ganze Stil der Verträge erkennen läßt, bei den italienischen fast immer Italien. Auch die große Zahl der von einem Staate abgeschlossenen Verträge kann, selbst wenn sie inhaltlich etwas voneinander abweichen, einen Anhalt dafür bieten, daß der beim Abschluß von Verträgen so eifrige Staat auch bei ihrer Gestaltung die treibende Kraft gewesen ist. Ganz wird die Rechnung nicht aufgehen, aber das Gesamtbild wird hier und beim systematischen Verzeichnis so richtiger sein als bei alphabetischer Ordnung der beiden Vertragspartner. Das s y s t e m a t i s c h e V e r z e i c h n i s orientiert sich zweckmäßig am Hauptproblem der internationalen Vollstreckungshilfe: der J u r i s d i k t i o n s f r a g e , die nach einem Vergleiche JOSEPHUS J I T T A S 1 die Lokomotive ist, die alle anderen Fragen wie Waggons hinter sich her zieht. Voranzustellen sind aber die u n v o l l k o m m e n e n V e r t r ä g e , die entweder überhaupt keine eigene Regelung enthalten oder die Vollstreckungshilfe nur für ein sachlich eng begrenztes Gebiet regeln. Diese unvollkommenen Verträge bedürfen bei der Betrachtung der einzelnen Verträge nur einer kurzen Würdigung und sind damit einmal für allemal abgetan. Daneben ist ein a l p h a b e t i s c h e s V e r z e i c h n i s unerläßlich, weil es den Überblick am raschesten vermittelt. Vor allem sieht man sofort, welche Staaten überhaupt Verträge abgeschlossen haben, wieviele Verträge und mit welchen Staaten. Diesen Zweck erreicht man aber nur dann völlig, wenn man jeden Vertrag zweimal aufführt, das zweite Mal in anderer Reihenfolge der Vertragspartner. Die Verzeichnisse selbst aber findet der Leser, zu seiner größeren Bequemlichkeit beim Nachschlagen, nicht hier, sondern, als Anhang, am Ende der Abhandlung. 1

Weekblad van het recht v. 18. Juni 1909 Nr. 8850 S. 8 Ziff. 20.

§ 6.

Schrifttum,

63

§ 6. Schrifttum

Von den unserm Gegenstande gewidmeten Schriften wurden bereits zahlreiche Bücher und Abhandlungen am passenden Orte angeführt. Soweit dies zusammenhängend geschah, wie bei der Schilderung der Arbeiten des Institut de droit international (S. 14 t.) und der International Law Association (S. 15 f.) oder bei der Aufführung der privaten Vertragsentwürfe (S. 39, Anm. 2), bedarf es keiner Wiederholung der Angaben an dieser Stelle. Aber auch sonst erwarte man keine bibliographische Vollständigkeit. Zwar haben wir uns bemüht, aller nur irgendwie einschlägigen Schriften habhaft zu werden. Aber zur Aufgabe einer wissenschaftlichen Darstellung gehört auch die Scheidung der wertvollen Schriften von den weniger wertvollen, insbesondere veralteten. So mußte manche, für ihre Zeit sicher brauchbar gewesene Dissertation ausscheiden, aber auch zahlreiche Gesamtdarstellungen des Landesprozeßrechtes oder des national ausgerichteten internationalen Privat- oder Prozeßrechtes, die unsern Gegenstand zwar berühren, aber nur obenhin behandeln. Für das so auf ein erträgliches Maß beschränkte Schrifttum ergab sich zwanglos eine Teilung in drei Gruppen. Die erste Gruppe umfaßt die vorwiegend international ausgerichteten S c h r i f t e n a l l g e m e i n e n I n h a l t s . Allerdings sind alle Juristen Kinder ihres Landes und ihrer Zeit. Aber es gibt unter ihnen solche, denen es gelingt, eine wahrhaft überstaatliche Schau zu gewinnen oder doch wenigstens rechtsvergleichende Arbeit zu leisten, ohne das Recht des eigenen Landes allzu stark in den Vordergrund zu stellen. Ihrer also wird in der ersten Gruppe gedacht. In der zweiten Gruppe findet man die dem R e c h t e d e r einz e l n e n L ä n d e r gewidmeten Schriften aufgeführt, soweit sie irgendwie für die Frage der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile von Bedeutung sind. Einige Schriften dienen nur zur Unterrichtung über das autonome Landesrecht von Staaten, die als Partner von Vollstreckungsverträgen begegnen. Vollständiger, aber auch hier mit Auswahl, bringt endlich die dritte Gruppe die b e s o n d e r e n S c h r i f t e n zu den e i n z e l n e n S t a a t s v e r t r ä g e n . Sie ist aus der zweiten Gruppe zu ergänzen, da auch die Länderschriften vielfach zu den Staatsverträgen eingehend Stellung nehmen. Über die N e u e r s c h e i n u n g e n unterrichten die dem internationalen Privatrecht gewidmeten Zeitschriften. Führend auf diesem Gebiete ist noch immer das J o u r n a l de d r o i t i n t e r n a t i o n a l , das auch die Rechtsprechung zu den einzelnen Verträgen laufend

64

§ 6.

bringt. V o n

den andern,

Schrifttum vermittelnden

Zeit-

schriften sei v o r a l l e m n o c h auf d a s B u l l e t i n d e l ' I n s t i t u t

juri-

dique international Das

die R e c h t s p r e c h u n g

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Bisher sind ein H a u p t b a n d

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(1916)

u n d drei S u p p l e m e n t e (1922, 1929, 1937) erschienen. A l l e s a n selbständigen

S c h r i f t e n , w a s sich auf die V o l l s t r e c k u n g

ausländischer

U r t e i l e b e z i e h t , f i n d e t m a n hier in der A b t e i l u n g I I C. I I 3

I.

Schriften

allgemeineren

VI.

Inhalts

1. E i n s c h l ä g i g e A b h a n d l u n g e n s o w i e a l l g e m e i n e S c h r i f t e n zum internationalen Privat- und Prozeßrecht PAUL JOHANN ANSELM FEUERBACH, U b e r d i e R e c h t s k r a f t u n d V o l l s t r e c k u n g e i n e s v o n

e i n e m a u s w ä r t i g e n G e r i c h t e gesprochenen E r k e n n t n i s s e s . T h e m i s o d e r B e i t r ä g e z u r G e s e z g e b u n g , 1 8 1 2 , S . 75 — 1 3 1 . Derselbe, E n t w u r f eines S t a a t s v e r t r a g s ü b e r die gegenseitigen G e r i c h t s v e r h ä l t n i s s e z w e i e r b e n a c h b a r t e r S t a a t e n . T h e m i s , 1812, S . 3 0 5 — 3 2 8 . LUDWIG (VON) BAR, D a s i n t e r n a t i o n a l e P r i v a t - u n d S t r a f r e c h t (1862), 4 2 6 — 4 5 1 , 463-488. D e r s e l b e , T h e o r i e u n d P r a x i s d e s i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s , 2. A u f l . (II 1889), 409-550. Derselbe, L e h r b u c h d e s i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t - u n d S t r a f r e c h t s (1892), 1 7 9 — 1 9 3 . JAN FRESEMANN VIËTOR, D e k r a c h t v a n b u i t e n l a n d s c h e vonnissen, P r o e f s c h r i f t Gron i n g e n (1865). TOBIAS MICHAEL CHARLES ASSER, D e l ' e f f e t o u d e l ' e x é c u t i o n d e s j u g e m e n t s r e n d u s à

l ' é t r a n g e r en m a t i è r e civile e t c o m m e r c i a l e , R e v D r C o m p . 1 (1869), 82 — 99, 408-417, 473-495Derselbe, S c h e t s v a n h e t i n t e r n a t i o n a a l P r i v a a t r e g t (1880), 9 9 — 1 0 5 , 122 — 127. — D a s s e l b e d e u t s c h : „ D a s i n t e r n a t i o n a l e P r i v a t r e c h t " , v o n MAX COHN (1880), 78 — 83, 98 — 100. — D a s s e l b e f r a n z ö s i s c h : „ E l é m e n t s d e droit internation a l p r i v é " , v o n ALPHONSE RIVIER (1884), 147 — 158, 1 7 6 — 1 8 3 . CHARLES BROCHER, T h é o r i e d u d r o i t international p r i v é , R e v D r C o m p . 5 (1873), 406 ff. P . FIORE, E f f e t t i internazionali délie sentenze e degli a t t i , I M a t e r i a c i v i l e (1875). ANTON MENGER, S y s t e m des östereichischen C i v i l p r o z e ß r e c h t s , I (1876), 1 7 2 f f . , I 7 7 f f . CH. CONSTANT, D e l ' e x é c u t i o n des j u g e m e n t s é t r a n g e r s d a n s les d i v e r s p a y s (1883), 2. A u f l . (1890). FUSINATO, L ' e s e c u z i o n e delle s e n t e n z e straniere (1884). LAMMASCH, V e r t r ä g e ü b e r R e c h t s h i l f e in Civilstreitsachen. H a n d b u c h des V ö l k e r rechts, h e r a u s g e g e b e n v o n FRANZ VON HOLTZENDORFF I I I (1887), S. 3 4 5 — 4 5 3 . G . WALKER, S t r e i t f r a g e n a u s d e m i n t e r n a t i o n a l e n C i v i l p r o z e ß r e c h t e . U n t e r b e sonderer Berücksichtigung der neuen österreichischen Civilprozeßgeg e s e t z e (1897), 1 5 4 — 2 3 2 . MEILI, R e f l e x i o n e n ü b e r die E x e k u t i o n a u s w ä r t i g e r C i v i l u r t e i l e (1902). 1 Bis Bd. 29 (1933) „ B u l l e t i n de l ' I n s t i t u t i n t e r m é d i a i r e i n t e r n a t i o n a l " . Z e i t s c h r i f t erschien z u l e t z t — bis 1940 — in L e i d e n .

Die

I. Schriften allgemeineren

Inhalts

65

Derselbe, D a s internationale Civilprozeßrecht auf Grund der Theorie, Gesetzgebung und Praxis (1906), besonders i97ff., 437ff. P U L E T , Principes de droit international privé (1903), 226—240. Etudes sur les effets internationaux des jugements: I . De la compétence du tribunal étranger (1907); auch: Journ. 31 (1904), 32 (1905), 33 (1906).

BARTIN,

Derselbe, L e jugement étranger considéré comme un fait, Journ. 51 (1924), 857ff. A . C A V A G L I E R I , L a cosa giudicata e le questioni di stato nel diritto internazionale privato (1909), besonders 1 — 92. H A E G E R , Die Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr. I m A u f t r a g e der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin verfaßt (1910). S P E R L , Die internationale Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen. Verhandlungen der ersten Hauptversammlung der internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin, zu Heidelberg v o m 3. bis 9. September 1911 (Berlin 1912) 431 — 449; auch: Allg. Österr. Gerichtszeitung 63 (1912), 535 — 543, und Sonderabdruck hieraus (1912). Derselbe, Staatsverträge über Urteilsvollstreckung, Deutsche Juristenzeitung (1912) Sp. 1004—1009. Derselbe, Eine internationale Zuständigkeitsordnung in bürgerlichen Rechtssachen, Z I n t R . 35 (1925 — 26), i — 1 8 . Derselbe, L a reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers, Recueil des Cours 36 (1931), 3 8 5 - 4 7 8 . Z I T E L M A N N , Internationales Privatrecht I I (1912), 26gff. A L B . R O I . I N , L'exécution des jugements en pays étranger. Rapport présenté à la Fédération nationale des associations commerciales et industrielles de Belgique, RevDrComp. 44 (1912), 248—269, auch R e v . 8 (1912), 517 — 530. Die Umgestaltung des internationalen Rechts (1919), 68ff., 73ff., i58ff. A u c h französisch: L a rénovation du droit international (1919), 73ff., 78ff., i65ff. H E N R Y DE C O C K , Effets et exécution des jugements étrangers, Recueil des Cours 10 (1925), 4 3 1 - 5 3 3 N E U N E R , Internationale Zuständigkeit (1929), besprochen von P A G E N S T E C H E R , R a b e i s Z. 4 (1930), 713 ffV E R B E E K , Die Staatsverträge über die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile, Z I n t R . 45 (1931 — 32), i — 1 4 1 . G U T T E R I D G E , L e conflit des lois de compétence judiciaire dans les actions personnelles, Recueil des Cours 44 (1933), 111 — 198. C U C I N O T T A , L'assistenza giudiziaria nei rapporti internazionali (1935), 117 —210. W . VON SIMSON, Die materiellen Wirkungen des rechtskräftigen Urteils im internationalen Privatrecht, Diss. Freiburg i. B. (1935). L'exécution à l'étranger des obligations alimentaires, Société des Nations, Institut international de Rome pour l'unification du droit privé (1938); Appendice (1949). R I E Z L E R . Internationales Zivilprozeßrecht (1949), 509 — 594. Süss, Die Anerkennung ausländischer Urteile, Beiträge zum Zivilprozeßrecht, Festgabe für ROSENBERG ( 1 9 4 9 ) , 229 — 271. S C H E I B E R , Entwurf eines internationalen Abkommens zur Abgrenzung der Gerichtsbarkeit in Rechtsstreitigkeiten aus vermögensrechtlichen Ansprüchen, österr. Juristen-Zeitung 7 (1952), 593—598. Berichte für das I n s t i t u t d e d r o i t i n t e r n a t i o n a l und die I n t e r n a t i o n a l L a w A s s o c i a t i o n , namentlich die v o n A s s E R , P I L L E T und K O S T E R S , s.oben S . I 4 F F . P r i v a t e V e r t r a g s e n t w ü r f e , s. oben S. 39, Anm. 2. JITTA,

5

J e l l l n e k , Zweiseitige Staataverträge. I.

66

§ 6. Schrifttum 2. L e h r b ü c h e r d e s V ö l k e r r e c h t s (die meisten wenig ergiebig; Ausnahmen:)

Le droit international théorique et pratique, 6. Aufl. I I (1888) 3 5 6 — 3 8 6 ; Suppl. (1896), 1 5 6 - 1 5 8 . P R A D I E R - F O D É R É , Traité de droit international public I I I (1887), 1007 — 1 0 3 9 E . VON U L L M A N N , Völkerrecht (1908), 3 8 2 — 3 8 6 . CALVO,

II. S c h r i f t e n z u m R e c h t e der e i n z e l n e n LESKE FRANZ

Staaten

und LOEWENFELD, Die Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr I (1895), I I (1897), I I I 1 ( 1 9 0 1 ) ; neue Bearbeitung I (1933). SCHLEGELBERGER, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch f ü r das Zivil- und Handelsrecht des In- u n d Auslandes, I (Länderberichte) 1929.

DE LAPRADELLE

und

NIBOYET,

Suppl. (1934)-

Répertoire de droit international VI

(1930),

VII

(1930),

Belgien

Manuel de droit international privé belge, 2. Aufl. (1928), 6 2 6 — 6 7 2 . V R O O N E N , D e la force extraterritoriale des jugements étrangers et des conditions extrinsèques de validité des actes étrangers en Belgique, Brüssel u n d Paris

POULLET,

(1920).

Contribution à la théorie générale d'exécution des jugements étrangers en droit français et belge, J o u m . 64 ( 1 9 3 7 ) , 4 2 9 — 4 6 1 .

PHILONENKO,

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WILHELMINA

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70

§ 6g

Schrifttum

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Deutsches

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Das deutsch-schweizerische Vollstreckungsabkommen, J W . (1930), 3284 — 3287. S T E I N - J O N A S - S C H Ö N K E , K o m m e n t a r zur Zivilprozeßordnung, 17. Aufl. I I (1951), Anhang zu § 723, S. 5 ff. B A U M G A R T , D a s deutsch-schweizerische Vollstreckungsabkommen, Leipziger Z. f. deutsches R e c h t 25 (1931) Sp. 74—80. H . K A U F M A N N , D a s deutsch-schweizerische Vollstreckungsabkommen, Blätter für internationales Privatrecht 6 (1931) Sp. 57 — 60. Schweizerische Vereinigung für internationales Recht, Druckschrift Nr. 31 (1931): W . S T A U F F E R , Die neuen Verträge der Schweiz über die Vollstreckung von Zivilurteilen, S. 3 — 20. — P E T I T P I E R R E , Les Conventions conclues par la Suisse avec l'Allemagne, l'Autriche et la Tchéco-Slovaquie, concernant la reconnaissance et l'exécution des jugements civils, S. 21 — 39. V O G E L , Aus der Vollstreckungspraxis auf Grund der Staatsverträge mit dem D e u t schen Reich und Österreich, Schweizerische Juristenzeitung 30 (1933), 129-134. O . L E V I S , Der Wohnsitzbegriff im schweizerisch-deutschen Vollstreckungsabkommen, Schweizerische Juristenzeitung 32 (1935/36), 62 — 64. Derselbe, Deutsch-schweizerischer Vollstreckungsvertrag. Die von dem A b k o m men erfaßten Entscheidungen. Z. f. schweizerisches Recht, N. F . 56 (1937). 352-388. Derselbe, Die Vollstreckung schweizerischer Urteile und das deutsche Vollstrekkungs-Mißbrauch-Gesetz, Schweizerische Juristenzeitung 34 (1937/38) 373-377JONAS,

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Journ. 6 (1879), 1 1 7 — 1 3 5 ,

533-537R.

Zur Auslegung des französisch-schweizerischen Staatsvertrages v o m Jahre 1869, speziell des Art. 1 Abs. 3 betr. Gerichtsstand des Vertrages, Z. d. bern. Juristen Vereins 21 (1885), 501—513. R O G U I N , Conflits des lois suisses . . Commentaire du Traité franco-suisse du 15 juin 1869, Lausanne (1891). (Anonymus), L e Traité franco-suisse du 15 juin 1869. Commentaire théorique et pratique. R e v u e pratique de droit international privé II (1890—91), 1 — 1 8 , 33 — 52, 8 5 - 9 7 , 161 — 178; II (1892), 1 6 - 3 3 . G U Y O N , D e l'exécution des jugements d'après le Traité franco-suisse du 15 juin 1869, Thèse Grenoble (1898). A U J A Y , Etudes sur le Traité franco-suisse du 15 juin 1869, Thèse Paris (1903). P L A N T E A U , L'interprétation jurisprudentielle des dispositions de la Convention franco-suisse de 1869 sur la compétence judiciaire, Journ. 35 (1908), 24 — 30. BRUNNER,

Des règles de compétence dans le Traité franco-suisse du 15 juin 1869, Thèse Paris (1912). P I L L E T , 69—243. C. J O R D A N , L e s rapports franco-suisses relatifs à la compétence des tribunaux respectifs en matière de questions d'état et spécialement de divorce et de séparation de corps, R e v . 17 (1921), 356—378, 481 — 496. R . S E C R E T A N , A propos des actions en divorce et en séparation de corps des é p o u x français en Suisse et des époux suisses en France, R e v . 21 (1926), 199—219. BARD,

Die Vollstreckung von französischen Zivilurteilen zwischen Franzosen, Z. d. bern. Juristen Vereins 69 (1933), 104 — 109. P E R R O U D , L'action directe contre les assureurs suisses et le Traité de compétence franco-suisse du 15 juin 1869, Journ. 62 (1935), 269 — 276. ALEXANDER,

A.

Neuere Probleme aus der Rechtsprechung zum französisch-schweizerischen Gerichtsstandsvertrag v o m 15. Juni 1869, Diss. Zürich, abgedruckt in den Zürcher Beiträgen zur Rechtswissenschaft, N. F. (1937), H e f t 56.

ESCHER,

Großbritannien und

Nordirland—Belgien

Commentaire de la Convention anglo-belge du 2 mai 1934 sur l'exécution réciproque des jugements, L a Belgique judiciaire 95 (1937), Sp.66—92.

W . VAN HILLE,

G r o ß b r i t a n i e n und

Nordirland—Frankreich

L'exécution des jugements étrangers en Angleterre d'après la loi du 13 avril 1933 et la Convention franco-britannique du 18 janvier 1934, Journ. 62 (1935), 8 0 5 - 8 2 4 .

AUDINET,

§ 6.

74

Schrifttum

PERROUD, La Convention franco-britannique sur l'effet extraterritorial des jugements, Rev. 3 1 ( 1 9 3 6 ) , 3 3 3 — 3 4 3 GUTTERIDGE, La Convention franco-britannique pour l'exécution réciproque des jugements, Rev. 3 2 ( 1 9 3 7 ) . 3 ^ 9 - 3 9 * • I t a l i e n — J u g o s l a w i e n (Österreich, Tschechoslowakei) Noten in Riv. 1 7 ( 1 9 2 5 ) , 1 0 9 — 1 1 6 ; 1 9 ( 1 9 2 7 ) , 3 9 4 — 3 9 6 . PALLIERI, Sull'interpretazione dell'art. 1, § 1 degli accordi di Roma 6 aprile 1922 sull'esecuzione delle sentenze straniere, Riv. di diritto processuale civile 6

PERASSI.

(1929),

50-57-

Italien— Peru Schiedspruch WINKLER, früheren Präsidenten des Schweizerischen Bundesgerichts, vom 1 9 . September 1 9 0 3 , abgedruckt in: DESCAMPS und L . RENAULT, Recueil international des traités du X X e siècle ( 1 9 0 3 ) , 3 4 0 — 3 5 3 . Besprochen von NIBOYET, Recueil des Cours 4 0 ( 1 9 3 2 ) , 1 9 3 — 1 9 5 . Italien— Schweiz M. GIULIANO, L a convenzione italo-svizzera relativa al riconoscimento ed all'esecuzione delle sentenze in materia civile e commerciale, Riv. 25 (1933), 160—183.

E . LŒCHTI, Das Abkommen der Schweiz mit Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen vom 3. J a n u a r 1933, Diss. Zürich (1934)de BAVIER, L'application en Italie de la Convention italo-suisse du 3 janvier 1 9 3 3 sur la reconnaissance et l'exécution des décisions judiciaires. Thèse Fribourg (1948).

Italien—Türkei PERASSI,

Note in Riv.

24 (1932), 2 7 6 — 2 8 0 .

Jugoslawien—Österreich Bemerkungen zu dem österreichisch-jugoslawischen Vertrage über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr, Jur. Blätter 5 8 ( 1 9 2 9 ) 2 4 9 . LAZAREVITCH, De l'exécution des jugements autrichiens en Yougoslavie, Annuairede l'association yougoslave de droit international 2 ( 1 9 3 4 ) , 2 7 1 — 2 7 4 . KRAUTMANNI

Österreich—Ungarn HELLMER, Bemerkungen zum beabsichtigten Vollstreckungsvertrage mit Ungarn J u r . Blätter 4 3 ( 1 9 1 4 ) . 2 3 7 — 2 3 8 . VON SCHAUER, Über den Vollstreckungsrechtshilfe-Vertrag mit Ungarn, Allg. Österr. Gerichtszeitung 6 5 ( 1 9 1 4 ) , 1 8 5 — 1 9 9 . SPERL, Die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtssachen zwischen Österreich und Ungarn. Eine Erläuterung des österreichisch-ungarischen Vollstrekkungshilfevertrages (1915). M. DEUTSCH, Die Vollstreckungsrechtshilfe zwischen Österreich und Ungarn, Internationales Anwaltsblatt 1 5 ( 1 9 2 9 ) , 7 4 — 7 8 . P o l e n — D a n z i g (nicht mehr in Geltung) RUMPF, Die gegenseitige Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Danzig und Polen, Z. f. osteuropäisches Recht 2 ( 1 9 2 6 ) , 6 0 4 — 6 1 3 .

III.

Besondere Schriften zu den einzelnen

Staatsverträgen

75

Die Vollstreckungsrechtshilfe zwischen Polen und Danzig, Z.f. Ostrecht 3 (1929), 1077 —1109. E L - M A L K I . L'exécution des jugements de Dantzig en Pologne et des jugements polonais dans la ville libre de Dantzig, Rev. 25 (1930), 534—540.

ALLERHAND,

MUNIR

Schweiz— Öst erreich Die Vollstreckung gerichtlicher Urteile zwischen Österreich und der Schweiz, österr. Anwaltszeitung 6 (1929), 316—318. W . S T A U F F E R , Die Verträge der Schweiz mit Österreich und mit der Tschechoslowakei über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (193°)W . S T A U F F E R , P E T I T P I E R R E , V O G E L , s. unter: Deutsches Reich—Schweiz. HOFSTETTER-LEU,

Schweiz—Schweden Der Vollstreckungsvertrag zwischen der Schweiz und Schweden v o m 15. Januar 1936, Schweiz. Juristenzeitung 33 (1937), 193 — 198. D E N N E M A R K , Svensk-schweizisk konvention om verkställighet a v domar och skiljedomar, Svensk Juristtidning 22 (1937), 329—332. S T O R C K , D a s A b k o m m e n der Schweiz mit Schweden über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen v o m 15. Januar 1936, Diss. Zürich (1938). PROBST,

Schweiz—Tschechoslowakei Der Vertrag zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakischen Republik über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, Blätter für internationales Privatrecht 4 (1929), Sp. 255 — 259. M E Y E R - W I L D , Z u m Vertrag zwischen der tschechoslowakischen Republik und der Schweiz über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, Prager Juristische Zeitschrift 9 (1929), Sp. 366—369. W . S T A U F F E R , s. unter Schweiz—Österreich. W . S T A U F F E R , P E T I T P I E R R E , S . unter Deutsches Reich-Schweiz. ZELGER,

Tschechoslowakei— Jugoslawien SIK, Der Rechtshilfevertrag zwischen der Tschechoslowakischen Republik und dem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen in der Praxis, Prager Juristische Zeitschrift 9 (1929), Sp. 7 — 1 1 . Derselbe, Die Durchführung von Exekutionen in Jugoslawien auf Grund des tschechoslowakisch-jugoslawischen Rechtshilfevertrages, Prager Juristische Zeitschrift 9 (1929) Sp. 369—373.

B. Die Staatsverträge» einzeln betrachtet I. U n v o l l k o m m e n e V e r t r ä g e § 7 i. L e e r l a u f e n d e V e r t r ä g e Unter „leerlaufend" verstehen wir solche Verträge, die dem autonomen Recht inhaltlich nichts hinzufügen. a) Dieser Art war der alte Freundschaftsvertrag zwischen I t a l i e n und S a n M a r i n o vom 27. März 1872 (1) und der spätere Freundschaftsvertrag, vom 31. Juli 1897, in seiner ursprünglichen Fassung (3). Die beiden Staaten sagten sich Vollstreckungshilfe zu „secondo le norme di procedura stabilité dalla rispettiva legislazione", bekräftigten also nur vertraglich ihre eigene Gesetzgebung. Ebenso verfuhren B u l g a r i e n und R u m ä n i e n im Art. 12 ihres Vertrages vom 19. April 1924 : die zuständigerweise erlassenen Ersturteile werden im Zweitstaat vollstreckt ,,dans les conditions prévues par les lois des deux pays". Da sich die Befolgung des einheimischen Gesetzes für den bulgarischen wie für den rumänischen Richter von selbst versteht, fragt man sich, warum beide Staaten dies Selbstverständliche zum Gegenstande einer Vertragsbestimmung gemacht haben. Den Grund findet man in den Gesetzgebungen der beiden Staaten. Rumänien verlangt für die Gewährung von Vollstreckungshilfe Gegenseitigkeit, Bulgarien Gegenseitigkeit oder das Bestehen eines Staatsvertrages 1 . Diese Voraussetzungen erfüllt der Vertrag von 1924, indem er die Prüfung der Gegenseitigkeitsfrage ausschließt. Art. 12 ähnelt also einer gemeinsamen Gegenrechtserklärung 2 , unterscheidet sich aber von ihr dadurch, daß er beide Staaten vertraglich bindet. b) Auch die an sich leerlaufende Bestimmung im Art. 23 Abs. 1 des L a t e r a n v e r t r a g e s vom 11. Februar 1929 entbehrt nicht eines tieferen Sinnes. „Für die Vollstreckung der von den Gerichten der Vatikanstadt erlassenen Urteile im Gebiete des Königreichs (Italien) kommen die Normen des internationalen Rechtes zur Anwendung". Der Satz ist zunächst nichtssagend, auch wenn man unter 1

Rumän. Z P O 374 II, bulgar. Z P O 1209.

• Vgl. oben S. 31 f.

Vertrag mit enger gegenständlicher

Begrenzung

(Sowjetrußland-Mongolei)

77

den Normen des internationalen Rechtes nicht die im Punkte der Vollstreckungshilfe völlig schweigsamen Normen des allgemeinen Völkerrechts, sondern die der internationalen Vollstreckungshilfe gewidmeten Normen der italienischen Gesetzgebung versteht. Auch fällt es auf, daß nur Italien Vollstreckungshilfe für Urteile der Vatikanstadt zusagt, nicht auch der Heilige Stuhl für italienische Urteile. Der Sinn der Bestimmung wird erst klar durch ihre Vergleichung mit dem folgenden Absatz. Hiernach erkennt Italien ohne weiteres als vollwirksam die kirchlichen Entscheidungen an, die einen Kleriker oder ein Ordensmitglied oder geistliche oder disziplinare Angelegenheiten betreffen, eine Vorschrift, die ihre Ergänzung für Ehesachen im Art. 34 Abs. 4—6 des Konkordats vom gleichen Tage findet. Der „leerlaufende" Satz hat also die Bedeutung eines Gegensatzes: während Italien für die rein kirchlichen Angelegenheiten die Bindung der italienischen Behörden an die Entscheidungen der Kirchenbehörden schlechthin zusagt, soll es für die übrigen Entscheidungen der kirchlichen Gerichte beim allgemeinen Rechte verbleiben. 2. V e r t r a g mit enger gegenständliche! 4 B e g r e n z u n g Auch die allgemeinen Vollstreckungsverträge, also solche, die sich nicht nur auf Kostenentscheidungen, Entscheidungen in Ehesachen, Nachlaßsachen oder dgl. beschränken1, sind nicht überall in gleicher Weise allgemein. Großbritannien z. B. beschränkt die Vollstreckungshilfe, enger als die Anerkennung, auf Geldurteile und nimmt im Vertrag mit Frankreich auch für die Anerkennung Urteile in Status-, Familien-, Nachlaßsachen aus.2 Trotzdem kann man auch Verträge dieser Art zu den allgemeinen Verträgen rechnen, da im praktischen Leben die Geldurteile durchaus überwiegen. Dagegen fällt ganz aus dem üblichen Rahmen der s o w j e t r u s s i s c h - m o n g o l i s c h e Vertrag, nach dessen Art. 2 die Vertragsstaaten sich nur in vier Fällen Vollstreckunghilfe zusagen, nämlich, wenn es sich handelt um familienrechtliche Unterhaltsansprüche, Ansprüche aus Schäden, die der öffentlichen Hand zugefügt wurden, arbeitsrechtliche Ansprüche, Schulden an Staatsbanken oder sonstige Regierungsorganisationen. Wohl mag es sein, daß in Staaten, wie Sowjetrußland, Prozesse über diese vier Gruppen von Ansprüchen bei weitem überwiegen. Trotzdem ist die Beschränkung außergewöhnlich genug, um die Ausscheidung des Vertrages aus einer rechtsvergleichenden Würdigung geraten erscheinen zu lassen. Vgl. oben S. 32 ff. » G r . - F r . 5 Ib, 2 I l l b ; Gr.-Belg. 5 IIb.

1

78

§ 7- Unvollkommene

Verträge

Auch sonst enthält der Vertrag, wie schon früher angedeutet1, außergewöhnliche Bestimmungen, so die, daß die Prüfung, ob ein Fall der Vollstreckungshilfe gegeben ist, nicht den Gerichten, sondern, jedenfalls in Sowjetrußland, dem Volkskommissariat für Justiz zusteht. Da zudem der Vertrag selbst nirgends veröffentlicht ist, sondern nur in einer sowjetrussischen Ausführungsanweisung vorliegt, mag die kurze Erwähnung seines Inhalts an dieser Stelle genügen. II. V e r t r ä g e m i t g r u n d s ä t z l i c h u m f a s s e n d e r R e g e l u n g i. V e r t r ä g e mit B e u r t e i l u n g s r e g e l n zur J u r i s d i k t i o n s f r a g e § 8. Unbestimmte Fassung

Die weitaus meisten Verträge enthalten nur Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage, keine Befolgungsregeln, Regeln also über die Jurisdiktion des Erstrichters, die für den Erstrichter selbst belanglos sind. Für das Erstverfahren können sie nur insofern Bedeutung gewinnen, als der Kläger bei der Wahl des Gerichtsstandes auf die künftige Prüfung des Erstverfahrens durch den Zweitrichter Rücksicht nehmen oder der Beklagte gegen einen ihm nicht genehmen, aber nach der Erstgesetzgebung unbestreitbaren Gerichtsstand Verwahrung einlegen wird, um im Zweitverfahren dartun zu können, daß er sich der Jurisdiktion des Erstgerichts nicht freiwillig unterworfen hat. Dabei begnügen sich viele Verträge, vor allem die älteren italienischen, mit der Bestimmung, das Ersturteil müsse von einem zuständigen, „kompetenten" Gericht erlassen worden sein, dem Gericht dürfe nicht die Jurisdiktion gefehlt haben, das Ersturteil dürfe nicht von einer inkompetenten Jurisdiktion ausgehen, ohne daß im Vertrage gesagt wird, nach welchen Regeln die Frage zu entscheiden ist, ob das Erstgericht Jurisdiktion hatte oder nicht. Der Inhalt dieser V e r t r ä g e mit B e u r t e i l u n g s r e g e l n zur J u r i s d i k t i o n s f r a g e in u n b e s t i m m t e r F a s s u n g sei an erster Stelle wiedergegeben. Trotz oder gerade wegen der Primitivität dieser Jurisdiktionsformel haben die Verträge dieser Gruppe doch eine besondere Würde dadurch erhalten, daß es in einem Falle zu einem internationalen Schiedsspruch über die Auslegung der unbestimmten Formel gekommen ist. Die peruanischen Gerichte wollten ein italienisches Urteil wegen fehlender Jurisdiktion des italienischen Gerichts nicht zur Vollstreckung bringen. Italien und Peru schlössen darauf am 22. November 1900 einen Schiedsvertrag mit 1

Oben S. 61.

Sardinien/Italien—Spanien

79

dem Ziele der Feststellung, ob in Fällen, wie dem vorliegenden, die Vollstreckung mit Recht verweigert werden könne, nämlich dann, wenn zwar das Erstgericht nach der Erstgesetzgebung zuständig war, für den Rechtsstreit aber auch ein Gericht des Zweitstaates nach dessen Gesetzgebung zuständig gewesen wäre. Im gegebenen Falle hatte nämlich der Beklagte seinen Wohnsitz in Peru, der Kläger aber hatte die Klage in Italien beim Gerichte des Vertragsabschlusses erhoben, einem Gerichtsstand, den sowohl die italienische als auch die peruanische Gesetzgebung kennen. Der Schiedsrichter W I N K L E R , früherer Präsident des Schweizerischen Bundesgerichts, verneinte in seinem Schiedsspruch vom 19. September 1903 die Befugnis des peruanischen Richters zur Verweigerung der Anerkennung, bejahte also im gegebenen Falle die Jurisdiktion des italienischen Gerichts 1 . Er legte die Formel so aus, daß es auf die Zuständigkeit des Erstgerichts nach der Gesetzgebung des Erststaates ankomme, wofern nicht die Anerkennung dieser Zuständigkeit der öffentlichen Ordnung oder dem öffentlichen Rechte des Zweitstaates widerspreche. Ob diese Auffassung richtig ist, wird später zu untersuchen sein. Hier verdient nur die Tatsache Aufmerksamkeit, d a ß es wegen Auslegung der unbestimmten Formel zu einem internationalen Schiedsverfahren kommen konnte, das die beiden Staaten, Italien und Peru, hätten vermeiden können, wenn sie sich im Vertrage etwas weniger lakonisch ausgedrückt hätten. Vorbilder für eine genauere Fassung der Formel gab es schon damals. a) S a r d i n i e n / I t a l i e n — S p a n i e n . Der älteste geltende Vertrag mit unbestimmter Jurisdiktionsformel ist der unter den heute geltenden Verträgen älteste Vertrag überhaupt, der zwischen Sardinien/Italien und Spanien 1851 abgeschlossene Vollstreckungsvertrag. Sein Gegenstand sind die in Zivil- und Handelssachen von den Gerichten im ersten Rechtszug oder auf Berufung ergangenen Urteile oder Verfügungen. Um im Zweitstaat vollstreckbar zu seinoder die Wirkung einer gesetzlichen Hypothek auf den im Zweitstaat gelegenen Gütern des Schuldners zu erlangen, bedürfen diese erststaatlichen Gerichtsakte der Vollstreckbarerklärung durch ein höheres zweitstaatliches Gericht, die auf Ersuchen eines erststaatlichen Gerichts ausgesprochen wird. Die Vollstreckbarerklärung wird nach Art. III versagt, 1. wenn der erststaatliche Gerichtsakt an offenbarer Ungerechtigkeit leidet, 1

DESCAMPS

340 if.

und

RENAULT,

Recueil international des traités du X X e siècle (1903)

80

§ 8. Unbestimmte

Fassung

2. wenn er wegen Fehlens von Jurisdiktion, gehöriger Ladung oder gehöriger Vertretung an Nichtigkeit krankt („fosse nulla"), 3. wenn er in Widerspruch zu den Prohibitivgesetzen des Zweitstaates steht. Von dem ersten Versagungsgrund war schon in anderm Zusammenhange die Rede1. Er ist ganz unmodern und kommt nicht einmal mehr in den britischen Verträgen vor, obgleich er dem englischen Rechte geläufig ist2. Zum mindesten die italienische Rechtsprechung wendet die Bestimmung nicht mehr an, da der italienische Richter das Ersturteil selbst bei vertragslosem Zustand nicht auf Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit nachprüft, falls ihn das Urteil überhaupt bindet. Was bedeutet aber „Fehlen von Jurisdiktion", „difetto di giurisdizione", in der zweiten Gruppe von Versagungsgründen ? Gerade weil der Vertrag selbst nichts darüber sagt, rechnen wir ihn zu den Verträgen mit unbestimmter Regelung der Jurisdiktionsfrage. Bei der Primitivität des ganzen Vertrages darf man annehmen, daß den vertragschließenden Staaten die Jurisdiktion nach Maßgabe der Erstgesetzgebung vorschwebte. Das Fehlen der Jurisdiktion soll ja, wie der Mangel einer gehörigen Ladung oder einer gehörigen Vertretung, „Nichtigkeits"-Grund sein, und es gehört schon ein verfeinertes, im Jahre 1851 bei den Unterhändlern kaum vorhanden gewesenes Empfinden für internationale Rechtsbeziehungen dazu, um den Ausdruck im Sinne einer nur für den Zweitrichter geltenden Unbeachtlichkeit zu gebrauchen. Es gibt nach den Prozeßordnungen aller zivilisierter Staaten Urteile, die wegen grober Verstöße gegen das Prozeßrecht der Nichtigkeitsbeschwerde, der Wiederaufnahme des Verfahrens oder einem sonstigen außerordentlichen Rechtsbehelf unterliegen und daher nach einem wenig glücklichen, aber vielfach eingebürgerten Sprachgebrauch „nichtig" sind. Solche nach der Erstgesetzgebung unvollkommenen Urteile sollen auch den Zweitrichter nicht binden, das ist der wahrscheinliche Sinn der italienisch-spanischen Bestimmung. Für die Berücksichtigung der Interessen des Zweitstaates aber sorgt die Vorschrift unter Ziff. 3, wonach der Zweitrichter die Vollstreckbarerklärung versagt, wenn das Ersturteil in Widerspruch zu den Prohibitivgesetzen des Zweitstaates steht; denn in jener Frühzeit der inter1

Oben S. 54 t.

* Vgl. z. B. DICEY, A Digest of the law of England with reference to the conflict of laws, 4. Aufl. von A. B. KEITH (1927) 444 Rule 407; PIGGOTT, Foreign jugdments and jurisdiction I (1908) 400ff.

Italien— Lateinamerika, Rumänien,

Frankreich/Tunis

81

nationalen Vollstreckungsverträge durfte man eine solche Klausel ohne Bedenken auch auf die Jurisdiktionsfrage beziehen. Der Vertrag enthält dann noch Bestimmungen über vollstreckbare notarielle Urkunden und Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Bei anderen Verträgen, in denen sich ebenfalls solche Bestimmungen oder solche über Schiedssprüche oder gerichtliche Vergleiche finden, wird dies nicht mehr besonders erwähnt werden, da sich unser Interesse auf die ausländischen U r t e i l e beschränkt. b) I t a l i e n — L a t e i n a m e r i k a , R u m ä n i e n , Frankreich/ Tunis. Nahe verwandt mit demsardisch (italienisch)-spanischen Vertrag sind die, alle aus früheren Zeiten stammenden, i t a l i e n i s c h e n Verträge mit den m i t t e l - u n d s ü d a m e r i k a n i s c h e n S t a a t e n Honduras (1868), Costa Rica (1873), Peru (1874), der Dominikanischen Republik (1886), Argentinien (1887), Bolivien (1890), Paraguay (1893) und Nicaragua (1906), mit R u m ä n i e n (1880) und mit F r a n k r e i c h / T u n i s (1886). Trotz einiger kleiner Abweichungen stimmen diese Verträge vielfach wörtlich oder fast wörtlich miteinander überein, und zwar hat Italien meist den Art. 941 seines Codice di procedura civile von 1865, ursprünglicher Fassung, zum Vertragsinhalt erhoben. Man könnte daher fast geneigt sein, diese Verträge mit den leerlaufenden Verträgen 1 auf eine Linie zu stellen, aber es ist doch etwas anderes, ob beide Vertragsstaaten einfach auf ihre jeweilige Gesetzgebung verweisen oder ob sie die a u g e n b l i c k l i c h in e i n e m von den beiden Staaten geltenden Bestimmungen im Vertragstext wiederholen. In diesem letzten Falle bringt der Vertrag jedenfalls für den andern Staat, dessen Gesetzgebung nicht zufällig die gleichen Bestimmungen enthält, etwas Neues, aber auch für den ersten Staat im Falle einer späteren Änderung seiner Gesetzgebung. Gerade bei Italien hat sich diese Erkenntnis bewahrheitet, das im Jahre 1919 in den Art. 941 seines Codice di procedura civile wesentlich schärfere Bestimmungen für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile aufgenommen hat, die aber als autonomes Recht das ältere, liberalere Vertragsrecht nicht haben ändern können. Die Bestimmungen über die Behandlung ausländischer Urteile finden sich hier meist in Handels- und Schiffahrtsverträgen (Honduras, Peru, Dominikanische Republik), Freundschafts-, Handelsund Schiffahrtsverträgen (Paraguay, Nicaragua) oder in Konsularund Niederlassungsverträgen (Rumänien, Frankreich/Tunis), einmal in einem Vertrage über Fragen der Staatsangehörigkeit, das 1

6

Oben

S. 76 f.

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

82

§ 8. Unbestimmte Fassung

prozessuale Armenrecht1, die Behandlung Hilfsbedürftiger, den Vollzug von Urteilen, die Erledigung von Ersuchungsschreiben in Zivil- und Handelssachen und die gegenseitige Mitteilung von Sterbeurkunden (Costa Rica), einmal in einem Freundschafts- und Auslieferungsvertrag (Bolivien) und nur einmal in einem den hier interessierenden Inhalt kurz kennzeichnenden „Vertrag über den gegenseitigen Vollzug von Ersuchungsschreiben und Urteilen" (Argentinien) . DasWesentliche steht meist in einem einzigen Artikel, der aber alles Wichtige enthält. Behandelt werden, wie imVertrag mit Spanien, die gerichtlichen Urteile und Verfügungen in Zivil- und Handelssachen, aber nicht nur ihre Vollstreckung und hypothekarische Wirkung im Zweitstaat, sondern auch ihre sonstigen Rechtskraftwirkungen. Sie sollen ganz allgemein die gleiche Kraft haben wie die von den Gerichten des Zweitstaates erlassenen Urteile und Verfügungen, „lastessaforzadi quelle emanate daitribunalilocali" oder, wie sich der Vertrag mit Bolivien (25) im Ergebnis wenig abweichend, aber richtiger2 ausdrückt, die gleiche Kraft wie im Erststaat, „la stessa forza che hanno nel paese dove vennero emanati". Nur der Vertrag mit Argentinien befaßt sich ausschließlich mit der Vollstreckung der Urteile. Auch für den Weg, der zur Vollstreckung im Zweitstaat führt, gibt es kleine Abweichungen innerhalb der zehn Verträge, wofern sie diesen Punkt überhaupt berühren. Meist hat der Gläubiger die Wahl, ob er die Hilfe des Zweitgerichts unmittelbar oder auf diplomatischem Wege in Anspruch nehmen will, nach dem italienisch-rumänischen Vertrage (11) steht ihm außer der unmittelbaren Vollstreckungshilfe die von Gericht zu Gericht und für die Übermittlung des Ersuchens an das Zweitgericht der diplomatische Weg zur Verfügung. Die Verträge mit Honduras, der Dominikanischen Republik, Argentinien, Paraguay, Nicaragua, Peru und Rumänien enthalten dabei die unscheinbare, aber praktisch wichtige Bestimmung, daß das Zweitgericht dem Gläubiger nötigenfalls von Amts wegen einen A n w a l t beiordnen muß, nach den zwei letztgenannten Verträgen bei jeder Art von Vollstreckungsbetrieb, nach den übrigen Verträgen dann, wenn der Gläubiger diplomatische Hilfe in Anspruch nimmt. Eine Besonderheit enthält noch der Vertrag mit der Dominikanischen Republik insofern, als er sich ausdrücklich rückwirkende Kraft für die vor seinem Abschluß erlassenen Urteile beilegt (22). 1 Das nun Folgende wird in der Überschrift des italienischen Manteldekrets vom 23. April 1875 mit ,,ecc. ecc." abgetan, was zu mancherlei Mißverständnissen geführt hat; vgl. oben S. 4 7 t . * Oben S. 8f.

Italien-Lateinamerika, Rumänien,

Frankreich/Tunis

83

Die Vollstreckbarkeit im Zweitstaat wird den Ersturteilen durch ein, meist „Delibationsurteil" 1 genanntes, Urteil des Zweitrichters gewährt, der es nach summarischer Anhörung der Parteien ausspricht und dabei nur prüft, 1. ob das Ersturteil von einem zuständigen Gerichte erlassen worden ist, „se la sentenza sia stata proferita da una autorità giudiziaria competente"; 2. ob vor seiner Verkündung die Parteien ordnungsmäßig geladen waren; 3. ob die Parteien gesetzmäßig vertreten waren oder gesetzmäßig für säumig erklärt wurden; 4. ob das Urteil Bestimmungen enthält, die der öffentlichen Ordnung oder dem inneren öffentlichen Recht des Zweitstaates widersprechen. Im Vertrag mit Argentinien (8) erfährt die letzte Vorschrift noch eine Ergänzung dahin, daß, bei Urteilen über Schuldverhältnisse, das Haupt-Schuldverhältnis oder die von ihm abgeleiteten Schuldverhältnisse durch die Zweitgesetzgebung nicht verboten sein dürfen. Wie zu sehen, ist auch hier die Antwort auf die Jurisdiktionsfrage unbestimmt gefaßt. Das Ersturteil muß erlassen sein von einer „autorità giudiziaria competente", einem zuständigen Gericht, doch sagen die Verträge nicht, nach welchem Rechte die Zuständigkeit zu beurteilen ist. Da der älteste von den zehn Verträgen, der mit Honduras, aus dem Jahre 1868 stammt, also nicht allzu lange nach dem sardisch- spanischen Vertrage abgeschlossen wurde, dürfen wir vermuten, daß man mit der Klausel, jedenfalls ursprünglich, die Gesetzgebung des Erststaates meinte, wie dies denn auch der schweizerische Alt-Bundesgerichtspräsident W I N K L E R in seinem Schiedsspruch zwischen Italien und Peru vom 19. September 1903 angenommen hat 2 . Doch bietet der Vorbehalt eines Verstoßes gegen das öffentliche Recht des Zweitstaates eine genügende Sicherung vor unerträglichen Jurisdiktionsanmaßungen des Erststaates. Der Schiedsspruch W I N K L E R wurde durch einen besonderen, am 22.November 1900 zwischen Italien und Peru geschlossenen Schiedsvertrag ermöglicht. In den italienischen Verträgen mit der Dominikanischen Republik, Bolivien, Paraguay und Nicaragua ist ein S c h i e d s v e r f a h r e n für alle aus dem Vertrage entstehenden Streitigkeiten vorgesehen. Bemerkenswert ist noch die Meistbegüns t i g u n g s k l a u s e l , die sich in den Verträgen mit Honduras, Para1 Von delibare = kosten. Der Zweitrichter „kostet" sozusagen das Ersturteil, um festzustellen, ob es ihm schmeckt. — Über das italienische Delibationsverfahren allgemein RIEZLER, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 585ff. 2 S. oben S. 78t

6*

84

$ 8. Unbestimmte

Fassung

guay und Nicaragua findet. Dabei erinnern wir uns aber daran 1 , daß solche Klauseln nicht in der Lage sind, den ganzen Inhalt eines zweiseitigen Vollstreckungsvertrages auf dritte Staaten auszudehnen, da der drittbegünstigte Staat höchstens verlangen kann, daß seine Staatsangehörigen bei der Vollstreckung von Urteilen der beiden Vertragsstaaten so behandelt werden, wie die Angehörigen der Vertragsstaaten, nicht aber, daß seine Urteile den von den Gerichten der beiden Vertragsstaaten erlassenen Urteilen gleichgestellt werden. c) S c h w e i z — S p a n i e n . Obgleich der Vollstreckungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien (1896) dem berühmten französischschweizerischen Vertrage von 1869 nachgebildet ist, muß er doch hier und nicht bei diesem letzten erwähnt werden, weil er sich von seinem Vorbild durch das Fehlen staatsvertraglicher Gerichtsstände wesentlich unterscheidet. Aber bei der nahen Verwandtschaft beider Verträge genügt an dieser Stelle der Hinweis auf die Regelung der Jurisdiktionsfrage. Im Art. 6 heißt es : „L'exécution pourra être refusée dans les cas suivants: 1. Si la décision émane d'une juridiction incompétente". Auch hier fehlt jede Bestimmung darüber, nach welcher Norm die Zuständigkeitsfrage zu beurteilen ist, während der französisch-schweizerische Vertrag für Streitigkeiten, an denen Franzosen und Schweizer beteiligt sind, in seinem ersten Teil eigene Zuständigkeitsbestimmungen enthält. Für sonstige Streitigkeiten allerdings, z. B. zwischen Schweizern und Deutschen, ist der französisch-schweizerische Vertrag mit gewissen Ausnahmen ebenso unbestimmt gehalten wie der schweizerisch-spanische Vertrag. Noch in einem weiteren Punkte unterscheidet sich der schweizerisch-spanische Vertrag in seiner französischen Fassung unvorteilhaft von seinem Vorbild. Der französisch-schweizerische Vertrag (17 I) verbietet wie der schweizerisch-spanische Vertrag (5 I) die sachliche Nachprüfung des Ersturteils, die „discussion du fond de l'affaire". Nach dem älteren Vertrage heißt es dann, sprachlich unzweideutig, von der mit der Vollstreckbarerklärung befaßten Behörde: „eile ne pourra refuser l'exécution que dans les cas suivants" (folgen die Versagungsgründe). Der schweizerisch-spanische Vertrag drückt sich im französischen Urtext, anders als im spanischen Urtext („no podrá negarse sino") und der deutschen Überstzung, so aus: „L'exécution pourra être refusée dans les cas suivants" und erweckt so den Anschein, als liege es im freien Ermessen der Zweitbehörde, ob sie beim Vorliegen eines Versagungsgrundes die Voll1

Oben S. 60 f.

Palästina—Ägypten

85

streckbarerklärung versagen will oder nicht. Diese, durch den spanischen Urtext leicht zu berichtigende französische Fassung der Bestimmung gibt den erwünschten Anlaß für die Feststellung, daß auch der neuere Vertrag dem Zweitrichter k e i n f r e i e s E r m e s s e n einräumen will. Entweder sind die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung gegeben, dann m u ß der Zweitrichter sie aussprechen. Oder sie sind nicht gegeben, dann d a r f er sie n i c h t aussprechen. Wenn es noch eines Beweises bedarf, so denke man nur an den Fall eines Widerspruchs des Ersturteils mit der öffentlichen Ordnung des Zweitstaates. Kein Staat, der einen Vorbehalt für die in seinem Lande geltende öffentliche Ordnung macht, kann gestatten, daß sich seine eigenen Gerichte über diesen Vorbehalt nach freiem Ermessen hinwegsetzen. Die Vollstreckungsverträge kennen, abgesehen von gewissen Möglichkeiten der Aussetzung des Verfahrens 1 , nur ein Entweder-Oder. Entweder muß der Zweitrichter die Vollstreckbarkeit des Ersturteils aussprechen oder er muß sie versagen. Einen mittleren Bereich des Bewilligenkönnens oder Versagenkönnens je nach Wahl des Richters gibt es nicht. d) P a l ä s t i n a — Ä g y p t e n ? Fast könnte man meinen, auch der Vertrag zwischen Palästina und Ägypten von 1929 gehöre in diesen Zusammenhang, weil er dem Ersturteil die Vollstreckbarkeitswirkung abspricht (5a), wenn das Erstgericht ohne J u r i s d i k t i o n gehandelt hat, ,,if the Original Court acted without Jurisdiction". Aus systematischen Gründen wäre dies bedauerlich, da der Vertrag ein echt britischer Vertrag ist und nach seinem ganzen Stil in die Nähe der beiden Verträge Großbritanniens von 1934 zu stehen kommen sollte. In der Tat gehört der Vertrag nicht hierher, sondern zu den Verträgen mit — allerdings etwas verklausulierter — vertraglicher Anerkennung bestimmter Gerichtsstände, da das Wort .Jurisdiction" hier eine andere Bedeutung hat als die der Abgrenzung der palästinensischen und ägyptischen Gerichtsbarkeit. Man beachte, daß einer von den Vertragsstaaten Ägypten ist, ein Land, in dem zur Zeit des Vertragsabschlusses Gerichte für die Einheimischen, Konsulargerichte und Gemischte Gerichte nebeneinander bestanden 2 . „Without jurisdiction" zielt auf das Verhältnis dieser Gerichte zueinander. Das Urteil eines ägyptischen EinheimischenGerichts soll in Palästina nicht vollstreckt werden können, wenn der Beklagte z. B. ein Europäer war. Der palästinensisch-ägyptische Vertrag muß daher an dieser Stelle ausscheiden. 1 V g l . z. B . Gr. — F r . 3 I d ; Gr. — B e l g . 3 l g . Gegen ein weitergehendes Ermessen in der H a u p t s a c h e — w i e z. B . in der Jurii diktionsfrage — nach dem engl.-franz. V e r t r a g e m i t R e c h t P E R R O U D , R e v . 31 (1936) 337. 2 V g l . VON L : S Z T . D a s Völkerrecht, 12. A u f l . , her. v . F L E I S C H M A N N (192.',) 232 ff

86

§ g. Verweisung

auf die Gesetzgebung

des

Zweitstaates

§ 9. Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates

Die soeben behandelten älteren italienischen und ihnen ähnlichen Verträge waren solche mit Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage in unbestimmter Fassung. Die Verträge verlangen nur, daß die im Zweitstaat anzuerkennende oder zu vollstreckende Entscheidung von einem zuständigen Gerichte ausgegangen ist, ohne zu bestimmen, nach welchem Rechte die Zuständigkeit geprüft werden soll. Nur Auslegung, nicht Wortlaut, ergaben allerdings, daß, wenigstens ursprünglich, damit die Zuständigkeit nach der erststaatlichen Gesetzgebung gemeint war, daß also die Verträge eine stillschweigende V e r w e i s u n g auf die G e s e t z g e b u n g des E r s t s t a a t e s aussprechen und den Zweitstaat vor unerträglichen Jurisdiktionsanmaßungen des Erststaates nur durch die Klausel vom ordre p u b l i c schützen. Zur nächsten Gruppe gehören alle die Verträge, die in der Jurisdiktionsfrage auf die G e s e t z g e b u n g des Z w e i t s t a a t e s v e r w e i s e n . Allerdings kann eine solche Verweisung, anders als die Verweisung auf die Gesetzgebung des Erststaates, verschiedene Bedeutung haben, ohne daß die Verträge immer klar erkennen lassen, in welchem Sinne die Verweisung gemeint ist. Über diesen Punkt wird noch eingehender zu sprechen sein1. a) U n b e s t i m m t e V e r w e i s u n g auf die G e s e t z g e b u n g des Z w e i t s t a a t e s B a d e n — A a r g a u . Der badisch-aargauische Vertrag von 1867 behandelt „Erkenntnisse in bürgerlichen Rechtssachen, mit Einschluß der Handelssachen" und verlangt nur, daß sie „von den zuständigen Gerichten" auf gegenseitige Verhandlung oder auf Ausbleiben oder Versäumnis des Beklagten erlassen sind. Weder einer Vorschrift zum Schutze des säumigen Beklagten noch einem Vorbehalt zugunsten der öffentlichen Ordnung des Zweitstaates begegnet man hier, das freundnachbarliche Vertrauen auf Recht und Rechtsgang des Erststaates ist groß. Nur zuständig erlassen müssen die Ersturteile sein. Was darunter gemeint ist, sagt Art. 2: „Die Frage der Zuständigkeit wird nach den Gesetzen desjenigen Staates geprüft und entschieden, in welchem das Erkenntnis zum Vollzuge kommen soll". Sicher ist damit gesagt, daß eine vom Zweitstaat nach seiner Gesetzgebung für den Streitfall beanspruchte ausschließliche Zuständigkeit das Ersturteil als unzuständig erlassen erscheinen läßt. Dagegen bleibt offen, ob sich beide Staaten mit dieser bescheidenen Nachprüfung der Jurisdiktion des Erstrichters begnügen, ob sie ihren 1

Vgl. unten S. 228£.

Verträge mit der österreichischen

Jurisdiktionsformel

87

Gerichten eine umfassendere Nachprüfung der Jurisdiktionsfrage vorbehalten oder ob sie gar von der Fiktion der identischen Gesetzgebung ausgehen, also verlangen, daß die erstrichterliche Zuständigkeit so geprüft werde, als ob für den Erstrichter die Zuständigkeitsregeln der Zweitgesetzgebung maßgebend wären. b) V e r t r ä g e mit der ö s t e r r e i c h i s c h e n J u r i s d i k t i o n s f o r m e l Während der badisch-aargauische Vertrag ein Einzelgänger ist, auch mit dem franzöisch-badischen Vertrag von 1846 nicht verglichen werden kann, wurden in den Jahren 1922—1930 nicht weniger als sechs Verträge mit der ö s t e r r e i c h i s c h e n J u r i s d i k t i o n s f o r m e l abgeschlossen, von denen allerdings einer, der österreichisch-italienische von 1922, schon 1938 erloschen ist. Die österreichische Jurisdiktionsformel kommt erstmalig vor in dem durch den ersten Weltkrieg außer Kraft gesetzten Rechtshilfevertrag zwischen Österreich-Ungarn und Serbien vom 30./17. März 1911 (Art. 15 I) und lautet: „Die Zuständigkeit des Gerichtes, das in der Sache erkannt hat, gilt im Sinne des Artikels . . . für begründet, wenn die Rechtssache nach den Gesetzen des ersuchten Staates bei einem Gerichte des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte." 1. Ö s t e r r e i c h — J u g o s l a w i e n . So lautet wörtlich die Jurisdiktionsformel wieder im österreichisch-jugoslawischen Staatsvertrag von 1928 über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr (Art. 41). Der Vertrag umfaßt viel: rechtlichen Verkehr in bürgerlichen Angelegenheiten, Rechtshilfe in Strafsachen; im Rahmen des ersten: Rechtsschutz, Rechtshilfe, Nachlaßangelegenheiten, Vormundschaft und Kuratel, Urkunden, Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g , Konkurs. Er stimmt fast völlig überein mit dem österreichisch/ungarisch-serbischen Vertrag von 1911 und dem österreichisch/ungarisch-bulgarischen Vertrag vom gleichen Jahre, nur daß er auf die vertragliche Festsetzung ausdrücklich genannter Gerichtsstände verzichtet. Eben weil der österreichisch-bulgarische und mit ihm gleichlautend der ungarisch-bulgarische Vertrag, beide von 1911, vollständiger sind als der österreichisch-jugoslawische von 1928, außerdem das Original zur bloßen Nachahmung von 1928 darstellen, genüge es an dieser Stelle, auf den genannten Hauptunterschied zwischen den Verträgen von 1911 und 1928 — dort Aufführung bestimmter Gerichtsstände, hier Fehlen einer solchen Aufführung — hingewiesen zu haben. Nur die wohl abgewogene Bestimmung

88

§ 9. Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates

über den ordre public sei schon hier wörtlich wiedergegeben, weil man sie als die ö s t e r r e i c h i s c h e V o r s c h r i f t ü b e r d e n o r d r e p u b l i c bezeichnen kann; sie lautet (39): „Die Zwangsvollstreckung wird jedoch versagt, wenn dadurch ein Rechtsverhältnis zur Anerkennung oder ein Anspruch zur Verwirklichung gelangen soll, dem durch das Gesetz des Ortes der Zwangsvollstreckung aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit oder Klagbarkeit versagt ist." Auch diese Bestimmung findet man bereits wörtlich in den österreichischen Verträgen von 1911 und noch früher im § 81 Ziff. 4 der österreichischen Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896. 2. T s c h e c h o s l o w a k e i — J u g o s l a w i e n . Große Ähnlichkeit mit dem soeben besprochenen österreichisch-jugoslawischen Vertrage von 1928 hat der zeitlich vorangehende, aber aus der gleichen Wurzel stammende tschechoslowakisch-jugoslawische Vertrag von 1923. Die Anlehnung an die österreichischen Verträge von 1911 war auch das Gegebene, weil der österreichisch-serbische Vertrag von 1911 bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges zwischen den tschechischen und slowakischen Teilen der österreichischen Monarchie einerseits und Serbien, dem Kernland des heutigen Jugoslawien, andererseits in Geltung war. Auch dieser tschechoslowakisch—jugoslawische Vertrag betr. die Regelung der gegenseitigen Rechtsbeziehungen umfaßt viele, nicht weniger als 18, Abteilungen, von denen nur eine, die 13., den gegenseitigen Vollzug von Exekutionstiteln behandelt, allerdings nicht ganz so ausführlich wie im österreichisch-jugoslawischen Vertrage. Auch fehlt hier die Einteilung in verhältnismäßig kurze Artikel, die den österreichisch-jugoslawischen Vertrag so übersichtlich macht. Die „österreichische" Jurisdiktionsformel findet sich im Art. 41 III 1, die „österreichische" Vorschrift über den ordre public in wortreicherer Fassung im Art. 41 III 4. Der Zweitrichter hat nämlich zu prüfen: „ob durch die Bewilligung und den Vollzug der Exekution nicht eine Handlung erzwungen werden soll, die nach den Vorschriften des Staats, in dem die Exekution bewilligt oder vollzogen werden soll, verboten ist oder nicht erzwungen werden kann, oder ob durch die Bewilligung und den Vollzug der Exekution nicht ein Rechtsverhältnis anerkannt oder ein Anspruch zur Geltung gebracht werden soll, die der Souveränität des ersuchten Staates oder den guten Sitten widersprechen oder nach dem Rechte des ersuchten Staates nicht klagbar oder vollstreckbar sind."

Verträge mit der österreichischen

Jurisdihtionsformel

89

Diese ordre-püblic-Klausel hat aber durch ihre Erweiterung gegenüber dem Vorbild nicht gewonnen, obgleich auch die Zusätze teilweise schon in der österreichischen Exekutionsordnung von 1896 enthalten sind (§ 81 Ziff. 2). Zunächst ist der erste Halbsatz im zweiten mitenthalten; denn zu den nicht vollstreckbaren Ansprüchen des zweiten Halbsatzes gehören auch die Ansprüche auf Vornahme von Handlungen, die nach dem ersten Halbsatz nicht erzwungen werden können. Aber auch der Hinweis auf die „Souveränität" des Zweitstaates in Verbindung mit dem Hinweis auf die guten Sitten dürfte im Endergebnis kaum etwas anderes besagen als die „Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit" des österreichischen Vorbildes. Außerdem ist es nicht gut, Widerspruch mit den guten Sitten und mangelnde Klagbarkeit oder Vollstreckbarkeit einander gegenüber zu stellen, da einem den guten Sitten widersprechenden Anspruch ohne weiteres die Klagbarkeit mangelt. 3. I t a l i e n — J u g o s l a w i e n , T s c h e c h o s l o w a k e i . Noch mehr vom österreichisch-serbischen oder österreichisch-bulgarischen Vorbild von 1911 entfernen sich die drei nahezu gleichlautenden, am 6. April 1922 zu Rom unterzeichneten Verträge Italiens mit Jugoslawien, der Tschechoslowakei und mit Österreich. Obgleich aber der Stil dieser kurzen Verträge ganz romanisch-italienisch ist und deutlich die Nähe der Fassung des Art. 941 des Codice di procedura civile von 1919 verrät, ist doch die Jurisdiktionsformel dem österreichischen Staatsvertragsrecht entnommen. Erste Voraussetzung für die Anerkennung eines Ersturteils im Zweitstaat ist nämlich nach A r t . i Ziff. 1: „che, secondo le norme vigenti nello Stato in cui la decisione è prodotta, le autorità giudiziarie dello Stato in cui fu pronunciata potessero conoscere della controversia." Die übrigen Voraussetzungen sind: Rechtskraft des Urteils, gesetzmäßige Ladung, Vertretung, Säumigerklärung der Parteien, Einklang mit der öffentlichen Ordnung und dem inneren öffentlichen Rechte des Zweitstaates. Ferner darf das Urteil nicht im Widerspruch mit einer in der gleichen Sache ergangenen Entscheidung eines Zweitgerichtes stehen. Die Verträge versäumen zu bestimmen, wann spätestens diese Entscheidung ergangen sein muß, und weichen damit einer Frage aus, deren vertragliche Lösung nottut. Die österreichischen Verträge, so der österreichisch-jugoslawische von 1928 im Art. 49 I 5, drücken sich so aus, die verpflichtete Partei könne einwenden, „daß nach der Gesetzgebung des Ortes der Zwangsvollstreckung dem Ansprüche, wegen dessen die Zwangs-

90

§ p. Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates

Vollstreckung stattfinden soll, die Einrede der entschiedenen Sache im Wege steht", und deuten damit wenigstens an, daß die Zweitgesetzgebung zu entscheiden hat, ob von zwei sich widersprechenden, in der gleichen Angelegenheit ergangenen Urteilen das frühere oder das später erlassene, das früher oder das später rechtskräftig gewordene Urteil Geltung haben soll. Die römischen Verträge von 1922 behandeln zunächst (1) die Rechtskraftwirkung der in Zivil- und Handelssachen ergangenen Ersturteile, mit Einschluß der vollstreckbaren Verfügungen (5 a), und dann (2) deren Vollstreckbarerklärung für die Zwangsvollstreckung und die Eintragung in öffentlichen Büchern durch ein Delibationsurteil, „giudizio di delibazione", der bekannte 1 italienische Ausdruck für die Erteilung des Exequatur. Art. 3 schützt den im Erstverfahren für säumig erklärten Beklagten, falls er auch im Delibationsverfahren nicht erscheint, es sei denn, daß ihm die Ladung für dieses Verfahren persönlich oder in gleichwertiger Form zugestellt wurde. Trifft dies nicht zu. so kann er gegen das Delibationsurteil Einspruch einlegen. Beides — Gestattung eines gleichwertigen Ersatzes für die persönliche Zustellung, Zulassung bloß des Einspruchs gegen das Delibationsurteil statt dessen völliger Versagung — sind starke Abweichungen vom damaligen italienischen Prozeßrecht (Art. 941 § 3 1 Cod. d. proc. civ. in der Fassung von 1919) zugunsten des auswärtigen Klägers. Für das Delibationsverfahren verweisen die Verträge auf die Zweitgesetzgebung (4), enthalten aber einige Formvorschriften für die Vorlegung der Exekutionstitel (6) und Bestimmungen über die Erstreckung des im Erststaat bewilligten Armenrechts auf das Verfahren im Zweitstaat (7). 4. Ö s t e r r e i c h — T ü r k e i . Als letzter Ausläufer der österreichischen Verträge von 1911 sei an dieser Stelle der österreichisch-türkische Vertrag von 1930 über die wechselseitigen rechtlichen Beziehungen erwähnt, dem aber mittelbar Italien, wie ein Vergleich mit dem italienisch-türkischen Vertrag von 1926 ergibt, seinen besonderen Stempel aufgedrückt hat. Dies besondere Italienische ist die Vorschrift des Art. 19, daß bei gewissen groben Mängeln des Ersturteils, die nach italienischem Prozeßrecht von 1865 (Cod. 494) eine Wiederaufnahme des Verfahrens durch Revokationsklage rechtfertigen würden, das Zweitgericht „den Streit neuerlich zur Gänze zu überprüfen hat", nämlich dann, wenn der Beklagte einen der folgenden Umstände geltend macht: 1

Vgl. oben S. 83 Anm. 1.

Verträge mit der österreichischen

Jurisdiktionsformel

91

1. „daß die Entscheidung auf eine bösliche Handlungsweise der anderen Partei zurückzuführen ist ; 2. daß die Entscheidung sich auf Urkunden stützt, die von der Gerichtsbehörde für gefälscht erklärt worden sind; 3. daß nach der Fällung der Entscheidung eine entscheidende Urkunde zum Vorschein gekommen ist, die durch Verschulden der anderen Partei nicht früher vorgelegt worden ist ; 4. daß die Entscheidung unmittelbar auf einem Tatsachenirrtum beruht, der sich aus den Akten und Urkunden des Rechtsstreites ergibt." Art. 18 Ziff. 1 enthält die österreichische Jurisdiktionsformel, aber mit dem Zusatz, daß, sofern die rechtlichen Erwägungen, aus denen sich das Gericht für zuständig erachtet hat, nicht aus dem Wortlaute der Entscheidung selbst hervorgehen, sie durch eine Bestätigung des Erstgerichts dargetan werden können. Im übrigen verlangt der Vertrag gehörige Ladung des Beklagten, gesetzmäßige Vertretung oder Säumigerklärung der Parteien, wofern der Gegner hierin einen Mangel geltend macht, Rechtskraft und jederzeitige Vollstreckbarkeit des Ersturteils im Erststaat, zu deren Nachweis eine Bescheinigung des Erstgerichts genügt, Einklang mit der öffentlichen Ordnung und den Grundsätzen des öffentlichen Rechts des Zweitstaates. Ferner darf das Ersturteil nicht den Personen- oder Familienstand betreffen. Das Verhältnis zu parallelen Entscheidungen und Prozessen ist nach dem Vorbild des italienisch-türkischen Vertrags von 1926 und Art. 941 § 1 Ziff. 6 u. 7 des Cod. d. proc. civ., Fassung von 1919, so geregelt, daß die Erstentscheidung nicht mit einer denselben Gegenstand zwischen den gleichen Parteien betreffenden Entscheidung eines Gerichts des Zweitstaates in Widerspruch stehen darf, auch darf nicht vor einem Gerichte des Zweitstaates ein anderer Rechtsstreit über den gleichen Gegenstand zwischen den gleichen Parteien in dem Zeitpunkt anhängig sein, in dem der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zugestellt worden ist. Die Abhängigkeit des Vertrages vom italienisch-türkischen Vorbild geht soweit, daß er, wie dort, die ausdrückliche Bestimmung enthält (18, 8), die vom Erstgericht entschiedene Angelegenheit dürfe „nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des ersuchten Landes fallen", obgleich sich dies bei der österreichischen Jurisdiktionsformel (18, 1) von selbst versteht; denn zuständig ist danach das Erstgericht ohnehin nur dann, wenn die Rechtssache nach dem Rechte des Zweitstaates „bei einem Gerichte des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte." Im italienisch-türkischen Vertrage (19 I 1) verweisen die vertragschließenden Staaten bei der Jurisdiktionsfrage u. a. auf

92

§ ç.

Verweisung

auf die Gesetzgebung

des

Zweitstaates

die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts, „les principes généraux du droit international", denen gegenüber der Vorbehalt für ausschließliche Gerichtsstände des Zweitstaates durchaus sinnvoll ist. Der Vertrag enthält Vorschriften nur für die „Vollstreckungsrechtshilfe" und gleicht auch hierin dem italienisch-türkischen Vorbild. c) V e r t r ä g e m i t der J u r i s d i k t i o n s f o r m e l des H a a g e r E n t w u r f s v o n 1 9 2 5 Der österreichischen Jurisdiktionsformel verwandt, aber negativ gefaßt, ist die Jurisdiktionsformel des Haager Entwurfs von 1925. Man findet sie in reiner Form bei fünf Verträgen, die sich auch sonst eng an das Haager Vorbild anschließen. Die Haager Formel verlangt, daß für den in Frage kommenden Rechtsstreit die vom Rechte des Zweitstaates zugelassenen Regeln über internationale Zuständigkeit die Jurisdiktion des Erststaates nicht ausschließen. Die Tragweite dieser Jurisdiktionsformel wird später zu untersuchen sein. An dieser Stelle genüge der Hinweis, daß die Formel nicht, wie die negative Fassung vermuten lassen könnte, nur einen Vorbehalt für die ausschließlichen Zuständigkeiten des Zweitstaates enthält. Ein Zweitstaat kann es z. B. als höchst unbillig empfinden, daß der Beklagte, nur weil der Kläger die Staatsangehörigkeit des Erststaates besaß, im Erststaat verurteilt werden konnte, und kann aus diesem Grunde die Jurisdiktion des Erststaates selbst dann ausschließen, wenn für den Rechtsstreit kein zweitstaatlicher Gerichtsstand gegeben ist. Die Feststellung ist wichtig, weil es Staatsverträge gibt, die wirklich nur die ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates von der Jurisdiktion des Erststaates ausnehmen. Die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung eines erststaatlichen Urteils im Zweitstaat nach den Haager Regeln sind : Einklang des Urteils mit der öffentlichen Ordnung und den Grundsätzen des öffentlichen Rechts im Zweitstaat, Rechtskraft des Urteils nach dem Rechte des Erststaates, im Falle eines Versäumnisurteils Säumigerklärung der Partei nach den Gesetzen des Erststaates und den zwischen den Vertragsstaaten geltenden staatsvertraglichen Bestimmungen. Ausdrücklich ist bestimmt, daß sich die Prüfung des Zweitgerichts auf diese vier Punkte beschränkt, daß aber das Zweitgericht die vier Punkte von Amts wegen zu prüfen hat. Der Haager Mustervertrag stellt die vier genannten Voraussetzungen zunächst für die A n e r k e n n u n g des Ersturteils auf. Sie

Verträge mit der Jurisdiktionsformel

des Haager Entwurfs

von ^925

93

gelten aber auch für die Vollstreckbarerklärung, nur daß hier außerdem noch die Vollstreckbarkeit des Ersturteils im Erststaat verlangt wird. Die Partei, die das Ersturteil in irgend einer Form im Zweitstaat geltend macht, muß eine Ausfertigung des Urteils vorlegen, die den für den Beweis seiner Echtheit nötigen Anforderungen genügt, dann Urkunden zum Nachweise der Rechtskraft und, wenn nötig, der Vollstreckbarkeit des Urteils, eine Urkunde über die Ladung der säumigen Partei, endlich eine beglaubigte Übersetzung der genannten Urkunden. Für die Anwendung des Staatsvertrags kommt es auf die Staatsangehörigkeit der Partei nicht an. Diese Haager Regeln findet man nahezu unverändert in fünf Verträgen wieder: dem s c h w e i z e r i s c h - t s c h e c h o s l o w a k i s c h e n Vertrag von 1926, dem s c h w e i z e r i s c h - ö s t e r r e i c h i s c h e n von 1927, dem t s c h e c h o s l o w a k i s c h - g r i e c h i s c h e n von 1927, dem t s c h e c h o s l o w a k i s c h - p o r t u g i e s i s c h e n von 1927 und dem t s c h e c h o s l o w a k i s c h - s p a n i s c h e n von 1927. Trotzdem weichen die Verträge in einigen Punkten voneinander ab. 1. S c h w e i z — T s c h e c h o s l o w a k e i , Ö s t e r r e i c h . Die beiden schweizerischen Verträge berücksichtigen die Eigentümlichkeit der schweizerischen Bundesverfassung (Art. 59), daß der zahlungsfähige, in der Schweiz wohnende Schuldner grundsätzlich an seinem Wohnsitz verklagt werden muß, den Gerichtsstand des Wohnsitzes also als einen ausschließlichen Gerichtsstand geltend machen kann. Der Grundsatz erleidet eine Reihe von Ausnahmen, die in den Verträgen selbst aufgeführt sind: freiwillige Unterwerfung des Beklagten unter einen anderen Gerichtsstand, vorbehaltlose Einlassung des Beklagten auf den vor einem andern Gericht anhängig gemachten Rechtsstreit, Gerichtsstand der Widerklage, Gerichtsstand der geschäftlichen Niederlassung oder Zweigniederlassung. Außerdem gilt der Grundsatz nicht für familien- oder erbrechtliche Ansprüche, für dingliche oder gemischte (österr. Vertrag: pfandrechtlich gesicherte )Rechte. Da auf diese Weise der schweizerische Schuldner besser gestellt würde als der tschechoslowakische oder österreichische Schuldner, fingieren beide Verträge die Geltung der schweizerischen Verfassungsbestimmung für das Gebiet der Tschechoslowakei und Österreichs, obgleich dem inneren Recht dieser beiden Rechtsgebiete eine solch starke Bevorzugung des Wohnsitzgerichtsstandes fremd ist. Beide Verträge enthalten dann noch Bestimmungen über den Kreis der Entscheidungen, auf die sich die Anerkennung und Voll-

94

§ g. Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates

Streckung beziehen sollen. Insbesondere schließen beide Verträge die in einem Strafverfahren ergangenen Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche von der Berücksichtigung aus. Beide Verträge legen sich endlich rückwirkende Kraft bei: sie sind auch auf solche gerichtliche Entscheidungen anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des Vertrages erlassen worden sind. 2 . T s c h e c h o s l o w a k e i — G r i e c h e n l a n d , P o r t u g a l , Spanien. Die drei übrigen tschechoslowakischen Verträge umfassen, wie dies auch im Zusatzprotokoll des schweizerisch-tschechoslowakischen Vertrages ausdrücklich festgestellt wird, nicht nur Akte der streitigen, sondern auch solche der f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t . Auch hier werden die im Laufe eines Strafverfahrens ergangenen Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche von der Berücksichtigung im Zweitstaat ausgenommen. Den drei Verträgen eigentümlich aber ist die — übrigens schon in einem der alten Österreich-ungarischen Verträge, dem mit Serbien von 1881 (Art. 13 IV), zutage getretene — Sorge um eine tunlichste B e s c h l e u n i g u n g des V e r f a h r e n s . Für die Prüfung der Einwendung der res judicata wie auch für die Prüfung des Ersturteils im Exequatur-Verfahren wird dem Zweitrichter eine Frist von zwei Monaten gesetzt, gerechnet von dem Tage, an dem er in den Besitz der Akten gelangt ist (2 II, 3 II). Doch auch abgesehen von der Beschleunigung der Vollstreckbarerklärung selbst suchen die drei Verträge den Gläubiger nach Möglichkeit zu schützen. Noch während schwebenden Exequatur-Verfahrens kann das Zweitgericht zugunsten des Gläubigers sichernde Maßnahmen treffen. Es kann dies sogar vor Eintritt der Rechtskraft des Ersturteils tun. Ja, solche sichernde Maßnahmen sind sogar möglich, noch ehe im Erststaat Klage erhoben oder ein Urteil gesprochen wurde. d) B l o ß e r V o r b e h a l t der a u s s c h l i e ß l i c h e n Z u s t ä n d i g k e i t eines zw e i t s t a a t l i c h e n G e r i c h t s 1. A u s d r ü c k l i c h e r V o r b e h a l t : T s c h e c h o s l o w a k e i - R u m ä n i e n , B u l g a r i e n , Polen ; D e u t s c h e s R e i c h - Ö s t e r r e i c h . Die soeben geschilderten Beschleunigungsmaßnahmen sind eine ausgesprochen tschechoslowakische Eigentümlichkeit; denn sie begegnen auch in den Verträgen über gegenseitigen Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen der Tschechoslowakei und Rumänien von 1925 und zwischen der Tschechoslowakei und Bulgarien von 1926, die im übrigen mit dem früher besprochenen tschechoslowakisch-jugoslawischen Vertrage von 1923 verwandt sind. Eigenartig ist das Schwanken in der Bemessung der Frist für die Beendigung des Exe-

Bloßer Vorbehalt der ausschließlichen Zuständigkeit eines zweitstaatlichen Gerichts

95

quaturverfahrens. Bei den soeben besprochenen Verträgen mit Griechenland, Portugal und Spanien waren es zwei Monate, bei dem Vertrage mit J u g o s l a w i e n und auch dem mit B u l g a r i e n sind es dreißig Tage. Den äußersten Grad von Beschleunigung sieht der Vertrag mit R u m ä n i e n vor, wenn er dem Zweitgericht nur 15 Tage Frist für die Prüfung der etwa vorhandenen Versagungsgründe zubilligt. Allerdings darf man zweifeln, ob der Zweitrichter immer in der Lage sein wird, diese kurze Frist einzuhalten. Das den Verträgen mit Rumänien und Bulgarien Eigentümliche aber ist die Fassung der Jurisdiktionsformel in ihnen (Rum. 46, 3a; Bulg. 24, 4 a). An sich verweisen die Verträge auf die Erstgesetzgebung. Das Zweitgericht prüft, ob die Zuständigkeit des Erstgerichts als begründet nach der Erstgesetzgebung angesehen werden kann, oder, nach dem französischen Urtext des Vertrages mit Rumänien : ,, si la compétence du tribunal qui a décidé l'affaire peut être considérée comme fondée d'après les lois de l'Etat où le titre exécutoire a été établi." Doch soll es, wie sich die amtliche deutsche Übersetzung1 ausdrückt, ,,in dieser Hinsicht" genügen, wenn nach der geltenden Zuständigkeitsgesetzgebung des Zweitstaates kein Zweitgericht für die Entscheidung des fraglichen Rechtsstreites ausschließlich zuständig war. Der französische Urtext fährt allerdings etwas anders fort: „ D a n s ce cas, il suffira que d'après les prescriptions sur la compétence judiciaire en vigueur dans l'Etat saisi de la demande d'autorisation et d'exécution, aucun tribunal de cet Etat n'ait été exclusivement compétent pour juger l'affaire en question." Man hat also hiernach den Eindruck, daß zweierlei verlangt wird: 1. Zuständigkeit des Erstgerichts nach der Erstgesetzgebung, 2. außerdem, wenn die Voraussetzung zu 1 zutrifft, Einklang dieser Zuständigkeit mit den ausschließlichen Gerichtsständen des Zweitstaates. Allerdings wäre dieser Gedanke schief ausgedrückt. Warum, so fragt man sich, soll es gerade bei Befolgung der Zuständigkeitsvorschriften des Erststaates „genügen", daß für die Entscheidung kein Zweitgericht ausschließlich zuständig war. Dies wird doch der Zweitstaat unter allen Umständen verlangen. So muß man den vertragschließenden Staaten wohl zugute halten, daß sie sich bei der Festlegung des amtlichen Vertragstextes einer ihnen beiden fremden Sprache, der französischen, bedient und sich daher so ausgedrückt haben, wie es ein Franzose nie getan hätte. Die für die 1

Prager Archiv für Gesetzgebung und Rechtsprechung 8 (1926) 769:9 (1927) 1207.

96

§ g. Verweisung

auf die Gesetzgebung

des

Zweitstaates

deutschsprechende Bevölkerung der Tschechoslowakei hergestellte amtliche deutsche Übersetzung ist daher klüger als ihre Vorlage und entspricht auch besser dem tschechischen Text des in tschechischer und bulgarischer, nicht französischer, Sprache abgefaßten tschechoslowakisch-bulgarischen Vertrages. Die vertragschließenden Staaten erkennen in vollem Umfange die beiderseitige Zuständigkeitsgesetzgebung, so, wie sie vom Erstrichter ausgelegt wird, als für den Zweitrichter bindend an und machen nur den einen Vorbehalt, daß für den Rechtsstreit kein zweitstaatliches Gericht nach der Zweitgesetzgebung ausschließlich zuständig gewesen sein darf. N u r diese letzte Frage darf der Zweitrichter prüfen. In diesem Sinne hat sich auch das Prager Justizministerium der Brünner Handelskammer gegenüber geäußert 1 und in diesem Sinne regelt die Jurisdiktionsfrage auch der neueste tschechoslowakische Staatsvertrag, der mit Polen von 1949 im Art. 33 Abs. 1 Ziff. 1, der bestimmt, daß ein Ersturteil nicht anerkannt werde, ,,si en vertu des dispositions de la présente convention ou de la loi de la Partie sur le territoire de laquelle la décision doit être reconnue, les tribunaux de cette Partie sont exclusivement compétents" 2 . Ähnlich bestimmte der deutsch-österreichische Staatsvertrag von 1923 in den Artikeln 25 Abs. 2 Ziff 1 und 34, daß Ersturteile nicht vollstreckt oder anerkannt würden, ,,wenn nach den Gesetzen des Vollstreckungsstaats in diesem Staate ein ausschließlicher Gerichtsstand für die Rechtsstreitigkeit besteht". 2. S t i l l s c h w e i g e n d e r V o r b e h a l t : I t a l i e n — S a n M a r i n o , S p a n i e n — C o l u m b i e n . An dieser Stelle verdienen auch die Verträge Italiens mit San Marino (1939) und Spaniens mit Columbien (1908) Erwähnung. Beiden Verträgen fehlt allerdings jegliche Jurisdiktionsformel, so daß man zunächst meinen könnte, der Zweitrichter dürfe die Jurisdiktionsfrage überhaupt nicht aufwerfen. Aber beide Verträge enthalten einen Vorbehalt für die öffentliche Ordnung (It. —S. Ma. 5,4) oder für die geltenden Gesetze (Sp.—Col. 1, 2) des Zweitstaates. In den fortgeschritteneren Verträgen mag es verpönt sein, solche Bestimmungen über den ordre public auf die Jurisdiktionsfrage anzuwenden 3 . Aber wenn eine Jurisdiktionsklausel gänzlich fehlt, ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Vertragsstaaten mit der ordre-public-Klausel auch ihre ausschließlichen Zuständigkeiten vorbehalten wollten. 1 Vgl. Juristenzeitung für das Gebiet (1926) 192. 2 U N . 31, S . 203. 3 Vgl. Belg.-Nied. 11 II.

der

tschechoslowakischen Republik 7

97

[ talien— Türkei § io. Doppelte Verweisung: auf „ d i e allgemeinen Grundsätze des internationalen R e c h t s " und auf die Gesetzgebung des Erststaates

I t a l i e n — T ü r k e i . Der italienisch-türkische Vertrag von 1926 über gerichtlichen Schutz, Rechts- und Vollstreckungshilfe begegnete bereits 1 als Vorläufer des österreichisch-türkischen Vertrages von 1930, mit dem er viele Bestimmungen gemein hat. Aber in der für unsere Einteilung der Verträge wesentlichen Jurisdiktionsfrage geht er seine eigenen, nur ihm eigentümlichen Wege. Der Vertrag verlangt nämlich im Art. 1 9 1 1 , daß der Erstrichter sowohl nach den allgemeinen Grundsätzen des internationalen Rechts als auch nach den Gesetzen des Erststaates zuständig gewesen sein muß, oder, nach den Worten des französisch abgefaßten Vertragstextes, „que la décision ait été rendue par une autorité judiciaire compétente à la rendre selon les principes généraux du droit international et selon les lois du pays où la décision même a été rendue." Diese Häufung der Voraussetzungen für die Beachtlichkeit des Ersturteils im Zweitstaat ist dem Art. 941 § 1 Ziff. 1. u. 2 des italienischen Codice di procedura civile in der Fassung von 1919 entnommen und bei staatsvertraglicher Regelung durchaus ungewöhnlich. Was der italienisch-türkische Vertrag unter den „principes généraux du droit international" versteht, ob überstaatliche Rechtsgrundsätze oder die in den Vertragsstaaten für die internationalen Rechtsbeziehungen geltenden Rechtsgrundsätze, läßt sich aus dem Vertragstext nicht mit Sicherheit beantworten. Wir werden auf die Frage später zurückkommen 2 . § 11. Vertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände

Noch befinden wir uns im Bereiche der bloßen Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage. Die vertragliche Anerkennung bestimmter Gerichtsstände bedeutet also noch keine Befolgungsregeln für den Erstrichter, sondern nur Regeln für die Beurteilung der erststaatlichen Jurisdiktion durch den Zweitrichter. Wann dieser Typus von Verträgen erstmalig aufkam, läßt sich schwer sagen, weil man früher auf den Unterschied von Beurteilungs- und Befolgungsregeln, von indirekter oder direkter Zuständigkeit umso weniger achtete, als die gemeinsam anerkannten Gerichtsstände auch dem inneren Recht beider Vertragsstaaten zu entsprechen pflegten. Dies war bei den Verträgen der deutschen Länder untereinander zwischen 1821 und 1848 der Fall 3 , und auch der französisch-badische Ver1

7

Oben S. 9off.

2

Vgl. unten S.

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. T.

3

Oben S. 8ff.

98

§ iz.

Vertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände

trag vom 16. April 1846 mit seinen Gerichtsständen des Wohnsitzes, der belegenen Sache, der Eröffnung der Erbschaft, der Gesellschaft und des fingierten Wohnsitzes war in diesem Sinne zu deuten1. Zum klaren Ausdruck aber kam der Gedanke einer vertraglichen Anerkennung bestimmter Gerichtsstände nur für die Beurteilung der Jurisdiktionsfrage durch den Zweitrichter erst in den beiden Verträgen der Österreich-ungarischen Monarchie von 1 9 1 1 : dem Vertrage mit Serbien vom 30./17. März 1 9 1 1 und dem Vertrage mit Bulgarien vom 31. Mai 1911. a) V e r t r ä g e des österreichischen R e c h t s k r e i s e s 1. Ö s t e r r e i c h — B u l g a r i e n , U n g a r n — B u l g a r i e n . Aus dem einheitlichen Rechtshilfevertrag zwischen Österreich-Ungarn und Bulgarien von 1 9 1 1 sind durch die Auflösung der österreichisch-ungarischen Gesamtmonarchie zwei gleichlautende Verträge geworden: der zwischen Österreich und Bulgarien und der zwischen Ungarn und Bulgarien. Der Unterschied zwischen beiden Verträgen ist nur der, daß Österreich und Bulgarien die Weitergeltung des Vertrages von 1 9 1 1 durch Vertrag vom 20. Oktober 1922 ausdrücklich vereinbarten und bei dieser Gelegenheit das Schlußprotokoll von 1 9 1 1 für die Weitergeltung ausnahmen. Der Vertrag regelt die Vollstreckungshilfe (11) und die Rechtskraftwirkung (25) im Rahmen eines umfassenden Rechtshilfevertrags. Er bezieht sich nur auf vermögensrechtliche Ansprüche unter Ausschluß des Eigentums und anderer dinglicher Rechte an unbeweglichen Gütern, die im Zweitstaat gelegen sind. Dem Vertrage eigentümlich ist die wohl abgewogene Systematik. An erster Stelle, für alle Vollstreckungstitel geltend, steht der „österreichische" Vorbehalt für den ordre public2. Für gerichtliche Entscheidungen verlangt der Vertrag außerdem Zuständigkeit des Erstgerichts und Rechtskraft sowie Vollstreckbarkeit der Entscheidungen. Die Zuständigkeit des Erstgerichts wird zunächst ganz allgemein durch die österreichische J u r i s d i k t i o n s f o r m e l 3 umschrieben. Die Zuständigkeit des Erstgerichts gilt für begründet, ,,wenn die Rechtssache nach den Gesetzen des ersuchten Staates bei einem Gerichte des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte". Dann aber heißt es weiter: „Unter allen Umständen gilt die Zuständigkeit in folgenden Fällen für begründet:" 1 PILLET 5 8 f f . ; Trib. de Colmar 9. Juni 1 9 2 3 , R e v . jur. d'Alsace et de Lorraine 5 (1924) 87 fi. ä 3 Vgl. oben S. 88. Vgl. oben S. 87.

Verträge des österreichischen

Rechtskreises

99

Und nun folgen vier Gerichtsstände: der des Zahlungsortes für Wechsel- und Scheckstreitigkeiten, der Gerichtsstand der Widerklage, der des Erfüllungsorts, der vereinbarte Gerichtsstand (15). Zu den beiden letzten Gerichtsständen finden sich im Schlußprotokoll von 1911 Erläuterungen, die aber im österreichisch-bulgarischen Vertrag von 1922 gestrichen wurden und daher nur noch im Verhältnis zwischen Ungarn und Bulgarien fortgalten; sie betreffen den Gerichtsstand der Faktura und des Ortes der Führung eines Handelsbuches. Die staatsvertraglichen Gerichtsstände sind also nur als B e i s p i e l e gedacht. Neben ihnen gelten auch die sonstigen, vom Rechte des Zweitstaates zugelassenen erststaatlichen Gerichtsstände. Nun kommt eine weitere Eigentümlichkeit des Staatsvertrages. Außer dem Verstoße gegen den ordre public, der fehlenden Jurisdiktion des Erststaates, der mangelnden Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Ersturteils, gibt es noch eine Reihe von Mängeln, die das Zweitgericht n u r a u f W i d e r s p r u c h d e r v e r p f l i c h t e t e n P a r t e i berücksichtigt: mangelhafte Ladung, wenn sich der Beklagte nicht auf den Prozeß eingelassen hat; andere Unregelmäßigkeiten des Verfahrens, die es dem Vollstreckungsschuldner unmöglich machten, sich am Verfahren zu beteiligen; nachträgliches Erlöschen der Vollstreckbarkeit des Ersturteils nach Maßgabe der Erstgesetzgebung; Einrede der entschiedenen Sache nach Maßgabe der Zweitgesetzgebung. Der Widerspruch muß innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Vollstreckungsbeschlusses vorgebracht werden, auch wenn er von Amts wegen zu prüfende Fragen betrifft, dem Zweitgericht also falsche Beurteilung dieser Frage bei Erlassung des Vollstreckungsbeschlusses vorgeworfen wird. Nur der Hinweis auf den ordre public, das Erlöschen der Vollstreckbarkeit und den Widerspruch zu einer rechtskräftig anderweit entschiedenen Sache ist an keine Frist gebunden. Dem Vollstreckungsgläubiger steht es frei, den Antrag auf Vollstreckung im Zweitstaat unmittelbar zu stellen oder sich dabei der Hilfe des erststaatlichen Gerichts zu bedienen. Im letzten Falle hat das Zweitgericht auf Verlangen des ersuchenden Gerichts dem betreibenden Gläubiger einen Vertreter zu bestellen, für dessen Gebühren das ersuchende Gericht aufkommt. Auch sonst ist der Vertrag bemüht, dem betreibenden Gläubiger, zunächst wenigstens, die Sorge um die Aufbringung der Kosten der Zwangsvollstreckung zu nehmen, insbesondere darf die Vollstreckung wegen Nichtzahlung von Gebühren nicht verzögert werden (24). Überhaupt ist es das offenbare Hauptziel des Vertrages, dem Gläubiger möglichst bald zu seinem Rechte zu verhelfen. „Über die Zulässigkeit der 7'

100

§ Ii.

Vertragliche

Festlegung

bestimmter

Gerichtsstände

Zwangsvollstreckung entscheidet die zuständige Behörde des ersuchten Staates ohne Einvernehmung des Verpflichteten" (19 I). „Wurde die Zwangsvollstreckung bewilligt, so sind die nötigen Maßnahmen zu ihrem Vollzuge unverzüglich von Amts wegen zu treffen" (21 I). Auch wenn der Vollstreckungsschuldner Widerspruch gegen die Bewilligung der Zwangsvollstreckung erhebt, werden die Maßnahmen zur S i c h e r u n g des Gläubigers durchgeführt (21 III). Der Vertrag von 1911 legte sich im Schlußprotokoll r ü c k w i r k e n d e K r a f t für alle vor seinem Inkrafttreten gefällten Entscheidungen bei, machte jedoch für Versäumnisurteile eine Ausnahme. 2. J u g o s l a w i e n — B u l g a r i e n . Mit dem österreichisch-bulgarischen und dem ungarisch-bulgarischen Vertrag stimmt der jugoslawisch-bulgarische vom 26. November 1923 fast Wort für Wort überein. Dies ist auch ganz natürlich, da Bulgarien das Vorbild von 1911, aber auch Jugoslawien ein Vorbild von 1911 vorschwebte, nämlich der Vertrag zwischen Österreich-Ungarn und Serbien aus diesem Jahre. 3. Ö s t e r r e i c h u n d U n g a r n . Auch der Vertrag zwischen Österreich und Ungarn vom 10. Mai 1914, dessen deutsche Fassung nur in der Form einer Verordnung des österreichischen Justizministers vom 26. Oktober 1914 bekanntgegeben wurde, erinnert vielfach an die Vorbilder von 1911. Doch finden sich auch erhebliche Abweichungen. So regelt der Vertrag nur die Vollstreckungshilfe, nicht auch die Rechtskraftwirkung des Ersturteils. Eine Generalklausel zur Jurisdiktionsfrage fehlt, es muß einer der vertraglich aufgeführten Gerichtsstände gegeben sein; dafür nennt der Vertrag nicht weniger als 15 Gerichtsstände, nur möglich wegen der großen Verwandtschaft der beiden Gesetzgebungen. Das Ersuchen um Vollstreckungshilfe kann nur von einem Gerichte des Erststaates ausgehen, nicht von der Partei selbst. Erstmalig begegnet hier endlich ein Versagungsgrund für die Vollstreckungsbewilligung, wie er sonst nur den Verträgen des Deutschen Reiches eigentümlich ist, nämlich die Mißachtung gewisser V o r s c h r i f t e n d e s i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s durch den Erstrichter oder, wie es wörtlich heißt (14 I 2): „wenn in der Entscheidung bei der Beurteilung der Handlungs- oder Prozeßfähigkeit des Verpflichteten oder seiner gesetzlichen Vertretung oder aber bei der Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden Familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses oder der dafür maßgebenden Feststellung des Todes

Verträge des österreichischen

Rechtskreises

101

einer Person zum Nachteile des Verpflichteten andere als die nach dem Rechte des Vollstreckungsstaates anzuwendenden Gesetze zugrunde gelegt wurden." Der Zweitrichter beachtet jedoch diesen Versagungsgrund nicht von Amts wegen, sondern nur auf rechtzeitigen Widerspruch des Vollstreckungsschuldners . Nicht ganz einfach zu entscheiden ist, ob die 15 im Vertrage genannten Gerichtsstände wirklich nur der Beurteilung des Zweitrichters unterliegen oder ob sie nicht doch vielleicht auch eine Anweisung für den Erstricht er enthalten, also Befolgungsregeln bedeuten. Bei einzelnen Gerichtsständen sagt nämlich der Vertrag geradezu, in ihnen könne geklagt werden. Unter Ziff. 9 z. B. nennt Art. 3 den „Gerichtsstand des Schadensortes" und fährt erläuternd fort: „Klagen auf Ersatzleistung wegen einer Ereignung im Verkehre einer Eisenbahn oder auf Ersatz von Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges verursacht sind, können auch bei dem Gerichte erhoben werden, in dessen Sprengel das schädigende Ereignis stattfand." Indessen, diese und ähnliche Erläuterungen zu den einzelnen Gerichtsständen geben nur das in b e i d e n Staaten geltende Recht wieder 1 , und vor allem spricht eine staatsrechtliche Erwägung gegen die Möglichkeit erststaatlicher Befolgungsregeln. Als solche müßten sie unabhängig sein von der zufälligen Parallelität der Gesetzgebung und des Vertragsinhaltes; sie müßten auch dann gelten, wenn sich die autonome Gesetzgebung änderte, insbesondere den im Staatsvertrag genannten Gerichtsstand beseitigte. Eine solche Kraft kann aber der österreichisch-ungarische Vertrag für Österreich nicht haben, weil die Vereinbarung nur vom Ministerpräsidenten unterzeichnet wurde, ohne Mitwirkung des Kaisers und der Volksvertretung 2 . Noch eine andere Frage bedarf der Erörterung, da sie hier erstmalig auftritt. Art. 3 des Vertrages, der die 15 Gerichtsstände aufzählt, beginnt mit einer Formel, die sich ähnlich auch in späteren Verträgen anderer Staaten wiederfindet. Es heißt dort: „Die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen im Sinne des Artikels 1, Z. 1, kann gegen den Verpflichteten nur bewilligt werden, wenn einer der in den folgenden Ziffern 1 bis 15 bezeichneten Zuständigkeitsgründe bei dem erkennenden Gerichte vor1 Österr. Eisenbahn-Haftungsgesetz v. 5. März 1869 (§ 3 I), österr. Kraftfahrzeug-Haftungsgesetz v. 9. Aug. 1908 (§ 9), ung. Z P O v. 1911 (§ 37). 2 Vgl. die Angaben bei V O N S C H A U E R , Allg. österr. Gerichtszeitung 65 (1914) 188.

102

§ Ii. Vertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände

handen war und nicht ein Gericht des Vollstreckungsstaates ausschließlich zur Entscheidung zuständig ist." Es handelt sich um die letzte Bestimmung. An sich ist ihre Bedeutung klar. Aber es fragt sich, ob es den Vertragsstaaten gestattet ist, neue ausschließliche Zuständigkeiten, etwa nach Schweizer Muster für den Wohnsitz des Schuldners, einzuführen, oder ob nur die beim Abschluß des Vertrages vorhanden gewesenen ausschließlichen Gerichtsstände gemeint sein können. Letzte Ansicht 1 hätte manches für sich, da sonst jeder von den beiden Vertragsstaaten die Gerichtsstandsliste des Vertrages aushöhlen könnte. Andrerseits darf man annehmen, daß befreundete, durch einen Vertrag gebundene Staaten ihr autonomes Recht nicht mißbrauchen werden, und von dieser Annahme werden Staaten auch beim Abschluß eines Vertrages ausgehen, der dem autonomen Recht Spielraum läßt. Dieser Meinung gebührt der Vorzug, und sie erhält beim österreichisch-ungarischen Vertrage eine kräftige Stütze wieder von der Seite des Staatsrechtes her. Der österreichische Ministerpräsident, der den Vertrag ohne Mitwirkung des Kaisers und des österreichischen Parlaments abschloß, war gar nicht in der Lage, die NichtEinführung neuer ausschließlicher Gerichtsstände, ausschließlich auch im Verhältnis zu Ungarn, zuzusagen. Daher verweist die Bestimmung über ausschließliche Zuständigkeiten des Vollstreckungsstaates auch auf dessen künftige Gesetzgebung. b) Deutsches Reich — Schweiz, I t a l i e n Die soeben besprochene Jurisdiktionsformel begegnet auch in den beiden Staatsverträgen des Deutschen Reiches: dem mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft von 1929 2 und dem mit Italien von 1936. Das Zwischenglied zum österreichisch-ungarischen Vertrag von 1914 aber bildet der noch nicht wieder in Kraft gesetzte Vertrag des Deutschen Reiches mit Österreich von 1923. Allerdings verzichteten in diesem Vertrage die beiden Staaten auf die Nachprüfung der Jurisdiktionsfrage fast völlig. Vorbehalten blieben nur die ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates, und ausgenommen von der Anerkennung waren die Gerichtsstände des Vermögens und der Faktura (25). In diesem Punkte also war der Vertrag für die späteren Verträge des Deutschen Reiches nicht vorbildlich. Aber sonst finden sich Bestimmungen im Vertrage von 1 So S P E R L , Die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtssachen zwischen Österreich und Ungarn (1915) 23. 2 dessen Weitergeltung das Schweiz. Bundesgericht in seiner Entscheidung vom 9. März 1947 anerkennt: B G E 73 (1947) II 91 ff.

Deutsches Reich—Schweiz,

103

Italien

1923, die deutlich erkennen lassen, daß das Deutsche Reich von dem im Abschluß von Vollstreckungsverträgen erfahreneren österreichischen Bruderstaat gelernt hat. Die Verträge des Deutschen Reichs mit der Schweiz und mit Italien sind, anders als der österreichisch-ungarische Vertrag, nicht nur Vollstreckungs-, sondern auch Anerkennungsverträge. Diese doppelte Bedeutung kommt auch in der Überschrift: „Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen" zum Ausdruck. Der Vertrag mit Italien schwächt aber die Anerkennung der res judicata dadurch ab, daß er der Landesgesetzgebung die Einführung eines besonderen Anerkennungsverfahrens gestattet (1 II), eine ausgesprochen auf Italien gemünzte Bestimmung1. Beide Verträge regeln zunächst die Jurisdiktionsfrage für v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e Entscheidungen und bedienen sich dabei der aus dem österreichisch-ungarischen Vertrage bekannten Jurisdiktionsformel: es muß eine Zuständigkeit nach Maßgabe der einzeln aufgezählten Gerichtsstände begründet gewesen, es darf aber nach der Zweitgesetzgebung kein Zweitgericht, nach dem deutsch-italienischen Vertrag auch kein Drittgericht, ausschließlich zuständig gewesen sein. Die Liste der anerkannten Gerichtsstände ist im Vertrag mit der Schweiz bescheidener als im Vertrag mit Italien, sehr begreiflich, da die Schweiz wegen des verfassungsmäßig festgelegten Wohnsitzgerichtsstandes (Bundesverfassung Art. 59) auch bei bestem Willen kein großes Entgegenkommen zeigen kann2. Der Schweizer Vertrag kennt daher neben den in Sonderstaatsverträgen festgelegten Gerichtsständen nur die Gerichtsstände des Beklagtenwohnsitzes, der ausdrücklichen Vereinbarung, der vorbehaltlosen Einlassung auf den Rechtsstreit, der Niederlassung, der Widerklage; der italienische Vertrag außerdem die Gerichtsstände des Ortes der unerlaubten Handlung, der Staatsangehörigkeit des Erblassers bei Streitigkeiten zwischen den Erben, der belegenen Sache (2). Dabei sind die Gerichtsstände bald konkret, bald abstrakt gedacht. Beim vereinbarten Gerichtsstand z. B., den übrigens der italienische Vertrag nicht zuläßt, wenn beide Parteien dem Zweitstaat angehören und im Zweitstaat wohnen, muß das konkrete, in der Vereinbarung genannte Gericht gesprochen haben, beim Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes dagegen genügt es, wenn der Beklagte irgendwo im Erststaat seinen Wohnsitz hatte; Wohnsitz im Bezirke des Erstgerichts verlangen die Verträge nicht. Italien, freier als die durch 1

V g l . MORRELLI 398 f f .

2

Ü b e r die B e d e u t u n g

MANN 6 1 f f .

des A r t .

59 d e r S c h w e i z . B u n d e s v e r f a s s u n g

vgl.

KALL-

104

§ Ii. Vertragliche

Festlegung

bestimmter

Gerichtsstände

ihre Verfassung gebundene Schweiz, konnte auch vereinbaren, daß bei notwendiger Streitgenossenschaft der Beklagten der Wohnsitz eines der Beklagten im Erststaat genügt (2, 1). Ebenso konnte Italien mit dem Deutschen Reiche in einem umfangreichen Artikel (13) vereinbaren, was als Wohnsitz im Sinne des Abkommens zu verstehen ist. Daß aber alle diese Zuständigkeitsvorschriften nur als Beurteilungsregeln für den Zweitrichter, und nicht als Befolgungsregeln für den Erstrichter, gedacht sind, insbesondere nicht als negative Befolgungsregeln, die dem Erstrichter verbieten, sich außerhalb der aufgezählten Gerichtsstände für zuständig zu erklären, ergibt der klare Wortlaut der Verträge und ist auch schon in der Rechtsprechung anerkannt worden1. Bei n i c h t v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n Streitigkeiten, die immer eine crux zweiseitiger Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge bilden werden2, erkennen im deutsch-italienischen Vertrag beide Staaten die Jurisdiktion des Erststaates an, wenn die Parteien Angehörige des Erststaates waren oder dort ihren Wohnsitz hatten (3). Diese Regelung ist einfach und klar, aber unvollständig und wäre nur dann erträglich, wenn sie nicht abschließend sein wollte, sondern nur die auf jeden Fall anzuerkennenden Ersturteile im Auge hätte. Der deutsch-schweizerische Vertrag regelt die Frage auch nicht viel umfassender (3). Zwar behandelt er auch Urteile, die zwischen Angehörigen des Erststaates und solchen des Zweitstaates ergangen sind, und erklärt sie grundsätzlich für anerkennungswürdig, es sei denn, daß bei Beteiligung eines Angehörigen des Zweitstaates nach der Zweitgesetzgebung ein Gerichtsstand im Erststaat nicht begründet war. Aber alle Rechtsstreitigkeiten, an denen Angehörige eines Drittstaates beteiligt sind, übergeht auch er mit Stillschweigen. In diesem Punkte steht er sogar dem deutsch-italienischen Vertrage nach, weil letzter wenigstens den im Erststaat wohnenden Drittstaater mit umfaßt. Der Vorbehalt des o r d r e p u b l i c (4I) entspricht im Vertrag mit der Schweiz der österreichischen Formel3, der Vertrag mit Italien verlangt nur, daß die Entscheidung keine Bestimmungen enthält, die gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen. Dafür enthält dieser Vertrag einen ausdrücklichen Vorbehalt für eine in der gleichen Sache ergangene, widersprechende Entscheidung eines Gerichts des Zweitstaates (4 IV). Ebenso regelt nur der Vertrag mit Italien den Fall der Rechtshängigkeit (11): Die Gerichte jedes der beiden Staaten haben auf Antrag einer Partei die 1 K a m m e r g e r i c h t B e r l i n 3. D e z . 1931, S c h w e i z . J u r i s t e n z e i t u n g 28 236 ff. s V g l . o b e n S. 3 3 f f . 3 V g l . oben S. 88.

(1931/32)

Frankreich—Italien

105

Entscheidung über Ansprüche abzulehnen, wegen deren vor einem nach dem Abkommen zuständigen Gericht des andern Staates bereits ein Verfahren anhängig ist. Die österreichische Ahnenschaft für die beiden Verträge zeigt sich dann noch in der das i n t e r n a t i o n a l e P r i v a t r e c h t betreffenden Bestimmung über Handlungsfähigkeit, gesetzliche Vertretung, Familien- und Erbrecht, die schon im österreichisch-ungarischen Vertrage auffiel und dann, vorbereitet durch die weniger umfassenden Bestimmungen der deutschen ZPO (328 I 3), über den deutschösterreichischen Vertrag (25 III 1) Eingang auch in den deutschschweizerischen (4 II) und den deutsch-italienischen Vertrag (4 II) gefunden hat. Sehr genau gefaßt ist endlich die Bestimmung zum Schutze des säumigen Beklagten. Dem Ersturteil ist nach Art. 4 III beider Verträge die Anerkennung zu versagen, wenn die Zustellung der Klage an den Beklagten, der sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen hat, oder seinen zur Empfangnahme berechtigten Vertreter nicht rechtzeitig oder lediglich im Wege der öffentlichen Zustellung oder im Auslande auf einem anderen Wege als dem der Rechtshilfe bewirkt worden ist. Die Regelung ist hervorzuheben, weil sie den Beklagten besser schützt als eine Bestimmung, die nichts weiter verlangt als die Gesetzmäßigkeit der ersten Ladung. c) F r a n k r e i c h — I t a l i e n . Auch der umfangreiche und wohlüberlegte, das Konkursrecht mitumfassende Vertrag zwischen Frankreich und Italien von 1930, der sich ausdrücklich an die Stelle der früher in Rechtsprechung und Schrifttum viel erörterten Verträge von 1760 und 1860 setzte, erkennt die Wichtigkeit eines über die autonomen Bestimmungen hinausreichenden Schutzes des säumigen Beklagten (1, 4). Im Falle eines Versäumnisurteils muß den säumigen Teil die Ladung rechtzeitig e r r e i c h t haben („atteint en temps utile"). In der J u r i s d i k t i o n s f r a g e geht der Vertrag, abweichend von der österreichisch-ungarischen, der deutsch-schweizerischen und der deutsch-italienischen Regelung, wieder den Weg des österreichisch-bulgarischen Vertrages : vertraglich bestimmte Gerichtsstände u n d Generalklausel. Der Vertrag verlangt nämlich (1, 1): ,,que la décision émane d'une juridiction compétente selon les règles du titre II de la présente convention autant qu'elles sont appliquables ou, à défaut, selon les règles admises en la matière par la législation du pays où la décision est invoquée", verweist also subsidiär auf die Zweitgesetzgebung. In erster Linie gelten die vertragsmäßig festgelegten Gerichtsstände der Artikel

106

§ li.

Vertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände

io—18, die aber nur für den Zweitrichter von Bedeutung sind, also nur B e u r t e i l u n g s r e g e l n enthalten. Der Vertrag drückt sich so aus (10): „Les règles de compétence du présent titre n'ont pour objet que l'appliquation du n° i de l'article premier." Trotzdem bringt der Vertrag an späterer Stelle auch einige B e f o l g u n g s regeln. Bei Klagen eines Italieners in Frankreich und eines Franzosen in Italien darf sich der Richter nicht deshalb für unzuständig erklären, weil der Kläger ein Ausländer ist (29). Vor allem aber eine negative Befolgungsregel zwecks Ausschließung eines unerwünschten Gerichtsstandes (30) : wenn der beklagte Angehörige des Zweitstaates seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Zweitstaat hat oder wenn die Verpflichtung eines Angehörigen des Zweitstaates im Zweitstaat entstanden oder hier zu erfüllen ist, darf sich der Erstrichter nicht aus dem alleinigen Grunde für zuständig erklären, weil der Kläger dem Erststaat angehört. Gedacht ist an den berühmten Art. 14 Code Napoléon1: „L'étranger, même non résidant en France, pourra être cité devant les tribunaux français, pour l'exécutin des obligations par lui contractées en France avec un Français; il pourra être traduit devant les tribunaux de France pour les obligations par lui contractées en pays étranger envers des Français" und seine entsprechende Anwendung kraft Retorsionsrechtes in Italien nach Cod. d. pr. civ., Fassung von 1919, Art. 105 Ziff. 3: „Lo straniero che non ha residenza nel regno può essere convenuto davanti le autorità giudiziarie del regno, anchorchè non vi si trovi: 3. 0 in tutti gli altri casi in cui possa ciò farsi per reciprocità." Die Beteiligung Frankreichs als Vertragspartei verrät sich aber auch in der grundsätzlichen Beschränkung der Gerichtsstandsregelung auf die Fälle, in denen Franzosen und Italiener Kläger oder Beklagte sind. Diese Verbindung von J u r i s d i k t i o n und S t a a t s angehörigkeit findet sich schon im französisch-schweizerischen Vertrag von 1869, im französisch-belgischen von 1899 und im belgisch-niederländischen von 1925, hier allerdings durchweg in der Form von Befolgungsregeln, während der französisch-italienische Vertrag, von den genannten Ausnahmen abgesehen, nur Beurteilungsregeln aufstellt. Der Vertrag nennt an erster Stelle den Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten oder seines gewöhnlichen Aufenthalts; beim Vorhandensein mehrerer Beklagter genügt es, wenn einer von ihnen seinen Wohnsitz im Erststaat hat. Dann nennt der Vertrag den vereinbarten Gerichtsstand (domicile élu) 1 Über diese Bestimmung ausführlich NIBOYET, Traité de droit international privé français V I (1949) 2 9 3 f f .

Frankreich

—Italien

107

und als dessen Unterfall den der geschäftlichen Niederlassung, ferner den des Vertragsabschlusses oder der Vertragserfüllung, den der unerlaubten Handlung, den der belegenen Sache, bei Erbschaftsklagen den des Wohnsitzes des Erblassers, endlich den Gerichtsstand der Widerklage oder gewisser sonstiger, mit der Hauptklage zusammenhängender Klagen. Beim Gerichtsstand des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, beim vereinbarten Gerichtsstand und beim Gerichtsstand der Erbschaftsklage muß es sich um Streitigkeiten zwischen Franzosen und Italienern handeln („contestations entre Français et Italiens"), beim Gerichtsstand des Vertrages muß der Kläger ein Franzose oder ein Italiener sein, während bei den Gerichtsständen der unerlaubten Handlung und der belegenen Sache, wenigstens nach dem Wortlaut der Art. 15 und 16, die Staatsangehörigkeit der Parteien gleichgültig ist. Man vergesse bei all dem nicht, daß der Staatsvertrag für die Jurisdiktionsfrage noch eine Generalklausel enthält (1, 1), nach der in den Fällen, auf die der Abschnitt über Anerkennung genau bezeichneter Gerichtsstände keine Anwendung findet, über die Anerkennung eines erststaatlichen Gerichtsstandes die zweitstaatliche Gesetzgebung entscheidet, und daß diese Entscheidung auch bei Beteiligung von Angehörigen eines Drittstaates am Rechtsstreit vielfach nicht anders ausfallen wird als die für Italiener und Franzosen geltende Regelung des Vertrages. Die vertraglich festgelegten Gerichtsstände bezeichnen immer nur den S t a a t , dessen Gerichtsbarkeit damit anerkannt wird, nicht das k o n k r e t e G e r i c h t . Der Staatsvertrag führt diesen Gedanken mit unerbittlicher Folgerichtigkeit durch. Beim Gerichtsstand der unerlaubten Handlung z. B. drückt er sich so aus, daß die Klage auf Schadensersatz vor die Gerichte („devant les juridictions") des Staates gebracht werden könne, auf dessen Gebiet das schädigende Ereignis eintrat, nicht etwa nur vor das Gericht, in dessen Bezirk der Schaden entstand. Und ebenso ist die Regelung bei den anderen Gerichtsständen. Sicher auf italienischen Einfluß ist es zurückzuführen, daß der Vertrag im Art. 28 den W o h n s i t z b e g r i f f ausführlich erläutert. Das gleiche begegnete bereits beim deutsch-italienischen Vertrage. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Vertrag dem Verhältnis z w e i e r w i d e r s p r e c h e n d e r U r t e i l e sowie der Frage der R e c h t s h ä n g i g k e i t . Der Zweitrichter erkennt das Ersturteil nicht an, wenn es im Widerspruch steht zu einem über den gleichen Gegenstand bereits ergangenen („déjà prononcée") Urteil eines zweitstaatlichen Gerichts. In welchem Zeitpunkt das Urteil des Zweitgerichts ergangen sein muß, sagt allerdings der Vertrag nicht,

108

§ Ii.

Vertragliche Festlegung bestimmter

Gerichtsstände

auf diese Frage wird später zurückzukommen sein 1 . Ferner erkennt der Zweitrichter das Ersturteil nicht an, wenn der gleiche Streit zwischen den gleichen Parteien vor Erlassung des Ersturteils bereits vor einem Gerichte des Zweitstaates anhängig war (i, 5). Hiernach scheint es für den Schuldner ein leichtes zu sein, die Anerkennung des drohenden erststaatlichen Urteils im Zweitstaat dadurch zu verhindern, daß er nach Beginn des Erstverfahrens, aber vor Erlassung des Ersturteils, im Zweitstaat eine negative Feststellungsklage dahin erhebt, daß er dem Gläubiger nichts schuldet. Dies hindert jedoch der Vertrag durch eine weitere Bestimmung des Inhalts, daß sich die Gerichte beider Staaten auf Antrag einer Partei der Verhandlung über Streitigkeiten enthalten müssen, wenn diese oder mit ihnen zusammenhängende Streitigkeiten bereits vor einem Gerichte des andern Staates anhängig sind (19). Das Gericht des andern Staates muß allerdings nach der Stellung des Art. 19 im System des Vertrages zuständig im Sinne der einzeln festgelegten Gerichtsstände sein, Zuständigkeit auf Grund der Generalklausel des Art. 1, 1 genügt nicht. Der Vertrag ist ein A n e r k e n n u n g s - u n d V o l l s t r e c k u n g s v e r t r a g , die Anerkennung der rechtskräftig entschiedenen Sache steht, wie dies bei den neueren Verträgen üblich ist, an erster Stelle. Wichtig ist dabei die Klarstellung durch Art. 2, für welche Fälle es einer Vollstreckbarerklärung des Ersturteils im Zweitstaat bedarf : nur für die Zwangsvollstreckung und für sonstige öffentliche Akte, wie Eintragung in öffentlichen Büchern. Für die schlichte Geltendmachung der Rechtskraftwirkung, etwa durch Einwendung im Prozeß, bedarf es also der Vollstreckbarerklärung oder eines besonderen Anerkennungsverfahrens nicht, eine Feststellung, die deshalb wichtig ist, weil sich in drei anderen, neuen, italienischen Verträgen die Vertragspartner die Einführung eines besonderen Anerkennungsverfahrens vorbehalten haben (It.—Schw. 1 II, I t . — Nied. 1 II, D. R . — I t . 1 II). Die große Vollständigkeit dieses bedeutsamen Vertrages zeigt sich noch darin, daß er Bestimmungen über sichernde Maßnahmen enthält (32) und daß er für Auslegungs- und Anwendungsstreitigkeiten, die zwischen den beiden Staaten entstehen können, ein Schiedsverfahren vorsieht (37). d) I t a l i e n — S c h w e i z ,

Niederlande.

Bei den Verträgen Italiens mit der Schweiz (1933) und den Niederlanden (1935), die an sich große Ähnlichkeiten mit dem 1

Vgl. unten S. I98ff.

Italien—Schweiz,

Niederlande

109

soeben besprochenen Vertrage aufweisen, zeigt sich deutlich das Fehlen des französischen Einflusses. Insbesondere fehlt bei ihnen jede Befolgungsregel zur Jurisdiktionsfrage, also vor allem der Ausschluß unerwünschter Gerichtsstände schon im Erstverfahren, und die Staatsangehörigkeitsfrage tritt hier völlig in den Hintergrund. Untereinander sind die beiden Verträge sehr ähnlich, doch weichen sie in einigen Punkten, darunter sogar einem wesentlichen, voneinander ab. Die Verträge sind kürzer als der französisch-italienische, schon weil sie keine Regelung des Konkursrechts enthalten. Sie bezeichnen sich als Verträge über Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, richtiger als der französisch-italienische Vertrag, dessen Überschrift nur die Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen nennt. Die Liste der a u s d r ü c k l i c h a n e r k a n n t e n G e r i c h t s s t ä n d e enthält, abweichend vom Vertrage mit Frankreich, nicht das forum delicti, zunächst wohl, weil in diesem Punkte die Schweiz Schwierigkeiten machte, die den verfassungsmäßig privilegierten Wohnsitzgerichtsstand nicht durch den der begangenen unerlaubten Handlung aushöhlen wollte. Dafür bringt die Liste für Statusfragen, Fragen der persönlichen Fähigkeit und des Familienrechts die Gerichtsbarkeit des Staates, dem die Parteien angehören (2 I 5). Bei Erbschaftsstreitigkeiten erklärt der schweizerische Vertrag (2 I 6) die Staatsangehörigkeit, der niederländische (2 I 7) den Wohnsitz des Erblassers als maßgebend für die Jurisdiktionsfrage. An die Einlassung zur Hauptsache als Ersatz einer Gerichtsstandsvereinbarung stellt der niederländische Vertrag strengere Anforderungen als der schweizerische. Nach diesem genügt nämlich die vorbehaltlose Einlassung des Beklagten zur Hauptsache, nach jenem muß der Beklagte im Laufe des Verfahrens ausdrücklich erklärt haben, daß er sich der Zuständigkeit des Gerichts unterwerfe (2 I 2). Der wichtigste Unterschied in der Jurisdiktionsfrage zwischen dem schweizerischen und dem niederländischen Vertrage ist aber der, daß der schweizerische Vertrag neben den ausdrücklich benannten Gerichtsständen eine G e n e r a l k l a u s e l zugunsten der durch das Recht des Zweitstaates zugelassenen Regeln internationaler Zuständigkeit („règles de compétence judiciaire internationale") enthält, während im niederländischen Vertrag die Liste der Gerichtsstände eine a b s c h l i e ß e n d e R e g e l u n g des Gegenstandes bedeutet (1 I 1). Auf schweizerischen Einfluß dürfte es endlich zurückzuführen sein, daß die Verträge einen im älteren Vertrag begrenzten, im neueren Vertrag allgemeinen Vorbehalt für die ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates machen (2 II). Die Vorbehalts-

110

§ Ii. Vertragliche Festlegung

bestimmter

Gerichtsstände

klausel geht aber hier, wie beim deutsch-italienischen Vertrage, weiter, als sonst üblich. Die Gerichtsstände des Wohnsitzes, der Niederlassung, der Widerklage, der vereinbarte Gerichtsstand, beim niederländischen Vertrag auch die übrigen, einzeln festgelegten Gerichtsstände sollen nämlich für solche Streitigkeiten nicht gelten, für die das Recht des Zweitstaates die zweitstaatlichen o d e r a u c h d r i t t s t a a t l i c h e G e r i c h t e als ausschließlich zuständig anerkennt. Aus den weiteren Abweichungen vom italienisch-französischen Vertrag sei nur noch die Behandlung der R e c h t s h ä n g i g k e i t hervorgehoben. Auch die Verträge mit der Schweiz und mit den Niederlanden erkennen die auf einen parallelen Prozeß im andern Staat gestützte Einrede der Rechtshängigkeit an, der niederländische Vertrag mit einer Einschränkung für das Arrestverfahren (9 II). Dagegen berechtigt, anders als im französisch-italienischen Vertrag, die Rechtshängigkeit im Zweitstaat den Zweitrichter nicht, dem Ersturteil die Anerkennung oder die Vollstreckbarerklärung zu versagen. Nur die bereits vorhandene, widersprechende E n t s c h e i d u n g eines zweitstaatlichen Gerichts verpflichtet den Zweitrichter zur Ablehnung. Beide Verträge finden keine Anwendung auf Ersturteile, die vor dem Inkrafttreten der Verträge rechtskräftig geworden sind, ergreifen also, mit b e s c h r ä n k t e r R ü c k w i r k u n g , auch die vor dem Inkrafttreten erlassenen, aber noch nicht rechtskräftig gewordenen Urteile. Ein S c h i e d s v e r f a h r e n zwischen den Vertragsstaaten bei Auslegungs- oder Handhabungsschwierigkeiten sieht ausdrücklich nur der italienisch-schweizerische Vertrag vor. e)

Schweiz—Schweden.

Mit den soeben besprochenen Verträgen nahe verwandt ist der schweizerisch-schwedische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag von 1936. Wie beim italienisch-niederländischen Vertrag bedeutet auch hier die Aufzählung bestimmter Gerichtsstände, unter acht Nummern, grundsätzlich eine abschließende Regelung. Es sind die Gerichtsstände des Wohnsitzes, der freiwilligen Unterwerfung, der vorbehaltlosen Einlassung, der Widerklage, der Niederlassung, der Vertretung, der Bestimmung durch anderweitigen Staatsvertrag. An siebenter Stelle (5 I 7) erkennt der Vertrag außerdem den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung und des Verkehrsunfalles an, mit der der schweizerischen Verfassungslage Rechnung tragenden Einschränkung, daß die Klage dem Beklagten während seines Aufent-

Die Vertrüge des englischen

Rechtskreises

111

halts im Erststaat zu eigenen Händen zugestellt sein muß. Eine Art Generalklausel zur Jurisdiktionsfrage findet sich nur für Streitigkeiten über den Personenstand, sowie über familien- und erbrechtliche Fragen (5 II). In diesen Fällen erkennt der Zweitrichter die Jurisdiktion des Erststaates an, wenn bei entsprechender umgekehrter Lage des Falles die Jurisdiktion des Zweitstaates nach dessen Gesetzgebung gegeben gewesen wäre. Trotz Beteiligung der Schweiz mit ihrem bekannten Festhalten an der Ausschließlichkeit des Wohnsitzgerichtsstandes fehlt es, wohl deshalb, weil man die Verfassungslage schon bei der Festsetzung der einzelnen Gerichtsstände berücksichtigte, an einem Vorbehalt für ausschließliche Gerichtsstände des Zweitstaates, man müßte denn die ordre-public-Klausel des Art. 4, 2 auch bei Verletzung ausschließlicher Gerichtsstände des Zweitstaates anwenden, ein nicht mehr ganz zeitgemäßer Ausweg. Zudem ist diese Klausel gerade beim schweizerisch-schwedischen Vertrag, im Anschluß an die nordische Konvention vom 16. März 1932 (12), enger gefaßt als sonst, da sie eine o f f e n b a r e Unvereinbarkeit des Ersturteils mit der öffentlichen Ordnung des Zweitstaates verlangt. Einen mittelbaren Vorbehalt für das Gericht der belegenen Sache enthält Art. 11, 2. Die Vorschrift österreichischen Ursprungs, daß bei Ersturteilen über den Personenstand, über familien- und erbrechtliche Fragen die im Zweitstaat geltenden Regeln des i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s beachtet sein müssen, hat auf dem Wege über den österreichisch-deutschen und den deutsch-schweizerischen Vertrag einen Platz auch im schweizerisch-schwedischen Vertrag gefunden (4, 3). Über das Verhältnis zweier sich widersprechender Urteile zueinander schweigt der Vertrag. Dagegen hat er die Frage der R e c h t s h ä n g i g k e i t energischer angepackt als die drei zuletzt besprochenen Verträge insofern, als der Richter die Rechtshängigkeit des gleichen Rechtsstreits vor einem Gerichte des andern Staates von Amts wegen berücksichtigen muß, allerdings nur, wenn er davon weiß, also ohne Verpflichtung zu Ermittlungen (7). Das V e r b o t der R ü c k w i r k u n g des Staatsvertrages (12) trifft hier auch die vor seinem Inkrafttreten bloß erlassenen, nicht nur die vor dem Inkrafttreten rechtskräftig gewordenen Urteile. f) Die V e r t r ä g e des englischen R e c h t s k r e i s e s . Als letzte Gruppe von Verträgen, die im Rahmen von bloßen Beurteilungsregeln bestimmte, vertraglich festgelegte Gerichtsstände anerkennen, sind die drei Verträge des englischen Rechtskreises zu

112

§ Ii. Vertragliche

Festlegung

bestimmter

Gerichtsstände

erwähnen, von denen der englisch-französische und der englisch-belgische, beide von 1934, vielfach fast wörtlich miteinander übereinstimmen, während der palästinensisch-ägyptische Vertrag von 1929, seinem Stile nach auch durchaus englisch, erheblich einfacher gestaltet ist. Hinter den beiden Verträgen von 1934 steht der Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act von 1933. 1. G r o ß b r i t a n n i e n — F r a n k r e i c h , B e l g i e n . Diebeiden britischen Verträge sind pedantisch und schwerfällig in ihrer äußeren Form, nicht zu vergleichen mit dem eleganten Stile der romanischen Verträge, aber wohl durchdacht und diktiert von einem sicheren Gefühle für künftige Auslegungsschwierigkeiten. Man versteht es gut, daß sich ein Franzose an gewissen Selbstverständlichkeiten des englisch-französischen Vertrages, an seinen übermäßig langen Artikeln, an seiner ganzen Ausdrucksweise stößt, aber Flüchtigkeitsfehler darf er ihm nicht vorwerfen. So ist es nicht richtig, daß der Vertrag im Art. 7 III versehentlich wiederholt, was schon im Art. 6 II (gemeint ist: III) gesagt ist 1 . Vielmehr behandelt der Vertrag im Art. 6 die französischen, im Art. 7 die englischen Urteile, naturgemäß so, daß die meisten Bestimmungen einander gleichen. Der Kritiker hätte die Pedanterie dieser Ausdrucksweise rügen können, nicht aber ihre Flüchtigkeit. Den Verträgen eigentümlich sind einige an den Anfang gestellte L e g a l d e f i n i t i o n e n , von denen z.T.bereits in andermZusammenhang die Rede war 2 . Vor allem verdient Nachahmung, daß die Gerichte, deren Ersturteile im Zweitstaat anerkannt oder vollstreckt werden sollen, nicht nur abstrakt, sondern mit ihren konkreten Bezeichnungen aufgeführt werden. Die Vertragschließenden hatten auch besondere Gründe dafür, weil nach dem Vertrage nicht alle Gerichte, sondern nur die „höheren Gerichte" international beachtliche Urteile sprechen können. In Frankreich z. B. sind es in reinen Zivil- und Handelssachen der Kassationshof, die Appellationsgerichtshöfe, die Gerichte erster Instanz und die Handelsgerichte, in Strafsachen, sofern dem Geschädigten eine Buße zuerkannt wird, die Korrektions- und die Schwurgerichte. Wenn ein „höheres Gericht" nur auf Berufung gegen das Urteil eines niederen Gerichts gesprochen hat, gilt seine Entscheidung nicht als die eines höheren Gerichts. Gegenstand des Vertrages sind, o h n e R ü c k w i r k u n g , nur die nach seinem Inkrafttreten in einer Zivil- oder Handelssache ergangenen Urteile eines höheren Gerichts (21). Doch schließt der 1

S o PERROUD,

2

Vgl. oben S. 23.

Rev.

31

(1936)

342.

Die Verträge des englischen Rechtskreises

113

englisch-französische Vertrag die in Statussachen, in Fragen des Familien-, Erb-, Konkurs- und Liquidationsrechts ergangenen Entscheidungen von seiner Regelung aus (2 III b). Beide Verträge aber enthalten eine bemerkenswerte Klarstellung zur Frage des V e r h ä l t n i s s e s z w i s c h e n V e r t r a g s r e c h t und a u t o n o m e m R e c h t : Das Vertragsrecht bedeutet keine Kodifikation des Gegenstandes. Soweit der Vertrag seine eigene Anwendbarkeit ausschließt oder Ersturteilen die Anerkennung oder Vollstreckung versagt, hat er nichts Negatives über den Gegenstand bestimmt, sondern überläßt die Regelung dem Landesrecht, das vielleicht entgegenkommender ist als das Recht des Vertrages (Fr. 2 IV, Belg. 2 II). In zwei umfangreichen Artikeln (3 und 4) behandeln dann beide Verträge die A n e r k e n n u n g der r e c h t s k r ä f t i g e n t s c h i e d e n e n S a c h e und vergessen dabei auch nicht, zu bestimmen, was sie darunter verstanden wissen wollen: das Urteil hat für seinen Gegenstand zwischen den beiden Parteien bindende Kraft und kann in jedem späteren Verfahren als Einwendung geltend gemacht werden. Dabei wird für das Urteil noch nicht Endgültigkeit verlangt, sondern nur, daß kein Rechtsmittel eingelegt ist. Ist die Rechtsmittelfrist noch nicht verstrichen, so kann der Zweitrichter dem verlierenden Teil eine Frist für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels bestimmen (Fr. 3 I d, Belg. 3 I g). Für die J u r i s d i k t i o n s f r a g e gilt zunächst, in beiden Verträgen etwas verschieden ausgedrückt (3 I a), der allgemeine Grundsatz, daß das Erstgericht nach den im Zweitstaat geltenden Regeln des internationalen Privatrechts zuständig gewesen sein muß. Außer dieser Generalklausel enthalten die Verträge aber auch eine Liste unter allen Umständen anerkannter Gerichtsstände, nämlich den Gerichtsstand der freiwilligen Einlassung, den vereinbarten Gerichtsstand, den Gerichtsstand des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts und den der geschäftlichen Niederlassung des Beklagten. Als einzige von allen Verträgen nehmen sich die britischen Verträge auch des Klägers an ( 4 1 a ) : der mit der Klage abgewiesene Kläger oder Widerkläger, im französischen Vertrage auch der Interventionskläger, kann die Unzuständigkeit des Erstgerichts nicht geltend machen, da er sich durch Erhebung der Klage der Jurisdiktion des Erstgerichts unterworfen hat. Bei Immobiliarklagenund dinglichen Mobiliarklagen sind die Gerichte des Staates der belegenen Sache zuständig (4 II); hierbei entscheidet der Augenblick der Klageerhebung, eine Vorschrift, die nur bei staatlichen Grenzveränderungen auch für Grundstücke Bedeutung hat. Der englischbelgische Vertrag endlich, der im Gegensatze zum englisch-französischen Vertrage die familien-, erb-, konkurs- und liquidationsrecht8

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträse. I .

114

§ii'

Vertragliche Festlegung bestimmter

Gerichtsstände

liehen Streitigkeiten mit behandelt (4 III), verweist hier wegen der Jurisdiktionsfrage einfach noch einmal auf das im Zweitstaat geltende internationale Privatrecht. Auf die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts nach Maßgabe der Erstgesetzgebung kommt es nirgends an (Fr. 4 III, Belg. 4 IV); die Rechtskraft des Ersturteils deckt einen dem Erstgericht etwa unterlaufenen Fehler. Z u m S c h u t z e der s ä u m i g e n P a r t e i gestattet der Vertrag mit Frankreich (3 I b), unbedingter als der mit Belgien (3 I b), dem im Versäumnisverfahren Unterlegenen den Nachweis, daß er von der gegen ihn erhobenen Klage nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt habe. In der o r d r e - p u b l i c - K l a u s e l unterscheiden sich beide Verträge dadurch, daß der Vertrag mit Frankreich den Fall des W i d e r s p r u c h s mit einem z w e i t s t a a t l i c h e n U r t e i l , der U r t e i l s e r s c h l e i c h u n g und der V e r l e t z u n g von R e c h t e n e x t e r r i t o r i a l e r P e r s o n e n als B e i s p i e l e der Verletzung des ordre public anführt (3 I c), während der Vertrag mit Belgien diese drei Punkte neben der ordre-public-Klausel als weitere Versagungsgründe aufzählt (3 I d—f). Beim Widerspruch des Ersturteils mit einem in der gleichen Sache zwischen den gleichen Parteien ergangenen Urteil des Zweitstaates bestimmt der belgische Vertrag (3 I d), genauer als jeder andere Vertrag, auch als der französische (3 I c 1), in welchem Zeitpunkt ein Urteil des Zweitstaates erlassen sein muß, um die Anerkennung des Ersturteils zu verhindern, nämlich vor Erlassung des Ersturteils. Die Umsicht, mit der beide Verträge ausgearbeitet wurden, kommt in einer weiteren — negativen — Bestimmung zum Ausdruck : die Nichtbeachtung der im Zweitstaat geltenden Regeln des i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s im engeren Sinne, also der zivilrechtlichen Kollisionsnormen, ist kein Grund, um dem Ersturteil die Anerkennung zu versagen (3 II). Ganz eigenartig geregelt ist das V e r h ä l t n i s der U r t e i l s v o l l s t r e c k u n g zur U r t e i l s a n e r k e n n u n g . Es werden nämlich nicht alle Urteile zur Vollstreckung gebracht, deren Anerkennung der Vertrag vorschreibt, sondern nur die G e l d u r t e i l e (Fr. 5 I b, Belg. 5 II b). Voraussetzung ist Vollstreckbarkeit des Urteils im Erststaat. Bei den andern Urteilen, so muß man aus dem Schweigen des Vertrages schließen, bleibt der siegenden Partei beim Versagen auch der autonomen Zweitgesetzgebung nichts übrig, als, gestützt auf das im Zweitstaat als res judicata anzuerkennende Ersturteil, eine Judikatsklage zu erheben. Für die Erlangung der V o l l s t r e c k b a r k e i t eines französischen oder belgischen Urteils in Großbritannien bedarf es seiner „Registrierung" durch das zuständige englische, schottische oder irische

Die Verträge des englischen

Rechtskreises

115

Gericht, während einem britischen Urteil die Vollstreckbarkeit durch Erteilung eines französischen oder belgischen gerichtlichen „Exequatur" verliehen wird (6 und 7). Registrierung oder Exequatur unterbleiben, wenn die Geldverpflichtung erloschen ist oder wenn dem Antragsteller die Befugnis zur Stellung des Antrags mangelt. Das registrierte oder mit Exequatur versehene Ersturteil wird durch diese Formalakte den Urteilen des Zweitstaates gleichgestellt (8). Die Vertragsstaaten verpflichten sich, das Verfahren zur Erlangung der Registrierung oder des Exequatur einfach und rasch zu gestalten (8 III). Ganz eigenartig ist die Bestimmung einer A u s s c h l u ß f r i s t für die Stellung des Antrags auf Registrierung oder Erteilung des Exequatur (8 IV); er ist innerhalb von sechs Jahren, gerechnet vom Datum des maßgeblichen Ersturteils, zu stellen, falls nicht die Landesgesetzgebung eine längere Frist gewährt. Die Regelung geht auf sec. 2 Ziff. 1 des Foreign Judgements (Reciprocal Enforcement) Act von 1933 zurück. Die Verträge regeln dann noch recht eingehend Fragen der Teilvollstreckbarerklärung, der Fremdwährung und der Zinsenberechnung (8 V und VI). Die Schlußbestimmungen sehen die Ausdehnung des Vertrags auf die Kolonien, Dominien und sonstigen Nebengebiete vor. Auslegungsschwierigkeiten werden der Regelung durch diplomatische Aussprache vorbehalten, mit der Maßgabe, daß die einmal ergangenen Entscheidungen der Zweitgerichte unangetastet bleiben (9). 2. P a l ä s t i n a — Ä g y p t e n . Bieten die beiden britischen Verträge hohes juristisches Interesse wegen ihrer genauen und umfassenden Regelung, so nimmt unter den Vollstreckungsverträgen einen weit bescheideneren Platz der — der Vollständigkeit wegen zu erwähnende — palästinensisch-ägyptische Vertrag ein, der wirklich nur Vollstreckungsvertrag ist, die Frage der Rechtskraftwirkung also nicht mit regelt. Auch er beginnt mit einigen Legaldefinitionen (1) und wendet sich alsbald dem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung eines Ersturteils zu. Die Form der Vollstreckbarerklärung ist in Palästina, genau wie in Großbritannien, die „Registrierung", in Ägypten das „Exequatur" (3). Der Antrag auf Registrierung oder Erteilung des Exequatur ist hier innerhalb eines Jahres, gerechnet vom Urteilsdatum, zu stellen (3 I und III). In der Form wenig glücklich geregelt ist die J u r i s d i k t i o n s frage. Daß der erste Grund für die Versagung der Vollstreckbarerklärung „fehlende Jurisdiktion" des Erstgerichtes ist, daß sich aber dieser Versagungsgrund nicht auf das Verhältnis zwischen Palästina und Ägypten, sondern auf das Verhältnis der verschieden8*

116

§ 12.

Verträge mit Befolgungsregeln zur

Jurisdiktionsfrage

artigen, in Ägypten tätigen Gerichte zueinander bezieht, wurde schon an anderer Stelle hervorgehoben1. Außerdem umfaßt die Bestimmung noch Urteile über Personen, die als Gesandte oder dgl. der erststaatlichen Gerichtsbarkeit völlig1 entzogen sind. Die Jurisdiktionsfrage im gebräuchlichen Wortsinne findet sich erst im zweiten Versagungsgrund (5 b), der trotz seiner ungeschickten negativen Fassung eine Reihe vertraglich anerkannter Gerichtsstände bringt, nämlich die des Wohnsitzes, der geschäftlichen Niederlassung, des geschäftlichen Aufenthalts des Beklagten im Augenblicke der Klagerhebung, der Vertragserfüllung, der freiwilligen Unterwerfung. Bei der Regelung des Falles widersprechender Urteile ist nur bestimmt (5 f), daß das Vorhandensein des widersprechenden Urteils eines Gerichtes des Zweitstaates der Vollstreckbarerklärung des Ersturteils im Wege steht, aber nicht, wann jenes Urteil erlassen sein muß. Wer endlich die englische Rechtslehre kennt2, wird sich nicht wundern, daß auch hier die Erschleichung des Ersturteils als besonderer Versagungsgrund begegnet (5 g). 2. V e r t r ä g e mit B e f o l g u n g s r e g e l n zur J u r i s d i k t i o n s f r a g e § 12. In einem einzigen der bisher besprochenen Verträge, dem französisch-italienischen, fanden sich auch einige Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage3, die aber neben den den Vertrag beherrschenden Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage nicht ins Gewicht fielen. Immerhin gab zu denken, daß es gerade ein französischer Vertrag war, der, ausnahmsweise, solche Regeln enthält, und der Eindruck, daß die Erscheinung mit französischen Eigentümlichkeiten zusammenhängt, verstärkt sich, wenn man feststellt, daß es wieder französische Verträge sind, die geradezu ihr Gepräge durch ihre Ausstattung mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage erhalten: der f r a n z ö s i s c h - s c h w e i z e r i s c h e von 1869 und der f r a n z ö s i s c h - b e l g i s c h e von 1899. Der Eindruck bleibt bestehen trotz des Hinzutritts des b e l g i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e n Vertrages von 1925, da er nur eine, allerdings stark verbesserte, Auflage des französisch-belgischen Vertrages darstellt. Damit sind aber bereits sämtliche Verträge dieser Art genannt. Ihre spärliche Zahl würde nur noch durch den Vertrag Columbiens mit E c u a 1 2 3

Oben S. 85. Vgl. z. B. PIGGOTT Foreign judgments and jurisdiction Vgl. oben S. 106.

I (1908) 387ÍÍ.

Verträge mit Befolgungsregeln

zur Jurisdiktionsfrage

117

dor von 1903 um eins erhöht werden, wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die zu Caracas 1911 zustande gekommene Gesamtvereinbarung der Staaten Bolivien, Columbien, Ecuador, Peru und Venezuela in seinen einschlägigen Teilen außer Kraft gesetzt worden wäre 1 . Für die Besprechung bleiben also nur die genannten drei europäischen Verträge. Die französische Eigentümlichkeit aber, die es als ratsam erscheinen läßt, die mit Frankreich abzuschließenden Verträge mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage zu versehen, trat uns bereits in Gestalt des Art. 14 Code Napoléon entgegen2, der dem Franzosen gestattet, einen Ausländer vor einem französischen Gericht zu belangen, einzig und allein deshalb, weil der Kläger die französische Staatsangehörigkeit besitzt, also selbst dann, wenn der Ausländer im Auslande wohnt und das der Klage zugrunde liegende Schuldverhältnis im Auslande entstanden ist. Dem tritt noch eine andere französische Eigentümlichkeit an die Seite. Nach Art. 15 Code Napoléon kann zwar der Ausländer vor einem französischen Gerichte klagen, wenn der Beklagte ein Franzose ist, sogar, wenn das Schuldverhältnis im Ausland entstanden ist3, umso mehr wegen Verpflichtungen, die ein Franzose in Frankreich einging. Aber für Streitigkeiten von Ausländern untereinander versagt das französische Recht grundsätzlich die Mitwirkung seiner Gerichte4, so daß sich der klagen wollende Ausländer, nach sonst herrschenden Anschauungen, nichts weniger als einer Justizverweigerung gegenübersieht. England hat diese Unzuträglichkeiten bei Abschluß seines Vertrages mit Frankreich (1934) mit in Kauf genommen, Italien hat sich gegen beides mit zwei Bestimmungen des französisch-italienischen Vertrages von 1930 zur Wehr gesetzt6, ohne sonst eine Änderung des autonomen Jurisdiktionsrechtes zu verlangen oder zuzusagen. Nur der französisch-schweizerische und der französisch-belgische Vertrag haben volle Arbeit getan und ein ganzes System staatsvertraglich festgelegter Gerichtsstände als Befolgungsregeln schon für den Erstrichter, nicht bloß als Beurteilungsregeln für den Zweitrichter eingeführt. Die S c h w e i z mußte auf eine derartige Regelung besonders bedacht sein, weil sie so ihren geheiligten Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes schon im Erstprozeß gewahrt weiß; die geschichtliche Einleitung hat gezeigt, daß sich die Anerkennung dieses als grundsätzlich ausschließlich gedachten Ge2 Wörtlich wiedergegeben oben S. 106. V g l . oben S. 51 f. „ U n Français pourra être traduit d e v a n t un tribunal de France pour des obligations p a r lui contractées en p a y s étranger, même avec un étranger." 4 V g l . P I L L E T 129 ff. 5 V g l . oben S. 106. 1

3

118

§

I2-

Verträge mit Befolgungsregeln

zur

Jurisdiktionsfrage

richtsstandes seit dem 16 Jahrhundert wie ein roter Faden durch die vertraglichen Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und Frankreich zieht1. B e l g i e n kennt zwar, wie Frankreich, den Gerichtsstand der Staatsangehörigkeit des Klägers2, aber nur, wenn der Beklagte einem Staate angehört, dessen Gesetzgebung eine entsprechende, ausländerfeindliche Bestimmung enthält3, also z. B. gerade Frankreich. Doch mißbilligt Belgien diesen Gerichtsstand unzweideutig dadurch, daß es den Abschluß von Vollstreckungsverträgen von fünf Bedingungen abhängig macht, und die fünfte Bedingung ist, daß das Erstgericht nicht einzig und allein mit Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Klägers zuständig sein darf 4 . Die N i e d e r l a n d e endlich haben in ihrer Prozeßordnung (Art. 127) eine Bestimmung, die sich inhaltlich mit der berühmten des Art. 14 Code Napoléon deckt, und man versteht, daß Belgien gleich am Anfang des belgisch-niederländischen Vertrages, unter Preisgabe des ausländerfeindlichen Art. 53 des belgischen Gesetzes von 1876, von den Niederlanden die Unanwendbarkeit jenes niederländischen Art. 127 auf belgische Beklagte verlangt hat. a) F r a n k r e i c h — S c h w e i z 1. Der französisch-schweizerische Vertrag von 1869 beginnt, ganz entsprechend seinen geschichtlichen Hintergründen5, mit einer Regelung der G e r i c h t s s t ä n d e , aber nur für denFall, daß andern Rechtsstreit Schweizer oder Franzosen beteiligt sind. Dabei sind in ihrer Bedeutung zweifelhaft gleich die ersten Worte, die den „natürlichen" Gerichtsstand, d. h. den des W o h n s i t z e s oder D a u e r a u f e n t h a l t s des Beklagten, für alle Streitigkeiten festlegen „en matière mobilière et personnelle". Indessen, die Frage, ob die dinglichen Mobiliarklagen darunter fallen oder nur die auf Mobilieri bezüglichen persönlichen Klagen8, mag auf sich beruhen, da vorliegende Abhandlung nicht dogmatisch, sondern kritisch gedacht ist und für eine kritische Studie die Feststellung einer vorhandenen Unklarheit genügt7. In all diesen Streitigkeiten also muß sich der Oben S. i f f . * Ges. v. 25. März 1876 (Art. 53): „Lorsque les différentes bases indiquées an présent chapitre sont insuffisants pour déterminer la compétence des tribunaux belges à l'égard des étrangers, le demandeur pourra porter la cause devant le juge du lieu où il a luimême son domicile ou sa résidence." 3 A. a. O. Art. 54. 4 A. a. O. Art. 10 II 5. » Oben S. i f f . • Vgl. CURTI, Der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich (1879) 1

2 1 f . ; PILLET

IO7FF.

' Vgl. oben S. 27 f.

119

Frankreich—Schweiz

Kläger mit der Klage an den „natürlichen Richter" des Beklagten wenden, wenn der eine Streitteil ein Franzose, der andere ein Schweizer ist. Fehlt es allerdings an einem solchen Wohn- oder Aufenthaltsort des Beklagten in Frankreich oder der Schweiz, dann bricht mit einer gewissen Abschwächung wieder die französische Regel durch, daß der Kläger die Klage an seinem eigenen Wohnsitz erheben kann (i II). Dem wirklichen Wohnsitz stellt der Staatsvertrag den fingierten Wohnsitz, domicile élu, d. h. den v e r e i n b a r t e n G e r i c h t s s t a n d , gleich (3), mit der Wirkung, daß er für beide Parteien ein ausschließlicher Gerichtsstand sein soll, ohne daß, wie in neueren Verträgen, unterschieden wird, ob die Vereinbarung dem Gläubiger nur ein Recht gibt oder ihn auch bindet. Ferner sieht der Staatsvertrag den Gerichtsstand des Ortes des V e r t r a g s a b s c h l u s s e s vor für den Fall, daß beide Parteien dort bei Erhebung der Klage wohnen (1 II), dann den Gerichtsstand der b e l e g e n e n Sache für alle dinglichen Grundstücksklagen, aber auch für persönliche Klagen, die das Eigentum oder die Nutzung von Grundstücken betreffen (4). Der Zusatzstaatsvertrag vom 4. Oktober 1935 endlich hat den Gerichtsstand des S c h a d e n s o r t e s für alle Straßenverkehrsunfälle gebracht ; der Kläger hat zwischen diesem Gerichtsstand und dem natürlichen Gerichtsstand des Beklagten die freie Wahl. Weitere Gerichtsstände regelt der Vertrag von 1869 noch im Zusammmenhang mit Fragen des zwischenstaatlichen E r b - , K o n k u r s - u n d V o r m u n d s c h a f t s r e c h t e s (5—10). Der dem französischen Rechte geläufigen J u s t i z v e r w e i g e r u n g g e g e n ü b e r A u s l ä n d e r n 1 hilft Art. 2 ab, indem er den Gerichten in bestimmten Grenzen zur Pflicht macht, sich mit Ausländerstreitsachen zu befassen. Dies gilt für Klagen, die ein in Frankreich wohnhafter Schweizer oder ein Schweizer mit Handelsniederlassung in Frankreich gegen einen ebensolchen Schweizer erhebt, und entsprechend für Klagen eines Franzosen in der Schweiz. Es gilt weiter für Klagen eines Schweizers, er mag wohnen, wo er will, gegen den Angehörigen eines Drittstaates, der in Frankreich seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt hat, und entsprechend für einen Franzosen, der in der Schweiz klagen will. In all diesen Fällen darf sich das Erstgericht nicht mit der alleinigen Begründung für unzuständig erklären, daß der Kläger kein Angehöriger des Erststaates sei. Ungeregelt bleibt demnach der Fall von Streitigkeiten zwischen zwei Schweizern oder zwei Franzosen, wenn zwar der Beklagte im andern Vertragsland wohnt, nicht aber der Kläger2, und die all1

Vgl. oben S. 117.

* Vgl. hierüber

PILLET

128Ü.

120

§ 12.

Verträge mit Befolgungsregeln zur

Jurisdiktionsfrage

gemeinere Frage ist, ob in Fällen solcher Art die Klagemöglichkeit nach dem Willen der vertragschließenden Staaten verneint werden soll oder ob einfach das autonome Landesrecht Platz greift 1 . Die Lösung der Frage mag auf sich beruhen, aber die Tatsache, daß überhaupt eine Streitfrage entstehen konnte, zeigt für die kritische Betrachtung eines solchen Staatsvertrages, daß man nicht sorgfältig genug bei der A b g r e n z u n g des V e r t r a g s r e c h t e s u n d des a u t o n o m e n R e c h t e s verfahren kann2. Namentlich wenn ein Staatsvertrag, wie der vorliegende, seinen Gegenstand, soweit er ihn regelt, abschließend regeln will, muß er zweifelsfrei erkennen lassen, wie weit sein Wille zur Gesamtregelung geht. Klar ist, daß die Vertragsstaaten im Abschnitt über die Zuständigkeiten alle Streitigkeiten zwischen Angehörigen dritter Staaten außerhalb der Regelung lassen wollten. Aber auch die Streitigkeiten zwischen Angehörigen eines der Vertragsstaaten, wenn nicht beide im andern Vertragsstaat wohnen oder dort eine Handelsniederlassung haben ? Ist das Schweigen hierüber ein schlichtes Schweigen, das der autonomen Regelung freie Hand läßt, oder ein beredtes, jede autonome Regelung ausschließendes Schweigen? Diese und ähnliche Fragen tauchen im französisch-schweizerischen Vertrage mehrfach auf und finden nicht ohne weiteres eine glatte Antwort. Die im Staatsvertrag genannten Gerichtsstände sind k o n k r e t gedacht, d. h., wenn z. B. der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten gegeben ist, muß beim Gericht des Wohnsitzes geklagt werden, es genügt nicht die Klage bei irgend einem Gericht des Wohnsitzstaates. Der Wortlaut des Staatsvertrages, aber auch die geschichtlichen Vorgänge3 lassen keine andere Deutung zu. Dies Festhalten am alten Recht geht so weit, daß nicht einmal der Zusammenhang einer Streitsache mit einer anderen, vor einem andern Richter anhängigen Streitsache ein Grund für die Preisgabe des Wohnsitzgerichtsstandes ist. Für die Bürgschaftsklagen ist dies ausdrücklich bestimmt (i I), gilt aber auch für andere Fälle des Zusammenhangs4. Die Gerichtsstandsbestimmungen des Staatsvertrages sind Befolgungsregeln für den Erstrichter im höchsten Sinne des Wortes. Der Erstrichter hat sie v o n A m t s wegen anzuwenden und sich gegebenenfalls selbst beim Ausbleiben des Beklagten für unzuständig zu erklären (n). Nur bei vorläufigen Maßnahmen der Sicherung kommt es auf die staatsvertraglich geregelten Zuständigkeiten nicht an. Nach dem durch den Zusatzvertrag von 1935 eingeführten Art. 1 A . a. o . 130. » Vgl. oben S. xff.

2

Näheres hierüber unten S. 15 3 ff.

4

Vgl.

PILLET

88 ff.

Frankreich—Schweiz

121

2 bis können solche nach der Landesgesetzgebung zulässigen Maßnahmen beantragt werden, gleichgültig, welchem Staate die Jurisdiktion in der Hauptsache zusteht. 2. Über die V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g eines erststaatlichen Urteils entscheidet die Zweitbehörde in mündlicher Verhandlung, deren Termin dem Vollstreckungsschuldner rechtzeitig mitgeteilt wird (16 II). Die gleiche Behörde entscheidet auch über die bei der Zwangsvollstreckung entstehenden Schwierigkeiten (19). Besondere Bestimmungen über die Anerkennung der Rechtskraftwirkung, insbesondere also die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache, enthält der Staatsvertrag nicht; er ist ein reiner Vollstreckungsvertrag. Die zuständige Zweitbehörde hat im Vollstreckbarkeitsverfahren das Ersturteil nicht sachlich nachzuprüfen, sondern nur auf Jurisdiktion des Erstrichters, gehörige Ladung, Vertretung, Säumigerklärung der Parteien, Einklang der beantragten Vollstreckbarerklärung mit dem öffentlichen Recht und den Interessen der öffentlichen Ordnung im Zweitstaat (17). Die J u r i s d i k t i o n s f o r m e l lautet hier sehr kurz; die Zweitbehörde hat die Vollstreckbarerklärung zu versagen, „si la décision émane d'une juridiction incompétente." So einfach diese Formel ist, so Verschiedenartiges birgt sich doch in ihr. Der zweite, der Urteilsvollstreckung gewidmete Abschnitt des Staatsvertrages greift nämlich über den Umfang des ersten Abschnittes mit seiner Regelung verschiedener Gerichtsstände weit hinaus. Der zweite Abschnitt bezieht sich grundsätzlich auf alle von einem Erstgericht erlassenen Urteile, auch solche, für die es an einer staatsvertraglichen Regelung der Gerichtsstände fehlt, also z. B. auch für einen in Frankreich zwischen zwei Franzosen oder in der Schweiz zwischen einem Italiener und einem Deutschen anhängig gemachten Rechtsstreit. Bei Streitigkeiten mit staatsvertraglich geregeltem Gerichtsstand ist die Jurisdiktionsklausel so bestimmt wie nur möglich, bei den übrigen Streitigkeiten so unbestimmt wie nur möglich. Im zweiten Falle erinnert sie ganz an die primitiven Verträge Italiens mit Spanien und den lateinamerikanischen Staaten 1 . Zieht man den zwischen Italien und Peru ergangenen Schiedsspruch des Schweizers W I N K L E R 2 zur Auslegung heran, so würde die Zuständigkeit des Erstgerichts nach der Erstgesetzgebung vorhanden sein müssen und diese Zuständigkeit auch genügen, vorbehaltlich eines Widerspruchs dieser Zuständigkeit mit zwingendem Recht des Zweitstaates. Aber auch, wenn man die 1

Vgl. oben S. 79ff.

2

Oben S. 78 f.

122

§ 12. Verträge mit Befolgungsregeln zur

Jurisdiktionsfrage

rechtskräftige Bejahung der erstgerichtlichen Zuständigkeit durch das Erstgericht selbst für grundsätzlich unüberprüfbar ansieht, geht das Ersturteil dann von einer im Sinne des Staatsvertrages „unzuständigen Jurisdiktion" aus, wenn sich der Zweitstaat durch seine Gesetzgebung die ausschließliche Gerichtsbarkeit über den Streitfall v o r b e h ä l t E i n e bloß konkurrierende Zuständigkeit zweitstaatlicher Gerichte dagegen wäre unschädlich. b) F r a n k r e i c h — B e l g i e n Bei Abschluß des französisch-belgischen Vertrags von 1899 konnten die Unterhändler bereits aus einigen Unvollkommenheiten des französisch-schweizerischen Vertrages lernen. So enthält der Vertrag jene Bestimmungen über die unabhängig von der Jurisdiktionsfrage zulässige Anordnung sichernder Maßnahmen, die dem französisch-schweizerischen Vertrage bis zum Zusatzabkommen von 1935 fremd waren (9). Anders als im Vertrag mit der Schweiz ist das Gericht des Hauptprozesses auch für Bürgschafts- und Widerklagen zuständig (4 II). Das Verhältnis des Staatsvertragsrechtes zum autonomen Landesrecht, das der Vertrag mit der Schweiz mit Stillschweigen übergeht, regelt der Vertrag mit Belgien für den Bereich der Jurisdiktionsfrage so, daß die landesgesetzliche Regelung der gerichtlichen Zuständigkeiten unberührt bleibt, soweit nicht der Staatsvertrag gemeinsame Zuständigkeiten anordnet (10). Im übrigen weisen beide Verträge gewisse Ähnlichkeiten auf. Beide Verträge enthalten die in der Praxis der Staatsverträge so seltenen Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage, keine bloßen Beurteilungsregeln. Beide Verträge stellen diese Regeln an den Anfang des Textes. In beiden Verträgen sind die staatsvertraglich festgelegten Gerichtsstände konkret gedacht, die Gerichtsstände bezeichnen nicht nur den Staat, innerhalb dessen Gebiet die Klage zu erheben ist, sondern das konkrete Gericht, bei dem geklagt werden muß. Beide Verträge behandeln auch Fragen des Vormundschafts-, des Erb- und des Konkursrechts. Beide Verträge reichen im Abschnitt über die Vollstreckungshilfe weiter als in dem der Jurisdiktionsfrage gewidmeten Abschnitt, da beide Verträge die Vollstreckung auch von solchen Ersturteilen regeln, für die der erste Abschnitt mit seiner Aufstellung bestimmter Gerichtsstände keine Geltung hat. Aber auch die Abweichungen des jüngeren Vertrages vom älteren sind nicht gering. 1. In der G e r i c h t s s t a n d s f r a g e beginnt der französisch-belgische Vertrag mit der dem französisch-schweizerischen Vertrage 1

SO PlLLET 24O f f .

123

Frankreich—Belgien

fremden G l e i c h s t e l l u n g der b e i d e r s e i t i g e n S t a a t s a n g e hörigen. In Zivil- und Handelssachen gelten für die Franzosen in Belgien und die Belgier in Frankreich die gleichen Vorschriften über gerichtliche Zuständigkeit, wie für die Einheimischen. Damit scheint zunächst bereits alles Wesentliche angeordnet zu sein ; denn kein Ausländer kann im allgemeinen erwarten, daß man ihn besser behandle als den Einheimischen. In der Tat ist schon mit dieser Gleichstellung der international so unerwünschte Ausländergerichtsstand des Art. 14 Code Napoléon für den Belgier ausgeschaltet, den ein Franzose nur mit Rücksicht auf seine eigene französische Staatsangehörigkeit vor einem französischen Gerichte belangen will, und ebenso der entsprechende, aber nur als Retorsionsmittel gedachte Art. 53 des belgischen Gesetzes vom 25. März 1876. Trotzdem bestehen noch einige Unebenheiten, die einer besonderen Regelung bedurften. Bleiben wir bei Art. 14 des Code Napoléon. Bei Gleichsetzung der Belgier mit den Franzosen könnte sich ein in Paris lebender Belgier den genannten Art. 14 zunutze machen und einen in Madrid wohnenden Spanier nur unter Hinweis auf seine, des Belgiers, quasi-französische Staatsangehörigkeit in Paris verklagen. Das ginge zu weit. Der Staatsvertrag beschränkt daher diese Klagmöglichkeit auf den Fall einer von der französischen Regierung an den Belgier erteilten Ermächtigung zur Wohnsitznahme in Frankreich. verbunden mit einem tatsächlichen Wohnen in Frankreich (1 II). Aber auch diese Bestimmung ist überholt seit der Beseitigung der „admission à domicile" durch das französische Gesetz vom 10. August 19271. Da die Königliche Ordonnanz von 16292 die Anerkennung ausländischer, gegen Franzosen ergangener Urteile in Frankreich verbietet, schuf der Code Napoléon als Ausgleich im Art. 15 3 eine Handhabe für die Belangung eines Franzosen vor einem französischen Gericht wegen der im Auslande eingegangenen Verpflichtungen, selbst für den Fall, daß es hierzu nach allgemeinem Recht an einem Gerichtsstand innerhalb Frankreichs fehlt. Diesen Ausnahmegerichtsstand beseitigt der Staatsvertrag von 1899 im Verhältnis zwischen Franzosen und Belgiern (1 III), da der Belgier beim Vorhandensein eines passenden belgischen Gerichtsstandes den Franzosen vollwirksam vor einem belgischen Gerichte verklagen und das Urteil in Frankreich für vollstreckbar erklären lassen kann. Nach Art. 420 des französischen Code de procédure civile kann in Handelssachen der Kläger nach seiner Wahl die Klage vor dem 1 3

Vgl. Répertoire I (1929) 249t. Wortlaut oben S. 117 Anm. 3.

2

Vgl. oben S. 2.

124

§ 12. Verträge mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage

Gericht des Wohnsitzes des Beklagten erheben oder vor dem Gericht, in dessen Bezirk die Verpflichtung übernommen und die Ware geliefert wurde, oder endlich vor dem Gericht, in dessen Bezirk die Zahlung zu leisten war. Für Zivilsachen kennt das französische Recht einen solchen Gerichtsstand der Verpflichtungsentstehung oder -erfüllung nicht. Unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung der genannten handelsgerichtlichen Gerichtsstände für die Dauer der Geltung des Art. 420 Code de procédure civile erweitert daher der Staatsvertrag den Kreis der Gerichtsstände und bestimmt, daß der belgische oder französische Kläger mit seiner Klage das Gericht des Ortes befassen kann, an dem die Verpflichtung entstanden ist, erfüllt wurde oder zu erfüllen ist, vorausgesetzt, daß der Beklagte weder in Frankreich noch in Belgien seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; oder wörtlich (2): „Si le défendeur n'a ni domicile ni résidence en France ou en Belgique, le demandeur belge ou français peut saisir de la contestation le juge du lieu où l'obligation est née, a été ou doit être exécutée. Les Belges conserveront en France les droits que leur confère, en matière commerciale, l'article 420 du Code de procédure civile, aussi longtemps que cette disposition restera en vigueur." Damit sehen wir uns vor dem berühmten f o r u m c o n t r a c t u s oder o b l i g a t i o n i s des französisch-belgischen Vertrages und der Bestimmung, die zu so vielen Zweifeln Anlaß gegeben hat 1 . Bis hierher allerdings schien alles klar zu sein. Sobald man aber die Auswirkung des genannten Art. 2 auf Belgien untersucht, merkt man alsbald die Schwierigkeit. Nach Art. 42 des belgischen Gesetzes vom 25. März 1876 besteht nämlich in Belgien bereits kraft autonomen Rechts ohne irgendwelche Einschränkung das „forum obligationis" in Zivil- und Handelssachen, nicht nur subsidiär, wie der Staatsvertrag es vorsieht, und man versteht, daß die belgischen Juristen nicht geneigt sind, ihr von ihnen als fortschrittlich empfundenes Recht durch die rückständigen Klauseln des Staatsvertrags einschränken zu lassen. Aber man begreift auch, daß es klarem, unvoreingenommenem Rechtsdenken zunächst geradezu einen logischen Schmerz bereitet, den ganzen Art. 2 nur als eine für den französischen, nicht auch für den belgischen Richter bestimmte Vorschrift ansehen zu sollen. Die Schwierigkeit wächst bei Heranziehung des Art. 19 III, demzufolge der Staatsvertrag dem Franzo1 Vgl. P I L L E T 262U.; P O U L L E T , Manuel de droit international belge, 2. Aufl. (1928) 632 ff. ; B A C C A R A , Les négociations de la convention franco-belge et le „forum obligationis", L a Belgique judiciaire 92 (1934) 65 ff.

125

Frankreich—Belgien

sen keines der Rechte nimmt, die ihm das belgische Gesetz von 1876, solange es in Kraft ist, einräumt. Es gewährt hohen ästhetischen Genuß, zu sehen, wie P I L L E T der Schwierigkeiten Herr zu werden sucht. Ein Wort S C H I L L E R S variierend, könnte man sagen: „Wenn die Kärrner baun, haben die Könige zu tun". P I L L E T stellt schließlich zwei Lösungen zur Wahl 1 . (1) Art. 2 I des Staatsvertrags gilt in seinem vollen Wortlaut, wenn ein Franzose in Frankreich einen Belgier oder wenn ein Belgier in Belgien einen Franzosen verklagen will; dagegen kann sich der in Frankreich klagende Belgier auf Art. 420 Code d. pr. civ., der in Belgien klagende Franzose auf das belgische Gesetz von 1876 berufen. Oder: (2) Der in Frankreich klagende Belgier kann sich auf Art. 420 Code d. pr. civ. und der in Belgien klagende Franzose kann sich auf das belgische Gesetz von 1876 nur berufen, wenn der Beklagte einem dritten Staate angehört; bei Streitigkeiten zwischen Franzosen und Belgiern dagegen gilt ausschließlich das Recht des Staatsvertrages. An anderer Stelle 2 wurde hervorgehoben, daß eine Lösung derartiger Streitfragen nicht zu unserer Aufgabe gehört, daß vielmehr für eine kritische Studie, wie die vorliegende, die Feststellung des Vorhandenseins einer Streitfrage genügt, weil damit zugleich gesagt ist, daß hier Unklarheiten vorliegen, die bei Abschluß von Staatsverträgen vermieden werden müssen. Doch wollen wir der Lösung der Streitfrage angesichts ihrer Berühmtheit nicht ausweichen. Und da ist zunächst sicher, daß sich der Staatsvertrag sehr unglücklich ausdrückt, dann aber auch, daß die belgische Auffassung den Vorzug verdient. Es ist nämlich nicht so, daß Art. 2 bei der belgischen Auffassung nur den französischen Vertragspartner bindet. Gebunden sind beide Staaten, was sich sofort zeigen würde, wenn der belgische Gesetzgeber das forum obligationis belgischen Rechtes aufhöbe. Dann bliebe, mit den bekannten Einschränkungen, das forum obligationis des Staatsvertrages übrig. Die Rechtslage wäre noch deutlicher, wenn bei Abschluß des Staatsvertrages von 1899 die belgische Gesetzgebung dies forum noch nicht gekannt, sondern erst später eingeführt hätte. Man würde hier die im Zusammenhang mit dem italienisch-spanischen Vertrage 3 gefundene Auslegungsregel anzuwenden haben, daß das Staatsvertragsrecht im Zweifel nur unter der stillschweigenden Bedingung gilt, daß die autonome Regelung nicht günstiger für die internationalen Beziehungen ist als die staatsvertragliche. Diese Auslegungsregel ist aber unabhängig von der zeitlichen Folge von staatsvertrag1

PILLET 274.

2

Oben S. 27!.

3

Vgl. oben S. 54 f.

126

§ 12.

Verträge mit Befolgungsregeln

zur

Jurisdiktionsfrage

licher und autonomer Regelung. Der erste Lösungsversuch Pillets mit der unterschiedlichen Behandlung des belgischen und des französischen Klägers verstößt überdies gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Belgiern und Franzosen. Der zweite Lösungsversuch aber wendet einige klare Bestimmungen des Staatsvertrages nicht auf die typischen Fälle an, für die sie sicher gemeint sind, sondern künstlich auf ganz seltene Ausnahmen. „Die Belgier behalten in Frankreich die Rechte, die ihnen in Handelssachen Art. 420 Code d. pr. civ. gewährt." Es geht wirklich nicht an, diesen Satz nur dann anzuwenden, wenn ein Belgier einen Nicht-Franzosen oder, wie P i l l e t will, den Angehörigen eines Drittstaates in Frankreich belangt. Vielmehr gilt der Satz bei unbefangener Auslegung gerade für den Fall einer gegen einen Franzosen erhobenen Klage. Ist dies aber richtig, dann kann auch der zweite Lösungsversuch des großen Gelehrten nicht überzeugen. Die übrigen der Jurisdiktionsfrage gewidmeten Artikel des Vertrages bieten geringeres Interesse. Art. 3 erkennt den vereinbarten Gerichtsstand (domicile élu) als ausschließlichen Gerichtsstand an, doch so, daß, wenn die Vereinbarung nur zugunsten der einen Partei getroffen wurde, diese Partei die Klage auch vor einem andern zuständigen Gericht erheben kann, ferner den Gerichtsstand der Zweigniederlassung, Art. 5 den Gerichtsstand des Arrests. Ebenfalls im Zusammenhang mit der Jurisdiktionsfrage regelt der Vertrag den Fall der Rechtshängigkeit. Die französischen oder belgischen Gerichte verweisen einen vor ihnen anhängigen Rechtsstreit auf Verlangen einer Partei an das Gericht des andern Staates, vor dem die gleiche oder eine mit ihr durch Gleichheit des Rechtsgrundes oder des Gegenstandes zusammenhängende Sache bereits schwebt (4 I). In der Bestimmung wird nicht verlangt, daß der schwebende Rechtsstreit zur Jurisdiktion des auswärtigen Gerichtes gehört. Es könnte also bei wörtlicher Auslegung vorkommen, daß der französische Richter eine bei ihm erhobene Klage an das mit der Sache befaßte belgische Gericht verweist und daß dies belgische Gericht ein Urteil spricht, das die französischen Gerichte später wegen mangelnder Jurisdiktion des belgischen Gerichts nicht anerkennen. Doch wird sinnvolle Auslegung1 ein solches Ergebnis unmöglich machen. Ferner bezieht sich die Bestimmung nur auf die im ersten Teil des Staatsvertrages geregelten Streitigkeiten, bei 1 V g l . BACCARA, L i t i s p e n d e n z e t conexité dans la Convention franco-belge de 1899, L a Belgique judiciaire 93 (1935) Sp. 33 — 43, der allerdings die internationalrechtliche Seite der Frage etwas vernachlässigt. In Sp. 33 ff. interessante Darlegungen über die Entstehungsgeschichte des A r t . 4 I.

Frankreich—Belgien

i

127

denen ein Belgier in Frankreich oder ein Franzose in Belgien als Partei beteiligt ist. Dies hindert allerdings nicht, durch vernünftige Auslegung auch bei den übrigen Streitigkeiten zu einer ähnlichen Lösung zu gelangen. 2. Der zweite Titel des Staatsvertrages handelt von der R e c h t s k r a f t w i r k u n g und der V o l l s t r e c k u n g eines Ersturteils, de l'autorité et de l'exécution des décisions judiciaires. Er bezieht sich, wie schon hervorgehoben, auf alle Ersturteile, nicht nur auf solche, für die der erste Titel des Vertrags gemeinsame Gerichtsstände festgelegt hat. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Ersturteils sind die üblichen. Die zweite von den fünf Voraussetzungen : „force de chose jugée" als Bedingung für die „autorité de chose jugée" würde nicht weiter auffallen, wenn „force de chose jugée" mit Unanfechtbarkeit oder formeller Rechtskraft zu übersetzen wäre. Dann würde es nach deutschem Sprachgebrauch heißen : Voraussetzung für die Anerkennung der materiellen Rechtskraft eines Ersturteils ist dessen formelle Rechtskraft. Die Worte „force de chose jugée" sind jedoch anders zu verstehen und bedeuten soviel wie Vollstreckbarkeit1. Dies ist nicht nur wegen des verfehlten Sprachgebrauches2 zu bedauern, sondern auch wegen der Unüberlegtheit in der Sache. Vollstreckbarkeit eines Ersturteils im Erststaat genügt allerdings für die Erlangung von V o l l s t r e c k u n g s wirkungen auch im Zweitstaat. Aber den E i n w a n d der rechtsk r ä f t i g entschiedenen Sache kann zweckmäßig nur ein formell rechtskräftiges, also nicht mehr anfechtbares Urteil begründen. Wir werden darauf noch zurückkommen3. In der J u r i s d i k t i o n s f r a g e verlangt der Vertrag nur, daß die staatsvertragliche Regelung der Gerichtsstände beachtet wurde, also die Bestimmungen des ersten Titels, der sich nur auf Streitigkeiten bezieht, bei denen ein Belgier in Frankreich oder ein Franzose in Belgien Kläger oder Beklagter ist. In allen übrigen Fällen muß sich der Zweitrichter der Nachprüfung der Jurisdiktionsfrage enthalten, also z. B. der französische Richter, wenn ein Belgier einen Belgier oder einen Spanier in Brüssel verklagt hat und das ihm günstige Urteil in Frankreich geltend machen will. Der französische Richter dürfte in diesem Falle weder prüfen, ob der belgische Richter nach belgischem Rechte zuständig war, noch ob das franzö1 Z. B. Cour de Paris 24. Juli 1908, Journ. 36 (1909) 1070f. ; Cass. de Belgique 6. Juni 1907, Journ. 35 (1908) 2 i 5 f f . ; Note zu Cass. de France 23. Mârz 1936, Journ. 64 (1937) iogf.

* Vgl. 3

PILLET

3 0 4 f.

Vgl. unten S. 207 f.

128

§ 12.

Verträgt

mit Befolgungsregeln

zur

Jurisdiktionsfrage

sische Recht die Jurisdiktion des belgischen Staates zuläßt 1 . So weit ging keiner von den bisher besprochenen Staatsverträgen, und auch der vorliegende Vertrag darf in diesem Punkte nicht ganz wörtlich ausgelegt werden. A u s s c h l i e ß l i c h e Z u s t ä n d i g k e i t e n des Zweitstaates sind immer vom ordre public. Der französische Richter kann es unmöglich hinnehmen, daß die Eigentumsfrage bei einem in Frankreich belegenen Grundstück von einem belgischen Richter entschieden wird. Auch die Frage der Nichtigkeit eines französischen Patents gehört ausschließlich vor den französischen Richter, der unter Berufung auf die Klausel vom ordre public einem in diesem Punkte ergangenen Fremdurteil die Anerkennung versagen wird 2 . So weit die Anerkennung des Ersturteils reicht, so weit reicht auch seine Eignung für die V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g (12 III). Für die Erteilung des Exequatur ist das Gericht des Ortes der geplanten Vollstreckung zuständig, doch gilt das Exequatur für das ganze Staatsgebiet (12 II). Das Exequaturverfahren soll ein Kurzund Schnellverfahren sein. Das in diesem Verfahren ergangene Urteil unterliegt keinem Einspruch, wohl aber der Berufung innerhalb von fünfzehn Tagen. Im Gegensatze zum französisch-schweizerischen Vertrag, der wegen der Einzelheiten des Rechtsmittels einfach auf die Landesgesetzgebung verweist, schafft der französisch-belgische Vertrag in dieser unbedeutenden Frage unmittelbar geltendes Prozeßrecht3. c) B e l g i e n — N i e d e r l a n d e Als letzter von allen zweiseitigen Verträgen über Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen ist der belgisch-niederländische Vertrag von 1925 zu betrachten, der im großen und ganzen dem französisch-belgischen Vertrage von 1899 entspricht, aber an vielen Punkten Verbesserungen aufzuweisen hat. Der Vertrag ist umfangreicher als sein Vorbild, weil er das Konkursrecht ausführlicher, in einem besonderen Titel, regelt. Dafür enthält er sich jeder Bestimmung über Vormundschafts- und Erbrecht. Die Vollstreckung von Schiedssprüchen und vollstreckbaren Urkunden sowie die exterritoriale Wirkung von Vertragshypotheken behandeln beide Verträge (15—17)1 PILLET, Traité pratique de droit international privé II (1924) 7 7 i f . , unter Aufgabe seiner früheren abweichenden Ansicht: Les conventions (1913) 3i3ff. — Andr. Ans. PERROUD, Note zu Cour de Paris 18. Nov. 1927, Journ. 55 (1928) 975. 2 Cass. de France 17. März 1936, Journ. 64 (1937) 105ff. Vgl. auch Cass. 21. Jan. 1936, Sirey, Rec.gén. 1937. 8if., mit Note von NIBOYET, auch Rev. 31 (1936)

513 ff3

Vgl. Cour de Paris 28. Jan. 1914, Rev. 10 (1914) 5 6 9 !

Belgien—Niederlande

129

I. Auch der belgisch-niederländische Vertrag bringt in seinem ersten, den G e r i c h t s s t ä n d e n gewidmeten Titel („De la compétence territoriale") Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage und stellt zunächst die Belgier in den Niederlanden und die Niederländer in Belgien in der Jurisdiktionsfrage den Einheimischen gleich (i I). Überflüssig1, aber unschädlich war es daher, die dem Art. 14 Code Napoléon nachgebildeten Vorschriften des niederländischen und des belgischen Rechts für unanwendbar zu erklären, wenn ein Belgier in den Niederlanden oder ein Niederländer in Belgien verklagt wird (1 II). Weiterschauend als der französische Vertrag regelt dann der niederländische Staatsangehörigkeit und „Wohnsitz" der juristischen Personen und anderer Personengesamtheiten (2), soweit es nötig ist, um die Jurisdiktionsregeln auch auf sie anwenden zu können. Den v e r e i n b a r t e n G e r i c h t s s t a n d (5 I und II), den Gerichtsstand der N i e d e r l a s s u n g (5 III), den des A r r e s t s (7), den des Z u s a m m e n h a n g s (6 II), die Frage der R e c h t s h ä n g i g k e i t (6 I), die Zulässigkeit v o r l ä u f i g e r M a ß n a h m e n (8) regelt der niederländische Vertrag entsprechend seinem Vorbild. Die berühmte Streitfrage des französischen Vertrags wegen des forum obligationis kann bei der Handhabung des niederländischen Vertrags nicht entstehen, da Art. 4 ohne irgendwelche Einschränkung und ohne irgendwelchen Hinweis den Gerichtsstand des E n t s t e h u n g s - und des E r f ü l l u n g s o r t e s einer S c h u l d anerkennt. Der niederländische Vertrag nennt dann noch an erster Stelle den Gerichtsstand des W o h n s i t z e s des Beklagten oder seines gewöhnlichen Aufenthalts (3 I), während der französische Vertrag diesen wichtigsten aller Gerichtsstände in der französischen und belgischen Landesgesetzgebung voraussetzt und daher mit Stillschweigen übergeht. Sogar der Gerichtsstand des Klägers, d.h. des K l ä g e r w o h n s i t z e s , begegnet als staatsvertraglich zugelassener Gerichtsstand, allerdings nur äußerst subsidiär, wenn nämlich weder das Landesrecht noch der belgisch-niederländische Staatsvertrag noch andere von Belgien oder den Niederlanden abgeschlossene Verträge einen besseren Gerichtsstand aufweisen. Schon diese Abhängigkeit des letztgenannten Gerichtsstandes vom Landesrecht macht es erklärlich, daß beide Staaten versprechen, sich unmittelbar jede Änderung ihrer die Jurisdiktionsfrage betreffenden Gesetze und sonstigen Vorschriften mitzuteilen (26). Bedeutsamer noch ist diese Mitteilungspflicht für den Wohnsitzgerichtsstand des Beklagten und den vereinbarten Gerichts1

9

W . L . VAN SPENGLER, D e kracht v a n buitenlandsche vonnissen (1926) 73. J e l l l n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

130

§ 12. Verträge mit Befolgungsrege In zur

Jurisdiktionsfrage

stand, da auch diese wichtigeren Gerichtsstände nur vorbehaltlich der Ausnahmen und Einschränkungen gelten, die gegenwärtige oder k ü n f t i g e L a n d e s g e s e t z e oder internationale Verträge bestimmen (3 I i , 5 I). Die Fassung: „exceptions et modifications établies ou à é t a b l i r " ist bemerkenswert, da sie eine Streitfrage, wie beim österreichisch-ungarischen Vertrag 1 , nicht aufkommen läßt, ob nämlich der Staatsvertrag nur das gerade geltende oder auch das künftig einzuführende Landesrecht im Auge hat. Es ist klar, daß die Freiheit der autonomen Gesetzgebung auf den vom Staatsvertrag unberührt gelassenen Gebieten erst recht besteht (10). Der ganze erste Titel des Staatsvertrags gilt nur für b e l g i s c h n i e d e r l ä n d i s c h e R e c h t s b e z i e h u n g e n , d. h., wie Art. 9 klarstellt, in den Fällen, da ein Belgier in den Niederlanden oder ein Niederländer in Belgien klagt oder verklagt wird. Doch behält der Staatsvertrag Ausnahmen nach Maßgabe anderweitiger internationaler Verträge vor, wenn der Beklagte einem dritten Staate angehört. So kann der in Belgien wohnende Niederländer einen Franzosen nicht vor das forum actoris (3 II) laden, weil der französisch-belgische Staatsvertrag, wie man zwischen den Zeilen lesen muß 2 , diesen Gerichtsstand für Franzosen, die in Belgien, und für Belgier, die in Frankreich verklagt werden, als unerwünscht verwirft. Bei einer Mehrheit von Klägern oder Beklagten genügt es, daß einer von ihnen ein in Belgien klagender oder verklagter Niederländer oder ein in den Niederlanden klagender oder verklagter Belgier ist. 2. Wie der französisch-belgische behandelt auch der belgischniederländische Vertrag im zweiten Titel zunächst die R e c h t s k r a f t w i r k u n g des Ersturteils und dann erst seine V o l l s t r e c k b a r k e i t . Die erste kann ohne weiteres geltend gemacht werden, für die Vollstreckbarkeit bedarf es, wie üblich, der Erteilung eines Exequatur. Daß die Regelung beider Urteilswirkungen weiter reicht als der erste, die Jurisdiktionsfrage nur für Belgier und Niederländer regelnde Titel, bestimmt Art. 19 ausdrücklich. Hiernach finden nämlich die Vorschriften des zweiten Titels, vorbehaltlich abweichender internationaler Vereinbarungen, Anwendung ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Parteien. Der Vertrag vermeidet die irreführende Verwendung des Ausdrucks „autorité de chose jugée", den der französische Vertrag auch für noch nicht rechtskräftig gewordene Urteile braucht, und spricht statt dessen besser nur von der Anerkennung der Autorität der gerichtlichen Entscheidungen (111) : „L'autorité des décisions judi1

Vgl. oben S. 102.

* Vgl. oben S. 123.

Belgien—Niederlande

131

ciaires . . . sera reconnue . . .". In der Sache selbst folgt er aber seinem Vorbild, da auch er die Rechtskraftwirkung eines Ersturteils schon mit dessen Vollstreckbarkeit verbindet ( n I 2). Ja, er fügt noch ausdrücklich hinzu, diese Wirkung trete ein, auch wenn noch Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden könnten, „bien que des voies de recours y soient encore ouvertes". Richtiger wäre gewesen, dies bei der Regelung der Vollstreckbarerklärung zu bestimmen und bei der Rechtskraftwirkung Unanfechtbarkeit des Urteils zu verlangen 1 . Die Gründe für die Versagung der Anerkennung des Ersturteils sind die gleichen wie beim französischen Vertrag. Insbesondere beschränkt sich die N a c h p r ü f u n g der J u r i s d i k t i o n s f r a g e auch hier darauf, daß die im Staatsvertrag selbst festgelegten Regeln „territorialer Kompetenz" vom Erstrichter beachtet wurden (11 15). Verletzung autonomen Landesrechts ist unschädlich, selbst wenn ein Niederländer in Belgien oder ein Belgier in den Niederlanden Partei war und keiner von den staatsvertraglichen Gerichtsständen gegeben war, ganz allgemein in den übrigen denkbaren Fällen. Bei landesrechtlich geordneten Zuständigkeiten, .beweist das Urteil durch sich selbst die Zuständigkeit des Richters, von dem es ausgeht" 2 . Auch hier haben also die Vertragschließenden vergessen, daß es autonome Zuständigkeiten des Erststaates geben kann, die für den Zweitstaat unerträglich sind. Aber während im französisch-belgischen Vertrag die Klausel vom ordre public als Sicherheitsventil für den Schutz der vom Zweitstaat sich selbst vorbehaltenen ausschließlichen Jurisdiktion dient3, verbietet der belgisch-niederländische Vertrag ausdrücklich ein Zurückgreifen auf den ordre public bei Fragen der Kompetenz, des Beweises und des Prozeßverfahrens (11 II). Der belgische Richter müßte es also, um beim Beispiel des französisch-belgischen Vertrages zu bleiben, hinnehmen, daß ein niederländisches Gericht ein belgisches Patent für nichtig erklärt, nichtig auch für das Gebiet des belgischen Staates, und müßte diesem Urteil auch noch Wirkung für das belgische Staatsgebiet verschaffen. Ob er im Ernstfall so verfahren würde? Vermutlich nein. Vermutlich würde er mit einer stillschweigenden, zusätzlichen Vereinbarung der Vertragsstaaten arbeiten, die dahin gehe, daß jedem Staat die Ausschließlichkeit der von ihm selbst für ausschließlich erklärten Gerichtsstände gewahrt bleiben müsse. Auch diese stillschweigende Vereinbarung wäre eine „règle de compétence 1 2 3



Vgl. unten S. 207 f. Rapport sur le projet de Convention ( X V I I I Abs. 5), abgedruckt in A c t e s 370. Vgl. oben S. 128.

132

§ 12.

Verträge mit Befolgungsregeln zur

Jurisdiktionsfrage

territoriale établie par la Convention", deren Beachtung der Zweitrichter nach Art. n I 5 verlangen könnte. Allerdings müßte der Richter, um solche Erwägungen anzustellen, etwas beweglicher sein als die Rechtbank von Rotterdam in ihrer Entscheidung vom 26. Juni 1931 1 , die die Einrede der R e c h t s hängigkeit des Streites vor einem belgischen Gerichte verwarf, weil die streitenden Parteien weder niederländischer noch belgischer Staatsangehörigkeit waren. Das Gericht hielt sich einfach an Art. 6 I 1 des Vertrages, der die Rechtshängigkeit in der Tat nur für den Fall behandelt, daß wenigstens eine von den Parteien niederländischer oder belgischer Staatsangehörigkeit ist, und auch dies nur im Rahmen einer internationalen Streitsache im Sinne des Art. 9 I. Daneben gibt es aber auch noch für alle Streitfälle, auch solche zwischen Angehörigen fremder Staaten, die Bestimmungen über die Anerkennung von Ersturteilen im Zweitstaat (n), denen mittelbar zu entnehmen ist, daß der Staatsvertrag widersprechende Urteile in der gleichen Sache innerhalb des gesamten Vertragsgebietes genau so vermieden wissen will, wie die Landesgesetzgebung innerhalb des Staatsgebietes2. Solche Erwägungen hätte die Rechtbank von Rotterdam bei Handhabung des belgisch-niederländischen Vertrages umso mehr anstellen sollen, als dieser Staatsvertrag der Vermeidung widersprechender U r t e i l e seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Den Widerspruch eines Ersturteils mit einem Urteil des Zweitstaates übergeht er allerdings mit Stillschweigen, hier muß das Sicherheitsventil des ordre public herhalten, eine Lösung, die noch immer besser ist als eine unüberlegte oder unklare ausdrückliche Regelung des Falles. Aber als einziger von allen Staatsverträgen sorgt er dafür, daß innerhalb des Z w e i t s t a a t e s keine widersprechenden Entscheidungen über die Anerkennimg eines Ersturteils möglich sind. Gewiß, soweit das Exequatururteil in Frage kommt, sorgt schon der französisch-belgische Vertrag dafür, daß es sicheres Recht im ganzen Bereiche des Zweitstaates schafft, also auch alle zweitstaalichen Gerichte bindet. ,,11 a effet dans toute l'étendue du territoire" (12 II). Dagegen hat kein Staatsvertrag bisher daran gedacht, auch für die bloße Anerkennung erststaatlicher Urteile, insbesondere für die exceptio rei judicatae, widersprechende Entscheidungen innerhalb des Zweitstaates unmöglich zu machen. Nur einige italienische Verträge der neuesten Zeit, nämlich die mit der Schweiz, den Niederlanden und dem Deutschen 1 1

Bull. 26 (1932) 1 1 7 . Näheres hierüber unten S. 201 f.

Belgien—Niederlande

133

Reiche (i II), sehen die Möglichkeit der landesrechtlichen Einführung eines besonderen Anerkennungsverfahrens vor. Der belgisch-niederländische Vertrag ist aber der erste und einzige Staatsvertrag, der das besondere Problem erkannt und durch eigene Bestimmungen gelöst hat, ohne die Anerkennungswirkung des Urteils abzuschwächen, wie dies bei den erwähnten italienischen Verträgen der Fall ist. Der Zweitrichter hat hier nämlich auch bei der bloßen Geltendmachung der im Erststaat rechtskräftig entschiedenen Sache nicht nur für den konkreten Fall, sondern auch für alle künftigen Fälle von Amts wegen zu prüfen, ob das Ersturteil den an seine Anerkennung im Zweitstaat zu stellenden Anforderungen genügt. Er hat zu diesem Zwecke alle beteiligten Parteien zu laden und muß, wenn er das Ersturteil anerkennen will, in seiner Entscheidung ausdrücklich feststellen, daß es den für seine Anerkennung aufgestellten Voraussetzungen entspricht. Die Entscheidung bindet dann alle Parteien und alle Gerichte des Zweitstaates ( n III). Ergeht sie früher als das Exequatururteil, so ist auch der Exequatur-Richter an sie gebunden. Ergeht sie nach Erteilung des Exequatur, so ist der über die Anerkennung entscheidende Richter an das Exequatururteil gebunden, da der Exequaturrichter bei seiner Entscheidung genau so verfahren mußte, wie es für den Anerkennungs-Richter bestimmt ist (12 III). Die Bindung des Anerkennungs-Richters an die Entscheidung des Exequatur-Richters ist zwischen den Zeilen auch in anderen Staatsverträgen zu lesen. Dagegen ist die bindende Kraft der Entscheidung des Anerkennungs-Richters eine glückliche Neuerung des belgisch-niederländischen Vertrages. III. R ü c k b l i c k § i3Maßgebend für die Systematik des hiermit abgeschlossenen Überblicks über die geltenden oder vor dem zweiten Weltkrieg in Geltung gewesenen Verträge war nach früheren Andeutungen 1 , und wie die Überschriften der einzelnen Gruppen lehren, die Behandlung der Jurisdiktionsfrage in ihnen. Im großen und ganzen kamen so die miteinander auch sonst verwandten Verträge in nachbarliche Nähe zu stehen. Wo dies ausnahmsweise nicht der Fall war, wie beim italienisch-türkischen und dem österreichisch-türkischen Vertrag oder dem österreichisch-bulgarischen Vertrag und den ihm nachgebildeten späteren Verträgen, wurde die, abgesehen von der Jurisdiktionsfrage bestehende, innere Zusammengehörigkeit der Ver1

Oben S. 62.

134

§ 13.

Rückblick

träge durch entsprechende Hinweise hervorgehoben. Aber jetzt, nach genauerer Betrachtung der einzelnen Verträge .zeigt es sich, daß gerade die Jurisdiktionsfrage noch feinere Unterteilungen möglich gemacht hätte. Wir haben diese verfeinerte Systematik mit Absicht vernachlässigt, um den Überblick nicht zu stören. Doch sei auf die Frage hier, am Schlüsse der vergleichenden Darstellung, kurz eingegangen. Da ist zunächst der französisch-italienische Vertrag von 1930. Er steht unter den Verträgen mit bloßen Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage, und dies ist auch sein systematischer Hauptort. Doch enthält er, wie gezeigt \ auch einige wenige Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage, insbesondere die Teil-Ausschaltung des Art. 14 Code Napoléon, so daß er bei einer pedantischen Systematik eine Gruppe für sich bilden müßte. Umgekehrt enthalten die drei zuletzt gewürdigten, mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage versehenen Verträge zwischen Frankreich und der Schweiz, Frankreich und Belgien, Belgien und den Niederlanden nicht nur solche Befolgungsregeln, sondern für die nicht besonders geregelten Fälle auch Beurteilungsregeln, die allerdings bei einer Gesamtbetrachtung der Verträge stark in den Hintergrund treten. Vor allem aber begnügen sich die wenigsten der Verträge, die, sei es als Beurteilungs-, sei es als Befolgungsregeln, bestimmte Gerichtsstände anerkennen, mit der Aufzählung solcher Gerichtsstände, enthalten vielmehr fast durchweg d a n e b e n noch eine G e n e r a l k l a u s e l für die Anerkennung von Gerichtsständen in den vom Vertrage nicht im einzelnen geregelten Fällen. G a n z ohne solche K l a u s e l kommt nur der palästinensisch-ägyptische Vertrag aus, wenn man die Worte „without Jurisdiction" richtig deutet2, und, abgesehen von Prozessen über den Personenstand, das Familien- und das Erbrecht, der Vertrag zwischen der Schweiz und Schweden. Hiermit nahe verwandt sind die Verträge zwischen Österreich und Ungarn, Deutschland und der Schweiz, die eine allgemeine Klausel nur zugunsten der a u s s c h l i e ß l i c h e n Z u s t ä n d i g k e i t e n des Z w e i t s t a a t e s bringen, sowie die Verträge zwischen Italien einerseits und den Niederlanden und Deutschland andererseits, die außerdem noch die nach der Zweitgesetzgebung zu beurteilenden a u s s c h l i e ß l i c h e n Z u s t ä n d i g k e i t e n v o n D r i t t s t a a t e n vorbehalten. Dagegen enthält eine ganz allgemeine Beurteilungsregel zur Jurisdiktionsfrage in u n b e s t i m m t e r F a s s u n g der Vertrag zwischen Frankreich und der 1

Oben S. 106.

2

Vgl. oben S. 85.

§ 13.

Rückblick

135

Schweiz, auf die G e s e t z g e b u n g des Z w e i t s t a a t e s verweisen allgemein die Verträge zwischen Österreich-Ungarn und Bulgarien, Bulgarien und Jugoslawien, Frankreich und Italien, Italien und der Schweiz, Großbritannien und Frankreich, Großbritannien und Belgien. Die sonst sehr seltene, nur noch im italienisch-türkischen Vertrage vorkommende, ausdrückliche Verweisung auf die G e s e t z g e b u n g des E r s t s t a a t e s endlich findet man, allerdings als bloßen Hinweis, im französisch-belgischen und im belgisch-niederländischen Vertrage. Erst diese Feststellung gibt ein richtiges Bild von der B e d e u t u n g der G e n e r a l k l a u s e l n in der Jurisdiktionsfrage, da man sonst, getäuscht durch die Anerkennung bestimmter, einzeln aufgezählter Gerichtsstände in den wichtigeren Verträgen, namentlich neueren Datums, fälschlicherweise geneigt sein könnte, die Generalklausel als eine absterbende oder überholte Einrichtung anzusehen. In der Tat findet sich nämlich eine Generalklausel r e i n , also allein, ohne Festsetzung bestimmter Gerichtsstände, nur in den vor 1907 abgeschlossenen p r i m i t i v e n i t a l i e n i s c h e n Verträgen und dem s c h w e i z e r i s c h - s p a n i s c h e n Vertrage von 1896, und zwar hier in unbestimmter Fassung; ferner in der Form einer Verweisung auf die Gesetzgebung des Zweitstaates im i t a l i e n i s c h t s c h e c h o s l o w a k i s c h e n Vertrag von 1922/1948 als einzigem heute voll wirksamen Vertrag dieser Gruppe, da die beiden anderen „römischen Verträge" von 1922 noch nicht wieder in Kraft gesetzt sind. Der badisch-aargauische Vertrag mag zwar noch gelten, tritt aber hinter dem deutsch-schweizerischen Vertrage zurück. In der Form einer doppelten Verweisung: auf die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts und auf die Gesetzgebung des Erststaates findet sich die Generalklausel nur im i t a l i e n i s c h t ü r k i s c h e n Vertrage von 1926. Wäre nicht der — wenig bedeutende — schweizerisch-spanische Vertrag von 1896, so wären voll wirksame Verträge mit reiner Generalklausel nur die älteren und zwei neuere i t a l i e n i s c h e Verträge, gewiß ein Anreiz für die hochentwickelte italienische Wissenschaft vom internationalen Prozeßrecht , dem Sinne der verschiedenen Abarten der Klausel auf den Grund zu gehen, aber kaum ein genügender Anlaß zu einer a l l g e m e i n e n Theorie der internationalen Jurisdiktion. Indessen ändert sich das Bild durch die oben gewonnene Erkenntnis, daß es auch unter den Verträgen mit einzeln aufgezählten Gerichtsständen kaum einen wichtigen Vertrag ganz ohne Generalklausel zur Jurisdiktionsfrage gibt. Der palästinensisch-ägyptische und der schweizerisch-schwedische Vertrag waren die einzigen Verträge ohne solche Klausel, die begegneten.

136

§13-

Rückblick

Bei der k r i t i s c h e n G e s a m t w ü r d i g u n g der Verträge können wir daher auf eine allgemeine Theorie der internationalen Jurisdiktion nicht verzichten. Sie wird ein Hauptstück der Würdigung und zugleich den Schlußabschnitt dieser Abhandlung bilden. Doch kommen auch die übrigen, wichtigeren Fragen des Gegenstandes zu ihrem Rechte. Der erste Paragraph der folgenden Würdigung (§ 14) ist daher dem Rahmen der Verträge und ihrer äußeren Gestaltung gewidmet, der zweite (§ 15) dem Verhältnis des in den Verträgen niedergelegten Völkerrechts zum Landesrecht, zum sonstigen Völkerrecht und zur Privatautonomie, der dritte (§ 16) dem Gegenstande der Verträge, der vierte (§ 17) der Prüfung der Erstentscheidung durch den Zweitrichter und ihrer Vollstreckbarerklärung, doch unter Zurückstellung der Jurisdiktionsfrage; der fünfte und letzte (§ 18) eben der Jurisdiktionsfrage selbst. Diese Verlegung der Jurisdiktionsfrage an den Schluß der ganzen Abhandlung entspricht allerdings nicht ganz dem Bilde J I T T A S von ihr als Lokomotive, die alle anderen Fragen wie Waggons hinter sich her zieht1, wohl aber ihrer Wichtigkeit, die es nicht gestattet, sie nur im Rahmen der sonstigen, vom Zweitrichter zu beachtenden Prüfungspunkte zu erörtern. 1

Vgl. oben S. 62.

C. Kritische Gesamtwürdigung § 14. Rahmen und Gestalt der Staats vertrage

I. V e r b i n d u n g m i t a n d e r e n M a t e r i e n o d e r S e l b s t ä n d i g k e i t An sich ist es eine minder wichtige Zweckmäßigkeitsfrage, ob die Anerkennung und Vollstreckung auswärtiger Urteile in einem selbständigen Vertrage vereinbart werden soll oder in Verbindung mit anderen Gegenständen. Nur sollten diese anderen Gegenstände mit unserer Frage verwandt sein, also zum mindesten dem Bereiche der Justiz angehören. Das Auftauchen eines Abschnitts über die Anerkennung und Vollstreckung auswärtiger Urteile mitten in einem Handels- und Schiffahrtsvertrag, wie dies bei den italienisch-lateinamerikanischen Verträgen die Regel ist, oder in einem Konsularvertrag verletzt etwas das Stilgefühl. Allerdings, wenn eine solche Vereinbarung nur im Zuge eines derartigen größeren Vertrages zu erreichen ist, schweigen die Bedenken, das Bessere soll auch hier nicht des Guten Feind sein. Doch schon beim Abschluß des Vertrages wird sich leicht ein Mangel ergeben, nämlich der, daß man die gebührende Heranziehung der beiden Justizministerien vernachlässigt. Vor allem aber beeinflußt die Verkoppelung unserer Frage mit Gegenständen des Handels, der Schiffahrt, der Niederlassung, der konsularischen Befugnisse u. dgl. die L e b e n s d a u e r der Vereinbarung ungünstig. Handelsverträge sind viel leichter der Kündigung ausgesetzt als Verträge über Urteilsvollstreckung, ja, es ist die erstaunliche Tatsache festzustellen, daß es kaum einen einzigen besonderen Vertrag über Urteilsvollstreckung innerhalb der letzten hundert Jahre gibt, der durch Kündigung ersatzlos wegfiel. Der österreichisch-badische Vertrag von 1856 1 bildet die einzige Ausnahme, und auch da war ein Ersatz in der zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich verbürgten Gegenseitigkeit vorhanden. Sonst waren es nur staatliche Umbildungen, die einen Vollstreckungsvertrag beseitigten2. Dagegen fielen die italienischen Handelsverträge mit Nicaragua (1868), Guatemala (1868), Uruguay (1885) und die mexikanischen mit San Salvador (1893) und Honduras 1

Vgl. oben S . * Vgl. oben S .

53. 56 ff.

138

§ 14. Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

(1908) durch Kündigung weg und mit ihnen die Vereinbarungen über Urteilsvollstreckung, von denen nur die zwischen Italien und Nicaragua erneuert wurde (1906). Stellt man die Erwägung, den Vertrag möglichst vor einer Kündigung zu bewahren, in den Vordergrund, so ist überhaupt jeder Verkoppelung des Vertrages mit andern, wenn auch verwandten Gegenständen zu widerraten. Wohl ließe sich bei allgemeinen Rechtshilfeverträgen, Verträgen über den gegenseitigen rechtlichen Verkehr und dgl. auch die Möglichkeit von Teilkündigungen vereinbaren (z. B.Öst.—Jug. 62 II), doch führt dies zu Schwierigkeiten, wenn die einzelnen Teile des Vertrags in schwer voraussehbarer Weise irgendwie miteinander zusammenhängen. So geht denn auch offenbar die geschichtliche Entwicklung in der Richtung einer V e r s e l b s t ä n d i g u n g der Verträge über Anerkennung und Vollstreckung auswärtiger Urteile. Auch die Fragen des i n t e r n a t i o n a l e n K o n k u r s r e c h t s gehören nicht in einen solchen Vertrag, seit die wohl überlegten Entwürfe der 5. Haager Konferenz beide Gegenstände getrennt haben 1 . So behandeln denn die großen neuesten europäischen Verträge, nämlich die zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz (1929), dem Deutschen Reich und Italien (1936), Italien und der Schweiz (1933), Italien und den Niederlanden (1935), der Schweiz und Schweden (1936), Großbritannien und Frankreich (1934), Großbritannien und Belgien (1934), den Gegenstand völlig stilrein, unter Vernachlässigung des Konkursrechts. Innerhalb dieses Jahrzehnts findet sich einzig im französisch-italienischen Vertrag von 1930 und in dem durch den neuen Vertrag von 1949 ersetzten polnisch-tschechoslowakischen Vertrag von 19342 auch eine Regelung des Konkursrechts. Dies und die gleiche Regelung im belgisch-niederländischen Vertrage von 1925 sind aber nur noch die letzten Ausläufer einer durch den französisch-belgischen Vertrag von 1899 verkörperten Rechtsepoche.

II. Ü b e r s c h r i f t Die Überschrift der Verträge richtet sich nach ihrem Inhalt. Welch — kleines — Unheil durch eine ungenaue Überschrift angerichtet werden kann, lehrte der Vertrag zwischen Italien und Costa Rica von 1873, der allerdings die sehr verschiedenen Gegenstände seines Inhalts in seiner eigenen Überschrift nennt, aber weder in seiner Einleitung, noch im italienischen Vollzugsdekret Vgl. oben S. 35. « SdN. 178 S. 159; UN. 31 S. 262.

1

II.

Überschrift

139

vom 23. April 1875 selbst, noch in dessen Überschrift die Urteilsvollstreckung anders erwähnt als durch ein oder zwei „etc.". So kam es, daß viele italienische Gelehrte ihn als Vollstreckungsvertrag einfach übersahen1. Bei den selbständigen Verträgen fragt es sich, ob es zweck mäßig ist, die Anerkennung auswärtiger Urteile neben der Voll" Streckung besonders zu erwähnen, sofern der Vertrag kein reiner Vollstreckungsvertrag ist wie z. B. die zwischen Frankreich und der Schweiz, Österreich und Ungarn, Palästina und Ägypten. Gerade zur Unterscheidung der Nur-Vollstreckungsverträge, von denen, die auch die Anerkennung behandeln, sollte bei den letzten das Wort „Anerkennung" in der Überschrift nicht fehlen. Man findet es denn auch in einigen, dem Haager Entwurf nachgebildeten Verträgen und neuestens in den Verträgen des Deutschen Reichs mit der Schweiz und Italien, Italiens mit der Schweiz und den Niederlanden, der Schweiz mit Schweden. Da lange Überschriften nach Möglichkeit zu vermeiden sind, fragt es sich weiter, ob nicht die Verträge, die Anerkennung und Vollstreckung behandeln, mit einem Worte gekennzeichnet werden könnten. Dies ist in der Tat durch das eine Wort „Anerkennung" möglich, da auch die Vollstreckbarerklärung eines Ersturteils im Zweitstaat eine Form der Anerkennung des Ersturteils bedeutet. Da es zudem sehr unwahrscheinlich ist, daß zwei Staaten einen selbständigen Vertrag nur zum Zwecke der Anerkennung auswärtiger Urteile im engeren Sinne abschließen, ist kein Zweifel möglich, daß ein Vertrag „über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen" deren Vollstreckung mit umfaßt. So ließe sich z. B. in der Überschrift des deutsch-schweizerischen Vertrages „über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen" manches streichen. Nimmt man „gerichtliche Entscheidung" als pars pro toto, nämlich als Kurzbezeichnung für alle Vollstreckungstitel, wie gerichtliche Entscheidungen im engeren Sinne, gerichtliche Vergleiche, Schiedssprüche und vollstreckbare Urkunden, so kann man den Zusatz: „und Schiedssprüchen" ohne Gefahr für die Verständlichkeit weglassen, ebenso versteht sich das „gegenseitig" von selbst. Läßt man dann noch die Vollstreckung eines Urteils als eine Form seiner Anerkennung gelten, so hat man die oben genannte kurze Überschrift: „Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen", während die Überschrift: „Vertrag über die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen" den reinen Vollstreckungsverträgen vorzubehalten wäre. 1

Vgl. oben S. 47 f.

140

§ 14• Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

Es ist kein Zufall, daß die französischen und die von ihnen mittelbar beeinflußten Verträge, selbst wenn sie neben der Urteilsvollstreckung auch die Urteilsanerkennung regeln, in der Überschrift doch nur die Vollstreckung erwähnen, so die Verträge mit Belgien, Großbritannien und Italien sowie die beiden übrigen belgischen Verträge. Denn im Grunde können sich die Franzosen nur schwer von der Vorstellung frei machen, daß das ausländische Urteil erst durch französisches Exequatur in die Sphäre des französischen Rechts erhoben wird 1 — eine Auffassung, die innerhalb des staatsvertraglichen Rechts nur bei reinen Vollstreckungsverträgen, also nur im Verhältnis zur Schweiz, einen guten Sinn hat. Zu billigen ist, daß der belgisch-niederländische Vertrag, anders als das französisch-belgische Vorbild, den Konkurs, ,,la faillite", in seiner Überschrift ausdrücklich erwähnt, da man im allgemeinen die gerichtliche Eröffnung des Konkurses nicht zu den Zivilurteilen rechnet. Vor allem aber ist die Nennung der „compétence judiciaire (territoriale)" in den Überschriften des französisch-schweizerischen, des französisch-belgischen und des belgisch-niederländischen Vertrages, auch wenn man für möglichste Kürze ist, durchaus angebracht, weil diese drei Verträge, wie schon oft betont, Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage enthalten, Vorschriften also für den Erstrichter, die ihre Bedeutung unabhängig von der Anerkennung und Vollstreckung des Ersturteils im Zweitstaate haben und daher selbst dann Geltung hätten, wenn man sich den ganzen Abschnitt über Urteilsanerkennung und -Vollstreckung wegdächte. III. S y s t e m a t i k In den soeben besprochenen Zusammenhang gehört auch für die Verträge, die Anerkennung und Vollstreckung umfassen, eine Frage der R e i h e n f o l g e . Was ist an erster Stelle zu regeln: die Anerkennung oder die Vollstreckung ? Fast alle neueren Verträge, einschließlich des Haager Entwurfs von 1925, stellen die Anerkennung voran, dagegen haben sich der österreichisch-bulgarische Vertrag von 1911 und der ihm folgende österreichisch-jugoslawische sowie der bulgarisch-jugoslawische Vertrag für die andere Reihenfolge entschieden. Nach Art. 25 des österreichisch-bulgarischen Vertrags haben die in den Gebieten eines der vertragschließenden Teile erlassenen Entscheidungen in den Gebieten des anderen Teiles die nämliche Kraft und nämliche Wirkung wie die inländischen Entscheidungen, „vorausgesetzt, daß sie daselbst auf Grund des gegenwärtigen Ab1

V g l . NIBOYET, R e v . 26 (1931) 33off.

III,

Systematik

141

kommens vollstreckbar wären". Die Vollstreckung aber regeln die vorangehenden Artikel n — 2 4 . Man braucht nur zu überlegen, und der Fehler der Reihenfolge im österreichisch-bulgarischen Vertrage wird klar. Zunächst gibt es Feststellungsurteile, die der Vollstreckung gar nicht fähig sind und doch die Wirkungen der res judicata ausüben. Dann gibt es Urteile, deren Vollstreckbarkeit durch Befriedigung des Klägers erloschen ist, die aber trotzdem auch im Zweitstaat weiterwirken, etwa wenn der im Erststaat unterlegene Beklagte versuchen würde, vor einem Gericht des Zweitstaates die condictio indebiti geltend zu machen. Nicht die Vollstreckbarkeit ist eine Voraussetzung der Anerkennung eines Urteils, sondern die Anerkennung eine Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung, und daher die Reihenfolge: Anerkennung, Vollstreckung richtig. Ein kleiner Rest bliebe so allerdings unaufgelöst, wenn der Staatsvertrag ausnahmsweise die Vollstreckbarerklärung noch nicht rechtskräftiger Urteile zuließe und diesen Urteilen nicht zugleich die Eigenschaft der rechtskräftig entschiedenen Sache beilegte. In der Tat gibt es vier bedeutsame Verträge, die britischen und die belgischen, die das mit einem Rechtsmittel anfechtbare Urteil wie ein rechtskräftiges ansehen, aber alle vier Verträge behandeln ein solches Urteil in j e d e r Beziehung wie ein rechtskräftiges Urteil, für die Anerkennung der res judicata nicht anders als für die Vollstreckbarerklärung, so daß auch hier die Reihenfolge: Anerkennung, Vollstreckung richtig bleibt. Im übrigen fallen Fragen der Systematik bei solch kurzen und daher übersichtlichen Verträgen, wie es die Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge sind, wenig ins Gewicht, obgleich sich hier über manche Frage streiten ließe. Besondere Sorgfalt in der Systematik tritt im österreichisch-bulgarischen Vertrag und seinen Nachahmungen entgegen. Namentlich unterscheidet er, abweichend von sonstigen Verträgen, solche Versagungsgründe für die Vollstreckbarerklärung des Ersturteils, die von Amts wegen, und solche, die nur auf Widerspruch des Vollstreckungsschuldners zu berücksichtigen sind (Art. 13, 14, 17). Diese Unterscheidung kann aber sinnvoll nur von solchen Staaten übernommen werden, die den Gläubiger bis zur Sicherstellung (nicht Befriedigung) seines Anspruchs so klar begünstigen wollen, wie dies im österreichischbulgarischen Vertrage geschehen ist. Der Schlüssel zum Verständnis liegt nämlich im Art. 19 I : „Über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung entscheidet die zuständige Behörde des ersuchten Staates ohne Einvernehmung des Verpflichteten." Diese Entscheidung soll also möglichst rasch ergehen und wird auch sofort

142

§ 14• Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

in Vollzug gesetzt (211). Erst jetzt, wenn der als „faul" vermutete Schuldner nicht mehr entrinnen kann, steht ihm eine Reihe von Einwendungen zu Gebote, die der Zweitrichter bei der Eiligkeit des Verfahrens nicht von Amts wegen hatte prüfen können. Für Staatsverträge also, die, wie der französisch-schweizerische, eine mündliche Verhandlung vor Erteilung des Exequatur vorsehen, eignet sich die Systematik des österreichisch-bulgarischen Vertrages wenig. IV. S p r a c h e Wenn Deutschland mit Italien, wenn Frankreich mit England einen Staatsvertrag abschließt, dann versteht sich die Z w e i s p r a c h i g k e i t von selbst, und diese amtliche Abfassung des Vertrages in zwei für die Auslegung gleichberechtigten Sprachen ist kein Nachteil, wie man leicht annehmen könnte, sondern ein Vorteil, da bei unklaren oder mehrdeutigen Stellen der eine Vertragstext zur Ergänzung des andern herangezogen werden kann. Wir erinnern uns des schweizerisch-spanischen Vertrags von 1896, dessen „pourra être refusée" durch die spanische Wendung ,,no podrá negarse sino" berichtigt werden konnte 1 . Unlösbare Widersprüche dürften demgegenüber selten sein. Andrerseits wird ein französischbelgischer oder ein französisch-schweizerischer Vertrag e i n s p r a c h i g sein, da in Belgien und in der Schweiz das Französische Amtssprache oder a u c h Amtssprache ist. Des Vorteils der Ergänzung eines Vertragstextes aus dem andern geht man allerdings hierbei verlustig, eine amtliche Ubersetzung des Vertrags hat nicht den gleichen authentischen Wert wie ein zweiter Originaltext, obgleich auch die Übersetzung noch gewisse Dienste leisten kann 2 . Dagegen ist es immer mit gewissen Gefahren verbunden, wenn einer von den Vertragsstaaten oder wenn beide Vertragsstaaten eine F r e m d s p r a c h e wählen. Man kann eine fremde Sprache noch so gut zu beherrschen meinen, bis in ihre letzten Feinheiten werden doch nur besonders sprachbegabte Leute vordringen. Das „dans ce cas" des Vertrags der Tschechoslowakei mit Rumänien 3 sollte ein warnendes Beispiel für solche Versuche sein. Wirkliche Entgleisungen werden allerdings kaum vorkommen, wenn wenigstens der eine von den beiden Vertragsstaaten bei seiner eigenen 1 2

Vgl. oben S. 84 f. Vgl. z. B . CURTÍ, D e r Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich

(1879) 3

2 1 , 69 A n m .

Oben S. 95 f.

2.

IV. Sprache.

V. Räumlicher

Geltungsbereich

143

Sprache bleibt, wie es beim französischen Text des französischitalienischen Vertrages der Fall ist. Dafür hat aber diese Form des Vorgehens den Nachteil, daß sich der Vertragspartner, der sich seiner Muttersprache bedient, auf einem ihm vertrauteren Boden bewegt als der andere Vertragspartner und daher bei gewissen Fachausdrücken andere Vorstellungen haben kann als der Gegner. Selbst beim französisch-schweizerischen Vertrage von 1869 hat man bisweilen den Eindruck, daß der Schweizer Unterhändler des deutschen Namens K E R N nicht im gleichen Maße französisch empfand wie der französische Unterhändler. Mit dem Ausdruck „en matière mobilière et personnelle" im ersten Artikel des Vertrages z.B. verbanden sich für den Franzosen Vorstellungen, die dem Schweizer nicht ohne weiteres geläufig sein konnten 1 . Über den s p r a c h l i c h e n S t i l läßt sich nichts allgemeines sagen, da hier jeder Staat nach Überlieferung und Muttersprache seine eigenen Wege geht. Wenn ein britischer Vertrag nur um den Preis der Schwerfälligkeit der britischen Juristensprache zu haben ist, so zahle man den Preis und verzichte auf eine von außen kommende Kritik der Sprache. Wichtiger ist es in solchen Fällen, das Gute des fremden Stils herauszufinden, so das britische Bestreben nach abgekürzten Bezeichnungen und authentischen Erläuterungen, Nennung der Gerichte, auf deren Entscheidungen sich das Abkommen bezieht, mit ihrem Namen, Mitteilung des Wortlauts der französischen (6 II) oder belgischen (7 II) Vollstreckungsklausel, die zur Registrierung des Ersturteils in Großbritannien führen wird, alles Eigenarten der britischen Verträge, die vom praktischen Sinn der Engländer zeugen.

V. R ä u m l i c h e r G e l t u n g s b e r e i c h Verträge zwischen in sich geschlossenen Staaten ohne außereuropäische Besitzungen bedürfen keiner besonderen Bestimmung über ihren räumlichen Geltungsbereich. Dagegen müssen die K o l o n i a l r e i c h e zu erkennen geben, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vertrag auch für die Kolonien und sonstige Nebengebiete Geltung haben soll. Diese Notwendigkeit wurde beim Abschluß der neueren Verträge erkannt, so bei den Verträgen Italiens mit Frankreich (38), mit der Schweiz (16), den Niederlanden (15) und dem Deutschen Reiche (17), den Verträgen Großbritanniens mit Frankreich und Belgien (11—13) und beim belgisch-nieder1

Vgl.

CURTI

a. a. O.

aof.

144

§ 14• Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

ländischen Vertrag (27). Die algerische Streitfrage1 kann daher bei den neueren französischen Verträgen nicht mehr auftauchen. Bei Staaten mit p r o v i n z i a l v e r s c h i e d e n e n R e c h t s o r d nungen kann die Frage entstehen, welche von diesen Rechtsordnungen gemeint ist, wenn der Staatsvertrag auf die Gesetzgebung eines dieser Staaten verweist. So findet sich im Art. 41 des österreichisch-jugoslawischen Vertrages die bekannte österreichische Jurisdiktionsformel, nämlich daß die Zuständigkeit des Erstgerichts dann für begründet gilt, wenn die Rechtssache „nach den Gesetzen des ersuchten Staates" bei einem Gerichte des andern vertragschließenden Staates anhängig gemacht werden konnte. Welche Gesetzgebung ist damit bei einem aus verschiedenen Rechtsgebieten zusammengesetzten Staate, wie dem jugoslawischen, gemeint ? Nach dem Schlußprotokoll zu Art. 41 kommt es auf den Ort der geplanten Vollstreckungshandlung an; das bedeutet, daß ein österreichisches Urteil unter Umständen nur in einem Teilgebiet von Jugoslawien anerkannt und vollstreckt wird. Ob diese Lösung erwünscht ist, läßt sich bezweifeln. Doch verdient Beachtung, daß der Vertrag das Problem erkannt und auf seine Art zu lösen versucht hat. Die wichtigste Frage des räumlichen Geltungsbereiches, nämlich die des E i n f l u s s e s von G e b i e t s ä n d e r u n g e n auf die Anwendbarkeit eines Vertrages, läßt sich nicht gut in den Verträgen selbst regeln, zumal ein Staat weder den Fall eines Gebietsverlustes noch den eines einseitig bestimmten Gebietszuwachses offen ins Auge fassen dürfte. So bleibt nur die Möglichkeit n a c h t r ä g l i c h e r E r k l ä r u n g e n der beteiligten Staaten, wie der deutsch-italienische Notenwechsel vom 15. August 1938 oder der deutsch-jugoslawische Notenwechsel vom 30. Januar/13. Februar 19392, die sich beide auf die Eingliederung Österreichs in das deutsche Reich bezogen, und der Wunsch, daß alle mit Gebietsänderungen zusammenhängenden Fragen auf diese oder ähnliche Weise tunlichst bald nach Eintritt der Änderung geklärt werden. VI. Persönlicher G e l t u n g s b e r e i c h Der Haager Entwurf von 1925 enthält in Art. 5 die wichtige Regel, daß es bei der Anwendung des Vertrages auf die S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t der P a r t e i e n nicht ankomme. ,,Les dispositions de la présente Convention s'appliquent, quelle que soit la nationalité des parties." 1 1

Cour d'Alger 6. April 1911, zum fr.-schw. Vertrag, Journ. 39 (1912) 837ff. S. oben S. 58!

VI.

Persönlicher Geltungsbereich

145

Im großen und ganzen ist dieser Vorschlag geltendes Recht. Manche Verträge haben ihn nahezu wörtlich dem Haager Entwurf entnommen, namentlich die auch in der Jurisdiktionsfrage dem Haager Entwurf folgenden Verträge der Tschechoslowakei und der Schweiz aus den Jahren 1926 und 1927. Aber auch, wo der Satz fehlt, ist die Staatsangehörigkeit der Parteien in der Regel unerheblich. Eine Ausnahme machen zunächst die wenigen Verträge, die, wie die beiden deutschen von 1929 und 1936, nicht-vermögensrechtliche Streitigkeiten und Erbschaftsstreitigkeiten einer besonderen Regelung unterziehen, in denen das Recht der Staatsangehörigkeit zur Geltung kommt, oder gewisse Vorschriften des materiellen internationalen Privatrechts den eigenen Angehörigen gegenüber gewahrt wissen wollen. Auf die Frage wird noch zurückzukommen sein 1 . Schwerer ins Gewicht fallen die Ausnahmen der Verträge mit B e f o l g u n g s r e g e l n zur J u r i s d i k t i o n s f r a g e , also die Verträge Frankreichs mit der Schweiz und Belgien und der belgisch-niederländische Vertrag. Zwar bestimmt auch der letztgenannte Vertrag die Unabhängigkeit des Titels, an dessen Schlüsse die Bestimmung steht, von der Staatsangehörigkeit der Parteien (19), aber eben nur dieses zweiten Titels, der die Anerkennung und Vollstreckung der Ersturteile im Zweitstaat regelt, nicht auch des ersten, der Jurisdiktionsfrage im Verhältnis zwischen Belgiern und Niederländern gewidmeten Titels. Gerade bei der Behandlung der Jurisdiktionsfrage aber ist hier die Staatsangehörigkeit der Parteien von entscheidender Bedeutung. Dies hängt hauptsächlich mit dem unerwünschten französischen forum actoris und der ebenso unerwünschten französischen Justizverweigerung Ausländern gegenüber zusammen.2 Wenn Frankreich diesen seinen egoistischen Nationalismus einschränkt, so tut es dies nur, wenn ihm dafür bestimmte Gerichtsstände im andern Vertragsstaate gesichert werden, also nur für Gegenleistungen von Seiten eines bestimmten Staates. Folglich muß Frankreich seine Vergünstigungen davon abhängig machen, daß am Rechtsstreit im Erststaat ein Franzose oder ein Angehöriger des Erststaates beteiligt ist, da es sonst dritte Staaten ohne entsprechende Gegenleistung begünstigen würde. Dabei äußert sich der französische Nationalismus in der Begünstigung der französischen S t a a t s a n g e h ö r i g e n , nicht der in Frankreich W o h n e n den. Damit ist die Unterscheidung der Ersturteile nach der Staatsangehörigkeit der Parteien gegeben, so in den Verträgen Frank1 s

Vgl. unten S. i94f. Vgl. oben S. 106, nji.

XO J e l l l n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I .

146

§ 14.

Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

reichs mit der Schweiz und mit Belgien und so auch in dem belgischniederländischen Vertrag, einem Abkömmling des französisch-belgischen. Hierzu gesellt sich als vierter Vertrag dieser Art der französisch-italienische von 1930, der zwar im allgemeinen nur Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage enthält, aber doch in den Artikeln 29 und 30 auch einige Befolgungsregeln, die gerade die unerwünschtesten, nationalistischen Bestimmungen des französischen Rechts zugunsten der Italiener ausmerzen und daher Grund genug sind für eine Bevorzugung der Franzosen und Italiener auch in den Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage. Kommt es aber einmal auf die Staatsangehörigkeit der Prozeßparteien an, so muß der Vertrag durch eine klare Bestimmung festlegen, für welche Prozesse die Sonderregelungen gelten sollen, damit die in der Rechtsprechung zutage getretenen Streitfragen 1 überhaupt nicht entstehen können. In diesem Punkte ist der belgischniederländische Vertrag vorbildlich, der nicht nur die Staatsangehörigkeit der juristischen Personen und ähnlicher Gesamtheiten regelt (2), sondern auch, vorbehaltlich abweichender völkerrechtlicher Verträge, eindeutig klarstellt, daß die Sonderregelung immer, aber auch nur dann, Platz greift, wenn ein Belgier in den Niederlanden oder ein Niederländer in Belgien klagt oder verklagt wird, gleichgültig also, ob die andere Partei ein Belgier oder ein Niederländer ist oder keinem dieser Staaten angehört. Nur die Regelung für einen Fall der doppelten Staatsangehörigkeit fehlt 2 . Bis zur allgemein gültigen Ordnung solcher Fälle durch bindende völkerrechtliche Vereinbarungen 3 kann die Lösung nur die sein, daß ein solches sujet mixte im Zweitstaat so behandelt werden muß wie im Erststaat. Billigt also z. B. der belgische Erstrichter in einem Streite zwischen einem Belgier-Franzosen und einem Belgier dem Kläger die belgische Staatsangehörigkeit zu, wie dies allgemeiner Übung entspricht, so kann ihn der französische Zweitrichter nicht als Franzosen behandeln, da es sonst bei Handhabung des französischbelgischen Vertrages zu unentwirrbaren Schwierigkeiten käme. VII. Z e i t l i c h e r

Geltungsbereich

Die Staatsverträge pflegen zu bestimmen, daß sie eine gewisse Zeit nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. 1

V g l . PERROUD, N o t e zu Cour de Paris 18. A p r i l 1932,

Journ. 61

(1934)

9of. ;

VALÉRY, N o t e zu Trib. di Cuneo 13. Febr. 1935, Journ. 63 (1936) 691. 2

V g l . Cour de justice de G e n è v e 19. Mai 1933,

Schweiz.

Juristenzeitung 30

( 1 9 3 3 / 3 4 ) 280. 3

V g l . J. VAN HOUTTE, L a

codification des lois sur la nationalité à la Conférence

de la H a y e (13 mars — 12 a v r i l 1930), R e v D r . C o m p . 58 (1931) I 0 3 f f .

VII.

Zeitlicher

Geltungsbereich

147

Nur der palästinensisch-ägyptische Vertrag trat schon fünfzehn Tage nach seiner Unterzeichnung in Kraft (8 I). i . Ebenso sehen die Staatsverträge durchweg eine K ü n d i g u n g vor, gewöhnlich so, daß sie zunächst für mehrere Jahre gelten, aber stillschweigend verlängert werden, wenn kein Staat vorher kündigt. Meist bleiben sie nach Ablauf der ersten Periode nicht so lange unkündbar wie in dieser. Großbritannien und Belgien z. B. schlössen ihren Vertrag zunächst auf drei Jahre mit der Bestimmung, daß jeder Staat den Vertrag sechs Monate vor Ablauf der drei Jahre kündigen konnte. Bei Versäumung dieses Termins wurde aber der Vertrag nicht auf weitere drei Jahre verlängert, sondern blieb und ist auch heute noch jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten kündbar (10). Eine gewisse äußere Ordnung bringt der schweizerisch-schwedische Vertrag dadurch in die Kündigungsmöglichkeiten, daß er die Kündigung nur zum i . Januar und zum i . Juli zuläßt (15), übrigens auch sein Inkrafttreten auf einen von diesen Terminen festlegte. Seltener kommt vor, daß der Vertrag die zweite und die folgenden Geltungsperioden ebensolange bestimmt wie die erste. Beispiele bringen die Verträge Badens mit Aargau (7) und Italiens mit Costa Rica (10). Es geht aber nicht an, diese Art der Regelung mit der andern zu verbinden, wie es im belgisch-niederländischen Vertrag geschehen ist. Im Art. 28 IV heißt es: „Elle (sc. la Convention) sera renouvellée tacitement de cinq en cinq ans, sauf dénonciation, la dénonciation pourra avoir lieu à tout moment et produira son effet six mois après qu'elle aura été notifiée." Dies ist ein Widerspruch in sich 1 . Entweder macht man Ernst mit der fünfjährigen Weitergeltung; dann ist die sechsmonatige Kündigung nur zum Ende des Jahrfünfts zulässig. Oder man läßt die sechsmonatige Kündigung jederzeit zu; dann gilt aber die Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit, und nicht auf weitere fünf Jahre. Eine a u ß e r o r d e n t l i c h e K ü n d i g u n g sieht keiner der Verträge vor. Es wäre daran zu denken, die außerterminliche Kündigung zuzulassen, wenn einer der Vertragsstaaten sein autonomes Recht in Sachen der Jurisdiktion erheblich ändert und der Staatsvertrag vermöge von Verweisungen auf das Landesrecht hierdurch berührt wird. Doch sind die ordentlichen Kündigungsfristen wohl meist kurz genug, um eine solche außerordentliche Kündigung unnötig zu machen. Eine T e i l k ü n d i g u n g läßt der österreichischjugoslawische Vertrag zu (63), doch nur deshalb, weil er sehr umfangreich ist und aus zwei Teilen besteht, von denen der erste sieben 1

Vgl. auch

(1931) 1410*

BELLEFROID,

Toelichting van het Nederlandsch-Belgisch Verdrag

148

§ 14.

Rahmen und Gestalt der

Staatsverträge

Abschnitte umfaßt. Die Kündigung ist denn auch nur abschnittsweise, nicht artikelweise zulässig, so daß also auch hier der Abschnitt über Vollstreckungshilfe nur als Ganzes durch Kündigung außer Kraft treten kann. 2. Mit dem Inkrafttreten eines Vertrages über Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen entsteht auch die Frage seiner R ü c k w i r k u n g . Wer die Verträge mit dem autonomen Prozeßrecht auf eine Linie stellt, wird ihre Anwendung verlangen, gleichgültig, ob das Ersturteil vor oder nach ihrem Inkrafttreten ergangen oder rechtskräftig geworden ist 1 . Dagegen wird ein Anhänger der Lehre von den erworbenen Rechten dem im Erstprozeß Unterlegenen ein Widerspruchsrecht gegen die Vollstreckung des Ersturteils im Zweitstaat zubilligen, wenn er bei Erlassung des Ersturteils nicht mit dessen Vollstreckung im Zweitstaat zu rechnen brauchte 2 . Soweit die neuesten Verträge die Frage nicht mit Stillschweigen übergehen, wie der französisch-italienische Vertrag, verbieten sie die Rückwirkung auf vor Inkrafttreten des Vertrags e r l a s s e n e (Belg.— Nied. 27 I 3 , Fr.—Belg. 19 I, Großbr.—Fr. und Belg. 2 I, Schweiz— Schweden 12) oder nur auf vor Inkrafttreten r e c h t s k r ä f t i g gewordeneUrteile(D.R.—Schw.iollundlt. 18II, It.—Schw.1811 undNied. 16II). Dagegen ordnen die Rückwirkung auf vorher erlassene oder rechtskräftig gewordene Urteile an, ohne diese beiden Fälle zu unterscheiden, die Verträge Italiens mit der Dominikanischen Republik (22 I), der Schweiz mit Österreich (12) und der Tschechoslowakei (SchlPr. III) und — doch mit Ausschluß der Versäumnisurteile — das Schlußprotokoll (1 II) des Österreich-ungarischen Vertrages mit Bulgarien von 1911. Der österreichisch-jugoslawische Vertrag von 1928 begrenzt in seinem Schlußprotokoll die Rückwirkung auf die nach dem 5. April 1924 entstandenen Exekutionstitel. Ganz eigenartig war die Rückwirkungsbestimmung des italienisch-österreichischen Vertrages (8) vom 6. April 1922, da hiernach der Zeitpunkt nicht des Urteils, sondern der dem Urteil zugrunde liegenden Verbindlichkeit maßgebend war; der Vertrag fand nur Anwendung auf Exekutionstitel, die sich auf Verbindlichkeiten bezogen, die nach dem 1. Januar 1922 entstanden waren. 1 Cass. R o m 6. J u l i 1 9 3 6 , R i v . 28 ( 1 9 3 7 ) 4 5 1 ; B a y e r . Oberstes Landesgericht 1 3 . Mai 1 9 2 5 , Sammlung von Entscheidungen in Zivilsachen 24 ( 1 9 2 5 ) I 5 7 f f . 2 Cour d'Orléans 2 1 . Okt. 1 9 3 6 , R e v . 3 3 (1938) n 8 f . 3 Diese völlig eindeutige Bestimmung übersieht Trib. de Termonde 16. u. 2 3 -April 1 9 3 2 , Bull. 40 (1939) 2 3 9 ; 28 (1933) 3 4 2 f . — Richtig A r n h e m Gerechtshof 10. M a i 1 9 3 3 , R a b e l s Z 1 1 ( 1 9 3 7 ) 2 3 5 f .

VII.

Zeitlicher

Geltungsbereich

149

Diese Fülle von Möglichkeiten lehrt zunächst, daß die Vertragschließenden zur Vermeidung von Unklarheiten die Frage der Rückwirkung irgendwie regeln müssen; das Wie der Regelung ist demgegenüber weniger wichtig. Entschließen sie sich für die NichtRückwirkung, dann empfiehlt sich nicht die Unterscheidung zwischen Erlassung des Ersturteils und Eintritt seiner Rechtskraft; man denke an ein Urteil, das bei Inkrafttreten des Vertrages nur noch durch Anrufung eines Revisionsgerichts oder eines Kassationshofes angefochten werden kann. Es ist nicht einzusehen, warum ein solches Urteil nach Eintritt seiner Rechtskraft unter die Vorschriften des Vertrages fallen soll, ein schon vorher rechtskräftig gewordenes Urteil dagegen nicht. Aber auch der Zeitpunkt der Erlassung des Ersturteils bringt für den, der es mit der Nicht-Rückwirkung ernst nimmt, keine für die Anwendbarkeit des Vertrages restlos befriedigende Unterscheidung, zumal gewisse Einreden gleich zu Beginn des Prozesses geltend gemacht werden müssen. Es wird vielmehr darauf ankommen, ob der Beklagte an der Entstehung des Ersturteils durch kontradiktorische Verhandlung mitgewirkt hat oder nicht. Hat er es getan, dann muß er das Urteil als vollwertig gegen sich gelten lassen, mit der einen Einschränkung vielleicht, daß man sein Verhandeln zur Sache nicht als „vorbehaltlose Einlassung" deuten darf, wenn der später in Kraft tretende Vertrag bei der Regelung der Jurisdiktionsfrage hiervon die Zuständigkeit des Erstgerichts abhängig macht und der Beklagte nach Lage des damals geltenden Rechtes keinen Anlaß zur Geltendmachung eines Vorbehalts finden konnte. Hatte sich aber der Beklagte um das Erstverfahren nicht gekümmert, da er nie damit rechnete und nach Lage der Gesetzgebung auch nicht damit rechnen mußte, daß ihm das im Erststaat ergehende Urteil im Zweitstaat gefährlich werden könnte, dann wäre die Rückwirkung des Vertrages eine große Unbilligkeit. Jene unscheinbare Bestimmung des österreichisch-ungarischen Vertrages mit Bulgarien hat demnach das Richtige getroffen, wenn sie zwischen kontradiktorischen Urteilen und Versäumnisurteilen unterscheidet und nur für jene dem Vertrage rückwirkende Kraft beilegt. Auch beim A u ß e r k r a f t t r e t e n des V e r t r a g e s gibt es eine Rückwirkungsfrage. Wie wirkt sein Außerkrafttreten auf ein schwebendes, zur Erlangung des Exequatur eingeleitetes Verfahren ? Beim Schweigen des Vertrages muß der Zweitrichter das Exequatur versagen, es sei denn, daß es auch nach autonomem Landesrecht zu erteilen ist. Das Unbefriedigende einer solchen Lösung leuchtet ein, aber nur ein Vertrag hat die nötige Folgerung daraus gezogen und die Abwicklung des vorher eingeleiteten Exequaturverfahrens an-

150

§ 14• Rahmen und Gestalt der Staatsverträge

geordnet: der durch Vertrag vom 21. Januar 1949 aufgehobene tschechoslowakisch-polnische Vertrag vom 10. Februar 1934 in seinem Artikel 14 III. Es ist dies das Gegenstück zu einer anderen außergewöhnlichen, aber weniger empfehlenswerten Bestimmung des gleichen Vertrages (14 II), daß er nämlich nur anwendbar sein sollte auf solche Forderungen, die nach seinem Inkrafttreten entstanden — die äußerste denkbare Form der Nicht-Rückwirkung. VIII. N a t i o n a l e u n d i n t e r n a t i o n a l e A u s l e g u n g Die Auslegung der Staatsverträge über Urteilsanerkennung und -Vollstreckung liegt durchweg in der Hand der nationalen Gerichte, trotz einiger Versuche, die Auslegung für die Außenministerien in Anspruch zu nehmen 1 . Das kann zu unlösbaren Streitfragen führen, wenn die Gerichte der beiden Staaten eine Bestimmung des Vertrages verschieden auslegen und sich nicht gegenseitig überzeugen können. England sieht in seinen beiden Verträgen (9) für solche Fälle eine diplomatische Fühlungnahme der Vertragsstaaten vor, doch unbeschadet der Unantastbarkeit gerichtlicher Entscheidungen ; gedacht ist also an Zusatzverträge oder Notenwechsel zur authentischen Klärung der Streitfrage. Der französisch-italienische Vertrag enthält eine Schiedsklausel (37), der italienischschweizerische (17) einen Hinweis auf den Schlichtungsvertrag beider Staaten vom 20. September 1924. Die Einsetzung eines internationalen Obergerichts, mit unmittelbarer Gerichtsbarkeit über die privaten Parteien nach Art der tribunaux arbitraux mixtes des Versailler Vertrages2, ist in keinem der Verträge vorgesehen. Dagegen bedürfte es noch einer genaueren, hier nicht beabsichtigten Untersuchung, ob und wieweit die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofes im Haag auf Grund anderweitiger Vorgänge begründet ist8. Wie aber das Schiedsverfahren W I N K L E R beweist 4 , ist dies alles nicht so wichtig. Anders nämlich als in den italienischen Verträgen mit der Dominikanischen Republik, mit Bolivien und mit Paraguay 1 Vgl. G. APPERT, De l'interprétation des traités diplomatiques au cour d'un procès, Journ. 26 (1899) 433—461; Cour de l'Indo-Chine 24. Juni 1910, Journ. 39 (1912) 8 8 i f f . Vgl. aber auch die Mitteilung in RabelsZ. 3 (1929) 707f. 2 Vgl. den Vorschlag DE LAPRADELLE, mitgeteilt von LEDOUX, Institut Beige de droit comparé 21 (1935) 89—92; ferner SARTINI VAN DEN KERCKHOVE, U n e juridiction internationale de droit privé, L a Belgique judiciaire 94 (1936) Sp. 7 2 — 7 4 . — D e r Gedanke ist älter: SCIALOJA, Per l'istituzione di tribunali internazionali, R i v . 4 (1909) 3 — 7 ; MUTZNER, Z I n t R . 24 (1914) I 101 —104. 3 Vgl. VERDROSS, Völkerrecht, 2. A u f l . (1950) 412, 429f. 4 Vgl. oben S. 7 8 !

VIII.

151

Nationale und internationale Auslegung

befindet sich im italienisch-peruanischen Vertrage keine Schiedsklausel, und doch ist dies der einzige Vollstreckungsvertrag, bei dem es bisher zu einem völkerrechtlichen Schiedsspruch gekommen ist. Ein Schiedsvertrag ad hoc ist nämlich kaum schwieriger zustande zu bringen als die Einberufung des in einem Vertrage vorgesehenen Schiedsgerichts. Das Schiedsverfahren W I N K L E R hatte noch den Vorteil, daß ein einziger Mann den Schiedsspruch fällte. Ein Kollegium von drei Schiedsrichtern, wie es der französisch-italienische Vertrag vorsieht, ginge noch. Aber die Einberufung des Riesenkollegiums des Haager Gerichtshofes wäre eine bei Verträgen dieser Art nicht zu verantwortende Kräftevergeudung.

§ 1 5 . Staatsverttag und Landesrecht, Völkerrecht,

Privatautonomie

I. S t a a t s v e r t r a g und L a n d e s r e c h t Die Beziehungen zwischen Staatsvertrag und Landesrecht können sehr verschiedenartig sein. Wie die Streitfrage um Art. 2 des französisch-belgischen Vertrages1 lehrt, ist es wichtig, daß sich die beteiligten Staaten beim Abschluß des Vertrages dieser Beziehungen klar bewußt sind. 1. Die erste solche Beziehung ist die von U r s a c h e und W i r kung. Der Staatsvertrag gibt Anlaß zu landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen, vor allem aber ist das L a n d e s r e c h t v i e l f a c h U r s a c h e f ü r die G e s t a l t u n g des V e r t r a g e s . Man denke sich den Art. 14 Code Napoléon oder andere Eigenarten des französischen Rechtes weg, und man kann sicher sein, daß der französisch-belgische und der französisch-italienische Vertrag ein anderes Gesicht erhalten hätten. Hinter dem französisch-schweizerischen Vertrage steht neben dem französischen Landesrecht eidgenössisches Verfassungsrecht. Ohne den Art. 59 der schweizerischen Bundesverfassung wären auch die ihm nachgebildeten Vorschriften der schweizerischen Verträge mit Österreich und der Tschechoslowakei2 nicht zu verstehen. Die älteren italienischen Verträge sind meist nur Wiederholungen dessen, was in der ursprünglichen Fassung des Art. 941 Codice di procedura civile von 1865 stand. Die „österreichische" Fassung der Klausel vom ordre public8 stammt aus § 81 der österreichischen Exekutionsordnung. Und so gäbe es noch andere Beispiele. Die Hervorhebung ist wichtig für das Verständnis der Tatsache, daß die zahlreichen Verträge solch tiefgehende Verschiedenheiten aufweisen. Manche davon ließen sich 1

Vgl. oben S. 124ÎÎ.

2

Oben S. 93.

3

Oben S. 88.

152

§ z5- Staatsvertrag

und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

wohl beseitigen, aber das Deutsche Reich z. B., das die Ausländer im Zivilprozeß grundsätzlich den Inländern gleichstellt, könnte mit einem gleichgerichteten Staate nie einen Vertrag nach Art der französischen Verträge abschließen. Das Verhältnis von Ursache und Wirkung zwischen Landesrecht und Vertragsrecht hält aber auch nach Abschluß des Vertrages an v e r m ö g e einer B e e i n f l u s s u n g der A u s l e g u n g des V e r t r a g e s durch das L a n d e s r e c h t . Dem Richter ist nur sein eigenes Recht geläufig, und so kann es nicht ausbleiben, daß die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages durch die Gerichte des einen und des anderen Staates eine nationale Färbung erhält 1 . Namentlich wird der Richter Begriffe, wie Wohnsitz, Aufenthalt, Ort des begangenen Delikts, so auslegen, wie er es bei Handhabung des Landesrechts gewohnt ist. Daher versteht und begrüßt man das Bestreben der Italiener, in den neueren Verträgen wenigstens einen von diesen Begriffen, den literarisch viel erörterten des Wohnsitzes2, international verbindlich zu umreißen, so in den Verträgen mit Frankreich (28), der Schweiz (12), den Niederlanden (11) und dem Deutschen Reiche (13). Diese Abhängigkeit des Richters vom Landesrecht wird meist unbewußt sein, sie bewegt sich aber in der Sphäre des Bewußten, wenn sich der Richter s t a a t s r e c h t l i c h g e b u n d e n weiß oder meint. So mag eine etwas freiere Auslegung zu einer Anerkennung des Gerichtsstandes des Zusammenhangs gelangen und, auch ohne besondere Bestimmung des Staatsvertrages, gestatten, daß eine Mehrzahl von Schuldnern vor dem Gerichte belangt wird, in dessen Bezirk auch nur einer von ihnen seinen Wohnsitz hat. Solchen Gedankengängen wird aber der schweizerische Richter für Schuldner, die in der Schweiz wohnen, nicht folgen können, weil Art. 59 der Bundesverfassung im Wege steht, der für jeden einzelnen Schuldner das Recht auf den Gerichtsstand seines Wohnortes begründet. Ja, es braucht nicht einmal Verfassungsrecht zu sein, was den Richter bei der Handhabung des Vertrages beeinflußt. Das belgische Gesetz vom 25. März 1876 z. B. bestimmt im Art. 10 II 5, der belgische Richter habe, auch wenn zwischen Belgien und einem andern Staate 1

V g l . BARTIN,

Le

droit c o n v e n t i o n n e l envisagé c o m m e source du droit inter-

national p r i v é en F r a n c e , Journ. 54 (1927) 1 — 33, insbes. 2

V g l . BARBOSA DE MAGALHAES, L a

doctrine

28ÎÎ.

du domicile en droit international

privé, R e c u e i l des Cours 23 (1928) 1 — 1 4 4 ; G . LEVASSEUR, L a d é t e r m i n a t i o n

du

domicile en droit international p r i v é français, T h è s e Paris (1931) ; TEDESCHI, Il domicilio nel diritto internazionale p r i v a t o (1933) ; derselbe, D e l domicilio

(1936) ; VON

STEIGER, D e r W o h n s i t z als A n k n ü p f u n g s p u n k t i m internationalen P r i v a t r e c h t , A b handl. z. Schweiz. R e c h t N . F . (1934) H e f t 98; CORDIER, D e la notion de domicile en droit comparé (France e t A n g l e t e r r e ) , Journ. 64 (1937) 969 — 989.

I. Staatsvertrag und Landesrecht

153

ein Vollstreckungsabkommen bestehe, zu prüfen, ob nicht das Erstgericht dieses Staates einzig und allein mit Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Klägers zuständig war; in diesem Falle ist das Exequatur zu versagen. Obgleich der französisch-belgische Vertrag den Ausländergerichtsstand des Art. 14 Code Napoléon nur zugunsten der B e l g i e r dadurch beseitigt hat, daß er die Belgier, und nur die Belgier, den Franzosen gleichstellt, versagte der Brüsseler Kassationshof das Exequatur einem französischen Urteil, das den genannten Art. 14 in einem zwischen einem französischen Kläger und einem englischen Beklagten geführten Rechtsstreit angewandt hatte. In der Begründung berief sich das Gericht u. a. ausdrücklich auf das belgische Gesetz von 18761. Ein solcher Hinweis ist bei der eindeutig klaren Bestimmung der Art. 9 und 10 des belgisch-niederländischen Vertrages unmöglich, da dem belgischen Gesetze von 1876 keine höhere Kraft zukommt als einem vom belgischen Parlament genehmigten Staatsvertrag, überdies Art. 10 II 5 des belgischen Gesetzes nur subsidiär gedacht sein kann, falls nämlich der Staatsvertrag nichts Abweichendes bestimmt. Auf solche wirklichen oder vermeintlichen staatsrechtlichen Bindungen wird man aber bei der Abfassung von Staatsverträgen achten müssen, um sich vor Überraschungen zu sichern. 2. Das Verhältnis zwischen Staatsvertragsrecht und Landesrecht kann aber auch G e g e n s t a n d b e w u ß t e r s t a a t s v e r t r a g l i c h e r R e g e l u n g sein. a) Der Staatsvertrag kann den Gegenstand in seinem ganzen Umfang und in allen seinen Einzelheiten regeln wollen, unter Ausschluß jeder landesrechtlichen Regelung. Bei einer solchen s t a a t s v e r t r a g l i c h e n V o l l k o d i f i k a t i o n gäbe es nur die eine, negative Beziehung zwischen Staatsvertragsrecht und Landesrecht, daß der Landesgesetzgeber sich jeder Einmischung zu enthalten hat. Die soeben gewürdigte, unbewußte Beeinflussung der Vertragsauslegung durch das Landesrecht könnte allerdings auch die Vollkodifikation nicht verhindern. Vollkodifikationen sind denkbar, aber in den vorliegenden zweiseitigen Staatsverträgen nirgends verwirklicht. Die Verträge bringen bestenfalls Teilkodifikationen, sei es nach Prozeßstadien, sei es nach Gegenständen. b) Eine T e i l k o d i f i k a t i o n nach P r o z e ß s t a d i e n liegt vor, wenn der Vertrag die Urteilsanerkennung und die Voraussetzungen 1 Cass. Brüssel i . Juli 1904, R e v . 1 (1905) 172ÎÎ. — Vgl. auch Cass. R o m 10. Juli 1934, Journ. 62 (1935) I 0 5 i f . , wo der Gerichtshof A r t . 105 Ziff. 2 des Codice di procedura civile zur Auslegung des fr.-ital. Vertrages (Art. 14) heranzieht.

154

§ I5-

Staatsvertrag

und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

der Vollstreckbarerklärung abschließend regelt, aber gewisse Stadien, wie vor allem das Exequaturverfahren und die Vollstreckung selbst, der Landesgesetzgebung zur Regelung überläßt. Um hier das Heft nicht ganz aus der Hand zu geben, wird der Vertrag wenigstens einige Richtlinien für das Exequaturverfahren aufstellen, etwa, daß das Verfahren einfach und rasch sein soll (britische Verträge 8 III), und auch das letzte Stadium, die Vollstreckung selbst, nicht völlig aus dem Auge verlieren, wenn es gilt, den Vollstreckungsschuldner vor einer übertriebenen Anwendung unerwünschter Maßnahmen, etwa der Personalhaft, zu schützen (z.B.Fr.—Schw.i8,Öst.—Bulg. 26). Die Vertragsstaaten müssen sich klar darüber sein, daß sie mit der Freigabe eines ganzen Prozeßabschnittes an die Landesgesetzgebung unter Umständen den vollen Wert der staatsvertraglichen Regelung in Frage stellen. So ist es nicht unbedenklich, daß die Schweiz und die Niederlande sowie das Deutsche Reich in ihren Verträgen mit Italien, Art. 1 II, das Verfahren für die — bloße — Anerkennung der rechtskräftig entschiedenen Sache schlechthin der Landesgesetzgebung überlassen haben; denn in Italien neigt man dazu, auch für die bloße Anerkennung eines ausländischen Urteils die Einleitung eines Delibationsverfahrens zu verlangen1, wodurch die genannten Verträge sich von reinen Vollstreckungsverträgen kaum mehr unterscheiden, jedenfalls, was die in Italien anzuerkennenden Urteile anlangt2. Bei den meisten Staatsverträgen umfaßt die Teilkodifikation nur den Prozeßgang im Z w e i t s t a a t , überläßt also das Er st verfahren völlig der Landesgesetzgebung des Erststaates. Nur bei den Verträgen mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage greift sie auch in ein früheres Stadium insofern über, als sie dem Erstrichter gewisse Gerichtsstände bindend vorschreibt oder verbietet. c) Bei der T e i l k o d i f i k a t i o n n a c h G e g e n s t ä n d e n regelt der Vertrag gewisse Gegenstände, die mit der Anerkennung oder Vollstreckung von Ersturteilen im Zweitstaat zusammenhängen, abschließend, überläßt aber andere Gegenstände der landesgesetzlichen Regelung. Die abschließende staatsvertragliche Regelung aber bedeutet, daß auch das Nicht-Geregelte als durch den Staatsvertrag geregelt gilt, nämlich im negativen Sinne. Das viel besprochene Beispiel einer solchen Teilkodifikation bietet der von den Gerichtsständen handelnde erste Teil des französischschweizerischenVertrags von 1869. Gegenstand dieser Jurisdiktionsbe1

Vgl. MORELLI 287 f f ; Codice di procedura civile von 1940 (Art. 796).

2

MORELLI 4 1 2 , 4 1 7 f.

I. Staatsvertrag

und

Landesrecht

155

Stimmungen sind Streitigkeiten zwischen einem Schweizer und einem Franzosen, zwischen zwei in Frankreich wohnenden oder niedergelassenen Schweizern, zwischen zwei in der Schweiz wohnenden oder niedergelassenen Franzosen, zwischen einem Schweizer mit beliebigem Wohnort und einem in Frankreich wohnenden oder niedergelassenen Fremden, zwischen einem Franzosen mit beliebigem Wohnort und einem in der Schweiz wohnenden oder niedergelassenen Fremden. Die Jurisdiktionsfrage für diese Fälle regelt der Staatsvertrag abschließend, Gerichtsstände, die er nicht zuläßt, können auch nicht der Landesgesetzgebung entnommen werden. So war es vor Inkrafttreten des Zusatzabkommens von 1935 einem in Frankreich durch einen Kraftwagenunfall beschädigten Franzosen unmöglich, einen für den Unfall verantwortlichen Schweizer vor dem französischen Gerichte des Schadensortes zu belangen, obgleich das autonome französische Recht diesen Gerichtsstand kannte1. Das Schweigen des Vertrages im Bereiche der Regelung ist eben bei beabsichtigter Kodifikation immer ein b e r e d t e s Schweigen. Aber für die nicht in den Bereich der Regelung gezogenen Fälle behält die Landesgesetzgebung freie Hand, also dann z. B., wenn ein in Frankreich weder wohnender noch niedergelassener Schweizer einen in Frankreich wohnenden Schweizer verklagen will, da nicht anzunehmen ist, daß der Vertrag solche Klagen durch sein Schweigen unmöglich machen wollte2. Das Beispiel zeigt aber zugleich, wie schwer es unter Umständen sein kann, das vom Vertrage durch Schweigen negativ Geregelte und das von der Regelung frei Gelassene zu unterscheiden. Wenn sich die Unterhändler eines Vertrages vor dessen Abschluß über die Schwierigkeit jeder Teilkodifizierung unterrichten wollen, brauchen sie nur die Kommentare zu § 2 des Einführungsgesetzes zum deutschen Reichsstrafgesetzbuch von 1870 aufzuschlagen. Dieser Paragraph setzt außer Kraft und verbietet für die Zukunft das Strafrecht der deutschen Länder, soweit es „Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind". Die Bestimmung dessen, was eine „Materie" ist, gab auch hier zu vielen Streitfragen Anlaß. Trotzdem ist im allgemeinen anzunehmen, daß ein Staatsvertrag wenigstens die V o r a u s s e t z u n g e n für die Beachtung eines erststaatlichen Urteils im Zweitstaat erschöpfend regeln will. So ist im Verhältnis zwischen Schweden und der Schweiz für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der streitigen Ge1 Trib. de Meaux n . Mai 1928, Journ. 56 (1929) 651 f. Vgl. auch Trib. de Saint-Dié 14. Okt. 1932, Journ. 60 (1933) 634: der Staatsvertrag habe „rien à emprunter au droit commun". 2 Vgl. PILLET 129f.; vgl. auch oben S. 119 f.

156

§ J 5 - Staatsvertrag und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

richtsbarkeit, mit Ausnahme des Vormundschafts-, Entmündungs-, Konkurs- und Grundstücksrechts, der Vertrag von 1936 an die Stelle des autonomen Landesrechts getreten. Es liegt aber auch hier nur eine Teilkodifikation vor, da für die genannten Ausnahmen das autonome Landesrecht weiter in Giltung bleibt. d) Die mit Teilkodifikationen zusammenhängenden Zweifelsfragen vermeidet die s c h l i c h t e T e i l r e g e l u n g des Gegenstands. Der Staatsvertrag regelt die ihm wichtig erscheinenden Punkte, bestimmt aber ausdrücklich, daß für die im Vertrage nicht geregelten Fragen das autonome Landesrecht weiter gelten soll. Dies ist am klarsten und umfassendsten geschehen in den Verträgen Großbritanniens mit Frankreich (2 IV) und mit Belgien (2 II). „Nichts im vorliegenden Vertrage", so heißt es im belgischen Vertrag, „wird in dem Sinne ausgelegt werden, daß es die Anerkennung und die Vollstreckung eines in dem einen Vertragsstaate ergangenen Gerichtsurteils im andern Staate nach Maßgabe des dort geltenden Landesrechts hindert, wenn es sich um Urteile handelt, auf die der vorliegende Vertrag keine Anwendung findet, oder um Urteile, die unter Umständen ergangen sind, unter denen die Bestimmungen des vorliegenden Vertrags jene Anerkennung oder Vollstreckung nicht vorschreiben" 1 . Auf die Jurisdiktionsfrage beschränkt, findet sich ein ähnlicher Generalvorbehalt für das autonome Landesrecht in den Verträgen Frankreichs mit Belgien (10) und Belgiens mit den Niederlanden (10). Die mit dem französisch-belgischen Vorbild nahezu wörtlich übereinstimmende belgisch-niederländische Bestimmung lautet: „Für alle Fälle, in denen die vorstehenden Artikel weder Regeln über gemeinsame Zuständigkeiten noch Änderungen der Landesgesetze enthalten, wird die Zuständigkeit in jedem Staate durch die ihm eigene Gesetzgebung geregelt." Bei dieser Fassung versteht es sich von selbst, daß mit dem Hinweis auf die Landesgesetzgebung nicht nur die gegenwärtige, sondern auch die zukünftige Gesetzgebung gemeint ist2. Bestimmungen der genannten Art lassen deutlich den Willen der Vertragspartner erkennen, Vertragsrecht und autonomes Recht sauber auseinander zu halten. Die schlichte Teilregelung ist also zugleich eine T r e n n u n g v o n V e r t r a g s r e c h t u n d a u t o n o m e m R e c h t . Der Vertrag distanziert sich vom autonomen Recht, will nichts mit ihm zu tun haben. Das von der Vertrags1 In diesem Sinne auch Cass. R o m 6. Dez. 1929, R i v . 23 (1931) 576f., zum it.-österr. Vertrag. 2 So mit R e c h t P E R H O U D , Note zu Cour de Colmar 11. Juni 1932, Journ. 60 (1933) 343. — Vgl. über diese Frage auch oben S. 1 2 9 I

I. Staatsvertrag und Landesrecht

157

regelung nicht betroffene autonome Recht bleibt ausschließlich autonomes Recht und wird durch den Hinweis im Vertrage nicht etwa selbst Bestandteil des Vertrages. Dies hervorzuheben ist wichtig mit Rücksicht auf die fast gleichlautenden Bestimmungen des Art. I i , 5 im französisch-belgischen und des Art. n I 5 im belgischniederländischen Vertrage. Hiernach hängt die Anerkennung eines Urteils davon ab, daß, wie es im neueren Vertrage heißt, „die durch den Vertrag festgelegten Regeln über territoriale Zuständigkeit nicht verkannt wurden". Wären die autonomen Zuständigkeitsregeln zugleich Vertragsrecht, dann müßte der Zweitrichter auch ihre Innehaltung nachprüfen. So ist aber die Bestimmung des vom Landesrecht handelnden Art. 10 nicht auszulegen 1 . Sie enthält wirklich nur eine Trennung von Vertragsrecht und autonomem Recht, keine Verweisung des Vertragsrechts auf das autonome Recht. Auch dies durch V e r w e i s u n g entstehende Verhältnis der beiden Rechtsbereiche zueinander ist denkbar. Das autonome Recht erhält so zu seiner ursprünglichen Eigenschaft als Landesrecht noch die zweite, erborgte Eigenschaft als Vertragsrecht. Solch eine Verweisung ist dann anzunehmen, wenn das autonome Recht für die Handhabung des Vertragsrechtes unerläßlich ist. Art. 1 1 1 4 des belgisch-niederländischen Vertrags z. B. verlangt für die Urteilsanerkennung, daß die Parteien nach gesetzmäßiger Ladung im Prozesse gesetzmäßig vertreten waren oder für säumig erklärt wurden. „Gesetzmäßig" bedeutet hier: „gemäß den Gesetzen des Erststaates". Aber da der Vertrag diese Gesetzmäßigkeit verlangt, erhebt er sie zugleich in die Sphäre des Vertragsrechtes. Man nehme einmal an, ein Jurist erhalte den Auftrag, Art. 11 des belgischniederländischen Vertrages zu kommentieren oder durch Schiedsspruch auszulegen. Er wird nicht umhin können, die belgischen und die niederländischen Bestimmungen über die Erhebung der Klage, die Ladung zum Verhandlungstermin, die Vertretung der Prozeßparteien und das Versäumnisverfahren in den Kreis seiner Erwägungen zu ziehen. Dagegen wäre es ein Fehler, wenn er die ausschließlich auf belgischem oder niederländischem Landesrecht beruhenden Gerichtsstände erörterte. Denn beim Schutze der säumigen Partei verweist der Staatsvertrag zwecks seiner eigenen Ergänzung auf das Landesrecht, in der Gerichtsstandsfrage dagegen distanziert er sich vom Landesrecht. Auch wenn sich die praktische Bedeutung zwischen V e r w e i s u n g u n d D i s t a n z i e r u n g b e i Abschluß eines Vertrages noch nicht 1

Rapport (in: Actes 366if.) X V I I I Abs. 4 u. 5.

158

§ 15.

Staatsvertrag und Landesrecht, Völkerrecht,

Privatautonomie

voll übersehen läßt, tun die Unterhändler gut daran, auf die Unterscheidung zu achten und das, was sie wollen, im Vertrage klar zum Ausdruck zu bringen. e) Das Nebeneinander von Vertragsrecht und autonomem Recht darf nicht zu der Annahme einer Gleichwertigkeit beider Rechtsbereiche führen. Das Rangverhältnis tritt nur solange nicht in die Erscheinung, als die beiden Sphären getrennt bleiben. Im Falle einer Regelung der gleichen Frage durch Vertragsrecht und Landesrecht erweist sich der V o r r a n g des V e r t r a g s r e c h t s v o r dem L a n d e s r e c h t . Dabei sei die staatsrechtliche Frage vernachlässigt, ob nicht der Landesrichter verpflichtet ist, ein gegenüber dem Staatsvertrag neueres Landesgesetz selbst dann anzuwenden, wenn es einer Bestimmung des Staatsvertrages widerspricht; denn, mag auch er gebunden sein, so steht doch der Richter des andern Staates der Frage staatsrechtlich frei gegenüber. Aber auch bei staatsrechtlichen Bindungen wird der Richter immer in der Lage sein, die Vereinbarkeit eines ä l t e r e n Landesgesetzes mit dem Vertrage zu prüfen und auch ein neueres Landesgesetz, soweit irgend möglich, im Sinne seines Einklangs mit dem Staatsvertrag auszulegen. Der Vorrang des Staatsvertrags vor dem autonomen Recht aber ist eine Selbstverständlichkeit und bedarf keines weiteren Beweises. Auch die nach autonomem Landesrecht zu stellende Frage, ob Gegenseitigkeit verbürgt ist, kann gegenüber einem Staatsvertrag, der den Gegenstand abschließend regelt, nicht mehr erhoben werden 1 . Wohin würde es führen, wenn ein Staat, der sich feierlich und in verfassungsmäßiger Form durch Vertrag verpflichtet hat, die Erfüllung des Vertrages unter Hinweis auf entgegenstehendes Landesrecht verweigern dürfte! Selbst entgegenstehendes Verfassungsrecht berechtigt zu keiner Abweisung von vertraglich übernommenen Verpflichtungen, wenn der Staatsvertrag durch Gesetz oder Parlamentsbeschluß in Landesrecht umgeformt wurde und die Verfassung die Nachprüfung von Gesetzen auf Verfassungsmäßigkeit verbietet. Daher kann man insbesondere wegen Art. 59 der schweizerischen Bundesverfassung unbesorgt sein; denn selbst für das höchste eidgenössische Gericht, das Bundesgericht, sind nach Art. 1 1 3 I I I der Bundesverfassung ,,die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse, sowie die von ihr genehmigten Staatsverträge maßgebend". Das Sicherheitsventil der Klausel vom ordre public steht dem Staate in Fällen wirklicher Staatsnotwendigkeiten allerdings immer zur Verfügung. 1 So mit Recht PETSCHEK, Zentralblatt f. d. jur. Praxis 45 (1927) 306ff., gegen österr. Obersten Gerichtshof (E. v. 28. Okt. 1926).

I.

Staatsvertrag

und

Landesrecht

159

f) Der Staatsvertrag kann aber die seinen Bestimmungen zukommende Kraft dadurch abschwächen, daß er einzelnen von ihnen nur s u b s i d i ä r e V o l l g e l t u n g im V e r h ä l t n i s z u m L a n d e s r e c h t beilegt. Diese Bestimmungen sind dann nur anwendbar, soweit nicht Landesrecht Abweichendes anordnet. So findet man in den Verträgen mehrfach den Vorbehalt für eine landesgesetzlich angeordnete, ausschließliche Zuständigkeit des Zweitstaates oder eines Drittstaates. Das Deutsche Reich z. B. vereinbarte mit der Schweiz und mit Italien (2, I) die Anerkennung des Wohnsitzgerichtsstandes des Beklagten. Diese Vertragsregel muß aber nach Art. 1 der beiden Verträge hinter einer landesgesetzlich festgelegten ausschließlichen Zuständigkeit zurücktreten. Die Bundesrepublik Deutschland wird also die gegen einen in der Schweiz wohnenden Beklagten vom Wohnsitzgericht erlassene Entscheidung nicht anerkennen, wenn Gegenstand des Streites ein in Deutschland gelegenes Grundstück ist, weil sich die Bundesrepublik Deutschland für solche Grundstücke die eigene Gerichtsbarkeit ausschließlich vorbehält. Entsprechende Vorbehalte gegenüber einer Liste vertragsmäßig anzuerkennender Gerichtsstände findet man auch in den Verträgen Italiens mit der Schweiz und den Niederlanden (2 II), sowie Österreichs mit Ungarn (3). Obgleich ein Vertragspartner durch rücksichtslose Ausnutzung der Vorbehaltsklausel die Liste der staatsvertraglich vereinbarten Gerichtsstände stark durchlöchern könnte, muß man doch hier und in sonstigen Fällen der Subsidiarität annehmen, daß das Vertragsrecht nicht nur gegenüber dem gegenwärtigen, sondern auch gegenüber zukünftigem Landesrecht zurücktreten soll 1 . Die Klärung der Frage, ob eine Vertragsbestimmung unbedingt oder ob sie nur subsidiär gilt, ist am wichtigsten bei den B e f o l g u n g s r e g e l n z u r J u r i s d i k t i o n s f r a g e , weil hier zwei Rechtsprechungen, nicht nur, wie sonst, die des Zweitstaates, an der Auslegung beteiligt sind und eine zwiespältige Auslegung daher besonders mißlich wäre. Der französisch-belgische Vertrag ist dieser Gefahr, wie gezeigt 2 , nicht entgangen, da der von der französischen Rechtsprechung bevorzugte Wortlaut des Art. 2 den Eindruck erweckt, als wolle er den Gerichtsstand des Vertrages abschließend und unbedingt regeln, während ihm in Wirklichkeit nach der sinnvolleren belgischen Auslegung nur die Bedeutung einer subsidiären Regel zukommt, die hinter einer dem forum contractus günstigeren landesgesetzlichen Regelung zurückzutreten hat. Diese Erfahrungen 1 2

Vgl. oben S. i o i f , unten S. 234f. Vgl. oben S. 124 ff.

160

§ J5- Staatsvertrag

und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomomie

führten zu zweifelsfreien Lösungen im belgisch-niederländischen Vertrag, der überall klar zu erkennen gibt, ob das in den einzelnen Artikeln genannte forum unbedingt oder nur unter dem Vorbehalt abweichenden Landesrechts gelten soll. So gilt der Gerichtsstand des Vertrages, befreit von allem Wenn und Aber der französischbelgischen Regelung, unbedingt (4), der Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes und der vereinbarte Gerichtsstand nur „sauf les exceptions et modifications établies ou à établir par l'une des deux législations nationales" (3 I, 5 I). Man kann diese Art der Umreißung von Fällen bloß subsidiärer Vollgeltung des Vertragsrechtes als vorbildlich bezeichnen. Eine schon mehrfach erörterte 1 Frage ist es, ob jeder Staatsvertrag über Anerkennung oder Vollstreckung von Urteilen mit einer s t i l l s c h w e i g e n d e n S u b s i d i a r i t ä t s k l a u s e l z u g u n s t e n a n e r k e n n u n g s f r e u d i g e r e n L a n d e s r e c h t s zu verstehen ist. Der italienisch-spanische Vertrag mit seiner Gestattung der Ablehnung „offenbar ungerechter" Ersturteile gab den ersten Anstoß zu dieser Erörterung, als die autonomen Landesgesetzgebungen beider Staaten eine solche Prüfung ausländischer Urteile nicht mehr zuließen. Im allgemeinen muß man sich für das der Urteilsanerkennung günstigere Landesrecht entscheiden. Nur wo im Vertrage der Wille zur Kodifikation klar zutage tritt, müssen sich die Parteien mit dem begnügen, was ihnen der Vertrag bietet, ein Grund mehr, bei der Abfassung künftiger Verträge die Frage der Kodifikation und die der Subsidiarität besonders sorgfältig zu prüfen. II. S t a a t s v e r t r a g u n d V ö l k e r r e c h t Der Staatsvertrag ist selbst Völkerrecht. Welches ist sein Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Bindungen der Vertragsstaaten ? Soweit die V e r t r a g s s t a a t e n u n t e r e i n a n d e r durch ältere Verträge gebunden sind, ist es Auslegungssache, ob der neue Vertrag jene älteren Verträge beeinflussen will oder nicht. Nach dem bekannten Satze von der lex specialis wird eine ältere vertragliche Sondervereinbarung bestehen bleiben, wenn nicht gerade ihr Gegenstand im späteren Vertrag eine Neuregelung erfährt. Nach Art. 14 des deutsch-italienischen Abkommens werden „die Vereinbarungen, die für besondere Rechtsgebiete über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zwischen beiden Staaten getroffen sind, . . . durch dieses Abkommen nicht berührt". Für die Schaffung von klaren Verhältnissen ist dieser Satz zweckmäßig, 1

Vgl. oben S. 54 f,

79t

I I . Staatsvertrag

uni

Völkerrecht

161

aber nicht unbedingt nötig. Das gleiche wie der genannte Art. 14 wollen auch wohl Art. 36 des französisch-italienischen, Art. 13 des italienisch-schweizerischen, Art. 12 des italienisch-niederländischen und Art. 14 des schweizerisch-schwedischen Vertrages sagen, obgleich hier überall der Hinweis darauf fehlt, daß nur die zwischen den beiden Vertragsstaaten abgeschlossenen älteren Verträge gemeint sind. „La présente Convention ne déroge pas aux dispositions des accords réglant la compétence judicaire et l'exécution des jugements au sujet de matières spéciales", heißt es z. B. im italienischschweizerischen Vertrage. Eine etwas andere Bedeutung dagegen hat Art. 9 I des schweizerisch-österreichischen Vertrags: „Die Bestimmungen zwischenstaatlicher Abkommen, an denen beide Staaten beteiligt sind, werden durch diesen Vertrag nicht berührt". Gemeint sind damit Kollektivverträge, und die Spitze richtet sich hier gerade gegen die zwischen Österreich und einigen Kantonen vorhanden gewesenen zweiseitigen Abmachungen, die „Gegenrechtserklärungen", von denen anderweit die Rede war 1 . Für die völkerrechtlichen Verträge der V e r t r a g s s t a a t e n mit D r i t t s t a a t e n bedarf es einer Schutzklausel überhaupt nicht. Älteren Verträgen mit Drittstaaten kann der neue Vertrag nichts anhaben, und der neue Vertrag bleibt von späteren völkerrechtlichen Verträgen eines der Vertragsstaaten mit einem Drittstaat unberührt. Mit solchen Bindungen an ältere Verträge muß jeder Vertragsstaat auch bei seinem Partner rechnen, er wird sich nie beklagen können, wenn eine Bestimmung des neuen Vertrages mit Rücksicht auf die Gebundenheit des Partners an einen älteren Vertrag nicht voll zur Geltung kommt. Aber ein Staat, der auch den Schein vermeiden will, mehr versprochen zu haben, als er halten kann, wird sein Gewissen durch einen ausdrücklichen Vorbehalt völkerrechtlicher Bindungen zu beruhigen suchen. Er kann bei dieser Gelegenheit auch künftige völkerrechtliche Verträge ins Auge fassen und sich für deren Abschluß freie Hand vorbehalten. In diesen Beziehungen ist wieder beispielgebend der belgisch-niederländische Vertrag, der für den Wohnsitzgerichtsstand des Beklagten (3 I) und den vereinbarten Gerichtsstand (5 I) Abweichungen nach Maßgabe älterer oder späterer völkerrechtlicher Verträge vorsieht und auch die Anwendbarkeit der Jurisdiktionsvorschriften auf Prozesse mit Beklagten, die weder Belgier noch Niederländer sind, vom Nichtvorhandensein entgegenstehender völkerrechtlicher Verträge abhängig macht (9 I). Bei dieser letzten Bestimmung dachte man an den Fall der in Belgien erhobenen Klage eines Niederländers 1 Vgl. oben S. 31 f. Im Sinne des Textes W . STAUFFER, Die Verträge der Schweiz mit Österreich und mit der Tschechoslowakei (1930) 74 f.

11

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsrerträge. I.

162

§ IS- Staatsvertrag und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

gegen einen Franzosen, der sich auf den französich-belgischen Vertrag berufen wird 1 . Allerdings fällt hier die Einschränkung des Vorbehalts auf den Fall eines drittstaatlichen Beklagten auf, da doch der Vorbehalt auch für einen drittstaatlichen Kläger nötig sein könnte. Ferner läßt Art. 9, anders als die Art. 3 und 5, nicht klar erkennen, ob der Vorbehalt auch für künftige völkerrechtliche Verträge gelten soll. III. S t a a t s v e r t r a g u n d P r i v a t w i l l e Da die Staatsverträge über Urteilsanerkennung und -vollstrekkung zum Vorteil von Privatpersonen abgeschlossen werden, liegt die Frage nahe, wie weit die beteiligten Privatpersonen durch ihren Willen auf den durch den Staatsvertrag geregelten Gegenstand einwirken können. Soweit der Staatsvertrag ausdrücklich oder stillschweigend private Gerichtsstandsvereinbarungen oder sonstige prozeßbeeinflussende Willensakte zuläßt, erkennt er den Privatwillen in der Jurisdiktionsfrage an. Davon verschieden ist die, wie man sie nennen mag, überstaatsvertragliche Frage, ob den Parteien ein Verzicht auf die staatsvertragliche Regelung gestattet ist, ob ihnen also die Wahl zwischen staatsvertraglicher und allgemeiner landesrechtlicher Regelung zusteht. 1. Um mit der Frage nach der Möglichkeit einer p r i v a t e n W a h l zwischen s t a a t s v e r t r a g l i c h e r und landesrechtl i c h e r R e g e l u n g zu beginnen, so wird eine solche Wahl um so mehr an Reiz verlieren, je vorteilhafter sich für den siegreichen Kläger die Berufung auf den Staatsvertrag darbietet. Hinzu kommt die früher2 gewürdigte Auslegungsregel, daß der Staatsvertrag einer ergänzenden Heranziehung günstigeren Landesrechts bei der Prüfung von Versagungsgründen für die Urteilsanerkennung nicht im Wege steht. Trotzdem sind Fälle denkbar, in denen sich die Berufung auf das autonome Landesrecht empfehlen könnte. Man nehme an, der Kläger habe im Erststaat ein ihm günstiges Urteil erstritten, das Urteil sei rechtskräftig, aber wegen eines im Erststaat angeordneten Moratoriums nicht jederzeit vollstreckbar, der Staatsvertrag verlange aber für die Gewährung von Vollstreckungshilfe im Zweitstaat jederzeitige Vollstreckbarkeit des Urteils im Erststaat. Auf Grund des Staatsvertrags wird der Kläger mit dem Urteil nicht viel anfangen können. Aber vielleicht hilft das autonome Landesrecht des Zweitstaates dadurch, daß es die Rechtskraft, die res judicata, des Ersturteils anerkennt und so den Kläger 1

Rapport (in: Actes 366«.) XIII. * Oben S. 54!,, jgi., 160.

III.

Staatsvertrag und

Privatwille

163

geradezu einlädt, im Zweitstaat die actio judicati zu erheben, mit der er durchdringen und ein siegreiches Urteil erzielen wird, das ihm erlauben wird, im Zweitstaat zu vollstrecken. Die Frage wurde namentlich im Zusammenhang mit dem alten französisch-italienischen Vertrage von 1760/1860 erörtert, nach dessen Bestimmungen die Vollstreckungshilfe von Gericht zu Gericht eingeleitet werden mußte, ohne Möglichkeit für die siegreiche Partei, sich unmittelbar an den Zweitrichter zu wenden. Dies konnte die mißliche Folge haben, daß das Gericht des Erststaates, um sich keiner Abweisung auszusetzen, in Zweifelsfällen das Gesuch um Vollstreckbarerklärung nicht weitergab, obgleich begründete Hoffnung vorhanden war, daß das Gericht des Zweitstaates dem Gesuche stattgegeben hätte. Hier hatte der Kläger ein großes Interesse, das Delibations- oder Exequatur-Verfahren im Zweitstaat unmittelbar anhängig zu machen. Dies ließen denn auch die Gerichte beider Staaten fast durchweg zu, während die französische Wissenschaft schwere Bedenken gegen ein solches Wahlrecht zwischen dem Prozeßweg des Staatsvertrages und dem der autonomen Gesetzgebung ins Feld führte 1 . Dagegen leuchtet der Wille zur Kodifikation im französisch-schweizerischen Vertrage so sehr ein, daß in dessen Bereich, auch nach Ansicht der Gerichte, keine Möglichkeit besteht, zwischen Vertragsrecht und autonomem Recht zu wählen 2 . Die französisch-italienische Sonderfrage wurde gegenstandslos, als der neue französisch-italienische Vertrag die Einleitung des Exequatur-Verfahrens den Parteien selbst überließ, ohne Zwischenschaltung der Gerichte des Erststaates. Als allgemeine Frage bleibt sie um so mehr bestehen, als keiner von den geltenden Verträgen eine ausdrückliche Antwort gibt. Nur ein Landesgesetz, der englische Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act, 1933, befaßt sich mit der Frage. In sec. 6 heißt es: ,,No proceedings for the recovery of a sum payable under a foreign judgment, being a judgment to which this Part of this Act applies, other than proceedings by way of registration of the judgment, shall be entertained by any court in the United Kingdom." Der siegreiche Kläger hat hier also keine Wahl zwischen ,,Registrierung" des Ersturteils und Erhebung einer neuen Klage 3 . 1 Vgl. z. B . Cass. T u r i n 4. J a n . 1895, J o u r n . 23 (1896) 216; Cass. R o m 6. F e b r . 1926, R i v . 18 (1926) 262 ff. ; T r i b . de la Seine 9. März 1906, J o u r n . 33 (1906) 796 f. — P J L L E T 3 ó f f . ; V A L É R Y , J o u r n . 44 (1917) 436 f f . 2 Cour d ' A i x 22. N o v . 1930, J o u r n . 59 (1932) 1 0 7 f . ; Cour de C o l m a r 11. J u n i 1932, R e v . 28 (1933) 3 2 2 f 3 V g l . C H E S H I R E , P r i v a t e international law, 4. A u f l . (1952) 596.

11*

164

§ 15.

Staatsvertrag und Landesrecht, Völkerrecht, Privatautonomie

Die Tatsache, daß sich die einzige einschlägige Bestimmung in einem englischen Gesetze, nicht in einem Staatsvertrag findet, öffnet aber die Augen für die Erkenntnis, daß die ganze Frage der Zulässigkeit einer Wahl zwischen staatsvertraglicher und landesgesetzlicher Regelung n i c h t dem V ö l k e r r e c h t , s o n d e r n dem L a n d e s r e c h t angehört. Nie wird sich ein Staat darüber beschweren können, daß ein anderer Staat die Urteilsanerkennung oder -Vollstreckung gegenüber dem Buchstaben des Vertrages erleichterte, auch liegt hierin nicht etwa ein Eingriff in ein wohlerworbenes Recht des unterlegenen Beklagten. So mag denn jeder Staat nach seinem Gutdünken das Wahlrecht zwischen Staatsvertrag und Landesrecht zulassen oder ausschließen. Italien z. B. bejaht das Wahlrecht nicht ausdrücklich, aber in seiner Handhabung des früheren Codice di procedura civile von 1865 x . Auch wird es darauf ankommen, ob der Kläger ein berechtigtes Interesse für die Wahl der landesgesetzlichen Regelung dartun kann. In dem oben erwähnten, das Moratorium betreffenden Falle z. B. wäre es in hohem Grade unbillig, dem Kläger die Erhebung einer neuen Klage im Zweitstaat zu versagen. Doch mag sich mit dieser Frage die Prozeßrechtswissenschaft der einzelnen Länder abmühen2, uns genügt die negative Erkenntnis, daß die Frage nicht dem Rechte der Staatsverträge unterstellt ist. 2. Dagegen haben sich die Staatsverträge der G e r i c h t s s t a n d s v e r e i n b a r u n g e n angenommen, die, obgleich mit der Jurisdiktionsfrage zusammenhängend, wegen ihrer Besonderheit schon an diese Stelle gehören. Ihre juristische Durchdringung könnte eine ganze Abhandlung füllen 3 . Hier seien nur einige Punkte herausgegriffen, deren Erörterung durch die Betrachtung der Staatsverträge und der Rechtsprechung nahegelegt wird. Bestimmungen über Gerichtsstandsvereinbarungen finden sich begreiflicherweise nur in jenen Staatsverträgen, die, sei es beispielsweise, sei es abschließend, einzelne, anerkennungswürdige Gerichtsstände aufführen. Sämtliche Staatsverträge dieser Art enthalten solche Bestimmungen, die allerdings nicht unerheblich voneinander abweichen, nämlich die Staatsverträge zwischen Österreich-Ungarn und Bulgarien (15 I I 4), Bulgarien und Jugoslawien (15 I I 4), Österreich und Ungarn (3, 13), dem Deutschen Reiche und der Schweiz (2, 2 und 3), dem Deutschen Reiche und Italien 1

a

MORELLI 3 6 6 ff.

Vgl. etwa P E R R O U D , Jugement étranger — Droit de recommencer le procès en France — Pays de traité diplomatique, Journ. 40 (19x3) 501 — 507. 3 Vgl. M . W . B E R L I N E R , Vereinbarungen über den Gerichtsstand im internationalen Rechtsverkehr, Diss. Heidelberg (1936) ; K A L L M A N N 77 ff.

III.

Staatsvertrag und

165

Privatwille

(2, 2), Frankreich und Italien (12), Italien und der Schweiz (2 I 2), Italien und den Niederlanden (2 I 2), der Schweiz und Schweden (5 I 2 und 3), Großbritannien und Frankreich ( 4 1 b und c), Großbritannien und Belgien ( 4 1 b und c), Palästina und Ägypten (5 b), Frankreich und der Schweiz (3), Frankreich und Belgien (3 I) und endlich Belgien und den Niederlanden (5 I und II). Die Ausdrucksweise der Staatsverträge ist meist jedermann verständlich, nur bei den Verträgen des französisch-belgischen Rechtskreises muß man sich erst daran gewöhnen, daß die Wendung „élection de domicile", „élection d'un domicile attributif de juridiction", so viel bedeutet, wie Vereinbarung eines andern als des Wohnsitzgerichtsstandes. Da die „élection de domicile" in der Regel andere Gerichtsstände ausschließt, bedurfte es in den vier Verträgen, die von der „élection de domicile" sprechen (Fr.—Schw., Fr.—Belg., Fr.—It., Belg.—Nied.), einer Einschränkung der Ausschließlichkeit für den Fall, daß diese Vereinbarung nur den Kläger begünstigen, nicht ihn binden wollte. Dies geschah in den drei jüngeren Verträgen, beim französisch-schweizerischen Vertrage hat man die Frage vernachlässigt. Aber es fragt sich, ob es nicht überhaupt besser wäre, Fiktionen, wie die der Wahl eines zusätzlichen Wohnsitzes, zu vermeiden und ganz schlicht von Gerichtsstandsvereinbarungen zu sprechen. Man brauchte dann die Frage der Ausschließlichkeit nicht besonders zu erörtern, da auch sie Gegenstand der Vereinbarung wäre. Auch fiele die Beschränkung der Vereinbarung auf vertragliche Rechtsverhältnisse weg, die heute noch, zum mindesten nach den französischen Verträgen mit der Schweiz und Italien, mit der élection de domicile verbunden ist. Daß Frankreich und Belgien auch ohne die genannte Fiktion auskommen können, haben sie durch die Verträge mit Großbritannien bewiesen. Die wenigsten Staatsverträge befassen sich mit der i n t e r n a t i o nalen Z u l ä s s i g k e i t einer Gerichtsstandsvereinbarung1. Der englisch-französische Vertrag, vorsichtig wie immer und hier sogar vorsichtiger als sein englisch-belgischer Doppelgänger, verlangt, daß die Prozeßparteien vor Prozeßbeginn über den Gerichtsstand eine gültige Vereinbarung, „a valid agreement", getroffen haben müssen, spricht sich aber über die Gültigkeitsvoraussetzungen nicht aus. Dies geschieht nur in den Verträgen Österreichs mit Ungarn, des Deutschen Reichs mit Italien, Italiens mit der Schweiz. Nach dem österreichisch-ungarischen Vertrage muß der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand im Erststaate gehabt haben. Der deutsch1

D a h e r Berufung auf die Generalklausel v o m ordre public beim Verstoß einer

Gerichtsstandsvereinbarung gegen zwingendes Landesrecht: richt 7. O k t . 1932, B G E 58 (1932 I) 302 ff.

Schweiz.

Bundesge-

166

§ 15• Staatsvertrag

und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

italienische Vertrag versagt der Vereinbarung die Anerkennung, wenn beide Parteien Angehörige des Zweitstaates waren und dort ihren Wohnsitz hatten, der italienisch-schweizerische allgemeiner, wenn alle Parteien ihren Wohnsitz im Zweitstaat hatten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Maßgebender Zeitpunkt dürfte nach allen drei Verträgen der des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung sein. Die Tatsache aber, daß die drei Staatsverträge, die sich mit der Frage überhaupt beschäftigen, zu drei verschiedenen Lösungen gelangen, zeigt, wie wichtig eine Regelung oder doch wenigstens eine ausdrückliche Bestimmung in der Richtung ist, daß das Schweigen des Staatsvertrages Freistellung der Gerichtsstandsvereinbarung von allen internationalen Bindungen bedeutet. Dagegen haben sich die Staatsverträge nicht um die Voraussetzungen der rein landesrechtlichen Gültigkeit der Vereinbarungen zu kümmern. Auch können sie es ruhig der Rechtsprechung überlassen, zu entscheiden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung innerhalb eines Vertrages auch dann gelten soll, wenn der Vertrag selbst, z. B. wegen Wuchers, ungültig sein sollte. Das Schweizerische Bundesgericht hat die Frage mit guten Gründen bejaht Die neueren Staatsverträge betonen die N o t w e n d i g k e i t e i n e r a u s d r ü c k l i c h e n V e r e i n b a r ung(D.R.—Schw.,D.R.—It., Fr.—It., It.—Schw., It.—Nied., Schweiz—Schweden), einige verlangen Schriftlichkeit (Öst.—Ung., Großbr.—Fr.). Man versteht, daß insbesondere die schweizerischen Gerichte den Verzicht auf den verfassungsmäßig angeordneten Wohnsitzrichter nur bei einer ganz klaren Vereinbarung gelten lassen2. Der Gerichtsstandsvereinbarung setzen einige Staatsverträge, entsprechend dem Landesprozeßrecht, die v o r b e h a l t l o s e E i n l a s s u n g a u f d e n R e c h t s s t r e i t gleich3 (D. R.—Schw., D. R.—It., It.—Schw., Schweiz—Schweden). Diebritischen Staatsverträge drücken sich so aus, daß ein Gerichtsstand beachtlich sein solle, wenn der Beklagte freiwillig vor dem Gericht erschienen sei; doch fügen sie in ihrer kasuistischen Art hinzu, als freiwilliges Erscheinen solle es nicht angesehen werden, wenn der Beklagte nur erschienen sei, um sich einer Beschlagnahme zu widersetzen, die Aufhebung einer Beschlagnahme durchzusetzen oder 1 28. Jan. 1938, B G E 64 (1938 I) 39 ff. ; auch 23. Juni 1933 u. 6. Nov. 1936, B G E 59 (1933 I) 223ff. u. B G E 62 (1936 I) 23off. Vgl. auch. Reichsgericht 10. Mai 1915, R G Z 87, 7 ff. 2 Bundesgericht 8. Nov. 1935, B G E 61 (1935 I) 353ff. ; Cour de Genève 28. Okt. 1932, Schweiz. Juristenzeitung 30 (1933/34) 185 ; Cour de Montpellier 13. Märzi947, Schweiz. Juristenzeitung 44 (1948) ioff., mit Anm. von KALLMANN. 3 Hierüber ausführlich KALLMANN 99ff.

I I I . Staatsvertrag

und

Privatwille

167

die Zuständigkeit des Gerichts zu bestreiten. Indessen berücksichtigen alle diese Staatsverträge nicht genügend, daß sie nur B e u r t e i l u n g s r e g e l n z u r J u r i s d i k t i o n s f r a g e enthalten, also Regeln, auf die sich der Beklagte im Erstprozeß gar nicht berufen kann. Vielleicht ist das Erstgericht nach der Erstgesetzgebung wirklich zuständig, so daß es schon an sich unangebracht wäre, die Zuständigkeit zu bestreiten. Vielleicht denkt der Beklagte nicht daran und hat auch keine Veranlassung, daran zu denken, daß ihm die zu erwartende Entscheidung einmal im Auslande gefährlich werden könnte. Daher muß man in der Deutung eines Verhandeins zur Sache als stillschweigende Gerichtsstandsvereinbarung sehr vorsichtig sein, sofern es nicht unter der Herrschaft eines Staatsvertrages mit Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage geschieht. Schon die zu Protokoll gegebene Erklärung des Beklagten, er behalte sich für das künftige Zweitverfahren alle Rechte vor, wolle aber den Prozeß nach Möglichkeit schon im Erstverfahren gewinnen und daher zur Sache verhandeln, verhindert die künftige, im Zweitverfahren vorzubringende Behauptung seines Gegners, er habe sich auf den Rechtsstreit vorbehaltlos eingelassen1. Wirkliches Verständnis für die ungünstige Stellung des Beklagten in Fällen von, bloßen Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage zeigt aber nur der i t a l i e n i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e Vertrag; denn er verlangt, als einziger von allen Verträgen und abweichend von seinem italienischschweizerischen Vorbild, daß der Beklagte im Verlaufe des Erstprozesses a u s d r ü c k l i c h erklärt hat, er wolle sich der Zuständigkeit des Erstgerichtes unterwerfen. Eine weitere Frage betrifft die A b s t r a k t h e i t o d e r K o n k r e t h e i t der Gerichtsstandsvereinbarung. Der österreichisch-ungarische Vertrag verlangt Unterwerfung unter die Zuständigkeit „eines bestimmten Gerichts". Im gleichen Sinne ist immer die élection d'un domicile attributif de juridiction der drei älteren französischen und des belgisch-niederländischen Vertrages zu deuten. Dagegen ist bei den meisten übrigen Staatsverträgen nicht mit Sicherheit zu erkennen, ob die Vereinbarung auf ein bestimmtes Gericht verlangt wird oder ob eine Unterwerfung unter die Gerichte des Landes genügt. Nach dem deutsch-schweizerischen Vertrage z. B. muß sich der Beklagte „der Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung gefällt hat, unterworfen" haben. Das klingt wohl nach Konkretem, aber auch in einer Anerkennung der Zuständigkeit „der deutschen 1 Schweiz. Bundesgericht 20. Febr. 1931, B G E 57 (1931 I) 1 9 9 I ; vgl. auch 8. Nov. 1935, B G E 61 (1935 I) 353ff. ; ferner Oberlandesgericht Hamburg 14. Mai 1929, J W 1929, 35o8f., mit Besprechung von VOLKMAR; Reichsgericht 13. März 1896, R G Z 37, 37iff.

168

§ x5» Staatsvertrag

und Landesrecht,

Völkerrecht,

Privatautonomie

Gerichte" ist, so könnte man sagen, die Anerkennung eines konkreten deutschen Gerichts enthalten. Nur die britischen Verträge lassen keinen Zweifel aufkommen; sie gewähren den Parteien die Wahl zwischen konkreter und abstrakter Unterwerfung und haben damit in ihrer vorschauenden Bedächtigkeit jeden Auslegungsstreit unmöglich gemacht. Haben sich aber die Parteien einmal auf ein konkretes Gericht geeinigt, dann kann nur dieses, nicht ein beliebiges anderes Gericht des gleichen Staates, zuständig gemacht worden sein. Dieser, doch wohl nicht unbescheidenen, Forderung entzieht sich der französisch-italienische Vertrag (12) in seiner rücksichtslosen Verwirklichung der Idee von der auswärtigen Jurisdiktion als einer abstrakten Zuständigkeit. Haben sich die Parteien auf einen bestimmten fingierten Wohnsitz und damit auf ein bestimmtes auswärtiges Gericht als künftiges Prozeßgericht geeinigt, so sind alle Gerichte des Landes des fingierten Wohnsitzes für die nötig werdende Entscheidung zuständig, „les juridictions du pays du domicile élu sont compétentes pour connaître des contestations relatives au contrat". Man kann eine solche Vergewaltigung des Parteiwillens nur als eine Entgleisung bezeichnen. 3. Außer den Gerichtsstandsvereinbarungen gibt es noch a n d e r e prozeßbeeinflussende Willensakte. An erster Stelle steht die E r h e b u n g der K l a g e , der nur die britischen Verträge (4 I a) ihre Aufmerksamkeit zugewandt haben. Durch Erhebung der Hauptklage unterwirft sich der Kläger der Zuständigkeit des von ihm angerufenen Gerichts und damit der Jurisdiktion des Erststaates, ob auch durch Erhebung der Widerklage 1 und der Interventionsklage, ist schon zweifelhafter, da für diese Prozeßakte gewisse prozessuale Notwendigkeiten vorliegen können, die der Erhebung der Klage die Freiwilligkeit nehmen. Die britischen Verträge stellen Hauptklage, Widerklage und Interventionsklage einander gleich und sind jedenfalls in dem Sinne vorbildlich, daß sie auch hier wieder der Entstehung künftiger Zweifelsfragen vorgebeugt haben. Das Eigenartige der durch Klagerhebung begründeten Jurisdiktion mag davon abgehalten haben, den Fall in den übrigen Verträgen zu regeln ; denn der Kläger begründet durch Erhebung der Klage die Jurisdiktion des Erstgerichts nur b e d i n g t , nämlich nur für den Fall seines Unterliegens. Siegt er, so kann er mit dem Ersturteil im Zweitstaat nur dann etwas anfangen, wenn das Erstgericht die Jurisdiktion auch dem Beklagten gegenüber hatte. Trotzdem entspricht es der Billigkeit, daß der Kläger im Erststaat nicht ohne Risiko klagt. Wird er mit der Klage 1

So Maestricht Rechtbank 8. März 1934, Bull. 32 (1935) 53.

777. Staatsvertrag und Privatwille

169

durch ein in der Sache ergehendes Urteil, nicht etwa wegen Unzuständigkeit des Gerichts, abgewiesen, so hat er verspielt, muß auch im Zweitstaat die exceptio rei judicatae gegen sich gelten lassen und kann sich auf mangelnde Jurisdiktion des Erstgerichts eben deshalb nicht berufen, weil er sich ihr durch Erhebung der Klage vorbehaltlos unterworfen hat 1 . Allerdings bedeutet dies eine Begünstigung des Beklagten, der sich im Zweit verfahren je nach dem Ausgang des Erstprozesses auf die Beachtlichkeit oder auf die Unbeachtlichkeit des Ersturteils berufen kann. Da es aber offenbar noch unbilliger wäre, dem im Erstverfahren siegreichen Beklagten die Geltendmachung des Sieges im Zweitverfahren nur deshalb zu versagen, weil er sich nicht vorbehaltlos auf das Erstverfahren einließ, muß man diese außerordentliche Stellung des Beklagten mit in Kauf nehmen. Voraussetzung für die Begründung der erststaatlichen Jurisdiktion durch Erhebung der Klage ist allerdings die Jurisdiktionsfähigkeit des Prozeßgegenstandes. Könnten die Parteien die Jurisdiktion des Erststaates auch durch eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht begründen, dann steht diese Wirkung auch nicht der Klageerhebung zu2. Bei den s o n s t i g e n p r o z e ß b e e i n f l u s s e n d e n W i l l e n s a k t e n bedürfen weniger ihre Möglichkeit, als die ihnen gezogenen Grenzen einer Erörterung. Einem Franzosen stehe z. B. eine Forderung gegen einen Franzosen und einen Belgier zu, die beide in Frankreich wohnen. Klagt er nur gegen den Franzosen, so fällt der Streit nicht unter die Jurisdiktionsbestimmungen des französisch-belgischen Vertrages. Anders, wenn er die Klage gegen den Franzosen und den Belgier als Streitgenossen erhebt. Die Anwendbarkeit des Vertrages hängt also vom freien Willen des Klägers ab. Aber er darf die Anwendbarkeit des Vertrages nicht dadurch e r s c h l e i c h e n wollen, daß er den Belgier mit verklagt, obgleich dieser seine Schuld nicht bestreitet und bereit ist, die streitige Summe dem Berechtigten zu zahlen3. Die Gerichtsstandsbestimmungen des französischschweizerischen Vertrages sind in den wichtigsten Fällen davon abhängig, daß die beiden Parteien verschiedener Staatsangehörigkeit sind. Ein in der Schweiz wohnender Franzose z. B. kann sich nicht auf sie berufen, wenn er einen in Frankreich wohnenden 1 Vgl. Hooge R a a d der Nederlanden 14. N o v . 1924, im berühmten Pelzmantelfall; wörtlich abgedruckt bei VAN HASSELT, D e nederlandsche rechtspraak I (1936) 531 ff., auszugsweise im Bull. 13 (1925) 101. 2 Dies ist der richtige Kern der zum deutsch-österreichischen Staats vertrag ergangenen E . des österr. Obersten Gerichtshofs v. 17. Jan. 1930, Entsch. 12 (1930) 65 ff. 3

Trib. de Tournai 20. Dez. 1904, R e v . 1 (1905) 162 — 164.

170

§ i6.

Gegenstand

der

Staatsverträge

Franzosen verklagen will, während ein Schweizer es tun könnte. Der französische Gläubiger könnte ohne irgendwelche Hintergedanken seine Forderung an einen Schweizer abtreten und durch diesen Willensakt die Bestimmungen des französisch-schweizerischen Vertrages anwendbar machen. Tut er es aber n u r zu diesem Zwecke, ohne ernstliche Aufgabe des Forderungsrechtes, etwa f i d u z i a r i s c h , so wird das Gericht dem Willensakt die beabsichtigte Wirkung absprechen 1 . Diese und ähnliche Fälle einer f r a u s l e g i s behandelt keiner der Staatsverträge ; denn die fraudulöse Erwirkung eines Urteils, an die hier und da gedacht ist, steht auf einem andern Blatte und wird erst an späterer Stelle zu erörtern sein. Eine ausdrückliche Regelung ist aber auch nicht nötig, da es sich um ein allgemeines Problem des internationalen Privatrechts handelt, dessen Lösung man getrost Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen kann 2 .

§ 16. G e g e n s t a n d der Staatsverträge

Gegenstand der Staatsverträge ist die Anerkennung oder Vollstreckung der im Erststaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen im Zweitstaat. I. G e r i c h t l i c h e in Z i v i l - u n d

Entscheidungen Handelssachen

Am einfachsten für die vertragschließenden Staaten ist es, sich für die Bezeichnung der Anerkennungs- und Vollstreckungstitel einer allgemeinen Formel zu bedienen. Solche Formeln findet man denn auch in den ältesten wie in den neuesten Staatsverträgen. Nach den italienisch-lateinamerikanischen Verträgen z. B. sind es die in Zivil- oder Handelssachen von den Gerichten ausgegangenen Entscheidungen und Verfügungen, nach dem belgisch-niederländischen Vertrag (i I) die in Zivil- oder Handelssachen ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, „décisions judiciaires rendues en matière civile ou commerciale", der Haager Entwurf bedient sich genau der gleichen Formel (i I), auch die Umschreibung der italienischen Verträge von 1922 (1) : „Le decisioni pronunciate in materia civile o commerciale dalle autorità giudiziarie" und anderer italienischer Verträge sagt genau das Gleiche. 1 Vgl. den etwas anders liegenden Fall, Schweiz. Bundesgericht xo. Mai 1932, B G E 58 (1932 II) 162 ff.; hier sollte die fiduziarische Abtretung der Forderung die Anwendbarkeit des unbequemen Staatsvertrages ausschließen.

* Vgl. NIBOYET, La fraude à la loi en droit international privé, 53 (1926) 485 ff.

RevDrComp.

I. Gerichtliche Entscheidungen

in Zivil- und

Handelssachen

171

Im allgemeinen wird eine solche Formel ihren Zweck erfüllen. Aber die Erfahrung hat gelehrt, daß doch auch bezüglich der Vollstreckungstitel allerlei Fragen zu klären sind. Da ist zunächst der Ausgangspunkt: ein G e r i c h t muß hinter der Entscheidung stehen. Muß es ein Zivilgericht oder kann es auch ein S t r a f g e r i c h t sein, das einem geschädigten Privaten eine Buße zubilligt ? Die viel erörterte Frage solcher A d h ä s i o n s u r t e i l e begegnet hier. Wie ferner, wenn ausnahmsweise eine V e r w a l t u n g s b e h ö r d e mit richterlicher Gewalt bekleidet ist ? Dann die Entscheidung selbst. Muß es ein Urteil im engeren Sinne sein oder genügen auch sonstige, streitentscheidende, richterliche Maßnahmen, wie B e s c h l ü s s e , V e r f ü g u n g e n , Z a h l u n g s b e f e h l e ? Weiterhin kann auch das der Entscheidung vorangehende Verfahren zu Zweifeln Anlaß geben. Sicher haben die Staatsverträge die im streitigen Verfahren ergangenen Entscheidungen im Auge. Aber auch die der f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t ? Endlich gibt auch das der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu denken. Beziehen sich die Staatsverträge nur auf vermögensrechtliche Entscheidungen oder auch auf solche, die in S t a t u s s a c h e n und f a m i l i e n r e c h t l i c h e n A n g e l e g e n h e i t e n ergangen sind? Alle diese und ähnliche Fragen sind zugleich Fragen der Rechtsdogmatik und der Rechtspolitik. Die Frage der Rechtsdogmatik lautet etwa: Fallen die Adhäsionsurteile, die Zahlungsbefehle, die Verfügungen des Vormundschaftsrichters, die Entscheidungen über die Ehelichkeit eines Kindes unter die allgemeine Formel eines bestimmten Staatsvertrages ? Die Frage der Rechtspolitik dagegen: Ist es zu billigen, daß ein Staatsvertrag über Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen seine Anwendbarkeit auf die Adhäsionsurteile, die Zahlungsbefehle, die Verfügungen des Vormundschaftsrichters, die Entscheidungen über die Ehelichkeit eines Kindes mit erstreckt ? Aber auch die rechtsdogmatische Frage verbindet sich mit einer Frage der Rechtspolitik, die allerdings gegenüber der andern rechtspolitischen Frage nur eine solche zweiten Grades ist, nämlich, ob es nicht zweckmäßig wäre, die allgemeine Formel durch einige Erläuterungen und Konkretisierungen zu ergänzen. i. Um mit der Frage der Z w e c k m ä ß i g k e i t e i n e r g e n a u e r e n U m s c h r e i b u n g zu beginnen, so ist sie unbedenklich umso eher zu bejahen, als bereits eine Reihe von Verträgen diesen Weg gegangen ist und es nicht Aufgabe der vertragschließenden Staaten sein kann, den dogmatischen Juristen vor leicht vermeidbare Auslegungsschwierigkeiten zu stellen.

172

§ i6. Gegenstand der

Staatsverträge

a) Wer etwas Verständnis für die mangelnde Vertrautheit des Zweitrichters mit der Gerichtsorganisation des Erststaates hat, wird es nicht übertrieben finden, wenn die G e r i c h t e , um deren Urteile es sich handelt, mit ihrer k o n k r e t e n B e z e i c h n u n g aufgeführt werden. Man nehme etwa den deutsch-italienischen Vertrag, der ,,den in Zivil- und Handelssachen ergangenen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates" Anerkennung und Vollstreckung im andern Staate verheißt. Der italienische Richter wird allerdings unschwer feststellen können, daß mit den bürgerlichen Gerichten in Deutschland die Amtsgerichte, Landgerichte (Zivilkammern, Kammern für Handelssachen), Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof gemeint sind. Wie steht es aber mit den bisher nur in Württemberg und Baden zugelassenen Gemeindegerichten, in denen meist der Bürgermeister, also eine Verwaltungsbehörde, die richterliche Gewalt ausübt und von denen man selbst innerhalb Deutschlands, außer Baden-Württemberg, keine oder nur eine sehr schwache Vorstellung hat ? Gehören sie, gehören die nord-württ.-badischen Friedensgerichte überhaupt, um mit dem vom deutschen etwas abweichenden italienischen Vertragstext zu sprechen, zu den „autorità giudiziarie" ? Man wird die Frage nach deutschem Rechte bejahen müssen, aber wird dies auch der italienische Richter tun, wenn er erwägt, daß diesen Gerichten die volle, organisatorisch verbürgte, richterliche Unabhängigkeit fehlt ? Solche Auslegungsschwierigkeiten können überall auftauchen, und es ist nur ein neuer Beweis für den praktischen, dem Abstrakten abholden Sinn der Engländer, daß sie in den beiden b r i t i s c h e n V e r t r ä g e n die konkrete Bezeichnung der Gerichte durchgesetzt haben, deren Urteile im Zweitstaat anerkannt und vollstreckt werden sollen (i III). Es sollen dies nur die „superior courts", die „tribunaux supérieurs" sein, eine Einschränkung, die damit zusammenhängt, daß die englischen unteren Gerichte an ihre eigenen Urteile nicht gebunden sind 1 , also nur Urteile fällen können, denen die Rechtskraft im vollen Wortsinne mangelt. Diese höheren Gerichte werden aber im Vertrage sofort konkretisiert, so daß man nur den Vertragstext aufzuschlagen braucht, um zu wissen, daß ein französisches Tribunal de première instance, eine belgische Cour d'appel, das englische House of Lords, der schottische Court of Session, der nordirische Supreme Court of Judicature zu den staatsvertraglich beachtlichen Gerichten gehören, vor allem aber, daß die Entscheidungen anderer als der besonders aufgeführten Gerichte unbeachtlich sind. 1

Vgl. PiGGorr, Foreign judgment and jurisdiction I (1908) 94f.

I. Gerichtliche Entscheidungen

in Zivil- und

Handelssachen

173

Nicht ganz so vollkommen, aber doch nahezu so, ist die Konkretisierung im ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e n Vertrag gelungen, wo ausdrücklich bestimmt wird, daß als Sondergerichte im Sinne des Vertrages zu gelten haben „auch die Gemeindevermittlungsämter, die ungarischen Gemeindegerichte und die Friedensrichter sowie die Schiedsgerichte, die ohne Rücksicht auf einen Schiedsvertrag vermöge einer besonderen staatlichen Anordnung zuständig sind" (i II). Unbedingt der Erwähnung bedürfen die V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n , wenn sie ausnahmsweise in dieser ihrer Eigenschaft als Rechtspflegeorgane tätig sind und ihre Entscheidungen im Zweitstaat beachtet werden sollen. Der österreichisch-ungarische Vertrag nennt die „administrativen Pflegschaftsbehörden über Unterhaltsansprüche" (19), der italienisch-schweizerische Vertrag die schweizerischen Vormundschaftsbehörden (11), der schweizerischschwedische Vertrag den schwedischen Oberexekutor, „Överexekutor" (2). Der schweizerisch-österreichische Vertrag erwähnt ebenfalls die „Entscheidungen anderer als gerichtlicher Behörden, die zur Führung von Vormundschaften oder Pflegschaften berufen sind" (7) und macht den wichtigen Zusatz: „Die beiden Regierungen werden einander diese Behörden mitteilen". Auf diese Weise läßt sich die Unzuträglichkeit vermeiden, daß der Text des Vertrages mit der Entwicklung der Landesorganisation nicht Schritt hält. b) In diesen Zusammenhang gehören auch die sog. A d h ä s i o n s u r t e i l e der S t r a f g e r i c h t e , eben weil es zwar Gerichtsbehörden sind, die diese Urteile sprechen, aber doch solche, zu deren eigenster Aufgabe die Erlassung von Zivilurteilen nicht gehört. Wo die Verträge schweigen, ist die Auslegung streitig. Beim französischschweizerischen Vertrag sind sich nicht einmal die französischen Gerichte untereinander einig 1 . Auch die Rechtsprechung zu zwei einander so sehr ähnelnden Verträgen, wie dem französisch-belgischen und dem belgisch-niederländischen, ist zwiespältig 2 . Eben deshalb ist es eine dringende Forderung, daß sich bereits der Vertrag der Streitfrage annimmt. Die meisten neueren Verträge, die sich dieser Pflicht bewußt sind, tun es in negativer Weise, durch Ausscheidung der Adhäsionsurteile, so die schweizerischen Verträge mit der Tschechoslowakei (Schlußprot. I), mit Österreich (6) 1

Cour de L y o n 20. März 1929,

R e v . 24 (1929) 504ff.,

bejahend;

Cour d ' A i x

29. April 1933, R e v . 29 (1934) 1 7 1 ! . verneinend. Ü b e r den schweizerischen S t a n d p u n k t unterrichtet die anonyme Abhandlung in der Z. d. bern. Juristenvereins 62 (1926) 4 o f f . 2

Cass. de France

7. D e z . 1936, R e v . 33

(1938) 494ff., b e j a h e n d ; Hooge R a a d

der Nederlanden 16. März 1931, Bull. 25 (1932) 324, verneinend.

174

§ i6. Gegenstand der Staatsverträge

und Italien (9), die tschechoslowakischen Verträge mit Griechenland, Portugal und Spanien (1 II) und der italienisch-niederländische Vertrag (10). Auch die beiden neueren deutschen Verträge schließen die Beachtlichkeit der Adhäsionsurteile schon dadurch aus, daß sie sich nur auf die Entscheidungen der „bürgerlichen" Gerichte beziehen; überdies erwähnt der deutsch-italienische Vertrag die Adhäsionsurteile ausdrücklich ablehnend (12). Dagegen setzen der schweizerisch-schwedische Vertrag (1) und der englisch-französische Vertrag (2 II) das Adhäsionsurteil einem Zivilurteil gleich, der englisch-belgische Vertrag ebenfalls (5 II), jedoch nur für die Urteilsvollstreckung, nicht für die Urteilsanerkennung, eine wohlüberlegte Unterscheidung, auf die noch zurückzukommen sein wird 1 . c) Auch der Beantwortung der Frage, ob die in den Verträgen genannten E n t s c h e i d u n g e n („decisioni", „jugements", „arrêts" u. dgl.) in einem weiteren oder einem engeren Sinne zu verstehen sind, widmen einige Verträge ihre Aufmerksamkeit. Während sich der deutsch-schweizerische Vertrag zunächst mit der Wendung: „Entscheidungen . . . ohne Unterschied ihrer Benennungen" zu begnügen scheint, aber dann doch die in Frage kommenden Unterarten, nämlich „Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbefehle", einzeln aufzählt, bringt der auch sonst sehr genaue österreichisch-ungarische Vertrag eine erschöpfende Einzelaufzählung der im Zweitstaat beachtlichen Exekutionstitel (1). Doch kommt im Rahmen der streitigen Gerichtsbarkeit auch hier die Aufzählung über die Dreizahl: „Urteile, Beschlüsse, Zahlungsaufträge im Mandats-, Wechselund Scheckverfahren" nicht hinaus, und ähnlich war es schon im österreichisch-bulgarischen Vertrage von 1 9 1 1 (11), während es nach den tschechoslowakischen Verträgen mit Rumänien (44 I a) und Bulgarien (22 I a) außer diesen drei: „sentences, ordres de payer, arrêts" noch andere Entscheidungen („et autres décisions") geben müßte2. Wichtiger sind die in den Verträgen vorkommenden ausdrücklichen E i n s c h r ä n k u n g e n . Eine Anzahl von Verträgen, zuletzt der italienisch-niederländische (10), der schweizerischschwedische ( 1 1 , 1 ) und der deutsch-italienische (12), nehmen die in einem K o n k u r s v e r f a h r e n oder einem konkursähnlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen aus, in der richtigen Erkenntnis, daß die Fragen des internationalen Konkursrechts auf einem anderen Blatte stehen als die der internationalen Urteilsvollstreckung 3 . Der Tatsache endlich, daß die neueren Verträge fast 1

Vgl. unten S. 1 7 8 . E t w a Präsidialverfügungen, denen Trib. de Montpellier ( 1 1 . Dez. 1935) B e achtlichkeit nach dem franz.-Schweiz. Vertrage abspricht: Journ. 63 (1936) 364ff. 3 Vgl. oben S. 1 3 8 . a

I. Gerichtliche Entscheidungen

in Zivil- und

Handelssachen

175

durchweg Anerkennungs-, nicht nur Vollstreckungsverträge sind, tragen einige Verträge dadurch Rechnung, daß sie die v o r l ä u f i g e n M a ß n a h m e n , wie Arreste und einstweilige Verfügungen, von der Beachtlichkeit ausnehmen, so der deutsch-schweizerische Vertrag (i) 1 , der deutsch-italienische (12), der italienisch-schweizerische (9) und der italienisch-niederländische (10). Denn rechtskräftig entschiedene Sache bedeutet endgültig entschiedene Sache, und diese Eigenschaft der Endgültigkeit fehlt allen jenen Maßnahmen. Dies braucht aber den Gläubiger nicht zu beunruhigen; denn in dringlichen Fällen wird ihm anderweitig geholfen2. In keinem Vertrage besonders geregelt ist die Frage nach der Beachtlichkeit von erststaatlichen E x e q u a t u r - U r t e i l e n . Ein argentinisches Urteil z. B. wird in Frankreich für vollstreckbar erklärt. Wird es dadurch sozusagen naturalisiert und fällt es unter den französisch-schweizerischen Vertrag, so daß der Gläubiger Vollstreckung in der Schweiz verlangen kann, obgleich Argentinien keinen Vollstreckungsvertrag mit der Schweiz abgeschlossen hat ? Die Frage wurde mit Recht verneint, da das in Frankreich vollstreckbare Urteil ein argentinisches Urteil geblieben ist, dem nur die Vollstreckbarkeit im französischen Staatsgebiet zuerkannt wurde 3 . d) Ein weiteres Problem ist das der f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t . Wenn einmal das Wort „Entscheidung" in einem weiteren Sinne gebraucht wird und die „Beschlüsse" oder die „Verfügungen" der Zivilgerichte mit umfassen soll, dann liegt es nahe, auch Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit darunter zu begreifen. Andererseits hat man beim Abschluß von Vollstreckungsverträgen sicher in erster Linie an die im streitigen Verfahren ergangenen Urteile gedacht, so daß man Hemmungen hat, die Vollstreckungshilfe auf Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, etwa Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts, auszudehnen. Damit ist die Streitfrage da, und man darf sich nicht wundern, wenn auch sie von den Gerichten nicht einheitlich entschieden wird 4 . Österreich, das schon in seiner Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896 Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit neben solchen der streitigen Gerichtsbar1

Kantonsgericht

(1945) 157-

Graubünden 22. März 1944,

Schweiz. Juristenzeitung

41

Vgl. unten S. 215 f. Cour de Geneve 14. Febr. 1913, Journ. 41 (1914) 1383^. Vgl. auch App. Perugia 15. Nov. 1933, R i v . 26 (1934) I I 3 f f 4 Cour de Paris 20. Febr. u. 17. Juli 1913, Journ. 41 (1914) I254ff., zum alten franz.-it. Vertrag, bejahend; Rotterdam Rechtbank 21. April 1932. Bull. 28 (1933) 67, zum belg.-nied. Vertrag, verneinend. 2

3

176

§ i6. Gegenstand der Staatsverträge

keit als Exekutionstitel aufführt (i), behandelt beide Arten von Justizakten unterschiedslos auch im Vertrage mit Bulgarien ( n ) , und ihm folgen die Tschechoslowakei in ihren Verträgen mit der Schweiz (Schlußpr. I), mit Griechenland, Spanien, Portugal (i I), sowie Bulgarien in seinem Vertrag mit Jugoslawien ( i l I), während der italienisch-spanische Vertrag für die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Sonderregelung enthält (VII). Dagegen begrenzt der schweizerisch-schwedische Vertrag seine Anwendung ausdrücklich auf die Entscheidungen der streitigen Gerichtsbarkeit (i), fügt aber hinzu, daß die in Sachen der Gütertrennung, der persönlichen Trennung und der Ehescheidung ergangenen Entscheidungen unter allen Umständen als solche der streitigen Gerichtsbarkeit angesehen werden sollen, im Gegensatze zu den in Vormundschaftsund Entmündigungssachen ergangenen Entscheidungen (3). e) Endlich sehen sich die Vertragsstaaten vor die Frage einer i n h a l t l i c h e n B e g r e n z u n g der Zivilurteile gestellt, für deren Erlaß sie Gerichtsstände festsetzen oder denen sie Anerkennung und Vollstreckung im Zweitstaat gewähren wollen. Der französisch-schweizerische Vertrag hat durch seine Begrenzung der Gerichtsstandsbestimmungen auf Streitigkeiten „en matière mobilière et personnelle, civile ou de commerce" (1) und ,,en matière réelle ou immobilière" (4) Anlaß zu mancherlei vermeidbaren Zweifeln gegeben 1 , die um so leichter auftauchen mußten, als sich der Staatsvertrag hier ganz einseitig und nicht sehr überlegt einiger Begriffe des französischen Rechtes bedient. Einfacher und klarer ist die Begrenzung der Anerkennung und der Vollstreckungshilfe auf „vermögensrechtliche Ansprüche" im österreichisch-bulgarischen (12) und im österreichisch-jugoslawischen Vertrag (37). Hier findet sich die.weitere Einschränkung, daß ,,es sich nicht um streitige Eigentums- oder andere dingliche Rechte an unbeweglichen Gütern" handeln darf, „die in dem um Vollstreckung ersuchten Staate gelegen sind". Bei diesem Satze, der ähnlich auch im bulgarisch-jugoslawischen (12) und im schweizerisch-schwedischen Vertrage (11) begegnet, fragt man sich nur, ob man ihn nicht zweckmäßiger im Zusammenhang mit den Jurisdiktionsbestimmungen gebracht hätte 2 , wie dies bei den britischen Verträgen in der Tat geschehen ist (4 II). Die letztgenannten Verträge (Fr. 5 I b, Belg. 5 I I b) und der mit ihnen verwandte palästinensisch-ägyptische 1

Vgl. z . B . Cour de Besançon 28. Juli 1909, Journ. 37 (1910) 5 4 2 f f . ; Trib. cantonal de Neuchâtel 4. April 1 9 2 1 , Schweiz. Juristenzeitung 17 (1920/21) 3 3 4 t . — S. auch unten S. 1 7 7 , Anm. 2. J So richtig S T O R C K , Das Abkommen der Schweiz mit Schweden, Diss. Zürich

(1938) 45 f-

I.

Gerichtliche Entscheidungen

in Zivil- und

Handelssachen

177

Vertrag (i I) fallen noch dadurch auf, daß sie die Vollstreckungshilfe auf Geldurteile beschränken, während allerdings die bloße Anerkennung erststaatlicher Urteile in den britischen Verträgen umfassender geregelt ist. Auch die Verträge Polens mit Danzig (1925) und der Tschechoslowakei (1934)1 erklärten nur Geldurteile und solche Urteile für vollstreckbar, die auf Leistung oder Herausgabe beweglicher Sachen lauten, erfaßten also nicht alle vermögensrechtlichen Urteile (1). Staatsverträge, die nach ausdrücklicher Bestimmung nur vermögensrechtliche Entscheidungen zum Gegenstande haben, lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß E n t s c h e i d u n g e n ü b e r den P e r s o n e n s t a n d und rein f a m i l i e n r e c h t l i c h e E n t s c h e i d u n g e n außerhalb ihres Anwendungsgebietes liegen. Bei Staatsverträgen mit allgemeiner Formel, wie dem französisch-schweizerischen, ist die Frage bestritten2. Daher auch hier die Forderung an die vertragschließenden Staaten, die Frage durch eine ausdrückliche Bestimmung zu klären. Dabei müssen sich die Vertragschließenden vor Augen halten, daß es vermögensrechtliche und nicht-vermögensrechtliche Streitigkeiten des Familienrechts gibt, daß also die Begrenzung des Staatsvertrags auf vermögensrechtliche Entscheidungen die vermögensrechtlichen Entscheidungen des Familienrechts n i c h t auschließt. Will man auch dies erreichen, so muß man sich anders ausdrücken, etwa wie der österreichischtürkische Vertrag, daß die Entscheidung nicht den Personen- oder Familienstand betreffen dürfe (18, 7), oder wie die beiden neueren Verträge des Deutschen Reiches, die scharf zwischen den vermögensrechtlichen (1 und 2) und den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten (3) unterscheiden. Auch die beiden britischen Verträge nehmen sich der Frage des Familienrechts an, der mit Frankreich durch Ausscheidung (2 III), der mit Belgien durch Sonderregelung (4 III), beide im Zusammenhang mit Fragen des Erb-, Konkurs- und Liquidationsrechtes. Am klarsten ist die Formulierung im englischfranzösischen Vertrage gelungen, der die Anwendbarkeit des ganzen Staatsvertrages ausschließt „aux jugements rendus en matière de statut personnel (état et capacité de personnes), de droit de famille (y compris les jugements en matière matrimoniale ou relatifs aux rapports pécuniaires entre époux)". 2. Die Zweckmäßigkeit einer genauen Umschreibung dessen, was als beachtliche Entscheidung in Zivilsachen angesehen werden soll, 1

Anders der tschechoslowakisch-polnische Vertrag v . 21. Jan. 1949.

2

V g l . CAMILLE JORDAN, R e v . 17

(1921) 3 5 6 f f . , 481 f f . —

Schweiz.

Bundesge-

richt 17. Dez. 1914, B G E 40 (1914 I) 4 8 7 f f . ; Cass. de France 20. April 1928, Journ. 56 (1929) 7 2 f . 12

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

178

§ z6. Gegenstand der Staatsverträge

dürfte nach Vorstehendem klar sein. Die rechtspolitisch an sich bedeutendere Frage nach der b e s t e n W a h l z w i s c h e n den v e r s c h i e d e n e n M ö g l i c h k e i t e n einer A b g r e n z u n g tritt demgegenüber etwas in den Hintergrund, weil es hier wichtiger ist, d a ß die Frage geregelt wird, als wie sie geregelt wird. Wir beschränken uns daher auf die Hervorhebung einiger Punkte. a) Die Frage nach der Beachtlichkeit von A d h ä s i o n s u r t e i l e n im Zweitstaat kann man nur im Zusammenhang mit der landesgesetzlichen Regelung des Adhäsionsverfahrens richtig beantworten. Ist der durch eine strafbare Handlung Verletzte gezwungen, seinen Schadensersatzanspruch im Strafverfahren geltend zu machen, ist er also gar nicht in der Lage, sich an das Zivilgericht zu wenden, dann wäre es in hohem Grade unbillig, die Vollstreckung des Adhäsionsurteils im Zweitstaat zu versagen, zumal nicht einzusehen ist, warum man dem Strafrichter weniger Vertrauen schenken soll als dem Zivilrichter. Nur wenn der Geschädigte das Zivilgericht anrufen könnte, ist es angängig, die Beachtlichkeit eines Adhäsionsurteils durch den Staatsvertrag auszuschließen. Ferner bedarf es der Prüfung an Hand des Landesrechts, ob ein Adhäsionsurteil der m a t e r i e l l e n R e c h t s k r a f t fähig ist, ob es also res judicata auch in dem Sinne schafft, daß der zur Zahlung Verpflichtete in keinem späteren Prozesse mit der Behauptung gehört wird, er sei zu Unrecht verurteilt worden. Allerdings wird ihm unter allen Umständen die condictio indebiti versagt sein. Aber man denke an spätere Änderungen der Verhältnisse, etwa an den Eintritt völliger Arbeitsunfähigkeit bei dem zunächst nur leicht Verletzten. Kann der wegen Erhöhung der Rentenzahlungen vor den Zivilrichter Geladene die Rechtmäßigkeit seiner früheren Verurteilung durch Adhäsionsurteil bestreiten ? Hiervon hängt es ab, ob der Staatsvertrag dem Adhäsionsurteil nur Vollstreckbarkeit zubilligen soll oder auch die Anerkennung der res judicata, und wir verstehen jetzt den englisch-belgischen Vertrag, der in der Tat die Unterscheidung macht (5 II und 3 I) und, anders als der englisch-französische Vertrag (2 II), dem Adhäsionsurteil zwar nicht die Vollstreckbarkeit, wohl aber die Anerkennung der res judicata versagt. b) Die Einbeziehung von A k t e n der f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t in die Staätsverträge über Urteilsanerkennung und - V o l l streckung empfiehlt sich nicht, weil dieser Gegenstand ganz unübersehbar ist. Schon ein gewisses Stilgefühl müßte davor warnen, Verfügungen des Vormundschafts-, des Nachlaß-, des Registerrichters u. dgl. auf die gleiche Stufe mit einem echten Zivilurteil zu stellen. Einzelne Verfügungen, wie Todeserklärungen oder

I. Gerichtliche Entscheidungen

in Zivil- und

Handelssachen

179

Adoptionen, mag man in einem umfassenden Rechtshilfevertrag mit behandeln1, obgleich ein wirkliches Bedürfnis dafür kaum bestehen wild. Aber in einen in sich geschlossenen Anerkennungsoder Vollstreckungsvertrag passen die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit schon deshalb nicht, weil seine Bestimmungen einen Kläger und einen Beklagten voraussetzen. Zudem hat die freiwillige Gerichtsbarkeit fast mehr Verwandtschaft mit der Verwaltung als mit der streitentscheidenden Justiz; die Verwaltung aber hat eigene Regeln für ihre Beziehungen zu der Verwaltung eines andern Staates2, Regeln, die jedenfalls nicht die gleichen sind, wie die des internationalen Prozeßrechts. c) Dagegen besteht allerdings ein Bedürfnis nach Regelung der internationalen Urteilsanerkennung in n i c h t v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n Angelegenheiten, namentlich, seit sich vom Haager Ehescheidungsabkommen ein Vertragsstaat nach dem andern losgesagt hat3. Doch will eine solche Regelung wohl überlegt sein, und keinesfalls geht es an, vermögensrechtliche und nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten unterschiedslos nach den gleichen Regeln zu behandeln. Man braucht nur die wenigen Staatsverträge unter den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen, die das Problem gewürdigt haben, etwas genauer zu betrachten, um zu sehen, wie schwierig offenbar die Regelung überhaupt ist. Nicht einmal die beiden neueren deutschen und die beiden britischen Verträge, die sich diesen Punkt besonders angelegen sein lassen, sind unter sich einig. Der d e u t s c h - s c h w e i z e r i s c h e Vertrag regelt nur „die in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Angehörigen eines der beiden Staaten oder beider Staaten ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen", erkennt hier die erststaatliche Jurisdiktion an, macht aber einen Vorbehalt für den Fall, daß ein Angehöriger des Zweitstaates am Rechtsstreit beteiligt und nach der Zweitgesetzgebung die Zuständigkeit eines Erstgerichts nicht begründet war (3). Außerdem muß das Erstgericht die zugunsten der Angehörigen des Zweitstaates bestehenden zweitstaatlichen materiellen Kollisionsnormen beachtet haben (4 II). Eine entsprechende Bestimmung findet sich auch im d e u t s c h - i t a l i e n i s c h e n Vertrag (4 II), der im übrigen nur solche nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten regelt, in denen die Parteien, also beide Parteien, Angehörige des Erststaates waren oder dort ihren Wohnsitz hatten, und in diesen Fällen die erststaatliche Jurisdiktion vorbehaltlos 1 Z . B . T s c h . — R u m . K a p . V I u. I X . a

V g l . OTTO MAYER,

Deutsches Verwaltungsrecht

II

(1896) 4 5 3 f f . Dieser be-

merkenswerte Schlußabschnitt fehlt in den späteren A u f l a g e n . 3

12»

V g l . oben S. 33.

180

§ z6. Gegenstand der Staatsverträge

anerkennt (3). Der e n g l i s c h - b e l g i s c h e Vertrag (4 III) enthält sich „in matters of family law or status" jeder eigenen Regelung, läßt vielmehr die Jurisdiktion des Erststaates davon abhängig sein, ob die Zweitgesetzgebung diese Jurisdiktion anerkennt. Beim engl i s c h - f r a n z ö s i s c h e n Vertrag fehlt sogar diese Erhebung von Landesrecht zu mittelbarem Vertragsrecht, da er die Personenstands- und Familiensachen, nebst gewissen anderen Gegenständen, von der Anwendbarkeit des ganzen Staatsvertrages ausschließt (2 III). Im i t a l i e n i s c h - s c h w e i z e r i s c h e n und im i t a l i e n i s c h n i e d e r l ä n d i s c h e n Vertrag erkennen die Vertragsstaaten in Sachen des Personenstandes, der rechtlichen Fähigkeiten und des Familienrechts die Jurisdiktion des Erststaates nur für dessen Angehörige an (2 I). Der s c h w e i z e r i s c h - s c h w e d i s c h e Vertrag endlich enthält für die Angelegenheiten des Personenstands, des Familien- und Erbrechts keine eigenen Jurisdiktionsbestimmungen, erkennt aber die Jurisdiktion des Erststaates an, wenn bei entsprechender umgekehrter Lage des Falles die Gerichte des Zweitstaates nach dessen Gesetzgebung zuständig gewesen wären, und verlangt ferner Einklang des Ersturteils mit den materiellen Kollisionsnormen des Zweitstaates (5 II; 4,3). Diese Ausbeute der bestehenden Staatsverträge ist etwas dürftig, reicht aber doch zur Not als Grundlage für künftige staatsvertragliche Regelungen aus. Je nach dem Inhalt des Landesrechts werden die deutschen oder die englischen Verträge oder der Vertrag zwischen der Schweiz und Schweden oder einer der bestehenden Sonderverträge richtunggebend sein können. Selbst eine Verbindung der schweizerisch-schwedischen mit der englisch-belgischen Regelung, etwa in der Form einer Verweisung auf die materiellen und auf die prozessualen Kollisionsnormen des Zweitstaates, wäre besser als ein Übergehen der Frage mit Stillschweigen, da Schweigen als Gleichsetzung der nicht vermögensrechtlichen mit den vermögensrechtlichen Entscheidungen gedeutet werden könnte, eine Lösung, die den bestehenden, tief greifenden Verschiedenheiten nicht gerecht würde. II. A n e r k e n n u n g und V o l l s t r e c k u n g Die neueren Staatsverträge behandeln die Anerkennung und die Vollstreckung der Ersturteile im Zweitstaat, so daß reine Vollstreckungsverträge, wie die Österreichs mit Ungarn (1914), der Tschechoslowakei mit Rumänien (1925) und Bulgarien (1926), der Türkei mit Italien (1926) und Österreich (1930), Palästinas mit Ägypten (1929), geradezu auffallen. Von den bekannteren älteren

II. Anerkennung und Vollstreckung

181

Staatsverträgen ist der französisch-schweizerische (1869) ein reiner Vollstreckungsvertrag. Dagegen gibt es unter den allgemeinen, der Wirkung eines Ersturteils im Zweitstaat gewidmeten Verträgen keinen einzigen reinen Anerkennungsvertrag, und nur bei den britischen Verträgen ist der Bereich für die Anerkennung eines Ersturteils weiter gezogen als für die Vollstreckung, da die Vollstreckung hier nur für Geldurteile zugesagt wird. Der Unterschied in den Voraussetzungen für die Anerkennung eines Ersturteils und denen für seine Vollstreckung ist aber im wesentlichen der, daß die Anerkennung ohne weiteres möglich ist, während die Vollstreckung an einen vorherigen Akt des Zweitstaates — Vollstreckbarerklärung, Exequatur, Delibationsurteil, Registrierung u. dgl. —• gebunden ist. Der Vollstreckung setzen einige Verträge die Eintragung in öffentliche Register (It.—Türk. 19) oder jede Vornahme einer öffentlichen Formalität auf Grund des Ersturteils (Fr.—It. 2, It.—Schw. 3, I t . — Nied. 3) oder die Entstehung einer gerichtlichen Generalhypothek auf dem Vermögen des Schuldners gleich (Fr.—It. 2). Nur die Verträge Italiens mit der Schweiz, den Niederlanden und dem Deutschen Reich (1 II) überlassen es in versteckter Form der Zweitgesetzgebung, auch die bloße Anerkennung des Ersturteils von dessen vorheriger Bestätigung in einem Delibationsverfahren abhängig zu machen. 1. Um die Erläuterung dessen, was unter A n e r k e n n u n g e i n e s U r t e i l s zu verstehen ist, haben sich nur die britischen Verträge gekümmert. „Es versteht sich", heißt es im französischen Text des englisch-französischen Vertrages (3 III), „daß die Anerkennung der Autorität der rechtskräftig entschiedenen Sache im Sinne dieses Abkommens bedeutet, daß der Urteilstenor (,,le dispositif du jugement") bindende Kraft zwischen den Parteien (siegende und verlierende Partei) hat und von ihnen als Einrede jeder neuen Klage entgegengehalten werden kann, die zwischen den gleichen Parteien wegen des gleichen Gegenstandes und des gleichen Rechtsgrundes erhoben wird". Weder der englische Vertragstext noch die entsprechende Stelle im englisch-belgischen Vertrage (3 III) reichen an die Klarheit dieser Formulierung heran. Namentlich wird nur hier eindeutig ausgesprochen, daß die Autorität der rechtskräftig entschiedenen Sache nur der Entscheidung selbst, also nicht auch den Entscheidungsgründen zukommt. Eine solche Erläuterung hat man in den sonstigen Verträgen für überflüssig gehalten, und doch ist eine Klarstellung geboten, wenn das autonome Recht beider Vertragsstaaten in der Frage der Urteilswirkung nicht völlig übereinstimmt. Man nehme nur den

182

§ i6.

Gegenstand

der

Staatsverträge

Fall, daß sich nach der Gesetzgebung des einen Staates die Rechtskraft nur auf die Entscheidung selbst, nach der des andern Staates auch auf die Entscheidungsgründe erstreckt. Es entsteht dann die schon von S A V I G N Y bei der Betrachtung des preußisch-weimarischen Vertrages von 1824 erkannte „feinere" Frage, ob die Tragweite der Rechtskraft nach der Gesetzgebung des Erststaates oder der des Zweitstaates zu beurteilen ist 1 . Sie mag im Bereiche des autonomen Landesrechts schwierig zu lösen sein2. Im staatsvertraglichen Rechte ist zunächst zu fragen, ob den Ersturteilen nach ausdrücklicher Vertragsbestimmung die gleiche Kraft zuerkannt wird wie den im Zweitstaat ergangenen Urteilen (so z. B. It.—Peru 18) oder die gleiche Kraft, wie sie ihnen im Erststaat zukommt. Letztes ist die Ausnahme, wir finden diese Regelung nur im Vertrage zwischen Italien und Bolivien (25). Doch darf uns diese Statistik in keiner Weise beeinflussen, da nur Italien die Frage staatsvertraglich geregelt hat, und auch dies nur im Vorbeigehen. Außerdem stehen die italienischen Juristen auch bei der bloßen Anerkennung eines Ersturteils unter dem Banne der italienischen Gesetzgebung über das Delibationsverfahren, das mit dem Ersturteil eine Art Naturalisation vornimmt, ihm italienisches Bürgerrecht verleiht. Einem eingebürgerten Fremden steht es aber, um beim Bilde zu bleiben, nicht gut an, sich auf seine heimatlichen Rechte zu berufen3. Wie soll man nun aber entscheiden, wenn der Staatsvertrag schweigt ? Besinnt man sich auf den Zweck der Staatsverträge, so ist es den vertragschließenden Staaten darum zu tun, die Wirkung ihrer Gerichtsurteile räumlich zu erweitern. Die Anerkennung der Urteile und ihre Vollstreckbarkeit soll nicht an den Landesgrenzen haltmachen. Die siegreiche Partei soll es nicht nötig haben, im Zweitstaat noch einmal zu klagen. Diesem Zwecke dient aber am besten die räumliche Ausdehnung der Rechtskraft auf das Gebiet des Zweitstaates mit allen ihr im Erststaat zukommenden Wirkungen. Umfaßt also, um beim Hauptbeispiel zu bleiben, die Rechtskraft nach der erststaatlichen Gesetzgebung auch die Entscheidungsgriinde, so ist auch im Zweitstaat diese ausgedehnte Wirkung anzuerkennen, selbst wenn nach der zweitstaatlichen Gesetz1 v. SAVIGNY, System des heutigen römischen Rechts V I I I (1849) 26of.; s. auch oben S. 8f. 2 Über die Frage ausführlich ZITELMANN, Internationales Privatrecht II (1912) 269ff. Ganz im Sinne v. SAVIGNYS RIEZLER, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 520. 3 Vgl. z. B. ANZILOTTI, Riv. 1 (1906) iijii.; Bosco, Riv. 22 (1930) 243FF., zu App. Mailand 15. März 1929. Vgl. auch oben S. 154, unten S. 186, 200, 203.

II. Anerkennung und Vollstreckung

183

gebung nur der Urteilstenor an der Rechtskraft teilnimmt. Im entgegengesetzten Falle, also bei geringerem Umfang der Rechtskraft im Erststaat als im Zweitstaat, braucht der Zweitstaat staatsvertraglich nur diesen geringeren Umfang der Rechtskraft anzuerkennen ; aber seiner Autonomie sind keine Schranken gesetzt, so daß der Zweitrichter die Rechtskraft der Entscheidungsgründe anerkennen wird, wenn er — unwahrscheinlicherweise — glaubt, damit im Sinne der Zweitgesetzgebung zu handeln. 2. Mit der soeben berührten Frage verwandt ist die nach dem Verhältnis zwischen A n e r k e n n u n g und V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g in den reinen V o l l s t r e c k u n g s v e r t r ä g e n . Auch hier muß man Staatsvertragsrecht und autonomes Recht klar auseinander halten. Da der Staatsvertrag nur die Vollstreckung des Urteils zum Gegenstande hat, fällt die Anerkennung der res judicata aus seinem Rahmen. Die Staaten haben daher einen Anspruch nur auf Vollstreckung ihrer Urteile, die Anerkennung gehört in den Bereich der autonomen Regelung. Die Zweitgerichte sind v o r der Vollstreckbarerklärung des Ersturteils staatsvertraglich nicht verpflichtet, die Einwendung der rechtskräftig entschiedenen Sache gelten zu lassen. Aber kraft autonomen Landesrechts können sie erwägen, daß ein Ersturteil, dem das Exequatur erteilt werden m u ß , auch sachlich als richtig, „pro veritate", anzusehen ist, selbst wenn das Exequatur noch aussteht1. Ob sie diese Erwägungen anstellen dürfen, entscheidet sich einzig und allein nach Landesrecht. Auch n a c h der Vollstreckbarerklärung bleibt die Urteilsanerkennung im autonomen Bereiche, mit der Einschränkung allerdings, daß auch staatsvertraglich kein Urteil im Zweitstaat ergehen darf, das den siegreichen Kläger der Früchte seines Sieges beraubt. Erging also z. B. im Erststaat eine Entscheidung, die den Beklagten zur Herausgabe eines Kunstwerkes an den Kläger als diesem gehörig verurteilte, und wurde diese Entscheidung im Zweitstaat für vollstreckbar erklärt und daraufhin vollstreckt, so verlangt der Staatsvertrag nicht, daß in allen künftigen, zweitstaatlichen Prozessen das Eigentum des Klägers anerkannt wird, wohl aber, daß kein Urteil im Zweitstaat ergeht, das den Kläger zur Rückgabe des Kunstwerkes an den Beklagten verurteilt. Für diesen einen Prozeß also steht dem Kläger auch im Zweitstaat die Einwendung der rechtskräftig entschiedenen Sache zur Seite. 1 So zur ursprünglichen Fassung der deutschen ZPO, die nur die Vollstreckbarkeit, nicht die Anerkennung der ausländischen Urteile regelte, W A C H , Handbuch des deutschen Civilprozeßrechts I (1885) 225 ff. Ebenso zur österr. Exekutionsordnung S P E R L , Lehrbuch d. bürgerl. Rechtspflege I (1925) 831 f.

184

§ i6. Gegenstand der Staatsverträge

3. Endlich bedarf noch einer Erörterung die Herstellung des E i n k l a n g s z w i s c h e n A n e r k e n n u n g und V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g bei solchen Staatsverträgen, die beides, Anerkennung und Vollstreckung von Ersturteilen, geregelt haben. Denn augenscheinlich widerspräche es dem Sinne dieser Staatsverträge, wenn ein und dasselbe Ersturteil im Zweitstaat von verschiedenen Gerichten verschieden behandelt werden dürfte. Die Frage ist also die, wie sich ein Zweitgericht gegenüber einer von einem andern Zweitgericht ausgesprochenen Entscheidung verhalten soll. Vier Fälle sind denkbar : das andere Zweitgericht hat dem Ersturteil das Exequatur erteilt, es hat das Exequatur abgelehnt, es hat im Laufe eines Prozesses das Ersturteil anerkannt, es hat die Anerkennung versagt. a) Am einfachsten liegt der erste Fall: das Zweitgericht hat dem Ersturteil das E x e q u a t u r in der vorgeschriebenen Form erteilt. Diese Entscheidung beseitigt jede Möglichkeit eines Widerspruchs gegen das Ersturteil im Zweitstaat, bindet also alle Beteiligten, auch die Gerichte des Zweitstaates. Einige Staatsverträge sagen es ausdrücklich, so der französisch-belgische (12 II), der französischitalienische (3 II), der belgisch-niederländische (12, II, III; 11 III) und der italienisch-niederländische (3 III). Im belgisch-niederländischen Vertrag findet sich die von den zwei späteren Verträgen übernommene Bestimmung, daß der Exequatur-Richter in seinem Urteil aussprechen muß, daß das Ersturteil den für seine Vollstreckbarerklärung nötigen Voraussetzungen genügt. Auch sonst ist die Fassung im belgisch-niederländischen Vertrag vorbildlich1. „Le jugement d'exequatur a effet envers toutes les parties et dans toute l'étendue du territoire." Aber auch ohne eine solche ausdrückliche Bestimmung muß man der Erteilung des Exequatur eine über ihren nächsten Zweck hinaus reichende Wirkung zuerkennen. Das Ersturteil kann jetzt in allen Gerichtsbezirken des Zweitstaates vollstreckt werden, aber es ist darüber hinaus von allen Gerichten des Zweitstaates als res judicata anzuerkennen2. Nur in Ländern mit provinziell verschiedener Gesetzgebung3 kann der Satz gewisse Einschränkungen erleiden, etwa wenn die Gesetzgebung des Gebietes, in dem das Exequaturgericht seinen Sitz hat, die Jurisdiktion des Erstgerichts anerkennt, die Gesetzgebung eines andern Gebietes jedoch diese Anerkennung versagt. b) Um die A b w e i s u n g des A n t r a g s auf E r t e i l u n g des E x e q u a t u r kümmern sich die Staatsverträge meist nicht oder nur in 1 J 3

Vgl. oben S. 132 f. Cass. R o m 2. Febr. 1929, Journ. 57 (1930) 247 f. Vgl. oben S. 144.

II. Anerkennung und, Vollstreckung

185

dem Sinne, daß sie das gegen die Ablehnung zulässige Rechtsmittel angeben, z. B. der französisch-schweizerische Vertrag den Rekurs, unter Ausschließung des Einspruchs (17 II). Außerdem bestimmt der österreichisch-bulgarische Vertrag (23) und die ihm nachgebildeten Verträge Österreichs mit Jugoslawien (51) und Bulgariens mit Jugoslawien (23), der abgelehnte Antrag auf Vollstreckung könne erneuert werden, wenn die im Staatsvertrag festgesetzten Bedingungen nachträglich erfüllt werden. Dagegen äußert sich keiner von den Staatsverträgen ausdrücklich zu der Frage, welchen Einfluß die Abweisung des Exequaturantrags zu der Anerkennung des Ersturteils habe. Die Frage ist nicht nur eine solche des autonomen Landesrechts, da sich die vertragschließenden Staaten Anerkennung der Ersturteile ohne Formalität zugesagt haben und nun zu entscheiden ist, ob das autonome Landesrecht bestimmen darf, daß die Ablehnung des Exequatur auch der Anerkennung des Ersturteils präjudiziert. Man muß unterscheiden, ob das Zweitgericht das Exequatur nur aus Gründen versagt hat, die mit der Vollstreckung zusammenhängen, etwa wegen Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers, oder aus Gründen, die auch der Anerkennung des Ersturteils im Wege stehen. Im ersten Falle berührt die Ablehnung eine künftige Anerkennung des Ersturteils überhaupt nicht. Das gleiche gilt, wenn sich die Ablehnung auf einen vorübergehenden Ablehnungsgrund stützt, etwa den, daß die Rechtskraft des Ersturteils noch nicht eingetreten ist. Sonst aber dient die Erstreckung der Ablehnung des Exequatur auch auf die Anerkennungsfrage so offensichtlich der Vermeidung widersprechender Entscheidungen, sie ist also so sehr innerlich begründet, daß sie sowohl im Sinne des autonomen Landesrechts als auch des staatsvertraglichen Rechtes liegt 1 . Bei einigem guten Willen kann man dies Ergebnis auch aus dem belgischniederländischen Vertrage (12 II) herauslesen, wenn man hierunter dem „jugement d'exequatur", das gegenüber allen Parteien und für das ganze Staatsgebiet Wirkung hat, auch das den Antrag auf Exequatur abweisende Urteil versteht. Der Wortlaut des französisch-italienischen (3 II) und des italienisch-niederländischen Vertrages (3 III) machen diese Lesart noch leichter. Aber es wäre zu wünschen, daß die Frage in allen Staatsverträgen zweifelsfrei geklärt würde. c) Ein die A n e r k e n n u n g b e j a h e n d e s U r t e i l , das nur die Anerkennung eines Ersturteils zum Gegenstande hat, wird kaum 1 Vgl. Obergericht Zürich 27. Okt. 1928, Schweiz. Juristenzeitung 28 (1931/32) 41, das in solchen Fällen dem auswärtigen Urteil nur Beweiswert zuerkennt.

186

§ i6, Gegenstand der Staatsverträge

vorkommen. Vielmehr wird es sich immer um Prozesse handeln, in denen die Anerkennung eines Ersturteils nur ein Element der Entscheidung bildet. Der Beklagte sei, um bei einem früheren Beispiel zu bleiben, im Erststaat verurteilt worden, an den Kläger ein Bild als diesem gehörig herauszugeben. Nach einem Testament habe der Eigentümer des Bildes das Recht, vom Beklagten Ersatz der Restaurierungskosten zu verlangen. Der Kläger verklage den Beklagten im Zweitstaat auf Zahlung dieser Kosten, der Beklagte bestreite das Eigentum des Klägers, der Kläger erhebe die Replik der res judicata. Hier ist die Hauptfrage die, ob der Beklagte die Restaurierungskosten zahlen muß, aber ein Element des Prozesses ist die Frage, ob der Richter des Zweitstaates das des Klägers Eigentum bejahende Ersturteil anerkennen muß oder nicht. Wie also, wenn das Gericht das Ersturteil anerkennt und den Beklagten zur Zahlung der Restaurierungskosten verurteilt? Ist damit die durchgängige Anerkennung des Ersturteils im Zweitstaat gesichert, sei es für künftige Anerkennungen in ähnlichen Prozessen, sei es für ein künftiges Exequaturverfahren ? Die Frage ist im allgemeinen zu verneinen, da eben das die Anerkennung bejahende Urteil die Anerkennung nicht zum Hauptgegenstande hat, sondern nur auf Grund der Anerkennung des, hier über eine Eigentumsfrage ergangenen, Ersturteils eine ganz andere Hauptfrage, hier eine Zahlungspflicht, entschieden hat. Wo ein Rechtssystem nicht in weitem Umfange die Rechtskraft der Entscheidungsgründe anerkennt, wird also hier nur die Entscheidung über die Zahlungspflicht rechtskräftig, nur sie bindet die Parteien und die Gerichte auch in künftigen Prozessen. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß der Exequaturrichter anders entscheiden wird als der Anerkennungsrichter, und zwar aus Gründen, die die Anerkennung des Ersturteils, nicht nur seine Vollstreckbarkeit betreffen. Da solche widersprechenden Entscheidungen durchaus unerwünscht sind, ist die namentlich in Italien verbreitete Meinung 1 , auch für die bloße Anerkennung eines Ersturteils sei ein positiv durchgeführtes Delibationsverfahren notwendige Voraussetzung, rechtspolitisch nicht unbedingt zu verwerfen. Die Unterscheidung allerdings zwischen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, die man in den neueren Verträgen unzweifelhaft antrifft und die sich in den britischen Verträgen sogar auf den Gegenstand erstreckt, würde dann im wesentlichen verschwinden. In einem einzigen Staatsvertrag hat man, wie schon früher erwähnt 2 , diese Schwierigkeiten erkannt und einer glücklichen 1 2

Vgl. MORELLI, 287 f f . ; Codice di procedura civile von 1940 (Art. 796). Oben S. 132 f.

II. Anerkennung

und

Vollstreckung

187

Lösung entgegengeführt. Der b e l g i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e V e r t r a g verlangt nämlich für die erstmalige, in einem beliebigen Prozesse notwendig werdende Beantwortung der Frage, ob einem Ersturteil die Anerkennung zuzubilligen ist oder nicht, zwar nicht die Einleitung eines besonderen Exequaturverfahrens, wohl aber innerhalb des schwebenden Verfahrens eine Prüfung, die mit genau den gleichen Garantien umgeben ist wie das Exequaturverfahren ( n III). „Der Richter muß von Amts wegen prüfen, ob die Entscheidung (des Erstgerichts) in Bezug auf alle Parteien, nachdem diese entsprechend den Gesetzen geladen worden, die im ersten Absatz aufgezählten Bedingungen erfüllt, und dies in seinem Urteil feststellen. Das Urteil hat dann in dieser Beziehung Wirkung gegenüber allen Parteien und im ganzen Bereiche des Staatsgebietes". Das Urteil hat sicher bindende Kraft für ein späteres Anerkennungsverfahren. Es bindet aber auch den künftigen Exequaturrichter. d) Bei einem die A n e r k e n n u n g v e r s a g e n d e n U r t e i l , also dem in einem beliebigen Prozeß ergangenen Urteil, das in seinen Entscheidungsgründen einem Ersturteil die Anerkennung versagt, liegen die Dinge ähnlich wie beim positiven Urteil. Der belgischniederländische Vertrag als einziger Staatsvertrag, der sich der Frage angenommen hat, macht hier sogar geringere Schwierigkeiten als bei dem das Exequatur versagenden Urteil. Denn während das Wort „jugement d'exequatur", „vonnis van tenuitverlegging" seinem Wortlaute nach nur ein positives Vollstreckungsurteil bedeutet, und das negative, die Vollstreckung ablehnende Urteil nur vermöge einer sinngemäßen Auslegung unter den Begriff fällt, spricht der Vertrag hier nur von „jugement", von „uitspraak", Ausdrücke, die auf jede Art von Urteil zutreffen. Die Versagung der Anerkennung eines Ersturteils durch ein Zweitgericht bindet also nach dem belgisch-niederländischen Vertrag jeden künftigen Zweitrichter, insbesondere auch den Exequaturrichter. Für die übrigen Staatsverträge ist die Bindung der später angerufenen Zweitrichter im allgemeinen zu verneinen und nur dann zu bejahen, wenn die Zweitgesetzgebung die res judicata auch auf die Entscheidungsgründe ausdehnt. Um so mehr ist auch an dieser Stelle die Vorbildlichkeit der belgisch-niederländischen Regelung zu betonen, die jede Möglichkeit widersprechender Entscheidungen im Zweitstaat ausschließt. Das einzige, was klarer hätte formuliert werden können, ist die bindende Kraft auch der das Exequatur oder die Anerkennung versagenden, also der negativen Urteile.

188

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

§ 17. Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

I. K e i n e r é v i s i o n du fond Der hauptsächliche Beweggrund für den Abschluß zweiseitiger Staatsverträge über Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile ist der, eine Nachprüfung des Urteils auf seine Richtigkeit oder, wie man sich auszudrücken pflegt, eine révision du fond zu verhindern. Denn eine solche Nachprüfung im Exequaturverfahren unterschiede sich nur unwesentlich von einem gänzlich neuen Prozeß, in dem das Ersturteil zwar eine gewisse Vermutung seiner Richtigkeit mitbringen, aber den Richter in keiner Weise binden würde. Der Hauptunterschied liegt, neben der Verschiedenheit des für eine neue Klage und eine Klage auf Erteilung des Exequatur vorgesehenen Verfahrens, darin, daß ein Exequatururteil die dem Kläger zu erstattenden Prozeßkosten des Erstverfahrens mitumfaßt, während ein gänzlich neues Urteil des zweitstaatlichen Gerichts nur den materiell-rechtlichen Anspruch des Klägers zum Gegenstande hat. Einige Staatsverträge verbieten dem Zweitrichter die révision du fond ausdrücklich. „Ni le tribunal qui autorise l'exécution, ni celui qui l'effectue, n'est en droit d ' e x a m i n e r le f o n d de l ' a f f a i r e " (Tsch.—Rum. 46 IV, entsprechend Tsch.—Bulg. 24 V). „Les juridictions de l'Etat dans lequel la décision est invoquée . . . ne procèdent pas à un nouvel e x a m e n du f o n d de la d é c i s i o n " (It.— Schw., It.—Nied. 4). „L'autorité saisie de la demande d'exécution n'entrera point dans la d i s c u s s i o n du f o n d de l ' a f f a i r e " (Fr.Schw.—17I, Schw.—Span. 51). DasDelibationsurteil ergeht „senza esame in m e r i t o " (It.—Jug. 2). „In eine P r ü f u n g der R e c h t s sache s e l b s t darf sich das ersuchte Gericht nicht einlassen" (Öst.—Bulg. 19I). „Die G e s e t z m ä ß i g k e i t der zu v o l l s t r e c k e n den E n t s c h e i d u n g darf das Gerichtnicht überprüfen" (Öst.—Ung. 10 III). „Eine weitere N a c h p r ü f u n g der G e s e t z m ä ß i g k e i t der E n t s c h e i d u n g findet nicht statt" (D. R.—Schw. 5, ähnlich D. R.—It. 5 II). Doch bedarf es all dieser Wendungen nicht, wenn der Vertrag klar zum Ausdruck bringt, daß der Zweitrichter seine Prüfung auf einige, genau angegebene Punkte zu beschränken hat (Fr.—Belg., Belg.—Nied. 12 III). ,,L'examen àfaireparles autorités de l'Etat où la décision est invoquée, se b o r n e aux conditions énumérées dans l'alinéa Xer n° 1—4" (Haager Entwurf 1 II und die ihm nachgebildeten Verträge). Selbst diese Wendung ist überflüssig, da es im ersten Absatz heißt, die Entscheidungen würden anerkannt werden, wenn sie die folgenden — vier — Bedingungen

II.

Die vier Punkte der

Nachprüfung

189

erfüllten. Doch ist eine Unterstreichung des Grundsatzes der sehr beschränkten Prüfung vielleicht solchen Staaten gegenüber am Platze, die nach ihrem autonomen Recht kein ausländisches Urteil ohne révision du fond anerkennen. II. Die v i e r P u n k t e der N a c h p r ü f u n g So gering die Zahl der Staatsverträge ist, die den Haager Entwurf als Ganzes übernahmen, so unzweifelhaft ist doch sein Verdienst, eine gewisse Ordnung in den schwierigen Gegenstand gebracht zu haben. So zählt er vier Punkte auf, in denen das Ersturteil vom Zweitrichter zu prüfen ist : Jurisdiktion des Erstrichters, Einklang des Ersturteils mit dem ordre public des Zweitstaates, Eintritt der Rechtskraft, genügender Schutz der säumigen Partei. Diese Vierteilung ist brauchbar und soll der folgenden Darstellung als Grundlage dienen. Gewiß läßt sich über manches streiten, z. B. ob nicht der Eintritt der Rechtskraft zum G e g e n s t a n d der Vollstreckungshilfe gehört und daher voranzustellen ist, wie es in einigen alten und neuen Verträgen geschehen ist, etwa dem italienischrumänischen (111) oder den beiden des Deutschen Reiches von 1929 und 1936 (1). Käme man so zu einer Dreizahl von Prüfungspunkten, so erwiese sich diese Begrenzung wieder für den zu eng, der den Widerspruch des Ersturteils mit einem in der gleichen Sache ergangenen Urteil des Zweitstaates oder die Behandlung erschlichener Ersturteile gesondert behandelt wissen möchte. Doch sind dies Fragen von untergeordneter Bedeutung umso mehr, als wir uns erinnern, daß zwei einander so sehr verwandte Staatsverträge, wie die beiden britischen, gerade hier eine verschiedene Systematik aufweisen: nach dem Vertrage mit Belgien sind die Fälle des Widerspruchs zweier Urteile und der Erschleichung des Ersturteils neben dem Fall eines Verstoßes gegen den ordre public aufgeführt (3 I c, d, e), im Vertrage mit Frankreich als U n t e r f ä l l e eines solchen Verstoßes (3 I c 1 und 2). Es besteht daher keine Notwendigkeit, die Haager Vierzahl der Prüfungspunkte zu ändern. 1. Die J u r i s d i k t i o n s f r a g e nimmt eine solch beherrschende Stellung im Rechte der internationalen Urteilsanerkennung und -Vollstreckung ein, hat auch so sehr dem Aufbau dieser Abhandlung den Stempel aufgedrückt, daß ihr ein besonderer Abschnitt, der zugleich der Schlußabschnitt sein wird, gewidmet werden soll. An dieser Stelle genüge ihre Erwähnung. 2. Den V e r s t o ß gegen den ordre p u b l i c des Zweitstaates als Grund für die Nichtanerkennung eines Ersturteils erwähnen fast alle Staatsverträge. Wo die Erwähnung ausnahmsweise fehlt, ist

190

§ iy.

Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

der Vorbehalt des ordre public durch Auslegung zu ergänzen. Dies war schon beim französisch-badischen Vertrage von 1846 so 1 und gilt heute noch für den badisch-aargauischen Vertrag von 1867. Daß es gerade badische Verträge sind, die jenen Vorbehalt vermissen lassen, mag damit zusammenhängen, daß Baden vor dem Vertrage mit Frankreich schon einige Verträge mit süddeutschen Staaten, wie Württemberg (1826) und Hohenzollern-Sigmaringen (1827), abgeschlossen hatte 2 , denen gegenüber als Mitgliedern des Deutschen Bundes ein Vorbehalt des ordre public unangebracht gewesen sein mochte. a) Über den o r d r e p u b l i c als a l l g e m e i n e s P r o b l e m des internationalen Privatrechts ist viel geschrieben worden, von anerkannten Meistern des Faches wie von jüngeren Bearbeitern 3 . Die besondere Schwierigkeit im Bereiche der internationalen Urteilsanerkennung liegt in dem hier unvermeidlichen Zusammenstoß zweier Grundsätze : des Verbotes der révision du fond und der Notwendigkeit einer solchen bei Überprüfung des Urteils auf Einklang mit dem ordre public. Ein solcher Zusammenstoß ließe sich allerdings vermeiden, wenn sich der Zweitrichter darauf beschränken dürfte, nur den Tenor des Ersturteils, losgelöst von den Hintergründen des konkreten Falles, in Erwägung zu ziehen. Auch bei einer solchen Beschränkung der Nachprüfung würde man bereits eine ganze Anzahl in der Rechtsprechung zutage getretener Fälle angemessen entscheiden können. Doch bleibt immer noch ein Rest, den man nur durch Nachprüfung des ganzen Urteils befriedigend lösen kann. Die A u s d r u c k s w e i s e der Staats ver träge ist wenig einheitlich, doch lohnt es nicht, sich lange bei den Formulierungen aufzuhalten, da ein Richter, der sein Handwerk versteht, aus jeder Generalklausel, der besten wie der schlechtesten, das herausholen wird, was ihm nach Lage der Dinge notwendig erscheint. Es ist daher ziemlich gleichgültig, ob neben dem ordre public noch das öffentliche Recht, wie in den meisten Verträgen, oder die guten Sitten 1 2

PlLLET 5lf.

Vgl. oben S. 8. 3 FR. KAHN, Iherings Jahrbücher 39 (1898) i f f . ; FIORE, RevDrComp. 34 (1902) 6 0 8 f f . ; PILLET, in: Mélanges A n t . Pillet I (1929) 4 0 7 f f . ; RIEZLER, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 54off., mit zahlreichen Nachweisen. — R . D. KOLLEWIYN, H e t beginsel der openbare orde in het intemationaal privaatrecht, A k . Proefschrift Amsterdam (1917) ; CH. KNAPP, L a notion de l'ordre public dans les conflits de lois, Thèse Neuchâtel (1933) ; W . LIENHARD, L e rôle et la valeur de l'ordre public en droit privé interne et en droit privé international, Paris (1935); BÄRWALD, Der „ordre public" in der Rechtsprechung des Reichsgerichts, Diss. Köln (1935); KALLMANN 227 ff.

II. Die vier Punkte der Nachprüfung

191

oder die Sittlichkeit, wie zuletzt in den Verträgen des Deutschen Reiches, erwähnt werden oder ob die Vertragsstaaten glauben, ohne diesen, in der Tat überflüssigen Ballast auszukommen, wovon der schweizerisch-schwedische Vertrag Zeugnis ablegt (4, 2). Auch die Berufung auf die „Prohibitivgesetze" des Zweitstaates im italienisch-spanischen Vertrag bedeutet nichts anderes als einen Vorbehalt des ordre public. Ebensowenig macht es einen praktischen Unterschied, ob der Staatsvertrag das U r t e i l s e l b s t (britische Verträge) oder seinen I n h a l t (Fr.—Belg., Belg.—Nied., Fr.—It.) in Beziehung zum ordre public bringt oder ob er verlangt, daß die A n e r k e n n u n g des Urteils nicht dem zweitstaatlichen ordre public widersprechen darf. Für diese letzte —bessere —Formulierung hat sich der Haager Entwurf entschieden; ihm folgen darin, außer den ihm völlig nachgebildeten Verträgen, die Verträge Italiens mit der Schweiz und den Niederlanden. Schon der französisch-schweizerische Vertrag (17 I 3) hatte den ordre public mit der V o l l s t r e c k u n g des Ersturteils in Verbindunggebracht, nicht mit seinem Inhalt. Wohl überlegt ist auch die bekannte ö s t e r r e i c h i s c h e F o r m e l vom ordre public, die in den österreichischen Verträgen mit Bulgarien, Ungarn, Jugoslawien, dem bulgarisch-jugoslawischen und dem deutsch-schweizerischen Vertrage begegnet: die Zwangsvollstreckung und Anerkennung wird versagt, „wenn dadurch ein Rechtsverhältnis zur Anerkennung oder ein Anspruch zur Verwirklichung gelangen soll, welchem durch das Gesetz des Ortes der Zwangsvollstreckung aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit oder Klagbarkeit versagt ist". Die Formel ist etwas eng, weil sie nur das materielle Rechtsverhältnis im Auge hat und Ordnungswidrigkeiten, die dem Urteil selbst oder dem ihm vorangegangenen Verfahren anhaften, bei wörtlicher Auslegung nicht mit umfaßt. Insofern ist die Formel eine Vorläuferin jener Bestimmung des b e l g i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e n Vertrages, die Verstöße gegen Vorschriften über die Zuständigkeit, den Beweis und das Verfahren 1 ausdrücklich von der Klausel vom ordre public ausnimmt (11 II). Auf die Gefährlichkeit einer solchen Einengung der Klausel wurde bereits hingewiesen2. Unbedenklich, ja sogar empfehlenswert ist die dem nordischen Abkommen von 1932 entnommene Beschränkung der Nachprüfung auf o f f e n b a r e Unvereinbarkeit mit dem ordre public im s c h w e i z e r i s c h - s c h w e d i s c h e n Vertrag (4, 2). Überhaupt kann man die schweizerisch-schwedische Klausel, die nichts Überflüssiges enthält, als vorbildlich bezeichnen; sie verlangt, „que 1 So, auch ohne ausdrückliche Bestimmung im Schweiz. - österr. Schweiz. Bundesgericht 4. Dez. 1931, B G E 57 (1931 I) 424ff. a Vgl. oben S. 131 f.

Vertrage,

192

§ iy. Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

la reconnaissance de la décision ne soit pas manifestement incompatible avec l'ordre public de l'Etat où la décision est invoquée." Damit ist bereits das Urteil über die überladenen Klauseln einiger t s c h e c h o s l o w a k i s c h e r Verträge, so des Vertrages mit Jugoslawien1, gesprochen. Der Vorwurf trifft aber schon die hierfür als Muster verwandte österreichische Exekutionsordnung, die im § 81 Ziff. 2 und 4 als Versagungsgründe nebeneinander aufführt: Unerlaubtheit der zu erzwingenden Handlung (Ziff. 2) und Ungültigkeit des zu verwirklichenden Anspruchs (Ziff. 4). Es ist aber klar, daß der zweite Fall den ersten mit umfaßt, da einem auf Vornahme einer unerlaubten Handlung gerichteten Ansprüche auch die Gültigkeit versagt ist. Der österreichische Gesetzgeber konnte zwischen der beschränkten Versagungsmöglichkeit nach Ziff. 2 und der umfassenderen nach Ziff. 4 wählen, aber er durfte beide Möglichkeiten nicht als selbständige Versagungsgründe nebeneinander stellen. Sachlich kommt es auf die Z u m u t b a r k e i t der A n e r k e n n u n g des Ersturteils im Zweitstaat an. Staaten, deren Gesetzgebung oder Rechtsprechung diesen Begriff kennt und die daher seine scheinbare Subjektivität nicht scheuen, könnten die Klausel vom ordre public so fassen, daß das Zweitgericht dem Ersturteil die Anerkennung zu versagen hat, wenn sie dem Zweitstaat nicht zugemutet werden kann. Damit ist zugleich gesagt, daß es auf die nationale Auffassung, nicht auf einen internationalen Begriff des ordre public ankommt. Am besten wäre es freilich, die Prüfung des Ersturteils auf Einklang mit dem ordre public des Zweitstaates könnte sich auf die E n t s c h e i d u n g s e l b s t , losgelöst von ihren Hintergründen, beschränken, weil dies keine révision du fond nötig machte. Auch mit dieser Begrenzung kann man eine ganze Reihe von Fällen befriedigend lösen. Da ist zunächst die äußere Form des Urteils. Schon mit Rücksicht auf die Frage der Tragweite seiner Rechtskraft ist die Beifügung von Urteilsgründen unerläßlich. Daher versagen französische wie belgische Gerichte U r t e i l e n , denen jede oder eine genügende B e g r ü n d u n g f e h l t , die Anerkennung2. Dann gehört zu den unerläßlichen Bestandteilen eines Urteils die Bezeichnung der Parteien. Es ist aber denkbar, daß ein Ersturteil mit Rücksicht auf die Person des Klägers, der einem dem Zweitstaat feindlichen Staate angehört oder angehört hat, im Zweitstaat keine Anerken1

Vgl. oben S. 88 f. Die Klausel findet sich ähnlich in den Verträgen mit Rumänien (43 I l l d ) und Bulgarien (24 IVd). 2 Trib. de la Seine 15. Okt. 1931, Journ. 59 (1932) 6y8tt.; Trib. de Termonde 3. März 1931, Rev. 27 (1932) 589ff., mit Note von BACCARA.

II. Die vier Punkte der

193

Nachprüfung

nung finden kann 1 . Vor allem kann es der Inhalt des Urteils sein, der es unmöglich macht, seine Anerkennung dem andern Staate zuzumuten. Es lautet z. B. auf D u l d u n g k ö r p e r l i c h e n Z w a n g e s in einem Falle, da ihn die Zweitgesetzgebung nicht zuläßt; also wird der Zweitrichter auch ohne besondere staatsvertragliche Regelung dieser Frage dem Urteil die Anerkennung versagen 2 . Oder es berühre unmittelbar S t a a t s e i n r i c h t u n g e n des Z w e i t s t a a t e s , erkläre z. B. ein zweitstaatliches Patent für nichtig 3 oder ordne die Berichtigung eines zweitstaatlichen Zivilstandsregisters an4. Wo es in den Staatsverträgen an einem Vorbehalt der ausschließlichen Zuständigkeiten des Zweitstaates fehlt, werden die Gerichte in solchen Fällen immer die Klausel vom ordre public zur Anwendung bringen. Man kommt also mit der Überprüfung der Entscheidung selbst, des Urteilstenors, schon ziemlich weit, ohne in eine sachliche Nachprüfung des Urteils zu verfallen. Trotzdem läßt sich eine solche nicht immer ganz vermeiden. Auch heute, nach Zulassung der recherche de la paternité im allgemeinen, gestattet z. B. der französische ordre public nie den Nachweis eines durch Ehebruch entstandenen Kindschaftsverhältnisses 6 . Angenommen, der Vater des im Ehebruch erzeugten unehelichen Kindes sei im Auslande zur Zahlung einer Unterhaltsrente an das Kind verurteilt worden. Der Urteilstenor ist hier ganz einwandfrei, aber das dem Urteil zugrunde liegende R e c h t s v e r h ä l t n i s ist derart, daß seine Anerkennung dem französischen Richter nicht zuzumuten ist. Ebenso ist es, wenn man im Erststaat S p i e l s c h u l d e n einklagen kann, im Zweitstaat dagegen nicht. Dem Tenor des Ersturteils, das auf Zahlung einer Geldsumme lautet, sieht man seine nach zweitstaatlicher Auffassung bedenkliche Herkunft nicht an. Erst eine révision du fond ermöglicht es dem Zweitrichter, zum Spieleinwand Stellung zu nehmen6. In diesen und ähnlichen Fällen muß allerdings verlangt werden, daß in den beiden Staaten z w e i v e r s c h i e d e n e A u f f a s s u n g e n v o m o r d r e p u b l i c gelten. Hat, um beim letzten Beispiel zu bleiben, der Beklagte vor dem Erstrichter den auch für diesen beachtlichen Spieleinwand nicht erhoben, denn kann er es 1

T r i b . d e la S e i n e 2 5 . F e b r . 1 9 2 5 , J o u r n . 53 (1926) 394.

2

T r i b . d e T o n g r e s ( B e l g i e n ) 3. M ä r z 1 9 3 3 , B u l l . 31 (1934) 100.

3

V g l . o b e n S. 128.

4

Cour d ' A l g e r 17. N o v .

5

A U D I N E T , N o t e i n S i r e y , R e c u e i l g é n é r a l 1 9 3 2 . 2. S . 1 2 2 .

1926,

J o u r n . 54 (1927) 7 2 1 f f .

a

V g l . d i e F ä l l e C o u r d e B r u x e l l e s 1. J u l i 1 9 1 0 , J o u r n . 39 (1912) g o ö f . ;

Schweiz.

B u n d e s g e r i c h t 1 5 . N o v . 1 9 3 5 , B G E 61 (1935 I) 2 7 1 f f . V g l . a u c h C a s s . R o m 1 3 . N o v . 1 9 3 1 , R i v . i t . di dir. i n t e r n , p r i v a t o e p r o c e s s u a l e 1 ( 1 9 3 1 ) 278 f.

(Schadensersatz

w e g e n N i c h t e r f ü l l u n g e i n e s ü b e r ein S p i e l k a s i n o a b g e s c h l o s s e n e n

Pachtvertrags).

13

Jellinek,

Zweiseitige Staatsverträge. I.

194

§ iy.

Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

auch nicht mehr vor dem Zweitrichter tun 1 ; denn dann unterscheidet sich das Ersturteil seinem sachlichen Gehalte nach durch nichts mehr von dem Urteil, das auch ein Gericht des Zweitstaates, hätte fällen können, und an solche Urteile ist ein anderes zweitstaatliches Gericht ohne weiteres gebunden. Nur so läßt sich eine révision du fond unter Berufung auf den im Zweitstaat geltenden ordre public auf ein erträgliches Mindestmaß herabdrücken. b) Zum Problem der Herstellung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Meidung einer révision du fond und Berücksichtigung des ordre public gehört auch der Fall der Anwendung einer dem Z w e i t s t a a t u n e r w ü n s c h t e n m a t e r i e l l e n R e c h t s o r d nung 2 . Der Erstrichter habe den Rechtsstreit nach der Gesetzgebung des Erststaates entschieden, der Zweitrichter sei aber der Ansicht, der Streit hätte, sei es ganz, sei es in einzelnen Punkten, nach der Gesetzgebung des Zweitstaates entschieden werden müssen. Darf er aus diesem Grunde dem Ersturteil die Anerkennung versagen ? Die Frage ist für Angelegenheiten des Personenstandes, des Familienund Erbrechtes besonders wichtig, kommt aber gerade hier dann nicht zur Geltung, wenn der Staatsvertrag diese Angelegenheiten von seiner Regelung ausnimmt oder dem Erstrichter Jurisdiktion nur in Fällen einräumt, an deren Erledigung der Zweitstaat kein eigenes Interesse haben kann3. Der italienische Vertrag mit denNiederlanden z. B. erkennt die Jurisdiktion des Erststaates „en matière d'état, de capacité ou de droit de famille" nur an, wenn die Parteien Angehörige des Erststaates sind (2 I 5) ; solche Prozesse werden daher den Zweitstaat niemals stören. Aber in Fällen konkurrierender Zuständigkeit der beiderseitigen Gerichte liegt ein Problem vor, das einer ausdrücklichen Regelung im Staatsvertrag bedarf. Der Gedanke, daß es vom Kläger abhängen soll, ob er im einen oder im andern Staate klagt und durch diese Wahl des Prozeßstaates unter Umständen auch die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsordnung bestimmt, hat etwas Peinliches und legt dem Zweitrichter die Versagung der Anerkennung des Ersturteils wegen Verstoßes gegen den ordre public nahe4. Im allgemeinen schweigen unsere Verträge über die Frage der materiellen Kollisionsnorm. Nur die beiden britischen Verträge er1

Dies ist der wesentliche Kern einer Lütticher Entscheidung: Trib. de Liège 1 2 . April 1 9 3 2 , Journ. 60 (1933) 4 i 8 f f . 2 Vgl. hierzu O. LEVIS, Ausländisches Urteil und inländische Kollisionsnorm, Zentralbl. f. d. jur. Praxis 5 5 (1937) 3 2 1 ff. 3 Vgl. oben S. 1 7 7 . 4 Vgl. den Ehescheidungsfall: Trib. de la Seine 10. Juni 1936, R e v . 32 (1937) 1 9 6 f . A n der Entscheidung befremdet allerdings, daß der französische Richter das E x e q u a tur nicht einfach wegen mangelnder Jurisdiktion des Schweizer Richters versagt h a t .

II. Die vier Punkte der Nachprüfung

195

klären klipp unh klar, daß die Anerkennung eines Ersturteils nicht aus dem einzigen Grunde verweigert werden dürfe, weil das Erstgericht bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechtes andere Regeln des internationalen Privatrechts befolgt habe als die im Zweitstaat geltenden (3 II). Der österreichisch-ungarische Vertrag (14 I 2) dagegen und ihm folgend die beiden deutschen Verträge von 1929 und 1936 (4 II) legen entscheidenden Wert auf die Anwendung der nach zweitstaatlicher Auffassung richtigen Kollisionsnorm bei Beurteilung der Handlungsfähigkeit einer Partei oder ihrer gesetzlichen Vertretung oder bei Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses oder der dafür maßgebenden Abwesenheits- oder Todeserklärung. In den deutschen Verträgen ist dies eine Schutzbestimmung für die Angehörigen des Zweitstaates, nach dem österreichisch-ungarischen Vertrag kann sich j e d e Partei auf sie berufen, doch wird sie auch hier im allgemeinen nur den Angehörigen des Zweitstaates zugute kommen. Der sechste Vertrag endlich, der sich mit der Frage abgibt, ist der zwischen der Schweiz und Schweden. Er verlangt für eine in Sachen des Personenstandes, des Familien- oder Erbrechts ergangene Entscheidung, daß sie sich nicht auf ein Gesetz stütze, dessen Bestimmungen in Widerspruch stehen mit den Bestimmungen des Gesetzes, das nach dem internationalen Privatrecht des Zweitstaates anzuwenden ist. Bei Beurteilung der britischen Regelung darf man nicht vergessen, daß der englisch-französische Vertrag die in Statussachen und Angelegenheiten des Familien- und Erbrechts ergangenen Urteile von der staatsvertraglichen Regelung gänzlich ausschließt (2 III b) und daß der englisch-belgische Vertrag dem Richter die alleinige Jurisdiktion wegen dieser Angelegenheiten zuspricht, dem sie nach der prozessualen Kollisionsnorm des Zweitstaates gebührt (4 III). Aber jedenfalls hat die britische Regelung den Vorzug unbedingter Klarheit. Den übrigen vier Verträgen ist nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob ihre Regelung der internationalprivatrechtlichen Frage abschließend sein soll oder nicht. Es steht nur fest, daß in den ausdrücklich genannten Angelegenheiten oder Fällen die zweitstaatliche Kollisionsnorm zu berücksichtigen ist; ob nicht, unter dem Gesichtspunkt des ordre public, auch noch in anderen Fällen, bleibt zweifelhaft. Die Zweifelsfrage könnte aber und sollte mit einer ausdrücklichen Regelung nach Art der britischen geklärt werden. c) Einen Sonderfall des Verstoßes gegen den ordre public bildet auch der Fall des e r s c h l i c h e n e n U r t e i l s . Jedenfalls beweist ein solch fortschrittlicher Staatsvertrag, wie der englisch-französische 13*

196

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

von 1934, daß die Vorstellung von der inneren Verwandtschaft dieses Falls mit sonstigen Verstößen gegen den ordre public auch heute noch lebendig ist; denn in Art. 3 I c enthält der Vertrag den üblichen Vorbehalt des ordre public, aber „einschließlich der Fälle, in denen das U r t e i l . . . II. nach Ansicht des ersuchten Gerichts durch unlautere Machenschaft der einen oder der andern Partei erwirkt worden ist". Ähnlich, aber gesondert, erwähnen den Fall der Erschleichung der englisch-belgische (3 I e) und der palästinensisch-ägyptische Staatsvertrag (5 g), der letzte mit besonderer Hervorhebung des Falles einer Urteilserschleichung mittels gefälschter Urkunden. Da die englische Wissenschaft der Bedeutung der Urteilserschleichung für den internationalen Rechtsverkehr ihr besonderes Augenmerk zuwendet 1 , ist es nicht erstaunlich, daß gerade die Verträge des englischen Rechtskreises die Frage des arglistig herbeigeführten Urteils ausdrücklich behandelt haben. Wenn man von der „manifesta ingiudizia" des italienisch-spanischen Vertrages absieht, die jedenfalls ideengeschichtlich nicht hierher gehört2, so sind es nur noch die beiden türkischen Verträge, die den Fall des erschlichenen Urteils besonders regeln (It.—Türk. 21, Öst.— Türk. 19). Beide Verträge gehen aber insofern noch weiter, als sie dem Beklagten nicht nur den Nachweis betriiglicher Erwirkung des Urteils durch den Kläger oder der Beeinflussung des Urteils durch gerichtlich später für falsch erklärte Urkunden gestatten, sondern darüber hinaus auch die Vorlegung neu aufgefundener Urkunden und die Bemängelung des Urteils wegen offenkundigen Tatsachenirrtums zulassen. Gerade diese Verteidigungsmöglichkeiten in den türkischen Verträgen erinnern stark an das außergewöhnliche Rechtsmittel der Wiederaufnahmsklage österreichischen Rechts nach § 530 der österreichischen ZPO, noch mehr aber an die italienische Revokationsklage nach Art. 494 des Codice di procedura civile von 1865, dem sie fast wörtlich nachgebildet sind. Es erhebt sich daher ganz von selbst die Frage, ob es nicht richtiger wäre, dem Beklagten im Zweitverfahren eine Frist zu setzen, innerhalb der er versuchen müßte, das Ersturteil im Erststaat durch Wiederaufnahms- oder Revokationsklage aus der Welt zu schaffen. Die Frage läßt sich deshalb nicht eindeutig beantworten, weil hier logische und psychologische Erwägungen im Kampfe miteinander stehen. Logisch wäre es gewiß das Richtige, das Ersturteil so lange als verbindlich anzuerkennen, als es nicht wegen Betrugs, 1 2

Vgl. z. B. PIGGOTT, Foreign judgments and Jurisdiction I Vgl. oben S. 79 f.

(1908)

387ff.

II.

Die vier Punkte der

Nachprüfung

197

Gebrauchs gefälschter Urkunden u. dgl. beseitigt worden ist. Aber nun stelle man sich vor, dem Zweitrichter werde das Wechselurteil eines Erstgerichts mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung vorgelegt und der Beklagte weise nach, daß der Wechsel gefälscht und der Fälscher sogar bestraft worden ist. Hier wäre es doch eine kaum erträgliche Zumutung für de*i Zweitrichter, dem Wechselurteil trotz seines verbrecherischen Unterbaues Wirksamkeit im Zweitstaat zu verleihen. Der Appellationshof von Brüssel hat sich einmal einer solchen Zumutung gefügt 1 , mußte aber für diese Buchstabentreue herbe Vorwürfe einstecken2. Vor allem kommt es darauf an, wie sich die Rechtsprechung des Zweitstaates zur Frage der „Ausbeutung der Rechtskraft gegen die guten Sitten" verhält. In Deutschland z. B. ist die Frage im Schrifttum und in der Rechtsprechung viel erörtert3. Auch hier kämpfen logische mit psychologischen Erwägungen, aber die psychologischen Erwägungen haben in der Rechtsprechung des Reichsgerichts endgültig gesiegt, das insbesondere Klagen auf Ersatz des durch ein erschlichenes Urteil entstandenen Schadens zuläßt, ohne vorherige Beseitigung des Urteils im Wiederaufnahmeverfahren zu verlangen4. Das Reichsgericht mutete also dem deutschen Richter nicht einmal zu, ein d e u t s c h e s Urteil, wenn es erschlichen ist, als vollwirksam anzuerkennen. Umso weniger kann aber dem deutschen Richter zugemutet werden, einem erschlichenen a u s l ä n d i s c h e n Urteil die Vollstreckbarkeit im Deutschen Reiche, also einen weiteren Grad von Wirksamkeit zu verleihen5. In Staaten mit weniger freier Rechtsprechung mag es im autonomen und dementsprechend auch im internationalen Bereiche anders sein. Daher läßt sich die Frage nicht allgemeingültig entscheiden. Jedenfalls lasse man aber das Sicherheitsventil des ordre public für den Fall der Urteilserschleichung bestehen, wenn man die Frage nicht, wie in den britischen und türkischen Verträgen, ausdrücklich im positiven Sinne regeln will. d) Auch der W i d e r s p r u c h des E r s t u r t e i l s mit einem im Z w e i t s t a a t e r g a n g e n e n U r t e i l verleugnet nicht seine Zugehörigkeit zur Klausel vom ordre public. Dies zeigt sich am deut1

Cour de Bruxelles 7. D e z . 1908, Journ. 36 (1909) 822ff.

2

LE CLERQ, D e quelques abus dans l'application de la Convention franco-belge

de 1899, Journ. 36 (1909) 4 i 6 f f . 3

V g l . z. B . K . HELLWIG, S y s t e m des deutschen Zivilprozeßrechts I (1912) 7 8 4 f f .

4

Reichsgericht 29. Febr. 1912, R G Z 78, 389 fi. Neuestens auch Bundesgerichts-

hof 21. Juni 1951, N e u e Jur. Wochenschrift 4 (1951) 759. 5

V g l . zum

deutsch - österreichischen Vertrage

v o n 1923, österr. Oberst.

Ge-

-ichtshof 20. Juni 1928, E n t s c h . 10 (1928) 3 8 i f f . (deutsches Urteil, gegen das nach österr. R e c h t die Nichtigkeitsklage möglich wäre).

198

§

Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

lichsten bei zwei Paaren einander sehr ähnlicher Verträge: den beiden britischen und den Verträgen Italiens mit der Schweiz und den Niederlanden. Im englisch-französischen (31 c i) und im italienisch-schweizerischen Vertrage (11 2) wird jener Widerspruch der beiden Urteile als Unterfall eines Verstoßes gegen den ordre public behandelt, im englisch-belgischen (3 I d) und im italienischniederländischen Vertrage ( 1 1 3 ) dagegen als besonderer Versagungsgrund. Wo eine Regelung fehlt, trägt die Rechtsprechung kein Bedenken, bei widerstreitenden Urteilen die Klausel vom ordre public heranzuziehen1. Wenn das im Zweitstaat ergangene Urteil ein Versagungsgrund für die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung des in der gleichen Sache zwischen den gleichen Parteien ergangenen Ersturteils sein soll, muß es irgendwie zeitlich vorangehen. Aber die v e r s c h i e denen M ö g l i c h k e i t e n einer P r i o r i t ä t sind in den Staatsverträgen nur ganz selten klar erkannt oder eindeutig herausgearbeitet worden. Am deutlichsten drückt sich noch der englischbelgische Vertrag aus: das Ersturteil wird im Zweitstaat nicht anerkannt, wenn im Augenblicke seines Erlasses in der gleichen Sache zwischen den gleichen Parteien bereits ein Urteil des Zweitstaates, übrigens gleichgültig, ob widersprechend oder nicht widersprechend, ergangen war, das nach der Gesetzgebung des Zweitstaates die Autorität der rechtskräftig entschiedenen Sache hat. Aber selbst dieser Staatsvertrag läßt im unklaren, in welchem Zeitpunkt die Rechtskraft des zweitstaatlichen Urteils eingetreten sein muß: im Augenblicke der Erlassung des Ersturteils oder im Augenblicke seiner Prüfung im Zweitstaat ? Allerdings konnte gerade ein englisch-belgischer Vertrag die Frage noch am ehesten vernachlässigen, da beide Staaten einem Urteil selbst dann die Eigenschaft der rechtskräftig entschiedenen Sache zuerkennen, wenn es noch der Anfechtung durch ein Rechtsmittel unterliegt (3 I g). Sieht man von dieser britisch-belgischen Besonderheit ab, die auch in den übrigen britischen und belgischen Verträgen begegnet, und will man mit der Gleichsetzung der erststaatlichen und der zweitstaatlichen Urteile ernst machen, dann kommt es darauf an, welchem von zwei in der gleichen Sache zwischen den gleichen Parteien von Gerichten des gleichen Staates ausgesprochenen Urteilen die Gesetzgebung dieses Staates den Vorzug gibt: dem früher erlassenen oder dem früher rechtskräftig gewordenen Urteil. Die deutsche ZPO hat sich klar für die zweite Möglichkeit entschieden; denn sie läßt die Wiederaufnahme des Verfahrens 1

Vgl. unten S. 200 Anm. 2 u. 3-

II.

Die vier Punkte

der

Nachprüfung

199

•durch Restitutionsklage zu, wenn eine Partei „ein in derselben Sache erlassenes, f r ü h e r r e c h t s k r ä f t i g g e w o r d e n e s Urteil. . . auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, welches eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde" (§580, 7). Die gleiche Wendung findet sich in der ungarischen ZPO (§ 563 I 10), während nach der österreichischen (§ 530 I 6) und ähnlich der jugoslawischen ZPO ( § 6 2 4 1 5 ) ein „ f r ü h e r e r g a n g e n e s b e r e i t s r e c h t s k r ä f t i g g e w o r d e n e s Urteil" genügt, ebenso nach dem italienischen Codice di procedura civile von 1940 eine „altra (sentenza) precedente avente fra le parti autorità di cosa giudicata" (Art.395,5). An solche l a n d e s r e c h t l i c h e P r i o r i t ä t s o r d n u n g e n sind die Vertragsstaaten gebunden, wenn sie im Vertrage ausdrücklich oder deutlich genug auf die landesrechtliche Behandlung der Frage verweisen. Nach dem schweizerisch-österreichischen Vertrage z.B. ist Voraussetzung für die Anerkennung einer Erstentscheidung im Zweitstaat, „daß ihr nicht nach dem Rechte dieses Staates die Einrede der entschiedenen Rechtssache entgegensteht ( 1 1 2). Nach österreichischem Recht ist dies, wie gezeigt, schon dann der Fall, wenn das zweitstaatliche Urteil früher e r l a s s e n wurde als das Ersturteil. In der Schweiz kommt es auf die kantonale Gesetzgebung an, ob die Priorität der Erlassung oder die der Rechtskraft entscheidet. Ähnlich konnte es bei der Anwendung des auch in Ungarn geltenden österreichisch-bulgarischen Vertrages vorkommen, daß gleichliegende Fälle im Gebiete des ehemaligen Österreich und in Ungarn verschieden behandelt werden mußten, da die ungarische Gesetzgebung, wie gezeigt, nicht der österreichischen, sondern der deutschen nachgebildet ist. Indessen bildet die Verweisung auf die landesrechtlichen Prioritätsordnungen durchaus eine Ausnahme, man findet sie nur noch im österreichisch-bulgarischen (17 I 4) und den ihm nachgebildeten Verträgen des österreichischen Rechtskreises. Auch ist es eine Zumutung für den Zweitstaat, ein vor dem Ersturteil erlassenes Urteil eines Zweitgerichts nur deshalb unbeachtet lassen zu müssen, weil das später erlassene Ersturteil früher rechtskräftig geworden ist. Nimmt man hinzu, daß, wie schon das Beispiel der österreichischen, jugoslawischen und italienischen Gesetzgebung gezeigt hat, auch die Landesgesetzgebung vielfach den Zeitpunkt des Urteilse r l a s s e s , nicht den des Eintritts der R e c h t s k r a f t , als entscheidend für die Prioritätsfrage ansieht, so darf man die Bevorzugung jenes Zeitpunkts als die angemessenste Lösung des internationalrechtlichen Problems bezeichnen. So ist zunächst eine Regelung zu deuten, die von einer Erwähnung der Rechtskraft ganz absieht und nur von einer „bereits" ausgesprochenen Zweit-

200

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

entscheidung, ,,une autre décision déjà prononcée", spricht, wie, mit einer später zu erörternden Einschränkung für den Fall der Litispendenz, der französisch-italienische Vertrag (i, 5). Auch die Verträge Italiens mit der Schweiz ( 1 1 2) und den Niederlanden ( 1 1 3) gehören hierher, allerdings mit einem noch zu besprechenden Vorbehalt für Italien. Im gleichen Sinne sind aber auch die beiden britischen Verträge (Fr. 3 I c 1, Belg. 3 I d) zu deuten, wenn sie sich auch über den Zeitpunkt der Rechtskraft nicht ganz zweifelsfrei ausdrücken, ebenso die sog. römischen Verträge Italiens mit Jugoslawien, Österreich und der Tschechoslowakei (1, 4), obgleich sie über den maßgebenden Zeitpunkt gar nichts enthalten 1 , endlich, trotz des gleichen Schweigens, der deutsch-italienische Vertrag (4 IV), aber auch er mit einem Vorbehalt für Italien. Vor allem steht auf dem gleichen Standpunkt auch die Rechtsprechung dort, wo die Staatsverträge nur die allgemeine Klausel vom ordre public, und nichts besonderes über widersprechende Urteile enthalten, so beim französisch-belgischen2 und beim französisch-schweizerischen Vertrag 3 . Von dieser Lösung der Prioritätsfrage machen aber, soweit I t a l i e n in Frage kommt, die von diesem Staate abgeschlossenen reinen Vollstreckungsverträge und jene Anerkennungsverträge eine Ausnahme, die den Vertragsstaaten auch für die Anerkennung der res judicata die Einführung eines besonderen Verfahrens gestatten 4 , also z. B. der Vollstreckungsvertrag mit der Türkei sowie die Anerkennungsverträge mit der Schweiz, den Niederlanden und dem Deutschen Reiche (1 II). In Italien mißt man nämlich dem D e l i b a t i o n s v e r f a h r e n eine ganz ungewöhnliche Bedeutung bei. Erst mit dem Delibationsurteil entsteht die Beachtlichkeit des auswärtigen Urteils, nicht schon mit Vorhandensein des letzten und der damit verbundenen Erwartung auf Erlassung eines bestätigenden Delibationsurteils. Die logische Folge davon ist, daß in der Prioritätsfrage alles, was zeitlich vor dem Delibationsurteil liegt, nicht zählt. Art. 797 Ziff. 6 des Codice di procedura civile von 1940 erwähnt mit keiner Silbe den Zeitpunkt der Erlassung des Ersturteils, sondern verlangt für die Zulässigkeit des Delibationsurteils, daß das Ersturteil „non e contraria ad altra sentenza pronunziata da un giudice italiano 5 . Wenn der italienische Richter diese Be395. 397«

1

V g l . MORELLI

2

Cass. de France 23. März 1936, Journ. 64 (1937) i o 8 f f .

3

Schweiz. Bundesgericht 27. N o v . 1920 B G E 46 (1920 I) 458 ff. V g l . noch Cass.

R o m 22. Juni 1927, Journ. 55 (1928) 213. 8

Fast

wörtlich übereinstimmend

1865/1919 (Art. 941 § 1 Ziff. 6).

mit

4

dem

V g l . oben S. 154.

Codice

di

procedura

civile

von

II.

Die vier Punkte der

Nachprüfung

201

Stimmung so auslegt, daß sie einem italienischen Urteil selbst dann den Vorzug gibt, wenn es zwischen Erlassung des Ersturteils und des Delibationsurteils ergangen ist, so liegt diese Rechtsprechung ganz im Sinne der nationalistischen Novelle von 1919, die dem Art. 941 des Cod. von 1865 seine spätere Fassung gegeben hat. Nur dürfen die italienischen Gerichte nicht den grundlegenden Unterschied übersehen, der zwischen dem autonomen italienischen Recht und den Staatsverträgen mit unerläßlichem Delibationsverfahren einerseits und den Staatsverträgen mit Anerkennungsfreiheit andrerseits besteht. Bei den letztgenannten Staatsverträgen wirkt das ausländische Urteil ohne bestätigendes italienisches Delibationsurteil, also ist auch bei Entscheidung der Prioritätsfrage das Datum des ausländischen, nicht des Delibationsurteils maßgebend. Die Entscheidung des italienischen Kassationshofs vom 16. Januar 1931 1 , die einem zwischen Ersturteil und Delibationsurteil erlassenen italienischen Urteil die Priorität zuerkannte, wäre daher zwar für das autonome italienische Recht und für den Geltungsbereich der, allerdings erst später in Kraft getretenen, Verträge mit der Türkei, der Schweiz und dem Deutschen Reiche richtig gewesen, nicht aber für den Bereich des italienisch-österreichischen Vertrages, in dessen Anwendung sie erging2. Die aus vorstehenden Erörterungen zu ziehende Lehre aber ist, daß sich die Staatsverträge für den Fall der Kollision eines Ersturteils mit einem im Zweitstaat erlassenen Urteil der Prioritätsfrage mit etwas größerer Sorgfalt als bisher annehmen sollten. Auch wäre zu erwägen, ob man die Prioritätsfrage wirklich nur für einander w i d e r s p r e c h e n d e Urteile stellen soll, da doch auch bei Urteilen, die beide im gleichen Sinne ergangen sind, das frühere den Vorzug verdient 3 . e) Ein Urteil fällt nicht vom Himmel, sondern bildet den Abschluß eines längeren Verfahrens. Die Frage der Kollision zweier Urteile wird daher vielfach zugleich eine Frage der Kollision zweier gleichzeitig laufender Verfahren und damit eine Frage der Rechtshängigkeit, der L i t i s p e n d e n z , sein. Nur wenn das Ersturteil bereits rechtskräftig war, als das Verfahren im Zweitstaat, oder das im Zweitstaat ergangene Urteil rechtskräftig war, als das Erstverfahren begann, liegt eine reine Urteilskollision vor. Es liegt im Sinne einer Vermeidung unerwünschter künftiger Urteilskollisionen, wenn einige Staatsverträge auch der Frage der RabelsZ. 7 ( 1 9 3 3 ) r 5 5 f Vgl. die K r i t i k v o n MORELLI 3 9 5 A n m . 2. 3 Vgl. Note in R e v . 32 (1937) l99f e r n e r die britischen V e r t r ä g e (Fr. 3 I c 1, Belg. 3 Id). 1

2

202

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

Rechtshängigkeit näher getreten sind. Doch ist vielleicht wichtiger die Feststellung, daß eine gesunde Rechtsprechung auch ohne gesetzliche oder staatsvertragliche Grundlage die Einwendung der Rechtshängigkeit aus einem im Auslande schwebenden Verfahren anerkennen wird, wenn es sich um die gleiche, zwischen den gleichen Parteien zu entscheidende Rechtssache handelt und das im früher anhängig gemachten Verfahren zu erwartende Urteil im Staate des späteren Verfahrens anerkannt werden müßte. In diesem Sinne hat sich, trotz Schweigens des deutschen Gesetzes, das deutsche Reichsgericht mehrfach ausgesprochen1, vom spanischen Obersten Gerichtshof liegt eine Entscheidung im gleichen Sinne vor2. Diese viva vox iuris des ungeschriebenen Rechts ist aber deshalb so wichtig, weil sie auch bei der Auslegung jener Staatsverträge gute Dienste leisten kann, die, wie zumeist, das ganze Problem mit Stillschweigen übergangen oder ungenügend oder unvollständig geregelt haben. In letzter Beziehung ist vor allem an den f r a n z ö s i s c h - b e l g i s c h e n (4 I) und den b e l g i s c h - n i e d e r l ä n d i s c h e n Vertrag (6 I) zu denken. Während neuere Verträge, wie die Italiens mit Frankreich (19), der Schweiz (8), den Niederlanden (9) und dem Deutschen Reiche (11), sowie der zwischen der Schweiz und Schweden (7), ausdrücklich verlangen, daß das früher anhängig gemachte Verfahren vor einem nach dem Vertrage z u s t ä n d i g e n Gerichte schweben muß, da ja sonst das zu erwartende Urteil keine Aussicht auf Anerkennung hätte, schweigen die genannten belgischen Verträge über diesen Punkt. Dies Schweigen ist aber nicht als beredtes Schweigen, sondern einschränkend, im Sinne der Regelung in den späteren Verträgen zu deuten. Die andere Schwierigkeit bei der Anwendung der beiden belgischen Verträge liegt darin, daß die Vorschrift über Litispendenz nur für die Prozesse gilt, bei denen in Frankreich ein Belgier, in Belgien ein Franzose oder Niederländer und in den Niederlanden ein Belgier als Partei beteiligt sind. Für die übrigen Fälle enthalten sich beide Verträge einer Regelung. Daraus folgt aber nur, daß hier die besonderen Bestimmungen der Verträge über renvoi und connexite, falls sie vom Landesrecht abweichen, keine Anwendung finden. Im übrigen sind beide Verträge genau so zu behandeln wie die zahlreichen Verträge, die der Frage der Litispendenz überhaupt keine Aufmerksamkeit geschenkt haben. Das bedeutet aber, 1 Reichsgericht 13. April 1901, RGZ 49, 344ff.; 27. Juni 1932, Seufferts Archiv 87 (1933) 98 ff. ä 31. Jan. 1921, Bull. 7 (1922) 87. — Ebenso auch Art. 2 einer Entschließung des Institut de droit international v. 2. Aug. 1898, Annuaire des Instituts 17 (1898) 29 of.

II. Die vier Punkte der Nachprüfung

203

wie die Rechtsprechung des deutschen Reichsgerichts und des spanischen Obersten Gerichtshofes gezeigt hat, Berücksichtigung der Einwendung der Litispendenz, wenn der frühere Prozeß vor einem zuständigen Gerichte schwebt. Der vom Rotterdamer Landgericht gegen den belgisch-niederländischen Vertrag und die niederländische Gesetzgebung erhobene Vorwurf, sie hätten den Fall übersehen und so die Erlassung widersprechender Urteile möglich gemacht 1 , ist demnach unbegründet und fällt auf das Gericht selbst zurück. Soweit die Staatsverträge die Frage der Litispendenz überhaupt behandeln, tun sie es im Zusammenhang mit dem zum Ersturteil führenden Verfahren. Im Zweitverfahren ist ja alles klar: einem "bereits erlassenen Ersturteil, namentlich wenn es rechtskräftig geworden ist, kann ein im Zweitstaat schwebendes Verfahren nichts mehr anhaben. Nur ein Vertragspaar und ein weiterer Vertrag machen eine Ausnahme, und es darf nicht Wunder nehmen, daß hierbei I t a l i e n führend beteiligt ist. Beim i t a l i e n i s c h - t ü r k i s c h e n Vertrag (ig I 5) ist die Regelung durchaus folgerichtig im Sinne der italienischen Auffassung von der überragenden Bedeutung des Delibationsverfahrens2. Der Vertrag wiederholt nur sinngemäß die Bestimmung des Art. 941 § 1 Ziff. 7 des italienischen Codice di procedura civile von 1865/1919, wonach das Delibationsurteil zu versagen ist, wenn im Augenblicke •der Erhebung der Delibationsklage in der gleichen Sache zwischen den gleichen Parteien vor einem italienischen Gericht ein Rechtsstreit anhängig ist. Wohl ohne sich der italienischen Eigentümlichkeit bewußt zu sein, haben Ö s t e r r e i c h und die T ü r k e i diese Regelung in ihren Vertrag übernommen (18, 5). Sie muß auch ohne besondere Regelung für jene italienischen Verträge gelten, die auch für die Anerkennung der res judicata ein besonderes Verfahren vorsehen8, also für die Verträge mit der Schweiz, den Niederlanden und dem Deutschen Reiche, dagegen nicht für die Verträge mit unmittelbarer Anerkennung der res judicata, wie den Vertrag mit der Tschechoslowakei4. Eine Sonderstellung nimmt der f r a n z ö s i s c h - i t a l i e n i s c h e Vertrag ein, weil er die Frage der Litispendenz sowohl für das Erstais auch für das Zweitverfahren regelt (19; i,5) 6 . Die Regelung Rotterdam Rechtbank 26. Juni 1931, Bull. 26 (1932) 117. 3 Vgl. oben S. 154, * Vgl. oben S. 200. 1 App. Mailand 31. Dez. 1926, Riv. 19 (1927) 273a, 8 Über Art. 19 vgl. P E R A S S I , Riv. 27 (1935) 392ff.; App. Turin 4. Febr. 1936, R i v . 28 (1936) 444 ff. 1

204

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

für das Zweitverfahren ist aber wenig glücklich. Die Bestimmung besagt wörtlich (i, 5), das Ersturteil habe ohne weiteres, „de plein droit", die Autorität der entschiedenen Sache im Zweitstaat, wenn u. a. folgende Bedingung erfüllt sei: „que la décision ne soit pas en contradiction avec une autre décision déjà prononcée sur le même objet par une juridiction du pays où elle est invoquée, ou que le même litige n'ait pas été porté par les mêmes parties devant une juridiction de ce même pays avant que la décision invoquée ait été rendue". Die erste Bestimmung — Vorrang eines früheren zweitstaatlichen U r t e i l s — ist, wie gezeigt, vernünftig und zu billigen, dagegen lädt die zweite Bestimmung — Vorrang einer vor Erlassung des Ersturteils im Zweitstaat erhobenen K l a g e — den Beklagten des Erstverfahrens geradezu ein, das drohende Ersturteil durch eine ad hoc im Zweitstaat zu erhebende negative Klage seiner künftigen Wirkung im Zweitstaat zu berauben. Diese Regelung ist umso unverständlicher, als dann der Kläger des Erstverfahrens nach Art. 19 die Einwendung der Litispendenz erheben und somit die Durchführung des später anhängig gemachten Verfahrens unmöglich machen kann. Die Bestimmung hat also nur dann praktische Bedeutung, wenn der Kläger des Erstverfahrens verabsäumt, seine Rechte wahrzunehmen, und ist unter diesem Gesichtspunkt sogar anstößig. Vermutlich hat man sie unbesehen aus der Rechtsprechung zu dem alten französisch-italienischen Vertrage von 1760/ 18601 in den neuen Vertrag übernommen, ohne zu bedenken, daß der alte Vertrag ein ausgesprochener V o l l s t r e c k u n g s v e r t r a g mit der Notwendigkeit eines Exequaturverfahrens war, während der neue Vertrag die A n e r k e n n u n g des Ersturteils ohne weiteres Verfahren, „de plein droit", an seinen Anfang gestellt hat. Die Bestimmungen über die Einwendung der Litispendenz im Erstverfahren verfolgen den Zweck, widersprechende Urteile in der gleichen Sache zu verhindern. Ganz können sie aber ihr Ziel nicht erreichen, weil das Gericht die Litispendenz nur dann berücksichtigen kann, wenn eine Partei sie geltend macht. Einzig der schweizerisch-schwedische Vertrag (7) verlangt Berücksichtigung der Litispendenz von Amts wegen, sobald nämlich das Gericht vom schwebenden Parallelprozeß Kenntnis hat, ohne es allerdings zu verpflichten, sich von Amts wegen davon Kenntnis zu verschaffen. Kommt es dann wegen Lässigkeit der Partei oder Unkenntnis des Gerichts zu zwei Urteilen in der gleichen Sache, einem im Erststaat 1

Cass. de France 10. März 1914, Rev. 10 (1914) 449ff.

II. Die vier Punkte der Nachprüfung

205

und einem andern im Zweitstaat, dann bringen die für widersprechende Urteile gefundenen Regeln1 eine Lösung des Kollisionsfalles. Allerdings, eine Frage ist nirgends ausdrücklich behandelt: was geschehen soll, wenn sich ein zweitstaatliches Gericht e n t g e g e n den f ü r die L i t i s p e n d e n z b e s t e h e n d e n V o r s c h r i f t e n , trotz Widerspruchs der beteiligten Partei, mit einer bereits im Erststaat anhängigen Sache weiter befaßt und ein Urteil früher erläßt als das Erstgericht. Muß im Anerkennungs- oder Exequaturverfahren das Zweitgericht diesem Urteil die Priorität zuerkennen, obgleich es wegen der Litispendenz gar nicht hätte ergehen dürfen ? Hier liegt ein Widerstreit zwischen Legalität und Autorität vor, wie er im staatlichen Leben häufiger vorkommt, und, wie üblich, siegt hier die Autorität über die Legalität. Es wäre eine Zumutung an das Zweitgericht, das im Zweitstaat ergangene Urteil als ein Nichts zu betrachten, nur weil es nicht hätte erlassen werden sollen. Die Autorität der rechtskräftig entschiedenen Sache deckt hier, wie sonst, die Fehlerhaftigkeit des vorangegangenen Verfahrens. Dies gilt aber nur für die Gerichte des Zweitstaates. Sollte eine Partei aus irgendwelchen Gründen, etwa wegen der Prozeßkosten, für das im Zweitstaat ergangene Urteil im Erststaat Anerkennung suchen, so könnte ein erststaatliches Gericht sie ohne weiteres versagen, trotz des dem Urteil zukommenden, aber zu Unrecht erwirkten zeitlichen Vorrangs. 3. An dritter Stelle verlangt der Haager Entwurf für die Anerkennung eines Ersturteils dessen R e c h t s k r a f t ( 1 1 3) und für die Vollstreckbarerklärung außerdem dessen V o l l s t r e c k b a r k e i t im E r s t s t a a t (2 II). Außer in den fünf Staatsverträgen, die den Haager Entwurf nahezu wörtlich übernommen haben, findet sich diese Regelung auch in den Verträgen Italiens mit der Schweiz ( 1 1 3; 3 II), den Niederlanden (1 I 4; 3 II) und dem Deutschen Reiche ( 1 1 ; 6). Es fragt sich zunächst, ob es für die Vollstreckbarerklärung einer besonderen Erwähnung der Vollstreckbarkeit neben der Rechtskraft bedarf, da doch ein rechtskräftiges Urteil immer zugleich vollstreckbar ist. Solche Erwägungen liegen vermutlich jenen Staatsverträgen zugrunde, die sich mit der Rechtskraft des Ersturteils für beides: Anerkennung und Vollstreckbarerklärung begnügen, wie den älteren Verträgen Italiens sowie denen mit Jugoslawien, Österreich und der Tschechoslowakei (1,2; 2) und den Verträgen der Schweiz mit dem Deutschen Reiche (1 und 6) und 1

Vgl. oben S. 19 7 ff.

206

§

Prüfung und Vollstreckbarerklärung

des Ersturteils

Schweden (4,4; 8), oder den reinen Vollstreckungsverträgen, die nur Rechtskraft des Ersturteils verlangen, wie den Verträgen Badens mit Aargau (1), Frankreichs mit der Schweiz (15; 16 I 3), der Tschechoslowakei mit Rumänien (44 I a) und Bulgarien (22 I a). Indessen besteht sehr wohl die Möglichkeit, daß ein Urteil trotz, seiner Rechtskraft im Erststaat nicht vollstreckbar ist und daher auch keine Vollstreckbarkeit im Zweitstaat verdient, so, wenn der Beklagte den Gläubiger befriedigt hat oder der Anspruch aus. dem Urteil verjährt ist oder der Urteilsvollstreckung im Erststaat ein Moratorium 1 im Wege steht. Die Regelung des Haager Entwurfs ist also wohl überlegt und daher auch die einiger vom Entwurf unabhängiger Verträge, die für die Vollstreckbarerklärung ausdrücklich neben der Rechtskraft Vollstreckbarkeit im Erststaat verlangen, wie die reinen Vollstreckungsverträge der Schweiz mit Spanien (2 II 3), Spaniens mit Columbien (1, 1), der Türkei mit Italien (19 I 4) und Österreich (18, 4), Österreichs mit Ungarn (6 II), oder die Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs mit Italien (1,3) sowie Österreichs mit Bulgarien (14,2; 25) und die diesem nachgebildeten Verträge. Für die letzte Gruppe von Verträgen war die Regelung um so angebrachter, als sie das nachträgliche Erlöschen der Vollstreckbar keit ausdrücklich vorsehen (Öst.— Bulg. 17 I 3). Sonst haben nur noch die britischen Verträge an das nachträgliche Erlöschen der Schuld gedacht (6 III a, 7 III a). Diese beiden Verträge und der palästinensisch-ägyptische Vertrag enthalten überdies eine Art von Vermutung für das Erlöschen der Schuld nach Ablauf einer gewissen Zeit insofern, als die britischen Verträge der Landesgesetzgebung gestatten, eine A u s s c h l u ß f r i s t von mindestens sechs Jahren für die Beantragung der Vollstreckbarerklärung einzuführen (8 IV); der palästinensisch-ägyptische Vertrag setzt die Frist unmittelbar auf ein Jahr fest (3 I und III). Ein allgemeines Bedürfnis für diese Vorsichtsmaßregel dürfte jedoch nicht bestehen. Vollstreckbarkeit im Erststaat ist also unbedingte Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung eines Ersturteils im Zweitstaat, die Staatsverträge sollten, diesen Punkt nicht mit Stillschweigen übergehen. Dagegen will es überlegt sein, ob man für die Vollstreckbarerklärung a u ß e r d e m Rechtskraft des Ersturteils verlangen oder ob man nicht auch den noch nicht rechtskräftigen, aber vorläufig vollstreckbaren Ersturteilen Vollstreckung im Zweitstaat gewähren soll. Die Staatsverträge, die dies tun, sind sehr gering an Zahl. Ein richtiger Außenseiter ist der italienisch-bolivi1

Vgl. hierüber

BRESCHI,

R i v . 9 (1915) 222if.

II.

Die vier Punkte der

Nachprüfung

207

anische Staatsvertrag, der für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung Vollstreckbarkeit oder Rechtskraft verlangt (25 b, 2 6 1 c), während die gleiche Regelung des palästinensisch-ägyptischen Staatsvertrages (4 II) in nahem Zusammenhang mit dem englischen Rechtsdenken steht. Die beiden britischen Verträge verlangen nämlich nicht einmal für die Anerkennung der res judicata formelle Rechtskraft (3 I), geschweige denn für die Vollstreckbarerklärung (Fr. 5 I a, Belg. 5 I I a). Da Belgien die gleiche Regelung mit Frankreich (11, 2; 12 III) und, deutlicher, mit den Niederlanden ( 1 1 1 2; 12 III) getroffen hat, könnte man meinen, daß Belgien auch an den britischen Bestimmungen führend beteiligt war, wenn nicht der Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act von 1933 (sec. 1, Ziff. 3) die britische Auffassung der Frage klar erkennen ließe. Wie man sieht, ist es also durchaus möglich, für die Vollstreckbarerklärung vom Erfordernis der formellen Rechtskraft abzusehen, und es ist eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob man Staatsverträge auf dieser Grundlage abschließen will oder nicht. Jedenfalls gewinnt man aber einen Staat eher für den Gedanken eines Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages, wenn man ihn nicht nötigt, auch vorläufige Ersturteile mit dem Exequatur zu versehen, und so war es eine weise Selbstbescheidung, wenn der Haager Entwurf von einer Vollstreckbarerklärung der noch nicht rechtskräftig gewordenen Ersturteile absah. Dagegen bestehen sachliche Bedenken gegen die A n e r k e n n u n g noch n i c h t r e c h t s k r ä f t i g g e w o r d e n e r E r s t u r t e i l e , die uns die genannten Bestimmungen der britischen und belgischen Verträge gebracht haben. Res judicata pro veritate accipitur. Aber eine Wahrheit auf der schwankenden Grundlage einer Entscheidung, die noch der Anfechtung durch Einspruch, Berufung, befristeter Kassationsbeschwerde unterliegt, ist keine Wahrheit. Wohl unterliegt auch das rechtskräftige Urteil noch außerordentlichen Rechtsbehelfen, wie der Restitutions-, der Wiederaufnahms-, der Revokationsklage, doch kommen diese Rechtsbehelfe so selten vor, daß man sie vernachlässigen kann. Dagegen empfindet man starke Hemmungen gegen die Nötigung eines Zweitgerichts zur Anerkennung eines Ersturteils als res judicata, wenn das Zweitgericht mit der nahen Möglichkeit einer Beseitigung des Ersturteils durch Urteil einer höheren erststaatlichen Instanz rechnen muß. Die Folge würde sein, daß das vom Zweitgericht erlassene und rechtskräftig gewordene Urteil auf dem außerordentlichen Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigt werden müßte, wenn das Ersturteil, auf dessen Anerkennung jenes Urteil beruht, vom Berufungsgericht geändert würde. Diese britische und belgische

208

§ iy. Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

Regelung wird daher nur dann erträglich, wenn man dem Staatsvertrag eine Bestimmung einfügt, wie im englisch-französischen (3 I d) und im englisch-belgischen Vertrag (3 I g), der zufolge der Zweitrichter der verurteilten Partei eine angemessene Frist für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels bestimmen kann (besser: muß), und dem Zweitrichter erst nach Ablauf dieser Frist die Anerkennung des Ersturteils zur Pflicht macht. Es bleibt nur noch die Frage, ob es einen Sinn hat, für die A n e r k e n n u n g eines Ersturteils außer seiner Rechtskraft auch noch seine Vollstreckbarkeit zu verlangen, wie dies im österreichischbulgarischen Vertrag (14, 2; 25) und seinen Nachahmern sowie im französisch-italienischen Vertrag (1, 3) vorgesehen ist. Die Frage ist zu verneinen1, da die Feststellungswirkung eines Urteils unabhängig ist von seiner Vollstreckbarkeit. Der Beklagte sei zur Zahlung einer Geldsumme verurteilt worden und habe bezahlt. Weil er erfüllt hat, kann der Kläger das Urteil nicht mehr vollstrecken. Wohl aber kann er sich auf die Rechtskraft des Urteils berufen, wenn der Beklagte das Geleistete mit der condictio indebiti zurückfordern sollte. Außerdem gibt es Urteile, die ihrer Natur nach einer Vollstreckung gar nicht fähig sind, wie Feststellungsurteile, konstitutive Urteile. Man kann daher dem Haager Entwurf bezeugen, daß er die ganze Frage sinn- und maßvoll geregelt hat: Rechtskraft des Ersturteils als Voraussetzung für seine Anerkennung, Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Ersturteils als Voraussetzungen für seine Vollstreckbarerklärung im Zweitstaat. 4. Etwas wenig ist es aber, was der Haager Entwurf zum S c h u t z e der s ä u m i g e n P a r t e i vorschlägt. Im Falle eines Versäumnisurteils soll es genügen, daß das Urteil entsprechend den Gesetzen des Erststaates und den zwischen den Vertragsstaaten etwa bestehenden internationalen Abmachungen erlassen wurde. Gedacht ist hierbei in erster Linie an Zustellungsvereinbarungen nach Art der im Haager Abkommen von 1905 über den Zivilprozeß (1—7) getroffenen Regelung. Es handelt sich fast ausschließlich um den genügenden Schutz des B e k l a g t e n . Hieran fehlt es aber, wenn der Beklagte von der gegen ihn erhobenen Klage keine Kenntnis oder eine so späte Kenntnis hatte, daß ihm eine ordnungsmäßige Verteidigung nicht möglich war. Gewiß, solcheFälle können auch in einem alltäglichen Verfahren vorkommen, einem Verfahren also, dem jeder gegenwärtige oder künftige internationale Einschlag fehlt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist 1

Vgl. oben S. 140 ff.

II. Die vier Punkte der

209

Nachprüfung

doch in einem Verfahren mit internationalem Einschlag bedeutend größer, namentlich dann, wenn der Beklagte nicht im Erststaat wohnt oder sich aufhält. Dieser Erkenntnis haben sich selbst die Staaten nicht verschlossen, die den Haager Entwurf sonst fast wörtlich übernommen haben. Der schweizerisch-österreichische Vertrag verlangt „rechtzeitige" Ladung der Partei oder ihres zur Empfangnahme berechtigten Vertreters ,,zu eigenen Händen", welch letzte Vorsichtsmaßnahme wohl auf österreichischen Einfluß zurückgeht, da sie schon im § 80 Ziff. 2 der österreichischen Exekutionsordnung von 1896 und dem österreichisch-bulgarischen Vertrage (17 II) und den ihm nachgebildeten Verträgen begegnet; auch der schweizerischschwedische Vertrag enthält die Bestimmung (4, 5). Die vier anderen Abbilder des Haager Entwurfs, nämlich die Verträge der Tschechoslowakei mit der Schweiz (1 I 4), mit Griechenland, Portugal und Spanien (2 I 4), verlangen über den Entwurf hinaus, daß die Ladung die säumige Partei rechtzeitig erreicht haben muß, „atteinte en temps utile". Mit der gleichen Wendung schützt der französischitalienische Vertrag (1, 4) die säumige Partei. Aber die Wendung müßte noch deutlicher sein, es darf kein Zweifel bestehen, daß das Wort „atteindre" wörtlich, im tatsächlichen Sinne 1 , zu nehmen ist und daß nicht schon rechtzeitige „Zustellung" genügt, wie die amtliche deutsche Übersetzung der tschechoslowakischen Verträge lautet 2 ; denn angesichts der Möglichkeit von Ersatzzustellungen bürgt die „Zustellung" eines Schriftstücks noch nicht dafür, daß es den Empfänger auch wirklich erreicht. Auch der Ausschluß der öffentlichen Zustellung oder der Zwang, sich bei Zustellungen im Auslande der internationalen Rechtshilfe zu bedienen, nach den beiden deutschen Verträgen von 1929 und 1936 (4, 3) sichert nicht unbedingt eine rechtzeitige Kenntnis des Beklagten von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren. Empfehlenswert dagegen scheint vor allem die Regelung im e n g l i s c h - f r a n z ö s i s c h e n Vertrage zu sein ( 3 1 b ) . Die Klage wird nach Maßgabe der Gesetzgebung des Erststaates zugestellt, der Beklagte kann aber vor dem Zweitrichter den Beweis dafür antreten, daß er von der gegen ihn erhobenen Klage nicht rechtzeitig genug Kenntnis erhalten habe, um sich angemessen zu verteidigen. Die Bestimmung ist besser als die parallele im englisch1 Vgl. Schweiz. Bundesgericht schw.-tsch. Vertrag. 2 H O R N E R , Exekutionsordnung 1067, 1001, 1046.

14

4. Okt. 1930, B G E . 56 (1930 I) für Böhmen

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatgverträge. I.

und

532ff. zum

Mährisch-Schlesien

(1931)

210

§ !7- Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

belgischen Vertrag (3 I b), da sich letzte auch mit einer Ersatzzustellung zufrieden gibt. Kein Vertrag hat den Fall bedacht, daß es dem Beklagten aus tatsächlichen Gründen unmöglich war, sich im Erstverfahren zu verteidigen. Man denke nur an die in vielen Staaten bestehende Schwierigkeit oder Unmöglichkeit einer Beschaffung der für die Bestellung eines Rechtsanwaltes nötigen ausländischen Valuten. In solchen Fällen müßte selbst ein Millionär zum Armenrecht zugelassen werden. Wenn aber das Erstgericht diese Ansicht nicht teilt, ist der Beklagte schutzlos dem Versäumnisverfahren preisgegeben. Das Zweitgericht wird sich hier mit der Klausel vom ordre public zu behelfen wissen, aber besser wäre es, diese Klausel nicht weiter zu belasten und den Fall der t a t s ä c h l i c h e n V e r h i n d e r u n g einer angemessenen V e r t e i d i g u n g im Staatsvertrag ausdrücklich zu regeln. III. N a c h p r ü f u n g von A m t s wegen Der Haager Entwurf macht sich nur zum Sprachrohr eines allgemeinen Rechtsbewußtseins, wenn er die vier genannten Punkte von den Behörden des Zweitstaates von Amts wegen nachprüfen läßt (1 II, 2 II). Einige von den neueren Verträgen betonen noch ausdrücklich, daß der Zweitrichter bei der Prüfung der Versagungsgründe an die tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils nicht gebunden sei, so die beiden deutschen Verträge (5) und, für die Jurisdiktionsfrage, die Verträge Italiens mit der Schweiz und den Niederlanden (41). Diese Beschränkung auf die Jurisdiktionsfrage ist ein Fehler, den der italienisch-niederländische Vertrag, nicht aber der italienisch-schweizerische, dadurch ausgleicht, daß er an andrer Stelle (3 III) Prüfung aller Versagungsgründe von Amts wegen anordnet. Der Gedanke einer Nachprüfung auch der tatsächlichen Seite der Versagungsgründe aber ist in der Rechtsprechung so lebendig, daß der österreichische Oberste Gerichtshof einmal sogar geglaubt hat, er dürfe einem deutschen Urteil die Anerkennung versagen, wenn das deutsche Gericht seine Jurisdiktion unter Annahme unrichtiger tatsächlicher Voraussetzungen bejaht habe 1 . Der Gerichtshof befand sich allerdings im Irrtum, da der deutsch-österreichische Vertrag in der Jurisdiktionsfrage eine Nachprüfung durch das Zweitgericht nur in ganz vereinzelten Fällen gestattete und hierbei keinen Unterschied zwischen der Tat- und der Rechtsfrage machte. 1

österr. Oberster Gerichtshof 18. Okt. 1935, Entsch. 17 (1935) 4o6ff.

III.

Nachprüfung von Amts wegen

211

Die Nachprüfung der Tatsachen darf aber nicht dazu führen, daß der Zweitrichter das Ersturteil unter einem Gesichtspunkt anerkennt, den weder der Kläger vorgebracht noch der Erstrichter sich zu eigen gemacht hat. Der Kläger habe z. B. im forum actoris geklagt, der Erstricht er dies forum als gegeben angenommen, der Beklagte die Zulässigkeit dieser Annahme von Anfang an bestritten und das Ersturteil unangefochten gelassen, weil er seiner Sache sicher zu sein glaubte. Der Zweitrichter teile die Ansicht des Beklagten, sei also an sich geneigt, dem Ersturteil die Anerkennung zu versagen, halte aber nach Prüfung des Sachverhalts das forum delicti commissi für gegeben. Da der Beklagte zu dieser gänzlich neuen Frage im Erst verfahren gar nicht Stellung nehmen konnte, darf ihn auch der Zweitrichter nicht mit dem bis dahin unerörtert gebliebenen forum überraschen1. Das Äußerste, was gestattet sein kann, ist dieNachreichung der wirklichen alten Gründe, die das Erstgericht veranlaßt haben, seine Jurisdiktion als gegeben anzunehmen, wie dies der österreichisch-türkische Vertrag in der Tat vorsieht (18, i II). ,,A moins que les considérations juridiques ayant décidé le tribunal à se reconnaître compétent ne résultent des termes mêmes de la décision, elles pourront être certifiées par une attestation y relative du tribunal". Etwas abseits von der allgemeinen Entwicklung stehen der österreichisch-bulgarische und die ihm nachgebildeten Verträge insofern, als sie nicht alle Punkte von Amts wegen prüfen lassen, sondern einige nur, wenn die verpflichtete Partei ihretwegen Widerspruch erhebt. Die nur auf Widerspruch zu b e r ü c k s i c h t i genden P u n k t e sind vier: mangelhafte Ladung, Unregelmäßigkeit des Verfahrens, nachträgliches Erlöschen der Vollstreckbarkeit, Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache. Die beiden ersten Punkte muß der Verpflichtete binnen 14 Tagen nach Zustellung des Vollstreckungsbeschlusses vorbringen, für die beiden andern Punkte ist keine Frist gesetzt (211). Schon diese letzte Unterscheidung deutet an, daß hier etwas nicht in Ordnung ist. In der Tat ist es kaum glaublich, daß es dem Zweitrichter verwehrt sein soll, das Erloschensein der Vollstreckbarkeit und das Vorhandensein eines widersprechenden zweitstaatlichen Urteils von Amts wegen zu berücksichtigen, da doch § 4 1 1 II der österr. ZPO die Berücksichtigung der Rechtskraft eines Urteils von Amts wegen ausdrücklich vorschreibt. Vielmehr hängt die Unterscheidung der von Amts wegen und der nur auf 1

Vgl. zu dieser Frage allgemein Gerechtshof Amsterdam 13. Nov. 1931, Bull. 28 (1933) 67. 14*

212

§ I7- Prüfung und Vollstreckbarerklärung des Ersturteils

Widerspruch zu berücksichtigenden Punkte mit dem uns bekannten Bestreben des Staatsvertrages zusammen, möglichst rasch zu einer vorläufigen Sicherung des Gläubigers, in Gestalt des ohne Anhörung des Schuldners zu erlassenden Vollstreckungsbeschlusses, zu gelangen, vorbehaltlich einer späteren genaueren Prüfung im Widerspruchsverfahren. Für eine allgemeine Regelung ist die Unterscheidung daher nicht zu empfehlen. Höchstens die zugunsten des säumigen Beklagten bestehenden Schutzbestimmungen könnten in gewissem Umfange dem Beklagten zur Geltendmachung überlassen werden, und zwar so, daß der Zweitrichter nur die Ordnungsmäßigkeit der Zuziehung des Beklagten von Amts wegen prüft, aber diesem nach Art des englisch-französischen Vertrages (3 I b) den Nachweis gestattet, daß es ihm trotz Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens unmöglich war, sich gebührend am Erstverfahren zu beteiligen. Die Prüfung des Ersturteils durch den Zweitrichter kann so ausfallen, daß dem Ersturteil die Anerkennung teilweise gewährt werden kann, teilweise zu versagen ist. In solchen Fällen gewährt der Zweitrichter ein T e i l - E x e q u a t u r . So entschied schon, noch ehe ein Staatsvertrag den Punkt geregelt hatte, der belgische Kassationshof 1 . Heute findet sich eine entsprechende, nicht unbedingt nötige Regelung im französisch-italienischen (3 III), den beiden britischen Verträgen (8 V 1 u. 2) und im Vertrag zwischen Italien und den Niederlanden (3 IV). IV. D a s E x e q u a t u r - V e r f a h r e n Für die A n e r k e n n u n g des Ersturteils im Zweitstaat bringen die Staatsverträge, abgesehen von einigen Beschleunigungsmaßnahmen in den meisten tschechoslowakischen Verträgen, keine Verfahrensvorschriften, da die Anerkennung von sich aus oder, wie sich der französisch-italienische Vertrag (1) ausdrückt, ,,de plein droit" wirken soll und daher eines besonderen Bestätigungsverfahrens im Zweitstaat nicht bedarf. Nur der belgisch-niederländische Vertrag (11 III) enthält jene mehrfach erwähnte Vorschrift, die den Erlaß widersprechender Urteile im Zweitstaat vermeiden soll, und einige von den neueren italienischen Verträgen (It.—Schw., It.—Nied., D.R.—It. 1 II) regeln zwar das Anerkennungsverfahren nicht selbst, gestatten aber eine besondere Regelung durch die Landesgesetzgebung und schwächen damit die unmittelbare Rechtskraftwirkung des Ersturteils einigermaßen ab. 1

6. Juni 1907, Rev. 4 (1908) 294ff.

IV.

Das Exequaturv erfahren

213

Auch für die V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g des Ersturteils im Zweitstaat liegt der Schwerpunkt der Verfahrensregelung im Landesrecht. Manche Verträge sprechen es ausdrücklich aus, wie die „römischen" Verträge Italiens von 1922 (4). Auch ist eine solche Überleitung des staatsvertraglichen Rechtes in autonomes Landesrecht gut, da innerhalb des Vollstreckungsverfahrens allerlei Fragen auftauchen können, deren Behandlung dem Zweitrichter umso leichter fallen wird, je mehr er sich an das ihm gewohnte Landesrecht anlehnen kann. Die britischen Verträge z. B. bestimmen, daß ein in Großbritannien registriertes oder ein in Frankreich oder Belgien mit Exequatur versehenes Urteil die gleichen Wirkungen wie ein vom Zweitgericht selbst erlassenes Urteil haben soll (8 I). Diese umständliche Ausdrucksweise zeigt zugleich, daß selbst die B e z e i c h n u n g für die Vollstreckbarerklärung den Ländern überlassen bleibt. In den Ländern französischer Zunge ist das Wort „Exequatur" üblich, in Großbritannien unterliegt das Ersturteil einer „Registrierung", der italienische Fachausdruck ist „Delibationsurteil", in der Schweiz sind ausländische Geldurteile, wie kantonale Urteile, dem „Rechtsöffnungsverfahren" unterworfen 1 . Dies und das meiste andere sind, international gesehen, nebensächliche Fragen. Nur einige wenige Punkte erschienen den Vertragsstaaten wichtig genug für eine Regelung im Vertrage selbst. 1. Da ist zunächst die Frage der B e f u g n i s z u r E i n l e i t u n g d e s E x e q u a t u r v e r f a h r e n s . Der alte französisch-italienische Vertrag von 1760/1860 verlangte ein Ersuchen von Gericht zu Gericht, ebenso kennt der österreichisch-ungarische Vertrag nur diesen Weg zur Vollstreckbarerklärung. Der Haager Entwurf dagegen und die ihm nachgebildeten Verträge, überhaupt die meisten neueren Verträge, überlassen die Einleitung des Verfahrens den Beteiligten selbst. Die erstgenannte Regelung hat den Vorteil, daß sich der Vollstreckungsgläubiger von Anfang an seines eigenen Staates als mächtigen Beschützers erfreuen darf; sie hat aber den der zweiten Regelung fehlenden Nachteil, daß das eigene Gericht unter Umständen das Gesuch nicht weitergibt in der irrigen Befürchtung, es könnte von dem zu ersuchenden Gericht des anderen Staates abgelehnt werden 2 . Die Vorteile beider Regelungen lassen sich verbinden, wenn man dem Vollstreckungsgläubiger die Wahl zwischen unmittelbarer und mittelbarer Anrufung des Zweit1 Schweizerisch-schwedischer Vertrag 9 I; Obergericht Luzern 18. April 1929 und App. Bern 19. Juni 1931, Schweiz. Juristenzeitung 26 (1929/30) 314 und 28 (1931/32) 64 f. 2 Vgl. L U S C H I N , Zur Frage der Vollstreckungshilfe, Gerichtszeitung 71 (1920)

I34ff-

214

§ iy.

Prüfung

und Vollstreckbarerklärung

des

Ersturteils

gerichts einräumt, wobei es von untergeordneter Bedeutung ist, ob die mittelbare Anrufung von Gericht zu Gericht oder auf diplomatischem Wege geschieht. Diese Gewährung einer Wahlfreiheit ist eine Eigentümlichkeit der älteren italienischen Verträge sowie des österreichisch-bulgarischen Vertrags (181) und einiger ihm nachgebildeten Verträge. 2. Die gleiche Gruppe von Verträgen trägt auch Sorge für die V e r t r e t u n g des V o l l s t r e c k u n g s g l ä u b i g e r s im E x e q u a t u r v e r f a h r e n . Nach dem Vertrage Italiens mit Peru z. B. ordnet das Exequaturgericht dem Vollstreckungsgläubiger einen Anwalt von Amts wegen bei, wenn der Gläubiger nicht selbst rechtzeitig für seine Vertretung gesorgt hat (18 III). Das Gleiche geschieht nach dem österreichisch-bulgarischen Vertrag (20), wenn das Vollstreckungsgesuch von einem Gericht ausgeht und dieses Gericht die Bestellung eines Vertreters verlangt. Die dem Vertreter zu entrichtenden Gebühren fallen dann dem ersuchenden Gerichte zur Last. Diese Art von Regelung leuchtet ein und ist besonders hervorzuheben, weil hier an eine Schwierigkeit gedacht ist, an der die ganze Vollstreckung im Zweitstaat scheitern könnte. Namentlich für die unvermögende Partei ist sie wichtig, es sei denn, daß die ntemationalen Vereinbarungen über G e w ä h r u n g von A r m e n e c h t einen hinreichenden Ersatz schaffen. Dabei genügen jedoch die Bestimmungen einiger italienischer Verträge (Jug. 7, Tsch. 7, Fr. 9, Schw. 6, Nied. 6, D.R. 10) über die Erstreckung des im Erststaat bewilligten Armenrechts auf den Zweitstaat nicht für den Fall, daß der Kläger nicht „arm" im üblichen Sinne, sondern nur nicht in der Lage ist, die für das Exequaturverfahren erforderlichen auswärtigen Valuten zu leisten1. Wenn es nicht sicher ist, daß ihm das Armenrecht im Zweitstaat wegen Schwierigkeit einer Valutenbeschaffung bewilligt wird, drängt sich das Vorbildliche der älteren italienischen oder der österreichisch-bulgarischen Regelung deutlich auf. 3. Aufgabe der Staatsverträge ist ferner die B e g r e n z u n g der dem V o l l s t r e c k u n g s g l ä u b i g e r o b l i e g e n d e n u r k u n d l i c h e n N a c h w e i s e . Der Haager Entwurf (3) verlangt die Vorlegung einer Ausfertigung des Ersturteils, urkundliche Nachweise für dessen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit, den urkundlichen Nachweis für die Ladung der säumigen Partei, beglaubigte Übersetzungen der genannten Urkunden. Im großen und ganzen folgen die neueren Verträge der Haager Aufzählung, die Abweichungen sind kaum 1

Vgl. oben S. 210.

IV.

Das Exequatur- Verfahr in

215

der Erwähnung wert und sollen daher unsere rechtsvergleichende Studie nicht weiter belasten. 4. Wichtiger sind die in den Staatsverträgen für eine B e s c h l e u n i g u n g des V e r f a h r e n s vorgesehenen Maßnahmen. Denn darüber, daß das Exequaturverfahren möglichst rasch gestaltet werden sollte, sind sich heute wohl alle Staaten einig. Die Tschechoslowakei hat es in sechs von ihren Verträgen durchgesetzt, daß dem Anerkennungs- oder Exequaturrichter eine F r i s t von zwei Monaten bis herunter zu zwei Wochen für die Durchführung seiner Prüfung bestimmt wird (Grie., Port., Span. 2 II, 3 II, Bulg. 24IV, Jug. 41 III, Rum. 46 III). Die Vorschrift ist sicher ein Ansporn zur Beschleunigung, wirkt aber ungünstig auf die Autorität des Staatsvertrages, wenn es dem Richter unmöglich ist, so rasch zu entscheiden, wie von ihm verlangt wird. Eine andere Beschleunigungsmaßnahme wäre eine Bestimmung, daß die Vollstreckbarerklärung ohne A n h ö r u n g des V o l l s t r e c k u n g s s c h u l d n e r s auszusprechen ist. Allerdings darf der Schuldner nicht ganz ohne rechtliches Gehör bleiben, aber es genügt, wenn er seine Einwendungen nachträglich vorbringen kann. Nur ist dafür zu sorgen, daß die Vollstreckung zunächst ausschließlich die Form einer sichernden Maßnahme, etwa einer Beschlagnahme, annimmt und zu endgültigen Maßnahmen erst dann führt, wenn der Richter über die etwa vorgebrachten Einwände des Beklagten entschieden hat. Eine solche Regelung, die auf sehr beachtliche Weise den Schutz des Gläubigers mit dem Schutze des Schuldners verbindet, findet sich im österreichisch-bulgarischen Vertrag (19 I, 21 III) und den von ihm beeinflußten späteren Verträgen. Sie hat, wie gezeigt 1 , einige Fehler, ihr Grundgedanke ist aber gesund und nachahmenswert. Es gibt allerdings noch eine andere Form für die Beschleunigung eines Verfahrens ohne Verletzung der berechtigten Interessen des Vollstreckungsschuldners, nämlich die E i n f ü h r u n g s i c h e r n d e r M a ß n a h m e n u n a b h ä n g i g v o m E x e q u a t u r v e r f a h r e n . Am ausführlichsten nehmen sich dieser Frage die oben genannten tschechoslowakischen Verträge an, der mit Jugoslawien allerdings etwas zurückhaltender (42). Die Verträge mit Rumänien (47—49), Bulgarien (25—27), Griechenland (8—10), Portugal (9—11) und Spanien (9—11) sehen Sicherstellungsverfügungen zugunsten des Gläubigers vor Erteilung des Exequatur vor, in erster Linie beim Vorliegen des rechtskräftigen Ersturteils, dessen Prüfung noch nicht abgeschlossen ist, in zweiter Linie beim Vorliegen eines noch 1

Vgl. oben S. 211 f.

216

§

Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

nicht rechtskräftigen Ersturteils, in dritter Linie bei schwebendem, ja sogar noch nicht begonnenem Erstverfahren. Nur ist nicht recht einzusehen, warum die Staatsverträge die drei Fälle dann so scharf auseinander halten. Viel einfacher ist die Formel des französischbelgischen Vertrages (9), die sich nahezu wörtlich im belgischniederländischen (8), französisch-italienischen (32), italienischschweizerischen Vertrag (10) und im französisch-schweizerischen Zusatzvertrag (2bis) wiederfindet. ,,Les mesures provisoires ou conservatoires organisées par les législations française et belge peuvent, en cas d'urgence, être requises des autorités de chacun des deux pays, quel que soit le juge compétent pour connaître du fond". Nur darf man nicht übersehen, daß das Anwendungsgebiet dieses Satzes, außer in den beiden italienischen Verträgen, begrenzter ist als das der tschechoslowakischen Bestimmungen. Denn der Satz steht im französisch-schweizerischen und in den beiden belgischen Verträgen jeweils im ersten Abschnitt, der im wesentlichen der Gerichtsbarkeit über die beiderseitigen, Staatsangehörigen gewidmet ist. Er gilt also hier jedenfalls nicht für reine Ausländerprozesse. § 18. Fortsetzung. Die Jurisdiktionsfrage

Erste Voraussetzung für die Anerkennung eines Ersturteils im Zweitstaat ist, daß dem Erstgericht die Jurisdiktion über den Streitfall zustand, daß dem Erstgericht, wie sich die Verträge vielfach ausdrücken, nicht die Kompetenz, nicht die Zuständigkeit gefehlt hat. Dabei ist immer nur an die r ä u m l i c h e , nie an die s a c h l i c h e Zuständigkeit gedacht. Ob z. B. in Deutschland das Amtsgericht zuständig war, und nicht vielmehr das Landgericht, oder das Landgericht, und nicht vielmehr das Arbeitsgericht, hat der italienische Zweitrichter nicht zu prüfen. Eine Grenze gibt es allerdings auch hier: die absolute Nichtigkeit des Urteils, seine Unbeachtlichkeit auch innerhalb Deutschlands wegen ganz grober Machtüberschreitung, wenn etwa ein Arbeitsgericht auf den Gedanken gekommen sein sollte, über das Vorhandensein eines dinglichen Rechts an einem Grundstück zu entscheiden. Doch steht dieser Fall auf einem andern Blatte. Voraussetzung für die Anerkennung eines Ersturteils ist ja auch, daß es im Erststaat die Autorität der rechtskräftig entschiedenen Sache hat, und diese Autorität fehlt einem wegen ganz grober Machtüberschreitung schon im Erststaat unbeachtlichen Ersturteil. Daß aber mit der vom Zweitgericht zu prüfenden „Kompetenz", „Zuständigkeit", nur die räumliche Zuständigkeit gemeint sein kann, ist so selbst-

I.

Theoretische

Grundlagen

217

verständlich, daß nur ein einziger Vertrag, der belgisch-niederländische, ausdrücklich von „compétence territoriale" spricht (Titel I). Allerdings weist die Verbindung der Ausdrücke „compétence" und „jurisdiction", etwa im englisch-belgischen Vertrag (3 I a) oder im Haager Entwurf ( 1 1 1), ebenfalls unzweideutig auf die räumliche Zuständigkeit. Wir haben die geltenden Staatsverträge nach der in ihnen geregelten Jurisdiktionsfrage systematisch geordnet und in dieser Folge auch eingehend besprochen 1 . Man erwarte daher keine Wiederholung von Einzelheiten. Hier ist vielmehr der Ort für eine kritische Gesamtwürdigung, die aber einer gewissen theoretischen Grundlage bedarf. I. T h e o r e t i s c h e

Grundlagen

1. E i n t e i l u n g der G e r i c h t s s t ä n d e in i n t e r n a t i o n a l b e achtliche, international unerwünschte und völkerrechtswidrige Gerichtsstände. Ein Staat ist bei s t a a t s r e c h t l i c h e r B e t r a c h t u n g im allgemeinen frei bei der Bestimmung dessen, was er durch Gesetz der Jurisdiktion seiner Zivilgerichte unterwerfen will. Neben seinen eigenen Staatsangehörigen kann er Ausländer vor seine Gerichte ziehen, ohne Rücksicht auf Wohnsitz und sonstige räumliche Beziehungen, ja sogar auswärtige Staaten und die Kommandanten ausländischer Kriegsschiffe, obgleich er sich in diesen und ähnlichen Fällen schon aus Rücksicht der Klugheit Beschränkungen auferlegen wird. Hat einmal das Staatsgesetz gesprochen, so ist der Richter daran gebunden, es sei denn, daß eine Verfassungsbestimmung verletzt ist und der Richter die Gesetze seines Staates auf Verfassungsmäßigkeit prüfen darf 2 ; und selbst diese Prüfungsbefugnis fehlt, wenn der Staat das Jurisdiktionsgesetz in der Form einer Verfassungsänderung erlassen hat. Mit der genannten Einschränkung ist also für den eigenen Richter die Jurisdiktionsgewalt des Staates unbeschränkt. Alle vom Staate angeordneten Gerichtsstände sind für den eigenen Richter in gleichem Maße gültig: er wird sie alle anerkennen, weil er alle Gesetze seines Staates befolgen muß. Nicht so bei i n t e r n a t i o n a l e r B e t r a c h t u n g . Ein fremder Staat braucht sich nicht alle vom genannten Staate in seiner Gesetzgebung vorgesehenen Gerichtsstände gefallen zu lassen. Oben S. 78 ff. V g l . W . J E L L I N Z K , Kritische Betrachtungen zur Völkerrechtsklausel in den deutschen Verfassungsurkunden, Festgabe für E R I C H K A U F M A N N (1950) 181 ff. 1

2

218

§ i8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

Gegen diesen oder jenen kann er Verwahrung einlegen, weil der Gerichtsstand dem V ö l k e r r e c h t widerspricht, und das für die Entscheidung der Frage angerufene völkerrechtliche Schiedsgericht oder der Internationale Gerichtshof im Haag würde diesen Widerspruch feststellen. Der Gerichtsstand kann gegen einen v ö l k e r r e c h t l i c h e n V e r t r a g verstoßen, etwa wenn Frankreich das forum actoris des Art. 14 Code Napoléon auf belgische oder italienische Beklagte anwenden wollte, trotz der entgegenstehenden Zusicherungen im französisch-belgischen (1) und im französischitalienischen Vertrage (30), oder wenn ein belgisches Gericht die in einem belgisch-griechischen Staatsvertrage dem griechischen Konsul vorbehaltene Jurisdiktion für Streitigkeiten griechischer Schiffsleute für sich beanspruchte 1 . Der Gerichtsstand kann aber auch das u n g e s c h r i e b e n e V ö l k e r r e c h t verletzen, so, wenn er Personen vor den Richter zwingen will, denen das Recht der Exterritorialität zusteht, ein Fall, den die Verträge Großbritanniens mit Frankreich (3 I c 3) und mit Belgien (3 I d) ausdrücklich vorsehen. Auch abgesehen von diesem klassischen Falle gibt es ungeschriebene völkerrechtliche Grenzen für die Festsetzung von Gerichtsständen. Wenn sich nicht ein Minimum von beachtlicher Beziehung zwischen dem Gerichtsstand und der Streitsache nachweisen läßt, ist seine Festsetzung völkerrechtswidrig 2 , etwa, wenn beide Parteien Ausländer sind, sich nie auf dem Staatsgebiet aufgehalten haben, nichts besitzen oder besessen haben, was sich innerhalb des Staatsgebietes befindet, auch nichts getan oder unterlassen haben, was die Interessen des Staates berührt oder zu ihm in räumlicher Beziehung steht. Allerdings darf man hierbei nicht zuviel an Beziehung verlangen. Das forum actoris, sofern nur der Kläger Angehöriger des Gerichtsstaates ist, mag für die Ausländer wenig beliebt sein, ebenso mag es dem auswärtigen Staate erstaunlich vorkommen, wenn über das Eigentum an einem in seinem Gebiete gelegenen Grundstück Gerichte des andern Staates deshalb glauben entscheiden zu dürfen, weil beide Parteien Angehörige dieses andern Staates sind. Trotzdem sind dies noch keine Fälle von Völkerrechtswidrigkeit 3 . Aber ebenso sicher gibt es hier eine ungeschriebene, völkerrechtliche Grenze im Sinne der

1 Cour de prud'hommes d'Anvers 15. Juli 1932, Institut beige de droit comparé 21 (1935) 77. 2 Vgl. J. B A S D E V A N T , Règles générales du droit de la paix, Recueil des Cours 58 (1936) 568—570: L a répartition des compétences. 3 And. Ans. für das letzte Beispiel L. V A N P R A A G , Juridiction et droit international public (Haag 1915) i i 3 f f . Dagegen REU, Die staatliche Zuständigkeit im internationalen Privatrecht (1938) 55f.

I. Theoretische

Grundlagen

219

„principes généraux de droit reconnus par les nations civilisées" des Statuts des Internationalen Gerichtshofes im Haag (38 1 c). Es ist ähnlich wie mit der Regelung der Staatsangehörigkeit. Auch hier haben die Staaten weitgehend freie Hand, doch auch hier gibt es eine völkerrechtliche Grenze, die sie nicht überschreiten dürfen1. Aber auch die nun noch verbleibenden völkerrechtsgemäßen Gerichtsstände sind vom internationalen Standpunkte aus nicht gleichwertig. Die Gerichtsstände sind, bildlich gesprochen, nicht, wie man gemeinhin annimmt, entweder schwarz oder weiß, sondern es gibt auch ein mittleres Gebiet von grauer Farbe, das sogar für die vorliegende Untersuchung weit wichtiger ist als das, nur selten vorkommende, „schwarze" Gebiet der Völkerrechtswidrigkeiten. Ein Staat kann nämlich Gerichtsstände festsetzen im Bewußtsein, innerhalb des Völkerrechts zu bleiben, aber ohne zu erwarten, daß ein anderer Staat die in diesen Gerichtsständen erzielten Urteile irgendwie durch Anerkennung oder Vollstreckungshilfe begünstigen werde, und er kann bei Prüfung der von anderen Staaten eingeführten Gerichtsstände auch solche, die durchaus im Rahmen des Völkerrechts bleiben, als für ihn unbeachtlich bezeichnen. Darunter können auch Gerichtsstände sein, die er selbst im eigenen Lande eingeführt hat, ohne daß er sich dem Vorwurfe auszusetzen braucht, er messe das Völkerrecht nach zweierlei Maß, je nachdem e r sich darauf berufe oder ein anderer Staat. Denn diese wichtige Unterscheidung zwischen international beachtlichen und international unerwünschten Gerichtsständen hat mit dem Völkerrecht nichts mehr zu tun, so gern man sich zur Anprangerung der letzten auf das Völkerrecht berufen möchte2. Vielmehr gibt es eben zwischen den i n t e r n a t i o n a l b e a c h t l i c h e n und den v ö l k e r r e c h t s w i d r i g e n Gerichtsständen noch das mittlere Gebiet der i n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e n Gerichtsstände, jener Gerichtsstände, denen man in der Rechtsprechung und im Schrifttum unter der Bezeichnung „exorbitant", „exzessiv" u. dgl. begegnet3, die aber nicht immer eine solch geringschätzige Bezeichnung verdienen, da an der Unerwünschtheit auch die geringe Toleranz des andern Staates schuld sein kann. Eine ganz saubere Systematik müßte zunächst zweiteilen : international beachtliche — international un1 Vgl. PILOTY, Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 5 (1924) 11. Neuestens HANSJÖRG JELLINEK, Der automatische Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit (1951) 123, 2 4 i f f . 2 Vgl. z. B. KOSTERS, Int. L a w Ass. ,Rep. of the Executive Council for 1913/14 and 19134/15 S. 16. Vgl. z. B. Cour de Bastia 13. Mai 1913, Journ. 41 (1914) 935ff.

220

§ i8.

Forlsetzung.

Die

Jurisdiktionsfrage

beachtliche Gerichtstände, und die letzten wieder unterteilen: international unerwünschte — völkerrechtswidrige Gerichtsstände. Gerichtsstände international beachtliche

international unbeachtliche

international unerwünschte

völkerrechtswidrige

Doch soll auf diese logische Feinheit kein Gewicht gelegt werden, zumal noch eine andere Haupt einteilung möglich wäre: völkerrechtsgemäße — völkerrechtswidrige Gerichtsstände, die ersten untergeteilt in international beachtliche und international unerwünschte. Das Wesentliche ist das Wissen um die drei Gruppen und die Erkenntnis, daß es eine mittlere Grupppe von Gerichtsständen gibt, die weder international beachtlich noch völkerrechtswidrig, sondern nur international unerwünscht sind. Es schadet nichts, wenn man sich die drei Gruppen von Gerichtsständen zunächst ganz abstrakt klar macht. Man nehme daher an, es gebe so viele denkbare Gerichtsstände als Buchstaben im Alphabet und bezeichnet nach diesen Buchstaben mit a, b . . . z. Ein Staat, der Klarheit in seine internationalen Beziehungen bringen will, wird zunächst prüfen, welche von diesen Gerichtsständen völkerrechtswidrig sind, und sie, als für ihn weder als Erststaat noch als Zweitstaat in Betracht kommend, ausscheiden; es seien dies die Gerichtsstände w—z. Von den übrigen Gerichtsständen wird er einen Teil für international beachtlich, einen Teil für international unerwünscht erklären. International beachtlich seien nach dieser Bestimmung die Gerichtsstände a — p , international unerwünscht die Gerichtsstände q —v. Diese Bestimmung hat an sich nur Geltung für ihn selbst, doch liegt darin zugleich die Erwartung, daß auch andere Staaten die Grenze zwischen international Beachtlichem und Unerwünschtem ähnlich ziehen wie er, und er kann sogar einen gewissen Druck auf andere Staaten etwa dadurch ausüben, daß er die Gegenseitigkeit in einem andern Staate nur dann als verbürgt ansehen wird, wenn dessen Liste der international beachtlichen Gerichtsstände ungefähr der seinigen entspricht. Nach dieser zunächst nur theoretischen Ordnung der möglichen Gerichtsstände in die Gruppen der international beachtlichen (a—p), der international unerwünschten (q—v) und der Völker-

I.

Theoretische

Grundlagen

221

rechtswidrigen Gerichtsstände (w—z) trifft der Staat durch Gesetz die Auswahl für seine eigenen Gerichte. Die Wahl wird ihm erspart bei der dritten Gruppe, da er nicht gewillt ist, das Völkerrecht zu verletzen; die Gerichtsstände w—z kommen also nicht in Betracht. Dagegen muß er bei den zwei anderen Gruppen wählen. Weder ist gesagt, daß er alle international beachtlichen Gerichtsstände (a—p) zum geltenden Rechte erheben, noch, daß er sich der international unerwünschten Gerichtsstände (q—v) gänzlich enthalten wird. Allerdings kann es Staaten geben, die die Behauptung, sie hätten einen international unerwünschten Gerichtsstand zum Gesetze erhoben, von sich weisen. Auch sie werden sich nicht hindern lassen, den einen oder den andern Gerichtsstand der Gruppe q—v in ihr Prozeßsystem einzufügen, aber sie werden behaupten, er gehöre zu den international beachtlichen Gerichtsständen. Dann müssen sie aber folgerichtig sein und den gleichen Gerichtsstand auch dann als international beachtlich anerkennen, wenn er in einer ausländischen Gesetzgebung vorkommt 1 . 2. F ä l l e i n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e r

Gerichtsstände

Unser Staat macht aber die genannte Unterscheidung und trifft nun die ihm richtig erscheinende Auswahl. E r braucht weder alle international beachtlichen Gerichtsstände (a—p) zum geltenden Recht zu erheben noch alle international unerwünschten Gerichtsstände (q—v) zu meiden. Nur muß er sich klar sein, daß er bei einem international unerwünschten Gerichtsstand keine Anerkennung von Seiten eines ausländischen Staates erwarten kann. Wenn er in diesem Punkte sehr vorsichtig sein will, kann er die Anwendung einer international unerwünschten Bestimmung von der Bedingung abhängig machen, daß auch der in Frage stehende auswärtige Staat einen solchen unerwünschten Gerichtsstand durch seine Gesetzgebung eingeführt hat. So enthielt die italienische ZPO von 1865 die Bestimmung, ein Ausländer, der sich nicht in Italien aufhalte, könne in Italien am Ort der belegenen Sache, der Vertragserfüllung, unter gewissen Voraussetzungen auch an anderen Orten belangt werden und darüber hinaus ,,in allen anderen Fällen, in denen dies im Wege der Vergeltung, per reciprocità, geschehen könne" (105, 3) 2 . Italien kennt z. B. nicht das n a t i o n a l i s t i s c h e f o r u m a c t o r i s in der äußersten Form des französischen Rechts, 1 So die deutsche Auffassung. Mit um sie zu bekämpfen, hat R . NEUNER seine bedeutsame Abhandlung über „internationale Zuständigkeit" (1929) geschrieben; vgl. S. 4 7 f f . F ü r diese Regelung WILH. PAPPENHEIM, Journ. 59 (1932) 1070, Note. 2 Vgl. jetzt, ähnlich, Codice di procedura civile von 1940 (Art. 4, 4).

222

§ i8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

nach dem ein Franzose nur, weil er Franzose ist, jeden Ausländer vor einem französischen Gericht verklagen kann. Aber im Wege der Vergeltung gilt dies forum auch in Italien allen Angehörigen solcher Staaten gegenüber, die es Italienern gegenüber anwenden. Da dies vor Abschluß des neuen französisch-italienischen Staatsvertrages von 1930 Frankreich tat, galt auch in Italien für die Franzosen eine dem Art. 14 Code Napoléon entsprechende Bestimmung. Aber weder die italienischen noch die französischen Gerichte erkannten bei italienischen oder französischen Beklagten dies nationalistische forum actoris an, obwohl sie es selbst anwandten, weil eben dies forum zu den international unerwünschten Gerichtsständen gehört1. Außer dem nationalistischen forum actoris kommt als international unerwünschter Gerichtsstand der G e r i c h t s s t a n d des Vermögens 2 vor, wie ihn die österreichische Jurisdiktionsnorm (§ 99), die deutsche (§23), die jugoslawische (§ 97) und andere Zivilprozeßordnungen eingeführt haben. „Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, welche im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet", heißt es z. B. in der deutschen ZPO. Die internationale Unerwünschtheit dieses Gerichtsstandes zeigt sich z. B. darin, daß das Deutsche Reich und Österreich im Vertrage vom 21. Juni 1923 ihn von der Anerkennung ausschlössen (25 I I I 3), obgleich, wie gezeigt, beide Gesetzgebungen ihn kennen. Einen weiteren international unerwünschten Gerichtsstand förderte eine Entscheidung des römischen Kassationshofes vom 27. Juli 1931 zutage8, der seine Zuständigkeit bejahte, als zwei Italiener über ein in Argentinien gelegenes Grundstück prozessierten. Wohl jeder Staat behält sich die ausschließliche Jurisdiktion für Streitigkeiten über Grundstücke vor, die in seinem Gebiete liegen, und muß demgemäß einem für seine Grundstücke außer Landes beanspruchten persönlichen G e r i c h t s s t a n d die Anerkennung versagen4. 1 D O N . A S T U N I , Se possa concedersi l'exequatur alle sentence francesi emanate in forza dell'art. 14 cod. Napol. (1901). — Cass. Rom 6. Febr. 1926, Riv. 18 (1926) 266ff. — Cour de Paris 27. Febr. 1930, Rev. 25 (1930) 288 f. 2 Vgl. G. R A M M O S , Der Gerichtsstand des Vermögens und das Ausländerforum nach vergleichendem Recht (Athen 1930). 3 Riv. 24 (1932) 234ff. * Vgl. anonyme Note zu App. Mailand 6. März 1 9 3 1 , Journ. 59 (1932) 2 i 8 f . ; H . K L U S S M A N N N , Inländische Gerichtsbarkeit in bezug auf ausländische Grundstücke, Hamburger Diss. (1929).

I.

Theoretische

Grundlagen

223

Diese Beispiele international unerwünschter Gerichtsstände lassen sich vermehren, obgleich der soeben genannte Gerichtsstand, dann der Gerichtsstand des Vermögens und das nationalistische forum actoris die wichtigsten Gerichtsstände dieser Art sind. Es genüge noch der Hinweis auf den G e r i c h t s s t a n d der s t i l l s c h w e i g e n d e n P r o r o g a t i o n , den der österreichische Oberste Gerichtshof nicht als international beachtlich anerkennen wollte, obgleich die österreichische Jurisdiktionsnorm (§ 104 III) ihn für das inländische Verfahren vorsieht1, dann auf den ö s t e r r e i c h i schen F a k t u r e n g e r i c h t s s t a n d , den der deutsch-österreichische Vertrag von 1923 (25 III 3) und der österreichisch-bulgarische Zusatzvertrag von 1922, durch Streichung des Schlußprotokolls von 1911, von der Anerkennung ausgeschlossen haben. Aber selbst diese bekannteren unerwünschten Gerichtsstände brauchen nicht schlechthin international unerwünscht zu sein. Der soeben erwähnte Fakturengerichtsstand z. B. wurde noch weiter anerkannt zwischen Ungarn und Bulgarien, da für diese beiden Staaten der Vertrag zwischen Österreich-Ungarn und Bulgarien von 1911 noch in seiner alten Fassung, einschließlich des Schlußprotokolls, Geltung behielt. 3. I n t e r n a t i o n a l b e a c h t l i c h e , in der eigenen G e s e t z gebung fehlende Gerichtsstände. Kehren wir wieder zu unserem Staate zurück. Er wird sich genau überlegen, ob und gegebenenfalls welche international unerwünschten Gerichtsstände (q—v) er in seine Prozeßordnung einfügen soll. Leichter wird ihm die Wahl der international beachtlichen Gerichtsstände sein. Aber auch hier muß er wählen und braucht nicht einfach zuzugreifen. Allerdings könnte er alle international beachtlichen Gerichtsstände (a—p) zu geltendem Rechte erheben, aber er braucht es nicht zu tun, kann z. B. den Wohnsitzgerichtsstand des Beklagten nehmen, den Aufenthaltsgerichtsstand weglassen, den der Widerklage festlegen, den des Zusammenhangs für sein eigenes Rechtssystem ablehnen. Er wird also vielleicht nur die Gerichtsstände a—1 auswählen, nicht aber die Gerichtsstände m—p, ohne damit aussprechen zu wollen, diese letzten Gerichtsstände seien i n t e r n a t i o n a l unerwünscht. N a t i o n a l unerwünscht mögen sie sein, sonst würde der Staat sie seiner nationalen Gesetzgebung einreihen, aber damit hat er sie noch nicht aus der Liste der international beachtlichen Gerichtsstände gestrichen. Er wird sie daher anerkennen, wenn sie in einer ausländischen Gesetzgebung vorkommen. 1 Vgl. die zum ital.-österr. Vertrage ergangene Entsch. v. 5. Jan. 1932, Journ. 5g (1932) 1068 ff.

224

§ i8. Fortsetzung.

Die

Jurisdiktionsfrage

Die endgültige eigene Gerichtsstandsliste unseres Staates wird also vielleicht die Gerichtsstände a—1 aus der Zahl der international beachtlichen und den Gerichtsstand q aus der Zahl der international unerwünschten Gerichtsstände enthalten, nie aber, oder höchstens aus Versehen, einen Gerichtsstand der völkerrechtswidrigen Gruppe w—z. Bei a—1 erwartet unser Staat Anerkennung durch andere Staaten, widrigenfalls er das Vorhandensein von Gegenseitigkeit bestreiten oder sich Vergeltungsmaßnahmen vorbehalten wird, bei Gerichtsstand q erwartet er eine solche Anerkennung nicht. Von auswärtigen Gerichtsständen erkennt er die Gerichtsstände a — p an, also, was besonders hervorzuheben ist, nicht nur die von ihm selbst gewählten Gerichtsstände a—1, sondern auch die von ihm für seine eigene Gesetzgebung abgelehnten Gerichtsstände m—p. Er erkennt nicht an die völkerrechtswidrigen Gerichtsstände w — z und die international unerwünschten q — v , also, was wiederum hervorzuheben ist, auch q nicht, obgleich dieser Gerichtsstand in seiner eigenen Prozeßordnung vorkommt. A m meisten Schwierigkeiten werden die Gerichtsstände m — p machen, die in der Gesetzgebung unsres Staates nicht verwirklicht sind, die er trotzdem anerkennen wird, wenn sie in einer fremden Gesetzgebung begegnen. Zwar hat unser — idealer — Staat alle Möglichkeiten restlos überdacht und durch die lückenlose Einordnung der denkbaren Gerichtsstände in drei Gruppen die Entscheidung der Anerkennungsfrage sehr leicht gemacht. Aber wo finden wir in der Wirklichkeit einen Staat mit einem solch allwissenden Gesetzgeber, der nach prätorischer Art erklärt: „Die Gerichtsstände a — p werde ich als international beachtlich anerkennen, gleichgültig, ob sie auch in der Prozeßordnung meines Staates vorkommen"! Vielmehr bedarf es in der Welt der Wirklichkeit oft mühseliger Erwägungen, um festzustellen, ob ein im eigenen Prozeßrecht nicht vorkommender Gerichtsstand als international beachtlich anerkannt werden muß. Dies zeigte sich deutlich in den Verhandlungen der 5. Haager Konferenz 1 . In der Sitzung vom 29. Oktober 1925 bat der Vorsitzende, der schweizerische Bundesrichter M E R Z , den niederländischen Delegierten K O S T E R S um eine Erläuterung des Art. 1 des von der Redaktionskommission vorgeschlagenen Entwurfs. Zur Jurisdiktionsformel — „que, pour le litige en question, les règles de compétence judiciaire internationales, admises par la législation de l'Etat dans lequel la décision est invoquée, n'excluent pas la juridiction de l'autre E t a t " — brachte hierauf K O S T E R S folgendes Beispiel: In Österreich ergehe 1

A c t e s 157 f.

I.

Theoretische

Grundlagen

225

im forum delicti ein Urteil gegen einen in Österreich wohnenden Österreicher, das in den Niederlanden vollstreckt werden solle, wo man das forum delicti nicht kenne; da die Niederlande keinerlei Beziehung zu diesem Streit verbinde, liege kein Grund vor, die Vollstreckung in den Niederlanden zu verweigern. Das Beispiel ist klar, aber nicht ganz glücklich gewählt, da die Niederlande das forum domicilii anerkennen und ihre Gesetzgebung schon aus diesem Grunde die Jurisdiktion Österreichs nicht ausschließt. Aber auch die R e c h t s p r e c h u n g liefert nur wenige gute Beispiele. Immerhin erging am 17. Juni 1904 eine Entscheidung der Ungarischen Kurie zur hier behandelten Frage1. Ein italienisches Urteil war im Gerichtsstand des Vertragsabschlusses ergangen und sollte in Fiume vollstreckt werden, dessen Prozeßrecht diesen Gerichtsstand nicht kannte und bei ausländischen Urteilen verlangte, daß das Urteilsgericht „nach allgemeinen Grundsätzen" zuständig war. Trotz Fehlens des genannten Gerichtsstandes im Fiumer Recht wurde die Zuständigkeit des italienischen Gerichts bejaht. Ein anderes Beispiel bringt die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts in dessen Entscheidimg vom 16. Juli 1936®. Die österreichische und die deutsche Gesetzgebung erkennen, wie gezeigt, den Gerichtsstand des Vermögens an. Im österreichischen Gerichtsstand des Vermögens wurde der in Deutschland wohnende Beklagte verurteilt. Später zog dieser in die Schweiz. Einer Vollstreckung des österreichischen Urteils in der Schweiz nach Maßgabe des dem Haager Entwurf nachgebildeten schweizerischösterreichischen Vertrags stand nach Ansicht des Bundesgerichts nichts im Wege. Allerdings legte das Gericht hier das Hauptgewicht darauf, daß sich der Beklagte nicht auf die Garantie des Gerichtsstandes des Wohnsitzes im Art. 59 der Bundesverfassung berufen könne, da er bei Erlaß des österreichischen Urteils noch nicht in der Schweiz wohnte. Man muß aber dabei bedenken, daß das Bundesgericht auf den sog. staatsrechtlichen Rekurs hin überhaupt nur über Verfassungsverletzungen entscheiden kann3. Eine dritte Entscheidung verdankt man, soweit es sich nach den veröffentlichten Auszügen beurteilen läßt, der jugoslawischen Rechtsprechung zum tschechoslowakisch-jugoslawischen Vertrage, nach dessen Bestimmungen das Zweitgericht die Zuständigkeit des Erstgerichts anzuerkennen hat, wenn die Sache im Erststaat nach den im Zweitstaat über die Zuständigkeit geltenden Vor-

15

1

Z I n t R . 16 (1906) 6g ff.

3

V g l . FLEINER-GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht (1949) 881 ff.

s

B G E 62 (1936 I) 85 ff.

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I .

226

§ i8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

Schriften bei Gericht anhängig gemacht werden konnte. Zunächst wollte der Kassationshof von Agram (Zagreb) den Gerichtsstand des Handelsbuches nach § 32 der von der Tschechoslowakei übernommenen ungarischen ZPO von 1911 nicht anerkennen, weil es an einer entsprechenden Bestimmung im kroatischen Rechte fehle. In einer späteren, von der Vollversammlung des Gerichts beschlossenen Entscheidung änderte jedoch der Gerichtshof seine Ansicht und erkannte das forum des Ortes, an dem der Kläger sein Handelsbuch geführt hatte, an, da es genüge, wenn die Zuständigkeit des Erstgerichts „in genere" von der Zweitgesetzgebung anerkannt werde und dies schon dann der Fall sei, wenn, wie in Kroatien, der Zweitgesetzgebung die Zuständigkeit der Handelsgerichte in Handelssachen bekannt sei 1 . 4. P o s i t i v e u n d n e g a t i v e B e z e i c h n u n g der international beachtlichen Gerichtsstände. Im Schulfalle nahmen wir bisher an, unser Staat überblicke den ganzen Bereich der möglichen Gerichtsstände, sondere die Gerichtsstände w — z als völkerrechtswidrig aus und erkläre die Gerichtsstände a — p für international beachtlich, die Gerichtsstände q — v für international unerwünscht. Wie aber schon die wenigen Beispiele der Rechtsprechung gezeigt haben, verfügt der Staat keineswegs immer über einen solch klaren Uberblick. Es ist daher noch zu prüfen, in welchen Formen er die für die internationale Anerkennung von Urteilen so wichtige Scheidung der Gerichtsstände in international beachtliche und international unbeachtliche vornehmen kann. Dabei können wir die vom Willen des Staates unabhängigen völkerrechtswidrigen Gerichtsstände w — z vernachlässigen. a) Der Staat könnte sich darauf beschränken, die international beachtlichen Gerichtsstände p o s i t i v zu bestimmen und die international unerwünschten Gerichtsstände mit Stillschweigen zu übergehen. Dieser Gedanke liegt als Idee der schon im Vertrage zwischen Österreich-Ungarn und Bulgarien von 1911 gebrauchten ö s t e r r e i c h i s c h e n J u r i s d i k t i o n s f o r m e l zugrunde. „Die Zuständigkeit des Gerichtes, das in der Sache erkannt hat, gilt . . . für begründet, wenn die Rechtssache nach den Gesetzen des ersuchten Staates bei einem Gerichte des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte" (15 I). Der Satz setzt voraus, daß es so etwas wie eine Liste vom Zweitstaat anerkannter Zuständigkeiten erststaatlicher Gerichte gibt, an der man unmittelbar 1 Cass. A g r a m (Zagreb) 24. Sept. 1926 u. 17. Okt. 1939 (1936?), Annales de l'association y o u g o s l a v e de droit international 1 (1931) 286 u. 3 (1937) 250.

I. Theoretische

Grundlagen

227

ablesen kann, ob der Rechtsstreit nach der Willensmeinung des Zweitstaates vor ein Gericht des Erststaates gebracht werden konnte. Da eine solche Liste im autonomen Landesrecht meistens fehlen wird, muß sie durch Auslegung der Prozeßgesetze gewonnen werden. Liegt sie aber einmal vor, wie bei den Staatsverträgen, die mit der Festlegung bestimmter, einzeln aufgeführter Gerichtsstände die Jurisdiktionsfrage abschließend regeln wollen, dann gehören alle in ihr nicht aufgenommenen Gerichtsstände zu den international unerwünschten Gerichtsständen. b) Der Staat könnte aber auch bei diesem andern Ende anfangen und nur eine Liste der i n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e n Ger i c h t s s t ä n d e aufstellen oder anordnen, daß sie durch Auslegung gewonnen werde. Dann würden alle übrigen Gerichtsstände, abgesehen von der Gruppe der völkerrechtswidrigen, als international beachtlich anzusehen sein. Dies ist die Idee der H a a g e r J u r i s d i k t i o n s f o r m e l , nach der es für die Bejahung der Jurisdiktion des Erststaates schon genügt, daß die im Zweitstaat maßgebenden Regeln über internationale Kompetenz jene Jurisdiktion nicht ausschließen. Damit hat man im Haag nicht nur die ausschließlichen Gerichtsstände der einzelnen Staaten treffen wollen, obwohl zunächst ein dahingehender Antrag BASDEVANT eine knappe Mehrheit gefunden hatte 1 . Schließlich einigte man sich doch auf die von K I N O N und K O S T E R S angeregte, durchaus abweichende Formel, obwohl der Vorsitzende aus Rücksicht auf den in der früheren Abstimmung siegreichen Professor BASDEVANT liebenswürdigerweise behauptete, sie entspreche ungefähr, „à peu près", dem Vorschlage BASDEVANT 2 . Die Formel K I N O N - K O S T E R S bezweckte aber gerade, die Ausschließung bestimmter Gerichtsstände nicht auf die Fälle ausschließlicher eigener oder drittstaatlicher Gerichtsstände zu beschränken. Für den, der alle denkbaren Gerichtsstände vollständig übersieht, besteht kein praktischer Unterschied zwischen der österreichischen und der Haager Jurisdiktionsformel. Erklärt man mit Rücksicht auf die österreichische Formel die Gerichtsstände a—p für beachtlich, so ist damit ohne weiteres die Unerwünschtheit der Gerichtsstände q—v gegeben. Und erklärt man wegen der Haager Formel die Gerichtsstände q—v für unerwünscht und daher ausgeschlossen, so besteht kein Zweifel an der Beachtlichkeit der Gerichtsstände a—p. Trotzdem ist ein Unterschied da im Falle eines Übersehens. Der übersehene Gerichtsstand, etwa p, wird im ersten Falle zu den unerwünschten gerechnet, der im zweiten Falle über1

16*

Actes 118.

* Actes 118, 145.

228

§ i8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

sehene Gerichtsstand dagegen, etwa q, zu den international beachtlichen. Das war ja gerade der Zweck der Haager Formulierung, eine V e r m u t u n g f ü r die B e a c h t l i c h k e i t eines Gerichtsstandes zu begründen, während bei der österreichischen Formulierung eine Vermutung in der entgegengesetzten Richtung besteht. 5. B e s t i m m u n g der i n t e r n a t i o n a l b e a c h t l i c h e n oder der i n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e n G e r i c h t s s t ä n d e durch Verweisung. Diese beiden Möglichkeiten einer prozessualen Kollisionsnorm: Hervorhebung des Beachtlichen und Hervorhebung des Unbeachtlichen, weil Unerwünschten, werden noch weiterhin begegnen. Denn noch sind wir nicht am Ende der theoretischen Ausführungen. Bisher gingen wir nämlich von der Annahme aus, daß der Staat bei der Scheidung des international Beachtlichen vom international Unerwünschten eine selbständige, von anderen Bestimmungen unabhängige Regelung trifft. Der Staat kann es sich aber auch bequemer machen, indem er einfach auf eine bereits bestehende Regelung verweist. Dieser Regelung durch Verweisung sei jetzt unsere Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei sind drei Möglichkeiten gegeben: Verweisung auf die eigene Gesetzgebung, Verweisung auf eine fremde Gesetzgebung, Verweisung auf eine überstaatliche Regelung. a) Der Staat verweist wegen der international beachtlichen Gerichtsstände auf die eigene G e s e t z g e b u n g , wenn er den Gerichtsständen seiner eigenen Prozeßordnung zugleich samt und sonders die Eigenschaft internationaler Beachtlichkeit beilegt. Dies geschieht einmal bei der l e g i s l a t i v e n F i k t i o n der ident i s c h e n Norm. Der Staat fingiert bei der Prüfung ausländischer Urteile die Geltung der eigenen Prozeßordnung im ausländischen Staat und verlangt für die Anerkennung des ausländischen Urteils, daß es von einem hiernach zuständigen Gericht erlassen ist. Damit sehr nahe verwandt und meist zu den gleichen Ergebnissen führend ist die t e r r i t o r i a l e F i k t i o n der i d e n t i s c h e n N o r m , bei der die Einheit der beiden Staatsgebiete, beherrscht von der gleichen Prozeßordnung, angenommen wird. Der Unterschied beider Fiktionen zeigt sich z. B. beim Gerichtsstand des Vermögens in der Ausprägung der deutschen ZPO. Nach § 23 ZPO ist dieser Gerichtsstand gegeben für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die in Deutschland keinen Wohnsitz hat. In Jugoslawien gilt eine entsprechende Bestimmung. Angenommen, ein in Deutschland Wohnender werde in Jugoslawien beim Gericht des Vermögens belangt und verurteilt, so wird ein deutsches Ge-

I. Theoretische Grundlagen

229

rieht das Urteil anerkennen, da „die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen . . . zuständig sind" (deutsche ZPO §328 I 1). Es liegt ein Fall legislativer Fiktion der identischen Norm vor. Zugleich läßt die Bestimmung den — hier zu vernachlässigenden — Unterschied zwischen k o n k r e t e r und a b s t r a k t e r Zuständigkeit erkennen, da nicht Zuständigkeit des konkreten Gerichts, sondern nur abstrakte Zuständigkeit der Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, verlangt wird. Im Falle einer territorialen Fiktion der identischen Norm müßte anders entschieden werden. Man müßte dann annehmen, daß das Deutsche Reich und Jugoslawien ein Rechtsgebiet wären und daß in diesem einen Rechtsgebiet die deutsche ZPO gälte. Dann aber hätte der Beklagte seinen Wohnsitz innerhalb dieses Rechtsgebietes und könnte daher nicht im Gerichtsstand des Vermögens verklagt werden. Diese territoriale Fiktion der identischen Norm leuchtet weniger ein als die bloß legislative Fiktion und ist daher nicht zu vermuten. Jedenfalls gilt für die deutsche ZPO die legislative Fiktion der identischen Norm 1 . Auf die gleiche kurze Formel läßt sich die heutige i t a l i e n i s c h e Rechtsprechung bringen, die eine Zeit lang andere Wege ging. Der italienische Codice di procedura civile von 1865 enthielt in den Art. 105—107 einige Vorschriften über die italienische Jurisdiktion gegenüber Fremden 2 . Bei der „österreichischen" Jurisdiktionsformel der Verträge Italiens mit Österreich und mit Jugoslawien von 1922 entstand nun die Frage, wie die Vorschrift der Verträge auszulegen sei, es sei zu verlangen, daß nach den im Zweitstaat geltenden Bestimmungen die Gerichte des Erststaates über den Streit entscheiden konnten. Und zwar war es immer der dem österreichischen und jugoslawischen, nicht aber dem italienischen Rechte geläufige Gerichtsstand des Vermögens, der eine Entscheidung nötig machte. Zunächst der Appellationshof Mailand und dann auch der Kassationshof Rom wandten die Fiktion der identischen Norm an. Man müsse prüfen, ob das österreichische oder das jugoslawische Gericht zur Entscheidung zuständig gewesen wäre, wenn in Österreich oder in Jugoslawien der italienische Cod. d. pr. civ. gegolten hätte. Dies Gesetzbuch kennt aber nur den Gerichtsstand der konkreten beweglichen Sache, um die ein dinglicher Streit geht, nicht aber den Gerichtsstand des Vermögens zur Geltendmachung irgend einer persönlichen Forderung. Folglich ist den im Gerichtsstand des Vermögens ergangenen Entscheidungen öster1

Reichsgericht 1 2 . Juni 1900, Gruchots Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts 45 (1901) H 2 3 f f . 1 Vgl. jetzt Codice di procedura civile 1940 (Art 4).

230

§ l8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

reichischer oder jugoslawischer Gerichte in Italien die Anerkennung zu versagen1. Auch die griechische Rechtsprechung befolgt den Grundsatz der identischen Norm2. Innerhalb der Staatsverträge kommt er für Fragen des Personenstandes, des Familien- und des Erbrechts im schweizerisch-schwedischen Vertrage vor (5 II). „La compétence du tribunal de l'Etat où la décision a été rendue sera reconnue en ces matières lorsque, dans des conditions analogues( la juridiction de l'Etat où elle est invoquée aurait été compétente.' Auch bei der Verweisung auf die eigene Gesetzgebung kann der Staat den andern Weg gehen und, statt die international beachtlichen Gerichtsstände mittels der Fiktion der identischen Norm zu umschreiben, die i n t e r n a t i o n a l unerwünschten Gerichtsstände durch einen Hinweis auf die eigene Prozeßordnung kennzeichnen. Er tut dies durch Hervorhebung bestimmter Gerichtsstände als ausschließlicher Gerichtsstände. So behält sich wohl jeder Staat die ausschließliche Gerichtsbarkeit über Eigentum und dingliche Rechte an den in seinem Gebiet gelegenen Grundstücken, über die Nichtigerklärung der von ihm verliehenen Patente, über gewisse Fragen des Personen-, Familien- und Erbrechts vor. Bekannt ist die schon öfters erwähnte Bestimmung der Schweizerischen Bundesverfassung (Art. 59), derzufolge ,,der aufrechtstehende Schuldner, welcher in der Schweiz einen festen Wohnsitz hat, für persönliche Ansprachen vor dem Richter seines Wohnortes gesucht" werden muß, ein von der Eidgenossenschaft auch in den Staatsverträgen mit großer Zähigkeit festgehaltener ausschließlicher Gerichtsstand. Bei gewissen Gegenständen des Rechts, namentlich solchen des Familienrechts, kann der Staat weiter gehen und erklären, daß er die Gerichtsbarkeit eines dritten S t a a t e s als ausschließlich anerkennen will, ein Fall, an den in den italienischen Verträgen mit der Schweiz (2 II), den Niederlanden (2 II) und dem Deutschen Reiche ( 1 1 ) gedacht ist. Die Ausschließlichkeit eines Gerichtsstandes bedeutet aber immer, daß alle mit dieser Ausschließlichkeit im Widerspruch stehenden Gerichtsstände international unerwünscht sind. Ein Staat mit geringen Erfahrungen im Abschluß von Vollstreckungsverträgen wird daher bei Regelung der Jurisdiktionsfrage zum mindesten seine eigenen 1 App. Mailand 27. Nov. 1 9 3 1 , Riv. 25 (1933) 264ff. u. Riv. ital. di dir. int. privato e proccessuale 1 (1931) 303ff., mit Anmerkung von V E R N A R E C C I D I F O S S O M B R O N E . — Cass. Rom 6. Juli 1 9 3 6 u. 4. Febr. 1938, Riv. 28 (1936) 448ff. u. 30 (1938) 161 ff. Irreführend die Wiedergabe der E . v. 6. Juli 1936 im Journ. 64 (1937) 6 i 3 f . — Vgl. schon früher P A L L I E R I , Riv. d. dir. processuale civile 6 (1929) soff. a App. Athen 1 9 3 3 Nr. 949 u. 1934 Nr. 1 3 8 1 , Journ. 61 (1934) i o 3 8 f . u. 62

(1935) 706 ii.

I. Theoretische

Grundlagen

231

ausschließlichen Gerichtsstände für unantastbar erklären. Auch bei Staatsverträgen zwischen nahe befreundeten Staaten, wie dem nicht mehr geltenden zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich von 1923 (25 II 1), der die Jurisdiktionsfrage sehr großzügig behandelt hat, behalten sich die Vertragschließenden zum mindesten ihre ausschließlichen Gerichtsstände vor, und fehlt auch dieser Vorbehalt, wie im Staatsvertrag zwischen Italien und San Marino, so bleibt immer noch als Ausweg die Klausel vom ordre public 1 , es sei denn, daß zwei Vertragsstaaten so unvorsichtig waren, dies Sicherheitsventil der Jurisdiktionsfrage zu verstopfen, wie im belgisch-niederländischen Vertrag (11 II) 2 . b) Statt auf die eigene Gesetzgebung kann der Staat auf die des E r s t s t a a t e s verweisen und erklären, daß er die vom Erststaat in seiner Prozeßordnung vorgesehenen Gerichtsstände als international beachtlich anerkennen wolle. Eine Ausnahme wird er auch hier für seine eigenen ausschließlichen Gerichtsstände machen. Der Fall hat Ähnlichkeit mit dem soeben besprochenen des bloßen Vorbehalts der ausschließlichen Gerichtsstände, unterscheidet sich aber doch wesentlich von ihm. Hier weist nämlich der Staat seine Gerichte an, die Beachtung der vom Erststaat erlassenen Gerichtsstandsbestimmungen nachzuprüfen, während diese Kontrolle beim bloßen Vorbehalt der ausschließlichen Gerichtsstände wegfällt. Die Nachprüfung ist streng, wenn der Staat die k o n k r e t e Zuständigkeit des Erstgerichts nach der Erstgesetzgebung verlangt, weniger streng, wenn er sich mit der a b s t r a k t e n Zuständigkeit eines Erstgerichtes begnügt, also nur verlangt, daß irgend ein Gericht des Erststaates, nicht gerade das Erstgericht, nach der Erstgesetzgebung zuständig war. Jede Nachprüfung verstößt allerdings scheinbar gegen den Grundsatz, daß es neben allen vorgesehenen Gerichtsständen noch den durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung bej ahten Gerichtsstand gibt, gleichgültig, ob die Entscheidung richtig war oder nicht, daß also dem Richter, um einen Ausdruck des Bundes Staatsrechts zu gebrauchen, eine „Kompetenz-Kompetenz" anvertraut ist, die ebenfalls anzuerkennen ist. Dies mag für den inneren Bereich des Prozeßrechts richtigsein, im internationalen Verkehr muß man aber einem Staate schon das Recht zubilligen, diese,, KompetenzKompetenz" von der Anerkennung auszuschließen. Ein Staat, der so großzügig ist, die ganze Gerichtsstandsgesetzgebung eines andern Staates als international beachtlich anzuerkennen, mit Ausnahme der vorbehaltenen ausschließlichen eigenen Zuständigkeiten, hat 1 1

Vgl. oben S. 96. Vgl. oben S. 131 f.

232

§ i8. Fortsetzung.

Die

Jurisdiktionsfrage

das gute Recht, diesen einen Gerichtsstand der KompetenzKompetenz für international unerwünscht zu erklären. c) Der Staat kann endlich auf i n t e r n a t i o n a l e , d i e J u r i s d i k t i o n b e t r e f f e n d e G r u n d s ä t z e verweisen. Dabei ist zunächst nicht etwa an die staatsvertragliche Festlegung bestimmter Gerichtsstände zu denken, da in dieser Festlegung dem Staate, der ihr zugestimmt hat, sein eigener Wille entgegentritt, es sich also nur um eine besondere Form der eigenen Regelung handelt. Vielmehr schwebt dem Staate hierbei ein idealer Weltprätor vor, der die Gerichtsstände nach Recht und Billigkeit zwischen den einzelnen Staaten v e r t e i l t D a es nun aber einen solchen Weltprätor nicht gibt und eine internationale Rechtsprechung zur Jurisdiktionsfrage nach Art des Schiedsspruches W I N K L E R 2 mit eben dieser einen Ausnahme noch gänzlich fehlt, wird man empirisch vorgehen und feststellen müssen, welche Gerichtsstände in den neueren Verträgen als international beachtlich festgelegt worden sind. Kommen diese Gerichtsstände in allen oder nahezu allen Verträgen vor, die sich um die Festsetzung einzelner, namentlich aufgeführter Gerichtsstände bemüht haben, dann darf man hierin eine Offenbarung des internationalen Rechtsbewußtseins erblicken und sie als international anerkannt bezeichnen. Vergleicht man nun aber die verschiedenen staatsvertraglichen Gerichtsstandslisten, so ist die Ausbeute äußerst gering. Als allgemein anerkannt kann der G e r i c h t s s t a n d des B e k l a g t e n w o h n s i t z e s gelten, ferner, vorbehaltlich gewisser Prorogationsverbote, der v e r e i n b a r t e G e r i c h t s s t a n d . Das gleiche gilt vom G e r i c h t s s t a n d d e r b e l e g e n e n S a c h e , obgleich einige Verträge ihn deshalb nicht in die Liste aufgenommen haben, weil er schon in den vorbehaltenen und damit ebenfalls anerkannten ausschließlichen Zuständigkeiten enthalten ist. Aber weder den Gerichtsstand des Vertrages oder des Erfüllungsortes 3 noch den des Verkehrsunfalles oder des begangenen Delikts noch den des Zusammenhangs noch den der Widerklage kann man als international allgemein anerkannt bezeichnen, am ehesten noch den G e r i c h t s s t a n d d e r W i d e r k l a g e , obgleich er in den britischen Verträgen (4 I a) nur als forum für den abgewiesenen Widerkläger erwähnt wird und für den Bereich der Gerichtsstandsbestimmungen des französisch-schweizerischen Vertrags nur der Rechtsprechung, nicht dem Vertragstext seine AnVgl. JITTA, Die Neugestaltung des internationalen Rechts (1919) 73. Vgl. oben S. 78t 3 Vgl. R. QUADRI, II forum solutionis e la Convenzione italo-svizzera sull'esecuzione delle sentence, Riv. 29 (1937) 91 ff. 1

2

I,

Theoretische

Grundlagen

233

erkennung verdankt 1 . Doch brauchen die Staaten bei staatsvertraglicher Verweisung auf international anerkannte Regelungen der Jurisdiktionsfrage nicht gleich universal zu denken, da es ja auch partikulare internationale Regelungen auf diesem Gebiete gibt. Das Deutsche Reich z. B. erkennt im Vertrag mit Italien den Gerichtsstand der Widerklage (2, 5) und den des begangenen Delikts (2, 4) an, ebenso Schweden im Vertrage mit der Schweiz (5 I 4 und 7), hier allerdings mit gewissen Einschränkungen, die aber nur auf die bekannte Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes in der schweizerischen Bundesverfassung zurückzuführen sind. Angenommen, die Bundesrepublik Deutschland schlösse mit Schweden einen Vollstreckungsvertrag und der Vertrag enthielte in der Jurisdiktionsfrage einen Hinweis auf anerkannte Regeln des internationalen Rechts, so würden außer dem vereinbarten Gerichtsstand und den Gerichtsständen des Beklagtenwohnsitzes und der belegenen Sache noch die Gerichtsstände der Widerklage und des begangenen Delikts darunter fallen, weil beide Staaten durch den Inhalt anderer Staatsverträge bewiesen haben, daß sie zu der Gruppe von Staaten gehören, die auch diese beiden Gerichtsstände als international beachtlich anerkennen. Die theoretischen Erörterungen zur Jurisdiktionsfrage wären unvollständig, wenn sie sich nicht zum Schlüsse auch noch der Beurteilung der Gerichtsstandsverweigerung und der Ausschließlichkeit vom internationalen Standpunkte zuwandten. 6. I n t e r n a t i o n a l unerwünschte Gerichtsstandsverweigerung. Wie es nämlich international unerwünschte und völkerrechtswidrige Gerichtsstände gibt, so auch international unerwünschte und völkerrechtswidrige Gerichtsstandsverweigerungen. Um mit den letzten zu beginnen, so genießt z. B. der Gesandte im Empfangsstaat das Recht der Exterritorialität, darf also im Empfangsstaat nicht verklagt werden. Dafür ist aber der Absendestaat verpflichtet, auf seinem Gebiet ein Gericht zu bestimmen, vor dem der Gesandte verklagt werden kann. Unterläßt der Staat dies zu tun, dann liegt völkerrechtswidrige J u s t i z v e r w e i g e r u n g 2 vor, gegen die der Staat, dem der Kläger angehört, mit völkerrechtlichen Mitteln, insbesondere Anrufung internationaler Schiedsgerichte oder des Internationalen Gerichtshofes vorgehen kann. Dagegen 1

Cour

de Paris

27. Febr. 1912, Journ. 40

(1913) 8 8 g f f . ;

Schweiz. Bundes-

gericht 14. O k t . 1908, B G E 34 (1908 I) 7 5 5 f f . , insbes. 7 7 2 f f . s

V g l . hierüber allgemein CH. DE VISSCHER,

L e déni de justice en droit inter-

national, Recueil des Cours 52 (1935) 369—442.

234

§ i8. Fortsetzung.

Die

Jurisdiktionsfrage

berechtigt eine bloß i n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e G e r i c h t s s t a n d s v e r w e i g e r u n g nur zu Vergeltungsmaßnahmen gleicher Art. Vor allem aber wird der andere Staat bei Abschluß eines Vollstreckungsvertrages diese Frage gleich mit bereinigen. Frankreich ist bekanntlich ein Staat, der sich um die Rechtsstreitigkeiten der Ausländer untereinander grundsätzlich nicht kümmert 1 . Italien weiß dies und erwirkte deshalb im Vertrage mit Frankreich (29) die Zusicherung, daß sich beim Prozeß eines Italieners in Frankreich die französischen Gerichte nicht wegen der Ausländereigenschaft des Italieners für unzuständig erklären dürfen; der Form halber mußte Italien eine entsprechende Zusicherung für in Italien prozessierende Franzosen machen. Auch die Gleichsetzung der Belgier mit den Franzosen im französisch-belgischen Vertrage hat ihre Spitze mit gegen die französische Gleichgültigkeit Auslä'nderprozessen gegenüber. 7. I n t e r n a t i o n a l u n e r w ü n s c h t e

Ausschließlichkeit.

Wie für die Gerichtsstandsverweigerung, so sind dem Staate auch für den Vorbehalt einer ausschließlichen Jurisdiktion gewisse Grenzen gesetzt. Die auch hier mögliche Unterscheidung zwischen völkerrechtswidrigen und international unerwünschten Ausschließlichkeiten mag auf sich beruhen und nur der Fall der international unerwünschten Ausschließlichkeit ins Auge gefaßt werden. Viele Staatsverträge enthalten, wie gezeigt, einen Vorbehalt für die eigene oder eine drittstaatliche ausschließliche Zuständigkeit, so, um nur zwei neuere Verträge zu nennen, der italienisch-niederländische (2 II) und der deutsch-italienische (1 I). Beide und auch noch andere Verträge enthalten diese Klausel neben einer Liste einzeln aufgeführter, von den Gerichten des Zweitstaates anzuerkennender Gerichtsstände. Es leuchtet ein, daß ein Staat mit dem Vorbehalt Mißbrauch treiben und die Liste der anerkannten Gerichtsstände dadurch durchlöchern könnte, daß er von dem Vorbehalt ausschließlicher Zuständigkeiten einen maßlosen Gebrauch macht, etwa seinen Gerichten alle Wechselstreitigkeiten ausschließlich vorbehält, wenn der Wechselgläubiger oder der Wechselschuldner seinen Wohnsitz im Lande hat. Die den Gerichten des andern Staates bei international unerwünschten Gerichtsständen des ersten Staates in die Hand gegebene Waffe, einem in solchen Gerichtsständen ergangenen Urteil die Anerkennung zu versagen, bleibt stumpf, wenn man im konkreten Falle internationale Unerwünscht1 Vgl. u. a. Trib. de Pau 15. März 1933, Rev. 29 (1934) NIBOYET. Vgl. auch oben, S. 117 u. 145^

106f.,

mit Note

von

II.Gesamtwürdigung

der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

235

heit nicht dem Gerichtsstand vorwerfen kann, sondern nur seiner Ausschließlichkeit. Trotzdem ist der andere Staat nicht wehrlos. Er kann zu Gegenmaßnahmen greifen, indem er zu Lasten des ersten Staates selbst international unerwünschte Ausschließlichkeiten einführt. Er kann in besonders schlimmen Fällen unter Berufung auf Treu und Glauben das Abkommen vorzeitig kündigen. Er kann eine internationale Instanz, etwa ein in einem allgemeinen Schiedsverträge vorgesehenes internationales Schiedsgericht, anrufen zwecks Feststellung, daß die maßlose Ausdehnung der ausschließlichen Gerichtsstände gegen den Sinn des Staatsvertrages verstößt. Sogar die Gerichte des Staates, der die Ausschließlichkeit seiner Gerichtsstände unerwünscht erweitert hat, können als Zweitgerichte der Neuerung die Spitze abbrechen, indem sie den Staatsvertrag mit seinem Vorbehalt ausschließlicher Gerichtsstände einschränkend in dem Sinne auslegen, daß damit nur die international beachtlichen Ausschließlichkeiten gemeint sein können. Eine solche Lösung wäre besser als die radikalere, die Ausschließlichkeitsklausel des Staatsvertrages nur im Sinne der beim Abschluß des Vertrags bestehenden ausschließlichen Gerichtsstände zu deuten1. II. G e s a m t w ü r d i g u n g der g e l t e n d e n s t a a t s v e r t r a g l i c h e n Jurisdiktionsbestimmungen 1. U n b e s t i m m t e J u r i s d i k t i o n s f o r m e l . Das erste, was der vorstehende theoretische Überblick lehrt, ist die V i e l d e u t i g k e i t einer unbestimmten Jurisdiktionsformel und daher die Notwendigkeit, beim Abschluß eines Staatsvertrages zweifelsfrei zu bestimmen, in welchem Sinne Wendungen, wie „fehlende Jurisdiktion", „Zuständigkeit", „Unzuständigkeit", „Anhängig-Machen-Können" u. dgl., zu verstehen sind. Der Vorwurf, dies nicht getan zu haben, trifft vor allem die älteren italienischen Verträge, aber auch den französisch-schweizerischen Vertrag im Bereiche der nicht vertraglich festgelegten Gerichtsstände, sowie den ihm nachgebildeten schweizerisch-spanischen Vertrag. 2. V e r w e i s u n g auf die e r s t s t a a t l i c h e G e r i c h t s s t a n d s ordnung. Allerdings entsprach es dem einfachen Rechtsdenken jener Zeit, wenn der schweizerische Alt-Bundesrichter W I N K L E R als Schiedsrichter zwischen Italien und Peru2 1903 die unbestimmte Jurisdiktionsformel im Sinne einer Verweisung auf die Gerichtsstandsordnung des Erststaates deutete, gemildert durch den Vorbehalt 1

Vgl. oben S. i o i f .

2

V g l . oben S. 78.

236

§ iS.

Fortsetzung.

Die

Jurisdihtionsfrage

des ordre public. Diese Auffassung war um so angebrachter, als jene unbestimmte Formel, mit Ausnahme der des sardisch-spanischen Vertrages von 1851, aus der liberalen Epoche der italienischen Gesetzgebung stammte, die erst mit der Novelle zum Art. 941 des Codice di procedura civi e vom 20. Juli 1919 ihren Abschluß fand. Schon die Tatsache, daß italienische Gerichte trotz frühzeitiger Warnungen1 bis in die neuere Zeit hinein auf dem Umweg über Art. 10 des Titolo preliminare del Codice civile von 1865 die Jurisdiktion des Erstgerichts nach der Erstgesetzgebung beurteilten2, zeigt, daß der Schiedsspruch W I N K L E R S durchaus dem Geiste jener Zeit gemäß war. Aber auch W I N K L E R selbst war noch ganz ein Kind seiner Zeit. In seinem „Résumé de l'argumentation" führt er unter Ziff. 6 und 7 aus, die Anerkennung des Gerichtsstandes des Vertragsabschlusses seitens des italienischen Gerichts berühre in keiner Weise die öffentliche Ordnung oder das öffentliche Recht von Peru, im Gegenteil, der Gerichtsstand des Vertragsabschlusses werde auch durch die Prozeßordnung von Peru anerkannt. W I N K L E R meint also, durch Einführung eines bestimmten Gerichtsstandes in der eigenen Prozeßordnung erkläre ihn ein Staat auch für international beachtlich. Wir wissen, daß dies nicht zutrifft und daß ein Staat sehr wohl „exorbitante" eigene Gerichtsstände haben kann, ohne darum verpflichtet zu sein, den gleichen „exorbitanten" Gerichtsstand eines andern Staates anzuerkennen3. Aber dieser Gedanke kam staatsvertraglich nach einem ersten Auftauchen des Begriffs der internationalen Zuständigkeit, der Zuständigkeit „en la esfera internacional", im Vertrag von Montevideo (1889)4 erst in der „österreichischen", Jurisdiktionsformel des österreichisch-serbischen und des österreichisch-bulgarischen Vertrags (1911) und in der Haager Jurisdiktionsformel (1925) zum Ausdruck, und auch nicht einmal da mit ausdrücklichen Worten. Eine klare, nicht erst durch Auslegung zu ermittelnde Verweisung auf die erststaatliche Gerichtsstandsordnung findet sich, in Verbindung mit einer Verweisung auf die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts, nur im i t a l i e n i s c h - t ü r k i s c h e n Vertrag (19 I 1). Der Wortlaut — autorité judiciaire compétente . . . selon les lois du pays où la décision même a été rendue — läßt keinen Zweifel darüber zu, daß hier die k o n k r e t e Zuständigkeit des Erstgerichts, nicht die a b s t r a k t e Zuständigkeit irgend eines Gerichtes 1

V g l . ANZILOTTI, R i v .

8 (1914)

394.

Cass. Rom 15. Jan. 1927, Riv. 19 (1927) 392ff., mit Note von PERASSI. Vgl. auch Cass. Rom 23. April 1931, Foro italiano, Repertorio 56 (1931) 378 Nr. 23 — 25. 3 Vgl. oben S. 2 i g f . 4 Vgl. SPERL, Rheinische Zeitschrift für Zivil-und Prozeßrecht 12 (1922/23) 302. 2

II. Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

23 7

des Erststaates gemeint ist 1 , eine auch durchaus gesunde, unverbildete Regelung. Wenn Italien dem türkischen Wohnsitzrichter des Beklagten vertraut und der Beklagte wohnt in Ankara, dann ist es etwas viel verlangt, das dem Richter von Ankara geschenkte Vertrauen auf den Richter von Istanbul zu übertragen, der sich fälschlicherweise für zuständig erklärt hat. Vielmehr ist die vom Erstrichter der Jurisdiktionsfrage gewidmete Sorgfalt zugleich ein Indiz für seine Sorgfalt bei Entscheidung der Sache selbst. Die vielfach behauptete Unzuträglichkeit einer Nachprüfung der nach der Erstgesetzgebung zu beurteilenden Zuständigkeit des Erstrichters durch den Zweitrichter, da doch der Erstrichter seine eigene Gesetzgebung besser kennen müsse als der Zweitrichter, geht fehl, da der Zweitrichter eine natürliche Scheu haben wird, den Erstrichter in der Rechtsfrage eines besseren belehren zu wollen. Aber die Tatfrage, ob also z. B. der Beklagte wirklich in Istanbul wohnte, wie der Richter von Istanbul auf Grund des Vorbringens des Klägers in einem Versäumnisurteil annahm, kann der Zweitrichter genau so gut prüfen wie der Erstrichter. Nur dann ist die Überlassung der Anwendung der erstgesetzlichen Gerichtsstandsordnung an den Erstrichter das natürlich Gegebene, wenn der Staatsvertrag nicht auf die Erstgesetzgebung, sondern auf die zweitstaatliche Kollisionsnorm, etwa die Haager oder eine ähnliche Formel, verweist, wie dies im englisch-belgischen (3 Ia, 4IV) und ähnlich im englisch-französischen Vertrage (3 Ia, 4 III) der Fall ist. Die Verweisung auf die Gerichtsstandsordnung des Erststaates gehört zu den weniger entwickelten Systemen. Sie birgt die Gefahr einer unerträglichen Zuständigkeitsanmaßung zwar nicht des Erstrichters, dessen Entscheidung ja nachzuprüfen ist, wohl aber des Erstgesetzgebers mit sich. Einigermaßen annehmbar wird das System daher nur durch Verbindung mit der K l a u s e l vom ordre public, wie dies W I N K L E R in seinem oben gewürdigten Schiedsspruch mit Recht ausführt. Wohl sind in neuerer Zeit Bedenken gegen die Verwendung der Klausel vom ordre public für die Beurteilung der Jurisdiktionsfrage laut geworden2, aber trotz aller Verkleisterungen wird dies Urrecht des Zweitstaates immer wieder durchbrechen8. Vor allem aber paßt diese fortgeschrittene Auffassung nur für fortgeschritten abgefaßte Staatsverträge, nicht für 1

So mit Recht, für die entsprechende Bestimmung des Art. 941 § 1 Ziff. 2 des Codice di procedura civile von 1919, M O R E L L I , Riv. 19 (1927) 16, gegen B R E S C H I , L a competenza dei tribunali stranieri (1925) 7 2 f . 2 Vgl. das Questionnaire der niederländischen Regierung, in: Documents I4ff., Frage 5 b Abs. 2. 3 Vgl. oben S. 1 3 1 f.

238

§ z8. Fortsetzung.

Die

Jurisdiktionsjrage

solche einfachster Art, wie die früheren italienischen. Zum mindesten enthält für sie die Klausel vom ordre public einen Vorbehalt zugunsten der a u s s c h l i e ß l i c h e n G e r i c h t s s t ä n d e des Zweitstaates. Mit dieser Maßgabe stellt sich aber das System der Verweisung auf die erststaatliche Gerichtsstandsregelung als zwar primitiv, aber durchaus brauchbar dar. 3. B e s c h r ä n k u n g auf den V o r b e h a l t Gerichtsstände.

ausschließlicher

Von hier ist dann nur noch ein Schritt bis zur Beschränkung der Jurisdiktionsformel auf den Vorbehalt der ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates. Mag der Erstrichter seine Zuständigkeit im Einklang oder im Widerspruch mit der Erstgesetzgebung annehmen, sein Urteil wird anerkannt, wenn nur nicht nach der Zweitgesetzgebung ein Gericht des Zweitstaates in der Sache ausschließlich zuständig ist. Dies System ist meist ein Zeichen naher politischer Verbundenheit der beiden Staaten. Es galt, mit einer kleinen Einschränkung für zwei unerwünschte Gerichtsstände, zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich nach dem Vertrag von 19231 und gilt, wenn man die Klausel vom ordre public mit im Sinne eines Vorbehalts der ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates deuten darf 8 , zwischen Italien und San Marino, sowie zwischen Spanien und Columbien. Es gilt ferner nach den tschechoslowakischen Verträgen mit Rumänien, Bulgarien und Polen, von denen die beiden ersten scheinbar auf die Gerichtsstandsordnung des Erststaates verweisen, aber doch die „Kompetenz-Kompetenz" des Erstrichters3 mit in Kauf nehmen und also in Wirklichkeit die Jurisdiktion des Erststaates nur durch die ausschließlichen Gerichtsstände des Zweitstaates einschränken4. Auch der französisch-belgische Vertrag gehört hierher, soweit er nicht gemeinsame Gerichtsstände festlegt. „Für alle Fälle, in denen der gegenwärtige Vertrag keine Regeln gemeinsamer Zuständigkeit aufstellt, wird die Zuständigkeit in jedem Lande durch die ihm eigene Gesetzgebung geregelt" (10). Die Anerkennung eines Ersturteils im Zweitstaat hängt, was die Jurisdiktionsfrage anlangt, davon ab, „daß die durch den Staatsvertrag für beide Länder gemeinsam gemachten Zuständigkeitsregeln nicht verkannt wurden" (11,5). Die dem Erststaat vorbehaltenen Gerichtsstandsbestimmungen, mögen sie vom Erstrichter richtig oder falsch angewandt worden sein, gehen also den Zweitrichter gar nichts an. Aber wie bei den Vgl. österr. Oberster Gerichtshof 18. Okt. 1935, Entsch. 17 (1935) 406ff. 3 Vgl. oben S. 231. 4 Vgl. oben S. 95f. * Vgl. oben S. 96.

1

II. Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

239

Verträgen Italiens mit San Marino und Spaniens mit Columbien1 bildet auch hier die Klausel vom ordre public zugleich einen Vorbehalt für die ausschließlichen Zuständigkeiten des Zweitstaates 2 . Der belgisch-niederländische Vertrag verbaut diesen Ausweg durch die Bestimmung, daß die Klausel vom ordre public nie auf Zuständigkeitsvorschriften angewandt werden dürfe ( n II). Da es kaum in der Absicht der Vertragsstaaten lag, bei der Anerkennung und Vollstreckung von Ersturteilen im Zweitstaat die zweitstaatlichen ausschließlichen Gerichtsstände preiszugeben, liegt hier ein Versehen vor, das um so mehr zu bedauern ist, als der belgischniederländische Vertrag sein Vorbild, den französisch-belgischen Vertrag, in vielen Punkten verbessert hat. 4. V e r w e i s u n g auf die Z w e i t g e s e t z g e b u n g in v e r s c h i e dener B e d e u t u n g . Soweit sonst die Verträge wegen Beantwortung der Jurisdiktionsfrage auf die Zweitgesetzgebung verweisen, hatten sie zwischen der österreichischen, der Haager Jurisdiktionsformel, der Fiktion der identischen Gesetzgebung und einer unbestimmten Formel zu wählen. Letzte findet sich im badisch-aargauischen Vertrage von 1867. „Die Frage der Zuständigkeit wird nach den Gesetzen desjenigen Staates geprüft und entschieden, in welchem das Erkenntnis zum Vollzuge kommen soll" (2). Da der Vertrag aus einer wissenschaftlich noch wenig fortgeschrittenen Zeit stammt, ist diese Formel hier im Sinne der Fiktion der identischen Gesetzgebung auszulegen: das aargauische Gericht gilt auch für die Urteilsvollstreckung in Baden als zuständig, wenn es, unter Annahme der Geltung badischen Rechts im Kanton Aargau, zuständig war. Aber auch die österreichische Jurisdiktionsformel — Prüfung, ob die Rechtssache nach den Gesetzen des Zweitstaates vor einem Gerichte des Erststaates anhängig gemacht werden konnte — und die des Haager Entwurfs — Prüfung, ob nicht für den fraglichen Rechtsstreit die vom Zweitstaat zugelassenen Regeln internationaler Zuständigkeit die Jurisdiktion des Erststaates ausschließen — verlangen von den Vertragsstaaten nicht die Aufstellung gesonderter prozessualer Kollisionsnormen, vielmehr können auch hier der eine oder der andere Vertragsstaat oder beide Vertragsstaaten die Fiktion der identischen Gesetzgebung anwenden. Griechenland z. B., das, wie gezeigt, im allgemeinen dem Grundsatze der identischen Gesetzgebung huldigt3, braucht ihn nicht bei Anwendung des Staatsvertrages mit der Tschechoslowakei deshalb aufzugeben, weil der Vertrag im Art. 2 I 1 die Haager Jurisdiktions1

Oben S. 238.

2

Vgl. oben S. 128.

3

Oben S. 230.

240

§ z8. Fortsetzung. Die

Jurisdiktionsfrage

formel enthält, kann vielmehr auch hier auf seine eigene Gerichtsstandsordnung verweisen und bestimmen, die Jurisdiktion der Tschechoslowakei solle ausgeschlossen sein, wenn, bei Geltung der griechischen Gerichtsstandsordnung in der Tschechoslowakei, kein tschechoslowakisches Gericht in der Sache zuständig gewesen wäre. Daß auch die österreichische Jurisdiktionsformel der römischen Verträge von 1922 auf diese Weise vereinfacht werden kann, hat uns die Rechtsprechung des italienischen Kassationshofes1 gezeigt. Um nämlich die beiden hoch entwickelten Formeln österreichischer und Haager Herkunft bis zur letzten Feinheit des in ihnen liegenden juristischen Gedankens zu verwirklichen, bedarf es in den Vertragsstaaten einer sehr fortgeschrittenen Theorie des internationalen Prozeßrechts, die noch vielfach der Zukunft angehört. Nur von einem Staate, der den Unterschied zwischen international beachtlichen und international unerwünschten Gerichtsständen klar erkannt hat, der nicht davor zurückschreckt, einen „exorbitanten" Gerichtsstand der eigenen Prozeßordnung für international unbeachtlich zu erklären, und der tolerant genug ist, einen erträglichen Gerichtsstand der fremden Prozeßordnung selbst dann anzuerkennen, wenn er in der eigenen Prozeßordnung fehlt2, kann man erwarten, daß er das in den beiden hoch entwickelten Formeln liegende Programm in die Tat umsetzt. 5. V e r w e i s u n g auf a l l g e m e i n e G r u n d s ä t z e des i n t e r nationalen Rechts. Ebenso wird für die meisten Staaten eine Verweisung auf internationale, die Jurisdiktionsfrage betreffende Grundsätze verfrüht sein. Der einzige Staatsvertrag, in dem man eine solche Verweisung antrifft, ist der zwischen Italien und der Türkei, und selbst da ist es zweifelhaft, ob die Vertragsstaaten wirklich auf ein überstaatliches internationales Recht verwiesen haben. Das Ersturteil muß nach Art. 19 I 1 erlassen sein „par une autorité judiciaire compétente à la rendre selon les principes généraux du droit international". Fast wörtlich so drückt sich aber auch Art. 941 § 1 Ziff. 1 des italienischen Codice di procedura civile von 1919 aus, wenn er verlangt, das Ersturteil müsse ausgesprochen sein „da una autorità giudiziaria competente a conoscere della controversia secondo i principii generali del diritto internazionale", und mit diesen allgemeinen Grundsätzen des internationalen Rechts sind unbestritten die i t a l i e n i s c h e n Kollisionsnormen gemeint. Der italienischtürkische Staatsvertrag läßt daher durchaus die Deutung zu, daß seine Jurisdiktionsformel auf die italienische und die türkische Kol1

Oben S. 229 f.

8

Vgl. oben S. 22of., 223ff.

II.

Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

241

lisionsnorm verweist 1 , also im Grunde etwa das gleiche sagt wie die österreichische oder die Haager Jurisdiktionsformel. Aber auch für den, der sich freuen würde, hier endlich einmal eine Verweisung auf überstaatliches internationales Recht zu finden, wird die Freude dadurch getrübt, daß der Vertrag außerdem Zuständigkeit des Erstrichters nach der Erstgesetzgebung verlangt und damit eine ungewöhnliche Erschwerung für die Anerkennung des Ersturteils mit sich bringt. Zudem behält er jedem der beiden Staaten seine ausschließliche Gerichtsbarkeit vor (19 I 7), eine an sich nicht ungebräuchliche Vorschrift, die aber von italienischer Seite so ausgelegt wird, daß die Verweisung des Vertrages auf die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts einer Verweisung auf die italienische Kollisionsnorm fast völlig gleich kommt 2 . Aber dies ist in der Sache selbst kein Schade. Wir sahen ja, wie dürftig die Liste der international anerkannten Gerichtsstände heute noch aussieht 3 . Es ist leicht möglich, daß hier die nationale Kollisionsnorm eine Liste von Gerichtsständen anerkennt, die der einer gedachten überstaatlichen Ordnung beträchtlich überlegen ist. 6. S t a a t s v e r t r a g l i c h e A n e r k e n n u n g b e s t i m m t e r G e richtsstände. Ein besseres Feld für eine wahrhaft internationale Ordnung der Jurisdiktionsfrage ist die Anerkennung einer Liste bestimmter Gerichtsstände durch Staatsvertrag. Das systematische Verzeichnis der Staatsverträge 4 läßt auf einen Blick erkennen, wo dies geschehen ist, darüber hinaus aber auch, in welcher Richtung die Entwicklung geht. Wenn man von dem österreichisch-türkischen Vertrag von 1930 absieht, der überdies in den meisten Punkten ein getreues Abbild des italienisch-türkischen Vertrages von 1926 ist, enthalten alle seit 1929 abgeschlossenen Verträge eine Liste bestimmter Gerichtsstände, und auch schon vorher gehörten solch wichtige Verträge, wie der französisch-schweizerische, der französisch-belgische, der belgisch-niederländische und der österreichisch-bulgarische, trotz mannigfacher Abweichungen untereinander, diesem Typus von Verträgen an. Es leuchtet ein, daß eine einigermaßen sorgfältige Abfassung solcher Verträge die künftigen Streitfragen vermindert, ohne dafür neue entstehen zu lassen. Dies wird namentlich dann erreicht werden, wenn die Verträge gewisse von ihnen gebrauchte Begriffe bindend erläutern, wie dies mit 1

A n d . A n s i c h t PERASSI, R i v . 24 (1932) 278 f.

2

V g l . MORELLI

3

Oben S. 232 f. Vgl. unten S. 25off.

4

16

406.

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. I.

242

§ i8.

Fortsetzung.

Die

Jurisdiktionsfrage

dem Begriff des Wohnsitzes in einigen italienischen Verträgen geschehen ist1. Welche G e r i c h t s s t ä n d e in eine solche Liste aufzunehmen sind, läßt sich nicht allgemein bestimmen, es kommt auf die mehr oder weniger große Verwandtschaft der beiderseitigen Gesetzgebungen an. Österreich z.B. hatte es leicht, mit Ungarn nicht weniger als fünfzehn Gerichtsstände zu vereinbaren (3), weil die ungarische ZPO von 1911 eine große Verwandtschaft mit der österreichischen Jurisdiktionsnorm von 1895 aufweist. Dasselbe Österreich aber brachte es im Vertrage mit Bulgarien nur auf vier ausdrücklich genannte Gerichtsstände (15 II), unter denen sich nicht einmal der des Beklagtenwohnsitzes befindet, allerdings wohl nur deshalb nicht, weil er sonst für gewisse Fälle, wie den dinglichen Gerichtsstand, erst umständlich hätte eingeschränkt werden müssen; denn auch die bulgarische ZPO von 1891 kennt den Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes als den hauptsächlichen Gerichtsstand (16 u. 150). Auch die Frage der s u b s i d i ä r e n G e n e r a l k l a u s e l neben der E i n z e l l i s t e läßt sich in ihrer Zweckmäßigkeit nicht allgemein beantworten. Um zunächst bei den soeben besprochenen Beispielen zu bleiben, so bedurfte es im österreichisch-ungarischen Vertrage mit seinen fünfzehn einzeln aufgezählten Gerichtsständen einer solchen ergänzenden Klausel nicht, während sie beim österreichischbulgarischen Vertrage mit seiner dürftigen Gerichtsstandsliste im Gegenteil sogar die Hauptlast der Jurisdiktionsfrage zu tragen hat. Im übrigen hat diese subsidiäre Generalklausel ihre Vorteile und ihre Nachteile, ihre Vorteile insofern, als sie den ganzen Vertrag vollstreckungsfreundlicher macht, aber auch ihre Nachteile, weil der Vertrag mit ihrer Einführung jene Bestimmtheit und Klarheit in der Jurisdiktionsfrage verliert, die nur eine Gerichtsstandsliste mit sich bringen kann. Es wird also auf die Vollstreckungsfreudigkeit der Vertragsstaaten und auf ihr Vertrauen zur Auslegungskunst der Richter beider Staaten ankommen, ob sie sich mit der Einzelliste begnügen wollen oder nicht. Den schlagendsten Beweis für die Unmöglichkeit einer allgemein gültigen Antwort auf die Zweckmäßigkeitsfrage bringt ein Vergleich des italienisch-schweizerischen Vertrages mit dem italienisch-niederländischen. Obgleich der letzte in den meisten Punkten ein getreues Abbild des ersten ist, ist die Gerichtsstandsliste des italienisch-niederländischen Vertrages in sich vollständig (11 1), während der italienisch-schweizerische Vertrag daneben noch eine Generalklausel enthält für „les règles de com1

Vgl. oben S. 152.

II. Gesamtwürdigung der geltenden staatsvertraglichen Jurisdiktionsbestimmungen

243

pétence judiciaire internationale admises par le droit de l'Etat où la décision est invoquée". 7. B e f o l g u n g s r e g e l n und B e u r t e i l u n g s r e g e l n z u r J u r i s diktionsfrage. Uber die Frage endlich, ob der Staatsvertrag Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage festlegen oder sich mit Beurteilungsregeln begnügen soll, scheint bereits die Geschichte ihr Urteil gesprochen zu haben. Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage finden sich als originaler Gedanke nur im französisch-schweizerischen (1869) und im französisch-belgischen Vertrag (1899), und, nur noch in negativer Form neben den sonst vorherrschenden Beurteilungsregeln, im französisch-italienischen Vertrag (1930). Im englisch-französischen Vertrage (1934) fehlen sie bereits ganz. Allerdings begegnen sie noch einmal in voller Ausprägung im belgisch-niederländischen Vertrag (1925), doch bedeutet sein erster, der Jurisdiktionsfrage gewidmeter Abschnitt, soweit er positive Befolgungsregeln für den Erstrichter enthält, nur eine, wenn auch stark verbesserte, Neuauflage des französisch-belgischen Vertrages und damit den Abschluß einer alten Epoche, nicht die Fortführung einer lebendigen Idee oder gar die Einleitung einer neuen Epoche. Die Vereinbarung von Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage hängt eng mit der einmaligen Erscheinung des französischen Nationalismus zusammen, der die französischen Gerichte für zu gut hält, um durch sie Ausländerstreitigkeiten entscheiden zu lassen, und die ausländischen Gerichte für zu schlecht, um ihnen Streitigkeiten anzuvertrauen, an denen Franzosen beteiligt sind. Daher ist es kein Zufall, daß es nur französische Verträge und ein von einem französischen Vertrag stark beeinflußter Vertrag sind, die solche Befolgungsregeln enthalten. Die Schweiz hat zahlreiche andere Verträge geschlossen und sich überall mit Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage begnügt. Auch der niederländische Vertrag mit Italien (1935) enthält ausschließlich solche Beurteilungsregeln, ebenso der belgische mit England (1934). Im französischen Vertrag mit Italien (1930) sind die Befolgungsregeln stark ins Hintertreffen geraten und fehlen im englischfranzösischen Vertrage (1934) völlig. Wenn es überhaupt nötig ist, Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage staatsvertraglich festzulegen, dürfte der f r a n z ö s i s c h i t a l i e n i s c h e V e r t r a g von 1930 die richtige Lösung des Problems darstellen. Das für den Ausländer Unerwünschteste im französischen Gerichtswèsen ist die Gleichgültigkeit der französischen Justiz Ausländerprozessen gegenüber und das wirklich „exorbitante", nationalistische forum actoris des Art. 14 Code Napoléon. Diese beiden 16*

244

§ 18. Fortsetzung. Die Jurisdiktionsfrage

Unzuträglichkeiten lassen sich durch negative Befolgungsregeln nach dem Vorbild der Art. 29 u. 30 des französisch-italienischen Vertrages beseitigen: keine Gerichtsstandsverweigerung wegen der Ausländereigenschaft des Klägers, wenn dieser dem andern Vertragsstaate angehört, keine Anwendbarkeit des gegen Ausländer bestehenden forum actoris, wenn der Beklagte Angehöriger des andern Vertragsstaates ist. Im übrigen genügen, wie gerade wieder der französisch-italienische Vertrag zeigt, Beurteilungsregeln zur Jurisdiktionsfrage. Die staatsvertraglichen Befolgungsregeln zur Jurisdiktionsfrage bringen nämlich mancherlei Unzuträglichkeiten mit sich. Dabei sei gar nicht an die unerquicklichen Auslegungsschwierigkeiten beim französisch-schweizerischen und beim französisch-belgischen Vertrage gedacht; denn die lassen sich durch eine wohlüberlegte Regelung nach Art des belgisch-niederländischen Vertrages unschwer beseitigen. Aber mehrere andere Schwierigkeiten ergeben sich. Einmal die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der S t a a t s angehörigkeit. Befolgungsregeln für den Erstrichter bringen notwendig eine Unterscheidung der Prozeßparteien nach ihrer Staatsangehörigkeit mit sich. Der französisch-schweizerische Staatsvertrag sichert dem Schweizer, aber nicht dem Spanier den Gerichtsstand des „natürlichen Richters". Der französisch-belgische Vertrag stellt in der Jurisdiktionsfrage die Belgier, aber nicht die Niederländer den Franzosen gleich. Eine andere Möglichkeit der Regelung als nach Staatsangehörigkeiten ist bei zweiseitigen Staatsverträgen auch gar nicht möglich, weil Frankreich, wenn es allen Menschen den Gerichtsstand des natürlichen Richters sichern oder alle Menschen in der Jurisdiktionsfrage den Franzosen gleichstellen wollte, einfach das französische Gesetz ändern würde. Die Unterscheidung der Prozeßparteien nach ihrer Staatsangehörigkeit aber ist vielen Prozeßordnungen, z. B. der deutschen, ganz oder fast ganz fremd, bringt in Fällen zweifelhafter Staatsangehörigkeit neue Schwierigkeiten mit sich und widerspricht auch den wohl überlegten Richtlinien des Haager Entwurfs (5). Sodann eine schwer übersehbare Rechtslage für den Fall des ' bschlussesmehrererVerträgemit ähnlichenBefolgungsregeln durch den gleichen S t a a t . Die Verträge Frankreichs mit der Schweiz und mit Belgien werden sich gegenseitig nicht stören, da sie auf ganz verschiedenen Gedanken beruhen. Anders bei den Verträgen Belgiens mit Frankreich und mit den Niederlanden. Die Franzosen gelten in Belgien, Jcurz gesagt, als ProzeßBelgier, die Niederländer ebenfalls. Also, sollte man meinen, müßte bei allen Prozessen, die ein Niederländer in Belgien mit einem

Schluß

245

Franzosen führt, auf den französisch-belgischen Vertrag Rücksicht genommen werden. Der belgisch-niederländische Vertrag tut es aber ausdrücklich nur für den Fall, daß ein Niederländer klagt, nicht auch, wenn er verklagt wird (9 I). Schon da können Schwierigkeiten entstehen. Nun stelle man sich vor, Belgien schließe einen dritten Vertrag dieser Art mit Dänemark und einen vierten mit Schweden und jeder dieser Verträge enthalte einen andern Vorbehalt mit Rücksicht auf ältere Verträge, auch abweichende Jurisdiktionsregeln. Man lasse dann einen Franzosen und einen Dänen mit einem Schweden und einem Niederländer vor einem belgischen Gerichte prozessieren und die Beklagten eine Widerklage erheben. Wenn sich die Vertragsstaaten nicht alle Schwierigkeiten, die aus dem Zusammentreffen mehrerer Gleichsetzungen von Ausländern mit Inländern entstehen, klar überlegt und dementsprechend gelöst haben, wird sich der Richter unter Umständen bei Auslegung der Staatsverträge vor eine sehr harte Aufgabe gestellt sehen. Endlich lassen sich beim System der Befolgungsregeln w i d e r s p r e c h e n d e E n t s c h e i d u n g e n der erststaatlichen und der zweitstaatlichen Gerichte in einer und derselben Sache nicht vermeiden. Auch beim System bloßer Beurteilungsregeln kann es zu widersprechenden Entscheidungen kommen, aber nie in der gleichen Sache, da der Erstrichter seine Zuständigkeit nach Landesrecht und nicht nach Vertragsrecht, der Zweitrichter aber nach Vertragsrecht und nicht nach Landesrecht prüft. Bei den Befolgungsregeln dagegen wenden beide Richter Vertragsrecht an, der Erstrichter bei Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit, der Zweitrichter bei der Prüfung, ob der Erstrichter seine Zuständigkeit mit Rech„ angenommen hat, und es kommt so zu dem international wenig erwünschten Zustand, daß die Gerichte des einen Staates eine Kontrolle über die Gerichte eines andern Staates ausüben. Schluß Beim Abschluß dieser Studie sei noch die Frage aufgeworfen, ob die Entwicklung seit der 5. Haager Konferenz es wahrscheinlich macht, daß das System der zweiseitigen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in absehbarer Zeit durch ein Kollektivabkommen ersetzt wird. Wir möchten die Frage verneinen, die Entwicklung seit der 5. Haager Konferenz von 1925 spricht dagegen. Denn nie sind in einem solch kurzen Zeitraum zweiseitige Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge von solch ausgeprägter und wertvoller Eigenart in solch großer Anzahl abgeschlossen worden, wie gerade in den

246

Schluß

Jahren nach der 5. Haager Konferenz. Man denke nur an die beiden britischen Verträge von 1934, an die Verträge Italiens mit der Schweiz (1933) und den Niederlanden (1935), an die beiden deutschen Verträge (1929 und 1936), an den schweizerisch-schwedischen (1936) und vor allem noch an den französisch-italienischen Vertrag (1930). Wohl läßt sich denken, daß der Zusammenschluß der nordischen (1932) und der durch die politischen Ereignisse überholte der baltischen Staaten (1935) auf dem Gebiete der Vollstreckungshilfe beispielgebend für weitere regionale Zusammenschlüsse, etwa auf dem Balkan, sein werden. Aber an eine Gesamtvereinbarung großen Stiles ist vorerst nicht zu denken. Dies ist bei einem noch in der Entwicklung begriffenen Gegenstand auch keineswegs zu beklagen. Noch gibt es da im ganzen und im einzelnen mancherlei zu bedenken, zu verbessern, zu gestalten. Man wird vielleicht sogar die noch abseits stehenden Staaten besser für den Gedanken einer staatsvertraglichen Zusicherung internationaler Vollstreckungshilfe gewinnen können, wenn man ihren Regierungen das Bewußtsein individuellen schöpferischen Wirkens läßt, und dies ist in vollem Maße nur beim Abschluß von Einzelverträgen möglich. So werden wohl noch weitere zweiseitige Verträge entstehen, die einen neuen Schritt vorwärts zur idealen Vertragsgestaltung bedeuten. Dann erst, wenn die Entwicklung der zweiseitigen Verträge einen gewissen Abschluß erreicht hat und auch eine langjährige Rechtsprechung Zeugnis von dem Wert der einzelnen Verträge ablegt, wird man wieder dem Gedanken einer Gesamtvereinbarung näher treten können. Aber die Gesamtververeinbarung steht nicht notwendig am Ende der Entwicklung.

Anhang Verzeichnis der Verträge A. C h r o n o l o g i s c h e s V e r z e i c h n i s Das Verzeichnis enthält auch die in den letzten Jahrzehnten vor 1940 außer Kraft getretenen Verträge. Diese Verträge sind nicht mit Nummern versehen. Convention, Convenzione, Convenio ist mit Abkommen, Trattato, Tratado mit Vertrag übersetzt. Frankreich—Italien (Sardinien), Grenzabkommen vom 24. März 1760, mit Deklaration v. I i . September 1860. — v. M.. 117 (2) S. 49. — Ersetzt durch Nr. 39. Frankreich—Baden, Abkommen zur Sicherung der gegenseitigen Urteilsvollstreckung, 16. April 1846. - v.M. I 9 S, 126. 1. Italien (Sardinien) — Spanien, Abkommen über die Vollstreckung der gerichtlichen Urteile in ordentlichen Zivil- und in Handelssachen, 30. Juni 1851. — M A R Q U É S DE O L I V A R T , Tratados, Convenios y Documentos internacionales celebrados por nuestros gobiernos con los estados extranjeros, Madrid II (1893) 124. Österreich-Ungarn—Baden, Vereinbarung über den wechselseitigen Vollzug civilgerichtlicher Urteile, 1856. — Bad. Regierungsblatt 1856 S. 224. Schweden—Dänemark, Vertrag über die gegenseitige Vollstreckung der in Schweden und Dänemark ergangenen Urteile und Entscheidungen, 25. April 1861. — O. S. R Y D B E R G , Sverges Traktater 11 (1898) 396. Bolivien—Peru, Friedens- und Freundschaftsvertrag, 5. November 1863. — A R A N D A , Coleccion de los Tratados I I (1890) 303. 2. Baden—Aargau, Übereinkommen, betreffend die gegenseitige Vollstreckbarkeit der Urteile und den Vollzug von Ersuchschreiben in bürgerlichen Rechtssachen, 23. August 1867/28. September 1867. — Bad. Regierungsblatt 1867 S. 426. Italien—Nicaragua, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 6. März 1868. — Raccolta ufficiale delle leggi 34 (1872) 90. — Ersetzt durch Nr. 15. Italien —Guatemala, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 31.Dezembsri863. —v.M. II 4 S. 235. 3. Italien—Honduras, Handels- und Schiffahrts vertrag, 31. Dezember 1868. — Raccolta ufficiale delle leggi 46 (1875) 3511 4. Frankreich—Schweiz, Vertrag über den Gerichtsstand und die Vollziehung von Urteilen in Zivilsachen, 15. Juni 1869. — Amtliche Sammlung der Bundesgesetze I X (1869) 1002. Zusatzakte vom 4. Oktober 1935. — Eidgenössische Gesetzessammlung 52 (1936) 441. Italien—San Marino, Abkommen zur Regelung der freundschaftlichen und gutnachbarlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten, 27. März 1872.— v. M. II 1 S. 312. — Siehe Nr. 47.

248

Anhang: Verzeichnis der Verträge

5. Italien—Costa Rica, Abkommen über Fragen der Staatsangehörigkeit, das prozessuale Armenrecht, die Behandlung Hilfsbedürftiger, den Vollzug von Urteilen, die Erledigung von Ersuchungsschreiben in Zivil- und Handelssachen und die gegenseitige Mitteilung von Sterbeurkunden, 6.Mai 1873. — Raccolta ufficiale delle leggi 44 (1875) 601. 6. Italien—Peru, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 23. Dezember 1874. — Raccolta ufficiale delle leggi 55 (1878) 2604. Italien—Serbien, Konsular- und Niederlassungsabkommen, 9. November/ 28. Oktober 1879. — v. M. II 6 S. 644. 7. Italien —Rumänien, Konsular- und Niederlassungsabkommen, 17./5. August 1880. — Raccolta ufficiale delle leggi 62 (1881) 576. Österreich-Ungarn —Serbien, Justizabkommen, 6. Mai/24. April 1881. — v . M . II 8 S. 360. — Siehe Jahr 1911. Italien —Uruguay, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 19. September 1885. — v. M. II 13 S. 660. 8. Italien—Dominikanische Republik, Schiffahrts- und Handelsvertrag, 18. Oktober 1886. — Raccolta ufficiale delle leggi 98 (1890) 3333. 9. Italien—Argentinien, Abkommen über den gegenseitigen Vollzug der Ersuchungsschreiben und der Urteile, 1. August 1887. — Raccolta ufficiale delle leggi 1902 I S. 45. 10. Italien—Bolivien, Freundschafts- und Auslieferungsvertrag, 18. Oktober 1890. — Raccolta ufficiale delle leggi 1901 I S. 773. Mexiko—San Salvador, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 24. April 1893. — v. M. II 20 S. 864. 11. Italien—Paraguay, Freundschafts- und Handelsvertrag, 22. August 1893. — Raccolta ufficiale delle leggi 1894 I I I S. 3457. 12. Italien—Frankreich/Tunis, Konsular- und Niederlassungsabkommen, 28. September 1896. — Raccolta ufficiale delle leggi 1897 I S. 257. 13. Schweiz— Spanien, Vertrag über die gegenseitige Vollstreckung der Urteile oder Beschlüsse in Zivil- oder Handelssachen, 19. November 1896. — Bundesblatt der schweizerischen Eidgenossenschaft 1897 III S. 499. Italien — San Marino, Abkommen über Freundschaft und gute Nachbarschaft, 28. Juni 1897. — v. M. III 2 S. 799. — Siehe Nr. 47. 14. Frankreich—Belgien, Abkommen über die gerichtliche Kompetenz, über die Autorität und die gegenseitige Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen, der Schiedssprüche und der authentischen Urkunden, 8. Juli 1899. — Bulletin des lois de la République Française 1900 II S. 658. Columbien—Ecuador, Abkommen zur Regelung des internationalen Privatrechts, 18. Juni 1903. — v. M. II 35 S. 306. 15. Italien-Nicaragua, Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag, 25. Januar 1906. — Raccolta ufficiale delle leggi 1906 V S. 4252. Italien—San Marino, Zusatzabkommen zum Abkommen über Freundschaft und gute Nachbarschaft vom 28. Juni 1897. Vom 14. Juni 1907. — Raccolta ufficiale delle leggi 1907 V I S. 4534. — Siehe Nr. 47. Mexiko—Honduras, Freundschafts-, Handels-und Schiffahrtsvertrag, 24.März 1908- v . M. I I I 8 S. 398. 16. Spanien—Columbien, Abkommen über die Vollstreckung der von den Gerichten beider Länder erlassenen Zivilurteile, 30. Mai 1908. — M A R Q U É S D E O L I V A R T , Tratados y documentos internacionales de España, Madrid I V (1912) 121. Österreich-Ungarn—Serbien, Rechtshilfevertrag, 30./17. März 1911. — v . M . I I I 7 S. 575-

Anhang:

Verzeichnis der

Verträge

249

17. u. 18. Österreich-Ungarn —Bulgarien, Rechtshilfevertrag, 31. Mai 1 9 1 1 . — österr. R G B l . 1 9 1 2 S. 653. — Österreich—Bulgarien, Zusatzvertrag zum Rechtshilfevertrag von 1 9 1 1 . Vom 20. Oktober 1922. — österr. Bundesgesetzblatt 1924 S. 345. 19. Österreich—Ungarn, Übereinkommen über die Regelung der Vollstreckungsrechtshilfe, 10. Mai 1914. — österr. R G B l . 1914 S. 1160. 20. Italien—Jugoslawien, Vereinbarung (Accordo) wegen der Urteilsvollstreckung in Zivil- und Handelssachen, 6. April 1922. — Raccolta ufficiale delle leggi 1923 X I S. 9986. Italien—Österreich (wie Nr. 20). — Österr. Bundesgesetzblatt 1924 S. 728. 21. Italien—Tschechoslowakei (wie Nr. 20). — Raccolta ufficiale delle leggi 1924 V I S. 4397. — Ausdrücklich wieder in Kraft gesetzt durch Verbalnote der Tschechoslowakei vom 25. Februar 1948. — UN. 26 S. 103. 22. Tschechoslowakei —Jugoslawien, Abkommen zur Regelung der gerichtlichen Beziehungen, 17. März 1923. — SdN. 30 S. 218. Österreich—Deutsches Reich, Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, 21. Juni 1923. — Deutsches R G B l . 1924 I I S. 55. 2 3- Jugoslawien—Bulgarien, Rechtshilfevertrag, 26. November 1923. — SdN. 26 S. 102. 24. Bulgarien—Rumänien, Justizabkommen, 19. April 1924. — SdN. 33 S. 210. 25. Belgien—Niederlande, Abkommen über territoriale gerichtliche Kompetenz, über den Konkurs, wie auch über die Autorität und die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen, der Schiedssprüche und der authentischen Urkunden, 28. März 1925. — SdN. 93 S. 432. 26. Tschechoslowakei—Rumänien, Abkommen, betreffend den gegenseitigen gerichtlichen Schutz und Beistand in Sachen des Zivil- und Handelsrechts sowie in den nicht streitigen Sachen, 7. Mai 1925. — SdN. 54 S. 18. Polen—Freie Stadt Danzig, Abkommen über die gegenseitige Vollstreckbarkeit von gerichtlichen Entscheidungen, 28. November 1925. — v. M. I I I 25 S. 892. 27. Tschechoslowakei—Bulgarien, Abkommen, betreffend den gegenseitigen gerichtlichen Schutz und Beistand in Sachen des Zivil- und Handelsrechts, 15. Mai 1926. — SdN. 60 S. 230. 28. Italien—Türkei, Abkommen, betreffend den Rechtsschutz und die gegenseitige Rechtshilfe in Zivil- und Strafsachen und die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen, 10. August 1926. — Raccolta ufficiale delle leggi 1930 I I I S. 2412. 29. Schweiz—Tschechoslowakei, Abkommen über die Anerkennung und Vollstrekkung gerichtlicher Entscheidungen, 21. Dezember 1926. — SdN. 86 S. 444. 30. Tschechoslowakei—Griechenland, Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, 7. April 1927. — SdN. 88 S . 212. 3 1 . Schweiz—Österreich, Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, 15. Mai 1927. — Eidgenössische Gesetzsammlung 45 (1929) S. 29. 32. Tschechoslowakei—Portugal, Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, 23. November 1927. — SdN. 123 S . 418. 33. Tschechoslowakei—Spanien, Abkommen über die Anerkennung und Vollstrekkung gerichtlicher Entscheidungen, 26. November 1927. — SdN. 1 2 1 S. 3 1 2 . 34. Österreich—Jugoslawien, Staatsvertrag über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr, 1. Mai 1928. — Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 1929 S. 539.

250

Anhang: Verzeichnis der Verträge

35. Palästina—Ägypten, Abkommen, betreffend die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen, 12. Januar 1929. — SdN. 94 S. 10. 36. Italien—Vatikanstadt, Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhle und Italien (sog. Lateranvertrag), 11. Februar 1929. — Raccolta ufficiale delle leggi 1929 IV S. 3 9 8 1 . 37. Deutsches Reich— Schweiz, Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen, 2. November 1929. — RGBl. 1930 I I S. 1066. 38. Frankreich—Italien, Abkommen über die Vollstreckung der Urteile in Zivilund Handelssachen, 3. Juni 1930. — SdN. 153 S. 136. 39. Österreich—Türkei, Übereinkommen über die wechselseitigen rechtlichen Beziehungen in Zivil- und Handelssachen und über die Vollstreckungsrechtshilfe, 22. Juni 1930. — Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 1932 S. 2 5 1 . 40. Sowjetrußland—Mongolei, Abkommen über die Urteilsvollstreckung in gewissen zivilrechtlichen Angelegenheiten. In Kraft getreten am 16. April 1931. — Mitgeteilt von T. A. TARACONZIO in: Am. Journ. of Intern. Law 31 (1937) 6 3 ff. 41. Italien—Schweiz, Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, 3. Januar 1933. — SdN. 142 S. 18. 42. Großbritannien und Nordirland—Frankreich, Abkommen über die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen, 18. Januar 1934. — SdN. 1 7 1 S. 1 8 5 . Tschechoslowakei—Polen, Abkommen über die gegenseitige Vollstreckung der Vollstreckungstitel und die Gegenseitigkeit in Konkurssachen, 10. Februar 1934. — SdN. 178 S. 159. — Ersetzt durch Nr. 48. 43. Großbritannien und Nordirland—Belgien, Abkommen über die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen, 2. Mai 1934. — SdN. 173 S. 2 9 3 . 44. Italien—Niederlande, Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, 7. März 1935. N o c h n i c h t r a t i f i z i e r t . — Gazetta ufficiale del Regno d'Italia 1935 S. 353445. Schweiz— Schweden, Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen, 15. Januar 1936. — Eidgenössische Gesetzsammlung 52 (1936) S. 225. 46. Deutsches Reich— Italien, Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, 9. März 1936. — RGBl. 1937 I I S. 145. 47. Italien—San Marino, Abkommen über Freundschaft und gute Nachbarschaft, 31. März 1939. — Raccolta ufficiale delle leggi, 1939 I I I S. 2751. 48. Tschechoslowakei—Polen, Abkommen über die gegenseitigen Rechtsbeziehungen in Zivil- und Strafsachen, 21. Januar 1949. — UN. 31 S. 263. B. S y s t e m a t i s c h e s V e r z e i c h n i s der g e l t e n d e n o d e r 1940 in G e l t u n g gewesenen V e r t r ä g e , e i n s c h l i e ß l i c h des ö s t e r r e i c h i s c h - d e u t s c h e n V e r t r a g e s von 1 9 2 3 I. U n v o l l k o m m e n e

Verträge.

1. L e e r l a u f e n d e V e r t r ä g e . 1. Bulgarien—Rumänien, 19. April 1924. 2. Italien—Vatikanstadt, 11. Februar 1929.

251

Anhang: Verzeichnis der Verträge 2. V e r t r ä g e m i t e n g e r g e g e n s t ä n d l i c h e r

Begrenzung.

3. Sowjetrußland—Mongolei, in K r a f t 16. April 1931. II. V e r t r ä g e m i t g r u n d s ä t z l i c h u m f a s s e n d e r 1. V e r t r ä g e m i t B e u r t e i l u n g s r e g e l n z u r

Regelung. Jurisdiktionsfrage.

a) U n b e s t i m m t e F a s s u n g . 4. Italien (Sardinien) —Spanien, 30. Juni 1851. 5. Italien—Honduras, 31. Dezember 1868. 6. Italien—Costa Rica, 6. Mai 1873. 7. Italien —Peru, 23. Dezember 1874. 8. Italien—Rumänien, 17./5. August 1880. 9. Italien—Dominikanische Republik, 18. Oktober 1886. 10. Italien—Argentinien, 1. August 1887. 11. Italien—Bolivien, 18. Oktober 1890. 12. Italien—Paraguay, 22. August 1893. 13. Italien—Frankreich/Tunis, 28. September 1896. 14. Italien—Nicaragua, 25. Januar 1906. 15. Schweiz—Spanien, 19. November 1896. b) V e r w e i s u n g a u f

die

G e s e t z g e b u n g des

Zweitstaates.

Unbestimmte Verweisung: 16. Baden—Aargau, 23. August/28. September 1867. österreichische Jurisdiktionsformel: 17. Österreich—Jugoslawien, 1. Mai 1928. 18. Tschechoslowakei—Jugoslawien, 17. März 1923. 19. Italien —Jugoslawien, 6. April 1922. 20. Italien—Tschechoslowakei, 6. April 1922. 21. Österreich—Türkei, 22. Juni 1930. Formel des Haager Entwurfs von 192g: 22. 23. 24. 25. 26.

Schweiz—Tschechoslowakei, 21. Dezember 1926. Schweiz—Österreich, 15. März 1927. Tschechoslowakei—Griechenland, 7. April 1927. Tschechoslowakei—Portugal, 23. November 1927. Tschechoslowakei—Spanien, 26. November 1927. Bloßer Vorbehalt der ausschließlichen Zuständigkeit eines zweitstaatlichen Gerichts. Ausdrücklicher Vorbehalt:

27. 28. 29. 30.

Österreich—Deutsches Reich, 21. Juni 1923. Tschechoslowakei—Rumänien, 7. Mai 1925. Tschechoslowakei —Bulgarien, 15. Mai 1926. Tschechoslowakei—Polen, 21. Januar 1949. Stillschweigender Vorbehalt:

31. Italien —San Marino, 31. März 1939. 32. Spanien—Columbien, 30. Mai 1908. c) D o p p e l t e V e r w e i s u n g : a u f die a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e d e s i n t e r n a t i o n a l e n R e c h t s u n d a u f die G e s e t z g e b u n g d e s E r s t staates. 33. Italien—Türkei, 10. August 1926.

252

Anhang:

Verzeichnis

der Verträge

d) V e r t r a g l i c h e A n e r k e n n u n g b e s t i m m t e r 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46.

Gerichtsstände.

Österreich—Bulgarien, 31. Mai 1911, bestätigt 20. Oktober 1922. U n g a r n — B u l g a r i e n , 31. Mai 1911. Jugoslawien—Bulgarien, 26. N o v e m b e r 1923. Österreich—Ungarn, xo. Mai 1914. Deutsches R e i c h — S c h w e i z , 2. November 1929. Deutsches R e i c h — I t a l i e n , 9. März 1936. Frankreich—Italien, 3. Juni 1930. Italien—Schweiz, 3. Januar 1933. Italien—Niederlande, 6. März 1935 (noch nicht ratifiziert). Schweiz—Schweden, 15. Januar 1936. Großbritannien und Nordirland—Frankreich, 18. Januar 1934. Großbritannien und Nordirland—Belgien, 2. Mai 1934. P a l ä s t i n a — Ä g y p t e n , 12. Januar 1929.

2. V e r t r ä g e

mit Befolgungsregeln

zur

Jurisdiktionsfrage.

47. Frankreich—Schweiz, 15. Juni 1869. 48. F r a n k r e i c h — B e l g i e n , 8. Juni 1899. 49. Belgien—Niederlande, 28. März 1925.

C. A l p h a b e t i s c h e s V e r z e i c h n i s d e r g e l t e n d e n o d e r 1940 i n G e l t u n g g e w e s e n e n V e r t r ä g e , e i n s c h l i e ß l i c h des deutsch-österreichischen V e r t r a g e s v o n 1923 Jeder V e r t r a g erscheint zweimal. A a r g a u — B a d e n , 28. September/23. A u g u s t 1867. Ä g y p t e n — P a l ä s t i n a , 12. Januar 1929. Argentinien—Italien, 1. A u g u s t 1887. B a d e n — A a r g a u , 23. August/28. September 1867. Belgien—Frankreich, 8. Juli 1899. Belgien—Großbritannien und Nordirland, 2. Mai 1934. Belgien—Niederlande, 28. März 1925. B o l i v i e n — I t a l i e n , 18. Oktober 1890. Bulgarien—Jugoslawien, 26. N o v e m b e r 1923. Bulgarien—Österreich, 31. Mai 1911, bestätigt 20. Oktober 1922. Bulgarien —Rumänien, 19. April 1924. Bulgarien—Tschechoslowakei, 15. Mai 1926. Bulgarien —Ungarn, 31. Mai 1 9 1 1 . Columbien—Spanien, 30. Mai 1908. Costa R i c a — I t a l i e n , 6. Mai 1873. Deutsches R e i c h — I t a l i e n , 9. März 1936. Deutsches Reich—Österreich, 21. Juni 1923. Deutsches R e i c h — S c h w e i z , 2. N o v e m b e r 1929. Dominikanische Republik—Italien, 18. Oktober 1886. England, siehe Großbritannien. Frankreich—Belgien, 8. Juli 1899. Frankreich—Großbritannien und Nordirland, 18. Januar 1934. Frankreich—Italien, 3. Juni 1930. Frankreich—Schweiz, 15. Juni 1869. Frankreich/Tunis—Italien, 28. September 1896. Griechenland—Tschechoslowakei, 7. April 1927. Großbritannien und Nordirland—Belgien, 2. Mai 1934.

Anhang:

Verzeichnis

der Verträge

Großbritannien und Nordirland—Frankreich, 18. Januar 1934. Honduras —Italien, 31. Dezember 1868. Italien—Argentinien, 1. A u g u s t 1887. Italien—Bolivien, 18. Oktober 1890. Italien—Costa Rica, 6. Mai 1873. Italien—Deutsches Reich, 9. März 1936. Italien—Dominikanische Republik, 18. Oktober 1886. Italien—Frankreich, 3. Juni 1930. Italien—Frankreich/Tunis, 28. September 1896. Italien—Honduras, 31. Dezember 1868. Italien—Jugoslawien, 6. April 1922. Italien—Nicaragua, 25. Januar 1906. Italien—Niederlande, 7. März 1935 (noch nicht ratifiziert). I t a l i e n — P a r a g u a y , 22. A u g u s t 1893. Italien—Peru, 23. Dezember 1874. Italien—Rumänien, 17./5. August 1880. I t a l i e n — S a n Marino, 31. März 1939. Italien—Schweiz, 3. Januar 1933. Italien(Sardinien) — Spanien, 30. Juni 1851. Italien—Tschechoslowakei, 6. April 1922. Italien—Türkei, 10. August 1926. Italien—Vatikanstadt, 11. Februar 1929. Jugoslawien—Bulgarien, 26. November 1923. Jugoslawien—Italien, 6. April 1922. Jugoslawien—Österreich, 1. Mai 1928. Jugoslawien—Tschechoslowakei, 17. März 1923. Mongolei— Sowjetrußland, in K r a f t am 16. April J931. Nicaragua—Italien, 25. Januar 1906. Niederlande—Belgien, 28. März 1925. Niederlande—Italien, 7. März 1935 (noch nicht ratifiziert). Österreich—Bulgarien, 31. Mai 1911, bestätigt 20. Oktober 1922. Österreich—Deutsches Reich, 21. Juni 1923. Österreich—Jugoslawien, 1. Mai 1928. Österreich—Schweiz, 1 5 . März 1927. Österreich—Türkei, 22. Juni 1930. Österreich—Ungarn, 10. Mai 1914. P a l ä s t i n a — Ä g y p t e n , 12. Januar 1929. P a r a g u a y — I t a l i e n , 22. A u g u s t 1893. P e r u — I t a l i e n , 23. Dezember 1874. Polen—Tschechoslowakei, 21. Januar 1949. Portugal—Tschechoslowakei, 23. November 1927. Rumänien—Bulgarien, 19. A p r i l 1924. Rumänien—Italien, 17./5. August 1880. Rumänien—Tschechoslowakei, 7. Mai 1925. Rußland, siehe Sowjetrußland. San Domingo, siehe Dominikanische Republik. San Marino—Italien, 31. März 1939. Sardinien, siehe Italien. Schweden—Schweiz, 15. Januar 1936. Schweiz—Deutsches Reich, 2. November 1929. Schweiz—Frankreich, 15. Juni 1869. Schweiz—Italien, 3. Januar 1933.

254

Anhang:

Verzeichnis

der Verträge

Schweiz—Österreich, 15. März 1927. S c h w e i z — S c h w e d e n , 15. Januar 1936. Schweiz—Spanien, 19. N o v e m b e r 1896. Schweiz—Tschechoslowakei, 21. Dezember 1926. Serben, Kroaten und Slowenen, Königreich der, siehe Jugoslawien. Sowjetrußland—Mongolei, in K r a f t am 16. April 1931. Spanien—Columbien, 30. Mai 1908. Spanien—Italien (Sardinien), 30. Juni 1851. Spanien—Schweiz, 19. N o v e m b e r 1896. Spanien—Tschechoslowakei, 26. N o v e m b e r 1927. Tschechoslowakei—Bulgarien, 15. Mai 1926. Tschechoslowakei—Griechenland, 7. A p r i l 1927. Tschechoslowakei—Italien, 6. April 1922. Tschechoslowakei—Jugoslawien, 17. März 1923. Tschechoslowakei—Polen, 21. Januar 1949. Tschechoslowakei—Portugal, 23. N o v e m b e r 1927. Tschechoslowakei—Rumänien, 7. Mai 1925. Tschechoslowakei—Schweiz, 21. Dezember 1926. Tschechoslowakei—Spanien, 26. N o v e m b e r 1927. T ü r k e i — I t a l i e n , 10. A u g u s t 1926. Türkei—Österreich, 22. Juni 1930. Tunis, siehe Frankreich/Tunis. Ungarn—Bulgarien, 31. Mai 1911. Ungarn—Österreich, 10. Mai 1914. Vatikanstadt—Italien, 11. Februar 1929.

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung Die Verträge sind rein alphabetisch geordnet, auch steht der im Alphabet frühere Staat immer an erster Stelle. Da jede Seite als Überschrift die Staaten nennt, zu denen der Vertragstext gehört, kann man den gesuchten Text unmittelbar, ohne Hilfe des Inhaltsverzeichnisses aufschlagen. Den Abschluß bilden der Haager Entwurf und das Haager Questionnaire von 1925 sowie die Haager Zusätze von 1928. Man findet: E n g l a n d unter Großbritannien, S a n D o m i n g o unter Dominikanische Republik, S a r d i n i e n unter Italien, Königreich der S e r b e n , K r o a t e n und S l o w e n e n unter Jugoslawien, T u n i s unter Frankreich/Tunis, U n g a r n unter Österreich-Ungarn. Seite

Aargau—Baden Ägypten—Palästina Argentinien—Italien Belgien—Frankreich Belgien—Großbritannien Belgien—Niederlande Bolivien—Italien Bulgarien—Jugoslawien Bulgarien—Österreich-Ungarn . Bulgarien—Österreich Bulgarien—Rumänien Bulgarien—Tschechoslowakei Columbien—Spanien Costa Rica—Italien Deutsches Reich—Italien Deutsches Reich—Österreich Deutsches Reich—Schweiz Dominikanische Republik—Italien Frankreich— Großbritannien Frankreich—Italien Frankreich—Schweiz Zusatzvertrag von 1935 Frankreich/Tunis—Italien Griechenland—Tschechoslowakei Honduras—Italien 17

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsvertr&ge. II.

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Inhaltsverzeichnis

Italien—Jugoslawien Italien—Nicaragua Italien—Niederlande (noch nicht ratifiziert) Italien—Paraguay Italien—Peru Italien—Rumänien I t a l i e n — S a n Marino Italien—Schweiz Italien (Sardinien) — Spanien . Italien—Tschechoslowakei Italien—Türkei Italien—Vatikanstadt Jugoslawien—Österreich Jugoslawien—Tschechoslowakei Mongolei— Sowjetrußland Österreich—Schweiz Österreich—Türkei Österreich—Ungarn Polen—Tschechoslowakei Portugal—Tschechoslowakei Rumänien—Tschechoslowakei Schweden—Schweiz Schweiz—Spanien Schweiz—Tschechoslowakei Spanien—Tschechoslowakei

Seite 326 326 327 331 332 333 334 336 33g 340 341 343 343 347 349 350 353 355 363 366 369 371 375 376 378

Anhang Haager Entwurf von 1925 Haager Questionnaire von 1925 Haager Zusätze von 1928

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Register

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Texte Aargau—Baden Übereinkommen z w i s c h e n dem Großherzogthum B a d e n und dem K a n t o n A a r g a u , b e t r e f f e n d die g e g e n s e i t i g e V o l l s t r e c k b a r k e i t der U r t h e i l e und den V o l l z u g von E r s u c h s c h r e i b e n in b ü r g e r lichen R e c h t s s a c h e n . Vom 23. August/28. September 18&y. Badisches Regierungsblatt 1867, S. 426. Art. 1. Erkenntnisse in bürgerlichen Rechtssachen, mit Einschluß der Handelssachen, welche von den zuständigen Gerichten des einen der kontrahirenden Staaten auf gegenseitige Verhandlungen oder auf Ausbleiben oder Versäumniß des Beklagten erlassen sind, werden, nachdem sie die Rechtskraft beschritten haben, auch in dem andern Staate vollziehbar, vorausgesetzt, daß die Betheiligten den in Artikel 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen genügen. Den Erkenntnissen der Gerichte stehen rechtskräftige Schiedssprüche gleich. Art. 2. Die Frage der Zuständigkeit wird nach den Gesetzen desjenigen Staates geprüft und entschieden, in welchem das Erkenntniß zum Vollzuge kommen soll. Art. 3. Diejenige Partei, welche auf Grand eines in dem einen Staate ergangenen Urtheiles oder Schiedsspruches Zwangsvollstreckung auf das in dem andern Staate befindliche Vermögen erwirken will, hat eine beglaubigte Fertigung des Urtheiles oder Schiedsspruches nebst Urkunde über die geschehene Eröffnung und ein Zeugniß der Gerichtskanzlei über die Rechtskraft vorzulegen. Art. 4. Diejenige Partei, welche den Vollzug des Urtheiles oder Schiedsspruches verlangt, hat die in Artikel 3 bezeichneten Ausweise der zuständigen Behörde vorzulegen, welche zu prüfen hat, ob das Urtheil oder der Schiedsspruch nach denselben als zuständig erlassen und rechtskräftig zu betrachten, somit der Vollzug zuzulassen sei. Diese zuständige Behörde ist im Kanton Aargau das Obergericht, im Großherzogthum Baden das Gericht erster Instanz desjenigen Bezirks, in welchem die belangte Partei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder die Sache gelegen ist. Art. 5. Beide kontrahirende Staaten verpflichten sich ferner, Zustellungen, Ladungen und Ersuchschreiben um Vornahme gerichtlicher Handlungen in bürgerlichen Rechtssachen durch ihre Behörden vollziehen zu lassen, soweit die Gesetze des Landes, an dessen Behörde das Ansuchen gestellt wird, nicht entgegenstehen, auch auf Verlangen Bescheinigung über die geschehene Zustellung zu erheben und mitzutheilen. 17*

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Ägypten—Palästina

Art. 6. Für die Besorgung der Zustellungen und Ersuchschreiben sollen gegenseitig keine Kosten und kein Porto berechnet werden. Art. 7. Gegenwärtige Übereinkunft ist auf fünf Jahre abgeschlossen und bleibt fünf weitere Jahre in Kraft, wenn sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraums keine der beiden Regierungen ihren Rücktritt erklärt, und so fort von fünf zu fünf Jahren. So geschehen Karlsruhe den 23. August 1867. Gegeben in Aarau den 28. Herbstmonat 1867. Ägypten-Palästina Convention between E g y p t and P a l e s t i n e concerning rec i p r o c a l e n f o r c e m e n t of j u d g m e n t s . Signed at Cairo, January 12, 1929. Texte officiel anglais. SdN. 94 (1929) S. 10. Art. i . In this Convention, unless the context otherwise requires, "judgment" means any judgment or order given or made by a Court in any civil or commercial proceedings, or by any religious Court established by law, whether before or after the passing of this convention, whereby any sum of money is made payable, and includes an award in proceedings on an arbitration if the award has, in pursuance of the law in force in the place where it was made, become enforceable in the same manner as a judgment given by a Court in that place. "Original Court" in relation to any judgment means the Court by which the judgment was given. "Registering Court" in relation to any judgment means the Court by which the judgment was registered. "Judgment creditor" means the person by whom the judgment was obtained, and includes the successors and assigns of that person. "Judgment debtor" means the person against whom the judgment was given, and includes any person against whom the judgment is enforceable in the place where it was given. Art. 2. The judgment given by any civil or commercial court or religious court established by law in Palestine and Egypt shall be enforceable in the territories of each of the two countries in accordance with the procedure, and subject to the conditions, hereinafter provided: Art. 3. i . The party seeking to enforce in Egypt a judgment of a Palestinian Court shall apply within one year of the date of the judgment for an order of exequatur. Such order shall be granted in the form of an "ordonnance sur requête" by the President of the Court of First Instance of the Mixed or Native Court (as the case may be) of the place or one of the places in which execution is to be effected. 2. The rules as to application to set aside such an order, the periods of limitation, and in general all the rules of procedure applicable under the relevant law in Egypt to an "ordonnance sur requête" shall apply to an order of exequatur issued in Egypt in pursuance of this convention. 3. The party seeking to enforce in Palestine a judgment of an Egyptian Court may apply within one year of the date of the judgment, to the President of the District Court of the District within which the judgment is to be enforced for the registration of the judgment in the Court. 4. An order for registration in Palestine shall be liable to be set aside upon application by the judgment debtor in accordance with the proce-

Ägypten—Palästina

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dure from time to time prescribed for setting aside the registration of a judgment under the Reciprocal Enforcement of Judgments Ordinance 1922, or any other Ordinance substituted therefor. Art. 4. 1. The judgment creditor shall, in support of his application, produce a certified copy of the judgment of which he seeks execution, in the form prescribed by the law of the country from which the judgment emanates and being enforceable therein. The seal and signature of the authority granting the certified copy shall be legalised in the case of an "Egyptian judgment by the Minister of Justice or his representative and in the case of a Palestinian judgment by the Chief Secretary of the Government of Palestine or his representative. 2. Unless a judgment which it is sought to enforce under this convention is one which under the law of the country in which it was obtained was capable of being enforced, notwithstanding any appeal or opposition, the judgment creditor shall satisfy the President of the Court to which the application is made that no appeal or opposition is pending. Art. 5. The President of the Court to which an application for the enforcement of a judgment is made shall not examine the merits of the case. He shall not refuse an order of exequatur or of registration (as the case may be), except in the following cases: (a) If the Original Court acted without jurisdiction; or (b) If the judgment debtor, being a person who was neither ordinarily resident, nor possessing a commercial establishment, nor at the date of the entry of the action carrying on business within the jurisdiction of the Original Court, nor a party to a commercial contract, the subject matter of the action, which was intended to be executed, wholly or in part, within the jurisdiction of that Court, did not voluntarily appear or otherwise submit or agree to submit to the jurisdiction of that Court, particularly by choosing a place of service within that jurisdiction; or (c) If the judgment debtor, being a defendant in the proceedings, was not duly served with the process of the Original Court and did not appear, notwithstanding that he was ordinarily resident or was carrying on business within the jurisdiction of that Court or agreed to submit to the jurisdiction of that Court ; or (d) If the judgment has given effect to a cause of action which for reasons of public policy could not have been entertained by the Court of the country in which execution is demanded; or (e) If execution of the judgment is incompatible with the international Treaties and Agreements in force within the country in which execution is demanded; or (f) If a contradictory judgment between the same parties and upon the same facts has been given by the Courts of the country in which execution is demanded; or (g) if there has been fraud by the other party to the action calculated to influence the decision of the judges or if the documents on which the decision is based have since been recognised or declared judicially to be false. Art. 6. The order of exequatur or of registration shall invest the foreign judgment with the same force and effect, and proceedings may be taken thereon, as if it had been a judgment originally obtained by the

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Court of the country in which execution is sought. The Court of which the President has granted the order of exequator or of registration shall have the same control and jurisdiction over the judgment as it has over similar judgments given by itself so far as relates to execution. Art. 7. Nothing contained in this convention shall apply to any judgment of a Court in Egypt or Palestine being: (a) A judgment purporting to adjudicate on the title to or the right to possession of immovable property elsewhere than in Egypt or in Palestine (as the case may be), or to adjudicate as to any mortgage or charge or easement on such property; (b) A judgment against the Government of Palestine or the Government of Egypt or any Officer thereof in respect of any act done by such Officer in the course of his duty; (c) A judgment given by a Consular Court or other Foreign Court in Egypt established in virtue of the Capitulations or other international conventions. Art. 8. (1) The present convention is made for a period of five years and shall come into force fifteen days after the date of signature. (2) If neither of the contracting parties shall have notified to the other one year before the expiration of the said term of five years its intention to discontinue the present convention, the convention shall continue in force for a further period of one year, and so on from year to year until the expiration of one year from the date on which notification of the intention to denounce it was given. Done in duplicate, in English and Arabic, both texts being authentic. Cairo, the 12th day of January, 1929. Argentinien—Italien

C o n v e n z i o n e t r a l ' I t a l i a e la R e p u b b l i c a A r g e n t i n a per l a r e c i p r o c a e s e c u z i o n e d e l l e l e t t e r e r o g a t o r i e e dei g i u d i c a t i . 1 agosto 1887. Raccolta ufficiale delle leggi 1902 I, S. 45. Art. 8. Le sentenze definitive in materia civile e commerciale proferite dalle autorità giudiziarie di ciascuna delle parti contraenti avranno completa e reciproca esecuzione negli Stati dall' altra parte come quelle dei propri tribunali. Per tale effetto sarà però necessario che i tribunali competenti della circoscrizione ove deve eseguirsi la sentenza, secondo le rispettive leggi di procedura, la dichiarino esecutiva, dopo aver citato gl'interessati in un giudizio sommario, nel quale si esaminerà solamente: i ° se la sentenza la cui esecuzione viene richiesta sia stata proferita dall' autorità giudiziaria competente; 2° se le parti debitamente citate abbiano assistito al giudizio personalmente o per mezzo di un mandatario legale, o se sieno state dichiarate contumaci in conformità dei vigenti codici di procedura; 3° se il giudicato derivi dall' esercizio di un' azione personale e la obbligazione od obbligazioni da eseguirsi non sieno proibite dalle leggi dello Stato richiesto; 40 se la sentenza non contenga disposizioni contrarie all' ordine pubblico o al diritto pubblico dello Stato medesimo.

Belgien -r Frankreich

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La esecuzione della sentenza potrà essere richiesta per la via diplomatica o direttamente dalla parte interessata; avvertendosi che, allorquando essa venga richiesta per la via diplomatica, se la parte interessata non avrà costituito un procuratore, questo le verrà nominato d'ufficio dal magistrato che deve decidere sul giudicato, e dovrà essa soddisfare al procuratore il pagamento di ogni legittima sua competenza. L'autenticazione della sentenza sarà fatta in conformità delle leggi di ciascun paese, aggiungendovisi la legalizzazione finale del Ministero degli affari esteri. Art. 9. La presente convenzione entrerà in vigore il giorno in cui ne saranno scambiate le ratifiche, e durerà indefinitamente; però potrà cessare, se una delle parti contraenti notificasse ufficialmente all' altra, sei mesi prima, la sua risoluzione di modificarla o di farla cessare. In fede di che, i rispettivi plenipotenziari hanno firmato la presente convenzione e vi hanno apposto il loro sigillo. Fatto a Roma, in doppio originale, addì primo di agosto dell' anno mille ottocento ottanta sette.

Belgien—Frankreich

Convention e n t r e l a F r a n c e et l a B e l g i q u e sur la c o m p é t e n c e j u d i c i a i r e , sur l ' a u t o r i t é et l ' e x é c u t i o n des d é c i s i o n s j u d i c i a i r e s , des s e n t e n c e s a r b i t r a l e s et d e s a c t e s a u t h e n t i q u e s . Du 8 juillet 1899. Bulletin des lois de la République Française 1900 II, S. 658. Titre 1 « De l a c o m p é t e n c e . Ier

Ier

Art. § En matière civile et en matière commerciale les Français, en Belgique et les Belges en France sont régis par les mêmes règles de compétence que les nationaux. § 2. Toutefois les Belges ne peuvent invoquer en France l'article 14 du Code civil pour traduire d'autres étrangers devant les tribunaux français que s'ils ont été autorisés par le gouvernement français à établir leur domicile en France, et tant qu'ils continuent d'y résider. § 3. L'article 15 du Code civil cesse d'être applicable dans les rapports entre Français et Belges. Art. 2. Si le défendeur n'a ni domicile ni résidence en France ou en Belgique, le demandeur belge ou français peut saisir de la contestation le juge du lieu où l'obligation est née, a été ou doit être exécutée. Les Belges conserveront en France les droits que leur confère, en matière commerciale, l'article 420 du Code de procédure civile, aussi longtemps que cette disposition restera en vigueur. Art. 3. § 1 " Lorsqu'un domicile attributif de juridiction a été élu dans l'un des pays pour l'exécution d'un acte, les juges du lieu du domicile élu sont seuls compétents pour connaître des contestations relatives à cet acte. Si cependant le domicile n'a été élu qu'en faveur de l'une des parties contractantes, celle-ci conserve le droit de saisir tout autre juge compétent.

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§ 2. Tout industriel ou commerçant, toute société civile ou commerciale de l'un des deux pays, qui établit une succursale dans l'autre est réputé faire élection de domicile, pour le jugement de toutes les contestations concernant les opérations de la succursale, au lieu ou celle-ci a son siège. Art. 4 § Ier Les tribunaux de l'un des États contractants renvoient, si l'une des parties le demande, devant les tribunaux de l'autre pays les contestations dont ils sont saisis quand ces contestations y sont déjà pendantes ou quand elles sont connexes à d'autres contestations soumises à ces tribunaux. Ne peuvent être considérées comme connexes que les contestations qui procèdent de la même cause ou portant sur le même objet. § 2. Le juge devant lequel la demande originaire est pendante connaît des demandes en garantie et des demandes reconventionnelles, à moins qu'il ne soit incompétent à raison de la matière. Art. 5. Le juge français ou belge, compétent pour statuer sur la demande en validité ou en mainlevée d'une saisie-arrêt, l'est également pour connaître de l'existence de la créance, à moins qu'il ne soit incompétent à raison de la matière, et sauf le cas de litispendance. Art. 6. Toutes les contestations relatives à la tutelle des mineurs ou des interdits sont portées devant le juge du lieu où la tutelle s'est ouverte. Art. 7. § Ier Seront, dans chaque pays, portées devant le juge du lieu de l'ouverture de la succession, les actions en pétition d'hérédité, les actions en partage et toutes autres entre cohéritiers jusqu'au partage, les actions contre l'exécuteur testamentaire, les actions en nullité ou en rescision de partage et en garantie des lots, les actions des légataires et des créanciers contre les héritiers ou l'un d'eux. § 2. La compétence relative à ces actions est limitée en Belgique suivant l'article 47 de la loi du 25 mars 1876. Art. 8. § Ier Le tribunal du lieu du domicile d'un commerçant français ou belge, dans l'un ou l'autre des deux pays, est seul compétent pour déclarer la faillite de ce commerçant. Pour les sociétés commerciales françaises ou belges ayant leur siège social dans l'un des deux pays, le tribunal compétent est celui de ce siège social. Les commerçants des deux nations, dont le domicile n'est ni en France ni en Belgique, peuvent être, néanmoins, déclarés en faillite dans l'un des deux pays s ils y possèdent un établissement commercial. Dans ce cas, le tribunal compétent est celui du lieu de l'établissement. § 2. Les effets de la faillite déclarée dans l'un des deux pays par le tribunal compétent, d'après les règles qui précèdent, s'étendent au territoire de l'autre. Le syndic ou curateur peut, en conséquence, prendre toutes mesures conservatoires ou d'administration et exercer toutes actions comme représentant du failli ou de la masse. Il ne peut, toutefois, procéder à des actes d'exécution qu'autant que le jugement en vertu duquel il agit a été revêtu de l'exequatur, conformément aux règles édictées par le titre II ci-après. Le jugement d'homologation du concordat rendu dans l'un des deux pays aura autorité de chose jugée dans l'autre et y sera exécutoire d'après les dispositions du même titre II. § 3. Lorsque la faillite déclarée dans l'un des deux pays comprend une succursale ou un établissement dans l'autre, les formalités de publicité exigées par la législation de ce dernier pays sont remplies, à la

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diligence du syndic ou du curateur, au lieu de cette succursale ou de cet établissement. § 4. Les effets des sursis, concordats préventifs ou liquidations judiciaires, organisés par le tribunal du domicile du débiteur dans l'un des deux États, s'étendent, dans la mesure et sous les conditions ci-dessus spécifiées, au territoire de l'autre État. Art. 9. Les mesures provisoires ou conservatoires organisées par les législations française et belge peuvent, en cas d'urgence, être requises des autorités de chacun des deux pays, quel que soit le juge compétent pour connaître du fond. Art. 10. Pour tous les cas où la présente convention n'établit pas de règles de compétence commune, la compétence est réglée dans chaque pays par la législation qui lui est propre. Titre II. D e l ' a u t o r i t é et de l ' e x é c u t i o n des d é c i s i o n s j u d i c i a i r e s , des s e n t e n c e s a r b i t r a l e s et des a c t e s a u t h e n t i q u e s . Art. 11. Les décisions des cours et tribunaux rendues en matière civile ou en matière commerciale dans l'un des deux États ont dans l'autre l'autorité de la chose jugée, si elles réunissent les conditions suivantes: i ° Que la décision ne contienne rien de contraire à l'ordre public ou aux principes du droit public du pays où elle est invoquée; 2 0 Que, d'après la loi du pays où la décision a été rendue, elle soit passée en force de chose jugée; 3° Que, d'après la même loi, l'expédition qui en est produite réunisse les conditions nécessaires à son authenticité; 4 0 Que les parties aient été légalement citées, représentées ou déclarées défaillantes; 5° Que les règles de compétence rendues communes aux deux pays par la convention n'aient pas été méconnues. Art. 12. Les décisions des cours et tribunaux, rendues dans l'un des deux États, peuvent être mises à exécution dans l'autre État, tant sur les meubles que sur les immeubles, après y avoir été déclarées exécutoires. Les décisions belges rendues exécutoires en France n'y entraîneront pas hypothèque judiciaire. L'exequatur est accordé par le tribunal civil du lieu où l'exécution doit être poursuivie. Il a effet dans toute l'étendue du territoire. Le tribunal saisi de la demande d'exécution statue comme en matière sommaire et urgente. Son examen ne porte que sur les points énumérés dans l'article précédent. Art. 13. En accordant l'exequatur, le juge ordonne, s'il y a lieu, les mesures nécessaires pour que la décision étrangère reçoive la même publicité que si elle avait été prononcée dans le ressort où elle est rendue exécutoire. Art. 14. Le jugement qui statue sur la demande d'exequatur n'est pas susceptible d'opposition. Il peut toujours être attaqué par la voie de l'appel dans les quinze jours qui suivent la signification à partie. L'appel est jugé sommairement et sans procédure. Art. 15. Les sentences arbitrales rendues dans l'un des deux États ont dans l'autre l'autorité de la chose jugée et peuvent y être rendues exécutoires si elles satisfont aux conditions exigées par les n os 1, 2, 3 et 4 de l'article 11.

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L'exequatur est accordé par le président du tribunal civil de l'arrondissement dans lequel l'exécution est poursuivie. Art. 16. Les actes authentiques, exécutoires dans l'un des deux pays, peuvent être déclarés exécutoires dans l'autre par le président du tribunal civil de l'arrondissement où l'exécution est demandée. Ce magistrat vérifie si les actes réunissent les conditions nécessaires pour leur authenticité dans le pays où ils ont été reçus et si les dispositions dont l'exécution est poursuivie n'ont rien de contraire à l'ordre public ou aux principes de droit public du pays où l'exequatur est requis. Art. 17. Les hypothèques consenties dans l'un des deux pays n'auront d'effet à l'égard des immeubles situés dans l'autre que lorsque les actes qui en contiennent la stipulation auront été rendus exécutoires par le président du tribunal civil de la situation des biens. Ce magistrat vérifie si les actes et les procurations qui en sont le complément réunissent toutes les conditions nécessaires pour leur authenticité dans le pays où ils ont été reçus. Art. 18. Dans les cas prévus par les articles 15, 16 et 17, la décision du président a effet dans toute l'étendue du territoire. Elle est susceptible d'appel. La cour statue comme en matière d'appel de référé. Art. 19. La présente convention ne sera applicable qu'aux décisions rendues par les cours et tribunaux postérieurement au jour où elle sera devenue obligatoire dans les deux pays. Elle ne déroge pas à la convention internationale conclue à la Haye, le 14 novembre 1896, et relative à la procédure civile. Elle n'enlève aux Français aucun des droits que leur confère la loi belge du 25 mars 1876, tant qu'elle sera en vigueur. Art. 20. La présente convention est conclue pour cinq ans à partir du jour de l'échange des ratifications. Dans le cas où aucune des hautes parties contractantes n'aurait notifié, une année avant l'expiration de ce terme, son intention d'en faire cesser les effets, la convention continuera d'être obligatoire encore une année et ainsi de suite, d'année en année, tant que l'une des parties ne l'aura pas dénoncée. Art. 21. La présente convention sera soumise à l'approbation des pouvoirs législatifs. Les ratifications en seront échangées à Paris aussitôt que faire se pourra, et la convention entrera simultanément en vigueur dans les deux pays au jour fixé par les parties contractantes. En foi de quoi les plénipotentiaires respectifs ont signé la présente convention qu'ils ont revêtue de leurs cachets. Fait à Paris, en double exemplaire, le 8 juillet 1899. Belgien—Großbritannien

Convention between B e l g i u m and Great B r i t a i n and Nort h e r n I r e l a n d f o r t h e r e c i p r o c a l e n f o r c e m e n t of j u d g m e n t s in c i v i l and c o m m e r c i a l m a t t e r s . Signed at Brussels, May 2nd, 1934. SdN. 173 (1936), S. 293. Art. I. In this Convention: (1) The words "His Majesty the King and Emperor" shall mean His Majesty the King of Great Britain, Ireland and the British Dominions beyond the Seas, Emperor of India;

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(2) The words "territory of one (or of the other) High Contracting Party" shall be interpreted as meaning: (a) On the part of His Majesty the King and Emperor, the United Kingdom (England and Wales, Scotland and Northern Ireland) and any territories to which the Convention applies by reason of extensions under Article 11, or accessions under Article 13; and (b) On the part of His Majesty the King of the Belgians, Belgium and any territories to which the Convention applies by reason of extensions under Article 12. (3) The words "superior court" shall be deemed to mean: (a) In the case of the United Kingdom, the House of Lords, and for England and Wales, the Supreme Court of Judicature (Court of Appeal and High Court of Justice) and the Courts of Chancery of the Counties Palatine of Lancaster and Durham; for Scotland, the Court of Session; and of Northern Ireland, the Supreme Court of Judicature; (b) And in the case of Belgium, the Court of Cassation, all Courts of Appeal, Tribunals of First Instance and Tribunal of Commerce. All other courts in these territories shall be deemed to be "inferior courts" for the purpose of this Convention. (4) The word "judgment" means any decision of a court however described (judgment, order and the like) by which the rights of the parties are finally determined. (5) (a) The words "original court" shall be deemed to mean, in relation to any judgment, the court by which such judgment was given; and the words "court applied to" the court in which it is sought to obtain recognition of a judgment, or to which an application for registration or grant of exequatur is made; (b) The words "judgment debtor" mean the person against whom the judgment was given in the original court, and include any person against whom judgment is enforceable in the country of the original court; and the words "judgment creditor" mean the person in whose favour the judgment was given, and include his successor and assigns. Art. 2. (1) Judgments pronounced after the date of the entry into force of the present Convention by a superior court in the territory of one High Contracting Party, other than judgments rendered on appeal from inferior courts, shall, whatever the nationality of the judgment creditor or debtor, be recognised and enforced in the territory of the other in the cases and upon the conditions laid down in Articles 3 to 8 inclusive of the present Convention. (2) Nothing in the present Convention shall be deemed to preclude the recognition and enforcement in the territory of one High Contracting Party, in accordance with the municipal law for the time being in force in the country concerned, of judgments pronounced by a court in the territory of the other High Contracting Party, being judgments to which the present Convention does not apply, or judgments given in circumstances where the provisions of the present Convention do not require such recognition or enforcement. Art. 3. (1) Judgment in civil and commercial matters, given by any superior court in the territory of one High Contracting Party, and executory in the country of the original court, although still open to proceedings by way of opposition, appeal or setting aside shall, in the courts of the territory of the other, be recognised in all cases where no objection

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to the judgment can be established on any of the grounds hereinafter enumerated, that is to say, unless: (a) In the case in question the jurisdiction of the original court is not recognised under the rules of Private International Law with regard to jurisdiction observed by the court applied to; (b) The judgment was given in default, and the judgment debtor did not appear in the proceedings and satisfies the court applied to that he did not actually acquire knowledge of the proceedings in reasonable sufficient time to act upon it. It is understood that in all cases where it is proved that notice of the proceedings has been duly served on the defendant in conformity with the provisions of Articles 3 or 4 of the Convention signed between the High Contracting Parties on June 21st, 1922, it shall be deemed to be conclusive evidence that the defendant actually acquired knowledge of the proceedings; (c) The judgment is one which is contrary to the public policy of the country of the court applied to; (d) The judgment is in respect of a cause of action which had already at the date when it was given, as between the same parties, formed the subject of another judgment which is recognised under the law of the court applied to as final and conclusive; (e) The judgment has, in the opinion of the court applied to, been obtained by fraud; (f) In the opinion of the court applied to, the judgment was given against a person, defendant in the proceedings, who under the rules of public international law was entitled to immunity from the jurisdiction of the original court, and did not submit to the jurisdiction of the original court; or is sought to be enforced against a person who is entitled under the rules of public international law to immunity from the jurisdiction of the court applied to; (g) The judgment debtor satisfies the court applied to that proceedings by way of appeal, opposition or setting aside have been instituted against the judgment in the country of the original court. It is understood that if such proceedings have not been actually instituted, but the time for lodging an appeal, opposition or application to set aside has not expired under the law of the country of the original court, the court applied to may, if it thinks fit, adjourn its decision on the recognition of the judgment so as to allow the judgment debtor a reasonable opportunity of instituting such proceedings. (2) Recognition of a judgment shall not be refused merely on the ground that the original court has applied, in the choice of the system of law applicable to the case, rules of Private International Law different from those observed by the court applied to. (3) The recognition of a judgment under paragraph (1) of this Article means that such judgment shall be treated as conclusive as to the matter thereby adjudicated upon in any further action as between the parties (judgment creditor and judgment debtor) and as to such matter shall constitute a defence against further action between them in respect of the same cause of action. Art. 4. (1) Notwithstanding the provisions of Article 3 (1) (a) and without prejudice to the provisions of paragraphs (2) and (3) of the present Article, the original court shall be recognised as possessing jurisdiction in all cases:

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(a) Where the judgment debtor was in respect of the matter, which is the subject of the judgment, a plaintiff or counter-claimant in the proceedings in the original court; (b) Where the judgment debtor, being a defendant in the proceedings in the original court submitted to the jurisdiction by voluntarily appearing in the proceedings. It is understood that the expression "voluntarify appearing in the proceedings" does not include an appearance merely for the purpose of protecting property situated within the jurisdiction of the original court from seizure, or of obtaining the release of property seized, or for the purpose of contesting the jurisdiction of the original court; (c) Where the judgment debtor, being a defendant in the proceedings in the original court, had before the commencement of the proceedings agreed, in respect of the subject matter of the proceedings, to submit to the jurisdiction of the original court or of the court of the country of the original court; (d) Where, at the time when the proceedings were instituted, the judgment debtor, being a defendant in the original court, was resident in the country of the original court, or, being a company or other body corporate, had its head office in the country of the original court; (e) Where the judgment debtor, being a defendant in the original court, had, within the country of the original court, either a commercial establishment or a branch office, and the proceedings were in respect of a transaction effected through, or at, such establishment or branch office. Nevertheless, the jurisdiction of the original court shall not be recognised in the cases referred to in sub-paragraphs (d) and (e) above if the judgment debtor satisfies the court applied to that the bringing of the proceedings in the original court was contrary to an agreement between the parties under which the dispute in question was to be settled otherwise than by proceedings in the courts of the country of the original court. (2) The provisions of paragraph (1), of this Article do not apply to judgments where the subject matter of the proceedings is immovable property, nor to judgments in rem in respect of movable property. Nevertheless, in these cases the jurisdiction of the original court shall be recognised if such property was situated within the country of the original court. (3) The provisions of paragraph (1) of this Article do not apply: (a) To judgments in matters of family law or status (including divorces or other judgments in matrimonial causes); (b) To judgments in matters of succession, or the administration of the estates of deceased persons; (c) To judgments in bankruptcy proceedings, or proceedings for the winding up of companies or other bodies corporate. In the case of judgments given in proceedings of the kind referred to in the present paragraph, the jurisdiction of the original court shall be recognised in all cases where such recognition is in accordance with the rules of Private International Law observed by the court applied to. (4) Recognition of the jurisdiction of the original court shall not be refused on the ground that the original court had no jurisdiction under the law of its own country, if the judgment is executory in the country of the original' court.

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Art. 5. (1) Judgments, to which the present Article applies, given by a superior court in the territory of one High Contracting Party shall be enforced by the courts of the territory of the other High Contracting Party in the manner and upon the conditions set out in Articles 6 to 8 inclusive. (2) The judgments to which the present Article applies are judgments in civil or commercial matters, including judgments for the payment of a sum of money as compensation upon the claim of an injured party appearing as "partie civile" in criminal proceedings: (a) Which are capable of being executed in the country of the original court although still open to proceedings by way of opposition, appeal or setting aside; (b) Whereby a definite sum of money is made payable, including judgments for the payment of costs in civil or commercial matters; (c) To the recognition of which none of the objections set out in Article 3 can be established. (3) The provisions of this Article do not apply to judgments for the payment of a sum of money for any form of taxation, State or Municipal, or for the payment of penalties. Art. 6. (1) In order that any judgment of a superior court in the territory of His Majesty the King and Emperor should be enforced in Belgium, it is necessary that an application for the grant of an exequatur accompanied by a certified copy of the judgment issued by the original court, including full particulars as regards the proceedings and the causes of action in respect of which it was given, should be made in Belgium in accordance with the procedure of the court applied to, to the Tribunal of First Instance of the district where the execution is sought. (2) Any judgment in respect of which a certified copy has been issued by the original court shall be deemed to have been a judgment which was capable of execution in the country of the original court at the time the certified copy was issued. (3) If such application is made, exequatur shall be granted unless the judgment debtor satisfies the court applied to: (a) That the judgment debt has been wholly satisfied, or (b) That the right to enforce the judgment debt is not vested in the person by whom the application is made. Art. 7. (1) In order that any judgment of a superior court in the territory of His Majesty the King of the Belgians should be enforced in the United Kingdom, it is necessary that an application for its registration accompanied by a certified copy of the judgment issued by the original court, including the reasons therefor, should be duly made: (a) In England and Wales to the High Court of Justice; (b) In Scotland to the Court of Session; (c) In Northern Ireland to the Supreme Court of Judicature, in accordance with the procedure of the court applied to. (2) All Belgian judgments which bear the executory formula prescribed by Belgian law shall be deemed to be capable of execution in Belgium within the meaning of Article 5 (2) (a). The formula at present in force is that set out in the Annex to the present Convention. (3) If such application is made, registration shall be granted unless the judgment debtor satisfies the court applied to:

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(a) That the judgment debt has been wholly satisfied, or (b) That the right to enforce the judgment debt is not vested in the person by whom the application is made. Art. 8. (i) Where an exequatur has been granted in respect of any judgment under Article 6 or where any judgment has been registered under Article 7, such judgment shall, as from the date of registration or grant of exequatur, be as regards all questions relating to its execution in the country of the court applied to in the same position as a judgment originally given by the court applied to at the date of registration or grant of exequatur, and the court applied to shall have the same control and jurisdiction over the judgment, in so far as related to its execution, as it has over similar judgments given by itself. (2) A copy of any judgment, certified by the original court and attested with its seal, shall be accepted without the necessity of further legislation. (3) The procedure for the registration of a judgment under Article 7, and the procedure for the grant of an exequatur to a judgment under Article 6, shall be simple and summary, and no deposit by way of security for costs or cautio iudicatum solvi shall be required of any person making application for such registration, or for the grant of an exequatur. (4) A period of not less than six years, running from the date of the judgment of the original court, if no proceedings have been taken against the judgment in the country of the original court, or from the date of the judgment given in the last instance if such proceedings have been taken, shall be allowed for the purpose of making an application for registration under Article 7 or for the grant of an exequatur under Article 6. (5) It is understood: 1. That, if it is found by the court applied to that the judgment debt, whose enforcement is sought by registration under Article 7 or by exequatur under Article 6 has been partly but not wholly satisfied, registration or exequatur shall be granted so as to permit of its execution in respect of the unpaid balance provided that the judgment is otherwise one which satisfies the conditions laid down in the present Convention; 2. That if it is found by the court applied to that a judgment, whose enforcement is sought by registration under Article 7 or by exequatur under Article 6, is one under which sums of money are payable in respect of different heads of claim, and that reasons for the refusal of the registration or executory declaration exist in respect of some, but not of all, the grounds of claim, registration or exequatur shall be granted in respect of the sums of money due under those portions of the judgment to the enforcement of which no objection under the provisions of this Convention is established; 3. That if under a judgment a sum of money is payable, which is expressed in a currency other than that of the country of the court applied to, the law of the country of the court applied to shall determine if, and if so in what manner, the amount payable under the judgment may or shall be converted into the currency of the court applied to for the purposes of the satisfaction or enforcement of the judgment debt.

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(6) When granting registration or exequatur, the court applied to, shall, if so requested by the proper party, include the amount due by way of interest up to the date of the grant of registration or exequatur. If the interest due on the claim up to the date of the judgment has been determined in the judgment of the original court and a certificate is produced emanating from the original court, specifying the date at which, in accordance with the law of the country of the original court, interest should be allowed as from that date upon the sum for which the judgment is given, the court applied to shall follow the indications so given in determining the amount of the interest. If this is not the case, the party claiming interest may prove what is the sum due under the law of the original court by way of interest on the claim which forms the subject of the judgment. As from the date of registration or exequatur, interest shall be allowed at four per cent on the total sum (principal and interest) in respect of which registration or exequatur is granted. Art. 9. Any difficulties which may arise in connexion with the interpretation of this Convention shall be settled through the diplomatic channel. It is, however, understood that the decisions of the respective courts of the territories of the High Contracting Parties cannot be reopened. Art. 10. The present Convention, of which the English and French texts are equally authentic, shall be subject to ratification. Ratifications shall be exchanged in London. The Convention shall come into force one month after the date on which ratifications are exchanged and shall remain in force for three years after the date of its coming into force. If neither of the High Contracting Parties shall have given notice through the diplomatic channel to the other not less than six months before the expiration of the said period of three years of his intention to terminate the Convention, it shall remain in force until the expiration of six months from the day on which either of the High Contracting Parties shall have given notice to terminate it. Art. 11. (1) His Majesty the King and Emperor may at any time, while the Convention is in force under Article 10, and provided that an agreement has been first concluded by an exchange of notes on the points mentioned in paragraph (2) of this Article, by a notification given through His Ambassador at Brussels, extend the operation of this Convention to the Channel Islands, the Isle of Man, any of His Colonies, overseas territories, or Protectorates, or to any territories under His suzerainty, or to any mandated territories in respect of which the mandate is exercised by His Government in the United Kingdom. (2) Prior to any notification of extension in respect of any territory under the preceding paragraph, an agreement shall be concluded between the High Contracting Parties by exchange of notes as to the courts of the territory concerned which shall be deemed to be "superior courts" for the purpose of the Convention, and the courts to which application for registration of any judgment shall be made. (3) The date of the coming into force of any such extension shall be one month from the date of such notification. (4) Either of the High Contracting Parties may, at any time after the expiry of three years from the coming into force of an extension of this

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Convention to any of the territories referred to in paragraph (i) of this Article, terminate such extension on giving six months' notice of termination through the diplomatic channel. (5) The termination of the Convention under Article 10 shall, unless otherwise expressly agreed to by both High Contracting Parties, ipso facto terminate it in respect of any territories to which it has been extended under paragraph (1) of this Article. Art. 12. (1) His Majesty the King of the Belgians may at any time, while the Convention is in force under Article 10, and provided that an agreement has been concluded by an exchange of notes on the points mentioned in paragraph (2) of this Article, extend this Convention to the Belgian Congo or to the mandated territories administered by Belgium by a notification given through His Ambassador in London. (2) Prior to any notification of extension in respect of any territory under the preceding paragraph, an agreement shall be concluded between the High Contracting Parties by exchange of notes as to the courts of the territory concerned which shall be deemed to be "superior courts" for the purposes of the present Convention, and the courts to which application for the grant of an exequatur in respect of any judgment shall be made. (3) The provisions of paragraphs (3), (4) and (5) of Article 11 shall apply to any of the territories above mentioned to which this Convention has been extended. Art. 13. (1) The High Contracting Parties agree that His Majesty the King and Emperor may, at any time, while the present Convention is in force, either under Article 10 or by virtue of any accession under this Article, and provided that an agreement has been concluded by an exchange of notes on the points mentioned in paragraph (2) of this Article, by a notification given through the diplomatic channel, accede to the present Convention in respect of any other member of the British Commonwealth of Nations whose Government may desire that such accession should be effected, provided that no notification of accession may be given at any time when His Majesty the King of the Belgians has given notice of termination in respect of all the territories of His Majesty the King and Emperor to which the Convention applies. (2) Prior to any notification of accession under the preceding paragraph an agreement shall be concluded between the High Contracting Parties by an exchange of notes as to the courts in the country concerned which shall be deemed to be "superior courts" for the purposes of the present Convention, and the courts of which application for registration of any judgment shall be made. (3) Any such accession shall take effect one month after the date of the notification. (4) After the expiry of three years from the date of the coming into force of any accession under paragraph 1 of this Article, either of the High Contracting Parties may by giving a six months' notice of termination through the diplomatic channel, terminate the application of the Convention to any country in respect of which a notification of accession has been given. The termination of the Convention under Article 10 shall not affect its application to any such country. (5) Any notification of accession under paragraph (1) of this Article may include any dependency or mandated territory administered by 18

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsvertrage. II.

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the Government of the country in respect of which such notification of accession is given; and any notice of termination in respect of any such country under paragraph (4) shall apply to any dependency or mandated territory which was included in the notification of accession in respect of that country. In witness whereof the undersigned have signed the present Convention, in English and French texts, and have affixed thereto their seals. Done in duplicate at Brussels, this 2nd day of May, 1934. Annex ( N B enthält nur Formeln)

Protocol The undersigned Plenipotentiaries at the moment of signing the Convention between His Majesty the King of Great Britain, Ireland and the British Dominions beyond the Seas, Emperor of India, and His Majesty the King of the Belgians, relating to the Reciprocal Enforcement of Judgments, declare that it is understood that nothing in Art. 4 of the said Convention shall be deemed to oblige the Belgian courts to recognise the jurisdiction of a court in the territory of His Majesty the King and Emperor in cases relating to contracts of assurance where the assured are persons of Belgian nationality and exclusive jurisdiction is conferred on the Belgian courts by Article 1 of the Belgian law of the 20th April, 1920 (which Article is incorporated as Article 43 b ' s in the Belgian law of the 25th March, 1876, relating to the jurisdiction of the Belgian courts). This Protocol shall be deemed to be an integral part of the Convention to which it relates. Done in duplicate at Brussels, this 2nd day of May 1934, in English an French, both texts being equally authentic 1 .

Belgien—Niederlande C o n v e n t i o n e n t r e la B e l g i q u e et les P a y s - B a s sur l a comp é t e n c e j u d i c i a i r e t e r r i t o r i a l e , sur la f a i l l i t e , a i n s i que sur l ' a u t o r i t é et l ' e x é c u t i o n des d é c i s i o n s j u d i c i a i r e s , des sent e n c e s a r b i t r a l e s et des a c t e s a u t h e n t i q u e s . Signée à Bruxelles, le 28 mars 1925. Textes officiels français et néerlandais. SdN. 93 (1929), S. 432. Titre premier De la compétence territoriale. Art. 1. 1. En matière civile et en matière commerciale, les Belges dans les Pays-Bas et les Néerlandais en Belgique sont régis par les mêmes règles de compétence que les nationaux. 2. L'article 127 du Code de procédure civile néerlandais n'est pas applicable aux défendeurs belges et l'article 53 de la loi belge du 25 mars 1876 n'est pas applicable aux défendeurs néerlandais. 1

D a s vorstehende A b k o m m e n ist in der englischen Fassung wiedergegeben,

dafür das — Fassung.

ähnliche —

französisch-britische A b k o m m e n in der französischen

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Art. 2. Sous réserve pour chaque Etat d'apprécier la capacité d'agir devant ses tribunaux, les personnes civiles constituées conformément à la législation de l'un de deux Etats et y ayant leur siège, ainsi que les corporations, associations ou communautés qui, suivant la législation de l'une ou l'autre des Parties contractantes, ont le droit d'ester en justice, seront considérées pour l'application des règles de compétence territoriale comme ressortissants dudit Etat et y ayant leur domicile. Art. 3. 1. Sauf les exceptions et modifications établies ou à établir par l'une des deux législations nationales, ainsi que par les conventions internationales, le défendeur sera assigné devant le juge de son domicile dans les Pays-Bas ou en Belgique ou, à défaut d'un tel domicile, devant le juge de sa résidence dans les Pays-Bas ou en Belgique. 2. Dans les Pays-Bas, le défendeur peut etre assigné devant le juge du demandeur, si en vertu des lois des deux pays, de la présente convention, ou des conventions internationales conclues par les Pays-Bas, il n'existe aucun autre tribunal compétent. En Belgique, le défendeur peut être assigné devant le juge du demandeur si en vertu des lois des deux pays, de la présente convention ou des conventions internationales conclues par la Belgique, il n'existe aucun autre tribunal compétent. Art. 4. En matière mobilière (personnelle), civile ou commerciale, le demandeur peut saisir de la contestation le juge du lieu où l'obligation est née, a été ou doit être exécutée. Art. 5. 1. Lorsqu'un domicile attributif de juridiction a été élu dans l'un des deux pays pour l'exécution d'un acte, les juges du lieu du domicile élu sont seuls compétents pour connaître des contestations relatives à cet acte, sauf les exceptions et modifications établies ou à établir par l'une des deux législations nationales ainsi que par les conventions internationales. 2. Si le domicile n'a été élu qu'en faveur de l'une des parties contractantes, celle-ci conserve le droit de saisir tout autre juge compétent. 3. Tout industriel ou commerçant, toute société civile ou commerciale de l'un des deux pays qui établit dans l'autre une succursale, une agence ou un établissement similaire, sera considéré, comme ayant élu domicile pour le jugement de toutes les contestations concernant la succursale, l'agence ou l'établissement, au lieu où ceux-ci out leur siège. Art. 6. 1. Les tribunaux de l'un des Etats contractants renvoient, si l'une des parties le demande, devant les tribunaux de l'autre pays les contestations dont ils sont saisis, quand ces contestations y sont déjà pendantes ou quand elles sont connexes à d'autres contestations soumises à ces tribunaux. Ne peuvent être considérées comme connexes que les contestations qui procèdent de la même cause ou portent sur le même objet. 2. Le juge devant lequel la demande originaire est pendante connaît des demandes en garantie, des demandes en intervention et des demandes incidentes, ainsi que des demandes reconventionelles, à moins qu'il ne soit incompétent à raison de la matière. Art. 7. Si, en cas de saisie-arrêt, la partie saisie n'a ni domicile, ni résidence dans aucun des deux pays, le tribunal du lieu de la saisie-arrêt est compétent pour connaître de l'existence de la créance, à moins qu'il ne soit incompétent à raison de la matière et sauf le cas de litispendance. Il l'est également pour statuer sur la demande en validité ou en mainlevée. 18«

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Art. 8. Les mesures provisoires ou conservatoires organisées par les législations néerlandaise ou belge peuvent, en cas d'urgence, être requises des autorités de chacun des deux pays, quel que soit le juge compétent pour connaître du fond. Art. 9. 1. Les articles 1 à 8 s'appliquent à tous les cas où un ressortissant de l'un des Etats contractants agit ou est cité devant une juridiction de l'autre Etat, sous réserve, lorsque le défendeur n'est ni Belge, ni Néerlandais, des exceptions, résultant des conventions internationales. 2. Dans le cas où il y a plusieurs demandeurs ou défendeurs, ces articles s'appliquent même s'il n'y a qu'un seul demandeur ou défendeur qui est ressortissant de l'autre Etat. 3. Les demandes en intervention et les demandes incidentes n'exercent, en ce qui concerne la compétence, aucune influence sur le jugement de la demande principale. Art. 10. Pour tous les cas où les articles précédents n'établissent ni règles de compétence commune, ni dérogation aux lois nationales, la compétence est réglée dans chaque Etat par la législation qui lui est propre. Titre II. De l'autorité et de l'exécution des décisions judiciaires, des sentences arbitrales et des actes authentiques. Art. 11. 1. L'autorité des décisions judiciaires rendues en matière civile ou commerciale dans l'un des deux Etats sera reconnue dans l'autre, à la demande de toute partie intéressée, si elles réunissent les conditions suivantes: i°. Que la décision ne contienne rien de contraire à l'ordre public ou aux principes du droit public du pays où elle est invoquée; 20. Qu'elle soit susceptible d'exécution dans le pays ou elle a été rendue, bien que des voies de recours y soient encore ouvertes contre elle; 3°. Que d'après les lois du pays où la décision a été rendue, l'expédition qui en est produite réunisse les conditions nécessaires à son authenticité; 40. Que les parties aient été légalement représentées ou déclarées défaillantes, après avoir été légalement citées; 5°. Que les règles de compétence territoriale établies par la convention n'aient pas été méconnues. 2. Les règles relatives à la compétence, à la preuve et à la procédure ne concernent ni l'ordre public, ni les principes du droit public visés au i ° de l'alinéa précédent. 3. Le juge doit d'office examiner si la décision remplit à l'égard de toutes les parties, après qu'elles auront été légalement citées, les conditions énumerées à l'alinéa premier et le constater dans son jugement. Celui-ci a effet à cet égard envers toutes les parties et dans toute l'étendue du territoire. Art. 12. 1. Les décisions judiciaires rendues dans l'un des deux Etats peuvent être mises à exécution dans l'autre Etat, tant sur les meubles que sur les immeubles, après y avoir été déclarées exécutoires. 2. L'exequatur est accordé par le tribunal civil de l'arrondissement où 'exécution doit etre poursuivie. Le jugement d'exequatur a effet envers toutes les parties et dans toute l'étendue du territoire.

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3. L'examen du tribunal ne portera que sur les points énumérés dans l'article 11 et conformément à son alinéa 3. Art. 13. En accordant l'exequatur, le juge ordonne, s'il y a lieu, les mesures nécessaires pour que la décision étrangère reçoive la même publicité que si elle avait été prononcée dans le ressort où elle est rendue exécutoire. Art. 14. 1. Toute partie intéressée peut demander l'exequatur. 2. La procédure de la demande en exequatur est régie par la loi de l'Etat dans lequel l'exécution est requise. 3. Le jugement qui statue sur la demande en exequatur n'est pas susceptible d'opposition. Il peut toujours être attaqué par la voie de l'appel dans les quatorze jours après le jour du prononcé, si le jugement est contradictoire, et dans les quatorze jours après le jour de la signification s'il est par défaut. 4. Le juge peut exiger que la décision soit traduite dans la langue employée au lieu où il siège; cette traduction sera certifiée conforme par traducteur juré de son pays. 5. Une copie authentique dûment légalisée doit toujours être produite. 6. Le juge peut ordonner que l'exequatur sorte ses pleins et entiers effets, nonobstant recours, avec ou sans caution. Art. 15. 1. Les sentences arbitrales rendues dans l'un des deux Etats seront reconnues dans l'autre et peuvent y être rendues exécutoires, si elles satisfont aux conditions exigées par les n os 1, 2, 3, et 4 de l'article 11. 2. L'exequatur est accordé par le président du tribunal civil de l'arrondissement dans lequel l'exécution est poursuivie. Art. 16. 1. Les actes authentiques exécutoires dans l'un des deux pays peuvent être déclarés exécutoires dans l'autre par le président du tribunal civil de l'arrondissement où l'exécution est demandée. 2. Ce magistrat vérifie si les actes réunissent les conditions nécessaires pour leur authenticité dans le pays où ils ont été reçus et si les dispositions dont l'exécution est poursuivie n'ont rien de contraire à l'ordre public ou aux principes du droit public du pays où l'exequatur est requis. Art. 17. 1. Les hypothèques terrestres convention elles, consenties dans l'un des deux Etats, ne seront inscrites et ne produiront effet dans l'autre que lorsque les actes qui en contiennent la stipulation auront été rendus exécutoires par le président civil de l'arrondissement où les biens sont situés. 2. Ce magistrat vérifie si les actes et les procurations qui en sont le complément réunissent toutes les conditions nécessaires pour leur authenticité dans le pays où ils ont été reçus. 3. Les dispositions qui précèdent sont également applicables aux actes de consentement à radiation ou à réduction passés dans un des deux pays. Art. 18. 1. Dans les cas prévus par les articles 15, 16, et 17, la décision du président a effet dans toute l'étendue du territoire. 2. La décision n'est pas susceptible d'opposition. Elle peut être attaquée par la voie de l'appel dans les quatorze jours après le jour du prononcé, si elle est contradictoire, et dans les quatorze jours après le jour de sa signification, si elle est par défaut. 3. Les formes de la requête, ainsi que la procédure d'appel, sont régies par les lois de l'Etat dans lequel l'exécution est requise.

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Art. 19. Les dispositions du présent titre s'appliquent quelle que soit la nationalité des parties, sauf les exceptions résultant des conventions internationales. Titre III. De la faillite. Titre IV. Dispositions finales. Art. 26. Les deux Etats contractants se communiqueront immédiatement toutes les modifications apportées aux lois et règles sur la compétence territoriale. Art. 27. 1. La présente convention ne s'applique qu'au territoire européen de chacun des deux Etats et qu'aux décisions judiciaires rendues après son entrée en vigaeur. 2. Le traité relatif à la procédure civile, conclu le 17 juillet 1905 à La Haye, reste également en vigueur pour les deux Etats. Art. 28. 1. La présente convention sera ratifiée et entrera en vigueur simultanément dans les deux Etats au jour fixé par les Etats contractants. 2. L'échange des ratifications aura lieu le plus tôt possible à La Haye. 3. La Convention restera en vigueur pendant cinq ans, à partir du jour indiqué dans le premier alinéa. 4. Elle sera renouvelée tacitement de cinq en cinq ans, sauf dénonciation ; la dénonciation pourra avoir lieu à tout moment et produira son effet six mois après qu'elle aura été notifiée. En foi de quoi les plénipotentaires respectifs ont signé la présente convention en langues française et néerlandaise et y ont apposé leurs cachets. Fait en double à Bruxelles, le 28 mars 1925. Bolivien—Italien T r a t t a t o di a m i c i z i a e di e s t r a d i z i o n e t r a l ' I t a l i a e la B o l i v i a , 18 ottobre 1890. Raccolta ufficiale delle leggi 1901 I, S. 773. X X V . Le sentenze e i giudizii arbitrali emanati in materie civili e commerciali in uno degli Stati contraenti avranno nel territorio dell'altro la stessa forza che hanno nel paese dove vennero emanati, quando riuniscano i seguenti requisiti: a) Che la sentenza o lodo sia stato pronunziato in tribunale competente ; b) Che sia esecutorio o passato in autorità di cosa giudicata nello Stato in cui fu pronunziato; c) Che la parte contro cui fu pronunziato sia stata legalmente citata e rappresentata o dichiarata contumace secondo la legge; d) Che non si opponga alle leggi di ordine pubblico del paese in cui debba eseguirsi. X X V I . I documenti richiesti per sollecitare l'esecuzione delle sentenze o lodi arbitrali sono: a) Copia della sentenza o lodo;

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b) Copia dei documenti necessari a stabilire che le parti vennero citate ; c) Copia autentica del documento in cui si dichiara che la sentenza o lodo è esecutorio o passato in autorità di cosa giudicata, sempre quando la copia della sentenza, o lodo, non contenga già detto documento. L'esecuzione della sentenza o lodo potrà essere richiesta in via diplomatica, ovvero direttamente dalla parte interessata. XXVII. La forza esecutiva o coercitiva delle sentenze o dei lodi arbitrali ed il giudizio a cui il loro adempimento dà luogo saranno quelli determinati dalle leggi di procedura dello Stato in cui si domanda l'esecuzione. XXVIII. Gli atti di volontaria giurisdizione, come sono inventari, apertura di testamenti, stime e perizie, ed altri simili, praticati in uno Stato avranno nel territorio dell'altro la stessa validità come se fossero stati eseguiti nel suo stesso territorio, a condizione che riuniscano i requisiti stabiliti negli articoli antecedenti, in quanto è consentito dalla diversa indole loro. XXIX. Le commissioni rogatorie che abbiano per oggetto di eseguire notificazioni, ricevere dichiarazioni o praticare qualsiasi altra incombenza di carattere giudiziario avranno esecuzione nel territorio dello stato richiesto in conformità delle sue leggi. XXX. Gli interessati all'esecuzione degli atti giudiziari ai quali si riferiscono gli articoli anteriori potranno costituire procuratori e saranno a loro carico le spese occorrenti. XXXI. I due Governi contraenti convengono che le controversie, le quali potessero sorgere intomo alla interpretazione ed alla esecuzione del presente trattato, ed alle conseguenze di qualche sua violazione, debbono assoggettarsi, quando siano esauriti i mezzi di comporle direttamente per amichevole accordo, alla decisione di commissioni arbitrali e che il risultato di simile arbitrato sarà obbligatorio per entrambi. I componenti tali commissioni saranno scelti dai due Governi di commune consenso; ed in difetto di ciò, ognuna delle Parti nominerà il proprio arbitro od un numero eguale di arbitri, e gli arbitri nominati ne sceglieranno un ultimo. La procedura arbitrale in ciascuno dei casi sarà determinata dalle Parti contraenti ed, in difetto, il collegio stesso degli arbitri s'intenderà autorizzato a preliminarmente determinarla. XXXII. Il presente trattato durerà in vigore per dieci anni a decorrere dal giorno in cui si farà lo scambio delle ratifiche; ma se un anno prima dello spirare del termine niuna delle Parti contraenti avesse annunziato ufficialmente all'altra l'intenzione di farlo cessare, continuerà a rimanere in vigore sino ad un anno dopo che sia stata fatta la suddetta dichiarazione, qualunque sia l'epoca in cui abbia luogo. XXXIII. Il presente trattato sarà approvato e ratificato da S. M. il Re d'Italia e da S. E. il Presidente costituzionale della repubblica di Bolivia, secondo la costituzione di ognuno dei due paesi, e le ratifiche saranno scambiate in Lima nel termine di un anno o prima se fosse possibile. In fede di che i rispettivi plenipotenziari hanno firmato il presente trattato e vi hanno apposto il loro sugg elio. Fatto in doppio originale a Lima, addì diciotto del mese di ottobre milleottocentonovanta.

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Bulgarien—Jugoslawien Convention relative à l'assistance judiciaire, conclue entre le R o y a u m e de B u l g a r i e et le R o y a u m e des S e r b e s , C r o a t e s et S l o v è n e s, signée à Sofia le 26 novembre 1923. Traduction. SdN. 26 (1924), S. 102. D. Exécution des jugements et transactions judiciaires en matière civile et commerciale. Art. 11. En matière de juridiction contentieuse et gracieuse, les jugements, les ordres de paiement et autres arrêts rendus par les tribunaux civils ou commerciaux de chacune des Parties contractantes, ainsi que les transactions effectuées devant ces tribunaux, seront exécutoires sur les territoires de l'autre Partie contractante suivant les dispositions ci-après. Les «certificats d'exécution» bulgares délivrés par les tribunaux bulgares en matière de lettres de change, conformément à l'article X I V de la loi sur l'exécution forcée, publiée dans le Journal Officiel N° 277 de 1897, auront, sur le territoire du Royaume des Serbes, Croates et Slovènes, la force d'un ordre de paiement. Art. 12. L'exécution ne sera pas accordée lorsqu'il s'agit de droits de propriété ou d'autres droits réels sur des immeubles sis dans l'Etat auquel l'exécution est demandée. Art. 13. L'exécution ne sera pas accordée au cas où elle servirait à faire valoir un rapport juridique ou une requête que, pour des raisons d'ordre public ou de morale, la loi du lieu de l'exécution ne reconnaît pas comme valables ou opérants. Art. 14. L'exécution sur la base d'une décision judiciaire n'aura lieu qu'aux conditions suivantes: 1. Si le tribunal qui a statué sur la cause doit être considéré comme compétent aux termes de l'article 15 de la présente Convention; 2. Si la décision a acquis force de chose jugée et si aucune voie ordinaire de recours n'est plus admise. Art. 15. La compétence du tribunal qui a statué sur la cause, sera considérée comme établie dans le sens de l'article 14, chiffre 1, si, d'après les lois de l'Etat requis, un tribunal de l'autre Partie contractante pouvait être saisi de l'affaire. La compétence sera toujours considérée comme établie dans les cas suivants : 1. S'il s'agit d'une demande introduite par le porteur d'une lettre de change ou d'un chèque contre une personne obligée par la lettre de change ou le chèque, et s'il a été statué sur l'affaire par le tribunal du lieu considéré, d'après les lois appliquées par ce tribunal, comme lieu de paiement; 2. Si, sur une demande reconventionnelle, le tribunal devant lequel la demande initiale était pendante, a statué conformément aux lois valables pour ce tribunal; 3. Si les Parties en cause sont des commerçants et s'il a été statué sur une demande en exécution ou en résiliation d'un contrat ou en dommages-intérêts pour non-exécution ou exécution imparfaite, par le tribunal du lieu où le contrat doit être exécuté;

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4. Si les parties s'étaient, d'un commun accord, soumises préalablement à la compétence du tribunal qui a statué sur l'affaire. Art. 16. L'exécution sur la base d'une transaction judiciaire n'aura lieu que lorsque cette transaction sera exécutoire suivant les lois du lieu où elle a été passée. Art. 17. L'exécution ne sera pas accordée, même dans les cas où les conditions stipulées par les articles 11 à 16 seraient remplies, si la Partie obligée invoque contre l'exécution une des raisons suivants: 1. La demande n'a pas été signifiée régulièrement au défendeur qui, pour cette raison, n'a pas pris part à la procédure sur laquelle est fondée la décision; 2. Par suite d'une autre irrégularité de procédure, la personne contre laquelle l'exécution doit être opérée, n'a pu prendre part à cette procédure; 3. D'après la législation du lieu où la décision a été rendue ou la transaction passée, cette décision ou transaction a cessé d'être exécutoire ; 4. D'après la législation du lieu de l'exécution, l'exception de la chose jugée s'oppose à la requête qui donne lieu à l'exécution. La signification ne sera considérée comme régulière aux termes du chiffre 1, que si la demande a été signifiée, en personne, au défendeur ou bien à son représentant autorisé à recevoir ladite demande. Sur le territoire de la Partie contractante dont les tribunaux ont été saisis de l'exécution, la signification doit avoir été effectuée par les voies judiciaires ou de la manière prévue au dernier alinéa de l'article I e r . Art. 18. La demande d'exécution émanant du tribunal ou de la partie en cause, devra être accompagnée des pièces suivantes: 1. D'une expédition de la décision judiciaire, avec les considérants, ou d'une expédition de la transaction; 2. D'une déclaration officielle certifiant que la décision ou la transaction a acquis force de chose jugée et qu'aucune voie ordinaire de recours n'est plus admise. Si la demande d'exécution est transmise par un tribunal, elle sera expédiée directement au tribunal de l'autre Etat où l'exécution devrait avoir lieu. Si une Partie en cause expédie la demande d'exécution directement au tribunal de l'Etat où l'exécution d'une décision ou d'une transaction devrait être effectuée, les pièces énumérées aux chiffres 1 et 2 de cet article, devront être légalisées par l'administration judiciaire centrale de l'Etat d'où elles proviennent. Art. 19. L'autorité compétente de l'Etat requis statuera sur l'admissibilité de l'exécution, sans entendre la Partie obligée. L'exécution sera accordée, si les conditions stipulées à cet égard par les articles 11 à 16 sont remplies, et le tribunal n'examinera pas d'office si l'exécution devrait être refusée pour des raisons énumérées à l'article 17. Il est interdit au tribunal requis d'entrer dans l'examen du fond de l'affaire. En cas de besoin, le tribunal requis pourra demander des explications au tribunal qui a pris la décision dont l'exécution est demandée ou au tribunal qui a demandé l'exécution. Art. 20. Lorsque la demande d'exécution est formulée par un tribunal, l'autorité qui procède à l'exécution désignera, pour la Partie poursuivante, un représentant et en avertira le tribunal requérant. Les frais

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occasionnés par la désignation du représentant seront à la charge du tribunal qui a demandé l'exécution. Art. 21. Si l'exécution est accordée, les mesures nécessaires pour l'effectuer seront prises immédiatement et d'office. La Partie obligée pourra, sauf la faculté de recours reconnue par les lois du pays, s'opposer à l'exécution en invoquant que l'une des conditions stipulées par les articles n à 16, fait défaut ou en invoquant contre l'exécution, l'une des raisons énumérées à l'article 17. Sauf dans les cas prévus à l'article 13 et aux chiffres 3 et 4 de l'article 17, les raisons à faire valoir contre l'exécution devront être invoquées dans les deux semaines à dater de la signification du mandat d'exécution. Le tribunal compétent d'après les lois du pays statuera sur la demande de la Partie obligée. Si la Partie obligée s'est opposée à l'exécution, elle pourra demander qu'il soit sursis, jusqu'à la décision du tribunal, à toutes les mesures d'exécution ne se bornant pas à assurer le recouvrement. Art. 22. En tant que cette Convention ne contient pas de dispositions spéciales, les lois de l'Etat requis devront être appliquées pour effectuer l'exécution. Art. 23. Lorsque, à défaut des conditions requises, l'exécution est refusée, le demandeur sera libre de se pourvoir en recours. La demande d'exécution pourra, toutefois, être renouvelée par le tribunal ou par la Partie intéressée, si les conditions stipulées par la présente Convention se trouvent être remplies ultérieurement. Art. 24. Les frais de justice occasionnés par l'exécution des décisions et des transactions judiciaires seront à la charge des Parties en cause et devront être acquittés suivant les lois en vigueur dans le pays où l'exécution a lieu; ils seront, si la nécessité s'en présente, avancés par l'Etat requis. Si le remboursement desdits frais ne peut être obtenu des Parties, ils seront supportés par l'Etat requérant. Les taxes qu'il y aurait lieu d'acquitter lors de l'exécution seront fixées suivant les lois du pays où l'exécution doit être effectuée. L'exécution ne pourra, cependant, être retardée pour la raison que les taxes susmentionnées n'ont par été acquittées. Art. 25. Les arrêts rendus et les transactions passées sur le territoire de l'une des Parties contractantes auront, sur le territoire de l'autre Partie, même force et effet que les décisions et transactions ayant leur origine dans le pays, en tant que l'exécution y est recevable en vertu de la présente Convention. Art. 26. La contrainte par corps, soit comme moyen d'exécution, soit comme mesure simplement conservatoire, ne pourra, en matière civile ou commerciale, être appliquée aux étrangers, ressortissants de l'une des Parties contractantes, dans les cas où elle ne serait pas applicable aux ressortissants du pays. Un fait qui peut être invoqué par un ressortissant domicilié dans le pays, pour obtenir la levée de la contrainte par corps, doit déployer les mêmes effets au profit d'un ressortissant de l'autre Partie contractante, même si ce fait s'est produit à l'étranger. E. F a i l l i t e s . Art. 27—29 . . .

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F. Dispositions finales. Art. 30. La présente Convention entrera en vigueur le jour de l'échange des ratifications et elle conservera force obligatoire jusqu'à l'expiration d'un délai d'une année à courir du jour où l'une ou l'autre Partie contractante l'aura dénoncée. En foi de quoi les Plénipotentiaires respectifs y ont apposé leurs signatures et l'ont revêtue de leurs sceaux. Fait à Sofia en double exemplaire, en langues serbe et bulgare, le 26 novembre 1923. Annexe En vue de faciliter la liquidation des procès, en matière civile ou commerciale, pendants devant les tribunaux bulgares et dont les parties sont d'anciens ressortissants bulgares devenus, en vertu du Traité de Neuilly, ressortissants du Royaume des Serbes, Croates et Slovènes, les Parties contractantes sont convenues de ce qui suit: Les procès pendants devant les tribunaux bulgares seront jugés par ces derniers; les parties en cause seront convoquées d'après les règles établies par la Convention relative à l'assistance judiciaire. De même, les convocations devant les cours d'appel seront, outre la publication dans le Journal Officiel, signifiées séparément. Les décisions obtenues des tribunaux bulgares au sujet de ces procès, seront exécutoires sur le territoire du Royaume des Serbes, Croates et Slovènes, dans les limites prescrites par la Convention relative à l'assistance judiciaire. Fait à Sofia, le 26 novembre 1923, en double exemplaire, en langues serbe et bulgare.

Bulgarien—Österreich-Ungarn R e c h t s h i l f e v e r t r a g v o m 31. Mai 1911 z w i s c h e n Ö s t e r r e i c h U n g a r n u n d dem K ö n i g r e i c h e B u l g a r i e n . Reichsgesetzblatt für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder 1912, S. 653. D. Vollstreckung von Urteilen und gerichtlichen Vergleichen in Zivilund Handelssachen. Art. 11. Urteile, Zahlungsaufträge und andere Beschlüsse, die im streitigen oder außerstreitigen Verfahren von den Zivil- oder Handelsgerichten eines jeden der vertragschließenden Teile erlassen wurden, sowie die vor diesen Gerichten abgeschlossenen Vergleiche sind in den Gebieten des anderen Teiles nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen vollstreckbar. Art. 12. Eine Zwangsvollstreckung findet nur wegen vermögensrechtlicher Ansprüche und nur dann statt, wenn es sich nicht um streitige Eigentums- oder andere dingliche Rechte an unbeweglichen Gütern handelt, die in dem um Vollstreckung ersuchten Staate gelegen sind. Die Bestimmung des Absatzes 1 schließt aber nicht aus, daß die unbeweglichen Güter, die in dem um Vollstreckung ersuchten Staate gelegen sind, der Zwangsvollstreckung unterworfen werden, wenn nur der Exekutionstitel (Artikel 11) nicht Eigentums- oder andere dingliche Rechte an unbeweglichen Gütern zum Gegenstande hat, die in dem Staate gelegen sind, wo die Vollstreckung durchgeführt werden soll.

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Art. 13. Die Zwangsvollstreckung wird jedoch versagt, wenn dadurch ein Rechtsverhältnis zur Anerkennung oder ein Anspruch zur Verwirklichung gelangen soll, welchem durch das Gesetz des Ortes der Zwangsvollstreckung aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit oder Klagbarkeit versagt ist. Art. 14. Auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nur unter folgenden Bedingungen statt: 1. Wenn die Zuständigkeit des Gerichtes, das in der Sache erkannt hat, gemäß Artikel 15 dieses Abkommens als begründet anzusehen ist; 2. wenn die Entscheidung rechtskräftig und vollstreckbar geworden ist. Art. 15. Die Zuständigkeit des Gerichtes, das in der Sache erkannt hat, gilt im Sinne des Artikels 14, Ziffer 1, für begründet, wenn die Rechtssache nach den Gesetzen des ersuchten Staates bei einem Gerichte des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte. Unter allen Umständen gilt die Zuständigkeit in folgenden Fällen für begründet: 1. Wenn es sich um die Klage des Inhabers eines Wechsels oder eines Schecks gegen eine aus dem Wechsel oder dem Scheck verpflichtete Person handelt und das Gericht des Ortes erkannt hat, der nach den für das Gericht geltenden Gesetzen als Zahlungsort gilt; 2. wenn das Gericht, bei dem die Vorklage anhängig war, über eine Widerklage gemäß den für das Gericht geltenden Gesetzen erkannt hat; 3. wenn zwischen Streitteilen, die Handel- oder Gewerbetreibende sind, über Klagen auf Erfüllung oder Aufhebung eines Vertrages oder auf Entschädigung wegen Nichterfüllung oder wegen nicht gehöriger Erfüllung durch das Gericht des Ortes erkannt wurde, wo der Vertrag zu erfüllen ist; 4. wenn sich die Parteien durch eine vorherige Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichtes unterworfen haben, das in der Rechtssache erkannt hat. Art. 16. Auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn der Vergleich nach den Gesetzen des Ortes des Vergleichsabschlusses vollstreckbar ist. Art. 17. Die Zwangsvollstreckung wird, selbst wenn die Bedingungen der Artikel 11—16 erfüllt sind, auf Grund eines von der verpflichteten Partei (Artikel 21) erhobenen Widerspruches abgelehnt: 1. Wenn die den Prozeß einleitende Verfügung dem Beklagten, der sich in dem die Grundlage der Entscheidung bildenden Verfahren auf den Streit nicht eingelassen hatte, nicht ordnungsmäßig zugestellt worden ist; 2. wenn infolge einer anderen Unregelmäßigkeit des Verfahrens der Person, wider welche die Zwangsvollstreckung geführt werden soll, die Möglichkeit, sich an dem Verfahren zu beteiligen, entzogen war; 3. wenn nach der Gesetzgebung des Ortes, wo die Entscheidung erlassen oder der Vergleich geschlossen wurde, deren Vollstreckbarkeit erloschen ist; 4. wenn nach der Gesetzgebung des Ortes der Zwangsvollstreckung dem Ansprache, wegen dessen die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, die Einrede der entschiedenen Sache im Wege steht.

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Die Zustellung hat als ordnungsmäßig im Sinne der Zahl i nur dann zu gelten, wenn die den Prozeß einleitende Verfügung dem Beklagten oder seinem zur Empfangnahme berechtigten Vertreter zu eigenen Händen zugestellt wurde. Hatte die Zustellung in den Gebieten jenes vertragschließenden Teiles, dessen Gerichte mit der Zwangsvollstreckung befaßt wurden, zu geschehen, so muß sie im Rechtshilfewege oder auf die im letzten Absätze des Artikels i vorgesehene Weise bewirkt worden sein. Art. 18. Dem Ersuchen um Zwangsvollstreckung, das von dem Gerichte oder von der Prozeßpartei gestellt werden kann, sind folgende Beilagen anzuschließen: 1. Eine Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung, samt Gründen oder eine Ausfertigung des gerichtlichen Vergleiches; 2. eine amtliche Bestätigung, daß die Entscheidimg rechtskräftig geworden ist und einen Exekutionstitel darstellt oder daß der gerichtliche Vergleich vollstreckbar geworden ist. Wenn das Ersuchen von einem Gerichte ausgeht, finden die Bestimmungen des Artikels i über die Sprache und die Ausfertigung der Ersuchschreiben Anwendung. Ein derartiges Ersuchschreiben ist im diplomatischen Wege zu übermitteln. Handelt es sich um ein Ersuchen der beteiligten Partei, das von dieser unmittelbar bei dem Gerichte des Landes eingebracht wurde, wo das Urteil oder der gerichtliche Vergleich vollstreckt werden soll, so müssen die in Ziffer i und 2 dieses Artikels erwähnten Aktenstücke von der obersten Justizverwaltung ihres Ursprungslandes beglaubigt und von einer Übersetzung in der Sprache des ersuchten Gerichtes begleitet sein. Die Richtigkeit der Übersetzung muß von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des vertragschließenden Teiles, dessen Gericht das Urteil gefällt hat oder vor dessen Gerichte der Vergleich abgeschlossen wurde, oder von einem beeideten Übersetzer des ersuchten Staates bestätigt sein. Art. 19. Über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung entscheidet die zuständige Behörde des ersuchten Staates ohne Einvernehmung des Verpflichteten. Die Vollstreckung ist ohne amtswegige Prüfung, ob nicht einer der im Artikel 17 aufgezählten Ablehnungsgründe vorliegt, zu bewilligen, wenn die einschlägigen, durch die Artikel 11 bis 16 dieses Abkommens festgesetzten Bedingungen erfüllt sind. In eine Prüfung der Rechtssache selbst darf sich das ersuchte Gericht nicht einlassen. Das ersuchte Gericht kann nötigenfalls von dem Gerichte, von dem der Exekutionstitel herrührt oder das um dessen Vollstreckung ersucht hat, Aufklärungen verlangen. Art. 20. Wenn das Ersuchen um Zwangsvollstreckung von einem Gerichte ausgeht, so hat die zur Entscheidung berufene Behörde auf Verlangen des erwähnten Gerichtes für den betreibenden Gläubiger einen Vertreter zu bestellen und hiervon das ersuchende Gericht zu verständigen. Die Gebühren, die einem solchen Vertreter zu entrichten sind, fallen dem ersuchenden Gerichte zur Last. Art. 21. Wurde die Zwangsvollstreckung bewilligt, so sind die nötigen Maßnahmen zu ihrem Vollzuge unverzüglich von Amts wegen zu treffen. Die verpflichtete Partei kann unbeschadet des durch das Gesetz des Landes eingeräumten Rekurses gegen die Zwangsvollstreckung Widerspruch erheben, wenn eine der in den Artikeln 11 bis 16 dieses Ab-

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kommens festgesetzten Bedingungen nicht gegeben ist oder wenn einer der im Artikel 17 aufgezählten Ablehnungsgründe vorliegt. Wenn der Widerspruch nicht auf die Bestimmungen der Artikel 13 und 17, Z. 3 und 4, gestützt ist, muß er innerhalb 14 Tagen nach Zustellung des Vollstreckungsbeschlusses vorgebracht werden. Die Entscheidung über den Widerspruch ist dem nach den Gesetzen des Landes zuständigen Gerichte vorbehalten. Wenn Widerspruch erhoben wurde, können auf Verlangen der verpflichteten Partei alle Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, die über die Sicherung des Gläubigers hinausgehen, bis zur Entscheidung über den Widerspruch aufgeschoben werden. Art. 22. Beim Vollzuge der Zwangsvollstreckung sind, sofern dieser Vertrag nicht besondere Bestimmungen enthält, die Gesetze des ersuchten Staates anzuwenden. Art. 23. Wenn eine Zwangsvollstreckung wegen Mangels der geforderten Voraussetzungen abgelehnt wurde, hat der betreibende Gläubiger das Recht, Rekurs zu ergreifen. Das Ersuchen um Vollstreckung kann übrigens von dem ersuchenden Gerichte oder von der beteiligten Partei erneuert werden, wenn die in diesem Vertrage festgesetzten Bedingungen nachträglich erfüllt werden. Art. 24. Die Gerichtskosten, die durch die Vollstreckung von Entscheidungen und gerichtlichen Vergleichen verursacht werden, fallen den beteiligten Parteien zur Last und müssen entsprechend den im Vollstreckungsgebiete in Kraft stehenden Gesetzen bezahlt werden; sie werden nötigenfalls vom ersuchten Staate vorgestreckt. Kann der Ersatz dieser Kosten nicht von den Parteien erlangt werden, so sind sie vom ersuchenden Staate zu tragen. Sind anläßlich der Zwangsvollstreckung Gebühren zu bezahlen, so werden sie nach den Gesetzen des Landes, wo die Vollstreckung stattfinden soll, bemessen. Aus dem Grunde, daß die erwähnten Gebühren nicht bezahlt worden sind, darf aber die Vollstreckung nicht verzögert werden. Art. 25. Die in den Gebieten eines der vertragschließenden Teile erflossenen Entscheidungen und die dort abgeschlossenen Vergleiche haben in den Gebieten des anderen Teiles die nämliche Kraft und nämliche Wirkung wie die inländischen Entscheidungen und Vergleiche, vorausgesetzt, daß sie daselbst auf Grund des gegenwärtigen Abkommens vollstreckbar wären. Art. 26. Die Personalhaft, als Mittel zur Zwangsvollstreckung oder als bloßes Sicherungsmittel, kann in Zivil- oder Handelssachen gegen Ausländer, die Angehörige eines der Vertragsteile sind, in den Fällen nicht verhängt werden, in denen sie gegen Inländer unanwendbar wäre. Eine Tatsache, auf die sich ein im Lande wohnhafter Inländer berufen kann, um die Aufhebung der Personalhaft zu erlangen, soll in gleicher Weise dem Angehörigen des anderen Vertragsteiles zugute kommen, und zwar selbst dann, wenn sich diese Tatsache im Auslande ereignet hat.

Art. 27—29 . . .

E. Konkurse.

F. Schlußbestimmungen. Art. 30. Das gegenwärtige Abkommen tritt gleichzeitig mit dem heute abgeschlossenen Konsularvertrage in Kraft und bleibt bis zum 31. Dezember 1917 in Geltung.

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Falls keiner der vertragschließenden Teile zwölf Monate vor dem Ende dieses Zeitraumes seine Absicht, das Abkommen außer Kraft zu setzen, angezeigt haben sollte, bleibt es in Geltung bis zum Ablaufe eines Jahres von dem Tage ab, an dem es der eine oder der andere der vertragschließenden Teile gekündigt haben wird. Art. 31. Das gegenwärtige Abkommen wird ratifiziert und die Ratifikationen werden in Sophia sobald als möglich ausgetauscht werden. Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das Abkommen unterzeichnet und es mit ihren Siegeln versehen. So geschehen in doppelter Urschrift in Sophia, am Mai eintausendneunhundertelf.

emui *ddreißigsten

achtzehnten

Schlußprotokoll. Bei Vereinbarung des Rechtshilfevertrages heutigen Datums haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende Erklärungen, die hinsichtlich ihrer Geltung und Wirksamkeitsdauer dem Vertrage selbst gleichstehen, abgegeben: 1. Entscheidungen, die von den österreichisch-ungarischen Konsularbehörden und von dem österreichischen und ungarischen Konsularobergerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit gefällt, und Vergleiche, die vor diesen Behörden abgeschlossen wurden, werden, wenn sie sich auf Zivilund Handelssachen beziehen, mit denen die genannten Behörden vor dem Inkrafttreten des Vertrages befaßt waren, den im Artikel 11 des Vertrages erwähnten Entscheidungen und Vergleichen gleichgestellt. Die Bestimmungen des Artikels 11 sind auch auf Entscheidungen, die vor dem Inkrafttreten des Vertrages von den österreichischen, ungarischen oder bulgarischen Gerichten gefällt wurden, sofern sie nicht infolge Versäumnisses der verpflichteten Partei ergangen sind, sowie auf Vergleiche anzuwenden, die vor jener Zeit vor den erwähnten Gerichten abgeschlossen wurden. 2. In Streitigkeiten zwischen Handels- oder Gewerbetreibenden wird als Vereinbarung über die Zuständigkeit des Gerichtes des Ortes, wo der Vertrag zu erfüllen ist (Artikel 15, Z. 3 und 4), die unbeanstandete Annahme einer Faktura angesehen, die zugleich mit der Ware oder schon vor ihrem Einlangen übersendet wurde und mit dem Vermerke versehen ist, daß die Zahlung an einem bestimmten Orte zu leisten ist und daß an diesem Orte die Klagen aus dem Geschäfte angebracht werden können. 3. Wenn in einem Streite zwischen Handelsleuten der Kläger eine Forderung auf Grund eines beglaubigten Auszuges aus seinen Handelsbüchern geltend macht, so wird das Gericht des Ortes, wo die Bücher geführt werden, als zuständig im Sinne des Artikels 15, Z. 3 angesehen. Dieses Protokoll, welches ohne besondere Ratifikation bloß durch den Austausch der Ratifikationen zu dem bezüglichen Vertrage als von den vertragschließenden Teilen genehmigt und sanktioniert betrachtet . . , , einunddreißigsten . TT wird, wurde in doppelter Urschrift am 7-7—t—7 Mai 1911 in Sophia verfaßt. achtzehnten

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Bulgarien—Österreich.

Bulgarien — Rumänien

Bulgarien—Österreich S t a a t s v e r t r a g z w i s c h e n der R e p u b l i k Ö s t e r r e i c h u n d dem Königreich Bulgarien über R e c h t s h i l f e , Auslieferung und M i t t e i l u n g v o n Z i v i l s t a n d e s u r k u n d e n . Vom 20. Oktober 1922. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich 1924, S. 345. Art. I. Der Rechtshilfevertrag, der Auslieferungsvertrag und die Vereinbarung über die wechselseitige Mitteilung der Zivilstandesurkunden der beiderseitigen Staatsangehörigen, die am 31. Mai 1 9 1 1 zwischen der vormaligen österreichisch-ungarischen Monarchie und dem Königreiche Bulgarien abgeschlossen worden sind, werden von den Hohen Vertragschließenden Teilen angewendet werden. Art. II. Der gegenwärtige Vertrag wird am Tage nach dem Austausche der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. Er wird in Kraft bleiben, bis einer der Hohen Vertragschließenden Teile dem anderen sechs Monate vorher die Absicht, ihn außer Wirksamkeit treten zu lassen, mitgeteilt haben wird. Art. I I I . Der gegenwärtige Vertrag wird sobald als möglich ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden werden in Sofia ausgetauscht werden. Urkund dessen haben die Bevollmächtigten ihre Unterschriften auf den gegenwärtigen Vertrag gesetzt. Geschehen in Sofia in zweifacher Ausfertigung am 20. Oktober 1922. Bulgarien—Rumänien C o n v e n t i o n j u d i c i a i r e e n t r e l a B u l g a r i e et l a R o u m a n i e , s i g n é e à B u c a r e s t , le 19 a v r i l 1924. Texte officiel français. SdN. 33 (1925), S. 210. Art. 12. Les jugements définitifs rendus en matière civile ou commerciale par les autorités judiciaires compétentes de l'une des Parties contractantes seront exécutés réciproquement sur le territoire de l'autre Partie contractante dans les conditions prévues par les lois des deux pays. Art. 15. La présente Convention sera ratifée et les ratifications seront échangées à Bucarest aussitôt que faire se pourra. Elle sera exécutoire trois mois après l'échange des ratifications et restera en vigueur jusqu'à une année à partir de la date de sa dénonciation par une des Parties contractantes. En foi de quoi, les Plénipotentiaires respectifs ont apposé leurs signatures et leurs sceaux. Fait à Bucarest, en double original, le 19 avril 1924. Bulgarien—Tschechoslowakei C o n v e n t i o n entre la R é p u b l i q u e T c h é c o s l o v a q u e et le R o y a u m e de B u l g a r i e r e l a t i v e à la p r o t e c t i o n et l ' a s s i s t a n c e j u d i c i a i r e r é c i p r o q u e s , en m a t i è r e de d r o i t c i v i l et c o m m e r cial. Signée à Sofia, le 15 mai 1926. Traduction. SdN. 60 (1927), S. 230. Chapitre VIII. Exécution réciproque des titres exécutoires. Art. 21. 1. Chacune des Parties contractantes s'engage à autoriser et à poursuivre l'exécution, sur son territoire, des titres énumérés ci-

Bulgarien—

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dessous, émanant des autorités de l'autre Partie contractante et constituant des titres exécutoires aux termes des lois en vigueur sur le territoire de cette Partie. 2. Cette disposition ne s'applique pas aux décisions judiciaires prises en matière de droit de propriété, ou d'autres droits immobiliers, et concernant des biens situés sur le territoire de l'Etat requis. Art. 22. i. Seront considérés comme titres exécutoires: a) Les sentences, les ordres (mandats de payer), les arrêts et autres décisions des tribunaux civils de toutes sortes, y compris les tribunaux de commerce, pour autant qu'ils sont certifiés conformes et que, d'après la législation de l'Etat requérant, ils ne sont plus sujets à aucune voie de recours ayant effet dilatoire; il en sera de même quant aux sentences rendues en matière pénale et concernant les dédommagements des parties lésées et les frais de procédure; b) Les transactions conclues devant les tribunaux mentionnés ci-dessus, si elles sont certifiées conformes et munies d'une attestation du tribunal les déclarant exécutoires; c) Les sentences et les décisions d'arbitres ou des tribunaux d'arbitrage, dans la mesure où, aux termes de la loi ou suivant un compromis écrit des parties, conclu dans les formes légales, l'arbitre ou le tribunal d'arbitrage sont autorisés à juger. 2. Ces sentences, décisions ou transactions devront être munies d'une attestation du tribunal de première instance dans le ressort duquel l'arbitre ou le tribunal d'arbitrage ont prononcé la sentence ou la décision, ou dans le ressort duquel la transaction a été conclue, le certifiant conforme et affirmant qu'aucune voie de recours avec effet dilatoire n'est plus recevable. Art. 23. L'autorisation d'exécution et l'exécution elle-même seront réglées par les prescriptions en vigueur dans l'Etat où elles doivent avoir lieu, à moins que la présente convention n'y apporte des dérogations. Art. 24. 1. La demande d'autorisation et d'exécution sera adressée par le demandeur au tribunal d'où émane le titre. Lorsqu'il s'agira de l'exécution d'un titre émanant d'un tribunal d'arbitrage ou d'un arbitre, la demande sera adressée au tribunal de première instance visé à l'article 22, alinéa 2. 2. Ces tribunaux transmettront sans retard, par la voie du Ministère de la Justice, au tribunal compétent la demande d'autorisation d'exécution, après l'avoir munie des attestations prévues à l'article 22 et y avoir joint les autres documents nécessaires. 3. La partie intéressée sera pourtant libre de saisir directement de sa demande d'autorisation et d'exécution le tribunal compétent de l'autre Etat contractant. 4. Le tribunal compétent examinera, sur la base des pièces reçues, si toutes les conditions sont remplies pour autoriser l'exécution. Cet examen, qui devra être terminé au plus tard dans un délai de trente jours à compter du jour où le tribunal a reçu les actes, devra avoir uniquement pour objet d'établir: a) Si la compétence du tribunal qui a jugé l'affaire peut être considérée comme fondée d'après les lois de l'Etat où le titre exécutoire a été établi. Dans ce cas, il suffira que, d'après les prescriptions sur la 19

J e l l l n e k , Zweiseitige Staat s vertrüge. II.

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compétence judiciaire en vigueur dans l'Etat saisi de la demande d'autorisation et d'exécution, aucun tribunal de l'Etat saisi n'ait été exclusivement compétent pour juger l'affaire en question; b) S'il s'agit d'un titre exécutoire aux termes de l'article 22; c) Si le défendeur a été, toutes les fois que la loi l'exige, dûment assigné pour prendre part à la procédure, et notamment si soit la demande ou la requête, soit la sentence, ou la décision formant le titre exécutoire, lui a été dûment signifiée; dans le cas où le jugement aurait été rendu par défaut, le tribunal devra, lorsque le défendeur le demande, constater si ce dernier n'a pas été mis dans l'impossibilité, par une irrégularité de procédure, de participer au procès ou de s'y faire représenter valablement. La Cour peut entendre sur ces points la partie contre laquelle la requête est dirigée, ou son représentant; d) Si l'exécution n'a pas pour but un acte interdit d'après les lois en vigueur dans l'Etat requis, ou ne vise pas à faire connaître un état de droit ou à satisfaire à une réclamation contraires à la souveraineté de l'Etat requis ou aux bonnes moeurs, ou qui, d'après les lois de l'Etat requis, ne peuvent faire l'objet d'une action en justice ou sont inexécutables. 5. Ni le tribunal qui autorise l'exécution ni celui qui l'effectue, ne sont en droit d'examiner le fond de l'affaire. Art. 25. 1. Le tribunal compétent pour autoriser l'exécution accordera, conformément à ses lois, les mesures provisoires (mesures de sûreté) nécessaires pour assurer les droits résultant du titre exécutoire à l'égard de la personne contre laquelle l'exécution est demandée, tant dans son propre ressort que dans celui d'autres tribunaux du même pays où se trouvent ses biens. 2. Ces mesures ne pourront être révoquées que si cette personne fournit une garantie suffisante pour satisfaire à tous les droits découlant du titre exécutoire. Art. 26. Exécution conservatoire. Avant même que les titres prévus à l'article 22 soient devenus définitifs, ou que les délais prévus pour l'accomplissement soient écoulés, le tribunal compétent pour autoriser l'exécution pourra, sur demande faite dans la forme prescrite, accorder des mesures conservatoires conformément aux dispositions en vigueur dans l'Etat requis. Art. 27. Mesures provisoires (conservatoires). Des mesures provisoires (conservatoires) seront accordées, même au cours du procès, à la demande de la partie dont les intérêts se trouvent menacés, même si un tribunal de l'autre Etat est compétent pour statuer dans l'affaire en question. Chapitre IX. Dispositions finales. Art. 28. La présente convention, rédigée en langues tchécoslovaque et bulgare, les deux textes faisant également foi, sera ratifiée, et les ratifications seront échangées le plus tôt possible à Prague. Elle entrera en vigueur un mois après l'échange des ratifications et restera en vigueur jusqu'à l'expiration d'un délai de six mois a compter du jour où elle aura été dénoncée par l'une des Parties contractantes.

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En foi de quoi les plénipotentiaires ont signé la présente convention et l'ont revêtue de leurs sceaux. Fait en double exemplaire, à Sofia, le 15 mai 1926. Protocole additionnel Les plénipotentiaires des Parties contractantes, en signant la Convention entre la République tchécoslovaque et le Royaume de Bulgarie relative à la protection et à l'assistance judiciaires réciproques, en matière de droit civil et commercial, déclarent s'être mis d'accord sur les points suivants: i ° Au sens de la présente convention, le terme «tribunaux» comprend également les offices de tutelle et de curatelle («urady porucenské» — «opatrovnické») en Slovaquie et en Russie sub-carpathique. 2° Afin de faciliter la connaissance réciproque des circonscriptions judiciaires, les Parties contractantes se communiqueront la liste de leurs tribunaux d'appel, ainsi que des tribunaux de première instance qui en dépendent; une carte géographique indiquant le siège des tribunaux des diverses instances sera, autant que possible, jointe à la liste. 3 0 Les Parties contractantes se mettront d'accord pour établir le formulaire —- rédigé dans les langues officielles des deux Etats — accompagnant les demandes de signification d'actes. 40 Les dispositions de l'article 15, alinéa 1, ne s'étendent pas aux actes rédigés, délivrés ou légalisés par les tribunaux écclésiastiques. 5 0 Les «Izplnitelni listove» («lettres d'exécution») délivrés par les tribunaux bulgares conformément à la législation sur les lettres de change, seront compris dans la liste des titres exécutoires énoncés à l'article 22, alinéa i a . 6° Ce protocole fait partie intégrante de la présente convention. En foi de quoi les plénipotentiaires ont signé un protocole additionnel. Fait en double à Sofia, le 15 mai 1926. Columbien—Spanien

E s p a ñ a — C o l o m b i a . C o n v e n i o p a r a el c u m p l i m i e n t o de l a s s e n t e n c i a s c i v i l e s d i c t a d a s por los T r i b u n a l e s de a m b o s p a í s e s . Firmado en Madrid á 30 Mayo de 1908. Marqués de O l i v a r t , Tratados y documentos internacionales de España, Madrid, IV 1912, S. 121 Art. I. Las sentencias civiles pronunciadas por los Tribunales comunes de una de las Altas Partes Contratantes, serán ejecutadas en la otra, siempre que reúnan los requisitos siguientes: Primero. Que sean definitivas y que estén ejecutoriadas como en derecho se necesitaría para ejecutarlas en el país en que se hayan dictado. Segundo. Que no se opongan á las leyes vigentes en el Estado en que se solicite su ejecución. Art. II. La primera de las circunstancias á que se refiere el artículo anterior, se comprobará por un certificado expedido por el Ministro de Gobierno ó de Gracia y Justicia, siendo la firma de éstos legalizada por el correspondiente Ministro de Estado ó de Relaciones exteriores, y la de éste á su vez por el Agente diplomático respectivo, acreditada en el lugar de la legalización. 19*

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Art. III. Antes de ejecutarse la sentencia deberá oirse al Ministerio Público ó Fiscal, de acuerdo con las leyes de cada uno de los dos países contratantes; y contra el auto ó sentencia que dictare el Tribunal requerido, no podrá interponerse apelación. Art. IV. El presente Convenio será ratificado conforme á las respectivas legislaciones, y las ratificaciones se canjearán en Madrid tan pronto como sea posible, permaneciendo en vigor hasta un año después del día en que una de las Altas Partes Contratantes lo denunciare en todo ó en parte. En fe de lo cual, los infrascritos han firmado el presente Convenio, poniendo en él sus sellos. Hecho por duplicado en Madrid á 30 de Mayo de 1908. Costa-Rica—Italien

C o n v e n z i o n e f r a l ' I t a l i a ed il C o s t a r i c a , r e l a t i v a a l l a naz i o n a l i t à , all' a s s i s t e n z a g i u d i z i a r i a g r a t u i t a , ecc. ecc. 6 maggio 1873. Raccolta ufficiale 44 (1875) S. 601. Art. 7. Le sentenze ed ordinanze in materia civile e commerciale, emanate dai tribunali di una delle parti contraenti e debitamente legalizzate, avranno, sulla richiesta dei tribunali stessi, negli Stati dell'altra parte la stessa forza di quelle emanate dai tribunali locali, e saranno reciprocamente eseguite e produrranno gli stessi effetti ipotecarii sovra quei beni che ne saranno passibili secondo le leggi del paese, ed osservate le disposizioni delle leggi stesse in ordine all'iscrizione ed alle altre formalità. Perché possano eseguirsi queste sentenze ed ordinanze, dovranno essere previamente dichiarate esecutorie dal tribunale superiore, nella cui giurisdizione o territorio dovrà aver luogo l'esecuzione, mediante un giudizio di deliberazione in cui, sentite le parti nella forma sommaria, si esaminerà: 1. Se la sentenza sia stata proferita da un'autorità giudiziaria competente; 2. Se sia stata pronunziata, citate regolarmente le parti; 3. Se le parti siano state legalmente rappresentate o legalmente contumaci; 4. Se la sentenza contenga disposizioni contrarie all'ordine pubblico o al diritto pubblico dello Stato. Art. 8—9 . . . Art. 10. La presente convenzione avrà la durata di cinque anni a contare dal giorno in cui avverrà lo scambio delle ratifiche. Nel caso in cui nessuno dei due Governi avesse notificato, sei mesi prima della fine dei cinque anni, la volontà di farne cessare gli effetti, la convenzione resterà obbligatoria per altri cinque anni, e cosi di seguito di cinque in cinque anni. Art. 11. La presente convenzione sarà ratificata e le ratifiche saranno scambiate a Roma nel termine di dodici mesi, ed anche prima se sarà possibile. In fede di che, i due plenipotenziari l'hanno firmata in doppio originale e vi hanno apposto il loro sigillo. Fatto a Roma il sei maggio milleottocento settantatre.

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A b k o m m e n z w i s c h e n dem D e u t s c h e n R e i c h und dem K ö n i g reich Italien ü b e r die A n e r k e n n u n g u n d V o l l s t r e c k u n g g e r i c h t l i c h e r E n t s c h e i d u n g e n in Z i v i l - und H a n d e l s s a c h e n . Vom 9. März 1936. RGBl. 1937 II, S. 145 Art. 1. Den in Zivil- und Handelssachen ergangenen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates, die dort Rechtskraft erlangt haben, wird im Gebiet des anderen Staates dieselbe Wirkung zuerkannt, wenn für die Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde, eine Zuständigkeit nach Maßgabe der folgenden Artikel begründet war und nicht nach dem Recht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, dessen eigene Gerichte oder die eines dritten Staates ausschließlich zuständig sind. Das Verfahren, in dem die Anerkennung der Entscheidung nachzusuchen ist, bestimmt sich nach dem Recht des angerufenen Staates. Art. 2. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind die Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde, im Sinne des Artikels 1 zuständig, wenn die in einem zwischenstaatlichen Abkommen vorgesehenen Voraussetzungen gegeben sind oder eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: 1. wenn in dem Staate, in dem die Entscheidung erlassen worden ist, der Beklagte — oder einer der Beklagten, falls notwendige Streitgenossenschaft bestand — seinen Wohnsitz hatte und der Anspruch sich nicht auf den Besitz oder das Eigentum an einem Grundstück oder auf ein sonstiges Realrecht an einem Grundstück bezog; 2. wenn sich der Beklagte durch eine ausdrückliche Vereinbarung über Ansprüche aus bestimmt bezeichneten Rechtsverhältnissen der Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung gefällt hat, unterworfen oder sich vorbehaltlos auf den Rechtsstreit eingelassen hatte, es sei denn, daß beide Parteien Angehörige des Staates waren, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, und in diesem ihren Wohnsitz hatten; 3. wenn der Beklagte am Orte seiner geschäftlichen Niederlassung oder Zweigniederlassung für Ansprüche aus dem Betriebe dieser Niederlassung belangt worden ist; 4. wenn sich die Klage auf eine unerlaubte Handlung gründet, die in dem Staate begangen ist, in dem die Entscheidung gefällt wurde; 5. für eine Widerklage, wenn das Gericht für die Entscheidung über die Klage zuständig ist und der Gegenanspruch mit dem Klageanspruch oder mit einem vorgebrachten Verteidigungsmittel im Zusammenhang steht; 6. in Erbschaftsstreitigkeiten zwischen den Erben eines Angehörigen des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde; 7. für eine dingliche Klage, die sich auf ein Grundstück im Gebiet des Staates bezieht, in dem die Entscheidung gefällt wurde. Art. 3. In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind die Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde, im Sinne des Artikels 1 zuständig, wenn die Parteien Angehörige dieses Staates waren oder dort ihren Wohnsitz hatten.

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Art. 4. Die Anerkennung ist zu versagen, wenn die Entscheidung Bestimmungen enthält, die gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen. Sie ist ferner zu versagen, wenn in der Entscheidung hinsichtlich eines Angehörigen des angerufenen Staates bei Beurteilung der Handlungsfähigkeit oder der gesetzlichen Vertretung oder bei Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses oder der dafür maßgebenden Abwesenheits- oder Todeserklärung andere als die Gesetze zugrunde gelegt sind, die nach dem Rechte dieses Staates anzuwenden wären. Die Entscheidung ist jedoch anzuerkennen, wenn sie auch bei Anwendung dieser Gesetze begründet wäre. Hat sich der Beklagte auf den Rechtsstreit nicht eingelassen, so ist die Anerkennung zu versagen, wenn die Zustellung der den Rechtsstreit einleitenden Ladung oder Verfügung an den Beklagten oder seinen zur Empfangnahme berechtigten Vertreter nicht rechtzeitig oder lediglich im Wege der öffentlichen Zustellung oder im Ausland auf einem anderen Wege als dem der gegenseitigen Rechtshilfe bewirkt worden ist. Die Anerkennung ist auch zu versagen, wenn die Entscheidung mit einer über denselben Anspruch ergangenen Entscheidung eines Gerichts des angerufenen Staates im Widerspruch steht. Art. 5. Das Gericht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, ist bei der Prüfung der die Zuständigkeit eines Gerichts des anderen Staates begründenden Tatsachen und der Versagungsgründe an die tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung nicht gebunden. Im übrigen ist die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nicht zu prüfen. Art. 6. Die in dem einen Staate ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, die nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen in dem anderen Staate anerkannt werden, werden dort auch vollstreckt, vorausgesetzt, daß sie in dem Staate, in dem sie ergangen sind, vollstreckbar sind. Art. 7. Die Partei, die die Entscheidung geltend macht, hat beizubringen: 1. eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. die Urkunden, die dartun, daß die Entscheidung in dem Staat, in dem sie gefällt wurde, rechtskräftig ist und, gegebenenfalls, daß sie vollstreckbar ist; 3. die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunden, aus denen sich ergibt, daß die den Rechtsstreit einleitende Ladung oder Verfügung der Partei, die sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen hatte, entsprechend der Vorschrift des Artikels 4 Abs. 3 zugestellt ist ; 4. eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden; die Übersetzung muß von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder von einem beeidigten Dolmetscher eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein. Art. 8. Hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gilt im Verhältnis zwischen beiden Staaten das in Genf zur Zeichnung aufgelegte Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 mit der Maßgabe, daß es ohne Rücksicht auf die im Artikel 1 Abs. 1 daselbst enthaltenen Beschränkungen auf alle in einem der beiden Staaten ergangenen Schiedssprüche Anwendung findet.

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Zum Nachweis, daß der Schiedsspruch eine endgültige Entscheidung im Sinne des Artikels i Abs. 2 lit. d des vorbezeichneten Abkommens darstellt, genügt eine Bescheinigung der zuständigen Behörden; die Zuständigkeit dieser Behörden ist durch das Justizministerium ihres Staates zu bestätigen. Vor einem Schiedsgericht abgeschlossene Vergleiche stehen hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit Schiedssprüchen gleich. Art. 9. Vergleiche, die vor dem Gericht eines der beiden Staaten abgeschlossen sind und dort vollstreckbar sind, werden ebenso wie gerichtliche Entscheidungen behandelt, ohne daß es einer Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts bedarf. Art. 10. Der in dem einen der beiden Staaten zum Armenrecht zugelassenen Partei ist im anderen Staate in dem Verfahren, in dem sie die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung der zu ihren Gunsten ergangenen Entscheidung nachsucht, ebenfalls das Armenrecht zu bewilligen. Art. 11. Die Gerichte jedes der beiden Staaten haben auf Antrag einer Partei die Entscheidung über Ansprüche abzulehnen, wegen deren vor einem nach diesem Abkommen zuständigen Gericht des anderen Staates bereits ein Verfahren anhängig ist. Art. 12. Auf Arreste und andere einstweilige Verfügungen, auf die in einem Strafverfahren ergangenen Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche und auf Entscheidungen, die in einem Konkursverfahren oder in einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses ergangen sind, findet das Abkommen keine Anwendung. Art. 13. Unter „Wohnsitz" im Sinne dieses Abkommens ist zu verstehen : 1. für den geschäftsfähigen Volljährigen, für den mündig erklärten, und für den Volljährigen, der bloß zur Vornahme gewisser Handlungen der Mitwirkung eines Beistandes bedarf, der Ort, an dem er sich in einem der beiden Staaten in der Absicht ständiger Niederlassung aufhält, oder in Ermangelung eines solchen Ortes der Ort in einem der beiden Staaten, an dem sich der hauptsächliche Sitz seiner Interessen befindet; 2. für eine Person, die unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, der Ort des Wohnsitzes des gesetzlichen Vertreters; 3. für die Ehefrau der Ort des Wohnsitzes des Ehemannes; ist jedoch der Wohnsitz des Ehemannes unbekannt oder ist die Ehefrau von Tisch und Bett getrennt oder ist sie berechtigt, einen selbständigen Wohnsitz zu haben, so bestimmt sich der Wohnsitz der Ehefrau nach Maßgabe der Nr. 1; 4. für Gesellschaften und juristische Personen der in der Satzung bestimmte Sitz oder in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem ihre Verwaltung geführt wird. Art. 14. Die Vereinbarungen, die für besondere Rechtsgebiete über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zwischen beiden Staaten getroffen sind, werden durch dieses Abkommen nicht berührt. Art. 15. Die im Artikel 18 Abs. 1 und 2 des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 genannten Kostenentscheidungen, die

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in einem der beiden Staaten ergangen sind, werden im Gebiete des anderen Staates auch auf unmittelbaren Antrag einer Partei kostenlos für vollstreckbar erklärt. Art. 16. Vorbehaltlich der Vorschriften der Artikel 3 und 4 sind die Bestimmungen dieses Abkommens ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Parteien anzuwenden. Art. 17. Die Hohen Vertragschließenden Teile behalten sich vor, durch eine mittels Notenwechsels zu treffende Vereinbarung das vorliegende Abkommen auf die italienischen Kolonien und Besitzungen auszudehnen. Art. 18. Dieses Abkommen ist in deutscher und italienischer Sprache abgeschlossen. Beide Texte haben gleiche Kraft. Das Abkommen wird in zwei Stücken ausgefertigt; jedem der beiden Vertragsstaaten wird ein Stück ausgehändigt. Das Abkommen soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald als möglich in Berlin ausgetauscht werden. Das Abkommen tritt drei Monate nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Es findet keine Anwendung auf Entscheidungen, die vor seinem Inkrafttreten rechtskräftig geworden sind, und auf Vergleiche, die vor diesem Zeitpunkt zustande gekommen sind. Das Abkommen kann von jedem der vertragschließenden Staaten gekündigt werden. Es bleibt jedoch nach erfolgter Kündigung noch sechs Monate in Kraft. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet. Geschehen in Rom, am 9. März 1936. Deutsches Reich—Österreich V e r t r a g ü b e r R e c h t s s c h u t z und R e c h t s h i l f e z w i s c h e n dem D e u t s c h e n R e i c h e u n d der R e p u b l i k Österreich. Vom 21. Juni 1923. Deutsches RGBl. 1924 II, S. 55. III. Abschnitt Zwangsvollstreckung Art. 19. (1) Rechtskräftige Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates sind ohne Unterschied ihrer Benennung (Urteile, Beschlüsse, Zahlungsbefehle, Zahlungsaufträge, Vollstreckungsbefehle) im Gebiete des anderen Staates nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen vollstreckbar. Ausgenommen bleiben Arreste und einstweilige Verfügungen. (2) Als bürgerliche Gerichte gelten auch die Sondergerichte und diejenigen Schiedsgerichte, die ohne Rücksicht auf einen Schiedsvertrag vermöge einer besonderen staatlichen Anordnung zur Entscheidung privatrechtlicher Ansprüche zuständig sind. Art. 20. Zur Entscheidung über die Bewilligung der Zwangsvollstreckung sind im Deutschen Reiche die Amtsgerichte, in Österreich die Bezirksgerichte zuständig, örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Verpflichtete seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Verpflichteten befindet oder die Vollstreckungshandlung vorzunehmen ist.

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Art. 21. (i) Der Antrag des Gläubigers auf Bewilligung der Zwangsvollstreckung hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung des Gläubigers und des Verpflichteten sowie ihrer gesetzlichen Vertreter; 2. die Angabe der Umstände, die für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts wesentlich sind; 3. die bestimmte Bezeichnung des zu vollstreckenden Anspruchs und der vollstreckbaren Entscheidung; 4. soweit nach dem Rechte des Staates, in dessen Gebiete die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, deren Vollzug von Amts wegen stattfindet, die Bezeichnung der anzuwendenden Zwangsmittel und bei Vollstreckung in das Vermögen des Verpflichteten die Bezeichnung der Vermögensteile, auf welche die Zwangsvollstreckung gerichtet werden soll, sowie des Ortes, an dem sie sich befinden, ferner nach Beschaffenheit des Falles alle weiteren Angaben, die für den Vollzug der Zwangsvollstreckung von Wichtigkeit sind. (2) Dem Antrag soll für jeden Antragsgegner eine Abschrift beigefügt sein. Art. 22. Dem Antrag ist eine vollständige Ausfertigung der Entscheidung beizufügen, auf Grund deren die Zwangsvollstreckung gegen den Verpflichteten erfolgen soll. Die Rechtskraft der Entscheidung ist, soweit sie sich nicht schon aus der Ausfertigung ergibt; durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Art. 23. Hängt die Vollstreckung der Entscheidung nach deren Inhalt von dem Ablauf einer Frist oder von dem Eintritt einer anderen Tatsache ab oder wird die Bewilligung der Zwangsvollstreckung zugunsten eines anderen als des in der Entscheidung bezeichneten Gläubigers oder gegen einen anderen als den dort bezeichneten Verpflichteten nachgesucht, so bestimmt sich die Frage, inwieweit die Bewilligung der Zwangsvollstreckung von dem Nachweis besonderer Voraussetzungen abhängig ist oder ob die Entscheidimg für oder gegen den anderen vollstreckbar ist, nach dem Rechte des Staates, dessen Gericht die Entscheidung erlassen hat. Die nach den maßgebenden Vorschriften erforderlichen Nachweise sind, sofern nicht die nachzuweisenden Tatsachen bei dem über die Bewilligung der Zwangsvollstreckung entscheidenden Gericht offenkundig sind, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen. Kann ein solcher Nachweis nicht erbracht werden, so ist nach Artikel 24 Abs. 2, Satz 2 zu verfahren. Art. 24. (1) Über den Antrag auf Bewilligung der Zwangsvollstreckung wird durch Beschluß entschieden. Entspricht der Antrag nicht den Bestimmungen der Artikel 20 bis 22 oder ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Versagungsgrundes (Artikel 25), so hat das Gericht zunächst dem Antragsteller die Beseitigung der Mängel aufzugeben. Es kann dem Antragsteller hiezu eine Ausschlußfrist bestimmen. Das Gericht kann auch das Gericht, das die zu vollstreckende Entscheidung erlassen hat, um Aufklärung ersuchen. (2) Das Gericht kann, soweit ihm dies zur Behebung von Zweifeln sachgemäß erscheint, den Verpflichteten unter Mitteilung einer Abschrift des Antrags hören. In dieser Abschrift sind dem Schuldner die in Artikel 21 Abs. 1, Zahl 4 vorgeschriebenen Angaben nicht mitzuteilen. Das Gericht kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen. Eine solche muß angeordnet werden, wenn im Falle des Artikel 23 die er-

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forderlichen Nachweise für Tatsachen, die bei dem Gerichte nicht offenkundig sind, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden können. Art. 25. (1) Die Zwangsvollstreckung ist zu versagen, wenn die Mängel des Antrags nicht innerhalb der im Artikel 24 bestimmten Ausschlußfrist behoben sind. (2) Sie ist ferner zu versagen, 1. wenn nach den Gesetzen des Vollstreckungsstaats in diesem Staate ein ausschließlicher Gerichtsstand für die Rechtsstreitigkeit besteht; 2. wenn durch die Zwangsvollstreckung ein Rechtsverhältnis zur Anerkennung oder ein Anspruch zur Verwirklichung gelangen soll, dem im Gebiete des Vollstreckungsstaats aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit, Verfolgbarkeit oder Klagbarkeit versagt ist. (3) Sie ist außerdem zugunsten eines inländischen Beteiligten zu versagen, 1. wenn in der Entscheidung bei Beurteilung seiner Handlungsoder Prozeßfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung oder bei Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses oder der dafür maßgebenden Feststellung des Todes einer Person zu seinem Nachteil andere als die nach dem Rechte des Vollstreckungsstaats anzuwendenden Gesetze zugrunde gelegt sind; 2. wenn er sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen hatte und ihm die Ladung oder die Verfügung, durch die das Verfahren eingeleitet worden war, lediglich im Wege der Ersatzzustellung oder der öffentlichen Zustellung (deutsche Zivilprozeßordnung §§ 181 bis 184, 203 bis 206, österreichische Zivilprozeßordnung §§ 102 bis 105, 115) zugestellt war. Dies gilt jedoch nur, wenn er bereits bei Einleitung des Verfahrens die inländische Staatsangehörigkeit besessen hat; 3. wenn für die Entscheidung des erkennenden Gerichts lediglich der Gerichtsstand des Vermögens (deutsche Zivilprozeßordnung § 23, österreichische Jurisdiktionsnorm § 99) oder der Gerichtsstand des § 88, Abs. 2 der österreichischen Jurisdiktionsnorm gegeben war, es sei denn, daß sich in letzterem Falle der Beklagte auf den Rechtsstreit eingelassen hatte. (4) Das Gericht ist bei Prüfung der Versagungsgründe an die tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung nicht gebunden. Eine weitere Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet nicht statt. Art. 26. (1) Gegen den Beschluß durch den über den Antrag auf Bewilligung der Zwangsvollstreckung entschieden wird, findet im Deutschen Reiche die sofortige Beschwerde, in Österreich der Rekurs statt. (2) Gegen die Bewilligung der Zwangsvollstreckung findet außerdem der Widerspruch statt, wenn ein Grund zur Versagung der Zwangsvollstreckung vorliegt, der nicht bereits gemäß Abs. 1 geltend gemacht worden ist. Sofern der Widerspruch nicht auf die Versagungsgründe des Artikel 25, Abs. 2 oder Abs. 3, Zahl 1 gestützt wird, ist er binnen 14 Tagen nach Zustellung des die Zwangsvollstreckung bewilligenden Beschlusses zu erheben.

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Art. 27. Im Wege der sofortigen Beschwerde (des Rekurses) oder des Widerspruchs kann der Schuldner ferner geltend machen Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 767 der deutschen Zivilprozeßordnung und des § 35 der österreichischen Exekutionsordnung, sowie Einwendungen, welche die in den §§ 732, 768 der deutschen Zivilprozeßordnung und im § 36 der österreichischen Exekutionsordnung bezeichneten Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit betreffen. Derartige Einwendungen können auch in den in diesen Vorschriften bezeichneten besonderen Verfahren geltend gemacht werden. Art. 28. (1) Über den Widerspruch ist nach mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden. (2) Ist Widerspruch erhoben, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt (aufgeschoben) werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde oder daß die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Art. 29. Für die Verkündung und Zustellung des über den Antrag auf Bewilligung der Zwangsvollstreckung ergehenden Beschlusses gelten im Deutschen Reiche die Vorschriften des § 329, Abs. 1 und 3, der Zivilprozeßordnung, in Österreich die Vorschriften des § 64 der Exekutionsordnung. Die Zustellung des die Zwangsvollstreckung bewilligenden Beschlusses an den Schuldner erfolgt indessen im Deutschen Reiche in jedem Falle auf Betreiben des Gläubigers. Art. 30. (1) Soweit nach den Gesetzen des Vollstreckungsstaats die Zwangsvollstreckung von Amts wegen erfolgt, ist ihr Vollzug unverzüglich einzuleiten, es sei denn, daß sich der Gläubiger vorbehalten hat, wegen der Vornahme des Vollzugs noch besonders einzuschreiten. (2) Findet ein Vollzug von Amts wegen nicht statt, so erfolgt die Zwangsvollstreckung auf Betreiben des Gläubigers auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung (vollstreckbare Ausfertigung) des Beschlusses über die Bewilligung der Zwangsvollstreckung, die der Gerichtsschreiber unverzüglich dem Gläubiger von Amts wegen zu erteilen hat. (3) Die Zwangsvollstreckung auf Betreiben des Gläubigers darf nur beginnen, wenn der Bewilligungsbeschluß dem Verpflichteten bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Soweit nach dem Recht des Vollstreckungsstaats der Beginn der Zwangsvollstreckung aus inländischen gleichartigen Vollstreckungstiteln von dem Ablauf gewisser Fristen seit der Zustellung abhängig ist, müssen diese Fristen seit Zustellung des Bewilligungsbeschlusses verstrichen sein. Art. 31. (1) Soweit dieser Vertrag nicht besondere Bestimmungen enthält, sind die in dem Gebiete des Vollstreckungsstaats geltenden Vorschriften über das Verfahren, insbesondere die Vorschriften über die Aufschiebung und Einstellung der Zwangsvollstreckung sowie über den Widerspruch und sonstige Rechte Dritter ihr gegenüber auch auf die Zwangsvollstreckungen anzuwenden, die nach diesem Vertrage bewilligt werden. Soweit nach diesen Vorschriften das Prozeßgericht erster Instanz für Vollstreckungshandlungen oder für die eine Zwangsvollstreckung betreffenden Klagen zuständig ist, tritt an seine Stelle das Gericht, welches die Zwangsvollstreckung bewilligt hat. (2) Wird in dem Gebiete des Staates, dessen Gericht die zu vollstreckende Entscheidung erlassen hat, im Nichtigkeits- oder Wieder-

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aufnahmeverfahren die Aufschiebung oder Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet, so ist auch das Verfahren in dem Vollstreckungsstaat aufzuschieben oder einzustellen. Art. 32. Die Bestimmungen der Artikel 19 bis 31 finden entsprechende Anwendung 1. auf die vor einem bürgerlichen Gericht im streitigen Verfahren abgeschlossenen Vergleiche und auf die gerichtlich bestätigten Vermögensauseinandersetzungen und Dispachen; 2. auf die gerichtlichen und notariellen Urkunden, in denen sich der Verpflichtete der Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Art. 33. Bei der Bewilligung der Zwangsvollstreckung auf Grund von Akten der im Artikel 32 bezeichneten Art dürfen keine höheren Gebühren eingehoben werden, als bei der Bewilligung der Zwangsvollstreckung auf Grund einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung. IV. Abschnitt Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen Art. 34. Rechtskräftige Entscheidungen, denen keiner der im Artikel 25 angeführten Gründe entgegensteht, werden unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 36, Abs. 2, Zahl 1, auch im Gebiete des anderen Staates als wirksam anerkannt. V . Abschnitt Übergangs- und Schlußbestimmungen Art. 35. Die Bestimmungen der Artikel 2 bis 18 treten im Verhältnis zwischen den vertragschließenden Staaten an die Stelle der Vorschriften des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905. Art. 36. (1) Von dem Tage des Inkrafttretens dieses Vertrags an treten für die Rechtsbeziehungen zwischen. den vertragschließenden Staaten frühere Staatsverträge, Vereinbarungen und Regierungserklärungen über Fragen, die durch den vorstehenden Vertrag geregelt sind, außer Kraft. (2) Unberührt bleiben 1. die in den beiden vertragschließenden Staaten geltenden Vorschriften über Ehesachen, über Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern betreffen, sowie über das Konkursverfahren und die Todeserklärung; 2. die Bestimmungen der Artikel 2 und 24 des deutschösterreichischen Wirtschaftsabkommens vom 1. September 1920; 3. die internationalen Kollektivverträge, an denen beide vertragschließende Staaten beteiligt sind. Art. 37. Dieser Vertrag tritt drei Monate nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Der Vertrag kann von jedem der vertragschließenden Staaten gekündigt werden. Er bleibt jedoch nach erfolgter Kündigung noch sechs Monate in Kraft. Art. 38. Dieser Vertrag wird ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden sobald wie möglich in Berlin ausgetauscht werden. Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den Vertrag in doppelter Ausfertigung unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen. So geschehen in doppelter Urschrift in Wien, am 21. Juni IQ23.

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Deutsches Reich—Schweiz A b k o m m e n z w i s c h e n dem D e u t s c h e n R e i c h und der S c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t ü b e r die g e g e n s e i t i g e A n e r kennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheid u n g e n u n d S c h i e d s s p r ü c h e n . Vom 2. November 1929. RGBl. 1930 II S. 1066. Art. 1. Die im Prozeßverfahren über vermögensrechtliche Ansprüche ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates werden ohne Unterschied ihrer Benennung (Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbefehle), jedoch mit Ausnahme der Arreste und einstweiligen Verfügungen, und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der an dem Rechtsstreit beteiligten Parteien im Gebiete des andern Staates anerkannt, wenn für die Gerichte des Staates, in dessen Gebiet die Entscheidung gefällt wurde, eine Zuständigkeit nach Maßgabe des Artikel 2 begründet war und nicht nach dem Rechte des Staates, in dessen Gebiet die Entscheidung geltend gemacht wird, für dessen Gerichte eine ausschließliche Zuständigkeit besteht. Art. 2. Die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde, ist im Sinne des Artikel 1 begründet, wenn sie in einer staatsvertraglichen Bestimmung vorgesehen oder eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: 1. wenn der Beklagte zur Zeit der Klageerhebung oder zur Zeit der Erlassung der Entscheidung seinen Wohnsitz oder die beklagte juristische Person ihren Sitz in diesem Staate hatte; 2. wenn sich der Beklagte durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung gefällt hat, unterworfen hatte; 3. wenn der Beklagte sich vorbehaltlos auf den Rechtsstreit eingelassen hatte; 4. wenn der Beklagte am Orte seiner geschäftlichen Niederlassung oder Zweigniederlassung für Ansprüche aus dem Betriebe dieser Niederlassung belangt worden ist; 5. für eine Widerklage, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen diesen vorgebrachten Verteidigungsmitteln in rechtlichem Zusammenhange steht. Art. 3. Die in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Angehörigen eines der beiden Staaten oder beider Staaten ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates werden im Gebiete des anderen Staates anerkannt, es sei denn, daß an dem Rechtsstreit ein Angehöriger des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, beteiligt war und nach dem Rechte dieses Staates die Zuständigkeit eines Gerichts des anderen Staates nicht begründet war. Dies gilt auch insoweit, als die in einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit ergangene Entscheidung sich auf einen vermögensrechtlichen Anspruch mit erstreckt, der von dem in ihr festgestellten Rechtsverhältnis abhängt. Art. 4. Die Anerkennung ist zu versagen, wenn durch die Entscheidung ein Rechtsverhältnis zur Verwirklichung gelangen soll, dem im Gebiete des Staates, wo die Entscheidung geltend gemacht wird, aus

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Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit, Verfolgbarkeit oder Klagbarkeit versagt ist. Sie ist ferner zugunsten eines inländischen Beteiligten zu versagen, wenn in der Entscheidung bei Beurteilung seiner Handlungsfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung oder bei Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses oder der dafür maßgebenden Feststellungen des Todes einer Person zu seinem Nachteil andere als die nach dem Rechte des Staates, wo die Entscheidung geltend gemacht wird, anzuwendenden Gesetze zugrunde gelegt sind. Hat sich der Beklagte auf den Rechtsstreit nicht eingelassen, so ist die Anerkennung zu versagen, wenn die Zustellung der den Rechtsstreit einleitenden Ladung oder Verfügung an den Beklagten oder seinen zur Empfangnahme berechtigten Vertreter nicht rechtzeitig oder lediglich im Wege der öffentlichen Zustellung oder im Auslande auf einem anderen Wege als dem der Rechtshilfe bewirkt worden ist. Art. 5. Das Gericht des Staates, wo die Entscheidung geltend gemacht wird, ist bei der Prüfung der die Zuständigkeit eines Gerichts des anderen Staates begründenden Tatsachen und der Versagungsgründe an die tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung nicht gebunden. Eine weitere Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung findet nicht statt. Art. 6. Die Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, die nach den vorstehenden Bestimmungen im Gebiete des anderen Staates anzuerkennen sind, werden auf Antrag einer Partei von der zuständigen Behörde dieses Staates für vollstreckbar erklärt. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Die Vollstreckbarerklärung hat in einem möglichst einfachen und schleunigen Verfahren zu erfolgen. Die Vollziehung der für vollstreckbar erklärten Entscheidung bestimmt sich nach dem Rechte des Staates, in dem die Vollstreckung beantragt wird. Art. 7. Die Partei, die für eine Entscheidung die Vollstreckbarerklärung nachsucht, hat beizubringen: 1. eine vollständige Ausfertigung der Entscheidung; die Rechtskraft der Entscheidung ist, soweit sie sich nicht schon aus der Ausfertigung ergibt, durch öffentliche Urkunden nachzuweisen; 2. die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunden, aus denen sich die der Vorschrift des Artikel 4 Abs. 3 entsprechende Ladung der nicht erschienenen Partei ergibt. Auf. Verlangen der Behörde, bei der die Vollstreckbarerklärung beantragt wird, ist eine Ubersetzung der im Abs. 1 bezeichneten Urkunden in die amtliche Sprache dieser Behörde beizubringen. Diese Übersetzung muß von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder einem beeidigten Dolmetscher eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein. Art. 8. Die in einem gerichtlichen Güteverfahren (Sühneverfahren) oder nach Erhebung der Klage vor einem bürgerlichen Gericht abgeschlossenen oder von einem solchen bestätigten Vergleiche stehen, vorbehaltlich der Bestimmung des Artikel 4 Abs. 1, hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit anzuerkennenden gerichtlichen Entscheidungen im Sinne der Artikel 6 und 7 gleich.

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Art. 9. Hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen gilt im Verhältnis zwischen den beiden Staaten das in Genf zur Zeichnung aufgelegte Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 mit der Maßgabe, daß es ohne Rücksicht auf die im Artikel 1 Abs. 1 daselbst enthaltenen Beschränkungen auf alle in einem der beiden Staaten ergangenen Schiedssprüche Anwendung findet. Zum Nachweis, daß der Schiedsspruch eine endgültige Entscheidung im Sinne des Artikel 1 Abs. 2 lit. d des vorbezeichneten Abkommens darstellt, genügt in Deutschland eine Bescheinigung der Geschäftsstelle des Gerichts, bei dem der Schiedsspruch niedergelegt ist, in der Schweiz eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Kantons, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Vor einem Schiedsgericht abgeschlossene Vergleiche werden in derselben Weise wie Schiedssprüche vollstreckt. Art. 10. Dieses Abkommen soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Berlin ausgetauscht werden. Das Abkommen tritt drei Monate nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Es findet keine Anwendung auf Entscheidungen, die vor seinem Inkrafttreten rechtskräftig geworden sind, und auf Vergleiche, die vor diesem Zeitpunkt zustandegekommen sind. Das Abkommen kann von jedem der vertragschließenden Staaten gekündigt werden. Es bleibt jedoch nach erfolgter Kündigung noch sechs Monate in Kraft. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet. Ausgefertigt in doppelter Urschrift in Bern, am 2. November 1929.

Dominikanische Republik—Italien T r a t t a t o di n a v i g a z i o n e e d i c o m m e r c i o t r a l ' I t a l i a e l a R e p u b b l i c a di S a n D o m i n g o . 18 ottobre 1886. Raccolta ufficiale delle leggi 98 (1890), S. 3333Art. 22. Le sentenze ed ordinanze in materia civile e commerciale emanate dai tribunali di una delle parti contraenti, e debitamente legalizzate, ancorché pronunziate prima della conclusione del presente trattato, avranno, negli Stati dell'altra parte, la stessa forza di quelle emanate dai tribunali locali, e saranno reciprocamente eseguite e produrranno gli stessi effetti ipotecarii sovra quei beni che ne saranno passibili, secondo le leggi del paese ed osservate le disposizioni delle leggi stesse in ordine alla iscrizione od alle altre formalità. Perchè possano eseguirsi, queste sentenze ed ordinanze dovranno essere previamente dichiarate esecutorie dal tribunale superiore nella cui giurisdizione o territorio dovrà aver luogo la esecuzione mediante un giudizio di delibazione in cui, sentite le parti nella forma sommaria, si esaminerà : i ° Se la sentenza sia stata proferita da un'autorità giudiziaria competente ; 2 0 Se sia stata pronunciata, citate regolarmente le parti; 3 0 Se le parti sieno state legalmente rappresentate o legalmente contumaci; 4 0 Se la sentenza non contenga disposizioni contrarie all'ordine pubblico o al diritto pubblico dello Stato.

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L'esecutorietà della sentenza potrà essere richiesta in via diplomatica ovvero direttamente dalla parte interessata. Quando è chiesta in via diplomatica, se la parte interessata non ha, ad un tempo, costituito un procuratore, questi gli verrà deputato d'ufficio dal tribunale che deve dichiarare esecutoria la sentenza. La parte istante dovrà soddisfare al procuratore deputato d'ufficio, il pagamento d'ogni legittima sua competenza. Art. 26. Le due Parti contraenti si concedono reciprocamente, tutti i diritti e favori in materia di commercio, di navigazione e consolare che sono concessi, o potranno esserlo, in seguito, alla nazione più favorita. Art. 28. I due Governi contraenti convengono che le controversie, le quali possano sorgere intorno alla interpretazione e alla esecuzione del presente trattato o alle conseguenze di qualche sua violazione, debbano assoggettarsi, quando siano esauriti i mezzi di comporle direttamente per amichevole accordo, alla decisione di commissioni arbitrali, e che il risultato di simile arbitrato sia obbligatorio per entrambi. I componenti di tali commissioni saranno scelti dai due Governi di comune consenso ; in difetto di ciò, ognuno dei paesi nominerà il proprio arbitro o un numero eguale di arbitri, e gli arbitri nominati ne sceglieranno un ultimo. La procedura arbitrale sarà, in ciascuno dei casi determinata dalle Parti contraenti, e in difetto, il collegio stesso degli arbitri si intenderà autorizzato a preliminarmente determinarla. Art. 29. Il presente trattato sarà in vigore per dieci anni da decorrere dal giorno in cui si farà lo scambio delle ratifiche, ma, se un anno prima dello spirare del termine, niuna delle Parti contraenti avesse annunciata ufficialmente all'altra l'intenzione di farne cessare gli effetti, continuerà a rimanere in vigore per ambe le Parti sino ad un anno dopo che siasi fatta la suddetta dichiarazione, qualunque sia l'epoca in cui abbia luogo. Art. 30. Il presente trattato sarà approvato e ratificato da Sua Maestà il Re d'Italia e da S. E. il presidente della Repubblica di San Domingo, secondo la costituzione di ognuno dei due paesi, e le ratifiche ne saranno scambiate a San Domingo nel termine di un anno dal giorno della firma od anche più presto se ciò sarà possibile. In fede di che i rispettivi plenipotenziari hanno firmato il presente trattato e vi hanno apposto il sigillo delle loro armi. Fatto in San Domingo capitale della Repubblica di San Domingo, addì 18 ottobre dell'anno di N. S. 1886. Frankreich—Großbritannien

C o n v e n t i o n e n t r e la G r a n d e - B r e t a g n e et l ' I r l a n d e du N o r d et l a F r a n c e p o u r l ' e x é c u t i o n r é c i p r o q u e des j u g e m e n t s en m a t i è r e c i v i l e et c o m m e r c i a l e . Signée à Paris, le 18 janvier 1934. Textes officiels anglais et français. SdN. 171 (1936) S. 185; T i t r e I. Dispositions générales. Art. 1. Dans la présente convention: § 1. Les mots «Sa Majesté» désignent Sa Majesté le Roi de GrandeBretagne, d'Irlande et des Dominions britanniques au delà des mers, Empereur des Indes.

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§ 2. Les mots «Territoires de l'une (ou de l'autre) Haute Partie contractante» désignent: a) En ce qui concerne Sa Majesté, le Royaume-Uni (l'Angleterre, le Pays de Galles, l'Ecosse et l'Irlande du Nord) ainsi que tout territoire sur lequel la convention sera étendue par application des dispositions des articles n ou 13; et b) En ce qui concerne la République française, le territoire métropolitain de la France, y compris la Corse et les îles adjacentes, et tout territoire auquel la convention aura été étendue par application desdispositions de l'article 12. § 3. Les mots «tribunaux supérieurs» désignent: a) Pour le Royaume-Uni the House of Lords, et pour l'Angleterre et le Pays de Galles the Supreme Court of Judicature (Court of Appeal and High Court of Justice), the Courts of Chancery of the Counties Palatine of Lancaster and Durham ; pour l'Ecosse the Court of Session et pour l'Irlande du Nord the Supreme Court of Judicature; et b) Pour la France : la Cour de cassation, les Cours d'appel, les Tribunaux de première instance et les Tribunaux de commerce et, en cas de condamnation à des réparations au profit des parties civiles par les juridictions criminelles, les Tribunaux correctionnels et les Cours d'assises. Tous les autres tribunaux seront, au sens de la présente convention, des «tribunaux inférieurs». §4. Le mot «jugement» désigne toute décision d'un tribunal quelle que soit son appellation (jugement, arrêt, ordonnance, etc.) fixant les droits des parties sur le fond même du procès, à l'exclusion notamment de tous jugements provisoires, préparatoires ou interlocutoires. § 5. Les mots «tribunal d'origine» désignent le tribunal qui a rendu le jugement. Les mots «tribunal requis» désignent le tribunal auquel on demande de reconnaître au jugement l'autorité de la chose jugée ou auquel est soumise une demande d'enregistrement ou d'exequatur. § 6. Les mots «partie perdante» désignent toute personne contre laquelle le jugement a été rendu par le tribunal d'origine, et comprennent, le cas échéant, toute autre personne contre laquelle le jugement peut être exécuté ; les mots «partie gagnante» désignent toute personne au profit de laquelle le jugement a été rendu par le tribunal d'origine, et comprennent, le cas échéant, toute autre personne qui peut se prévaloir du jugement. Art. 2. § 1. Les Hautes Parties contractantes conviennent que les jugements rendus, après la date de la mise en vigueur de la présente convention, par les tribunaux supérieurs siégeant sur le territoire de l'une d'elles, seront sur le territoire de l'autre, quelle que soit la nationalité de la partie perdante ou de la partie gagnante, reconnus comme ayant l'autorité de la chose jugée et rendus exécutoires dans les cas et sous les conditions indiquées aux articles 3—8 de la présente convention. § 2. Les dispositions de la présente convention s'appliquent exclusivement aux jugements rendus en matières civile ou commerciale et aux jugements en matière criminelle condamnant au payement d'une somme d'argent au profit d'une partie civile pour réparation d'un préjudice. § 3. Toutefois les dispositions de la présente convention ne s'appliquent pas: a) Aux décisions rendues sur appel des jugements des tribunaux inférieurs ; 20

J e l l i n e k , Zweiseitige Staatsverträge. II.

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b) Aux jugements rendus en matière de statut personnel (état et capacité de personnes), de droit de famille (y compris les jugements en matière matrimoniale ou relatifs aux rapports pécuniaires entre époux), de successions et testaments, de faillites, de liquidations de sociétés, associations ou autres personnes morales. § 4. Il est entendu que rien dans la présente convention ne doit être interprété comme interdisant de reconnaître l'autorité de la chose jugée ou d'accorder la force exécutoire sur le territoire de l'une des Hautes Parties contractantes conformément aux dispositions de la loi en vigueur sur ce territoire à des jugements prononcés par les tribunaux de l'autre, et non visés par la présente convention ou pour lesquels on ne peut invoquer les dispositions de la présente convention. Titre II. Reconnaissance de l'autorité de la chose jugée. Art. 3. § 1. Les jugements visés à l'article 2 rendus par les tribunaux de l'une des Hautes Parties contractantes seront reconnus comme ayant l'autorité de la chose jugée par les tribunaux de l'autre dans les cas où l'on ne pourrait opposer à ces jugements des moyens tirés des dispositions suivantes: a) Le tribunal d'origine n'était pas compétent, d'après les règles du droit international privé en vigueur dans le pays du tribunal requis ; b) Le jugement a été rendu par défaut et la partie perdante prouve que le défendeur devant le tribunal d'origine n'a pas eu connaissance de l'action intentée contre lui en temps utile pour pouvoir y répondre, même si la procédure suivie a été légale et valable d'après la loi du pays du tribunal d'origine ; c) Le jugement est contraire à l'ordre public dans le pays du tribunal requis; il en sera ainsi notamment dans les cas suivants: (i) Le jugement se rapporte à un litige qui a déjà fait l'objet entre les mêmes parties d'un jugement ayant dans le pays du tribunal requis l'autorité de la chose jugée; (ii) Le tribunal requis estime que le jugement a été obtenu par des manoeuvres frauduleuses de l'une ou l'autre partie ; (iii) Le tribunal requis estime que la partie perdante défenderesse devant le tribunal d'origine n'était pas d'après les règles du droit international public justiciable du tribunal d'origine et n'avait pas accepté sa juridiction; (iv) La partie perdante n'est pas, d'après les règles du droit international public, justiciable du tribunal requis. d) La partie perdante prouve qu'il a été fait appel ou opposition ou qu'il a été introduit un recours contre le jugement dans le pays du tribunal d'origine. Il est entendu que si les délais impartis par la loi du pays du tribunal d'origine pour engager ces procédures ne sont pas expirés, le tribunal requis, s'il le juge opportun, peut ne pas reconnaître immédiatement au jugement l'autorité de la chose jugée et donner à la partie perdante un délai raisonnable pour engager les procédures d'appel, opposition ou autres recours. § 2. Il est entendu que la reconnaissance de l'autorité de la chose jugée ne sera pas refusée pour le seul motif que le tribunal d'origine, pour

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déterminer la loi applicable dans l'espèce, a appliqué des règles de droit international privé autres que celles suivies dans le pays du tribunal requis. § 3. Il est entendu que la reconnaissance de l'autorité de la chose jugée au sens de la présente convention signifie que le dispositif du jugement a valeur obligatoire entre les parties (partie gagnante et partie perdante) et peut être opposé par elles comme une exception à toute nouvelle action intentée entre les mêmes parties sur le même objet et pour la même cause. Art. 4. § 1. Nonobstant les dispositions de l'article 3, § 1 a), et sous réserve des dispositions des paragraphes 2 et 3 du présent article, le tribunal d'origine sera considéré comme compétent dans les cas suivants: a) Si la partie perdante était demanderesse principale, reconventionnelle ou par intervention devant le tribunal d'origine ; b) Si la partie perdante défenderesse devant le tribunal d'origine a comparu volontairement devant ce tribunal. Il est entendu que les mots «comparu volontairement» ne visent pas le cas où la comparution a eu pour unique objet de s'opposer à la saisie de biens ou d'obtenir la mainlevée de cette saisie ou pour contester la compétence du tribunal d'origine ; c) Si la partie perdante défenderesse devant le tribunal d'origine avait, avant que l'action ne fût entamée, valablement souscrit un engagement tendant à soumettre la contestation objet du procès aux tribunaux du pays du tribunal d'origine ou à ce tribunal lui-même ; d) Si la partie perdante défenderesse devant le tribunal d'origine avait, au moment où l'action a été intentée, une résidence habituelle dans le pays du tribunal d'origine, ou lorsqu'il s'agit d'une société, si elle avait son siège social effectif dans ce pays ; e) Si la partie perdante défenderesse devant le tribunal d'origine avait dans le pays de ce tribunal soit un établissement d'affaires ou de commerce, soit une succursale, et si la contestation concerne une affaire traitée à cet établissement ou succursale ou par son intermédiaire. Toutefois, la compétence du tribunal d'origine ne sera pas reconnue dans les cas indiqués aux paragraphes d) et e) ci-dessus si la partie perdante prouve au tribunal requis que l'action a été entamée devant le tribunal d'origine contrairement à un engagement valable spécifiant entre les parties un autre mode de règlement de la contestation. § 2. Les dispositions du paragraphe 1 du présent article ne s'appliquent pas aux jugements en matière de propriété immobilière ou aux jugements «in rem» relatifs à la propriété mobilière. Toutefois, dans ces cas, la compétence du tribunal d'origine sera reconnue si les biens immobiliers ou mobiliers se trouvaient situés dans le pays de ce tribunal au moment où l'action a été engagée. § 3. On ne pourra contester la compétence du tribunal d'origine pour le motif qu'il était incompétent d'après la loi de son pays, si d'après cette dernière loi, le jugement a l'autorité de la chose jugée. Titre III. Exécution des jugements. Art. 5. § 1. Seront sur le territoire de l'une des Hautes Parties contractantes rendus exécutoires de la manière indiquée aux articles 6 à 8 du 20*

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présent titre les jugements émanant des tribunaux de l'autre Haute Partie contractante visés à l'article 2 : a) S'ils sont susceptibles d'exécution dans le pays du tribunal d'origine ; b) S'ils condamnent au payement d'une somme d'argent déterminée, à l'exception des jugements condamnant au payement d'impôts, d'Etat ou autres, ou d'amendes; c) S'ils sont susceptibles d'obtenir la reconnaissance de la chose jugée conformément aux dispositions du titre précédent. § 2. En accordant force exécutoire à un jugement, le tribunal requis donnera, à la demande de la partie gagnante, force exécutoire à la condamnation aux dépens prononcée par le tribunal d'origine ; toutefois il pourra, à la demande de la partie perdante, limiter le montant de cette condamnation à io pour cent de la somme pour laquelle force exécutoire est accordée au jugement. Art 6. § i. Pour obtenir l'exécution dans le Royaume-Uni d'un jugement émanant d'un tribunal supérieur français, il faut présenter une demande en vue de 1'«enregistrement» (registration) de ce jugement accompagnée de la copie intégrale certifiée conforme de ce document. Cette copie, délivrée par le tribunal d'origine, contiendra toutes indications sur la procédure suivie et reproduira les motifs de la décision. La demande doit être présentée dans les formes exigées devant le tribunal requis : a) Pour L'Angleterre et le Pays de Galles à la «High Court of Justice»; b) Pour l'Ecosse à la «Court of Session»; c) Pour l'Irlande du Nord à la «Supreme Court of Judicature». § 2. Un jugement revêtu de la formule exécutoire conformément aux prescriptions de la loi française, est, en l'absence de preuve contraire, considéré comme susceptible d'exécution dans le pays où il a été rendu au sens de l'article 5 § 1 a). La formule actuellement employée est celle reproduite en annexe à la présente convention. § 3. Quand une demande aura été introduite au sujet d'un jugement remplissant les conditions prévues à l'article 5, l'enregistrement sera accordé, sauf dans les cas suivants : a) Si les obligations pécuniaires résultant du jugement sont complètement éteintes; b) Si la personne qui demande l'enregistrement n'a pas qualité pour le faire. Art. 7. § 1. Pour obtenir l'exécution en France d'un jugement émanant d'un tribunal supérieur d'un territoire de Sa Majesté il faut introduire une demande, accompagnée d'une copie certifiée du jugement; cette copie délivrée par le tribunal d'origine contiendra toutes indications sur la procédure suivie et reproduira les motifs de la décision. La demande sera introduite dans les formes exigées par la loi française devant le tribunal de première instance du lieu du domicile de la partie perdante ou devant tout autre tribunal compétent d'après la loi française. § 2. Tout jugement dont une copie certifiée conforme a été délivrée par le tribunal d'origine sera considérée comme un jugement susceptible d'exécution dans le pays du tribunal d'origine à la date où la copie a été délivrée.

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§ 3. Quand une demande aura été introduite au sujet d'un jugement remplissant les conditions prévues à l'article 5, l'exequatur sera accordé sauf dans les cas suivants : a) Si les obligations pécuniaires résultant du jugement sont complètement éteintes; b) Si la personne qui demande l'exequatur n'a pas qualité pour le faire. Art. 8. § 1. Quand un jugement a été enregistré conformément aux