Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto: Eine Neubetrachtung unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts der §§ 675c ff. BGB [1 ed.] 9783428544219, 9783428144211

Mit geschätzten 350.000 Kontopfändungen pro Monat ist die Zwangsvollstreckung in Girokonten ein Massenphänomen. Diesem h

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Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto: Eine Neubetrachtung unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts der §§ 675c ff. BGB [1 ed.]
 9783428544219, 9783428144211

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 195

Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto Von

Christian Mikolajczak

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN MIKOLAJCZAK

Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 195

Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto Eine Neubetrachtung unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts der §§ 675c ff. BGB

Von

Christian Mikolajczak

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld hat diese Arbeit im Wintersemester 2013/2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-14421-1 (Print) ISBN 978-3-428-54421-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84421-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie und Frau Bunte

Geleitwort Nahezu jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr wickelt Zahlungsströme über ein Konto bei seiner Hausbank ab. Die auf diesem Konto zu verzeichnenden Eingänge stellen regelmäßig maßgebliche Vermögenswerte des Kontoinhabers dar. Für den Kontoinhaber ist es zur Teilnahme am Rechtsverkehr unabdingbar, zugunsten von Gläubigern verfügen zu können. Angesichts des in der Einzelzwangsvollstreckung geltenden Prioritätsprinzips ist es allerdings für einen vollstreckenden Gläubiger kaum hinnehmbar, dass er erfolglos auf das Konto seines Schuldners zugreift, obgleich der Schuldner weiterhin über dieses Konto andere Gläubiger befriedigt. Die Wirkungen einer solchen Pfändungsmaßnahme behandelt das vorliegende Werk. Das Thema ist praktisch enorm bedeutsam, weil die Kontopfändung zu den gebräuchlichsten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zählt. Gleichzeitig ist die Problematik äußerst anspruchsvoll, weil sie auf der Schnittstelle zwischen Bankund damit Vertragsrecht einerseits und dem Zwangsvollstreckungsrecht andererseits angesiedelt ist. Zur Lösung dieser seit Jahrzehnten diskutierten Problematik legt der Autor ein klares, von der langjährigen Rechtsprechung des BGH zwar abweichendes, aber überzeugendes Konzept vor: Er betont zum einen die Kontokorrentbindung der Einzelansprüche und nimmt zum anderen die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehung im Zahlungsverkehr als Geschäftsbesorgungsvertrag ernst. Konsequent lehnt er daher die Rechtsprechung des BGH ab, die bei kreditorischem Saldo einen pfändbaren Anspruch auf Auszahlung des Tagessaldos annimmt. Ebenso schlüssig verwirft er die Auffassung des BGH, dass bei debitorischem Saldo der Erfolg der Pfändung davon abhängt, ob ein Darlehensauszahlungsanspruch besteht. Demgegenüber stellt der Autor den Anspruch des Bankkunden gegen sein Institut auf Ausführung eines Zahlungsauftrags (§ 675o Abs. 2 BGB) in den Vordergrund. Dieser Anspruch setzt freilich Deckung voraus, die bei kreditorischem Konto aus dem Guthaben, bei debitorischem Konto aus einer eingeräumten Kreditlinie folgen kann. Für den Fall, dass keine Kreditlinie eingeräumt ist und die Ausführung eines Zahlungsdienstes nur im Wege einer geduldeten Überziehung möglich ist, gewinnt der Autor die Folgen der Pfändung maßgeblich aus dem Sinn und Zweck des Anspruchs auf Verfügbarmachung von Eingängen, der nunmehr als Lex specialis zu § 667 BGB in § 675t BGB eine Regelung gefunden hat.

8 Geleitwort

Der Zeitpunkt, um diese neuen Thesen zu präsentieren, könnte kaum besser sein. Der Autor macht nämlich mit dem neuen, auf europäischen Vorgaben beruhenden Zahlungsdiensterecht ernst und beruft sich – im Gegensatz zum BGH – nicht auf Ansprüche, die zu einer Zeit entwickelt wurden, als das Zahlungsverkehrsrecht noch weit von einer spezifischen gesetzlichen Kodifizierung entfernt war. Und noch aus einem weiteren Grund ist der Zeitpunkt der Arbeit gut gewählt. Die Diskussion um die Kontenpfändung, also eine Maßnahme der Einzelzwangsvollstreckung, hat frischen Wind dadurch bekommen, dass der BGH für das Recht der Insolvenzanfechtung, also im Verfahren der Gesamtvollstreckung, jüngst seine Rechtsprechung zu Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung grundlegend gewandelt hat. Die so angestoßene Diskussion fängt der Autor ebenfalls ein und stellt den Einklang von Einzel- und Gesamtvollstreckung wieder her. Prof. Dr. Florian Jacoby Universität Bielefeld

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2013 / 14 von der Juristischen Fakultät der Universität Bielefeld als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von Mitte September 2014. Meinem hochgeschätzten Doktorvater Prof. Dr. Florian Jacoby gilt mein herzlicher Dank für seine stete Gesprächsbereitschaft und unermüdliche Diskussionsfreude, für unzählige Denkanstöße und wertvolle Anregungen sowie für die Mühen der kritischen Lektüre von Teilen dieser Arbeit, die er bereits während ihrer Entstehungsphase auf sich genommen hat. Danken möchte ich ihm zudem für eine unglaublich lehrreiche Zeit, die ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter während der Anfertigung der Dissertation an seinem Lehrstuhl tätig sein durfte. Diese Zeit hat mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich nachhaltig geprägt. Herrn Prof. Dr. Markus Artz gebührt Dank für die äußerst zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme in die Schriftreihe gilt mein herzlicher Dank den Herausgebern, Herrn Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider und Herrn Prof. Dr. Dirk A. Verse (M. Jur). Besonderen Dank schulde ich zudem dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der die Drucklegung dieser Arbeit durch einen großzügigen Druckkostenzuschuss aus dem Programm „Arbeitskreis Wirtschaft und Recht“ gefördert hat. Einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit haben meine Lehrstuhlkollegen geleistet. Ihnen danke ich für zahlreiche fruchtbare und ausdauernde Diskussionen, die mich mehr als einmal entscheidend voran gebracht haben, für die kritische Durchsicht von Teilen der Dissertation und ganz besonders für eine wirklich einzigartige Atmosphäre am Lehrstuhl. Herzlich danken möchte ich an dieser Stelle außerdem all den Freunden, die mich während der Anfertigung der Dissertation auf so vielfältige Weise unterstützt haben und es vor allem in beschwerlichen Zeiten stets verstanden haben, mich zu ermutigen. Von Herzen bedanke ich mich schließlich bei meiner Familie, allen voran meinen Eltern, Anne und Witold Mikolajczak, sowie meinem Bruder, Michael Mikolajczak, für Aufmunterung und Unterstützung, wie sie nur die Familie zu gewähren im Stande ist. Ihnen ist die vorliegende Arbeit in Dankbarkeit gewidmet. Hamburg, im September 2014

Christian Mikolajczak

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Teil

Die bankvertragliche Rechtsbeziehung  38

§ 2 Das Girokonto als Kontokorrentkonto  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 A. Die Legaldefinition des Kontokorrents gem. § 355 Abs. 1 HGB  . . . . . 39 B. Der Gegenstand der Kontokorrentbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Die Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Wenigstens einseitiges Handelsgeschäft i. S. v. § 343 HGB . . . . . . 40 C. Die „Kontokorrentvereinbarung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Der Geschäftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Die Kontokorrentabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 III. Antizipierter Verrechnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. Feststellung des Saldos durch abstraktes Schuldanerkenntnis . . . . . 56 D. Funktionen und Wirkungen des Kontokorrents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Vereinfachungs- und Vereinheitlichungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 59 II. Sicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 III. Kreditierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 E. Zusammenfassung: Das Girokonto als Periodenkontokorrent . . . . . . . . 62 § 3 Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Zivilrechtliche Grundlagen des Girogeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Geltungsbereich des zivilen Zahlungsverkehrsrechts . . . . . . . . . . . . 65 II. Der Zahlungsdiensterahmenvertrag, § 675f Abs. 2 BGB . . . . . . . . . 66 III. Insbesondere: Ausführungspflicht nach § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Die rechtlichen Vorgänge bei der „Übertragung“ von Buchgeld . . . . . . 77 I. Ablauf eines bargeldlosen Zahlungsvorgangs am Beispiel der Giroüberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Belastung des Zahlerkontos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 III. Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . 89 IV. Zusammenfassung: Die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs über ein Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Der Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung eines Tagesgut­ habens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Umfang des Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos . . . . . . 100

12 Inhaltsübersicht II. Unbarer Zahlungsverkehr als girovertraglich modifiziertes Barzahlungsgeschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 III. Der „vermittelnde“ Lösungsvorschlag Mülberts . . . . . . . . . . . . . . . 114 IV. Geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis des Girovertrags . . . . 115 V. Zwischenergebnis: Ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Interpretation der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto . . . . . . 138 D. Wertstellung und Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Wertstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Zinsberechnung auf einem Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 E. Zusammenfassung: Die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto . . . . . 141 2. Teil

Vollstreckung in ein Girokonto  143

§ 4 Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO  . . . . . . . 143 A. Die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung in Forderungen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Forderungspfändung nach § 829 ZPO und Verwertung gem. § 835 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 II. Gegenstand der Forderungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 B. Zwangsvollstreckung in sonstige vermögenswerte Rechte, § 857 ZPO . . 151 I. Verwertungseignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Selbständiges Vermögensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 C. Grenzen der Forderungsvollstreckung und Ausnahmen, §§ 851, 857 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Ausnahme nach § 851 Abs. 2 ZPO bei vereinbartem Abtretungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Beschränkte Pfändbarkeit von Nutzungsrechten gem. § 857 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 D. Hilfspfändung unselbständiger Nebenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Inbesitznahme von Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Pfändung unselbständiger Forderungen und Rechte . . . . . . . . . . . . 158 III. Zwischenergebnis: Voraussetzungen einer zulässigen Hilfs­ pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 E. Zusammenfassung: Vollstreckungsrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 § 5 Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 A. Die Pfändung des Zustellungssaldos gem. § 357 HGB . . . . . . . . . . . . . 160 I. Unpfändbarkeit der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen . . 161 II. Pfändung und Überweisung des Zustellungssaldos . . . . . . . . . . . . . 164 III. Gegenstand der Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 IV. Auswirkungen der Pfändung nach § 357 HGB auf die Konto­ korrentbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Inhaltsübersicht13 V. Verhältnis des Pfändungspfandrechts an dem Zustellungssaldo i. S. v. § 357 HGB zum AGB-Pfandrecht der Banken und Spar­kassen . . . . . 169 B. Pfändung zukünftiger Abschlusssalden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 I. Hinreichende Bestimmbarkeit sämtlicher zukünftiger Abschlusssalden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 II. Beachtlichkeit einer Vortragungsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . 171 C. Auswirkungen der Doppelpfändung auf die Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 § 6 Vollstreckung in Ansprüche des Kontoinhabers aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 A. Pfändung von Ansprüchen aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung des sog. Tagessaldos . . . 174 II. Pfändung sonstiger girovertraglicher Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 180 III. Zusammenfassung: Beurteilung der bisherigen Grundsätze zur Pfändung in ein kreditorisches Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 B. Pfändung in ein kreditorisches Girokonto bei ausschließlich geschäftsbesorgunsgrechtlicher Interpretation des Zahlungsverkehrsrechts . . . . . 198 I. Unpfändbarkeit der girovertraglichen Ansprüche? . . . . . . . . . . . . . . 198 II. Pfändung des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 C. Zusammenfassung: Die Pfändung in ein kreditorisch geführtes Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 § 7 Vollstreckung in eine offene Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB . . . . . . . . 230 I. Merkmale des Krediteröffnungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 III. Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 IV. Trennungstheorie und Wirkung des Kreditabrufs . . . . . . . . . . . . . . 236 C. Vollstreckung in eine offene Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Gegenstand der Vollstreckung in eine „offene Kreditlinie“ . . . . . . 237 II. Pfändung des Darlehensauszahlungsanspruchs nach Abruf durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Pfändung und Verwertung des Kreditgewährungsanspruchs vor Abruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 D. Gegenrechte des Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 I. Kündigung der Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 II. Vorrangiges AGB-Pfandrecht gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 III. Einräumung der Kreditlinie unter auflösender Bedingung der Pfändung gem. § 158 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

14 Inhaltsübersicht E. Kritik an der herrschenden vermittelnden Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 I. Kontosperre durch Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Kritik an der rechtsdogmatischen Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 F. Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs bei debitorischem Kontostand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 I. Die Funktion der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nach Maßgabe des novellierten Zahlungsverkehrsrechts . . . . . . . . . . . . . 280 II. Auswirkungen auf die Vollstreckung in eine Kreditlinie . . . . . . . . 285 G. Nachträgliche Beseitigung der Kreditlinie durch Kündigung . . . . . . . . . 296 I. Kündigung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Kontoinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. Kündigungspflicht des Zahlungsdienstleisters? . . . . . . . . . . . . . . . . 298 III. Praktische Umsetzung der „Kündigungslösung“ . . . . . . . . . . . . . . . 305 IV. Zwischenergebnis: Kündigungspflicht des Kreditinstituts . . . . . . . . 309 H. Zusammenfassung: Die Pfändung einer offenen Kreditlinie . . . . . . . . . 309 § 8 Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . 311 A. Die Überziehung des Kontos jenseits der Deckungsgrenze . . . . . . . . . . 312 I. Die geduldete Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB . . . . . . . . . . . . 312 II. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 B. Pfändbarkeit der geduldeten Überziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 I. Präzisierung des Einwands gegen die Pfändbarkeit  . . . . . . . . . . . . 320 II. Bestehen eines pfändbaren Darlehensauszahlungsanspruchs . . . . . . 322 III. Zwischenergebnis: Unpfändbarkeit einer geduldeten Überziehung mangels gegenwärtigen, vollstreckungstauglichen Ausführungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 C. Einschränkung kontokorrentrechtlicher Sicherungswirkung? . . . . . . . . . 360 I. Umfassende Sicherung der Bank an künftigen Zahlungseingängen . 361 II. Bisherige Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 III. Resümee: Letzte verbliebene Privilegierung der Kontokorrentparteien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 D. Verrechnungssperre infolge der Zweckbindung der K ­ ontodeckung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 I. Der Anspruch auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB . . . . . . . 367 II. Zweckbindung des Anspruchs aus Gutschrift zugunsten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 III. Auswirkungen der Zweckbindung auf die Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 E. Zusammenfassung: Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 § 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Teil

Die bankvertragliche Rechtsbeziehung  38

§ 2 Das Girokonto als Kontokorrentkonto  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 A. Die Legaldefinition des Kontokorrents gem. § 355 Abs. 1 HGB  . . . . . 39 B. Der Gegenstand der Kontokorrentbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Die Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Wenigstens einseitiges Handelsgeschäft i. S. v. § 343 HGB . . . . . . 40 C. Die „Kontokorrentvereinbarung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Der Geschäftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Die Kontokorrentabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 III. Antizipierter Verrechnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Tilgungswirkung der Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Tilgung und kausale Saldoforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Zusammensetzung der kausalen Saldoforderung . . . . . . . . . . 46 aa) Die Lehre von der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 bb) Analoge Anwendung von § 396 Abs. 1 i. V. m. § 366 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Das Bankkontokorrent als Perioden- oder Staffelkontokorrent? . 48 a) Für eine staffelförmige Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Verkehrsfähigkeit einer Überschussforderung . . . . . . . . . 50 bb) Berücksichtigung von Leistungen im Kontokorrent . . . . 50 cc) Staffelförmige Zinsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Das Bankkontokorrent als Periodenkontokorrent . . . . . . . . . . 51 aa) Tagessaldo als reiner Postensaldo . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 bb) Zahlungsverkehrsfähigkeit des Girokontos . . . . . . . . . . . 52 cc) Berücksichtigung von Leistungen auf einen debitorischen Saldo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 dd) Verzinsung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 ee) Vereinfachungsfunktion des Kontokorrents . . . . . . . . . . . 54 ff) Parteiwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

16 Inhaltsverzeichnis c) Zwischenergebnis: Das Girokonto als Periodenkontokorrent i. S. v. §  355 Abs.  1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 IV. Feststellung des Saldos durch abstraktes Schuldanerkenntnis . . . . . 56 1. Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 D. Funktionen und Wirkungen des Kontokorrents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Vereinfachungs- und Vereinheitlichungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 59 II. Sicherungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Sicherungswirkung im Verhältnis der Kontokorrentparteien zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Sicherungswirkung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 III. Kreditierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Kreditgewährung durch Erweiterung des Verfügungsrahmens . . 61 2. Kreditierung durch In-Rechnung-Stellung der Einzelforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 E. Zusammenfassung: Das Girokonto als Periodenkontokorrent . . . . . . . . 62 § 3 Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Zivilrechtliche Grundlagen des Girogeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Geltungsbereich des zivilen Zahlungsverkehrsrechts . . . . . . . . . . . . 65 II. Der Zahlungsdiensterahmenvertrag, § 675f Abs. 2 BGB . . . . . . . . . 66 1. Rechtsnatur des Zahlungsdiensterahmenvertrags . . . . . . . . . . . . . 67 2. Zahlungs- oder Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Zahlungsvorgang, Zahlungsdienst und Zahlungsauftrag . . . . . . . 68 a) Zahlungsvorgang gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . . . . 68 b) Zahlungsdienst gem. § 1 Abs. 2 ZAG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 c) Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . 70 aa) Auftragsrechtliches Verständnis der Zahlungsweisung . . 70 bb) Verhältnis von Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB und Autorisierung gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB . . 72 III. Insbesondere: Ausführungspflicht nach § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsauftrags aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . . . . . . 74 2. Folgerungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 B. Die rechtlichen Vorgänge bei der „Übertragung“ von Buchgeld . . . . . . 77 I. Ablauf eines bargeldlosen Zahlungsvorgangs am Beispiel der Giroüberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II. Belastung des Zahlerkontos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Kontobelastung als simultane Leistung der Bank . . . . . . . . . . . . 80 a) Unmittelbare Schuldtilgung in entsprechender Anwendung des § 787 Abs. 1 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Inhaltsverzeichnis17 b) Unmittelbare Schuldtilgung durch „Simultanleistung“ . . . . . 81 c) Einstellung der simultan erbrachten Leistung in das Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 d) Zusammenfassung der vorgenannten Ansichten . . . . . . . . . . . 82 e) Folgerungen für die Frage nach der Rechtsqualtität einer „Buchgeldforderung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Erhöhung eines Debets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Der Zahlungsdiensterahmenvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4. Folgerungen für die Rechtsqualität einer „Buchgeldforderung“ . 87 a) Vermögensopfer des Zahlungsdienstleisters . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Freiwilligkeit des Vermögensopfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5. Zwischenergebnis: Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . 89 1. Anspruch auf Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Anspruch aus Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und Erfüllungstauglichkeit der „Übertragung“ von Buchgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Gutschrift bei Bareinzahlung auf das eigene Konto oder auf das Konto des Zahlungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Bareinzahlung eines Dritten zum Zwecke der Schuldtilgung . 93 b) Bareinzahlung auf das eigene Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Keine Notwendigkeit für ein abstraktes Anerkenntnis nach Bareinzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Schuldanerkenntnis auch bei Bareinzahlung . . . . . . . . . . 95 c) Würdigung des bisherigen Streitstands zum alten Recht . . . . 95 aa) Anfechtbare Herstellung einer Verrechnungslage . . . . . . 95 bb) Herstellung einer Bargeld vergleichbaren Buchgeldforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 d) Anspruch auf Verfügbarmachen bei Barzahlungen gem. § 675t Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 e) Zwischenergebnis: Barauszahlung als aufwendungsersatzpflichtiger Zahlungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 IV. Zusammenfassung: Die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs über ein Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Der Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung eines Tages­ guthabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Umfang des Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos . . . . . . 100 II. Unbarer Zahlungsverkehr als girovertraglich modifiziertes Barzahlungsgeschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

18 Inhaltsverzeichnis 1. Auszahlungsanspruch als Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Strikte Trennung von Einlagen- und Girogeschäft . . . . . . . . . 101 aa) Einlagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Einordnung des Girokontoguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Kein Aufbewahrungsinteresse des Girokontoinhabers . . 104 bb) Widerspruch zum Periodenkontokorrent . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Für die Vereinbarkeit von Kontokorrentbindung und Dispositionsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Keine realisierbare Saldoforderung während einer Rechnungsperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (3) Umfassende Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch . . . . . . 108 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Originär girovertraglicher Auszahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . 108 a) Girovertragliche Fundierung des Auszahlungsanspruchs . . . . 109 aa) Dispositionsmöglichkeit bei sonstigen Kontokorrentkonten ohne Girovertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Unnötige Anspruchsdopplung bei nicht im Kontokorrent geführten Girokonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Auszahlungsanspruch aus AGB oder verkehrstypischer Auslegung des Girovertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch . . . . . . . . . . 113 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Der „vermittelnde“ Lösungsvorschlag Mülberts . . . . . . . . . . . . . . . 114 IV. Geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis des Girovertrags . . . . 115 1. Grundsätze des Zahlungsverkehrs nach geschäftsbesorgungsrechtlicher Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts . . 117 a) Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsauftrags aus § 675o Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Umfassender Regelungsanspruch des neuen Zahlungsverkehrsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Barauszahlung als Zahlungsvorgang i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 d) Zahlungsvorgang, Zahlungsauftrag, Zahlungsdienst und Zahlungskonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 aa) § 675o Abs. 2 BGB: Anspruch auf Ausführung eines „Zahlungsauftrags“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 bb) Auszahlungsanspruch als Zahlungsdienst i. S. d. §§ 675c ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (1) Der aufsichtsrechtliche Begriff des ­„Zahlungsdienstes“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Inhaltsverzeichnis19 (2) § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG: Ein- und Auszahlungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (3) Zahlungsdienste auch in Zweipersonenkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (4) Ausnahmetatbestände in § 1 Abs. 10 ZAG . . . . . . . . 125 (5) § 1 Abs. 2 Nr. 3 ZAG: Zahlungsvorgänge mit Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (6) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 cc) Zahlungskonto als Inbegriff der Forderung des Kontoinhabers, § 1 Abs. 3 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (1) Bloße Zahlungskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (2) Girokonten bei Kreditinstituten i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (3) Keine Beschränkung des Regelungsanspruchs auf reine Zahlungskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (4) Zahlungskonto als Ursprung der Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 dd) Zwischenergebnis: Barauszahlung als „Zahlungsdienst“ . 129 3. Einwände gegen die ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Kreditgewährung trotz Kontoguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Girovertrag ist kein Alleinstellungsmerkmal . . . . . . . . . . . . . 131 c) Unentgeltlichkeit der Barauszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Barauszahlung als nicht entgeltpflichtige Erfüllung des Rückgewähranspruchs aus unregelmäßiger Verwahrung . 133 bb) Unentgeltlichkeit wegen Eigeninteresses des Zahlungsdienstleisters an der kontokorrentmäßigen Geschäftsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 cc) Fakultative Entgeltpflicht für Barauszahlungsgeschäfte, § 675f Abs. 4 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 d) Disponibilität des Kontoguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Abtretung und Verpfändung des Tagessaldoanspruchs . . 135 bb) Kontoguthaben als Voraussetzung des Ausführungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) „Abtretung“ eines Kontoguthabens . . . . . . . . . . . . . . 136 (2) Verpfändung eines Kontoguthabens . . . . . . . . . . . . . 137 V. Zwischenergebnis: Ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Interpretation der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto . . . . . . 138 D. Wertstellung und Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Wertstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Zinsberechnung auf einem Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 E. Zusammenfassung: Die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto . . . . . 141

20 Inhaltsverzeichnis 2. Teil

Vollstreckung in ein Girokonto  143

§ 4 Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO  . . . . . . . 143 A. Die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung in Forderungen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Forderungspfändung nach § 829 ZPO und Verwertung gem. § 835 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Pfändungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Verwertung durch Überweisung der Forderung . . . . . . . . . . . . . 145 a) Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt, § 835 Abs. 1, 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Zahlungsmoratorien bei der Pfändung von Kontoguthaben, § 835 Abs. 3, 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 II. Gegenstand der Forderungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Verwertungseignung der gepfändeten Forderung . . . . . . . . . . . . 147 a) Postulat der Verwertungseignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Bedeutung für die Kontovollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Pfändung künftiger Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 B. Zwangsvollstreckung in sonstige vermögenswerte Rechte, § 857 ZPO . . 151 I. Verwertungseignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Selbständiges Vermögensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 C. Grenzen der Forderungsvollstreckung und Ausnahmen, §§ 851, 857 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Unübertragbarkeit einer Forderung gem. § 399 1. Alt. BGB . . . 153 2. Verhältnis der Pfändungsbeschränkung des § 851 Abs. 1 ZPO zu dem Postulat der Verwertungseignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Ausnahme nach § 851 Abs. 2 ZPO bei vereinbartem Abtretungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Beschränkte Pfändbarkeit von Nutzungsrechten gem. § 857 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 D. Hilfspfändung unselbständiger Nebenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Inbesitznahme von Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Pfändung unselbständiger Forderungen und Rechte . . . . . . . . . . . . 158 III. Zwischenergebnis: Voraussetzungen einer zulässigen Hilfs­ pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 E. Zusammenfassung: Vollstreckungsrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 § 5 Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 A. Die Pfändung des Zustellungssaldos gem. § 357 HGB . . . . . . . . . . . . . 160 I. Unpfändbarkeit der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen . . 161

Inhaltsverzeichnis21 1. Umkehrschluss aus § 357 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Kontokorrent als antizipierter Verrechnungsvertrag . . . . . . . . . . 162 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 II. Pfändung und Überweisung des Zustellungssaldos . . . . . . . . . . . . . 164 III. Gegenstand der Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Berücksichtigung nachträglicher Sollposten . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Berücksichtigung zukünftiger Habenposten  . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Auswirkungen der Pfändung nach § 357 HGB auf die Konto­ korrentbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Keine Beendigung der Kontokorrentbeziehung . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Keine Beendigung der laufenden Rechnungsperiode . . . . . . . . . 167 3. Unbeachtlichkeit einer Vortragungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . 168 V. Verhältnis des Pfändungspfandrechts an dem Zustellungssaldo i. S. v. § 357 HGB zum AGB-Pfandrecht der Banken und ­Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 B. Pfändung zukünftiger Abschlusssalden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 I. Hinreichende Bestimmbarkeit sämtlicher zukünftiger Abschlusssalden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 II. Beachtlichkeit einer Vortragungsvereinbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . 171 C. Auswirkungen der Doppelpfändung auf die Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 § 6 Vollstreckung in Ansprüche des Kontoinhabers aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 A. Pfändung von Ansprüchen aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung des sog. Tagessaldos . . . 174 1. Pfändung des Tagessaldoanspruchs als Geldforderung gem. § 829 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Auswirkungen der Tagessaldopfändung auf die Verfügungs­ befugnis des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Umfassende Kontosperre infolge der Tagessaldopfändung . . 175 b) Verfügungssperre nur für rechnerisches Kontoguthaben . . . . 176 3. Verhältnis der Tagessaldopfändung zum AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Gegenstand des AGB-Pfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Grundsätzlicher Vorrang vor späteren Pfändungspfand­ rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Kein Anwendungsfall des § 357 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 d) Kein Vorrang bei girovertraglicher Zahlungs- bzw. Ausführungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Pfändung sonstiger girovertraglicher Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Anspruch auf Gutschrift bzw. Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags aus § 675t Abs. 1, 2 BGB . . . . . . . . . . . . 180

22 Inhaltsverzeichnis a) Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Rechtfertigung der nur eingeschränkten Pfändbarkeit unter der alten Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Unbeachtlichkeit der girovertraglichen Beschränkung des Anspruchsinhalts gem. § 851 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . 182 bb) Dingliche Sicherung der Bank an dem Anspruch aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 c) Originärer Anspruch auf Gutschrift bzw. auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags aus §§ 675t Abs. 1, 2 BGB . . . . 183 d) Ablehnung der Hilfspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 aa) Fehlender Zusammenhang zwischen Hilfs- und Hauptpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Keine Erforderlichkeit der Hilfspfändung . . . . . . . . . . . . 185 2. Anspruch auf Auszahlung laufender Eingänge . . . . . . . . . . . . . . 186 3. Anspruch auf Durchführung von Überweisungen . . . . . . . . . . . . 187 a) Rechtsgrundlage und Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Zweck der Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Pfändung des Widerrufsrechts aus § 675p BGB . . . . . . . 188 bb) Vereitelung weiterer Überweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) Pfändbarkeit nur bei Vorliegen pfändbarer Kontodeckung . . 189 d) Keine selbständige Pfändung des Überweisungsanspruchs gem. §§ 829, 857 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Fehlender eigener Vermögenswert des Überweisungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Höchstpersönlichkeit des Überweisungsanspruchs . . . . . 191 e) Unzulässigkeit der Hilfspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4. Nutzbarmachen von Kontoauszügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Pfändung des Anspruchs auf Erteilung von Kontoauszügen . 193 b) Herausgabeanordnung gegen den Vollstreckungsschuldner gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Zusammenfassung: Beurteilung der bisherigen Grundsätze zur Pfändung in ein kreditorisches Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 B. Pfändung in ein kreditorisches Girokonto bei ausschließlich geschäftsbesorgunsgrechtlicher Interpretation des Zahlungsverkehrsrechts . . . . . 198 I. Unpfändbarkeit der girovertraglichen Ansprüche? . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Vorschussleistung aus dem Vermögen der Bank . . . . . . . . . . . . . 198 2. Unpfändbarkeit wegen Höchstpersönlichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Die Ansicht Klaus Bergers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Entgegnung der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Widerspruch zur kontokorrentrechtlichen Abwicklung des Zahlungsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Beendigung von Kontokorrent und Girovertrag . . . . . . . . . . . 202

Inhaltsverzeichnis23 b) Kontokorrentrechtliche Zweckbindung des Auszahlungs­ anspruchs gem. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO . . . . . 202 c) Entgegnung der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Pfändung des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Gegenstand der Kontopfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Ausführungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 aa) Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 bb) Konkretisierungsbedürftigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (1) Pfändbarkeit konkretisierungsbedürftiger ­Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (2) Besonderheiten des girovertraglichen Ausführungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Gesetzliche Fixierung des Anspruchsinhalts  . . . . . . . . . . . . . 209 2. Vermögenswert des Ausführungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 a) Nicht vermögenswerte Dispositionsbefugnis des Schuldners? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Antizipation des Vermögenswerts durch Vorausverfügung über derzeit indisponible Kontokorrentposten . . . . . . . . . . . . 211 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Schützenswerte Belange der Bank als Drittschuldnerin . . . . . . . 213 a) Vollstreckungsgläubiger als Gläubiger des Ausführungs­ anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Höchstpersönlichkeit der girovertraglichen Ansprüche . . . . . 215 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4. Pfändung eines Anspruchs mit alternativem Leistungsinhalt . . . 217 a) § 851 Abs. 2 ZPO (analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b) § 857 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 c) § 857 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 d) Übertragung der Grundsätze zur Pfändung einer Wahlforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Pfändung einer Wahlforderung, wenn wenigstens ein Alternativanspruch nicht übertragbar ist . . . . . . . . . . . . . 220 (1) Unpfändbarkeit der Wahlforderung . . . . . . . . . . . . . . 221 (2) Pfändbarkeit nach Ausübung des Wahlrechts . . . . . . 221 (3) Die Ansicht Ecksteins: Beschränkte Pfändbarkeit der Wahlforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (4) Differenzierung nach dem Zweck der Unpfändbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (a) Berücksichtigung von Schuldnerinteressen . . . . 224 (b) Berücksichtigung von Drittschuldnerinteressen . . 224 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

24 Inhaltsverzeichnis bb) Übertragung auf den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag . 225 5. Auswirkungen der Pfändung des Ausführungsanspruchs auf die Sicherungsfunktion des Kontokorrents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 C. Zusammenfassung: Die Pfändung in ein kreditorisch geführtes Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 § 7 Vollstreckung in eine offene Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB . . . . . . . . 230 I. Merkmale des Krediteröffnungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Zustandekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 III. Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Darlehensvorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Optionsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 3. Grund- oder Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 IV. Trennungstheorie und Wirkung des Kreditabrufs . . . . . . . . . . . . . . 236 C. Vollstreckung in eine offene Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Gegenstand der Vollstreckung in eine „offene Kreditlinie“ . . . . . . 237 II. Pfändung des Darlehensauszahlungsanspruchs nach Abruf durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Kapitalnutzungsanspruch auf Zeit, Umschuldung zu Lasten der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2. Generelle Zweckbindung eines Darlehensauszahlungsanspruchs . 242 3. Höchstpersönlichkeit der Kreditgewährung aufgrund besonderen Vertrauensverhältnisses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Höchstpersönlichkeit des Darlehensauszahlungsanspruchs gem. § 613 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 III. Pfändung und Verwertung des Kreditgewährungsanspruchs vor Abruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Bejahende Ansichten: Selbständige Verwertung der „offenen“ Kreditlinie durch den Vollstreckungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Herrschende Meinung: Abrufrecht als höchstpersönliches Recht des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Das Abrufrecht als höchstpersönliches, inhaltsausfüllendes Gestaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Wirkung des Kreditabrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Verhaltener Auszahlungsanspruch im Krediteröffnungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 bb) Partiell rechtskonstruktive Wirkung des Abrufs . . . . . . . 249 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 D. Gegenrechte des Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 I. Kündigung der Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Zeitpunkt der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Inhaltsverzeichnis25 2. Fristlose Kündigung des Krediteröffnungsvertrags wegen (drohender) Verschlechterung des Schuldnervermögens . . . . . . . 253 a) Kontopfändung als Indiz für einen Vermögensfall i. S. v. § 490 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) Fehlende Schutzbedürftigkeit des Kontoinhabers nach ­Pfändung der Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Fristlose Kündigung unbefristeter Kredite gem. Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 II. Vorrangiges AGB-Pfandrecht gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 III. Einräumung der Kreditlinie unter auflösender Bedingung der Pfändbarkeit gem. § 158 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Die ablehnende Ansicht Zellers: Analoge Anwendung von § 851 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Zulässigkeit der Bedingungskonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Fehlende Vergleichbarkeit von Abtretungsausschluss und Resolutivbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 E. Kritik an der herrschenden vermittelnden Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 I. Kontosperre durch Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Rechtliche Ursachen der Kontoblockade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Faktische Kontoblockade wegen drohender „doppelter“ Zahlungs- bzw. Rückzahlungspflicht für Bank und Schuldner . . 261 b) „Doppelte“ Zahlungs- und Rückzahlungsverpflichtung als gesetzlich vorgesehene Sanktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. Praktische Auswirkungen der Kontoblockade . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Auswirkungen der Pfändung auf ein privates Girokonto . . . . 263 aa) Kontosperre als Folge einer jeden Kontopfändung ungeachtet der Art der Kontodeckung . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Berücksichtigung von Schuldnerbelangen durch Vorschriften des Kontopfändungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . 265 (1) Pfändungsschutz im debitorischen Bereich nach § 850k Abs. 1 ZPO a. F. analog . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (2) Auf ein Guthaben beschränkter Schutz auf einem P-Konto gem. § 850k Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 266 (3) Fehlende Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Gesetzgeberische Interessenabwägung als verbindliche Grenze des Vollstreckungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Auswirkungen der Pfändung auf ein unternehmerisches Girokonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 II. Kritik an der rechtsdogmatischen Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

26 Inhaltsverzeichnis 1. Bloße Pfändung der Überziehungsmöglichkeit als unzulässiger Zwangsvollstreckungszugriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) § 844 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 b) Sicherungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 c) Zwischenergebnis: Unzulässige Überdehnung der Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Bedenken gegen den materiell-rechtlichen Lösungsweg . . . . . . 276 a) Koinzidenz von Forderungsentstehung und Erfüllung . . . . . . 276 b) Unteilbarkeit von Kreditabruf und Zahlungsauftrag . . . . . . . 276 aa) Höchstpersönlichkeit der Zweckbestimmung . . . . . . . . . 276 bb) Pflicht zur Ablehnung eines Zahlungsauftrags nach Pfändung der Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 c) Entgegnung der herrschenden Meinung: Darlehensgewährung als notwendig zweiaktiger Vorgang . . . . . . . . . . . . . . . . 278 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 F. Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs bei debitorischem Kontostand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 I. Die Funktion der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nach Maßgabe des novellierten Zahlungsverkehrsrechts . . . . . . . . . . . . . 280 1. Der Krediteröffnungsvertrag als integraler Bestandteil des Zahlungsdiensterahmenvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 2. Widerspruch zur Rechtsnatur der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit als atypischer Darlehensvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . 281 a) Der Wortlaut des § 504 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 b) Der Darlehensbegriff im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 aa) Ablösung des Kreditbegriffs durch den Darlehens­ begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 bb) „Entmaterialisierung des Gelddarlehens“ . . . . . . . . . . . . 284 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 II. Auswirkungen auf die Vollstreckung in eine Kreditlinie . . . . . . . . 285 1. Einstufige Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 2. Pfändung des Ausführungsanspruchs in Höhe der nicht ausgeschöpften Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Aufwendungsersatz bei kreditorischer Kontoführung . . . . . . 287 b) Vollstreckungsrelevante Verschuldung des Kontoinhabers im debitorischen Bereich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 aa) Unbeachtlichkeit der Darlehensrückzahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 bb) Sonstige Nachteile eines „aufgezwungenen Gläubigertauschs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (1) Zinsen als Entgelt für die Antizipation des Vermögenswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (2) Unbeachtlichkeit der Verzinsungspflicht . . . . . . . . . . 290 (a) Saldierung tatsächlicher Vor- und Nachteile . . . 290

Inhaltsverzeichnis27 (b) Rechtliche Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 (aa) Darlehensrechtliche Zinsakzessorietät . . . . 291 (bb) Zinsen als synallagmatische Gegenleistung des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 292 (cc) Verzinsung nach dem Wertstellungssaldo . . 293 (dd) Legitimationswirkung des Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 (3) Zwischenergebnis: Unbeachtlichkeit der Verzinsungspflicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Zwischenergebnis: Pfändbarkeit des Ausführungsanspruchs in Höhe der nicht ausgeschöpften Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 G. Nachträgliche Beseitigung der Kreditlinie durch Kündigung . . . . . . . . . 296 I. Kündigung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Kontoinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. Kündigungspflicht des Zahlungsdienstleisters? . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Freie Kündigung der Kreditlinie nach Pfändung? . . . . . . . . . . . 299 a) Erfordernis eines Kündigungsgrunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) „Voraussetzungslose“ Kündigung als „bisherige“ Ein­ wendung i. S. v. § 404 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 aa) Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 bb) Grundsatz der „freien“ Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Begründung einer Kündigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Aufklärungspflicht der Bank im Zusammenhang mit der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit . . . . 303 b) Zusage der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit zur freien Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 III. Praktische Umsetzung der „Kündigungslösung“ . . . . . . . . . . . . . . . 305 1. Auszahlungsmoratorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 2. Rechtsstellung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 3. Mehraufwand für das Kreditinstitut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 IV. Zwischenergebnis: Kündigungspflicht des Kreditinstituts . . . . . . . . 309 H. Zusammenfassung: Die Pfändung einer offenen Kreditlinie . . . . . . . . . 309 § 8 Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . 311 A. Die Überziehung des Kontos jenseits der Deckungsgrenze . . . . . . . . . . 312 I. Die geduldete Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB . . . . . . . . . . . . 312 II. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 1. (Stillschweigende) Erweiterung der Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . 313 2. Einzeldarlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 3. „Aufgezwungene“ oder einseitige Überziehung . . . . . . . . . . . . . 316 a) Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 b) Rechtliche Qualifikation und Pfändbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 318

28 Inhaltsverzeichnis 4. Definition der geduldeten Überziehung als Gegenstand der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 B. Pfändbarkeit der geduldeten Überziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 I. Präzisierung des Einwands gegen die Pfändbarkeit  . . . . . . . . . . . . 320 1. Vollstreckungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 2. Einwand mangelnder Bestimmbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Bestehen eines pfändbaren Darlehensauszahlungsanspruchs . . . . . . 322 1. Die Rechtsnatur der geduldeten Überziehung . . . . . . . . . . . . . . . 323 a) Die geduldete Überziehung als Realvertrag . . . . . . . . . . . . . . 323 b) Die geduldete Überziehung als Konsensualvertrag i. S. v. § 488 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 aa) Die geduldete Überziehung als Handdarlehen . . . . . . . . 326 (1) Handgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 (2) Handschenkung gem. § 516 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . 327 (3) Handkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 (a) Rechtsgrundabrede oder simultane Erfüllung primärer Leistungspflichten?  . . . . . . . . . . . . . . . 328 (aa) Die Auffassung des historischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 (bb) Verfehlung des Austauschzwecks . . . . . . . . 329 (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 (4) Handdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 bb) Auswirkungen der rechtlichen Qualifikation auf die Pfändbarkeit eines Handdarlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 c) Die geduldete Überziehung als Anweisung auf Kredit . . . . . 336 aa) Kein Widerspruch zur Konsensualvertragstheorie  . . . . . 336 bb) Kein Widerspruch zu den Materialien zur Reform des Kontopfändungsschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 cc) Begründung von Rückzahlungs- und Zinsanspruch . . . . 338 2. Realien der Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 a) Die geduldete Überziehung als konsensualer Darlehens­ vertrag i. S. v. § 488 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 aa) Kein verbindliches Kreditangebot der Bank in den AGB i. V. m. § 505 BGB und der Festlegung einer internen Kreditlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 bb) Angebot des Kontoinhabers durch Erteilung eines Zahlungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 cc) Annahme durch das Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (1) Annahme durch Zahlungsausführung . . . . . . . . . . . . 341 (2) Annahme durch (interne) Bewilligung der Zahlung . 342 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 b) Einseitiger Zahlungsauftrag des Kontoinhabers . . . . . . . . . . . 343

Inhaltsverzeichnis29 3. Gleichlauf von Insolvenzanfechtung und Einzelzwangsvoll­ streckung – Folgerungen aus BGHZ 182, 317 . . . . . . . . . . . . . . 344 a) Vormals: Unanfechtbarkeit von Zahlungen aus einer geduldeten Ü ­ berziehung mangels Gläubigerbenachteiligung . . . . . 345 b) Beweggründe der Entscheidung BGHZ 182, 137 . . . . . . . . . 346 c) Dogmatische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 aa) Einzelbetrachtung gläubigerbenachteiligender Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 bb) Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO . . . . 348 (1) Die Argumentation des BGH: Reduzierung der Aktivmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (a) Geltung für die Einzelzwangsvollstreckung . . . . 349 (b) Die Bonität als Vermögenswert des Schuldners . 349 (2) Ausgewählte Ansätze aus dem Schrifttum . . . . . . . . 350 (a) Die These Bitters: Zahlung aus geduldeter Überziehung als Realisierung potenzieller Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 (b) Ganter: Unterschiede von geduldeter Überziehung und sonstigen freiwilligen Drittzahlungen auf Kredit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (aa) Das Konto als Ausgangspunkt der Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 (bb) Kein Abfluss eines Vermögensaktivums . . 353 (3) Gläubigerbenachteiligung durch Passivmehrung . . . 354 (a) Kein masseneutraler Gläubigertausch . . . . . . . . 355 (b) Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 (aa) Zahlung aus geduldeter Überziehung als mittelbare Zuwendung an den Empfänger . 356 (bb) Anfechtung gegenüber der Bank als Leistungsmittlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 (c) Anfechtungsfolge: Freistellung der Masse . . . . . 358 d) Zwischenergebnis: Die geduldete Überziehung als gläubigerbenachteiligende Passivmehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 III. Zwischenergebnis: Unpfändbarkeit einer geduldeten Überziehung mangels gegenwärtigen, vollstreckungstauglichen Ausführungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 C. Einschränkung kontokorrentrechtlicher Sicherungswirkung? . . . . . . . . . 360 I. Umfassende Sicherung der Bank an künftigen Zahlungseingängen . 361 II. Bisherige Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 1. § 357 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 2. § 851 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 3. Rechtsmissbrauch bzw. Umgehung der Pfändungswirkungen . . 364 III. Resümee: Letzte verbliebene Privilegierung der Kontokorrentparteien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

30 Inhaltsverzeichnis D. Verrechnungssperre infolge der Zweckbindung der K ­ ontodeckung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 I. Der Anspruch auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB . . . . . . . 367 1. Anspruchsinhalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 2. Beschränkte Verkehrsfähigkeit des Gutschriftsanspruchs . . . . . . 368 II. Zweckbindung des Anspruchs aus Gutschrift zugunsten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 1. Zweckbindung als Kontodeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 2. Zweckbindung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . 369 III. Auswirkungen der Zweckbindung auf die Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Zweckwidrige Verrechnung des Zahlungseingangs . . . . . . . . . . . 371 2. Rechtliche Erfassung der Zweckbindung und Folgen ihrer Missachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 a) Schadensersatzpflichtiger Verstoß gegen die obligatorische Zweckbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 b) Verrechnungsausschluss infolge der Zweckbindung . . . . . . . 373 aa) Verrechnungsausschluss wegen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 bb) Fehlende Gegenseitigkeit bzw. mangelnde Verfügungsbefugnis des Schuldners über die zweckbestimmte Kontogutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 c) Praktische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 3. Zwischenergebnis: Verrechnungsausschluss infolge der Zweckbindung von Kontogutschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 E. Zusammenfassung: Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 § 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

§ 1  Einleitung Die Vollstreckung in Girokonten bildete bereits in den vergangenen 100 Jahren den Gegenstand unzähliger wissenschaftlicher Abhandlungen, ebenso wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung ein ums andere Mal in richtungsweisenden Entscheidungen beschäftigte. Umso mehr muss es verwundern, dass zwar über die wesentlichen Streitfragen im Ergebnis mittlerweile Konsens erzielt und für die Praxis überwiegend sachgerechte Lösungen erreicht wurden. Die dogmatische Aufbereitung der Verstrickung von girovertraglicher Beziehung und dem Rechtsinstitut des Kontokorrents i.  S.  v. §§ 355 ff. HGB ist indes trotz kaum mehr zählbarer Versuche noch nicht befriedigend gelungen. Offenkundig wird dies in der nach wie vor streitig beurteilten Pfändbarkeit einer geduldeten Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB. Zwar sind die Argumente für und wider die Pfändbarkeit einer geduldeten Überziehung zwischen Befürwortern und Gegnern seit langem ausgetauscht. Eine vielbeachtete Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2009, in welcher der IX. Zivilsenat in Abkehr von seiner ständigen Rechtsprechung die Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Kontoüberziehung zugelassen hat,1 hat jedoch auch die Möglichkeit der Einzelzwangsvollstreckung in eine geduldete Kontoüberziehung erneut in den Fokus der Betrachtung gerückt. Zwar hat der Senat die Pfändbarkeit eines Auszahlungsanspruchs in diesem Fall von der Massezugehörigkeit des Anspruchs ausdrücklich „abgekoppelt“.2 Gerade wegen dieser Konzession an den von §§ 35, 36 InsO angeordneten, grundsätzlichen Gleichlauf von Vermögensbeschlag in der Einzelzwangsvollstreckung und im Insolvenzverfahren stellt sich die Frage nach der Berechtigung des für das Insolvenzrecht beschrittenen Sonderwegs jedoch mit besonderem Nachdruck.3 In dem Problem der Pfändung eines Auszahlungsanspruchs aus geduldeter Kontoüberziehung kulminiert indessen nur verbreitetes Missverständnis der Zahlungsabwicklung über ein als Kontokorrent geführtes Girokonto. Soweit 1  BGHZ

182, 317. der Leitsatz in BGHZ 182, 317; so auch Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 174 f.; zuvor schon Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 34 ff. 3  Vgl. etwa Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 253 ff., der vor dem Hintergrund der Entscheidung BGHZ 182, 317 für die Pfändbarkeit einer geduldeten Kontoüberziehung eintritt. 2  So

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§ 1 Einleitung

die girovertraglichen Ansprüche als Gegenstand der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO in Rede stehen, lässt sich dieses Missverständnis zurückführen auf zwei Judikate des BGH aus dem Jahr 1982. Mit den Entscheidungen BGHZ 84, 325 und BGHZ 84, 371 hat der BGH die Pfändbarkeit eines rechnerischen Tagessaldos als „schlichte“ Geldforderung gem. § 829 ZPO anerkannt und hiermit den jahrelang geführten Streit darüber entschieden, wie sich die Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen und das allzeitige Verfügungsrecht des Kontoinhabers auf girovertraglicher Grundlage vereinbaren lassen. Gleichzeitig befriedigte er damit das Bedürfnis der „Gläubigerseite“ nach einer Möglichkeit der Kontovollstreckung, die über die unzureichende Vollstreckung in Ansprüche aus einem Periodenkontokorrent hinausging. Dogmatisch leitete der BGH einen nicht kontokorrentgebundenen Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos seinerzeit alternativ aus einem mit dem Girovertrag verbundenen Verwahrungsvertrag oder aus der verkehrstypischen Auslegung des Girovertrags her. Setzte er sich mit ersterer Erklärung in Widerspruch zur von ihm geteilten Qualifikation des Girokontos als Periodenkontokorrent, verkannte der zweite Begründungsansatz die unbestrittene Rechtsnatur des Girovertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag, aus dem sich typischerweise Ansprüche auf fremdnütziges Tätigwerden, nicht aber auf „schlichte“ Zahlung ergeben. Die Schwächen in der dogmatischen Begründung überwog jedoch das praktische Ergebnis einer Annäherung von Verfügungsmöglichkeit des Schuldners auf der einen und dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers auf der anderen Seite. Nachdem der BGH festgestellt hatte, dass nur ein rechnerisches Kontoguthaben dem Schuldner einen als Geldforderung vollstreckbaren Auszahlungsanspruch verschaffte, der Kontoinhaber aber durch die Pfändung des Tagessaldoanspruchs nicht an Dispositionen aufgrund eines Kontokorrentkredits gehindert war, verlagerte sich die Diskussion auf die Vollstreckung in ein debitorisches Girokonto. Hier hatte der BGH bereits im Jahr 1985 einen ersten Meilenstein markiert und entschieden, dass jedenfalls eine nur im Einzelfall geduldete Kontoüberziehung, der eine Kreditzusage der Bank nicht zugrunde liegt, nicht gepfändet werden könne.4 Die in der Folgezeit geführte Auseinandersetzung über die Pfändbarkeit eines Dispositionskredits fand ihren Abschluss in zwei Urteilen des BGH aus den Jahren 20015 und 2004,6 mit denen er sich einer zuvor bereits in der Literatur vorgeschlagenen vermittelnden Lösung7 anschloss. Hiernach unterliegt die Kreditlinie lediglich insoweit der Pfändung, wie der Vollstreckungsschuldner sie selbst 4  BGHZ

93, 315. 147, 193. 6  BGHZ 157, 350. 7  Erstmals E. Wagner, JZ 1985, 718, 720 f.; ders., ZIP 1985, 849, 854. 5  BGHZ



§ 1 Einleitung33

in Anspruch nimmt. War damit in der Sache auch erneut ein durchaus praxistaugliches Ergebnis erzielt worden und dem Schuldner faktisch die Ausnutzung eines Dispositionskredits versagt, hat diese vermittelnde Lösung ebenso wie die Differenzierung zwischen der Vollstreckung in eine offene Kreditlinie und im Fall einer geduldeten Kontoüberziehung bis heute nachhaltige Kritik erfahren, der sich ihre Befürworter mitunter nur mit Hinweis auf das interessengerechte Resultat zu erwehren wissen. Anliegen dieser Arbeit ist es, das seinerzeitige Versäumnis nachzuholen und eine tragfähige und insbesondere widerspruchsfreie Begründung für das allzeitige Verfügungsrecht des Kontoinhabers über sein Girokonto bei gleichzeitiger Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen zu entwickeln. Die Grundlage der Betrachtung bildet dabei zunächst allein die bankvertragliche Beziehung, wie sie sich nach der Novellierung des zivilen Zahlungsverkehrsrechts im Zuge der Umsetzung der Zahlungsdienstericht­ linie (2007 / 64 / EG) durch Gesetz vom 02.07.2009 (BGBl. I, S. 2355) seit dem 31.10.2009 aus den Bestimmungen der §§ 675c ff. BGB ergibt. Unberücksichtigt bleibt in diesem Stadium der Untersuchung vorerst das praktische Bedürfnis, dem Gläubiger das Girokonto des Schuldners als Vollstreckungsobjekt zu erhalten. Denn Gegenstand der Forderungsvollstreckung können lediglich diejenigen Ansprüche sein, die sich aus den Vorschriften des zivilen Zahlungsverkehrsrechts ergeben. Nicht jedoch kann das unbestreitbare Vollstreckungsbedürfnis Maß geben für das Verständnis der bankvertraglichen Dogmatik. Im Rahmen der Untersuchung ist den Bestimmungen des durch Gesetz vom 07.07.2009 (BGBl. I, S. 1707) mit Wirkung zum 01.07.2010 umfassend reformierten Kontopfändungsschutzes Rechnung zu tragen, soweit ihre Vereinbarkeit mit der hier zu erarbeitenden bankvertraglichen Dogmatik in Rede steht und sich ihnen Wertungen zur Entscheidung einzelner Streitfragen entnehmen lassen. Eine erschöpfende Darstellung des novellierten Kontopfändungsschutzes ist jedoch ebenso wenig Gegenstand dieser Arbeit wie die eingehende Erörterung der mannigfachen Einzelprobleme, die die praktische Anwendung der Neuregelungen bislang offenbart hat. 1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung Im ersten Teil der Arbeit ist die bankvertragliche Rechtsbeziehung zu untersuchen, wie sie sich auf Grundlage des novellierten Zahlungsverkehrsrechts darstellt und wie sie Ursprung von Forderungen des Kontoinhabers gegen seine Bank ist, deren Pfändbarkeit im zweiten Teil der Arbeit zu untersuchen ist.

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§ 1 Einleitung

§ 2 Das Girokonto als Kontokorrentkonto Girokonten werden typischerweise als Kontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB geführt. Mit der Vereinbarung kontokorrentmäßiger Abwicklung bezwecken die Parteien in erster Linie die Vereinfachung ihrer Geschäftsbeziehung. So bewirkt die Aufnahme einzelner Ansprüche und Leistungen aus dem Giroverhältnis in die laufende Rechnung anerkanntermaßen, dass diese ihre rechtliche Selbständigkeit verlieren und zu bloßen Rechnungsposten werden, die erst am Ende der Kontokorrentperiode mit tilgender Wirkung saldiert werden. Während eines Rechnungsabschnitts hindert die Kontokorrentbindung die Parteien daran, einzelne Forderungen isoliert geltend zu machen, diese abzutreten und zu verpfänden, ebenso wie sie diese der Vollstreckung durch den Gläubiger einer Kontokorrentpartei entzieht. Stehen diese Grundsätze heute auch außer Streit, ist eine eingehende Betrachtung des Kontokorrents gleichwohl aus mehreren Gründen angezeigt. Einerseits gilt es, die Reichweite der beschriebenen kontokorrentrechtlichen Wirkungen in den Blick zu nehmen, wenn der BGH das Girokonto zwar ebenfalls als Periodenkontokorrent auffasst, gleichzeitig aber einen vermögenswerten Auszahlungsanspruch unterstellt, der der Kontokorrentbindung nicht unterliegen soll. Andererseits ist die seinerzeit kontrovers geführte Auseinandersetzung darüber, ob das Girokonto typischerweise als Staffeloder Periodenkontokorrent geführt wird, nachzuvollziehen. Zwar hat sich der BGH schon im Jahr 1968 für Letzteres ausgesprochen und dem laufend ermittelten Tagessaldo lediglich die Qualität eines reinen Postensaldos beschieden.8 Wenn dem Kontoinhaber nun aber nach Ansicht des BGH und weit verbreiteter Auffassung ein vermögenswerter Anspruch auf Auszahlung des Tagessaldos aus einem neben dem Giroverhältnis bestehenden Verwahrungsverhältnis erwachsen soll, der außerdem von seinen Gläubigern gepfändet werden kann, lässt dies die überwunden geglaubte staffelmäßige Verrechnung teilweise wiederaufleben. § 3 Zahlungsverkehr Verhält sich das Kontokorrent als statisches Abwicklungsverhältnis, das Verfügungen über einzelne Rechnungsposten nicht gestattet, gewährleistet der Girovertrag, dass das Konto seiner Funktion als Vehikel des baren und unbaren Zahlungsverkehrs gerecht werden kann. Auf welche Weise der Girovertrag diese Aufgabe erfüllt und dem Kontoinhaber ein jederzeitiges Verfügungsrecht bei gleichzeitiger Kontokorrentbindung verschafft, ist nach wie vor nicht überzeugend begründet.9 Dies mag man zum einen dem Um8  BGHZ

50, 277.



§ 1 Einleitung35

stand zuschreiben, dass die girovertragliche Zahlungsabwicklung lange Zeit einer speziellen gesetzlichen Regelung entbehrte und sich insbesondere nach der auslegungsfähigen Parteiabrede sowie ergänzend nach den Vorschriften des Geschäftsbesorgungs- und Auftragsrechts bestimmte. Zum anderen hatte der BGH die Diskussion um die Rechtsnatur des Tagessaldoanspruchs mit seinen beiden Grundsatzentscheidungen aus dem Jahr 1982 zwar nicht dogmatisch widerspruchsfrei erledigt, wohl aber einer Lösung zugeführt, die zumindest praktisch konsensfähig war. 9

Das durch die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie novellierte und in weiten Teilen erstmals kodifizierte Zahlungsverkehrsrecht in den §§ 675c ff. BGB gibt Anlass zur neuerlichen Untersuchung der Vereinbarkeit von statischem Kontokorrentverhältnis auf der einen und dynamischem Giroverhältnis auf der anderen Seite. Nach einem einleitenden Überblick über die Neuregelungen, soweit sie für diese Arbeit von Bedeutung sind, und Einführung in deren Terminologie, ist der Ablauf eines Zahlungsvorgangs nachzuvollziehen, wie er sich auf dieser neuen rechtlichen Grundlage darstellt. Sodann ist nachzuweisen, dass die herrschende Meinung, die einen autonomen Auszahlungsanspruch entweder aus Einlagenrückgewähr oder originär aus dem Girovertrag folgert, mit den nunmehr gesetzlich fixierten Vorgaben der bankvertraglichen Beziehung nicht zu vereinbaren ist. Diese bestätigen stattdessen ein ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis der Zahlungsabwicklung. 2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto In Teil 2 der Arbeit ist zu untersuchen, auf welche Ansprüche des Kontoinhabers, die ihm aus der bankvertraglichen Beziehung gegen sein Kreditinstitut erwachsen, seine Gläubiger im Wege der Forderungsvollstreckung Zugriff nehmen können. § 4 Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. § 829 ff. ZPO Eingangs sind zunächst die Grundsätze der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO darzustellen. Dessen bedarf es, weil dem Kontoinhaber aus der bankvertraglichen Beziehung nach den Ausführungen unter Teil 1 nicht lediglich Zahlungsansprüche gegen sein Kreditinstitut zustehen, sondern vor 9  Vgl. Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 273: „Dieses Schweigen (über einen girovertraglichen Auszahlungsanspruch in § 676f BGB a. F.) lässt sich auch als freilich unbeabsichtigtes Indiz dafür verstehen, dass die rechtsdogmatische Fundierung des girovertraglichen Auszahlungsanspruchs bis heute nur unvollkommen gelungen ist.“

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§ 1 Einleitung

allem solche, die auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet sind. Um aber die Pfändbarkeit und Verwertbarkeit der einzelnen Forderungen, die letztlich sämtlich einen Bezug zu dem in einem Girokonto verkörperten Vermögenswert aufweisen, rechtssicher beurteilen zu können, ist zunächst ein System zu entwickeln, nach dem sich die einzelnen Forderungen im Hinblick auf ihre Vollstreckungstauglichkeit kategorisieren lassen. Andernfalls neigte man allzu schnell zu dem Schluss, dass jedenfalls irgendein Anspruch existieren müsse, der als Geldforderung pfändbar und verwertbar sei, weil schließlich auch der Kontoinhaber über entsprechende Vermögenswerte zur Tilgung von Geldschulden verfügen könne. Diese Schlussfolgerung wäre indessen ausschließlich vom gewünschten Ergebnis her gedacht und leugnete die gesetzliche Ausgestaltung des Zahlungsverkehrsrechts. § 5 Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent Auf dieser Grundlage kann sodann über die Pfändbarkeit einzelner Ansprüche aus der girovertraglichen Beziehung befunden werden. Zunächst sind die anerkannten Möglichkeiten der Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent zu erörtern. Weder die Pfändung des sog. Zustellungssaldos gem. § 357 HGB noch die aller zukünftigen Rechnungsabschlusssalden vermag jedoch den Schuldner an zwischenzeitlichen Dispositionen über sein Girokonto zu hindern, so dass es ihm unbenommen ist, durch entsprechende Verfügungen einen pfändbaren, positiven Zustellungs- oder Rechnungsabschlusssaldo gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen. § 6 V  ollstreckung in Ansprüche des Kontoinhabers aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung Wegen der Diskrepanz zwischen Verfügungsmöglichkeit des Schuldners und Vollstreckungszugriff der Gläubiger gingen diese in ihrem Bestreben, das Konto der Disposition des Schuldners vollständig zu entziehen, dazu über, auch dessen Ansprüche gegen seine Bank aus dem Girovertrag zu pfänden. Mit der höchstrichterlichen Anerkennung der Tagessaldopfändung erlangte die Gläubigerseite zumindest einen Teilerfolg. Gleichwohl versprach auch diese nur insoweit Erfolg, als das Schuldnerkonto ein Guthaben aufwies. In diesem Teil der Arbeit sollen zunächst die mittlerweile nur noch in wenigen Einzelheiten bestrittenen Grundsätze der Vollstreckung in ein kreditorisches Girokonto dargestellt und ihre Fortgeltung unter dem novellierten Zahlungsverkehrsrecht untersucht werden. Ausgehend von dem hier befürworteten, ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnis des Zahlungsverkehrs ist anschließend eine Neubewertung der Vollstreckung in ein im Guthaben geführtes Girokonto vorzunehmen.



§ 1 Einleitung37

§ 7 V  ollstreckung in eine vereinbarte Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB Nach nahezu einhelliger Auffassung ist der Kontoinhaber infolge der Tagessaldopfändung nicht gehindert, über einen ihm eingeräumten Dispositionskredit zu verfügen. Um dem Schuldner die Möglichkeit zu nehmen, die Kontovollstreckung dauerhaft leerlaufen zu lassen, indem er sein Konto ausschließlich debitorisch führt, hat der BGH einer zuvor bereits im Schrifttum aufgekommenen Ansicht folgend eine Kreditlinie für pfändbar erachtet, soweit der Schuldner sie selbst abgerufen hat. Besteht auch über dieses Ergebnis Einigkeit, werden zur Begründung dieser vermittelnden Auffassung zwei unterschiedliche dogmatische Erklärungsansätze vertreten. Diese gilt es auf ihre Vereinbarkeit mit dem hiesigen Verständnis von der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto und den unter § 4 herausgearbeiteten Grundsätzen der Forderungsvollstreckung zu überprüfen. § 8 V  ollstreckung in eine geduldete Kontoüberziehung gem. § 505 BGB Die geduldete Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB entzieht sich nach herrschender Ansicht nach wie vor dem Zugriff im Wege der Einzelzwangsvollstreckung, wenn auch der BGH Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung mittlerweile als gläubigerbenachteiligend i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO auffasst. Die Unpfändbarkeit wird überwiegend damit begründet, dass die geduldete Kontoüberziehung ein sog. Handdarlehen sei, dem ein Darlehens­ auszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB nicht vorausgehe oder der jedenfalls im Zeitpunkt seiner Entstehung uno actu durch Ausführung des begehrten Zahlungsvorgangs erfüllt werde. Dem halten die Kritiker namentlich entgegen, dass dem Kontoinhaber auch im Fall einer geduldeten Überziehung zumindest für eine „logische juristische Sekunde“ ein Auszahlungsanspruch zustehen müsse, der als zukünftige Geldforderung gepfändet werden könne. Um die Berechtigung dieser Aussage zu überprüfen, ist die bislang nur unzureichende rechtliche Konturierung der Rechtsfigur des „Handdarlehens“ zu konkretisieren. Hierzu sind vergleichbare Handgeschäfte wie die Handschenkung und der Handkauf zu begutachten, bevor die geduldete Überziehung in die unter § 3 zu entwickelnde bankvertragliche Dogmatik einzuordnen und darüber zu befinden ist, ob sich eine unterschiedliche Behandlung von Dispositionskredit und geduldeter Überziehung im Hinblick auf die Möglichkeit des Vollstreckungszugriffs rechtfertigen lässt.

1. Teil

Die bankvertragliche Rechtsbeziehung § 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto Zur Bewältigung und vereinfachten Abwicklung einer Vielzahl von gegenseitigen Einzelansprüchen, die aus der Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber resultieren,1 vereinbaren die Parteien in aller Regel, dass das Girokonto des Bankkunden als Kontokorrent i. S. v. § 355 HGB geführt wird. Eine dahingehende Vereinbarung findet sich ausdrücklich in Nr. 7 Abs. 1 AGB-Spk, während aus Nr. 7 ff. AGB-Bk jedenfalls auf eine zumindest stillschweigende Kontokorrentabrede der Parteien i. S. v. § 355 HGB geschlossen werden kann.2 Entsprechend hat der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie das neu eingeführte „Zahlungskonto“ i. S. v. § 1 Abs. 3 ZAG als laufende Rechnung zwischen einem Zahlungsdienstnutzer und einem Zahlungsdienstleister definiert3 und damit Bezug genommen auf die Formulierung in § 355 Abs. 1 HGB.4 Wenn auch die Eröffnung eines Girokontos nicht notwendigerweise mit der Vereinbarung eines Kontokorrents einhergeht, sondern dies nur bei dahingehender Parteiabrede anzunehmen ist, ist die kontokorrentrechtliche Zahlungsabwicklung als verkehrstypisch zu unterstellen. Dies belegt die Anordnung in Abschn. IV A. Nr. 2 Abs. 1 AGB der Deutschen Bundesbank, wonach bei ihr gehaltene Girokonten ausdrücklich nicht als Kontokorrent geführt werden. Wird damit praktisch jedes Girokonto als Kontokorrentkonto geführt und hat auch der Gesetzgeber ein solches den novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften zugrunde gelegt, macht dies erforderlich, der Untersuchung der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto und der Pfändbarkeit einzelner Ansprüche aus dieser Rechtsbeziehung eine gesonderte Betrachtung des Bankkontokorrents voranzustellen. 1  Vgl.

im Einzelnen die Ausführungen unter § 3. in: Bankrechts-Handbuch4, § 12 Rn. 5; MünchKomm / Hadding / Häuser, 2 HGB , Zahlungsverkehr Rn. A 202. 3  BT-Drs. 16 / 11613, S. 35. 4  Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 323 f.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 37. 2  Bunte,



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto39

A.  Die Legaldefinition des Kontokorrents gem. § 355 Abs. 1 HGB Nach der Legaldefinition in § 355 Abs. 1 HGB liegt ein Kontokorrent vor, wenn jemand mit einem Kaufmanne derart in Geschäftsverbindung steht, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden. Zu beachten ist, dass diese Umschreibung nach der Gesetzesbegründung keinen abschließenden Charakter hat, sondern lediglich „einen festeren Anhalt“ für die Handhabung der das Kontokorrent betreffenden Rechtsvorschriften geben soll.5 Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich das Kontokorrent als Schöpfung der kaufmännischen Geschäftspraxis6 trotz gesetzlicher Verankerung in erster Linie an den Bedürfnissen des Wirtschaftslebens ausrichtet, die mitunter eine flexible Handhabung des Rechtsinstituts erfordern. Die Vorschriften in §§ 355–357 HGB kodifizieren daher lediglich diejenige Ausformung des Kontokorrents, die nach Auffassung des historischen Gesetzgebers dem mutmaßlichen Parteiwillen und den Erfordernissen des Handelsverkehrs entspricht.7 Wegen der nur fragmentarischen Regelung einzelner Voraussetzungen und Rechtswirkungen des Kontokorrents8 ist es nach wie vor Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen, das Rechtsinstitut unter Rückgriff auf die mit dem Kontokorrent verfolgten Zwecke9 und die Bedürfnisse des kaufmännischen Geschäftsverkehrs, die sich in dem (mutmaßlichen) Willen der Kontokorrentparteien konkretisieren, handhabbar zu machen. Die in § 355 Abs. 1 HGB genannten Merkmale sind deshalb nicht sämtlich als zwingende Voraussetzungen anzusehen. Vielmehr ist anerkannt, dass die Parteien in einzelnen Punkten von diesen Vorgaben abweichen und das Kontokorrent nach den Anforderungen der zu regelnden Geschäftsbeziehung ausgestalten können, ohne dass sie sich hierdurch der Wirkungen des Kontokorrents begäben.10

5  Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 197 f. (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 354 f.). 6  Vgl. zur historischen Entwicklung des Kontokorrents die Darstellungen bei Peckert, S. 5 ff., und Scherner, in: FS Bärmann (1975), S. 171. 7  Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 2. 8  Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 197 f. (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 354 f.). 9  Dazu unten § 2 D. 10  Hierzu auch Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 23 f.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

B.  Der Gegenstand der Kontokorrentbeziehung Gemäß der Definition des § 355 Abs. 1 HGB bildet den Gegenstand der Kontokorrentbeziehung eine Geschäftsverbindung zwischen zwei Parteien, von denen wenigstens eine Kaufmann i. S. d. HGB sein muss. I.  Die Geschäftsverbindung Als „Geschäftsverbindung“ i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB kommt jede tatsächliche Geschäftsbeziehung in Betracht, die auf gewisse Dauer angelegt ist und den Abschluss einer Mehrzahl von Geschäften erwarten lässt.11 Dabei muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass sich aus der Geschäftsverbindung beiderseitige Ansprüche und Leistungen ergeben. Für die Wirksamkeit der Kontokorrentvereinbarung verlangt § 355 Abs. 1 HGB allerdings nicht, dass tatsächlich für jede Partei Ansprüche und Leistungen aus der Geschäftsbeziehung hervorgehen.12 Soweit keine wechselseitigen Ansprüche entstehen, geht die Kontokorrentvereinbarung schlichtweg „ins Leere“. Ein Girokonto, über das laufend Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge abgewickelt werden, erfüllt zweifelsohne die Anforderungen an eine Geschäftsverbindung i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB. II.  Wenigstens einseitiges Handelsgeschäft i. S. v. § 343 HGB Dem Wortlaut des § 355 Abs. 1 HGB nach erfordert die wirksame Vereinbarung einer Kontokorrentbeziehung außerdem, dass mindestens eine der Parteien Kaufmann i. S. d. §§ 1 ff. HGB ist. Überwiegend wird jedoch eine Kontokorrentvereinbarung auch zwischen zwei Nichtkaufleuten als sog. „uneigentliches Kontokorrent“ mit der Begründung zugelassen, dass kein Grund ersichtlich sei, warum die Vorteile der kontokorrentrechtlichen Geschäftsabwicklung lediglich Kaufleuten vorbehalten und etwa Freiberuflern verwehrt sein sollten.13 Soweit die Vereinbarung eines Bankkontokorrents in Rede 11  MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 14; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 10; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 35. 12  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 355 Rn. 4; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 200; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 11. 13  Ob ein solches „uneigentliches“ Kontokorrent aber die gleichen Wirkungen, insbesondere die in § 355 Abs. 1 HGB vorgesehene Befreiung vom Verbot, im Voraus Zinseszinsen zu vereinbaren (§ 248 Abs. 1 BGB), auslöst wie ein „eigentliches“ Kontokorrent, ist umstritten; für eine Befreiung vom Zinseszinsverbot Baumbach / Hopt /  Hopt, HGB36, § 355 Rn. 18; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 355 Rn. 6; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 13; dagegen Derleder /  Knops / Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 20; Herz, S.  27 f.; Koller / Roth / Morck /  Koller, HGB7, § 355 Rn. 5; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 31.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto

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steht, bereitet die Feststellung eines wenigstens einseitigen Handelsgeschäfts i. S. v. § 343 HGB keine Probleme, auch wenn der Kontoinhaber nicht Kaufmann ist. Denn jedenfalls das Kreditinstitut ist Kaufmann schon kraft seiner Rechtsform, § 6 HGB, jedenfalls aber Ist-Kaufmann nach § 1 HGB i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG, der Kreditinstitute als Unternehmen beschreibt, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.14

C.  Die „Kontokorrentvereinbarung“ Grundlage der Kontokorrentbeziehung ist ein Vertrag zwischen den Parteien mit dem Inhalt, ihre Geschäftsbeziehung in Form eines Kontokorrents abwickeln zu wollen. Schon aus der Definition des Kontokorrents in § 355 Abs. 1 BGB folgt, dass sich die „Kontokorrentvereinbarung“ aus mehreren, rechtlich unterscheidbaren Geschäften zusammensetzt. Eine einheitliche Terminologie für die einzelnen Bestandteile des Kontokorrents hat sich allerdings nicht herausbilden können, wenn auch mit divergierenden Bezeichnungen jedenfalls keine nennenswerten Unterschiede in der Sache verbunden sind. Im Schrifttum wird gemeinhin zwischen schuldrechtlichen und dinglichen Bestandteilen der Kontokorrentvereinbarung unterschieden. Der verpflichtende Teil der Kontokorrentvereinbarung wird im Folgenden als „Geschäfts­ vertrag“15 bezeichnet. Der verfügende Teil besteht zum einen aus der hier als „Kontokorrentabrede“16 bezeichneten Übereinkunft über die In-RechnungStellung der einzelnen Ansprüche und Leistungen. Neben die Kontokorrent­ abrede tritt zum anderen ein in der Regel antizipierter Verrechnungsvertrag über die Saldierung der Einzelposten zum Ende einer Rechnungsperiode. Das Ergebnis dieser Verrechnung – die sog. kausale Saldoforderung – wird schließlich durch den Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisses i. S. v. §§ 780, 781 BGB festgestellt. Sämtliche Rechtsgeschäfte werden für die Zwecke dieser Arbeit unter dem Begriff „Kontokorrentvereinbarung“ zusammengefasst.17

MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 200. 15  So auch Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 6; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 5; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 16. 16  Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 13. 17  Der Begriff des „Kontokorrentvertrags“ wird vermieden, da Teile des Schrifttums den Geschäftsvertrag als solchen bezeichnen; vgl. etwa Peckert, S.  10 f. 14  Vgl.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

I.  Der Geschäftsvertrag Die schuldrechtliche Grundlage der Kontokorrentbeziehung bildet der Geschäftsvertrag. Er ist zumindest terminologisch nicht gleichzusetzen mit der Geschäftsbeziehung oder -verbindung, die gerade Gegenstand der kontokorrentrechtlichen Abwicklung ist. Es spricht allerdings nichts dagegen, den Regelungsgehalt des kontokorrentrechtlichen Geschäftsvertrags als von dem der Geschäftsverbindung zu Grunde liegenden Vertrag umfasst anzusehen.18 Dies gilt namentlich für den Giro- oder Zahlungsdiensterahmenvertrag, wenn dieser durch die AGB der Banken und Sparkassen ergänzt wird, in denen die Zahlungsabwicklung im Wege des Kontokorrents vorgesehen ist.19 Mit der dortigen Bezugnahme auf das Kontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB wird zugleich der Inhalt eines den Anforderungen dieser Bestimmung genügenden Geschäftsvertrags Bestandteil des Girovertrags. Gegenstand des Geschäftsvertrags ist die schuldrechtliche Vereinbarung, die Geschäftsbeziehung in Form des Kontokorrents zu führen, indem auf die separate Geltendmachung von Einzelforderungen zugunsten einer einmaligen Verrechnung und Saldofeststellung am Ende einer Rechnungsperiode „verzichtet“ wird. Der Geschäftsvertrag bestimmt insbesondere über die Reichweite der Kontokorrentzugehörigkeit, mithin darüber, welche Ansprüche und Leistungen in das Kontokorrent eingestellt werden sollen.20 Kontokorrentfähig und damit überhaupt tauglich, als Rechnungsposten in einem Kontokorrent gem. § 355 Abs. 1 HGB berücksichtigt zu werden, sind nicht nur auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche, sondern sämtliche Ansprüche, die dem Parteiwillen nach im Verrechnungszeitpunkt einem einheitlichen Bewertungsmaßstab unterliegen.21 Häufig wird es an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien darüber fehlen, welcher der grundsätzlich kontokorrentfähigen Ansprüche von der In-Rechnung-Stellung erfasst werden soll. Ausgehend von § 355 Abs. 1 HGB rechtfertigt sich jedoch der Schluss, dass der mutmaßliche Parteiwille im Zweifel dahingeht, dass sämtliche aus der Geschäftsverbindung erwachsenden Ansprüche und Leistungen in die laufende Rechnung einzustellen sind und damit von den Rechtswirkungen 18  Nach Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 19, und MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 8, sind beide Rechtsverhältnisse indes „scharf“ zu trennen, allerdings nur um zu verdeutlichen, dass § 139 BGB nicht zur Unwirksamkeit von Kontokorrentvereinbarung bzw. Girovertrag führt. Keine strenge Unterscheidung etwa bei Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 355 Rn. 2 f.; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 13. 19  Vgl. Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 6. 20  BGHZ 84, 371, 378; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 20. 21  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 19; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn.  68 a. E.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto

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des Kontokorrents, namentlich der kontokorrentrechtlichen Lähmung der Einzelforderungen, erfasst werden.22 Den Vertragsparteien ist es allerdings unbenommen, einzelne Forderungen von vornherein von der Kontokorrentzugehörigkeit auszunehmen23 sowie es ihnen freistehen soll, auch nachträglich die Herausnahme eines bereits in die laufende Rechnung eingestellten Einzelpostens zu vereinbaren.24 Häufig wird sich dem Geschäftsvertrag zudem entnehmen lassen, dass ein festgestellter Abschlusssaldo ebenfalls der Kontokorrentbindung unterfallen und als unselbständiger Rechnungsposten in die neue Rechnung vorgetragen werden soll.25 II.  Die Kontokorrentabrede Auch die Bezeichnung „Kontokorrentabrede“ wird nicht einheitlich verwandt. Während teilweise sämtliche im Zusammenhang mit dem Kontokorrent stehenden Verfügungsgeschäfte, also die In-Rechnung-Stellung der Einzelforderungen, die Verrechnung sowie die anschließende Saldofeststellung, unter diesen Begriff subsumiert werden,26 soll als „Kontokorrentabrede“ im Rahmen dieser Arbeit lediglich die Vereinbarung der Parteien über die In-Rechnung-Stellung der einzelnen Ansprüche und Leistungen bezeichnet werden. Gegenstand der Kontokorrentabrede ist die dingliche Übereinkunft der Parteien über die In-Rechnung-Stellung grundsätzlich sämtlicher aus der Geschäftsverbindung resultierender Einzelforderungen. Anerkannte Folge dieser In-Rechnung-Stellung ist, dass die in das Kontokorrent eingestellten Ansprüche und Leistungen ihre Selbständigkeit verlieren und zum Zwecke der späteren Saldierung zu bloßen Rechnungsposten degradiert werden. Der Rechtszustand während einer Rechnungsperiode wird als „Lähmung“ der Einzelforderungen bezeichnet.27 Die Kontokorrentabrede zeitigt unmittelbare Wirkung auf die Einzelforderungen insoweit, als sie diesen mit Entstehung ihre rechtliche Selbständigkeit nimmt und sie damit inhaltlich verändert. Die In-Rechnung-Stellung ist als Verfügungsgeschäft einzuordnen, das im Hinblick auf zukünftige Ansprüche und Leistungen bereits im Zeitpunkt 22  Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 356 f.); BGHZ 84, 371, 376; BGH ZIP 1982, 292, 293; WM 1959, 81, 83; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 21; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 80. 23  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 24. 24  Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 32. 25  Zu den Auswirkungen einer solchen Vortragungsvereinbarung auf die Pfändbarkeit eines Rechnungsabschlusssaldos § 5 B. II. 26  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 355 Rn. 5. 27  Vgl. etwa K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 16.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

der Kontokorrentvereinbarung antizipiert wird.28 Nach einhelliger Auffassung folgt aus der Kontokorrentbindung, dass die Einzelforderungen während der Rechnungsperiode weder selbständig geltend gemacht29 oder getilgt30 noch abgetreten31 oder verpfändet werden können.32 Aus dem Umkehrschluss zu § 357 HGB, der lediglich die Pfändung des sog. Zustellungssaldos ermöglicht, wird zudem gefolgert, dass der Zugriff Dritter auf einzelne kontokorrentgebundene Rechnungsposten ausgeschlossen ist.33 Weitergehende Wirkungen entfaltet die Kontokorrentabrede indessen nicht.34 Insbesondere bewirkt sie über die Degradierung hinaus weder die Tilgung noch eine weitergehende inhaltliche Änderung der eingestellten Ansprüche. III. Antizipierter Verrechnungsvertrag Für einen Ausgleich der gegenseitigen Ansprüche und Leistungen sieht § 355 Abs. 1 HGB vor, dass in regelmäßigen Abständen eine Verrechnung der kontokorrentgebundenen Rechnungsposten zu erfolgen hat. Die Dauer der Rechnungsperiode bestimmt sich nach dem Parteiwillen. Im Zweifel beträgt sie gem. § 355 Abs. 2 HGB ein Jahr. Abweichend hiervon bestimmen Nr. 7 Abs. 1 AGB-Bk und Nr. 7 Abs. 2 AGB-Spk für den Hauptanwendungsfall des Bankkontokorrents, dass ein Rechnungsabschluss vierteljährlich erfolgen soll, sofern nicht Abweichendes vereinbart wurde. Der Begriff der „Verrechnung“ stammt aus dem kaufmännischen Sprachgebrauch und weist keine eindeutige rechtliche Konturierung auf.35 Anders als die einseitige Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB erfolgt die Kontokorrentverrechnung aufgrund vertraglicher Übereinkunft. Wegen ihrer Tilgungswirkung entspricht die kontokorrentrechtliche Verrechnung am ehesten dem ebenfalls ungeregelten Aufrechnungsvertrag,36 von dem sie sich im Wesentlichen nur dadurch unterscheidet, dass nicht nur Forderungen, sondern auch Leistungen verrechnet werden können. Die Verrechnung findet in aller Re28  Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard,

§ 32 Rn. 18; Staub / Canaris, HGB4,

§ 355 Rn. 14. 29  Vgl. etwa RGZ 105, 233, 234; BGHZ 162, 349, 351; 117, 135, 140 f. 30  BGHZ 150, 122, 128 f.; 117, 135, 140 f.; 93, 307, 311. 31  BGHZ 181, 362, 364 f. (Tz. 9); 84, 371, 376; 70, 86, 92. 32  Vgl. allg. zu den unbestrittenen Kontokorrentwirkungen Mayen, in: BankrechtsHandbuch4, § 47 Rn. 68 ff.; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 56 ff.; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 37; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 28; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 102 ff. 33  Hierzu ausführlich § 5 A. I. 34  MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 52. 35  Vgl. auch Schäfer, S. 6. 36  Vgl. K. P. Berger, S. 125.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto

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gel mit Ablauf der Rechnungsperiode automatisch statt, ohne dass es einer neuerlichen Einigung über die Verrechnung bedürfte. Sie wird wie die InRechnung-Stellung schon im Zeitpunkt der Kontokorrentvereinbarung antizipiert.37 Handelt es sich bei einem Kontokorrent damit in der Sache um einen antizipierten Verrechnungsvertrag, sind die In-Rechnung-Stellung und ihre Folgen tatsächlich kein kontokorrentrechtliches Mysterium, sondern ist die „Lähmung“ der Einzelforderungen lediglich eine spezielle Bezeichnung für die allgemeinen Auswirkungen einer antizipierten Verfügung über die einzustellenden Forderungen, wie sie auch bei sonstigen vorweggenommenen Verfügungsgeschäften und insbesondere bei dem institutionell vergleichbaren, antizipierten Aufrechnungsvertrag zu beobachten sind.38 So folgt der Verlust der Verkehrsfähigkeit und die „Abschottung“ der Kontokorrentbeziehung gegen Eingriffe Dritter daraus, dass sich die Parteien bereits mit der Kontokorrentvereinbarung ihrer Verfügungsbefugnis über alle zukünftigen wechselseitigen Ansprüche begeben.39 1.  Tilgungswirkung der Verrechnung a)  Tilgung und kausale Saldoforderung Während die Kontokorrentbindung die Einzelforderungen in ihrem Bestand zunächst unberührt lässt, bewirkt schon allein die Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche und Leistungen nach nunmehr herrschender Auffassung deren Tilgung, soweit sie sich der Höhe nach decken, und begründet zugunsten derjenigen Partei, die einen Überschuss zu beanspruchen hat, die sog. kausale Saldoforderung.40 Nicht durchsetzen konnte sich damit die Auffassung, wonach die Erfüllung der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen erst durch Zustandekommen des abstrakten Schuldanerkenntnisses gem. §§ 780, 781 BGB erfolgte, das nach dieser Auffassung nicht von der Verrechnung getrennt bestehen, sondern mit ihr vielmehr ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden sollte.41 Vereinzelt ist auch die Ansicht Hefermehls geblieben, 37  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 355 Rn. 16; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 218; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 128. 38  Hierzu K. P. Berger, S. 152. 39  So etwa auch Forgach, DB 1974, 1852, 1853; Herz, S.  75 ff. 40  Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 77 f.; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 77; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 48; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 118 ff. 41  RGZ 132, 218, 222; BGHZ 93, 307, 314; Düringer / Hachenburg / Breit, HGB3, § 355 Rn. 37; so heute noch Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 32.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

eine Tilgung der Einzelforderungen sei erst mit Tilgung der kausalen Saldoforderung durch den schuldenden Teil anzunehmen.42 b)  Zusammensetzung der kausalen Saldoforderung Das Ergebnis der Verrechnung bildet die kausale Saldoforderung, deren Höhe sich unstreitig als Überschuss aus der Verrechnung der Einzelposten bestimmt. Im Übrigen ist die konkrete Zusammensetzung der kausalen Saldoforderung aus den vormaligen Einzelforderungen aber äußerst umstritten. Praktisch relevant wird dieser Streit, wenn derjenige Teil, der einen Überschuss zu beanspruchen hat, aus der Saldoforderung vorgeht, ohne dass der Saldo zuvor abstrakt anerkannt wurde, das Anerkenntnis unwirksam ist oder der anerkannte Saldo fehlerhaft zusammengesetzt ist. Wegen § 356 HGB wirken sich die widerstreitenden Ansichten zur Zusammensetzung der Saldoforderung dagegen auf den Fortbestand von Sicherheiten, die für eine ehemals kontokorrentgebundene Einzelforderung gewährt wurden, zur Sicherung der kausalen Saldoforderung praktisch nicht aus. In der Frage, auf welche Weise die Saldoforderung aus den Einzelforderungen gebildet wird, stehen sich im Wesentlichen die in der Rechtsprechung vertretene Theorie der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung und die im Schrifttum herrschende Auffassung von der entsprechenden Anwendung der §§ 396, 366 BGB gegenüber. aa)  Die Lehre von der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung Nach der Lehre von der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung oder auch „Mosaiktheorie“43 sollen die Forderungen des schuldenden Teils zunächst vollständig erlöschen. Die Überschussforderung des anderen Teils soll sich hingegen aus sämtlichen Einzelforderungen zusammensetzen, die aber jeweils nur in dem Verhältnis zu berücksichtigen seien, in dem die Gesamtheit der Forderungen des schuldenden Teils zu denjenigen des anderen Teils stehe.44 Als gesetzlichen Anhaltspunkt für die Lehre von der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung hat schon das Reichsgericht auf § 366 Abs. 2 BGB rekurriert.45 § 366 BGB regelt die Anrechnung einer Leistung, wenn diese nicht ausreicht, um sämtliche Forderungen zu tilgen. Während § 366 Abs. 1 BGB dem Schuldner die Möglichkeit gibt, eine Tilgungsbestimmung 42  Hefermehl,

in: FS Lehmann (1956), S. 547, S. 553. MünchKomm / Grundmann, BGB6, § 248 Rn. 12. 44  So schon RGZ 164, 212, 215; 132, 218, 221 f.; 56, 19, 24; BGHZ 49, 24, 30; 141, 116, 120; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 355 Rn. 21; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 48. 45  RGZ 56, 19, 24. 43  s. etwa



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto

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zu treffen, hält § 366 Abs. 2 BGB Anrechnungsregeln für den Fall bereit, dass der Schuldner sich nicht erklärt. bb)  Analoge Anwendung von § 396 Abs. 1 i. V. m. § 366 Abs. 2 BGB Die herrschende Lehre46 greift zur Beantwortung der Frage, auf welche Weise die einzelnen Kontokorrentposten zu verrechnen sind, auf eine analoge Anwendung von § 396 Abs. 1 i. V. m. § 366 Abs. 2 BGB zurück. § 396 Abs. 1 S. 1 BGB regelt entsprechend § 366 Abs. 1 BGB, dass bei einer Aufrechnung gegen mehrere Hauptforderungen, die der Aufrechnende wegen einer unzureichenden Gegenforderung nicht alle gem. § 389 BGB zum Erlöschen bringen kann, zunächst diejenige aufgerechnet werden soll, die der Aufrechnende hierzu bestimmt. Fehlt es an einer einseitigen Bestimmung erklärt § 396 Abs. 1 S. 2 BGB die Anrechnungsregeln gem. § 366 Abs. 2 BGB für anwendbar. Da es sich bei der Saldierung im Kontokorrent um eine Verrechnungsvereinbarung handelt, bedarf es im Rahmen von § 396 Abs. 1 S. 1 BGB einer vertraglichen Einigung der Parteien über die Verrechnungsfolge.47 In Ermangelung einer solchen, kommen die Verrechnungsmodi gem. § 366 Abs. 2 BGB zum Tragen. Hiernach werden im Zweifel zunächst die fälligen Schulden, anschließend diejenigen, die dem Gläubiger geringere Sicherheiten bieten, dann diejenigen, die für den Schuldner lästiger sind, danach die älteren verrechnet oder wird in letzter Instanz eine verhältnismäßige Gesamtverrechnung vorgenommen. cc) Stellungnahme Der herrschenden Literaturauffassung ist zu folgen. Gegen die von der Rechtsprechung favorisierte Ansicht spricht, dass die verhältnismäßige Gesamtaufrechnung im abgestuften System des § 366 Abs. 2 BGB lediglich der letzte von fünf Anrechungsmodi ist.48 Der Vorrang der von Gesetzes wegen letztrangigen verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung ließe sich daher allenfalls dann begründen, wenn sich die Parteien auf eine entsprechende Verrechnung geeinigt hätten.49 Warum aber der mutmaßliche Parteiwille – 46  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 355 Rn. 7; Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 355 Rn. 9; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 82 ff.; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 57 ff.; K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 26; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 154 ff. 47  Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 59. 48  So auch die Kritik von Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 60; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 145. 49  So RGZ 132, 218, 219 ff.; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 48.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

an einer ausdrücklichen Vereinbarung wird es in aller Regel fehlen – gerade auf die verhältnismäßige Gesamtaufrechnung gerichtet sein soll, ist von den Vertretern dieser Auffassung nicht überzeugend dargetan. Wenn darauf hingewiesen wird, dass sämtliche in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen gleichwertig seien und deshalb die vorrangigen Anrechnungsregeln gem. § 366 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommen könnten,50 wird verkannt, dass die einzelnen Rechnungsposten trotz ihrer In-Rechnung-Stellung grundsätzlich jeweils ihren eigenständigen, kausalen Charakter behalten.51 Gerade deshalb mutet die Theorie von der verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung unnötig kompliziert an.52 Geht der Überschussgläubiger aus der kausalen Saldoforderung vor, muss er zwar nach beiden Ansichten das Bestehen der einzelnen Rechnungsposten nachweisen. Die Anwendung einer verhältnismäßigen Gesamtaufrechnung verkompliziert hingegen zusätzlich die Ermittlung der Saldoforderung selbst.53 2.  Das Bankkontokorrent als Perioden- oder Staffelkontokorrent? Nicht weniger umstritten als die Zusammensetzung der Saldoforderung war lange Zeit die verkehrstypische rechtliche Ausgestaltung des Bankkontokorrents. Wurde es auch zunächst als Periodenkontokorrent aufgefasst, mehrten sich zwischenzeitlich die Stimmen, die für diesen Fall von einer staffelförmigen Verrechnung ausgingen,54 nachdem die Banken begonnen hatten, ihren Kunden täglich Kontoauszüge zur Verfügung zu stellen, aus denen sich ein gegenwärtiger Saldo ablesen ließ.55 Angesichts des allzeit abrufbaren, gegenwärtigen Kontostands ist unbestreitbar, dass in einem Bankkontokorrent tatsächlich eine laufende Verrechnung stattfindet. Eine automatische Saldierung ereignet sich nach jedem im Kontokorrent zu berücksichtigenden Geschäftsvorgang, sobald sich zwei verrechnungsfähige Posten gegenüber stehen.56 Umstritten ist lediglich die Qualität dieser Saldierung. Während die herrschende Meinung davon aus50  Vgl.

RGZ 56, 19, 23; BGH WM 1970, 184, 186; OLG Celle WM 1960, 208. HGB4, § 355 Rn. 145. 52  Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 32 Rn. 36; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 60; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 146. 53  MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 84. 54  Nebelung, NJW 1953, 449; Völp, NJW 1955, 818, 819; Göppert, ZHR 102, 161, 200 ff.; Hager, JR 1998, 419, 421; Herz, S. 72 f.; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 31, 37; Weispfenning, JW 1938, 3091. 55  Vgl. Herz, S.  35 f. 56  Vgl. MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 25; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 148. 51  Staub / Canaris,



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geht, dass es sich hierbei um eine rein buchungstechnische Verrechnung handelt, soll die Saldierung nach Ansicht der Befürworter eines Staffelkontokorrents tilgende Wirkung haben. Bei einem Staffelkontokorrent liegt deshalb grundsätzlich jederzeit eine realisierbare Überschussforderung vor, für die nicht die für das Periodenkontokorrent charakteristischen Restriktionen im Hinblick auf die Geltendmachung der Einzelforderungen57 gelten. Zwar kann der Geschäftsvertrag auch im Fall des Staffelkontokorrents vorsehen, dass die jeweilige Saldoforderung auf neue Rechnung vorgetragen wird.58 Wenn aber der Kontoinhaber nach den Befürwortern des Staffelkontokorrents jederzeit zur Realisierung der Saldoforderung berechtigt sein soll und gerade dies den Vorteil gegenüber einem Periodenkontokorrent ausmachen soll,59 wäre jedenfalls für das Bankkontokorrent eine entsprechende Ausgestaltung des Geschäftsvertrags nicht anzunehmen. Heute wird zwar das Bankkontokorrent kaum mehr als Staffelkontokorrent qualifiziert.60 Wenn jedoch der allfällige Auszahlungsanspruch des Girokontoinhabers von der herrschenden Auffassung rechtlich als (teilweise) Rückgewähr von Bar- oder Buchgeldeinlagen gedeutet wird, die in einem Periodenkontokorrent der selbständigen Geltendmachung grundsätzlich entzogen sind,61 sind die Parallelen zu der Theorie vom Staffelkontokorrent unverkennbar. Im Folgenden ist daher – in Vorbereitung auf die späteren Ausführungen zur Pfändbarkeit des sog. Tagessaldoanspruchs – nachzuweisen, dass das Bankkontokorrent in Ermangelung abweichender Parteiabrede als Periodenkontokorrent geführt wird und deshalb insbesondere eine realisierbare Saldoforderung während der Rechnungsperiode nicht besteht. Dabei ist vorab zu bemerken, dass es den Parteien unstreitig freisteht, ihre Geschäftsbeziehung in Form eines Staffelkontokorrents abzuwickeln,62 auf den nach herrschender Ansicht die Regelung der §§ 355–357 HGB weitgehend analog zur Anwendung gelangen.63 Es gilt daher den Girovertrag und die Realien der Kontoführung daraufhin zu untersuchen, welchem der beiden Kontokorrentarten das Bankkontokorrent typischerweise entspricht.

57  Dazu

oben § 2 C. II.

HGB3, § 355 Rn. 29; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 114. 59  Dazu sogleich § 2 C. III. 2. a) aa). 60  So etwa noch Hager, JR 1998, 419, 421; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 31. 61  Hierzu im Einzelnen § 3. 62  BGH WM 1972, 283, 284; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 106; vgl. auch § 19 Abs. 4 DepotG, der die staffelförmige Verrechnung gesetzlich als mögliche Kontokorrentform anerkennt. 63  K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 15, 70; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 26. 58  MünchKomm / Langenbucher,

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

a)  Für eine staffelförmige Verrechnung aa)  Verkehrsfähigkeit einer Überschussforderung Diejenigen, die das Bankkontokorrent als Staffelkontokorrent erachten, argumentieren im Wesentlichen mit der Verkehrsfähigkeit der Überschussforderung, die erforderlich sei, damit das Girokonto seiner Funktion als Vehikel des Zahlungsverkehrs gerecht werden könne. Die Lehre vom Perio­ denkontokorrent könne einen in der Sache nicht bestrittenen allfälligen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers kaum überzeugend begründen.64 Einerseits wären sämtliche Einzelforderungen während der Rechnungspe­ riode gelähmt. Andererseits stünden sie sich beziehungslos gegenüber, weil erst am Ende des Abrechnungszeitraums eine Saldierung vollzogen werde. Nach der Lehre vom Periodenkontokorrent existierte folglich überhaupt keine gegenwärtige Überschussforderung. Dies entspreche zum einen ausweislich der Tagesauszüge nicht den tatsächlichen Gegebenheiten der Girokontoführung.65 Zum anderen erkennten auch die Befürworter der periodischen Verrechnung einen Auszahlungsanspruch in Höhe des Tagessaldos an. Statt diesen Anspruch über den Umweg eines girovertraglichen Zahlungsanspruchs im Umfang eines gegenwärtig nur hypothetischen Rechnungsabschlusssaldos zu begründen,66 läge es angesichts der faktisch vollzogenen Saldierung näher und entspreche es der Verkehrsauffassung, den ausgewiesenen Überschuss als unmittelbar realisierbare Saldoforderung zu begreifen.67 bb)  Berücksichtigung von Leistungen im Kontokorrent Die Theorie von der periodischen Verrechnung auf einem Bankkonto erweise sich auch dann als lebensfremd, wenn der Schuldner Einzahlungen auf seinem Konto vornehme, um einen debitorischen Saldo auszugleichen.68 Ginge man von einem Periodenkontokorrent aus, könnte hierin nicht eine Leistung des Schuldners solvendi causa auf einen Darlehensrückzahlungsanspruch der Bank gesehen werden, weil eine solche Forderung während 64  Zum Folgenden insbesondere Herz, S. 52 ff.; ebenso auch Hager, JR 1998, 419, 421; Nebelung, NJW 1953, 449. 65  Vgl. Schaudwet, S. 43. 66  Diese Möglichkeit räumt auch Herz, S. 53, ein, der grundsätzlich die Lehre vom Staffelkontokorrent befürwortet. 67  Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 31; Herz, S. 54; Schaudwet, S. 43 f.; Weispfennig, JW 1938, 3091, 3093; vgl. auch Göppert, ZHR 102, 161, 201 f. 68  Herz, S. 54 f.; Schaudwet, S. 43.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto51

einer laufenden Rechnungsperiode nicht bestehe. Man müsste dem Kontoinhaber den Willen unterstellen, einzuzahlen, um eine kontokorrentgebundene Forderung gegen das Kreditinstituts zu begründen (obligandi causa), die erst im Rahmen einer endfälligen Verrechnung eine Tilgung der Kreditforderung bewirkte. cc)  Staffelförmige Zinsberechnung Unter der Prämisse, dass nur eine existente Forderung der Verzinsung unterliegen könne, tauge die Lehre vom Periodenkontokorrent schließlich nicht, die in der Praxis übliche, staffelförmige Zinsberechnung zu erklären.69 Denn fehle es während der laufenden Rechnung an einer Saldoforderung, könnten lediglich die Einzelforderungen die Grundlage der Verzinsung bilden. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Zinssätze während einer Rechnungspe­ riode widerspreche aber ersichtlich dem Vereinfachungszweck des Kontokorrents.70 Deshalb werde die Zinsberechnung nach einzelnen Rechnungsposten auch von der herrschenden Meinung zugunsten der Verzinsung einer ihrer Ansicht nach nicht bestehenden Saldoforderung abgelehnt.71 b)  Das Bankkontokorrent als Periodenkontokorrent aa)  Tagessaldo als reiner Postensaldo Der Auffassung, bei einem Bankkontokorrent erfolge typischerweise eine staffelförmige Verrechnung, ist der BGH bereits mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 entgegengetreten, in der er festgestellt hat, dass es sich bei dem auf den jederzeit verfügbaren Kontoauszügen ausgewiesenen Saldo lediglich um einen Postensaldo handele.72 Dieser sei nicht das Ergebnis einer Kontokorrentverrechnung, wie sie sich auch im Bankkontokorrent erst am Ende einer Rechnungsperiode oder mit der Beendigung des Kontokorrents durch Kündigung gem. § 355 Abs. 3 HGB oder Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer Partei73 vollzieht. Das folge schon daraus, dass die laufende Verrechnung Zinsen und Kosten unberücksichtigt lasse. Diese wür69  Göppert, ZHR 102, 161, 197 f.; Hager, JR 1998, 419, 422; Herz, S. 49 ff.; Schaudwet, S.  52 f. 70  Allg. Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 34. 71  Vgl. zur Verzinsung auf einem Girokonto nach dem sog. Wertstellungssaldo § 3 D. 72  BGHZ 50, 277. 73  Hierzu etwa BGHZ 181, 362, 365 (Tz. 10); 170, 206, 213 (Tz. 19); 70, 86, 93; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 120.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

den vielmehr erst in die Saldierung am Ende einer Rechnungsperiode einbezogen.74 Weiterer Beleg für die Annahme eines Postensaldos ist, dass auch die AGB der Banken Kontoauszüge als bloße „Mitteilungen“ verstehen, vgl. Nr. 11 Abs. 4 AGB-Bk, und diese von der Übermittlung eines „Rechnungsabschlusses“ unterscheiden, vgl. Nr. 7 Abs. 1 AGB-Bk.75 Der Tagessaldo dient daher in erster Linie Kontrollzwecken, indem er der Bank einen Überblick über bisherige Dispositionen des Kontoinhabers verschafft und ihr dadurch ermöglicht, solche Zahlungsbegehren des Schuldners zurückzuweisen, die nicht von einem Kontoguthaben bzw. einer ungekündigten Kreditlinie gedeckt sind. Der Kontoinhaber kann seinerseits ersehen, in welchem Umfang ihm das Kreditinstitut aufgrund des Girovertrags noch zur Ausführung von Zahlungsvorgängen verpflichtet ist. Die von den Gegnern des Periodenkontokorrents erhobenen Einwände vermögen eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. bb)  Zahlungsverkehrsfähigkeit des Girokontos Insbesondere begründet die Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen einerseits und die Möglichkeit des Kunden, jederzeit in Höhe des Tagessaldos disponieren zu können, andererseits keinen Widerspruch. Denn, wie unter § 3 dieser Arbeit zu behandeln sein wird, folgt der allfällige Anspruch des Kontoinhabers auf die Vornahme von Zahlungsvorgängen in Höhe eines gegenwärtigen, lediglich rechnerischen Guthabensaldos aus dem Girovertrag.76 Soweit der Kontoinhaber von diesem Anspruch Gebrauch macht, liegt hierin nicht die Geltendmachung einer kontokorrentrechtlichen Saldoforderung. Die Bank erfüllt stattdessen einen originär girovertraglichen Anspruch. Hierzu hat sie sich vertraglich in dem Umfang bereit erklärt, in dem sie sich wegen eines Kontoguthabens der Befriedigung ihrer Ansprüche gegen den Zahler, die ihr infolge der Zahlungsausführung entstehen, im Wege der Kontokorrentverrechnung am Periodenende sicher sein kann. cc)  Berücksichtigung von Leistungen auf einen debitorischen Saldo Auch Leistungen des Schuldners auf einen debitorischen Saldo lassen sich überzeugend erklären, ohne dass man von einer laufenden Verrechnung 74  BGHZ

50, 277, 279 f. BGHZ 50, 277, 280 ff.; vgl. auch Schäfer, S. 47 ff. 76  Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 30; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 60, Schäfer, S. 42 ff. 75  Vgl.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto53

und der Tilgung einer Saldoforderung zugunsten des Kreditinstituts ausgeht. So richtet sich die Ausgleichsverpflichtung des Kontoinhabers, der einen Kontokorrentkredit in Anspruch genommen oder sein Konto jenseits einer Kreditlinie überzogen hat, ebenfalls nach dem Girovertrag bzw. dem Darlehensvertrag. Stellt die Bank einen Darlehensrückzahlungsanspruch durch Kündigung des Kreditvertrags fällig, beseitigt dies zwar nicht die kontokorrentrechtliche Bindung der Einzelansprüche, die ihr gegen den Kontoinhaber aufgrund der Inanspruchnahme des Kredits zustehen und die Eingang in die laufende Rechnung gefunden haben. Ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch in entsprechender Höhe folgt jedoch unproblematisch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, wenn man das Giroverhältnis richtigerweise ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtlich interpretiert.77 Wird gleichzeitig auch das Kontokorrent gekündigt, § 355 Abs. 3 HGB, ist die Summe der darlehensvertraglichen Einzelforderungen bzw. der Aufwendungsersatzansprüche der Bank gegen den Kunden abzüglich späterer Zahlungseingänge identisch mit der kausalen Saldoforderung. Ist das Konto über die Kreditlinie hinaus überzogen, liegt mithin eine sog. geduldete Überziehung vor, ergibt sich ein sofort fälliger Ausgleichsanspruch der Bank78 aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB i. V. m. dem Girovertrag. Diesem ist zu entnehmen, dass ein Kreditinstitut nur soweit mit der kontokorrenttypischen Kreditierung der Einzelforderungen79 einverstanden ist, wie die spätere Verrechnung durch ein Guthaben gedeckt ist oder eine Überschussforderung zu ihren Gunsten auf einer bewussten Entscheidung zur Kreditgewährung beruht, die sie aufgrund einer Risikobewertung getroffen hat. Entsprechend sieht Nr. 3 der „Bedingungen für geduldete Überziehungen“80 vor, dass eine solche vorbehaltlich anderweitiger Absprachen unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von zwei Wochen zurückzuführen ist. dd) Verzinsung Der Annahme eines Periodenkontokorrents steht es nicht entgegen, dass der jeweilige Tagessaldo die Grundlage der Zinsberechnung bildet. So ist nicht ersichtlich, warum die Parteien die Verzinsung nicht an einen laufend ermittelten Postensaldo knüpfen können, sondern nur eine kausale Saldoforderung oder aber die Einzelforderungen als Basis der Zinsberechnung in 77  Hierzu

§ 3. sofortigen Fälligkeit des Anspruchs aus einer geduldeten Überziehung etwa BGHZ 138, 40, 47; Heublein, ZIP 2000, 161, 166. 79  Dazu noch unten § 2 D. III. 80  Vgl. bspw. die „Bedingungen für geduldete Überziehungen“ der Deutschen Bank (Stand 15.11.2013), abrufbar unter http: /  / www.deutsche-bank.de / pbc / download / seragb-bedingungen-geduldete_ueberziehungen_ pgk.pdf (letzter Aufruf am 11.09.2014). 78  Zur

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Frage kommen sollen. Tatsächlich beurteilt sich die Ermittlung von Sollund Habenzinsen nach dem sog. Wertstellungssaldo, der von dem auf den Kontoauszügen angegebenem Tagessaldo zu unterscheiden ist,81 den die Befürworter des Staffelkontokorrents zur Grundlage der Zinsberechnung machen wollen.82 ee)  Vereinfachungsfunktion des Kontokorrents Man mag gegen die Lehre vom Staffelkontokorrent auch einwenden, dass sie der von den Kontokorrentparteien bezweckten Vereinfachung ihrer Geschäftsbeziehung widerspreche, wenn nach jedem Buchungsvorgang verrechnet und eine Saldoforderung durch Anerkenntnis festgestellt werde. Schwintowski erachtet daher das Periodenkontokorrent dem Staffelkontokorrent jedenfalls aus Kostengründen „allemal“ für vorzugswürdig.83 Der Widerspruch zur Vereinfachungsfunktion des Kontokorrents büßt allerdings in zweierlei Hinsicht seinen Argumentationswert ein. Einerseits findet eine staffelförmige Ermittlung des Tagessaldos ohnehin statt, auch wenn man diesen nur als Postensaldo auffasst. Andererseits geht auch die überwiegende Zahl derer, die eine staffelförmige Verrechnung annehmen, davon aus, dass die Saldofeststellung durch Anerkenntnis erst am Periodenende erfolge.84 Zwar entspricht es nicht der Definition des § 355 Abs. 1 HGB, wenn Verrechnung und Anerkenntnis in unterschiedlichen Zeitabständen erfolgen. Man wird dies allerdings der Parteidisposition überlassen müssen, weil es nicht notwendig ist, dass diese beiden Rechtsakte sich in unmittelbarer Abfolge vollziehen. Schon vor der Feststellung besteht eine einklagbare kausale Saldoforderung.85 Durch die Vereinbarung eines Staffelkontokorrents begäben sich die Parteien also nicht zwangsläufig der Vereinfachungsfunktion des Kontokorrents und würde ihnen die Vereinheitlichungsfunktion, die durch das abstrakte Anerkenntnis erreicht wird,86 nach wohl überwiegender Auffassung auch keine zusätzlichen Kosten verursachen, weil dieses nicht notwendigerweise nach jeder Saldierung stattfinden müsste.

81  Dazu

§ 3 D. auch Schäfer, S. 52. 83  Schwintowski, § 8 Rn. 103. 84  Hager, JR 1998, 419, 421; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 111; Völp, NJW 1955, 818, 819; a. A. Schaudwet, S. 50. 85  Blaurock, NJW 1971, 2206, 2208; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 23. 86  Dazu sogleich § 2 D. I. 82  Vgl.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto55

ff) Parteiwille Schließlich räumen auch die Befürworter eines Staffelkontokorrents ein, dass die Regelungen in §§ 355–357 HGB das Periodenkontokorrent zum Gegenstand haben, wenn hier von der Verrechnung und Feststellung der Saldoforderung der einen oder anderen Seite in regelmäßigen Zeitabständen die Rede ist.87 Der Gesetzgeber hat das Periodenkontokorrent als Regelfall konzipiert, weil er der Auffassung war, dass eine solche Ausgestaltung der Kontokorrentbeziehung dem mutmaßlichen Parteiwillen und den Erfordernissen des kaufmännischen Geschäftsverkehrs am nächsten komme.88 Wollte man im Einzelfall hiervon abweichen, setzte dies daher entweder eine dahingehende Parteivereinbarung oder aber voraus, dass die zu regelnde Geschäftsbeziehung eine staffelförmige Verrechnung zwingend erfordert.89 Dass die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sich unproblematisch erklären lässt, wenn man annimmt, das Konto werde als Periodenkontokorrent geführt und der aktuell ermittelte Saldo sei lediglich buchungstechnischer Natur, ist bereits erwähnt worden und wird unter § 3 dieser Arbeit weiter zu belegen sein. Die staffelförmige Bildung eines Tagessaldos und das Bedürfnis ständiger Disponibilität eines gegenwärtigen Kontoguthabens rechtfertigen deshalb nicht den Schluss, die Parteien haben ein Staffelkontokorrent vereinbaren wollen.90 Der Annahme einer entsprechenden, stillschweigenden Parteiabrede steht schon entgegen, dass sich die Kontokorrentparteien unmissverständlich auf ein Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB einigen. So vereinbaren Sparkasse und Kontoinhaber in Nr. 7 Abs. 1 AGB-Spk ausdrücklich, dass das Konto als Kontokorrent i. S. v. § 355 HGB geführt werden soll. Auch aus Nr. 7 Abs. 1 AGB-Bk, der zwar nicht explizit auf die gesetzliche Regelung Bezug nimmt, ergibt sich gleichwohl unzweifelhaft, dass sich die Parteien auf ein Periodenkontokorrent verständigen wollten. So spricht Nr. 7 Abs. 1 AGB-Bk davon, dass ein Rechnungsabschluss zum Ende eines Kalenderquartals erfolgt und (erst) „dabei“ die kontokorrentgebundenen Einzelforderungen verrechnet werden.91 In Anbetracht dieser eindeutigen Willensbekundung kann den Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten sich tatsächlich auf ein Staffelkontokorrent verständigt. 87  Vgl. Hager, JR 1998, 419, 422; Herz, S. 46 f.; a. A. Hefermehl, in: FS Lehmann (1956), S. 547, S. 555, nach dem sich die Periodizität in § 355 Abs. 1 HGB nicht auf die Verrechnung, sondern lediglich auf die Saldofeststellung bezieht. 88  Dazu schon oben § 2 A. 89  Vgl. Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 149. 90  So aber Hager, JR 1998, 419, 422. 91  Vgl. Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 29.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

c)  Zwischenergebnis: Das Girokonto als Periodenkontokorrent i. S. v. §  355 Abs.  1 HGB Das Girokonto wird grundsätzlich als Periodenkontokorrent geführt, sofern die Parteien sich nicht ausdrücklich auf ein Staffelkontokorrent einigen. Einen anderen Schluss rechtfertigt auch nicht das unbestrittene Bedürfnis nach einem allzeitigen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers. Dieser folgt aus dem Girovertrag. Wer aber meint, die Zahlungsabwicklung nur auf Grundlage eines Staffelkontokorrents begründen zu können, kapituliert vor der Aufgabe, den Auszahlungsanspruch und das Periodenkontokorrent, das der Gesetzgeber als gesetzlichen Regelfall konzipiert hat, in Einklang zu bringen. IV.  Feststellung des Saldos durch abstraktes Schuldanerkenntnis Die Feststellung einer Überschussforderung gem. § 355 Abs. 1 HGB erfolgt durch ein von der Verrechnung zu trennendes92 abstraktes Schuldanerkenntnis gem. §§ 780, 781 BGB.93 Ähnlich umstritten wie die Frage nach der Zusammensetzung und Begründung der kausalen Saldoforderung, ist diejenige nach der rechtlichen Erfassung des Vorgangs, den § 355 Abs. 1 HGB als „Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses“ umschreibt.94 1. Zustandekommen Eine vertragliche Einigung der Kontokorrentparteien i. S. d. §§ 780, 781 BGB kommt regelmäßig dadurch zustande, dass der eine Teil dem anderen einen Rechnungsabschluss als Angebot auf Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisses übersendet, das dieser entweder ausdrücklich, etwa durch die Ausstellung einer Quittung, oder konkludent annimmt. Dabei trifft den schuldenden Teil aus dem Geschäftsvertrag eine Pflicht zur Mitwirkung 92  MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A219; a.  A. für ein einheitliches Rechtsgeschäft, das sich aus Verrechnung und Feststellung zusammensetzt, vormals RGZ 132, 218, 222; Düringer / Hachenburg / Breit, HGB3, § 355 Rn. 37. 93  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 355 Rn. 10; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 89; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 43; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 182; a. A. Kübler, S. 150 ff., S. 162, und Blaurock, NJW 1971, 2206, für einen lediglich kausalen bzw. deklaratorischen Feststellungsvertrag. 94  Vgl. hierzu die umfassende Darstellung des Meinungsstands bei Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 175 ff.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto57

an der Saldofeststellung, mithin auf Annahme des Angebots.95 Dem Überschussgläubiger ist es indes unbenommen, auch ohne Anerkenntnis aufgrund der kausalen Saldoforderung unmittelbar auf Zahlung zu klagen.96 Im Verkehr einer Bank mit ihrem Kunden gibt diese mit der quartalsweisen Erteilung von Rechnungsabschlüssen ein Angebot auf Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisses ab. Erfolgt wie im Regelfall weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Annahme durch den Kunden, wird dessen Annahmeerklärung gem. Nr. 7 Abs. 2 AGB-Bk bzw. Nr. 7 Abs. 3 AGB-Spk nach Ablauf einer Frist von sechs Wochen ab Zugang des Rechnungsabschlusses fingiert. Abweichend von § 781 BGB bedarf das kontokorrentrechtliche Saldoanerkenntnis nicht der Schriftform. Dies folgt im unternehmerischen Rechtsverkehr bereits aus § 350 HGB und ergibt sich für den Fall, dass der Kontoinhaber nicht Kaufmann ist, aus der Vorschrift des § 782 BGB, nach der Schriftform nicht erforderlich ist, wenn das Schuldanerkenntnis auf einer Abrechnung beruht.97 2. Wirkungen Die Feststellung der Saldoforderung durch abstraktes Saldoanerkenntnis erfüllt die Vereinheitlichungsfunktion des Kontokorrents.98 Durch das Anerkenntnis wird die kausale Saldoforderung auf einen eigenständigen, von den einzelnen Rechnungsposten losgelösten Schuldgrund gestellt. So kann unmittelbar aus dem Schuldanerkenntnis geklagt werden, ohne dass der Kläger die Zusammensetzung der Saldoforderung aus den Einzelforderungen jeweils beweisen müsste. Die anerkannte Saldoforderung unterliegt zudem einer einheitlichen Verjährung, nach § 195 BGB drei Jahre, einem einheitlichen Gerichtsstand und Erfüllungsort sowie einheitlicher Verzinsung.99 Nach § 356 HGB kann derjenige Teil, zu dessen Gunsten ein Überschuss anerkannt worden ist, in Höhe der Überschussforderung auf Sicherheiten zugreifen, die ihm zuvor für die in Rechnung gestellten Einzelforderungen gewährt worden sind. Darüber, wie diese Vereinheitlichung erzielt werden kann, sind Rechsprechung und Lehre seit langem entzweit. Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die sog. Novationstheorie, die ehemals auch im wissenschaft­ lichen Schrifttum zahlreiche Befürworter gefunden hatte. Nach der Nova­ Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 30. WM 1970, 184, 187; WM 1955, 1315, 1316. 97  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 45. 98  Vgl. Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 5. 99  Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 355 Rn. 10; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 101; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 74. 95  K.

96  BGH

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

tionstheorie hat das Saldoanerkenntnis schuldumschaffende Wirkung und führt zum Erlöschen sämtlicher Einzelforderungen sowie der kausalen Saldoforderung.100 Die nunmehr ganz herrschende Auffassung im Schrifttum tritt der Novationstheorie entgegen. Das abstrakte Schuldanerkenntnis trete erfüllungshalber, § 364 Abs. 2 BGB, neben die kausale Saldoforderung, die weiterhin bestehen bleibe und nur solange gestundet sei, wie der Gläubiger nicht erfolglos aus dem Schuldanerkenntnis vorgegangen sei.101 Die besseren Gründe sprechen für die letztgenannte Ansicht. So bedeutet es einen augenscheinlichen Widerspruch, wenn man einerseits das Erlöschen der Einzelforderungen in Folge der Novation annimmt, andererseits § 356 HGB aber gerade bestimmt, dass die Feststellung des Saldos den Gläubiger nicht daran hindert, Sicherheiten in Anspruch zu nehmen, die für diese Einzelforderungen bestellt worden sind. In konsequenter Anwendung der Novationstheorie hätte das Erlöschen der Einzelforderungen zwangsläufig auch den Untergang der akzessorischen Sicherheiten zur Folge.102 Bezeichnend ist außerdem, dass auch die Befürworter der Novationstheorie, allen voran der BGH, diese nicht konsequent anwenden, sondern ausnahmsweise den Rückgriff auf Einzelforderungen trotz eigentlich novierendem Saldoanerkenntnis zulassen, wenn ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse der Parteien hieran besteht.103 Vor diesem Hintergrund kann einzig die herrschende Auffassung im Schrifttum überzeugen, die das abstrakte Saldoanerkenntnis als Leistung erfüllungshalber i. S. v. § 364 Abs. 2 BGB neben den Einzelforderungen begreift. Wie die kausale Saldoforderung unterliegt auch das abstrakte Saldoanerkenntnis nach Maßgabe von § 355 Abs. 1 HGB grundsätzlich nicht der Kontokorrentbindung. Es kann daher selbständig geltend gemacht werden und Gegenstand der Forderungspfändung sein.104 Regelmäßig wird aber das Interesse der Parteien an der Fortführung der Kontokorrentbeziehung eine 100  BGHZ 141, 116, 120; 50, 277, 279; 26, 142, 150; Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 14; Düringer / Hachenburg / Breit, HGB3, § 355 Rn. 42; RGRKHGB2 / v. Godin, § 355 Anm. 2; heute noch Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 36. 101  Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 43 f.; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 92 ff.; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 71 Peckert, S. 40 ff.; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 176 ff. 102  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 355 Rn. 57 f.; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn.  178 f. 103  In BGHZ 141, 116, 120 ff., räumt der BGH selbst ein, dass die Novationstheorie nicht immer zu interessengerechten Ergebnissen führt und erkennt die Unstimmigkeit zwischen dieser Lehre und § 356 HGB. Dennoch begründet dies nach seiner Ansicht nur die Notwendigkeit, Ausnahmen zuzulassen, nicht jedoch eine völlige Abkehr von der Novationstheorie; vgl. auch BGHZ 58, 257, 262. 104  Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 75; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 201.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto59

Auslegung des Geschäftsvertrags dahingehend rechtfertigen, dass auch der abstrakt festgestellte Saldo in die sich anschließende Rechnungsperiode vorgetragen wird und damit erneut der lähmenden Wirkung des Kontokorrents unterfällt.105

D.  Funktionen und Wirkungen des Kontokorrents Auf Grundlage der soeben geschilderten Merkmale des Kontokorrents sollen nachfolgend dessen Funktionen und Zwecke zusammengefasst werden. I.  Vereinfachungs- und Vereinheitlichungsfunktion Mit der Vereinbarung eines Kontokorrents verfolgen die Parteien in erster Linie den Zweck, die Abwicklung ihrer Geschäftsbeziehung zu erleichtern, indem sie weitestgehend auf die selbständige Geltendmachung aus der Geschäftsbeziehung resultierender, wechselseitiger Ansprüche und Leistungen verzichten. Stattdessen werden diese in die laufende Rechnung eingestellt und ein Ausgleich durch periodische Verrechnung und Feststellung der Saldoforderung zugunsten desjenigen Teils erzielt, der einen Überschuss zu beanspruchen hat.106 Auf diese Weise werden einerseits unnötige Transak­ tionskosten für die Begleichung oder Geltendmachung der jeweiligen Einzelforderungen eingespart. Andererseits bewirkt die Verrechnung und das abstrakte Anerkenntnis der kausalen Saldoforderung, dass an die Stelle der Einzelforderungen eine von diesen losgelöste Forderung tritt, die im Gegensatz zu der Vielzahl der einzelnen Rechnungsposten einheitlichen Regeln unterliegt. II. Sicherungsfunktion Die Sicherungsfunktion des Kontokorrents entfaltet Wirkung im Verhältnis der Kontokorrentparteien zueinander und gegenüber Dritten, denen ein Eingriff in das Kontokorrentverhältnis nur begrenzt gestattet ist. Sie folgt aus der antizipierten In-Rechnung-Stellung sämtlicher Einzelforderungen mit verfügender Wirkung.107 105  Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 23; zum Einfluss einer solchen Vortragungsvereinbarung auf die Pfändbarkeit zukünftiger Rechnungsabschlusssalden § 5 B. II. 106  Vgl. hierzu schon Denkschrift zum HGB, S. 198 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 355). 107  Hierzu schon oben § 2 C. III.

60

1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

1.  Sicherungswirkung im Verhältnis der Kontokorrentparteien zueinander Im Verhältnis der Kontokorrentparteien bewirkt die In-Rechnung-Stellung der Einzelforderungen, dass diese weder selbständig geltend gemacht noch abgetreten oder verpfändet werden können.108 Ihre Lähmung während einer Rechnungsperiode, die die endfällige Verrechnung der Einzelposten absichert, reduziert damit das Ausfallrisiko desjenigen Teils, der schließlich einen Überschuss zu beanspruchen hat, auf den Saldo der Verrechnung. Wird eine Seite insolvent, braucht die andere nicht fürchten, mit sämtlichen Einzelforderungen auszufallen, gleichzeitig aber die eigenen Verpflichtungen vollständig zur Insolvenzmasse erfüllen zu müssen. Das Ausfallrisiko beschränkt sich – vorbehaltlich der Unwirksamkeit der Kontokorrentverrechnung gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 129 ff. InsO – vielmehr auf den Saldo, den die vorrangige Verrechnung der Einzelposten ergibt. Aus der Kontokorrentbindung und anschließenden Verrechnung folgt damit eine Sicherung der Ansprüche der einen Partei, jeweils in Höhe der gegen sie gerichteten Ansprüche der anderen Partei. Anderweitige Sicherung ist daher nur in Höhe des Überschusses von Nöten.109 Anders als bei der Aufrechnung, deren Sicherungswirkung auf die im Zeitpunkt der Erklärung nach § 388 BGB gegenseitigen Forderungen begrenzt ist, folgt aus dem in der Kontokorrentvereinbarung antizipierten Verrechnungsvertrag, dass nicht nur gegenwärtige, sondern auch zukünftige eigene Forderungen dadurch gesichert werden, dass ihnen zukünftige Forderungen des anderen Teils gegenüber gestellt werden. Canaris vergleicht dies mit einem Pfandrecht an einer zukünftigen Forderung des Kontokorrentgegners zur Sicherung einer eigenen zukünftigen Forderung.110 Die Lähmung bis zur Verrechnung ermöglicht es daher jeder Partei, ihr Ausfallrisiko zu reduzieren, indem sie Gegenforderungen des anderen Teils durch Inanspruchnahme von Leistungen aus der Geschäftsbeziehung begründet. 2.  Sicherungswirkung gegenüber Dritten Die Einstellung der Einzelforderungen in das Kontokorrent bewirkt im Außenverhältnis gegenüber Dritten eine weitgehende „Abschottung“ der Geschäftsbeziehung. Die Drittwirkung des Kontokorrents belegt die Vorschrift des § 357 S. 1 HGB, die lediglich die Pfändung des sog. Zustellungs108  Vgl.

schon oben § 2 C. II.

HGB2, § 355 Rn. 3. HGB4, § 355 Rn. 6; zustimmend Gößmann, in: Hellner / Steuer,

109  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, 110  Staub / Canaris,

Rn. 1 / 387.



§ 2  Das Girokonto als Kontokorrentkonto61

saldos zulässt. Aus dem Erfordernis einer gesonderten Normierung dieser Pfändungsmöglichkeit wird gemeinhin auf die grundsätzliche Unpfändbarkeit der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen geschlossen. Vorrangig folgt sie indes daraus, dass sich die Parteien schon mit Vereinbarung des Kontokorrents ihrer Verfügungsbefugnis über die einzelnen Forderungen mit dinglicher Wirkung begeben und ein Pfändungsgläubiger nicht mehr Rechte an ihnen erwerben kann, als dem Vollstreckungsschuldner selbst zustehen.111 III. Kreditierungsfunktion Die Frage, ob dem Kontokorrent als Drittes auch eine Kreditierungsfunktion innewohnt, hat vor allem das rechtswissenschaftliche Schrifttum lange Zeit beschäftigt. Richtigerweise bedarf sie einer differenzierten Beantwortung. 1.  Kreditgewährung durch Erweiterung des Verfügungsrahmens Auf der einen Seite ist eine Kreditierungsfunktion des Kontokorrents insoweit abzulehnen, als man hierunter die Pflicht des einen Teils versteht, Leistungen zugunsten des anderen Teils erbringen zu müssen, obwohl diesem ein Überschuss aus der laufenden Rechnung nicht zusteht. So folgt nicht allein aus der Kontokorrentvereinbarung das Recht eines Bankkunden, sein Konto zu überziehen. Inwieweit eine Partei berechtigt ist, einen Überschuss während der laufenden Rechnungsperiode geltend zu machen, bestimmt sich ausschließlich nach dem Geschäftsvertrag.112 Auch eine Erweiterung des Verfügungsrahmens setzt deshalb eine entsprechende Ergänzung des Geschäftsvertrags voraus, die im Fall des Bankkontokorrents regelmäßig in der Gewährung eines Kontokorrentkredits besteht. Durch diesen verpflichtet sich das Kreditinstitut gegenüber dem Kontoinhaber zur Ausführung weiterer Zahlungsvorgänge, auch wenn das Konto kein ausreichendes Guthaben aufweist.113 2.  Kreditierung durch In-Rechnung-Stellung der Einzelforderungen Auf der anderen Seite ist anerkannt, dass dem Kontokorrent notwendigerweise eine gewisse Kreditierungsfunktion dergestalt innewohnt, dass die Parteien durch die Kontokorrentabrede mit dinglicher Wirkung für die Dau111  Vgl.

noch § 5 A. I. 50, 277, 282; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 32; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 55 Rn. 60; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 9; Schäfer, S. 31. 113  Hierzu ausf. § 7. 112  BGHZ

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

er einer Rechnungsperiode auf die selbständige Geltendmachung der wechselseitigen Ansprüche verzichten.114 Nur auf diese Weise kann der mit dem Kontokorrent primär verfolgte Vereinfachungszweck erreicht werden. Dem würde es fundamental widersprechen, gestattete man der einen Seite stets, Ausgleich für eine Überschussforderung auch während der Rechnungsperiode zu verlangen,115 zumal ein laufendes Kontokorrent kaum jemals ausgeglichen sein wird.116 Eine allfällige Ausgleichsverpflichtung entspricht daher weder dem mutmaßlichen Willen der Kontokorrentparteien im Allgemeinen noch den einschlägigen Bestimmungen in den AGB der Banken und Sparkassen, die grundsätzlich den Schluss auf eine umfassende Kontokorrentabrede rechtfertigen.117 Einen Überschuss kann eine Seite nach dem Gesetz nur in Gestalt einer kausalen Saldoforderung am Ende einer Rechnungs­ periode oder nach Beendigung des Kontokorrentverhältnisses durch Kündigung gem. § 355 Abs. 3 HGB oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei geltend machen. Hiervon zu unterscheiden, ist die Frage, inwieweit eine Partei aufgrund einer – während der Rechnungsperiode lediglich rechnerisch bestehenden – Überschussforderung berechtigt ist, von der anderen Seite Leistungen zu verlangen. Dies bestimmt sich ausschließlich nach der dem Kontokorrent zugrunde liegenden Geschäftsbeziehung in Gestalt des Girovertrags.118

E. Zusammenfassung: Das Girokonto als Periodenkontokorrent Für die weitere Untersuchung sind an dieser Stelle folgende Punkte festzuhalten. Wenn es den Parteien auch unbenommen ist, die Reichweite der Kontokorrentbindung privatautonom festzulegen, ist für das Girokonto davon auszugehen, dass grundsätzlich sämtliche Ansprüche und Leistungen Eingang in das Bankkontokorrent finden. 114  Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 32 Rn. 7; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 355 Rn. 6; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 8. 115  So schon die Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 356).: „Im Allgemeinen wird es dem Wesen des Kontokurrentverhältnisses widersprechen und deshalb unzulässig sein, daß einzelne Forderungsposten aus der Rechnung herausgegriffen werden, um den Schuldner zur besonderen Berichtigung derselben zu nöthigen.“ 116  Hierauf weist Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 8, hin, nach dem aus einer ständigen Ausgleichsverpflichtung der schuldenden Seite letztlich die „völlige Zerstörung der Funktion des Kontokorrents“ folgte. 117  Dazu oben § 2 C. I. 118  Dazu bereits oben § 2 C. III. 2. b) bb).



§ 3  Zahlungsverkehr63

Das Bankkontokorrent ist entgegen einer vormals starken Ansicht kein Staffel-, sondern ein Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB. Eine tilgende Verrechnung der einzelnen Rechnungsposten findet folglich erst am Ende einer Rechnungsperiode statt. Der während eines Rechnungszeitraums abrufbare Kontostand ist ein reiner Postensaldo, der lediglich informatorischen Charakter besitzt. Das Kontokorrent nimmt als reines Abwicklungsverhältnis eine ausschließlich dienende Funktion wahr.119 Inwieweit der Kontoinhaber während einer Rechnungsperiode über ein Guthaben oder einen Kredit verfügen kann bzw. die Bank Rückführung eines debitorischen Saldos verlangen kann, bestimmt sich ausschließlich nach dem Girovertrag.

§ 3  Zahlungsverkehr Das vorangegangene Kapitel hat das Rechtsinstitut des Kontokorrents gem. §§ 355–357 HGB in Grundzügen behandelt. Die folgenden Ausführungen befassen sich nun mit der bankvertraglichen Beziehung zwischen dem Girokontoinhaber und einem Kreditinstitut, die den Gegenstand des Kontokorrentverhältnisses bildet.120 Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dabei die Vereinbarkeit von kontokorrentrechtlicher Bindung einerseits und Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos andererseits. Während das Kontokorrent die Einzelforderungen für die Dauer einer Rechnungsperiode ihrer Verkehrsfähigkeit beraubt,121 vermittelt der Girovertrag dem Kontoinhaber allzeitige Verfügungsbefugnis über die auf dem Konto ausgewiesene Deckung in Gestalt des sog. Tagessaldos oder einer Kreditlinie.122 Wenn auch die Fähigkeit, diesen scheinbaren Gegensatz aufzulösen, gemeinhin dem Girovertrag zugeschrieben wird, hat sich eine einhellige Meinung über die Art und Weise, wie er die Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos bei gleichzeitiger Kontokorrentbindung rechtlich gewährleistet, nicht herausgebildet.123 Insbesondere über die Frage nach der Pfändbarkeit einzelner AnMDR 1952, 411, 412; K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 9. Begriff der Geschäftsverbindung bereits § 2 B. I. 121  Zur kontokorrentrechtlichen Lähmung § 2 C. II. 122  Zur eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB vgl. § 7; zur geduldeten Kontoüberziehung gem. § 505 BGB s. § 8. 123  Vgl. Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 273: „Dieses Schweigen (über den girovertraglichen Auszahlungsanspruch in § 676f BGB a. F.) lässt sich auch als freilich unbeabsichtigtes Indiz dafür verstehen, dass die rechtsdogmatische Fundierung des girovertraglichen Auszahlungsanspruchs bis heute nur unvollkommen gelungen ist.“; außerdem etwa Gößmann, in: Bankrechts-Handbuch3, § 70 Rn. 27; Schwefer, S. 130 ff.; bereits E. Wagner, ZIP 1985, 849, 850 f. 119  Grigat, 120  Zum

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

sprüche aus dem Girovertrag124 kann indessen nur geurteilt werden, wenn zuvor ermittelt worden ist, welche Ansprüche dem Kontoinhaber tatsächlich zustehen und welche Rechtsnatur sie aufweisen. Auf Grundlage der novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften der §§ 675c ff. BGB ist daher nachfolgend die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ein als Kontokorrent geführtes Girokonto zu begutachten. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Frage, ob dem Kontoinhaber – wie von der heute einhelligen Auffassung angenommen – aus dem Girovertrag ein schlichter Zahlungsanspruch in Höhe des Tagessaldos erwächst, der als Geldforderung gem. §§ 829 ZPO ff. gepfändet und verwertet werden kann.

A.  Zivilrechtliche Grundlagen des Girogeschäfts Die rechtliche Grundlage der Zahlungsabwicklung bildet seit jeher der Girovertrag. Dieser ursprünglich gesetzlich nicht eigens geregelte Vertragstypus, der als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. v. § 675 BGB mit dienstund werkvertraglichen Elementen zu qualifizieren ist,125 wurde erstmals im Zuge der Umsetzung der Überweisungsrichtlinie (97 / 5 / EG) durch das Überweisungsgesetz126 einer gesetzlichen Regelung in § 676f S. 1 BGB a. F. zugeführt. Hiernach verpflichtete der Girovertrag das Kreditinstitut, für den Kunden ein Konto einzurichten, eingehende Zahlungen auf dem Konto gutzuschreiben und abgeschlossene Überweisungsverträge zu Lasten dieses Kontos abzuwickeln. Eine grundlegende Novellierung und in Teilen erstmalige Kodifizierung des bis dahin nur fragmentarisch geregelten zivilen Zahlungsverkehrsrechts brachte die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG) durch Gesetz vom 02.07.2009 (BGBl. I, 2355), das zum 31.10.2009 in Kraft trat. Im Zuge der Umsetzung wurden die §§ 675c ff. in das BGB aufgenommen, die nunmehr ausdifferenzierte Vorschriften zum zivilen Zahlungsverkehrsrecht enthalten. Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie wurden im Wesentlichen durch die Schaffung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) und durch Änderungen des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) in deutsches Recht überführt. Die Regelungen des ZAG und des KWG sind für die vorliegende Arbeit insoweit von Bedeutung, als 124  Dazu

§ 6. 180, 191, 194 (Tz. 11); ZIP 1991, 435, 436; Häuser, in: Gutachten zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 1317, S. 1365  ff.; Putzo, S.  22 ff.; Schönle, S.  323 f.; Terpitz, WM 1979, 570. 126  Gesetz vom 21.07.1999, BGBl. I, 1642. Für grenzüberschreitende Überweisungen galt § 676a BGB a. F. der Umsetzungsfrist der Richtlinie entsprechend schon ab dem 14.08.1999, während die Bestimmung für nationale Überweisungen erst zum 01.01.2002 Geltung beanspruchte, vgl. Art. 228 EGBGB. 125  BGHZ



§ 3  Zahlungsverkehr65

§ 675c Abs. 3 BGB die dortigen Begriffsbestimmungen auf die Vorschriften des zivilen Zahlungsverkehrsrechts für anwendbar erklärt. I.  Geltungsbereich des zivilen Zahlungsverkehrsrechts Die Zahlungsdiensterichtlinie zielt u. a. darauf ab, das Geschäftsfeld der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen, das bislang vollständig in der Hand von Kreditinstituten lag,127 auch anderen Unternehmen zu öffnen.128 Als „Zahlungsdienstleister“ i. S. d. §§ 675c ff. BGB definiert § 1 ZAG daher nicht nur Kreditinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG, sondern auch sonstige Unternehmen, die als Zahlungsinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG Zahlungsdienste erbringen können. Die aufsichtsrechtliche Erlaubnis gem. § 8 ZAG, die einem solchen Zahlungsinstitut erteilt werden kann, bleibt in ihrem Umfang allerdings hinter dem Betätigungsfeld zurück, das Kreditinstituten aufgrund einer Erlaubnis nach § 32 KWG zugestanden wird.129 Insbesondere dürfen Zahlungsinstitute keine Einlagen entgegennehmen, die nicht der Abwicklung eines Zahlungsvorgangs dienen, vgl. § 2 Abs. 1, 2 ZAG, und Kredite nur sehr eingeschränkt und nur im Zusammenhang mit der Erbringung eines konkreten Zahlungsdienstes (sog. „technischer“ Kredit)130 gewähren, § 2 Abs. 3 ZAG.131 Demgegenüber gehören Einlagen- und Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 KWG zu den Bankgeschäften, die ein Kreditinstitut aufgrund einer Erlaubnis nach § 32 KWG typischerweise erbringt. Gleichwohl gelten die zivilen Zahlungsverkehrvorschriften der §§ 675c ff. BGB im Grundsatz gleichermaßen für die vertragliche Beziehung des Zahlungsdienstnutzers zu einem Zahlungsinstitut und einem Kreditinstitut. Wenn aber für die Zwecke dieser Arbeit die girovertragliche Beziehung zwischen dem Kontoinhaber und einem Kreditinstitut zu untersuchen ist, gilt es zu beachten, dass diese Vertragsbeziehung nicht abschließend von den Vorschriften der §§ 675c ff. BGB geregelt wird. Vielmehr kann der Zahlungsdiensterahmenvertrag durch weitere Abreden ergänzt sein, § 675f Abs. 2 S. 2 BGB, oder die konkrete Ausgestaltung der girovertraglichen Beziehung gerade auf einer den Kreditinstituten vorbehaltenen Betätigung, wie namentlich der Entgegennahme von Einlagen und der Vergabe von „untechnischen“ Krediten, beruhen.132 Girokonten alter Prägung und Zah127  Vgl.

BT-Drs. 16 / 11613, S. 26. Erwägungsgründe (5), (10) der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG). 129  s. auch MünchKomm / Casper, BGB6, § 675c Rn. 26 ff., 32; Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c–676c Rn. 17. 130  BT-Drs. 16 / 11613, S. 42. 131  Vgl. Erwägungsgrund (11) der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG). 132  Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 327 f. 128  Vgl.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

lungskonten mit beschränktem Funktionsumfang, wie sie Zahlungsinstitute anbieten können, können sich daher erheblich voneinander unterscheiden. Diese Tatsache dispensiert die §§ 675c ff. BGB freilich in keiner Weise von ihrem grundsätzlich umfassenden Regelungsanspruch hinsichtlich der Zahlungsabwicklung über ein Zahlungskonto. Lediglich soweit sich ein Zahlungsdienst nur unter Rückgriff auf die Besonderheiten eines bei einem Kreditinstitut unterhaltenen Girokontos begründen lässt, ist eine abweichende rechtliche Beurteilung angezeigt.133 II.  Der Zahlungsdiensterahmenvertrag, § 675f Abs. 2 BGB An die Stelle des Girovertrags ist unter Geltung des neuen Zahlungsverkehrsrechts der in § 675f Abs. 2 BGB geregelte Zahlungsdiensterahmen­ vertrag getreten, der sich vornehmlich in der Terminologie, nicht aber wesentlich in der Sache vom Girovertrag alter Prägung unterscheidet.134 Entsprechend geht auch die Gesetzesbegründung davon aus, dass bereits be­ stehende Giroverträge nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften als Zahlungsdiensterahmenverträge erfasst werden.135 Der Zahlungsdiensterahmenvertrag, der wie der Einzelzahlungsvertrag gem. § 675f Abs. 1 BGB ein Unterfall des Zahlungsdienstevertrags ist, verpflichtet den Zahlungsdienstleister gem. § 675f Abs. 2 S. 1 BGB, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne oder aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ergänzt und inhaltlich ausgestaltet wird der Zahlungsdiensterahmenvertrag, vgl. § 675f Abs. 2 S. 2 BGB, wie schon der Girovertrag vor allem durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen sowie Zusatzvereinbarungen über die Zulassung zur Nutzung einzelner Zahlungsdienste, wie etwa die Bedingungen für den Überweisungs- oder Scheckverkehr und für Zahlungen im Lastschriftverfahren, die infolge der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie vielfach überarbeitet worden sind.136 Wegen 133  A.  A. für den Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b. 134  Vgl. Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 85; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 34; Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 11; Schwintowski, § 8 Rn. 45. 135  BT-Drs. 16 / 11643, S. 102; ebenso Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 24; Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 234; Erman / Graf von Westphalen, BGB13, § 675f Rn. 26; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1a; Staudinger / Omlor, 2012, § 675f Rn. 12. 136  Vgl. zu typischen Zusatzvereinbarungen zum Zahlungsdiensterahmenvertrag etwa die Bedingungen der Deutschen Bank für einzelne Bankprodukte abrufbar unter http: /  / www.deutsche-bank.de / pbc / ser-rechtliche_hinweise.html (letzter Aufruf am 11.09.2014).



§ 3  Zahlungsverkehr67

der sachlichen Kongruenz von Zahlungsdiensterahmenvertrag und Girovertrag werden die beiden Begriffe für die Zwecke dieser Arbeit synonym verwandt. Lediglich dort, wo ein Girovertrag mit einem Kreditinstitut gegenüber einem Zahlungsdiensterahmenvertrag, wie er auch mit einem Zahlungsinstitut geschlossen werden kann, Besonderheiten aufweist, ist hierauf gesondert einzugehen. 1.  Rechtsnatur des Zahlungsdiensterahmenvertrags Wie der Girovertrag gem. § 676f S. 1 BGB a. F. ist auch der Zahlungsdiensterahmenvertrag gem. § 675f Abs. 2 S. 1 BGB als ein Unterfall des in § 675 BGB geregelten Geschäftsbesorgungsvertrags mit dienst- und werkvertraglichen Elementen zu qualifizieren, vgl. § 675c Abs. 1 BGB.137 Nach § 675c Abs. 1 BGB findet in Ermangelung spezieller Regelungen in den nachfolgenden Normen ein Teil der auftragsrechtlichen Vorschriften entsprechende Anwendung auch im Zahlungsverkehrsrecht.138 Der Zahlungsdiensterahmenvertrag ist Dauerschuldverhältnis, das nach § 675g BGB geändert und nach § 675h BGB durch Kündigung beendet werden kann.139 Schon aus der Bezeichnung als Zahlungsdiensterahmenvertrag folgt, dass dieser wie der Girovertrag alter Prägung als Rahmenvertrag für die Abwicklung einer Vielzahl von Zahlungsvorgängen fungiert, für die neben den vertraglichen Vereinbarungen insbesondere in den AGB-Banken und AGB-Sparkassen die Vorschriften der §§ 675j-676c BGB gelten. 2.  Zahlungs- oder Girokonto Der Zahlungsdienstrahmenvertrag verpflichtet den Zahlungsdienstleister zur Einrichtung eines Kontos für den Zahlungsdienstnutzer, das nach den AGB der Kreditinstitute als Kontokorrent i. S. d. §§ 355–357 HGB geführt wird. Gemeinhin wird mit der Bezeichnung „Konto“ das gesamte Rechtsverhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden erfasst.140 Der Rechtsbegriff des Kontos im Sinne der §§ 675c ff. BGB erschöpft sich dabei nicht in der Bezeichnung eines Handelsbuchs gem. § 238 HGB. § 1 Abs. 3 ZAG, 137  Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 1; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 22; Nobbe, WM 2011, 961; Reymann, DStR 2011, 1959. 138  Zur „Normenhierachie“ im Zahlungsverkehrsrecht etwa MünchKomm / Casper, BGB6, § 675c Rn. 40 ff. 139  Erman / Graf von Westphalen, BGB14, § 675f Rn. 18; Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 7. 140  Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 13; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. A / 36.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

der über § 675c Abs. 3 BGB auch auf das zivile Zahlungsverkehrsrecht anwendbar ist, definiert ein „Zahlungskonto“ als ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes und der Ausführung von Zahlungsvorgängen dienendes Konto, das die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister innerhalb der Geschäftsbeziehung buch- und rechnungsmäßig darstellt und für den Zahlungsdienstnutzer dessen jeweilige Forderung gegenüber dem Zahlungsdienstleister bestimmt. Das Girokonto herkömmlicher Gestalt, das bei einem Kreditinstitut unterhalten wird, ist als ein besonderes Zahlungskonto aufzufassen.141 So kann das Kreditinstitut kraft seiner Erlaubnis gem. § 32 KWG auf diesem Einlagen entgegennehmen und Kredit gewähren. Das Girokonto geht damit in seinem Funktionsumfang über das „reine“ Zahlungskonto hinaus.142 Nichtsdestotrotz versteht der Gesetzgeber das Zahlungskonto ebenso wie das Girokonto als „laufende Rechnung“143, so dass eine Sonderbehandlung von Girokonten grundsätzlich nicht geboten ist, soweit gerade die Zahlungsabwicklung in Rede steht.144 3.  Zahlungsvorgang, Zahlungsdienst und Zahlungsauftrag Zahlungsvorgang, Zahlungsdienst und Zahlungsauftrag bilden zentrale Be­griffe des novellierten Zahlungsverkehrsrechts. a)  Zahlungsvorgang gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB Aufgrund des Zahlungsdiensterahmenvertrags ist der Zahlungsdienstleister zur Ausführung einer Vielzahl einzelner oder aufeinander folgender Zahlungsvorgänge verpflichtet, vgl. § 675f Abs. 2 S. 1 BGB. Unter dem Begriff des „Zahlungsvorgangs“ erfasst das Gesetz gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB jede „Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags“ und damit sämtliche Transaktionen, die auf die tatsächliche Übertragung von Bar- oder Buchgeld gerichtet sind.145 Zahlungsvorgänge sind demnach insbesondere die Überweisung von Buchgeld sowie die Einlösung von Lastschriften. Daneben gelten nach § 675f Abs. 3 S. 1 BGB aber auch die Bereitstellung und Abhebung von Bargeld als Zahlungsvorgänge.146 141  BT-Drs. 16 / 11643, S. 102; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 8; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1a; Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 322 f.; Schwintowski, § 8 Rn. 45. 142  Vgl. BT-Drs. 16 / 11613, S. 35 f.; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675c Rn. 34. 143  BT-Drs. 16 / 11613, S. 35. 144  Vgl. zum Geltungsbereich der §§ 675c ff. BGB schon oben § 3 A. I. 145  Vgl. BT-Drs. 16 / 11643, S. 102.



§ 3  Zahlungsverkehr69

b)  Zahlungsdienst gem. § 1 Abs. 2 ZAG Zu unterscheiden von dem tatsächlichen Zahlungsfluss, den das Gesetz als Zahlungsvorgang bezeichnet, ist der „Zahlungsdienst“. Der Begriff des Zahlungsdienstes ist ein (aufsichtrechtlicher) Sammelbegriff für alle privatrechtlichen Dienstleistungen eines nicht am Zuwendungsverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger beteiligten Dritten, in aller Regel einer Bank, der dem Zahler die Übermittlung des Zahlungsbetrags ermöglicht oder ihn hierbei unterstützt.147 Welche Dienstleistungen der Bank als Zahlungsdienste zu verstehen sind, ergibt sich aus der Aufzählung in § 1 Abs. 2 ZAG, wobei es den Negativkatalog des § 1 Abs. 10 ZAG zu berücksichtigen gilt.148 146

Keine Zahlungsdienste sind nach § 1 Abs. 10 Nr. 6 ZAG etwa Zahlungen mittels Scheck und Wechsel. Hieraus aber die generelle Unanwendbarkeit des neuen Zahlungsverkehrsrechts in den §§ 675c ff. BGB auf derartige Zahlungen zu folgern wäre vorschnell.149 Die Ausnahme von Scheck- und Wechselgeschäften aus dem Anwendungsbereich des ZAG trägt in erster Linie dem Umstand Rechnung, dass solche Geschäfte aufsichtsrechtlich den Kreditinstituten vorbehalten bleiben sollen150 und deshalb eine Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 9 KWG besteht.151 Aus Erwägungsgrund (19) S. 2 der Zahlungsdiensterichtlinie ergibt sich außerdem, dass eine Einbeziehung von Scheckzahlungen nicht beabsichtigt war, weil diese erfahrungsgemäß mehr Zeit in Anspruch nähmen als andere Zahlungswege. Das etablierte Scheckzahlungssystem sollte mithin durch die im neuen Zahlungsverkehrsrecht vorgesehenen, kurzen Ausführungsfristen, vgl. § 675s BGB, nicht beeinträchtigt werden. All dies spricht aber nicht dagegen, die Vorschriften des neuen Zahlungsverkehrsrechts insoweit auch auf Scheck- und Wechselzahlungen zur Anwendung zu bringen, wie die allgemeine Zahlungsabwicklung, insbesondere die Gutschrift eingehender Beträge und die Belastung des Kontos nach Zahlungsausgängen, betroffen ist und das WechselG bzw. ScheckG sowie die vertraglichen Abreden zwischen Bank und Kunde keine speziellen Vor146  Einsele, § 6 Rn. 110; Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 86; Nobbe, WM 2011, 961; Palandt / Sprau, BGB71, § 675f Rn. 27, abweichend nunmehr seit der 72. Aufl., s. § 675f Rn. 27; vgl. auch noch unten § 3 C. IV. 2 c). 147  Vgl. BT-Drs. 16 / 11613, S. 32. 148  Vgl. erläuternd auch BT-Drs. 16 / 11613, S. 33 ff. 149  So Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 24; Obermüller, ZInsO 2010, 8, 14. 150  Vgl. zur Unterscheidung zwischen Kreditinstituten und sonstigen Zahlungs­ instituten oben § 3 A. I. 151  Vgl. BT-Drs. 16 / 11613, S. 27, S. 35, S. 58 f.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

sehungen treffen. Im Ergebnis unterscheidet sich diese Ansicht auch nicht von derjenigen, nach der für Scheck- und Wechselzahlungen nicht die Vorschriften in §§ 675c ff. BGB, sondern die allgemeinen Bestimmungen zur Geschäftsbesorgung gelten sollen.152 Denn soweit die Belastung des Zahlerkontos nach Ausführung eines Zahlungsvorgangs und die Gutschrift eines Zahlungseingangs in Rede stehen, beinhalten die novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften lediglich Konkretisierungen der allgemeinen geschäftsbesorgungs- und auftragsrechtlichen Regelungen.153 c)  Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB Der „Zahlungsauftrag“ gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB dient der Initiierung eines Zahlungsvorgangs und bewirkt regelmäßig dessen Autorisierung, vgl. § 675j Abs. 1 S. 2 BGB. aa)  Auftragsrechtliches Verständnis der Zahlungsweisung Anders als unter der alten Rechtslage versteht das Gesetz die Erteilung eines Zahlungsauftrags auch für das umsatzstärkste Instrument des unbaren Zahlungsverkehrs, die Giroüberweisung,154 wieder wie schon vor Umsetzung der Überweisungsrichtlinie als einseitiges Weisungsrecht des Zahlungsdienstnutzers innerhalb des Zahlungsdiensterahmenvertrags.155 Dieses Verständnis des Zahlungsauftrags legt schon die Qualifikation des Zahin: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b; Palandt / Sprau, BGB73, § 675 Rn. 14; § 675f Rn. 11 a. E. für den Scheckvertrag; Schürmann, in: Bankrechtstag 2009, S. 11, S. 24 f. 153  Vgl. zum Rechtscharakter der Belastungsbuchung ausführlich unten § 3 B. II.; zur Kontogutschrift § 3 B. III. 154  Im Jahr 2012 wurden rd. 56,16 Billionen Euro im Wege der Überweisung transferiert, was einen Anteil von 80,8 % am Gesamtumsatz des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bedeutete (vgl. die Statistik des Bankenverbands einsehbar unter http: /  / bankenverband.de / service / fakten-zahlen / zahlungsverkehr-banken / umsaetzeim-bargeldlosen-zahlungsverkehr; letzter Aufruf am 11.09.2014). Zahlenmäßig nahm die Überweisung mit ca. 6,15 Mrd. Transaktionen in 2012 (33,8 % des Gesamtaufkommens) allerdings nur den zweiten Platz hinter der Lastschrift ein (rd. 8,83 Mrd. Transaktionen entsprechen einem Anteil von 48,5 % am Gesamtaufkommen) (vgl. die Statistik des Bankenverbands unter http: /  / bankenverband.de / service / fakten-zah len / zahlungsverkehr-banken / transaktionen-im-bargeldlosen-zahlungsverkehr; letzter Aufruf am 11.09.2014). 155  Abzulehnen ist das Verständnis der Überweisung als Anweisung i.  S.  d. §§ 783 ff. BGB, weil dem Zahlungsempfänger vom Zahler keine Urkunde ausgehändigt wird, kraft derer er den Zahlungsbetrag von der Zahlstelle zu fordern vermag; vgl. nur Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte, Rn. C / 29; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 322. 152  Mayen,



§ 3  Zahlungsverkehr71

lungsdiensterahmenvertrags als spezieller Geschäftsbesorgungsvertrag nahe, auf den gem. § 675c Abs. 1 BGB die auftragsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung gelangen. Entsprechend unterliegt der Geschäftsbesorger wie der Auftragnehmer den Weisungen des Geschäftsherrn bzw. des Auftraggebers. Die Aufforderung des Kontoinhabers gegenüber seiner Bank zur Durchführung einer Überweisung oder eines anderen bargeldlosen Zahlungsdienstes wurde daher seit jeher als auftragsrechtliche Weisung i. S. v. § 665 BGB aufgefasst.156 Dagegen hatte der durch das Überweisungsgesetz eingeführte § 676a BGB a. F. mit diesem Verständnis gebrochen und den Überweisungsvertrag eingeführt.157 Die Abkehr von der bis dato nicht bestrittenen Qualifikation der Giroüberweisung, zu der sich der Gesetzgeber durch die Vorgaben der Überweisungsrichtlinie irrigerweise158 gezwungen sah,159 ist im Schrifttum auf mannigfache Kritik gestoßen160 und durch die Novellierung des Zahlungsverkehrsrechts zurecht revidiert worden.161 Die Erteilung eines Zahlungsauftrags kann – wie bei der Überweisung – sowohl unmittelbar durch den Zahlungsdienstnutzer selbst, als auch – wie insbesondere bei der SEPALastschrift –162 mittelbar unter Einschaltung des Zahlungsempfängers und dessen Zahlungsdienstleister erfolgen, über die der vom Zahler erteilte Auftrag an dessen Kreditinstitut übermittelt wird.

156  BGHZ 10, 319, 322; Meyer-Cording, S. 32; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 39; Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 17; Putzo, S. 30 f., 46; Regerbis, S. 46; Schönle, S. 325; Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c–676c Rn. 93 ff. 157  Vgl. zum überwundenen Rechtszustand etwa Fischer / Klanten / Koch, Rn.  10.129 ff. 158  Vgl. Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 35 f.; Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 49 Rn. 3 ff. 159  Vgl. BT-Drs. 14 / 745, S. 11 f., 18. 160  Vgl. die Nachweise bei Derleder / Knops / Bamberger / Oechsler, § 43 Rn. 1; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 8 Fn. 10; Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 49 Rn. 6 plädierte dafür, den in § 676a BGB a. F. geregelten Überweisungsvertrag in „richtlinienkonformer Auslegung“ weiterhin als einseitige Weisung aufzufassen. 161  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 10; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 36a; Einsele, § 6 Rn. 113, 126; Grundmann, WM 2009, 1109, 1114; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 27; Nobbe, WM 2011, 961, 963; Reymann, DStR 2011, 1959; Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c–676c Rn. 85, 93 ff.; s. auch Werner, BKR 2010, 353 zur Möglichkeit der Abänderung einer girovertraglichen Weisung. 162  Hierzu etwa Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 40.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

bb)  Verhältnis von Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB und Autorisierung gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB als verbindliche Weisung des Zahlungsdienstnutzers an den Zahlungsdienstleister, einen Zahlungsvorgang durchzuführen, und der Autorisierung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB.163 Die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs bewirkt die Rechtswirksamkeit eines Zahlungsvorgangs gegenüber dem Zahler, § 675j Abs. 1 S. 1 BGB. Sie ist Voraussetzung dafür, dass der Zahlungsdienstleister das Konto des Zahlers infolge der Zahlungsausführung mit einem Aufwendungsersatzanspruch belasten darf, vgl. § 675u S. 1 BGB. Qualifiziert man einen Zahlungsauftrag zurecht als auftragsrechtliche Weisung gem. § 665 BGB, mutet die gesetzliche Unterscheidung freilich befremdlich an. Denn eine Weisung gem. § 665 BGB erfüllt beide genannten Funktionen. Einerseits verpflichtet sie den Auftragnehmer zur weisungsentsprechenden Ausführung des Auftrags. Andererseits legitimiert sie die weisungskonforme Ausführung dergestalt, dass der Auftragnehmer die zum Zwecke der Ausführung getätigten Aufwendungen i. S. v. § 670 BGB für erforderlich halten durfte. Es lässt sich keine Konstellation denken, in welcher der Zahlungsdienstnutzer selbst164 seinem Zahlungsdienstleister einen Zahlungsauftrag ohne gleichzeitige Autorisierung erteilt. Casper weist zurecht auf die Widersprüchlichkeit einer solchen, tatsächlich einheitlichen Weisung hin.165 Erteilt der Zahler seinem Zahlungsdienstleister einen Zahlungsauftrag, kann er einem späteren Aufwendungsersatzverlangen seiner Bank nicht im Sinne eines venire contra factum proprium entgegenhalten, er habe die Zahlung lediglich anweisen, nicht aber auch autorisieren wollen. Dies beruht auf der tatsächlichen Unteilbarkeit der Zahlungsweisung. Zwar sieht § 675o Abs. 2 BGB gerade für den – ausnahmslos theoretischen – Fall eines nicht autorisierten Zahlungsauftrags vor, dass der Zahlungsdienstleister die Durchführung eines solchen Zahlungsauftrags ablehnen kann. Damit bewahrt das Ablehnungsrecht den Zahlungsdienstleister davor, einer im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrags grundsätzlich verbindlichen Zahlungsweisung, dem Zahlungsauftrag, Folge leisten zu müssen, ohne aber die in diesem Zusammenhang getätigten Aufwendungen ersetzt verlangen zu können, weil es an einer Autorisierung fehlt, § 675u S. 1 BGB. Die Wi163  Vgl. zum Folgenden MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 42 f.; Staudinger / Omlor, 2012, § 675f Rn. 32 f. 164  Zur nachträglichen Genehmigung eines durch einen Zahlungsempfänger angestoßenen Zahlungsvorgangs gem. § 675j Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB, s. sogleich. 165  MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 43; kritisch außerdem Köndgen, JuS 2011, 481, 486.



§ 3  Zahlungsverkehr73

dersprüchlichkeit einer solchen Weisung in tatsächlicher Hinsicht, die auch ungeachtet von § 675o Abs. 2 BGB schon Zweifel an der Rechtsverbindlichkeit eines solchen Zahlungsauftrags aufkommen lässt, bleibt indes bestehen. Sie ist dadurch zu beseitigen, dass man die einheitliche Zahlungsweisung des Zahlungsdienstnutzers – in Übereinstimmung mit § 665 BGB – dahin auslegt, dass sie neben dem Zahlungsauftrag auch immer eine Autorisierung beinhaltet.166 Auch rein tatsächlich ist eine Autorisierung vielfach notwendiger Bestandteil eines Zahlungsauftrags. So wird eine Bank etwa eine Online-Überweisung nicht durchführen, wenn der Zahler die Zahlung nicht zuvor durch Eingabe einer Transaktionsnummer (TAN) legitimiert hat. Zwar ist nach § 675j Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB auch eine nachträgliche Zustimmung zu einem Zahlungsvorgang in Gestalt einer Genehmigung möglich, sofern Zahler und Zahlungsdienstleister dies zuvor vereinbart haben. Dies spricht jedoch nicht gegen die Annahme, jeder vom Zahler selbst erteilte Zahlungsauftrag enthalte zugleich eine Autorisierung des Zahlungsvorgangs. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung soll § 675j Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB – und hierin mag man die Ursache für die gesetzliche Differenzierung zwischen der Initiierung und der Autorisierung eines Zahlungsvorgangs erblicken – solche Zahlungsverfahren ermöglichen, bei denen es einem bereits vollzogenen Zahlungsvorgang an einer vorherigen Zustimmung des Zahlers fehlt.167 Dieser Konstellation soll zudem das Ablehungsrecht gem. § 675o Abs. 2 BGB Rechnung tragen. Ein solches Zahlungsverfahren stellte vormals die Lastschriftzahlung im Wege der Einzugsermächtigungslastschrift dar, bei welcher die Wirksamkeit der durch den Zahlungsempfänger initiierten Belastung des Zahlerkontos von der Genehmigung des Zahlers abhing.168 Mit Änderung der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Wege der Einzugsermächtigung zum 09.07.2012169 ist die Einzugsermächtigungslastschrift jedoch wie zuvor bereits die SEPA-Lastschrift und die Lastschrift im Abbuchungsauftragsverfahren als von Anfang an autorisierter Zahlungsvorgang ausgestaltet worden.170 So heißt es in Nr. 2.2.1 Satz 2 der Bedingungen für das Einzugsermächtigungsverfahren: 166  Laitenberger, NJW 2010, 192, 193 („denknotwendig“); MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 43 („Zweiteilung auf Rechtsfolgenseite“); Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 14; Staudinger / Omlor, 2012, § 675f Rn. 33. 167  BT-Drs. 16 / 11643, S. 105 f. 168  Ausführlich zur Einzugsermächtigungslastschrift nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie Laitenberger, NJW 2010, 192, passim; s. allg. auch MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 83 ff. 169  Die neugefassten Bedingungen sind einsehbar unter http: /  / bankenverband. de / themen / fachinformationen / recht / allgemeine-geschaeftsbedingungen-der-privaten-banken-und-andere-klauselwerke (letzter Aufruf am 11.09.2014). 170  Dazu etwa MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 89; Omlor, NJW 2012, 2150.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

„Mit der Einzugsermächtigung autorisiert der Kunde gegenüber seiner Bank die Einlösung von Lastschriften des Zahlungsempfängers.“ Damit wurde die Möglichkeit einer „isolierten“ Genehmigung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675j Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB für den inländischen Bankenverkehr ihres einzigen praktischen Anwendungsfalls beraubt. Führt ein Zahlungsdienstleister irrtümlich einen Zahlungsvorgang aus und genehmigt der Zahler diesen im Nachhinein, besteht jedenfalls kein Bedürfnis für eine „isolierte“ Genehmigung. Vielmehr lässt sich hierin in Anlehnung an § 665 BGB ein nachträglicher Zahlungsauftrag erblicken, der die Zahlung zugleich nachträglich legitimiert. III.  Insbesondere: Ausführungspflicht nach § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag § 675o Abs. 2 BGB bildet eine zentrale Norm für das Verständnis der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto und birgt vorbehaltlich späterer Überprüfung die Auflösung des vermeintlichen Widerspruchs zwischen Zahlungsverkehrsfunktion und Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen in sich. 1.  Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsauftrags aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag Nach § 675o Abs. 2 BGB, der Art. 65 Abs. 2 der Zahlungsdienstericht­ linie in deutsches Recht umsetzt, ist ein Zahlungsdienstleister nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag i.  V.  m. § 675o Abs. 2 BGB, der nach der Gesetzesbegründung nur klarstellenden Charakter hat,171 ergibt sich damit grundsätzlich eine Pflicht des Zahlungsdienstleisters zur Befolgung eines Zahlungsauftrags, vgl. auch § 675f Abs. 2 S. 1 BGB.172 Zwar war auch schon vor Inkrafttreten des Überweisungsgesetzes anerkannt, dass die Weisung des Kontoinhabers an seine Bank, eine Zahlung vorzunehmen, lediglich eine schon im Girovertrag allgemein übernommene Ausführungspflicht der Bank konkretisierte und deshalb grundsätzlich nicht 171  BT-Drs.

16 / 11643, S. 108. auch Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 8 f.; Grundmann, WM 2009, 1109, 1114; Krepold, in: Krepold / Fischbeck, 2.1.2.1.1; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 22; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675o Rn. 1; Palandt / Sprau, BGB73, § 675o Rn. 3; Schwintowski, § 7 Rn. 184; Staudinger / Omlor, 2012, § 675o Rn. 3. 172  So



§ 3  Zahlungsverkehr75

abgelehnt werden konnte.173 Ebenso wurde unter Geltung des Überweisungsgesetzes aus § 676a Abs. 3 BGB a. F. i. V. m. dem Girovertrag eine Pflicht des Kreditinstituts zum Abschluss eines Überweisungsvertrags und schließlich zur Ausführung der Überweisung gefolgert, sofern ausreichende Kontodeckung vorhanden war und die zur Ausführung erforderlichen Angaben dem überweisenden Kreditinstitut vorlagen, vgl. § 676a Abs. 2 S. 3 BGB a. F.174 In § 675o Abs. 2 BGB, der die Voraussetzungen des schon in § 675f Abs. 2 S. 1 BGB bestimmten Ausführungsanspruchs konkretisiert, ist nun jedoch erstmals – wenn auch in negativer Umschreibung – eine pauschale Ausführungspflicht für Zahlungsaufträge statuiert, die sich auf sämtlichen Arten von Zahlungsvorgängen gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB bezieht. Zu Voraussetzungen für den Ausführungsanspruch des Zahlungsdienstnutzers erhebt § 675o Abs. 2 BGB die im Girovertrag vereinbarten Ausführungsbedingungen, von denen insbesondere dem Erfordernis ausreichender Kontodeckung maßgebliche Bedeutung zukommt:175 Einen Überweisungsauftrag hat die Bank nach Nr. 1.6 der Bedingungen für den Überweisungsverkehr nur bei ausreichendem Kontoguthaben auszuführen, ebenso wie genügende Deckung Voraussetzung für die Einlösung von Lastschriften aller Art (vgl. die Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschriften: Nr. 2.4.1 Abs. 2 für das Einzugsermächtigungsverfahren, Nr. 2.4.1 für das Abbuchungsauftragsverfahren und jeweils Nr. 2.4.1 für beide Arten der SEPALastschrift) ist. Nach Nr. 4 der Bedingungen für den Scheckverkehr steht es dem Kreditinstitut frei, einen Scheck auch bei mangelnder Kontodeckung auf der Basis einer nur geduldeten Überziehung einzulösen, vgl. auch Art. 3 ScheckG. 2. Folgerungen Wenn auch die Vorschrift des § 675o Abs. 2 BGB nur deklaratorisch ist, lässt sich anhand ihrer gleichwohl eine für die weitere Betrachtung entscheidende Weichenstellung vornehmen. Denn gerade der Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auf Befolgung eines Zahlungsauftrags und die Vornahme eines entsprechenden Zahlungsvorgangs 173  Canaris,

Bankvertragsrecht4, Rn. 320; Meyer-Cording, S.  32 f.; Schönle, § 31

III 1 (S. 325). 174  MünchKomm / Casper, BGB5, § 676a Rn. 16; Staudinger / Martinek, § 676a Rn. 7, § 676f Rn. 18. 175  MünchKomm / Casper, BGB6, § 675o Rn. 6; Palandt / Sprau, BGB73, § 675o Rn. 2; s. die nachfolgend erwähnten Zusatzvereinbarungen betreffend einzelne Zahlungsdienste unter http: /  / bankenverband.de / themen / fachinformationen / recht / allge meine-geschaeftsbedingungen-der-privaten-banken-und-andere-klauselwerke (letzter Aufruf am 11.09.2014).

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

ist das positivrechtliche Instrument, das dem Girokonto trotz der grundsätzlichen Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen seine Eigenschaft als Zahlungsverkehrskonto vermittelt. Dies gilt jedenfalls unzweifelhaft für die Vornahme unbarer Zahlungen. Zu untersuchen ist, ob der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auch den heute einhellig anerkannten Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos umfasst und ein Rückgriff auf diesen ungeschriebenen Anspruch daher nicht mehr notwendig bzw. zulässig ist, um die Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos bei gleichzeitiger Kontokorrentbindung erklären zu können.176 In der Frage nach der bislang nicht eindeutig bestimmten Rechtsqualität des allfälligen Auszahlungsanspruchs aus dem Girovertrag kulminieren indessen lediglich die Unklarheiten, die im Hinblick auf die Zahlungsabwicklung über ein im Kontokorrent geführtes Girokonto nach wie vor bestehen. Auch insoweit vermag ein unbefangener Blick auf § 675o Abs. 2 BGB zur Klärung beitragen. Die nachfolgende Untersuchung der Zahlungsabwicklung soll sich auf zwei Thesen konzentrieren: Zum einen streitet der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag für ein ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto. Denn Gegenstand des Anspruchs sind auch Zahlungsaufträge, die auf die Bereitstellung und Abhebung von Bargeld gerichtet sind, die nunmehr ebenfalls Zahlungsvorgänge gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB sind. Damit ist auch der Auszahlungsanspruch ein geschäftsbesorgunsgrechtlicher Zahlungsdienst. Zum anderen erlaubt der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag einen Rückschluss auf die Bedeutung der Kontodeckung für die Zwecke des Zahlungsverkehrs. Zweifelsohne ist die Deckung nicht mit der Summe der „realen“ Einzelforderungen gleichzusetzen, die während der Kontokorrentperiode gelähmt sind und erst an deren Ende tatsächlich saldiert werden. Die Deckung entspricht vielmehr dem rechnerischen Postensaldo, der dem Kontoinhaber eine sog. „Buchoder Giralgeldforderung“ gegen seine Bank vermittelt. Soweit allerdings Ansprüche des Kontoinhabers in Rede stehen, die ihm diese Buchgeldforderung gegen sein Kreditinstitut verschafft, vermag § 675o Abs. 2 BGB die oftmals betonte Eigenart der Buchgeldforderung177 zu konkretisieren. Danach ist der „Buchgeldbestand“, mithin die Kontodeckung, lediglich Voraussetzung für einen Anspruch gegen den Zahlungsdienstleister auf Ausführung 176  So ausdrücklich jetzt auch Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 86; zur rechtlichen Begründung des Tagessaldoanspruchs ausführlich unten § 3 C. 177  von Dücker, WM 1999, 1257, 1260 f.



§ 3  Zahlungsverkehr77

eines Zahlungsvorgangs, nicht dagegen selbst Gegenstand des bargeldlosen Zahlungsvorgangs und verkehrsfähiger, insbesondere pfändbarer, Vermögenswert. Anderes legt freilich die in der Praxis geläufige Bezeichnung unbarer Zahlungen als die „Übertragung“ von Buchgeld nahe.

B.  Die rechtlichen Vorgänge bei der „Übertragung“ von Buchgeld Wenn bargeldlose Zahlungen gemeinhin als die Übertragung von Buchgeld(forderungen) vom Konto des Zahlers auf dasjenige des Zahlungsempfängers umschrieben werden, kann dies zunächst den Eindruck erwecken, als handele es sich bei diesem Vorgang um eine schlichte Forderungsabtretung i.  S. v. § 398 BGB und bei der Buchgeldforderung um einen selbständig verkehrsfähigen Vermögenswert. Die Vorschriften des Zahlungsverkehrsrechts, die weitestgehend den zuvor ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen entsprechen, belegen indessen, dass die rechtlichen Vorgänge bei der Übertragung von Buchgeld nicht als Zession der dem Zahler gegen seine Bank zustehenden Forderung zu erfassen sind. Stattdessen beschreibt der Transfer von Giralgeld einen wesentlich komplexeren Vorgang.178 I. Ablauf eines bargeldlosen Zahlungsvorgangs am Beispiel der Giroüberweisung Der Ablauf einer unbaren Zahlung soll am Beispiel der Giroüberweisung veranschaulicht werden. Die Überweisung wird initiiert durch einen Zahlungsauftrag des Zahlers an seinen Zahlungsdienstleister, § 675f Abs. 3 S. 2 BGB, der mit Zugang bei diesem wirksam wird, § 675n Abs. 1 S. 1 BGB, und ab dem Zugangszeitpunkt nur unter den Voraussetzungen gem. § 675p Abs. 2–4 BGB noch widerrufen werden kann, § 675p Abs. 1 BGB. Ausnahmslos beinhaltet der Zahlungsauftrag außerdem die Autorisierung des betreffenden Zahlungsvorgangs gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB.179 Weist das Konto des Zahlers ausreichende Deckung auf und sind sonstige Hinderungsgründe nicht ersichtlich, ist die Bank aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zur Durchführung der Zahlung verpflichtet.180 Zum Zwecke der Zahlungsausführung belastet der Zahlungsdienstleister das Konto des Zahlers in aller Regel bereits mit Eingang des Zahlungs178  von Dücker, WM 1999, 1257, 1260; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.8; Schoele, S. 24; Simitis, AcP 159 (1960), 406, 452; Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c–676c Rn. 73. 179  Hierzu bereits oben § 3 A. II. 3. c) bb). 180  Dazu oben § 3 A. III.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

auftrags in Höhe des Zahlungsbetrags, bevor sie diesen ggf. über zwischengeschaltete Stellen an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers transferiert, vgl. § 675q Abs. 1 BGB. Geht der Zahlungsbetrag dort ein, erwächst dem Zahlungsempfänger gegen seinen Zahlungsdienstleister ein Anspruch aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB auf Verfügbarmachen des Zahlungseingangs auf seinem Konto. Die Beschreibung des Zahlungsvorgangs veranschaulicht zwar, dass die unbare Zahlung nicht als bloße Forderungszession i. S. v. § 398 BGB erfasst werden kann. Wenn jedoch in § 675q Abs. 1 BGB von der „Übermittlung des Zahlungsbetrags“ die Rede ist, legt dies den Schluss nahe, der Zahlungsvorgang vollziehe sich als Abtretung einer geldwerten Forderung des Zahlers an den Zahlungsempfänger einzig mit der Besonderheit, dass sie über die zwischengeschalteten Zahlungsdienstleister abgewickelt werde.181 Dass auch diese Charakterisierung unzutreffend ist, folgt aus der Art und Weise, auf die sich die Zahlung buchungstechnisch jeweils auf den Konten des Zahlers und des Zahlungsempfängers realisiert. II.  Belastung des Zahlerkontos Zunächst ist die Belastung des Zahlerkontos infolge der Durchführung eines Zahlungsvorgangs in den Blick zu nehmen. Einigkeit besteht hier jedenfalls insoweit, als der Belastungsbuchung auf einem Zahlungskonto lediglich deklaratorische Bedeutung beizumessen ist.182 Sie begründet nicht einen Anspruch des Kreditinstituts, sondern dokumentiert nur eine bestehende Forderung gegen den Kontoinhaber, die der Bank aus der Zahlungsausführung erwächst. Zumindest mittelbar konstitutiv wirkt die Buchung freilich, indem sie Einfluss hat auf die Kontodeckung, die den Umfang des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag bestimmt,183 und den Wertstellungssaldo, der maßgeblich ist für die Zinsberechnung.184 Darüber, wie sich eine Belastungsbuchung rechtlich darstellt, gehen die Meinungen indes seit jeher auseinander. Eine Klärung dieses vorwiegend dogmatischen Streits verspricht jedoch möglicherweise Aufschluss über die Fragen der Rechtsnatur des girovertraglichen Auszahlungsanspruchs und der Funktion, die dem „Buchgeld“ zukommt. Peckert, S. 64, S. 71 ff. 164, 275, 278; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 345; Fischbeck, in: Krepold / Fischbeck, 1.1.2.1.2; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 51; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 163. 183  Dazu soeben § 3 A. III. 184  Dazu unten § 3 D. 181  So

182  BGHZ



§ 3  Zahlungsverkehr79

1.  Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB Rechtlich wird die Reduzierung eines Guthabensaldos bzw. die Erhöhung eines Debets von der herrschenden Meinung damit erklärt, dass die Bank einen ihr aus der Vornahme des Zahlungsvorgangs erwachsenden Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB saldomindernd in das Kontokorrent einstellt.185 Diese Auffassung trägt dem Umstand Rechnung, dass wegen der Kontokorrentbindung die unmittelbare Leistung auf eine nur als Rechnungsposten bestehende Einzelforderung des Kontoinhabers ausgeschlossen ist und der abrufbare Kontostand als reiner Postensaldo keine unmittelbare Zahlungsforderung begründen kann.186 Die praktische Übung der Banken, das Konto des Zahlers bereits mit Eingang des Zahlungsauftrags und nicht erst mit Zahlungsausführung in Höhe des Zahlungsbetrags zu belasten, qualifiziert diese Ansicht als Geltendmachung eines Vorschussanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 669 BGB.187 Dabei bildet der Vorschussanspruch lediglich das buchungstechnische Pendant zum späteren Aufwendungsersatzanspruch. Er dient der Bank als Geschäftsbesorgerin nicht in erster Linie dazu, sich den jeweiligen Gegenstand des auszuführenden Zahlungsvorgangs selbst in Gestalt einer konkret zu übermittelnden Buchgeldforderung vorab zu beschaffen, um die Durchführung vermögensneutral zu gestalten.188 Die Einstellung des Vorschusses ist vielmehr Ausdruck des Sicherungsinteresses der Bank, nicht eine über die Kontodeckung hinausgehende Verfügung des Kontoinhabers hinnehmen zu müssen.189 Zu diesem Zweck wird der Verfügungsrahmen des Kontoinhabers, der ihm einen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag vermittelt, durch Einstellung des Vorschussanspruchs in das Kontokorrent vorab reduziert. 185  BGH ZIP 2009, 1334 (Tz. 13); ZIP 1999, 665, 666; ZIP 1997, 1144, 1145 (Scheckeinlösung); Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 44; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 343 f.; Fischer / Klanten / Koch, Rn.  10.127; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.236; Meyer-Cording, S. 36 f.; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 32; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 160 ff.; Palandt /  Sprau, BGB73, Einf. v. § 675c Rn. 2; Putzo, S.  63 f.; Schönle, § 31 III 2 (S. 326); Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c–676c Rn. 88, § 675u Rn. 1. 186  Vgl. hierzu schon die Ausführungen in § 2 C. III. 2. b) bb). 187  BGHZ 4, 244, 248; ZIP 2005, 894, 896; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 343; Koller, in: FS Schimansky (1999), S. 209, S. 213; Meyer-Cording, S. 35 ff.; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 160. 188  Vgl. zu diesem Normzweck des § 669 BGB etwa Staudinger / Martinek, 2006, § 669 Rn. 1. 189  Schwefer, S.  99; vgl. auch Putzo, S. 32  f., der wegen des abweichenden Zwecks der Vorabbelastung § 669 BGB für nicht einschlägig erachtet und eine ungeschriebene Berechtigung zur Kontobelastung aus dem Girovertrag folgert.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Dass § 675t Abs. 3 BGB nunmehr zwingend die von der saldorelevanten Buchung zu trennende Wertstellung einer Kontobelastung erst in dem Zeitpunkt gestattet, in dem ein tatsächlicher Mittelabfluss von dem Zahlungskonto stattgefunden hat,190 macht die bislang geübte Praxis der Vorschusseinstellung zur Absicherung nicht per se unzulässig.191 Es muss nur gewährleistet sein, dass eine Wertstellung nicht schon für die Vorschussbuchung erfolgt, sondern erst der Aufwendungsersatzanspruch bei der Zinsberechnung Berücksichtigung findet. Gegen die Reduzierung des Verfügungsrahmens schon unmittelbar nach Erteilung eines Zahlungsauftrags, noch bevor der Bank wegen der Ausführung ein Aufwendungsersatzanspruch entsteht, kann daher die Vorschrift des § 675t Abs. 3 BGB, die allein die Wertstellung betrifft, nicht eingewandt werden. 2.  Kontobelastung als simultane Leistung der Bank Einige Autoren vertreten demgegenüber, eine Reduzierung des Kontoguthabens beruhe darauf, dass die Bank des Zahlers mit Zahlungsausführung gleichzeitig die Buchgeldforderung des Kontoinhabers befriedige.192 Da die Zahlungsausführung im Valutaverhältnis regelmäßig zur Tilgung einer Geldschuld des Zahlers führen wird,193 dem Zahlungsempfänger hierdurch in jedem Fall zumindest aber eine geldwerte Forderung gegen seinen Zahlungsdienstleister vermittelt wird,194 ließe sich auf Grundlage des Gedankens von der simultanen Leistungserfüllung der Schluss ziehen, dass dann auch der gleichzeitig getilgte Anspruch des Zahlers gegen seine Bank im Deckungsverhältnis, mithin die Buchgeldforderung, ebenso einen geldwerten Vermögenswert darstellte und damit insbesondere als Geldforderung pfändbar sein müsse. Um die Berechtigung dieser These zu überprüfen, sind nachfolgend zunächst die unterschiedlichen Ansichten, die eine Kontobelastung jeweils als Leistung der Bank begreifen, überblickartig zu skizzieren. 190  Zur

Wertstellung unter § 3 D. zurecht jetzt auch MünchKomm / Casper, BGB6, § 675t Rn. 23; Staudinger / Omlor, 2012, § 675t Rn. 17; a. A. Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 43; Grundmann, WM 2009, 1109, 1114; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.77, 7.234; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 51; Reymann, DStR 2011, 1959, 1960. 192  BGHZ 26, 1, 5; von Godin, NJW 1958, 856, 858; Möschel, JuS 1972, 297, 298; Peckert, S.  70 ff.; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 42; Schoele, S. 83. 193  Zur Erfüllungstauglichkeit einer bargeldlosen Zahlung siehe unten § 3 B. III. 2. b). 194  Zur rechtskonstruktiven Begründung einer Guthabenforderung auf dem Empfängerkonto unten § 3 B. III. 191  So



§ 3  Zahlungsverkehr81

a)  Unmittelbare Schuldtilgung in entsprechender Anwendung des § 787 Abs. 1 BGB Im älteren Schrifttum ist die namentlich von Hefermehl vertretene Auffassung diskutiert worden, die Überweisung sei „Anweisung im weiteren Sinne“, auf die § 787 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend angewandt werden könne.195 In der Befolgung eines Zahlungsauftrags liegt bei einem Kontoguthaben hiernach eine Anweisung auf Schuld. Entsprechend § 787 Abs. 1 BGB soll die Bank als Angewiesene von ihrer Schuld gegenüber dem Zahler als Anweisendem frei werden, indem sie die diesem geschuldete Leistung anstatt an den Anweisenden mit befreiender Wirkung an den Anweisungsempfänger, d. h. den Zahlungsempfänger, erbringt. Die Saldominderung vollzieht sich nach dieser Auffassung im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Empfängerkonto automatisch, ohne dass es einer gesonderten Verrechnung im Kontokorrent am Ende der Rechnungsperiode bedürfte.196 b)  Unmittelbare Schuldtilgung durch „Simultanleistung“ Einige Literaturstimmen lehnen dagegen eine entsprechende Anwendung des § 787 Abs. 1 BGB auf die Überweisung grundsätzlich ab,197 erblicken aber in der Durchführung der Zahlung gleichfalls eine „Simultanleistung“. So werde – wie bei der Anweisung – durch die Zahlungsausführung einerseits die Schuld des Zahlers im Valutaverhältnis getilgt und andererseits eine Forderung des Kontoinhabers gegen den Zahlungsdienstleister im Deckungsverhältnis befriedigt.198 Über die Art der Forderung des Zahlers, die im Deckungsverhältnis simultan erfüllt wird und die Inbegriff seines allzeitigen Verfügungsrechts ist, gehen die Meinungen indes auseinander. Während teilweise angenommen wird, der Zahlungsdienstleister erfülle eine durch Weisung konkretisierte Dienstleistungsverpflichtung aus dem Girovertrag,199 wird andernorts unterstellt, die Bank leiste durch Vornahme eines unbaren Zahlungsvorgangs ebenso wie bei der Barauszahlung auf einen Anspruch des Kunden auf Einlagenrückgewähr.200 Häufig wird die si195  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 19, 42 f.; zustimmend Peckert, S.  70 ff.; Ulmer AcP 126 (1926), 129, 160 f. 196  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 43. 197  Vgl. zu den Unterschieden zwischen der Giroüberweisung und einer Anweisung auf Schuld i. S. d. §§ 783 ff. BGB etwa Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 322; Erman / Wilhelmi, BGB14, Vor § 783 Rn. 8; Meyer-Cording, S.  33 f. 198  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 322; Heile, S. 124 ff. 199  Regerbis, S. 47. 200  Heile, S. 125, der das Girokonto allerdings als Staffelkontokorrent (dazu schon § 2 C. III. 2. a)) auffasst.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

multane Leistung des Zahlungsdienstleisters nicht näher konkretisiert, sondern schlicht von einer „Schuld“ gesprochen.201 Wie diejenigen, die die entsprechende Anwendung von § 787 Abs. 1 BGB befürworten, gehen die Vertreter dieser Auffassung davon aus, dass durch die Simultanleistung unmittelbar eine Forderung des Kunden gegen seine Bank getilgt werde. c)  Einstellung der simultan erbrachten Leistung in das Kontokorrent Bork teilt zwar die Auffassung, dem Zahlungsdienstleister entstünden keine Aufwendungen, vielmehr erbringe er mit der Zahlungsausführung eine Leistung an den Kontoinhaber. Diese Leistung bewirke indessen keine unmittelbare Befriedigung eines Auszahlungsanspruchs. Die Bank könne aber die an den Zahler durch Zahlungsausführung bewirkte Tilgung des Auszahlungsanspruchs saldomindernd in das Kontokorrent einstellen.202 d)  Zusammenfassung der vorgenannten Ansichten Tatsächlich sind sachliche Unterschiede zwischen den vorgenannten Auffassungen nicht auszumachen. Wenn die entsprechende Anwendung des § 787 Abs. 1 BGB kritisiert wird, weil es sich bei der Überweisung nicht um eine Anweisung i. S. d. §§ 783 ff. BGB handele,203 gleichzeitig aber der Gedanke der „Simultanleistung“ bemüht wird, ist hierin kein Widerspruch zu erkennen. Denn auch die entsprechende Anwendung des § 787 Abs. 1 BGB dient ihren Befürwortern nur als normativer Anknüpfungspunkt für die simultane Leistungserfüllung im Deckungs- und Valutaverhältnis, ohne dass sie die Überweisung auch im Übrigen der Anweisung i. S. d. §§ 783 ff. BGB gleichstellen wollen.204 Auch die Kontokorrentbindung steht einer unmittelbaren Schuldtilgung, wie sie sich entsprechend § 787 Abs. 1 BGB bzw. im Wege der Simultanleistung vollziehen soll, nur vermeintlich entgegen. Allerdings hat der BGH für die Minderung des Kontoguthabens in Folge einer Scheckeinlösung durch die bezogene Bank bereits 1951 entschieden, dass schuldtilgende Wirkung im Periodenkontokorrent nicht schon durch die Begründung von Forderung und Gegenforderung, sondern erst durch endfällige Verrechnung eintrete und die Saldominderung damit nicht unmittelbarer Gegenwert für 201  Meyer-Cording, S. 114; Mez, Arch. bürg. Recht 30 (1907), 47, 72 („Guthabenforderung“); Möschel, JuS 1972, 297, 298. 202  Bork, Zahlungsverkehr Rn. 110; zur Kontokorrentfähigkeit von Leistungen § 2 A. 203  Dazu die Nachweise in Fn. 197. 204  Vgl. Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 18 f., 43 („Simultan­ effekt“).



§ 3  Zahlungsverkehr83

die Gutschrift auf dem Konto des Schecknehmers sei.205 Dem ist die überwiegende Lehrmeinung in Ergebnis und Begründung gefolgt.206 Unzweifelhaft widerspricht die Annahme, die Ausführung eines Zahlungsvorgangs zugunsten des Kontoinhabers bewirke als Anweisung auf Schuld gem. § 787 Abs. 1 BGB die unmittelbare Tilgung einer kontokorrentgebunden Einzelforderung oder gar eines nur rechnerisch existenten Saldos der zutreffenden Einordnung des Girokontos als Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB.207 Das zweifeln allerdings auch diejenigen nicht an, die eine simultane Tilgung des Anspruchs aus dem Deckungsverhältnis befürworten. Denn die unmittelbare Tilgungswirkung betrifft hiernach nicht die kontokorrentrechtliche Ebene der gelähmten Einzelforderungen.208 Der Zahlungsdienstleister erbringt im Deckungsverhältnis vielmehr simultan eine Leistung auf girovertraglicher Ebene, die nicht zur Tilgung einer „realen“ Forderung, sondern einer Buch- oder Giralgeldforderung führt und dadurch eine Minderung der Kontodeckung bewirkt.209 In diesem Sinne sind die Ausführungen Hefermehls zu verstehen, wonach die Kontodeckung zwar keine Forderung im Rechtssinne, also eine „Schuld“ i. S. v. § 787 Abs. 1 BGB, sei, gleichwohl aber als solche zu behandeln sei, wenn nach dem Girovertrag in Höhe der Deckung eine Auszahlungspflicht der Bank bestehe.210 Der Theorie von der Saldoreduzierung kraft Simultanleistung steht das Periodenkontokorrent ebenfalls nicht entgegen, wenn unter der Tilgung einer Guthabenforderung nicht die Leistung auf eine kontokorrentrechtlich verstrickte Forderung bzw. einen nicht existenten realen Überschusssaldo verstanden wird, sondern die Erfüllung einer Buchgeldforderung des Kontoinhabers auf girovertraglicher Ebene. Im Unterschied zur Ansicht Borks, die Bank stelle eine Leistung an den Kontoinhaber in das Kontokorrent ein, ist die Buchgeldforderung in einem stärkeren Maße von den einzelnen Rechnungsposten abstrahiert, wenn sie 205  BGH NJW 1951, 598, 599 m. abl. Anm. Hefermehl, der allerdings auf Grundlage des Staffelkontokorrents argumentiert. 206  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 344; MünchKomm / Habersack, BGB6, § 787 Rn. 4; Palandt / Sprau, BGB73, § 787 Rn. 3; Peschke, S. 94; Staudinger / P. Marbuger, 2009, § 787 Rn. 6; a. A. Baumbach / Hefermehl / Casper / Casper, ScheckG, Art. 3 Rn. 7; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. D 62 für den Scheck, anders aber MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr, Rn. B 166, für die Belastungsbuchung in Folge einer Überweisung. 207  Dazu § 2 C. III. 2. 208  Anders nur Heile, S. 124, der explizit von der Tilgung eines Anspruchs auf Einlagenrückgewähr ausgeht. 209  Dies verkennt Peschke, S. 95, der meint, die „Guthabenforderung“, d. h. der girovertragliche Zahlungsanspruch, könne nicht selbständig erfüllt werden. 210  Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 43; vgl. auch MünchKomm /  Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. D 62.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

im Rahmen des Girovertrags selbständig getilgt werden kann. Wenn auch die Auffassung von der Einstellung der Leistung in das Kontokorrent rechtlich präziser anmutet, erscheint sie auf den ersten Blick nicht frei von einem inneren Widerspruch. So kann der Auszahlungsanspruch, den die Bank im Deckungsverhältnis durch Zahlungsausführung simultan erfüllt, angesichts der Kontokorrentbindung nur aus dem Girovertrag folgen.211 Er ergibt sich aus und in Höhe der Kontodeckung. Wenn nun aber der Kontodeckung i. V. m. dem Girovertrag einerseits forderungsbegründende Wirkung beigemessen wird, ist nicht einsehbar, warum andererseits eine Reduzierung des Saldos nicht als unmittelbare Erfüllung dieser „Forderung“ begriffen werden kann, sondern die Belastung auf kontokorrentrechtlicher Ebene realisiert wird. Der aufgezeigte Widerspruch besteht indessen nur, wenn man Bork dahingehend interpretiert, dass es der Kontokorrentbuchung bedürfe, weil eine unmittelbare Tilgung des girovertraglichen Zahlungsanspruchs nicht möglich sei. Im Ergebnis ist ihm aber jedenfalls zuzustimmen. Die Leistung auf den girovertraglichen Zahlungsanspruch muss Berücksichtigung im Kontokorrent finden, weil dies die einzige Möglichkeit der buchungstechnischen Erfassung auf dem Konto ist. e)  Folgerungen für die Frage nach der Rechtsqualtität einer „Buchgeldforderung“ Die vorgenannten Ansichten lassen sich grundsätzlich mit der aufgeworfenen These vereinbaren, wonach der Rechtscharakter der im Valutaverhältnis erbrachten Zahlung den Schluss zulässt, dass der Zahlungsdienstleister mit der Zahlungsausführung dann auch im Deckungsverhältnis auf eine schlichte Geldforderung leiste, die als solche der Vollstreckung nach §§ 829 ff. ZPO unterliegt. Zwar leistet die Bank des Zahlers auch nach dieser Sichtweise nicht auf einen kontokorrentgebundenen Auszahlungsanspruch und ist die Leistung im Deckungsverhältnis nicht identisch mit der im Valutaverhältnis erfolgten, erbringt doch die Bank gegenüber dem Zahler einen Zahlungsdienst und keine bloße Zahlung eines Geldbetrags. Der Schluss von der Leistung im Valutaverhältnis auf die Rechtsqualität einer Buchgeldforderung, die von den Befürwortern dieser Auffassung häufig nicht eindeutig bestimmt wird, ist mithin keinesfalls zwingend. Will man aber dem Gedanken von der Simultanleistung nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern weitestmöglich auch im Hinblick auf die Rechtsqualität der erbrachten Leistungen Rechnung tragen, liegt es nahe, die Leistung im Deckungsverhältnis wie diejenige im Valutaverhältnis als Geldleistung zu 211  So Bork, Zahlungsverkehr, Rn. 110: Die Bank leistet auf den Girovertrag an den Schuldner.



§ 3  Zahlungsverkehr85

qualifizieren einzig mit der Besonderheit, dass die Leistung des Zahlungsdienstleisters an den Zahler gegenüber einer schlichten Zahlung, durch den Girovertrag modifiziert, als Zahlungsdienst erbracht wird. 3. Stellungnahme Wenn auch die soeben dargestellte Diskussion um die Rechtsqualität einer Belastungsbuchung fast ausschließlich dogmatischer Natur ist und der Streit wohl deshalb nicht in letzter Konsequenz ausgefochten wurde,212 ist er doch bezeichnend für das immer noch nicht abschließend geklärte Verständnis von den Rechtsbeziehungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Zur Untersuchung steht der Rechtscharakter einer „Buchgeldforderung“. Vermittelt sie dem Kontoinhaber eine selbständig verkehrsfähige Forderung gegen seinen Zahlungsdienstleister, die den Gegenstand des Zahlungsvorgangs bildet und als solche auf den Zahlungsempfänger übertragen wird, vgl. § 675q Abs. 1 BGB, bzw. durch den Zahlungsdienstleister simultan erfüllt wird? Hiernach läge in der Ausführung einer Überweisung nur die girovertraglich modifizierte Erfüllung eines eigenständigen Auszahlungsanspruchs, der als gewöhnliche Geldforderung pfändbar wäre. Oder bildet die Kontodeckung nicht selbst den Zuwendungsgegenstand, sondern lediglich eine unselbständige Voraussetzung für die Abwicklung einer Zahlung über ein im Kontokorrent geführtes Girokonto, wie es der hier aufgeworfenen These von der Ausführungspflicht gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag entspräche?213 a)  Erhöhung eines Debets Abgesehen von der Kontokorrentbindung, die allerdings wie dargelegt einen Einwand gegen die Kontobelastung als Leistung auf eine Buchgeldforderung nicht zu begründen vermag, wird gegen diese Auffassung weiter geltend gemacht, sie könne die Minderung des Guthabens nur im kreditorischen Bereich des Kontos, nicht aber die Erhöhung eines Debets erklären. Wenn die Befürworter im negativen Kontobereich ebenfalls auf einen Aufwendungsersatzanspruch gem. § 670 BGB zurückgreifen müssten, sei es – so die Kritiker – wenig überzeugend, für ein kreditorisches Konto anders zu urteilen.214 Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 344 und Schlegelberger / Hefermehl, HGB , Anh. § 365 Rn. 43 jeweils am Ende. 213  Hiezu oben § 3 A. III. 214  Insbesondere für die Belastung nach Scheckeinlösung Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 344; Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372 Rn. V / 103; Kümpel / Wittig /  212  Vgl. 5

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Diese Argumentation beruht auf der Annahme, bei debitorischer Kontoführung fehle es an einem Anspruch des Kontoinhabers gegen seinen Zahlungsdienstleister, den dieser durch Leistung gegenüber dem Zahlungsempfänger entsprechend § 787 Abs. 1 BGB bzw. durch Simultanleistung zum Erlöschen bringen könne. Statt einer Anweisung auf Schuld soll in Ermangelung eines rechnerischen Kontoguthabens eine Anweisung auf Kredit vorliegen, bei welcher der Angewiesene durch Leistung nicht eine Schuld gegenüber dem Angewiesenen erfüllt, sondern diesem Kredit gewährt und einen Regressanspruch erlangt.215 Dem kann indes nicht zugestimmt werden.216 Wurde dem Kontoinhaber ein Dispositionskredit eingeräumt, ist das Kreditinstitut dem Kontoinhaber gleichermaßen zur Leistung verpflichtet wie aus einem rechnerischen Kontoguthaben. Auch eine offene Kreditlinie gewährt dem Kunden Kontodeckung, die ihm nach Abruf des Kredits nach ganz herrschender Auffassung einen Darlehensauszahlungsanspruch verschaffen soll, jedenfalls aber nach § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag Voraussetzung für einen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs ist.217 Die Bank ist zur Ablehnung eines Zahlungsauftrags, der die übrigen Anforderungen gem. § 675o Abs. 2 BGB erfüllt, daher nur berechtigt, wenn sie den Kredit zuvor kündigt und dadurch die Kontodeckung beseitigt.218 Anderes gilt möglicherweise für eine geduldete Kontoüberziehung, die daraus resultiert, dass das Kreditinstitut einen Zahlungsvorgang ausführt, obwohl es mangels Deckung hierzu nicht verpflichtet ist. Auch für diesen Fall geht jedoch eine verbreitete Auffassung davon aus, dass die Zahlungsausführung auf einen Darlehensauszahlungsanspruch hin erfolge.219 Grundsätzlich lässt sich daher die Kontobelastung im debitorischen Bereich sehr wohl als Leistung des Zahlungsdienstleisters an den Kontoinhaber denken. b)  Der Zahlungsdiensterahmenvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag Ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung der Kontobelastung muss letztlich die Rechtsnatur des Zahlungsdiensterahmenvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag sein.220 Er verpflichtet den Zahlungsdienstleister zur Werner, Rn. 7.638; MünchKomm / Habersack, BGB6, § 787 Rn. 4; Nobbe, in: Bankrechts-Handbuch4, § 60 Rn. 213; dies eingestehend auch Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 43 a. E. 215  Vgl. allgemein zur Anweisung auf Kredit Staudinger / P. Marburger, 2009, § 783 Rn. 18, 28. 216  So auch Bork, Zahlungsverkehr, Rn. 110. 217  Zur offenen Kreditlinie § 7. 218  Obermüller, Rn. 3.20; zur Kündigung einer Kreditlinie § 7 D. I. 219  Dazu ausführlich § 8.



§ 3  Zahlungsverkehr87

Befolgung von Zahlungsaufträgen und zur Ausführung einzelner Zahlungsvorgänge i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB. Wie jeder Geschäftsbesorger erlangt der Zahlungsdienstleister für die Besorgung des Geschäfts einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Dies ergibt sich für die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs nunmehr unzweifelhaft aus § 675u S. 1 BGB, der bestimmt, dass die Bank einen Aufwendungsersatzanspruch für einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang nicht geltend machen kann. Gleiches folgte schon bislang daraus, dass die Bank Aufwendungen für die Durchführung einer Zahlung, die vom Kunden nicht ordnungsgemäß angewiesen wurde, vgl. § 665 BGB, nicht i. S. v. § 670 BGB zur Ausführung für erforderlich halten durfte und deshalb keinen Aufwendungsersatz beanspruchen konnte.221 Zwar leistet der Zahlungsdienstleister durch Zahlungsausführung im Deckungsverhältnis auf einen girovertraglichen Anspruch des Kontoinhabers. Unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts kann jedoch kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Folge der Zahlungsausführung die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs des Zahlungsdienstleisters ist. 220

4.  Folgerungen für die Rechtsqualität einer „Buchgeldforderung“ Für die Frage nach dem Rechtscharakter einer Buchgeldforderung ergibt sich hieraus, dass eine solche allein dem Kontoinhaber noch keinen selbständigen (Auszahlungs-) Anspruch gegen seine Bank verschafft, der einer simultanen Tilgung zugänglich wäre und im Rahmen eines unbaren Zahlungsvorgangs schlicht auf den Zahlungsempfänger „übertragen“ würde. Andernfalls könnte die Kontobelastung nicht als Aufwendung i. S. v. §§ 675c Abs. 1,  670 BGB aufgefasst werden. Denn der Ersatzanspruch nach § 670 BGB setzt voraus, dass der Auftragnehmer, in diesem Fall die Bank, Aufwendungen, mithin freiwillige Vermögensopfer,222 zur Ausführung des Zahlungsvorgangs getätigt hat. Dabei sind Aufwendungen i. S. v. § 670 BGB insbesondere auch solche Vermögensopfer des Auftragnehmers, deren Übertragung gerade den Gegenstand des Auftrags bilden, wenn also der Beauftragte den Auftraggeber von einer gegen diesen gerichteten Forderung mit eigenen Mitteln befreit.223 220  Peschke, S. 95; Schwefer, S. 102; zum Rechtscharakter des Zahlungsdiensterahmenvertrags oben § 3 A. II. 1. 221  Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Nobbe, BGB, § 675u Rn. 3, 8; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.171; Reymann, DStR 2011, 1959, 1960. 222  Zum Aufwendungsbegriff etwa Erman / K. P. Berger, BGB14, § 670 Rn. 7; Staudinger / Martinek, 2006, § 670 Rn. 7. 223  RGZ 95, 51, 53; BGHZ 91, 221, 223 für den Ersatzanspruch eines Kreditkartenherausgebers gegen den Karteninhaber.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

a)  Vermögensopfer des Zahlungsdienstleisters Einerseits mangelte es an einem Vermögensopfer der Bank bei der Zahlungsausführung, wenn man annähme, der Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers werde als Gegenstand der Zuwendung im Valutaverhältnis auf den Zahlungsempfänger übertragen bzw. die Bank leiste mit der Zahlungsausführung auf diesen Anspruch an den Zahler im Deckungsverhältnis. Denn dann erlitt nicht die Bank einen Vermögensverlust durch Befolgung des Zahlungsauftrags in Höhe des Zahlungsbetrags, deretwegen sie sich bei dem Zahler schadlos halten könnte, sondern büßte der Kontoinhaber durch die Übertragung eine eigene Vermögensposition in Gestalt des Auszahlungsanspruchs ein. Die Aufwendungen des Zahlungsdienstleisters könnten sich dann nur noch auf ein etwaiges Entgelt für die girovertraglich modifizierte Art der Erfüllung eines vermeintlichen Auszahlungsanspruchs beschränken. b)  Freiwilligkeit des Vermögensopfers Andererseits fehlte es in diesem Fall auch an einer freiwilligen Leistung seitens des Kreditinstituts. In erster Linie dient das Merkmal der Freiwilligkeit zwar lediglich dazu, Aufwendungen als freiwillige Vermögensopfer von Schäden als unfreiwillige Einbußen abzugrenzen.224 Eine freiwillige Leistung kann aber auch dann nicht angenommen werden, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber schon aus anderem Rechtsgrund als dem Auftrag zur Leistung verpflichtet ist. Entsprechend liegen im Verhältnis zwischen OHG und Gesellschafter keine Aufwendungen vor, die dieser nach § 110 HGB von der Gesellschaft ersetzt verlangen kann, wenn er sich bereits im Gesellschaftsvertrag zur Tragung der „Aufwendungen“ verpflichtet hatte.225 Gleiches gilt, wenn man dem Kontoinhaber schon einen selbständigen Auszahlungsanspruch zugesteht. Die Bank wäre hieraus bereits zur Zahlung verpflichtet. Die Erfüllung dieser Zahlungspflicht in girovertraglich modifizierter Form durch Vornahme einer unbaren Zahlung könnte folglich nicht als freiwillige Leistung des Kreditinstituts aufgefasst werden.

224  MünchKomm / Seiler, BGB6, § 670 Rn. 7; Staudinger / Martinek, 2006, § 670 Rn. 17. 225  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Bergmann, HGB3, § 110 Rn. 10; Staub /  C. Schä­fer, HGB5, § 110 Rn. 3.



§ 3  Zahlungsverkehr89

5.  Zwischenergebnis: Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB Damit bestätigt der Aufwendungscharakter der Belastungsbuchung das Verständnis der Buchgeldforderung als bloße Voraussetzung für den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. Das Kontoguthaben ist nicht selbst Zuwendungsgegenstand, sondern fungiert als bloße „Deckung“ für eine spätere Kontokorrentverrechnung am Ende einer Rechnungsperiode. III.  Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers Die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Konto des Zahlungsempfängers erfolgt in zwei Buchungsschritten. Bislang wurde unterschieden zwischen dem Anspruch auf Gutschrift und dem Anspruch aus Gutschrift. 1.  Anspruch auf Gutschrift Wie nach altem Recht der Girovertrag ist auch der Zahlungsdiensterahmenvertrag als Unterfall des Geschäftsbesorgungsvertrags i. S. v. § 675 BGB zu qualifizieren.226 Nimmt die Bank einen Zahlungseingang zugunsten des Kontoinhabers entgegen, trifft sie daher schon aus §§ 675c Abs. 1, 667 2. Alt. BGB eine Pflicht zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten. Dieser geschäftsbesorgungsrechtliche Herausgabeanspruch wird durch den Girovertrag dahingehend modifiziert, dass der Zahlungsempfänger statt der Herausgabe die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf seinem Konto verlangen kann, sobald sein Zahlungsdienstleister buchmäßige Deckung erlangt hat.227 Vor der Novellierung des Zahlungsverkehrsrechts wurde dieser Anspruch als „Anspruch auf Gutschrift“ in Abgrenzung zu dem „Anspruch aus Gutschrift“228 umschrieben und rechtlich aus §§ 675 Abs. 1, 667 2. Alt. BGB hergeleitet.229 Mit Umsetzung der Überweisungsrichtlinie hat diese Modifikation des Herausgabeanspruchs eine spezielle Regelung in §§ 676f S. 1, 676g BGB a. F. („eingehende Zahlungen auf dem Konto gutzuschreiben“) gefunden, die den allgemeinen Herausgabeanspruch aus § 667 2. Alt. BGB allerdings nur insoweit verdrängte, als der Zahlungseingang auf einer 226  Dazu

oben § 3 A. II. 1. ZIP 1996, 2080, 2082; ZIP 1990, 368; WM 1978, 58, 59. 228  Dazu sogleich § 3 B. III. 2. 229  BGHZ 135, 316, 319; ZIP 2005, 894, 896; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 399; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 83; Putzo, S.  31 f.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 9. 227  BGH

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Giroüberweisung beruhte.230 Nunmehr ergibt sich eine Sonderregelung des Anspruchs auf Gutschrift aus § 675t Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB,231 die für sämtliche Zahlungseingänge gilt.232 Hiernach ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, Beträge, die für den Zahlungsempfänger bei ihm eingegangen sind, diesem unverzüglich auf seinem Konto verfügbar zu machen, damit dieser im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrags über ein entsprechendes Guthaben verfügen kann. 2.  Anspruch aus Gutschrift Erfüllt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Anspruch des Kontoinhabers aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB, indem er den Zahlungsbetrag auf dessen Konto verfügbar macht, wandelt sich der Anspruch auf Gutschrift in einen solchen aus Gutschrift. Mit der Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Konto gibt die Bank ein abstraktes Schuldversprechen i. S. v. §§ 780, 781 BGB ab, das gem. § 350 HGB formlos wirksam ist und eine von Einwendungen aus dem Deckungs- und Valutaverhältnis unabhängige Buchgeldforderung des Zahlungsempfängers gegen seine Bank begründet.233 Diese Forderung wird sogleich als Rechnungsposten in das Kontokorrent eingestellt und unterliegt folglich der kontokorrentrechtlichen Lähmung.234

HGB2, Anh. zu § 372 Rn. V / 33; MünchKomm / Casper, BGB5, § 676f Rn. 9; Palandt / Sprau, BGB69, § 676f Rn. 11. 231  Missverständlich die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16 / 11643, S. 112; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 9, nach denen § 675t Abs. 1 S. 1 BGB die Verfügbarkeit der Eingänge, also den Anspruch aus Gutschrift, regelt. Der Wortlaut lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass Inhalt des Anspruchs aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB das Verfügbarmachen der zunächst auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangenen Beträge und damit der Anspruch auf Gutschrift nach alter Diktion ist; in diesem Sinne auch Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte, Rn. C / 70; Schürmann, in: Bankrechtstag 2009, S. 11, S. 45 mit Fn. 53; Staudinger / Omlor, 2012, § 675t Rn. 5; dafür, dass § 675t Abs. 1 S. 1 BGB nunmehr die vormaligen Ansprüche aus und auf Gutschrift regelt MünchKomm / Casper, BGB6, § 675t Rn. 5. 232  Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.66; Palandt / Sprau, BGB73, § 675t Rn. 4; Schürmann, in: Bankrechtstag 2009, S. 11, S. 45; Staudinger / Omlor, § 675t Rn. 5. 233  Grundmann, WM 2009, 1109, 1113; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.4; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 52; Meyer-Cording, S. 47 ff.; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 402 mit zahlreichen Nachweisen; Schwintowski, § 8 Rn. 217 f. 234  BGH ZIP 2005, 894, 895 m. w. N.; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 20; Fischbeck, in: Krepold / Fischbeck, 1.1.2.1.3.; MünchKomm / Hadding /  Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 417. 230  Heymann / Horn,



§ 3  Zahlungsverkehr91

a) Zustandekommen Über die Art und Weise, auf welche die Einigung über das abstrakte Schuldversprechen gem. §§ 780, 781 BGB zustande kommt, herrscht lediglich insoweit Einigkeit, als es zumindest eines einseitigen Organisationsaktes der Bank bedarf,235 mit dem sie den Zahlungseingang auf dem Konto des Begünstigten verfügbar macht und damit „Abrufpräsenz“236 des Zahlungseingangs für den Kontoinhaber herstellt. Im Übrigen besteht über die Einzelheiten des Zustandekommens Streit. Im Schrifttum herrscht die Auffassung vor, schon mit Abschluss des Girovertrags sei generell ein abstraktes Schuldversprechen vereinbart, dass jeweils mit Zahlungseingang einseitig von der Bank in entsprechender Höhe konkretisiert werde, wobei auf den Zugang dieser einseitigen Gestaltungserklärung beim Kontoinhaber nach § 151 BGB verzichtet werden könne.237 Die Rechtsprechung geht ebenfalls davon aus, dass das abstrakte Schuldversprechen schon im Girovertrag, allerdings aufschiebend bedingt auf die Konkretisierung dieses Versprechens durch die Bank angelegt sei.238 Beide Ansichten stimmen damit im Ergebnis überein, dass sich die vertragliche Einigung i. S. v. §§ 780, 781 BGB jeweils ohne Mitwirkung des Kontoinhabers im Zeitpunkt der Gutschrift vollzieht, so dass praktische Unterschiede der beiden Auffassungen nicht auszumachen sind und der Streit um die rechtliche Konstruktion für die Zwecke dieser Arbeit unentschieden bleiben kann. b)  Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und Erfüllungstauglichkeit der „Übertragung“ von Buchgeld Die Übernahme einer unbedingten „Zahlungsverpflichtung“ durch das Kreditinstitut bzw. die Einräumung von Kontodeckung, über die der Kontoinhaber nach Gutschrift verfügen kann, wahrt die im Interesse der Funk­ tionsfähigkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs angestrebte Äquivalenz von Bar- und Buchgeld.239 Denn im Gegensatz zu Bargeld, das dem Kunden 103, 143, 146 f.; ZIP 2005, 894; Erman / Graf von Westphalen, BGB14, § 675f Rn. 63; Meyer-Cording, S. 42; Schwintowski, § 8 Rn. 217. 236  Diesen Begriff hat Möschel, AcP 186 (1986), 187, 204, geprägt. 237  Instruktiv Koller, BB 1972, 687, 692 („Ausfüllendes Gestaltungsrecht“); ebenso Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 70; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 417; Kümpel / Wittig / Werner, Rn.  7.36 ff.; Liesecke, WM 1975, 214, 229. 238  BGHZ 161, 273, 278 f.; ZIP 1988, 294, 295 unter Hinweis auf Schönle, in: FS Werner (1984), S. 817, S. 826. 239  Vgl. zum Folgenden etwa Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 410; Kümpel / Wittig / Werner, Rn.  7.17 ff.; Schwefer, S.  108 ff. 235  BGHZ

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

einen unmittelbar verwertbaren Vermögenswert vermittelt, umschreibt der Terminus „Buchgeld“ lediglich eine Forderung des Kontoinhabers gegen seine Bank, die ihrem Umfang und Inhalt nach zunächst nur dem entspricht, was das Kreditinstitut zugunsten des Kontoinhabers entgegengenommen hat. Insbesondere ist diese Forderung, bevor sie abstrakt anerkannt wurde, grundsätzlich sämtlichen Einwendungen aus dem Valutaverhältnis des Zahlers zum Zahlungsempfänger und aus dem Deckungsverhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister ausgesetzt.240 Im Vergleich zur Entgegennahme von Bargeld birgt daher die „Übertragung“ von Buchgeld grundsätzlich ein höheres Risiko für den Gläubiger. Aus diesem Grund wird der Buchgeldzahlung vielfach die Eignung zur Erfüllung einer Geldschuld gem. § 362 Abs. 1 BGB abgesprochen und stattdessen allenfalls eine Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB für möglich erachtet, jedenfalls aber eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über die Erfüllungstauglichkeit gefordert.241 Für die Praxis gelangt diese Auffassung freilich kaum einmal zu anderen Ergebnissen als diejenige, nach der auch die Verschaffung von Buchgeld grundsätzlich als geschuldete Leistung gilt, wenn eine „Geldschuld“ zu erfüllen ist.242 Denn regelmäßig wird sich ein Gläubiger mit der Erfüllung durch die „Übertragung“ von Buchgeld im Vorfeld zumindest konkludent einverstanden erklären, etwa indem er dem Schuldner seine Kontodaten nennt.243 Hierin mag man entweder das vorab erklärte Einverständnis mit einer anderen als der geschuldeten Leistung i. S. v. § 364 Abs. 1 BGB erblicken oder aber eine Vereinbarung über den Schuldinhalt i. S. v. § 362 Abs. 1 BGB. Ungeachtet dieses vorwiegend dogmatischen Streits ist festzustellen, dass die bargeldlosen Zahlungsarten die Zahlungsabwicklung im allgemeinen Wirtschaftsverkehr mittlerweile dominieren,244 während Barzahlungen sich zumeist auf Kleinbetragsgeschäfte des täglichen Lebens beschränken. Diese Entwicklung war nur dadurch möglich, dass die Kreditinstitute dem Buchgeld die ihm typischerweise anhaftenden Risiken genommen haben, indem sie diese durch Eingehung der abstrakten Einstandspflicht gem. §§ 780, 781 BGB übernehmen.245 HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 402. 98, 24, 30; ZIP 2004, 1354, 1355; ZIP 1998, 2090, 2091; vgl. die umfangreichen Nachweise zu dieser „traditionellen“ Auffassung bei Staudinger /  K. Schmidt, 1997, Vorbem. zu § 244 ff. Rn. C 43. 242  von Dücker, WM 1999, 1257, 1261 ff.; Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, § 11 I 2 (S. 203); Münch, S. 210; Palandt / Grüneberg, BGB73, § 362 Rn. 9; Staudinger / K. Schmidt, 1997, Vorbem. zu § 244 ff. Rn. C  45 m. w. N. in Rn. C 44. 243  BGHZ 98, 24, 29 f.; ZIP 2004, 1354, 1355; MünchKomm / Fetzer, BGB6, § 362 Rn. 19. 244  Vgl. etwa Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, § 11 I 2 (S. 203). 245  Vgl. zu dieser Funktion des Schuldversprechens BGHZ 6, 121, 123 ff.; Simitis, AcP 159 (1960), 406, 452. 240  MünchKomm / Häuser, 241  BGHZ



§ 3  Zahlungsverkehr93

3.  Gutschrift bei Bareinzahlung auf das eigene Konto oder auf das Konto des Zahlungsempfängers Für die Zwecke der späteren Untersuchung des jederzeit fälligen Auszahlungsanspruchs eines Girokontoinhabers erlangt speziell die Frage nach der buchungstechnischen Erfassung einer Bareinzahlung auf ein Girokonto Bedeutung, mag ihre Beantwortung doch im Umkehrschluss Rückschlüsse auf die Rechtsnatur des Auszahlungsanspruchs als actus contrarius zur Einzahlung zulassen. Zu unterscheiden ist zwischen der Bareinzahlung auf ein eigenes Konto und der Einzahlung eines Dritten auf das Konto eines Zahlungsempfängers zur Tilgung einer Schuld. Während die Bareinzahlung dabei vornehmlich unter den Aspekten des Erfüllungszeitpunkts bei Dritteinzahlung und der Entstehung eines „Forderungsrechts“ des Kontoinhabers gegen die Bank diskutiert wird,246 gehen die folgenden Ausführungen einer anderen Fragestellung nach: Erfolgt auch nach einer Bareinzahlung eine Gutschriftsbuchung auf dem Konto oder erschöpft sich der Vorgang in der bloßen Entgegennahme des Geldbetrags, so dass umgekehrt der Auszahlungsanspruch als bloße Rückgewähr des eingezahlten Betrags aufgefasst werden kann?247 a)  Bareinzahlung eines Dritten zum Zwecke der Schuldtilgung Weitgehende Einigkeit besteht hinsichtlich der Behandlung von Bareinzahlungen eines Dritten auf das Konto des Zahlungsempfängers zum Zwecke der Schuldtilgung. Zwar hatte das Reichsgericht zunächst geurteilt, dass eine Überweisung ebenso wie die Bareinzahlung eines Dritten dem Begünstigten unmittelbar einen Auszahlungsanspruch gegen seine Bank verschaffe.248 Dieser Entscheidung lassen sich allerdings schon deshalb keine Anhaltspunkte für das aktuelle Verständnis der bankvertraglichen Dogmatik entnehmen,249 weil das Reichsgericht die Überweisung abweichend von der heute einhelligen Auffassung250 als Vertrag zugunsten eines Dritten auffass246  So etwa Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 23; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 180; Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52a ff. 247  Vgl. auch jeweils die Zulässigkeit von Gebührenklauseln bei der Barauszahlung betreffend Canaris, WM 1996, 237, 244; Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1212 ff., der sich gegen die rechtliche Einordnung des girovertraglichen Barauszahlungsanspruchs als verwahrungsrechtliches Rückforderungsrecht gem. § 695 BGB wendet; hierzu auch noch unten § 3 C. IV. 3. c). 248  RGZ 105, 398, 399; zustimmend Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, Anh. § 365 Rn. 70; ders., in: FS Möhring (1975), S. 381, S. 395; Schwefer, S. 114 f. 249  So auch Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52a Fn. 10. 250  Vgl. nur BGHZ 69, 82, 85; ZIP 1986, 1537, 1539; van Look, in: Claussen, § 4 Rn. 29; Putzo, S.  27 f.

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te.251 Für die Giroüberweisung steht stattdessen seit langem außer Streit und ist nun in § 675t Abs. 1 BGB gesetzlich normiert, dass dem Zahlungsempfänger mit Deckungseingang bei seinem Zahlungsdienstleister zunächst ein Anspruch auf Gutschrift erwächst und die nachfolgende Gutschrift nicht lediglich deklaratorisch ist, sondern ein abstraktes Schuldanerkenntnis darstellt.252 Entsprechend behandelt die herrschende Meinung die Einzahlung eines Dritten auf einem fremden Konto nicht anders als eine Giroüberweisung und misst der Kontogutschrift auch in diesem Fall konstitutive Bedeutung bei.253 b)  Bareinzahlung auf das eigene Girokonto Umstrittener stellte sich die rechtliche Beurteilung der Bareinzahlung auf das eigene Konto dar. aa) Keine Notwendigkeit für ein abstraktes Anerkenntnis nach Bareinzahlung Nach wohl überwiegender Auffassung erlangte der Girokontoinhaber, der einen Barbetrag auf sein eigenes Girokonto einzahlt, unmittelbar ein „Forderungsrecht“ gegen sein Kreditinstitut, ohne dass zunächst ein Anspruch auf Gutschrift entstehe und hierzu ein abstraktes Schuldanerkenntnis erforderlich wäre.254 Wenn der BGH den Rechtszustand nach bloßer Einzahlung durch den Kontoinhaber mit demjenigen nach Gutschriftsbuchung verglichen hat,255 kann nicht bezweifelt werden, dass als „Forderungsrecht“ in diesem Sinne eine Buchgeldforderung gemeint ist, wegen derer der Kontoinhaber Barauszahlung verlangen und unbare Zahlungen vornehmen kann. Nach dieser Auffassung hat die spätere Gutschrift des Einzahlungsbetrags lediglich deklaratorischen Charakter. Der Kontoinhaber, der eine Bareinzah251  RGZ

84, 349, 354; 91, 116, 119; 105, 398, 400 f. oben § 3 B. III. 2. 253  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 424; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr, Rn. B 424; Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52 unter Hinweis darauf, dass Erfüllung im Valutaverhältnis aufgrund einer Parteivereinbarung schon vor dem Zeitpunkt der Gutschrift eintreten kann. 254  BGHZ 74, 129, 131 f.; ZIP 1984, 809, 810, jeweils unter Verweis auf RGZ 105, 398, 399; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 20; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 215 Fn. 620, nach dem der Rückzahlungsanspruch aus §§ 700, 607 Abs. 1 BGB schon mit Einzahlung entsteht; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675t Rn. 24; MünchKomm / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. B 424; Staudinger / Omlor, 2012, § 675t Rn. 6. 255  BGHZ 74, 129, 132. 252  Dazu



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lung auf sein Konto vornimmt, erlangt bereits mit der Entgegennahme des Geldbetrags eine „Buchgeldforderung“ gegen sein Kreditinstitut, ohne dass es hierzu eines gesonderten Anerkenntnisses durch die Bank bedürfte. Konkretisiert man vor diesem Hintergrund den actus contrarius-Gedanken, ist der Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers aufgrund einer Bareinzahlung auf sein eigenes Konto nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als bloße Rückgewähr des eingezahlten Betrags aufzufassen, weil sich ein „Forderungsrecht“ bereits vor der Gutschrift auf dem Konto ergibt. bb)  Schuldanerkenntnis auch bei Bareinzahlung In der Literatur fanden sich indes schon bisher einige Stimmen, die keinen Grund sahen, die Einzahlung eines Barbetrages auf das eigene Konto buchungstechnisch anders zu behandeln als bare Einzahlungen Dritter oder bargeldlose Zahlungseingänge. Sie unterstellten auch in diesem Fall ein abstraktes Schuldanerkenntnis der Bank, das Abrufpräsenz des eingezahlten Betrags zugunsten des Kontoinhabers herstellt.256 Hiernach erfährt der bar geleistete Zahlungsbetrag eine Transformation durch das abstrakte Schuldanerkenntnis, das eine eigenständige (Buchgeld-)Forderung des Kontoinhabers gegen seine Bank begründet. Die Gutschriftsbuchung ist nicht lediglich deklaratorisch, sondern verschafft dem Kunden erst Kontodeckung, über die er bar oder unbar im Rahmen des Girovertrags verfügen kann. c)  Würdigung des bisherigen Streitstands zum alten Recht Schon unter der alten Rechtslage gebührte der letztgenannten Ansicht der Vorzug. aa)  Anfechtbare Herstellung einer Verrechnungslage Die zuerst genannte Auffassung, nach der die Einzahlung auf das eigene Konto dem Inhaber ein unmittelbares Forderungsrecht gewährt, rekurriert insbesondere auf zwei Urteile des BGH.257 Diese sind beide im konkursanfechtungsrechtlichen Kontext ergangen. Konkret war jeweils die Frage zu beantworten, ob die Bank infolge einer Bareinzahlung des Gemeinschuldners und Verrechnung des Zahlungsbetrags mit einem debitorischen Saldo eine Befriedigung bzw. Sicherung ihrer Forderung in anfechtbarer Weise, 256  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 23; Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372 Rn. V / 34; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 52; vgl. ausführlicher noch Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52a. 257  BGHZ 74, 129; ZIP 1984, 809.

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§ 30 Nr. 1 KO, erlangt hatte. Hierfür kam es maßgeblich darauf an, ob die Befriedigung der Forderung schon durch die Einzahlung und damit außerhalb der Frist des § 30 Nr. 1 KO oder erst durch die anschließende Verbuchung auf dem Konto und damit innerhalb der Anfechtungsfrist eingetreten war. In diesem Zusammenhang hat der BGH ausgeführt, dass es für den Fall der Bareinzahlung einer Gutschriftbuchung nicht bedürfe, sondern der Kontoinhaber unmittelbar Forderungsrechte erwürbe und anfechtungsrechtlich deshalb schon der Zeitpunkt der Einzahlung entscheidend sei. Habe eine Belastungsbuchung nur deklaratorischen Charakter, müsse gleiches auch für die spätere Verbuchung des Zahlungseingangs gelten.258 Zu Recht hat Schimansky259 darauf hingewiesen, dass diese Folgerung eine Sonderbehandlung der Bareinzahlung gegenüber dem Eingang unbarer Zahlungen schon deshalb nicht rechtfertigen könne, weil eine Belastungsbuchung in jedem Fall nur deklaratorische Bedeutung habe.260 Auch das vom BGH seinerzeit erzielte Ergebnis, dass für den Zeitpunkt, in der durch einen Zahlungseingang auf einem debitorischen Konto eine in anfechtbarer Weise erlangte Verrechnungslage i. S. v. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entstanden ist, vgl. § 140 InsO, auf denjenigen des Zahlungseingangs und nicht erst auf den der Kontogutschrift abzustellen ist, zwingt nicht zu der Schlussfolgerung, dass eine Bareinzahlung kein abstraktes Anerkenntnis der Bank nach sich zieht. Denn nach heute herrschender Meinung ist eine Verrechnungslage nach Zahlungseingang infolge einer Überweisung schon in dem Zeitpunkt hergestellt, in dem die Bank buchmäßige Deckung erlangt, also der Anspruch auf Gutschrift bzw. Verfügbarmachen nach § 675t Abs. 1 BGB entsteht.261 Entsprechendes kann man auch bei einer Bareinzahlung annehmen, so dass sich das vom BGH erzielte Ergebnis ungezwungen begründen lässt, ohne dass man der nachfolgenden Kontogutschrift ihre im Übrigen anerkannte Wirkung abspricht. bb)  Herstellung einer Bargeld vergleichbaren Buchgeldforderung Wenn für die Dritteinzahlung auf einem Girokonto zurecht darauf hingewiesen wird, dass erst durch die Gutschrift auf dem Konto und Zusage der abstrakten Einstandspflicht in Form des Schuldanerkenntnisses die Vergleichbarkeit der Buchgeldposition mit baren Zahlungsmitteln hergestellt 258  BGHZ

74, 129, 132; ZIP 1984, 809, 810. in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52a. 260  Dazu schon oben § 3 B. II. 261  BGH ZIP 2002, 1408, 1409; Kübler / Prütting / Bork / Ehricke, InsO, § 140 Rn. 5; Jaeger / Windel, InsO, § 96 Rn. 75; MünchKomm / Brandes / Lohmann, InsO3, § 96 Rn. 33a. 259  Schimansky,



§ 3  Zahlungsverkehr97

werde,262 so gilt dies im Grundsatz auch für die Einzahlung auf das eigene Konto. Soweit das abstrakte Anerkenntnis der Leistungspflicht den Zweck verfolgt, Einwendungen und Einreden auszuschließen, die gegen den Anspruch auf Gutschrift bestehen, und dem Kontoinhaber eine dem Bargeld entsprechende Rechtsposition einzuräumen, kommt dem bei einer Bargeldzahlung zwar kaum praktische Bedeutung zu. Denn in diesem Fall steht die hinreichende Deckung des Zahlungseingangs außer Frage und sind Einwendungen, die der Werthaltigkeit des Anspruchs auf Gutschrift entgegenstehen, insbesondere bei der Bareinzahlung auf ein eigenes Konto nur begrenzt vorstellbar.263 Begründete aber schon allein die Einzahlung eine abstrakte Einstandspflicht des Kreditinstituts, wäre die Geltendmachung einer Einrede oder Einwendung gänzlich ausgeschlossen.264 d) Anspruch auf Verfügbarmachen bei Barzahlungen gem. § 675t Abs. 2 BGB Die Richtigkeit der letztgenannten Auffassung findet nun Bestätigung in den Vorschriften des novellierten Zahlungsverkehrsrechts.265 So bestimmt § 675t Abs. 2 BGB, dass ein vom Zahler bar eingezahlter Betrag dem Konto des Zahlungsempfängers, der gem. § 675f Abs. 1 BGB identisch sein kann mit dem (Ein-) Zahler, unverzüglich verfügbar gemacht und wertgestellt werden muss, sofern der Zahler Verbraucher ist, S. 1, oder am darauf folgenden Geschäftstag, wenn der Zahler nicht Verbraucher ist, S. 2. § 675t Abs. 2 BGB gilt damit unterschiedslos für die Einzahlung auf dem eigenen Konto oder auf dem eines Dritten.266 Aus Sicht des Zahlungsempfängers ist die Bareinzahlung daher buchungstechnisch nicht anders zu behandeln als ein unbarer Zahlungseingang nach § 675t Abs. 1 BGB. In beiden Fällen besteht zunächst ein Anspruch auf Verfügbarmachen, dessen Erfüllung durch abstrakte Anerkennung der Forderung einen Anspruch aus Gutschrift begründet. Durch diesen Vorgang wird dem Kontoinhaber der Zahlungsbetrag für die Zwecke des bargeldlosen Zahlungsverkehrs über ein Zahlungs- oder Girokonto als Buchgeld nutzbar gemacht. Wie in den Fällen des § 675t Abs. 1 BGB in erster Linie eine dem Bargeld vergleichbare Rechtsposition durch die Begründung einer von der erlangten Deckung losgelösten BuchBankvertragsrecht4, Rn. 424; vgl. schon oben § 3 B. III. 2. b). Bankvertragsrecht4, Rn. 424, für die Dritteinzahlung. 264  Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 52a; zustimmend Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte, Rn. C / 23. 265  So auch Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 52. 266  BT-Drs. 16 / 11643, S. 112 („Zahlungsempfänger kann der Einzahlende selbst, aber auch eine dritte Person sein, die ein Konto beim Zahlungsdienstleister, bei welchem eingezahlt wird, unterhält.“); Palandt / Sprau, BGB73, § 675t Rn. 9. 262  Canaris, 263  Canaris,

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

geldposition geschaffen wird, kommt der Kontobuchung nach § 675t Abs. 2 BGB insoweit konstitutive Wirkung zu, als sie eine Buchgeldforderung infolge der Bareinzahlung erst zur Entstehung gelangen lässt. Es erfolgt mithin in beiden Konstellationen eine qualitative Transformation des Anspruchs auf Gutschrift. e)  Zwischenergebnis: Barauszahlung als aufwendungsersatzpflichtiger Zahlungsvorgang Für den hier erwogenen Umkehrschluss kann somit festgehalten werden, dass die Bareinzahlung auf das eigene oder ein fremdes Konto stets von einem Transformationsprozess begleitet ist, der den eingezahlten Barbetrag in eine Buchgeldforderung überführt. Das so geschaffene Buchgeld ermöglicht dem Kontoinhaber in seiner Funktion als Kontodeckung die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nach Maßgabe der im Girovertrag vereinbarten Zahlungsdienste. Begehrt er hingegen Barauszahlung, bedarf es nach dem Vorgesagten einer erneuten „Umwandlung“ des Buchgelds in Bargeld.267 Rechtlich vollzieht sich diese, indem die Bank dem Kontoinhaber zunächst Mittel aus ihrem eigenen Vermögen auskehrt, weil ihr ein unmittelbarer Zugriff auf die gutgeschriebenen Vermögenswerte des Kunden während einer laufenden Rechnungsperiode aufgrund der Kontokorrentbindung versagt ist.268 Stattdessen reduziert sie den rein rechnerischen Tagessaldo, indem sie einen dem Barauszahlungsbetrag entsprechenden Auf­ wendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB in die laufende Rechnung einstellt.269 Die Auszahlung stellt sich mithin nicht als bloße Rückgewähr oder Rückabwicklung der Einzahlung dar.270 IV. Zusammenfassung: Die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs über ein Girokonto Die Übertragung von Giralgeld hat die Barzahlung in weiten Teilen des heutigen Wirtschaftslebens als wichtigste Zahlungsart verdrängt. Angesichts der einer Barzahlung entsprechenden tatsächlichen Verkehrsfähigkeit von 267  So auch BGHZ 84, 325, 331, ohne freilich den geschäftsbesorgungsrecht­ lichen Charakter des Anspruchs anzuerkennen, dazu unten unter § 3 C. II. 2.; i. E. wie hier auch Canaris, WM 1996, 237, 244; Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1213 f. 268  Vgl. ausführlich zur Begründung des Tagessaldoanspruchs § 3 C. 269  Dazu schon oben § 3 B. II. 270  Ebenso Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1212 ff.; Schwefer, S.  115 ff.



§ 3  Zahlungsverkehr99

Buchgeldforderungen könnte man vermuten, auch die rechtliche Ausgestaltung der „Übertragung“ vollzöge sich ähnlich schlicht wie die Übereignung und Übergabe von baren Zahlungsmitteln etwa durch Abtretung der Forderung über ein zwischengeschaltetes Zahlungsinstitut. Die vorangegangenen Ausführungen haben indes gezeigt, dass dem mitnichten so ist. Zuwendungsgegenstand im Valutaverhältnis ist nicht etwa eine „Buchgeldforderung“, die dem Zahler gegen seine Bank im Deckungsverhältnis zusteht. Der Zahlungsdienstleister besorgt mit Zahlungsausführung vielmehr ein Geschäft für den Zahler und wendet zunächst eigene Mittel hierzu auf, für die er erst im Rahmen der späteren Kontokorrentverrechnung Kompensation erlangt. Allein die Kontodeckung selbst ist deshalb kein verkehrsfähiger Vermögenswert des Kontoinhabers, sondern vermittelt ihm lediglich das Recht, gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag eine Geschäftsbesorgung von seiner Bank zu verlangen. Nach Übermittlung des Zahlungsbetrags an den Zahlungsdienstleister des Empfängers wird nicht etwa der konkrete Betrag unmittelbar auf dessen Konto gebucht. Erlangt die Empfängerbank buchmäßige Deckung, macht sie vielmehr den Zahlungsbetrag auf dem Empfängerkonto verfügbar, indem sie ein abstraktes Schuldversprechen abgibt und damit eine vom Zahlungseingang losgelöste Guthabenforderung begründet. Rechtlich stellt sich der Vorgang der Übertragung von Giralgeld damit wesentlich komplexer dar, als die rein tatsächliche Fungibilität einer Buchgeldforderung vermuten ließe.

C.  Der Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung eines Tagesguthabens Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ausführungen zur Abwicklung eines Zahlungsvorgangs über ein Girokonto nach neuem Zahlungsverkehrsrecht gilt es im Folgenden die bisherigen Ansätze zur Begründung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Der herrschenden Meinung, die einen autonomen Auszahlungsanspruch entweder aus dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung271 oder der verkehrstypischen Auslegung des Girovertrags272 folgert, ist auf Grundlage des novellierten Zahlungsverkehrsrechts ein ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto gegenüberzustellen, wie es ähnlich vereinzelt auch schon im älteren Schrifttum befürwortet worden ist.273 271  Sogleich

unter § 3 C. II. 1. unter § 3 C. II. 2. 273  Dazu unter § 3 C. IV. 272  Sogleich

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I.  Umfang des Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos Einigkeit besteht unter den Vertretern der herrschenden Meinung hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos, vgl. nun auch § 833a ZPO zum Umfang der Pfändung eines Kontoguthabens. Dieser bestimmt sich nach dem jederzeit abrufbaren rechnerischen Kontoguthaben, wie es auf Kontoauszügen oder bei der Onlineabfrage ausgegeben wird.274 Der hiervon zu unterscheidende Wertstellungssaldo dient dagegen nur der Berechnung von Soll- und Habenzinsen und hat für die Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers keine Bedeutung.275 Dem Einwand Bitters gegen die unpräzise Begrifflichkeit des „Tagessaldos“ oder „Tagesguthabens“, die nunmehr auch Eingang in § 833a ZPO gefunden hat, ist vor diesem Hintergrund zuzustimmen.276 Denn in der Tat mag der Begriff des Tagessaldos den Eindruck erwecken, als gäbe es für jeden Kalendertag nur einen einzigen Tagessaldo.277 Tatsächlich bezeichnet er in der Diktion der heute einhelligen Auffassung aber den sich nach jeder Kontobewegung ergebenden, positiven Postensaldo, der sich auch im Laufe eines Kalendertags mehrfach verändern kann.278 II.  Unbarer Zahlungsverkehr als girovertraglich modifiziertes Barzahlungsgeschäft? Zur dogmatischen Herleitung des Tagessaldoanspruchs haben sich diejenigen Auffassungen als herrschend etabliert, die dem Girogeschäft im Verhältnis zum Einlagengeschäft nur dienende Funktion beimessen279 bzw. zwar die Eigenständigkeit des Girogeschäfts anerkennen, es gleichwohl aber noch für notwendig erachten, neben den geschäftsbesorgungsrechtlichen Ansprüchen aus § 675 BGB bzw. den Regeln des zivilen Zahlungsverkehrsrechts in §§ 675c ff. BGB einen originär girovertraglichen Auszahlungsanspruch zu konstruieren.280

274  OLG

Frankfurt, WM 1994, 684, 686. zum Wertstellungssaldo noch unten § 3 D. 276  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 52; vgl. auch Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 7. 277  Missverständlich etwa Fischbeck, in: Krepold / Fischbeck, 1.1.2.1.1.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 46. 278  Zöller / Stöber, ZPO30, § 833a Rn. 1. 279  Hierzu unten § 3 C. II. 1. 280  Hierzu unten § 3 C. II. 2. 275  Vgl.



§ 3  Zahlungsverkehr101

1.  Auszahlungsanspruch als Einlagenrückgewähr Nach einer Auffassung steht dem Kontoinhaber gegen seine Bank ein Anspruch auf Barauszahlung eines Kontoguthabens in Gestalt eines Anspruchs auf Rückgewähr einer Sichteinlage zu, der streng zu trennen sei, von den geschäftsbesorgungsrechtlichen Ansprüchen aus dem Girovertrag.281 Rechtlich folge dieser Anspruch aus § 700 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB als Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung (depositum irregulare). a)  Strikte Trennung von Einlagen- und Girogeschäft Den Ausgangspunkt dieser Ansicht bildet die Differenzierung zwischen Einlagenrückgewähr und girovertraglicher Dienstleistungsverpflichtung. Sie ist angelehnt an die im KWG angelegte Unterscheidung zwischen dem Einlagengeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, das die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums umfasst, und dem – ehemals in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 KWG a. F. umschriebenen – Girogeschäft, das die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs zum Gegenstand hat.282 Die aufsichtsrechtliche Trennung erklärt sich wiederum vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des modernen Giroverkehrs, der seine Wurzeln im Depotvertrag hat. Hiernach war die Bank zuvorderst Verwahrerin von Vermögenswerten. Erst mit zunehmender Etablierung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs hat sie nach und nach die Funktion eines Finanzdienstleisters übernommen.283 Der hier diskutierten Auffassung liegt als Grundverständnis nach wie vor die maßgebliche Bedeutung des Einlagengeschäfts für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zugrunde. Zweck des Einlagengeschäfts i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG ist dabei in erster Linie die Eigenkapital281  St. Rspr. vgl. etwa BGHZ 180, 191, 193 (Tz. 10 f.); 131, 60, 63 f.; 84, 371, 373 f.; OLG Celle ZIP 1981, 496, 497; OLG Düsseldorf, ZIP 2009, 2239; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 18; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. C / 22; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 318; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. III / 14; Gaul, KTS 1989, 3, 5; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 27; Gröger, BB 1984, 25, 26; Grube, S.  67 ff.; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 68 f.; Kümpel / Wittig / Peterek; Rn. 6.596; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b; MünchKomm / Casper, BGB6, § 675f Rn. 60; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 82 f. zu §§ 607 ff.; Staudinger / Omlor, 2012, § 675f Rn. 15; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 851; hiervon geht auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses zum RegE zur Reform des Kontopfändungsschutzes BT-Drs. 16 / 12714, S. 20, aus. 282  Vgl. Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, 274. 283  Vgl. Meyer-Cording, S. 6, 25; Schwefer, S.  3 f., S.  87 f.

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aufnahme durch das Kreditinstitut zur Finanzierung des Aktivgeschäfts.284 Durch die Entgegennahme von Einlagen beschafft sich die Bank die „reale“ Unterdeckung für ihr tägliches Geschäft. aa) Einlagearten Zu unterscheiden ist zwischen sog. Sichteinlagen, Termineinlagen und Spareinlagen, wobei letztere für die hier anzustellenden Erwägungen von untergeordneter Bedeutung sind und deshalb nicht gesondert erörtert werden. Als Sichteinlage werden täglich fällige Gelder bezeichnet, deren Rückzahlung der Kontoinhaber ohne weiteres jederzeit verlangen kann.285 Termin­ einlagen unterscheiden sich hiervon im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht jederzeit fällig sind, sondern ihre Rückforderbarkeit von einer vorherigen Kündigung (sog. Kündigungsgelder) oder vom Ende ihrer Laufzeit (sog. „Festgelder“) abhängt.286 Die Unterschiede hinsichtlich der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs sind maßgeblich für die rechtliche Erfassung der verschiedenen Einlagenarten. Die Entgegennahme von Sichteinlagen begründet wegen der Allfälligkeit des Rückzahlungsanspruchs die Einordnung als unregelmäßige Verwahrung gem. § 700 BGB, bei der dem Hinterleger ein jederzeitiges Rückforderungsrecht gegen den Verwahrer aus § 700 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 695 BGB zusteht, das sich im Übrigen über den Verweis in § 700 Abs. 1 S. 1 BGB nach den darlehensrechtlichen Vorschriften bestimmt.287 Termineinlagen werden dagegen gemeinhin als Darlehen gem. § 488 BGB qualifiziert, bedingt doch die Fälligkeit der Termingelder entweder das Laufzeitende oder eine vorherige Kündigung, wie sie auch § 488 Abs. 3 BGB für die Fälligkeit eines Darlehens verlangt.288 bb)  Einordnung des Girokontoguthabens Von Belang für die Unterscheidung zwischen unregelmäßiger Verwahrung i. S. v. § 700 BGB und Darlehen gem. § 488 BGB ist die Person, von der die Initiative zum Vertragsschluss ausgeht. Ist dies im Fall eines Darlehens der Darlehensnehmers, der sich eine bestimmte Geldsumme beschaffen Boos / Fischer / Schulte-Mattler / Schäfer, KWG4, § 1 Rn. 33. § 40 Rn. 8 f.; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 2. 286  Derleder / Knops / Bamberger / Batereau, § 40 Rn. 13 ff.; Schönle, S. 65. 287  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. B / 1; Derleder / Knops /  Bamberger / Batereau, § 40 Rn. 9; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 65; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 3. 288  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. B / 1; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 66; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 7. 284  Vgl.

285  Derleder / Knops / Bamberger / Batereau,



§ 3  Zahlungsverkehr103

will,289 steht bei einem Verwahrungsverhältnis das Interesse des Hinterlegers an der Aufbewahrung und jederzeitigen Rückforderbarkeit des verwahrten Gegenstands im Vordergrund.290 Der Girokontoinhaber ist in erster Linie an der jederzeitigen Verfügbarkeit eines Kontoguthabens interessiert, während der Zahlungsdienstleister die Gelder vorrangig zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs entgegennimmt und nicht, um einen eigenen Geldbedarf zu decken, wie es typisch ist für ein Darlehen i. S. v. § 488 BGB.291 Der Qualifizierung eines Girokontoguthabens als Sichteinlage steht auch nicht entgegen, dass die Bank an den Kontoinhaber Habenzinsen für ein Guthaben entrichtet. Denn die Verzinsung des Guthabens ist in diesem Fall nicht etwa eine Gegenleistung der Bank als Darlehensnehmerin gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Vielmehr lässt die Bank den Kontoinhaber auf diesem Weg freiwillig an den Gewinnen partizipieren, die sie unter Einsatz des verwahrten Geldes erzielt hat.292 Den Ausschlag für die Einordnung eines Giroguthabens als Sichteinlage und den Auszahlungsanspruch als Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gibt allerdings die jederzeitige Fungibilität der Einlageforderung, die der Qualifizierung als Fest- oder Kündigungsgeld widerspricht.293 Den Gegenstand der Verwahrung bilden hierbei stets Kontogutschriften, die rechtlich jeweils ein abstraktes Schuldversprechen der Bank zugunsten des Kontoinhabers gem. §§ 780, 781 BGB darstellen294 und sowohl infolge barer295 als auch unbarer Zahlungseingänge zu verzeichnen sind. Diese Auffassung erblickt demnach in jeder baren oder unbaren Verfügung des Kontoinhabers die (teilweise) Rückzahlung einer Sichteinlage,296 möglicherweise modifiziert durch den Zahlungsdiensterahmenvertrag und in Gestalt der Ausführung eines bargeldlosen Zahlungsdienstes.297

Schwefer, S. 94. schon die Protokolle der 2. Kommission zu § 618 E-BGB = § 700 BGB (abgedruckt bei Mudgan, Band II, S. 971). 291  A. A. Staudinger / Reuter, 2006, § 700 Rn. 3. 292  s. die Protokolle der 2. Kommission zu § 618 E-BGB = § 700 BGB, (abgedruckt bei Mudgan, Band II, S. 971). 293  MünchKomm / Henssler, BGB6, § 700 Rn. 15 ff.; Staudinger / Reuter, 2006, § 700 Rn. 3. 294  Hierzu oben § 3 B. III. 2. 295  Vgl. hierzu oben § 3 B. III. 3. 296  So deutlich Kümpel / Wittig / Peterek, Rn. 6.596. 297  Vgl. Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§ 607 ff. 289  Vgl. 290  So

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b) Kritik Die Herleitung des Auszahlungsanspruchs als Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB hat vielfach Kritik erfahren. aa)  Kein Aufbewahrungsinteresse des Girokontoinhabers Gegen die Annahme eines unregelmäßigen Verwahrungsverhältnisses ist eingewandt worden, dass das Interesse eines Kontoinhabers an der Unterhaltung eines Guthabens auf seinem Girokonto nicht auf die sichere Aufbewahrung und Anlage seiner Geldmittel, sondern, wie es dem Zwecke des Girokontos entspreche, auf deren jederzeitige Verfügbarkeit gerichtet sei.298 Beleg für ein fehlendes Interesse an einer längerfristigen Belassung seien schon die niedrigen Zinssätze, mit denen Giroguthaben im Vergleich zu anderen Einlagearten verzinst werden.299 Dieser Kritik ist zuzugeben, dass der Kontoinhaber ein Guthaben deswegen unterhält, weil die Bank ein solches oder eine Kreditlinie zur Voraussetzung für die Befolgung von Zahlungsaufträgen macht. Allerdings darf nicht unbeachtet bleiben, dass die unregelmäßige Verwahrung keineswegs notwendigerweise auf die langfristige Belassung des zu verwahrenden Gegenstands ausgelegt ist.300 So hat der Hinterleger nach § 700 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 695 BGB ein jederzeitiges Rückforderungsrecht gegenüber dem Verwahrer, wie es typisch für Sichteinlagen ist. Ferner können auch die Kritiker ein Interesse des Kontoinhabers an der sicheren Verwahrung des Guthabens nicht vollends leugnen. bb)  Widerspruch zum Periodenkontokorrent Schwerer als der vorangegangene Kritikpunkt wiegt der Einwand, die Auffassung des Auszahlungsanspruchs als Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung widerspreche der gleichzeitig unterstellten Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen.301 298  Berger, ZIP 1981, 583, 584; Meyer-Cording, S. 10; Peckert, S. 67; Putzo, S. 23; Schoele, S. 81; Schwefer, S. 88, S. 93 ff.; tw. abweichend jetzt Mayen, in Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b. 299  Vgl. Staudinger / Reuter, 2006, § 700 Rn. 3. 300  Vgl. die Protokolle der 2. Kommission zu § 618 E-BGB = § 700 BGB (abgedruckt bei Mudgan, Band II, S. 971); s. auch Grube, S. 69; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 27; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 851. 301  Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 275.



§ 3  Zahlungsverkehr105

(1) Für die Vereinbarkeit von Kontokorrentbindung und Dispositionsmöglichkeit Zwar verweisen die Befürworter dieser Auffassung darauf, dass sich der Auszahlungsanspruch auch bei nicht im Kontokorrent geführten Girokonten aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ergebe und dass die Vereinbarung eines Kontokorrents am Rechtscharakter des Auszahlungsanspruchs nichts ändern könne.302 Entsprechend hat auch der I. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung zur Pfändbarkeit des Tagessaldoanspruchs ausgeführt, dass zwar sämtliche Einzelforderungen grundsätzlich der kontokorrentrechtlichen Lähmung unterlägen, sich dem Girovertrag seinem Zweck entsprechend aber eine Ausnahme des Tagessaldoanspruchs von der Kontokorrentbindung entnehmen lasse. Diese sei dem Rückgewähranspruch daher nicht entgegenzuhalten.303 Ergänzend wird im Schrifttum darauf verwiesen, dass der jederzeit fällige Rückzahlungsanspruch aus §§ 700 Abs. 1 S. 1, 695 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB die Kontokorrentbindung überlagere und ihr damit vorgehe.304 Der Hinweis auf den Zweck des Girokontos, dem Kontoinhaber die Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen, und den aus diesem Grund zu vermutenden Parteiwillen, der auf Ausnahme des Tagessaldo­ anspruchs von der Kontokorrentbindung geht, vermögen die Bedenken, die gegen diese Auffassung bestehen, indes nicht auszuräumen. Wie bereits unter § 2 dieser Arbeit ausgeführt steht es den Parteien grundsätzlich frei, einzelne Forderungen von der zunächst grundsätzlich umfassenden Kontokorrentbindung vorab oder auch nachträglich auszunehmen. Dies ergibt sich schon aus den Materialien zu § 355 HGB, wenn es dort heißt, dass die Kontokorrentbindung sämtlicher aus der Geschäftsverbindung erwachsender Ansprüche zwar im Grundsatz zu unterstellen sei, etwas anderes jedoch aus der Vereinbarung der Parteien oder aus der Eigenart der jeweiligen Forderung folgen könne.305 Insoweit scheint die eben referierte Auffassung eines nicht kontokorrentgebundenen Einlagenrückgewähranspruchs eine Stütze zu finden. Dem ist bei näherer Betrachtung jedoch nicht so. 302  Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 26; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 81 f. zu §§ 607 ff.; i. E. auch Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. B / 3; Kümpel / Wittig / Peterek, Rn. 6.608. 303  BGHZ 84, 371; vgl. auch Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte Rn. B / 3; Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 26, 27; Kümpel / Wittig /  Peterek, Rn. 6.608; Sprengel, MDR 1952, 8, 9; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§ 607 ff. 304  Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 26; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 65; Schönle, § 8 I. 305  Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S.  356 f.).

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

(2) Keine realisierbare Saldoforderung während einer Rechnungsperiode Es ist zu berücksichtigen, dass die Materialien zu § 355 HGB lediglich davon handeln, dass einzelne Forderungen von der Erfassung in laufender Rechnung ausgenommen werden können. Als eine solche Einzelforderung stellt sich der Auszahlungsanspruch in Höhe des aktuellen Tagessaldos aber nicht dar. Er ergibt sich vielmehr aus einer – während der Kontokorrentperiode – rein rechnerischen Saldierung von Zahlungseingängen und Kontobelastungen. Zur Begründung des jederzeitigen Auszahlungsanspruchs genügte es vor diesem Hintergrund daher nicht, den Parteiwillen allein dahingehend auszulegen, dass die Kontokorrentbindung für den Tagessaldoanspruch aufgehoben sein sollte. Vielmehr müssten die Partei sich außerdem auf die laufende Verrechnung der Einzelposten entweder mit jeder Buchung oder – jedenfalls denkbar – in dem Zeitpunkt, in dem der Kontoinhaber einen Auszahlungsanspruch geltend macht, einigen.306 Die Annahme einer laufenden Verrechnung wiederbelebt indes die bereits an anderer Stelle abgelehnte Lehre vom Staffelkontokorrent,307 die weder der gesetzlichen Regelung in §§ 355–357 HGB noch der in den AGB der Banken und Sparkassen unzweifelhaft zum Ausdruck kommenden Vereinbarung eines Periodenkontokorrents entspricht, zumal auch der BGH das Bankkontokorrent in ständiger Rechtsprechung als Periodenkontokorrent versteht. Die Erkenntnis, dass es neben der Ausnahme von der Kontokorrentbindung zur schlüssigen Begründung des Auszahlungsanspruchs nach dieser Ansicht außerdem der staffelförmigen Verrechnung bedarf, versagt jedweden Rückgriff auf die Materialien zu §§ 355–357 HGB. Denn auch den dortigen Ausführungen lag – heute unbestritten – die Vorstellung von einem Periodenkontokorrent zugrunde.308 (3)  Umfassende Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen Zutreffend wurde im Schrifttum außerdem darauf hingewiesen, dass die Ansicht widersprüchlich sei, zwar sämtliche Einzelforderungen unterlägen der Kontokorrentbindung,309 gerade der nur rechnerisch existente Tagessaldoanspruch, als Ergebnis einer Saldierung eben dieser Einzelforderungen, hingegen nicht.310 Weiter wird zu Recht eingewandt, dass mit der Herausauch Herz, S. 53. § 2 C. III. 2. 308  s. dazu § 2 A. 309  So der I. Zivilsenat noch selbst in seiner Entscheidung zur Pfändbarkeit des Tagessaldos, BGHZ 84, 371, 376. 310  Peckert, S. 85 f.; ähnlich Sühr, WM 1981, 1150. 306  Vgl.

307  Dazu



§ 3  Zahlungsverkehr107

nahme der Einlagenrückgewähransprüche gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB aus der kontokorrentrechtlichen Verstrickung die Habenseite der Kontokorrentbeziehung entfalle und das Kontokorrent damit insgesamt in Frage gestellt werde.311 Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn man Kontobelastungen zutreffend als Aufwendungsersatzansprüche gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB qualifiziert.312 Diesen Belastungen stünden nach der Auffassung von dem Auszahlungsanspruch als Einlagenrückgewähr keine kontokorrentgebundenen Gutschriften mehr gegenüber, so dass eine Verrechnung am Ende der Rechnungsperiode nicht stattfinden könnte.313 Begreift man die Belastungsbuchung dagegen als Leistung der Bank auf den Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, die daraufhin in das Kontokorrent eingestellt wird,314 ist der Widerspruch der vorgeschlagenen Lösung zur Kontokorrentbeziehung nicht in gleichem Maße offensichtlich. In diesem Fall würde jedoch die Kontokorrentvereinbarung ebenfalls weitestgehend gegenstandslos. Wenn Zahlungseingänge und Kontobelastungen nicht über das Kontokorrent abgewickelt würden, blieben als Gegenstand des Kontokorrents lediglich noch Zinsansprüche des Kontoinhabers sowie Gebühren und Kosten der kontoführenden Bank, die dann erst am Ende einer Rechnungsperiode verrechnet würden.315 Diese Lösung widerspricht ersichtlich dem Parteiwillen, der angesichts der mit dem Kontokorrent bezweckten Vereinfachungs- und Sicherungsfunktion auf eine möglichst umfassende Anwendbarkeit der §§ 355–357 HGB gerichtet ist. Den Schluss auf einen dahingehenden Parteiwillen lassen die AGB der Kreditinstitute unzweifelhaft zu. Nach Nr. 7 Abs. 1 AGB-Spk soll gerade auch der Zahlungsverkehr im Kontokorrent abgewickelt werden. Nr. 7 Abs. 1 S. 1 2. HS. AGB-Bk bestimmt, dass die quartalsweise erfolgende Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche auf einem Kontokorrentkonto auch die Zinsen und Entgelte der Bank mit einschließt. Die Kontokorrentwirkungen können sich nach der Parteivereinbarung folglich nicht nur auf diese Ansprüche beschränken, wenn sie nach der genannten Regelung von der Verrechnung lediglich mitumfasst sind.

MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  244. ausführlich oben § 3 B. II. 313  Vgl. auch Liesecke, WM 1975, 314, 321, nach dem der Pfändungszugriff auf die „Neueingänge“ den von den Parteien vereinbarten Verrechnungszweck des Kontokorrents vereiteln würde. 314  Dazu oben § 3 B. II. 2. 315  Für eine derart begrenzte Reichweite des Kontokorrents Peckert, S.  97 ff. 311  So

312  Dazu

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

cc)  Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch Wie bereits an anderer Stelle herausgearbeitet316 ist die Annahme eines autonomen Barauszahlungsanspruchs, den die Bank durch Vornahme einer unbaren Zahlung lediglich in girovertraglich modifizierter Weise erfüllt, unvereinbar mit der von der herrschenden Auffassung geteilten und unter dem neuen Zahlungsverkehrsrecht durch § 675u S. 1 BGB bestätigten Einordnung der Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Denn hielte man das Kreditinstitut bereits aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zur Rückgewähr einer Einlage und damit zur Barauszahlung verpflichtet, läge in der vereinbarungsgemäßen Erfüllung dieses Anspruchs durch Vornahme eines unbaren Zahlungsvorgangs keine freiwillige Leistung des Kreditinstituts. Der Verlust des Auszahlungsanspruchs begründete ferner keine Vermögenseinbuße auf Seiten der Bank, sondern beim Zahler selbst. c) Zwischenergebnis Der allfällige Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers lässt sich jedenfalls für im Kontokorrent geführte Girokonten nicht als Anspruch auf Einlagenrückgewähr aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB begreifen, der ausnahmsweise nicht der Kontokorrentbindung unterliegt. 2.  Originär girovertraglicher Auszahlungsanspruch Weite Teile des Schrifttums317 haben sich der seinerzeit schon in der Grundsatzentscheidung des VIII. Zivilsenats318 zur Pfändbarkeit des Tagessaldos angedeuteten Auffassung angeschlossen und den Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung des Tagessaldos als originär girovertraglich qualifiziert. Gesetzlich war ein solcher Anspruch auf Auszahlung zwar weder explizit in § 676f BGB a. F. vorgesehen noch findet sich eine entsprechende Bestimmung in den gegenwärtigen Vorschriften des Zahlungsverkehrsrechts. Er folgt nach dieser Auffassung aber aus der verkehrstypischen Auslegung des Girovertrags (§ 157 BGB) oder den AGB der Kreditinstitu316  Dazu

oben § 3 B. II. in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 51; Carl, DStR 1988, 765, 767; Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 24; Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn /Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 209; Putzo, S. 23; Regerbis, S. 51 ff.; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 357 Rn. 4; Zeller, S. 14. 318  BGHZ 84, 325. 317  Bitter,



§ 3  Zahlungsverkehr109

te.319 Aus dem Charakter des Girokontos als Zahlungsverkehrskonto resultiere ungeachtet der grundsätzlichen Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen das jederzeitige Verfügungsrecht des Kontoinhabers in Höhe des rechnerischen Tagessaldos.320 Auch die Tatsache, dass der Zahlungsdiensterahmenvertrag auf Geschäftsbesorgungen durch die Bank gerichtet ist, soll der girovertraglichen Begründung des Auszahlungsanspruchs als schlichte Geldforderung nicht entgegenstehen. Das geschäftsbesorgungsrechtliche Element, das in der Umwandlung von Giral- in Bargeld bestehe,321 trete gegenüber der Geldleistungspflicht zurück.322 Freilich ist auch diese Auffassung nicht unwidersprochen geblieben. a)  Girovertragliche Fundierung des Auszahlungsanspruchs Hopt / Mülbert haben die girovertragliche Fundierung eines Auszahlungsanspruchs als „Umweg“ bezeichnet, weil dieser Anspruch letztlich inhaltsgleich sei mit dem Anspruch auf Einlagenrückgewähr, sofern man diesen von der Kontokorrentbindung ausnähme. Das Problem werde auf diese Weise lediglich von der kontokorrentrechtlichen auf die girovertragliche Ebene verschoben.323 Die Qualifikation des Tagessaldoanspruchs als originär girovertraglich erweist sich nach Ansicht der Kritiker in zweifacher Hinsicht als nicht anschlussfähig an die Zahlungsabwicklung über sonstige Konten. aa)  Dispositionsmöglichkeit bei sonstigen Kontokorrentkonten ohne Girovertrag Einerseits versagte die girovertragliche Begründung der jederzeitigen Verfügungsmöglichkeit des Bankkunden bei sonstigen Einlagekonten, die nicht Girokonten seien, aber gleichwohl als Kontokorrent geführt würden. Wenn aber in diesem Fall nur die These von einem nicht kontokorrent­ gebundenen und jederzeit fälligen Anspruch auf Einlagenrückgewähr die 319  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 51; Carl, DStR 1988, 765, 767; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 210; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  209; Röhricht / Graf von Westphalen / Wagner, HGB4, § 357 Rn. 4; Welter, S. 15; Zeller, S. 14. 320  BGHZ 84, 325, 330 f. 321  BGHZ 84, 325, 331; zur Auszahlung als geschäftsbesorgungsrechtlichem actus contrarius zur Gutschrift bereits oben § 3 B. III. 3. 322  Vgl. Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 178; Bauer, DStR 1982, 280, 281; Erman, in: GS für R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; Ploch, DB 1986, 1961; Schwefer, S. 148 ff. 323  Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§ 607 ff.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers begründen könne, könne nichts anderes auch für ein Girokonto gelten.324 Hieran ist zunächst richtig, dass nicht lediglich ein Guthaben auf einem Girokonto als Sichteinlage zu qualifizieren ist, sondern auch Gelder auf sonstigen laufenden Konten jederzeit fällig sein können.325 Ist aber auch für diese Konten eine Kontokorrentabrede i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB getroffen, ist ein jederzeit zu realisierender Auszahlungsanspruch nicht ohne zusätz­ liche Abrede über die Ausnahme einzelner Rechnungsposten von der konto­ korrentrechtlichen Lähmung bzw. eine außerordentliche Saldoziehung während einer laufenden Rechnungsperiode denkbar.326 Diese Wirkung billigen die Befürworter eines Einlagenrückgewähranspruchs aus §  700 Abs.  1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bei einem im Kontokorrent geführten Girokonto der Giroabrede oder jedenfalls der Funktion des Girokontos als Zahlungsverkehrsvehikel zu. Ein entsprechendes Äquivalent wäre folglich auch für sonstige laufende Konten mit Kontokorrentabrede erforderlich, wollte man einen nicht kontokorrentgebundenen Einlagenrückgewähranspruch annehmen. Wie dargelegt müsste aber auch diese äquivalente Absprache, die die Verkehrsfähigkeit des Kontoguthabens trotz Kontokorrentabrede bewirkt, außerdem entweder die Vereinbarung einer staffelförmigen oder einer außerplanmäßigen Saldierung enthalten, um während einer laufenden Rechnungsperiode überhaupt einen realisierbaren Tagessaldo entstehen zu lassen. Dies konterkarierte indes letztlich die Kontokorrentabrede insgesamt und widerspräche dem eindeutigen Parteiwillen. bb)  Unnötige Anspruchsdopplung bei nicht im Kontokorrent geführten Girokonten Andererseits führte die Auffassung von einem originär girovertraglichen Auszahlungsanspruch nach Ansicht der Kritiker zu unnötigen Anspruchsdopplungen bei Girokonten, die, wie es etwa für bei der Deutschen Bundesbank geführte Girokonten der Fall ist,327 nicht im Kontokorrent geführt werden. Für derartige Konten ergäbe sich ein Auszahlungsanspruch bereits unstreitig als Rückzahlungsanspruch aus unregelmäßiger Verwahrung.328 324  Grube, S. 68; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12.  Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§  607 ff. 325  Vgl. Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. III / 10; Kümpel / Wittig / Peterek, Rn. 8.21. 326  Vgl. auch Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b. 327  Vgl. Abschn. IV A. Nr. 2 Abs. 1 AGB der Deutschen Bundesbank. 328  Grube, S. 67; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12.  Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§  607 ff.



§ 3  Zahlungsverkehr111

Dieser sei gem. § 700 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 695 BGB jederzeit fällig.329 Erkennte man nun für im Kontokorrent geführte Girokonten wegen der unterstellten Lähmung sämtlicher Einzelforderungen die Notwendigkeit eines originär girovertraglichen Auszahlungsanspruchs an, bedeutete dies für Girokonten ohne Kontokorrentabrede eine unnötige Doppelung von Ansprüchen selben Inhalts, weil der Auszahlungsanspruch in diesem Fall schon aus unregelmäßiger Verwahrung begründet wäre. Allein die Vereinbarung kontokorrentmäßiger Buchführung könne aber nicht die Rechtsqualität des Auszahlungsanspruchs beeinflussen.330 Diese Argumentation geht schon im Ausgangspunkt verfehlt davon aus, dass die Kontokorrentvereinbarung den Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung unberührt lasse. Es ist bereits ausgeführt worden, dass sich ein derartiger, allfälliger Anspruch nicht mit dem unzweifelhaften Willen der Parteien in Einklang bringen lässt, ihre Geschäftsbeziehung in Form eines Periodenkontokorrents abzuwickeln.331 Es besteht deshalb sehr wohl ein Bedürfnis, die Verfügungsmöglichkeit des Kontoinhabers aufgrund einer eigenständigen, girovertraglichen Rechtsgrundlage zu begründen, wenn ein Rückgriff auf die gelähmten Einzelforderungen versperrt ist. Girokonten, die nicht als Kontokorrent geführt werden, sind demgegenüber die Ausnahme. Auch die Gesetzesbegründung versteht unter einem Zahlungskonto i. S. v. § 1 Abs. 3 ZAG ein laufendes Konto zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister332 und nimmt damit erkennbar Bezug auf das Periodenkontokorrent gem. § 355 HGB.333 Bildet demnach ein als Kontokorrent geführtes Girokonto den auch von den novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften adressierten Regelfall, ist nicht die wegen der Kontokorrentwirkungen notwendige girovertragliche Fundierung des Verfügungsrechts begründungsbedürftig, sondern das Verhältnis zu dem Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung für den Ausnahmefall eines nicht kontokorrentmäßig geführten Girokontos.

329  Abweichend Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1213 f., nach dem die girovertragliche Auszahlungspflicht inhaltlich über das Rückforderungsrecht des Verwahrers gem. § 695 BGB hinausgeht. 330  Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 70 Rn. 26 f.; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 81 f. zu §§ 607 ff. 331  Dazu bereits oben § 3 C. II. 1. b) bb). 332  BT-Drs. 16 / 11613, S. 35. 333  s. auch Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 322 f.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 37.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

b) Auszahlungsanspruch aus AGB oder verkehrstypischer Auslegung des Girovertrags Heute wird zur Erklärung eines girovertraglichen Auszahlungsanspruchs einhellig darauf abgehoben, dass dieser entweder aus den AGB der Kreditinstitute oder aber aus der verkehrstypischen Auslegung des Girovertrags folge.334 Nun enthalten weder die AGB der Banken noch diejenigen der Sparkassen eine Bestimmung, nach der dem Kontoinhaber explizit ein Auszahlungsanspruch eingeräumt wird. Zu fragen ist also, ob die verkehrstypische Auslegung des Girovertrags nach § 157 BGB Rückschlüsse auf die Vereinbarung eines Auszahlungsanspruchs zulässt. Als Verkehrssitte kann bei der Auslegung nach § 157 BGB dasjenige unterstellt werden, was sich bei den Angehörigen eines bestimmten Verkehrskreises als einheitliche Anschauung durch tatsächliche Übung herausgebildet hat.335 Es ist unbestritten, dass der Kontoinhaber von seiner Bank – entsprechende Kontodeckung vorausgesetzt – die Barauszahlung eines Betrags fordern kann, wie er auch einen Anspruch darauf hat, dass sein Zahlungsdienstleister für ihn Überweisungen ausführt und Lastschriften oder Schecks einlöst. Dieser Inhalt der bankvertraglichen Beziehung, die in erster Linie den Zweck verfolgt, dem Kontoinhaber die Teilhabe am Zahlungsverkehr zu ermöglichen, ist ohne jeden Zweifel als verkehrstypisch i. S. v. § 157 BGB anzusehen. Damit ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, wie der angestrebte Zahlungsverkehrscharakter des Girovertrags rechtlich gewährleistet wird. Zwar stellt die Annahme einer schlichten Geldforderung die naheliegende Begründung für die Erfassung des allfälligen Zahlungsanspruchs dar.336 Aufgrund der bloßen Existenz dieses Anspruchs wie auch der Ansprüche auf Erbringung unbarer Zahlungsdienste kann aber allenfalls dann auch auf die Verkehrstypizität eines girovertraglichen Auszahlungsanspruchs in Gestalt einer schlichten Geldforderung geschlossen werden, wenn ein solcher erforderlich wäre, um gerade den als verkehrstypisch anzunehmenden Zahlungsverkehrszweck des Girovertrags begründen zu können. Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, besteht jedoch aus bankvertrag­ licher Sicht keine Notwendigkeit für einen autonomen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers. Einen solchen zu unterstellen ist vielmehr unvereinbar in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 51; Carl, DStR 1988, 765, 767; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 210; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  209; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 357 Rn. 4; Welter, S. 15; Zeller, S. 14. 335  Vgl. etwa RGZ 114, 9, 12; Flume, BGB AT, Bd. 2, § 16, 3d). 336  Vgl. BGHZ 84, 325, 331; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§ 607 ff. 334  Bitter,



§ 3  Zahlungsverkehr113

mit der Rechtsnatur des Zahlungsdiensterahmenvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag.337 Allein aus der Tatsache, dass die Teilnahme am Zahlungsverkehr jeden Girovertrag als verkehrstypisches Element prägt, kann daher nicht auch der Rückschluss auf die Existenz eines originär girovertraglichen Auszahlungsanspruchs in Form einer schlichten Geldforderung gezogen werden. Die Verkehrstypizität des Auszahlungsanspruchs kann freilich auch nicht deshalb angenommen werden, weil es eines solchen bedürfte, um die Pfändung in ein Girokonto erklären zu können. Eine derart ergebnisorientierte Argumentation verkennt, dass allein die bankvertraglichen Vorgaben maßgeblich sein können für die rechtliche Ausgestaltung des Girovertrags. c)  Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch Wie die zuvor erörterte Auffassung erweist sich auch diese Ansicht als unvereinbar mit der Einordnung einer Kontobelastung als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB.338 Voraussetzung eines Ersatzanspruchs gem. § 670 BGB ist, dass die Bank Aufwendungen, mithin freiwillige Vermögensopfer, getätigt hat, die sie zur Erfüllung des Auftrags für erforderlich halten durfte. Erachtete man den girovertraglichen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers als Gegenstand der Zuwendung, läge kein Vermögensopfer der Bank vor, wenn sie diesen Anspruch durch Barauszahlung oder durch Erbringung eines unbaren Zahlungsdienstes befriedigte. Denn in diesem Fall büßte der Zahler durch die Ausführung des Zahlungsvorgangs den Anspruch, der gerade Gegenstand der Zuwendung wäre, als Bestandteil seines eigenen Vermögens ein. Die Annahme von Aufwendungen i. S. v. § 670 BGB scheiterte ferner an der fehlenden Freiwilligkeit der Leistung, wenn die Bank Zahlung schon aus selbständigem Rechtsgrund schuldete, weil sie bereits aufgrund des originär girovertraglichen Anspruchs zur Auszahlung verpflichtet wäre. d) Zwischenergebnis Die Ansicht, wonach das allfällige Verfügungsrecht des Kontoinhabers auf einen originär girovertraglichen Auszahlungsanspruch rückführbar ist, vermeidet zwar den Konflikt mit der Kontokorrentbindung, der die Ablehnung eines nicht kontokorrentgebundenen Einlagerückgewähranspruchs aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB begründet hat. Allerdings ver337  Hierzu 338  Hierzu

bereits oben § 3 A. II. 1. oben § 3 B. II.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

mag auch diese Auffassung nicht zu erklären, warum neben den geschäftsbesorgungsrechtlichen Ansprüchen aus dem Girovertrag noch ein originär girovertraglicher Auszahlungsanspruch von Nöten ist, um die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zu erklären. III.  Der „vermittelnde“ Lösungsvorschlag Mülberts Mülbert erkennt sowohl die grundsätzliche Kontokorrentbindung sämt­ licher Einzelansprüche, die es hindert, den Tagessaldoanspruch als Einlagenrückgewähr aufzufassen, als auch den geschäftsbesorgungsrechtlichen Charakter des Girovertrags an, durch den sich eine Bank gegenüber dem Kontoinhaber in erster Linie zur Geschäftsbesorgung verpflichtet.339 Gleichzeitig sei aber unbestritten, dass der Tagessaldoanspruch als Geldforderung gem. § 829 ZPO gepfändet werden könne. Um dieses Ergebnis trotz der Kontokorrentbindung und der Rechtsnatur des Girovertrags dogmatisch zu begründen, nimmt Mülbert an, dass sich die Bank bei der Errichtung eines Kontokorrentkontos dazu verpflichte, dem Kunden stets einen abstrakten Zahlungsanspruch gem. § 780 BGB außerhalb des Kontokorrents und in Höhe des jeweiligen Tagessaldos einzuräumen.340 Neben das abstrakte Schuldanerkenntnis, das die Bank abgibt, wenn sie einen Zahlungseingang gem. § 675t Abs. 1 BGB auf dem Empfängerkonto verfügbar macht, tritt nach dieser Ansicht noch ein zweites, jederzeit als Geldforderung zu realisierendes abstraktes Anerkenntnis. Da dieses nicht der Kontokorrentbindung unterliege, könne es jederzeit gepfändet werden. Wie bereits in den obigen Ausführungen deutlich geworden ist, besteht aus zahlungsverkehrsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit für die Annahme eines autonomen Auszahlungsanspruchs, der neben den geschäftsbesorgungsrechtlichen Ansprüchen aus dem Girovertrag besteht. Es ist daher nicht ersichtlich, warum der Parteiwille auf eine doppeltes Schuldanerkenntnis gerichtet sein sollte. Der Lösungsvorschlag Mülberts leidet außerdem darunter, dass in der Geltendmachung des Tagessaldos einerseits eine Leistung auf das abstrakte Schuldanerkenntnis liegen, andererseits aber dieser Vorgang als Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB Berücksichtigung finden soll.341 Schon an anderer Stelle ist nachgewiesen worden, dass sich die Annahme einer tilgenden Leistung nicht mit der Entstehung von Aufwendungen als Folge der Zahlungsausführung vereinbaren 339  Mülbert,

in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 275 f. in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 276; vgl. auch Derleder / Knops /  Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 54: Mit Gutschrift entsteht ein abstrakter Anspruch aus Gutschrift, der unmittelbar geltend gemacht werden kann. 341  Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 276. 340  Mülbert,



§ 3  Zahlungsverkehr115

lässt.342 Letztlich ist der Ansatz Mülberts ausschließlich vom Ergebnis der Vollstreckbarkeit des Tagessaldoanspruchs her konstruiert. IV.  Geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis des Girovertrags Im Vorfeld der Entscheidungen des BGH zur Pfändbarkeit von Tagessalden aus dem Jahr 1982 wurde die Zahlungsabwicklung von Teilen des Schrifttums allein unter Rückgriff auf die geschäftsbesorgungs- und auftragsrechtlichen Normen interpretiert, ohne gleichzeitig die Notwendigkeit eines hiervon zu trennenden, wie auch immer rechtlich zu begründenden Auszahlungsanspruchs anzuerkennen. Andere Autoren haben sich zwar nicht ausdrücklich für ein rein geschäftsbesorgungsrechtliches Verständnis des Giroverkehrs ausgesprochen, den Anspruch des Kontoinhabers auf Barauszahlung eines Guthabens aber gleichwohl als „integralen“ Bestandteil des Girovertrags angesehen.343 Das diesen Ansichten zugrunde liegende, geschäftsbesorgungsrechtliche Verständnis von der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto deckt sich mit der hier aufgeworfenen These, nach der ein Kontoguthaben einem Kontoinhaber nicht einen originären Auszahlungsanspruch, sondern lediglich einen solchen auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag vermittelt,344 sowie der hiesigen Interpretation der Vorgänge bei der „Übertragung“ einer Buchgeldposition.345 1.  Grundsätze des Zahlungsverkehrs nach geschäftsbesorgungsrechtlicher Interpretation Den Ausgangspunkt des geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnisses bildet die grundsätzliche Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen auf dem Girokonto. Diese hindert es insbesondere, eine Leistung auf den allfälligen Auszahlungsanspruch als Tilgung eines kontokorrentgebundenen Rechnungspostens aufzufassen, zumal eine entsprechende „reale“ Saldoforderung während einer Rechnungsperiode auch deswegen nicht besteht, weil sich die Einzelposten bis zur Saldierung am Ende einer Kontokorrentperio342  Dazu

oben § 3 B. II. 4. vor buchungstechnischem Hintergrund Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1213 ff., und ähnlich Canaris, WM 1996, 239, 243; in jüngerer Zeit für einen einheitlichen Bankvertrag Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 274, und zuvor schon ders., in: FS Kümpel (2003), S. 395, passim; sympathisierend noch Palandt / Sprau, BGB71, § 675f Rn. 27, abweichend seit der 72. Aufl., § 675f Rn. 27. 344  s. hierzu § 3 A. III. 345  Hierzu oben § 3 B. 343  Vgl.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

de unverrechnet gegenüber stehen.346 Ein Auszahlungsanspruch des Kunden kann daher nicht als Anspruch auf Rückgewähr aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB allein aus dem nur rechnerischen Tagessaldo gefolgert werden. Zur Realisierung dieses Buch- oder Giralgeldpostens und zur Auflösung des Widerspruchs zwischen kontokorrentrechtlicher Lähmung und jederzeitigem Verfügungsrecht des Kunden bedarf es vielmehr notwendigerweise des Girovertrags. Dieser verschafft dem Kontoinhaber in Höhe des rechnerischen Kontosaldos einen Anspruch auf Ausführung von Zahlungsdiensten, der nach neuem Recht aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag folgt.347 Dabei ist der Anspruch nicht ausschließlich auf die Vermittlung bargeldloser Zahlungsdienste gerichtet. Er umfasst vielmehr – wie zum Teil ausdrücklich schon vormals vertreten –348 auch Barauszahlungen als aufwendungsersatzpflichtige Geschäftsbesorgungen.349 Bestätigt wird diese Sichtweise durch den bereits entwickelten actus contrarius-Gedanken.350 Erfolgt auch infolge der Bareinzahlung auf ein Konto stets eine Transformation des eingezahlten Barbetrags in Buchgeld, § 675t Abs. 2 BGB, ist eine Bar­ auszahlung nicht lediglich als schlichte Einlagenrückgewähr zu qualifizieren. Vielmehr erbringt die Bank bei einer Auszahlung ebenfalls einen Zahlungsdienst, indem sie die Buchgeldposition erneut umwandelt. Die für den Zahlungsvorgang erforderlichen Mittel stellt der Zahlungsdienstleister zunächst aus seinem eigenen Vermögen zur Verfügung und erlangt hierfür gegen den Kontoinhaber einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, den er saldomindernd in das Kontokorrent einstellt.351 Der auf dem Konto ausgewiesene Tagessaldo kann deshalb nicht selbst Gegenstand eines Zahlungsvorgangs sein. Stattdessen fungiert er ausschließlich als Deckung und Kontrollposten, indem er dem Kreditinstitut und dem Kunden Aufschluss über den gegenwärtigen Stand einer rein rechnerischen Saldierung gibt.352 Einerseits kann die Bank anhand des Tagessal346  Vgl.

hierzu schon § 3 C. II. 1. b) bb) (2). bereits Beeser, AcP 155 (1956),  418,  428 f. 348  Hierfür explizit Berger, ZIP 1981, 583, 585; ders., ZIP 1980, 946, 949; Schwefer, S. 115 ff.; ausdrücklich ablehnend noch Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 26. 349  So jetzt ausdrücklich auch Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 86; diese Sichtweise überdehnt nach Ansicht E. Wagners, ZIP 1985, 849, 850 f., die Funktion des Kontokorrents; zustimmend Regerbis, S. 55. 350  Vgl. hierzu oben § 3 B. III. 3. 351  Dazu oben § 3 B. II. 352  Beeser, AcP 155 (1956),  418,  429; Berger, ZIP 1981, 583, 585; ders., ZIP 1980, 946, 949; Häuser, ZIP 1983, 891, 894; Schäfer, S. 45 f.; Sühr, WM 1981, 1149, 1150; Terpitz, WM 1979, 570, 574. 347  Ähnlich



§ 3  Zahlungsverkehr117

dos absehen, in welcher Höhe sie wegen der gegen sie gerichteten Ansprüche des Kontoinhabers noch Kontoverfügungen zulassen kann, ohne die Befolgung eines Zahlungsauftrags von einem Vorschuss des Kontoinhabers abhängig machen zu müssen, wie es § 669 BGB ihr ermöglicht.353 Andererseits markiert die Kontodeckung den Verfügungsrahmen des Kunden, dem in Höhe des Tagessaldos ein Anspruch auf Erbringung eines Zahlungsdienstes gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zusteht. 2.  Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts Lässt sich die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto damit widerspruchsfrei erfassen, wenn man sie geschäftsbesorgungsrechtlich interpretiert, bedarf es näherer Untersuchung, ob sich diese Sichtweise mit den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts vereinbaren lässt. Schon eingangs ist freilich einzuräumen, dass die Zahlungsdiensterichtlinie zuvorderst die Harmonisierung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs354 in den Mitgliedsstaaten und die Schaffung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens für die EUweite Abwicklung von Zahlungsdiensten verfolgt.355 Vor diesem Hintergrund lassen sich der Richtlinie ausdrückliche Aussagen über die Existenz und die Erforderlichkeit eines autonomen Barauszahlungsanspruchs nicht entnehmen, zumal die Bestimmungen in erster Linie eine Dreipersonenkonstella­ tion unter Beteiligung von Zahler, Zahlungsempfänger und Zahlungsdienstleister im Blick haben. Entsprechend hat der nationale Gesetzgeber die Vorschriften der §§ 675c ff. BGB als Rechtsrahmen für die Abwicklung bargeldloser Zahlungen konzipiert.356 Gleichwohl lassen einige Regelungen Rückschlüsse auch auf bare Zahlungswege zu und enthalten vielfach Bestimmungen für das Deckungsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und seiner Bank.

353  Sühr, WM 1981, 1149, 1150, und Terpitz, WM 1979, 570, 574, betonen, dass die Bank dem Kontoinhaber einen Vorschuss auf den späteren kontokorrentrecht­ lichen Abschlusssaldo gewähre, was einer Kreditgewährung gleichkomme. 354  Erwägungsgrund (19) nimmt Barzahlungen ausdrücklich vom Geltungsbereich der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG) aus, weil es für diese bereits einen funktionierenden Binnenmarkt gebe. Als Barzahlungen in diesem Sinne sind indessen nur Konsumgeschäfte nicht aber auch der bare Zahlungsverkehr mit einem Zahlungsdienstleister ausgenommen, vgl. Art. 3 lit. a) der Richtlinie. 355  Vgl. Erwägungsgrund (4) der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG); BTDrs. 16 / 11643, S. 66; Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 2 ff. 356  s. BT-Drs. 16 / 11643, S. 98 f.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

a) Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsauftrags aus § 675o Abs. 2 BGB Es fehlt in den Vorschriften der §§ 675c ff. BGB wie schon unter der vormaligen Rechtslage an einer Regelung, die dem Kontoinhaber ausdrücklich einen Auszahlungsanspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister einräumt. Als normativer Anknüpfungspunkt für die Vereinbarkeit von Kontokorrentbindung und Zahlungsverkehrscharakter ist an anderer Stelle die Regelung des § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ausgemacht worden.357 Hiernach steht dem Kontoinhaber ein Anspruch auf Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags gegen seinen Zahlungsdienstleister zu, sofern die zuvor im Zahlungsdiensterahmenvertrag fest­ gelegten Ausführungsbedingungen eingehalten sind, also insbesondere ausreichende Kontodeckung vorhanden ist. Vor dem Hintergrund, dass eine Pflicht zur Zahlungsausführung bzw. zur Vornahme einer Überweisung schon unter der alten Rechtslage angenommen wurde,358 hat die Vorschrift des § 675o Abs. 2 BGB lediglich klarstellenden Charakter,359 wenn sie auch gegenständlich nicht wie noch § 676a BGB a. F. auf Giroüberweisungen beschränkt ist, sondern sämtliche Zahlungsvorgänge i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB erfasst.360 Für die hier zu untersuchende Fragestellung, ob weiterhin – wie von der herrschenden Meinung befürwortet – ein selbständiger Auszahlungsanspruch besteht, der Gegenstand der geschäftsbesorgungsrechtlichen Zahlungsdienste ist, oder ob § 675o Abs. 2 BGB als tragfähige Grundlage für die hiesige Auffassung taugt, lässt sich der isolierten Betrachtung der Vorschrift folglich nichts entnehmen. b)  Umfassender Regelungsanspruch des neuen Zahlungsverkehrsrechts Zwar weicht der Regelungsgehalt des § 675o Abs. 2 BGB nicht ab von den schon zuvor geltenden Grundsätzen. Beachtlich ist allerdings die Tatsache, dass § 675o Abs. 2 BGB überhaupt eine spezielle Regelung gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 665 BGB erfahren hat, die über den Verweis des § 675c Abs. 1 BGB entsprechend auch im Zahlungsverkehrsrecht zur Anwendung berufen ist. Dies ist in erster Linie dem europäischen Ursprung der Norm geschuldet. So ist die Zahlungsdiensterichtlinie auf die Vollharmonisierung der in den Mitgliedsstaaten geltenden Vorschriften des 357  Hierzu

oben § 3 A. III. oben § 3 A. III. 1. 359  Vgl. BT-Drs. 16 / 11643, S. 108. 360  Rösler / Werner, BKR 2009, 1, 6. 358  Vgl.



§ 3  Zahlungsverkehr119

zivilen Zahlungsverkehrsrechts und des Zahlungsaufsichtsrechts gerichtet, vgl. Art. 86 der Richtlinie auch zu enumerativen Abweichungsmöglichkeiten.361 Angesichts der schon bislang geltenden Grundsätze hätte es einer ausdrücklichen Umsetzung von Art. 65 Abs. 2 der Richtlinie in § 675o Abs. 2 BGB allerdings nicht bedurft.362 Denn ungeachtet des Ziels der Vollharmonisierung ist die Richtlinie gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV lediglich hinsichtlich ihres Regelungsziels bindend, nicht aber im Hinblick auf die von den Mitgliedsstaaten unternommenen Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels.363 Eben das Ziel des Art. 65 Abs. 2 ZD-RL, dem Schuldner unter den zuvor vereinbarten Bedingungen einen Ausführungsanspruch einzuräumen, war schon unter der alten Rechtslage durch die Weisungsgebundenheit des Auftragnehmers nach § 665 BGB realisiert, zumal der Auftragnehmer auch hiernach schon für anzeigepflichtig gegenüber dem Auftraggeber gehalten wurde,364 vgl. nun § 675o Abs. 1 BGB.365 Zur Umsetzung der Richtlinie und Rückkehr zum auftragsrechtlichen Verständnis des Überweisungsverkehrs hätte es insoweit lediglich einer Streichung des systemfremden Überweisungsvertrags in § 676a BGB a. F. gebraucht.366 Wenn das Zahlungsverkehrsrecht nun in § 675o Abs. 2 BGB gleichwohl eine ausdrückliche Regelung enthält, ist das einerseits bedingt durch die weitestgehend wortgleiche Transformation der Richtlinie in deutsches Recht.367 Andererseits zeugt die Normierung der schon aus den auftragsrechtlichen Vorschriften begründbaren Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleister davon, dass das Zahlungsdiensterecht der §§ 675c ff. BGB nunmehr – vorbehaltlich des Verweises in § 675c Abs. 1 BGB – ein weitestgehend abgeschlossenes System zur Abwicklung des Giroverkehrs abbil361  BT-Drs. 16 / 11643, S. 98; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 46 Rn. 21; ­Nobbe, WM 2011, 961; Rösler / Werner, BKR 2009, 1; Staudinger / Omlor, 2012, Vorbem. zu §§ 675c-676c Rn. 10 ff. 362  Anderes gilt freilich für die Präzisierung der auch bislang schon angenommenen Benachrichtigungspflichten des Zahlungsdienstleister bei Ablehnung eines Zahlungsauftrags in § 675o Abs. 1 BGB sowie namentlich die Möglichkeit, ein Entgelt für die Unterrichtung über eine Ablehnung zu vereinbaren, § 675o Abs. 1 S. 4 BGB, die zurückgehen auf Art. 65 Abs. 1 der Richtlinie; vgl. Grundmann, WM 2009, 1109, 1115. 363  Vgl. etwa Calliess / Ruffert / Ruffert, EUV / AEUV4, Art. 288 Rn. 23, 26 ff. 364  Vgl. Grundmann, WM 2009, 1109, 1115. 365  Unter Geltung des § 676a BGB a. F. folgte eine Pflicht des Kreditinstituts, dem Kontoinhaber die Ablehnung seines Antrags auf Abschluss eines Überweisungsvertrags anzuzeigen, schon aus dem Umstand, dass ein Unterlassen der Anzeige als Schweigen i. S. v. § 362 HGB aufgefasst werden konnte und damit letztlich zum Vertragsschluss geführt hätte; vgl. Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.160. 366  Vgl. auch MünchKomm / Casper, BGB6, § 675o Rn. 5. 367  Vgl. Grundmann, WM 2009, 1109, 1110.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

det.368 Gleiches gilt im Übrigen für weitere bislang aus dem Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht hergeleitete Ausgestaltungen der girovertraglichen Beziehung zwischen Kreditinstitut und Kontoinhaber. So trifft etwa § 675t BGB nun eine Regelung über den ehemals sog. Anspruch auf Gutschrift369 und normiert § 675u BGB die Folgen eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs. Für die konkrete Fragestellung nach einem neben den Vorschriften des Zahlungsdiensterechts bestehenden, selbständigen Auszahlungsanspruch folgt aus dem umfassenden Regelungsanspruch des Zahlungsverkehrsrechts, dass eine innerhalb des Normengefüges gefundene Begründung für die allzeitige Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers den Vorzug verdient vor einer solchen, die sich zur Begründung des Giroverkehrs externer Rechts­ institute bedient, wie insbesondere eines von diesen Vorschriften weder geregelten noch explizit vorausgesetzten eigenständigen Auszahlungsanspruchs.370 Negativ folgt aus der erschöpfenden Regelungssystematik der §§ 675c ff. BGB, dass ein Auszahlungsanspruch jedenfalls nicht aus der verkehrstypischen Auslegung des Zahlungsdiensterahmenvertrags gefolgert werden kann.371 Zwar sind Zahlungsdiensterahmenvertrag und Girovertrag nicht vollständig kongruent und beinhaltet der Girovertrag gegenüber ersterem eine Reihe von Zusatzvereinbarungen gem. § 675f Abs. 2 S. 2 BGB.372 Wenn aber die Zahlungsabwicklung auch auf Grundlage eines „bloßen“ Zahlungsdiensterahmenvertrags nach den §§ 675c ff. BGB gewährleistet ist, kann nicht angenommen werden, bei einem Girokonto bestehe die bankvertragliche Notwendigkeit für einen ungeschriebenen Auszahlungsanspruch, die es rechtfertigte, einen solchen als verkehrstypisch vereinbart zu konstruieren.

368  Ähnlich auch Nobbe, WM 2011, 961; Palandt / Sprau, BGB71, § 675f Rn. 27, abweichend seit der 72. Aufl., § 675f Rn. 27. 369  Hierzu bereits oben § 3 B. III. 3. d). 370  In diesem Sinne jetzt auch Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 86; s. auch Palandt / Sprau, BGB71, § 675f Rn. 27, der aufgrund der umfassenden Regelungen der §§ 675c ff. BGB von einem einheitlichen Girovertragsverhältnis ausging und damit einen zuvor schon von Mülbert, in: FS Canaris (2007), S. 271, S. 274, und ders., in: FS Kümpel (2003), S. 395, passim, zur alten Rechtslage befürworteten Ansatz aufgegriffen hat, wenn auch beide Autoren einen eigenständigen Auszahlungsanspruch aus diesem Vertragsverhältnis unterstellten; anders freilich jetzt Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 27. 371  So aber Teile der herrschenden Meinung, vgl. oben § 3 C. II. 2. 372  Vgl. hierzu bereits § 3 A. II.



§ 3  Zahlungsverkehr121

c)  Barauszahlung als Zahlungsvorgang i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB Die Bedeutung des neuen Zahlungsverkehrsrechts für die hier zu untersuchende Fragestellung wird in vollem Umfang deutlich, wenn man die vorangegangenen Ausführungen um eine Betrachtung des § 675f Abs. 3 S. 1 BGB ergänzt. Nach dieser Vorschrift wird gerade auch die Bereitstellung und Barabhebung eines Geldbetrags als „Zahlungsvorgang“ erfasst.373 Vor dem Hintergrund des umfassenden Regelungsanspruchs der Zahlungsverkehrsvorschriften veranlasst diese Vorschrift zu der Schlussfolgerung, dass nun auch der von der einhelligen Auffassung unterstellte autonome Auszahlungsanspruch – wenn auch nicht beabsichtigt – in das Zahlungsdiensterecht integriert wurde.374 Der Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens folgt danach weder aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB noch aus verkehrstypischer Auslegung des Girovertrags, sondern als ein Anspruch des Kontoinhabers gegen seine Bank auf Erbringung eines Zahlungsdienstes in Form einer Barauszahlung gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.375 d)  Zahlungsvorgang, Zahlungsauftrag, Zahlungsdienst und Zahlungskonto Die Frage, ob die Erwähnung der Barzahlung in § 675f Abs. 3 S. 1 BGB als Grundlage für die Abkehr von der bislang unbestrittenen Dogmatik der girovertraglichen Zahlungsabwicklung taugt, ist unter Berücksichtigung des übrigen Zahlungsverkehrsrechts zu beantworten. Namentlich ist die hier vertretene Ansicht auf ihre Vereinbarkeit mit den zentralen Begrifflichkeiten des Zahlungsverkehrsrechts zu untersuchen. aa)  § 675o Abs. 2 BGB: Anspruch auf Ausführung eines „Zahlungsauftrags“ Als Zahlungsvorgang i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB versteht der Gesetzgeber den tatsächlichen Zahlungsfluss von Bar- oder Buchgeld.376 § 675o Abs. 2 BGB räumt dem Zahler nun jedoch einen Anspruch auf Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags ein, den § 675f Abs. 3 S. 2 BGB als 373  Vgl. zum alten Recht Regerbis, S. 44, nach der bare Ein- und Auszahlungen zum Inhalt des Girogeschäfts gerechnet wurden. 374  So zuvor bereits einige Literaturstimmen, vgl. oben § 3 C. IV. 1. 375  So bereits zum alten Recht Berger, ZIP 1980, 946, 949; Schwefer, S.  115 ff. 376  BT-Drs. 16 / 11643, S. 102; Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 16; Schwintowski, § 8 Rn. 47.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Auftrag zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs umschreibt. Gegen die hier befürwortete Auffassung ließe sich auf dieser Grundlage einwenden, dass die Barabhebung als Zahlungsvorgang nicht Gegenstand des auf die Ausführung eines Zahlungsauftrags gerichteten Anspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag sei. Vielmehr – so könnte weiter argumentiert werden – sei die Barabhebung als notwendiger tatsächlicher Begleitumstand der Ausführung eines Zahlungsauftrags zu verstehen, der aber nicht selbst Inhalt des Ausführungsanspruchs sei. Erfasste der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag aber nicht auch die Barabhebung, taugte dieser Anspruch nicht, die Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos trotz Kontokorrentbindung umfassend, also einschließlich eines Anspruchs auf Barauszahlung, wieder herzustellen.377 Die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos wäre vielmehr – wie von der herrschenden Meinung befürwortet –378 außerhalb der Zahlungsverkehrsvorschriften zu suchen. Eine dahingehende Interpretation des § 675o Abs. 2 BGB läge nicht fern vor dem Hintergrund des primären Regelungszwecks der Zahlungsdiensterichtlinie und der Umsetzungsvorschriften in §§ 675c ff. BGB, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu schaffen.379 Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass ein Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB gerade einen Zahlungsvorgang gem. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB initiiert und stets auch seine Autorisierung gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB beinhaltet.380 Der Zahlungsvorgang, also auch eine Barzahlung, ist nicht lediglich Begleitumstand eines Zahlungsauftrags, sondern Gegenstand der Zahlungsweisung und damit des Ausführungsanspruchs. Dies ergibt sich unzweifelhaft schon aus § 675f Abs. 2 S. 1 BGB, wenn der Zahlungsdienstleister aufgrund des Zahlungsdiensterahmenvertrags zur Ausführung von Zahlungsvorgängen verpflichtet ist. § 675o Abs. 2 BGB konkretisiert lediglich diese in § 675f Abs. 2 S. 1 BGB normierte Ausführungspflicht. Dass der Zahlungsvorgang den Gegenstand des Ausführungsanspruchs bildet und Bezugspunkt der Autorisierung ist, ist zudem daraus ersichtlich, dass das Gesetz im Übrigen stets von der „Ausführung von Zahlungsvorgängen“ handelt, so etwa in §§ 675f Abs. 1 a. E., 675u S. 1, 675w S. 1, 675x BGB und der amtlichen Überschrift des Unterkapitels 2 zu §§ 675n-675t BGB. Der missverständliche Wortlaut des § 675o Abs. 2 BGB erklärt sich vor dem Hintergrund, dass das Gesetz zwischen der Weisung, einen Zahlungs377  Hierzu

oben unter § 3 A. III. herrschenden Meinung oben unter § 3 C. II. 379  Vgl. hierzu schon oben einleitend unter § 3 C. IV. 2. 380  Hierzu bereits oben § 3 A. II. 3. c). 378  Zur



§ 3  Zahlungsverkehr123

vorgang durchzuführen, also dem Zahlungsauftrag gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB, und der Autorisierung gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB unterscheidet. Damit weicht die gesetzliche Konzeption hier von derjenigen des Auftragsrechts ab. Dort wird die Auftragsausführung durch eine Weisung gem. § 665 BGB gleichermaßen angestoßen und legitimiert. Bereits an anderer Stelle ist dargelegt worden, dass ein vom Zahler erteilter Zahlungsauftrag tatsächlich stets auch eine Autorisierung enthält.381 Weil das Gesetz aber zwischen Weisung und Autorisierung unterscheidet, war es vermeintlich angezeigt, dem Zahlungsdienstleister in § 675o Abs. 2 BGB ein Ablehnungsrecht für den Fall einzuräumen, dass der Zahler einen nicht autorisierten Zahlungsauftrag erteilt. Der Zahler verhielte sich jedoch in tatsächlicher Hinsicht widersprüchlich, wenn er die Ausführung eines Zahlungsvorgangs begehrte, sich gleichzeitig aber weigerte, ihn auch zu autorisieren. Schon aus diesem Grund wäre einem derartigen Zahlungsauftrag die Rechtsverbindlichkeit abzusprechen. Ungeachtet der gesetzlich angelegten Differenzierung ist somit zu erkennen, dass eine tatsächlich stets einheitliche Zahlungsweisung neben einem Zahlungsauftrag auch immer eine Autorisierung beinhaltet. Der Zahlungsauftrag ist daher auch unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts einer auftragsrechtlichen Weisung gem. § 665 BGB vergleichbar. § 675o Abs. 2 BGB ist vor diesem Hintergrund insoweit missverständlich, als er den Zahlungsauftrag als Gegenstand des Ausführungsanspruchs und der Autorisierung erscheinen lässt. Berichtigend ist die Bestimmung dahingehend zu verstehen, dass der Zahler gegen den Zahlungsdienstleister einen grundsätzlichen Anspruch auf Ausführung eines durch Zahlungsauftrag autorisierten Zahlungsvorgangs hat. Die Ablehnung eines „autorisierten Zahlungsauftrags“ gem. § 675o Abs. 2 BGB ist im Sinne einer „Zurückweisung“ oder „Nichtbefolgung“ des Zahlungsauftrags zu interpretieren. Ist der Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag somit richtiger Lesart nach auf die Ausführung eines Zahlungsvorgangs gerichtet, kann der Einwand, Gegenstand des Anspruchs sei nicht auch eine Barzahlung, vgl. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB, nicht durchdringen. bb)  Auszahlungsanspruch als Zahlungsdienst i. S. d. §§ 675c ff. BGB Die Zahlungsverkehrsvorschriften der §§ 675c ff. BGB finden ausschließlich Anwendung auf die Erbringung von Zahlungsdiensten.382 Es gilt daher zu untersuchen, ob auch die Auszahlung eines Geldbetrags als Erbringung 381  Hierzu

und zum Folgenden bereits oben § 3 A. II. 3. c). BGB73, § 675c Rn. 2; Staudinger / Omlor, 2012, § 675c Rn. 1.

382  Palandt / Sprau,

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

eines Zahlungsdienstes in diesem Sinne verstanden werden kann383 oder ob die Normen des Zahlungsdiensterechts implizit einen eigenständigen Auszahlungsanspruch voraussetzen. (1)  Der aufsichtsrechtliche Begriff des „Zahlungsdienstes“ Der Begriff des Zahlungsdienstes ist im zivilen Zahlungsverkehrsrecht des BGB nicht definiert. § 675c Abs. 3 BGB erklärt allerdings die Begriffsbestimmungen des KWG und des ZAG für die Zwecke der nachfolgenden Vorschriften für anwendbar. Welche Bankgeschäfte als Zahlungsdienste den Vorschriften der §§ 675c ff. BGB unterfallen, legt § 1 Abs. 2 ZAG in Übereinstimmung mit dem Anhang der Zahlungsdiensterichtlinie fest, wobei die Ausnahmen in § 1 Abs. 10 ZAG zu beachten sind. Der nationale Gesetzgeber definiert die dort genannten Zahlungsdienste als „privatrechtlich begründete Dienstleistungen eines an einem gegebenen Grundgeschäft nicht beteiligten Dritten […], die dem Zahler helfen oder ihn erst imstande setzen sollen, Bar-, elektronisches oder Buchgeld von ihm auf den Zahlungsempfänger zu übertragen.“384 Gemeinsam ist sämtlichen Zahlungsdiensten nach § 1 Abs. 2 ZAG, dass sie „die (beabsichtigte) Übermittlung von gesetzlichen Zahlungsmitteln (Bargeld), (gesetzliche Zahlungsmittel vertretendes) Buchgeld oder elektronischem Geld, das im Austausch für Bargeld, Buchgeld oder anderen, sich letztlich aber auch von Bargeld oder Buchgeld ableitenden elektronischen Geld geschaffen worden ist,“385 zum Gegenstand haben. (2)  § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG: Ein- und Auszahlungsgeschäft Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG fallen unter den Begriff des Zahlungsdienstes solche Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto oder Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Ein- oder Auszahlungsgeschäft). Diese Begriffsbestimmung legt es nahe, auch einen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers als Auszahlungsgeschäft i.  S.  d. Vorschrift und damit als Zahlungsdienst aufzufassen.386 Zwar ließe sich hiergegen argumentieren, dass § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG nur solche Dienste erfasse, die eine Ein- und Auszahlung lediglich ermöglichten, nicht jedoch 383  So Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 86; Fornasier, WM 2013, 205, 209; a. A. etwa Staudinger / Omlor, 2012, § 675c Rn. 8. 384  BT-Drs. 16 / 11613, S. 32. 385  BT-Drs. 16 / 11613, S. 32. 386  So noch Palandt / Sprau, BGB71, § 675c Rn. 4; s. auch MünchKomm / Casper, BGB6, § 675c Rn. 4; a. A. Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 8.



§ 3  Zahlungsverkehr125

die Ein- und Auszahlung an sich.387 Ein solches Verständnis widerspräche indes einerseits dem Wortverständnis der weit auszulegenden388 Bezeichnung „Ein- oder Auszahlungsgeschäft“ und andererseits der Tatsache, dass auch der Gesetzgeber in seiner Definition des „Zahlungsdienstes“ von der Unterscheidung zwischen Bar- und Buchgeld ausgeht. Aus diesem Grund kann es eine schlichte Auszahlung nicht geben, sondern bedarf es vielmehr einer Zahlungsdienstleistung der Bank, die das Buchgeld oder die Konto­ deckung in Bargeld überführt.389 Hierfür spricht schon, der zu § 675t Abs. 2 BGB entwickelte actus-contrarius-Gedanke. Erfolgt nach einer Bareinzahlung eine qualitative Transformation in Buchgeld, muss umgekehrt auch der Auszahlung ein entsprechender Umwandlungsakt vorausgehen.390 (3)  Zahlungsdienste auch in Zweipersonenkonstellationen Vor dem Hintergrund von § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG kann auch gegen die Erfassung des Auszahlungsanspruchs als Zahlungsdienst nicht eingewandt werden, dass Zahlungsdienste nach dem Begriffsverständnis des Gesetzgebers die Beteiligung von drei Personen, Zahler, Zahlungsempfänger und Zahlungsdienstleister, voraussetzten, wie angesichts der allgemeinen Definitionen von Zahlungsdiensten durchaus anzunehmen wäre. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG belegt nun aber, dass auch Zweipersonenkonstellationen bei Ein- und Auszahlungsgeschäften grundsätzlich als Zahlungsdienste angesehen werden können. (4)  Ausnahmetatbestände in § 1 Abs. 10 ZAG Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der These von der Barauszahlung als Zahlungsdienst i. S. v. § 1 Abs. 2 ZAG ergibt ein Umkehrschluss zu einigen der Ausnahmetatbestände in § 1 Abs. 10 ZAG.391 Wenn hiernach bestimmte Barzahlungen, wie die unmittelbare Barzahlung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger (Nr. 1), sog. reverse Bargeldzahlungen (Nr. 4) und die Entgegennahme und Übergabe im Rahmen einer gemeinnützigen Tätigkeit (Nr. 15) nicht als Zahlungsdienst i. S. v. § 1 Abs. 2 ZAG gelten, ist e contrario anzunehmen, dass jedenfalls die Barauszahlung eines Zahlungsdiesem Sinne Staudinger / Omlor, 2012, § 675c Rn. 9. ZAG, § 1 Rn. 169. 389  s. auch Jauernig / Berger, BGB15, § 675f Rn. 1. 390  Dazu oben § 3 B. III. 3. 391  Vgl. hierzu auch Erwägungsgrund (6) der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 /  EG). 387  In

388  Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen,

126

1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

dienstleister an seinen Kunden einen Zahlungsdienst darstellt.392 Wenn schon sämtliche Barzahlungen nicht unter § 1 Abs. 2 ZAG zu subsumieren wären, wären die genannten Ausnahmetatbestände überflüssig. (5)  § 1 Abs. 2 Nr. 3 ZAG: Zahlungsvorgänge mit Kreditgeschäft In § 1 Abs. 2 Nr. 3 ZAG werden Zahlungsgeschäfte mit Kreditgeschäft gesondert erwähnt. Zahlungsvorgänge, die mit einer Kreditgewährung verbunden werden können, sind gemäß ausdrücklichen Verweises nur die unbaren Zahlungsdienste i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZAG, nicht aber auch bare Ein- und Auszahlungen i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG. § 1 Abs. 2 Nr. 3 ZAG scheint daher auf den ersten Blick auf eine unterschiedliche Behandlung von unbaren Zahlungsvorgängen und Ein- und Auszahlungen im Hinblick auf die ihnen zugrundeliegende Kontodeckung hinzudeuten. Dies könnte man insoweit als Einwand gegen den hier befürworteten Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auffassen, als der Tagesaldo nicht lediglich rechnerischer Kontrollposten für Bank und Kunde ist, sondern es für die Zahlungsabwicklung, respektive einen Auszahlungsanspruch, entscheidend auf die Art der Deckungsgrundlage ankommt.393 Die besondere Behandlung bargeldloser Zahlungsdienste mit Kreditgewährung erklärt sich indessen vor dem Hintergrund, dass Zahlungsinstitute, die nicht gleichzeitig auch Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsunternehmen nach § 1 Abs. 1, 1a KWG sind, grundsätzlich nur sog. „technische“ Kredite im Zusammenhang mit einem Zahlungsdienst vergeben können, vgl. § 2 Abs. 3 ZAG, und deshalb nicht auch Barkredite gewähren dürfen.394 Diese aufsichtsrechtliche Differenzierung erlaubt aber nicht auch den Schluss darauf, dass für die hier zu untersuchenden Fälle, in denen der Zahlungsdienstleister ausnahmslos ein Kreditinstitut i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG ist, das aufgrund seiner Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG gem. § 1 Nr. Abs. 1 Nr. 1 KWG Einlagen entgegennehmen und nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG Gelddarlehen gewähren darf, grundsätzlich ein Unterschied zwischen den einheitlich als „Zahlungsdienste“ umschriebenen baren und unbaren Zahlungsvorgänge zu machen wäre.

392  Vgl.

LG Bamberg WM 2012, 2285, 2286. hierzu § 3 A. III. 394  Vgl. auch BT-Drs. 16 / 11613, S. 42. 393  Vgl.



§ 3  Zahlungsverkehr127

(6) Zwischenergebnis Nach dem Überblick über die durch Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie eingeführte Terminologie kann auch die Barauszahlung des Zahlungsdienstleisters an den Zahlungsdienstnutzer begrifflich als Zahlungsdienst erfasst werden.395 cc) Zahlungskonto als Inbegriff der Forderung des Kontoinhabers, § 1 Abs. 3 ZAG § 1 Abs. 3 ZAG definiert das Zahlungskonto, auf das die Zahlungsverkehrsvorschriften des BGB mehrfach Bezug nehmen, als auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer(s) lautendes und der Ausführung von Zahlungsvorgängen dienendes Konto, das die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister innerhalb der Geschäftsbeziehung buch- und rechnungsmäßig darstellt und für den Zahlungsdienstnutzer dessen jeweilige Forderung gegenüber dem Zahlungsdienstleister bestimmt. Ein Anspruch des Kontoinhabers gegen seinen Zahlungsdienstleister ergibt sich nach dieser Definition aus dem Zahlungskonto, das nicht auf einer gesonderten Vertragsbeziehung beruht, sondern Gegenstand des Zahlungsdiensterahmenvertrags ist, vgl. § 675f Abs. 2 S. 1 BGB. Wenn sich aber die Forderungen des Kontoinhabers gegen seine Bank allein aufgrund des Zahlungskontos bestimmen, besteht kein Raum für einen zusätzlich anzunehmenden Verwahrungs- oder Kreditvertrag, aus dem die Ansprüche des Kontoinhabers, insbesondere auf Auszahlung, resultieren sollen. (1)  Bloße Zahlungskonten Dies gilt jedenfalls für reine Zahlungskonten, die bei einem Zahlungsinstitut unterhalten werden, zumal diese schon aufsichtsrechtlich an der Entgegennahme von Einlagen und der Gewährung von „untechnischen“ Krediten gehindert sind, vgl. § 2 Abs. 3 ZAG. Für solche reinen Zahlungskonten folgen die Ansprüche auf Vornahme eines Zahlungsdienstes nach der Definition in § 1 Abs. 3 ZAG ausschließlich aus dem Zahlungskonto selbst. Für die Annahme, die Vornahme eines unbaren Zahlungsdienstes sei lediglich die Erfüllung eines durch das Zahlungsverkehrsrechts modifizierten Rückgewähranspruchs aus unregelmäßiger Verwahrung,396 besteht demnach für bloße Zahlungskonten kein Raum. 395  Im

Ergebnis ebenso Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 25. oben § 3 C. II. 1.

396  Dazu

128

1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

(2)  Girokonten bei Kreditinstituten i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG Nun ist es zutreffend, dass sich ein Girokonto bei einem Kreditinstitut von einem bloßen Zahlungskonto bei einem Zahlungsinstitut gerade dadurch unterscheidet, dass das Kreditinstitut aufsichtsrechtlich zur Entgegennahme von Einlagen und Ausreichung von Darlehen befugt ist.397 Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum vor diesem Hintergrund die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto gänzlich anders zu behandeln sein sollte als diejenige über ein bloßes Zahlungskonto. Denn zunächst handelt § 1 Abs. 3 ZAG nicht lediglich von Zahlungsinstituten, sondern von Zahlungsdienstleistern, zu denen auch Kreditinstitute, § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZAG, zählen.398 Nun ließe sich argumentieren, die Vorschriften der §§ 675c ff. BGB fänden unmittelbare Anwendung nur auf reine Zahlungskonten i. S. v. § 1 Abs. 3 ZAG, die aufgrund eines Zahlungsdiensterahmenvertrags bei einem Zahlungsdienstleister geführt werden, vgl. § 675f Abs. 2 S. 1 BGB. Für die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto bei einem Kreditinstitut seien die Regelungen des Zahlungsverkehrsrechts allerdings nur insoweit maßgeblich, als sich nichts anderes daraus ergebe, dass ein Kreditinstitut zur Teilnahme am Einlagen- und Darlehensgeschäft befugt sei.399 Insbesondere folge daraus, dass sich Forderungen des Girokontoinhabers nicht nach dem Konto bestimmten, wie es § 1 Abs. 3 ZAG für ein Zahlungskonto vorsieht, sondern sie – wie bislang von der herrschenden Meinung angenommen – aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. einem Darlehen der Bank gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB resultierten.400 (3) Keine Beschränkung des Regelungsanspruchs auf reine Zahlungskonten Eine derartige Beschränkung würde den Anwendungsbereich des zivilen Zahlungsverkehrsrechts, soweit die Zahlungsabwicklung in Rede steht, auf die nur wenigen Fälle reduzieren, in denen bei einem Zahlungsdienstleister ein bloßes Zahlungskonto unterhalten wird. Nun bildet aber gerade das Girokonto alter Prägung den praktischen Regelfall, ein reines Zahlungskonto dagegen die Ausnahme. Eine Beschränkung der Zahlungsverkehrsvorschriften auf den praktisch zu vernachlässigenden Fall eines bloßen Zahlungskontos kann vor dem Hintergrund des umfassenden Regelungsanliegens 397  Vgl.

hierzu schon § 3 A. I. Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 315. 399  So Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b a. E., die allerdings ein „entgegenstehendes Verständnis der Richtlinie“ einräumt. 400  So Palandt / Sprau, BGB73, § 675f Rn. 22, 27; § 700 Rn. 1. 398  Vgl.



§ 3  Zahlungsverkehr129

der Zahlungsdiensterichtlinie, die auf einen EU-weit einheitlichen Rechtsrahmen zielt,401 nicht unterstellt werden. Entsprechend weit ist die Defini­ tion des Zahlungskontos in Art. 4 Nr. 14 der Richtlinie gefasst, wenn hiernach jedes Konto Zahlungskonto ist, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird. Dem unterfällt unzweifelhaft auch ein herkömmliches Girokonto. Die Vorschriften der §§ 675c ff. BGB über die Zahlungsabwicklung, die explizit nur ein Zahlungskonto erwähnen, müssen demnach unterschiedslos auch für ein Girokonto gelten. Ebenso wenig lässt sich eine nur partielle Geltung der Zahlungsverkehrsvorschriften auf Girokonten bewerkstelligen, soweit ihre Anwendbarkeit nicht wegen der Besonderheit ausgeschlossen ist, dass Kreditinstituten aufsichtsrechtlich mit Gestattung des Einlagen- und Darlehensgeschäfts, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 5 KWG, weitergehende Befugnisse zugestanden sind als Zahlungsinstituten. (4) Zahlungskonto als Ursprung der Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers Konkret folgt hieraus, dass sich die Ansprüche des Girokontoinhabers wie diejenigen des Zahlungskontoinhabers allein nach dem Konto bestimmen, sich also autonom aus den Zahlungsverkehrsvorschriften selbst heraus begründen. Sie ergeben sich dagegen nicht aus einem hiervon zu unterscheidenden Verwahrungs- oder Kreditvertrag. Wenn nun auch Ein- und Auszahlungsgeschäfte nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG Zahlungsdienste darstellen,402 ergibt sich ein entsprechender Anspruch des Zahlungsdienstnutzers, der ein Zahlungskonto bei einem Zahlungsinstitut unterhält, nach § 1 Abs. 3 ZAG aus dem Zahlungskonto, das seine Forderung gegen das Zahlungsinstitut bestimmt. Nach dem zuvor Gesagten kann dann auch für die Begründung eines Auszahlungsanspruchs auf einem Girokonto bei einem Kreditinstitut nichts anderes gelten. dd)  Zwischenergebnis: Barauszahlung als „Zahlungsdienst“ Der Überblick über die Begriffsbestimmungen des § 1 ZAG, die gem. § 675c Abs. 3 BGB auch für das zivile Zahlungsverkehrsrecht gelten, hat gezeigt, dass ein Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers gegen seinen Zahlungsdienstleister durchaus als Zahlungsdienst i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZAG aufgefasst werden kann. Die Vorgaben des novellierten Zahlungsverkehrsrechts hindern es mithin nicht, ihn ebenso wie sämtliche Ansprüche auf Vornahme eines bargeldlosen Zahlungsdienstes als Anspruch auf Durch401  s. hierzu 402  s. § 3

schon oben § 3 C. IV. 2. b). C. IV. 2. d) bb) (2).

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

führung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o BGB Abs. 2 i.  V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zu qualifizieren. 3.  Einwände gegen die ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Qualifikation Die Untersuchung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts hat nach alledem keinen Anlass dazu gegeben, von dem hier befürworteten rein geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnis der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto abzurücken, sondern vielmehr weitere Argumente für die Richtigkeit dieser Auffassung geliefert. Im Folgenden ist diese Ansicht noch gegen weitere Kritik und mögliche Einwände zu verteidigen, wie sie zum Teil schon im Vorfeld der BGH-Entscheidungen zur Pfändbarkeit des Tagessaldos vorgebracht worden ist. a)  Kreditgewährung trotz Kontoguthabens Gegen eine ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Qualifikation des Giroverkehrs ist eingewandt worden, dass die Annahme, auch bei einem rechnerischen Kontoguthaben erfolgten unbare Zahlungen und sogar Bar­ auszahlungen sämtlich aus dem Vermögen der Bank, die insoweit – einer Kreditgewährung ähnlich – in Vorleistung trete, „lebensfremd“ sei und „dem Verständnis der Beteiligten“ widerspreche.403 Es handele sich um eine Rechtskonstruktion, die aus Sicht der Parteien unverständlich sei, zumal die Bank – anders als bei einer Kreditgewährung an den Kontoinhaber üblich – keine Sollzinsen verlange.404 Tatsächlich haben auch einige Befürworter des geschäftsbesorgungsrechtlichen Ansatzes die Leistung der Bank aus eigenem Vermögen als Kreditgewährung gedeutet, um hieraus die Unpfändbarkeit des Zahlungsanspruchs wegen Höchstpersönlichkeit oder aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zu folgern.405 Ungeachtet der unter § 6 zu erörternden Frage der Pfändbarkeit des Anspruchs auf Befolgung eines Zahlungsauftrags aus § 675o Abs. 2 BGB i.  V.  m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ergibt sich die dargestellte Rechtskonstruktion jedoch zwangsläufig aus dem Zusammenwirken von 403  BGHZ 84, 325, 331; vgl. auch Jungmann, ZInsO 1999, 64, 68; Regerbis, S. 54 f., S. 90, nach der die bereits erfolgte wirtschaftliche Gleichstellung auch im rechtlichen Bereich angestrebt werden sollte. 404  Peckert, S. 88. 405  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949 f.; Sühr, WM 1981, 1149, 1150; Terpitz, WM 1979, 570, 574; vgl. hierzu noch § 6 B. I. zur Pfändbarkeit des Tagessaldoanspruchs und zu Einwänden gegen die Pfändbarkeit eines Darlehensanspruchs noch § 7 C. II.



§ 3  Zahlungsverkehr131

Kontokorrentabrede und geschäftsbesorgungsrechtlichem Girovertrag. Wie dargelegt steht die Kontokorrentbindung der Realisierung einzelner Rechnungsposten entgegen und besteht ein realisierbarer „reeller“ Tagessaldo schon mangels konstitutiver Verrechnung während einer Rechnungsperiode nicht.406 Wenn die Bank aber gleichwohl zur Zahlungsabwicklung für den Kontoinhaber in Höhe eines rechnerischen Guthabens verpflichtet ist, muss sie hierfür notwendigerweise eigene Mitteln aufwenden, weil ein unmittelbarer Zugriff auf Vermögenswerte des Kontoinhabers an der richtigerweise umfassend zu interpretierenden Kontokorrentbindung scheitert. Die Kreditierungsfunktion des Kontokorrents407 hindert die Bank zudem grundsätzlich daran, ihre Aufwendungen sofort geltend zu machen, und verweist sie insoweit auf die Saldierung am Ende einer Rechnungsperiode. Diese Art der Zahlungsabwicklung entspricht dem ausdrücklichen Willen der Parteien, wie er sich unzweifelhaft aus den AGB der Kreditinstitute ablesen lässt.408 Wenn außerdem eingewandt wird, dass die Bank für eine Kreditgewährung üblicherweise Zinsen verlange, dies aber unterlasse, soweit das Konto nach Ausführung der Zahlung noch einen positiven Saldo aufweise, wird verkannt, dass sich die Zinsen auf einem Girokonto nicht auf Grundlage der Einzelforderungen, sondern nach dem Wertstellungssaldo berechnen.409 Eine Anknüpfung an die Rechtsnatur der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen als Haben- oder Sollposten zum Zwecke der Zinsberechnung versagt ohnehin schon deswegen, weil diese unabhängig vom Kontostand entweder als Gutschrift in Form eines abstrakten Schuldversprechens gem. §§ 780, 781 BGB410 oder als Belastungsbuchung in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB411 aufzufassen sind. b)  Girovertrag ist kein Alleinstellungsmerkmal Wie schon die Auffassung von einem originär girovertraglichen Auszahlungsanspruch412 ist das rein geschäftsbesorgungsrechtliche Verständnis dem Einwand ausgesetzt, dass das Giroverhältnis einen Zahlungsanspruch nicht konstituieren könne, weil diese Herleitung des Anspruchs einerseits bei sonstigen als Kontokorrent geführten Einlagekonten ohne Giroabrede nicht 406  Hierzu

bereits oben § 3 C. II. 1. b) bb) (2). § 2 D. III. 408  Vgl. hierzu auch schon oben § 3 C. II. 1. b) bb) (3). 409  Dazu unten § 3 D. 410  Vgl. oben § 3 B. III. 2. 411  Oben § 3 B. II. 412  s. hierzu oben § 3 C. II. 2. 407  Dazu

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

tauge, um einen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers zu begründen,413 und andererseits bei nicht kontokorrentmäßig geführten Girokonten zu einer unnötigen Anspruchsdoppelung führe.414 Beide Einwände dringen indes auch hier nicht durch. Für den vorwiegend theoretischen Fall, dass die Parteien die Führung eines Zahlungszwecken dienenden Kontos als Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB ohne gleichzeitigen Abschluss eines Girovertrags vereinbart haben, geht hiermit wegen der Kontokorrentbindung der Verlust der Verkehrsfähigkeit sämt­ licher Einzelforderungen einher. Die Verkehrsfähigkeit eines Kontokorrentüberschusses wird erst durch das Giroverhältnis hergestellt.415 Wo ein solches nicht besteht, bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien, um die kontokorrentrechtliche Bindung der Einzelforderungen zu überwinden. Fehlt es sonstigen Girokonten – wie namentlich den bei der Deutschen Bundesbank geführten Girokonten –416 an einer Kontokorrentabrede, steht dem Rückgriff auf die verwahrungs- und darlehensrechtlichen Vorschriften zur Begründung eines Auszahlungsanspruchs nichts entgegen. Diese Art von Girokonten bildet indessen die Ausnahme. So hat auch der Gesetzgeber den novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften die Vorstellung von einem als Kontokorrent geführten Zahlungskonto zugrunde gelegt und die Neuregelungen für diesen (Haupt-) Anwendungsfall konzipiert.417 Fehlt es an einer Kontokorrentvereinbarung, kommt eine entsprechend modifizierte Anwendung der §§ 675c ff. BGB in Betracht, um ein unnötiges, aber gleichfalls unschädliches Nebeneinander von verwahrungsrechtlichem Einlagenrückgewähranspruch und girovertraglichem Ausführungsanspruch zu vermeiden. Wird der Zahlungsverkehr hingegen kontokorrentmäßig abgewickelt, lässt sich das Verfügungsrecht des Kontoinhabers nur geschäftsbesorgungsrechtlich begründen.

413  Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 26; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 83 zu §§ 607 ff. 414  Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, Vorbem. 82 zu §§ 607 ff.; s. bereits oben § 3 C. II. 2. a) bb). 415  Ebenso Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b. 416  Vgl. Abschn. IV A. Nr. 2 Abs. 1 AGB der Deutschen Bundesbank. 417  Vgl. Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 227 f.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 37.



§ 3  Zahlungsverkehr133

c)  Unentgeltlichkeit der Barauszahlung aa)  Barauszahlung als nicht entgeltpflichtige Erfüllung des Rückgewähranspruchs aus unregelmäßiger Verwahrung Als Argument gegen die Auffassung, dass auch der Anspruch des Kontoinhabers auf Barauszahlung eine Geschäftsbesorgung des Kreditinstituts bzw. die Erbringung eines Zahlungsdienstes sei, ist bereits unter der alten Rechtslage geltend gemacht worden, dass eine Bank nicht berechtigt sei, für Barein- und -auszahlungen Gebühren zu verlangen.418 Einer entsprechenden Entgeltklausel in AGB hatte der BGH die Wirksamkeit versagt, weil die Auszahlung keine Dienstleistung der Bank sei. Vielmehr erfülle sie hierdurch lediglich einen Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung gem. §§ 700, 695, 697 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Erfüllung dieser Pflicht sei jedoch nicht zu entgelten, sofern das dispositive Recht selbst eine Vergütungspflicht nicht vorsehe.419 Die Aussagen seiner Entscheidung hat der BGH später eingeschränkt und eine AGB-Klausel für wirksam erachtet, die nicht an einzelne Zahlungsvorgänge selbst, sondern an die jeweils erforderlich werdenden Kontobuchungen und damit unterschiedslos sowohl an bare wie an unbare Kontobewegungen anknüpfte.420 Hiernach verstieß die Vereinbarung einer Vergütung für die Erfüllung der Pflicht zur baren Rückzahlung einer Einlage bzw. Auszahlung eines Darlehens, die von der Entgeltpflicht für die Vornahme entsprechender Kontobuchungen nicht zu trennen sei,421 zwar weiterhin gegen die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung. Dieser Verstoß benachteilige den Kontoinhaber aber dann nicht unangemessen, wenn ihm seine Bank monatliche Freiposten (im Fall: fünf Posten pro Monat) gewähre.422

418  So noch Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 26; entschieden auch ders., in: Bankrecht 1998, S. 1, S. 11 ff. 419  BGHZ 124, 254, 257; anders noch die Vorinstanz OLG Frankfurt, ZIP 1993, 502, 503. 420  BGHZ 133, 10. 421  BGHZ 133, 10, 13, und die Vorinstanz OLG Naumburg, 1995, 1578; a. A. für die buchungstechnische Gleichbehandlung sämtlicher Zahlungsvorgänge im Rahmen des Girovertrags Canaris, WM 1996, 237, 240 ff.; Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1210 f.; gegen diese Ansicht wiederum Schimansky, in: Bankrecht 1998, S. 1, S.  11 ff. 422  BGHZ 133, 10, 15 f.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

bb) Unentgeltlichkeit wegen Eigeninteresses des Zahlungsdienstleisters an der kontokorrentmäßigen Geschäftsabwicklung Es entspricht dem allgemeinen Rechtsempfinden, dass dem Bankkunden, der Geld bei seiner Bank einzahlt oder ein aus Buchgeld gespeistes Guthaben auf seinem Konto besitzt, ein unentgeltlicher Anspruch auf Barauszahlung dieses Guthabens zustehen muss. Dies ist zumindest im Ergebnis nicht anzuzweifeln. Dass in der Auszahlung allerdings die nicht zu entgeltende Erfüllung des Anspruchs aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zu sehen sein soll, kann vor dem Hintergrund der bereits an anderer Stelle ausgeführten umfassenden Kontokorrentbindung sämtlicher realer Einzelposten auf einem Girokonto423 nicht überzeugen. Unter Geltung der alten Rechtslage eignete sich jedoch ein anderer Ansatz, um die Unentgeltlichkeit einer Barauszahlung in Übereinstimmung mit ihrem Charakter als Zahlungsdienstleistung zu begründen. So ist anerkannt, dass eine Bank für solche Leistungen kein Entgelt verlangen kann, die sie nur aus Eigeninteresse tätigt, etwa die Besichtigung und Wertermittlung für die von einem Darlehensnehmer angebotenen Sicherheiten424 oder Gebühren für die Führung eines Darlehenskonto u. a. für die Entgegennahme von Tilgungsleistungen.425 Nun liegt die Erbringung einer Auszahlung nicht unmittelbar im Eigeninteresse der kontoführenden Bank. Anderes gilt allerdings für die Vereinbarung der Kontokorrentbeziehung, die ihr die Erfassung einer Vielzahl von Rechnungsvorgängen erleichtert und ihr die Sicherungswirkung des Kontokorrents zuteil werden lässt.426 Folge der faktisch ausschließlich im Interesse der Bank geschlossenen Kontokorrentvereinbarung kann dann allerdings nicht sein, dass sie ein Entgelt für die Barauszahlung eines Geldbetrags erheben kann, während ihr dies wegen der grundsätz­ lichen Verpflichtung aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Kontokorrentvereinbarung versagt gewesen ist. cc)  Fakultative Entgeltpflicht für Barauszahlungsgeschäfte, § 675f Abs. 4 S. 1 BGB Im Zuge der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie ist mit § 675f Abs. 4 S. 1 BGB eine ausdrückliche Regelung über die Entgeltlichkeit der Erbringung von Zahlungsdiensten in das Gesetz gelangt. Hiernach ist der Zahlungsdienstleister zwar berechtigt ein Entgelt zu verlangen, kann aber 423  Hierzu

schon oben § 3 C. II. 1. b) bb) (3). Düsseldorf WM 2010, 215. 425  BGH ZIP 2011, 1299 (Tz. 29); OLG Karlsruhe ZIP 2011, 460. 426  Zu den Funktionen und Wirkungen des Kontokorrents § 2 D. 424  OLG



§ 3  Zahlungsverkehr135

mit dem Zahler auch die Unentgeltlichkeit der Zahlungsdienstleistung vereinbaren.427 Fakultativ zu entgeltende Zahlungsdienste sind die in § 1 Abs. 2 ZAG Aufgezählten. Wie bereits dargelegt rechnet hierzu auch die Barauszahlung.428 Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Unentgeltlichkeit der Barauszahlung, die sich auf das Fehlen einer Entgeltvorschrift stützte, kann angesichts von § 657f Abs. 4 S. 1 BGB nicht fort gelten.429 Grund hierfür ist gerade, dass auch Ein- und Auszahlungsgeschäfte nach neuem Recht als Zahlungsdienstleistungen aufzufassen sind,430 und nicht den Regelungen über eine unregelmäßige Verwahrung unterliegen.431 d)  Disponibilität des Kontoguthabens Über die soeben widerlegten Kritikpunkte hinaus mag man neben dem unter § 6 zu untersuchenden Vollstreckungszugriff in das Girokonto das Bedürfnis nach größtmöglicher Verkehrsfähigkeit eines Kontoguthabens als weiteren Beweggrund für die Annahme erachten, ein Guthaben vermittele dem Kunden eine schlichte Geldforderung gegen seinen Zahlungsdienstleister. aa)  Abtretung und Verpfändung des Tagessaldoanspruchs Nach Rechtsprechung und herrschender Lehrmeinung, die einen Auszahlungsanspruch entweder als nicht kontokorrentgebundene Forderung auf Einlagenrückgewähr aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB432 oder als originär girovertraglich begründeten Anspruch433 auffassen, begegnet die Abtretung des Tagessaldoanspruchs keinen Bedenken.434 Zulässig ist auch 427  BT-Drs.

16 / 11643, S. 102. Entgeltpflicht einer Barauszahlung jetzt auch Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 75; Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 99; Fornasier, WM 2013, 205, 209; Kropf / Habl, BKR 2012, 141, 142; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 25; für die Entgeltlichkeit einer Bareinzahlung auf ein debitorisches Konto LG Bamberg WM 2012, 2285, 2286. 429  So ausdrücklich LG Bamberg WM 2012, 2285; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 75; s. auch Erman / Graf v. Westphalen, BGB14, § 675f Rn. 16; Fornasier, WM 2013, 205, 209; a. A. Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte, Rn. C / 45. 430  LG Bamberg WM 2012, 2285, 2286; Fischbeck, in: Hellner / Steuer, Rn. 2 / 99. 431  Anders Mayen, in Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 1b, die gleichwohl an der verwahrungsrechtlichen Begründung festhalten will; mit dieser Begründung für Unentgeltlichkeit Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, (7) Bankgeschäfte, Rn. C / 45. 432  Hierzu § 3 C. II. 1. 433  Hierzu § 3 C. II. 2. 434  BGHZ 84, 325, 329 f.; 84, 371, 373 f.; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675f Rn. 17; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 182; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn /  428  Für

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

eine antizipierte (Sicherungs-)Zession ebenso wie die rechtsgeschäftliche Verpfändung gegenwärtiger und zukünftiger Tagesguthaben, wie sie insbesondere in Nr. 14 Abs. 1 S. 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1 S. 3 AGB-Spk zur Sicherung gegenwärtiger und künftiger Ansprüche der Bank gegen den Kontoinhaber vorgesehen ist.435 bb)  Kontoguthaben als Voraussetzung des Ausführungsanspruchs Nach hier vertretener Auffassung ist ein rechnerisches Kontoguthaben indes nicht selbständig verkehrsfähig, sondern lediglich rechnerische Kontodeckung und damit bloße Voraussetzung für einen Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. Sind sämtliche Einzelforderungen im Kontokorrent gebunden, kann auch der Kontoinhaber selbst nur im Rahmen des Girovertrags über eine kreditorische Deckungszusage seines Zahlungsdienstleisters disponieren. Fraglich ist, ob die anerkannten Möglichkeiten der Abtretung und Verpfändung eines Kontoguthabens sich jedenfalls im Ergebnis auch auf Grundlage des hier befürworteten Grundverständnisses begründen lassen oder ob die beschriebene Verkehrsfähigkeit des „Tagessaldoanspruchs“ eine Qualifikation als schlichte Geldforderung zwingend erfordert. (1)  „Abtretung“ eines Kontoguthabens Ein der Abtretung eines Auszahlungsanspruchs vergleichbares wirtschaftliches Ergebnis kann der Kontoinhaber auch nach hiesiger Auffassung dadurch erzielen, dass er den „Zessionar“ mit einer dem Umfang und der Art der Zahlungsdienste beschränkten Vollmacht ausstattet, die diesen ermächtigt, den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdienstrahmenvertrag gegenüber dem Zahlungsdienstleister des „Zedenten“ geltend zu machen. Weiter könnte er seiner Bank schlicht einen Dauerauftrag mit der Maßgabe erteilen, etwaige Kontoguthaben unmittelbar einem Dritten bar oder unbar gut zu bringen.436 Erkennt man mit der heute nicht mehr bestrittenen Rechtsauffassung indessen die Pfändung des Tagessaldos an,437 bergen die beiden aufgezeigten Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 210; Ganter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 96 Rn. 103a; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 185 ff.; Beeinträchtigungen des Zahlungsverkehrs befürchtet indessen Merkel, in: Bankrechts-Handbuch4, § 93 Rn. 63 f. 435  Ausführlich zu dem AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen noch § 6 A. I. 3. 436  Vgl. zur Rechtskonstruktion des Dauerauftrags nach neuem Zahlungsverkehrsrecht Zahrte, BKR 2012, 12.



§ 3  Zahlungsverkehr137

Wege freilich die Gefahr, dass der dem Dritten durch sie vermittelte Zugriff auf das Bankkonto durch die zwischenzeitliche Pfändung künftiger Tagesguthaben vereitelt wird. Denn anders als die von der herrschenden Auffassung für möglich erachtete Abtretung eines Giroguthabens selbst verschafft weder die Einräumung einer entsprechenden Kontovollmacht noch die Erteilung eines Dauerauftrags dem durch sie Begünstigten eine dingliche Rechtsposition, die sich gegenüber einem späteren Pfändungspfandrecht durchzusetzen vermöchte. 437

Die „Abtretung eines Tagessaldos“ lässt sich vor dem Hintergrund des geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnisses indes auf andere Weise schlüssig begründen. Kann auch der nur rechnerische Kontosaldo selbst nicht Gegenstand einer Zession sein, taugt hierzu jedenfalls der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, nachdem ihn der Kontoinhaber durch Weisung auf einen Bar­ auszahlungsanspruch konkretisiert hat. Tritt der Kontoinhaber sein gegenwärtiges und künftiges Giroguthaben ab, ist in der Abtretungsanzeige gem. § 409 BGB gegenüber der Bank als Drittschuldnerin gleichzeitig ein – ggf. antizipierter – Zahlungsauftrag i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB zu erblicken, der eine entsprechende Konkretisierung bewirkt und eine zedierbare Geldforderung schafft. Erachtet man mit der einhelligen Ansicht bereits das Giroguthaben für selbständig übertragbar, bedarf es der Anzeige freilich nicht, um den Abtretungsgegenstand überhaupt zur Entstehung gelangen zu lassen. Dennoch muss der Kontoinhaber die Abtretung seinem Zahlungsdienstleister kundtun, wird dieser doch andernfalls nicht bereit sein, ein Kontoguthaben an den Zessionar auszuzahlen, der überdies bis zur Anzeige nach § 409 BGB Rechtshandlungen, die in Ansehung der abzutretenden Forderung erfolgen, gegen sich gelten lassen müsste, vgl. §§ 406 Abs. 1, 407 Abs. 1, 408 Abs. 1 BGB. (2)  Verpfändung eines Kontoguthabens Für die rechtsgeschäftliche Verpfändung gilt Entsprechendes. Zur Wirksamkeit der Pfandrechtsbestellung ist nach § 1280 BGB grundsätzlich die Anzeige gegenüber dem Drittschuldner erforderlich. Teilt der Kontoinhaber seiner Bank die Verpfändung seines Kontoguthabens in diesem Sinne mit, konkretisiert sich der Ausführungsanspruch auf einen Zahlungsanspruch, der seinerseits verpfändet werden kann. Um eine Beeinträchtigung der Zahlungsabwicklung über das Girokonto durch die Verpfändung eines Guthabens zu vermeiden, wird der entsprechende Betrag in der Praxis vor der 437  Hierzu

ausführlich § 6 A. I.

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Verpfändung ohnehin regelmäßig auf ein Unterkonto umgebucht und auf diese Weise aus der Kontokorrentbindung herausgelöst.438 Unproblematisch lässt sich die hier vertretene Auffassung vom Kontoguthaben als integralem Bestandteil des Girovertrags auch mit dessen rechtsgeschäftlicher Verpfändung im Wege des AGB-Pfandrechts gem. Nr. 14 Abs. 1 S. 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1 S. 3 AGB-Spk vereinbaren.439 Zwar entsteht das AGB-Pfandrecht zugunsten der Bank an dem gegen sie gerichteten Anspruch des Kontoinhabers und damit an eigener Schuld, so dass nach dem Zweck des § 1280 BGB, der demjenigen einer Abtretungsanzeige nach § 409 BGB entspricht,440 eine Verpfändungsanzeige bei Identität von Schuldner und Pfändungsgläubiger entbehrlich ist.441 Bestellt der Kunde aber der Bank, die gleichzeitig Schuldnerin des Ausführungsanspruchs ist, ein Pfandrecht ist in diesem Verhältnis von einer stillschweigenden Konkretisierung des Ausführungsanspruchs auszugehen. V.  Zwischenergebnis: Ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtliche Interpretation der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto Keiner der beiden, von der herrschenden Meinung gegebenen Begründungsansätze für das Bestehen eines nicht kontokorrentgebundenen Auszahlungsanspruchs auf einem Girokonto weiß zu überzeugen. Die Annahme eines Anspruchs auf Einlagenrückgewähr aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB scheitert daran, dass das Girokonto als Periodenkontokorrent geführt wird. Ein originär girovertraglicher Auszahlungsanspruch, der als schlichte Geldforderung zu charakterisieren ist, ist wegen des geschäftsbesorgungsrechtlichen Charakters des Girovertrags nicht anzuerkennen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der nunmehr weitreichenden Kodifizierung des Zahlungsverkehrsrechts in §§ 675c ff. BGB. Auf dieser Grundlage kann die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto ohne Rückgriff auf einen autonomen Auszahlungsanspruch erklärt werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass für die Annahme, ein solcher Anspruch folge aus der Verkehrstypizität des Girovertrags, kein Raum mehr ist. Die Verkehrsfähigkeit eines Kontoguthabens bei gleichzeitiger Kontokorrentbindung sämt­ licher Einzelforderungen ergibt sich aus einem Anspruch des Kontoinhabers in: Bankrechts-Handbuch4, § 93 Rn. 63. Verhältnis des AGB-Pfandrechts von Banken und Sparkassen zu einem Pfändungspfandrecht an einem Kontoguthaben noch § 6 A. I. 3. 440  Zum Normzweck des § 1280 BGB etwa Staudinger / D. Wiegand, 2009, § 1280 Rn. 1. 441  RGZ 116, 198, 207; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 19 Rn. 30; Erman / Michalski, BGB13, § 1279 Rn. 1; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1280 Rn. 7. 438  Merkel, 439  Zum



§ 3  Zahlungsverkehr139

auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.

D.  Wertstellung und Verzinsung Abschließend ist ein Blick auf die Art und Weise der Zinsberechnung auf einem Girokonto zu werfen, um dem ehemals von den Befürwortern eines Staffelkontokorrents erhobenen Einwand entgegenzutreten, wonach die staffelförmige Verzinsung auch eine staffelförmige Verrechnung der Einzelforderungen voraussetze.442 I. Wertstellung Von der eigentlichen saldorelevanten Buchung, die den Verfügungsrahmen des Kontoinhabers erhöht oder reduziert, ist die Wertstellung oder Valutierung der Buchung zu unterscheiden. Das Datum der Wertstellung einer Buchung ist einzig bedeutsam für die Berechnung von Soll- oder Habenzinsen auf dem Girokonto. Es markiert den Zeitpunkt, ab dem eine Gutschrift oder Belastung für die Zinsberechnung Berücksichtigung findet, vgl. die Legaldefinition des Wertstellungsdatums in § 675t Abs. 1 S. 2 BGB.443 Für Gutschriften auf einem Zahlungskonto bestimmt § 675t Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend dem bisher ungeschriebenen Grundsatz,444 dass der Zahlungsbetrag spätestens ab dem Tag zugunsten des Kontoinhabers bei der Zinsberechnung zu berücksichtigen ist, an dem der Zahlungseingang auf dem Verrechnungskonto seines Zahlungsdienstleisters zu verzeichnen ist. Für Gutschriften infolge von Bareinzahlungen trifft § 675t Abs. 2 BGB eine abweichende Bestimmung.445 Eine Belastungsbuchung auf dem Zahlungskonto darf nach § 675t Abs. 3 BGB erst in dem Zeitpunkt wertgestellt werden, in dem sich auch die verfügungsrelevante Belastungsbuchung vollzieht. Die Berücksichtigung einer Belastungsbuchung vor dem tatsäch­ lichen Mittelabfluss zur Generierung von Zinsgewinnen scheidet danach aus,446 nicht aber unter allen Umständen auch ein Vorschussanspruch des 442  Dazu

§ 2 C. III. 2. a) cc). in: Krepold / Fischbeck, 1.1.2.1.4; Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.64; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 63; Palandt / Sprau, BGB73, § 675t Rn. 8; Schwintowski, § 8 Rn. 215. 444  BGHZ 135, 316; 106, 259; ZIP 1997, 1540, jeweils zur Unwirksamkeit von AGB-Klauseln, die das Wertstellungsdatum auf einen anderen Tag als denjenigen des Zahlungseingangs bei der Empfängerbank festlegten. 445  Hierzu bereits § 3 B. III. 3. d). 446  Unter der alten Rechtslage wurde die Wertstellung im Zeitpunkt einer Vorschussbeschaffung vor dem tatsächlichen Mittelabfluss hingegen für zulässig erach443  Fischbeck,

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Zahlungsdienstleisters gem. § 669 BGB in Vorbereitung eines Zahlungsvorgangs.447 II.  Zinsberechnung auf einem Girokonto Grundsätzlich unterliegen verzinsliche Forderungen, die in ein Periodenkontokorrent aufgenommen werden, auch nach der In-Rechnung-Stellung dem für sie ursprünglich geltenden Zinssatz.448 Dies kann freilich dazu führen, dass Zinsen während einer Rechnungsperiode unter Umständen für eine Vielzahl von Forderungen separat berechnet werden müssen, was insbesondere dem Vereinfachungszweck des Kontokorrents zuwiderliefe.449 Deshalb ist es den Parteien unbenommen, die Verzinsung nach einheitlichen Maßstäben zu vereinbaren. Dies geschieht ausnahmslos bei der Berechnung von Soll- und Habenzinsen auf einem Girokonto,450 wie die vorangegangenen Ausführungen zum Wertstellungssaldo belegen. Der Zinssatz ergibt sich jeweils aus Preisaushängen der Banken und Sparkassen, auf die in Nr. 12 Abs. 1 AGB-Bk und Nr. 17 Abs. 2 AGB-Spk verwiesen wird. Ist Grundlage der Zinsberechnung stets der laufend ermittelte Postensaldo, kann gegen das hier befürwortete Verständnis des Zahlungsverkehrsrechts, nach dem eine Bank nicht etwa ein Guthaben oder ein Kredit auszahlt, sondern stets nur ein Geschäft besorgt, nicht eingewandt werden, dass unterschiedliche Zinssätze für Zahlungsausgänge aus einem Guthaben, einer Kreditlinie oder einer geduldeten Überziehung nicht begründet werden könnten. Denn der Zinssatz entscheidet sich nicht nach der Art der jeweiligen Einzelforderungen. Auch wenn man richtigerweise annimmt, der Zahlungsdienstleister erlange stets nur einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, lässt sich eine saldoabhängige Verzinsung damit unproblematisch begründen.

tet, vgl. Schimansky, in: Bankrechts-Handbuch3, § 47 Rn. 66; zum neuen Recht Nobbe, WM 2011, 961. 447  Dazu schon oben § 3 B. II. 1. 448  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 355 Rn. 26; Koller /  Roth / Morck / Koller, HGB7, § 355 Rn. 14; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 49. 449  Vgl. Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 34. 450  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, §  355 Rn.  26; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 34; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 61.



§ 3  Zahlungsverkehr

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E. Zusammenfassung: Die Zahlungsabwicklung über ein Girokonto Die Vertragsbeziehung zwischen Zahlungsdienstleister und Kontoinhaber ist in den §§ 675c ff. BGB als Unterfall des Geschäftsbesorgungsvertrags gem. § 675 BGB ausgestaltet. Mit der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie hat das zivilrechtliche Zahlungsverkehrsrecht erstmals eine nahezu umfassende Kodifizierung erfahren. Dieser Grundlage lassen sich für bislang ungeklärte Streitfragen der bankrechtlichen Vertragsbeziehung neue Anhaltspunkte abgewinnen. Die Regelung des § 675u S. 1 BGB belegt die Richtigkeit der herrschenden Meinung, nach der die Kontobelastung infolge der Zahlungsausführung als Aufwendungsersatzanspruch der Bank gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB aufzufassen ist. Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass ein autonomer Auszahlungsanspruch – girovertraglicher oder verwahrungsrechtlicher Prove­ nienz – nicht besteht. Zahlt ein Dritter oder der Kontoinhaber selbst Bargeld auf das Konto ein, hat der Zahlungsdienstleister diesen Betrag dem Kontoinhaber gem. § 675t Abs. 2 BGB verfügbar zu machen. Erst mit der Gutschrift auf dem Konto taugt die Einzahlung als Kontodeckung für die Zwecke des Zahlungsverkehrs. Erfolgt aber bei jeder Bareinzahlung eine Transformation, kann im Umkehrschluss nicht angenommen werden, eine Barauszahlung sei rechtlich als bloße Rückgewähr des eingezahlten Betrags aufzufassen. Vielmehr erbringt die Bank mit der Barauszahlung ebenfalls einen Zahlungsdienst an ihren Kunden, indem sie ihm aufgrund seiner Buchgeldposition einen entsprechenden Barbetrag zur Verfügung stellt (actus-contrarius-Gedanke). Die bislang von der einhelligen Auffassung zur Begründung eines allfälligen Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos vorgebrachten Ansätze vermögen nicht zu überzeugen. Der Annahme, ein solcher Anspruch ergebe sich als Einlagenrückgewähr aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, ist unvereinbar mit der Kontokorrentbindung. Ebenso wenig kann der Tagessaldoanspruch als schlichte Geldforderung originär aus dem Girovertrag gefolgert werden. Denn der Zahlungsdiensterahmenvertrag ist auf Geschäftsbesorgungen durch die Bank gerichtet. Trotz der Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen kann der Kontoinhaber während der laufenden Rechnungsperiode über ein Kontoguthaben oder einen Kontokorrentkredit verfügen. Sein allfälliges Verfügungsrecht folgt aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag. Hiernach hat der Kontoinhaber einen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs gegen die Bank, wenn die vertraglichen Ausführungsbedingungen – insbesondere ausreichende Kontodeckung – vorliegen und die

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1. Teil: Die bankvertragliche Rechtsbeziehung

Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Ausreichende Kontodeckung, mithin eine Buchgeldforderung in erforderlicher Höhe, ist lediglich Voraussetzung für den beschriebenen Ausführungsanspruch. Sie vermittelt dem Kontoinhaber indes nicht einen von den Zahlungsdiensten losgelösten Auszahlungsanspruch.

2. Teil

Vollstreckung in ein Girokonto § 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO Vielfach ist von der „Pfändung des Girokontos“ zu lesen. Diese untechnische Begrifflichkeit meint tatsächlich den Zugriff eines Vollstreckungsgläubigers auf einzelne Forderungen, die dem Vollstreckungsschuldner gegen seine Bank zustehen.1 Die Vollstreckung in ein Girokonto stellt sich rechtlich als Vollstreckung wegen einer Geldforderung in eine Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner dar, wie sie in den §§ 829 ff. ZPO geregelt ist. Nachdem unter § 3 die Dogmatik des geltenden Zahlungsverkehrsrechts entwickelt worden ist, sind nachfolgend die Grundlagen der Forderungsvollstreckung darzulegen, um anschließend eine Beurteilung des Vollstreckungszugriffs in ein Girokonto zu ermöglichen. Insbesondere ist auf den Gegenstand und die Grenzen zulässiger Forderungsvollstreckung nach den §§ 829 ff. ZPO einzugehen, um die von Gläubigern in ihrem Bestreben nach einer möglichst weitreichenden Kontosperre2 ausgebrachten umfassenden Pfändungsgesuche zutreffend bewerten zu können.

A.  Die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung in Forderungen des Schuldners Die Zwangsvollstreckung in Forderungen des Schuldners gegen einen Drittschuldner erfolgt nach §§ 829 ff. ZPO durch Pfändung der Forderung, § 829 ZPO, und Überweisung zur Befriedigung an den Gläubiger, § 835 ZPO.

1  Vgl. Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 1; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 137; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 65. 2  Vgl. hierzu Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 41.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

I.  Forderungspfändung nach § 829 ZPO und Verwertung gem. § 835 ZPO 1. Verfahren Nach § 829 ZPO können sowohl gegenwärtige als auch zukünftige Forderungen Gegenstand der Vollstreckung wegen einer titulierten Geldforderung des Gläubigers sein. Die Forderungspfändung wird eingeleitet durch einen Antrag des Gläubigers beim Vollstreckungsgericht als zuständigem Vollstreckungsorgan, § 828 ZPO. Der Pfändungsantrag, der in der Praxis regelmäßig mit einem Antrag auf Überweisung der zu pfändenden Forderung verknüpft wird,3 muss hinreichend bestimmt sein, d. h. er muss die Person des Schuldners und die des Drittschuldners sowie den Rechtsgrund der zu pfändenden Forderung benennen.4 Seit dem 01.03.2013 ist gem. § 829 Abs. 4 S. 2 ZPO zwingend der hierfür vorgesehene Vordruck gemäß der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung zu verwenden.5 Die Entscheidung über das Pfändungsgesuch ist dem Rechtspfleger übertragen, vgl. § 20 Nr. 17 RPflG. Sie erfolgt durch Beschluss nach lediglich summarischer Prüfung, ob dem Schuldner die behauptete Forderung gegen den Drittschuldner zusteht,6 und ergeht gem. § 834 ZPO ohne vorherige Anhörung des Schuldners. Wirksamkeit erlangt der Pfändungsbeschluss mit Zustellung an den Drittschuldner, § 829 Abs. 3 ZPO. 2.  Pfändungswirkungen Ist eine gegenwärtige Forderung des Schuldners wirksam gepfändet, wird sie im Zustellungszeitpunkt öffentlich beschlagnahmt („verstrickt“).7 Gem. § 804 Abs. 1 ZPO erwirbt der Gläubiger an ihr ein Pfändungspfandrecht.8 3  Gaul / Schilken / Becker-Eberhard,

§ 55 Rn. 32; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 835

Rn. 2. 4  Brox / Walker, Rn. 502, 605; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 54 Rn. 52; Stöber, Rn. 461 ff. 5  Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 2a. 6  MünchKomm / Smid, ZPO4, § 829 Rn. 22; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 37; Stöber, Rn. 484 ff. 7  Baur / Stürner / Bruns, Rn.  27.1 f.; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 55 Rn. 9. 8  Zur umstrittenen Bedeutung und Rechtsnatur des Pfändungspfandrechts vgl. für die herrschende sog. gemischt privatrechtlich-öffentlichrechtliche Theorie etwa Baur / Stürner / Bruns, Rn.  27.10 ff.; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 50 Rn. 50 ff.; Schuschke / Walker / Walker, ZPO5, Vor §§ 803, 804 Rn. 13 ff.; für die sog. öffentlichrechtliche Theorie Stein / Jonas / Münzberg, ZPO22, § 804 Rn. 1 ff. m. w. N.; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 803 Rn. 56 ff.; für die sog. privatrechtliche Theorie Marotzke, NJW 1978, 133, 136.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 

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Infolge der Beschlagnahme ist dem Drittschuldner gem. § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO untersagt, an den Schuldner zu leisten (Arrestatorium). Gleichzeitig ist dem Schuldner jede Verfügung über die gepfändete Forderung verboten (Inhibitorium), § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO, sofern der Pfändungsbeschluss auch ihm zugestellt worden ist.9 Eine Zuwiderhandlung gegen diese Pfändungsverbote hat die relative Unwirksamkeit der betreffenden Rechtshandlung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger gem. §§ 135, 136 BGB zur Folge:10 Leistet also der Drittschuldner nach der Pfändung einer Forderung dennoch an den Vollstreckungsschuldner, so bewirkt die Leistung im Verhältnis zum Pfändungsgläubiger keine Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB. Wegen der relativen Unwirksamkeit der Erfüllungshandlung gem. §§ 135, 136 BGB ist der Drittschuldner vielmehr zur erneuten Leistung an den Vollstreckungsgläubiger verpflichtet. Der Drittschuldner kann sich wiederum wegen der nicht erfüllungstauglichen Leistung an den Vollstreckungsschuldner halten. 3.  Verwertung durch Überweisung der Forderung Die wirksame Pfändung bewirkt zunächst nur die Sicherung der Forderung, ohne dass der Gläubiger sie bereits ohne Weiteres zum Zwecke der Forderungsbefriedigung verwerten könnte. a)  Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt, § 835 Abs. 1, 2 ZPO Hierzu hat sich der Pfändungsgläubiger die Forderung gegen den Drittschuldner per Überweisungsbeschluss gem. § 835 Abs. 1 ZPO zur Einziehung (1. Alt.) oder an Zahlungs statt (2. Alt.) überweisen zu lassen. Praktischer Regelfall ist die Überweisung zur Einziehung. Hierbei bleibt der Vollstreckungsschuldner zunächst Gläubiger der gepfändeten Forderung. Der Vollstreckungsgläubiger erlangt jedoch das Recht zur Einziehung in eigenem Namen. Der titulierte Anspruch erlischt in diesem Fall nur insoweit, als sich die Forderung gegen den Drittschuldner realisieren lässt.11 Demgegenüber erfolgt bei der Überweisung an Zahlungs statt einer Abtretung gleich der Übergang der gepfändeten Forderung auf den Gläubiger. Soweit sie besteht, tritt in Höhe des Nennwerts unmittelbar eine Tilgung der titulierten Gläubigerforderung ein, § 835 Abs. 2 ZPO. Als Inhaber der über9  Gaul / Schilken / Becker-Eberhard,

§ 55 Rn. 11. Rn. 618, 620; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 829 Rn. 51; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 93, 102. 11  Baur / Stürner / Bruns, Rn.  30.26 ff.; Brox / Walker, Rn. 634; Stöber, Rn.  589 ff. 10  Brox / Walker,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

wiesenen Forderung unterliegt der Vollstreckungsgläubiger bei diesem Vorgehen der Gefahr der Uneinbringlichkeit der Forderung.12 b)  Zahlungsmoratorien bei der Pfändung von Kontoguthaben, § 835 Abs. 3, 4 ZPO Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat ein Gläubiger gegenwärtige oder zukünftige Guthabenforderungen gegen dessen Zahlungsdienstleister gepfändet und sich überweisen lassen, kann er Auszahlung nur nach Maßgabe der in § 835 Abs. 3, 4 ZPO geregelten Zahlungsmoratorien verlangen. In den in § 835 Abs. 3 S. 2, ZPO geregelten Fällen darf das Kreditinstitut bei der Pfändung gegenwärtigen Kontoguthabens erst nach Ablauf einer vierwöchigen Frist ab Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Vollstreckungsgläubiger leisten. Diese Auszahlungssperre soll dem Kontoinhaber ermöglichen, rechtzeitig Pfändungsschutz gem. § 765a bzw. § 850i ZPO zu beantragen oder sein Konto auch nach Pfändung und Überweisung noch in ein P-Konto umwandeln zu lassen, vgl. § 850k Abs. 1 S. 4, Abs. 7 S. 3 ZPO, bzw. eine Erhöhung des Sockelfreibetrags, § 850k Abs. 2 ZPO, zu erreichen.13 Das in § 835 Abs. 4 S. 1 ZPO angeordnete Auszahlungsmoratorium für Zahlungseingänge auf einem P-Konto beseitigt die sog. „Monatsanfangsproblematik“, die bei der praktischen Anwendung des novellierten Kontopfändungsschutzes augenscheinlich geworden und im Anschluss intensiv diskutiert worden ist.14 Das Problem bestand darin, dass Zahlungen, die zugunsten des Schuldners am Ende eines Monats auf dem P-Konto eingingen, aber zum Verbrauch erst im Folgemonat bestimmt waren, nach der ursprünglichen Gesetzesfassung keinen Pfändungsschutz genossen, wenn der Schuldner den Freibetrag im Monat der Gutschrift bereits vollständig ausgeschöpft hatte. Betroffen hiervon waren insbesondere Sozialleistungen und Lohnzahlungen, die am Monatsende auf ein P-Konto überwiesen wurden.15 Bis zur Einfügung von § 835 Abs. 4 ZPO durch Gesetz vom 12.04.2011 (BGBl. I. 12  MünchKomm / Smid, ZPO4, § 835 Rn. 24 f.; Musielak / Becker, ZPO11, § 835 Rn. 14; Stöber, Rn.  596 ff. 13  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 4; Musielak / Becker, ZPO11, § 835 Rn. 15; Zöller / Stöber, ZPO30, § 835 Rn. 11. 14  Vgl. BT-Drs. 17 / 4776, S. 8, wo dieser gesetzliche Missstand als „Unsicherheiten in der Beratungspraxis und bei Kreditinstituten“ interpretiert wird, der „offensichtlich zu Fehlinformationen und Anwendungsfehlern“ geführt habe; s. auch schon das Positionspapier des BMJ zu dieser Problematik aus August 2010, abgedruckt in ZVI 2010, 404. 15  Ahrens, NZI 2011, 183; Bitter, ZIP 2011, 149, 154; Jäger, ZVI 2010, 325, 328 ff.; Richter / Zimmermann, ZVI 2010, 359.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 

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S. 265)16 wurde diesem Missstand vornehmlich über § 765a ZPO abgeholfen.17 § 835 Abs. 4 S. 1 ZPO bestimmt nun, dass eine Auszahlung von gepfändeten, künftigen Guthaben auf einem P-Konto erst nach Ablauf des nächsten, auf die Gutschrift folgenden Kalendermonats erfolgen darf. Hierdurch wird sichergestellt, dass Zahlungseingänge, die am Monatsende gutgeschrieben werden und zum Verbrauch im nächsten Monat bestimmt sind, in Höhe des für diesen Folgemonat geltenden Freibetrags pfändungsfrei sind und der Kontoinhaber im „Verbrauchsmonat“ hierüber verfügen kann, vgl. § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO.18 II.  Gegenstand der Forderungsvollstreckung 1.  Verwertungseignung der gepfändeten Forderung Ziel der Vollstreckung ist die Befriedigung der titulierten Gläubigerforderung im Wege eines hoheitlichen Zwangsverfahrens, das das Korrelat zum staatlichen Gewaltmonopol bildet.19 Die Durchsetzung des von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Forderungsrechts des Gläubigers legitimiert einen Eingriff in die Rechtssphäre und namentlich in das Vermögen des Vollstreckungsschuldners allerdings nur insoweit, wie die Maßnahme zur Realisierung des Befriedigungsrechts erforderlich ist. Die Vollstreckung ist ihrem Umfang nach daher gem. § 803 Abs. 1 S. 2 ZPO auf dasjenige beschränkt, was zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Vollstreckungskosten erforderlich ist (Verbot der Überpfändung). Unzulässig ist die Pfändung, sofern durch Verwertung des Pfandgegenstands ein über die Kosten hinausgehender Überschuss zur Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten steht (Verbot der zwecklosen Pfändung), § 803 Abs. 2 ZPO.20 Verstöße hat der Schuldner im Wege der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO geltend zu machen.21

16  Zur Anwendbarkeit der Norm auf einen bereits anhängigen Rechtstreit, wenn die Pfändung vor Inkrafttreten am 16.04.2011 erfolgte, BGH NZI 2011, 717. 17  LG Essen ZVI 2010, 354; LG Oldenburg, ZVI 2011, 31; AG Esslingen NZI 2011, 150. 18  s. im Einzelnen Sudergat, Rn.  992 ff. 19  Vgl. Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 3 Rn. 7; Stöber, Rn. 1. 20  Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 50 Rn. 4; MünchKomm / Gruber, ZPO4, § 803 Rn. 60, 69. 21  Musielak / Becker, ZPO11, § 803 Rn. 16.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

a)  Postulat der Verwertungseignung Über die gesetzlich normierten Ausprägungen des Befriedigungszwecks hinaus gilt der ungeschriebene numerus clausus der Vollstreckungsarten.22 Hiernach kann die Zwangsvollstreckung nur gemäß den gesetzlich vorgesehenen Vollstreckungsarten erfolgen. Die strikte Gesetzesbindung resultiert daraus, dass das Zwangsvollstreckungsrecht als staatliches Eingriffsrecht die widerstreitenden Grundrechtspositionen von Schuldner und Gläubiger zu einem gerechten Ausgleich gebracht hat, von dem weder zugunsten der einen noch der anderen Seite abgewichen werden kann.23 Aus dem numerus clausus der Vollstreckungsarten ergibt sich in der Zusammenschau mit dem übergeordneten Befriedigungszweck, dass ein Gläubiger nur auf solche Vermögensgegenstände des Schuldners Zugriff nehmen kann, deren Verwertung ihrer Art nach überhaupt zur Befriedigung seiner Forderung taugt.24 Vollstreckt der Gläubiger daher wegen einer Geldforderung, ist eine Vollstreckung nur nach den §§ 808 ff. ZPO zulässig, weil lediglich sie eine Verwertung des Pfändungsgegenstands zur Befriedigung einer Geldforderung erlauben. Das Postulat der grundsätzlichen Verwertungseignung des zu pfändenden Gegenstands bzw. der zu pfändenden Forderung schränkt einen Gläubiger indessen nicht darin ein, zwischen mehreren tauglichen Vollstreckungsobjekten frei zu wählen.25 Aus § 844 Abs. 1 ZPO folgt zudem, dass es der Pfändung einer Forderung nicht entgegensteht, wenn diese im Pfändungszeitpunkt betagt, bedingt oder von einer Gegenleistung abhängig ist. Soweit die Verwertung einer solchen Forderung durch Überweisung aus den genannten Gründen erschwert ist, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag eine andere Art der Verwertung anordnen. Das generelle Erfordernis der Verwertungseignung schließt daher eine Pfändung nur in denjenigen Fällen aus, in denen der Vollstreckungsgegenstand sich schon der Sache nach nicht zur Befriedigung einer Gläubigerforderung eignet.

22  Vgl. Baur / Stürner / Bruns, Rn.  6.63 f.; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 9 Rn. 2. 23  Vgl. Baur / Stürner / Bruns, Rn. 5.10, 6.64; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 9 Rn. 1. 24  Vgl. Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 34 Rn. 16: Spezialitätsgrundsatz der Vermögensvollstreckung; s. zu diesem Erfordernis bei der Pfändung sonstiger Vermögensrechte gem. § 857 ZPO noch unten § 4 B. I. 25  Vgl. Baur / Stürner / Bruns, Rn. 6.15; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 5 Rn. 28, 79.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 

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b)  Bedeutung für die Kontovollstreckung Der so verstandene notwendige Zusammenhang zwischen Pfändbarkeit und Verwertungseignung erlangt für die Forderungsvollstreckung in ein Girokonto besondere Bedeutung.26 Denn einerseits ist unbestritten, dass der Girokontoinhaber von seiner Bank Auszahlung eines Guthabens oder eines Dispositionskredits verlangen kann. Der hierauf gerichtete Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag27 scheint grundsätzlich geeignet, ihn zur Befriedigung der titulierten Zahlungsforderung zu verwerten. Andererseits ist die bankvertragliche Beziehung in den §§ 675c ff. BGB als spezieller Fall des Geschäftsbesorgungsvertrags ausgestaltet. Hieraus resultieren in erster Linie Dienstleistungsansprüche des Bankkunden.28 Untersucht man die in den von Gläubigerseite umfassend angelegten Pfändungsanträgen behaupteten Ansprüche auf ihre Pfändbarkeit, ist dabei das soeben dargelegte Zulässigkeitskriterium der Verwertungseignung besonders zu berücksichtigen. Nur solche Ansprüche des Schuldners, deren Verwertung zur Befriedigung einer Geldforderung führen kann, können überhaupt nach §§ 829, 857 ZPO Gegenstand der Forderungsvollstreckung wegen einer Geldforderung sein, nicht jedoch Ansprüche, die lediglich auf die Erbringung einer Dienstleistung durch die Bank gerichtet sind. Ungeachtet der möglichen Unpfändbarkeit derartiger Ansprüche zum Schutz des Drittschuldners wegen der Höchstpersönlichkeit der Dienstverpflichtung nach § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 613 S. 2 BGB29 ist die Pfändung möglicherweise schon deshalb als unzulässig anzusehen, weil die Pfandverwertung nicht die Befriedigung einer Geldforderung zu bewirken vermag. Entsprechende Forderungen des Schuldners können dann, weil ihnen ein selbständig zu realisierender Vermögenswert nicht zukommt, allenfalls im Wege der Hilfspfändung zur Vorbereitung und Sicherung der eigentlichen Vollstreckung gepfändet werden.30 2.  Pfändung künftiger Forderungen Pfändbar sind nicht nur gegenwärtige, sondern auch künftige Forderungen des Vollstreckungsschuldners. Voraussetzung für die wirksame Pfändung ist in diesem Fall nach ganz herrschender Meinung jedoch, dass bereits im Pfänauch Affentranger-Brunner, S.  79 ff. diesem Anspruch § 3 A. III., § 3 C. IV. 28  Hierzu ausführlich § 3 C. IV. 29  Dazu unten § 4 C. I. 30  Dazu unten § 4 D. 26  Hierzu 27  Zu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

dungszeitpunkt eine Rechtsbeziehung besteht, aus der die künftige Forderung erwachsen kann und aus der sich ihr Rechtsgrund sowie die Person des Drittschuldners hinreichend konkret bestimmen lässt.31 Unpfändbar sind dagegen bloße Hoffnungen und Chancen auf eine künftige Forderung.32 Besteht auch im Grundsatz weitgehend Einigkeit über diese Unterscheidung, haben sich einheitliche Kriterien nicht herausgebildet, anhand derer beurteilt werden könnte, ob eine künftige Forderung hinreichend bestimmbar ist. Vielmehr wird die Reichweite des Bestimmbarkeitserfordernisses seit jeher lebhaft diskutiert. Insbesondere wird darüber gestritten, ob die vollstreckungsrechtliche Pfändung nur unter engeren Voraussetzungen, namentlich einer bereits bestehenden Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner, zulässig sein soll als die rechtsgeschäftliche Abtretung oder Verpfändung einer noch nicht existenten Forderung.33 Da die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner gem. § 829 Abs. 3 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung einer jeden Pfändung ist, ist die Pfändung einer zukünftigen Forderung jedenfalls dann unmöglich, wenn die Person des Drittschuldners nicht zu ermitteln ist.34 Wird eine künftige Forderung gepfändet, erlangt die Pfändung mit der Forderungsentstehung Wirksamkeit. Der Vollstreckungsgläubiger erwirbt erst in diesem Zeitpunkt ein Pfändungspfandrecht an ihr.35 Ist die Forderung von mehreren Gläubigern gepfändet worden oder hatte der Vollstreckungsschuldner über sie außerdem rechtsgeschäftlich verfügt, bestimmt sich der Rang der Berechtigung gem. § 804 Abs. 3 ZPO und dem allgemeinen Prioritätsprinzip gleichwohl nach der Reihenfolge, in der die Pfändungen ausgebracht bzw. die Verfügungen vorgenommen worden sind.36 31  St. Rspr. vgl. etwa BGHZ 53, 29, 32; BGH NJW 2004, 369, 370; Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann / Hartmann, ZPO72, § 829 Rn. 5; Baur / Stürner /  Bruns, Rn. 30.3; Brox / Walker, Rn. 509; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 829 Rn. 13; Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 6; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 829 Rn. 11; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 6; Stöber, Rn. 27. 32  Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 6; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 829 Rn. 7; Stöber, Rn. 28. 33  Die h. M. stellt strengere Anforderungen an die Pfändung einer künftigen Forderung als an ihre Abtretbarkeit und verlangt eine bestehende Rechtsbeziehung, vgl. die Nachweise in Fn. 31; für einen möglichst weitgehenden Gleichlauf dagegen Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 54 Rn. 9; Schwerdtner, NJW 1974, 1785, 1787; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 4; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 829 Rn. 15; dezidiert Zeller, S. 292 ff. für die Pfändbarkeit eines Anspruchs aus geduldeter Kontoüberziehung, dazu § 8. 34  Brox / Walker, Rn. 509; Stöber, Rn. 28. 35  Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 6; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 829 Rn. 11. 36  Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 5; Stöber, Rn. 30.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 151

B.  Zwangsvollstreckung in sonstige vermögenswerte Rechte, § 857 ZPO Nach § 857 Abs. 1 ZPO unterliegen auch solche vermögenswerten Rechte der Zwangsvollstreckung nach den Regeln der Vollstreckung in das bewegliche Schuldnervermögen, die nicht unbewegliche Sachen sind und die nicht schon als bewegliche Sachen gem. §§ 808 ff. ZPO, Forderungen gem. §§ 829 ff. ZPO oder als Herausgabeansprüche gem. §§ 846 ff. ZPO gepfändet werden können.37 I. Verwertungseignung Voraussetzung für das Vorliegen eines Vermögensrechts und die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, wie sie § 857 Abs. 1 ZPO bestimmt, ist allerdings, dass sich die Verwertung des Pfandrechts an dem jeweiligen Recht zur Befriedigung einer Geldforderung des die Vollstreckung betreibenden Gläubigers eignet.38 Als eine Art Generalklausel39 weicht § 857 ZPO damit den numerus clausus des Zwangsvollstreckungsrechts auf Tatbestandsseite dadurch auf, dass der Vollstreckungsgegenstand anders als in §§ 829, 846 ff. ZPO nicht eindeutig festgelegt ist,40 sondern sich seine Eignung als solcher allein daraus ergibt, dass er zur Befriedigung einer Geldforderung durch Verwertung taugt. Mangels Verwertungstauglichkeit sind daher insbesondere rein tatsächliche Verhältnisse ebenso wie bloße Handlungsmöglichkeiten und Befugnisse des Schuldners, etwa einen Vertrag zu schließen,41 nicht als sonstige Vermögenswerte i. S. v. § 857 ZPO pfändbar.42 ZPO11, § 857 Rn. 1; Zöller / Stöber, ZPO30, § 857 Rn. 1. 38  BGH NJW-RR 2009, 411 (Tz. 6); NJW-RR 2007, 1219 (Tz. 21); NJW 2005, 3353; Brox / Walker, Rn. 719; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 4; Stöber, Rn. 1461; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 7 lässt für das Vorliegen eines „Vermögensrechts“ auch die nur mittelbare Verwertungseignung genügen, fasst also unter diesen Begriff auch Ansprüche und Rechte, auf die mangels unmittelbarer Verwertungseignung nur im Wege der Hilfspfändung (dazu unten § 4 D.) Zugriff genommen werden kann. 39  Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 1; Schuschke / Walker / Walker, ZPO5, § 857 Rn. 1 („Auffangnorm“). 40  Vgl. zur Kasuistik der unter § 857 ZPO zu fassenden Vermögensgegenstände etwa Baur / Stürner / Bruns, § 32 passim; Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 7 ff.; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 17 ff. 41  Zur Unpfändbarkeit einer Kontovollmacht über ein fremdes Konto als sonstiges Vermögensrecht i. S. v. § 321 AO FG Kassel WM 1998, 2430, 2432. 42  Brox / Walker, Rn.  717 f.; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 34 Rn. 18; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 11; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 2 f. 37  Musielak / Becker,

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Zu Recht wird in der Literatur eine strikte Grenzziehung zwischen pfändbaren Vermögensrechten i.  S.  v. § 857 ZPO und nicht vermögenswerten Handlungsmöglichkeiten und Befugnissen des Schuldners angemahnt.43 Denn das Bestreben der Gläubiger nach einem umfassenden Zugriff auf das Schuldnervermögen und möglichst weitreichender Beschränkung der schuldnerischen Dispositionsmöglichkeiten birgt stets das Risiko eines zu weitgehenden Eingriffs in die Rechtssphäre des Schuldners, der durch den Befriedigungszweck der Vollstreckungsmaßnahme nicht mehr gedeckt ist.44 Um dies zu verhindern, sind die Konturen des § 857 ZPO dadurch zu schärfen, dass die eigenständige Verwertungstauglichkeit eines potentiellen Pfändungsgegenstands in jedem Fall gesondert überprüft wird. II.  Selbständiges Vermögensrecht Von der Pfändung gem. § 857 ZPO können nur selbständige Vermögensrechte erfasst werden. Unselbständige Nebenrechte unterliegen dagegen nicht der isolierten Pfändung, sondern gehen mit dem Hauptrecht automatisch auf den Vollstreckungsgläubiger über. Zu Letzteren rechnen einerseits die akzessorischen Rechte i. S. v. § 401 BGB. Als unselbständige Nebenrechte erwirbt der Pfändungsgläubiger andererseits akzessorische Gestaltungsrechte, wie Rücktritt, Minderung, Kündigung oder Anfechtung, sowie sonstige vertragliche Sekundäransprüche bereits mit dem Übergang der betreffenden Hauptforderung.45 Unselbständig in diesem Sinne sind außerdem etwa Auskunftsansprüche, wie der Anspruch auf Rechnungslegung aus §§ 675, 666 BGB,46 oder der Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB.47 Auch wenn derartige Nebenrechte nicht einen eigenen, zu Befriedigungszwecken realisierbaren Vermögenswert aufweisen und von der Pfändung des Hauptanspruchs mit umfasst werden, können sie gleichwohl zur Sicherung und Ermöglichung der Hauptpfändung Gegenstand einer sog. Hilfspfändung sein.48

43  MünchKomm / Smid, ZPO4, § 857 Rn. 9; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 1. 44  Hierzu bereits oben § 4 A. II. 45  Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 8 f.; Schuschke / Walker / Walker, ZPO5, § 857 Rn. 3; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 3 f.; Wieczorek / Schütze /  Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 13 ff. 46  Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 9; Stöber, Rn. 1741 ff. 47  Vgl. BGHZ 33, 76, 83. 48  Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 3; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 15; näher dazu unten § 4 D.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 153

C.  Grenzen der Forderungsvollstreckung und Ausnahmen, §§ 851, 857 Abs. 3 ZPO Der Pfändungsbeschränkung des § 851 ZPO ist in der bisherigen Diskussion um die Pfändung eines Girokontos in mehrerlei Hinsicht besondere Bedeutung zugekommen. I.  Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO Die Pfändung einer Forderung gem. § 829 ZPO erfolgt zur Vorbereitung ihrer späteren Verwertung zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung durch Übertragung der Forderung zur Einziehung oder an Erfüllungs statt gem. § 835 ZPO Abs. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Pfändung sonstiger Vermögensrechte i. S. v. § 857 Abs. 1, 3 ZPO. § 851 Abs. 1 ZPO bestimmt daher, dass grundsätzlich nur solche Forderungen der Pfändbarkeit unterliegen, die auch rechtsgeschäftlich übertragen werden können.49 Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Übertragbarkeit und Pfändbarkeit kehrt § 400 BGB entsprechend um, indem er nur solche Forderungen für abtretbar erklärt, die auch der Pfändung unterliegen. Hiermit erlangen insbesondere die gesetzlichen Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850  ff. ZPO Geltung auch für die Forderungsabtretung.50 Ergänzend ordnet § 1274 Abs. 2 BGB an, dass auch die rechtsgeschäftliche Verpfändung solcher Forderungen ausgeschlossen ist, die nicht übertragbar sind. 1.  Unübertragbarkeit einer Forderung gem. § 399 1. Alt. BGB Unübertragbarkeit einer grundsätzlich vermögenswerten Forderung, die nach § 851 Abs. 1 ZPO zum Ausschluss der Pfändbarkeit führt, liegt nach § 399 1. Alt. BGB namentlich dann vor, wenn die Bewirkung der Leistung an den Zessionar statt an den Zedenten nicht ohne Änderung des Leistungsinhalts erfolgen kann. Hierzu rechnen vor allem kraft gesetzlicher Anordnung, vgl. etwa § 463 BGB, § 613 S. 2 BGB oder § 664 Abs. 2 BGB, oder im Wege der Auslegung als höchstpersönlich einzustufende Ansprüche.51 49  MünchKomm / Smid, ZPO4, § 851 Rn. 1; Musielak / Becker, ZPO11, § 851 Rn. 1; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 851 Rn. 1; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 829 Rn. 23; vgl. auch OLG Hamburg Seuff. Arch. 41, 427: „… – Pfändung eines Anspruchs ist erzwungene Abtretung desselben.“ 50  Staudinger / Busche, 2012, Einl. zu §§ 398 ff. Rn. 49. 51  Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 54 Rn. 22 f.; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 851 Rn. 5 ff.; Schuschke / Walker / Kessal-Wulf, ZPO5, § 851 Rn. 2, 4; Zöller / Stöber, ZPO30, § 851 Rn. 3.

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Ob ein Anspruch höchstpersönlicher Natur ist und deshalb weder abgetreten noch gepfändet werden kann, ist freilich für jeden Einzelfall gesondert zu untersuchen. Dabei kommt es maßgeblich auf die Schutzrichtung des Merkmals der Höchstpersönlichkeit an. So dient die Annahme eines höchstpersönlichen Leistungsanspruchs dem Interesse des Drittschuldners daran, dass ihm durch die Abtretung52 oder die Pfändung und Überweisung53 nicht ein anderer Gläubiger als der von ihm privatautonom gewählte Vertragspartner aufgezwungen wird. Grundsätzlich unübertragbar gem. § 399 1. Alt. BGB sind außerdem Forderungen, die einer vereinbarten oder gesetzlich angeordneten (treuhänderischen) Zweckbindung zwischen Schuldner und Drittschuldner unterliegen. Sie können nur dieser Zweckbestimmung entsprechend abgetreten und gepfändet werden, z. B. Subventionen.54 Zu beachten gilt hier die sehr problematische Abgrenzung zwischen einer pfändungsbeschränkenden Zweckbindung, welche die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger als Inhaltsänderung erscheinen lässt, und eines nach § 851 Abs. 2 ZPO für die Pfändbarkeit unbeachtlichen, vertraglich vereinbarten Abtretungsausschlusses i. S. v. § 399 2. Alt. BGB. 2.  Verhältnis der Pfändungsbeschränkung des § 851 Abs. 1 ZPO zu dem Postulat der Verwertungseignung Forderungen, die nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht übertragbar sind, werden sich vielfach auch nicht zum Zwecke der Befriedigung einer Geldforderung verwerten lassen und deshalb nicht dem oben dargestellten Postulat der Verwertungseignung entsprechen. Es stellt sich daher die Frage nach dem Verhältnis der Pfändungsbeschränkung des § 851 Abs. 1 ZPO zu dem grundsätzlichen Erfordernis, dass die gepfändete Forderung oder das gepfändete Recht zur Tilgung derjenigen Forderung taugt, deretwegen die Vollstreckung betrieben wird. Wenn auch letzteres zunächst logisch vorrangig erscheint, weil die Zwangsvollstreckung als Eingriff in die Rechtssphäre mangels Verwertungseignung schon überhaupt unzulässig ist, sind beide 52  Erman / H. P. Westermann, BGB14, § 399 Rn. 2; MünchKomm / Roth, BGB6, § 399 Rn. 2; Staudinger / Busche, 2012, § 399 Rn. 11. 53  Vgl. Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158 („Das berechtigte Interesse, welches in einem solchen Falle der Schuldner daran hat, nur dem ursprünglichen Gläubiger zu haften, …“). 54  BGH ZIP 2000, 265; Baur / Stürner / Bruns, Rn.  25.6 f.; Musielak / Becker, ZPO11, § 851 Rn. 6; Schuschke / Walker / Kessal-Wulf, ZPO5, § 851 Rn. 5 ff.; z. T. abweichend Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 19 ff., 29, nach dem lediglich gesetzliche Zweckbindungen zur Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO führen können (Rn. 21), während vertraglich zwischen Schuldner und Drittschuldner vereinbarte Zweckbindungen einen Abtretungsausschluss nach § 399 1. Alt. BGB unter keinen Umständen begründen können (Rn. 20).



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 155

Aspekte gleichrangig nebeneinander zu berücksichtigen. Denn während die Annahme eines höchstpersönlichen Leistungsanspruchs den Interessen des Drittschuldners dient, trägt das Erfordernis der Verwertungseignung dem Schutzbedürfnis des Schuldners vor zu weitgehenden, nicht vom Befriedigungszweck gedeckten Vollstreckungsmaßnahmen Rechnung. II. Ausnahme nach § 851 Abs. 2 ZPO bei vereinbartem Abtretungsausschluss § 399 2. Alt. BGB gestattet es den Parteien die Übertragbarkeit einer Forderung kraft vertraglicher Vereinbarung auszuschließen. Nach § 851 Abs. 2 ZPO bewirkt ein solches vertragliches Abtretungsverbot allerdings nicht auch die Unpfändbarkeit der Forderung nach § 851 Abs. 1 ZPO, sofern nur der Gegenstand der Forderung der Pfändung unterworfen ist. In diesem Fall kann die unübertragbare Forderung gleichwohl gepfändet und zur Einziehung, nicht jedoch an Zahlungs statt überwiesen werden, weil letzteres der vertraglich ausgeschlossenen Abtretung gleichkäme.55 § 851 Abs. 2 ZPO realisiert damit den Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung,56 indem er es den Parteien untersagt, bestimmte Gegenstände des Schuldnervermögens aufgrund bloßer vertraglicher Absprache dem Vollstreckungszugriff zu entziehen.57 § 851 Abs. 2 ZPO greift indes nicht, wenn die betreffende Forderung schon kraft Gesetzes nicht übertragbar ist.58 Ferner ist heute nahezu einhellig anerkannt, dass die Regelung entgegen ihres zu weit reichenden Wortlauts und dem Willen des historischen Gesetzgebers59 die Unbeachtlichkeit eines Abtretungsausschlusses lediglich für Fälle anordnet, in denen sich ein solcher kraft vertraglicher Vereinbarung gem. § 399 2. Alt. BGB ergibt, nicht jedoch auch für Fälle, in denen die Unübertragbarkeit gem. § 399 1. Alt. BGB aus der Rechtsnatur des Anspruchs selbst folgt.60 Freilich ist auch hier auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die die Abgrenzung der beiden Alternativen des § 399 BGB im Einzelfall bereitet.

ZPO4, § 851 Rn. 17; Zöller / Stöber, ZPO30, § 851 Rn. 7. etwa Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV (S. 21 ff.); Staudinger / Caspers, 2014, § 275 Rn. 74. 57  Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 29. 58  Vgl. die Begründung zur ZPO-Novelle bei Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158. 59  Vgl. erneut Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158. 60  Baur / Stürner / Bruns, Rn. 25.8; Schuschke / Walker / Kessal-Wulf, ZPO5, § 851 Rn. 12; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 28; Zöller / Stöber, ZPO30, § 851 Rn. 6. 55  MünchKomm / Smid, 56  Hierzu

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III.  Beschränkte Pfändbarkeit von Nutzungsrechten gem. § 857 Abs. 3 ZPO Auch andere Vermögensrechte i. S. v. § 857 BGB sind wegen § 851 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur insoweit pfändbar, wie sie auch rechtsgeschäftlich übertragen werden können.61 Eine beschränkte Ausnahme von diesem Grundsatz macht § 857 Abs. 3 ZPO, der bestimmt, dass auch unveräußer­ liche Rechte pfändbar sind, soweit sie einem anderen zur Ausübung überlassen werden können. Pfändbar ist hiernach etwa das Nutzungsrecht des Mieters oder Leasingnehmers, sofern ihm eine Gebrauchsüberlassung an Dritte gestattet ist, sowie der Nießbrauch, vgl. § 1059 S. 2 BGB, oder eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, vgl. § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB.62 Steht dagegen eine höchstpersönliche Forderung in Rede, die gem. § 399 1. Alt. BGB nicht übertragbar ist, und kann der Inhaber ihre Ausübung auch nicht einem Dritten überlassen, kann sie wegen § 851 Abs. 1 ZPO nicht gem. § 857 ZPO gepfändet werden. Entsprechend ist über die Pfändbarkeit selbständiger Gestaltungsrechte, die nicht als akzessorische Nebenrechte bereits von der Hauptpfändung erfasst werden, für jeden Einzelfall danach zu befinden, ob sie isoliert übertragbar sind bzw. ihre Ausübung einem Dritten überlassen werden kann oder ob es sich um höchstpersönliche Rechte des Schuldners handelt.63 Zu beachten gilt hierbei allerdings, dass die isolierte Pfändung eines solchen akzessorischen Gestaltungsrechts gem. § 857 ZPO immer nur dann zulässig ist, wenn ihm ein realisierbarer Vermögenswert gem. § 857 Abs. 1, Abs. 3 ZPO zukommt.64 Hieran fehlt es, wenn ein verwertbarer Vermögenswert erst infolge der Ausübung des Gestaltungsrechts zur Entstehung gelangt.65

D.  Hilfspfändung unselbständiger Nebenrechte Grundsätzlich unterliegen nur solche Bestandteile des Schuldnervermögens der Zwangsvollstreckung, deren Verwertung die Befriedigung der titulierten Gläubigerforderung herbeizuführen vermag.66 Es ist jedoch anerkannt, Rn. 724; Schuschke / Walker / Walker, ZPO5, § 857 Rn. 4; Wieczo­ rek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 21. 62  Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 14 ff.; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn.  29 ff. 63  Vgl. die Aufzählung bei BGHZ 154, 64, 68 f. (konkret zur Pfändbarkeit eines Rückauflassungsanspruchs); Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 857 Rn. 6. 64  Zum Erfordernis eines eigenen Vermögenswerts bereits oben § 4 B. II. 65  Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 3 a. E. 66  Stöber, Rn. 705; zum Postulat der Verwertungseignung bereits oben § 4 A. II. 1. 61  Brox / Walker,



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dass auch nicht verwertungsgeeignete Sachen und Rechte des Schuldners, namentlich unselbständige Nebenrechte,67 im Wege sog. Hilfspfändung gepfändet werden können, sofern dies zur Vorbereitung der Hauptpfändung, der Sicherung ihres Erfolgs oder der späteren Verwertung erforderlich ist.68 Die Hilfspfändung ist nicht als allgemeine Vollstreckungsform in der ZPO normiert. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass der Begriff der Hilfspfändung nicht in einem eindeutigen Sinne gebraucht wird69 und unter dieser Bezeichnung zum Teil rechtlich unterschiedliche Phänomene zusammengefasst werden. Dem Institut der Hilfspfändung vermag man sich daher nur über die Betrachtung anerkannter Einzelfälle zu nähern. I.  Inbesitznahme von Urkunden Als Hilfspfändung wird einerseits die vorübergehende Inbesitznahme von Urkunden des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vorbereitung oder Sicherung der Hauptpfändung bezeichnet, wenn diese lediglich dem Beweis einer Forderung dienen, vgl. § 156 GVGA. Derartige Papiere sind nicht selbst Rechtsträger und können daher nicht Gegenstand einer Sachpfändung nach §§ 808  ff. ZPO sein. Im Wege der „Hilfs­ vollstreckung“70 kann der Gläubiger insbesondere seinen Anspruch auf Herausgabe von Urkunden aus § 836 Abs. 3 S. 3 ZPO durchsetzen, die ihm die zum Zwecke der Forderungsverfolgung gegenüber dem Drittschuldner erforderlichen Informationen vermitteln,71 oder die Herausgabe des Hypotheken- oder Grundschuldbriefs gem. § 830 Abs. 1 ggf. i. V. m. § 857 Abs. 6 ZPO erwirken.72 Als Vollstreckungstitel für die zwangsweise Besitzergreifung, die sich ihrerseits nach Maßgabe der §§ 883 ff. ZPO vollzieht, genügt der ursprüngliche Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.73 Neben dem Informationsinteresse rechtfertigt sich die Zulässigkeit der Hilfspfändung in diesen Fällen einerseits daraus, dass schon die Wirksamkeit der Hauptpfändung von der Erlangung des Papiers abhängen kann, vgl. §§ 830 Abs. 1, 857 Abs. 6 ZPO.74 Andererseits besteht bereits vor der eigentlichen Forde67  Vgl.

hierzu schon oben § 4 B. II. ZPO22, § 857 Rn. 5; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 21. 69  Vgl. Kindl / Meller-Hannich / Wolf / Bendtsen, ZPO2, § 829 Rn. 130. 70  Vgl. etwa MünchKomm / Smid, ZPO4, § 830 Rn. 11. 71  s. zur Herausgabe von Kontoauszügen BGHZ 192, 314, 316 (Tz. 7); NJW 2007, 606 (Tz. 8) m. w. N.; ausf. dazu § 6 A. II. 4. 72  Baur / Stürner / Bruns, Rn. 30.24; Musielak / Becker, ZPO11, § 830 Rn. 4. 73  Brox / Walker, Rn. 647, 647c; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 836 Rn. 15. 74  Stöber, Rn. 705b. 68  Stein / Jonas / Brehm,

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rungspfändung ein Bedürfnis zur Inbesitznahme von Urkunden, um einer Vollstreckungsvereitelung durch den Schuldner vorzubeugen, insbesondere wenn es sich um qualifizierte Legitimationspapiere handelt.75 Zum einen berechtigen diese den Inhaber zur Geltendmachung der durch sie nachgewiesenen Forderung. Zum anderen ermöglichen sie dem Drittschuldner die schuldbefreiende Leistung an jeden, der das Papier vorlegt.76 II.  Pfändung unselbständiger Forderungen und Rechte Zur Vorbereitung oder zur Sicherung der Hauptpfändung ist überdies die Hilfspfändung von Rechten anerkannt, denen ein selbständiger Vermögenswert nicht zukommt. So kann etwa der Anspruch des Schuldners auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB hilfsweise gepfändet werden.77 Eine solche Pfändung kann erforderlich sein, wenn der Gläubiger eine hypothekarisch gesicherte Forderung pfändet. Die Wirksamkeit der Hauptpfändung setzt gem. § 830 Abs. 1 S. 3 ZPO die Eintragung in das Grundbuch voraus, die ihrerseits nach § 39 GBO die Voreintragung des Schuldners erfordert. Um diese zu bewirken, kann der Pfändungsgläubiger den Berichtigungsanspruch aus § 894 BGB hilfsweise pfänden, um ihn wie ein vom Schuldner hierzu Ermächtigter selbständig geltend zu machen und die Voreintragung zu erreichen.78 Für hilfsweise pfändbar werden darüber hinaus Auskunftsansprüche und solche auf Rechnungslegung erachtet.79 Ein Interesse des Gläubigers an der selbständigen Hilfspfändung dieser Ansprüche ist neben § 840 ZPO anzuerkennen, weil auf diese Vorschrift eine Auskunftsklage gegen den Drittschuldner nicht gestützt werden kann.80 Entsprechend der zwangsweisen Inbesitznahme des Hypothekenbriefs durch den Gerichtsvollzieher ist ferner die Hilfspfändung eines Anspruchs auf Herausgabe des Hypothekenbriefs gegen einen Dritten zulässig, der diesen in Besitz hat.81 75  Stein / Jonas / Münzberg, ZPO22, § 821 Rn. 4 f.; Stöber, Rn. 705a; Wieczorek /  Schütze / Lüke, ZPO3, § 821 Rn. 7. 76  MünchKomm / Habersack, BGB6, Vor §  793  ff. Rn.  18  f. („Liberationswirkung“); Staudinger / P. Marbuger, 2009, Vorbem. zu §§ 793–808 Rn. 11; für das Sparbuch etwa Schürmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 71 Rn. 41. 77  Vgl. BGHZ 33, 76, 83 (für den Anspruch des Erbbauberechtigten aus § 7 Abs. 2, 3 ErbbauRVO auf Zustimmung zur Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts); Brox / Walker, Rn. 722; Stöber, Rn. 1513. 78  Stöber, Rn. 1514; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 21. 79  Kindl / Meller-Hannich / Wolf / Bendtsen, ZPO2, § 829 Rn. 130; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 5; vgl. zum Anspruch auf Erteilung von Kontoauszügen § 6 A. II. 4. 80  Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 3. 81  Musielak / Becker, ZPO11, § 830 Rn. 5; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 830 Rn. 17; Stöber, Rn. 1822.



§ 4  Grundzüge der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO 159

III. Zwischenergebnis: Voraussetzungen einer zulässigen Hilfspfändung Nach einem kursorischen Überblick über anerkannte Fälle der Hilfspfändung ist festzuhalten, dass ihre Zulässigkeit stets voraussetzt, dass sie der Vorbereitung oder Sicherung der Hauptpfändung dient.82 Der Ausnahmecharakter83 der Hilfspfändung folgt aus dem bereits angesprochenen numerus clausus der Vollstreckungsarten und dem grundsätzlichen Postulat der Verwertungseignung.84 Er gebietet eine restriktive Handhabung dieser nicht ausdrücklich geregelten Hilfsvollstreckung, rechtfertigt doch nur der Befriedigungszweck den hoheitlichen Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners. Eine Hilfspfändung ist daher stets nur zur Unterstützung der Hauptpfändung zulässig, vermag dem Gläubiger jedoch keinen Zugriff auf an sich unpfändbare, da nicht verwertungstaugliche Ansprüche und Rechte zu verschaffen und den Schuldner nicht an der Wahrnehmung derartiger Rechte zu hindern.85 Entsprechend sieht § 156 GVGA vor, dass der Gerichtsvollzieher Papiere des Schuldners nur vorübergehend in Besitz nehmen kann und diese zurückzugeben hat, wenn der Gläubiger nicht alsbald, spätestens innerhalb eines Monats, einen Pfändungsbeschluss über die Forderung vorlegt. Den notwendigen Zusammenhang zwischen Hilfsvollstreckung und der Pfändung der Hauptforderung bringt außerdem § 836 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck.86

E. Zusammenfassung: Vollstreckungsrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchung Die Beurteilung der Pfändung eines Girokontos bereitet besondere Schwierigkeiten, weil es einerseits die vollstreckungsbeschränkende Wirkung des Kontokorrents zu berücksichtigen gilt87 und sich die bankvertragliche Beziehung andererseits als Konglomerat aus Zahlungs- und Dienstleistungsansprüchen darstellt. Sämtliche dieser Ansprüche weisen grundsätzlich einen vermögensrechtlichen Bezug auf, vermitteln sie dem Kontoinhaber doch in ihrer Gesamtheit Verfügungsbefugnis über sein Girokonto. Nachdem die rechtliche Ausgestaltung des zunächst weitgehend ungeregelten Giroverhältnisses namentlich von zunehmend ausdifferenzierten Pfändungsausdrücklich etwa Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 857 Rn. 21. Stöber, Rn. 707a; auch Schuschke / Walker / Walker, ZPO5, § 857 Rn. 4. 84  Dazu oben § 4 A. II. 1. 85  Stöber, Rn. 707a. 86  Erneut Stöber, Rn. 707a. 87  Dazu § 5 A. I. 82  So

83  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

beschlüssen findiger Gläubiger mitgeprägt wurde, ist der Zahlungsdiensterahmenvertrag als Grundlage des Giroverkehrs in den §§ 675c ff. BGB nunmehr einer detaillierten gesetzlichen Normierung zugeführt worden. Hatte ehemals die Suche nach Zugriffsmöglichkeiten auf ein Girokonto Maß gegeben über die Forderungen, die dem Kontoinhaber gegen sein Geldinstitut zustehen, ist in Anbetracht des novellierten Zahlungsverkehrsrechts heute umgekehrt auf dieser Grundlage über den Vollstreckungszugriff in ein Girokonto zu urteilen. Hierzu waren in diesem Kapitel die relevanten Vollstreckungsarten gegeneinander abzugrenzen und zu kategorisieren. Aus dem numerus clausus der Vollstreckungsarten und dem Postulat der Verwertungseignung folgt zunächst, dass nur solche – auch künftigen – Forderungen und Rechte zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gemacht werden können, deren Verwertung zur Befriedigung der konkreten Gläubigerforderung taugt. Steht eine im Grundsatz zumindest mittelbar vermögenswerte Forderung in Rede, ist sie gem. § 851 Abs. 1 ZPO gleichwohl der Pfändung entzogen, sofern sie nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden kann, vgl. § 399 BGB. Eine Rückausnahme von diesem Gleichlauf zwischen Unübertragbarkeit und Unpfändbarkeit normiert § 851 Abs. 2 ZPO. Hiernach ist auch eine unübertragbare Forderung pfändbar, wenn der Abtretungsausschluss auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Schuldner und Drittschuldner i. S. v. § 399 2. Alt. BGB beruht und der Gegenstand der Forderung der Pfändung unterliegt. Unselbständige Nebenrechte, die ihrerseits nicht eigenständig verwertbar sind, werden als unselbständiger Annex von der Hauptpfändung erfasst und können ausnahmsweise Gegenstand einer Hilfspfändung sein, sofern diese zur Vorbereitung der eigentlichen Pfändung oder zur Sicherung des Pfändungserfolgs erforderlich ist.

§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent Zunächst ist die durch die Sicherungswirkung des Periodenkontokorrents eingeschränkte Möglichkeit der Zwangsvollstreckung auf kontokorrentrechtlicher Ebene zu untersuchen, die das Bedürfnis für die unter § 6 zu begutachtende Pfändung von Ansprüchen aus dem Giroverhältnis begründet hat.

A.  Die Pfändung des Zustellungssaldos gem. § 357 HGB Um die Sicherungswirkung im Interesse möglicher Vollstreckungsgläubiger ein Stück weit zu kompensieren, sieht § 357 S. 1 HGB die Pfändung des sog. Zustellungssaldos vor.



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent161

I.  Unpfändbarkeit der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen Die Bestimmung des § 357 S. 1 HGB setzt damit gleichzeitig die Unpfändbarkeit der kontokorrentgebundenen Einzelforderungen voraus.88 1.  Umkehrschluss aus § 357 HGB Grundsätzlich bestimmt zwar § 851 Abs. 2 ZPO, dass eine Forderung, die kraft Parteiabrede nicht abgetreten werden kann, § 399 2. Alt. BGB, gleichwohl gepfändet werden kann, wenn der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterliegt. § 851 Abs. 2 ZPO stellt sicher, dass ein pfändbarer Vermögenswert des Schuldners nicht durch Vereinbarung mit dem Drittschuldner über die Unübertragbarkeit der Zwangsvollstreckung entzogen werden kann, und verhilft damit dem Grundsatz der unbegrenzten Vermögenshaftung zur Geltung.89 Auf den ersten Blick ist es nicht fernliegend, der Kontokorrentbindung vor diesem Hintergrund ebenfalls nur inter partes-Wirkung beizumessen, weil die kontokorrentrechtliche Ausgestaltung der Geschäftsverbindung zunächst jedenfalls auf einer Parteiabrede beruht und die Abtretbarkeit der Einzelforderungen hindert.90 Im Umkehrschluss dazu, dass § 357 HGB die Pfändung in ein Periodenkontokorrent nur begrenzt zulässt, wird jedoch gemeinhin gefolgert, dass das Gesetz die inter omnes-Wirkung der Kontokorrentvereinbarung anerkennt.91 Die Materialien zu § 357 HGB belegen diese Auffassung, wenn die Vorschrift hiernach einen Ausgleich dafür gewähren soll, dass einem Gläubiger andernfalls nur die Pfändung der periodischen Rechnungsabschlusssalden bliebe.92 Diese Aussage impliziert die Drittwirkung der Kontokorrentbindung. Nach Canaris verdrängt § 357 HGB die Regelung des § 851 Abs. 2 ZPO in zweierlei Hinsicht: Einerseits im negativen Sinne, wenn sie die grundsätzliche Unpfändbarkeit der Einzelfor88  Allg. Ansicht vgl. nur BGHZ 80, 172, 175 f.; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 1; Brox / Walker, Rn. 525; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 1; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 2; Oetker /  Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 2; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, Anh. zu § 829 Rn. 2; anders noch Forgach, DB 1974, 809, 810 f. 89  Dazu bereits § 4 C. II. 90  K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 18; abweichend Staudinger / Busche, 2012, § 399 Rn. 55 m. w. N., der einen Abtretungsausschluss gem. § 399 1. Alt. BGB annimmt. 91  Vgl. BGHZ 80, 172, 175 ff.; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 43; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 2; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 355 Rn. 44; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 30; Staub /  Canaris, HGB4, § 355 Rn. 115, § 357 Rn. 3; a. A. Stirnberg, S.  39 ff. 92  Denkschrift zum HGB, S.  200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S.  356 f.).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

derungen voraussetzt, und andererseits im positiven Sinne, indem sie zur Kompensation die Pfändung des sog. Zustellungssaldos ermöglicht.93 2.  Kontokorrent als antizipierter Verrechnungsvertrag Die vorstehenden Ausführungen sind ebenso wie die Bezeichnung als „Lähmung“ geeignet, die Kontokorrentbindung der Einzelansprüche und ihre Wirkungen im Innen- und Außenverhältnis als kontokorrentrechtliches Mysterium und Eigenart erscheinen zu lassen.94 Sie lassen sich jedoch sehr wohl in allgemein zivilrechtliche Kategorien fassen, wenn man berücksichtigt, dass das Kontokorrent als spezieller Fall eines antizipierten Verrechnungsvertrags zu charakterisieren ist.95 So erschöpft sich die Kontokorrentvereinbarung nicht lediglich in dem Geschäftsvertrag, nach dem sich die Parteien verpflichten, sämtliche Ansprüche in die laufende Rechnung einzustellen.96 Gegenstand der Kontokorrentabrede ist darüber hinaus vielmehr die dingliche Einigung über die Verrechnung sämtlicher Einzelposten zum Periodenende. Die Wirksamkeit einer solchen dinglichen Verfügung ist von vornherein nicht an § 851 Abs. 2 ZPO zu messen. Die Reihenfolge der dinglichen Berechtigung an einer Forderung oder an sonstigen Gegenständen bestimmt sich nach dem Prioritätsprinzip. Dessen Geltung würde grundsätzlich in Frage gestellt, erblickte man in jeder früheren Verfügung eine schlichte, nach § 851 Abs. 2 ZPO unwirksame Parteivereinbarung.97 Durch die Verrechnungsvereinbarung verfügen die Kontokorrentparteien bereits antizipiert über alle künftigen Einzelansprüche und begeben sich dadurch gänzlich ihrer Dispositionsbefugnis. Dem späteren Vollstreckungsversuch eines Gläubigers in die laufende Rechnung muss daher ungeachtet von § 851 Abs. 2 ZPO der Erfolg versagt sein.98 Denn für den Rang der dinglichen Berechtigung ist bei antizipierten Verfügungen über künftige Forderungen ebenso wie bei der Verfügung über eine gegenwärtige Forderung derjenige Zeitpunkt maßgeblich, in dem das dingliche Rechtsgeschäft, also der Abschluss HGB4, § 357 Rn. 4. 94  Ebenso BGHZ 80, 172, 175 f., wonach die Pfändbarkeit der Einzelforderungen mit dem „Wesen des Kontokorrents“ nicht zu vereinbaren sei. 95  s. hierzu auch schon § 2 C. III. 96  Zum Inhalt des Geschäftsvertrags § 2 C. I. 97  Vgl. zur Vereinbarkeit des grundsätzlich vorrangigen AGB-Pfandrechts mit dem Schutzzweck des § 851 Abs. 2 ZPO Peckert, S. 143 f. 98  Zum Vorrang eines antizipierten Aufrechnungsvertrags gegenüber späteren Pfändungen RGZ 138, 252, 258 f.; BGH NJW 1968, 835; K. P. Berger, S.  152 ff.; MünchKomm / Schlüter, BGB6, § 392 Rn. 6; Staudinger / Gursky, 2011, Vorbem. zu §§  387 ff. Rn.  79 m. w. N. 93  Staub / Canaris,



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent163

der Kontokorrentvereinbarung, vorgenommen worden ist, und nicht derjenige, in dem die Forderung entsteht und die Verfügungswirkung eintritt.99 Das Prioritätsprinzip beansprucht auch dann Geltung, wenn die Vorausverfügung über eine gegenwärtige oder künftige Forderung zur Sicherung einer künftigen Forderung erfolgt und wenn ein akzessorisches Sicherungsrecht in Rede steht, das in Entstehung, Bestand und Umfang von der zu sichernden Forderung abhängt. Dies bestimmen §§ 1273 Abs. 1, 1209 BGB für das Pfandrecht an Rechten, das in seiner Sicherungswirkung dem Kontokorrent vergleichbar ist.100 Wie sich nach §§ 1273 Abs. 1, 1209 BGB der Rang des Pfandrechts zur Sicherung einer erst später entstehenden Forderung nach dem Zeitpunkt der Pfandrechtsbestellung bestimmt, ermöglicht das Kontokorrent die Verrechnung von Habenposten mit späteren Schuldposten. Ein nach der Vereinbarung des Kontokorrents erworbenes Pfändungspfandrecht an einer der „gelähmten“ Einzelforderungen entsteht daher stets nachrangig zur dinglichen Sicherungsposition, die der (potentielle) Drittschuldner zur Sicherung eigener, künftiger Ansprüche gegen den Vollstreckungsschuldner innehat, s. auch § 804 Abs. 3 ZPO. Die Geltung des Prioritätsprinzip, das den Drittschuldner in seiner Erwartung schützt, Befriedigung für künftig entstehende Ansprüche gegen den Vollstreckungsschuldner durch Verrechnung mit dessen gegenwärtigem Guthabensaldo zu erlangen, und damit die vereinfachte kontokorrentrecht­ liche Geschäftsabwicklung erst ermöglicht,101 schränkt § 357 S. 1 HGB zugunsten eines Vollstreckungsgläubigers ein.102 Dieser kann Zugriff nehmen auf den sog. Zustellungssaldo, ohne dass die Bank nachträgliche Schuldposten hiervon noch in Abzug bringen könnte. Damit versagt § 357 S. 1 HGB dem Drittschuldner gerade die Sicherung für künftige Forderungen, wie sie durch die Geltung des Prioritätsprinzips auch bei der Sicherung späterer Forderungen grundsätzlich erreicht wird. 3. Zwischenergebnis Die Erfassung des Kontokorrents als Abtretungsverbot i. S. v. § 399 2. Alt. BGB, der die Forderungspfändung gem. § 851 Abs. 2 ZPO nicht hindert, beschreibt die Wirkungen des Rechtsinstituts nur unzureichend. Zum einen 99  Zum Ursprung des Prioritätsprinzips in dem allgemeinen Grundsatz des nemo plus iuris transfere potest quam ipse habet, schon die Motive zu § 1209 BGB, S. 805 (abgedruckt bei Mugdan, Band III, S. 449); für die Verpfändung einer künftigen Forderung etwa Erman / J. Schmidt, BGB14, § 1209 Rn. 3; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1209 Rn. 1; Staudinger / W. Wiegand, 2009, § 1209 Rn. 2 f. 100  s. auch Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 6. 101  Zu den Wirkungen und Funktionen des Kontokorrents § 2 D. 102  So zurecht Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 5 ff.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

bewirkt die Kontokorrentabrede nicht lediglich einen Ausschluss der Übertragbarkeit. Vielmehr ist darüber hinaus den Kontokorrentparteien selbst die Geltendmachung der Einzelansprüche unmöglich. Zum anderen lässt diese Einordnung den Sicherungszweck des Kontokorrents und die durch den Verrechnungsvertrag erreichte Befriedigungsfunktion außer Acht. Zutreffend lassen sich die Kontokorrentwirkungen rechtlich erfassen, wenn man erkennt, dass die Parteien mit der Kontokorrentvereinbarung eine dingliche Vorausverfügung in Gestalt eines antizipierten Verrechnungsvertrags tätigen, die sie jeglicher Verfügungsbefugnis über die Einzelforderungen beraubt. Derartigen Gestaltungen versagt § 851 Abs. 2 ZPO, der lediglich den Schluss von der Unübertragbarkeit auf die Unpfändbarkeit partiell aussetzt,103 indes nicht pauschal jedwede Geltung für das Vollstreckungsrecht,104 so dass § 357 HGB nicht als spezielle Ausformungen dieser Vorschrift, sondern allenfalls des hinter ihr stehenden Grundsatzes der unbegrenzten Vermögenshaftung aufgefasst werden kann.105 Stattdessen setzt § 357 HGB bei der durch die Verrechnungsvereinbarung erzielten Sicherung für künftige Forderungen an und beschränkt die Geltung des Prioritätsprinzips zugunsten des Vollstreckungsgläubigers insoweit, als ein gegenwärtiger Saldo nicht zur Sicherung späterer Ansprüche herangezogen werden kann. II.  Pfändung und Überweisung des Zustellungssaldos § 357 S. 1 HGB verlangt die Pfändung und die Überweisung des Anspruchs auf den Überschuss aus der laufenden Rechnung. Nicht ausreichend ist es daher, wenn ein Gläubiger die gegenwärtige Überschussforderung nur zur Sicherheit pfändet oder einen Arrest erwirkt. Das Gesetz knüpft die Wirkungen des § 357 HGB daran, dass der Gläubiger die Pfändung zu Befriedigungszwecken betreibt, und räumt andernfalls den Interessen der Kontokorrentparteien an der ungestörten Abwicklung der Geschäftsbeziehung den Vorrang vor bloßen Sicherungsinteressen eines Gläubigers ein.106

103  s. die Begründung zur Novelle der CPO, 1898, S. 174 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158). 104  s. auch Forgach, DB 1974, 1852, 1853, der deshalb je nach Ausmaß des berechtigten Sicherungsbedürfnisses des Drittschuldners auf § 851 Abs. 2 ZPO zurückgreifen will. 105  Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 4, betont die „enge Verwandtschaft“ beider Normen, die beide den Gleichlauf von Abtretung und Pfändung aufhebten und die Privatautonomie zugunsten eines Vollstreckungsgläubigers einschränkten. 106  Vgl. Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 18.



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent165

III.  Gegenstand der Pfändung § 357 S. 1 HGB bezeichnet den Vollstreckungsgegenstand als „Überschuss aus der laufenden Rechnung“. Lange Zeit hat sich die herrschende Meinung schwer getan, die von § 357 S. 1 HGB zugelassene Pfändung der Saldoforderung im Zustellungszeitpunkt dogmatisch damit in Einklang zu bringen, dass eine solche gegenwärtige Forderung in einem Periodenkontokorrent nur als Buchungsposten, nicht aber als reale Forderung existiert.107 Heute ist man sich einig, dass § 357 S. 1 HGB die Pfändung eines fiktiven Saldos ermöglicht, der sich bei einem unterstellten Rechnungsabschluss im Pfändungszeitpunkt ergäbe.108 1.  Berücksichtigung nachträglicher Sollposten Zukünftige Sollposten, die aus der Fortsetzung der Geschäftsverbindung zwischen den Kontokorrentparteien zulasten des Vollstreckungsschuldners entstehen, führen gem. § 357 S. 1 HGB nicht zu einer Reduzierung des Zustellungssaldos. Dies folgt schon daraus, dass das Inhibitorium gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO dem Schuldner sämtliche Verfügungen über den Vollstreckungsgegenstand untersagt.109 Gem. § 357 S. 2 HGB können von dem Zustellungssaldo später entstehende Ansprüche des Drittschuldners jedoch insoweit noch in Abzug gebracht werden, als sie aus Geschäften resultieren, die der Drittschuldner aufgrund eines Rechts oder einer Verpflichtung aus der Zeit vor der Zustellung des Pfändungsbeschlusses vorgenommen hat. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 404 BGB statuiert § 357 S. 2 HGB damit zugunsten des Drittschuldners eine befristete Fortgeltung der kontokorrentrechtlichen Sicherungswirkung. § 357 S. 2 HGB ist mithin Ausprägung des allgemeinen Gebots, wonach die Pfändung einer Forderung nicht zu einer Schlechterstellung des Drittschuldners führen darf.110 Eine nachträgliche Minderung des Zustellungssaldos kann sich im Fall des Bankkontokorrents etwa aus der Rückbelastung eines dem Kontoinhaber zunächst unter Vorbehalt gutgeschriebenen Scheck- oder Lastschriftbetrags ergeben.111 107  Vgl. zu den unterschiedlichen Erklärungsansätzen Gröger, BB 1984, 25, 27; Herz, S.  133 ff. 108  Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 16; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 4; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 2; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 12 ff. 109  Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 10; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 11. 110  Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 356 f.); MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 13. 111  Vgl. Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 46; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 24.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

2.  Berücksichtigung zukünftiger Habenposten Vormals wurde zum Teil die Auffassung vertreten, nach § 357 HGB werde nicht ein gegenwärtiger Saldo gepfändet, der im Periodenkontokorrent überhaupt nicht existiere, sondern der zukünftige Rechnungsabschlusssaldo. Weil gem. § 357 HGB aber neue Schuldposten zulasten dieses Saldos nicht mehr zu berücksichtigen seien, sei er wenigstens so hoch wie ein fiktiver Saldo im Zustellungszeitpunkt, wobei allerdings nachträgliche Eingänge dem Pfändungsgläubiger noch zugute kämen.112 Heute besteht Einigkeit darüber, dass Pfändungsgegenstand gem. § 357 HGB ein gegenwärtiger, fiktiver Abschlusssaldo ist und dem Pfändungsgläubiger nachträgliche Habenposten des Vollstreckungsschuldners nicht mehr zugute kommen.113 Denn es bedeutete eine einseitige Bevorteilung des Vollstreckungsgläubigers, wenn zwar Schuldposten den Zustellungssaldo vorbehaltlich § 357 S. 2 HGB nicht mehr minderten, gleichzeitig aber Gutschriften noch Berücksichtigung fänden.114 IV. Auswirkungen der Pfändung nach § 357 HGB auf die Kontokorrentbeziehung Die Auswirkungen der Pfändung gem. § 357 HGB auf das Kontokorrentverhältnis sind insbesondere vor dem Hintergrund der Frage diskutiert worden, ob der Pfändungsgläubiger Auszahlung des Saldos von dem Drittschuldner bereits während einer laufenden Rechnungsperiode oder erst an deren Ende nach Rechnungsabschluss verlangen kann. 1.  Keine Beendigung der Kontokorrentbeziehung Die Pfändung des Zustellungssaldos bewirkt nicht die Beendigung der Kontokorrentbeziehung.115 Das folgt schon aus dem Umstand, dass § 357 S. 2 HGB regelt, unter welchen Voraussetzungen auch spätere Sollposten noch von der gepfändeten Überschussforderung in Abzug gebracht werden können. Ein pfändungsbedingtes Ende des Kontokorrents bedeutete außer112  Düringer / Hachenburg / Breit, HGB3, § 357 Rn. 6; Nebelung, NJW 1953, 449, 450; Schupp, BB 1952, 217, 218. 113  So schon Denkschrift zum HGB, S. 200 a. E. (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S. 357); BGHZ 80, 172, 176 f.; Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 11; Oetker / ­Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 12. 114  BGHZ 80, 172, 176 f.; Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 16 f.; Schlegelberger / Hefermehl, HGB5, § 357 Rn. 16. 115  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 3; Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 4; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 357 Rn. 9.



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent167

dem einen zu weitreichenden Eingriff in die Geschäftsbeziehung von Schuldner und Drittschuldner, der nicht erforderlich ist, um dem Befriedigungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers – jedenfalls im Hinblick auf den in Rede stehenden Zustellungssaldo – Rechnung zu tragen. Aus diesem Grund ist der Pfändungsgläubiger auch nicht in der Lage, das Kontokorrent dadurch zu beenden, dass er das Kündigungsrecht gem. § 355 Abs. 3 HGB anstelle des Schuldners ausübt. Hieran ist er schon deshalb gehindert, weil sich das Kündigungsrecht als selbständiges Gestaltungsrecht der Parteien aus dem Geschäftsvertrag ergibt und nicht etwa als unselbständiges Nebenrecht mit der gepfändeten Saldoforderung übergeht.116 Ein teilweise erwogenes eigenes Kündigungsrecht des Pfändungsgläubigers aus analoger Anwendung von § 725 BGB oder § 135 HGB117 ist ebenfalls nicht anzuerkennen.118 2.  Keine Beendigung der laufenden Rechnungsperiode Im älteren Schrifttum wurde vielfach angenommen, dass die Pfändung der gegenwärtigen Überschussforderung jedenfalls die laufende Rechnungsperiode beende, mit der Folge, dass der Vollstreckungsgläubiger unmittelbar Auszahlung der Saldoforderung vom Drittschuldner verlangen könne.119 Dem steht entgegen, dass der Drittschuldner gegenüber dem Pfändungsgläubiger analog § 1275 i. V. m. § 404 BGB grundsätzlich sämtliche Einreden und Einwendungen geltend machen kann, die ihm gegen den Schuldner selbst zustehen, so dass er gegen ein Zahlungsverlangen während der Rechnungsperiode die Kontokorrentbindung einwenden kann.120 Zweifel an der Schutzbedürftigkeit des Drittschuldners können jedoch bestehen, weil auch der Vollstreckungsschuldner das Kontokorrent jederzeit gem. § 355 Abs. 3 HGB kündigen und damit den anderen Teil zur Auszahlung einer Überschussforderung verpflichten kann.121 Speziell für das Bankkontokorrent ist im Schrifttum überdies darauf hingewiesen worden, dass BB 1984, 25, 27; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 35. 117  So Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 20. 118  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 3; Herz, S.  155 f.; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 10; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 9. 119  So etwa Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 17; Ebeling, WM 1955, 1622, 1623; Grigat, BB 1952, 335, 336; Herz, S. 144 f.; Sprengel, MDR 1952, 8, 9. 120  Brox / Walker, Rn. 526; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 19; K. Schmidt, Handelsrecht6, § 21 Rn. 60. 121  Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 17; Staub / Canaris, HGB, § 357 Rn. 34, wendet hiergegen freilich wenig überzeugend ein, dass das Kündigungsrecht gem. § 355 Abs. 3 HGB vertraglich ausgeschlossen sein könne bzw. die Geltendmachung in ein laufenden Kontokorrentbeziehung „sehr unwahrscheinlich“ sei; vgl. auch Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 19. 116  Gröger,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

das Kreditinstitut dem Vollstreckungsschuldner schon aus dem Girovertrag zur jederzeitigen Auszahlung des aktuellen Kontosaldos verpflichtet sei.122 Der allfällige Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag123 kann indes angesichts seines girovertraglichen Ursprungs nicht maßgeblich sein für die Beurteilung des Zeitpunkts, zu dem die Bank den gepfändeten Zustellungssaldo an den Gläubiger auszukehren hat, der sich als originär kontokorrentrechtlicher Anspruch darstellt. Wenn die herrschende Meinung annimmt, mit der Pfändung werde das Konto bzw. die laufende Rechnung im Allgemeinen buchungstechnisch im Verhältnis zwischen dem Gläubiger und der Bank auf den Zustellungszeitpunkt abgeschlossen,124 mag man ein schutzwürdiges Interesse des Kreditinstituts an der Zurückhaltung des Betrags bis zum Ende der Rechnungsperiode auch deshalb bestreiten, weil dieser für die laufende Rechnung ohnehin verloren ist. Als ausschlaggebend erweist sich indes erneut die Möglichkeit der Berücksichtigung nachträglicher Schuldposten gem. § 357 S. 2 HGB.125 Diese lässt sich im Massengeschäft der Banken und Sparkassen schon praktisch nur dadurch umsetzen, dass dem Zahlungsdienstleister der Zustellungssaldo zum Zwecke der Verrechnung solcher Sollposten noch bis zum Abschluss der jeweiligen Rechnungsperiode zur Verfügung steht.126 3.  Unbeachtlichkeit einer Vortragungsvereinbarung In jedem Fall unerheblich für die Auskehr des Zustellungssaldos ist eine Vereinbarung der Kontokorrentparteien, den jeweiligen Abschlusssaldo als ersten Posten in die nächste Rechnungsperiode vorzutragen. Dies folgt aus dem Schutzzweck des § 357 HGB, der dem Befriedigungsinteresse des Gläubigers insoweit Vorrang gewährt.127

122  Vgl. etwa Ebeling, WM 1955, 1622, 1623; Sprengel, MDR 1952, 8, 9; Zwicker, DB 1984, 1713, 1714 f. 123  Zu diesem Anspruch bereits § 3 A. III., § 3 C. IV. 124  BGHZ 80, 172, 176; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 3; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 44; Gröger, BB 1984, 25, 27. 125  Schupp, DB 1952, 217, 218. 126  Vgl. auch MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 12; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 34. 127  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, §  357 Rn.  5; Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 357 Rn. 2; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 14.



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent169

V.  Verhältnis des Pfändungspfandrechts an dem Zustellungssaldo i. S. v. § 357 HGB zum AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen § 357 HGB räumt dem Befriedigungsinteresse des Pfändungsgläubigers nach einhelliger Auffassung gleichfalls Vorrang ein vor dem AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen gem. § 14 Abs. 1 S. 2 AGB-Bk und Nr. 21 Abs. 1 S. 3 AGB-Spk an gegen sie gerichteten gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Kontoinhabers.128 Zwar wird das AGB-Pfandrecht bereits mit Abschluss des Girovertrags antizipiert vereinbart und ginge einem späteren Pfändungspfandrecht daher stets vor.129 Das Prioritätsprinzip werde jedoch auch insoweit durch § 357 S. 1 HGB zugunsten des den Zustellungssaldo pfändenden Gläubigers durchbrochen. Einem Zahlungsdienstleister verwährte § 357 S. 1 HGB daher nicht nur eine Kontokorrentverrechnung zu Lasten des Zustellungssaldos, sondern darüber hinaus auch die Verrechnung aufgrund einer wegen seines AGB-Pfandrechts hieran bestehenden Vorrangstellung.130 Diese Aussage bedarf der Präzisierung in dogmatischer Hinsicht. § 357 HGB schützt ausschließlich den Zustellungssaldo, der heute einhellig als fiktiver Rechnungsabschlusssaldo im Pfändungszeitpunkt aufgefasst wird. Handelt es sich bei diesem aber um einen außerordentlichen Saldo, der lediglich gebildet wird, um einem Gläubiger einen begrenzten Eingriff in das Kontokorrent zu ermöglichen, ist der Zustellungssaldo nicht als eigentlicher Anspruch des Kontoinhabers gegen seine Bank aufzufassen, der von dem AGB-Pfandrecht erfasst würde. Ebenso wenig kommen die kontokorrentgebundenen Einzelforderungen, die mit der Einstellung in die laufende Rechnung ihre Verkehrsfähigkeit einbüßen, als Sicherungsmittel und als Gegenstand des AGB-Pfandrechts in Betracht. Steht aber dem Zahlungsdienstleister weder an diesen noch an dem Zustellungssaldo i. S. v. § 357 HGB ein AGB-Pfandrecht zu, tritt ein solches nicht unmittelbar in Konkurrenz mit dem Pfändungspfandrecht eines Gläubigers. Das AGB-Pfandrecht soll nach herrschender Rechtsauffassung an dem Tagessaldoanspruch bestehen, der entweder aus unregelmäßiger Verwah128  BGH ZIP 1997, 1231, 1233; OLG Düsseldorf ZIP 1984, 566, 567; Heymann / Horn, HGB2, § 355 Rn. 13; Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 357 Rn. 2; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 21; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 22; a. A. noch OLG Hamm WM 1986, 372, 373; vgl. hierzu noch § 6 A. I. 3. 129  Vgl. zum AGB-Pfandrecht an einem Darlehensauszahlungsanspruch auch noch § 7 D. II. 130  BGH ZIP 1997, 1231, 1233; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 21; Staub /  Canaris, HGB4, § 357 Rn. 22.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

rung131 oder unmittelbar aus dem Girovertrag132 gefolgert wird.133 Nach vorzugswürdiger Ansicht ist jedoch der geschäftsbesorgungsrechtliche Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag134 Gegenstand des AGB-Pfandrechts der Banken und Sparkassen.135 Sind Ausführungsanspruch und Zustellungssaldo auch auf unterschiedlichen Ebenen der bankvertraglichen Beziehung beheimatet, stehen sie gleichwohl nicht beziehungslos nebeneinander. Denn kraft girovertraglicher Vereinbarung besteht der Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag nur in Höhe des laufend gebildeten kontokorrentrechtlichen Postensaldos.136 § 357 S. 1 HGB gestattet nun ausnahmsweise den Zugriff auf das der girovertraglichen Ebene vorgelagerte Kontokorrentverhältnis. Ist aber der Zustellungssaldo auf dieser Ebene zugunsten eines Gläubigers nach Maßgabe des § 357 HGB beschlagnahmt, kann er einen girovertraglichen Ausführungsanspruch, der von dem AGB-Pfandrecht erfasst würde, nicht begründen.

B.  Pfändung zukünftiger Abschlusssalden Von einer sog. Doppelpfändung spricht man, wenn der Gläubiger neben dem Zustellungssaldo auch die zukünftig entstehenden Aktivsalden pfändet, die aus der Verrechnung am Ende einer Kontokorrentperiode resultieren. I.  Hinreichende Bestimmbarkeit sämtlicher zukünftiger Abschlusssalden Vormals wurde die Ansicht vertreten, die Pfändung zukünftiger Abschlusssalden, sei lediglich insoweit bestimmt, als sie nur den nächsten, der Pfändung unmittelbar nachfolgenden Aktivsaldo am Ende der Rechnungsperiode erfasse.137 Heute ist dagegen unbestritten und seit einer Entscheidung des BGH vom 13.03.1981138 höchstrichterlich geklärt, dass auch spätere 131  Dazu

§ 3 C. II. 1. § 3 C. II. 2. 133  Vgl. zum Verhältnis des AGB-Pfandrechts und der Tagessaldopfändung noch unter § 6 A. I. 3. 134  Ausführlich § 3 C. IV. 135  Zur rechtsgeschäftlichen Verpfändbarkeit dieses Anspruchs § 3 C. IV. 3. d). 136  Zur Rechtsqualität des laufend ermittelten Tagessaldos § 2 C. III. 2.; zum Ausführungsanspruch § 3 A. III., § 3 C. IV. 137  RGZ  140, 219, 222; OLG Oldenburg, MDR 1952, 549, 550; OLG München WM 1974, 957, 958; Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 19; Klee, BB 1951, 686; 689; Scherer, NJW 1952, 1397, 1398. 138  BGHZ 80, 172. 132  Dazu



§ 5  Vollstreckung in ein Periodenkontokorrent171

Saldoforderungen nicht weniger bestimmt sind als der erste auf die Pfändung folgende Abschlusssaldo und sie daher sämtlich der Pfändung als zukünftige Forderungen unterliegen.139 II.  Beachtlichkeit einer Vortragungsvereinbarung? Fraglich ist, inwieweit der Pfändung zukünftiger Rechnungsabschlusssalden eine Vereinbarung der Parteien entgegensteht, den Saldo auf die nächste Rechnung vorzutragen. Überwiegend wird eine solche Abrede für beachtlich gehalten und eine Pfändung ggf. erst der Saldoforderung für zulässig erachtet, die sich nach der vollständigen Beendigung des Kontokorrentverhältnisses ergibt.140 Vereinzelt ist dagegen unter Hinweis auf die Wertungen des § 357 HGB vertreten worden, eine Vortragungsvereinbarung könne der Pfändung der periodischen Abschlusssalden nicht entgegengehalten werden.141 § 357 HGB gilt allerdings anerkanntermaßen nur für die Pfändung des gegenwärtigen Zustellungssaldos, während sich die Pfändung zukünftiger Abschlusssalden ausschließlich nach den allgemeinen Regeln der §§ 829 ff. ZPO bestimmt.142 Die Wertungen des § 357 HGB können daher nicht herangezogen werden, um die Unbeachtlichkeit der Vortragungsvereinbarung zu rechtfertigen. Ebenso wenig kann sich allerdings auch ihre Drittwirkung aus einem Umkehrschluss zu § 357 HGB ergeben. Denn die Vorschrift hat – wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt –143 nur die laufende Rechnungsperiode im Blick, trifft aber keine Vorsehungen für einen Rechnungsabschlusssaldo, der nicht aus der Geschäftsverbindung, sondern aus der Kontokorrentbeziehung folgt, vgl. § 355 Abs. 1 HGB. Folgerte man die Drittwirkung des Kontokorrents daher ausschließlich e contrario aus der Existenz des § 357 HGB,144 müsste sich ein Vollstreckungsgläubiger eine Vortragungsvereinbarung mithin nicht entgegenhalten lassen. Tatsächlich ist die kontokorrentrechtliche Lähmung jedoch darauf zurückzuführen, dass die Parteien bereits mit Abschluss der Kontokorrentvereinbarung mit dinglicher Wirkung über HGB2, § 357 Rn. 16; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 27; Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 23; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 47. 140  Oetker / Maultzsch, HGB3, § 357 Rn. 19 mit § 355 Rn. 61; Staub / Canaris, HGB4, § 357 Rn. 47; Stirnberg, S.  30 f. 141  Beitzke, in: FS v. Gierke (1950), S. 9, S. 19; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn /  Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 6. 142  BGHZ 80, 172, 178; MünchKomm / Langenbucher, HGB3, § 357 Rn. 25. 143  Vgl. die Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S.  356 f.). 144  s. hierzu schon oben § 5 A. I. 1. 139  Heymann / Horn,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

die späteren Einzelforderungen aus der Geschäftsverbindung verfügen und sie auf diese Weise zu bloßen Rechnungsposten machen.145 Legt auch § 355 Abs. 1 HGB die Reichweite der dinglichen Verfügung im Rahmen eines herkömmlichen Periodenkontokorrents typisierend fest und beruht der Ausgleich des § 357 HGB auf dieser Festlegung, sind die Kontokorrentparteien nicht daran gehindert, antizipiert auch über künftige Abschlusssalden zu disponieren. Wie soeben zur Pfändbarkeit späterer Abschlusssalden ausgeführt bestehen gegen die hinreichende Bestimmtheit sämtlicher nachfolgender Periodensalden keine Bedenken. Der Vollstreckungsgläubiger muss folglich eine Vortragungsvereinbarung gegen sich gelten lassen.

C. Auswirkungen der Doppelpfändung auf die Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers Die Doppelpfändung des Zustellungssaldos gem. § 357 HGB und zukünftiger periodischer Abschlusssalden hindert den Vollstreckungsschuldner nicht daran, in der Zwischenzeit weiter über sein Konto zu verfügen. Die zwangsvollstreckungsrechtlichen Wirkungen gem. § 829 Abs. 1 ZPO beschränken sich auf den jeweiligen Pfändungsgegenstand, mithin den Zustellungssaldo oder die zukünftigen Abschlusssalden.146 Sie lassen jedoch das Recht des Kontoinhabers unberührt, während der laufenden Rechnungsperiode weitere Zahlungsvorgänge zu Lasten des Kontos anzuweisen und auf diese Weise einen pfändbaren Guthabensaldo gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen. Ebenso ist es auch anderen Gläubigern des Kontoinhabers nicht verwehrt, ihrerseits einen zwischenzeitlichen Zustellungssaldo i. S. v. § 357 HGB zu pfänden und dadurch die Aussichten auf einen positiven Rechnungsabschlusssaldo zu mindern. Der Erfolg der Vollstreckung in die Kontokorrentbeziehung ist damit in das Belieben des Schuldners gestellt, wenn auch bei der Pfändung des Zustellungssaldos die Gefahr geringer ist, dass der Kontoinhaber sein Konto bewusst debitorisch führt, um dem Vollstreckungszugriff zu entgehen.147 § 357 HGB vermag daher den ihm vom Gesetzgeber zugedachten Zweck, die Drittwirkung der Kontokorrentabrede zu kompensieren nur unzureichend zu erfüllen. Grund hiefür ist das allzeitige Verfügungsrecht, das der Girovertrag dem Kontoinhaber vermittelt.

145  Dazu

oben § 2 C. III. in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 45, 49; Staub / Canaris, HGB4, § 355 Rn. 48. 147  Vgl. Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 4. 146  Bitter,



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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§ 6  Vollstreckung in Ansprüche des Kontoinhabers aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung Die vorangegangenen Ausführungen zu Möglichkeiten der Pfändung in ein Periodenkontokorrent haben eine Diskrepanz zwischen der Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers und der Verfügungsberechtigung des Schuldners über sein Konto offenbart. Dieses Vollstreckungsdefizit resultiert aus der dem Kontoinhaber durch den Girovertrag vermittelten Verfügungsbefugnis über ein Kontoguthaben auch während einer laufenden Rechnungsperiode.148 Darüber, ob und inwieweit sich die Dispositionsfreiheit des Schuldners durch die Pfändung girovertraglicher Ansprüche einschränken lässt und welche dieser Ansprüche zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung verwertet werden können, haben eine Reihe höchstrichterlicher Judikate aus den 1980er Jahren Klarheit jedenfalls für ein im Guthaben geführtes Konto geschaffen. Seine Entscheidungen über die Vollstreckungstauglichkeit einzelner, in den zunehmend ausdifferenzierten Pfändungsbeschlüssen der Gläubigerseite behaupteter Forderungen des Bankkunden konnte der BGH seinerzeit allerdings nicht auf eine umfassende bankvertragliche Dogmatik stützen. Vielmehr hat die Diskussion über die Pfändbarkeit vermeintlicher Ansprüche die rechtliche Erfassung des Giroverhältnisses entscheidend mitgeprägt. Die Novellierung der Zahlungsverkehrsvorschriften hat diese zunächst vielfach ungeschriebenen Grundsätze der Zahlungsabwicklung über ein Girokonto in weiten Teilen einer gesetzlichen Normierung zugeführt. In § 3 dieser Arbeit ist nachgewiesen worden, dass sich die girovertragliche Beziehung unter Geltung der neuen Rechtslage ausschließlich geschäftsbesorgungsrechtlich denken lässt. Ständige Verfügungsbefugnis über sein Konto vermittelt dem Kunden der Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i.  V.  m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.149 Lässt sich die Dispositionsmöglichkeit des Kontoinhabers damit nicht mehr ohne Weiteres – wie von der einhelligen Rechtsauffassung bislang angenommen – auf eine schlichte Geldforderung zurückführen, bedarf die Vollstreckung in ein kreditorisches Girokonto einer vollständig neuen Bewertung, bildet doch die heute nicht mehr bestrittene Vollstreckungstauglichkeit des Tagessaldoanspruchs die Grundlage der herrschenden Rechtsauffassung.

148  Zu den unterschiedlichen Begründungsansätzen für einen allfälligen Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos bereits ausführlich unter § 3 C. 149  Zu diesem Anspruch § 3 C. IV.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

A.  Pfändung von Ansprüchen aus dem Girovertrag bei kreditorischer Kontoführung Eingangs gilt es, die mittlerweile nahezu einhellig anerkannten Grundsätze der Vollstreckung in ein kreditorisches Girokonto darzustellen, deren Fortgeltung auch nach der Novellierung der Zahlungsverkehrsvorschriften bislang von niemandem in Zweifel gezogen wurde. Hierbei sind die wenigen, nach wie vor bestehenden Streitpunkte zu würdigen, die letztlich aus der unzutreffenden Unterstellung eines autonomen Auszahlungsanspruchs resultieren, und die hergebrachten Pfändungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der Ausführungen unter § 3 und § 4 dieser Arbeit zu überprüfen. I.  Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung des sog. Tagessaldos 1.  Pfändung des Tagessaldoanspruchs als Geldforderung gem. § 829 ZPO Aus dem allzeitigen Verfügungsrecht wird gemeinhin auf einen Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers geschlossen, der rechtlich entweder als ein solcher auf Einlagenrückgewähr aus § 700 Abs. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB oder aus der verkehrstypischen Auslegung des Girovertrags gefolgert wird.150 Ungeachtet der unterschiedlichen dogmatischen Herleitung besteht seit den beiden Grundsatzentscheidungen des BGH aus 1982 Einigkeit darüber, dass es sich bei dem Tagessaldoanspruch jedenfalls um einen reinen Zahlungsanspruch handelt und nicht etwa um einen Dienstleistungsanspruch, wie die Rechtsnatur des Girovertrags zunächst nahelegte.151 Diesen Anspruch könne der Kontoinhaber jederzeit geltend machen und ein Gläubiger ihn entsprechend als Geldforderung gem. §§ 829, 835 Abs. 1 1. Alt. ZPO pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Anders als nach § 357 HGB, der einem Gläubiger lediglich die Pfändung des Saldos erlaubt, welcher sich im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Pfändung durch Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner ergibt, § 829 Abs. 3 ZPO,152 sind von der Pfändung des Tagessaldoanspruchs alle gegenwärtigen und zukünftigen Kontoguthaben erfasst, vgl. § 833a ZPO.153 150  Vgl.

hierzu bereits die Ausführungen unter § 3 C. II. 84, 325, 329 f.; 84, 371, 374. 152  Dazu § 5 A. III. 153  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 210. 151  BGHZ



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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2.  Auswirkungen der Tagessaldopfändung auf die Verfügungsbefugnis des Schuldners Steht auch die Zulässigkeit der Tagessaldopfändung seit langem außer Streit, werden ihre Auswirkungen auf die Verfügungsbefugnis des Schuldners, insbesondere auf Grund eines ihm gewährten Kontokorrentkredits oder einer geduldeten Kontoüberziehung, trotz der in Rechtsprechung und Literatur bereits über diesen Punkt hinaus geschrittenen Diskussion uneinheitlich beurteilt. Zwar erfährt die herrschende Meinung nur noch vereinzelt Widerspruch. Die Gegenansicht sowie die Kritik hieran soll im Folgenden gleichwohl dargestellt werden, dokumentiert sie doch den bisherigen Mangel an einer überzeugenden rechtlichen Fundierung des Tagessaldoanspruchs. a)  Umfassende Kontosperre infolge der Tagessaldopfändung Entgegen der ganz herrschenden Auffassung halten sich im Schrifttum auch heute noch einige Stimmen, nach denen der Schuldner im Anschluss an die Pfändung des gegenwärtigen und aller zukünftigen Ansprüche auf Auszahlung eines Tagessaldos an jeglicher Verfügung über sein Konto gehindert sein soll.154 Die Tagessaldopfändung bewirkt nach dieser Ansicht eine absolute Verfügungssperre sowohl für ein rechnerisches Kontoguthaben als auch für Verfügungen, die der Schuldner aufgrund eines ihm eingeräumten Kontokorrentkredits oder infolge einer geduldeten Kontoüberziehung tätigt. Ungeachtet der Art der Deckung verstößt die Bank hiernach gegen das Zahlungsverbot des § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO, wenn sie nach Pfändung des Tagessaldos Barauszahlungen vornimmt oder den Schuldner unbar über sein Konto verfügen lässt.155 Folge eines solchen Verstoßes ist die relative Unwirksamkeit der Zahlung an oder auf Weisung des Schuldners gem. §§ 135, 136 BGB gegenüber dem Pfändungsgläubiger. Das Kreditinstitut kann also die infolge der Zahlung eingetretene Minderung des Kontoguthabens oder Reduzierung der Kreditlinie nicht zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers geltend machen. Zur Begründung verweisen die Befürworter dieser Ansicht darauf, dass der Kunde andernfalls im Zusammenwirken mit der Bank die 154  Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 18; Sudergat, Rn. 308; vgl. Stöber, Rn. 160; so auch LG Kassel WM 1983, 969, 970, und aus dem älteren Schrifttum Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 180; Carl, DStR 1988, 765, 767, der diese Wirkung der Pfändung des Anspruchs auf Gutschrift, dazu gleich § 6 A. II. 1., beimisst; Forgach, DB 1974, 809, 812. 155  OLG Köln ZIP 1983, 810 (Umgehung von § 829 Abs. 1 ZPO, wenn Bank den Kunden im debitorischen Bereich verfügen lässt); Stöber, Rn. 160.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Pfändungsmaßnahme dauerhaft dadurch unterlaufen könnte, dass er sein Konto im unpfändbaren Bereich führte.156 b)  Verfügungssperre nur für rechnerisches Kontoguthaben Die nahezu einhellige Gegenauffassung geht indes davon aus, dass der Schuldner auch in der Folgezeit nach Pfändung des Tagessaldos einen Kontokorrentkredit in Anspruch nehmen oder aufgrund einer im Einzelfall geduldeten Überziehung verfügen kann. Das Arrestatorium des § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO hindert das Kreditinstitut hiernach nicht, das Konto infolge der Zahlungsausführung in Höhe des entsprechenden Betrags auch zu Lasten des Pfändungsgläubigers zu belasten. Nur selten erfolgt überhaupt noch eine Auseinandersetzung mit der zuvor erwähnten Gegenauffassung und unterbleibt häufig eine Begründung für das Ergebnis der herrschenden Meinung. Vielfach wird die auf den kreditorischen Bereich begrenzte Sperrwirkung der Tagessaldopfändung nur dadurch impliziert, dass die Pfändung von Ansprüchen aus einem Kontokorrentkredit und einer geduldeten Überziehung gesondert erörtert wird. Dessen bedürfte es schon nicht, wenn bereits die regelmäßig im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragte Tagessaldopfändung die Wirkungen eines umfassenden Verfügungsverbots zeitigte.157 Eine solche Wirkung kommt der Pfändung des Tagessaldos aber nach herrschender Auffassung deshalb nicht zu, weil sie – zum Großteil unausgesprochen – unterstellt, der Tagessaldoanspruch bestehe nur insoweit, als das Konto des Schuldners ein rechnerisches Guthaben ausweist. Auf Grundlage dieser Prämisse überzeugt die Argumentation, dass die Verbote des § 829 Abs. 1 ZPO nur den Schutz eines bereits bestehenden Pfändungsgegenstands, nämlich des Auszahlungsanspruchs aus einem rechnerischen Guthaben, bezweckten, nicht aber die Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner dahingehend beeinflussten, dass ein solcher Pfändungsgegenstand erst entstehe.158 3.  Verhältnis der Tagessaldopfändung zum AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen Gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk erwirbt die Bank zur Sicherung aller gegenwärtigen, künftigen und bedingten An156  Baßlsperger,

Rpfleger 1985, 177, 180; Forgach, DB 1974, 809, 812. auch Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 61. 158  Bitter in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 62; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn /  Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 10, der zurecht auf den Unterschied zwischen Einzelund Gesamtvollstreckung hinweist; Häuser, WM 1990, 129, 130. 157  So



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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sprüche gegen den Kunden aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung ein Pfandrecht an Wertgegenständen, Sachen und Rechten des Kontoinhabers, an denen sie im Rahmen der Geschäftsbeziehung Besitz oder über die sie Verfügungsmöglichkeit erlangt. Das AGB-Pfandrecht erstreckt sich damit insbesondere auch auf Ansprüche des Kontoinhabers gegen seine Bank, wie namentlich ein Kontoguthaben, vgl. Nr. 14 Abs. 1 S. 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1 S. 3 AGB-Spk. Das Pfandrecht gem. Nr. 14 Abs. 1 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1 AGB-Spk ist ein solches an eigener Schuld („pignus debiti“)159 der Bank gegenüber dem Kontoinhaber. Seine Zulässigkeit ist heute unbestritten.160 Wegen der Personenidentität zwischen Forderungsschuldner und Pfandgläubiger bedarf es zur Wirksamkeit der Bestellung in diesem Fall keiner Verpfändungsanzeige gem. § 1280 BGB.161 a)  Gegenstand des AGB-Pfandrechts Der Verpfändung des Tagesguthabens steht auf Grundlage der herrschenden Meinung162 nicht entgegen, dass die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen nicht selbständig verkehrsfähig, also insbesondere auch nicht einzeln verpfändbar sind163 und dass der Tagessaldo rechtlich lediglich als rechnerischer Postensaldo zu qualifizieren ist.164 Denn nach ihr ergibt sich ein ohne weiteres verkehrsfähiger Zahlungsanspruch bei kreditorischem Kontostand entweder aus § 700 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB als nicht kontokorrentgebundener Anspruch auf Einlagenrückgewähr165 oder originär aus dem Girovertrag.166 Nach hier vertretener Auffassung entsteht des AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen an dem girovertraglichen Ausführungsanspruch des Kontoinhabers aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.167

etwa RGZ 116, 198, 207; BGHZ 93, 71, 76; Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372 Rn. II / 128; Staudinger / D. Wiegand, 2009, § 1279 Rn. 4. 160  Vgl. etwa BGH NJW 1988, 3260, 3262; NJW 1983, 2701, 2702; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 19 Rn. 30; Derleder / Knops / Bamberger / Casper, § 3 Rn. 85. 161  RGZ 116, 198, 207; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 19 Rn. 30; Liesecke, WM 1969, 546, 553; Staudinger / D. Wiegand, 2009, § 1280 Rn. 5. 162  Vgl. zur Möglichkeit der rechtgeschäftlichen Verpfändung auf Grundlage der hier vertretenen Auffassung § 3 C. IV. 3. d). 163  Zu den Wirkungen der Kontokorrentabrede § 2 C. II. 164  Zum Bankkontokorrent als Periodenkontokorrent § 2 C. III. 2. 165  Dazu § 3 C. II. 1. 166  Dazu § 3 C. II. 2. 167  Näher hierzu bereits unter § 3 A. III., § 3 C. IV. 159  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

b)  Grundsätzlicher Vorrang vor späteren Pfändungspfandrechten Das AGB-Pfandrecht wird bereits antizipiert mit Abschluss des Girovertrags und Einbeziehung der AGB vereinbart.168 Zur Entstehung gelangt es indessen erst in dem Zeitpunkt und in dem Umfang, in dem die zu verpfändende – d. h. die sichernde – Forderung entsteht,169 mithin sobald ein Guthaben auf dem Konto zu verzeichnen ist. Unerheblich für die Entstehung des Pfandrechts ist, ob zu diesem Zeitpunkt bereits eine zu sichernde Forderung der Bank gegen den Kunden existiert.170 Nach §§ 1273 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB ist die Pfandrechtsbestellung auch für künftige und bedingte Forderungen zulässig. Wegen der grundsätzlich strengen Akzessorietät des Pfandrechts taugt dieses zwar vor der Entstehung der zu sichernden Forderung noch nicht als Verwertungsrecht.171 Gleichwohl bestimmt sich der Rang des Pfandrechts auch bei der Sicherung einer künftigen Forderung gem. §§ 1273 Abs. 2, 1209 BGB172 ebenso wie bei der Bestellung an einer künftigen Forderung173 nach dem Zeitpunkt der Einigung über die Pfandrechtsbestellung. Der Zahlungsdienstleister erlangt damit schon mit Abschluss des Girovertrags ein Pfandrecht an künftigen Kontoguthaben zur Sicherung künftiger Forderungen aus der bankvertraglichen Geschäftsverbindung. Dieses geht einem notwendigerweise später durch einen Gläubiger des Kontoinhabers erwirkten Pfändungspfandrecht an dem Tagessaldo stets im Rang vor.174 c)  Kein Anwendungsfall des § 357 HGB Soweit das Verhältnis der beiden konkurrierenden Pfandrechte thematisiert wird, wird vielfach § 357 S. 1 HGB in Stellung gebracht, um diesen Konflikt zugunsten des vollstreckenden Gläubigers aufzulösen und einen Vorrang des späteren Pfändungspfandrechts gegenüber dem AGB-Pfandrecht Bankvertragsrecht3, Rn. 2657; Kümpel / Wittig / Merz, Rn. 6.417. ZIP 2010, 335 (Tz. 18) m. w. N.; Erman / J. Schmidt, BGB14, § 1273 Rn. 6; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1273 Rn. 4; Staudinger / D. Wiegand, 2009, § 1273 Rn. 16. 170  Vgl. auch Staudinger / W. Wiegand, 2009, § 1204 Rn. 26 f. 171  BGHZ 93, 71, 76; 86, 340, 347; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 19 Rn. 13; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1204 Rn. 22 (kein „wirkliches Pfandrecht“). 172  BGHZ 93, 71, 76; 86, 340, 346 f.; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1209 Rn. 4; Palandt / Bassenge, BGB73, § 1209 Rn. 2; Staudinger / W. Wiegand, 2009, § 1209 Rn. 3. 173  Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372 Rn. II / 130; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1273 Rn. 4. 174  BGHZ 93, 71, 75 f.; BGH NJW 1997, 2322, 2323; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn.  2668 f.; Derleder / Knops / Bamberger / Casper, § 3 Rn. 85; Gößmann, in: Hellner / Steuer, Rn. 1 / 387; Peckert, S. 141 f. 168  Canaris, 169  BGH



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der Bank zu begründen.175 Diese Sichtweise verkennt indessen, dass § 357 S. 1 HGB lediglich eine Regelung für die Pfändung des kontokorrentrechtlichen Zustellungssaldos trifft, der in seinem Bestand gegen die nachträg­ liche Begründung von Schuldposten abgesichert wird, nicht jedoch die Pfändung der girovertraglichen Tagessalden zum Gegenstand hat.176 d)  Kein Vorrang bei girovertraglicher Zahlungs- bzw. Ausführungspflicht Der Girovertrag verpflichtet den Zahlungsdienstleister, den Bankkunden über ein Kontoguthaben jederzeit frei disponieren zu lassen. Jedenfalls soweit eine zu sichernde Forderung nicht besteht, hindert dies zwar gem. §§ 1273 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB nicht die Entstehung des AGB-Pfandrechts. Fehlt es aber an einem Sicherungsbedürfnis, kann der Zahlungsdienstleister ein Zahlungsverlangen des Kontoinhabers nicht unter Hinweis auf sein Pfandrecht ablehnen.177 Entsprechend sieht Nr. 16 Abs. 2 S. 2 AGB-Bk eine Pflicht der Bank vor, Aufträge des Kunden über dem Pfandrecht unterliegende Gegenstände auszuführen, falls der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze, vgl. Nr. 16 Abs. 1 AGB-Bk, übersteigt.178 Nur soweit der Bank eine zu sichernde Forderung gegen den Kontoinhaber zusteht, kann sie zur Sicherung der späteren Verwertung ihres Pfandrechts an dem Guthaben das Konto bereits vor Fälligkeit sperren.179 Kann aber der Kunde frei über sein Kontoguthaben disponieren, kann das Kreditinstitut auch einem Pfändungsgläubiger sein AGB-Pfandrecht nicht in weiterem Umfang entgegenhalten. Insbesondere kann die Bank nicht nachträglich entstandene Schuldposten mit dem zugunsten des Pfändungsgläubigers beschlagnahmten Guthaben unter Berufung auf das vorrangige AGBPfandrecht verrechnen.

175  Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 19 Rn. 31; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 2669 (§ 357 S. 1 HGB analog: „zwingende Grenze der Vorausverfügungsmacht“); Gößmann, in: Hellner / Steuer, Rn. 1 / 387; Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372, Rn. II / 129; Nebelung, NJW 1953, 449, 450. 176  Kritisch insbesondere Rutke, ZIP 1984, 538, 539 f.; ähnlich auch Grube, S.  188 f. 177  Vgl. BGH ZInsO 2004, 342, 344; NJW 1983, 2701, 2702; WM 1956, 217; Gößmann, in: Hellner / Steuer, Rn. 1 / 383; Kümpel / Wittig / Merz, Rn. 6.416; Liesecke, WM 1969, 546, 553. 178  Vgl. auch Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 21 Rn. 33; Gößmann, in: Hellner / Steuer, Rn. 1 / 383. 179  BGH ZInsO 2004, 342, 343 f.; MünchKomm / Damrau, BGB6, § 1281 Rn. 3; Staudinger / D. Wiegand, 2009, § 1281 Rn. 4.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

II.  Pfändung sonstiger girovertraglicher Ansprüche Hindert die Pfändung der Tagessalden den Schuldner nach herrschender Ansicht nicht daran, weitere Verfügungen aufgrund eines Kontokorrentkredits oder einer geduldeten Überziehung zu tätigen und durch laufend debitorische Kontoführung die Entstehung eines pfändbaren Kontoguthabens zu vermeiden, haben die Gläubiger eine absolute Kontosperre bzw. den Zugriff auf Zahlungseingänge vor der Verrechnung im Kontokorrent durch Pfändung weiterer girovertraglicher Ansprüche des Schuldners zu erreichen versucht. Auch hinsichtlich der Pfändung dieser Ansprüche hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits zum Ende der 1980er Jahre weitgehend Klärung für die Praxis gebracht. Die Novellierung des Zahlungsverkehrsrechts macht jedoch auch hier eine Überprüfung der bislang erzielten Ergebnisse und ihrer dogmatischen Begründung erforderlich. 1.  Anspruch auf Gutschrift bzw. Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags aus § 675t Abs. 1, 2 BGB Durch die Pfändung des Anspruchs auf Gutschrift, der sich vormals aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB ergab,180 sollte ein Zahlungseingang zugunsten des Vollstreckungsschuldners noch vor seiner Erfassung in der laufenden Rechnung in voller Höhe für den Pfändungsgläubiger beschlagnahmt werden. a)  Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB Der Anspruch auf Gutschrift gem. §§ 675, 667 2. Alt. BGB wurde jedoch nicht als eigentlicher Zahlungsanspruch, sondern als ein durch den Girovertrag modifizierter Herausgabeanspruch qualifiziert. Er berechtigte den Kontoinhaber lediglich, von der Bank Gutschrift eines Zahlungseingangs auf seinem Konto zu verlangen, nicht jedoch Auszahlung des gutzuschreibenden Betrags.181 Taugt der Gutschriftsanspruch damit auch nicht zur Befriedigung des Gläubigers, wird seine Hilfspfändung seit jeher für zulässig erachtet.182 180  Zu

diesem Anspruch bereits § 3 B. III. 1. 93, 315, 322; NJW 1978, 699; OLG Hamm WM 1986, 372, 373; OLG Köln ZIP 1983, 810; Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 178; Carl, DStR 1988, 765, 766; Forgach, DB 1974, 809, 812; Peckert, S. 62; Schönle, § 31 III 3c); Schwefer, S. 120. 182  BGHZ 93, 315, 322 f.; BFH NJW 1984, 1919, 1920; Beeser, AcP 155 (1956), 418,  430; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 54; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 189; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 11; Häuser, ZIP 1983, 891, 897; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67; Koller / Roth / Morck / Kol181  BGHZ



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Die Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift soll sicherstellen, dass der betreffende Zahlungseingang auch tatsächlich auf dem Konto des Schuldners gutgeschrieben wird, und diesen daran hindern, schon vor Erteilung der Gutschrift anderweitig über den Zahlungseingang zu verfügen, etwa indem er ihn auf ein anderes Konto umleitet. Infolge der Pfändung wird der Vollstreckungsgläubiger für berechtigt gehalten, den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen und dadurch die Gutschrift des Zahlungseingangs auf dem Schuldnerkonto zu erreichen.183 Die auf diese Weise erlangte Sicherung zahle sich für den Pfändungsgläubiger allerdings nur dann aus, wenn er gleichzeitig auch den girovertraglichen Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos pfändete.184 b)  Rechtfertigung der nur eingeschränkten Pfändbarkeit unter der alten Rechtslage Die Hilfspfändung eines Anspruchs auf Gutschrift bedarf vor dem Hintergrund näherer Betrachtung, dass der Anspruch von der nahezu einhelligen Auffassung als ein durch den Girovertrag modifizierter Herausgabeanspruch aus § 667 2. Alt. BGB verstanden worden ist. Denn ein solcher auf Geld gerichteter Herausgabeanspruch ist zwar keine eigentliche Geldschuld. So trifft den Herausgabeschuldner nicht die für eine Geldschuld typische Beschaffungspflicht und eine verschuldensunabhängige Haftung gegenüber dem Gläubiger. Es gilt vielmehr der übliche Haftungsmaßstab gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB.185 Im Übrigen ist aber ein auf Geld gerichteter Herausgabeanspruch gem. § 667 2. Alt. BGB nicht anders zu behandeln als eine eigentliche Geldforderung.186 Insbesondere kann er selbständig abgetreten187 und gepfändet werden.188

ler, HGB7, § 357 Rn. 4; Schmies, S. 7; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 12; Terpitz, WM 1979, 570, 273. 183  Beeser, AcP 155 (1956),  418,  430. 184  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 409; Carl, DStR 1988, 765, 766; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  245. 185  BGH ZIP 2006, 272 (Tz. 10) m. w. N. 186  Vgl. MünchKomm / Seiler, BGB6, § 667 Rn. 22a; Staudinger / Martinek, 2006, § 667 Rn. 22. 187  BGH NJW-RR 1992, 560. 188  Bamberger / Roth / Czub, BGB3, § 667 Rn. 5; MünchKomm / Seiler, BGB6, § 667 Rn. 23.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

aa)  Unbeachtlichkeit der girovertraglichen Beschränkung des Anspruchsinhalts gem. § 851 Abs. 2 ZPO Wenn nun dieser Anspruch vormals allein durch den Girovertrag eine Umqualifizierung erfahren hat und sich deshalb inhaltlich lediglich auf die Gutschrift des Betrags auf dem Konto richtete, müsste eine solche aus der Parteivereinbarung folgende Beschränkung der Pfändungswirkung grundsätzlich nach § 851 Abs. 2 ZPO unbeachtlich sein. Schuldner und Drittschuldner ist es danach versagt, bestimmte Forderungen durch Parteivereinbarung der Pfändbarkeit zu entziehen.189 Was aber für die Vereinbarung eines vollständigen Abtretungs- bzw. Pfändungsausschlusses gilt, muss erst recht ebenso für eine bloße Einschränkung gelten. Ist demnach der Anspruch auf Gutschrift aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB auf die Herausgabe eines Geldbetrags gerichtet, dürfte die Tatsache, dass Kontoinhaber und Bank im Girovertrag eine abweichende Art der Erfüllung gewählt haben, nach § 851 Abs. 2 ZPO der Pfändung und Verwertung des Anspruchs nicht entgegenstehen. bb)  Dingliche Sicherung der Bank an dem Anspruch aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB Der herrschenden Rechtsauffassung ist dennoch im Ergebnis insoweit zuzustimmen, als sie – freilich ungeachtet der soeben angestellten Überlegungen – unterstellt, ein Vollstreckungsgläubiger müsse die inhaltliche Beschränkung des Herausgabeanspruchs gegen sich gelten lassen und könne ebenso wenig wie der Kontoinhaber von der Bank Auskehr des Zahlungseingangs verlangen. Dogmatisch lässt sich dies begründen, wenn man erkennt, dass bereits der Anspruch aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB von den Kontokorrentwirkungen erfasst wird.190 In Ermangelung anderweitiger Absprachen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche Ansprüche und Leistungen, die einer Seite aus der girovertraglichen Geschäftsbeziehung erwachsen, Eingang in das Kontokorrent finden.191 Diese Annahme rechtfertigt sich gerade auch für den Anspruch auf Gutschrift eines Zahlungseingangs.192 So hat die Bank 189  Vgl.

zu § 851 Abs. 2 ZPO schon § 4 C. II.

190  So auch Dampf, KTS 1998, 145, 156 f.; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grund-

mann, HGB2, § 357 Rn. 11; Jaeger / Windel, InsO, § 96 Rn. 75; MünchKomm / Brandes / Lohmann, InsO3, § 96 Rn. 33a. 191  Hierzu schon § 2 C. I. 192  Für den Anspruch auf Gutschrift auch Dampf, KTS 1998, 145, 157; Jaeger /  Windel, InsO, § 96 Rn. 75.



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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regelmäßig ein Interesse daran, dass dieser Anspruch tatsächlich in die laufende Rechnung eingestellt wird, wenn das Konto einen debitorischen Saldo aufweist und sie den Zahlungseingang mit diesem verrechnen will. Würde der Herausgabeanspruch nicht schon von der Sicherungswirkung des Kontokorrents193 umfasst, wäre es dem Kontoinhaber unbenommen, über ihn frei zu disponieren, etwa indem er ihn einem Dritten überträgt. Ein Gläubiger könnte diesen Anspruch zudem pfänden und sich überweisen lassen. Es drohte letztlich die Vereitelung des mit der Vereinbarung eines Kontokorrentverhältnisses angestrebten Sicherungszwecks. Der Wille der Vertragsparteien ist daher dahingehend auszulegen, dass sich die Wirkungen des Kontokorrents schon auf den Anspruch auf Gutschrift erstrecken, auch wenn eine buchungstechnische Berücksichtigung in der laufenden Rechnung erst durch Gutschrift des Zahlungseingangs erfolgt.194 Unterfällt der Anspruch auf Herausgabe eines Zahlungseingangs gem. §§ 675, 667 2. Alt. BGB damit grundsätzlich der Kontokorrentbindung, kann der Kontoinhaber diesen während der laufenden Rechnungsperiode nicht selbständig geltend machen.195 c)  Originärer Anspruch auf Gutschrift bzw. auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags aus §§ 675t Abs. 1, 2 BGB Während der Zahlungsdiensterahmenvertrag i. V. m. § 675o Abs. 2 BGB dem nur rechnerischen Überschusssaldo ungeachtet der Kontokorrentbindung zu vollständiger Fungibilität verhilft,196 wird die Lähmung des geldwerten Herausgabeanspruchs nur insoweit kompensiert, als dem Kontoinhaber ein girovertraglicher Anspruch auf Gutschrift eingeräumt ist. Dieser Anspruch, der zunächst in §§ 676f S. 1, 676g BGB a. F. nur für Zahlungseingänge nach Überweisungen gesetzlich fixiert war, folgt nun als Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungseingangs gleich welcher Art aus § 675t Abs. 1, 2 BGB.197 Es handelt sich daher nicht mehr nur um eine girovertragliche Modifikation eines auf Geld gerichteten Herausgabeanspruchs aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB. § 675t Abs. 1, 2 BGB gestaltet ihn vielmehr kraft Gesetzes als origi193  Zur Sicherungswirkung des Kontokorrents im Verhältnis der Kontokorrentparteien zueinander bereits § 2 D. II. 1. 194  Vgl. erneut Jaeger / Windel, InsO, § 96 Rn. 75; s. allgemein auch BGHZ 150, 122, 128; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 355 Rn. 29. 195  Zu den Wirkungen der Kontokorrentabrede § 2 C. II. 196  Dazu ausführlich § 3 A. III., § 3 C. IV.; zur Pfändbarkeit des Anspruchs unten § 6 B. 197  Vgl. zu diesem Anspruch bereits § 3 B. III. 1.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

nären Gutschriftsanspruch aus. § 851 Abs. 2 ZPO kann die Pfändbarkeit dieses Anspruchs als Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO daher nicht begründen. Denn die Anordnung des § 851 Abs. 2 ZPO vermag sich einerseits nicht gegen die Kontokorrentbindung des geldwerten Herausgabeanspruchs aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB durchzusetzen.198 Andererseits versagt § 851 Abs. 2 ZPO lediglich einem privatautonomen Abtretungsausschluss bzw. einer Begrenzung i. S. v. § 399 2. Alt. BGB vollstreckungsbeschränkende Wirkung, führt aber nicht die Pfändbarkeit einer von Gesetzes wegen nur bedingt pfändbaren oder unpfändbaren Forderung herbei.199 d) Ablehnung der Hilfspfändung Geht die herrschende Meinung damit auch zutreffend davon aus, dass der jetzige Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungseingangs gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB dem Kontoinhaber lediglich einen Gutschriftsanspruch verschafft und auch ein Vollstreckungsgläubiger gegenüber der Bank keine weitergehende Rechtsposition geltend machen kann, bestehen gleichwohl Zweifel an der Zulässigkeit bzw. Erforderlichkeit einer Hilfspfändung. aa)  Fehlender Zusammenhang zwischen Hilfs- und Hauptpfändung Eberhard Wagner hat darauf hingewiesen, dass die Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift genau genommen nicht der Sicherung der Hauptpfändung des (vermeintlichen) Tagessaldoanspruchs dient.200 Denn Folge der Kontogutschrift ist, dass ein Anspruch aus Gutschrift in Gestalt eines abstrakten Schuldanerkenntnisses entsteht,201 der ebenfalls kontokorrentgebunden ist und daher der selbständigen Pfändung nicht unterliegt. Der Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos bzw. richtigerweise der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag202 ergibt sich demgegenüber aus dem Girovertrag und erst nach der Verrechnung mit eventuellen. Debetposten. An einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Haupt- und Hilfspfändung, der Voraussetzung einer zulässigen Hilfspfändung ist,203 mag man daher zweifeln. 198  s. hierzu

bereits § 5 A. I. 1. die Begründung zur Novelle der CPO, 1898, S. 174 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158); allgemein zu § 851 Abs. 2 ZPO bereits § 4 C. II. 200  E. Wagner, ZIP 1985, 849, 850. 201  Vgl. hierzu § 3 B. III. 202  Zur Pfändbarkeit dieses Anspruchs unten § 6 B. 203  Hierzu § 4 D. 199  Vgl.



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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Allerdings erweisen sich diese Zweifel an der Zulässigkeit einer Hilfspfändung als unbegründet, wenn man erkennt, dass der Anspruch auf Verfügbarmachen gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB nicht lediglich auf die Einstellung des Zahlungseingangs in das Kontokorrent gerichtet ist. Vielmehr geht mit der Gutschrift notwendigerweise ein Transformationsprozess einher, der darauf abzielt, dem Kontoinhaber eine abstrakte Buchgeldforderung zu vermitteln. Statt einer schlichten Umbuchung verpflichtet § 675t Abs. 1, 2 BGB den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers dazu, den Zahlungseingang als Kontodeckung gerade für die Zwecke des Zahlungsverkehrs und damit auf girovertraglicher Ebene verfügbar zu machen.204 Die Ansicht Wagners verkennt, dass kontokorrentrechtliche und girovertragliche Ebene nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern der laufende Postensaldo den Umfang des gegenwärtig zu realisierenden Anspruchs auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag bestimmt. Eine Hilfspfändung ist daher nicht wegen mangelnden Bezugs der Hilfspfändung zur Hauptpfändung abzulehnen. bb)  Keine Erforderlichkeit der Hilfspfändung Entscheidend gegen die hilfsweise Pfändung spricht jedoch, dass sie zur Sicherung der Hauptpfändung nicht notwendig und damit als vom Befriedigungszweck der Forderungspfändung nicht gedeckte Vollstreckungsmaßnahme unzulässig ist. Die Hilfspfändung des Gutschriftsanspruchs wird allgemein für erforderlich gehalten, damit der Kontoinhaber nicht vor der Gutschrift auf dem Konto anderweitig über den Herausgabeanspruch disponiert. Auch dem Bankkunden ist jedoch – wie eben dargelegt – grundsätzlich jedwede Verfügung über diesen Anspruch untersagt. Anderes gilt nur dann, wenn sich die Kontokorrentparteien ausnahmsweise einvernehmlich über die – auch nachträglich noch mögliche – Herausnahme des einzelnen Herausgabeanspruchs aus der laufenden Rechnung einigen.205 Für diesen Fall ist jedoch nicht einzusehen, warum einem Gläubiger nur die Hilfspfändung dieses Anspruchs gestattet sein soll, wenn dieser grundsätzlich einer Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO gleich zu behandeln ist. Dass sich die Parteien ursprünglich darauf geeinigt hatten, dass dieser Anspruch lediglich durch Erteilung der Kontogutschrift zu erfüllen sei, kann jedenfalls keine Rolle mehr spielen, wenn sie sich im Nachhinein über eine abweichende Art der Erfüllung verständigen. Soweit der Anspruch aus §§ 675, 667 2. Alt. BGB nicht mehr kontokorrentgebunden ist, wäre eine abweichende Parteiabrede 204  s.

hierzu oben § 3 B. III. 2., 3. hierzu bereits § 2 C. I.

205  Siehe

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

zudem ohnehin nach § 851 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Nehmen Kontoinhaber und Kreditinstitut den Herausgabeanspruch daher nachträglich von der Kontokorrentbindung aus, müsste dieser folglich nicht nur der Hilfspfändung, sondern der Pfändung als Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO unterliegen. Für den Regelfall geht aber auch die herrschende Meinung davon aus, dass der Bankkunde lediglich einen girovertraglichen Anspruch auf Kontogutschrift hat und nicht die Auszahlung des Betrags verlangen kann. Kann aber auch der Schuldner ausschließlich die Erteilung einer Kontogutschrift verlangen, ist ein Bedürfnis für eine Hilfspfändung zur Sicherung der Hauptpfändung nicht ersichtlich. Der Anspruchsinhalt reduziert sich auf die Gutschrift auf dem Empfängerkonto, so dass er vom Kontoinhaber nicht dergestalt auf einen Dritten übertragen werden kann, dass nun diesem eine Buchgeldforderung gegen das Kreditinstitut zustehe. Gestattet die Bank dem Kontoinhaber frei über einen dem gutzuschreibenden Zahlungseingang entsprechenden Betrag zu disponieren, liegt hierin die Einräumung girovertraglicher Verfügungsbefugnis, von der der Kontoinhaber durch Anweisung eines Zahlungsvorgangs Gebrauch machen kann.206 Hat sich das Kreditinstitut aber zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs bereit erklärt, kann der Kontoinhaber nicht etwa über den Anspruch auf Verfügbarmachen aus § 675t Abs. 1, 2 BGB durch Übertragung auf Dritte verfügen, sondern erwächst ihm ein Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. 2.  Anspruch auf Auszahlung laufender Eingänge Verschiedentlich ist versucht worden, einen Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung laufender Zahlungseingänge zu pfänden.207 Diesem Vorhaben muss jedoch auf Grundlage der herrschenden Meinung von vornherein der Erfolg versagt werden.208 Denn ein solcher Anspruch steht auch dem Kontoinhaber nicht zu. Versteht man unter „laufenden Eingängen“ die bereits auf dem Girokonto verbuchten Ansprüche aus Gutschrift gem. §§ 780, 781 BGB, ist ein selbständiger Zugriff schon wegen der kontokorrentmäßi206  Insoweit ähnelt diese Situation der Gutschrift des Gegenwerts von Schecks und Lastschriften auf dem Konto des Empfängers noch vor Einlösung durch die bezogene Bank bzw. die Zahlstelle des Lastschriftschuldners (sog. E. v.-Gutschrift, vgl. Nr. 9 Abs. 1 AGB-Bk bzw. AGB-Spk). Hierdurch gewährt die Bank des Zahlungsempfängers diesem zunächst Kredit, vgl. Kümpel / Wittig / Peterek, Rn. 6.290; Nobbe, in: Bankrechts-Handbuch4, § 61 Rn. 50. 207  Dies erachtet Stirnberg, S. 77 ff. für möglich, der dem Kontokorrent jedwede Drittwirkung abspricht. 208  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 53; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67; Schmies, S. 5; Werner / Machunsky, BB 1982, 1581, 1583.



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gen Lähmung der Einzelposten zu verneinen.209 So kann auch der Kontoinhaber nicht unmittelbar über den Anspruch aus Gutschrift verfügen, sondern aufgrund des Girovertrags lediglich über einen dem Tagessaldo entsprechenden Betrag, der sich nach Verrechnung des gutgeschriebenen Zahlungseingangs im Kontokorrent ergibt. Sofern die Bezeichnung „laufende Eingänge“ hingegen Zahlungseingänge bei der Bank erfassen soll, noch bevor eine Gutschrift auf dem Girokonto erfolgt ist, steht dem Kontoinhaber allein der soeben erörterte Anspruch auf Verfügbarmachen des Zahlungsbetrags aus § 675t Abs. 1, 2 BGB zu, der weder als Geldforderung noch hilfsweise gepfändet werden kann. 3.  Anspruch auf Durchführung von Überweisungen Immer noch nicht abschließend geklärt, aber durch eine Weichenstellung des BGH ihrer praktischen Relevanz beraubt ist die Frage nach der Pfändbarkeit des Anspruchs des Schuldners gegen sein Kreditinstitut auf Durchführung einer Überweisung. a)  Rechtsgrundlage und Anspruchsinhalt Der Anspruch des Kontoinhabers auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs folgt nach neuem Recht aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag und umfasst nach hier vertretener Ansicht sowohl sämtliche Arten bargeldloser Zahlung wie auch die Barauszahlung von einem Girokonto.210 Nach der einhelligen Gegenauffassung hat der Anspruch auf Durchführung einer Überweisung bzw. eines Zahlungsvorgangs lediglich den Inhalt, mit dem vermeintlichen Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos in anderer Weise als durch Barauszahlung zu verfahren.211 b)  Zweck der Pfändung Ursprünglich bezweckten die Gläubiger mit der Pfändung des Überweisungsanspruchs, Zugriff auf das Recht des Überweisenden aus dem Girovertrag zu nehmen, eine einmal vom Schuldner angewiesene Überweisung gegenüber dem Kreditinstitut vor Ausführung mittels Gegenweisung gem. § 665 BGB,212 vgl. heute § 675p BGB, zu widerrufen. Auf diese Weise 209  Vgl.

hierzu bereits § 2 C. II. hierzu bereits § 3 A. III., § 3 C. IV. 211  Hierzu bereits § 3 C. II. 212  Hierzu etwa Staudinger / Martinek, 2006, § 676a Rn. 21; ein Überweisungsvertrag i. S. v. § 676a BGB a. F. konnte vom Überweisenden nicht widerrufen, sondern 210  Vgl.

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sollte die Verfügungsbefugnis des Kontoinhabers eingeschränkt werden.213 Die Pfändung des Anspruchs auf Durchführung einer Überweisung allein hat indes noch keine Auswirkungen auf einen bereits zuvor erteilten Überweisungsauftrag und versetzt den Gläubiger nicht in die Lage, eine schon angewiesene Überweisung selbständig rückgängig zu machen. aa)  Pfändung des Widerrufsrechts aus § 675p BGB Dieses Ziel ließe sich allenfalls über die Pfändung des girovertraglichen Widerrufsrechts des Kontoinhabers gem. § 675p BGB erreichen. Gem. § 675p Abs. 1 BGB ist dem Zahlungsdienstnutzer der Widerruf eines Zahlungsauftrags abgesehen von den Ausnahmen in § 675p Abs. 2–4 BGB grundsätzlich nur bis zum Zugang bei dem Zahlungsdienstleister möglich. Eine eventuelle Geltendmachung durch den Vollstreckungsgläubiger wird angesichts dieser kurzen Frist daher im Regelfall schon praktisch nicht in Betracht kommen. Fraglich ist überdies, ob der Widerruf einer Überweisung bzw. eines Zahlungsauftrags als Gestaltungsrecht des Schuldners überhaupt der Pfändung unterliegt.214 Ungeachtet der Frage, ob das Widerrufsrecht einem Dritten übertragen werden kann, § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 BGB, scheidet eine Pfändung als sonstiges Vermögensrecht nach § 857 Abs. 1, 3 ZPO jedenfalls aus, weil dieser Befugnis des Schuldners kein eigenständiger Vermögenswert zukommt, der sich zum Zwecke der Schuldtilgung verwerten ließe.215 Die Ausübung des Rechts führte lediglich dazu, dass ein nach herrschender Meinung pfändbarer Tagessaldoanspruch erst entstünde. Zu erwägen ist daher allenfalls, ob ein Gläubiger das Widerrufsrechts gem. § 675p BGB hilfsweise pfänden lassen kann, um so den Erfolg der Hauptpfändung abzusichern. Bei genauer Betrachtung und der gebotenen restriktiven Handhabung dieser ungeregelten Vollstreckungsform216 muss jedoch auch die Zulässigkeit einer hilfsweisen Pfändung abgelehnt werden. Denn Gegenstand der Hauptpfändung sind nach herrschender Meinung gegenwärtige und ggf. zukünftige Tagessalden. Hatte der Schuldner aber bereits vor dem Pfändungszeitpunkt eine Überweisung getätigt und hatte sich die Kontodeckung infolge dieses Zahlungsvorgangs schon um den Zahlungsbetrag reduziert, beschränkt sich auch die Hauptpfändung nur auf einen Anspruch in Höhe des reduzierten Saldos. Denn nun kann auch der nach § 676a Abs. 4 BGB a. F. gekündigt werden, vgl. Derleder / Knops / Bamberger / Meder, § 44 Rn. 10. 213  Vgl. Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67; Schoele, S.  186 f. 214  Vgl. zur alten Rechtslage offen lassend Häuser, WM 1990, 129, 130. 215  Zum Erfordernis eines selbständigen Vermögenswerts als Voraussetzung der Pfändung gem. § 857 ZPO vgl. § 4 B. II. 216  Vgl. bereits § 4 D.



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Kontoinhaber selbst nur noch in Höhe der reduzierten Kontodeckung verfügen. Eine Hilfspfändung des Widerrufsrechts gem. § 675p BGB würde daher nicht lediglich den Erfolg der gegenwärtigen Hauptpfändung gewährleisten, sondern in unzulässigerweise hierüber hinausgehen. bb)  Vereitelung weiterer Überweisungen Der Zweck der Pfändung des Anspruchs auf Durchführung einer Überweisung wird deshalb auch nicht mehr darin gesehen, die Ausführungen schon angewiesener Überweisungen zu verhindern, sondern darin, die Verfügungsmöglichkeiten des Kontoinhabers mit Wirkung für die Zukunft einzuschränken, indem ihm das Recht zur bargeldlosen Disposition über sein Konto genommen wird.217 c)  Pfändbarkeit nur bei Vorliegen pfändbarer Kontodeckung Legt man die herrschende Meinung von einem autonomen Auszahlungsanspruch in Höhe des Tagessaldos zugrunde, erkennt der BGH den Gegenstand des Überweisungsanspruchs zutreffend in einer girovertraglichen „(Dienstleistungs-) Verpflichtung“, die neben den eigentlichen Zahlungsanspruch tritt.218 Aus dem Dienstleistungscharakter der Überweisung ist in Teilen des Schrifttums die Unpfändbarkeit des Überweisungsanspruchs gem. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 613 S. 2 BGB gefolgert worden.219 Dessen ungeachtet haben der BGH und ihm folgend Teile der Literatur die Pfändung des Überweisungsanspruchs gem. § 829 Abs. 1 ZPO als ein in dem Anspruch auf Auszahlung des Tagesguthabens „eingeschlossenes Recht, über dieses Guthaben durch Überweisungsaufträge zu verfügen,“220 bejaht;221 dies allerdings nur unter einer wesentlichen Einschränkung, die ihr neben der Pfändung des Tagessaldos jegliche praktische Bedeutung genommen hat. So soll der Überweisungsanspruch nur dann pfändbar sein, wenn auch Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67; Koller / Roth / Morck / Koller, HGB7, § 357 Rn. 4; Schwefer, S. 122. 218  BGHZ 93, 315, 324. 219  K. Berger, ZIP 1980, 946, 951 f.; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 55; Grube, S.  135 f.; Häuser, ZIP 1983, 891, 894 f.; ders., WM 1990, 129, 132; Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 18; Klee, BB 1951, 686; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 851. 220  BGHZ 84, 325. 221  BGHZ 93, 315, 323 f.; 86, 23; Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 178; Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann / Hartmann, ZPO72, Grundz § 704 Rn. 87 („Dritter“); Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 191; Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 62. 217  Vgl.

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die zugrundeliegende Deckungsgrundlage pfändbar ist, oder – in den Worten des BGH – die Pfändung des Überweisungsanspruchs nicht dazu taugen, dem Gläubiger Zugriff auf eine an sich unpfändbare Deckungsgrundlage zu verschaffen.222 Im Ergebnis anders hatten zuvor das OLG München223 und das OLG Köln224 geurteilt und der Pfändung des Überweisungsanspruchs die Wirkung einer umfassenden Kontosperre beigemessen. Zur Begründung hatte das OLG Köln darauf abgehoben, dass in der Verfügung aufgrund eines Kontokorrentkredits oder einer geduldeten Überziehung nach Pfändung des Überweisungsanspruchs eine Umgehung der Pfändungswirkungen nach § 829 ZPO liege.225 Dem hat der BGH durch die Verknüpfung von pfändbarer Deckungsgrundlage und Pfändbarkeit des Überweisungsanspruchs eine Absage erteilt und in der betreffenden Entscheidung aus dem Jahr 1985, in der lediglich eine unpfändbare geduldete Überziehung vorlag,226 folgerichtig auch einen pfändbaren Überweisungsanspruch abgelehnt.227 Mit dieser Maßgabe reicht die Pfändung des Überweisungsanspruchs nicht über die des Tagessaldos hinaus.228 d)  Keine selbständige Pfändung des Überweisungsanspruchs gem. §§ 829, 857 ZPO Richtigerweise ist die Pfändung des girovertraglichen Überweisungsanspruchs auf Grundlage der herrschenden Meinung überhaupt abzulehnen. aa)  Fehlender eigener Vermögenswert des Überweisungsanspruchs Erkennt man die Existenz eines vermögenswerten und als Geldforderung pfändbaren Auszahlungsanspruchs an, beinhaltet der Anspruch auf Durchführung einer Überweisung – wie vom BGH richtig erkannt – lediglich eine Verpflichtung der Bank, mit dem eigentlichen Pfändungsgegenstand, der Deckungsgrundlage, in gewisser Weise zu verfahren. Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind grundsätzlich nur solche vermögenswerten R ­ echte, deren 222  BGHZ

93, 315, 324. Berufungsurteil zu BGH ZIP 1985, 339, vgl. die Ausführung dort unter I. der Urteilsgründe. 224  OLG Köln ZIP 1983, 810. 225  OLG Köln ZIP 1983, 810 unter Hinweis auf Forgach, DB 1974, 809, 812. 226  Zur Pfändbarkeit einer geduldeten Kontoüberziehung § 8 B. 227  BGHZ 93, 315, 323 f. 228  Häuser, ZIP 1983, 891, 895; Peckert, S. 128. 223  Unveröffentlichtes



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Verwertung zur Befriedigung der Forderung führt, deretwegen der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt.229 In diesem Sinne lässt sich der Anspruch auf Durchführung einer Überweisung isoliert, d. h. ohne den von der herrschenden Meinung unterstellten Auszahlungsanspruch als vermögenswertem und selbständig pfändbarem Substrat der Überweisung, nicht zur Befriedigung der Geldforderung des die Vollstreckung betreibenden Gläubigers verwerten.230 Schon aus diesem Grund kann der Anspruch auf Durchführung einer Überweisung nicht gem. § 829 ZPO als Geldforderung und ebenso wenig nach § 857 ZPO als sonstiges vermögenswertes Recht gepfändet werden.231 bb)  Höchstpersönlichkeit des Überweisungsanspruchs Im Schrifttum wird gegen die Pfändbarkeit des Überweisungsanspruchs außerdem zurecht dessen Höchstpersönlichkeit eingewandt, die gem. § 851 Abs. 1 ZPO, § 613 S. 2 BGB zur Unpfändbarkeit führt.232 Die Pfändbarkeit des Anspruchs kann folglich auch nicht damit begründet werden, dass die Pfändungsbeschränkung nach § 851 Abs. 1 ZPO, § 613 S. 2 BGB nach zumindest analoger Anwendung von § 851 Abs. 2 ZPO unbeachtlich sei, weil die Pfändung lediglich den Zugriff auf den Gegenstand der Überweisung, mithin den ohnehin pfändbaren Auszahlungsanspruch, bewirke.233 Diese Argumentation ist unpräzise.234 Erkennt man nämlich das Nebeneinader von Auszahlungs- und Überweisungsanspruch an, ist Gegenstand des Überweisungsanspruchs i. S. v. § 851 Abs. 2 ZPO einzig die Dienstleistungsverpflichtung des Kreditinstituts. Damit ist aber schon der Gegenstand der zu pfändenden Forderung i. S. v. § 851 Abs. 2 ZPO nicht der Pfändung unterworfen. Die dienstvertragliche Ausführungspflicht selbst stellt für sich genommen – ohne den (vermeintlichen) Tagessaldoanspruch – kein vermögenswertes Recht dar, dessen selbständige Verwertung zur Befriedigung des Gläubigers geeignet wäre. Außerdem verkennt diese Argumentation die Reichweite der Rückausnahme des § 851 Abs. 2 ZPO, die den in § 851 Abs. 1 ZPO angeordneten Gleichlauf von Unabtretbarkeit und Unpfändbarkeit nur für den Fall eines vertraglichen Abtretungsausschlusses gem. § 399 2. Alt. BGB 229  Vgl. 230  So

hierzu § 4 A. II. 1. auch Vortmann, NJW 1991, 1038, für die Unpfändbarkeit einer Kontovoll-

macht. 231  Häuser, WM 1990, 129, 132. 232  Vgl. die Nachweise oben in Fn. 669. 233  So aber Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 191; zustimmend Münch, S. 196; Häuser, WM 1990, 129, 133, hält diese Argumentation jedenfalls für vertretbar. 234  Dagegen auch K. Berger, ZIP 1980, 946, 951.

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aufhebt, nicht aber wenn der Anspruch aufgrund seiner Rechtsnatur gem. § 399 1. Alt. BGB der Abtretung nicht unterliegt.235 e)  Unzulässigkeit der Hilfspfändung Zu erwägen ist allenfalls, ob dem Gläubiger die Hilfspfändung des Überweisungsanspruchs, der nach der Charakterisierung durch den BGH als unselbständiges Nebenrecht zum Tagessaldoanspruch aufzufassen ist, zu gestatten ist. Die Hilfspfändung ermöglicht dem Gläubiger den Zugriff auf Bestandteile des Schuldnervermögens, die mangels realisierbaren Vermögenswerts der selbständigen Pfändung grundsätzlich nicht unterworfen sind, deren hilfsweise Pfändung aber zur Vorbereitung bzw. zur Sicherung des Erfolgs der eigentlichen Vollstreckung gleichwohl geboten ist.236 Häuser, der sich eingehender mit der Möglichkeit einer Hilfspfändung des Überweisungsanspruchs auseinander gesetzt hat, erachtet sie für unzulässig.237 Ausgehend von der Prämisse, dass die Existenz des Anspruchs ein rechnerisches Kontoguthaben voraussetzt, ist seiner Argumentation beizupflichten. Der Pfändung des Überweisungsanspruchs bedarf es überhaupt nur dann, wenn nicht schon der einhellig angenommene Anspruch auf Auszahlung des Tagessaldos selbständig pfändbar ist, also für den Fall, dass der Kontoinhaber lediglich aufgrund einer Kreditgewährung seitens seiner Bank oder einer geduldeten Kontoüberziehung weitere Verfügungen vorzunehmen vermag. Die Fälle, in denen ein praktisches Bedürfnis nach der Einschränkung der Verfügungsmöglichkeit im Wege der Hilfspfändung besteht, sind damit aber gerade diejenigen, in denen schon der Anspruch auf Durchführung einer Überweisung in Ermangelung einer pfändbaren Kontodeckung nicht besteht.238 Verspricht aber die Hilfspfändung des Überweisungsanspruchs dem Vollstreckungsgläubiger keinen zusätzlichen Nutzen und dient sie damit nicht einmal mittelbar seinem Befriedigungsinteresse, ist sie als unzulässig abzulehnen.239

235  Hierzu

bereits § 4 C. II. zur Hilfspfändung bereits § 4 D. 237  Häuser, WM 1990, 129, 133 f.; ebenso MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  249; zustimmend Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 55; Grube, S.  136 f.; Peckert, S. 128. 238  So Häuser, WM 1990, 129, 134; zuvor schon ders., ZIP 1983, 891, 895; vgl. auch Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, § 357 Rn. 12; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 68. 239  Vgl. zur Rechtfertigung einer Hilfspfändung schon § 4 D. 236  Allgemein



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4.  Nutzbarmachen von Kontoauszügen Ob der Vollstreckungsgläubiger Kontoauszüge des Schuldners nutzbar machen kann, um zur Durchsetzung der Forderung gegenüber der Bank erforderliche Informationen und weitergehend einen umfassenden Einblick in die Zahlungsströme auf dem Schuldnerkonto zu erhalten, ist lange Zeit kontrovers diskutiert worden. Es stellt sich einerseits die Frage, ob der Gläubiger den girovertraglichen Anspruch des Schuldners auf Erteilung von Kontoauszügen pfänden und selbständig gegenüber der Bank geltend machen kann. Andererseits wird streitig beurteilt, ob der Vollstreckungsschuldner gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO auf Antrag des Gläubigers hin zur Herausgabe der Kontoauszüge verpflichtet werden kann. a)  Pfändung des Anspruchs auf Erteilung von Kontoauszügen Mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 hat sich der XI. Zivilsenat des BGH hinsichtlich der erstgenannten Frage der herrschenden Ansicht in Schrifttum und instanzgerichtlicher Rechtsprechung240 angeschlossen und zwischen dem generellen geschäftsbesorgungsrechtlichen Auskunftsanspruch gem. §§ 675, 666 BGB und dem girovertraglichen Anspruch auf Erteilung von Kontoauszügen unterschieden.241 Demnach gibt ersterer lediglich Auskunft über den Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs und geht als unselbständiges Nebenrecht mit der Hauptpfändung auf den Vollstreckungsgläubiger über.242 Der girovertragliche Anspruch auf Erteilung von Kontoauszügen stellt demgegenüber einen selbständigen, von der Existenz eines Hauptanspruchs unabhängigen Anspruch dar. In Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsauffassung hat der XI. Zivilsenat diesen Anspruch für unpfändbar erachtet.243 Hierzu führt er aus, dass der Informationsgehalt der Kontoauszüge typischerweise einen umfassenden Einblick in die Geschäftstätigkeit und das Zahlungsverhalten des Schuldners erlaubt und damit weit über das für die Befriedigungszwecke des Vollstreckungsgläubigers Erforderliche hinausgehe. Eine derartig umfassende „Ausforschungspfändung“ ohne hinreichenden Bezug zur Pfändung eines vermögenswerten Hauptanspruchs ist jedoch in der ZPO nicht vorgesehen und deshalb zum Schutz des Schuldners zurecht für unzulässig gehalten worden.244 240  s. die

Nachweise bei BGHZ 165, 53, 58. 165, 53. 242  BGHZ 165, 53, 57; ZIP 2003, 1771 f. m. w. N. 243  BGHZ 165, 53, 56 f.; zustimmend jetzt BGH NJW 2012, 1223 (Tz. 10); Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 58; MünchKomm / Krüger, BGB6, § 259 Rn. 18; Staudinger / Bittner, 2014, § 259 Rn. 20. 244  BGHZ 165, 53, 58 m. w. N. 241  BGHZ

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Ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Geltendmachung des Anspruchs gegenüber der Bank ist nicht anzuerkennen. Denn einerseits kann er von dem Zahlungsdienstleister Auskunft nach § 840 ZPO bzw. aufgrund des allgemeinen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs verlangen. Andererseits ist ihm der Schuldner nach Maßgabe von § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Information verpflichtet.245 Ginge der Anspruch auf Erteilung von Kontoauszügen vollständig auf den Vollstreckungsgläubiger über, wäre dem Schuldner jede Möglichkeit zur Erlangung von Auskünften über sein Konto entzogen und könnte etwa ein kontokorrentrechtliches Saldoanerkenntnis durch das Kreditinstitut nicht mehr herbeigeführt werden, weil die Bank den Rechnungsabschluss enthaltene Kontoauszüge nicht mehr dem Schuldner zukommen lassen könnte.246 b)  Herausgabeanordnung gegen den Vollstreckungsschuldner gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO Abweichend hat der VII. Zivilsenat dagegen jüngst die zweite, bislang ungeklärte Streitfrage247 nach einer Pflicht des Schuldners zur Herausgabe von Kontoauszügen an den Gläubiger gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO entschieden und die antragsgemäße Aufnahme einer entsprechenden Herausgabeanordnung in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für grundsätzlich zulässig erachtet.248 Die gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Verfügung zu stellenden Auskünfte sollten den Gläubiger in die Lage versetzen, die Aussichten einer Drittschuldnerklage rechtssicher beurteilen zu können. Im Interesse des Gläubigers sei die Vorschrift weit auszulegen. Kontoauszüge seien daher schon dann herauszugeben, wenn sie die Forderungseinziehung nur erleichterten.249 Zudem sei dem Zwangsvollstreckungsverfahren ein gewisses Ausforschungselement nicht fremd. Der Schuldner habe es daher grundsätzlich hinzunehmen, dass Kontoauszüge weitergehende Auskünfte enthielten, als sie zur Forderungseinziehung erforderlich seien.250 Als Möglichkeit zur Auskunftserlangung sei die Herausgabe von Kontoauszügen 245  BGHZ

165, 53, 59. 165, 53, 59; zuvor schon LG Itzehoe ZIP 1988, 1540, 1542. 247  In BGHZ 165, 53, 59 heißt es noch, dass der Gläubiger „gegebenenfalls“ die Herausgabe der Kontoauszüge gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO vom Schuldner verlangen könne. 248  BGHZ 192, 314 und nachfolgend BGH NJW 2012, 1223; so zuvor schon LG Landshut Rpfleger 2009, 39; LG Stendal Rpfleger 2009, 397, 398; LG Wuppertal DGVZ 2007, 90; dagegen LG Stuttgart Rpfleger 2008, 211; AG Göppingen DGVZ 1989, 29; AG Singen ZVI 2011, 262; Stöber, Rn. 623b. 249  BGHZ 192, 314, 316 (Tz. 7) m. w. N. 250  BGHZ 192, 314, 319 (Tz. 15); BGH NJW 2012, 1223 (Tz. 9). 246  BGHZ



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gem. § 836 Abs. 1 S. 1 2. Alt. ZPO auch nicht etwa subsidiär zur erzwingbaren Auskunftspflicht des Schuldners gem. § 836 Abs. 3 S. 1 1. Alt. i. V. m. §§ 900 f. ZPO a. F. (nunmehr §§ 802c ff. ZPO) und der Drittschuldnerauskunft nach § 840 ZPO.251 Dem Informationsinteresse des Gläubigers sei ferner nicht dadurch Genüge getan, dass er Kenntnis nur von einem positiven Saldo erlange,252 weil auch eine Kreditlinie nach heute einhelliger Rechtsauffassung der Pfändung unterliege.253 Dem Geheimhaltungsinteresse des Schuldners und seinem Recht auf informelle Selbstbestimmung soll allerdings auch nach Ansicht des VII. Zivilsenats Rechnung getragen werden. Diese Belange des Schuldners führten zwar nicht dazu, dass Kontoauszüge per se nicht herauszugeben seien. Weil ein entsprechender Gläubigerantrag schon in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen sei,254 sei das Vollstreckungsgericht insbesondere an einer Feststellung darüber gehindert, inwieweit die genannten Schuldnerinteressen beeinträchtigt würden, weil der Schuldner in diesem Verfahrensabschnitt nach § 834 ZPO nicht zu hören sei.255 Seine Belange habe der Schuldner im Wege der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO geltend zu machen. Um ihm die Möglichkeit zur Erinnerung zu verschaffen, bevor der Gerichtsvollzieher die Kontoauszüge an den Gläubiger übergeben habe, könne der Schuldner gem. § 765a Abs. 2 ZPO analog einen Aufschub der Herausgabe für die Dauer von bis zu einer Woche erreichen, wenn er dem Gerichtsvollzieher eine drohende Beeinträchtigung glaubhaft mache und ihm die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts unmöglich sei.256 c) Stellungnahme Dass ein Kontoauszug stets und typischerweise Informationen enthält, derer der Gläubiger zur Einziehung seiner Forderung nicht bedarf und die in keiner Beziehung zu der gepfändeten Forderung – Aktivsaldo oder Darlehensanspruch – stehen, ist unstreitig. Fraglich ist nur, auf welche Weise das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Kontoinhabers Berücksichtigung findet. Die Ausführungen des VII. Zivilsenats rechtfertigen die Zuläs251  BGHZ 192, 314, 320 (Tz. 17); LG Landshut Rpfleger 2009, 39; LG Stendal Rpfleger 2009, 397, 398; a. A. LG Konstanz ZVI 2011, 257; LG Stuttgart Rpfleger 2008, 211, 212; AG Göppingen, DGVZ 1989, 29; Stöber, Rn. 623b. 252  Für eine solche Einschränkung indessen AG Wuppertal DGVZ 2006, 93, 95; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 836 Rn. 12; Stöber, Rn. 623b. 253  BGHZ 192, 314, 317 (Tz. 8 ff.); LG Wuppertal DGVZ 2007, 90. 254  BGH NJW-RR 2006, 1576 (Tz. 9). 255  BGHZ 192, 314, 320 (Tz. 19), unter Hinweis auf BGH NJW-RR 2006, 1576 (Tz. 9). 256  BGHZ 192, 314; BGH NJW 2012, 1223 (Tz. 8).

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sigkeit der unbeschränkten Anordnung auf Herausgabe der Kontoauszüge gem. § 836 Abs. 3 Abs. 1 ZPO nicht. Allein der Umstand, dass § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO weit auszulegen ist, macht das Erfordernis eines hinreichend konkreten Bezugs zwischen der zu erlangenden Auskunft und ihrer Notwendigkeit für die Forderungseinziehung nicht überflüssig.257 Auch wenn es nach Ansicht des Senats ausreichen soll, dass die konkrete Information die Einziehung der gepfändeten Guthaben- bzw. Kreditforderung erleichtert,258 ist nicht zu erkennen, warum der Gläubiger zu diesem Zwecke Kenntnis über die Herkunft oder das Ziel der Zahlungsströme auf dem Konto erhalten und der Kontoinhaber eine solche „Ausforschung“ hinzunehmen haben sollte. Entgegen der Auffassung des Senats259 ist derartigen Informationen gar die Eignung abzusprechen, die Durchsetzung der Forderung gegenüber dem Drittschuldner in irgendeiner Art zu erleichtern. Welche Rolle sollte etwa die Identität von Schuldnern und Gläubigern des Vollstreckungsschuldners oder der Verwendungszweck einzelner Zahlungen für den Erfolg einer Drittschuldnerklage spielen?260 Der Hinweis darauf, dass eine Rangfolge der Möglichkeiten zur Informationsgewinnung nach § 836 Abs. 3 S. 1 1. und 2. Alt., § 840 ZPO nicht anzuerkennen ist, ist zwar in der Sache zutreffend.261 Er trägt indes nichts zur Beantwortung der Frage bei, ob ein vollständiger Kontoauszug überhaupt dem Zweck der Vorschrift nach als „über die Forderung vorhandene Urkunde“ i. S. v. § 836 Abs. 3 S. 1 2. Alt. ZPO aufzufassen ist oder ob der Schuldnerschutz einer Herausgabeanordnung entgegensteht. Nicht durchdringen kann schließlich das Argument, dass das Vollstreckungsgericht bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ohne vorherige Anhörung des Schuldners nicht feststellen könne, inwieweit schützenswerte Belange des Schuldners durch die Herausgabeanordnung betroffen würden.262 Denn einer solchen negativen Feststellung, welche Informationen dem Gläubiger nicht zur Kenntnis gelangen dürfen, bedarf es schon nicht, weil positiv eindeutig bestimmt werden kann, welche Auskünfte zur Forderungseinziehung überhaupt erforderlich sind. Hierzu rechnet ein positiver Saldo ebenso wie die Höhe einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB, wenn man auch einen Dispositionskredit für 257  So

auch BGHZ 192, 314, 316 (Tz. 7). 192, 314, 316 (Tz. 7). 259  BGHZ 192, 314, 317 (Tz. 8 ff.). 260  Vgl. ablehnend zur Pfändung des Anspruchs auf Erteilung von Kontoauszügen BGHZ 165, 53; zustimmend LG Stuttgart Rpfleger 2008, 211; LG Verden Rpfleger 2010, 95. 261  BGHZ 192, 314, 320 (Tz. 17). 262  BGHZ 192, 314, 320 (Tz. 19). 258  BGHZ



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pfändbar erachtet.263 Die Erlangung weitergehender Informationen ist nicht durch das Befriedigungsinteresse des Gläubigers gedeckt und daher stets eine unzulässige Beeinträchtigung des schuldnerischen Geheimhaltungsinteresses. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, die Schuldnerbelange, die in jedem denkbaren Fall beeinträchtigt werden, nur auf dessen Erinnerung gem. § 766 ZPO hin zu berücksichtigen. Allein die Tatsache, dass beide Arten von Informationen in einer Urkunde verkörpert sind, kann es nicht rechtfertigen, den Schuldner der Gefahr auszusetzen, seine Geschäftstätigkeit und seine gesamten Zahlungsströme preiszugeben. Dies gilt erst recht, wenn sich diese Gefahr unproblematisch durch entsprechende Schwärzung der Kontoauszüge und eine dahingehend beschränkte Herausgabeanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss abwenden lässt.264 Da stets identische Forderungen zum Gegenstand der Kontopfändung gemacht werden, ist eine derart typisierende Beurteilung des Informationsinteresses des Gläubigers ohne weiteres möglich. III. Zusammenfassung: Beurteilung der bisherigen Grundsätze zur Pfändung in ein kreditorisches Girokonto Nach herrschender Meinung steht dem Kontoinhaber ein Anspruch auf Auszahlung eines Tagessaldos in Höhe eines rechnerischen Kontoguthabens zu, den ein Gläubiger als schlichte Geldforderung pfänden und verwerten kann. Zu Unrecht wird im Übrigen die Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 S. 1 BGB und diejenige des Anspruchs auf Ausführung einer Überweisung für zulässig erachtet, um dem Gläubiger den Erfolg der Tagessaldopfändung zu sichern. Um Informationen über den derzeitigen Kontostand zu erhalten, kann der Vollstreckungsgläubiger den Anspruch des Kontoinhabers aus §§ 675, 666 BGB gegenüber der Bank geltend machen, nicht jedoch die Erteilung von Kontoauszügen verlangen. Eine Anordnung auf Herausgabe der Kontoauszüge vom Schuldner gem. § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO ist nur mit der Maßgabe zulässig, dass sämtliche Informationen zu schwärzen sind, soweit sie keinen Bezug zu der gepfändeten Hauptforderung aufweisen.

263  Hierzu

ausführlich § 7. gegen die Schwärzung einzelner Elemente jetzt BGH NJW 2012, 1223; für eine derart eingeschränkte Herausgabepflicht des Schuldners LG Verden Rpfleger 2010, 95. 264  Ausdrücklich

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B.  Pfändung in ein kreditorisches Girokonto bei ausschließlich geschäftsbesorgunsgrechtlicher Interpretation des Zahlungsverkehrsrechts Nach hier vertretener Ansicht ist ein autonomer Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens, den ein Gläubiger als schlichte Geldforderung pfänden kann, nicht anzuerkennen. Mit der Barauszahlung an den Kontoinhaber erbringt die Bank vielmehr wie bei der Vornahme einer unbaren Zahlung eine aufwendungsersatzpflichtige Zahlungsdienstleistung an den Kontoinhaber. Ein entsprechender Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs folgt aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.265 Allein diesen gilt es auf seine Pfändbarkeit hin zu untersuchen – ein Unterfangen, dem sich der BGH seinerzeit entzog, indem er die Existenz eines „reinen“ Auszahlungsanspruchs in Widerspruch zum Periodenkontokorrent und der geschäftbesorgungsrechtlichen Rechtsnatur des Girovertrags unterstellte. I.  Unpfändbarkeit der girovertraglichen Ansprüche? Eben diese beiden Aspekte hatten bereits im Vorfeld der BGH-Entscheidungen aus dem Jahr 1982 einige Stimmen aus dem Schrifttum auf Grundlage des geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnisses der Zahlungsabwicklung zu Zweifeln an der Pfändbarkeit eines Girokontoguthabens veranlasst. 1.  Vorschussleistung aus dem Vermögen der Bank Unter § 3 dieser Arbeit ist nachgewiesen worden, dass ein Zahlungsdienstleister zur Ausführung barer wie unbarer Zahlungsvorgänge zunächst Mittel aus eigenem Vermögen aufwenden muss, weil sämtliche Zahlungseingänge unmittelbar der Kontokorrentbindung unterliegen und als solche der selbständigen Disponibilität beraubt sind. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Bank infolge der Zahlungsausführung einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB erlangt, der begriffsnotwendig eigene Vermögensopfer des Kreditinstituts erfordert.266 Ein rechnerisches Kontoguthaben, das Voraussetzung ist für den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, ist daher als Zusage der Bank aufzufassen, auf Weisung des Kontoinhabers den für die Zahlung notwendigen, verkehrsfähigen Geldbetrag vorzuschießen. 265  Vgl.

hierzu ausführlich schon § 3 C. IV. § 3 B. II. 4.

266  Hierzu



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Die girovertragliche Einräumung eines Vorschussanspruchs, den der Kontoinhaber durch Erteilung eines Zahlungsauftrags realisieren kann, ist von einigen Autoren mit der Gewährung eines Dispositionskredits gleichgesetzt worden.267 Wie dieser beruhe die Zusage der Bank auf einem besonderen Vertrauensverhältnis der Girovertragsparteien zueinander. Ebenso wie der allgemeine Darlehensgewährungsanspruch aus einem Krediteröffnungsvertrag vor Abruf durch den Kontoinhaber268 sei daher auch die kreditähnliche Zahlungszusage bei kreditorischem Kontostand höchstpersönlicher Natur und könne deshalb nicht gepfändet werden.269 Ohne an dieser Stelle den Ausführungen zur Vollstreckung in einen Kontokorrentkredit vorzugreifen,270 lässt sich jedoch die Annahme widerlegen, der Kontoinhaber nehme bei Zahlungen aus einem kreditorischen Saldo gesteigertes Vertrauen des Zahlungsdienstleisters in Anspruch. Zum einen kann sich die Bank anders als bei einem (ungesicherten) Dispositionskredit, bei der die Zahlungsbereitschaft des Kreditinstituts lediglich auf einer Bonitätseinschätzung des Kunden beruht und in der Erwartung übernommen wird, dass dieser einen Sollstand durch zukünftige Zahlungseingänge zurückführen wird, der Erstattung ihrer Aufwendungen wegen der Kontokorrentwirkungen sicher sein, wenn das Konto ein ausreichendes Guthaben aufweist. In diesem Fall fungiert der girovertragliche Ausführungsanspruch als Kompensation für die buchungstechnisch indizierte Indisponibilität eines gegenwärtigen Überschusssaldos zugunsten des Kontoinhabers.271 Zum anderen macht der Zahlungsdienstleister die Ausführung eines Zahlungsvorgangs regelmäßig nicht erneut von einer auf Vertrauen zum Kunden basierenden Entscheidung abhängig, sondern hat sich zur Zahlungsausführung bereits girovertraglich bzw. durch Zusage eines Kreditrahmens272 verbindlich bereit erklärt. Ein besonderes Vertrauensverhältnis, aufgrund dessen zum Schutz der Bank als Drittschuldnerin273 die Höchstpersönlichkeit der kreditorischen Deckungszusage gem. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 1. Alt. BGB anzunehmen wäre, liegt daher nicht vor.

267  Sühr, WM 1981, 1149, 1150; Terpitz, WM 1979, 570, 574; ablehnend Beeser, AcP 155 (1956),  418,  429. 268  Vgl. hierzu noch ausführlich § 7. 269  Sühr, WM 1981, 1149, 1150; Terpitz, WM 1979, 570, 574. 270  Hierzu § 7 C. 271  s. hierzu noch unten § 6 B. II. 5. 272  Hierzu noch § 7 C. II. 3. 273  Zur Schutzrichtung des Merkmals der Höchstpersönlichkeit § 4 C. I. 1.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

2.  Unpfändbarkeit wegen Höchstpersönlichkeit Andere haben nicht die Bereitstellung von Mitteln aus dem Vermögen der Bank, sondern die geschäftsbesorgungsrechtliche Rechtsnatur des Girovertrags zum Anlass genommen, die Ansprüche des Bankkunden als höchstpersönlich zu qualifizieren. a)  Die Ansicht Klaus Bergers Nach insoweit zutreffender Ansicht Klaus Bergers erbringt das Kreditinstitut nicht nur mit der Vornahme einer bargeldlosen Zahlung, sondern auch mit der Auszahlung des Tagessaldos eine aufwendungsersatzpflichtige Zahlungsdienstleistung an den Kontoinhaber.274 Sei die Bank girovertraglich zu einer Dienstleistung verpflichtet, ständen dem Kunden umgekehrt keine reinen Zahlungsansprüche zu, sondern vielmehr solche auf Geschäftsbesorgung.275 Diese Ansprüche seien gem. §§ 675, 613 S. 2 BGB im Zweifel unübertragbar und daher gem. § 851 Abs. 1 ZPO auch unpfändbar.276 Konkret für den Girovertrag rechtfertige sich die Annahme höchstpersönlicher Leistungsansprüche daraus, dass dieser ein auf „gegenseitiges Vertrauen gegründetes Dauerschuldverhältnis“ und die Abwicklung von Bankgeschäften eine „diskrete Angelegenheit“277 sei, sowie daraus, dass das Kreditinstitut wegen der Kontokorrentbindung die Zahlungsaufträge des Kontoinhabers zunächst aus eigenen Mitteln bestreite.278 An dem Befund der Unabtretbarkeit und Unpfändbarkeit ändere es auch nichts, dass der Kontoinhaber unstreitig einen Dritten zur Geltendmachung der Ansprüche aus dem Girovertrag bevollmächtigen könne.279 Denn darin liege nicht eine Übertragung des Dienstleistungsanspruchs, die an der Höchstpersönlichkeit des Anspruchs gem. § 613 S. 2 BGB zweifeln ließe, sondern lediglich eine zwischen Bank und Kontoinhaber zulässigerweise zu vereinbarende Beschränkung der Höchstpersönlichkeit ihrer Rechtsbeziehung.280 Obwohl die girovertraglichen Dienstleistungsansprüche untypisch letztlich auf Zahlung gerichtet seien, folge ihre Pfändbarkeit dennoch nicht aus § 851 274  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949; ders., ZIP 1981, 583, 585; vgl. hierzu bereits § 3 C. IV. 275  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949. 276  Berger zustimmend OLG Köln ZIP 1981, 964, 965. 277  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949. 278  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949. 279  Vgl. zur Kontovollmacht etwa MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 87 ff.; Schramm / Dauber, in: Bankrechts-Handbuch4, § 32 Rn. 1 ff. 280  K. Berger, ZIP 1980, 946, 949 f.



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Abs. 2 ZPO (analog).281 Denn diese Vorschrift erklärte lediglich einen vertraglichen Abtretungsausschluss gem. § 399 2. Alt. BGB für unbeachtlich.282 Die Unübertragbarkeit der Ansprüche aus dem Girovertrag ergebe sich jedoch zum einen aus § 613 S. 2 BGB und zum anderen aus § 399 1. Alt. BGB, weil ihre Abtretung eine Inhaltsänderung bedeute. b)  Entgegnung der herrschenden Meinung Dieser Argumentation haben Rechtsprechung und Schrifttum die Gefolgschaft versagt. Schützenswerte Belange der Bank als Drittschuldnerin, die es rechtfertigten die Ansprüche aus dem Girovertrag als höchstpersönlich i. S. v. § 613 S. 2 BGB zu qualifizieren,283 seien nicht betroffen, wenn sie zur Auskehr des Tagesguthabens an den Pfändungsgläubiger statt an den Schuldner verpflichtet sei.284 Die Auszahlung an den Gläubiger sei nicht anders als die Erbringung eines Zahlungsdienstes an den Schuldner selbst als Aufwendungsersatzanspruch im Kontokorrent zu berücksichtigen.285 Schließlich trete die auf ein Tätigwerden der Bank gerichtete Dienstleistungskomponente der girovertraglichen Ansprüche hinter die mit ihnen verfolgte Geldleistung zurück, so dass § 613 S. 2 BGB auf diese Konstellation nicht anzuwenden sei.286 3.  Widerspruch zur kontokorrentrechtlichen Abwicklung des Zahlungsverkehrs Weiter ist gegen Übertragbarkeit und Pfändbarkeit des Tagessaldoanspruchs geltend gemacht worden, dass sie der kontokorrentrechtlichen Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ein Girokonto widersprächen.

281  K. Berger, ZIP 1980, 946, 951; a. A. Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263 f.; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 409, der auf den Rechtsgedanken des § 851 Abs. 2 ZPO verweist; zustimmend Ploch, DB 1986, 1961. 282  Vgl. Begründung zur Novelle der CPO, 1898, S. 174 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158); hierzu auch schon § 4 C. II. 283  Vgl. zur „Schutzrichtung“ des Merkmals der Höchstpersönlichkeit bereits § 4 C. I. 284  BGHZ 84, 325, 331 f.; OLG Celle ZIP 1981, 496, 497; Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; Ploch, DB 1986, 1961; Schwefer, S. 148 ff. 285  BGHZ 84, 371, 377; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A  244. 286  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; zustimmend Grube, S.  123 f.; Grund, S.  57 f.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

a)  Beendigung von Kontokorrent und Girovertrag Klaus Berger hat ausgeführt, dass die dauerhafte Abtretung bzw. Pfändung der Tagessaldoansprüche dazu führe, dass das Kontokorrentverhältnis letztlich zum Erliegen komme.287 So sei die Bank in der Folgezeit nach Übertragung sämtlicher Kontoguthaben daran gehindert, Aufwendungsersatzansprüche, die ihr aus der Ausführung neuer Zahlungsdienste resultierten, in das Kontokorrent einzustellen, weil hierdurch die abgetretenen bzw. gepfändeten Tagessaldoansprüche reduziert würden. Dies müsse der Zessionar bzw. der Pfändungsgläubiger nicht gegen sich gelten lassen und könne vielmehr Auszahlung des ungeschmälerten Betrags verlangen. Folge der Vorauszession bzw. Pfändung sei daher, dass ein Kontoguthaben nicht mehr für Zwecke des Zahlungsverkehrs zur Verfügung stehe. In der Konsequenz führe dies zum Erlöschen des Kontokorrents und des mit diesem i. S. v. § 139 BGB verbundenen Girovertrags.288 b)  Kontokorrentrechtliche Zweckbindung des Auszahlungsanspruchs gem. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO An diese Überlegungen anknüpfend folgert Berger aus der Verbindung von Kontokorrent und Girovertrag, dass der allfällige Auszahlungsanspruch dem Kontoinhaber nur mit der Maßgabe gewährt werde, dass zukünftige Zahlungseingänge zur Verrechnung mit aus der Zahlungsabwicklung resultierenden Sollposten zur Verfügung gestellt werden. Ließe man eine Übertragung oder Pfändung zu, würde dieser Verrechnungsvorbehalt vereitelt. Dies bedeute eine Änderung des Forderungsinhalts. Gem. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO sei daher sowohl die Abtretung als auch die Pfändung des Auszahlungsanspruchs ausgeschlossen.289 Diesen Gedanken hat Schwefer290 präzisiert und die Unpfändbarkeit der Tagesguthaben mit der kontokorrentrechtlichen Zweckbindung des girovertraglichen Auszahlungsanspruchs gem. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO zu rechtfertigen gesucht.291 In Übereinstimmung mit den Ausführungen unter § 2 und § 3 dieser Arbeit erachtet sie die Kontodeckung als bloßen 287  K.

Berger, ZIP 1980, 946, 950 f.; ders., ZIP 1981, 583, 585. Berger, ZIP 1980, 946, 951; vgl. auch Liesecke, WM 1975, 314, 321. 289  So deutlich K. Berger, ZIP 1981, 583, 585 f.; auch schon ders., ZIP 1980, 946, 951. 290  Die Arbeit Schwefers ist erst nach Verkündung der beiden Urteile BGHZ 84, 325 und BGHZ 84, 371 erschienen und konnte daher bei der höchstrichterlichen Entscheidung für die Pfändbarkeit des Tagessaldos keine Berücksichtigung mehr finden. 291  Schwefer, S.  172 ff. 288  K.



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Rechnungsposten, mittels dessen die Parteien den aktuellen Stand einer nur hypothetischen Saldierung nachvollziehen und absehen können, welche Seite einen Überschuss zu beanspruchen hätte, wenn zum betreffenden Zeitpunkt eine tatsächliche Verrechnung stattfände. Das Kontoguthaben sei damit lediglich Kontrollposten, der der Durchführung des Kontokorrents, namentlich der erst endfälligen Verrechnung sämtlicher Einzelansprüche, zu dienen bestimmt sei.292 Diese Qualität der Kontodeckung komme dadurch zum Ausdruck, dass die Bank infolge der Zahlungsausführung für den Kunden nur einen kontokorrentpflichtigen Aufwendungsersatzanspruch erwerbe und ein Zahlungseingang dem Kunden durch Einstellung in die laufende Rechnung gut gebracht werde.293 Das Giroguthaben sei daher keine eigentliche Geldforderung, die von einem nicht an dem Kontokorrentverhältnis beteiligten Dritten wie eine solche gepfändet und verwertet werden könne, sondern berechtige nur den Kontoinhaber zur Inanspruchnahme girovertraglicher Zahlungsdienstleistungen.294 Ein Pfändungsgläubiger, der nicht Partei des Girovertrags sei, könne aber ein Giroguthaben nicht in Übereinstimmung mit der kontokorrentrechtlichen Zweckbestimmung, sondern lediglich als schlichte Geldforderung gegenüber der Bank als Drittschuldnerin geltend machen.295 Hierin läge dann eine Änderung des Forderungsinhalts i. S. v. § 399 1. Alt. BGB. Das Giroguthaben sei daher gem. § 851 Abs. 1 ZPO als unpfändbar anzusehen.296 c)  Entgegnung der herrschenden Meinung Den Einwand, die Pfändung des Tagesguthabens widerspreche dem Kontokorrent, hat der BGH zurückgewiesen. Die Auszahlung an einen Pfändungsgläubiger sei ebenso wie die Zahlung an den Kontoinhaber als Aufwendungsersatzanspruch in die laufende Rechnung aufzunehmen.297 Dem ist zuzustimmen. Die Begründung neuer Schuldposten ist ein typischer girovertraglicher Vorgang. Entgegen der Auffassung Bergers kann es für den Fortbestand von Kontokorrent und Girovertrag keinen Unterschied machen, ob diese aus einem vom Kontoinhaber freiwillig initiierten Zahlungsvorgang resultieren oder sich infolge der Pfändung und Überweisung des Guthabens an den Vollstreckungsgläubiger ergeben. Es ist zwar zutreffend, dass nach292  Schwefer,

S.  173 f. S. 174. 294  Schwefer, S. 174 f. 295  Vgl. auch K. Berger, ZIP 1980, 946, 951 f. zur Höchstpersönlichkeit des Weisungsrechts gem. §§ 675, 665 BGB. 296  Schwefer, S.  175 f. 297  BGHZ 84, 371, 377; Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; Grube, S. 126; Ploch, DB 1986, 1961. 293  Schwefer,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

folgende Zahlungseingänge an den Vollstreckungsgläubiger abzuführen sind, sobald der Zahlungsdienstleister ein etwaiges zuvor aufgelaufenes Debet bzw. zuvor entstandene Aufwendungsersatzansprüche verrechnet hat. Zugunsten des Kontoinhabers entsteht mithin kein Ausführungsanspruch mehr, über den er frei disponieren könnte. Der Zahlungsverkehr kommt bis auf die Überweisung eines aktuellen Guthabens an den Pfändungsgläubiger vollständig zum Erliegen. Es ist jedoch gerade Anliegen der Pfändung, dem Vollstreckungsgläubiger exklusiven Zugriff auf künftige Zahlungseingänge zu sichern und dem Schuldner anderweitige Verfügungen zu untersagen, vgl. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO. Diese Einschränkung der Dispositionsbefugnis, die lediglich bis zur Befriedigung der titulierten Gläubigerforderung andauert, trifft ausschließlich den Kontoinhaber als Vollstreckungsschuldner. Eine Beeinträchtigung der Drittschuldnerinteressen, die den Zahlungsdienstleister zur Beendigung der bankvertraglichen Beziehung veranlassen könnte bzw. eine automatische Beendigung des Kontokorrentverhältnisses zur Folge hätte, ist abgesehen von der Beachtung der Pfändungsgebote gem. § 829 Abs. 1 ZPO, die jedem Drittschuldner abverlangt wird, nicht zu erkennen. Soweit die Kontodeckung als kontokorrentrechtlich zweckgebunden angesehen wird, spitzt sich die Kritik an der Pfändbarkeit des Tagessaldos tatsächlich auf die Frage zu, ob ein Dritter, der nicht Partei des Girovertrags und der Kontokorrentabrede ist, den durch ein rechnerisches Kontoguthaben vermittelten Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag wie eine herkömmliche Geldforderung i.  S.  v. §§ 829, 835 ZPO pfänden und verwerten kann. Ihr gilt es im Folgenden auf Grundlage des novellierten Zahlungsverkehrsrechts nachzugehen. II.  Pfändung des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag 1.  Gegenstand der Kontopfändung Die Beurteilung der Pfändung eines kreditorischen Girokontos auf Grundlage des novellierten Zahlungsverkehrsrechts macht es zunächst erforderlich, den Gegenstand der Pfändung genau zu ermitteln, der in der bisherigen Diskussion vornehmlich als Tagessaldo oder Tagesguthaben bezeichnet worden ist. a) Ausführungsanspruch Als solcher kommt einzig der Anspruch des Kontoinhabers auf Aus­ führung eines Zahlungsvorgangs in Betracht, der sich generell aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ergibt, § 675f Abs. 2 S. 1 BGB, und dessen



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­ oraussetzungen § 675o Abs. 2 BGB konkretisiert.298 Weist das Girokonto V ausreichende Deckung auf und liegen sonstige Ablehnungsgründe i. S. v. § 675o Abs. 2 BGB nicht vor, kann der Kunde von seinem Zahlungsdienstleister die Vornahme eines Zahlungsvorgangs, also entweder die Auszahlung eines Barbetrags oder die Erbringung eines bargeldlosen Zahlungsdienstes, vgl. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB, verlangen. Hierzu hat er der Bank einen Zahlungsauftrag i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB zu erteilen, der einerseits den zunächst abstrakten Ausführungsanspruch nach Art des Zahlungsdienstes und Höhe des Zahlungsbetrags konkretisiert sowie andererseits stets auch die Autorisierung des Zahlungsvorgangs bewirkt.299 Letztere ist Voraussetzung dafür, dass der Zahlungsbetrag dem Konto des Zahlers in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs belastet werden darf, vgl. §§ 675j Abs. 1, 675u BGB. b) Charakteristika Der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB ist ein spezieller Geschäftsbesorgungsanspruch.300 Unter einer Geschäftsbesorgung i. S. v. § 675 Abs. 1 BGB ist jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zu verstehen, die der Geschäftsherr zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen ausführt.301 Der Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB weist gegenüber dieser allgemeinen Definition die Besonderheit auf, dass er ausnahmslos auf die Erbringung von Zahlungsdiensten gerichtet ist.302 So kann der Kunde von seinem Zahlungsdienstleister entweder die Verschaffung eines Bargeldbetrags oder die Tilgung einer Geldschuld gegenüber einem dritten Gläubiger verlangen. Dies rückt den Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsdienstes in die Nähe eines bloßen Zahlungsanspruchs, den ein Gläubiger als Geldforderung gem. § 829 ZPO pfänden kann.303 Fasste man ihn jedoch als schlichten Zahlungsanspruch auf, negierte man seine Rechtsqualität als besonderen Geschäftsbesorgungsanspruch. Auch wenn er letztlich auf die Verschaffung einer geldwerten Leistung an den Kontoinhaber selbst oder an 298  Vgl.

zu diesem Anspruch bereits ausführlich § 3 A. III., § 3 C. IV. hierzu unter § 3 A. II. 3. c). 300  Vgl. zur Rechtsnatur von Girovertrag und Zahlungsdiensterahmenvertrag bereits § 3 A. II. 301  BGHZ 45, 223, 228; BGH NJW-RR 2004, 989; MünchKomm / Heermann, BGB6, § 675 Rn. 3; Palandt / Sprau, BGB73, § 675 Rn. 2. 302  Vgl. auch K. Berger, ZIP 1980, 946, 951, der darauf hinweist, dass Dienste „normalerweise“ nicht in der Form von Geldleistungen erbracht würden. 303  Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO ist jede auf Geldzahlung gerichtete Forderung gleich welchen Rechtsgrunds, s. Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 5 f.; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 2; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 829 Rn. 4; Zöller / Stöber, ZPO30, § 829 Rn. 2. 299  s.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

einen dritten Zahlungsempfänger abzielt, weist er gegenüber einem schlichten Zahlungsanspruch einige Eigenarten auf, die es verbieten, ihn unbesehen als Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO einzuordnen. aa)  Anspruchsinhalt Unzulässig wäre es, ihn allein deswegen als eine bloße Geldforderung aufzufassen, weil der Kontoinhaber aufgrund des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag Bar­ auszahlung oder die Vornahme eines unbaren Zahlungsvorgangs erreichen kann. Denn wie die Ausführungen unter § 3 dieser Arbeit verdeutlicht haben, beruht die Bewirkung einer baren wie unbaren Zahlung auf einer Zahlungsdienstleistung der Bank. Während die Barauszahlung rechtstechnisch durch die Umwandlung von Buch- in Bargeld erfolgt,304 vermittelt eine bargeldlose Zahlung dem Empfänger einen Anspruch gegen seine Bank, indem diese ihm die von der Zahlstelle des Zahlers übermittelte Deckung durch rechtskonstruktive Gutschrift auf dem Konto verfügbar macht.305 Folge der Zahlungsausführung ist in jedem Fall ein Aufwendungsersatzanspruch zugunsten der Bank, den sie in das Kontokorrent einstellt.306 Der Umstand, dass der Zahlungsdienstleister zunächst eigene Mittel zur Zahlungsabwicklung aufbringen muss, belegt einerseits, dass der Ausführungsanspruch des Kontoinhabers und der Gegenstand des Zuwendungsverhältnisses nicht deckungsgleich sind. Andererseits folgt hieraus – wie schon von Schwefer angedeutet –307, dass weder der Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag selbst noch ein rechnerisches Kontoguthaben, das lediglich als Voraussetzung dieses Anspruchs fungiert, selbständig verkehrsfähig sind.308 Vor diesem Hintergrund verbietet sich daher der Rückschluss von der Qualität des Zuwendungs- bzw. Auszahlungsgegenstands auf den Inhalt des Anspruchs, den der Girovertrag dem Kontoinhaber bei Vorliegen ausreichenden Kontoguthabens vermittelt und über dessen Vollstreckungstauglichkeit zu befinden ist. Ähnlich liegen die Dinge bei einer Anweisung auf Kredit. In diesen Fällen tilgt ein Dritter die Forderung gegen den Schuldner auf dessen Anweisung hin, ohne ihm jedoch im Deckungsverhältnis zur Leistung verpflichtet zu sein. Der Angewiesene erlangt einen Regressan304  Zur

Barauszahlung § 3 B. III. 3. Ablauf einer bargeldlosen Zahlung § 3 B. I., § 3 B. III. 306  Zur Rechtsqualität der Kontobelastung § 3 B. II. 307  Schwefer, S. 174 f. 308  Vgl. zur Abtretung und Verpfändung des Ausführungsanspruchs bereits § 3 C. IV. 3. d). 305  Zum



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spruch gegen den Anweisenden.309 Wie die tatsächliche Zuwendung des Angewiesenen bei einer Anweisung auf Kredit nicht auch einen entsprechenden Anspruch des Anweisenden im Deckungsverhältnis indiziert, rechtfertigt die Tatsache allein, dass der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auf die Verschaffung einer geldwerten Leistung gerichtet ist, nicht den Schluss, dass es sich hierbei um einen reinen Zahlungsanspruch des Kontoinhabers handeln muss. Allenfalls mag man hieraus auf den Vermögenswert des geschäftsbesorgungsrechtlichen Ausführungsanspruchs folgern.310 bb) Konkretisierungsbedürftigkeit Von einem schlichten Zahlungsanspruch unterscheidet den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag außerdem, dass er seiner Rechtsnatur entsprechend durch eine Weisung des Geschäftsherrn, vgl. §§ 675, 665 BGB, in Gestalt eines Zahlungsauftrags i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB initiiert wird. § 675o Abs. 2 BGB setzt die Autorisierung des Zahlungsvorgangs311 voraus, weil dieser nur dann gegenüber dem Zahlungsdienstnutzer wirksam ist, § 675j Abs. 1 BGB, und das Kreditinstitut einen Aufwendungsersatzanspruch in das Kontokorrent einstellen kann, § 675u S. 1 BGB, wenn der Vorgang vom Kunden angewiesen worden ist. Neben der Legitimation der der Zahlungsausführung nachfolgenden Belastungsbuchung bewirkt der Zahlungsauftrag, dass die im Zahlungsdiensterahmenvertrag allgemein übernommene Pflicht zur Ausführung von Zahlungsvorgängen inhaltlich auf einen bestimmten Zahlungsdienst konkretisiert wird.312 (1)  Pfändbarkeit konkretisierungsbedürftiger Forderungen Der Pfändung nach § 829 ZPO unterliegen zwar auch solche Geldforderungen, deren Geltendmachung noch einer Willenserklärung bedarf,313 wie namentlich einer Kündigung etwa in den Fällen des § 725 Abs. 1 BGB,314 des § 135 HGB315 oder des § 66 GenG. Auch die Konkretisierungsbedürf309  Palandt / Sprau, BGB73, § 783 Rn. 6; Staudinger / Marburger, 2009, §  783 Rn. 18, 28. 310  Hierzu noch sogleich § 6 B. II. 2. 311  Zur richtigen Lesart des missverständlichen § 675o Abs. 2 BGB, § 3 C. IV. 2. d) aa). 312  Vgl. zu diesen beiden Funktionen des Zahlungsauftrags bereits § 3 A. II. 3. c). 313  Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 3, § 835 Rn. 14. 314  Hierzu näher Stöber, Rn.  1561 ff. 315  Vgl. Stöber, Rn.  1589 ff.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

tigkeit des Schuldinhalts spricht nicht per se gegen die Pfändbarkeit einer Forderung. So kann etwa der Anspruch des Gläubigers einer Wahlschuld i. S. v. § 262 BGB gepfändet werden, wenn nur sämtliche Einzelleistungen selbständig der Pfändung unterworfen sind. In diesem Fall kann der Vollstreckungsgläubiger nach Überweisung der Ansprüche das Wahlrecht des Vollstreckungsschuldners ausüben.316 Ist dagegen eine der wählbaren, geschuldeten Leistungen höchstpersönlich oder unterliegt aus anderen Gründen nicht der Pfändbarkeit, kann der Gläubiger nach wohl überwiegender Ansicht zwar den Alternativanspruch pfänden. Das Wahlrecht soll dann jedoch beim Vollstreckungsschuldner verbleiben und der Gläubiger die Forderung als zukünftige pfänden können. Ein Pfandrecht erwirbt er folglich nur, wenn der Schuldner auch für diese Leistung optiert.317 (2)  Besonderheiten des girovertraglichen Ausführungsanspruchs Der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag lässt sich nicht ohne weiteres unter die Kategorie einer konkretisierungsbedürftigen Geldforderung fassen, deren Geltendmachung lediglich noch eine Willenserklärung erfordert. Denn anders als etwa eine Kündigung dient der Zahlungsauftrag nicht nur der Realisierung einer Forderung. Er legitimiert überdies die anschließende Belastungsbuchung auf dem Konto des Zahlers. Es stellt sich daher die Frage, ob man einen Vollstreckungsgläubiger statt des Kontoinhabers für berechtigt halten will, eine entsprechende Weisung zu erteilen und dadurch eine Forderung der Bank gegen den Schuldner zu begründen.318 Inhaltlich ist der Ausführungsanspruch zudem nicht lediglich auf die Barauszahlung des gegenwärtigen Kontoguthabens gerichtet, sondern ebenso auf die Vornahme unbarer Zahlungsdienste, zu der sich der Zahlungsdienstleister nur gegenüber dem Kontoinhaber bereit erklärt hatte. Es liegt daher nicht fern, wenigstens die bargeldlosen Varianten des Ausführungsanspruchs als höchstpersönlich aufzufassen, was nach den zur Wahlschuld referierten Grundsätzen dazu führen müsste, dass ein Gläubiger den Anspruch jedenfalls nicht selbständig konkretisieren kann.319

316  Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn.  31 f.; Stöber, Rn. 32. 317  Hellwig, Zwangsvollstreckung, S.  353; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 851 22 Rn. 16; Stein / Jonas / Brehm, ZPO , § 851 Rn. 31; Stöber, Rn. 32; hierzu näher unten § 6 B. II. 4. d). 318  Zum Vermögenswert des Ausführungsanspruchs unter § 6 B. II. 2. 319  Dazu unter § 6 B. II. 3.



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c)  Gesetzliche Fixierung des Anspruchsinhalts Nun haben die vorgenannten Sonderheiten, die der Ausführungsanspruch gegenüber einer schlichten Geldforderung i. S. v. § 829 ZPO aufweist, in der Diskussion um die Pfändung des Tagessaldoanspruchs überwiegend bereits Beachtung erfahren. Mittlerweile beruhen die beschriebenen Charakteristika jedoch nicht mehr lediglich auf der girovertraglichen Vereinbarung der Parteien und ungeschriebenen Weiterungen des Geschäftsbesorgungs- und Auftragsrechts. Die gesetzliche Normierung in den §§ 675c ff. BGB lässt vielmehr ein von den hier befürworteten Grundsätzen abweichendes Verständnis der Zahlungsabwicklung nicht mehr zu. Hieraus folgt, dass die aufgezeigten Eigenheiten des girovertraglichen Ausführungsanspruchs nicht wie seinerzeit von BGH und Teilen der Lehre unter Hinweis darauf zu vernachlässigen sind, dass das geschäftsbesorgungsrechtliche Element des Anspruchs hinter die Geldleistungskomponente zurücktrete.320 §§ 675f Abs. 2 S. 1, 675o Abs. 2 BGB gestalten den Ausführungsanspruch materiell-rechtlich einheitlich als Geschäftsbesorgungsanspruch aus, der auf die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen gerichtet ist. Er lässt sich daher inhaltlich weder auf einen bloßen Zahlungsanspruch reduzieren noch in einen Auszahlungsanspruch und eine Dienstleistungskomponente aufspalten, die die Bank lediglich verpflichtete, mit eben jenem Auszahlungsanspruch besonders, im Wege eines unbaren Zahlungsvorgangs zu verfahren.321 2.  Vermögenswert des Ausführungsanspruchs Dem Schutz des Schuldners vor einem zu weitreichenden Vollstreckungszugriff wird durch die Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850 ff. ZPO grundsätzlich erschöpfend Genüge getan. Im Übrigen gilt der Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung. Vollstreckt ein Gläubiger wegen einer Geldforderung, kann er – abgesehen von der Möglichkeit einer Hilfspfändung –322 allerdings keinen Zugriff nehmen auf nicht vermögenswerte Rechte und bloße Befugnisse des Schuldners, namentlich die Möglichkeit eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten einzugehen, weil diese sich nicht zum Zwecke der Forderungstilgung verwerten lassen.323 320  So etwa BGHZ 84, 325, 331 f.; Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 178; Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; Ploch, DB 1986, 1961; Schwefer, S. 148 ff. 321  Entsprechendes gilt jedoch nach herrschender Ansicht für den Überweisungsanspruch, der den Kontoinhaber lediglich berechtigt, den Tagessaldoanspruch auf besondere Weise geltend zu machen; s. hierzu oben § 6 A. II. 3. c). 322  Zur Hilfspfändung § 4 D. 323  Zum Postulat der Verwertungseignung § 4 A. II. 1.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

a)  Nicht vermögenswerte Dispositionsbefugnis des Schuldners? An einem Vermögenswert des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag mag man zweifeln, weil einerseits sämtliche Einzelforderungen des Kontoinhabers, die das geldwerte Substrat der bankvertraglichen Beziehung bilden, Eingang in das Kontokorrent finden. Sie sind für die Dauer der Abrechnungsperiode auch mit Wirkung gegenüber einem Pfändungsgläubiger zu bloßen Rechnungsposten degradiert324 und können dem Ausführungsanspruch daher keinen Vermögenswert vermitteln. Andererseits muss ein Zahlungsdienstleister für die Vornahme eines Zahlungsvorgangs zunächst eigene Mittel aufwenden, weil eine Verfügung über Positionen des Kontoinhabers an der Kontokorrentbindung scheitert.325 Durch die Ausführung eines Zahlungsvorgangs büßt der Zahler daher kein unbedingt verkehrsfähiges Vermögensaktivum ein. Hieraus resultiert vielmehr ein Aufwendungsersatzanspruch der Bank gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, der sich erst im Rahmen der Kontokorrentverrechnung am Periodenende tatsächlich im Vermögen des Kontoinhabers realisiert. Zuvor wird er jedoch bereits von den Wirkungen des in der Kontokorrentvereinbarung antizipierten Verrechnungsvertrags erfasst.326 Schon mit seiner Entstehung valutiert der Aufwendungsersatzanspruch damit die seitens des Kontoinhabers ebenfalls durch antizipierte Verfügung in die laufende Rechnung eingebrachten Habenposten auf dem Konto. Vermögensrechtlich ließe sich diese Konstellation vergleichen mit einer Anweisung auf Kredit, wenn deren Befolgung zur Valutierung einer abstrakten Realsicherheit führt, die bereits mit ihrer Bestellung vollständig aus dem Vermögen des Sicherungsgebers ausgeschieden und dem Zugriff seiner Gläubiger damit entzogen ist. Wie diesen nur die Pfändung des Anspruchs auf Rückübertragung der Sicherheit bliebe,327 könnte ein Gläubiger des Kontoinhabers allenfalls einen Überschuss nach Abschluss der laufenden Kontokorrentperiode pfänden. Dem wird jedoch regelmäßig eine Vortragungsvereinbarung der Kontokorrentparteien entgegenstehen.328 Nach dieser Sichtweise erschöpfte sich der Ausführungsanspruch in der Befugnis des Kontoinhabers, den Zahlungsdienstleister zu fremdnützigen Dispositionen anzuhalten, die nicht zum unmittelbaren Verlust eines Aktivums, sondern lediglich zur Entstehung eines freilich besicherten Schuld324  Zur

vollstreckungshindernden Wirkung des Kontokorrents § 5 A. I. den Binnenwirkungen des Kontokorrents § 2 C. II., § 2 D. II. 326  s. hierzu § 2 C. III. 327  Zur Pfändbarkeit des Rückübertragungsanspruchs etwa Ganter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 90 Rn. 131; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 80; Stöber, Rn. 770 (für sicherungszedierte und treuhänderisch abgetretene Forderungen). 328  s. hierzu § 5 B. II. 325  Zu



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postens führten. Als bloßes Verfügungsrecht ohne vollstreckungstauglichen Vermögenswert wird etwa auch eine Vollmacht über das Konto eines Dritten zurecht für unpfändbar gehalten.329 Aus gleichem Grund muss von dem Standpunkt der herrschenden Meinung aus, nach der der Tagessaldoanspruch als Zahlungsanspruch ggf. ergänzt durch eine girovertragliche Dienstleistungskomponente aufzufassen ist, der isolierte Anspruch auf Überweisung der selbständigen Vollstreckung entzogen sein.330 Fasste man auch den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag als „vermögenslose“ Dispositionsbefugnis auf, ließe sich – wie bei dem Überweisungsanspruch – allenfalls über eine Hilfspfändung nachdenken, um die Begründung weiterer Schuldposten durch den Kontoinhaber zu verhindern. Eine solche müsste dann mangels autonomen Auszahlungsanspruchs zur Sicherung der Pfändung künftiger periodischer Abschlusssalden ausgebracht werden. Gegen die Zulässigkeit der hilfsweisen Pfändung würden in diesem Fall indessen durchgreifende Bedenken sprechen. So beruht die Verfügungsbefugnis des Kunden auf dem Girovertrag, während die Hilfspfändung die Sicherung einer kontokorrentrechtlichen Forderung bezweckte. An dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen Haupt- und Hilfspfändung331 darf man vor diesem Hintergrund zurecht zweifeln. Überdies schützte die Hilfspfändung des Ausführungsanspruchs den Gläubiger weder vor einer zwischenzeitlichen Pfändung des Zustellungssaldos gem. § 357 HGB durch einen weiteren Gläubiger noch für den Fall, dass die Erhöhung eines Debets auf einer geduldete Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB beruht, weil der Kontoinhaber in diesem Fall überhaupt keinen – auch nur hilfsweise pfändbaren – Ausführungsanspruch innehat.332 b) Antizipation des Vermögenswerts durch Vorausverfügung über derzeit indisponible Kontokorrentposten Freilich vernachlässigen die soeben angestellten Erwägungen, dass dem Kontoinhaber aufgrund eines Giroguthabens ein Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zusteht. Dieser stellt die Zahlungsverkehrsfunktion 329  FG Kassel WM 1998, 2430, 2432; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 34 Rn. 18; Vortmann, NJW 1991, 1038; allg. zur Vollmacht Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 3; Stöber, Rn. 1782; tw. a. A. für Pfändbarkeit, wenn Erteilung im Interesse des Bevollmächtigten und Überlassung an einen Dritten Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann / Hartmann, ZPO72, Grundz § 704 Rn. 113. 330  Dazu bereits oben § 6 A. II. 3. c). 331  s. hierzu § 4 D. III. 332  Zur geduldeten Kontoüberziehung ausführlich § 8 B. II.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

des Girokontos entgegen der Kontokorrentbindung sämtlicher Einzelforderungen her. Dies geschieht zwar nicht dergestalt, dass die Kontokorrentbindung partiell aufgehoben und dem Kunden die Verfügungsmöglichkeit über die einzelnen Rechnungsposten eingeräumt würde.333 Auch vermittelt ihm der Girovertrag keinen originären Auszahlungsanspruch, der der Kontokorrentbindung nicht unterliegt.334 Der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag bewirkt aber dennoch eine gewisse Einschränkung der kontokorrentrechtlichen Lähmung bzw. Sicherung im Verhältnis der Parteien zueinander, die auch im Verhältnis zu Dritten nicht folgenlos bleiben kann. Vermittels des girovertraglichen Ausführungsanspruchs vermag der Kontoinhaber einen rechnerischen Überschuss zu seinen Gunsten bereits in der laufenden Rechnungsperiode zu realisieren, während die Geltendmachung der kausalen Saldoforderung bei einem herkömmlichen Perio­ denkontokorrent i. S. v. § 355 HGB grundsätzlich erst nach der endfälligen Verrechnung erfolgen kann. Auf diese Weise findet eine Antizipation des wegen der Kontokorrentbindung derzeit grundsätzlich nicht realisierbaren Vermögenswerts statt. Wirtschaftlich betrachtet mag man in der Erteilung eines Zahlungsauftrags eine Vorausverfügung über einen dem Zahlungsbetrag entsprechenden Teil der aktuell gelähmten Einzelforderungen erblicken.335 Der Vermögenswert des girovertraglichen Ausführungsanspruchs entspricht daher demjenigen einer kausalen Saldoforderung, die – außerordentlich – im Zeitpunkt der Geltendmachung ermittelt würde. Im Unterschied zur kontokorrentrechtlichen Saldoforderung ist der Ausführungs­ anspruch freilich kein bloßer Zahlungsanspruch, sondern konkretisierungsbedürftiger Geschäftsbesorgungsanspruch. Das ändert indessen nichts an seinem Vermögenswert, sondern wirft lediglich die Frage auf, ob ein Pfändungsgläubiger diesen Vermögenswert dem Kontoinhaber gleich realisieren kann. Hieran ist er jedenfalls nicht deshalb gehindert, weil er durch die Erteilung eines Zahlungsauftrags eine Verbindlichkeit zulasten des Vollstreckungsschuldners begründen würde und hierin ein zu weitreichender Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners zu erblicken wäre. Zwar qualifiziert die herrschende Ansicht mit eben dieser Argumentation das Recht des Kunden zum Abruf eines Kontokorrentkredits als höchstpersönlich und versagt einem Gläubiger aus diesem Grund, im Wege der Zwangsvollstreckung auf eine nicht abgerufene Kreditlinie zuzugreifen.336 Ob dem auf Grundlage des 333  Dies

nimmt die herrschende Meinung fälschlicherweise an, § 3 C. II. 1. Ablehnung dieser verbreitet befürworteten Sichtweise § 3 C. II. 2. 335  Ähnlich Beeser, AcP 155 (1956), 418, 429; Sühr, WM 1981, 1149, 1151; Terpitz, WM 1979, 570, 574, die eine Vorschusszahlung der Bank annehmen. 334  Zur



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hiesigen Verständnisses des Giroverkehrs zuzustimmen ist, bedarf hier noch keiner Entscheidung. Weist das Konto einen kreditorischen Saldo auf, ist Folge der Zahlungsausführung zwar ein Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Dieser Debetposten entsteht allerdings auf kontokorrentrechtlicher Ebene, auf der ihm ebenfalls kontokorrentgebundene Einzelforderungen zugunsten des Kontoinhabers gegenüber stehen. Die Einstellung eines Aufwendungsersatzanspruchs ist daher lediglich der buchungstechnischen Abwicklung im Kontokorrent und dem Geschäftsbesorgungscharakter des Girovertrags geschuldet, führt aber tatsächlich nicht zu einer Verschuldung des Kunden gegenüber seiner Bank. Auf girovertraglicher Ebene äußert sich die Zahlungsausführung dadurch, dass die Kontodeckung und damit die Höhe des Ausführungsanspruchs entsprechend reduziert wird, weil sich der Zahlungsdienstleister girovertraglich verpflichtet hat, Zahlungen nur in Höhe eines rechnerischen Kontoguthabens auszuführen, sofern ein Dispositionskredit nicht eingeräumt ist. Misst man dem Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs richtigerweise Vermögenswert bei, bewirkt die Zahlung auch auf dieser Ebene nicht eine Verschuldung des Kontoinhabers, sondern lediglich den Verlust eines – nur im Rahmen des Girovertrags verkehrsfähigen – Aktivums. 336

c) Zwischenergebnis Weist das Konto einen kreditorischen Saldo auf, stehen der Geltendmachung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag durch einen Vollstreckungsgläubiger keine schützenswerten Belange des Kontoinhabers entgegen. Insbesondere ist es unschädlich, dass die Erteilung eines Zahlungsauftrags stets auch die Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto legitimiert, vgl. § 675u S. 1 BGB. Hierdurch wird dem Kontoinhaber nicht eine Verbindlichkeit gegenüber seiner Bank aufgezwungen. Wegen der girovertraglichen Verknüpfung des rein rechnerischen Tagessaldos und dem Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag büßt der Schuldner hierdurch vielmehr ein Vermögensaktivum ein. 3.  Schützenswerte Belange der Bank als Drittschuldnerin Fraglich ist, ob Interessen des Zahlungsdienstleisters als Drittschuldner zu berücksichtigen sind, die es rechtfertigen, den Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zu seinem Schutz als höchstpersönlich i. S. v. §§ 613 S. 2, 336  Hierzu

ausführlich § 7 C. III. 2.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

399 1. Alt. BGB337 und damit als unpfändbar gem. § 851 Abs. 1 ZPO anzusehen. Es ist bereits festgestellt worden, dass es für die Bank grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob sie einen Zahlungsbetrag an einen Pfändungsgläubiger oder an den Kontoinhaber selbst bar auszahlt.338 Nun ist der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag allerdings nicht ausschließlich auf die Barauszahlung eines Giroguthabens gerichtet, mit der die Bank ebenfalls eine Zahlungsdienstleistung erbringt, sondern umfasst auch die Erbringung unbarer Zahlungsdienste, wie etwa die Vornahme von Überweisungen und die Einlösung von Lastschriften.339 Die Konkretisierung der zunächst generell übernommenen Ausführungspflicht erfolgt durch Erteilung eines Zahlungsauftrags durch den Zahler, § 675f Abs. 3 S. 2 BGB. a)  Vollstreckungsgläubiger als Gläubiger des Ausführungsanspruchs Hielte man nun die Pfändung des Anspruchs auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs für zulässig, müsste man dem Vollstreckungsgläubiger das Recht zugestehen, den allgemeinen Ausführungsanspruch zu konkretisieren und von der Bank wahlweise Auszahlung oder die Durchführung einer bargeldlosen Zahlung zu verlangen. Denn mit der Überweisung des Anspruchs zur Einziehung gem. §§ 835 Abs. 1 1. Alt., 836 ZPO rückte der Gläubiger in die girovertragliche Rechtsstellung des Schuldners ein.340 Er erwürbe folglich den noch konkretisierungsbedürftigen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs, wobei das Recht zur Erteilung eines Zahlungsauftrags an den Drittschuldner dem Anspruch als unselbständiges Gestaltungsrecht nachfolgte.341 Der Gläubiger erreichte auf diesem Wege nicht lediglich die Befriedigung seiner titulierten Forderung, sondern könnte sich außerdem die dem Kontoinhaber von seiner Bank zugesagten Zahlungsdienste nutzbar machen und seinen Zahlungsverkehr bis zur Höhe seiner Forderung über das Konto des Vollstreckungsschuldners abwickeln.342 337  Vgl.

C. I.

zur Schutzrichtung des Merkmals der Höchstpersönlichkeit bereits § 4

338  So BGHZ 84, 325, 331 f.; Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263; Grube, S. 126; Ploch, DB 1986, 1961; vgl. hierzu schon oben § 6 B. I. 2. b). 339  Zum Begriff des Zahlungsvorgangs bereits § 3 A. II. 3. a). 340  So, freilich nur für den Auszahlungsanspruch, BGHZ 84, 325, 329. 341  Allg. zu unselbständigen Nebenrechten bereits § 4 B. II. und zu deren Hilfspfändung § 4 D. 342  Vgl. schon Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67 f.; Ploch, DB 1986, 1961, 1962, jeweils für den Überweisungsanspruch.



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b)  Höchstpersönlichkeit der girovertraglichen Ansprüche Dies ginge ersichtlich zu weit. Zwar erscheint der Zahlungsdienstleister nicht schützenswert, wenn er einen Zahlungsbetrag bar an den Vollstreckungsgläubiger statt an den Kontoinhaber auskehrt und hierdurch gleichfalls einen Zahlungsdienst zu dessen Gunsten erbringt. Durch den Übergang des Ausführungsanspruchs erfolgte indes – wenn auch nur bis zu dem Betrag der titulierten Forderung – die „Auswechslung des Kontoinhabers“ freilich beschränkt auf die Aktivseite des Kontos. Wenn sich auch die im Zuge der Zahlungsausführung entstehenden Sollposten – neben dem eigentlichen Zahlungsbetrag etwa auch etwaige Entgelte, vgl. § 675q BGB – weiterhin gegen den Vollstreckungsschuldner und damit gegen den ursprüng­ lichen Vertragspartner der Bank richteten, hat diese sich zur Erbringung von Zahlungsdienstleistungen vertraglich nur gegenüber dem Kontoinhaber verpflichtet. Ihm gegenüber ist der Zahlungsdienstleister nicht nur zur Erfüllung der primären geschäftsbesorgungsrechtlichen Ausführungsansprüche verpflichtet. Neben allgemeinen Rücksichts- und Sorgfaltspflichten343 treffen ihn insbesondere vertragliche und vorvertragliche Unterrichtungs- und Informationspflichten344 – namentlich im Zusammenhang mit der Ausführung von Zahlungsvorgängen aus § 675d BGB i. V. m. Art. 248 §§ 6, 7 EGBGB und § 675o Abs. 1 BGB –, deren Umfang im Zuge der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie345 erheblich erweitert worden ist.346 Letztlich folgt aus der unbestrittenen Einordnung des Zahlungsdiensterahmenvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag der personale Einschlag der in diesem Verhältnis geschuldeten Leistungen der Bank. So führte etwa auch der VIII. Senat des BGH in seiner Entscheidung zur Pfändbarkeit des Tagessaldoanspruchs aus, dass „ein wesentlicher Teil der Tätigkeiten, die die Bank dem Kunden aufgrund des Girovertrages schuldet, […] zwar als Geschäftsbesorgung persönlicher Natur [ist]“ und dass dies „insbesondere für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“ gilt.347 etwa Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II /  51 ff.; Kümpel / Wittig / Peterek, Rn. 6.570. 344  So wird vor allem auch die selbständige Pfändbarkeit des girovertraglichen Anspruchs auf die Erteilung von Kontoauszügen vielfach unter Hinweis auf die Höchstpersönlichkeit des Anspruchs i. S. v. § 851 Abs. 1 ZPO abgelehnt, so LG Stuttgart Rpfleger 1994, 471; AG Meldorf WM  1987, 1503; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 8; Sühr, WM 1985, 741, 743; siehe hierzu bereits oben § 6 A. II. 4. 345  Vgl. den Katalog von Informationspflichten in Art. 30–48 der Zahlungsdiensterichtlinie (2007 / 64 / EG). 346  s. hierzu etwa BT-Drs. 16 / 11643, S. 99 f. (zu § 675d BGB); Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 24a f.; Schürmann, in: Bankrechtstag 2009, S. 11, S. 28 ff. 347  BGHZ 84, 325, 329 f. 343  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Zurecht haben zahlreiche Autoren daher auch gegen die Pfändbarkeit des Überweisungsanspruchs dessen Höchstpersönlichkeit gem. §§ 613 S. 2, 399 1. Alt. BGB eingewandt.348 Zwar halten BGH349 und Teile des Schrifttums350 diesen Anspruch für pfändbar, auch wenn sie ihm neben der Tagessaldopfändung freilich keine eigenständige praktische Bedeutung beimessen.351 Allerdings haben auch die Befürworter der Pfändbarkeit zu keiner Zeit die Verwertung des Überweisungsanspruchs dergestalt erwogen, dass ein Pfändungsgläubiger diesen nach Überweisung selbständig gegenüber der Bank des Schuldners geltend machen könnte.352 Als primärer Zweck der Pfändung des Überweisungsanspruchs wurde vielmehr seit jeher angesehen, den Schuldner durch die Verarrestierung seiner Dispositionsbefugnis an der Begründung weiterer Debetposten zulasten des Kontos zu hindern.353 Es handelte sich der Sache nach also lediglich um eine Hilfspfändung zur Sicherung des vermeintlichen Anspruchs auf Auszahlung eines Tagessaldos. Auch diejenigen, die die (hilfsweise) Pfändung des Überweisungsanspruchs für zulässig erachteten, eine Verwertung aber nicht in Betracht zogen, erkannten damit implizit an, dass dieser Anspruch lediglich auf eine Dienstverpflichtung gerichtet war, die nicht zur selbständigen Verwertung an einen Gläubiger überwiesen werden konnte. c) Zwischenergebnis Mag man auch die bloße Barauszahlung, die rechtlich ebenfalls als Zahlungsvorgang ausgestaltet ist, nicht als höchstpersönliche Leistung der Bank auffassen, sind die übrigen Ansprüche des Kontoinhabers gegen seinen Zahlungsdienstleister als solche zu qualifizieren, ohne dass hierzu erst der Zweifelssatz gem. § 613 S. 2 BGB zu bemühen wäre. Dies ist von der herr348  Häuser, ZIP 1983, 891, 894 f.; ders., WM 1990, 129, 132 f.; Heymann / Horn, HGB2, § 357 Rn. 18; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67 f. (differenzierend); E. Wagner, ZIP 1985, 849, 851; Ploch, DB 1986, 1961, 1962; i. E. auch Bitter, in: BankrechtsHandbuch4, § 33 Rn. 55; für Höchstpersönlichkeit eines vermeintlichen Auszahlungsanspruchs auch schon K. Berger, ZIP 1980, 946, 948 ff.; ZIP 1981, 583, 585, hierzu schon oben § 6 B. I. 2. 349  BGHZ 84, 325, 329; 86, 23, 25; 93, 315, 323 f. 350  Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 178; Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann / Hartmann, ZPO72, Grundz § 704 Rn. 87 („Dritter“); Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 191; Derleder / Knops / Bamberger / Kandelhard, § 38 Rn. 62. 351  Zur Ablehnung der Pfändung des Überweisungsanspruchs bereits oben § 6 A. II. 3. c). 352  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 191; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 67 f.; Ploch, DB 1986, 1961, 1962. 353  Zum Zweck der Pfändung bereits oben § 6 A. II. 3. b).



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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schenden Rechtsauffassung für den Überweisungsanspruch richtig erkannt worden, wenn ihre Anhänger die Überweisung auch nur als andersartige Erfüllung des autonomen Tagessaldoanspruchs verstehen. Gleiches gilt indes für sämtliche Zahlungsdienste, deren Vornahme die Bank lediglich ihrem Kunden zugesagt hat. 4.  Pfändung eines Anspruchs mit alternativem Leistungsinhalt Nun ist aber der Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag als materiellrechtlich einheitlicher, vom Zahler zu konkretisierender Anspruch konzipiert, der sich nicht – wie bislang unterstellt – in einen reinen Zahlungsanspruch und eine Dienstleistungskomponente, die zudem noch in den Hintergrund treten soll, aufspalten lässt.354 Ist aber dieser bisher von der herrschenden Ansicht beschrittene Ausweg durch die Kodifizierung des Ausführungsanspruchs versperrt, stellt sich die Frage, wie vollstreckungsrechtlich mit dem Ausführungsanspruch zu verfahren ist, der nach Wahl des Inhabers entweder auf höchstpersönliche Leistungen der Bank oder aber auf Barauszahlung gerichtet ist. a)  § 851 Abs. 2 ZPO (analog) Da der Ausführungsanspruch die Erbringung von auf Geldleistung gerichteten Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, könnte man versucht sein, seine Pfändbarkeit als bloße Geldforderung unter Heranziehung von § 851 Abs. 2 ZPO zu begründen. Nach dieser Vorschrift ist eine nicht übertragbare Forderung entgegen § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 BGB gleichwohl pfändbar, wenn ihr Gegenstand der Pfändung unterworfen ist.355 Vereinzelt ist unter Hinweis auf eine zumindest analoge Anwendung von § 851 Abs. 2 ZPO der girovertragliche Überweisungsanspruch für pfändbar erachtet worden, weil der Gläubiger nicht die Überweisungstätigkeit für sich in Anspruch nehmen wolle, sondern nur Zugriff auf das Kontoguthaben suche.356 Es scheint, als ließe sich diese Argumentation auf den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag übertragen, um dem Gläubiger auf diese Weise die Pfändung eines reinen Zahlungsanspruchs zu ermöglichen. 354  Zum

Gegenstand des Ausführungsanspruchs oben § 6 B. II. 1. hierzu bereits § 4 C. II. 356  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 409; Häuser, WM 1990, 129, 133, hält diese Argumentation für vertretbar. 355  Siehe

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Dem kann indes aus zwei Gründen nicht gefolgt werden.357 Einerseits will § 851 Abs. 2 ZPO lediglich vertraglichen Abreden der Parteien i. S. v. § 399 2. Alt. BGB entgegenwirken, die einen an sich pfändbaren Gegenstand von der Abtretung und damit von der Pfändung ausnehmen,358 nicht jedoch die gesetzliche Ausgestaltung des Ausführungsanspruchs als einheitlichen Geschäftsbesorgungsanspruch modifizieren.359 Andererseits ist Voraussetzung für die vollstreckungsrechtliche Unbeachtlichkeit eines privatautonomen Abtretungsausschlusses nach § 851 Abs. 2 ZPO, dass der Gegenstand der zu pfändenden Forderung selbst der Pfändung unterliegt. Auch hier wirkt es sich aus, dass sich der Anspruch des Kontoinhabers nicht mehr auf einen reinen Zahlungsanspruch rückführen lässt, dessen Erfüllung ggf. girovertraglich modifiziert ist, sondern eine konkretisierungsbedürftige Zahlungsdienstleistung den Forderungsgegenstand i. S. v. § 851 Abs. 2 ZPO bildet. b)  § 857 Abs. 1 ZPO Nach § 857 Abs. 1 ZPO können auch sonstige Vermögensrechte des Schuldners, d. h. solche deren Vollstreckung nicht explizit in den §§ 829–856 ZPO geregelt ist, entsprechend diesen Bestimmungen gepfändet und verwertet werden.360 Zwar weist der Ausführungsanspruch einen selbständigen Vermögenswert auf.361 § 851 Abs. 1 ZPO, der insbesondere wegen ihrer Höchstpersönlichkeit unübertragbare Forderungen von der Pfändbarkeit ausnimmt, gilt allerdings auch im Rahmen des § 857 Abs. 1 ZPO.362 Scheitert aber die Pfändung des einheitlichen Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 829 Abs. 1 ZPO daran, dass er weitgehend auf die Erbringung höchstpersönlicher Bankdienstleistungen gerichtet ist, kommt auch die Vollstreckung als sonstiges vermögenswertes Recht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht.

357  Siehe

zum Überweisungsanspruch schon oben § 6 A. II. 3. c) bb). § 4 C. II. 359  Vgl. hierzu im Rahmen des Anspruchs auf Verfügbarmachen aus § 675t Abs. 1 BGB oben § 6 A. II. 1. c). 360  Vgl. hierzu bereits § 4 B. 361  Hierzu oben § 6 B. II. 2. 362  Vgl. Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 4; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 13. 358  s. schon



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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c)  § 857 Abs. 3 ZPO § 857 Abs. 3 ZPO enthält eine Rückausnahme vom Grundsatz des § 851 Abs. 1 ZPO. Hiernach unterliegen auch unveräußerliche Vermögensrechte des Schuldners insoweit der Pfändung, wie sie einem Dritten zur Ausübung überlassen werden können.363 Zur Verwertung derartiger Rechte kann das Vollstreckungsgericht nach § 857 Abs. 4 ZPO besondere Anordnungen treffen. Nun könnte man geneigt sein, die Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 857 Abs. 3 ZPO zuzulassen, die Verwertung aber kraft besonderer Anordnung gem. § 857 Abs. 4 ZPO lediglich auf einen Barauszahlungsanspruch zugunsten des Gläubigers zu beschränken. Auch diesem Ansinnen kann jedoch nicht gefolgt werden. Den Gegenstand der Pfändung nach § 857 Abs. 3 ZPO bilden Nutzungsrechte des Schuldners wie bspw. ein Nießbrauch gem. § 1030 BGB, der gem. § 1059 S. 1 BGB nicht übertragbar ist, dessen Ausübung aber nach § 1059 S. 2 BGB einem anderen überlassen werden kann, oder das obligatorische Nutzungsrecht des Mieters, wenn dieser zur Untervermietung berechtigt ist.364 Nach § 857 Abs. 3 ZPO wird zwar das Recht an sich gepfändet. Es wird jedoch zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung nicht selbst verwertet, indem es etwa dem Pfändungsgläubiger zur Einziehung überwiesen würde. Dieser erlangt vielmehr nur die Befugnis, es statt des Schuldners auszuüben.365 § 857 Abs. 3 ZPO statuiert damit eine graduelle Ausnahme vom Grundsatz des § 851 Abs. 1 ZPO, nach der gerade derjenige Teil eines Rechts gepfändet werden kann, der einem Dritten auch rechtsgeschäftlich überlassen werden könnte.366 Bei der Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag geht es dem Gläubiger nun aber gerade nicht lediglich um die Ausübung einer bloßen Nutzungsbefugnis des Kontoinhabers. Die Vollstreckungsmaßnahme zielt vielmehr darauf, sich den Anspruch selbst überweisen zu lassen, um ihn gegenüber der Bank vollständig zu realisieren. Bei dem Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsdienstes 363  Hierzu

bereits § 4 C. III. ZPO11, § 857 Rn. 14 ff.; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 857 Rn. 14; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 857 Rn. 15. 365  Vgl. BGH NJW 2006, 1124 (Tz. 11); Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 14 (jeweils für den Nießbrauch); Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 857 Rn. 34 (für das dingliche Wohnrecht). 366  Vgl. Musielak / Becker, ZPO11, § 857 Rn. 14, der diesbezüglich zutreffend auf den Wortlaut von § 857 Abs. 3 ZPO verweist; vgl. auch § 857 Abs. 4 S. 2 1. HS. ZPO, der als alternative Verwertungsform insbesondere die Verwaltung des Rechts nennt. 364  Musielak / Becker,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

handelt es sich mithin nicht um ein Recht, das eine Wertschöpfung gerade durch dauerhafte Überlassung der Ausübungsbefugnis ermöglicht. Dieser Unterschied zeigt sich auch in dem Grad, in dem die Vermögensrechte i. S. v. § 857 Abs. 3 ZPO einerseits und der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag andererseits von der Höchstpersönlichkeit der Leistungsverpflichtung durchdrungen sind. Kann bei jenen wenigstens die Ausübung des Rechts einem Dritten gestattet werden, ist der Großteil derjenigen Dienstleistungen, die der Kontoinhaber aufgrund seines Ausführungsanspruchs verlangen kann, vollständig höchstpersönlicher Natur. Anders als die von § 857 Abs. 3 ZPO angeordnete nur graduelle Ausnahme von der Unpfändbarkeit gem. § 851 Abs. 1 ZPO bedeutete die Reduktion des Ausführungsanspruchs auf einen bloßen Zahlungsanspruch, dass sämtliche anderen Erscheinungsformen des Anspruchs hierdurch gänzlich ihres höchstpersönlichen Charakters beraubt würden. d)  Übertragung der Grundsätze zur Pfändung einer Wahlforderung Zur Beurteilung der Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag können aber möglicherweise die bereits erwähnten Grundsätze zur Pfändung des Anspruchs eines Wahlschuldberechtigten fruchtbar gemacht werden. Wie bei der Wahlschuld i. S. v. § 262 BGB schuldet die Bank dem Kontoinhaber mehrere verschiedene Einzelleistungen in der Weise, dass nur eine der geschuldeten Leistungen nach Wahl einer der Parteien – in diesem Fall des Zahlungsdienstnutzers als Gläubiger des Ausführungsanspruchs – zu erbringen ist und hierdurch das Erlöschen der gesamten Schuld – hier des Ausführungsanspruchs in Höhe des konkreten Zahlungsbetrags – bewirkt wird.367 aa)  Pfändung einer Wahlforderung, wenn wenigstens ein Alternativanspruch nicht übertragbar ist Steht das Wahlrecht – wie hier – dem Gläubiger zu, kann dessen Wahlforderung unter Berücksichtigung der für die Einzelleistung geltenden Pfändungsbestimmungen gepfändet werden und ist der Pfändungsgläubiger zur Ausübung des Wahlrechts befugt, das als unselbständiges Gestaltungsrecht auf ihn übergeht.368 Umstritten ist jedoch die Beurteilung solcher Fälle, in 367  Vgl. zur Definition der Wahlschuld Erman / Artz, BGB14, § 262 Rn. 1; MünchKomm / Krüger, BGB6, § 262 Rn. 2; Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 2. 368  Falkmann, Das Recht 1911, Sp. 1; Soergel / Wolf, BGB12, § 262 Rn. 30; Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 31 f. mit Fn. 132; Stöber, Rn. 32.



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denen wenigstens eine der geschuldeten Leistungen höchstpersönlich ist oder aus anderen Gründen der Pfändung nicht unterliegt. Gerade dieser Konstellation ist die Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag vergleichbar, sind doch wenigstens die bargeldlosen Zahlungsdienste als höchstpersönliche Leistungsverpflichtungen der Bank einzuordnen. (1)  Unpfändbarkeit der Wahlforderung Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass die Wahlforderung in einem solchen Fall nicht als „alternative Obligation“369 dergestalt gepfändet werden kann, dass sie einschließlich der Wahlbefugnis auf den Pfändungsgläubiger überginge und dieser zur Wahl berechtigt wäre.370 Bis zur Ausübung des Wahlrechts besteht eine einheitliche Wahlforderung, die zu diesem Zeitpunkt nicht schon in einen pfändbaren und einen unpfändbaren Teil aufgespalten werden kann. Aus der Unübertragbarkeit und Unpfändbarkeit nur einer möglichen Einzelleistung folgt daher die Unpfändbarkeit der gesamten Wahlforderung und die Höchstpersönlichkeit der Wahlbefugnis.371 Die einheitliche Behandlung der alternativ geschuldeten Leistungen rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass der Pfändungsausschluss unabhängig davon vereitelt würde, für welche Leistung der Vollstreckungsgläubiger sich letztlich entschiede. Denn auch wenn er für die pfändbare Alternative optierte, verfügte er damit gleichzeitig negativ über die unpfändbare.372 (2)  Pfändbarkeit nach Ausübung des Wahlrechts Von den Vertretern der herrschenden Auffassung nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, ob ein Gläubiger wenigstens die übertragbare Forderung als künftige oder auf eine entsprechende Wahl des Schuldners beding369  OLG

Hamburg SeuffArch. 41 Nr. 318. Jena SeuffArch. 39 Nr. 276; OLG Hamburg SeuffArch. 41 Nr. 318; Erman / Ebert, BGB13, § 262 Rn. 7; Falkmann, Das Recht 1911, Sp. 2 ff.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 11 II 1 (S. 263); Planck / Siber, BGB4, § 262 Anm. 2; Soergel / Wolf, BGB12, § 262 Rn. 30; Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 31 f.; Stöber, Rn. 32; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 851 Rn. 36. 371  Falkmann, Das Recht 1911, Sp. 3 f.; Soergel / Wolf, BGB12, § 262 Rn. 30; Staudinger / Bittner, 2009, § 262 Rn. 25; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 31; a. A. Bergk, S. 53 f., der aber zum gleichen Ergebnis kommt, wenn er zwar den übertragbaren Teil der Forderung schon gegenwärtig für abtretbar und pfändbar hält, aber dem Zedenten bzw. Schuldner die freie Wahlbefugnis belassen will. 372  Vgl. OLG Jena SeuffArch 39 Nr. 276; Citron, DJZ 1910, Sp. 197. 370  OLG

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

te Forderung pfänden kann. Zum Teil ist angenommen worden, eine Pfändung komme erst in Betracht, nachdem der Berechtigte die übertragbare Forderung gewählt habe.373 Dabei verhalten sich die entsprechenden Stellungnahmen indes häufig nur zur Pfändung als gegenwärtige, nicht jedoch als künftige bzw. bedingte Forderung des Schuldners.374 Tatsächlich sind sachliche Gründe nicht ersichtlich, die gegen die Vollstreckung des durch die Auswahl des Schuldners konkretisierten Einzelanspruchs als zukünftige Forderung sprechen. Ließe man lediglich die Pfändung als gegenwärtige Forderung zu, wäre es für den Schuldner ein Leichtes, die Vollstreckung durch möglichst zeitnahe Einziehung zu vereiteln.375 Die Möglichkeit, den Vollstreckungszugriff seiner Gläubiger auf diese Weise einzuschränken, könnte der Schuldner stets unproblematisch dadurch erreichen, dass er mit dem Drittschuldner vereinbarte, der übertragbaren noch eine unübertragbare Alternativforderung zur Seite zu stellen.376 Ein Gläubiger kann daher jedenfalls den übertragbaren Anspruch als künftige bzw. bedingte Forderung pfänden, ihn jedoch lediglich dann verwerten, wenn der Schuldner sich für diesen Anspruch entscheidet.377 (3)  Die Ansicht Ecksteins: Beschränkte Pfändbarkeit der Wahlforderung Vereinzelt ist die Ansicht Ecksteins geblieben, nach der ein Gläubiger die Wahlforderung inhaltlich beschränkt auf die übertragbaren Einzelleistungen pfänden und sich überweisen lassen kann.378 Soweit die Wahlforderung gepfändet werden könne, sei der Gläubiger auch befugt, das Wahlrecht selbst ausüben. Dies gelte – so Eckstein – sowohl für Wahlschulden mit lediglich zwei als auch mit einer Vielzahl von alternativen Ansprüchen, wenn auch im ersten Fall nicht mehr von einer Wahlforderung die Rede sein könne, weil nach Abzug der unpfändbaren Leistung lediglich eine einzelne übrig bleibe.379

373  Falkmann, Das Recht 1911, Sp. 3 f.; Wilmowsky / Levy, ZPO, § 746 Anm. 1 (S. 1075); wohl auch Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25. 374  In diesem Sinne wohl Falkmann, Das Recht 1911, Sp. 3 f.; Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25; Wieczorek / Schütze / Lüke, ZPO3, § 851 Rn. 36. 375  Marcus, DJZ 1907, Sp. 1084. 376  Erneut Marcus, DJZ 1907, Sp. 1084. 377  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 11 II 1 (S. 264); Hellwig, Zwangsvollstreckung, § 324 (S. 353); Marcus, DJZ 1907, Sp. 1084; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 851 Rn. 16; Planck / Siber, BGB4, § 262 Anm. 2; Soergel / Wolf, BGB12, § 262 Rn. 30; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 32; Stöber, Rn. 32. 378  Eckstein, SeuffBl. 74 (1910), 349, 350. 379  Eckstein, SeuffBl. 74 (1910), 349, 350.



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Diese Auffassung hat zurecht Ablehnung erfahren. Einerseits – so die Kritiker – bedeute die pfändungsbedingte Reduzierung der Wahlschuld auf nur noch eine Alternative eine Änderung des Forderungsinhalts i. S. v. § 399 1. Alt. BGB, was zur Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO führen müsse.380 Andererseits ist geltend gemacht worden, dass dem Schuldner unzulässigerweise sein Wahlrecht genommen werde.381 Der Vollstreckungsschuldner ginge durch den nur beschränkten Übergang der Wahlforderung und der anschließenden Einziehung der übertragbaren Einzelleistung der unübertragbaren verlustig.382 (4)  Differenzierung nach dem Zweck der Unpfändbarkeit Eine vermittelnde Position hat Citron eingenommen.383 Seiner Ansicht zufolge ist danach zu differenzieren, wessen Schutz die Unpfändbarkeit der einen Alternativforderung zu dienen bestimmt ist, die erlösche, hielte man die auf den anderen Anspruch beschränkte Pfändung für möglich. Bezweckte die Unpfändbarkeit dieser Forderung den Schutz des Vollstreckungsschuldners, namentlich weil diese den Pfändungsschutzbestimmungen unterliege, scheide eine isolierte Pfändung der übertragbaren Forderung aus. Denn eine solche entzöge dem Schuldner eine Forderung entgegen den §§  850 ff. ZPO.384 Folge die Unpfändbarkeit dagegen aus der Höchstpersönlichkeit der betreffenden Einzelforderung gem. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO, weil der Drittschuldner durch die Auswechslung des Gläubigers belastet würde, soll der Pfändung lediglich des übertragbaren Einzelanspruchs nichts im Wege stehen. Denn machte der Vollstreckungsgläubiger gerade diese Forderung geltend, seien schützenswerte Belange des Drittschuldners nicht betroffen.385 Dieser Auffassung ist der Vorzug zu geben.386 Ein Gläubiger kann die Wahlforderung beschränkt auf die übertragbaren Einzelleistungen pfänden, wenn die Unpfändbarkeit der übrigen lediglich den Belangen des Drittschuldners Rechnung trägt. Zwar muss sich auch diese Ansicht vorwerfen lassen, dass dem Vollstreckungsschuldner hiernach sein Wahlrecht genommen werde und dass es eine Änderung des Leistungsinhalts darstellte, wenn 380  Falkmann,

Das Recht 1911, Sp. 3. 2014, § 262 Rn. 25. 382  Vgl. OLG Jena SeuffArch 39 Nr. 276; Citron, DJZ 1910, Sp. 197. 383  Citron, DJZ 1910, Sp. 196. 384  Citron, DJZ 1910, Sp. 197. 385  Citron, DJZ 1910, Sp. 197. 386  Auch Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 31 Fn. 135, hält den Vorschlag Citrons für beachtlich. 381  Staudinger / Bittner,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

die Wahlforderung lediglich mit beschränktem Inhalt gepfändet und überwiesen werden könnte. Diese pauschalen Einwände verfangen indessen bei genauer Betrachtung der zu berücksichtigenden Interessen nicht.

(a)  Berücksichtigung von Schuldnerinteressen Den Belangen des Vollstreckungsschuldners wird durch die Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850 ff. ZPO erschöpfend Rechnung getragen. Unterfällt aber die Forderung, die er infolge der isolierten Pfändung des übertragbaren Alternativanspruchs einbüßte, nicht diesem Schutz, kann er gegen die Pfändung und Realisierung des Anspruchs durch einen Gläubiger nichts einwenden. Es ist zu bedenken gegeben worden, dass es an einer gesetzlichen Grundlage fehle, aufgrund derer dem Schuldner sein Wahlrecht entzogen werden könne.387 Betrachtet man die Wahlforderung allerdings allein aus Sicht des wahlberechtigten Vollstreckungsschuldners, kann dies nicht überzeugen. Denn aus seiner Perspektive ist die Wahlschuld zu behandeln, als sei sie ausschließlich auf pfändbare Einzelleistungen gerichtet, wenn Pfändungsschutz zu seinen Gunsten nicht besteht. In diesem Fall geht das Wahlrecht nach den oben beschrieben Grundsätzen auf den Pfändungsgläubiger über und kann von diesem ausgeübt werden. Dass nun eine Leistung zum Schutz des Drittschuldners unübertragbar ist, kann an der Rechtsposition des Schuldners nichts ändern und seinen Belangen kein größeres Gewicht verleihen. Andernfalls bestünde in der Tat die von Marcus erwähnte Möglichkeit zur Vereitelung der Vollstreckung durch schlichte Begründung einer weiteren Forderung,388 die dann freilich an § 851 Abs. 2 ZPO zu messen wäre. Ohne dass die Wahlbefugnis einen Vermögensbezug aufweist, weil ihr entweder ein nach den §§ 850 ff. ZPO unpfändbares Vermögensrecht zugrunde liegt oder sich ihre Ausübung durch die unzulässige Begründung eines Schuldpostens negativ im Schuldnervermögen niederschlägt, ist sie allein nicht schützenswert.

(b)  Berücksichtigung von Drittschuldnerinteressen Auch schützenswerte Belange des Drittschuldners werden durch die isolierte Pfändung der übertragbaren Einzelleistung nicht betroffen. Sein Interesse, nur an den von ihm ausgewählten Vertragspartner zu leisten, das es rechtfertigt den Anspruch des Vollstreckungsschuldners als höchstpersönlich 387  So

Staudinger / Bittner, 2014, § 262 Rn. 25. DJZ 1907, Sp. 1084.

388  Marcus,



§ 6  Vollstreckung bei kreditorischer Kontoführung

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i. S. v. § 399 1. Alt. BGB, § 851 Abs. 1 ZPO aufzufassen, beschränkt sich auf die Alternativforderung, die der Gläubiger gerade nicht pfänden und realisieren will. Ein etwaiges Interesse des Drittschuldners daran, dem Schuldner eine bestimmte Art der Anspruchserfüllung zu teil werden zu lassen, kann bei der Beurteilung der Belange keine Beachtung erfahren, wenn schon die Dispositionsbefugnis des Schuldners selbst keinen Schutz verdient. (c) Zwischenergebnis Ist eine Wahlforderung i. S. v. § 262 BGB sowohl auf die Erbringung von pfändbaren als auch unpfändbaren Einzelleistungen gerichtet, kann ein Gläubiger des wahlberechtigten Wahlforderungsinhabers die Forderung beschränkt auf die vollstreckungstauglichen Einzelansprüche pfänden, wenn die übrigen lediglich im Interesse des Drittschuldners unpfändbar sind. bb)  Übertragung auf den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag Diese Grundsätze lassen sich auf die Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag übertragen. Der Anspruch ist seiner gesetzlichen Ausgestaltung nach auf eine vom Kontoinhaber durch Zahlungsauftrag zu konkretisierende Zahlungsdienstleistung gerichtet. Schützenswerte Belange des Bankkunden, wegen derer die Pfändung des Anspruchs ausschiede, sind abgesehen von dem gesetz­ lichen Pfändungsschutz, namentlich für ein Guthaben auf einem P-Konto nach § 850k ZPO, nicht ersichtlich. Zugunsten der Bank ist jedoch anzunehmen, dass der Ausführungsanspruch insoweit höchstpersönlich ist, wie er auf die Erbringung unbarer Zahlungsdienstleistungen für den Kontoinhaber gerichtet ist.389 Zwar ist auch die Barauszahlung ein geschäftsbesorgungsrechtlicher Zahlungsvorgang. Für den Zahlungsdienstleister macht es indes keinen Unterschied, ob er an den Kontoinhaber selbst oder an einen seiner Gläubiger auszahlt. Nach den zur Wahlschuld herausgearbeiteten Grundsätzen kann ein Gläubiger des Kontoinhabers den Ausführungsanspruch des Schuldners inhaltlich beschränkt auf Auszahlung eines Zahlungsbetrags pfänden. Der Übertragung der Grundsätze zur Wahlschuld steht nicht entgegen, dass sich der Inhalt des Ausführungsanspruchs aus dem Gesetz ergibt und nicht auf vertraglicher Vereinbarung der Parteien beruht. Dies hindert es 389  Dazu

bereits oben § 6 B. II. 3. b).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

lediglich, den Anspruch materiell-rechtlich als reinen Zahlungsanspruch aufzufassen oder ihn vollstreckungsrechtlich gem. § 851 Abs. 2 ZPO auf eine bloße Geldforderung zu reduzieren. Der hier befürwortete dogmatische Lösungsansatz trägt der gesetzlichen Fixierung durch eine schutzzweckspezifische Interpretation des Pfändungsausschlusses gem. § 851 Abs. 1 ZPO Rechnung, wie sie auch für eine Wahlschuld angezeigt ist, bei der sich der Anspruchsinhalt ebenfalls nicht auf den pfändbaren Kern beschränken lässt, selbst wenn die Alternativität von Leistungsansprüchen vertraglich vereinbart wurde. 5.  Auswirkungen der Pfändung des Ausführungsanspruchs auf die Sicherungsfunktion des Kontokorrents Der Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i.  V.  m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ist als Auszahlungsanspruch pfändbar und verwertbar. Ist auch rechtlich grundsätzlich zwischen kontokorrentrechtlicher und girovertraglicher Ebene des bankvertraglichen Vertragsgefüges zu unterscheiden, zeitigt dieser Befund Auswirkungen auf die Sicherungsfunktion des Kontokorrents. Der girovertragliche Ausführungsanspruch ermöglicht es dem Bankkunden, in Höhe des rechnerischen Überschusssaldos auch während einer laufenden Kontokorrentperiode zu disponieren. Dabei wird nicht etwa die grundsätzlich umfassende Kontokorrentbindung unmittelbar beschränkt, sondern dem Kontoinhaber vielmehr ein originärer Ausführungsanspruch eingeräumt, der ihm Verfügungen ausschließlich nach Maßgabe des Zahlungsdiensterahmenvertrags gestattet. Pfändet ein Gläubiger diesen Anspruch, kann die Bank sich seinem Zahlungsverlangen nicht unter Berufung auf die Kontokorrentbindung erwehren. Diesem Einwand hat sie sich durch die Einräumung und in Form des girovertraglichen Ausführungsanspruchs begeben.390 Infolge der Pfändung darf der Kontoinhaber über diesen Anspruch nicht mehr verfügen, § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO, und ist der Bank als Drittschuldnerin untersagt, an den Schuldner zu leisten, § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO. Betrachtet man die Auswirkungen, die die Pfändungsgebote des § 829 Abs. 1 ZPO auf die kontokorrentrechtliche Geschäftsabwicklung zeitigen, wird offenbar, dass mit der Anerkennung der Pfändbarkeit des girovertraglichen Ausführungsanspruchs – gleiches gilt auch, wenn man diesen Anspruch mit der einhelligen Rechtsauffassung als schlichten Zahlungsanspruch für pfändbar erachtet – eine über § 357 HGB hinausgehende Beschränkung der kontokor390  s. zu diesem Gedanken auch bereits oben § 6 A. I. 3. zum Verhältnis von AGB-Pfandrecht und Pfändungspfandrecht an dem Tagessaldo bzw. dem girovertraglichen Ausführungsanspruch.



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rentrechtlichen Sicherungswirkung einhergeht. Anders als nach § 357 HGB vermag ein Gläubiger durch Pfändung des Ausführungsanspruchs nicht lediglich Zugriff zu nehmen auf den gegenwärtigen Zustellungssaldo, sondern (jedenfalls)391 auf sämtliche künftigen Aktivsalden. Auf diese Weise wird die Unpfändbarkeit der „gelähmten“ Rechnungsposten in einem Periodenkontokorrent nahezu umfassend kompensiert. Gewährt § 357 HGB dem Befriedigungsinteresse des Pfändungsgläubigers nur bezüglich des Zustellungssaldos Vorrang vor dem Sicherungsinteresse der Kontokorrentparteien, tritt dieses nach der Pfändung des Ausführungsanspruchs bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers gänzlich zurück.392 Während § 357 HGB die Möglichkeit zur saldomindernden Einstellung der Pfändung nachfolgender Sollposten nur zum Schutz des Zustellungssaldos beschränkt, hindert die Pfändung des Ausführungsanspruchs die Bank bis zur Tilgung der Gläubigerforderung an der Verrechnung erst später auf Anweisung des Schuldners entstandener Debetposten. Erkennt man die Pfändbarkeit des girovertraglichen Ausführungsanspruchs an, versagt man den Parteien die Valutierung des gegenwärtig gelähmten Guthabens bzw. zukünftiger Aktivsalden zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers und spricht der Kontokorrentsicherung insoweit ihre Geltung ab.

C. Zusammenfassung: Die Pfändung in ein kreditorisch geführtes Girokonto Weist das Girokonto einen kreditorischen Saldo auf, kann ein Gläubiger des Kontoinhabers dessen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag als Auszahlungsanspruch pfänden und verwerten. Entgegen der heute einhelligen Rechtsauffassung ist dieses Ergebnis dogmatisch allerdings nicht damit zu erklären, dass ein Kontoguthaben materiell-rechtlich einen bloßen Auszahlungsanspruch gewährte bzw. die Dienstleistungskomponente des Anspruchs schlicht hinter den Zahlungsanspruch zurücktrete. Vielmehr war eine Lösung zur Handhabung des nunmehr gesetzlich fixierten Ausführungsanspruchs auf vollstreckungsrechtlicher Ebene zu suchen. Der Pfändung dieses Anspruchs steht das grundsätzlich vorrangige AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB391  Inwieweit der Ausführungsanspruch pfändbar ist, wenn ihm eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB als Deckungzusage zugrunde liegt, ist unter § 7 zu untersuchen. 392  BGHZ 84, 325, 332, vergleicht die Pfändung des Tagessaldos deshalb auch insoweit zutreffend mit der täglichen Ausbringung einer Pfändung des Zustellungssaldos nach § 357 HGB.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Spk an einem Kontoguthaben nicht entgegen, sofern eine zu sichernde Forderung gegenwärtig nicht besteht. Neben der beschränkten Pfändung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag kommt eine (Hilfs-) Pfändung des Überweisungsanspruchs nicht in Betracht. Einerseits ist die Existenz eines solchen Anspruchs neben dem Ausführungsanspruch materiell-rechtlich nicht anzuerkennen. Auf Grundlage der herrschenden Meinung besteht andererseits zusätzlich zu der Pfändung des Tagessaldos kein Bedürfnis für die Pfändung des Überweisungsanspruchs. Gleiches gilt für den Anspruch auf Gutschrift eines Zahlungseingangs, der sich nunmehr als Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags aus § 675t Abs. 1, 2 BGB ergibt. Kann auch der Kontoinhaber vermittels dieses Anspruchs einzig Gutschrift auf seinem Konto verlangen, besteht die allenthalben erkannte Gefahr, dass er zuvor anderweitig über diesen Anspruch verfügt, tatsächlich nicht. Räumt der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsempfänger schon vor Gutschrift Dispositionsbefugnis über einen dem Zahlungseingang entsprechenden Betrag ein, handelt es sich hierbei materiell-rechtlich nicht mehr um den Anspruch aus § 675t Abs. 1, 2 BGB. Vielmehr gewährte er seinem Kunden damit vorgreiflich einen Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs, der dann aber nicht lediglich einer Hilfspfändung unterliegt.

§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie Als Folge der auf ein im Guthaben geführtes Konto beschränkten Wirkungen der Tagessaldopfändung verlagerte sich die Diskussion im Nachgang zu den Entscheidungen des BGH aus dem Jahr 1982 auf Möglichkeiten der Vollstreckung in ein debitorisches Konto. Zunächst hatte der BGH die sog. geduldete Kontoüberziehung, bei der eine Bank Zahlungsbegehren des Kontoinhabers Folge leistet, obwohl sie mangels ausreichender Kontodeckung hierzu nicht verpflichtet ist,393 mit Entscheidung vom 24.01.1985 für unpfändbar erklärt.394 Daraufhin entbrannte in der Folgezeit eine äußerst kontrovers geführte Auseinandersetzung über die Frage, ob ein Gläubiger einen dem Schuldner gewährten Dispositionskredit pfänden und zur Befriedigung seiner Forderung verwerten kann. Die Diskussion beendeten zwei Entscheidungen des BGH aus 2001395 und 2004396. Hiernach kann ein 393  Vgl.

ausführlich zur Pfändbarkeit der geduldeten Überziehung § 8 B. 93, 315. 395  BGHZ 147, 193. 396  BGHZ 157, 350. 394  BGHZ



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie229

Dispositionskredit nur insoweit gepfändet und verwertet werden, wie der Schuldner diesen selbst durch Abruf der Kreditlinie in Anspruch nimmt. War damit auch Rechtsklarheit für die Praxis erzielt worden, ist die Kritik an dieser Rechtsauffassung zum Teil bis heute nicht abgerissen. Sie entzündet sich einerseits an den praktischen Folgen der teilweisen Pfändbarkeit eines Dispositionskredits. So bewirke die Pfändung einer Kreditlinie eine faktische Kontoblockade und nehme dem Vollstreckungsschuldner so die Möglichkeit zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr.397 Bedenken bestehen andererseits im Hinblick auf die rechtsdogmatische Umsetzung des vom BGH erzielten Ergebnisses. Diese muss sich an den unter § 3 und § 4 herausgearbeiteten Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts und der Forderungsvollstreckung gem. §§ 829 ff. ZPO messen lassen.398

A. Terminologie Bislang hat sich eine einheitliche Terminologie für die beiden unterschiedlichen Arten der Kreditierung auf einem Girokonto399 – Dispositionskredit einerseits und geduldete Überziehung andererseits – nicht herausgebildet.400 Entsprechend der Bezeichnung in den novellierten Verbraucherdarlehensvorschriften soll im Folgenden zwischen der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB, die wie bislang überwiegend401 und im Fortgang synonym als Dispositionskredit bezeichnet wird, und der geduldeten Überziehung i. S. v. § 505 BGB unterschieden werden.402 Auch wenn die Vorschriften der §§ 504, 505 BGB unmittelbar nur die Kreditbeziehung zwischen einem Unternehmer i. S. v. § 14 BGB und einem Verbraucher i. S. v. § 13 BGB regeln, eignen sie sich gleichwohl allgemein als Anhalts397  Hierzu

näher unten unter § 7 E. I. ausführlich unter § 7 E. II. 399  Die folgenden Ausführungen widmen sich ausschließlich der Darlehensgewährung im Wege der üblichen Ein-Konto-Methode. Im Unterschied zur sog. ZweiKonten-Methode, bei der die Valuta dem Kunden i. S. v. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB ausgezahlt wird, indem sie dessen Girokonto als Aktivposten gutgeschrieben und einem gesonderten Darlehenskonto belastet wird, wird bei der Ein-Konto-Methode lediglich ein Kreditrahmen auf dem Girokonto festgelegt, bis zu dem der Kunde das Konto überziehen kann; vgl. Erman, in: GS R. Schmidt (1966) S. 261, S. 273; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 181; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 465. 400  Bisher fasste § 493 BGB a. F. wie zuvor schon § 5 VerbrKrG beide Darlehens­ typen unter dem Begriff „Überziehungskredit“ zusammen; vgl. Schuschke, ZIP 2001, 1084 f.; E. Wagner, WM 1998, 1657 f. m. w. N. 401  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 67; Scholl, DZWIR 2005, 353, 354. 402  Kritisch zu diesen Begrifflichkeiten Jungmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 81a Rn. 106. 398  Hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

punkt für die bislang vermisste einheitliche Terminologie. Die Begriffe „Überziehungsmöglichkeit“ und „geduldete Überziehung“ verdeutlichen zudem die mit der Darlehensgewährung auf einem Kontokorrentkonto einhergehenden Besonderheiten im Vergleich zu einem herkömmlichen Gelddarlehen nach § 488 BGB.403

B.  Die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. §  504 BGB Im Rahmen einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB gewährt ein Kreditinstitut einem Kunden die Möglichkeit, sein laufendes Konto zu überziehen, indem es sich verpflichtet, Zahlungsvorgänge zu seinen Gunsten trotz fehlenden rechnerischen Kontoguthabens auf Anfordern hin bis zur Höhe des vereinbarten Kreditlimits auszuführen. Mit der Einräumung einer Überziehungsmöglichkeit verzichtet das Kreditinstitut mithin darauf, einen Zahlungsauftrag mangels Kontodeckung gem. § 675o Abs. 2 BGB abzulehnen.404 Der Verpflichtung zur Kreditgewährung auf Abruf kann das Kreditinstitut nur noch dadurch entgehen, dass es den Dispositionskredit gem. § 490 BGB oder Nr. 19 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 26 AGB-Spk kündigt.405 Soweit der Kontoinhaber den Kreditrahmen noch nicht ausgeschöpft hat, spricht man von einer „offenen Kreditlinie“.406 Die vertragliche Grundlage für die Gewährung einer Überziehungsmöglichkeit bildet der sog. Krediteröffnungsvertrag. I.  Merkmale des Krediteröffnungsvertrags Der Krediteröffnungsvertrag hat sich als eigenständiger Vertragstypus aus den Bedürfnissen der bankvertraglichen Praxis entwickelt, denen die (geld-) darlehensrechtlichen Vorschriften im BGB nicht vollumfänglich gerecht wurden.407 Den Gegenstand eines Krediteröffnungsvertrags bildet nicht notwendigerweise die Gewährung eines Gelddarlehens. Neben der effektiven Kreditgewährung, die darauf gerichtet ist, dem Kreditnehmer Zahlungsmittel entweder befristet zu übereignen oder durch Vorleistung oder Stundung zu 403  Hierzu für die vereinbarte Überziehungsmöglichkeit unten § 7 F. I.; für die geduldete Kontoüberziehung § 8 B. 404  Vgl. hierzu bereits § 3 A. III. 405  Dazu noch unten § 7 D. I. 406  Vgl. BT-Drs. 16 / 12714, S. 19. 407  Vgl. Heise, Rn. 257; Peckert, S. 161; Regerbis, S. 57 f.; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 40.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie231

überlassen,408 kann er vielmehr auch einen Haftungskredit, wie einen Akzept- oder Avalkredit, zum Gegenstand haben.409 Durch einen solchen verpflichtet sich der Kreditgeber, einem Dritten für eine Verbindlichkeit des Kreditnehmers zu haften („Kreditleihe“).410 Die weitere Betrachtung beschränkt sich auf Darlehens-Krediteröffnungsverträge. Im Unterschied zu einem herkömmlichen Gelddarlehensvertrag gem. § 488 BGB ist der Krediteröffnungsvertrag dadurch gekennzeichnet, dass eine Valutierung nicht unmittelbar, sondern erst auf den Abruf des Darlehensnehmers hin erfolgt, zu dem dieser grundsätzlich nicht verpflichtet ist.411 Der Krediteröffnungsvertrag ist revolvierend ausgestaltet, d. h. er erledigt sich nicht mit der einmaligen vollständigen Inanspruchnahme durch den Kontoinhaber, sondern kann nach Rückführung eines Sollstands erneut in Höhe des Kreditrahmens ausgeschöpft werden.412 Die Rückzahlung eines Kontokorrentkredits erfolgt regelmäßig nicht zu einem bestimmten Termin, wie in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehen, oder nach Kündigung des Darlehensvertrags, § 488 Abs. 3 BGB, sondern bei Fortbestand der Kreditbeziehung durch laufende Zahlungseingänge auf dem Konto.413 In der beschriebenen Ausgestaltung befriedigt der Krediteröffnungsvertrag das Bedürfnis eines potentiellen Darlehensnehmers, jederzeit auf einen akuten Bedarf an freiem Kapital reagieren zu können.414 Dem trägt die bereits im Krediteröffnungsvertrag von der Bank übernommene Pflicht zur Darlehensgewährung Rechnung, die der Darlehensnehmer durch einseitige, gestaltende Erklärung konkretisieren kann und derer sich das Kreditinstitut nur durch Kündigung des Dispositionskredits entledigen kann. Bedürfte es in jedem Fall des Abschlusses eines neuen Einzeldarlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB, wäre es dem Kontoinhaber wegen der regelmäßig vorgeschalteten Bonitäts408  Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1195; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 75 Rn. 3. 409  Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1197; Einsele, § 4 Rn. 6; Lwowski / Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 14; ausführlich zu den unterschiedlichen Arten von Krediteröffnungsverträgen Stauder, S. 34 ff. 410  Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 75 Rn. 4; MünchKomm / Schürnbrand, BGB6, § 506 Rn. 31; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 396 ff. 411  Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 3; Kümpel / Wittig / Rossbach, Rn. 11.12; Stauder, S. 49. 412  Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1348; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 181; Stauder, S. 164 ff. 413  Graf v. Westphalen, WM 1995, 1209, 1216; Stauder, S.  170 f.; wegen dieser Modifikation soll die Überziehungsmöglichkeit nach Meincke / Hingst, WM 2011, 633, 637 f., „begriffslogisch“ nicht als Darlehen qualifiziert werden können. 414  Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1348; Früh, in: Hellner / Steuer, Rn. 3 / 9, 3 / 187; Stauder, S. 51.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

prüfung durch das Kreditinstitut oftmals nicht möglich, das benötigte Kapital in der gebotenen Kürze der Zeit zu erlangen. Darüber hinaus verschafft die verbindliche Kreditzusage dem Kontoinhaber Planungssicherheit und ermöglicht es ihm, seine zukünftige Geschäftstätigkeit unter Berücksichtigung dieser potentiellen Finanzausstattung auszurichten.415 Gegenüber dem Gelddarlehen i. S. v. § 488 BGB hat der Krediteröffnungsvertrag sowohl Vorteile für den Darlehensnehmer wie auch für den Darlehensgeber. So ist ersterer in aller Regel nicht zur Abnahme der Valuta verpflichtet, auf die die Verzinsungs- und Rückzahlungspflicht gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB folgt und die im unternehmerischen Geschäftsverkehr oftmals mit der Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung sanktioniert ist.416 Damit korrespondiert die Besserstellung der Bank als Darlehensgeberin, die die Valuta nicht mit einem Mal vollständig aus der Hand gibt. Für den Fall der nicht ausreichenden Besicherung trägt sie damit nicht das volle Ausfallrisiko in der Insolvenz des Darlehensnehmers, sondern kann durch Kündigung flexibler auf eine Vermögensverschlechterung reagieren.417 Zwar kann sie auch die vereinbarten Darlehenszinsen nur insoweit verlangen, wie das Darlehen bereits valutiert ist. Ein unternehmerischer Kreditnehmer hat allerdings regelmäßig bereits für die Gewährung der Kreditlinie eine Bereitstellungsprovision zu entrichten.418 II. Zustandekommen Die Einräumung einer Überziehungsmöglichkeit, mithin der Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags, bedarf keiner Form.419 In der Praxis erfolgt der Vertragsschluss in aller Regel nur im Kreditgeschäft mit Unternehmen nach vorangegangenen Verhandlungen und durch ausdrückliche (schrift­ liche) Einigung der Parteien.420 Die Vereinbarung einer Überziehungsmöglichkeit mit einem Privatkunden wird dagegen häufig dadurch eingeleitet, dass das Kreditinstitut auf dem Kontoauszug einen Kreditrahmen ausweist oder dem Kontoinhaber die Einräumung eines Dispositionskredits schriftlich lediglich mitteilt. In einer solchen einseitigen Kreditzusage liegt anders als in einem nur bankintern kalkulierten Kreditlimit ein – entgegen § 147 Abs. 2 Stauder, S. 19; Zeller, S.  92 f. ZInsO 1999, 64, 69; E. Wagner, JZ 1985, 718, 719; allg. hierzu Früh / Müller-Arends, in: Hellner / Steuer, Rn. 3 / 99 ff. 417  Vgl. zu den Kündigungsmöglichkeiten der Bank noch unten § 7 D. I. 418  Canaris, Bankvertragsrechtecht3, Rn. 1200; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 1, 6, unter Hinweis auf § 354 HGB; Stauder, S. 55. 419  Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 18. 420  Bitter, WM 2001, 889, 890; Grube, S. 73. 415  Vgl.

416  Jungmann,



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie233

BGB – dauerhaftes Angebot auf Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags, das der Kunde in der Regel durch erstmalige Inanspruchnahme annimmt.421 Gleichzeitig erfolgt durch diese erste Inanspruchnahme bereits in ihrem Umfang ein Abruf der Darlehensvaluta, aus der wiederum die Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht des Darlehensnehmers aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB resultiert.422 III.  Dogmatische Einordnung Herrscht heute über die Merkmale des Krediteröffnungsvertrags auch weitgehend Einigkeit, war seine dogmatische Einordnung lange Zeit umstritten. Dabei dokumentiert die nachfolgend nur kursorisch darzustellende Entwicklung der herrschenden Rechtsauffassung bereits die Schwierigkeiten, die die Umsetzung des bankwirtschaftlichen Phänomens einer Kredit­ linie mit den beschriebenen Merkmalen in rechtliche Kategorien bereitet und die sich insbesondere in der Erfassung der Wirkungen des Kreditabrufs niedergeschlagen haben.423 1. Darlehensvorvertrag Ursprünglich wurde der Krediteröffnungsvertrag verbreitet als Darlehensvorvertrag aufgefasst.424 Diese Qualifikation war in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass das Darlehen vor der Schuldrechtsmodernisierung namentlich von der Rechtsprechung als Realvertrag verstanden wurde,425 der erst mit der Hingabe der Darlehensvaluta zur Entstehung gelangte.426 Hatte das Kreditinstitut vorab eine spätere Darlehensgewährung vertraglich zugesichert, konnte hierin mangels Auskehr der Darlehensvaluta lediglich ein Vorvertrag erblickt werden, der dem Vertragspartner einen Anspruch auf Abschluss eines späteren Darlehensvertrags vermittelte.427 421  Felke, WM 2002, 1632, 1635; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 139; Regerbis, S. 18 ff.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 467. 422  E. Wagner, WM 1998, 1657, 1660, spricht deshalb in Anlehnung an die von Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 611, erkannte „Doppelwirkung des Abrufs“ in diesem Fall von der „dreifachen Funktion“ des Abrufrechts. 423  s. dazu unten § 7 C. III. 2. b). 424  Aus der älteren Kommentarliteratur etwa Soergel / Lippisch / Häuser, BGB11, Vor § 607 Rn. 52; Staudinger / Riedel, 11. Aufl. 1955, Vorbem. 5 vor § 607. 425  Zur Qualifikation eines Darlehensversprechens als Vorvertrag etwa RGZ 66, 359, 361; 77, 407, 408; 86, 323, 324. 426  Vgl. MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 16; Schönle, § 12 II 1 a) (S. 148); Stauder, S. 63; zur Realvertragstheorie noch ausführlich § 8 B. II. 1. a). 427  BGH WM 1962, 1264, 1265; WM 1962, 114, 115.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Nach der Schuldrechtsmodernisierung, die den Darlehensvertrag in § 488 BGB als Konsensualvertrag ausgestaltet hat,428 zwingt der Umstand, dass die Darlehensvaluta noch nicht an den Kreditnehmer ausgekehrt wurde, nicht mehr dazu, den Krediteröffnungsvertrag lediglich als Darlehensvorvertrag aufzufassen. Diese Qualifikation wird auch im Übrigen dem wirtschaftlichen Anforderungsprofil an einen Krediteröffnungsvertrag nicht gerecht. Zum einen verpflichtete ein Vorvertrag die Bank lediglich zum späteren Abschluss eines Darlehensvertrags. Der mutmaßliche Wille der Parteien ist indes auf die Begründung einer verbindlichen Pflicht zur Kreditgewährung bereits im Krediteröffnungsvertrag gerichtet, ohne dass hierzu eine erneute Willensentschließung des Kreditinstituts erforderlich sein soll.429 Zum anderen erledigte sich ein Vorvertrag mit Zustandekommen eines entsprechenden Hauptvertrags. Eine Überziehungsmöglichkeit wird jedoch regelmäßig revolvierend gewährt und kann von dem Bankkunden wieder in Anspruch genommen werden, soweit er einen Sollstand zurückgeführt hat.430 2.  Optionsvertrag Von Teilen der Literatur ist der Krediteröffnungsvertrag als Optionsvertrag und das Abrufrecht entsprechend als Optionsrecht ähnlich einem Wiederkaufsrecht gem. § 456 BGB qualifiziert worden.431 Durch einen solchen Optionsvertrag verpflichtet sich der Optionsgeber bereits verbindlich zum Abschluss des Hauptvertrags zu vorher festgelegten Konditionen.432 Anders als im Rahmen eines Vorvertrags hängt der Abschluss des Hauptvertrags folglich nicht mehr von einer Willensentscheidung beider Vertragsparteien ab. Der Optionsnehmer kann diesen vielmehr allein durch Ausübung der Option zustande bringen, ist jedoch hierzu in der Regel nicht verpflichtet.433 Entspricht auch die Einordnung als einseitig bindender Optionsvertrag dem bankwirtschaftlichen Anforderungsprofil des Krediteröffnungsvertrags,434 428  Vgl.

hierzu nur BT-Drs. 14 / 6040, S. 252 f. Bankvertragsrecht3, Rn. 1203; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 10; Peckert, S.  163 f.; Schmies, S.  23 f.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 411. 430  Erne, in: Claussen, § 5 Rn. 12; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 13; Peckert, S.  163 f.; Stauder, S. 76. 431  Peckert, S.  169 ff.; ders., ZIP 1986, 1232, 1237 ff.; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 43 („Rahmen-Optionsvertrag“). 432  Peckert, S.  170 f. 433  MünchKomm / Busche, BGB6, Vor § 145 Rn. 70; Staudinger / Bork, 2010, Vorbem. 73 zu § 145; s. zur Entwicklung des Optionsvertrags als eigenständiger Vertragstypus neben dem Vorvertrag Casper, S.  25 ff. 434  Peckert, S. 172; dies eingestehend auch Stauder, S. 66. 429  Canaris,



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie235

hat diese Sichtweise überwiegend Ablehnung erfahren.435 So entspreche es nicht dem Parteiwillen, dass für die tatsächliche Kreditgewährung neben dem Krediteröffnungsvertrag noch ein weiterer Vertrag abzuschließen sei. Die Kreditgewährung erfolge vielmehr „einstufig“, ihre causa bilde einzig der Krediteröffnungsvertrag.436 3.  Grund- oder Rahmenvertrag Heute wird der Krediteröffnungsvertrag gemeinhin als Grund- oder Rahmenvertrag aufgefasst437 und, sofern er die Gewährung eines Zahlungskredits zum Gegenstand hat, als atypischer Darlehensvertrag438 grundsätzlich den Regelungen der §§ 488 ff. BGB unterstellt.439 Der Krediteröffnungsvertrag ist Dauerschuldverhältnis, das den Zahlungsdienstleister zur dauerhaften Leistungsbereitschaft verpflichtet,440 und Grundlage für den Abschluss einer Vielzahl von Einzeldarlehensverträgen.441 Die Qualifikation als konkretisierungsbedürftiger Rahmenvertrag trägt dem Umstand Rechnung, dass der Krediteröffnungsvertrag revolvierend gewährt wird und sich anders als ein Vorvertrag nicht bereits durch einmaligen Abschluss des Hauptvertrags erledigt. Zudem berücksichtigt diese rechtliche Einordnung, dass der Kredit­ eröffnungsvertrag in Abweichung zu einem herkömmlichen Darlehensvertrag die eigentliche Kreditgewährung lediglich vorbereitet. 4. Zwischenergebnis Bei Lichte besehen schließen sich die beiden letzten Versuche dogmatischer Einordnung freilich nicht aus, sondern stimmen weitestgehend überein. Gegen die Qualifizierung als Optionsvertrag kann nicht überzeugend geltend gemacht werden, sie stehe in Widerspruch zum Parteiwillen, der auf 435  Stauder,

S. 98.

436  Stauder,

S.  66 f.; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 1; Zeller,

S.  66 f.; Zeller, S. 98. in: Claussen, § 5 Rn. 12; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 10; Einsele, § 4 Rn. 7; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 411; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 12. 438  So für die Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB BT-Drs. 16 / 11643, S. 89; kritisch hierzu Meincke / Hingst, WM 2011, 633, 637 f. 439  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, Bankgeschäfte Rn. G / 2; Palandt / Weidenkaff, BGB73, Vorb. v. § 488 Rn. 24; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 2, 14. 440  Stauder, S. 97. 441  BGHZ 83, 76, 81; Heise, Rn. 273; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 57; Stauder, S. 84. 437  Erne,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

eine „einstufige“ Kreditgewährung gerichtet sei.442 Denn einerseits vermittelt auch der Optionsvertrag bereits einen verbindlichen Anspruch auf Abschluss des späteren Hauptvertrags und andererseits bedarf auch ein Rahmen- oder Grundvertrag der Konkretisierung durch Abruf. Überdies stellt sich der Krediteröffnungsvertrag auch nicht als „typischer“ Rahmenvertrag dar. Denn ein solcher legt zwar die Bedingungen späterer Einzelverträge im Vorfeld fest. Mangels hinreichender Bestimmtheit kann aus ihm jedoch regelmäßig nicht auf Abschluss eines entsprechenden Vertrags geklagt werden.443 Insoweit entspricht eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit nach dem Grundverständnis der herrschenden Meinung eher einem Optionsvertrag. Diese Qualifikation wird an späterer Stelle auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts zu untersuchen sein.444 IV.  Trennungstheorie und Wirkung des Kreditabrufs Die Erfassung des Krediteröffnungsvertrags als zumindest tatsächlich zweistufiger Options- oder Rahmenvertrag wirft die nach wie vor nicht abschließend beantwortete Frage nach seinem Verhältnis zu den jeweiligen Einzeldarlehensverträgen auf. Nach der herrschenden Trennungstheorie445 ist zwischen beiden zu unterscheiden. Insbesondere hängt der Bestand der Einzeldarlehensverträge nicht von der Fortdauer des Krediteröffnungsvertrags ab, ebenso wie dies auch umgekehrt nicht der Fall ist.446 Das erkennen auch diejenigen an, die die Trennungstheorie als „rechtskonstruktivistisch“ kritisieren und sie als Auswuchs der überkommenen Realvertragstheorie ablehnen.447 Die Gegner der Trennung betonen demgegenüber in stärkerem Maße, dass der Krediteröffnungsvertrag selbst den Verpflichtungsgrund für die spätere Darlehensgewährung bilde.448 Dem stimmen wiederum auch diejenigen zu, die die grundsätzliche Trennung von Krediteröffnungsvertrag 442  Je nach vertraglicher Ausgestaltung wird auch ein Optionsvertrag tw. als einheitlicher, lediglich bedingter Hauptvertrag aufgefasst, s. hierzu Casper, S. 43 ff., mit Nachweisen, der selbst indes nicht der Einheitstheorie folgt (S. 58). 443  BGH NJW-RR 1992, 977, 978; Casper, S. 87; Henrich, S. 117; Staudinger / Bork, 2010, Vorbem. 57 zu § 145. 444  Ausführlich unten § 7 F. I. 445  Canaris, Bankvertragsrechtecht3, Rn. 1201; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn /  Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 15; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 413; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 15. 446  Vgl. die Nachweise in der vorangegangenen Fn. 445. 447  MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 58; kritisch zum lediglich „dogmatischen“ Theorienstreit Erne, in: Claussen, § 5 Rn. 13. 448  MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 58; Regerbis, S.  62 f.; Schmies, S.  23 ff.; Stauder, S. 74 ff., S. 83 ff.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie237

und den einzelnen Darlehensverträgen befürworten, und weisen zudem daraufhin, dass zwischen beiden ein enger Zusammenhang bestehe.449 Beide Ansichten unterscheiden sich daher bei der Beurteilung des Verhältnisses von Krediteröffnungsvertrag und Einzeldarlehensverträgen nur in ihrem grundsätzlichen Ausgangspunkt, kommen aber für zahlreiche Einzelfragen zu identischen Ergebnissen. Einigkeit besteht im Grundsatz auch darüber, dass die allgemeine Pflicht zur Darlehensgewährung aus dem Krediteröffnungsvertrag der Konkretisierung durch Abruf des Kontoinhabers bedarf. Der nicht eindeutigen Zuordnung des Krediteröffnungsvertrags zu einem Vertragstypus ist es allerdings geschuldet, dass die Ansichten über die rechtliche Wirkung des Abrufs auseinandergehen. Einerseits soll der Abruf den bereits im Krediteröffnungsvertrag angelegten, aber noch „verhaltenen“ Auszahlungsanspruch konkretisieren.450 Andererseits wird angenommen, ein Darlehensauszahlungsanspruch i. S. v. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB gelange mit dem Abruf erst zur Entstehung.451 Die divergierenden Ansichten wirken sich namentlich auf die dogmatische Begründung der bedingten Pfändbarkeit einer Kreditlinie aus. Auf sie ist daher an späterer Stelle einzugehen.452

C.  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie Nachfolgend sollen zunächst die nur noch in Einzelheiten umstrittenen Grundsätze zur Vollstreckung in eine offene Kreditlinie nachvollzogen und kritisch gewürdigt werden, wie sie sich aufgrund des herrschenden Verständnisses von der Rechtsnatur des Krediteröffnungsvertrags herausgebildet haben. Im Anschluss hieran ist ihre Fortgeltung unter Zugrundelegung der hier befürworteten Auffassung von der Kreditgewährung auf einem Kontokorrentkonto zu untersuchen.453 I.  Gegenstand der Vollstreckung in eine „offene Kreditlinie“ Als Gegenstand der Vollstreckung in eine offene Kreditlinie kommen auf Grundlage der Trennungstheorie – ungeachtet der angedeuteten Diskrepanzen im dogmatischen Verständnis des Krediteröffnungsvertrags und des Abrufrechts – grundsätzlich zwei Ansprüche des Kontoinhabers in Betracht. 449  Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn.  1202 (keine Verabsolutierung des Trennungsgrundsatzes); Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 13. 450  s. dazu unter § 7 C. III. 2. b) aa). 451  Zu dieser Ansicht unten unter § 7 C. III. 2. b) bb). 452  Vgl. hierzu unten § 7 C. III. 2. b). 453  Dazu unter § 7 F.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Einerseits wird ein Gläubiger Interesse daran haben, bereits den allgemeinen Anspruch auf Darlehensgewährung aus dem Krediteröffnungsvertrag in Höhe des nicht ausgeschöpften Kreditrahmens zu pfänden und Befriedigung seiner Forderung dadurch zu suchen, dass er selbständig das Abrufrecht des Schuldners ausübt. Andererseits erscheint der von der generellen Kreditzusage zu trennende Auszahlungsanspruch aus einem durch Abruf des Kontoinhabers konkretisierten Einzeldarlehensvertrag als taugliches Vollstreckungsobjekt. Im Folgenden ist daher zwischen der Situation vor und nach Abruf einer Kreditlinie zu differenzieren. II.  Pfändung des Darlehensauszahlungsanspruchs nach Abruf durch den Schuldner Über die Pfändbarkeit eines durch Abruf schon konkretisierten Darlehens­ auszahlungsanspruchs hatte der BGH bereits im Jahr 2001 zu befinden.454 Im konkreten Fall hatte das Finanzamt wegen rückständiger Steuerforderungen das Konto des Schuldners einschließlich etwaiger Ansprüche aus Kreditgewährung pfänden lassen. Nachdem der Schuldner anschließend weiter über die ihm eingeräumte Kreditlinie verfügt hatte, klagte das Finanzamt gegen die Bank auf Befriedigung der Steuerschuld, weil die Zahlungen an den Schuldner gegen § 829 Abs. 1 ZPO verstießen und ihr gegenüber gem. §§ 135, 136 BGB unwirksam seien. Der BGH konnte folglich eine Entscheidung über die Pfändung und Verwertung des allgemeinen Kreditgewährungsanspruchs vor Abruf dahinstehen lassen, weil der Schuldner den Dispositionskredit nach der Pfändung selbst in einem Umfang in Anspruch genommen hatte, der die titulierte Forderung des Finanzamts überstieg.455 Er musste sich indes mit der Frage der grundsätzlichen Vollstreckungstauglichkeit eines Darlehensauszahlungsanspruchs befassen, um die sich in wissenschaftlichem Schrifttum und instanzgerichtlicher Rechtsprechung spätestens seit BGHZ 93, 315 eine intensive Kontroverse entsponnen hatte, nachdem der BGH jedenfalls die geduldete Kontoüberziehung für unpfändbar deklariert hatte.456

454  BGHZ  147,

193. ließ der Senat bereits seine Sympathie für die in der Literatur vorgeschlagene vermittelnde Lösung (dazu sogleich unter § 7 C. III. 2.) erkennen, vgl. BGHZ  147, 193, 195. 456  Zur Vollstreckung im Fall einer geduldeten Kontoüberziehung ausf. § 8. 455  Gleichwohl



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie239

1.  Kapitalnutzungsanspruch auf Zeit, Umschuldung zu Lasten der Bank Gegen die Pfändbarkeit eines Darlehensanspruchs ist vorgebracht worden, dass dem Kreditnehmer an der ausgereichten Darlehensvaluta nur ein Nutzungsanspruch auf Zeit gewährt werde und er Eigentum an dem Auszahlungsbetrag nur belastet mit dem Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB erwerbe.457 Bilanziell trete daher ein Vermögenszuwachs auf Seiten des Vollstreckungsschuldners nicht ein.458 Gestatte man nun einem Gläubiger sich im Wege der Pfändung und Verwertung der Valuta endgültig zu befriedigen, würde ihm durch die Zwangsvollstreckung in unzulässiger Weise459 eine weitergehende Rechtsstellung eingeräumt als sie der Schuldner zuvor inne gehabt habe.460 Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach der Darlehensnehmer zwar rechtlich Eigentum erlange, der relevante Vermögenszuwachs sich aber auf die zeitweise Kapitalüberlassung beschränke, sei etwa auch bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Wucherdarlehen zu berücksichtigen.461 So ist in Fällen, in denen der Darlehensvertrag wegen wucherischer Verzinsung gem. § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist, anerkannt, dass § 817 S. 2 BGB nicht die Rückforderung der Darlehensvaluta an sich wegen des Sittenverstoßes des Darlehensgebers hindert. Die Leistung des Darlehensgebers wird vielmehr nur in der befristeten Kapitalüberlassung erblickt, so dass er lediglich für diese Leistung keine Wucherzinsen, wohl aber die Darlehensvaluta nach Ablauf des Nutzungszeitraums zurück verlangen kann.462 Zu erwägen sei daher allenfalls, ob der Gläubiger vor diesem Hintergrund den Anspruch des Schuldners auf zeitweise Kapitalüberlassung zwar nicht zum Zwecke der endgültigen Tilgung seiner Forderung pfänden könne, stattdessen aber Zugriff auf die 457  LG Münster WM 1984, 1312, 1313; Häuser, ZIP 1983, 891, 899 f.; Honsell, JZ 2001, 1143; Olzen, ZZP 97 (1984),  1,  7 f.; vgl. auch Stauder, S. 138. 458  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 270; Häuser, ZIP 1983, 891, 899. 459  Vgl. BGHZ 58, 28, im Hinblick auf Einwendungen des Drittschuldners gegen die Inanspruchnahme („Der Pfändungsgläubiger erhält vielmehr durch die Pfändung und die Zahlung keine bessere Stellung, als sie der Schuldner eingenommen hatte.“); hierauf verweist auch Häuser, ZIP 1983, 891, 900. 460  LG Münster, WM 1984, 1312, 1313, im Anschluss an Häuser, ZIP 1983, 891, 899 f.; Krüger, BGH-Report 2001, 440, 441; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 612; Rath, ZVI 2004, 386, 387. 461  MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn.  A 255; Rath, ZVI 2004, 386, 387. 462  RGZ 161, 52, 56; BGH WM  1962, 606; deutlich auch BGH ZIP  1994, 129, 132 („Als Leistung im Sinne dieser Vorschrift [§ 817 S. 2 BGB] sieht die Rechtsprechung nur solche Zuwendungen an, die nach dem – nichtigen – Vertragsverhältnis endgültig in das Vermögen des Empfängers übergehen sollten.“).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

zeitweilige Kapitalnutzungsmöglichkeit erlange mit der Folge, dass er dem Kreditinstitut am Ende der Laufzeit zur Rückzahlung verpflichtet wäre.463 In eine ähnliche Richtung weist der Einwand, der Gläubiger befriedige sich im Wege der Kreditlinienpfändung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise letztlich aus dem Vermögen der Bank. Soweit eine Gläubigerforderung aus einer Kreditlinie getilgt werde, erfolge tatsächlich eine Auswechslung der Gläubiger und damit eine (Zwangs-)Umschuldung zu Lasten des Kreditinstituts.464 Einer derart bilanziellen Betrachtungsweise hat die Gegenauffassung und ihr folgend der BGH465 einen für die Zwangsvollstreckung maßgeblichen juristischen Vermögensbegriff entgegengehalten.466 Anders als etwa die Miete, die als Vergleich für die nur zeitweise Nutzungsüberlassung bemüht worden ist,467 sei das Darlehen nicht bloß auf Besitzverschaffung gerichtet, sondern verpflichte § 488 Abs. 1 S. 1 BGB den Darlehensgeber zur Übereignung der Valuta.468 Die bereits im Darlehensvertrag angelegte Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, die mit Auskehr der Valuta betagt entsteht und erst mit Ende der Kreditlaufzeit oder Kündigung fällig wird,469 schmälere den Wert dieser Vermögensposi­ tion des Schuldners nicht. Denn eine Gegenleistungsverpflichtung des Vollstreckungsschuldners bleibe auch bei sonstigen gegenseitigen Schuldverhältnissen für die Bestimmung des Vollstreckungsgegenstands unberücksichtigt.470 So könne etwa der Pfändung eines Kaufpreisanspruchs zum Nomi463  Olzen, ZZP 97 (1984),  1,  8 f.; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 357 Rn. 6 meint, Vollstreckungsschuldner und -gläubiger hafteten dem Darlehensgeber nebeneinander für Rückzahlung und Zinsen; dagegen überzeugend Grund, S. 47 ff. 464  Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 611 f.; zust. Häuser, ZIP 1983, 891, 900; Rehbein, JR 1983, 111, 113; vgl. auch Bitter, WM 2004, 1109, 1115. 465  BGHZ 147, 193, 196. 466  Felke, WM 2002, 1632, 1637; Gaul, KTS 1989, 3, 11; Grund, S.  50 f.; Schmies, S.  32 f. 467  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 266; Häuser, ZIP 1983, 891, 900. 468  Gaul, KTS 1989, 3, 11; Luther, BB 1985, 1886, 1887; E. Wagner, JZ 1985, 718, 721 f.; auf die unterschiedliche Verteilung des Insolvenzrisikos bei Überlassungsverträgen und einem Darlehen als Verschaffungsvertrag weist in diesem Zusammenhang Zeller, S. 60 ff., hin. 469  Vgl. Bamberger / Roth / Rohe, BGB3, § 488 Rn. 34; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1318, 1330; Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 488 Rn. 9; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 167; a. A. für Anspruchsentstehung mit Ende der Laufzeit oder Kündigung Derleder / Knops / Bamberger / Derleder, § 10 Rn. 14; Mülbert, AcP 92 (1992),  447,  464 f.; ders., WM 2002, 465, 469. 470  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 74; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 147.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie

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nalwert471 nicht die Pflicht des Vollstreckungsschuldners zur Übereignung und Übergabe der Kaufsache gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB entgegengesetzt werden.472 Gegenüber diesem Fall bestehe zwischen dem Auszahlungsanspruch und dem Rückzahlungsanspruch sogar eine losere materiell-rechtliche Verbindung, könne doch der Darlehensgeber nicht schon wegen seines späteren Rückzahlungsanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht an der Valuta geltend machen,473 sondern das Darlehen allenfalls kündigen, sofern die Rückzahlung gefährdet sei.474 Eine atypische Besserstellung des Pfändungsgläubigers dadurch, dass er auf das vermögenswerte Aktivum in Gestalt der Valuta zuzugreifen vermag, ohne dass ihm die spätere Rückzahlungsverpflichtung entgegengehalten werden könne, sei somit nicht auszumachen.475 In jüngerer Zeit ist darauf hingewiesen worden, dass die Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers als Internum zwischen Schuldner und Drittschuldner schon wegen des stark formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens, das die materielle Rechtslage weitgehend unbeachtet lasse und materielle Gegenrechte Dritter nur im Wege der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO berücksichtige, außer Acht zu lassen sei.476 Ähnlich war bereits zuvor argumentiert worden, dass die fehlende oder eingeschränkte Werthaltigkeit einer angeblichen Forderung des Schuldners nicht deren Pfändbarkeit hindere, sondern allenfalls Bedeutung erlange für die Frage der Verwertbarkeit.477 Dies werde bestätigt durch § 844 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift steht die Abhängigkeit von einer Gegenleistung nicht der Pfändbarkeit einer Forderung entgegen, sondern kann das Gericht auf Antrag an Stelle der Überweisung lediglich eine andere Art der Verwertung anordnen.478

471  Fritzsche, DStR 2002, 265, 267; Gaul KTS 1989, 3, 11; Lwowski / Bitter, WMFestgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 67. 472  Vgl. Nasall, NJW 1986, 168, 169; Scholl, DZWIR 2005, 353, 355 f.; s. auch Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 147; zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit des sog. „Nettovermögens“ im Zivilrecht Enneccerus / Nipperdey, AT Bd. 115, § 131 II 4 (S. 843); Wolf / Neuner, BGB AT10, § 26 Rn. 20 f. 473  BGHZ  147, 193, 196. 474  Zu den Kündigungsmöglichkeiten des Kreditinstituts ausf. unten § 7 D. I. 475  Vgl. auch Grund, S. 52; E. Wagner, JZ 1985, 718, 722. 476  Zeller, S. 57 ff.; allg. zur Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens Baur / Stürner / Bruns, Rn. 5.11; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 5 Rn. 39. 477  Grund, S. 49; kritisch hierzu Schmies, S.  30 f. 478  Der Hinweis auf § 844 Abs. 1 ZPO verfängt indessen nicht, weil es an der Vergleichbarkeit der dort geregelten Forderungen und einem Darlehensanspruch mangelt, hierzu noch unten § 7 E. II. 1. a).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

2.  Generelle Zweckbindung eines Darlehensauszahlungsanspruchs Verschiedentlich ist die Auffassung vertreten worden, nahezu jeder Darlehensgewährung liege eine zumindest stillschweigend vereinbarte Zweckbindung zugrunde, die Inhalt der geschuldeten Leistung sei und deshalb gem. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 1. Alt. BGB zur Unpfändbarkeit des Darlehensauszahlungsanspruchs führe.479 Eine entsprechende Zweckvereinbarung soll nach dieser Ansicht schon daraus folgen, dass die Bank dem Kontoinhaber einen Kredit stets nur mit der Maßgabe zur Verfügung stelle, dass dieser die Darlehensmittel gewinnbringend einsetze, um so eine Rückzahlung gewährleisten zu können.480 Eine solche Zweckabrede könne insbesondere im unternehmerischen Geschäftsverkehr regelmäßig unterstellt werden.481 Die Bank gewähre den Dispositionskredit gerade zur freien Verfügung des Darlehensnehmers, um dessen Finanzierungssituation zu stärken.482 Gestatte man die Pfändung des Darlehensauszahlungsanspruchs würde diese, einem jedem Dispositionskredit inhärente, Zweckbindung verfehlt.483 Die Abtretung und Pfändung sei dann vielmehr nur innerhalb der zuvor vereinbarten Zweckabrede zulässig. Bereits an anderer Stelle ist ausgeführt worden, dass nicht jede vertrag­ liche Zweckvereinbarung zwischen Schuldner und Drittschuldner einen Abtretungsausschluss gem. § 399 1. Alt. BGB begründet, weil eine Abweichung von der Zweckbindung eine Änderung des Leistungsinhalts bedeutete und ein Pfändungsverbot gem. § 851 Abs. 1 ZPO nach sich zieht.484 Andernfalls wäre es den Parteien ein Leichtes, bestimmte Vermögenswerte durch schlichte Vereinbarung dem Vollstreckungszugriff zu entziehen. Dem will § 851 Abs. 2 ZPO entgegenwirken, indem er an die bloße Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses gem. § 399 2. Alt. BGB nicht auch einen Ausschluss der Pfändung nach § 851 Abs. 1 ZPO knüpft, sofern nur der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterliegt.485 Beachtlich im Rahmen des § 851 Abs. 1 ZPO sollen deshalb nur solche Absprachen zwischen Schuldner und Drittschuldner sein, die eine treuhänderische Zweckbindung der Darlehensforderung begründen.486 Auch wenn die Anforderungen an 479  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 267 f.; Nasall, NJW 1986, 168 f.; Stauder, S.  137 ff.; Werner / Machunsky, BB 1982, 1581, 1584. 480  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 267 f. 481  Carl, DStR 1988, 765, 769; Stauder, S. 139; Werner / Machunsky, BB 1982, 1581, 1584. 482  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 213. 483  Bauer, DStR 1982, 280, 281; GK-HGB7 / Herget, § 357 Rn. 11 („erwägenswert“); Koch, JW 1933, 2757; Nasall, NJW 1986, 168 f.; Schönle, § 12 II 3a (S. 157). 484  Hierzu schon § 4 C. I. 1. 485  Hierzu schon § 4 C. II.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie

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einen treuhänderisch gewährten Kredit nach wie vor nicht höchstrichterlich präzisiert worden sind, muss eine solche Absprache zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer angesichts der Regelungsintention des § 851 Abs. 2 ZPO eine seltene Ausnahme bilden.487 Hierzu ist in jedem Fall eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien zu fordern.488 Ein herkömmlicher Dispositionskredit unterliegt indes in aller Regel keiner entsprechenden Zweckvereinbarung. Vielmehr gewährt das Kreditinstitut ihn zur freien Verfügung des Kontoinhabers.489 Schützenwertes Vertrauen der Bank in die Art und Weise der Mittelverwendung ist daher grundsätzlich nicht anzuerkennen. Es macht deshalb insoweit keinen Unterschied, ob der Kontoinhaber von der Kreditlinie Gebrauch macht, um einen Gläubiger freiwillig zu befriedigen, oder ob dieser sich zwangsweise Zugriff verschafft.490 486

3.  Höchstpersönlichkeit der Kreditgewährung aufgrund besonderen Vertrauensverhältnisses Einige Stimmen im Schrifttum haben die generelle Unpfändbarkeit eines Darlehensauszahlungsanspruchs damit begründet, dass die Darlehensbeziehung zwischen Kreditinstitut und Kontoinhaber auf einem besonderen Vertrauensverhältnis beruhe. Hieraus folge, dass der Auszahlungsanspruch höchstpersönlich sei491 und deshalb gem. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 1. Alt. BGB der Pfändung nicht unterliege.492 Dieser Argumentation ist jedoch zurecht die Gefolgschaft versagt worden.493 Die Annahme einer höchstpersönlichen Leistungspflicht i. S. v. § 399 486  Vgl. nur BGHZ  155, 75, 82; 147, 193, 197; ZIP 2002, 489, 490; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 851 Rn. 8 f.; Musielak / Becker, ZPO11, § 851 Rn. 6 jeweils m. w. N. 487  s. auch Bitter, WM 2004, 1109, 1114; für eine weitergehende Einschränkung des § 851 Abs. 2 ZPO bei einem einfachen Zweckdarlehen etwa noch Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1225; Stauder, S. 138. 488  Vgl. die Ausführungen zur Konkretisierung der Treuhandabrede bei Grund, S.  63 ff., und Zeller, S.  71 ff. 489  BGHZ  147, 193, 197; Bauer, DStR 1982, 280, 281 f.; Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, § 357 Rn. 10; Felke, WM 2002, 1632, 1637 f.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 355. 490  BGHZ  147, 193, 199; Scholl, DZWIR 2005, 353, 356. 491  Von der Höchstpersönlichkeit der Darlehensgewährung ist die von der herrschenden Meinung anerkannte Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts zu unterscheiden, dazu ausf. unten § 7 C. III. 2. 492  Bauer, DStR 1982, 280, 281 (für den Anspruch aus einem Darlehensvorvertrag); Koch, JW 1933, 2757; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 611; Sühr, WM 1981, 1149; Terpitz, WM  1979,  570,  574. 493  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 75; Olzen, ZZP 97 (1984), 1, 15 ff.; Schmies, S.  62 ff.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 356; E. Wagner, JZ 1985, 718, 723 f.; Zeller, S.  62 ff.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

1. Alt. BGB schützt den Drittschuldner davor, eine Leistung an eine andere Person als seinen Vertragspartner zu erbringen.494 Nun steht außer Zweifel, dass das Vertrauen des Kreditinstituts in die Bonität des Darlehnsnehmers bei der Gewährung eines Dispositionskredits von grundsätzlicher Bedeutung ist.495 Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die bloße Auszahlung eines Darlehens.496 So berührt die Pfändung und Überweisung des Darlehensauszahlungsanspruchs keine „höchstpersönlichen“ Belange der Bank als Drittschuldnerin.497 Denn auch wenn die Darlehensvaluta infolge der Vollstreckung an den Pfändungsgläubiger auszuzahlen ist, besteht der Darlehensvertrag doch unverändert zwischen dem Kreditinstitut und dem Schuldner fort und bleibt letzterer insbesondere zur Rück- und Zinszahlung verpflichtet.498 Ein schützenswertes Interesse der Bank, nicht einen anderen als den von ihr ausgewählten Vertragspartner aufgezwängt zu bekommen, ist insoweit nicht anzuerkennen. Allein der Verwendungszweck der Darlehensmittel ist aber schon nicht Gegenstand der Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kontoinhaber. 4.  Höchstpersönlichkeit des Darlehensauszahlungsanspruchs gem. § 613 S. 2 BGB Höchstpersönlichkeit und damit Unpfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs gem. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 1. Alt. BGB kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Darlehensgewährung im Rahmen eines Girovertrags erfolgt, der auf die Erbringung gem. § 613 S. 2 BGB höchstpersönlicher Bankdienstleistungen gerichtet ist. Dies lässt sich zwar nicht überzeugend damit begründen, dass bei der Auskehr eines Darlehensbetrags die Dienstleistungskomponente wie bei der Auszahlung eines rechnerischen Kontoguthabens hinter den materiell-rechtlich als schlichte Geldforderung zu qualifizierenden Anspruch aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB zurücktrete.499 Denn richtiger Ansicht nach verschafft auch die Einräumung der Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB dem Kontoinhaber zunächst 494  Vgl. in diesem Zusammenhang auch Olzen, ZZP 97 (1984),  1,  15 f.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 458. 495  Vgl. etwa Stauder, S. 53. 496  Dies betonen zurecht Jungmann, ZInsO 1999, 64, 70, und E. Wagner, JZ 1985, 718, 723 f. 497  Siehe bereits zur Pfändung des Ausführungsanspruchs § 6 B. 498  Diesel, JW 1933, 2503, 2504; Grund, S. 58; Stauder, S. 131; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 854. 499  So aber Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 263  f.; zust. Grund, S.  57 f.; Schmies, S.  67 ff.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie

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e­ inen konkretisierungsbedürftigen Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.500 Dieser Anspruch ist auf die Erbringung eines Zahlungsdienstes gerichtet und kann materiell-rechtlich nicht in einen reinen Zahlungsanspruch und eine Dienstleistungskomponente aufgespalten werden.501 Wie unter § 6 dieser Arbeit nachgewiesen steht der Umstand, dass der einheitliche Ausführungsanspruch überwiegend die Erbringung höchstpersönlicher Zahlungsdienstleistungen zum Gegenstand hat, seiner Pfändung jedoch insoweit nicht entgegen, als er auf Barauszahlung eines Guthabens gerichtet ist.502 Nichts anderes gilt, wenn die Kontodeckung als Voraussetzung des Ausführungsanspruchs nicht auf einem rechnerischen Guthaben, sondern auf einer Kreditzusage des Zahlungsdienstleisters beruht. III.  Pfändung und Verwertung des Kreditgewährungsanspruchs vor Abruf Begegnete die Pfändbarkeit eines abgerufenen Dispositionskredits im Nachgang der Entscheidung BGHZ 147, 193 auch keinen Bedenken mehr, konzentrierte sich die Diskussion in der Folgezeit auf die Frage, ob bereits der Krediteröffnungsvertrag dem Kontoinhaber einen solchen Anspruch vermittelt oder ob die Vollstreckung in die Kreditlinie nur insoweit statthaft ist, wie der Schuldner diese selbst abgerufen und damit konkretisiert hatte. Wirtschaftlich betrachtet stellte sich mithin die Frage, ob es dem Gläubiger möglich ist, die vollständige Kreditlinie zum Zwecke der Forderungsbefriedigung zu verwerten, und dem Schuldner im Wege der Forderungsvollstreckung ein „Gläubigertausch“ aufgezwungen werden kann. 1.  Bejahende Ansichten: Selbständige Verwertung der „offenen“ Kreditlinie durch den Vollstreckungsgläubiger Im Schrifttum ist die selbständige Ausschöpfung einer zuvor gepfändeten „offenen Kreditlinie“ durch den Vollstreckungsgläubiger mit unterschied­ licher Begründung bejaht worden. Keiner weiteren Vertiefung bedarf der vereinzelt gebliebene Vorschlag Grunskys, den Schuldner im Wege der Handlungsvollstreckung gem. § 888 ZPO zur Aufnahme eines Kredits in Höhe der titulierten Gläubigerforderung zu zwingen.503 Auch wenn er dabei 500  Hierzu 501  Zum

II. 1.

ausführlich noch unten § 7 F. I. Gegenstand des girovertraglichen Ausführungsanspruchs bereits § 6 B.

502  s. hierzu

503  Grunsky,

§ 6 B. II. 4. d). ZZP 95 (1982), 264, passim.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

einräumt, dass die unvertretbare Handlung nicht die Kreditaufnahme selbst, sondern die Tilgung der Gläubigerforderung sei, steht dieser Lösung entgegen, dass die Vollstreckung wegen einer Geldforderung sich ausschließlich nach den §§ 829 ff. ZPO bestimmt.504 Es kann deshalb nicht auf die Handlungsvollstreckung des § 888 ZPO zurückgegriffen werden, um den Schuldner zur Kreditaufnahme zu verpflichten und einen über die §§ 829 ff. ZPO hinausgehenden Vollstreckungszugriff zu begründen.505 Andernorts ist die Auffassung vertreten worden, das Abrufrecht werde als unselbständiges Nebenrecht mit der Hauptforderung, also dem Kreditverschaffungsanspruch, gem. §§ 835, 836 ZPO „mitgepfändet“,506 oder sei jedenfalls selbständig pfändbar, so dass der Vollstreckungsgläubiger es gegenüber der Bank zum Zwecke der Realisierung des Darlehensanspruchs geltend machen könne.507 In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung508 und im Schrifttum509 ist die Pfändung der auf dem Konto bereitgestellten Überziehungsmöglichkeit teilweise generell befürwortet worden, sofern der Kredit einer Zweckbindung nicht unterliege. 2.  Herrschende Meinung: Abrufrecht als höchstpersönliches Recht des Schuldners Demgegenüber hat sich der BGH im Jahr 2004 der von Eberhard Wagner510 begründeten, im Schrifttum bereits zuvor vorherrschenden Gegenauffassung511 angeschlossen und ausgeführt, dass vor Abruf der Kreditlinie durch den Schuldner selbst kein Auszahlungsanspruch bestehe, den ein 504  Vgl.

allgemein zum numerus clausus der Vollstreckungsarten § 4 A. II. 1. Plehwe, § 19 Rn. 28 a. E.; Felke, WM 2002, 1632, 1636; Gaul, KTS 1989, 3, 19 f.; Olzen, ZZP 97 (1984), 1, 14; Schmies, S.  108 ff.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 364; E. Wagner, JZ 1985, 718, 722 f.; Zeller, S.  32 ff. 506  Allgemein zum Übergang unselbständiger Nebenrechte, die der Gläubiger zu Befriedigungszwecken nach Pfändung und Überweisung der Hauptforderung anstelle des Schuldners ausüben kann, etwa Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 835 Rn. 14 ff.; Zöller / Stöber, ZPO30, § 836 Rn. 4; s. auch bereits § 4 B. II. 507  OLG Köln ZIP 1983, 810, 811; Luther, BB 1985, 1886, 1888; eingehend Grund, S. 93 ff.; hiergegen Zeller, S.  109 ff. 508  OLG Stuttgart HRR 1928, 1523; LG Düsseldorf JurBüro 1985, 470; LG Itzehoe WM 1988, 230. 509  Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 179; Carl, DStR 1988, 765, 769; Diesel, JW 1933, 2503, 2504; auch Grunsky, JZ 1985, 490, 491 f. 510  E. Wagner, JZ 1985, 718, 720 f.; ders., ZIP 1985, 849, 854. 511  Vgl. etwa schon LG Hamburg NJW 1986, 998; Bach, Jura 2002, 833, 834 ff.; Fritzsche, DStR 2002, 265, 269; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 70 f.; Klose, MDR 2002, 186, 189 f.; Ploch, DB 1986, 1691, 1963 f.; Röhricht / Graf von Westphalen / C. Wagner, HGB4, § 357 Rn. 6; E. Wagner, WM 1998, 1657 ff. 505  Derleder / Knops / Bamberger / v.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie

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Pfändungsgläubiger zu seinen Gunsten verwerten könne.512 Dieses Ergebnis wirft Fragen nach der Rechtsnatur des Abrufrechts und der Wirkung des Abrufs auf die bereits im Krediteröffnungsvertrag verbindlich übernommene Pflicht zur Darlehensgewährung auf. a)  Das Abrufrecht als höchstpersönliches, inhaltsausfüllendes Gestaltungsrecht Übereinstimmend wird das Abrufrecht heute als inhaltsausfüllendes Gestaltungsrecht513 aufgefasst, das vergleichbar sei mit dem Wahlrecht des Gläubigers gem. § 262 BGB oder dem einseitigen Bestimmungsrecht einer Partei gem. § 315 BGB.514 Mittlerweile wird nicht mehr bestritten, dass der Abruf einer Kreditlinie eine höchstpersönliche Befugnis des Schuldners ist, die weder gem. §§ 835, 836 ZPO mit der Pfändung des Kreditgewährungsanspruchs auf den Gläubiger übergeht515 noch als selbständiges Vermögensrecht gem. § 857 ZPO gepfändet werden kann.516 Seine Ausübung markiert nach allgemeiner Ansicht vielmehr eine auch vollstreckungsrechtlich zu berücksichtigende Zäsur.517 Die Höchstpersönlichkeit der Abrufbefugnis wird dabei übereinstimmend aus der Doppelwirkung seiner Ausübung gefolgert, die einerseits die allgemeine Pflicht zur Darlehensgewährung aus dem Krediteröffnungsvertrag der Höhe nach konkretisiere, andererseits aber wegen der gleichzeitigen Inanspruchnahme des Darlehens den Schuldner zur Rückzahlung gegenüber dem Kreditinstitut verpflichte.518 Eine derartige, in den Händen eines Vollstre512  BGHZ

157, 350, 356. zu „inhaltsausfüllenden Gestaltungsrechten“ Bötticher, in: FS Dölle (1963), S. 41, S. 51. 514  BGHZ 157, 350, 355; instruktiv Stauder, S.  78 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1205; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 28; Gaul, KTS 1989, 3, 16; Grund, S. 41 f.; Heise, Rn. 269; Stöber, Rn. 117. 515  Grube, S.  168 ff.; Olzen, ZZP 97 (1984), 1, 11 ff.; dezidiert Schmies, S.  81 ff. 516  So insbesondere Peckert, S. 174 ff.; ders., ZIP 1986, 1232, 1238 f., der den Dispositionskredit als Optionsvertrag einordnet (dazu schon oben § 7 B. III. 2.) und folgerichtig die selbständige Pfändbarkeit des Abrufrechts untersucht und ablehnt; s. auch Gaul / Rosenberg / Schilken, § 34 Rn. 18; Schmies, S. 106; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 37; vgl. zum Erfordernis eines eigenständigen Vermögenswerts für die Vollstreckung nach § 857 ZPO bereits § 4 B. I. 517  LG Hamburg NJW 1986, 998; Affentranger-Brunner, S. 77; Felke, WM 2002, 1632, 1636; Fritzsche, DStR 2002, 265, 269; Gaul, KTS 1989, 3, 18; Münch, S. 198; Nasall, NJW 1986, 168, 169; Peckert, ZIP 1986, 1232, 1238 f.; Schuschke, ZIP 2001, 1084, 1087 f.; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, Anh. zu § 829 Rn. 4. 518  BGHZ 157, 350, 356; Affentranger-Brunner, S.  83 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1225; Gaul, KTS 1989, 3, 17 f.; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71; Ploch, 513  Erstmals

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

ckungsgläubigers fremdwirkende Verpflichtungsermächtigung sei dem materiellen deutschen Zivilrecht unbekannt und könne dem Gläubiger deshalb auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung zu teil werden.519 Sie bedeute einen unzulässigen Eingriff in die (negative) Privatautonomie des Schuldners, dem auf diese Weise ein ungewolltes Schuldverhältnis mit der Folge der Rückzahlungsverpflichtung gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB aufgezwungen würde.520 b)  Wirkung des Kreditabrufs Herrscht damit auch Einigkeit darüber, dass ein Gläubiger eine offene Kreditlinie nicht selbständig abrufen und zu seinen Gunsten verwerten kann, wird die Wirkung des Abrufs auf die allgemeine Kreditverpflichtung der Bank unterschiedlich beurteilt. Wegen der Übereinstimmung im praktischen Ergebnis unterbleibt zwar nicht selten eine Differenzierung zwischen beiden Begründungsanätzen.521 Will man jedoch beleuchten, ob und ggf. auf welche Weise dieses Resultat auch unter Geltung der novellierten Zahlungsverkehrsvorschriften begründet werden kann, ist eine Auseinandersetzung mit der Wirkung des Kreditabrufs unerlässlich. aa)  Verhaltener Auszahlungsanspruch im Krediteröffnungsvertrag Nach einer Ansicht, die die Einstufigkeit der Kreditgewährung in den Vordergrund rückt, wird durch Ausübung die im Krediteröffnungsvertrag bereits verbindlich übernommene, aber noch „verhaltene“522 Darlehensverpflichtung des Kreditinstituts lediglich inhaltlich konkretisiert, während der Auszahlungsanspruch seine Rechtsgrundlage weiterhin in dem allgemeinen Darlehensversprechen des Kreditinstituts findet.523 Der Abruf ist hiernach DB 1986, 1961, 1963; Scholl, DZWIR 2005, 353, 357; Schuschke, ZIP 2001, 1084, 1087 f.; Zeller, S. 107. 519  Vgl. Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 78 („singuläres Ereignis im deutschen Recht“); Felke, WM 2002, 1632, 1636; Gaul, KTS 1989, 3, 18 f. 520  BGHZ 157, 350, 356; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 78; Felke, WM 2002, 1632, 1636; Gaul, KTS 1989, 3, 18 f.; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 611; Stöber, Rn. 117; E. Wagner, JZ 1985, 718, 722. 521  Vgl. auch E. Wagner, WM 1998, 1657, 1660. 522  Als „verhalten“ werden gemeinhin solche Ansprüche bezeichnet, die zwar schon fällig sind, die der Schuldner aber erst nach Geltendmachung durch den Gläubiger erfüllen darf, vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, § 3 I 7 b (S. 56 f.); MünchKomm / Krüger, BGB6, § 271 Rn. 4. 523  Baumbach / Hopt / Hopt, HGB36, Bankgeschäfte Rn. G / 2; Gaul, KTS 1989, 3, 18; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609; Schürnbrand, AcP 204 (2004), 177, 199; Stau-



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie

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Akt zur Durchführung des im Hinblick auf Höhe und Art der Darlehensauszahlung unvollständigen Rahmenvertrags.524 Dieser Auffassung zu Folge ist der allgemeine Anspruch auf Kreditgewährung bereits taugliches Vollstreckungsobjekt und daher als gegenwärtige Geldforderung gem. § 829 Abs. 1 ZPO zu pfänden. Die Ausübung des Abrufrechts durch den Schuldner erlangt lediglich auf der Ebene des Vollstreckungsrechts Bedeutung für die Frage, ob der Pfändungsgläubiger die gepfändete Forderung selbständig verwerten kann.525 In diesem Sinne lassen sich auch die Ausführungen in der Entscheidung BGHZ 93, 315 zur Unpfändbarkeit der geduldeten Überziehung interpretieren. Dort verhält sich der BGH zur Pfändung von Ansprüchen aus der Kreditzusage selbst,526 an der es im Fall einer geduldeten Überziehung gerade mangele, und bezieht sich damit auf den ersten Blick auf einen allgemeinen Darlehensverschaffungsanspruch, wie ihn bereits der Krediteröffnungsvertrag gewährt. bb)  Partiell rechtskonstruktive Wirkung des Abrufs Nach überwiegender Auffassung wird dem Abrufrecht dagegen zumindest partiell rechtskonstruktive Wirkung beigemessen, ohne dabei jedoch die rechtliche Einstufigkeit des Krediteröffnungsvertrags grundsätzlich in Frage zu stellen. Wenn auch die generelle Verpflichtung zur Kreditgewährung schon aus dem Krediteröffnungsvertrag folge, soll ein konkreter Einzeldarlehensvertrag gem. § 488 BGB und ein hieraus resultierender Darlehensauszahlungsanspruch nach dieser Ansicht erst mit Ausübung des Abrufrechts zur Entstehung gelangen.527 Es kann hiernach der Darlehensauszahlungs­ anspruch aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB nur als zukünftige Geldforderung gem. der, S. 78 ff.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 413; s. auch Schmies, S. 81, nach dem mit Abruf zwar kein neuer Darlehensvertrag zustande kommt, „der Abruf aber in seinen praktischen Auswirkungen“ einem neuerlichen Vertragsschluss gleich zu behandeln sei. 524  BGHZ 83, 76, 81; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 59. 525  Instruktiv E. Wagner, JZ 1985, 718, 720; ders., WM 1998, 1657, 1659 ff.; ebenso Gaul, KTS 1989, 3, 18; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 34 Rn. 18; Grube, S. 84 f., S. 167 f.; Heise, Rn.  332 f.; Schmies, S. 117 ff.; sympathisierend, aber i. E. offen lassend Zeller, S.  102 ff. 526  BGHZ 93, 315, 324 f. 527  In diesem Sinne BGHZ 157, 350, 356; ZIP 2011, 1324 (Tz. 13); OLG Schleswig, NJW 1992, 579, 580; Canaris, Bankvertragsrechtecht3, Rn. 1216; Derleder /  Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 28; Felke, WM 2002, 1632, 1635 f.; GKHGB7 / Herget, § 357 Rn. 11; Klose, MDR 2002, 186, 187, 189; Kümpel / Wittig / Rossbach, Rn. 11.10; Palandt / Weidenkaff, BGB73, Vorb. v. § 488 Rn. 24; Staudinger /  Freitag, 2011, § 488 Rn. 43; Stöber, Rn. 116; nach der Ansicht Peckerts, S.  169 ff.; ders., ZIP 1986, 1232, 1237 ff., der die Kreditlinie als Optionsvertrag auffasst (dazu oben § 7 B. III. 2.), kommt durch Abruf erst ein Darlehensvertrag zustande.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

§ 829 Abs. 1 ZPO, die auf Anfordern des Kreditnehmers entsteht, gepfändet und dem Vollstreckungsgläubiger gleichzeitig zur Einziehung überwiesen werden.528 Vor der Inanspruchnahme der Kreditlinie fehlt es mithin aus materiell-rechtlichen Erwägungen an einem tauglichen Vollstreckungsgegenstand. In diese Richtung deuten die Aussagen des BGH in seiner Grundsatzentscheidung zur Unpfändbarkeit der Kreditlinie vor Abruf aus 2004, wenn er ausführt, dass „ein Anspruch auf Auszahlung erst durch den Abruf begründet“ wird und dass dies allein von der persönlichen Entscheidung des Schuldners abhänge.529 Zwar relativiert der IX. Senat diese Aussagen ein Stück weit, wenn er formuliert, dass bis zum Abruf noch kein Anspruch besteht, „der […] einem Pfändungsgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers die […] Kreditmittel auszahlen zu lassen.“530 Als Beleg dafür, dass der BGH die Pfändung einer Kreditlinie als Pfändung einer zukünftigen Geldforderung versteht, muss es aber gelten, dass er in dem Krediteröffnungsvertrag eine Rechtsbeziehung erkennt, „aus der die spätere Forderung nach ihrem Inhalt und der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann“, und damit die Anforderungen an die Pfändung einer zukünftigen Forderung anlegt.531 3. Zwischenergebnis An dieser Stelle kann zunächst festgehalten werden, dass die heute einhellige Rechtsauffassung die Vollstreckung in eine offene Kreditlinie lediglich insoweit zulässt, wie der Schuldner sie selbst durch Abruf eines Darlehensbetrags konkretisiert hat. Uneinigkeit herrscht jedoch in der Frage, wie sich dieses Resultat in den durch das Vollstreckungsrecht und die materiell-rechtlichen Vorschriften des Zahlungsverkehrsrechts gesetzten, rechtlichen Rahmen einfassen lässt. Der Mindermeinung zufolge soll sich die unbestrittene Zäsurwirkung des Abrufrechts auf Ebene des Vollstreckungsrechts als Verwertungshindernis realisieren. Die herrschende Ansicht, der der BGH folgt, setzt hingegen auf materiell-rechtlicher Ebene an, wenn sie ungeachtet der verbindlichen Zahlungszusage im Krediteröffnungsvertrag annimmt, ein vollstreckungsfähiger Auszahlungsanspruch i. S. v. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB entstehe erst mit einer entsprechenden Konkretisierung durch den Schuldner. 528  So OLG Schleswig NJW 1992, 579; LG Essen NJW-RR 2002, 553; Brox / Walker, Rn. 529; Früh / Müller-Arends, in: Hellner / Steuer, Rn. 3 / 200; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 144; Klose, MDR 2002, 186, 187; Ploch, DB 1986, 1961, 1964; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, Anh. zu § 829 Rn. 4; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 37; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 787. 529  Jeweils BGHZ 157, 350, 356. 530  BGHZ 147, 193, 195; ebenso BGHZ 157, 350, 356; ZIP 2011, 1324 (Tz. 13). 531  BGHZ 157, 350, 356; hierauf weist Zeller, S. 104, zurecht hin.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie251

D.  Gegenrechte des Kreditinstituts In der Diskussion um die Pfändbarkeit und Verwertbarkeit einer offenen Kreditlinie sind auch stets Einwände und Gegenrechte des Kreditinstituts erörtert worden, soweit dieses darauf gestützt die Befriedigung des Pfändungsgläubigers aus der Kreditlinie verweigern kann. Man kann der Bank allerdings nicht in jedem Fall ein Interesse an der Auszahlung der Darlehensvaluta an den Pfändungsgläubiger bzw. der Zahlungsausführung für den Vollstreckungsschuldner unter Nichtbeachtung der Kreditlinienpfändung absprechen. Ist der Kontoinhaber grundsätzlich liquide oder hat er ausreichende Sicherheiten bestellt, besteht für das Kreditinstitut nicht die Gefahr, mit seiner Rückzahlungsforderung auszufallen. Durch die „doppelte Auszahlung“ an Vollstreckungsschuldner und -gläubiger vermag die Bank daher in diesem Fall vielmehr ohne Risiko einen Zinsgewinn zu generieren.532 In den meisten Fällen wird das Kreditinstitut jedoch die Uneinbringlichkeit des Darlehensrückforderungsanspruchs fürchten und daher versuchen, die Auszahlung an den Pfändungsgläubiger zu vermeiden. Als mögliche Gegenrechte der Bank kommen grundsätzlich alle Einwendungen in Betracht, die ihr gegen den Vollstreckungsschuldner zustehen, wie die Kündigung der Kreditlinie und das in den AGB der Banken und Sparkassen formularvertraglich vereinbarte Pfandrecht. Entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 404 i. V. m. § 1275 BGB, nach dem der Drittschuldner durch die Vollstreckungsmaßnahme gegenüber dem Pfändungsgläubiger nicht schlechter gestellt werden darf, als er zuvor gegenüber dem Vollstreckungsschuldner stand, muss sich ein Vollstreckungsgläubiger die Gegenrechte aus der die gepfändete Forderung begründenden Rechtsbeziehung entgegenhalten lassen.533 Dabei reicht es aus, dass die jeweilige Einwendung im Zeitpunkt der Pfändung und Überweisung bereits dem Grunde nach in dem Schuldverhältnis zwischen Schuldner und Drittschuldner angelegt war. Nicht erforderlich ist es hingegen, dass bereits sämtliche Voraussetzungen des Einwendungstatbestands vorliegen, das Gegenrecht also schon voll wirksam ist und vor dem Forderungsübergang geltend gemacht werden könnte.534 Neben der Möglichkeit, die Kreditlinie nachträglich zu kündigen oder das AGB-Pfandrecht geltend zu machen, ist verschiedentlich der Abschluss des KrediteröffGrund, S. 163. in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 271; Gaul, KTS 1989, 3, 23; Olzen, ZZP 97 (1984), 1, 28; Schmies, S. 145 f.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 361. 534  Vgl. zu § 404 BGB etwa BGH WM  2004, 1601 (Einrede des nichterfüllten Vertrags gegenüber Zessionar); WM 1985, 1529 (wirksamer Rücktritt aufgrund eines entsprechenden Vorbehalts nach Abtretung); MünchKomm / Roth, BGB6, § 404 Rn. 10; Palandt / Grüneberg, BGB73, § 404 Rn. 4; Staudinger / Busche, 2012, § 404 Rn. 10. 532  Vgl.

533  Erman,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

nungsvertrags unter der auflösenden Bedingung der Pfändbarkeit der Kreditlinie, vgl. § 158 Abs. 2 BGB, erwogen worden, um eine Inanspruchnahme durch einen Vollstreckungsgläubiger zu vermeiden. I.  Kündigung der Kreditlinie Für die Beendigung eines Krediteröffnungsvertrags kann sich die Bank auf unterschiedliche Kündigungsrechte stützen, die sich zum einen aus § 490 Abs. 1 BGB und zum anderen aus den AGB der Banken und Sparkassen ergeben. Diese Kündigungsmöglichkeiten sollen nachfolgend nur insoweit Gegenstand der Untersuchung sein, wie sie eine offene Kreditlinie und damit die Zusage der Bank beseitigen, weitere Darlehen zu gewähren.535 Für die Zwecke der hier angestellten Überlegungen können indessen die Auswirkungen der Kündigung auf den bereits ausgeschöpften Disposi­ tionskredit und die dadurch bewirkte Fälligstellung von Rück- und Zinszahlungsansprüchen unberücksichtigt bleiben. 1.  Zeitpunkt der Kündigung Das Kreditinstitut kann eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit bis zum Zeitpunkt der Valutierung kündigen und sich seiner Auszahlungsverpflichtung mit Wirkung für die Zukunft entledigen.536 Praktische Relevanz erlangt die Möglichkeit, dem Vollstreckungsgläubiger auch nachträglich die gepfändete Forderung zu entziehen, in der Regel freilich nur, wenn man der Mindermeinung folgt, nach der bereits die allgemeine Kreditzusage gepfändet werden kann und der Abruf lediglich Verwertungsvoraussetzung ist.537 Die herrschende Meinung geht dagegen davon aus, dass Gegenstand der Pfändung ein Darlehensauszahlungsanspruch ist, der erst durch den Abruf des Kontoinhabers entsteht.538 Fällt die materiell-rechtliche Entstehung tatsächlich jedoch nahezu ausnahmslos mit der Auszahlung bzw. Ausführung eines bargeldlosen Zahlungsvorgangs zusammen, kommt eine nachträgliche Kündigung zur Beseitigung der Zahlungspflicht nach Abruf praktisch kaum einmal in Betracht. Die Bank ist jedoch nicht gehindert, den Krediteröff535  Vgl. auch Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 77 Rn. 10; zur Trennung zwischen der allgemeinen Darlehenszusage und den einzelnen Kreditgeschäften im Rahmen eines Krediteröffnungsvertrags bereits oben § 7 B. IV. 536  BGH ZIP 2004, 1547 (bankseitige Kündigung nach Abtretung des Darlehensanspruchs); Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 92; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 490 Rn. 15; Schmies, S.  151 ff.; E. Wagner, WM 1998, 1657, 1665. 537  s. zu einer möglichen Kündigungspflicht der Bank noch unten § 7 G. II. 538  Vgl. oben § 7 C. III. 2. b) bb).



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie253

nungsvertrag bei Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen schon vor Abruf bzw. dann noch nach dem Abruf zu kündigen, wenn zwischen diesem und der Vornahme der Zahlung ausnahmsweise eine längere Zeitspanne besteht. 2.  Fristlose Kündigung des Krediteröffnungsvertrags wegen (drohender) Verschlechterung des Schuldnervermögens § 490 Abs. 1 BGB erlaubt die fristlose Kündigung eines Darlehensvertrags, wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners oder aber der Werthaltigkeit der bestellten Sicherheiten zu besorgen ist oder einzutreten droht und aus diesem Grund die Darlehensrückzahlung gefährdet ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, gestattet die Norm die Darlehenskündigung im Zweifel stets, sofern die Valuta noch nicht ausgezahlt wurde, andernfalls nur in der Regel. Im Wesentlichen gleichlautend berechtigen Nr. 19 Abs. 3 2. Spiegelstrich AGB-Bk und Nr. 26 Abs. 2 lit. a AGB-Spk die Bank zur Beendigung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige, wie etwa des Krediteröffnungsvertrags. a)  Kontopfändung als Indiz für einen Vermögensfall i. S. v. § 490 Abs. 1 BGB Die Pfändung der Kreditlinie wird häufig Indiz für einen Vermögensverfall des Kontoinhabers sein,539 so dass die Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 490 Abs. 1 BGB in diesen Fällen regelmäßig gegeben sein werden.540 Einzuräumen ist jedoch, dass mit der Pfändung des Dispositionskredits nicht notwendigerweise eine entsprechende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners einhergeht. Es bedarf vielmehr in jedem Einzelfall einer vergleichenden Gesamtbetrachtung seiner aktuellen wirtschaftlichen Situation mit derjenigen bei Abschluss des Krediteröffnungs539  Vgl. auch Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. d AGB-Spk, der die Einleitung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme gegen den Kontoinhaber als „beispielhaften Umstand“ dafür anführt, dass die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen durch den Darlehensnehmer gefährdet ist, und damit ein wichtiger Grund vorliegen kann, der zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Diese Klausel wird teilweise wegen der Einräumung einer zu weitreichenden Kündigungsmöglichkeit für unverhältnismäßig und deshalb unwirksam erachtet, vgl. Derleder / Knops / Bamberger / Casper, § 3 Rn. 114; Graf von Westphalen, BB 1993, 8, 12 f.; dagegen zurecht etwa Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 24 Rn. 62, und Graf von Westphalen / Fandrich, AGB-Klauselwerke, Banken- und Sparkassen-AGB Rn. 99. 540  OLG Frankfurt ZIP 2003, 1084, 1085; Grube, S. 184; Olzen, ZZP 97 (1984), 1, 26; Schuschke, ZIP 2001, 1084, 1088; Staudinger / Mülbert, 2011, § 490 Rn. 15.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

vertrags.541 So wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die umfassende Kontopfändung sehr wohl andere Ursachen als einen Vermögensverfall i. S. v. § 490 Abs. 1 BGB haben kann, etwa wenn sich das Konto des grundsätzlich solventen Schuldners im Pfändungszeitpunkt nur zufällig oder vorübergehend im Soll befindet.542 Hinzu kommt, dass Globalpfändungen, die heutzutage typischerweise auch die Pfändung einer Kreditlinie umfassen,543 mittlerweile zur Regel geworden sind und deshalb nicht selten auch dann angestrebt werden, wenn nur wegen einer geringfügigen Forderung vollstreckt wird.544 b)  Fehlende Schutzbedürftigkeit des Kontoinhabers nach Pfändung der Kreditlinie Das ändert jedoch nichts daran, dass das Kreditinstitut die Kündigung eines Dispositionskredits in diesen Fällen vielfach auf § 490 Abs. 1 BGB und Nr. 19 Abs. 3 AGB-Bk bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Spk stützen können wird, um auf diese Weise dem Gläubiger den Gegenstand der Vollstreckung zu entziehen. Es gilt zu berücksichtigen, dass das Erfordernis eines wichtigen Grunds, der die Bank zur Kündigung berechtigt, dem Schutz der Interessen des Kontoinhabers zu dienen bestimmt ist, der sich auf die verbindliche Kreditzusage verlassen können soll. Mit der Pfändung der Kreditlinie wird diese für den Bankkunden aber jedenfalls vorübergehend bis zur Befriedigung der Gläubigerforderung und Erledigung der Vollstreckungsmaßnahme wertlos. Tatsächlich wird er nicht selten sogar daran interessiert sein, dass der Zahlungsdienstleister den Krediteröffnungsvertrag kündigt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Kontoinhaber den gepfändeten Disposi­ tionskredit abruft und die Bank, nachdem sie seinem Zahlungsauftrag Folge geleistet hat, nochmals an den Vollstreckungsgläubiger leisten muss. Denn diesem gegenüber ist die Auszahlung bzw. Zahlungsausführung zulasten der gepfändeten Kreditlinie wegen Verstoßes gegen § 829 Abs. 1 ZPO relativ unwirksam gem. §§ 135, 136 BGB.545 Zwar mag der Kontoinhaber auch 541  MünchKomm / K.

P. Berger, BGB6, § 490 Rn. 5; Palandt / Weidenkaff, BGB73,

§ 490 Rn. 3. 542  Vgl. Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 272; Gaul, KTS 1989, 3, 23, auch für den Fall, dass der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers, der lediglich aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil vorgeht, bewusst verweigert, weil er davon ausgeht, dass das Urteil in der nächsten Instanz keinen Bestand haben werde. 543  Vgl. etwa einen beispielhaften Wortlaut eines entsprechenden Pfändungsantrag bei Stöber, Rn. 154. 544  Ähnlich Zeller, S. 321. 545  s. dazu noch unten § 7 E. I. 1. a); zu den Folgen einer Zahlung entgegen der Gebote des § 829 Abs. 1 ZPO bereits § 4 A. I. 2.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie255

nach Abschluss der Kontovollstreckung erneut über einen Dispositionskredit verfügen wollen. Diesem Bedürfnis kann die Bank indessen dadurch gerecht werden, dass sie dem Kunden anschließend eine neue Überziehungsmöglichkeit einräumt. Soweit nicht die sofortige Fälligstellung eines aktuellen Sollstands, sondern die künftige Kreditzusage in Rede steht, wird eine entsprechende (Teil-) Kündigung der noch nicht beanspruchten Kreditlinie vor dem Hintergrund der soeben geschilderten Interessenlage daher nur in Ausnahmefällen zum Schutz der Schuldnerbelange das Vorliegen eines wichtigen Grunds i. S. v. § 490 Abs. 1 BGB erfordern.546 3.  Fristlose Kündigung unbefristeter Kredite gem. Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk Nach Nr. 19 Abs. 2 S. 1 AGB-Bk kann eine Bank Kredite und Kreditzusagen, die unbefristet gewährt wurden und für die keine abweichende Kündigungsregel vereinbart ist, jederzeit fristlos kündigen, auch wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt. Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Bk verpflichtet sie allerdings, auf berechtigte Belange des Kontoinhabers Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht zur Rücksichtnahme wird ergänzt durch die allgemeinen Kündigungsbeschränkungen des Verbots einer Kündigung zur Unzeit und der rechtsmissbräuchlichen Kündigung. Nur wegen dieser Einschränkungen und der dem Kunden gem. Nr. 19 Abs. 5 AGB-Bk zu gewährenden Rückabwicklungsfrist hält das im Übrigen freie Kündigungsrecht gem. Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307–309 BGB stand.547 Hinsichtlich der Berücksichtigung berechtigter Belange des Kontoinhabers gilt hier das Gleiche, wie soeben zum Erfordernis eines wichtigen Grunds zur Kündigung nach der Pfändung der Kredit­ linie ausgeführt. Schutzwürdige Belange des Kreditnehmers an der Aufrechterhaltung der Kreditzusage sind nicht tangiert, solange die Pfändung ihn an einer Inanspruchnahme hindert. II.  Vorrangiges AGB-Pfandrecht gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk? Außer wegen der Kündigung der Kreditlinie könnte das Kreditinstitut die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers auch dann ablehnen, wenn ihm 546  Vgl. zu einer möglichen Kündigungsverpflichtung des Zahlungsdienstleisters noch unten § 7 G. II. 547  Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 24 Rn. 15; Derleder / Knops / Bamberger /  Casper, § 3 Rn. 110; Heymann / Horn, HGB2, Anh. zu § 372 Rn. II / 168; Ulmer /  Brandner / Hensen / Fuchs, AGB-Recht11, Anh. zu § 310 Rn. 131.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

an dem Darlehensauszahlungsanspruch eine dem Pfändungspfandrecht des Gläubigers vorrangige Berechtigung zukäme. In diesem Zusammenhang ist verschiedentlich erörtert worden, ob dem Kreditinstitut an dem Darlehensanspruch möglicherweise ein Pfandrecht gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk zusteht, das dem Pfändungspfandrecht eines Gläubigers vorgeht.548 Heute ist nahezu einhellige Auffassung, dass sich das AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen nicht auf den Anspruch des Kunden auf Darlehensgewährung aus einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit erstreckt.549 Dies wird damit begründet, dass der Krediteröffnungsvertrag darauf gerichtet sei, dem Kontoinhaber zusätzliches Kapital zur freien Verfügung zu verschaffen. Es mutete geradezu paradox an, nähme man an, die Bank erlangte ein Sicherungsrecht an den Mitteln, dessen Bereitstellung sie ihrem Kunden zur Erweiterung seiner Liquidität erst zugesagt hatte. In dem Krediteröffnungsvertrag wird daher zutreffend eine den AGB der Banken und Sparkassen vorgehende Individualvereinbarung erblickt, vgl. § 305b BGB,550 nach der die Bank ein Pfandrecht an den Kreditmitteln nicht erwirbt.551 An anderer Stelle ist bereits ausgeführt worden, dass ein Guthaben auf dem Girokonto gleichermaßen nicht von dem AGB-Pfandrecht erfasst wird, wenn ein gegenwärtiges Sicherungsbedürfnis des Zahlungsdienstleisters nicht besteht. Denn dieser hat sich im Zahlungsdiensterahmenvertrag dazu verpflichtet, Zahlungsaufträge des Kontoinhabers in Höhe des rechnerischen Guthabens auszuführen.552 Soweit die Bank ihrem Kunden gegenüber zur Zahlungsausführung verpflichtet ist, kann sie sich auch gegenüber einem Vollstreckungsgläubiger nicht auf ihre Sicherungsrechte – Kontokorrent und AGB-Pfandrecht – berufen.

548  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 271 f.; Gaul, KTS 1989, 3, 26; Grund, S.  197 f.; Schmies, S. 164 ff.; Zeller, S. 325. 549  BGHZ  147, 193, 198; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1220; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 116; Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 271 f.; Gaul, KTS 1989, 3, 26; Grund, S.  197 f.; Peckert, S. 188; Schmies, S. 164 ff.; Zeller, S. 325; a. A. OLG Hamm WM 1986, 372, 373; zustimmend Fischer / Klanten / Fischer, Rn. 6.140; ebenso E. Wagner, JZ 1985, 718, 725. 550  Vgl. die Nachweise in der vorangegangenen Fn. 549. 551  A. A. Schmies, S. 168, nach dem nicht schon die Entstehung des Pfandrechts ausgeschlossen, sondern der Bank lediglich die Berufung auf ihr an sich vorrangiges Pfandrecht verwehrt sein soll, was dann Bedeutung erlange, wenn der Krediteröffnungsvertrag gekündigt und die Individualabrede damit beseitigt werde. 552  Hierzu § 6 A. I. 3.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie257

III.  Einräumung der Kreditlinie unter auflösender Bedingung der Pfändung gem. § 158 Abs. 2 BGB Ganz überwiegend wird im Schrifttum die Möglichkeit anerkannt, den Krediteröffnungsvertrag unter der auflösenden Bedingung der Kreditlinienpfändung, vgl. § 158 Abs. 2 BGB, abzuschließen.553 Pfändet ein Gläubiger die Kreditzusage und tritt damit die Bedingung ein, führte dies automatisch zum Erlöschen der Kreditlinie und entfiele damit der Gegenstand der Pfändung. 1.  Die ablehnende Ansicht Zellers: Analoge Anwendung von § 851 Abs. 2 ZPO Gegen die Zulässigkeit dieser Konstruktion hat sich Zeller gewandt.554 Seiner Ansicht nach folgt die Unwirksamkeit der Bedingung auf die Kreditliniepfändung aus analoger Anwendung von § 851 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 399 2. Alt. BGB.555 Zwar handele es sich bei einer Bedingung nicht um einen vertraglichen Abtretungsausschluss i. S. v. § 399 2. Alt. BGB. Die Wertung von § 851 Abs. 2 ZPO, wonach das pfändbare Schuldnervermögen nicht durch Vereinbarung zwischen Schuldner und Drittschuldner dem Vollstreckungszugriff eines Gläubigers entzogen werden können solle,556 sei jedoch auf die in Rede stehende Konstellation zu übertragen.557 Denn im wirtschaftlichen Ergebnis werde der Vollstreckungsgläubiger gleichermaßen betroffen, wenn ihm die Pfändung aufgrund eines Abtretungsausschlusses i. S. v. § 399 2. Alt. BGB i. V. m. § 851 Abs. 1 ZPO versagt sei oder die betreffende Forderung wegen Eintritts der auflösenden Bedingung schlichtweg entfalle. Gerade dem habe der Gesetzgeber durch § 851 Abs. 2 ZPO entgegenwirken wollen.558 553  Erman, in: GS R. Schmidt (1966), S. 261, S. 273; Gaul, KTS 1989, 3, 26; Grund, S. 87; Uhlmannsiek, JA 1993, 238, 245 f.; allg. für die Zulässigkeit einer auf die Pfändung auflösend bedingten Forderungsbegründung Erman / H. P. Westermann, BGB14, § 400 Rn. 3; MünchKomm / Roth, BGB6, § 400 Rn. 3. 554  Zeller, S.  326  ff., der zunächst untersucht, ob eine entsprechende Bedingungskonstruktion gem. § 137 S. 1 BGB als obligatorische Verfügungsbeschränkung eines veräußerlichen Rechts unwirksam ist, angesichts der Regelung des § 399 2. Alt. BGB, die einen vertraglichen Ausschluss der Forderungsabtretung ausdrücklich zulässt, jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung ausschließlich an § 851 Abs. 2 ZPO zu messen sei (S. 336 f.). 555  Zeller, S.  338 ff. 556  Hierzu schon § 4 C. II. 557  Allgemein für die Unbeachtlichkeit einer entsprechenden Bedingung gem. § 851 Abs. 2 ZPO Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 29, der der Gegenauffassung vorwirft, das Prinzip der Gesamtvermögenshaftung zu missachten. 558  Zeller, S. 340 f.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

2.  Zulässigkeit der Bedingungskonstruktion Den Ausführungen Zellers kann nicht gefolgt werden. Der auf die Pfändung auflösend bedingte Abschluss des Krediteröffnungsvertrags ist als vollstreckungsrechtlich zu berücksichtigende Vertragsgestaltung anzuerkennen. Die von Zeller selbst eingeräumte Schwachstelle seiner Argumentation, dass es sich bei der auflösenden Bedingung nicht um einen vertraglichen Abtretungsausschluss i. S. v. § 399 2. Alt. BGB handele, dessen Unbeachtlichkeit § 851 Abs. 2 ZPO für das Vollstreckungsrecht bestimmt, lässt sich nicht im Wege analoger Anwendung dieser Norm überwinden. a)  Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke Die Vorschrift des § 851 Abs. 2 ZPO ist nicht planwidrig lückenhaft hinsichtlich anderer Pfändungsbeschränkungen als derjenigen der Unübertragbarkeit einer Forderung. So handeln schon die Materialien zu § 851 ZPO ausschließlich von der fehlenden Übertragbarkeit als Pfändungshindernis.559 Entsprechend trifft § 851 Abs. 2 ZPO eine Regelung ausdrücklich nur für Forderungen, die gem. § 399 BGB nicht übertragbar sind und deshalb grundsätzlich gem. § 851 Abs. 1 ZPO nicht gepfändet werden könnten, wobei die Vorschrift entgegen ihres zu weit gefassten Wortlauts und der Gesetzesbegründung heute übereinstimmend nur auf Fälle eines pactum de non cedendo i. S. v. § 399 2. Alt. BGB zur Anwendung gelangt.560 b)  Fehlende Vergleichbarkeit von Abtretungsausschluss und Resolutivbedingung Es kann überdies kein Zweifel daran bestehen, dass eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB nicht als ein solches Abtretungsverbot aufzufassen ist. Zwar hindern beide Gestaltungen im Ergebnis eine wirksame Abtretung. Während dies bei einem Ausschluss der Übertragbarkeit allerdings lediglich auf einer dinglichen Beschränkung des betreffenden Rechts beruht,561 bewirkt der Eintritt der Resolutivbedingung, dass dieses ex nunc entfällt. Die möglicherweise vollstreckungsrechtlich zu beachtende Beschränkung eines Rechts gem. § 399 BGB kommt indes nur dort in Betracht, wo ein solches überhaupt (noch) besteht. Entsprechend regelt § 851 559  Vgl. die Begründung zur Novelle der CPO, 1898, S. 174 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VIII, S. 158). 560  Vgl. hierzu bereits § 4 C. II. 561  Erman / H. P. Westermann, BGB14, § 399 Rn. 3; Staudinger / Busche, 2012, § 399 Rn. 51 f., 65, 74.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie259

Abs. 2 ZPO auch nur den Fall, dass ein bestehendes Recht als Bestandteil des Schuldnervermögens durch Parteivereinbarung i. S. v. § 399 2. Alt. BGB seiner Disponibilität beraubt wird, wenn er voraussetzt, dass der Gegenstand der zu pfändenden Forderung selbst der Pfändung unterliegt. Hieran fehlt es, wenn die zu pfändende Forderung in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung untergeht und deshalb nicht lediglich einen dinglich beschränkten, sondern überhaupt keinen Vermögensbestandteil des Schuldners mehr darstellt.562 In dieser verschiedenartigen Wirkung von Abtretungsausschluss und Resolutivbedingung hat schon das Kammergericht in einer Entscheidung vom 03.10.1910 den maßgeblichen Unterschied zwischen beiden Konstellationen erblickt und § 851 Abs. 2 ZPO auf die Bedingungskonstruktion zurecht für unanwendbar erklärt.563 Einer Erweiterung des § 851 Abs. 2 ZPO auf den Fall einer auflösenden Bedingung steht schließlich entgegen, dass die Vorschrift eine Ausnahme zum Grundsatz der privatautonomen Rechtsgestaltung durch die Vertragsparteien bildet und als solche eng auszulegen ist. Zwar verhilft § 851 Abs. 2 ZPO dem Prinzip der Gesamtvermögenshaftung zur Geltung564 – dies jedoch nur insoweit, als dessen Geltung durch eine Parteiabrede betreffend die Übertragbarkeit der zu pfändenden Forderung gefährdet ist. Dieses Prinzip ist aber nicht (mehr) tangiert, wenn die zu pfändende Forderung erlischt und damit nicht mehr Bestandteil des haftenden Vermögens ist. Soweit nicht der Anwendungsbereich des § 851 Abs. 2 ZPO betroffen ist, gebietet der Grundsatz der Privatautonomie Respekt vor der Vertragsgestaltung durch Schuldner und Drittschuldner insbesondere hinsichtlich des Inhalts der betreffenden Forderung, was die Anwendbarkeit von § 851 Abs. 1 ZPO bei Abtretungsausschlüssen belegt, die auf § 399 1. Alt. BGB beruhen. § 158 Abs. 2 BGB gestattet den Parteien ausdrücklich die Begründung einer Forderung unter einer auflösenden Bedingung, ohne dass der Gesetzgeber ein § 851 Abs. 2 ZPO entsprechendes, zwangsvollstreckungsrechtliches Korrektiv vorgesehen hätte. Machen die Parteien von dieser gesetzlich eingeräumten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch, kann darin deshalb entgegen Zeller565 nicht ein kollusives Zusammenwirken von Schuldner und Drittschuldner zulasten des Vollstreckungsgläubigers gesehen werden. Ein solches sanktioniert § 851 Abs. 2 ZPO nur insoweit, als durch Parteiabrede eine bestehende pfändbare Forderung der Vollstreckung entzogen wird. 562  Die Anerkennung der Bedingungskonstruktion stellt daher auch nicht den Grundsatz der Gesamtvermögenshaftung in Frage; so aber Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 29; vgl. auch Zeller, S. 341. 563  KGJ 40, 232, 233 f.; i. E. zustimmend RG JW 1932, 344 f. 564  Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 851 Rn. 29. 565  So aber Zeller, S. 341.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Wird die Kreditlinie unter der auflösenden Bedingung ihrer Pfändung eingeräumt, ist diese Vertragsgestaltung zu akzeptieren. Denn ein Gläubiger kann abgesehen von den Fällen des § 851 Abs. 2 ZPO auf Forderungen des Schuldners nur in der Gestalt zugreifen, in der sie sich in dessen Vermögen befinden. Ihre Pfändung bewirkt keine Änderung des Inhalts, insbesondere auch weil die Position des Drittschuldners hierdurch nach dem Grundgedanken aus § 404 i. V. m. § 1275 BGB nicht verschlechtert werden darf. Aus diesem Grund muss der Gläubiger auch die Beendigung des Krediteröffnungsvertrags aufgrund eines bereits zuvor in der Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner angelegten Kündigungsrechts gegen sich gelten lassen.566 Schutzwürdige Interessen des Schuldners an der Aufrechterhaltung der Kreditlinie stehen wie dort der Bedingungskonstruktion jedenfalls für die Dauer der Pfändung nicht entgegen, weil der Kontoinhaber über sie während dieser Zeit ohnehin nicht frei verfügen kann. IV. Zwischenergebnis Auch wenn man die Pfändung eines Dispositionskredits grundsätzlich anerkennt, wird ein Vollstreckungsgläubiger sie bzw. den nach Abruf entstehenden Auszahlungsanspruch angesichts der weitreichenden Gegenrechte, die das Kreditinstitut auch ihm gegenüber geltend machen kann, nur in seltenen Fällen zur Befriedigung seiner Forderung verwerten können. Zwar steht der Bank ein vorrangiges Pfandrecht an dem Darlehensauszahlungsanspruch nicht zu. Sie kann jedoch die Kreditlinie auch noch nach der Pfändung mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger kündigen oder den Dispositionskredit auflösend bedingt auf die Pfändung der Kreditzusage gewähren, was den automatischen Fortfall im Pfändungsfall nach sich zieht. Unter diesen Vorzeichen bewirkt die Pfändung eines Disposi­tionskredits in erster Linie eine Kontoblockade.

E.  Kritik an der herrschenden vermittelnden Lösung Einigen Autoren bestreiten die Zulässigkeit der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit wegen der mit ihr verbundenen vollständigen Blockade des Schuldnerkontos.567 Neben diesem Einwand gegen das praktische Ergebnis einer faktischen Kontosperre hat dessen dogmatische Einkleidung Anlass zu Kritik geboten.568 566  Dazu

soeben unter § 7 D. I. sogleich unter § 7 E. I. 568  Hierzu unter § 7 E. II. 567  Hierzu



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie261

I.  Kontosperre durch Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit Die Pfändung eines Dispositionskredits ist kritisiert worden, weil sie eine vollständige Blockade des Schuldnerkontos bewirke.569 Dieser Kritik soll zunächst nur insoweit nachgegangen werden, als sie die praktischen Auswirkungen der Pfändung auf die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners und seine Möglichkeit zur Teilnahme am Zahlungsverkehr adressiert. Soweit in der Kontoblockade ein der ZPO fremdes und damit unzulässiges Zwangsmittel erblickt wird, ist auf diesen rechtsdogmatischen Einwand an späterer Stelle einzugehen.570 1.  Rechtliche Ursachen der Kontoblockade a)  Faktische Kontoblockade wegen drohender „doppelter“ Zahlungsbzw. Rückzahlungspflicht für Bank und Schuldner Das Inhibitorium gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO verbietet dem Vollstreckungsschuldner jede Verfügung über die gepfändete Forderung. Unabhängig davon, ob man annimmt, bereits die Kreditlinie sei gepfändet und lediglich ihre Verwertbarkeit noch bedingt durch den Abruf des Schuldners,571 oder mit dem BGH unterstellt, ein vollstreckungstauglicher Darlehensauszahlungsanspruch entstehe erst mit Abruf,572 wird sich der Kontoinhaber in jedem Fall weiterer Verfügungen im Rahmen einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit enthalten. Denn riefe er diese ab und verfügte gleichzeitig über den nunmehr konkretisierten Auszahlungsanspruch, begründete dies einen Verstoß gegen das Inhibitorium gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO und die Zahlungsausführung durch die Bank als Drittschuldnerin eine Zuwiderhandlung gegen das Arrestatorium gem. § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die in der Zahlungsausführung liegende Erfüllung des Darlehensanspruchs wirkte in diesem Fall gem. §§ 135, 136 BGB nicht gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger, der das Kreditinstitut erneut auf Zahlung in Anspruch nehmen könnte. Die Bank belastete das Konto des Schuldners folglich in doppelter Höhe – einerseits wegen der Leistung an den Schuldner und andererseits 569  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 87 ff.; ders., WM 2001, 889, 893 ff.; ders., WM 2004, 1109, 1112 ff.; ders., in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S.  33 f.; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 31 f.; R. Fischer, DZWIR 2002, 143, 145 f.; GK-HGB7 / Herget, § 357 Rn. 11; Honsell, JZ 2001, 1143, 1144; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 256. 570  Unten § 7 E. II. 1. 571  Dazu oben unter § 7 C. III. 2. b) aa). 572  Dazu oben unter § 7 C. III. 2. b) bb).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

wegen der nochmaligen Zahlung an den Vollstreckungsgläubiger.573 Disponierte der Schuldner noch im Anschluss an die Pfändung im Rahmen einer Überziehungsmöglichkeit würde ihm – so die Kritiker – damit letztlich ein Kredit in doppelter Höhe aufgezwungen.574 Dem kann er nur dadurch entgehen, dass er sich jeglicher Verfügung über sein Konto enthält, was faktisch eine Kontosperre bedeutet. b)  „Doppelte“ Zahlungs- und Rückzahlungsverpflichtung als gesetzlich vorgesehene Sanktion Die Unzulässigkeit der Kreditliniepfändung lässt sich nicht allein wegen der unmittelbar rechtlichen Folge einer drohenden „doppelten“ Zahlungspflicht des Kreditinstituts bzw. Rückzahlungspflicht des Schuldners begründen. Denn die relative Unwirksamkeit der Erfüllungsleistung an den Vollstreckungsschuldner gem. §§ 135, 136 BGB ist die gesetzlich vorgesehene Sanktion für die Missachtung der Pfändungsgebote des § 829 Abs. 1 ZPO. Diese Folge können Kontoinhaber und Bank ohne weiteres dadurch abwenden, dass sie Inhibitorium und Arrestatorium beachten.575 Dies wird ihnen dadurch ermöglicht, dass der Pfändungsbeschluss sowohl dem Drittschuldner als auch dem Schuldner zuzustellen ist, § 829 Abs. 2, 3 ZPO. Wegen der besonderen Schnelllebigkeit und Verbreitung des elektronischen Zahlungsverkehrs besteht für das Kreditinstitut freilich ein gesteigertes Risiko, eine Sperrung des Kontos nicht mehr rechtzeitig bewirken zu können, um dadurch weitere Verfügungen des Kunden über die – noch ungekündigte – eingeräumte Überziehungsmöglichkeit zu unterbinden. Dies gilt namentlich für Fälle, in denen der Kontoinhaber etwa unbare Zahlungen in einem Ladengeschäft vornimmt oder Bargeld an dem Automaten eines fremden Geldinstituts abhebt.576 Dies ändert jedoch grundsätzlich nichts an der Risikoverteilung zu Lasten des Kreditinstituts, das wie jeder Drittschuldner für die Beachtung des Arrestatoriums gem. § 829 Abs. 1 573  Nach h. M. steht der Bank wegen der Zahlung an den Schuldner ein Darlehensrückzahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und wegen der erneuten Zahlung an den Gläubiger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB gegen den Schuldner zu, weil er durch diese Leistung von seiner Schuld gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger frei geworden sei; so Lwowski / Bitter, WMFestgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 71; Felke, WM 2002, 1632, 1639; Scholl, DZWIR 2005, 353, 358 f.; a. A. Zeller, S.  125 ff. 574  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 91; Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 72. 575  So auch BGHZ  147, 193, 199. 576  Vgl. die Aufzählung möglicher Verfügungen des Vollstreckungsschuldners bei Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 157 ff.; Zeller, S.  121 ff.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie263

S. 1 ZPO Sorge zu tragen hat. Eine Leistung der Bank an den Vollstreckungsschuldner befreit sie allerdings auch dann gegenüber dem Pfändungsgläubiger, wenn sie die Zahlung in Unkenntnis der Pfändung vorgenommen hat. Zwar ist die Forderung bereits mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner unabhängig von dessen Kenntnis hiervon zugunsten des Gläubigers beschlagnahmt, vgl. § 829 Abs. 3 ZPO. Der Drittschuldner darf durch die Vollstreckungsmaßnahme jedoch nicht schlechter gestellt werden, als er bei der Abtretung oder Verpfändung der Forderung gem. §§ 407, 1275 BGB stünde.577 Wenn das Kreditinstitut außerdem für einen Übergangszeitraum, der zur technischen Umsetzung des Verfügungsverbots erforderlich ist, so behandelt werden soll, als habe es keine Kenntnis von der Pfändung,578 ist diese Ausnahme von der grundsätzlichen Risikoverteilung zu Lasten der Bank restriktiv zu handhaben. Als Initiatorin eines Zahlungssystems, das derart rasante Zahlungsbewegungen gestattet und sich ihrer unmittelbaren Einflusssphäre teilweise entzieht, hat sie alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, einer verbotswidrigen Zahlung an den Schuldner vorzubeugen.579 2.  Praktische Auswirkungen der Kontoblockade Begründet daher zwar die unmittelbare rechtliche Sanktion für die Missachtung der Pfändungswirkungen für sich genommen nicht die Unzulässigkeit der Kreditlinienpfändung, ist ihre Zulässigkeit jedoch wegen der praktischen Auswirkungen einer Kontoblockade auf die Rechtsstellung des Schuldners vielfach angezweifelt worden. a) Auswirkungen der Pfändung auf ein privates Girokonto Bedenken wurden namentlich wegen der Folgen der Blockade eines privaten Girokontos für die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners und seiner Möglichkeit zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr vorgebracht. So könne der Kontoinhaber nach der Pfändung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit, Zahlungen zur Bestreitung seines existenznotwendigen Lebensunterhalts, wie etwa die Begleichung von Miet-, Strom- und Telekommunikationsrechnungen, nicht mehr über das Konto abwickeln.580 577  MünchKomm / Smid, ZPO4, § 829 Rn. 60; Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 20; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 102. 578  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 5; R. Fischer, DZWIR 2002, 143, 145; Stöber, Rn. 567. 579  Stöber, Rn. 567. 580  So insbesondere Bitter, WM 2001, 889, 894 f.; ders., WM 2004, 1109, 1114; ders., in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 17; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Dies wird angesichts der Bedeutung des Girokontos für die Teilhabe am heutigen Wirtschaftsleben,581 die nicht zuletzt die Bestrebungen zur Einführung eines „Girokontos für jedermann“ veranlasst hat,582 für besonders misslich erachtet.583 Die vollständige Blockade des Girokontos stelle einen durch das Befriedigungsinteresse des Gläubigers nicht zu rechtfertigenden, unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners vor allem dann dar, wenn die Vollstreckung in eine Kreditlinie wegen einer geringfügigen Forderung betrieben werde584 oder sich der Schuldner nur in einem kurzfristigen Liquiditätsengpass befinde.585 aa)  Kontosperre als Folge einer jeden Kontopfändung ungeachtet der Art der Kontodeckung Auch diese Beeinträchtigungen des Schuldners vermögen indes die Unzulässigkeit der Pfändung einer Überziehungsmöglichkeit nicht zu begründen. Denn sie sind – worauf Mülbert zutreffend hinweist –586 nicht lediglich bei der Pfändung in ein debitorisches, sondern ebenso bei der Vollstreckung in ein kreditorisches Girokonto zu besorgen.587 Pfändet ein Gläubiger den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, ist der Schuldner bis zur Befriedigung des Gläubigers an sämtlichen Verfügungen über ein rechnerisches Guthaben gehindert. Es tritt mithin auch insoweit eine Kontosperre ein.588 § 19 Rn. 31 f.; Honsell, JZ 2001, 1143, 1144; relativierend unter Hinweis auf das P-Konto jetzt Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 90. 581  Vgl. etwa BGHZ  147, 193, 200 („Kristallisationspunkt der Geldbewegungen“); Häuser, WM 1990, 129 („Drehscheibe des Zahlungsverkehrs“); E. Wagner, ZIP 1985, 849, 856 („Knotenpunkt seiner Zahlungsströme“). 582  Vgl. hierzu die bis zum 18.09.2016 umzusetzende Richtlinie 2014 / 92 / EU vom 23.07.2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen; zuvor bereits auf nationaler Ebene den Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses zum Girokonto für jedermann, BT-Drucks. 16 / 2265. 583  Bitter, WM 2001, 889, 895. 584  Vgl. Honsell, JZ 2001, 1143, 1144; zustimmend Derleder / Knops / Bamberger /  v. Plehwe, § 19 Rn. 31. 585  Bitter, WM 2001, 889, 895; ders., WM 2004, 1109, 1114. 586  So zurecht Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 486. 587  Vgl. auch den Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses zum RegE zur Reform des Kontopfändungsschutzes BT-Drs. 16 / 12714, S. 1, in dem die „Blockadewirkung“ gerade als Folge der Pfändung gegenwärtiger und künftiger Guthaben ausgemacht wird. 588  Zu den Auswirkungen der Pfändung auf die kontokorrentrechtliche Geschäftsabwicklung s. § 6 B. II. 5.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie265

bb) Berücksichtigung von Schuldnerbelangen durch Vorschriften des Kontopfändungsschutzes Den Belangen des Schuldners, dem die Möglichkeit erhalten werden soll, das lebensnotwendige Existenzminimum im Wege des bargeldlosen Zahlungsverkehrs über sein Girokonto zu bestreiten, wird über die Pfändungsschutzbestimmungen abschließend Rechnung getragen.589 Diesen Vorschriften liegt die gesetzgeberische Abwägung von Schuldner- und Gläubigerinteressen zugrunde. Sie statuieren damit einerseits das Schutzniveau zugunsten des Schuldners, geben aber andererseits auch Maß darüber, inwieweit das Befriedigungsinteresse des Gläubigers hinter die schützenswerten Belange des Kontoinhabers zurücktritt.590 Lediglich als Ergebnis dieser Interessenabwägung soll der Kontopfändungsschutz Gegenstand der folgenden Darstellung sein. Auf die mannigfachen Probleme, die die Novellierung des Kontopfändungsschutzes mit sich gebracht hat, ist angesichts des Untersuchungsziels dieser Arbeit nicht näher einzugehen. (1) Pfändungsschutz im debitorischen Bereich nach § 850k Abs. 1 ZPO a. F. analog Unter der alten Rechtslage wurde dem Schuldner allgemein das Recht zugestanden, auf Antrag analog § 850k Abs. 1 ZPO a. F. die Freigabe seines unpfändbaren Lohn- oder Gehaltsanteils auch bei debitorischem Kontostand zu erreichen.591 Zwar zeitigte die Aufhebung nach § 850k Abs. 1 ZPO a. F. nur inter partes-Wirkung für die konkret betroffene Pfändungsmaßnahme und bot dieser Weg dem Kontoinhaber keine Handhabe, die Bank an einer Verrechnung von Zahlungseingängen mit einem aufgelaufenen Debetsaldo zu hindern.592 Wenn deshalb die Verfügungsmöglichkeit des Kontoinhabers auch von der Bereitschaft der Bank zur weiteren Kreditgewährung abhing,593 BGHZ 84, 371, 378; Klose, MDR 2002, 186, 189. Henckel, S. 356 f.: Vollstreckungsschutz dient der Abgrenzung von subjektiven Privatrechten; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 486. 591  Zum alten Recht etwa Bitter, in: Bankrechts-Handbuch3, § 33 Rn. 90; Ganter, in: Bankrecht, 2002, S. 135, S. 154; Schmies, S. 124 ff., für die sog. „große Analogielösung“, bei der ein der Freigrenze entsprechender Teil der Kreditlinie von der Pfändung ausgenommen sein sollte, während die Vertreter der „kleinen Analogielösung“, etwa Gaul, KTS 1989, 3, 22; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 850k Rn. 6; Zöller / Stöber, ZPO28, § 850k Rn. 9, die Aufhebung nur für einen konkret dem debitorischen Konto gutgebrachten Zahlungseingang befürworteten; vgl. zum Ganzen Zeller, S. 248 ff. 592  BGHZ  162, 349. 593  Hierauf hat Bitter, etwa in: Bankrechts-Handbuch3, § 33 Rn. 90 m.  w. N., zurecht mehrfach aufmerksam gemacht. 589  Etwa

590  s. hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

bestand für den Schuldner unter Geltung des § 850k Abs. 1 ZPO a. F. im debitorischen Bereich jedenfalls die Möglichkeit, eine vollständige Blockade seines Kontos abzuwenden. (2) Auf ein Guthaben beschränkter Schutz auf einem P-Konto gem. § 850k Abs. 1 ZPO Die gegenwärtige Konzeption des Kontopfändungsschutzes erlaubt eine entsprechende Anwendung von § 850k Abs. 1 ZPO im debitorischen Bereich des Kontos nicht.594 Einerseits fehlt es angesichts des Wortlauts der Norm („Guthaben“) und den insoweit eindeutigen Ausführungen in den Gesetzesmaterialien595 schon an einer planwidrigen Regelungslücke, die Voraussetzung einer analogen Anwendung der Vorschrift wäre.596 Andererseits hat Bitter darauf hingewiesen, dass die Rechtsfolge des § 850k Abs. 1 ZPO nicht auf ein debitorisch geführtes Konto passe. Denn könne der Kontoinhaber nach dieser Bestimmung unabhängig davon, ob überhaupt Zahlungen für ihn eingingen, jeden Monat über den Freibetrag verfügen, bedeutete die entsprechende Anwendung bei debitorischer Kontoführung, dass die Bank zur zwangsweisen Kreditgewährung in Höhe des monatlichen Pfändungsfreibetrags verpflichtet würde.597 Folgte man unter Geltung des § 850k ZPO a. F. der sog. „großen Analogielösung“, sollte dem Kunden freilich auch ein dem Freibetrag nach Abs. 1 entsprechender Teil der Kreditlinie unabhängig von tatsächlichen Zahlungseingängen pfändungsfrei zur Verfügung stehen.598 Und auch nach altem Recht nutzte dem Schuldner der Pfändungsschutz im debitorischen Bereich nur dann, wenn die Bank ihn weiter verfügen ließ und die Kreditlinie nicht kündigte. Dies bliebe ihr auch unter neuem Recht unbenommen, so dass von einer „Zwangskreditierung“ nicht die Rede sein kann.599 Kann auch ein P-Konto nach § 850k Abs. 1 ZPO11, § 850k Rn. 1a. 595  BT-Drs. 16 / 12714, S. 19: „Pfändungsschutz besteht nur für einen Auszahlungsanspruch über ein Guthaben. Dem Gläubiger bleibt es unbenommen, etwaige weitere Ansprüche des Schuldners gegen die Bank, z. B. aus einem geduldeten oder eingeräumten Überziehungskredit (sogenannte offene Kreditlinie), zu pfänden.“; s. auch Graf-Schlicker / Linder, ZIP 2009, 989, 993: „Es ist jedoch kein Ziel der Reform, dem Schuldner das Wirtschaften im Debet zu erleichtern oder gar einen allgemeinen Schutz von Einkünften im Debet vorzusehen.“. 596  Bitter, ZIP 2011, 149, 152. 597  Bitter, WM 2008, 141, 146. 598  s. dazu die Nachweise in Fn. 591. 599  Eine entsprechende Anwendung von § 850k Abs. 1 ZPO liefe auch nicht deshalb auf eine „Zwangskreditierung“ hinaus, weil der Kontoinhaber nach S. 1 über einen Freibetrag „verfügen kann“ und dies im debitorischen Bereich auf einen Kreditgewährungsanspruch hinausliefe. Dies müsste man bei entsprechender Anwen594  Musielak / Becker,



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie267

ZPO nicht in den negativen Bereich „übertragen“ werden und scheidet auch eine analoge Anwendung aus, bleibt der Schuldnerschutz in tatsächlicher Hinsicht daher nicht wesentlich hinter dem unter der alten Rechtslage gewährten zurück. Denn auch unter Geltung von § 850k Abs. 1 ZPO a. F. war Voraussetzung, dass die Bank bereit war, dem Schuldner weiterhin Kredit zu gewähren. (3)  Fehlende Übergangsvorschriften Vor diesem Hintergrund ist die Beschränkung des Pfändungsschutzes auf ein Kontoguthaben nachvollziehbar. Denn niemand kann die Bank an der Kündigung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit hindern, respektive sie zur „Zwangskreditierung“ verpflichten. Das eigentliche Dilemma liegt dann auch nicht in dem Umfang des gegenwärtigen Pfändungsschutzes, sondern vielmehr in dem Versäumnis des Gesetzgebers begründet, eine praxistaugliche Regelung für den Übergang vom alten zum neuen Pfändungsschutzkonzept vorzusehen. Auf die hiermit verbundenen Probleme ist im Folgenden nur kurz hinzuweisen. § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO gewährt dem Kontoinhaber jederzeit und ungeachtet des gegenwärtigen Kontostands600 einen Anspruch auf Umwandlung seines Kontos in ein P-Konto. Um aber in den Genuss des Guthabenschutzes nach § 850k Abs. 1 ZPO zu kommen, ist in den zahlreichen Fällen, in denen das gepfändete Konto debitorisch geführt wird, zunächst eine Umschuldung des bisher aufgelaufenen Debets erforderlich. Ein Anspruch des Bankkunden gegen das Kreditinstitut auf eine entsprechende Umstellung seines Kontos besteht freilich nicht. Einigten sich Kontoinhaber und Bank gleichwohl auf eine Umschuldung, könnte sich die Rückführung des umgeschuldeten Debets aus dem pfändungsfreien Guthaben zudem problematisch gestalten, wenn das Konto bereits zuvor gepfändet worden war. Denn dann wäre fraglich, ob die pfändungsfreien Beträge nicht zuerst an den Pfändungsgläubiger auszukehren wären, bevor die Bank Rückführung des Debets verlangen kann. Angesichts dieser Vorzeichen ist zweifelhaft, ob sich die Kreditinstitute in der Praxis zu einer freiwilligen Umschuldung bereit finden werden, um dung im Debet nicht zwangsläufig als „absolutes“ Verfügungsrecht des Schuldners auch gegenüber der Bank verstehen. 600  Ahrens, NJW 2010, 2001, 2002; Büchel, ZInsO 2010, 20, 25; zweifelnd für ein debitorisches Konto Bitter, ZIP 2011, 149, 151, unter Hinweis darauf, dass § 850k Abs. 7 S. 3 ZPO davon handelt, dass das Guthaben auf den Konto bereits gepfändet sei. Diese Formulierung ist aber wohl nur Ausdruck der auf ein Guthaben beschränkten Gesamtkonzeption des Kontopfändungsschutzes. Sudergat, Rn. 707 weist darauf hin, dass die meisten Kreditinstitute in der Praxis mittlerweile auch debitorische Konten in P-Konten umwandeln.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

dem Schuldner den Pfändungsschutz auf einem P-Konto gem. § 850k Abs. 1 ZPO zuteil werden zu lassen. Wenn der Gesetzgeber den – insoweit grundsätzlich zu begrüßenden – Ansatz verfolgt, den Kontopfändungsschutz konsequent auf ein Guthaben zu beschränken und auf diese Weise eine (weitere) Verschuldung oftmals nur bedingt kreditwürdiger Personen zu verhindern, ist er berufen, die Voraussetzungen zur praktischen Umsetzung zu schaffen. Insbesondere müssen die Modalitäten einer Umschuldung bzw. eines Umschuldungsanspruchs des Kontoinhabers geregelt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass das Kreditinstitut im Zuge der Umstellung nicht den erstrangigen Zugriff auf künftige pfändungsfreie Guthaben zur Rückführung des umgeschuldeten Sollstands einbüßt, wie durch die Kontokorrentbindung ehemals gewährleistet war. Bis zur Abhilfe durch den Gesetzgeber bzw. Etablierung praktischer Lösungen sind die beschriebenen Defizite ggf. über die Härtefallklausel des § 765a ZPO auszugleichen.601 cc)  Gesetzgeberische Interessenabwägung als verbindliche Grenze des Vollstreckungsschutzes Trotz dieser praktischen Anwendungsprobleme ist der auf ein Guthaben beschränkte Pfändungsschutz als bewusste Wertentscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht zu respektieren. So bleibt ein positiver Saldo zwar nach Maßgabe von § 850k ZPO pfändungsfrei. Weitergehender Schutz wird dem Kontoinhaber für Ansprüche gegen seinen Zahlungsdienstleister nicht zuteil. Zugunsten des Vollstreckungsgläubigers gilt im Übrigen der Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung.602 Ausweislich der Gesetzesmaterialien bleibt es ihm daher „unbenommen, etwaige weitere Ansprüche des Schuldners gegen die Bank, z. B. aus einem geduldeten oder eingeräumten Überziehungskredit (sogenannte offene Kreditlinie), zu pfänden.“603 Damit ist ausgesagt, dass eine über den Umfang des § 850k ZPO hinausgehende Vollstreckungsbeschränkung nicht mit Schuldnerschutzerwägungen zu rechtfertigen ist. Ob die Vorgaben des Zwangsvollstreckungs- und Zahlungsverkehrsrechts indes die dogmatische Umsetzung dieser Maßgabe dergestalt ermöglichen, dass sowohl im Fall einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB als auch einer geduldeten Überziehung i. S. v. § 505 BGB jeweils ein pfändbarer Darlehensauszahlungsanspruch anzunehmen ist, bedarf näherer Untersuchung. Bitter, ZIP 2011, 149, 152. hierzu § 4 C. II. 603  BT-Drs. 16 / 12714, S. 19; hierauf weist auch Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 486, hin. 601  So

602  Vgl.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie269

b) Auswirkungen der Pfändung auf ein unternehmerisches Girokonto Die Pfändung eines geschäftlichen Dispositionskredits zeitigt mitunter erhebliche Auswirkungen auf das darlehensnehmende Unternehmen. Die Sperrung des Girokontos sei – so die Kritiker – geeignet, den Betrieb des Unternehmens zum Erliegen zu bringen und dessen Fortbestand zu gefährden, wenn laufende Kosten nicht mehr über das Konto bestritten werden könnten. Insbesondere könnten nur geringfügige Außenstände und lediglich kurzfristige Zahlungsrückstände einen Gläubiger zur Pfändung des Dispositionskredits veranlassen und damit ein wirtschaftlich an sich gesundes Unternehmen erst in die Insolvenz treiben bzw. vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen erheblich erschweren.604 Diese Bedenken hat der BGH zurecht nicht durchdringen lassen. Das Kreditinstitut werde nicht wegen jeder Pfändung eines nur geringfügigen Betrags gleich eine Kontosperre veranlassen und könne dem Schuldner ggf. einen der Pfändung nicht unterliegenden treuhänderischen Überbrückungskredit gewähren, um ihm ein befristetes Weiterwirtschaften zu ermöglichen.605 Mangelte es dem Unternehmen jedoch an Kreditwürdigkeit für ein solches Darlehen, sei die Insolvenz keine „schlechthin unangemessene Folge der Pfändungsmaßnahme“.606 Ein zweckgebundener Sanierungskredit wird hingegen teilweise als untauglich erachtet, die Auswirkungen der Kontoblockade auf den Fortbestand des Unternehmens abzuwenden, weil die Erarbeitung eines entsprechenden Sanierungskonzepts in der Praxis mehr Zeit erfordere, als dem vom Zahlungsverkehr ausgeschlossenen Unternehmen zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit und schließlich der Insolvenz zur Verfügung stehe.607 Für die Vollstreckung in einen Geschäftskredit gelten indes die zur Pfändung eines privaten Dispositionskredits angestellten Erwägungen entsprechend. Die Blockade des Girokontos ist kein spezifisches Problem der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit. Es ergibt sich gleichermaßen bei der Pfändung gegenwärtiger und künftiger Kontoguthaben, über die der Schuldner in der Folgezeit nicht mehr frei disponieren kann. Ist jedoch für ein unternehmerisches Geschäftskonto kein gesetzlicher Pfändungsschutz vorgesehen – ein P-Konto kann gem. § 850k Abs. 7 S. 1 ZPO nur eine natürliche Person führen –, gilt der Grundsatz der unbe604  Bitter,

WM 2001, 889, 894; Krüger, BGH-Report 2001, 440, 441. 193, 201. 606  BGHZ  147, 193, 201; vgl. auch Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 155 f. 607  Bitter, WM 2001, 889, 894; zustimmend GK-HGB7 / Herget, § 357 Rn. 11; ebenso Zeller, S. 266 f., der in diesem Zusammenhang auf die strafbewehrte Insolvenzantragspflicht hinweist, vgl. jetzt § 15a InsO. 605  BGHZ  147,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

schränkten Vermögenshaftung. Hat aber der Gesetzgeber die dargestellten Implikationen der Kreditlinienpfändung auf einem Geschäftskonto nicht zum Anlass für die Normierung eines entsprechenden Pfändungsschutztatbestands genommen, kann der Schuldner eine Begrenzung des Vollstreckungszugriffs nicht auf anderem Wege dadurch erreichen, dass er sein Konto dauerhaft im debitorischen Bereich führt. Aus dem gleichen Grund ist davor zu warnen, diese Entscheidung durch allzu leichtfertige Anwendung der Vorschrift des § 765a ZPO zu konterkarieren,608 die als äußerst restriktiv zu handhabende Ausnahmevorschrift zum Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers konzipiert ist.609 Zwar ist es zutreffend, dass eine Kontoblockade in besonderem Maße geeignet ist, vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen zu erschweren oder unmöglich zu machen. Dennoch kann die selbstverschuldete Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens nicht einem Gläubiger, der legitimer Weise wegen einer fälligen, einredefreien Forderung die Zwangsvollstreckung betreibt, eine Beschränkung seiner durch Art. 14 GG geschützten Vollstreckungsmöglichkeit aufnötigen. Zu seinen Gunsten gilt das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip, dass ihm hinsichtlich der gepfändeten Forderung Vorrang auch vor solchen Gläubigern, wie etwa Versorgungsdienstleistern oder Arbeitnehmern, sichert, deren Leistungen zur Weiterführung des Betriebs zwingend erforderlich sind. Die „Sanierungslast“ trifft vielmehr das schuldnerische Unternehmen. Dieses kann sich zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit i. S. v. § 17 InsO bei seinen Gläubigern um eine Stundung der zu vollstreckenden Forderung oder – die grundsätzliche Kreditwürdigkeit unterstellt – um eine Ausweitung des Überziehungsrahmens bei der finanzierenden Bank bemühen. 3. Zwischenergebnis Die durch die Kreditlinienpfändung bewirkte Blockade eines privaten wie auch eines geschäftlichen Girokontos zeitigt erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Schuldners. Bei genauerer Betrachtung ist die Kontosperre jedoch kein Spezifikum der Pfändung einer Überziehungsmöglichkeit, sondern ergibt sich ebenso bei der Pfändung sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Kontoguthaben als Folge der Pfändungsgebote gem. § 829 Abs. 1 ZPO. Die nicht selten durch den debitorischen Kontostand dokumen608  Für die Anwendung von § 765a ZPO in Fällen, in denen aufgrund der Kreditlinienpfändung einem wirtschaftlich gesundem Unternehmen die Insolvenz droht, Zeller, S.  268 ff. 609  BGHZ 44, 138, 143; 161, 371, 374; Baur / Stürner / Bruns, Rn. 47.2, 47.4; Gaul / Schilken / Becker-Eberhard, § 1 Rn. 2, § 43 Rn. 9 ff., 28; Stein / Jonas / Münzberg, ZPO22, § 765a Rn. 1 f.; Zöller / Stöber, ZPO30, § 765a Rn. 5; s. auch Grund, S.  112 f.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie271

tierte wirtschaftliche Schieflage des Schuldners lässt diese Folge nur noch drastischer erscheinen. Weder Belange des Privatschuldners noch die Auswirkungen auf den Fortbestand eines Unternehmens rechtfertigen es indessen, einen Dispositionskredit der Zwangsvollstreckung vollständig zu entziehen. II.  Kritik an der rechtsdogmatischen Umsetzung Herrscht auch im Ergebnis weitgehend Einigkeit darüber, dass die Überziehungsmöglichkeit nur insoweit der Vollstreckung unterliegt, wie der Schuldner sie selbst abgerufen hat, besteht Streit über die rechtsdogmatische Umsetzung dieses Ergebnisses. Während der BGH und die herrschende Literaturmeinung der Auffassung sind, erst der Abruf bewirke materiellrechtlich die Entstehung eines Darlehensauszahlungsanspruchs, sucht ein beachtlicher Teil des Schrifttums die Lösung auf der Ebene des Vollstreckungsrechts. 1.  Bloße Pfändung der Überziehungsmöglichkeit als unzulässiger Zwangsvollstreckungszugriff Wegen der mit der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit einhergehenden Blockadewirkung ist diese als ein in der ZPO nicht vorgesehenes und damit unzulässiges Zwangsmittel erachtet worden.610 So diene die Kreditlinienpfändung nicht der Befriedigung des Gläubigers, sondern vielmehr dazu, Druck auf den Schuldner auszuüben, damit dieser die titulierte Forderung freiwillig aus der Kreditlinie begleiche, weil er sein Girokonto andernfalls überhaupt nicht mehr nutzen könnte.611 Ein derart mittelbarer Zwang, der auch als „Lästigkeitsdruck“ bezeichnet worden ist,612 sei im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen und stelle einen ungerechtfertigten Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners dar. Soweit diese Kritik Anstoß nimmt an den tatsächlichen Folgen der Kontosperre, kann sie – wie soeben dargelegt – nicht durchdringen.613 Hier ist 610  OLG Schleswig NJW 1992, 579, 580 („zweifelhaft“); Affentranger-Brunner, S. 98; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 87; Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 72 („Schikane“); MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 256; vgl. auch Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 152 f., nach dem aber dieses gesetzlich nicht vorgesehene Zwangsmittel „aus übergeordneten Gesichtspunkten“ zu rechtfertigen sei. 611  Vgl. Honsell, JZ 2001, 1143, 1144. 612  Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 152; vgl. auch Bitter, WM 2001, 889, 895 („Lästigkeitseffekt“). 613  Vgl. hierzu soeben unter § 7 E. I.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

der vorgebrachte Einwand insoweit zu überprüfen, als geltend gemacht wird, der durch die Kontoblockade bewirkte mittelbare Zwang sei ein per se unzulässiges Zwangsmittel, das unvereinbar ist mit dem Sinn und Zweck der Zwangsvollstreckung. Dabei adressiert diese Kritik vornehmlich die Mindermeinung, die eine Umsetzung der vermittelnden Lösung auf vollstreckungsrechtlicher Ebene zu realisieren sucht, indem sie die Kreditlinie für pfändbar erachtet, aber eine Verwertung an einen Abruf durch den Schuldner selbst knüpft und den Übergang des Abrufrechts entgegen §§ 835, 836 ZPO verneint.614 Insoweit ist denjenigen kritischen Stimmen Recht zugeben, die einen Widerspruch darin erblicken, dass das Inhibitorium gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO dem Vollstreckungsschuldner auf der einen Seite die Einziehung der beschlagnahmten Forderung untersagt, der Abruf der gepfändeten Kreditlinie von dieser Auffassung auf der anderen Seite aber gerade zur Voraussetzung für eine Verwertung gemacht wird.615 Auf Grundlage der herrschenden Auffassung besteht dieser Widerspruch in der dogmatischen Begründung indessen nicht. Denn erst der Abruf bewirkt hiernach die (materiell-rechtliche) Entstehung eines pfändbaren Darlehens­ auszahlungsanspruchs, der als künftige Forderung der Vollstreckung gem. § 829 ZPO unterliegt.616 Hiernach beruht die Kontoblockade also nicht darauf, dass Pfändung und Verwertung einer Forderung dauerhaft auseinanderfielen. Die Pfändung künftiger bzw. verhaltener Forderungen ist im Vollstreckungsrecht vielmehr unbestritten und begegnet insoweit keinen Bedenken.617 Gegen den Einwand, die Kreditliniepfändung sei ein unzulässiges Zwangsmittel, hat namentlich Eberhard Wagner geltend gemacht, dass die Trennung von Pfändung und Verwertung dem Zwangsvollstreckungsrecht keineswegs fremd sei.618 So belege § 844 Abs. 1 ZPO, dass betagte, bedingte oder von einer Gegenleistung abhängige Forderungen, die noch nicht zur Verwertung durch Überweisung taugen, dennoch gepfändet werden könnten.619 Außerdem sehe das Gesetz in § 930 ZPO die Möglichkeit des Arrests einer Forderung durch Pfändung vor. Der Arrest diene jedoch nur der Sicherung des Anspruchs, so dass das Pfändungspfandrecht nach 614  Vgl.

hierzu oben § 7 C. III. 2. b) aa). Wagner, JZ 1985, 718, 721; a. A. Grube, S.  172 f.; Zeller, S. 142. 616  Dazu oben § 7 C. III. 2. b) bb). 617  Zu den materiell-rechtlichen Bedenken gegen die herrschenden Ansicht indessen noch unten § 7 E. II 2. und unter Zugrundelegung der hiesigen geschäftsbesorgungsrechtlichen Sichtweise § 7 F. 618  E. Wagner, WM 1998, 1657, 1664; dem folgend Zeller, S. 144; vgl. auch Grube, S.  167 f.; Schmies, S. 121 f. nimmt an, es handele sich um eine zur Sicherung der Tagessaldopfändung zulässige Hilfspfändung. 619  Vgl. hierzu bereits § 4 A. II. 1. a). 615  E.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie273

Arrestvollziehung nicht zur Verwertung durch Überweisung der Forderung berechtige.620 Vor der Auseinandersetzung mit der Argumentation Wagners ist zunächst zu gewärtigen, dass die Zwangsvollstreckung stets einen Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners darstellt, der nur insoweit zu rechtfertigen ist, wie er erforderlich ist, um das Befriedigungsrecht des Gläubigers durchzusetzen.621 Wenn auch nicht als allgemeingültiges Prinzip ausdrücklich in der ZPO verankert realisiert sich die Abwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen namentlich im numerus clausus der Vollstreckungsarten. Dieser Grundsatz beschränkt den zwangsweisen Zugriff des Gläubigers auf die vom Gesetzgeber vorgesehenen Vollstreckungsmöglichkeiten. Abgesehen von der Möglichkeit einer Hilfspfändung622 ist die Pfändung als Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners nur insoweit zu rechtfertigen, als der gepfändete Gegenstand oder die gepfändete Forderung zum Zwecke der Befriedigung eines Zahlungsanspruchs verwertet werden kann. a)  § 844 Abs. 1 ZPO Von diesem Prinzip statuiert § 844 Abs. 1 ZPO keine Ausnahme. Die Norm, die vornehmlich dann zur Anwendung gelangt, wenn nicht die Vollstreckung in Geldforderungen i. S. v. § 829 ZPO, sondern in sonstige Vermögensrechte gem. § 857 ZPO in Rede steht,623 sieht lediglich vor, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers eine andere Art der Verwertung als durch Überweisung zur Einziehung gem. § 835 Abs. 1. 1. Alt. ZPO anordnen kann,624 wenn diese sich nur mit Schwierigkeiten verwirk­ lichen ließe oder eine andere Verwertungsart einen höheren Erlös verspräche. Hieraus folgert Wagner nun, dass Unwägbarkeiten bei der Verwertung nicht der Pfändbarkeit entgegenstehen könnten, weil § 844 Abs. 1 ZPO jedenfalls von der Beschlagnahme solcher Forderungen ausgehe. Dabei verkennt er, dass § 844 Abs. 1 ZPO lediglich die Möglichkeit einer anderen Verwertungsart eröffnet, also voraussetzt, dass sich die betroffenen Rechte grundsätzlich überhaupt zur Befriedigung der titulierten Zahlungsforderung eigallg. Musielak / Huber, ZPO11, § 930 Rn. 1; Prütting / Gehrlein / Fischer, ZPO , § 930 Rn. 1; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 930 Rn. 1. 621  Hierzu und zum Folgenden schon § 4 A. II. 1. 622  Dazu § 4 D. 623  Musielak / Becker, ZPO11, § 844 Rn. 1; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 844 Rn. 1. 624  Ist dem Gläubiger die Forderung dagegen schon an Zahlungs statt zum Nennwert überwiesen worden, kommt eine Anordnung gem. § 844 Abs. 1 ZPO nicht mehr in Betracht, weil hierdurch bereits die Erfüllung der titulierten Forderung eingetreten ist, vgl. Musielak / Becker, ZPO11, § 844 Rn. 1. 620  Hierzu 6

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

nen.625 Gerade diese Qualität spricht aber auch Wagner der Kreditlinie vor Abruf durch den Schuldner ab.626 Erachtete man den allgemeinen Anspruch auf Darlehensgewährung tatsächlich als Rechten i. S. v. § 844 Abs. 1 ZPO vergleichbar, müsste man sich konsequenterweise auch die Frage stellen, ob in diesem Fall eine andere Art der Verwertung durch das Vollstreckungsgericht angeordnet werden könnte, weil die Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts die Verwertung hinderte. Soweit will freilich auch Wagner nicht gehen. Die Vorschrift des § 844 Abs. 1 ZPO erlaubt daher keinen Rückschluss auf die Zulässigkeit der faktischen Kontosperre als Instrument mittelbaren Zwangs. Zum einen suspendiert auch diese Norm nicht von dem grundsätzlichen Postulat der Verwertungseignung.627 Zum anderen hindert es der vollstreckungsrechtliche Typenzwang und die strenge Gesetzesbindung im Vollstreckungsrecht, den Grundgedanken des § 844 Abs. 1 ZPO auf die Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit zu übertragen. b) Sicherungsvollstreckung Die vorstehenden Ausführungen lassen sich auf die aufgezeigte Parallele der Kreditlinienpfändung zur Sicherungsvollstreckung übertragen. Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann, kann ein Gläubiger auf Gesuch beim Arrestgericht, vgl. §§ 919 f. ZPO, die Verarrestierung des Schuldnervermögens erreichen (dinglicher Arrest). Diese Maßnahme des einstweiligen Rechtschutzes verhilft dem Gläubiger zur Sicherung seines materiellen Anspruchs vor Abschluss des diesen betreffenden Prozesses und beugt damit der Gefahr vor, dass der im Erkenntnisverfahren erstrittene Titel letztlich wertlos ist, etwa weil der Schuldner sein Vermögen mittlerweile beiseite geschafft hat oder insolvent geworden ist.628 Auch wenn das Gesetz die isolierte Pfändbarkeit einer Forderung im einstweiligen Rechtsschutz kennt, ergibt sich hieraus nicht die Zulässigkeit mittelbaren Zwangs im Fall der Kreditlinienpfändung.629 Zum einen hindert schon der numerus clausus die sinngemäße Anwendung der enumerativ 625  Für eine Anordnung nach § 844 Abs. 1 ZPO müssen die Voraussetzungen eines Überweisungsbeschlusses gem. § 835 Abs. 1 ZPO vorliegen, d. h. die Forderung muss wirksam gepfändet und Überweisungsreife eingetreten sein, vgl. MünchKomm / Smid, ZPO4, § 844 Rn. 8; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 844 Rn. 5. 626  Vgl. oben § 7 C. III. 2. b) aa). 627  Hierzu bereits § 4 A. II. 1. 628  Musielak / Huber, ZPO11, § 916 Rn. 1. 629  s. auch Honsell, JZ 2001, 1143, 1144.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie275

geregelten Vollstreckungsarten auf ähnlich gelagerte Konstellationen. Zum anderen dient die Arrestpfändung gem. § 930 Abs. 1 ZPO dazu, dem Gläubiger den Zugriff auf eine grundsätzlich vollstreckungstaugliche Forderung für die Dauer des die Gläubigerforderung betreffenden Hauptsacheverfahrens zu sichern. Unterliegt der Schuldner in diesem Prozess und erlangt der Gläubiger schließlich einen vollstreckbaren Titel, wandelt sich das Arrestpfandrecht kraft Gesetzes in ein Vollstreckungspfandrecht, das den Gläubiger nun zur Verwertung des verarrestierten Gegenstands bzw. der Forderung berechtigt.630 Obsiegt dagegen der Schuldner, kann er die Aufhebung des Arrestes gem. §§ 927 Abs. 1, 776 ZPO betreiben.631 Die Arrestvollstreckung gem. § 930 ZPO erfolgt somit einerseits nur für einen begrenzten Zeitraum und ist andererseits auf einen verwertbaren Gegenstand bzw. eine verwertbare Forderung gerichtet. Genau gegensätzlich erweist sich die Kreditliniepfändung. Sie ist bis zur Befriedigung der titulierten Forderung grundsätzlich auf unbestimmte Dauer angelegt und soll den Schuldner durch die Ausübung mittelbaren Zwangs an der weiteren Erhöhung des Debets hindern, ihn aber nicht zuletzt auch zur selbständigen Tilgung der titulierten Forderung anhalten.632 Gerade letzteres verdeutlicht den Unterschied zur Arrestpfändung. Während diese der Sicherung eines vollstreckungstauglichen Gegenstands oder einer Forderung gilt, kann der Gläubiger die gepfändete Kreditlinie ohne Mitwirkung des Schuldners nicht selbständig verwerten. Ihre isolierte Beschlagnahme ist daher mangels Verwertungseignung als unzulässiger Eingriff, der nicht durch den Befriedigungszweck gedeckt ist, abzulehnen. c)  Zwischenergebnis: Unzulässige Überdehnung der Forderungspfändung Der von einer Minderansicht favorisierte vollstreckungsrechtliche Begründungsansatz, nach dem die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit zwar als gegenwärtige Forderung gepfändet, aber lediglich im Umfang des vom Schuldner abgerufenen Betrags verwertet werden kann, erweist sich damit als unvereinbar mit dem numerus clausus der Vollstreckungsarten. Die Ausübung mittelbaren Zwangs durch die dauerhafte Beschlagnahme einer nicht verwertbaren Rechtsposition ist im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vor­gesehen und begründet damit eine unzulässige Beeinträchtigung des Schuldners. 630  MünchKomm / Drescher, ZPO4, § 930 Rn. 10; Musielak / Huber, ZPO11, § 930 Rn. 8; Prütting / Gehrlein / Fischer, ZPO6, § 930 Rn. 6. 631  MünchKomm / Drescher, ZPO4, § 930 Rn. 12; Musielak / Huber, ZPO11, § 930 Rn. 8. 632  Vgl. BGHZ  147, 193, 200, wonach der Schuldner sich der Kontoblockade dadurch entledigen könne, dass er den Kredit zur Forderungstilgung einsetzte.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

2.  Bedenken gegen den materiell-rechtlichen Lösungsweg Auch der überwiegend befürwortete materiell-rechtliche Begründungsansatz, nach dem ein pfändbarer Darlehensauszahlungsanspruch infolge des Abrufs erst entsteht, ist nicht unkritisiert geblieben. Er muss sich an den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts messen lassen, nach denen sich die dem Kontoinhaber gegen seine Bank zustehenden Forderungen und damit der Vollstreckungsgegenstand bestimmen. a)  Koinzidenz von Forderungsentstehung und Erfüllung Gegen die Konstruktion der Pfändbarkeit eines durch Abruf konkretisierten Darlehensauszahlungsanspruchs gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB ist in der Literatur vereinzelt geltend gemacht worden, dass ein solcher Anspruch aus tatsächlichen Gründen kaum einmal bestehe, weil seine Entstehung durch Abruf der Kreditlinie zeitlich mit der Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB durch Ausführung des entsprechenden Zahlungsvorgangs in einem Akt zusammen falle.633 Es mangele folglich an einem pfändbaren Auszahlungsanspruch im Vermögen des Schuldners. b)  Unteilbarkeit von Kreditabruf und Zahlungsauftrag In die gleiche Richtung weisen diejenigen kritischen Stimmen, die sich zum Teil implizit gegen die Aufspaltung eines Zahlungsauftrags in den Abruf der Kreditlinie einerseits und die Verwendung der abgerufenen Darlehensvaluta zur Ausführung der begehrten Zahlung andererseits wenden.634 aa)  Höchstpersönlichkeit der Zweckbestimmung Namentlich Bitter hat die Möglichkeit einer Trennung von „Ob“ und „Wie“ der Kreditinanspruchnahme wiederholt abgelehnt.635 Ausgehend von der Prämisse der Unteilbarkeit von Zahlungsweisung und Kreditabruf befürwortet er die Einbeziehung der mit dem Zahlungsauftrag erteilten Zweckbe633  Affentranger-Brunner, S. 92; Honsell, JZ 2001, 1143, 1144; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 612. 634  Bitter, WM 2001, 889, 894 f.; ders., WM 2004, 1109, 1115; ders., in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 91; ders., in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 33 f.; auch GK-HGB7 / Herget, § 357 Rn. 11; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 256; Rath, ZVI 2004, 386 f.; vgl. auch schon OLG Jena OLG-NL 1999, 212, 214; instruktiv Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 70 f.; Lwowski / Weber, ZIP 1980, 609, 611 f. 635  Vgl. die Nachweise in der vorangegangenen Fn. 1084.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie277

stimmung des Kreditabrufs in die Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts,636 die sich nach herrschender Meinung lediglich auf das „Ob“, nicht aber auch auf das „Wie“ der Darlehensinanspruchnahme erstrecken soll. Denn der Schuldner wolle durch die Erteilung eines Zahlungsauftrags nicht lediglich irgendeinen Kredit aufnehmen, sondern dies nur mit einem ausschließlichen Verwendungszweck.637 Ihm werde deshalb auch dann ein ungewollter Kredit aufgezwungen, wenn der abgerufene Darlehensbetrag nicht entsprechend dieser ursprünglichen Zweckbestimmung, etwa für eine Überweisung, verwendet, sondern stattdessen unmittelbar an den Vollstreckungsgläubiger abgeführt würde.638 Folge dieser Ansicht ist, dass ein Darlehensauszahlungsanspruch nicht gepfändet werden kann, weil die Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts den Schuldner nicht nur vor der selbständigen Inanspruchnahme seiner Kredit­ linie durch einen Pfändungsgläubiger, sondern umfassend in seiner Verwendungsfreiheit schützt. Zwar legt auch das hiesige geschäftsbesorgungsrechtliche Verständnis der Zahlungsabwicklung vorbehaltlich späterer Überprüfung639 die Unteilbarkeit eines Zahlungsauftrags i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB nahe, der den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gleichzeitig konkretisiert und legitimiert.640 Dass der Schuldner sein Girokonto durch debitorische Kontoführung in der Konsequenz dann dauerhaft der Zwangsvollstreckung entziehen könnte, erweist sich jedoch als untragbares Ergebnis und widerspricht insbesondere der durch die Einführung des P-Kontos gesetzlich fixierten Abwägung zwischen dem Befriedigungsinteresse des Gläubigers und schützenswerten Belangen des Schuldners.641 Sollte die Pfändung eines vermeintlichen Auszahlungsanspruchs als gangbarer Weg ausscheiden, ist nach anderen Wegen zu suchen, einen interessengerechten Ausgleich zwischen dem Befriedigungsinteresse des Gläubigers und den Belangen des Schuldners nach Maßgabe der gesetzgeberischen Wertentscheidung herzustellen und insbesondere ein dauerhaftes Unterlaufen der Kontovollstreckung durch debitorische Kontoführung zu verhindern. 636  Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 72; Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 34; ders., in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 91; ders., WM 2004, 1109, 1114; ders., WM 2001, 889, 894 f.; Rath, ZVI 2004, 386 f. 637  Bitter, WM 2001, 889, 895; MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 256; Rath, ZVI 2004, 386 f. 638  Plastisch Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 70, und Bitter, WM 2001, 889, 895. 639  Zur Funktion der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nach neuem Zahlungsverkehrsrecht unten § 7 F. I. 640  s. hierzu § 3 A. II. 3. c). 641  s. hierzu bereits oben § 7 E. I. 2. a) cc).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

bb) Pflicht zur Ablehnung eines Zahlungsauftrags nach Pfändung der Kreditlinie Auf der Unteilbarkeit eines Zahlungsauftrags beruht auch die von Reinfried Fischer angestellte Erwägung, der Zahlungsdienstleister des Schuldners sei nach der Pfändung der Kreditlinie zur Zurückweisung eines Zahlungsauftrags verpflichtet, weil diesem eine weisungsgemäße Ausführung unmöglich sei, wenn die Darlehensvaluta nicht zweckentsprechend verwendet werden könne, sondern unmittelbar an den Vollstreckungsgläubiger abzuführen sei.642 c)  Entgegnung der herrschenden Meinung: Darlehensgewährung als notwendig zweiaktiger Vorgang Dieser Kritik vermag sich die herrschende Meinung nur dadurch zu erwehren, dass sie die Darlehensgewährung auf einem Kontokorrentkonto als notwendig zweiaktigen Vorgang begreift, der sich aufspalten lässt in den Abruf der Darlehensvaluta und ihre anschließende Verwendung.643 Nur mit der Prämisse, dass der Kontoinhaber den von ihm begehrten Kredit tatsächlich erhalte und die Valuta „lediglich gegen seinen Willen in eine andere Richtung gelenkt“644 werde, lassen sich die soeben dargestellten Einwände widerlegen. Hiernach wird ein „zweckfreier“ Darlehenauszahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB nach Abruf der Kreditlinie durch Erteilung eines Zahlungsauftrags zunächst Bestandteil des Schuldnervermögens und als solcher von der Beschlagnahme und damit den Pfändungswirkungen gem. § 829 Abs. 1 ZPO erfasst.645 Das Inhibitorium gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO untersagt dem Schuldner ab diesem Zeitpunkt die Einziehung der gepfändeten Forderung dadurch, dass die Valuta zur Ausführung des Zahlungsauftrags eingesetzt wird. Diese Folge könne auch nicht etwa dadurch umgangen werden, dass man dem Schuldner die Möglichkeit einräumte, künftige Forderungen nur unter dem Vorbehalt der Erfüllung an ihn selbst, nicht an einen dritten Vollstreckungsgläubiger zu erwerben.646 Entsprechend – so die Anhänger der herrschenden Meinung – könne der Schuldner auch nach Auszahlung eines Geldbetrags gegenüber einer Barpfändung nicht einwen642  R. Fischer, DZWIR 2002, 143, 144 f.; zustimmend Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 34; ders., in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 89. 643  Vgl. Fritzsche, DStR 2002, 265, 268; Gaul, KTS 1989, 3, 16 f.; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71; Lwowski / Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Hellner 1994, 57, 70; Ploch, DB 1986, 1961, 1964; Scholl, DZWIR 2005, 353, 358; Zeller, S.  95 f. 644  Fritzsche, DStR 2002, 265, 268. 645  Grube, S. 164; Zeller, S. 96. 646  Felke, WM 2002, 1632, 1639.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie279

den, den betreffenden Geldbetrag nicht zur Befriedigung der zu vollstreckenden Forderung, sondern zu anderen Zwecken von seinem Konto abgehoben zu haben.647 Wenn schon einseitige Zweckbestimmungen des Drittschuldners vollstreckungsrechtlich nur dann beachtlich seien, wenn sie treuhänderischen Charakter aufwiesen,648 sei die einseitige Verwendungsabsicht des Vollstreckungsschuldners, der insoweit keinen Schutz genieße, erst recht nicht von Bedeutung.649 Gerade der Entzug der Dispositionsfreiheit über das Schuldnervermögen mache die Zwangsvollstreckung aus, die andernfalls ihre Funktion als Korrelat zum staatlichen Gewaltmonopol nicht erfüllen könnte.650 d) Zwischenergebnis Ob der von der herrschenden Rechtsauffassung befürwortete materiellrechtliche Ansatz zur Begründung der eingeschränkten Pfändbarkeit einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit Zustimmung verdient, entscheidet sich nach den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts. Allein sie geben Maß über die dem Schuldner gegen seinen Zahlungsdienstleister zustehenden Ansprüche und damit über mögliche Gegenstände einer Forderungspfändung.

F.  Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs bei debitorischem Kontostand Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass nicht das praktische Ergebnis einer faktischen Kontosperre, sondern in erster Linie dessen dogmatische Umsetzung Schwierigkeiten bereitet. Ob der favorisierte materiellrechtliche Lösungsansatz auf Grundlage des hiesigen geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnisses der Zahlungsabwicklung weiterhin Geltung beanspruchen kann, ist nachfolgend zu untersuchen.

647  Ganter,

in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 149; Scholl, DZWIR 2005, 353, 359. hierzu schon § 4 C. I. 1. und oben § 7 C. II. 2. 649  BGHZ  147, 193, 198. 650  Vgl. BGHZ  147, 193, 200, unter Hinweis auf E. Wagner, WM 1998, 1657, 1662; Klose, MDR 2002, 186, 189. 648  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

I.  Die Funktion der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nach Maßgabe des novellierten Zahlungsverkehrsrechts Der Krediteröffnungsvertrag wird heute übereinstimmend als atypischer Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB charakterisiert, der als selbständiger, wenn auch verbundener Vertrag neben dem Girovertrag besteht.651 Letzterer gestattet dem Kontoinhaber nach dieser Interpretation des bankrechtlichen Vertragsgefüges über den durch Abruf konkretisierten Darlehensauszahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB nicht nur durch Barabhebung, sondern auch in unbarer Weise zu disponieren. 1.  Der Krediteröffnungsvertrag als integraler Bestandteil des Zahlungsdiensterahmenvertrags Diese Sichtweise wird indessen den unter § 3 herausgearbeiteten Grundsätzen des girovertraglichen Zahlungsverkehrs nicht gerecht. Die dortigen Ausführungen haben belegt, dass dem Bankkunden aufgrund eines Kontoguthabens nicht ein autonomer Auszahlungsanspruch zusteht, der lediglich durch den Girovertrag modifiziert wird. Unter Geltung des novellierten Zahlungsverkehrsrechts fungiert ein kreditorischer Saldo vielmehr als Deckungsgrundlage für den Anspruch des Kontoinhabers auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.652 Zu den geschäftsbesorgungsrechtlichen Zahlungsvorgängen i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 1 BGB rechnen nicht nur sämtliche unbaren Zahlungsverfahren, sondern nach richtiger Ansicht auch die Barauszahlung. Das Kontoguthaben ist daher treffend als „integraler Bestandteil“ des Girovertrags beschrieben worden.653 Gleiches gilt für eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit.654 Diese verschafft dem Kontoinhaber einen Anspruch auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs. Einzig diese Sichtweise ist vereinbar mit dem geltenden Zahlungsverkehrsrecht, das den Zahlungsdiensterahmenvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag ausgestaltet. Insbesondere indiziert § 675u S. 1 BGB, dass die Inanspruchnahme einer Kreditlinie als Aufwendungsersatzanspruch im Kontokorrent Berücksichtigung findet, §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Hieraus 651  Zur

dogmatischen Einordnung bereits oben § 7 B. Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag § 3 A. III. 653  Graf von Westphalen, WM 1995, 1209, 1215 f. 654  Graf von Westphalen, WM 1995, 1209, 1215 f.; vgl. auch schon Schönke, JW 1934, 2745, 2746, nach dem ein Krediteröffnungsvertrag nicht selbständig, sondern stets mit einem Kontokorrent verbunden ist. 652  Zum



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie281

folgt – entsprechend der Beurteilung im kreditorischen Bereich –,655 dass in der Ausführung eines Zahlungsvorgangs nicht gleichzeitig die Tilgung eines autonomen Darlehensauszahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB erblickt werden kann. 2.  Widerspruch zur Rechtsnatur der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit als atypischer Darlehensvertrag? Auf den ersten Blick scheint die hier befürwortete Funktion einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit unvereinbar mit der allenthalben geteilten Qualifikation des Dispositionskredits als atypischer Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB. Zwar erkennt die herrschende Meinung an, dass der Kontokorrentkredit in Abweichung zu einem herkömmlichen Gelddarlehen i. S. v. § 488 BGB atypische Wesenszüge aufweist.656 Die Rückbindung des Dispositionskredits an den Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB verleitet jedoch offenbar zu der Annahme, als spezieller Fall des Gelddarlehens gewährte auch eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit zunächst einen Anspruch auf Zur-Verfügung-Stellung der Valuta gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB, der zu trennen sei von der nachfolgenden Verwendung der Kreditmittel nach Maßgabe des Girovertrags. a)  Der Wortlaut des § 504 BGB Für die hier vertretene Auffassung streitet zunächst der Wortlaut des § 504 BGB, der im Wesentlichen demjenigen der Vorschrift des § 493 Abs. 1 BGB a. F. entspricht. Die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit definiert § 504 Abs. 1 BGB als ein besonderes Verbraucherdarlehen, das dem Darlehensnehmer das Recht einräumt, sein laufendes Konto in vorher festgelegter Höhe zu überziehen. Im Gegensatz zu § 488 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt § 504 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich einen Anspruch auf Zur-Verfügung-Stellung der Darlehensvaluta. Wenn die Vorschrift stattdessen von der Einräumung eines Überziehungsrechts spricht, löst dies die Kreditgewährung von dem Akt der Zur-Verfügung-Stellung. Aus der Ausübung dieses Überziehungsrechts folgt nicht explizit eine Rückzahlungspflicht i. S. v. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern eine „Überziehung“ des laufenden Kontos. Die Definition der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit in § 504 Abs. 1 BGB korrespondiert daher terminologisch mit dem geschäftsbesorgungsrecht­ lichen Verständnis der Zahlungsabwicklung. Als Recht zur Überziehung mag man den Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zah655  s. hierzu 656  Vgl.

§ 3 B. zu den Merkmalen des Krediteröffnungsvertrags bereits oben § 7 B.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

lungsdiensterahmenvertrag auffassen, dessen Inanspruchnahme eine „Überziehung“ in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB als notwendige Folge der Geschäftsbesorgung begründet. Zwar trifft § 504 BGB ausschließlich Regelungen für die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit als Unterfall eines Verbraucherdarlehens i. S. v. § 491 BGB. Dass § 504 BGB Informationspflichten für eine Darlehensbeziehung zwischen Verbraucher und Unternehmer statuiert und Vorschriften des Verbraucherdarlehensrechts für entsprechend anwendbar erklärt, hindert indessen nicht die Verallgemeinerung der Definition einer Überziehungsmöglichkeit auf sämtliche Dispositionskredite, die auf einem laufenden Konto gewährt werden. Denn dieses Begriffsverständnis beruht nicht auf Besonderheiten des personalen Anwendungsbereichs von § 504 BGB. Entgegen der Wortlautauslegung scheint die Gesetzesbegründung jedoch an der hergebrachten Qualifikation einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit als „besondere Form des Darlehensvertrags“ festzuhalten und damit die „Zuordnung dieses Vertragstyps zum Darlehensvertrag“ zu wahren.657 b)  Der Darlehensbegriff im BGB Der damit vermeintlich fortbestehende Widerspruch zwischen Zahlungsverkehrsrecht und Darlehensrecht löst sich jedoch auf, wenn man sich Reichweite und Inhalt des Darlehensbegriffs im BGB vor Augen führt. aa)  Ablösung des Kreditbegriffs durch den Darlehensbegriff Nach § 607 Abs. 1 BGB a. F. kam ein Darlehensvertrag, der den Darlehensnehmer zur Rückerstattung verpflichtete, dadurch zustande, dass er vom Darleiher Geld oder vertretbare Sachen in Empfang genommen hatte.658 War der Gelddarlehensvertrag i. S. v. § 607 Abs. 1 BGB a. F. damit seiner Konzeption nach auch in erster Linie auf die reale Verschaffung der Valuta zu Eigentum des Darlehensnehmers ausgerichtet, war schon damals anerkannt, dass eine Bank ihre Verschaffungspflicht im Einvernehmen mit dem Darlehensnehmer auch auf anderem Wege als durch Auszahlung, namentlich durch Kontogutschrift eines entsprechenden Betrags, erfüllen konnte.659 16 / 11643, S. 89; so auch Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 504 Rn. 2. zur überwundenen Realvertragstheorie bereits oben § 7 B. III. 1. und § 8 B. II. 1. a). 659  Palandt / Putzo, BGB60, § 607 Rn. 10; RGRK-BGB12 / Ballhaus, § 607 Rn. 1, 5 f.; Stauder, S. 98, S. 170; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, § 607 Rn. 341. 657  BT-Drs. 658  Vgl.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie283

Entgegen dem in § 607 BGB a. F. gesetzlich geregelten Darlehen mangelte es zunächst an einer einheitlichen rechtlichen Definition des „Kredits“.660 Wirtschaftlich bildet der Terminus „Kredit“ nach allgemeiner Ansicht den Oberbegriff für alle Arten der Überlassung von Kaufkraft auf Zeit.661 Eine Verrechtlichung des Kreditbegriffs erfolgte zuerst aufsichtsrechtlich in § 1 Abs 1 Nr. 2, § 19 Abs. 1 und § 21 KWG, wenn auch den dortigen Regeln keine allgemeingültige Definition des „Kreditbegriffs“ entnommen werden konnte.662 Zivilrechtlich verlieh ihm die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 22.12.1986 (87 / 102 / EWG) Kontur. § 1 Abs. 2 VerbrKrG definierte den Kreditvertrag als Sammelbegriff für Verträge, durch die ein Kreditgeber einem Verbraucher einen entgeltlichen Kredit in Form eines Darlehens, eines Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht.663 Mit der Schuldrechtsreform integrierte der Gesetzgeber das VerbrKrG in das BGB und beraubte den Terminus „Kredit“ gleichzeitig seiner vormaligen Funktion als Oberbegriff für sämtliche Arten der befristeten Belassung von Kaufkraft.664 Stattdessen wurden die einzelnen Arten der Kreditgewährung jeweils eigenständigen Regelungen zugeführt.665 Nachdem § 493 BGB a. F. zwischenzeitlich noch den Dispositionskredit und die geduldete Überziehung unter der Überschrift „Überziehungskredite“ zusammengefasst hatte – wenn auch im Gesetzestext ausschließlich von „Darlehen“ die Rede war –, ist der Kreditbegriff mit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 23.04.2008 (2008 / 48 / EG) gänzlich aus dem Gesetz verschwunden, obwohl auch die Richtlinie selbst durchweg an dem Terminus „Kredit“ als zentralem Begriff festhält. Stattdessen ist der Untertitel, der mit den §§ 488 ff. BGB und §§ 504, 505 BGB sowohl Vorschriften über das herkömmliche Gelddarlehen als auch der Überziehung auf einem laufenden Konto enthält, mit „Darlehensvertrag“ überschrieben.666 660  Der

Kreditbegriff fand sich aber etwa schon in § 778 BGB. Bankvertragsrecht3, Rn. 1195; Wunderlich, in: Bankrechts-Hand4 buch , § 75 Rn. 1; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 38; Stauder, S.  28 f.; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, § 607 Rn. 12. 662  Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 1196; Stauder, S.  26 f.; Staudinger /  Mülbert, 2011, § 488 Rn. 389 ff. 663  Vgl. Bülow, NJW 2002, 1145, 1146. 664  Vgl. BT-Drs. 14 / 6040, S. 252; kritisch hierzu Köndgen, WM 2001, 1637, 1641; Meincke / Hingst, WM 2011, 633, 635; Reifner, ZBB 2001, 193, 195. 665  Vgl. BT-Drs. 14 / 6040, S. 252 f.; Reifner, ZBB 2001, 193, 195 erblickt hierin einen „Rückschritt vom Kredit- zum Darlehensrecht“. 666  Köndgen, WM 2001, 1637, 1641, hat zurecht moniert, dass die Einordnung der Überziehungskredite i. S. v. § 493 BGB a. F. unter den Titel „Darlehensvertrag“ eine „Umkehrung von Allgemeinem und Besonderem“ sei. 661  Canaris,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

bb)  „Entmaterialisierung des Gelddarlehens“ Die inhaltliche wie terminologische Rückbindung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB an das Darlehensrecht mag man daher zu einem wesentlichen Teil dem Umstand zuschreiben, dass der Gesetzgeber das Darlehen Schritt für Schritt als zentralen Begriff zur Bezeichnung der Fälle effektiver Kreditgewährung etabliert hat. Diese Anpassung der Begrifflichkeit wurde freilich begeleitet von einer Ausweitung des Darlehensbegriffs in der Sache. So kann auch die Gewährung einer Überziehungsmöglichkeit auf einem laufenden Konto jedenfalls hinsichtlich der Darlehensauskehr hierunter gefasst werden. Denn der Gesetzgeber begreift das Darlehen nicht im traditionellen Sinne als Übereignung von baren Zahlungsmitteln, sondern erkennt die Zur-Verfügung-Stellung der Darlehensvaluta auch in den Formen des „bargeldlosen Verkehrs wie die Überweisung, die Gutschrift, die Gewährung eines Kontokorrentkredits und in dessen Rahmen die Einräumung eines Überziehungskredits“ ausdrücklich an,667 wie es schon unter § 607 Abs. 1 BGB a. F. bei einer dahingehenden Parteivereinbarung der Fall war.668 Damit ist die konkrete Ausgestaltung der zeitweisen Gewährung von Kreditmitteln über ein Girokonto den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts unterworfen.669 Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang verschiedentlich von der „Entmaterialisierung des Gelddarlehens“ gesprochen.670 In § 488 Abs. 1 S. 1 BGB hat die Pflicht zur nur wertmäßigen Verschaffung der Valuta Niederschlag darin gefunden, dass die Vorschrift von der Zur-Verfügung-Stellung „eines Geldbetrags“ handelt.671 Geben aber die Vorschriften des Zahlungsverkehrsrechts Maß über die Art und Weise der Darlehensgewährung auf einem Girokonto, ist ein Kontokorrentkredit nicht als reiner Zahlungskredit aufzufassen. Zwar verschafft er dem Kunden einen Anspruch auf Barauszahlung bzw. Vornahme eines unbaren Zahlungsvorgangs. Ihn kennzeichnet jedoch in erster Linie, dass das Kreditinstitut zu diesem Zwecke auftragstypisch in Vorleistung tritt. Hindert bei einem kreditorischen Saldo die Kontokorrentbindung eine Dis667  BT-Drs.

14 / 6040, S. 253. Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 488 Rn. 5; Wunderlich, in: BankrechtsHandbuch4, § 76 Rn. 3. 669  Ähnlich Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 69, und Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 466, nach denen die Sondervorschriften des neuen Zahlungsverkehrsrechts bei der Kreditgewährung über ein Zahlungskonto bei einem Kreditinstitut vorrangig zu beachten seien. 670  Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 24; Mülbert, WM 2002, 465, 468; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 26; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 15. 671  BT-Drs. 14 / 6040, S. 253. 668  s. auch



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie285

position über die gelähmten Habenposten, mangelt es an solchen bei debitorischem Kontostand schon gänzlich und muss die Bank aus diesem Grund zur Zahlungsausführung zunächst eigene Mittel aufwenden. c) Zwischenergebnis Die Rückbindung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit an den Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB steht der Einordnung einer Kreditlinie als „integralem Bestandteil“ des Zahlungsdiensterahmenvertrags nicht entgegen und zwingt nicht zu der Annahme, der Kontokorrentkredit vermittele in jedem Fall einen originären Darlehensauszahlungsanspruch. Nach Maßgabe der Zahlungsverkehrsvorschriften ist eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB ebenso wie ein Kontoguthaben lediglich Voraussetzung für den Anspruch des Kontoinhabers auf Durchführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. II. Auswirkungen auf die Vollstreckung in eine Kreditlinie Auf dieser Grundlage gilt es zu untersuchen, ob und inwieweit der girovertragliche Ausführungsanspruch der Vollstreckung unterliegt, wenn eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit die Deckungsgrundlage bildet. 1.  Einstufige Kreditgewährung Nach den vorangegangenen Ausführungen zur Funktion einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB unter dem aktuellen Zahlungsverkehrsrecht kann zunächst festgehalten werden, dass sich der überwiegend befürwortete materiell-rechtliche Begründungsansatz für die herrschende vermittelnde Ansicht von der Pfändbarkeit eines Dispositionskredits nicht aufrecht erhalten lässt. Im Ergebnis ist vielmehr denjenigen Stimmen Recht zu geben, die hiergegen schon bislang geltend gemacht haben, dass sich die Erteilung eines Zahlungsauftrags nicht in den Abruf der Kreditlinie und die anschließende Verwendung der bereitgestellten Darlehensvaluta aufspalten lasse.672 Zwar unterscheidet das Gesetz zwischen einem Zahlungsauftrag des Zahlers i. S. v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB, der einen Zahlungsvorgang auslöst, und der Autorisierung des begehrten Zahlungsvorgangs gem. § 675j Abs. 1 S. 1 BGB und erscheint die materiell-rechtliche Lösung der herrschenden Mei672  s. dazu

bereits oben § 7 E. II. 2.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

nung daher nach wie vor zumindest rechtlich konstruierbar. Ein vom Schuldner erteilter, einheitlicher Zahlungsauftrag lässt sich jedoch nicht in seine rechtlichen Wirkungen aufspalten. Er beinhaltet in tatsächlicher Hinsicht vielmehr – ebenso wie die auftragsrechtliche Weisung nach § 665 BGB – stets auch eine Autorisierung.673 Eine solche Zahlungsweisung des Kunden legitimiert die Kontobelastung nur insoweit, als sie auf einer konkret weisungskonformen Zahlungsausführung beruht. Dies macht gerade das hiesige geschäftsbesorgungsrechtliche Verständnis des Giroverkehrs deutlicher als die von den Kritikern bemühte Einheitlichkeit des Abrufrechts, die eine Unterscheidung zwischen „Ob“ und „Wie“ der Kreditinanspruchnahme nicht zulasse.674 Per definitionem setzt ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675c Abs. 1, 670 BGB voraus, dass der Zahlungsdienstleister die getätigten Aufwendungen für die Erfüllung eines bestimmten (Zahlungs-) Auftrags für erforderlich halten durfte. Das ist nur der Fall, wenn der Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag entsprechend den Vorgaben des Zahlers ausgeführt hat. Führt die Bank den Darlehensbetrag aber an einen Pfändungsgläubiger ab, kann sie hierfür keinen Aufwendungsersatz vom Zahler verlangen, weil die von ihr eingesetzten Mittel nicht zur Erfüllung des konkreten Zahlungsauftrags erforderlich waren. Die von der herrschenden Meinung propagierte, zweistufige Kreditgewährung erweist sich dagegen als unvereinbar mit der Ausgestaltung des Zahlungsverkehrsrechts als speziellem Fall des Geschäftsbesorgungsvertrags i. S. v. § 675 BGB. Einem Girokontoinhaber steht ungeachtet der Art der Kontodeckung zu keiner Zeit ein autonomer Auszahlungsanspruch zu, über den er dann ggf. in girovertraglich modifizierter Weise verfügen kann. Stattdessen tritt der Zahlungsdienstleister in Höhe des Zahlungsbetrags in Vorleistung. Es fehlt mithin stets an einem durch Abruf konkretisierten Darlehensauszahlungsanspruch, der als künftige Forderung gepfändet werden könnte. 2.  Pfändung des Ausführungsanspruchs in Höhe der nicht ausgeschöpften Kreditlinie Es verbleibt damit die Frage, ob der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag als Gegenstand der Forderungsvollstreckung taugt. Mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags ist dieser Anspruch materiell-rechtlich bereits vollumfänglich entstanden. Der Schuldner kann über ihn in Höhe der Kreditlinie disponieren. Man könnte daher der Ansicht sein, ein Gläubiger müsse diesen Anspruch folg673  Dazu 674  Dazu

oben unter § 3 A. II. 3. c). soeben § 7 E. II. 2. b) aa).



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie287

lich in gleichem Umfang pfänden und verwerten können.675 Interessen der Bank als Drittschuldnerin, die sich der Inanspruchnahme einer Überziehungsmöglichkeit zudem durch Kündigung bzw. der Einräumung unter der auflösenden Bedingung der Pfändbarkeit erwehren kann,676 stehen dem nicht entgegen.677 Nach heute einhelliger Ansicht hindern jedoch schützenswerte Belange des Schuldners die Pfändung und Verwertung einer Kredit­ linie ohne seine Mitwirkung. So soll ein Vollstreckungsgläubiger das höchstpersönliche Abrufrecht des Schuldners nicht selbst an dessen Stelle ausüben können, weil diesem sonst unter Verletzung seiner negativen Privatautonomie eine Verbindlichkeit in Gestalt des Darlehensrückzahlungs- und Zinsanspruchs aufgezwungen werden könnte.678 a) Aufwendungsersatz bei kreditorischer Kontoführung Im kreditorischen Bereich ist die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB als Folge der Zahlungsausführung vorrangig buchungstechnisch indiziert. In Gestalt des girovertraglichen Ausführungsanspruchs begeben sich die Parteien in gewisser Weise, allerdings innerhalb der Vorgaben des Periodenkontokorrents dessen Sicherungswirkung.679 Den Vermögenswert der an sich kontokorrentgebundenen Zahlungseingänge vermag der Kontoinhaber entgegen der Kontokorrentbindung und inhaltlich beschränkt auf die girovertraglich vorgesehenen Zahlungsdienste jederzeit zu realisieren. Tatsächlich führt die Pflicht des Zahlers zur Erstattung der Aufwendungen des Zahlungsdienstleisters hier nicht dazu, dass er sich diesem gegenüber verschuldet. Der Ausführungsanspruch beseitigt auf Ebene des Girovertrags lediglich die der kontokorrentrechtlichen Geschäftsabwicklung geschuldete Indisponibilität der einzelnen Habenposten. b)  Vollstreckungsrelevante Verschuldung des Kontoinhabers im debitorischen Bereich? Wie dargelegt unterscheidet sich die Zahlungsabwicklung nicht nach der Art der Kontodeckung.680 Führt der Zahlungsdienstleister einen Zahlungsvorgang zulasten einer Kreditlinie aus, erwächst ihm hieraus ebenfalls ein 675  So Teile der älteren instanzgerichtlichen Rechtsprechung und des Schrifttums, oben § 7 C. III. 1. 676  Zu den Gegenrechten des Zahlungsdienstleisters § 7 D. 677  s. hierzu bereits § 6 B. II. 4. d). 678  Dazu oben § 7 C. III. 2. 679  s. hierzu und zum Folgenden bereits § 6 B. II. 680  Vgl. oben unter § 7 F. I.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, der Eingang findet in das Kontokorrent. Es stellt sich die Frage, ob dieser zahlungsverkehrsrechtlich identische Vorgang bei debitorischer Kontoführung im Hinblick auf die Vollstreckung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs einer abweichenden Beurteilung unterliegt. aa)  Unbeachtlichkeit der Darlehensrückzahlungsverpflichtung Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Zahlungsausführung bei debitorischem Kontostand von der Zahlung aus einem rechnerischen Guthaben dadurch, dass der Ausführungsanspruch aufgrund der Kreditzusage nicht nur die kontokorrentrechtliche Lähmung überwindet, sondern dem Kontoinhaber einen gegenwärtig überhaupt (noch) nicht vorhandenen Vermögenswert verschafft. Gleichwohl lässt sich die Zahlung aus einem Dispositionskredit bei wirtschaftlicher Betrachtung ebenfalls als Vorausverfügung des Kontoinhabers deuten.681 Für die Befriedigung des infolge der Zahlungsausführung entstehenden Schuldpostens kann die Bank wegen der Kontokorrentbindung vorrangig auf künftige Zahlungseingänge zugreifen. In dem Ausführungsanspruch ist daher der durch einen späteren Zahlungseingang vermittelte Vermögenswert im Zeitpunkt der Geltendmachung antizipiert. Dass sich der Zahlungsdienstleister zum Einsatz eigener Mittel einerseits bereit erklärt, weil auf dem Konto gegenwärtige, allerdings dem unmittelbaren Zugriff durch die Kontokorrentbindung entzogene Habenposten des Kontoinhabers vorhanden sind, und andererseits, weil er auf künftige Zahlungseingänge vertraut, kann für den Vermögenswert des Ausführungsanspruchs selbst keinen Unterschied machen. Andernfalls hinge der Vermögenswert ein und desselben Anspruchs, dem stets eine Vorleistung der Bank inhärent ist, von der zufälligen zeitlichen Reihenfolge von Zahlungsein- und -ausgängen auf dem Konto ab. Das kann nicht überzeugen. Der einzige Unterschied ergibt sich für das Kreditinstitut, das mit der Darlehenszusage das Risiko der Einbringlichkeit seiner Vorausleistungen eingeht. Wie im kreditorischen Bereich muss der Umstand, dass infolge der Zahlung ein Schuldposten in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs und in Höhe des Zahlungsbetrags entsteht, daher konsequent auch für den Vermögenswert des Ausführungsanspruchs aufgrund einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit unbeachtlich sein. Aus diesem Grund kann auch die herrschende Meinung insoweit nicht überzeugen, als sie die Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts damit zu rechtfertigen sucht, dass die Inanspruchnahme des Kredits einen Darlehensrückzahlungsanspruch begründe. Selbst wenn man die Richtigkeit der These 681  Zu

dieser These für ein kreditorisch geführtes Konto s. § 6 B. II. 2.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie289

von der zweiaktigen Kreditgewährung auf einem Girokonto unterstellt,682 verfängt diese Argumentation nicht. So soll die Rückzahlungsverpflichtung die Vollstreckung des abgerufenen Darlehensauszahlungsanspruch nicht hindern – weder sei Gegenstand des Anspruchs die bloß zeitweise Überlassung der Valuta noch schmälere die Erstattungspflicht den Wert des Darlehensauszahlungsanspruchs.683 Ist aber der Darlehensrückzahlungsanspruch für die Vollstreckungstauglichkeit des konkretisierten Auszahlungsanspruchs hiernach ohne jede Bedeutung, leuchtet nicht ein, warum die Höchstpersönlichkeit des Abrufrechts gerade damit zu rechtfertigen sein soll, dass die Ausübung den gänzlich unbeachtlichen Rückzahlungsanspruch zur Entstehung gelangen lässt. Beschränkt man den Blick auf den aus jeder Zahlungsausführung resultierenden Aufwendungsersatzanspruch führt die selbständige Verwertung der Kreditlinie durch einen Vollstreckungsgläubiger nicht dazu, dass dem Schuldner in unzulässigerweise eine Verbindlichkeit aufgezwungen würde. bb)  Sonstige Nachteile eines „aufgezwungenen Gläubigertauschs“ Gegen die Inanspruchnahme einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Pfändungsgläubiger können daher allein die hiermit für den Schuldner verbundenen sonstigen, mittelbaren Nachteile sprechen.684 Tatsächlich stoßen sich die Vertreter der herrschenden Rechtsauffassung wohl vor allem daran, dass der Kontoinhaber für die Inanspruchnahme des Dispositionskredits Zinsen entrichten muss. Diese werden die Verzugszinsen, die vom Schuldner an den vollstreckenden Forderungsgläubiger gem. § 288 BGB zu zahlen sind, in aller Regel übersteigen. Wäre die Inanspruchnahme der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit hingegen zu günstigeren Konditionen möglich, bestünde kein Grund, warum der Schuldner den Gläubiger nicht freiwillig aus der Kreditlinie befriedigen sollte. Die Antwort auf die Frage nach der Vollstreckungsmöglichkeit in einen Dispositionskredit entscheidet sich somit nach der Beachtlichkeit der Verzinsungspflicht.

682  Zum dogmatischen Verständnis des Krediteröffnungsvertrags nach herrschender Auffassung § 7 B. 683  Ausführlich hierzu oben § 7 C. II. 1. 684  Neben der sogleich eingehend zu untersuchenden Verzinsungspflicht nennt Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 458, dem Schuldner evtl. nachteiligere AGB der Banken und Sparkassen sowie die Übermittlung seiner Daten an die SCHUFA, sofern eine Kreditrückzahlung unterbleibt.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

(1)  Zinsen als Entgelt für die Antizipation des Vermögenswerts Zwar ist der Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag und insbesondere der ihm durch Antizipation späterer Zahlungseingänge bzw. aktuell „gelähmter“ Habenposten zukommende Vermögenswert ungeachtet der Art der Kontodeckung grundsätzlich stets der Gleiche. Für die Beachtlichkeit der Darlehenszinsen ließe sich jedoch argumentieren, dass der Anspruch gegenwärtigen Vermögenswert im debitorischen Bereich erst dadurch erlange, dass der Kontoinhaber sich entscheide, für die „Verfrühung“ späterer Zahlungseingänge ein Entgelt in Gestalt der Zinsen aufzuwenden. Diese wären dann als Gegenleistung dafür aufzufassen, dass die Bank in Vorleistung tritt und dem Kunden auf diese Weise bereits jetzt Verfügungsbefugnis über künftiges Vermögen vermittelt. Könnte ein Vermögenswert des Ausführungsanspruchs hiernach nur bejaht werden, wenn der Kontoinhaber mit Abruf eine Gegenleistungszusage hinsichtlich der Zinsen träfe, läge hier ein Anhaltspunkt, einem Vollstreckungsgläubiger den selbständigen Abruf der Kreditlinie zu versagen. Denn hierzu müsste er dann eine weitere Verbindlichkeit zulasten des Kontoinhabers begründen. (2)  Unbeachtlichkeit der Verzinsungspflicht Für eine positive Verknüpfung zwischen dem Darlehenszins als Gegenleistung für eine konkrete Vorleistung des Zahlungsdienstleisters, die der vorgenannten Argumentation zugrunde liegt, finden sich allerdings keine Anhaltspunkte im geltenden Zahlungsverkehrsrecht. Richtigerweise rechtfertigt es die Pflicht des Kontoinhabers zur Verzinsung eines Sollstands nicht, die Pfändung und Verwertung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag für den debitorischen Bereich einzuschränken. Die für eine Überziehung zu entrichtenden Zinsen erweisen sich als lediglich „mittelbare“ Folge der Inanspruchnahme. Nun taugt die Umschreibung als „mittelbar“ bzw. „unmittelbar“ einzig zur Bezeichnung eines bestimmten Ergebnisses, nicht aber zu seiner Begründung. Die Unbeachtlichkeit der Verzinsungspflicht belegen jedoch sowohl tatsächliche als auch rechtliche Überlegungen. (a)  Saldierung tatsächlicher Vor- und Nachteile In tatsächlicher Hinsicht ist bereits früher von einigen Autoren darauf hingewiesen worden, dass die Belastung des Schuldners mit dem Darlehenszins nach Verwertung der Kreditlinie durch den Vollstreckungsgläubiger durch die Befreiung von den an diesen zu entrichtenden Verzugszinsen gem. § 288



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie291

BGB zum Teil aufgewogen werde.685 Betreibt man die hypothetische Saldierung von Vor- und Nachteilen als Folge des Vollstreckungszugriffs weiter, ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Schuldner infolge der (zwangsweisen) Inanspruchnahme der Kreditlinie (teilweise) von einer an die Bank zu zahlenden Nichtabnahmeentschädigung freigestellt wird und sich eine evtl. aufgebrachte Bereitstellungsprovision wenigstens „auszahlt“.686 Zwar wird die Verschuldung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger dennoch regelmäßig „günstiger“ als die Kreditaufnahme bei der Bank sein, weil der Schuldner die titulierte Forderung andernfalls schon aus freien Stücken befriedigen würde. Gleichwohl zeigen diese Überlegungen, dass die Verzinsungspflicht als lediglich „mittelbare“ Auswirkung der Vollstreckung keine Beachtung verdient. Machte man Ernst mit der Saldierung sämtlicher – auch entfernterer – Vorund Nachteile und erblickte in jeder Beeinträchtigung schuldnerischer Belange, die über den Verlust der Forderung hinausgeht, ein Vollstreckungshindernis, müsste man in letzter Konsequenz ggf. auch die Pfändung und Verwertung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs bei einem Kontoguthaben für unzulässig halten, wenn der Kontoinhaber hierdurch einen Anspruch auf Habenzinsen einbüßt, der ausnahmsweise höher ist als die dem Gläubiger geschuldeten Verzugszinsen. (b)  Rechtliche Betrachtung Auch aus darlehens- und zahlungsverkehrsrechtlicher Sicht stellt sich die Verzinsungspflicht als im Rahmen der Vollstreckung unbeachtliche Nebenfolge des Kreditabrufs dar. (aa)  Darlehensrechtliche Zinsakzessorietät Wenn die einhellige Rechtsauffassung das – jedenfalls im Ergebnis – abweichend beurteilt, beruht diese Einschätzung wohl darauf, dass sie die Geltung des allgemeinen zinsrechtlichen Akzessorietätsdogmas687 auch für 685  Grund, S. 114 ff., der außerdem darauf hinweist, dass etwa auch die Pfändung eines Gesellschaftsanteils gem. § 859 Abs. 1 ZPO und die Auseinandersetzung nach Kündigung durch den Pfändungsgläubiger, § 725 Abs. 1 BGB, für den Schuldner mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann; vgl. auch Baßlsperger, Rpfleger 1986, 266, 267; Luther, BB 1985, 1886, 1888; dagegen Gaul, KTS 1989, 3, 19, die Ausgleichspflicht des Gesellschafters nach Kündigung der Gesellschaft sei lediglich „mittelbare“ Vollstreckungsfolge; ihm zustimmend Zeller, S.  110 f. 686  Zur Nichtabnahmeentschädigung und Bereitstellungsprovision schon oben § 7 B. I. 687  s. hierzu schon die Motive, Band II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 17, zu § 217 E-BGB = § 246 BGB, (abgedruckt bei Mugdan, Band II, S. 9).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

das Darlehen i. S. v. § 488 BGB688 und im Speziellen für einen Kontokorrentkredit annimmt. Der Grundsatz der Zinsakzessorietät besagt, dass Voraussetzung eines Zinsanspruchs stets eine zu verzinsende Hauptschuld ist.689 Kehrt man dieses Abhängigkeitsverhältnis um, folgt daraus für das Darlehen, dass die Pflicht zur Entrichtung des vereinbarten Zinses stets mit der Auskehr der Valuta entsteht und bis zu ihrer Rückzahlung fortbesteht. Hiernach ist die Verzinsungspflicht unmittelbar und notwendigerweise mit der Inanspruchnahme des Darlehens und dem Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, respektive §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, verknüpft, so dass sie schwerlich als unbeachtliche, bloß „mittelbare“ Folge des Kreditabrufs aufgefasst werden kann. (bb) Zinsen als synallagmatische Gegenleistung des Darlehensnehmers Entgegen der herrschenden Ansicht von der darlehensrechtlichen Zinsakzessorietät betonen andere – allen voran Mülbert –, dass die Darlehenszinsen die vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Bereithaltung und Belassung der Valuta seien. Der Zinsanspruch findet seinen Ursprung nach dieser Auffassung ausschließlich im Darlehensvertrag.690 Eines Rückgriffs auf das Akzessorietätsprinzip bedürfe es zwar für die Verzinsung gesetz­ licher Ansprüche, weil es hier an einer entsprechenden Parteivereinbarung mangele, nicht aber, wenn sich Darlehensnehmer und Darlehensgeber privatautonom über die Modalitäten der Verzinsung verständigt hätten.691 Allein ein vertraglicher Geltungsgrund der Zinspflicht sei vereinbar mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Darlehens als Konsensualvertrag, während das Akzessorietätsdogma Reminiszenz sei an die Realvertragstheorie.692 Sei aber die Zinspflicht synallagmatische Hauptpflicht, sei nicht einzusehen, warum sie in ihrer Entstehung und ihrem Bestand von dem Rückzahlungsanspruch abhängen soll, der zudem seinerseits nicht im Synallagma zur Darlehensüberlassung steht.693 in: Bankrechts-Handbuch4, § 78 Rn. 5; Derleder / Knops /  Bamberger / Derleder, § 10 Rn. 9; Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Thessinga, HGB2, BankR Rn. IV / 191. 689  Allgemein hierzu etwa RGZ 74, 78, 81; Bamberger / Roth / Grothe, BGB3, § 246 Rn. 1; MünchKomm / Grundmann, BGB6, § 246 Rn. 10, 31. 690  Mülbert AcP 192 (1992), 447, 499 ff.; ders., WM 2002, 465, 469 f.; zustimmend MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 164 ff.; Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 488 Rn. 14; für vertragliche, statt gesetzlicher Akzessorietät des Darlehenszinses Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 184. 691  Mülbert AcP 192 (1992), 447, 499 f.; ders., WM 2002, 465, 469 f.; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 165; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 184. 692  Mülbert, WM 2002, 465, 470; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 166. 688  Bruchner / Krepold,



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie293

Nach Ansicht Mülberts sollen unter den darlehensrechtlichen Zinsbegriff weitergehend nicht lediglich das laufzeitabhängige Entgelt für die dauerhafte Kapitalüberlassung, sondern auch sonstige Gegenleistungen des Darlehensnehmers, wie namentlich eine Nichtabnahmeentschädigung oder eine Bereitstellungsprovision, zu subsumieren sein. Wie auch die Entstehung der Mietforderung – die vor der Schuldrechtsmodernisierung als Mietzins bezeichnet worden ist – nicht voraussetze, dass die Mietsache bereits überlassen sei, sei auch der Darlehenszins nicht zwingend an die Verschaffung der Valuta gekoppelt.694 Nach dieser Sichtweise hätte der Kontoinhaber also seine Gegenleistung in Form der Darlehenszinsen bereits mit Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags zugesagt, so dass sie nicht unmittelbar an die Auskehr der Valuta im Einzelnen anknüpfte. 693

(cc)  Verzinsung nach dem Wertstellungssaldo Welcher der beiden Auffassungen für einen herkömmlichen Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB der Vorzug zu geben ist und ob der „weite“ Zinsbegriff Mülberts Zustimmung verdient, kann für die Zwecke dieser Arbeit unentschieden bleiben. Denn es steht außer Streit, dass auf einem Girokonto sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Kontoinhabers nicht nach den im Kontokorrent gebuchten einzelnen Rechnungsposten, also streng forderungsakzessorisch, sondern nach dem Wertstellungssaldo verzinst wird.695 Geltungsgrund der Zinsabsprache ist der Zahlungsdiensterahmenvertrag i. V. m. dem Preis- und Leistungsverzeichnis des jeweiligen Zahlungsdienstleisters, das Auskunft über die Zinshöhe gibt. Diesem rechtlichen Rahmen für die Zahlungsabwicklung hat sich der Zahlungsdienstnutzer bereits mit Eröffnung seines Kontos unterworfen. Knüpft aber die Zinsberechnung an den Wertestellungssaldo und damit an einen von der konkreten Zahlung gänzlich unabhängigen und von den Girovertragsparteien grundsätzlich beliebig festzulegenden Bezugspunkt an, wird deutlich, dass die Verzinsungspflicht ein Externum ist, dem für die Frage nach der Vollstreckungstauglichkeit des einheitlichen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag keine Bedeutung zukommen kann. Obwohl der zu pfändende Ausführungsanspruch als Gegenstand des Vollstreckungszugriffs stets identisch ist, hinge die Möglichkeit, ihn zu pfänden und zu verwerten, andernfalls letztlich von dem konkreten Konto693  Mülbert, WM 2002, 465, 469 ff.; a. A. Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 184, und wohl MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 488 Rn. 167, die eine vertragliche Rückbindung der Zinsen an den Rückforderungsanspruch annehmen. 694  Mülbert, WM 2002, 465, 471. 695  Dazu bereits § 3 D.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

stand ab. Damit wäre aus Sicht eines Gläubigers eine Zufälligkeit zur Voraussetzung seines Vollstreckungserfolgs gemacht. (dd)  Legitimationswirkung des Zahlungsauftrags Dass es sich bei der Verzinsungspflicht lediglich um eine „mittelbare“ Folge der Inanspruchnahme bzw. Forderungsvollstreckung handelt, lässt sich außerdem aus den Zahlungsverkehrsvorschriften ableiten. Diese differenzieren ausdrücklich zwischen der Belastung des Zahlerkontos mit dem Zahlungsbetrag, vgl. § 675u S. 1 BGB, bzw. dem Verfügbarmachen eines Zahlungseingangs, § 675t Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, und der an die Kontobuchung geknüpften Wertstellung, s. § 675t Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BGB. Deutlich macht diese Unterscheidung die Vorschrift des § 675t Abs. 3 BGB, die das Wertstellungsdatum frühestens auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Belastung des Kontos mit dem Aufwendungsersatzanspruch festlegt.696 Nach § 675u S. 1 BGB kann der Zahlungsdienstleister keinen Ersatz seiner Aufwendungen für die Ausführung nicht autorisierter Zahlungsvorgänge verlangen. Die Legitimationswirkung eines Zahlungsauftrags, vgl. § 675j Abs. 1 BGB, bzw. – in der Diktion der herrschenden Meinung – der Abruf der Kreditlinie bezieht sich hiernach ausschließlich auf die tatsächliche Belastung des Kontos mit dem Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, nicht aber auf die Pflicht einen infolge der Belastungsbuchung eventuell entstehenden Sollstand zu verzinsen. Hierzu hat sich der Kontoinhaber bereits mit Abschluss eines Girovertrags generell bereit erklärt. Zwar verpflichtet § 675u S. 2 BGB den Zahlungsdienstleister, das Konto nach der unautorisierten Belastung mit einem Zahlungsbetrag wieder in den Stand zu setzen, in dem es sich ohne die unberechtigte Belastungsbuchung befunden hätte, und sieht damit eine Pflicht zur „valutagerechten“ Kontoberichtigung697 vor. Hieraus kann gleichwohl nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, ein Zahlungsauftrag autorisiere gleichfalls die ggf. infolge der Belastungsbuchung eintretende Pflicht zur Verzinsung eines Sollstands. Denn § 675u S. 2 BGB konstituiert erst die Pflicht zur entsprechenden Berichtigung des zinsrelevanten Wertstellungssaldos neben der Pflicht zur Erstattung der im konkreten Fall für die Auftragsausführung nicht erforder­ lichen Aufwendungen. Hierfür spricht einerseits, dass das Zahlungsverkehrsrecht – wie erwähnt – generell zwischen der tatsächlichen Buchung und 696  Wegen dieser Unterscheidung macht auch die Vorschrift des § 675t Abs. 3 BGB die bislang geübte Praxis der Vorschussbuchung nach Eingang eines Zahlungsauftrags nicht per se unzulässig, dazu § 3 B. II. 1. 697  BT-Drs. 16 / 11643, S. 113; Bamberger / Roth / Schmalenbach, BGB3, § 675u Rn. 3.



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ihrer Wertstellung unterscheidet. Andererseits differenziert auch § 675u S. 2 BGB konkret zwischen der Belastung eines Zahlungskontos mit dem Zahlungsbetrag, die einem unberechtigten Aufwendungsersatzverlangen gleich steht, wenn die Zahlung nicht über ein Konto abgewickelt wurde, § 675u S. 2 1. Alt. BGB, und den Folgen, die die Belastungsbuchung auf dem Zahlungskonto gezeitigt hat. Für die beschränkte Legitimationswirkung eines Zahlungsauftrags ist schließlich anzuführen, dass die Zahlungsweisung des Kontoinhabers stets und ungeachtet des gegenwärtigen Kontostands identisch ist und nicht, soweit das Konto durch den begehrten Zahlungsvorgang ins Debet geriete, auch die Zustimmung zur Verzinsung enthält. So wird der Zahlungsdienstnutzer im Zeitpunkt der Auftragserteilung häufig gar keine Kenntnis von dem derzeitigen Kontosaldo besitzen, so dass seine Zahlungsweisung schon praktisch keine Erklärung betreffend die Verzinsung beinhalten wird. Eine solche wäre auch schlichtweg überflüssig, wenn das Konto nach der Belastung weiterhin ein Guthaben aufwiese. Ebenso wenig ist anzunehmen, der Zahlungsdienstleister erklärte bei jeder Gutschrift eines Zahlungseingangs, den neuen Sollstand mit dem vereinbarten Habenzinssatz zu verzinsen.698 (3)  Zwischenergebnis: Unbeachtlichkeit der Verzinsungspflicht Die Pflicht des Kunden zur Verzinsung eines Sollstands wie auch die Pflicht der Bank zur Zahlung von Guthabenzinsen ist Bestandteil des Girovertrags, der den Rahmen für die Zahlungsabwicklung vorgibt. Innerhalb dieses Rahmens folgt die Zahlungsabwicklung ungeachtet des gegenwärtigen Kontostands stets identischen Regeln. Insbesondere unterscheidet sich der girovertragliche Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag nicht nach der Art der Deckungszusage. Unerheblich für den Charakter des Anspruchs ist die im Rahmenvertrag vereinbarte Folge der Inanspruchnahme in Form der wechselseitigen Verzinsungspflicht, die sich nach einer externen Bezugsgröße, dem Wertstellungssaldo, bemisst. 3.  Zwischenergebnis: Pfändbarkeit des Ausführungsanspruchs in Höhe der nicht ausgeschöpften Kreditlinie Der Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ist als Auszahlungsanspruch pfändbar unabhängig davon, ob ihm ein rechnerisches Guthaben oder eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit als Kontodeckung zu Grunde liegt. 698  Zum

Zustandekommen des Anspruchs aus Gutschrift, § 3 B. III. 2. a).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

G.  Nachträgliche Beseitigung der Kreditlinie durch Kündigung Nach den bisherigen Ausführungen kann ein Gläubiger des Kontoinhabers den girovertraglichen Ausführungsanspruch in Höhe der gesamten Kreditlinie zur Befriedigung seiner titulierten Forderung als Auszahlungsanspruch pfänden und verwerten. Infolge des damit faktisch „aufgezwungenen“ Gläubigertauschs hat der Schuldner regelmäßig höhere Darlehenszinsen an seine Bank zu entrichten, als er zuvor dem vollstreckenden Gläubiger wegen des Zahlungsverzugs schuldete. Dies wird dem Kreditinstitut gelegen kommen, wenn ihr Kunde liquide ist und es nicht droht, mit der Darlehensrückforderung auszufallen. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle, wird die Kontopfändung freilich Folge einer allgemeinen Vermögensverschlechterung auf Seiten des Kontoinhabers sein, die die Bank zum Anlass nehmen wird, die Kreditlinie nachträglich mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zu kündigen.699 Kündigt der Zahlungsdienstleister die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit allerdings ausnahmsweise nicht aus eigenem Interesse, bleibt es zunächst dabei, dass der Vollstreckungsgläubiger sich aus dem Dispositionskredit befriedigen kann. Dieses praktische Ergebnis stößt auf nachhaltige Bedenken, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass ein Privatkunde schon mit der geringsten Überziehung seines Kontos (konkludent) die Annahme eines dauerhaften Angebots der Bank auf Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags erklärt700 und in der Folge über eine grundsätzlich uneingeschränkt pfändbare Kreditlinie verfügt. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr erfolgt der Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags zwar regelmäßig durch ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, in der sich der Kontoinhaber „sehenden Auges“ den Kreditbedingungen der Bank unterwirft und sich zusätzlich häufig zur Bestellung von Sicherheiten verpflichtet. Im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer ist eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit indessen stets als lediglich „potentielle“ Vermögensausstattung des Kontoinhabers konzipiert. Die Verpflichtung zur Verzinsung eines Sollstands und die Haftung der bestellten Sicherheiten soll nach der vertraglichen Vereinbarung von der tatsächlichen Inanspruchnahme der Kreditlinie abhängen. Nach der bisherigen Untersuchung halten jedoch weder das Vollstreckungsrecht noch das geltende Zahlungsverkehrsrecht eine Handhabe dafür bereit, dieser Vertragsgestaltung im Innenverhältnis zwischen Bank und Kunden im Außenverhältnis zur Geltung zu verhelfen und den Vollstre699  Dazu 700  s. zu

bereits oben § 7 D. I. den Modalitäten des Vertragsschlusses oben § 7 B. II.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie297

ckungszugriff eines Gläubigers zu beschränken. Einen gangbaren Weg weisen jedoch möglicherweise die ebenfalls bereits im Zahlungsdiensterahmenvertrag, respektive in den AGB der Banken und Sparkassen, verankerten Kündigungsrechte der Parteien. I.  Kündigung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Kontoinhaber Nach Nr. 18 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 26 Abs. 1, 2 AGB-Spk steht dem Kontoinhaber ein ordentliches wie auch ein außerordentliches Kündigungsrecht in Bezug auf einzelne Geschäftsbeziehungen oder die gesamte Geschäftsverbindung zu. Zu erwägen ist, ob er die Verwertung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Pfändungsgläubiger abwenden kann, indem er selbst die Kreditlinie nach den vorgenannten Bestimmungen außerordentlich fristlos kündigt, falls das Kreditinstitut eine Kündigung nicht in Betracht zieht.701 Es griffe zu kurz, eine solche Kündigungsmöglichkeit des Schuldners von vornherein für unzulässig zu erachten, weil sie eine Verfügung über die gepfändete Forderung darstellte, deren Wirksamkeit gegenüber dem Pfändungsgläubiger § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO entgegenstünde. Gegenstand der Kontovollstreckung ist der Ausführungsanspruch des Schuldners aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. Anspruchsvoraussetzung ist insbesondere ausreichende Kontodeckung in Form eines Guthabens oder einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit. Man könnte sich daher auf den Standpunkt stellen, die Kündigung der Kreditlinie sei keine Verfügung, die die gepfändete Forderung unmittelbar beeinträchtige. So hindert das Inhibitorium den Schuldner anerkanntermaßen nicht an solchen Handlungen, die lediglich ein etwaiges Grundverhältnis betreffen, aus dem sich die zu pfändende Forderung erst ergibt.702 Ein Vermieter oder Arbeitnehmer kann daher auch nach der Pfändung der Mietoder Lohnforderung den Mietvertrag bzw. das Arbeitsverhältnis wirksam kündigen. Eine solche Unterscheidung kommt indes nur dort in Betracht, wo die Pfändung zukünftiger Forderungen in Rede steht, die unter Einsatz etwa der Mietsache oder der Arbeitskraft des Schuldners aus einem Grundverhältnis resultieren. Ist die zu pfändende Forderung dagegen schon im Pfändungszeitpunkt vollumfänglich zur Entstehung gelangt, kann auch die Beendigung 701  Als Gegenstand der Kündigung nach Nr. 18 AGB-Bk bzw. Nr. 26 AGB-Spk kommt ein Kreditvertrag jedenfalls grundsätzlich in Betracht, Bunte: in BankrechtsHandbuch4, § 23 Rn. 7. 702  Kindl / Meller-Hannich / Wolf / Bendsten, ZPO2, § 829 Rn. 102; MünchKomm /  Smid, ZPO4, § 829 Rn. 53; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 95.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

des Grundverhältnisses keine Auswirkungen mehr auf die bereits beschlagnahmte Forderung zeitigen. So liegen die Dinge etwa bei befristeten Mietoder Leasingverträgen, bei denen sämtliche Miet- und Leasingraten mit Vertragsschluss als betagte Forderungen entstehen. Hier wirkt eine nachträgliche (außerordentliche)703 Vertragskündigung nicht gegen den Vollstreckungsgläubiger.704 Gleichermaßen ist der girovertragliche Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag bereits mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags im Umfang des Kreditrahmens zur Entstehung gelangt. Die Darlehensgewährung vollzieht sich entgegen der überwiegend vertretenen Auffassung nicht als materiell-rechtlich zweistufiger Vorgang.705 Eine Unterscheidung zwischen Grundverhältnis und gepfändeter Forderung ist deshalb nicht möglich. Eine nachträgliche Kündigung des Schuldners kann folglich keinen Einfluss mehr auf die Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs haben, sondern wäre vielmehr als unzulässige Verfügung über die gepfändete Forderung gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam. II.  Kündigungspflicht des Zahlungsdienstleisters? Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt vermag sich dagegen ein Zahlungsdienstleister auch nach der Pfändung und Überweisung der Kredit­ linie bzw. des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag durch Kündigung seiner Darlehenszusage mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zu entledigen706 bzw. den Dispositionskredit von vornherein unter der auflösenden Bedingung seiner Pfändung zu gewähren.707 Zu erwägen ist, ob eine Bank nach der Pfändung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit ihrem Kunden gegenüber zur Kündigung der Kreditlinie verpflichtet sein kann bzw. das Kündigungsrecht einem Auszahlungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers möglicherweise entgegenhalten muss, um auf diese Weise eine Inanspruchnahme des Dispositionskredits gegen den Willen des Kontoinhabers zu verhindern. Bevor das Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung zu untersuchen ist, ist vorrangig der Frage nachzugehen, ob der Zahlungs703  In herkömmlichen Leasingverträgen, vgl. BGH ZIP 2010, 332 (Tz. 20), und bei befristeten Mietverträgen, vgl. § 542 Abs. 2 BGB, ist eine ordentliche Kündigung in aller Regel ausgeschlossen. 704  BGHZ 111, 84; 109, 368; ZIP 2010, 332; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 95. 705  Dazu § 7 F. I. 706  Oben § 7 D. I. 707  Dazu oben § 7 D. III.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie299

dienstleister die Kreditlinienpfändung überhaupt in jedem Fall zum Anlass einer Kündigung nehmen kann. 1.  Freie Kündigung der Kreditlinie nach Pfändung? Eine Kündigung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit kann die Bank auf § 490 Abs. 1 BGB oder auf Nr. 19 Abs. 2, 3 AGB-Bk bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Spk stützen. Der Rechtsgedanke der §§ 404, 1275 BGB, wonach die Stellung des Drittschuldners durch den Forderungsübergang auf einen Neugläubiger nicht verschlechtert werden darf, erlaubt es ihr, Einwendungen die ihr vor Übergang der Forderung gegen den Kontoinhaber zustanden, auch dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber geltend zu machen.708 a)  Erfordernis eines Kündigungsgrunds Den vorgenannten Kündigungsrechten ist gemein, dass sie zum Schutz der Interessen des Darlehensnehmers das Vorliegen eines wichtigen Grunds zur Voraussetzung für die Kündigung machen bzw. die Berücksichtigung seiner berechtigten Belange fordern. Diese Einschränkungen einer freien Kündigung der Kreditverpflichtung schützen den Kontoinhaber in erster Linie davor, dass die Bank den Darlehensvertrag unvermittelt kündigt, um die Rückzahlungsforderung sofort fällig zu stellen.709 Neben dem Interesse des Darlehensnehmers, nicht vor Ablauf der vereinbarten Belassungszeit mit der Darlehensrückforderung konfrontiert zu werden, vertraut er auf die „potentielle“ Vermögensausstattung, die ihm eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit verschafft. Diese beiden unterschiedlichen Beweggründe für die Beschränkung der Kündigung durch den Darlehensgeber klingen etwa in § 490 Abs. 1 BGB an, wenn dort die außerordentliche fristlose Kündigung im Fall einer Vermögensverschlechterung vor Auszahlung der Valuta stets, danach nur in der Regel zulässig ist.710 Vorliegend steht die Beseitigung des noch nicht beanspruchten Kreditrahmens in Rede, die sich praktisch durch Teilkündigung des Krediteröffnungsvertrags bewerkstelligen ließe. Einer solchen steht im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung der betroffenen Belange711 das Interesse des 708  Hierzu

bereits oben § 7 D. auch Nr. 19 Abs. 5 AGB-Bk, die dem Kunden nach fristloser Kündigung die Abwicklung des Kredits erleichtern soll. 710  Zu der unterschiedlichen Interessengewichtung i. R. d. § 490 Abs. 1 BGB allgemein etwa MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, § 490 Rn. 14 ff.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 490 Rn. 34 f. 711  Für eine Gesamtwürdigung i. R. v. § 490 Abs. 1 BGB BT-Drs. 14 / 6040, S. 254; Derlerder / Knops / Bamberger / Baum / Reiter / Methner, § 34 Rn. 54; für Nr. 19 709  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Schuldners an dem Fortbestand der ihm durch die Überziehungsmöglichkeit vermittelten, möglichen Finanzausstattung als grundsätzlich zu berücksichtigender, wichtiger Grund entgegen. Nun ist bereits bei der Behandlung der Gegenrechte des Kreditinstituts ausgeführt worden, dass dem Bankkunde nach der Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag in der Regel kein gegenwärtiges Interesse an der Fortdauer des Krediteröffnungsvertrags zu attestieren ist.712 Denn einerseits kann er die Kreditlinie selbst nicht mehr für eigene Zwecke nutzen, bevor nicht der vollstreckende Gläubiger befriedigt ist. Andererseits wird ihm vor dem Hintergrund, dass ein Vollstreckungsgläubiger nach hiesiger Auffassung in der Lage ist, die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit vollständig für sich zu verwerten und auf diese Weise einen Gläubigertausch mit den bereits benannten Nachteilen zu „erzwingen“, sogar sehr an der Beseitigung des Dispositionskredits gelegen sein. Hiernach müsste dem Kreditinstitut grundsätzlich die Kündigung eines Dispositionskredits nach umfassender Kontopfändung jederzeit möglich sein, weil schützenswerte Interessen des Schuldners, die eine Einschränkung der Lösungsmöglichkeit geböten, in der Regel nicht betroffen sind. b)  „Voraussetzungslose“ Kündigung als „bisherige“ Einwendung i. S. v. § 404 BGB? Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein derart begründetes, allzeitiges Lösungsrecht des Kreditinstituts noch als „bisherige“ Einwendung der Bank gegen den Kontoinhaber gelten kann, die nach dem Grundgedanken der §§ 404, 1275 BGB auch dem Neugläubiger gegenüber erhoben werden kann. Zwar ist es unschädlich, wenn die tatsächlichen Umstände, aufgrund derer der Drittschuldner das bereits zuvor dem Grunde nach bestehende Verteidigungsrecht geltend machen kann, erst nach Übergang der Forderung eintreten.713 Auch insoweit wird der Drittschuldner vor einer Verschlechterung seiner Rechtsstellung geschützt. Mit dem Verschlechterungsverbot soll indes nicht die Wirksamkeit solcher Einwendungen gegenüber dem Neugläubiger begründet werden können, die auf Tatsachen beruhen, die ausschließlich in Beziehung zu dem Wechsel in der Person des Gläubigers stehen.714 Eine Besserstellung des Drittschuldners gegenüber dem Neugläubiger infolge des Forderungsübergangs ist nicht beabsichtigt. Abs. 3 S. 2 2. Alt. AGB-Bk Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 24 Rn. 33; eine solche insgesamt ablehnend Staudinger / Mülbert, 2011, § 490 Rn. 10. 712  Oben § 7 D. I. 2. b). 713  RGZ 124, 111, 113 f.; BGHZ 93, 71, 79; 25, 27, 29; ZIP 2004, 1547, 1548; s. bereits oben § 7 D. 714  s. die Nachweise in vorangegangenen Fn. 713.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie301

Nun ist die Pfändung und Überweisung des Ausführungsanspruchs gerade Ursache dafür, dass das Interesse des Schuldners an der Aufrechterhaltung der Kreditlinie in dieser Situation entfällt und dass deshalb schutzwürdige Belange des Kontoinhabers einer „freien“ Kündigung der noch nicht genutzten Überziehungsmöglichkeit nicht entgegenstehen. Nach dem Vorgesagten könnte sich der Zahlungsdienstleister daher seiner Kreditverpflichtung nicht unter „erleichterten“ Bedingungen mit Wirkung auch gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger entledigen. aa)  Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk Dies ließe jedoch unberücksichtigt, dass jedenfalls Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk dem Kreditinstitut die jederzeitige, fristlose Kündigung unbefristeter Kredite gestattet, sofern eine abweichende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen ist.715 Zwar verpflichtet sich die Bank in Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Bk, auf die berechtigen Belange des Schuldners Rücksicht zu nehmen. Solche sind aber nach Pfändung und Überweisung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs nicht mehr betroffen. Der Übergang des Anspruchs führt auch nicht etwa dazu, dass für die Beurteilung der beachtenswerten Interessen i. S. v. Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Bk auf die Person des Vollstreckungsgläubigers abzustellen wäre. Vertragspartner des Krediteröffnungsvertrags bleibt vielmehr der Kontoinhaber, so dass einzig seine Belange Maß geben können über die Zulässigkeit der Kündigung. Wenn die Bank dem Kontoinhaber eine unbefristete Kreditlinie gem. Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk jederzeit fristlos entziehen kann, muss ihr diese Einwendung auch gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger erhalten bleiben. Denn hier bewirken nicht Tatsachen, die ausschließlich in Bezug zum Gläubigerwechsel stehen, das Wirksamwerden der Einwendung. Vielmehr steht dem Kreditinstitut bereits ein allzeitiges, grundsätzlich freies Kündigungsrecht zu, dessen Ausübung nur im Einzelfall wegen entgegenstehender Interessen des Kontoinhabers, die aktuell im jeweiligen Kündigungszeitpunkt zu beurteilen sind, beschränkt sein kann. bb)  Grundsatz der „freien“ Kündigung Was für Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk gilt, muss auch für die Beseitigung sonstiger Kreditverpflichtungen der Bank gelten. Wenn die Kündigung in § 490 Abs. 1 BGB und Nr. 19 Abs. 3 AGB-Bk bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Spk von 715  Vgl. insbesondere auch § 499 Abs. 1 BGB, wonach die Kündigungsfrist bei Verbraucherdarlehensverträgen, die auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, zwei Monate nicht unterschreiten darf.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

dem Vorliegen eines wichtigen Grunds, insbesondere einer Verschlechterung des Schuldnervermögens, abhängig gemacht wird, dienen diese Beschränkungen eines grundsätzlich freien Kündigungsrechts des Zahlungsdienstleisters einzig dem Schutz des Kontoinhabers, dem in diesen Fällen nicht unvermittelt der Verfügungsrahmen entzogen werden soll. Anders als in Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Bk werden die Belange des Schuldners hier zwar zu negativen Tatbestandsmerkmalen des Kündigungsrechts erhoben. Gleichwohl kann sich das Vorliegen eines wichtigen Grunds, respektive des Nicht-Vorliegens von Kündigungseinschränkungen, stets nur nach der Person des Schuldners und im Kündigungszeitpunkt bestimmen. Verlangte man für eine wirksame Kündigung auch nach der Pfändung und Überweisung stets einen wichtigen Grund, würde der mit diesem Merkmal bezweckte Schutz des Kontoinhabers ins Gegenteil verkehrt, wenn man der Bank unter Hinweis auf vermeintliche Belange des Schuldners, mithin das Erfordernis eines wichtigen Grunds, die Lösung von ihrer Kreditverpflichtung versagte.716 Das grundsätzlich „freie“ Kündigungsrecht der Bank folgt daraus, dass die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit nach der Parteivereinbarung als „potentielle“ Finanzausstattung des Kontoinhabers konzipiert ist. Wie der Kunde nicht zur Inanspruchnahme verpflichtet ist, kann sich die Bank unter Berücksichtigung seiner Interessen jederzeit von der Kreditverpflichtung lösen, vgl. insbesondere Nr. 19 Abs. 2 AGB-Bk. Diese privatautonome Ausgestaltung der Überziehungsmöglichkeit muss der Vollstreckungsgläubiger ebenso gegen sich gelten lassen wie er im Ergebnis auch die Einräumung des Dispositionskredits unter der auflösenden Bedingung der Pfändung hinzunehmen hat.717 Dies belegt letztlich auch Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. d. AGB-Spk, wo die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kontoinhaber beispielhaft als wichtiger Grund für die Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige genannt wird. c) Zwischenergebnis Mit der Pfändung und Überweisung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs entfällt regelmäßig das Interesse des Kontoinhabers an der Aufrechterhaltung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit, soweit er diese noch nicht in Anspruch genommen hat. Beachtenswerte Belange des Vollstreckungsschuldners, die auch nach Pfändung und Überweisung des Anspruchs maßgeblich bleiben, stehen der nachträglichen Kündigung der 716  Zu der Motivation der Bank, die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit in dieser Situation zu kündigen, sogleich unter § 7 G. II. 2. 717  Dazu ausführlich oben § 7 D. III.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie303

Kreditlinie durch die Bank mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger nicht entgegen. 2.  Begründung einer Kündigungspflicht Ist die Bank damit auch im Stande, die Verwertung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit durch den Vollstreckungsgläubiger abzuwenden, schließt sich die Frage an, ob sie ihrem Kunden gegenüber in den Fällen zur Kündigung der Kreditlinie verpflichtet ist, in denen sie eine solche nicht schon aus eigenem Interesse in Betracht zieht. a) Aufklärungspflicht der Bank im Zusammenhang mit der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit Der Girovertrag zwischen Bank und Kunde ist von besonderem, gegenseitigem Vertrauen geprägt.718 Aus diesem Vertrauensverhältnis erwächst der Bank neben allgemeinen Rücksichtnahmepflichten insbesondere die Pflicht, die Interessen ihres Kunden zu wahren, der ihr durch Eröffnung eines Kontos Einfluss auf seine Rechtssphäre verschafft hat.719 Diese allgemeine Verpflichtung konkretisiert sich in einer Vielzahl von einzelnen Verhaltens- und Schutzpflichten, namentlich Aufklärungs-, Auskunfts-, Warn- und Beratungspflichten.720 Auf Grundlage des herrschenden vermittelnden Lösungsansatzes721 befürworten einige Autoren eine solche Aufklärungspflicht infolge der Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit. Sei der Dispositionskredit gepfändet, habe die Bank den Kunden über die Folgen eines weiteren Kreditabrufs zu informieren.722 Freilich nützt diese Information dem Schuldner nur insoweit, als er von einer späteren Inanspruchnahme der Überziehungsmöglichkeit absehen kann. Soweit er den gepfändeten Dispositionskredit bereits abgerufen hat, kann er den Abruf dagegen nachträglich nicht mehr rückgängig machen.723 718  Vgl.

Nr. 1 Abs. 1 AGB-Spk. Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 109 ff. 720  Vgl. Bunte, in: Bankrechts-Handbuch4, § 2 Rn. 10; Hopt, in: Bankrechts-Handbuch4, § 1 Rn. 26, 55 f.; zu einzelnen Bankgeschäften Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. I / 143 ff. 721  Dazu oben § 7 C. III. 2. 722  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 93; Honsell, JZ 2001, 1143, 1144; zustimmend Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 158; auch schon E. Wagner, WM 1998, 1657, 1665. 723  Bitter, WM 2001, 889, 894; zustimmend Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135 S.  158 f. 719  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Ist eine Bank auch (vorvertraglich) grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden über das allgemeine Risiko und die Zweckmäßigkeit von Kreditgeschäften in Kenntnis zu setzen,724 werden die Interessen des Kontoinhabers durch die Pfändung der Kreditlinie in besonderem Maße gefährdet, so dass das Eigeninteresse des Kreditinstituts an der Durchführung des Kreditgeschäfts hinter die Schutzpflicht gegenüber ihrem Kunden zurücktritt. Versäumt die Bank schuldhaft die Aufklärung,725 ist sie dem Darlehensnehmer gegenüber zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verpflichtet,726 der sich regelmäßig auf den Zinsgewinn des Kreditinstituts abzüglich der an den Vollstreckungsgläubiger zu entrichtenden Verzugszinsen belaufen wird. Eine entsprechende Auskunftsverpflichtung gründet freilich auf einem Wissensvorsprung des Zahlungsdienstleisters,727 der Unkenntnis auf Seiten des Kontoinhabers voraussetzt. Diese ist bei einem geschäftserfahrenen Kunden nicht ohne Weiteres anzunehmen. Praktisch kommt diese Aufklärungspflicht kaum einmal zum Tragen, weil die Bank einen Abruf der gepfändeten Kreditlinie schon dadurch verhindert, dass sie das Girokonto sperrt bzw. den Dispositionskredit kündigt. b)  Zusage der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit zur freien Verfügung Nach hiesiger Auffassung, nach der sich die Darlehensgewährung auf einem Girokonto als einstufiger Vorgang vollzieht,728 steht die Pfändung und Verwertung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nicht unter dem Vorbehalt des höchstpersönlichen Abrufs und besteht daher auch keine dahingehende Aufklärungspflicht der Bank. Dennoch bleibt die im Krediteröffnungsvertrag übernommene Verpflichtung, dem Kontoinhaber mit der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit zusätzliche Liquidität zu dessen freier Verfügung auf Abruf einzuräumen, nicht ohne Bedeutung. Wie bereits dargelegt vermag diese Abrede der Parteien die Pfändung eines Darlehens­ auszahlungsanspruchs, richtigerweise des girovertraglichen Ausführungsanspruchs, wegen § 851 Abs. 2 ZPO zwar nicht mit Außenwirkung zu hindern, sofern sie nicht ausnahmsweise treuhänderischen Charakter aufweist.729 Ist 724  MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 70 f.; Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 225 ff.; Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 76 Rn. 125 ff. 725  Entschuldigend wirkt es sich insbesondere aus, wenn der Bank die Information vor einem alsbaldigen Abruf nicht möglich war, s. hierzu auch schon oben § 7 E. I. 1. b). 726  Vgl. Honsell, JZ 2001, 1143, 1144. 727  Zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten aufgrund eines konkreten Wissensvorsprungs MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor. § 488 Rn. 73 m. w. N. 728  Hierzu oben § 7 F. I.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie305

aber das Kreditinstitut stets in der Lage, die Kreditlinie mit Wirkung gegenüber einem Vollstreckungsgläubiger zu beseitigen, verpflichtet die Zusage, die Valuta zur freien Verfügung auf Abruf bereit zustellen, im Innenverhältnis dazu, eine Inanspruchnahme gegen den Willen des Kontoinhabers im Rahmen des rechtlich Möglichen abzuwenden. Kommt die Bank dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nach und kehrt den Dispositionskredit an den Pfändungsgläubiger aus, macht sie sich dem Kontoinhaber gegenüber schadensersatzpflichtig. Der ersatzfähige Schaden besteht in den mit dem „aufgezwungenen“ Gläubigertausch verbundenen Nachteilen, namentlich der erhöhten Zinsverpflichtung. Hiergegen mag man einwenden, dass die Ursache für die Kontopfändung aus der Risikosphäre des Schuldners stamme und es deshalb nicht einzusehen sei, warum diese eine schadensersatzbewehrte Kündigungspflicht des Kreditinstituts begründen solle. Zwangsvollstreckungsrecht und Zahlungsverkehrsrecht lassen jedoch keine andere dogmatische Umsetzung der von den Parteien im Krediteröffnungsvertrag intendierten, lediglich „potentiellen“ Vermögensausstattung des Kontoinhabers zu. Denn einerseits ist eine dauerhafte Kontosperre nicht mit Befriedigungszweck des Zwangsvollstreckungsrechts vereinbar.730 Andererseits entsteht der girovertragliche Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag materiell-rechtlich bereits mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags im Umfang des Kreditrahmens.731 729

III.  Praktische Umsetzung der „Kündigungslösung“ In der Umsetzung unterscheidet sich die hier favorisierte „Kündigungslösung“ letztlich kaum von der bislang geübten Praxis. Ist die Kontopfändung Ausdruck einer allgemeinen Vermögensverschlechterung oder liegt ein sonstiger wichtiger Grund vor, wird eine Bank die Kontopfändung regelmäßig zum Anlass für eine Kündigung der Überziehungsmöglichkeit oder gar des Girovertrags nehmen. Dies ist ihr mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger nach dem Grundgedanken in §§ 404, 1275 BGB ohne Weiteres möglich. 1. Auszahlungsmoratorium In den seltenen Fällen, in denen das Kreditinstitut eine Kündigung nicht aus eigener Motivation in Betracht zieht, weil der Schuldner grundsätzlich 729  Dazu

oben § 7 C. II. 2. § 7 E. I. 731  Dazu § 7 F. I. 730  s. hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

liquide ist oder wegen einer nur geringen Forderung vollstreckt wird, muss die Bank zunächst eine Auszahlung an den Vollstreckungsgläubiger ablehnen, um dem Schuldner auf diese Weise – wie vertraglich zugesagt – eine privatautonome Entscheidung über die Inanspruchnahme der Kreditlinie zu ermöglichen. Eine entsprechende Befugnis, die Auszahlung kurzfristig zu verweigern, ist dem Kreditinstitut als Minus zur grundsätzlich jederzeit möglichen Kündigung der Überziehungsmöglichkeit zuzugestehen. Einem Vollstreckungsgläubiger ist kurzfristiges Abwarten grundsätzlich zumutbar. So trifft ihn ein Zahlungsmoratorium auch dann, wenn er (künftiges) Guthaben auf dem Konto einer natürlichen Person pfändet, § 835 Abs. 3, 4 ZPO.732 Dient auch das hier für den Fall der Kreditlinienpfändung generell vorgeschlagene Zahlungsmoratorium nicht der Realisierung des Kontopfändungsschutzes für natürliche Personen, wie es Anliegen der Regelungen in § 835 Abs. 3, 4 ZPO ist, ist es nicht unbillig, dem Vollstreckungsgläubiger ein Zuwarten – als Minus gegenüber einer jederzeit möglichen Kündigung seitens des Drittschuldners – auch für diesen Fall abzuverlangen. Gestattete man der Bank nicht, die Auszahlung für einen gewissen Zeitraum zu verweigern, um die Entscheidung des Kontoinhabers über den Fortbestand der Kreditlinie einzuholen, wäre sie gehalten, die Darlehenszusage zum Schutz des Schuldners, der zuvor nicht freiwillig an den Gläubiger gezahlt hat, sofort zu beseitigen. Gegenüber dieser Alternative birgt die durch den Auszahlungsaufschub geschaffene Möglichkeit zur Verständigung zwischen dem Kreditinstitut und dem Schuldner jedenfalls die theoretische Chance, dass dieser sich schließlich unter dem Eindruck des drohenden Verlusts seines Überziehungskredits doch entscheidet, den Gläubiger zu befriedigen. Zu einer zeitnahen Entscheidung über das Schicksal der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit wird es schon deshalb kommen, weil die Bank das Konto unmittelbar nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sperren und dem Schuldner keine weiteren Verfügungen mehr gestatten wird, um so die Pfändungsgebote des § 829 Abs. 1 ZPO einzuhalten. 2.  Rechtsstellung des Schuldners Verweigert der Schuldner die Zahlung aus der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit, ist die Bank verpflichtet, die Kreditlinie zu kündigen. Anders als nach dem abgelehnten vollstreckungsrechtlichen Lösungsansatz, der von Teilen der herrschenden Meinung befürwortet wird,733 kommt es nach der hiesigen Auffassung nicht zu einer dem Zwangsvollstreckungsrecht 732  Vgl. 733  Zu

hierzu im Einzelnen § 4 A. I. 3. b). diesem Ansatz oben § 7 C. III. 2. b) aa).



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie307

fremden und damit unzulässigen Dauervollstreckung, bei der die Verwertung der gepfändeten Forderung vom Gläubiger allein nicht durchgesetzt werden kann.734 Die Kündigung des Dispositionskredits ist gegenüber der dauerhaften Blockade des Girokontos nicht mit weitergehenden Nachteilen für den Schuldner verbunden. Einerseits kann er in beiden Fällen für die Dauer der Kontopfändung nicht über die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit disponieren. Andererseits ist die Befürchtung unbegründet, die Bank werde dem Kontoinhaber nach Erledigung der Vollstreckungsmaßnahme keine neue Kreditlinie mehr gewähren, während er nach einer bloßen, zwischenzeit­ lichen Blockade die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit anschließend wieder ausschöpfen könnte. In Rede stehen ausschließlich diejenigen Konstellationen, in denen die Bank die Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs nicht schon von sich aus zum Anlass für eine Kündigung genommen hat. Vertraut sie aber grundsätzlich auf die Liquidität des Schuldners, wird sie nach Abschluss des Vollstreckungsverfahrens regelmäßig bereit sein, ihm erneut eine Überziehungsmöglichkeit einzuräumen. Liegt ein wichtiger Grund nicht vor, der die Bank ungeachtet der Kontopfändung zur Kündigung berechtigen würde, wird man sie gar für verpflichtet halten müssen, dem Kontoinhaber im Anschluss Kredit zu den vormaligen Bedingungen zu gewähren. Denn die vorübergehende Beseitigung des Dispositionskredits hat ihre Ursache letztlich in der im Krediteröffnungsvertrag zugesagten, freien Verfügbarkeit der Kreditmittel. Kündigt die Bank, um eine Pflichtverletzung in Gestalt einer Auszahlung an den Vollstreckungsgläubiger gegen den Willen des Kunden zu verhindern, kann dies nicht zulasten des Kontoinhabers gehen, demgegenüber sie sich zur Auszahlung nur auf Abruf verpflichtet hatte. Nach der hier befürworteten Lösung knüpft die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers aus einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit stets an eine bewusste Entscheidung des Kontoinhabers an. Vermieden wird dadurch, dass ein unerfahrener Schuldner den gepfändeten Dispositionskredit in Unkenntnis der Folgen abruft und ihm hierdurch gänzlich unbeabsichtigt eine (teilweise) Befriedigung des Gläubigers „aufgezwungen“ wird, mag dem auch durch die Annahme einer schadensersatzbewehrten Aufklärungspflicht des Kreditinstituts ein stückweit vorgebeugt werden können.735

734  Zur

Ablehnung der vollstreckungsrechtlichen Begründung § 7 E. I. oben § 7 G. II. 2. a).

735  Dazu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

3.  Mehraufwand für das Kreditinstitut? Nur auf den ersten Blick ist der hier favorisierte Lösungsansatz für das Kreditinstitut wegen der erforderlich werdenden Kommunikation mit dem Kontoinhaber mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird die Bank das Girokonto ohnehin zunächst sperren und in der Mehrzahl der Fälle eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit aus eigener Initiative kündigen. Zum einen wird sich der Kunde, dem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO ebenfalls zuzustellen ist, nach der Blockade des Kontos in aller Regel von sich aus mit seiner Bank in Verbindung setzen. Zum anderen kann das Kreditinstitut im Rahmen der entsprechend ausgegebenen Fehlermeldung bei dem Versuch, über das Konto zu disponieren, darauf hinweisen, dass die Sperrung des Kontos aufgrund der Pfändung erfolgt ist. In diesem Zusammenhang könnte weiter eine Frist gesetzt werden, in der sich der Kontoinhaber zum Fortbestand der Kreditlinie bzw. der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers aus der Überziehungsmöglichkeit zu erklären hat. Reagierte der Schuldner daraufhin nicht, könnte das Kreditinstitut davon ausgehen, dass er einer für ihn nachteiligen Auszahlung an den Gläubiger nicht zustimmt, und den Dispositionskredit kündigen. Vorstellbar ist, dem Schuldner die Entscheidung über den weiteren Fortgang direkt bei Ausgabe der Fehlermeldung, etwa an einem Bankautomaten, jedenfalls aber beim online-Banking, zu ermöglichen. Die Bank ist nicht daran gehindert, den aufgrund dieses Verfahrens möglicherweise entstehenden, geringen Mehraufwand in die Kreditkosten einzupreisen. Denn der geschilderte Vorgang dient letztlich der Erfüllung ihrer vertraglichen Hauptleistungspflicht, dem Kontoinhaber zusätzliche Liquidität zur freien Verfügung auf Abruf zu gewähren. Den Parteien des Krediteröffnungsvertrags ist es überdies unbenommen, die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit unter die auflösende Bedingung der Kontopfändung zu stellen736 und auf diese Weise den Aufwand gänzlich zu vermeiden, den die Kommunikation vor der Kreditkündigung mit sich bringt. Schließlich bereitet die Neueinräumung eines Dispositionskredits nach Beendigung der Kontovollstreckung keinen größeren Mehraufwand. Wie die erstmalige Gewährung oder die Erweiterung eines Dispositionskredits kann auch die Neuerteilung vor allem im Privatkundengeschäft dadurch vollzogen werden, dass das Kreditinstitut dem Kunden schlicht einen bestimmten Kreditrahmen auf seinem Konto bereitstellt, und hierdurch ein dauerhaftes Angebot auf den Abschluss eines entsprechenden Krediteröffnungsvertrags abgibt, das der Kontoinhaber durch erstmalige Inanspruchnahme an736  Dazu

oben § 7 D. III.



§ 7  Vollstreckung in eine offene Kreditlinie309

nimmt.737 Sind die Konditionen des Krediteröffnungsvertrags von den Parteien zuvor im Einzelnen ausgehandelt worden, können sie sich bei der Wiedereinräumung auf diese Vereinbarung stützen. Insoweit mag man im Hinblick darauf, dass die Bank verpflichtet ist, den Vertrag zu den ursprünglichen Konditionen abzuschließen, in tatsächlicher Hinsicht nicht von einer „Neueinräumung“ der Kreditlinie sprechen. Vielmehr „ruht“ der Krediteröffnungsvertrag für die Dauer der Kontovollstreckung. Rechtlich lässt sich dies freilich nur über die Außenwirkung einer jederzeit möglichen Kreditkündigung bzw. die Einräumung des Dispositionskredits unter der auflösenden Bedingung der Pfändbarkeit erfassen. IV. Zwischenergebnis: Kündigungspflicht des Kreditinstituts Das Kreditinstitut verpflichtet sich im Krediteröffnungsvertrag, dem Kontoinhaber die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit zur freien Verfügung auf Abruf zur Verfügung zu stellen. Hieraus und aus der allgemeinen bankvertraglichen Interessenwahrungspflicht folgt die Pflicht der Bank zur Kündigung einer gepfändeten Kreditlinie, wenn sich nicht der Kontoinhaber ausnahmsweise für die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers entscheidet. Nur auf diese Weise kann der im Innenverhältnis maßgeblichen, privatautonomen Entscheidung zur Inanspruchnahme eines Dispositionskredits Außenwirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger vermittelt werden. Dieser muss die nachträgliche Kündigung wie auch den Fortfall einer gepfändeten Kreditlinie, die von vornherein unter der auflösenden Bedingung der Pfändung gewährt wurde, gegen sich gelten lassen.

H. Zusammenfassung: Die Pfändung einer offenen Kreditlinie Nach heute einhelliger Auffassung vollzieht sich die Kreditgewährung auf einem Girokonto als zweiaktiger Vorgang. Im Krediteröffnungsvertrag verpflichte sich die Bank zunächst allgemein, einen bestimmten Darlehensbetrag bereitzustellen. Erst durch den Kreditabruf des Kontoinhabers komme ein konkreter Einzeldarlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB zustande, der ihm einen Auszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB vermittele. Der Abruf beinhalte gleichzeitig die Inanspruchnahme der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit in Form der begehrten Zahlung. Folge der Inanspruchnahme sei die Entstehung der Rück- und Zinszahlungsverpflichtung des 737  Zum

Zustandekommen des Krediteröffnungsvertrags bereits § 7 B. II.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Kunden aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Wegen dieser Verpflichtungswirkung wird der Abruf als höchstpersönliches Recht des Kontoinhabers qualifiziert, dessen Ausübung auch nach der Pfändung der Kreditlinie dem Schuldner vorbehalten bleiben solle. Zwar könne – so ein Teil der herrschenden Meinung – bereits der allgemeine Anspruch auf Darlehensgewährung aus dem Krediteröffnungsvertrag gepfändet werden. Dieser Anspruch könne jedoch nur insoweit verwertet werden, wie der Schuldner ihn in der Folgezeit selbständig abriefe. Überwiegend wird zwar die generelle Darlehensgewährungspflicht ebenfalls bereits im Krediteröffnungsvertrag verortet. Erst ein durch Abruf des Schuldners konkretisierter Darlehensauszahlungsanspruch unterliege jedoch der Pfändung als künftige Geldforderung. Nach beiden Ansichten bewirkt die Pfändung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit eine Kontoblockade, die den Schuldner (faktisch) an weiteren Verfügungen über das Konto hindert, sofern diese nicht auf Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers lauten. Zwar macht die Kontosperre dem Schuldner die Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr unmöglich. Die hiermit einhergehenden Beeinträchtigungen begründen indes nicht die Unzulässigkeit der Pfändung des girovertraglichen Ausführungsanspruchs, soweit ihm eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit als Deckung zugrunde liegt. Ist auch dem Ergebnis der herrschenden Meinung insoweit beizupflichten, vermag keiner der beiden rechtlichen Begründungsansätze dogmatisch zu überzeugen. So ist die dauerhafte Pfändung der Kreditlinie, ohne dass der Pfändungsgläubiger die Möglichkeit erlangt, die gepfändete Forderung zu seinen Gunsten zu verwerten, ein in der ZPO nicht vorgesehenes und deshalb unzulässiges Zwangsmittel. Der materiellrechtliche Erklärungsansatz, der die Entstehung eines pfändbaren Anspruchs erst mit Abruf propagiert, lässt sich nicht in Einklang bringen mit den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts. Hiernach erweist sich eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit als „integraler Bestandteil“ des Girovertrags und fungiert wie ein rechnerisches Kontoguthaben lediglich als Deckung für den girovertraglichen Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. Mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags entsteht dieser Anspruch materiell-rechtlich bereits vollständig in Höhe der zugesagten Kreditlinie. Die Darlehensgewährung auf dem Girokonto stellt sich somit als einstufiger Vorgang dar. Mit seiner Entstehung kann der girovertragliche Ausführungsanspruch bereits vollumfänglich in Höhe der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit gepfändet und verwertet werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Inanspruchnahme durch den Vollstreckungsgläubiger den Kontoinhaber zum Aufwendungsersatz gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB gegenüber dem Kreditinstitut verpflichtet. Denn diese Folge trifft den Schuldner auch im kreditorischen Bereich. Ebenso wenig hindert die Pflicht zur Verzinsung des



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 311

Sollstands nach Abruf des Dispositionskredits die Vollstreckung in die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit. Die Verzinsungspflicht bestimmt sich nach dem Wertstellungssaldo und knüpft zwar tatsächlich, nicht aber rechtlich unmittelbar an die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers aus der Kreditlinie an. Dass dem Kontoinhaber dennoch ein Gläubigertausch nicht im Wege der Kreditlinienpfändung gegen seinen Willen „aufgezwungen“ werden kann, folgt daraus, dass das Kreditinstitut ihm gegenüber nach der Pfändung zur Kündigung der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit verpflichtet ist, wenn er einer Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers nicht ausdrücklich zustimmt. Auch nach der Pfändung vermag die Bank sich mit Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger noch durch Kündigung von ihrer Darlehensverpflichtung zu lösen. Hat der Schuldner zu diesem Zeitpunkt regelmäßig kein Interesse an dem Fortbestand der Kreditverpflichtung, kann die Bank die Kreditlinie jederzeit kündigen, ohne dass es eines wichtigen Kündigungsgrundes bedürfte. Zur Beseitigung des Dispositionskredits ist sie dem Kontoinhaber aufgrund der Zusage im Krediteröffnungsvertrag, die Kreditlinie zur freien Verfügung auf Abruf hin zur Verfügung zu stellen, verpflichtet. Alternativ kann die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit bereits von Anfang an unter der auflösenden Bedingung der Pfändung gewährt werden.

§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung Bereits im Jahr 1985 hatte der BGH eine geduldete Kontoüberziehung für unpfändbar erklärt738 und für diese Auffassung überwiegend Zustimmung erfahren. Seit den Entscheidungen BGHZ 147, 193 und BGHZ 157, 350 zur Pfändbarkeit einer abgerufenen Kreditlinie mehrten sich jedoch die Stimmen, die eine Ungleichbehandlung von Dispositionskredit und geduldeter Überziehung im Hinblick auf die Möglichkeit eines Vollstreckungszugriffs kritisierten. Dessen ungeachtet zog der BGH in der Folgezeit die Unpfändbarkeit einer geduldeten Überziehung vornehmlich heran, um zu begründen, warum Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung mangels Gläubigerbenachteiligung nicht der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO unterlägen.739 Auf nachhaltige Kritik aus dem Schrifttum hin ist der IX. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 06.10.2009 von dieser Auffassung abgerückt und hat 738  BGHZ 739  BGHZ

93, 315. 170, 276, 280 (Tz. 12); ZIP 2008, 701 (Tz. 8); ZIP 2007, 601 (Tz. 13).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Zahlungen aus einer geduldeten Kontoüberziehung als gläubigerbenachteiligend und damit anfechtbar angesehen.740 Hierbei enthielt sich der Senat jedoch ausweislich des Leitsatzes, nach dem es für die Anfechtbarkeit unerheblich sei, ob eine geduldete Überziehung dem Kontoinhaber einen pfändbaren Anspruch vermittele, einer Aussage zu den Auswirkungen seiner Entscheidung auf die Einzelzwangsvollstreckung. Deutlicher nimmt sich insoweit die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Reform des Kontopfändungsschutzes aus, in der es heißt, dass es einem Gläubiger unbenommen bleibe, einen Anspruch aus einer geduldeten Überziehung zu pfänden.741 Ob diese Aussage und die im Insolvenzanfechtungsrecht vollzogene Kehrtwende Anlass geben, die Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 1985 zu revidieren, und wie sich eine solche Revision ggf. in die unter § 3 dieser Arbeit entwickelte bankvertragliche Dogmatik einfügt, ist Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung.

A.  Die Überziehung des Kontos jenseits der Deckungsgrenze Eingangs ist zunächst die geduldete Kontoüberziehung zu definieren und von anderen Arten der Kontoüberziehung abzugrenzen.742 Die Rechtsnatur und die Art und Weise des Zustandekommens einer geduldeten Überziehung sind anschließend im Rahmen eines möglichen Vollstreckungszugriffs zu erörtern, soll doch die Pfändbarkeit maßgeblich von diesen beiden Aspekten abhängen. I.  Die geduldete Kontoüberziehung i. S. v. § 505 BGB Nach § 505 Abs. 1 BGB liegt eine geduldete Überziehung vor, wenn ein Kreditinstitut die Belastung eines laufenden Kontos duldet, obwohl dem Kontoinhaber eine Überziehungsmöglichkeit zuvor nicht eingeräumt (S. 1) oder eine solche bereits ausgeschöpft (S. 2) ist. In Fällen geduldeter Kontoüberziehung besteht mangels Kontodeckung kein Anspruch des Kontoinhabers aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auf Vornahme eines Zahlungsvorgangs. Der Zahlungsdienstleister kann einen entsprechenden Zahlungsauftrag zurückweisen, ist allerdings auch nicht daran gehindert, diesem freiwillig Folge zu leisten.743 Duldet das Kredit­ institut die weitergehende Belastung des Kontos in diesem Sinne, ist der 740  BGHZ

182, 317. 16 / 12714, S. 19. 742  Zur Terminologie vgl. bereits § 7 A. 743  Einschränkend Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 55, wenn infolge der Zahlungsausführung der Überziehungsrahmen über741  BT-Drs.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 313

Rückzahlungsanspruch in aller Regel sofort fällig, ohne dass es einer Kündigung durch die Bank bedarf.744 Wegen des gesteigerten Risikos seiner Einbringlichkeit sowie damit einhergehender, höherer Refinanzierungskosten für die Bank am Kapitalmarkt unterliegt eine geduldete Kontoüberziehung einer höheren Verzinsung als die vereinbarte Überziehungsmöglichkeit.745 II. Abgrenzung Die geduldete Überziehung ist in mehrere Richtungen abzugrenzen. 1.  (Stillschweigende) Erweiterung der Kreditlinie Der Abgrenzung der geduldeten Kontoüberziehung von der stillschweigenden Erweiterung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB kommt entscheidende Bedeutung zu, wenn man mit dem BGH und der herrschenden Meinung einen Darlehensauszahlungsanspruch nur im letzten Fall für pfändbar erachtet.746 Bis zur Entscheidung BGHZ 182, 317 war diese Differenzierung außerdem von maßgeblicher Relevanz für die Insolvenz­ anfechtung von Zahlungen bei debitorisch geführtem Girokonto.747 Die unterschiedliche Behandlung zweier wirtschaftlich nahezu identischer Sachverhalte im Hinblick auf die Forderungsvollstreckung und die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung ist immer wieder auf Kritik gestoßen.748 Insbesondere werde dem Kontoinhaber und seiner Bank auf diese Weise ermöglicht, durch „Umstellung“ auf nur noch geduldete Kontoüberziehungen die Kontovollstreckung dauerhaft zu unterlaufen und einer späteren Insolvenzanfechtung vorzubeugen.749 Einige Autoren haben deshalb den Versuch unternommen, eine Antwort auf die vom BGH ausdrücklich offen gelassene Frage750 zu finden, unter welchen Voraussetzungen eine stillschritten würde, weil dieser auch dem Schutz des Kontoinhabers vor höheren Überziehungszinsen diene. 744  BGHZ 73, 207; BGH ZIP 2005, 585; vgl. etwa auch Nr. 3 der Bedingungen für eine geduldete Überziehung der Deutschen Bank (abrufbar http: /  / www.deutschebank.de / pbc / download / ser-agb-bedingungen-geduldete_ueberziehungen_pgk.pdf; letzter Aufruf am 11.09.2014). 745  BGHZ 118, 126 zur Zulässigkeit einer entsprechenden AGB-Klausel. 746  s. dazu im Einzelnen unten unter § 8 B. 747  Hierzu ausführlich unten unter § 8 B. II. 3. 748  Zur Insolvenzanfechtung unten § 8 B. II. 3. b). 749  Hierauf hat Bitter mehrfach hingewiesen, vgl. Bitter, in: Bankrechts-Handbuch3, § 33 Rn. 84 m. w. N. in Fn. 4, und Krüger, BGH-Report 2001, 440, 441. 750  BGHZ 170, 276, 283 (Tz. 16); kritisch auch schon Galster, ZInsO 2007, 908, 910; Schmies, S.  130 ff.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

schweigende Erweiterung bzw. erstmalige Gewährung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit angenommen werden kann, aus der ein grundsätzlich pfändbarer Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrags resultiert.751 Dessen Verlust begründete dann eine im Wege der Insolvenzanfechtung rückabzuwickelnde Gläubigerbenachteiligung. Lediglich die Auffassung, aus einer mehrfachen Duldung der Überziehung folge bereits ein entsprechender Verpflichtungswille des Kredit­ instituts,752 hat der BGH eindeutig zurückgewiesen.753 Die Mehrzahl derer, die eine konkludente Erweiterung des Kreditrahmens für möglich erachten, knüpfen an den Zeitraum an, währenddessen die Bank davon absieht, vom Kontoinhaber Rückführung einer Überziehung zu verlangen.754 Wenn ein möglichst frühzeitiges „Umschlagen“ der geduldeten Überziehung in eine Erweiterung der Kreditlinie als probates Mittel, der beschriebenen Missbrauchsgefahr entgegenzuwirken, auch wünschenswert er­ scheint,755 kann hiervon nur in absoluten Ausnahmefällen ausgegangen werden.756 Regelmäßig erlaubt die bloße Duldung einer Kontoüberziehung nicht den Rückschluss darauf, dass die Bank einem ohnehin wirtschaftlich schwachen Kunden, dem sie allenfalls noch die vereinzelte Kontoüberziehung gestattet, dauerhaft einen höheren Kreditrahmen gewähren will. Auch mehrfache oder Überziehungen über einen längeren Zeitraum vermögen einen entsprechenden Verpflichtungswillen nicht zu indizieren. Will man gleichwohl einen entsprechenden Vertragsschluss annehmen, liegt hierin eine bloße Fiktion, um der missliebigen Unpfändbarkeit einer geduldeten Überziehung zu entgehen.757

751  s. hierzu

§ 7 F. II. ZInsO 2007, 561, 564; Spliedt, NZI 2007, 228, 229; vgl. auch OLG Köln ZIP 1983, 810 f.; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 30; Heise, Rn. 283 (venire contra factum proprium). 753  BGHZ 182, 317, 319 (Tz. 9). 754  So Bitter, WM 2004, 1109, 1111 f.; ders. WM 2001, 889, 890, 896: Indizwirkung bei Dauer von mehr als 60 Tagen; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 6; Spliedt, NZI 2007, 228, 229; vgl. auch BGHZ 170, 276, 283 (Tz. 16). 755  Vgl. Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 152, der darauf hinweist, dass eine geduldete Überziehung keine auf Dauer und beliebige Wiederholungen angelegte Kreditform sei, und damit nötigenfalls eine Umqualifikation in Aussicht stellt. 756  Ebenso Felke, WM 2002, 1632, 1635; Grube, S. 87; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 53; Schmies, S. 130 ff.; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 467; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 852; zurückhaltend auch OLG Saarbrücken ZIP 2006, 2029, 2030. 757  s. auch Galster, ZInsO 2007, 908, 910. 752  Mock,



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 315

2. Einzeldarlehensvertrag Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten außerdem die Fälle, in denen auf Betreiben des Kunden im Vorfeld einer Kontoverfügung zwar Gespräche mit der Bank über die Bewilligung einer Überziehung stattfinden, aber eine Erweiterung des Dispositionskredits, den der Kontoinhaber revolvierend in Anspruch nehmen kann, nicht beabsichtigt ist. In einer solchen Konstella­ tion, in der die Bank Verfügungen von Fall zu Fall nach vorheriger Absprache mit dem Kunden noch zugelassen hat, hat das OLG Hamm jeweils eine geduldete Überziehung angenommen und der Pfändung eines Dispositionskredits den Erfolg versagt.758 Von der Einräumung einer Kreditlinie könne nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Bank dem Kunden gegenüber bereits im Vorfeld und losgelöst von einem konkreten Zahlungsvorgang durch Vertrag oder einseitige Mitteilung zur späteren Kreditgewährung verpflichte.759 Befolgte das Kreditinstitut einzelne Zahlungsaufträge jeweils nach vorheriger konkreter Vereinbarung, liege dagegen nur eine geduldete Kontoüberziehung vor. Konstellation und Ergebnis der genannten Entscheidung des OLG Hamm werden häufig herangezogen, um nachzuweisen, dass die Differenzierung zwischen Dispositionskredit und geduldeter Überziehung unhaltbar ist, weil auch der Überziehung – wenn auch auf Initiative des Kunden – stets der Abschluss eines Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB vorausgehe.760 Diese Argumentation verkennt allerdings die Besonderheit des dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalts. Einerseits ist es zwar zutreffend, dass die vorherigen einzelfallbezogenen Absprachen nicht ohne weiteres zu einer Erweiterung der Kreditlinie führen. Andererseits ist es jedoch verfehlt, aus einem tertium non datur-Schluss zu folgern, dass dann in diesen Fällen eine geduldete Überziehung vorliegen müsse, deren Pfändbarkeit nicht anders beurteilt werden könne als die einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit. Von einer geduldeten Überziehung kann nur die Rede sein, wenn sich der Kontakt zwischen Kreditinstitut und Kontoinhaber in einer Zahlungsanweisung erschöpft, die mangels Deckung nicht ausgeführt werden müsste, § 675o Abs. 2 BGB, von der Bank aber gleichwohl befolgt wird. Hierfür spricht insbesondere, dass die geduldete Überziehung auch vom Gesetzgeber als „Handdarlehen“ verstanden wird.761 Ein solches „Handdarlehen“ 758  OLG

Hamm NJW-RR 2002, 1477. Hamm NJW-RR 2002, 1477; zust. Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 82, 85; s. auch Grube, S.  175 f. 760  Vgl. die Kritik bei Bitter, WM 2004, 1109, 1110 f.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 363; näher noch unten § 8 B. II. 1. b). 761  BT-Drs. 16 / 11643, S. 90; ebenso etwa MünchKomm / Schürnbrand, BGB6, § 504 Rn. 2; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 492. 759  OLG

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

kennzeichnet die Entstehung des Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB mit Hingabe der Valuta bzw. Ausführung des begehrten Zahlungsauftrags.762 Als „geduldete Überziehung“ werden daher solche Konstellationen wie die vom OLG Hamm entschiedene nicht erfasst, in denen sich die Pflicht zur Darlehensgewährung bereits aus einer vorher getroffenen Abrede zwischen Kreditinstitut und Kontoinhaber ergibt.763 Sie sind stattdessen als dritte Kategorie der Kreditgewährung auf einem Kontokorrentkonto zu erfassen.764 Auch der BGH hat die Möglichkeit anerkannt, dass die Bank dem Kunden auf seinem Kontokorrentkonto ein Einzeldarlehen gewährt, das nicht revolvierend in Anspruch genommen werden kann, und den hieraus erwachsenden Auszahlungsanspruch für pfändbar erachtet, so dass nach der Diktion des BGH hierin auch keine geduldete Überziehung zu sehen war.765 Für den Fortgang der Untersuchung sind als geduldete Überziehung daher nur solche Konstellationen zu bezeichnen, in denen es vor der Ausführung eines konkreten Zahlungsauftrags an der verbindlichen Darlehenszusage des Kreditinstituts, sei sie auf eigene oder auf Initiative des Kontoinhabers zustande gekommen, fehlt. 3.  „Aufgezwungene“ oder einseitige Überziehung Schließlich muss die geduldete von der erzwungenen766 oder einseitigen Überziehung unterschieden werden. a) Konstellationen Eine einseitige Überziehung liegt vor, wenn der Kunde sein Konto ohne willentliche Mitwirkung der Bank (= Duldung)767 über die vereinbarte oder 762  Eindeutig auch BT-Drs. 16 / 11643, S. 89 („Bei der geduldeten Überziehung kommt zwar ebenfalls ein Vertrag zustande, aber erst in dem Moment, da das Darlehen ausbezahlt wird.“). 763  s. auch die Entscheidung BGH ZIP 2011, 824 (Tz. 10), in der der IX. Zivilsenat die in BGHZ 182, 317, entwickelten Grundsätze zur Anfechtbarkeit einer geduldeten Überziehung anwendet (dazu ausf. unten § 8 B. II. 3.), obwohl hier unstreitig ein Darlehensvertrag geschlossen worden war, der einen Auszahlungsanspruch begründete, vgl. den Tatbestand in Tz. 2 des Urteils; hierauf weist Lütcke, NZI 2011, 702, 703, zutreffend hin. 764  Vgl. auch Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, Anh. zu § 829 Rn. 5. 765  In BGH ZIP 2008, 701 (Tz. 9), hatte die Bank dem Kontoinhaber einmalig einen Kreditbetrag zur Befriedigung eines Pfändungsgläubigers zur Verfügung gestellt; vgl. auch BGHZ 182, 317, 319 (Tz. 9) („besondere Überziehungsvereinbarung“); nach Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 86, bewirkt die Entscheidung eine weitere Verkomplizierung der Abgrenzung. 766  Lwowski / Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 75 Rn. 28, § 77 Rn. 5.



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nicht bestehende Kreditlinie hinaus überzieht. Ursache hierfür ist insbesondere die dem Schuldner durch den Zahlungsdienstleister verliehene Rechtsmacht, ihn gegenüber einem Dritten zu einer Zahlung zu verpflichten.768 Entsprechende Rechtsmacht zur eigenmächtigen Überziehung kam dem Kontoinhaber bis zum 31.12.2001 zu, wenn seine Bank einem Schecknehmer gegenüber zur Einlösung vom Kontoinhaber begebener, garantierter Euroschecks unabhängig davon verpflichtet war, ob das Konto ausreichende Deckung aufwies.769 Aktuell kann sich eine einseitige Kontoüberziehung insbesondere dann ergeben, wenn der Kunde mittels ec-Karte an dem Geldautomaten einer fremden Bank Bargeld abhebt oder Waren und Dienstleistungen bargeldlos im sog. point-of-sale-Verfahren (POS-Verfahren) bezahlt. In beiden Fällen trifft das kartenausgebende Institut gegenüber der geld­ automatenbetreibenden Bank bzw. dem am POS-Verfahren teilnehmenden Händler oder Dienstleister eine abstrakte Verpflichtung zur Erstattung des jeweiligen Zahlungsbetrags, vgl. Nr. 5 der Händlerbedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft.770 Zwar darf der Kontoinhaber seine ec-Karte nach Absch. II Nr. 2 der Bedingungen für die Verwendung der ec(Maestro)-Karte nur insoweit verwenden, als er auf seinem Konto ausreichende Deckung vorhält.771 Dies beschränkt aber allenfalls sein „rechtliches Dürfen“, nicht jedoch sein „rechtliches Können“, das kartenausgebende Kreditinstitut auch über die Deckungsgrenze hinaus zu verpflichten.772 767

Der Zustand einer von Seiten der Bank nicht geduldeten Überschreitung des Kreditlimits kann noch aus anderen Gründen eintreten, die im Rahmen dieser Arbeit aber keiner vertieften Betrachtung bedürfen, weil sie nicht auf einem vom Kontoinhaber ausgelösten Zahlungsvorgang beruhen und sich die Frage nach einem vorgelagerten pfändbaren Anspruch deshalb nicht stellt. Hierzu rechnen etwa Fälle, in denen die Bank den Kontoinhaber über zu seinen Gunsten eingegangene Beträge disponieren lässt, die wie bspw. bei der Gutschrift im Lastschriftverfahren oder bei der Scheckeinreichung Fall, wie von Lwowski / Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch4, § 75 Rn. 28, geschildert, in dem das Kreditinstitut sich für die Ausführung des Zahlungsauftrags entscheidet, aber eine vertragliche Einigung i. S. e. geduldeten Überziehung nicht zustande kommen soll, scheint nicht vorstellbar. 768  Fischer / Klanten / Kern, Rn. 9.19; Fritzsche, DStR 2002, 265, 270. 769  Vgl. hierzu Kümpel / Wittig / Werner, Rn. 7.864 ff.; Nobbe, in: BankrechtsHandbuch3, § 63 Rn. 28 ff. 770  Zur umstrittenen Rechtsnatur dieser Zahlungsverpflichtung Einsele, § 6 Rn.  193 ff.; Koch, in: Bankrechts-Handbuch4, § 68 Rn. 6 ff.; Kümpel / Wittig / Werner, Rn.  7.905 ff. 771  Abgedruckt etwa bei Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB2, BankR Rn. II /  446 f. 772  Vgl. Fritzsche, DStR 2002, 265, 270. 767  Ein

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zunächst nur unter Vorbehalt der Deckung gutgeschrieben (sog. „E. v.Gutschrift“ vgl. Nr. 9 Abs. 1 S. 1 AGB-Bk bzw. AGB-Spk), aber anschließend storniert worden sind (vgl. Nr. 9 Abs. 1 S. 4, 5 AGB-Bk bzw. Nr. 23 Abs. 2 AGB-Spk) und daher tatsächlich nie zur Verfügung des Kontoinhabers gestanden haben.773 Zwar wird in der Vorbehaltsgutschrift eine Kreditgewährung der Bank erblickt,774 auf die ein Pfändungsgläubiger grundsätzlich ebenso wie auf eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit Zugriff nehmen kann. Die spätere Rückbelastung des Kontos, die den Zustand der nicht geduldeten Überziehung herbeiführt, bewirkt indes nicht die erneute Entstehung eines Darlehensanspruchs, der als Deckung für den girovertraglichen Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag taugte. Aus gleichem Grund sind solche einseitigen Überziehungen von der weiteren Betrachtung auszunehmen, die darauf beruhen, dass die Bank die Kreditlinie (teilweise) kündigt und so den Rückzahlungsanspruch fällig stellt. b)  Rechtliche Qualifikation und Pfändbarkeit Die eigenmächtige Inanspruchnahme durch den Kontoinhaber begründet nach einhelliger Auffassung keinen Darlehensvertrag mit der Bank.775 Es liegt vielmehr eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung des Zahlungsdiensterahmenvertrags, § 280 Abs. 1 BGB, vor, wenn ein Bankkunde Verfügungen jenseits der Deckungsgrenze trifft und damit zwar nicht sein rechtliches Können, wohl aber sein rechtliches Dürfen im Innenverhältnis überschreitet.776 Wegen der im Einzelfall schwierigen Abgrenzung zwischen geduldeter und einseitiger Überziehung werden beide Fälle in der Praxis gleich gehandhabt.777 Auch infolge einer aufgezwungenen Überziehung stellt das Kreditinstitut den sofort fälligen Schadensersatzanspruch in das Kontokorrent ein, der der Höhe nach regelmäßig dem Auszahlungsbetrag entspricht. Aufgrund vertraglicher Vereinbarung wird für die eigenmächtige Überziehung der gleiche Zinssatz wie für eine geduldete berech773  Jungmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 81a Rn. 150; MünchKomm / Schürnbrand, BGB6, § 505 Rn. 10. 774  Vgl. BGH ZIP 2008, 747 (Tz. 3); van Gelder, in: Bankrechts-Handbuch3, § 58 Rn. 13; a. A. Ahrens, KTS 2009, 91, 92 ff. 775  Vgl. Abschn. II Nr.  2 S.  1 der Bedingungen für die Verwendung der ec(Maestro)-Karte der Sparkasse, abgedruckt bei Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn /  Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 447. 776  Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 5; Jungmann, in: BankrechtsHandbuch4, § 81a Rn. 151; MünchKomm / Schürnbrand, BGB6, § 505 Rn. 8. 777  Vgl. Fischer / Klanten / Kern, Rn. 9.19; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 53.



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net.778 Der Streit darüber, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sich eine zunächst einseitige Überziehung bei nachträglichem, möglicherweise stillschweigendem Einverständnis der Bank in eine geduldete Überziehung wandeln kann,779 hat lediglich Relevanz für die Frage, ob das Kreditinstitut zur Information nach § 505 BGB verpflichtet ist.780 Für die hier untersuchte Pfändbarkeit eines Darlehensanspruchs im Vorfeld der Überziehung ist er dagegen nicht von Belang. Denn auch die nachträgliche Duldung durch das Kreditinstitut führt nicht dazu, dass rückwirkend ein solcher Anspruch zugunsten des Kontoinhabers entsteht. In Fällen einseitiger oder aufgezwungener Überziehung mangelt es daher stets an einem tauglichen Vollstreckungsgegenstand, auf den ein Gläubiger im Wege der Forderungspfändung zugreifen kann. 4.  Definition der geduldeten Überziehung als Gegenstand der weiteren Untersuchung Als geduldete Überziehung wird in den nachfolgenden Ausführungen die Überschreitung des Kontos jenseits einer ggf. vertraglich eingeräumten Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB bezeichnet, die dadurch zustande kommt, dass die Bank einen Zahlungsauftrag des Kontoinhabers trotz fehlender Kontodeckung ausführt, ohne dass sie sich ihm gegenüber hierzu zuvor verpflichtet hat.

B.  Pfändbarkeit der geduldeten Überziehung Der BGH und die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum erachten eine geduldete Überziehung für unpfändbar. Zur Begründung findet sich allenthalben die Feststellung, dass dem Kontoinhaber im Vorfeld einer geduldeten Überziehung kein pfändbarer Anspruch auf Kreditgewährung bzw. Ausführung eines Zahlungsauftrags zustehe, sondern allenfalls eine wage Chance oder Hoffnung darauf bestehe, dass die Bank seinem Ansinnen Folge leiste.781 778  Vgl. etwa Abschn. II Nr. 2 S. 2 a. E. der Bedingungen für die Verwendung der ec(Maestro)-Karte der Privatbanken abgedruckt bei Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn / Grundmann, HGB2, BankR Rn. II / 446. 779  Vgl. Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 493, einerseits und Derleder /  Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 5, andererseits. 780  § 505 BGB gilt nicht für die einseitige Überziehung; vgl. Jungmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 81a Rn. 151; Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 505 Rn. 5. 781  So BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14); 170, 276, 282 (Tz. 15); 147, 193, 202; 93, 315, 325; OLG Saarbrücken ZIP 2006, 2029; Bach, Jura 2002, 833, 834; Brox / Walker, Rn. 529; Derleder / Knops / Bamberger / v. Plehwe, § 19 Rn. 29; Felke, WM 2002,

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

I.  Präzisierung des Einwands gegen die Pfändbarkeit Diese Aussage bedarf der Präzisierung, will man ihrer Berechtigung auf den Grund gehen. 1. Vollstreckungsgegenstand Der BGH hat die Pfändbarkeit einer geduldeten Überziehung in BGHZ 93, 315, 325 f. abgelehnt, weil „diese dem Kunden keinen Anspruch [gibt], so daß es sich dabei nicht um eine pfändbare Forderung handelt. Die Darlehensbeziehung zwischen der Bank und ihrem Kunden kommt dann mit der Darlehensgewährung durch die Überweisung oder Auszahlung erst zustande (§ 607 Abs. 1 BGB).“ Diese Ausführungen beruhen ersichtlich darauf, dass der BGH das Darlehen seinerzeit als Realvertrag auffasste.782 Kam die Darlehensbeziehung hiernach erst mit der Hingabe der Valuta zustande, fehlte es bei einer geduldeten Überziehung, der ein Darlehensversprechen der Bank in Gestalt eines Vorvertrags nicht vorausging, überhaupt an einer möglicherweise pfändbaren Forderung des Kontoinhabers.783 Auf Grundlage der seit der Schuldrechtsmodernisierung in § 488 BGB gesetzlich verankerten Konsensualvertragstheorie lässt sich diese Begründung heute so nicht mehr aufrechterhalten. So sieht § 488 Abs. 1 BGB vor, dass ein Darlehensvertrag, aus welchem dem Darlehensnehmer ein Auszahlungsanspruch erwächst, bereits durch Einigung der Parteien zustande kommt und nicht die Auskehr der Valuta voraussetzt. Wie die Ausführungen unter § 7 gezeigt haben, erachtet die einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur auch nicht die allgemeine Darlehensverpflichtung aus dem Krediteröffnungsvertrag, an der es im Fall der geduldeten Überziehung ersichtlich fehlt, für pfändbar oder jedenfalls selbständig verwertbar, sondern erst einen durch Abruf konkretisierten Darlehensauszahlungsanspruch. Nach dieser Ansicht stellt sich mithin die Frage, ob auch einer geduldeten Überziehung ein Darlehensauszahlungsanspruch vorausgeht, der als künftige Forderung gepfändet werden kann.784 1632, 1634 f.; Klose, MDR 2002, 186, 187; Rath, ZVI 2004, 386; Schürnbrand, AcP 204 (2004), 177, 199; Schuschke, ZIP 2001, 1084, 1086; Stöber, Rn. 119; Uhlmannsiek, JA 1993, 238, 243. 782  Gaul, KTS 1989, 3, 7; Grunsky, JZ 1985, 490, 491; Schmies, S. 136. 783  Zur Realvertragstheorie noch unten § 8 B. II. 1. a). 784  Vgl. etwa Zöller / Stöber, ZPO30, § 829 Rn. 33, unter „Kontoguthaben“ c): „Bloße Duldung gibt dem Schuldner der Bank gegenüber keinen Anspruch auf Auszahlung eines Kredits, …“ (Hervorhebung durch Verfasser); auch Schmies, S. 134 ff.; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788; E. Wagner, WM 1998, 1657, 1667.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 321

Richtigerweise vollzieht sich die Kreditgewährung auf einem Girokonto als einstufiger Vorgang, der sich nicht in allgemein Kreditverpflichtung und konkretisierten Darlehensauszahlungsanspruch aufspalten lässt.785 Fehlt es bei der geduldeten Überziehung zunächst auch an Kontodeckung in Form einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit, die dem Kontoinhaber einen pfändbaren Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag vermittelt, stellt sich nach hiesiger Ansicht gleichermaßen die Frage, ob dem Kontoinhaber im Vorfeld ein pfändbarer Anspruch gegen seine Bank zusteht oder ob der Vollstreckungsgläubiger die Kontobelastung infolge der Überziehung schlicht hinzunehmen hat. 2.  Einwand mangelnder Bestimmbarkeit Geht der geduldeten Überziehung eine generelle Darlehensverpflichtung des Kreditinstituts per definitionem nicht voraus, kann ein etwaiger Darlehensauszahlungsanspruch, der mit der Überziehung entstehen soll,786 allenfalls als zukünftige Geldforderung gepfändet werden.787 Künftige Forderungen unterliegen nach allgemeiner Ansicht der Pfändung, wenn sie hinreichend bestimmbar sind. Dies setzt voraus, dass im Pfändungszeitpunkt, § 829 Abs. 3 ZPO, bereits eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner besteht, aus der die künftige Forderung sowohl ihrem Inhalt nach als auch die Person des Drittschuldners identifiziert werden kann, und der Pfändungsbeschluss die Forderung hinreichend konkret bezeichnet.788 Fehlt es an der erforderlichen Konkretisierung der künftigen Forderung, ist gemeinhin von unpfändbaren Erwartungen, Hoffnungen oder Exspektanzen die Rede.789 Die Abgrenzung zwischen bestimmbaren künftigen Forderungen und bloßen Exspektanzen gestaltet sich im Einzelfall freilich schwierig. Weitgehende Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass eine zwangsweise Pfändung künftiger Forderungen jedenfalls nur unter engeren Voraussetzungen zulässig sein soll als ihre rechtsgeschäftliche Abtretung.790 785  Dazu

§ 7 F. zu den Vertragsschlussmodalitäten im Fall einer geduldeten Überziehung ausführlich noch unten § 8 B. II 2. 787  Felke, WM 2002, 1632, 1634; Regerbis, S.  35 f.; Zeller, S.  289 ff. 788  Allg. Meinung vgl. etwa BGHZ 53, 29, 32; Baur / Stürner / Bruns, Rn. 22.5; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 829 Rn. 13; Musielak / Becker, ZPO11, § 829 Rn. 6; Prütting / Gehrlein / Ahrens, ZPO6, § 829 Rn. 11. 789  Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann / Hartmann, ZPO72, § 829 Rn. 5; MünchKomm / Smid, ZPO4, § 829 Rn. 14; Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 829 Rn. 7; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 829 Rn. 7; Stöber, Rn. 27. 790  Brox / Walker, Rn. 509; MünchKomm / Roth, BGB6, § 398 Rn. 81; Stöber, Rn. 28; s. hierzu auch schon § 4 A. II. 2. 786  Vgl.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Wenn gegen die Vollstreckungstauglichkeit einer geduldeten Überziehung geltend gemacht wird, dass in diesem Fall nur ein wage Chance oder Hoffnung darauf bestehe, dass die Bank dem Zahlungsbegehren des Kontoinhabers Folge leiste, ist dies verbreitet als Einwand gegen die hinreichende Bestimmbarkeit eines vermeintlich unstreitigen Darlehensauszahlungsanspruchs interpretiert worden.791 Zwar ist eine Auseinandersetzung mit der erforderlichen Bestimmbarkeit nachvollziehbar, fehlt es doch im Vorfeld jedenfalls an einer der Kreditlinie vergleichbaren Rechtsgrundlage für die im freien Ermessen der Bank stehende Kontoüberziehung.792 Logisch vorrangig ist jedoch zu überprüfen, ob im Fall der geduldeten Überziehung überhaupt ein Darlehensauszahlungsanspruch bzw. Anspruch auf Durchführung eines Zahlungsvorgangs besteht, der ggf. Gegenstand der Forderungsvollstreckung sein kann und dessen Bestimmbarkeit dann zu erörtern wäre. II.  Bestehen eines pfändbaren Darlehensauszahlungsanspruchs Der Leugnung eines Darlehensauszahlungsanspruchs und damit der Möglichkeit der Forderungsvollstreckung unter Hinweis darauf, dass die geduldeten Überziehung ein „Handdarlehen“ sei,793 halten die Befürworter der Pfändung entgegen, dass wegen der konsensualen Rechtsnatur des Darlehensvertrags gem. § 488 BGB einerseits794 und wegen der Realien der Kreditgewährung im Fall einer geduldeten Überziehung795 andererseits jedenfalls für eine „logische juristische Sekunde“ ein solcher Anspruch bestehe,796 der als künftige Geldforderung der Pfändung unterliege.797 791  So insbesondere Zeller, S. 279 ff., der den Beweis des Gegenteils angetreten ist; die Bestimmbarkeit wird etwa auch von Heise, Rn. 340 ff.; Regerbis, S. 35, S.  127 f.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 363, thematisiert. 792  Nach Zeller, S. 314 f., soll der Girovertrag mit Kontokorrentabrede eine hinreichend konkrete Rechtsbeziehung darstellen. 793  So etwa auch BT-Drs. 16 / 11643, S. 90; Felke, WM 2002, 1632, 1634 f.; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 9; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 492. 794  Sogleich unter § 8 B. II. 1. 795  Unten unter § 8 B. II. 2. 796  Kritisch gegenüber der „logischen juristischen Sekunde“ als wesentliches Entscheidungskriterium auch Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 151 („nicht haltbares juristisches Konstrukt“); Honsell, JZ 2001, 1143, 1144 („fossiles Requisit aus der Mottenkiste der Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz“). 797  Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 180; Blank, ZInsO 2004, 983, 984; Carl, DStR 1988, 765, 769; Gaul, KTS 1989, 3, 10; Grund, S. 134 f.; Grunsky, JZ 1985, 490, 491; Henkel, ZInsO 2005, 468, 469; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71 f.; Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 255 f.; Peckert, ZIP 1986, 1232, 1234; Stiller, ZInsO 2005, 72, 73; für die Existenz eines vertraglichen Darlehensauszahlungsanspruchs, die Pfändung aber aus anderen Gründen ablehnend Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4,



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 323

Diese seit langem in Widerstreit stehenden Argumente sind auf ihre Gültigkeit unter dem hiesigen geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnis des Zahlungsverkehrsrechts zu untersuchen. Neben der durch BGHZ 182, 317 vollzogenen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung macht die in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Reform des Kontopfändungsschutzes zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, nach der es einem Gläubiger unbenommen sei, Ansprüche aus geduldeter Überziehung zu pfänden,798 eine neuerliche Überprüfung des Vollstreckungszugriffs in diesem Fall erforderlich. 1.  Die Rechtsnatur der geduldeten Überziehung Diejenigen, nach deren Ansicht auch einer geduldeten Überziehung zumindest für eine „logische juristische Sekunde“ ein vollstreckungstauglicher Darlehensauszahlungsanspruch vorausgehe, berufen sich namentlich auf die konsensuale Rechtsnatur des Darlehens, wie sie ihren Niederschlag in § 488 BGB gefunden hat. Wenn sie gegen die herrschende Meinung, die die geduldete Überziehung als Handdarlehen begreift, mitunter einwenden, diese Sichtweise bedeute einen Rückschritt hin zur überwundenen Realvertrags­ theorie,799 erfordert dies eine nähere Betrachtung der Rechtsnatur der geduldeten Überziehung. a)  Die geduldete Überziehung als Realvertrag Die Ausführungen in BGHZ 93, 315, 325 wonach die bloße Duldung einer Überziehung dem Kunden gegenüber der Bank keinen Anspruch auf Kreditgewährung gebe und es deshalb an einer pfändbaren Forderung mangele, stehen unter dem Eindruck der insbesondere in der Rechtsprechung lange Zeit favorisierten Realvertragstheorie. Hiernach kam ein Darlehensvertrag erst mit dem Realakt der Valutaausreichung zustande,800 während die vorgelagerte Verpflichtung des Kreditgebers zur Darlehensgewährung nur als Vorvertrag erfasst werden konnte.801 Unter Geltung der Realver§ 33 Rn. 83; ders., WM 2004, 1109, 1110 f., ders., in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 20 f.; hierzu § 7 E. II. 2. b) aa). 798  BT-Drs. 16 / 12714, S. 19. 799  Vgl. Gaul, KTS 1989, 3, 7; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788 f. 800  RGZ 168, 240, 245; 103, 286, 288; 39, 231, 232; BGHZ 93, 315, 325; vgl. auch die Darstellung bei Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, § 607 Rn. 13. 801  Vgl. etwa BGH WM 1962, 1264, 1265; WM 1962, 114, 115; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, § 607 Rn. 24; hierzu auch schon § 7 B. III. 1.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

tragstheorie war der Darlehensvertrag mithin als einseitig verpflichtender Vertrag ausgestaltet.802 Diese aus dem römischen Recht überkommene Sichtweise der Realkontrakte803 fand für das Darlehen nach verbreiteter Ansicht legislatorische Bestätigung in den §§ 607 ff. BGB in der Fassung vor der Schuldrechtsmodernisierung.804 § 607 Abs. 1 BGB a. F. betonte einerseits den Empfang der Darlehensvaluta, in dessen Folge die Rückgewährverpflichtung zur Entstehung gelangte. § 610 BGB a. F. gestattete andererseits bis zur Auskehr der Valuta den „Widerruf“ des Darlehensversprechens, was im Gegensatz zu den Rechtsbehelfen Rücktritt und Kündigung auf einen noch ausstehenden Vertragsschluss hindeutete.805 Auch wenn die Bezeichnung als bloß „geduldete Überziehung“ zunächst geeignet ist, diese Art der Kreditgewährung als vertragslosen Zustand erscheinen zu lassen und der Duldung der Bank jeglichen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert abzusprechen,806 darf deshalb nicht verkannt werden, dass die geduldete Überziehung auch unter Geltung der Realvertragstheorie eine Vertragsbeziehung zwischen Bank und Kontoinhaber beschrieb. Zwar fehlte es regelmäßig an einem Darlehensvorvertrag und damit an einem vertrag­ lichen Darlehensauszahlungsanspruch im Vorfeld der Zahlungsausführung. Gleichwohl folgte aus der Darlehensbeziehung, die mit Hingabe der Valuta entstand, ein zunächst betagter Rückzahlungsanspruch und ein Zinszahlungsanspruch des Darlehensgebers. b)  Die geduldete Überziehung als Konsensualvertrag i. S. v. § 488 BGB Auf dem Boden der geltenden Konsensualvertragstheorie wird die geduldete Überziehung heute als Unterfall des in § 488 BGB geregelten Gelddarlehensvertrags aufgefasst.807 Die Einordnung als Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB wird dabei allenthalben damit begründet, dass dem Kreditinsti802  BT-Drs. 14 / 6040, S. 252; Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht15, § 142 I (S. 592); Fikentscher, Schuldrecht9, Rn. 845; Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 453 f. 803  Neben dem Darlehen (mutuum) wurden insbesondere die Leihe (commodatum), die Hinterlegung (depositum) und die Verpfändung (pignus) als Realverträge in diesem Sinne aufgefasst, vgl. Heck, § 80 Nr. 7 (S. 247). 804  Vgl. auch BT-Drs. 14 / 6040, S. 252; Fikentscher, Schuldrecht9, Rn. 845. 805  Vgl. Staudinger / Freitag, 2011, § 488 Rn. 11; kritisch zur Herleitung der Real­ vertragstheorie aus §§ 607 ff. BGB a. F. schon Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 484 ff. 806  Vgl. auch E. Wagner, ZIP 1985, 849, 853; Zeller, S.  283 ff. 807  BT-Drs. 16 / 11643, S. 90; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 83; Felke, WM 2002, 1632, 1633; Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 505 Rn. 3; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 492; abweichend noch Köndgen, WM 2001, 1637,



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 325

tut auch in diesem Fall ein Rückzahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gegen den Kontoinhaber zustehen müsse, weil es andernfalls für die Rückforderung des willentlich ausgereichten Darlehensbetrags auf einen Bereicherungsanspruch verwiesen wäre.808 Fehlte es an einem vertraglichen Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, sei außerdem nicht zu erklären, warum die Bank im Fall einer geduldeten Überziehung Zinsen verlangen könne, die zudem noch die üblich für einen Dispositionskredit zu entrichtenden Darlehenszinsen überstiegen.809 Sowohl Befürworter als auch Gegner der Vollstreckungstauglichkeit einer geduldeten Überziehung stimmen in deren konsensualer Rechtsnatur überein. Aus dem Umstand, dass sich im Fall der geduldeten Überziehung ein vertraglicher Rückzahlungs- und Zinsanspruch der darlehensgebenden Bank auf der einen Seite aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ergebe, wird vielfach gefolgert, dass dem Darlehensnehmer auf der anderen Seite dann zwingend auch – möglicherweise nur für eine „logische juristische Sekunde“ – ein vertraglicher Auszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen müsse.810 Wenn die überwiegende Ablehnung eines Auszahlungsanspruchs dagegen damit begründet wird, dass es sich bei der geduldeten Überziehung um ein „Handdarlehen“ handele, macht dies zunächst eine bislang weitgehend unterbliebene Untersuchung dieses Darlehenstypus erforderlich. Dies gilt namentlich deshalb, weil die Vereinbarkeit eines Handdarlehens mit der Konsensualvertragstheorie von der Gegenauffassung teilweise bestritten oder angenommen wird, auch einem Handdarlehen gehe zumindest für eine logische juristische Sekunde ein Darlehensauszahlungsanspruch voraus. Diesen Einwänden muss sich auch die hiesige Auffassung von der einstufigen Kreditgewährung auf einem Girokonto erwehren.811

1641, nach dem die geduldete Überziehung auch unter Geltung von § 488 BGB nur als Realvertrag aufgefasst werden kann. 808  Gaul, KTS 1989, 3, 7; Grunsky, JZ 1985, 490, 491; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788; E. Wagner, WM 1998, 1657, 1667; Zeller, S. 284. 809  Fritzsche, DStR 2002, 265, 270; Grunsky, JZ 1985, 490, 491; Zeller, S. 284. 810  Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 180; Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 83; ders., WM 2001, 889, 893; Gaul, KTS 1989, 3, 7; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71 f.; Stiller, ZInsO 2005, 72, 73; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 853; ders., WM 1998, 1657, 1667. 811  Zur einstufigen Gewährung einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit § 7 F. I.; zur Rechtsnatur der geduldeten Überziehung unten § 8 B. II. 1 c).

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

aa)  Die geduldete Überziehung als Handdarlehen Die herrschende Rechtsauffassung, der sich der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 505 BGB angeschlossen hat,812 versteht die geduldete Überziehung als sog. „Handdarlehen“.813 Hieraus wird verbreitet gefolgert, bei der geduldeten Überziehung fielen Entstehung eines Darlehensauszahlungsanspruchs und seine Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB durch Ausführung des Zahlungsvorgangs in einem Akt zusammen.814 Nicht selten begnügen sich Ausführungen hierzu dagegen mit der Feststellung, dass ein Auszahlungsanspruch schlicht nicht bestehe.815 Um die Bedeutung der Einordnung als Handdarlehen für die Pfändbarkeit der geduldeten Überziehung beurteilen zu können, muss daher zuvor dessen rechtliche Ausgestaltung untersucht werden. Zu diesem Zweck ist der Blick zunächst auf verwandte Handgeschäfte wie die Handschenkung nach § 516 Abs. 1 BGB und den Handkauf zu richten. (1) Handgeschäfte Als Hand- oder Realgeschäfte lassen sich solche Rechtsgeschäfte zusammenfassen, bei denen ein unmittelbarer Austausch von Leistungen stattfindet, ohne dass dies in Erfüllung eines entsprechenden, zuvor geschlossenen Verpflichtungsvertrags, also solvendi causa, geschieht.816 Dabei werden als Hand- oder Realgeschäfte im Folgenden nicht solche Rechtsgeschäfte bezeichnet, deren Entstehung wie das Darlehen unter Geltung der Realvertragstheorie zwingend die Vornahme eines Realakts voraussetzen.817 Nachdem auch das Darlehen in § 488 BGB im Zuge der Schuldrechtsreform als Konsensualvertrag ausgestaltet worden ist, stellt sich für Handgeschäfte nicht mehr die Frage, ob der Wirksamkeit eines Schuldvertrags zwingend ein Realakt vorausgehen muss, sondern vielmehr ob ein wirksamer Schuldvertrag allein durch tatsächlichen Leistungsaustausch entstehen kann oder ob es wegen der umfassenden Konzeption der Schuldverträge als Konsen812  BT-Drs.

16 / 11643, S. 90.

813  Derleder / Knops / Bamberger / v.

Plehwe, § 19 Rn. 5; Habersack, in: Bankrechtstag 2002, S. 3, S. 20; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 9; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 492. 814  BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 14); Felke, WM 2002, 1632, 1634; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 53, § 488 Rn. 148; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 499. 815  Schuschke / Walker / Schuschke, ZPO5, § 829 Rn. 4; ders., ZIP 2001, 1084, 1086. 816  Vgl. Bork, Der Vergleich, S. 42 f.; Ehmann, S. 144; Schnauder, S. 24. 817  Zur unterschiedlichen Bedeutung des Begriffs „Realgeschäft“ bereits Heck, § 80 (S. 246 ff.).



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 327

sualverträge hierzu stets einer Parteivereinbarung bedarf, aus der wechselseitige Leistungspflichten resultieren.818 (2)  Handschenkung gem. § 516 Abs. 1 BGB Die Handschenkung hat als einziges Rechtsgeschäft dieser Art eine ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 516 Abs. 1 BGB erfahren. Wie die Versprechensschenkung nach § 518 BGB, durch die sich der Schenker gegenüber dem Beschenkten zum künftigen Vollzug einer unentgeltlichen Leistung verpflichtet, ist auch die Handschenkung ein schuldrechtlicher Vertrag. Dieser weist gegenüber einem Schuldverhältnis i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB allerdings die Besonderheit auf, dass er nicht auf die Begründung obligatorischer Leistungspflichten gerichtet ist, sondern der gleichzeitig vollzogenen Schenkung als Rechtsgrundabrede819 dient. Als solche beinhaltet er die Einigung über die Unentgeltlichkeit der Vermögenszuwendung und bildet den Rechtsgrund, das Zugewandte behalten zu dürfen.820 Dabei erfolgt die Leistung nicht zur Erfüllung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit, sondern beinhaltet selbst die Leistungszweckabrede (donandi causa).821 Der so verstandene Handschenkungsvertrag gem. § 516 Abs. 1 BGB unterliegt im Übrigen – bis auf die Abwesenheit eines obligatorischen Leistungsanspruchs – den allgemeinen Vorschriften822 sowie den besonderen Normen des Schenkungsrechts.823 (3) Handkauf Neben der Handschenkung ist der Handkauf als weitere Form des Handgeschäfts anerkannt. Er ist dem Handdarlehen insoweit ähnlicher als die Schenkung nach § 516 Abs. 1 BGB, als sowohl der Kauf wie auch das (verzinsliche) Darlehen824 zweiseitig verpflichtende Verträge sind. Prakti818  Ehmann,

S. 146. 111, 151, 152 f.; Larenz, Schuldrecht BT Bd. I, § 47 I (S. 200); MünchKomm / Koch, BGB6, § 516 Rn. 2; kritisch zu dieser Begrifflichkeit im Hinblick auf § 812 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB Staudinger / Chiusi, 2013, § 516 Rn. 1. 820  MünchKomm / Koch, BGB6, § 516 Rn. 14 f.; zum bereicherungsrechtlichen Begriff der „Rechtsgrundabrede“ Reuter / Martinek, § 5 III 1. b) (S. 150 f.). 821  Bork, Der Vergleich, S. 46. 822  Vgl. etwa RGZ 111, 151, 152 zur Nichtigkeit der Rechtsgrundabrede nach § 138 Abs. 1 BGB. 823  Bork, Der Vergleich, S. 49 f.; Staudinger / Wimmer-Leonhardt, 2005, §  516 Rn. 14. 824  Synallagmatisch stehen sich bei einem Darlehen regelmäßig der Anspruch des Darlehensgebers auf Zinszahlung aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB und derjenige des 819  RGZ

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

sche Beispiele eines Handkaufs sind etwa Ladengeschäfte des täglichen Lebens oder der Kauf an einem Warenautomaten.825 In diesen Fällen vollzieht sich der Leistungsaustausch jeweils ohne zeitlich vorangegangene kaufvertragliche Einigung der Parteien i. S. v. § 433 BGB, aus der die Verpflichtung zur wechselseitigen Eigentums- und Besitzübertragung folgen würde.826 (a) Rechtsgrundabrede oder simultane Erfüllung primärer Leistungspflichten? Abweichend von der dogmatischen Erfassung der Handschenkung soll es einem Handkauf nach überwiegender Auffassung indessen nicht gänzlich an obligatorischen Leistungsansprüchen fehlen.827 So würde „simultan“828 mit dem beiderseitigen Leistungsaustausch ein Kaufvertrag i. S. v. § 433 BGB geschlossen. Dieser sei anders als bei der Handschenkung nicht bloße Rechtsgrundabrede. Aus ihm resultierten vielmehr die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen des Verkäufers gem. § 433 Abs. 1 BGB und des Käufers gem. § 433 Abs. 2 BGB, die aber im Moment ihrer Entstehung durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erlöschten.829 Von einer Mindermeinung ist hingegen geltend gemacht worden, dass es keinen Grund gebe, den Handkauf abweichend von der Handschenkung zu behandeln.830 Vielmehr genüge als Grundlage des Handkaufs entsprechend der Schenkung gem. § 516 Abs. 1 BGB ein Kaufvertrag in Gestalt einer Zweckabrede ohne gegenseitige Hauptleistungsverpflichtungen.

Darlehensnehmers auf Zur-Verfügung-Stellung und Belassung der Valuta für die Vertragsdauer gegenüber, während der Rückgewähranspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis steht; vgl. MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 10. 825  Vgl. etwa MünchKomm / H. P. Westermann, BGB6, Vor § 433 Rn. 8; Soergel / Huber, BGB12, Vor § 433 Rn. 98. 826  A. A. Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 39 II a) (S. 12), nach dessen Ansicht dem Käufer der tatsächlich nicht vorhandene Wille, sich zur Eigentumsübertragung zu verpflichten, von der Rechtsordnung, die den Kauf ausdrücklich nur als gegenseitig verpflichtenden Vertrag regelt, beigelegt werde. 827  Palandt / Weidenkaff, BGB73, Einf. v. § 433 Rn. 8; Staudinger / Beckmann, 2014, Vorbem. zu §§ 433 ff. Rn. 201. 828  Soergel / Huber, BGB12, Vor § 433 Rn. 98. 829  Vgl. Grunsky, JZ 1985, 490, 491, der den Kaufpreisanspruch in diesem Fall für pfändbar erachtet (hierzu noch unten § 8 B. II. 1. b) bb)); Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 47 I (S. 200); MünchKomm / H. P. Westermann, BGB6, Vor § 433 Rn. 8. 830  So eingehend Bork, Der Vergleich, S. 51 ff.; Heck, § 80 (S. 246 f.).



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 329

(aa)  Die Auffassung des historischen Gesetzgebers Die letztgenannte Ansicht weiß den historischen Gesetzgeber auf ihrer Seite. So fand ein Antrag zum 1. Entwurf des BGB keine Mehrheit, in dem klargestellt werden sollte, dass ein Handkauf nur insoweit den kaufrechtlichen Vorschriften unterläge, wie diese nicht die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen zum Gegenstand haben.831 Vielmehr hielt die Kommission diese Klarstellung für überflüssig, weil es „einem Zweifel nicht unterliegen (werde), daß dagegen die Vorschriften, welche in der vorgängigen obligatorischen Verpflichtung ihren Grund hätten, auf den Handkauf keine Anwendung finden könnten, daß dagegen die Vorschriften, welche lediglich in der Entgeltlichkeit der causa ihren Grund hätten, wie die Haftung für Entwehrung und Mängel, auch für den Realkauf gelten müssten.“832 Entsprechend dem letzten Halbsatz stimmen beide Auffassungen jedenfalls weitgehend darin überein, dass der Vertrag bzw. die Rechtsgrundabrede – entsprechend der Zweckabrede bei der Handschenkung – im Übrigen den kaufrechtlichen (Mängel-) Vorschriften unterworfen ist.833 (bb)  Verfehlung des Austauschzwecks Unterschiede ergeben sich freilich dann, wenn eine Seite ihre Leistung nicht nur mangelhaft, sondern überhaupt nicht erbringt und dadurch der Austauschzweck tatsächlich nicht erreicht wird. Denkbare Fälle sind etwa die nicht erfüllungstaugliche Übereignung von Falschgeld834 oder beschädigter Geldscheine, die erst des Umtauschs bei der Bundesbank bedürfen, um als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt zu werden.835 Nichterfüllung seitens des Verkäufers und nicht nur ein Rechtsmangel i. S. v. § 435 S. 1 BGB ist anzunehmen, wenn dieser eine gestohlene Sache übereignet,836 an

831  Protokolle der 2. Kommission zu § 459 E-BGB, S. 1713 f. (abgedruckt bei Mudgan, Band II, S. 767 f.). 832  Protokolle der 2. Kommission zu § 459 E-BGB, S. 1714 (abgedruckt bei Mudgan, Band II, S. 767 f.); hierauf weisen Bork, Der Vergleich, S. 51 f. und Ehmann, S. 145 f., hin. 833  Bork, Der Vergleich, S. 52 f.; Heck, § 80 (S. 246); a. A. Kreß, § 7 Nr. 1 b) (S.  87 f.). 834  Bork, Der Vergleich, S. 53, Ehmann, S. 181; Staudinger / Beckmann, 2014, Vorbem. zu §§ 433 ff. Rn. 202. 835  Vgl. AG München EWiR 2011, 339. 836  Fehlendes Eigentum stellt nach herrschender Meinung keinen Rechtsmangel gem. § 435 BGB dar; vgl. BGHZ 174, 61, 68 (Tz. 27) m. w. N. auch zur Gegenauffassung (Tz. 28).

330

2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

der der Käufer wegen § 935 BGB kein Eigentum erwerben kann.837 Keine Schwierigkeiten bereitet indessen der zuvor zum Teil als problematisch erachtete Fall, dass sich der Verkäufer vergreift und einen falschen Kaufgegenstand übereignet.838 Die Lieferung einer falschen Sache steht gem. § 434 Abs. 3 1. Alt. BGB einem Sachmangel gleich, so dass die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nach beiden Ansichten zur Anwendung gelangen. Liegt allerdings nicht bloß ein Sachmangel, sondern eine Verfehlung des Austauschszwecks wegen einer Nichtleistung vor, kann die erste Ansicht unproblematisch auf den fortbestehenden, da durch Erfüllung nicht erloschenen Leistungsanspruch der anderen Seite zurückgreifen und hieran ggf. Sekundäransprüche wegen Nichterfüllung knüpfen. Lehnt man hingegen mit der zweiten Auffassung die Existenz von Leistungsansprüchen auch beim Handkauf gänzlich ab, bedarf es gesteigerten Begründungsaufwands, um zu interessengerechten Ergebnissen zu gelangen. Vor dem Hintergrund, dass die gesetzlich normierten Vertragstypen lediglich den Versuch des Gesetzgebers darstellen, eine den Parteiinteressen angemessene Abwicklung in der Praxis besonders häufiger Geschäftsformen zu gewährleisten, bietet die von einigen Autoren vorgeschlagene Vertragsauslegung nach dem mutmaßlichen Parteiwillen839 in diesen Fällen einen gangbaren Lösungsweg.840 Tatsächlich entzweien sich herrschende Meinung und einige Befürworter des „reinen“ Handkaufs lediglich über der problematischen Handhabung von derartigen Austauschzweckverfehlungen. Einigkeit besteht noch insoweit, als auch beim Handkauf eine Art gegenseitiger Leistungsverknüpfung besteht, vermöge derer der Eigentumserwerb der einen Seite von dem der Gegenseite abhängen soll.841 Streit herrscht allerdings hinsichtlich der Folgen einer Verfehlung des damit umschriebenen Austauschverhältnisses. Einige messen der gegenseitigen Leistungsverknüpfung bei einem Handkauf per se dingliche Wirkung bei.842 Die Wirksamkeit der eigenen Übereignung Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 39 II (S. 12). Enneccerus / Lehmann, Schuldrecht15, § 101 I (S. 404). 839  Vgl. Bork, Der Vergleich, S. 54 f.; Heck, § 80 Nr. 6 (S. 246); abzulehnen ist indessen eine Umdeutung des nichtigen Handgeschäfts in einen Versprechensvertrag entsprechend § 140 BGB, ebenso Bork, a. a. O.; anders jedoch Krawielicki, § 11 Nr. 1 IV. (S. 51 f.). 840  Dagegen Kreß, § 7 Nr. 1 b) (S. 87 f.). 841  Vgl. Flume, BGB AT Bd. 2, § 12 III 4 (S. 178 f.); Kreß, § 5 Nr. 2 b) (S. 41 ff.). 842  Für die Einheit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft gem. §  139 BGB entschieden Krawielicki, § 6 III. (S. 21), § 11 I. (S. 49); für die Abtretung auch etwa Heck, § 67 (S. 203 f.); in diese Richtung auch Flume, BGB AT Bd. 2, § 12 III 4 (S. 179), der im Übrigen zur Beachtung des Abstraktionsprinzips und einer restriktiven Handhabung von § 139 BGB mahnt. 837  Vgl. 838  Vgl.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 331

soll nach dieser Auffassung stets gem. § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt sein durch den wirksamen Eigentumserwerb. In Fällen einer Austauschzweckverfehlung könne daher derjenige, der seinerseits ordnungsgemäß geleistet habe, gem. § 985 BGB vindizieren. Der pauschalen Unterstellung, bei einem Handkauf vereinbarten die Parteien stillschweigend das Eigentum jeweils nur bedingt zu übertragen, kann nicht zugestimmt werden. Zwar kann ein Verfügungsgeschäft unter einer Bedingung gem. § 158 BGB vorgenommen werden, sofern es sich nicht um ein Grundstücksgeschäft handelt, vgl. § 925 Abs. 2 BGB. Durch die generelle Verquickung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft wird jedoch die Geltung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips missachtet. Mängel des kausalen Geschäfts haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts und ermöglichen „nur“ die Kondiktion gem. §§ 812 ff. BGB.843 Auch für den Handkauf besteht keine Notwendigkeit von diesem Fundamentalprinzip des Zivilrechts abzuweichen einerlei, ob man die Existenz wechselseitiger Leistungspflichten mit der herrschenden Auffassung bejaht oder sie verneint. Im ersten Fall berechtigen Mängel des obligatorischen Geschäfts zur Leistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Nimmt man an, dass bei einem Handkauf überhaupt keine Leistungspflichten zur Entstehung gelangen, kommt in den Fällen, in denen der nicht erzwingbare Austauschzweck verfehlt wird, gleichwohl eine Zweckverfehlungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB in Betracht.844 Die zum Teil streitige Abwicklung vom Austauschzweckverfehlungen bildet hiernach allenfalls ein Randproblem der „reinen“ Handgeschäfte, das Zweifel an der Existenz solcher Geschäfte aber in keiner Weise zu rechtfertigen vermag. (b) Stellungnahme Nach alledem sprechen keine grundsätzlichen Bedenken gegen einen Handkaufvertrag in Form einer bloßen Rechtsgrundabrede ohne obligatorische Leistungsverpflichtungen. Zwingende Vorschriften, die einer dahingehenden privatautonomen Vertragsgestaltung der Parteien entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Da ein schuldrechtlicher Typenzwang nicht besteht, diktiert auch § 433 BGB keine unabdingbare Ausgestaltung des Kaufvertrags dergestalt, dass die dort normierten gegenseitigen Leistungspflichten 843  So

Rn. 8.

für den Handkauf MünchKomm / H. P. Westermann, BGB6, Vor § 433

844  MünchKomm / Schwab,

b) (S. 148 ff.).

BGB6, § 812 Rn. 374 ff.; Reuter / Martinek, § 5 III 1.

332

2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Bestandteil eines jeden Kaufvertrags sein müssten.845 Mit der Normierung besonderer Schuldverhältnisse im achten Abschnitt des zweiten Buchs des BGB hat der Gesetzgeber lediglich praktisch besonders häufig auftretende Vertragsgestaltungen typisiert.846 Die dort geregelten Vorschriften sind größtenteils dispositiver Natur und gelten immer dann und insoweit, als die Parteien eine ausdrückliche Vereinbarung nicht getroffen haben.847 Dabei erhebt die gesetzliche Regelung den Anspruch, in einzelnen Punkten demjenigen zur Geltung zu verhelfen, was verständige Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die jeweils regelungsbedürftige Frage bei Vertragsschluss bedacht hätten.848 Weicht der konkret zu beurteilende Vertrag von einem gesetzlich geregelten Vertragstypus ab oder kombiniert die Parteivereinbarung mehrere der normierten Schuldverträge in einem gemischt-typischen Vertrag, sind die den jeweils gesetzlich geregelten Typus betreffenden Vorschriften nur insoweit zur Anwendung berufen, wie es eine interessengerechte Lösung erfordert.849 Für den Handkauf folgt daraus, dass dieser sehr wohl den kaufrechtlichen (Mängel-) Vorschriften unterliegen kann, ohne dass hieraus zwingend auf die Existenz primärer Leistungspflichten gem. § 433 BGB zu schließen wäre.850 Wie die zitierte Passage der Begründung zum 1. Kommissionsentwurf des BGB belegt, hat auch der historische Gesetzgeber unterstellt, dass im Fall des unmittelbaren Leistungsaustauschs bei einem Handkauf die Notwendigkeit obligatorischer Leistungspflichten nicht besteht. Diesen Befund haben die nachfolgenden Ausführungen bestätigt. Wer dennoch gegenseitige Hauptleistungspflichten annimmt, tut dem Parteiwillen insoweit „Gewalt“ an,851 als er ein nach der rechtsgeschäftlichen Einigung der Parteien nicht bestehendes Regelungsbedürfnis befriedigt.852 Im Vorfeld eines Handkaufs ist der Wille der Parteien regelmäßig ebenso wenig wie bei der Schenkung nach § 516 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, eine klagbare Übereignungspflicht einzugehen. Statt die gekünstelt anmutende Konstruktion von gleichzeitigem Entstehen und Untergang schuldrechtlicher Leistungsansprü845  Anders Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 39 II (S. 12): „Den Willen, sich zur Eigentumsübertragung nur erst zu verpflichten, rechnet ihm in diesen Fällen also erst die Rechtsordnung zu.“ 846  Heck, § 80 (S. 243 f.) bezeichnet dies als „induktive“ Entstehung der gesetzlich normierten Vertragstypen. 847  Vgl. Staudinger / Feldmann / Löwisch, 2012, § 311 Rn. 27. 848  Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 38 (S. 4). 849  Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 38 (S. 5). 850  Heck, § 80 (S. 246). 851  Larenz, Schuldrecht BT Bd. 1, § 38 (S. 4). 852  v. Jhering, in: Vermischte Schriften, S. 57, fragt provokant, ob dann also in jeden Eigentumserwerb eine entsprechende Obligation hinein zu fingieren wäre.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 333

che zu bemühen, ist anzuerkennen, dass bei einem Handkauf eine ohne weiteres zulässige Modifikation des in §§ 433 ff. BGB vertypten Kaufvertrags vorliegt.853 Für die problematischen Fälle, in denen der Austauschzweck verfehlt wurde, ist eine interessengerechte Lösung unter Rückgriff auf den Parteiwillen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu favorisieren. Dieses Vorgehen wird nicht selten zu dem Ergebnis führen, dass derjenigen Seite, die nicht wie beabsichtigt Eigentum erlangt hat, ein Leistungsanspruch zusteht. Eine solche Lösung ist nicht dadurch versperrt, dass zunächst die Entstehung synallagmatischer Leistungspflichten abgelehnt wurde. Vielmehr trägt sie der Parteivereinbarung weitestgehend Rechnung, indem nur eine tatsächliche Regelungslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen wird. (4)  Handdarlehen Die zum Handkauf angestellten Erwägungen lassen sich auf das Handdarlehen übertragen. Zwar bestehen nach der Schuldrechtsmodernisierung keine Zweifel mehr daran, dass der Darlehensvertrag gem. § 488 BGB Konsen­ sualvertrag ist. Aus der Konzeption als Konsensualvertrag resultiert jedoch lediglich, dass sich der Darlehensgeber bereits durch vertragliche Einigung zur späteren Darlehensgewährung verpflichten kann (Möglichkeit des Versprechensvertrags). Damit ist jedoch nichts darüber ausgesagt, ob ein Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers stets Bestandteil eines Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB sein muss oder ob sich das Darlehen auch unter Geltung der Konsensualvertragstheorie als Handgeschäft denken lässt. Wie die Ausführungen zum Handkauf belegt haben, will das Gesetz den Parteien nicht zwingend eine Ausgestaltung des Darlehensvertrags aufoktroy­ ieren, wie sie § 488 BGB vorsieht, sondern lediglich die praktisch häufigste Vertragsform typisierend festschreiben und den Parteien den Abschluss eines konsensualen Darlehensvertrags ermöglichen. Dabei sind die Regelungen in § 488 BGB ebenfalls dispositiv, sofern sie nicht wie die Rückerstattungspflicht des Darlehensnehmers prägend für den Vertragstypus Darlehen sind.854 Bedingen die Parteien den Rückzahlungsanspruch bzw. die Pflicht des Darlehensgebers zur zeitweisen Überlassung der Valuta vertraglich ab, liegt kein Darlehen vor, sondern je nachdem, ob die Übereignung der Valuta von einer Gegenleistung abhängig gemacht wurde, entweder Schenkung 853  Vgl. Krawielicki, § 11 Nr. 1 III. (S. 50); Schnauder, S. 25, unter Verweis auf v. Jhering, in: Vermischte Schriften, S. 56, der zurecht nach dem Sinn einer solchen „todtgebornenen Obligation“ fragt. 854  Vgl. auch Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 463.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

oder Kauf.855 Im Übrigen sind die Parteien frei in der privatautonomen Ausgestaltung des Vertrags. Insbesondere zwingt § 488 BGB nicht zu dem Schluss, dass stets ein einklagbarer Anspruch auf Darlehensgewährung vereinbart wäre.856 Erfolgt die Hingabe eines Geldbetrags bzw. die Ausführung eines Zahlungsauftrags ohne vorgehende Verpflichtung und sind sich beide Parteien über die nur befristete Überlassung der Valuta einig, gebietet es der Grundsatz der Vertragsfreiheit, diese Modifikation des in § 488 BGB geregelten Darlehensvertrags zu respektieren. Gleichwohl kann der Vertrag im Übrigen sämtlichen Vorschriften des Darlehensrechts unterliegen. Insbesondere hindert die Ablehnung eines Auszahlungsanspruchs nicht die Herleitung der Rückerstattungs- und Verzinsungspflicht aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB oder die Geltung von vorgelagerten Parteivereinbarungen, die die Modalitäten des Handdarlehens ausgestalten und sich namentlich in den AGB der Kreditinstitute bzw. in den speziellen „Bedingungen für geduldete Über­ ziehungen“857 finden. Schließlich muss betont werden, dass diese Ansicht entgegen einiger Stimmen im Schrifttum858 keinen Rückfall in die Strukturen der überwundenen Realvertragstheorie bedeutet.859 Denn die Möglichkeit, einen wirksamen Darlehensvertrag bereits vor Auskehr der Valuta als Versprechensvertrag verbindlich abzuschließen, wird auf Grundlage von § 488 BGB von niemanden mehr geleugnet. Dies hindert aber in keiner Weise, die Frage, ob der Ausreichung des Darlehens stets ein entsprechender Anspruch vorausgehen muss oder ob ein Darlehensvertrag als Handgeschäft zustande kommen kann, im letztgenannten Sinne zu beantworten.860 bb)  Auswirkungen der rechtlichen Qualifikation auf die Pfändbarkeit eines Handdarlehens Unabhängig davon, ob man annimmt, mit Ausführung des Zahlungsauftrags entstehe ein Darlehensauszahlungsanspruch, der aber im gleichen Moment durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erlösche, oder ob man 855  Zur Abgrenzung des Darlehens zu anderen Rechtsgeschäften etwa MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 13 ff. 856  So i.  E. auch Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 190; Staudinger / Hopt / Mülbert, 12. Aufl. 1989, § 607 Rn. 17, 211. 857  Vgl. etwa die Bedingungen für geduldete Überziehung der Deutschen Bank unter http: /  / www.deutsche-bank.de / pbc / download / ser-agb-bedingungen-geduldete_ ueberziehungen_pgk.pdf (letzter Aufruf am 11.09.2014). 858  Vgl. Gaul, KTS 1989, 3, 7; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788 f. 859  Dazu oben § 8 B. II. 1. a). 860  So auch Heck, § 106 Nr. 3 (S. 327); MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 9; Soergel / Häuser, BGB12, Vor § 607 Rn. 9.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 335

einen solchen Anspruch vollends ablehnt, erlangt der Kontoinhaber bei einer geduldeten Überziehung keine vollstreckungstaugliche Forderung gegen seine Bank.861 Auch diese Schlussfolgerung ist im Schrifttum nicht unkritisiert geblieben. So sei ein Auszahlungsanspruch aus geduldeter Überziehung nach teilweise vertretener Ansicht auch dann als zukünftige Geldforderung pfändbar, wenn diese als Handdarlehen aufgefasst werde und der Anspruch des Schuldners mit seiner Entstehung gleichzeitig erlösche.862 Zum einen findet sich zur Begründung der bekannte Hinweis, dass die geduldete Überziehung Unterfall des Gelddarlehens gem. § 488 BGB sei.863 Dieser hat sich allerdings als untauglich erwiesen, in jedem Fall die Existenz eines Auszahlungsanspruchs gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB zu rechtfertigen. Grunsky meint, die Pfändbarkeit eines Auszahlungsanspruchs bei einem Handdarlehen könne, auch wenn er uno actu erlösche, ebenso wenig zweifelhaft sein, wie die Pfändbarkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs bei einem Handkauf.864 Darüber, warum ein Gläubiger des Verkäufers den Kaufpreisanspruch im Fall des Handkaufs zweifelsohne pfänden können soll, geben die Ausführungen Grunskys indes keinen Aufschluss. Man mag sich fragen, ob er die Frage für die Pfändung bei der Handschenkung gem. § 516 Abs. 1 BGB mit gleicher Selbstverständlichkeit bejaht hätte. Ausgehend vom hier vertretenen Standpunkt fehlt es „reinen“ Handgeschäften generell an obligatorischen Leistungsansprüchen, die Gegenstand der Forderungsvollstreckung sein können. Die Entstehung schuldrechtlicher Ansprüche hängt stets vom Willen der Parteien ab. Aus der gesetzlichen Normierung einiger Vertragstypen resultiert nicht der Grundsatz, dass jeder Güterbewegung zwingend auch ein entsprechender Leistungsanspruch vorauszugehen hat. Die Existenz von Schuldverträgen in Gestalt bloßer Rechtsgrundabreden wird insbesondere für die Handschenkung nicht bestritten und entspricht auch für Handkauf und Handdarlehen der vorzugswürdigen Auffassung. Das Fehlen von obligatorischen Leistungsansprüchen ist auch im Rahmen der Forderungspfändung zu akzeptieren. Einem Gläubiger verbleibt der Vollstreckungszugriff 861  BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 15); OLG Saarbrücken ZIP 2006, 2029; Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 190; Felke, WM 2002, 1632, 1634; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 151; MünchKomm / K. P. Berger, BGB6, Vor § 488 Rn. 151; Schuschke, ZIP 2001, 1084, 1086; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 499. 862  So Grunsky, JZ 1985, 490, 491; Regerbis, S. 35; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788 f.; E. Wagner; WM 1998, 1657, 1667. 863  Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788 f.; E. Wagner, WM 1998, 1657, 1667; vgl. schon oben § 8 B. II. 1. b). 864  Grunsky, JZ 1985, 490, 491, der allerdings einräumt, dass die Pfändung des Kaufpreisanspruchs wegen fehlender Kenntnis von der Person des Drittschuldners kaum praktische Bedeutung hat.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

auf den konkret ausgetauschten Leistungsgegenstand im Vermögen des Schuldners. c)  Die geduldete Überziehung als Anweisung auf Kredit Jedenfalls im Ergebnis deckt sich die Qualifikation der geduldeten Überziehung als Handdarlehen mit dem hier befürworteten Verständnis von der Zahlungsabwicklung über ein im Kontokorrent geführtes Girokonto. Richtiger Ansicht nach wird das Kreditinstitut als Geschäftsbesorger für den Kunden tätig, auch wenn es mangels Kontodeckung in Form eines Guthabens oder einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit berechtigt wäre, den Zahlungsauftrag zurückzuweisen, vgl. § 675o Abs. 2 BGB. Ein vermögenswerter Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, der sich grundsätzlich als Gegenstand der Forderungsvollstreckung eignet,865 steht dem Kontoinhaber in diesem Fall nicht zu. Bei vorhandener Kontodeckung tilgt die Bank durch Zahlung mittelbar den girovertraglichen Ausführungsanspruch des Kunden, weil die Einstellung des Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB in das Kontokorrent die Reduzierung der Kontodeckung und damit des Ausführungsanspruchs bewirkt. Die Vornahme eines Zahlungsvorgangs bei fehlender Deckung ist dagegen als einer Anweisung auf Kredit ähnlich zu charakterisieren. Infolge der Zahlungsausführung zugunsten des Zahlungsempfängers (Anweisungsempfänger) wird der Kontoinhaber (Anweisender) zum Schuldner des Kreditinstituts (Angewiesener) bzw. erhöht sich eine bereits bestehende Schuld. Er büßt indessen kein Vermögensaktivum ein. aa)  Kein Widerspruch zur Konsensualvertragstheorie Gegen diese Charakterisierung einer geduldeten Kontoüberziehung kann nicht eingewandt werden, sie verstoße gegen die konsensualvertragliche Rechtsnatur des Darlehens, wie sie § 488 BGB und vermeintlich auch § 505 BGB, der dem Verbraucherdarlehensrecht zuzurechnen ist, zugrunde liegt. Denn wie die Ausführungen zur rechtlichen Ausgestaltung des Handdarlehens gezeigt haben, besagt die gesetzliche Verankerung der Konsensualvertragstheorie lediglich, dass die Entstehung eines Darlehensvertrags anders als unter der Realvertragstheorie nicht zwingend die Auskehr der Valuta voraussetzt, sondern die vertragliche Einigung der Parteien i. S. v. § 488 BGB genügt. Das heißt indessen nicht, dass ein Darlehen nicht allein durch 865  Vgl. zur Pfändung des Anspruchs bei kreditorischer Kontodeckung § 6 B. II. und bei eingeräumter Überziehungsmöglichkeit § 7 F. II.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 337

die befristete Hingabe der Valuta ohne vorherigen Vertragsschluss und namentlich durch Begründung einer Auszahlungsverpflichtung des Darlehensgebers zustande kommen kann. Unter § 7 ist außerdem nachgewiesen worden, dass der Darlehensbegriff nach Streichung des Kreditbegriffs als Oberbegriff für sämtliche Arten effektiver Kreditgewährung fungiert.866 So vermittelt auch eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB dem Kontoinhaber nicht einen originären Darlehensauszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern ist ebenso wie ein Kontoguthaben Deckung und integraler Bestandteil des Girovertrags. Dieses funktionelle Verständnis eines Kontokorrentkredits folgt zwingend aus den Vorgaben des Zahlungsverkehrsrechts, denen der Gesetzgeber die rechtliche Ausgestaltung einer Überziehungsmöglichkeit ausdrücklich unterstellt hat.867 Entsprechend erweist sich auch die geduldete Kontoüberziehung nicht in erster Linie als ein Unterfall des herkömmlichen Darlehensvertrags gem. § 488 BGB. Sie beschreibt vielmehr die Überschreitung der girovertrag­ lichen Deckungsgrenze in Folge der Ausführung eines geschäftsbesorgungsrechtlichen Zahlungsvorgangs. bb)  Kein Widerspruch zu den Materialien zur Reform des Kontopfändungsschutzes Fehl geht daher auch die pauschale Äußerung in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung die Reform des Kontopfändungsschutzes betreffend, nach der auf einem P-Konto i. S. v. § 850k ZPO lediglich ein Kontoguthaben geschützt werde, es einem Gläubiger aber unbenommen sei, Ansprüche des Schuldners aus einem Dispositionskredit oder einer geduldeten Überziehung zu pfänden.868 Diese Auffassung widerspricht schon der derzeit herrschenden Rechtsansicht, die – ungeachtet der Rechtsprechungsänderung im Hinblick auf die Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung –869 nach wie vor vom BGH geteilt wird und nach der eine geduldete Kontoüberziehung dem Kontoinhaber keinen pfändbaren Darlehensanspruch verschafft. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Qualifizierung der geduldeten Überziehung als Handdarlehen bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie für § 505 BGB bekräftigt.870 Schließlich gilt auch hier zu berücksichtigen, dass die Ausgestaltung des Darlehensrechts den Vorgaben des 866  Hierzu

ausführlich § 7 F. I. 2. § 7 F. I. 2. b) bb). 868  BT-Drs. 16 / 12714, S. 19. 869  Dazu unten § 8 B. II. 3. 870  BT-Drs. 16 / 11643, S. 90. 867  s. hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Zahlungsverkehrsrechts unterworfen ist.871 Mit dem vorzugswürdigen geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnis des Zahlungsverkehrsrechts lässt sich die Existenz eines Darlehensauszahlungsanspruchs aus einer geduldeten Überziehung indes nicht in Einklang bringen. Besagte Stelle in der Beschlussempfehlung bezweckt dann auch lediglich, die auf ein Kontoguthaben beschränkte Konzeption des reformierten Pfändungsschutzes deutlich zu machen.872 Sie begründet jedoch keinen Anlass von dem hiesigen dogmatischen Verständnis einer geduldeten Kontoüberziehung abzurücken.873 cc)  Begründung von Rückzahlungs- und Zinsanspruch Unbegründet sind die vielfach geäußerten Befürchtungen, nur wenn man die geduldete Überziehung darlehensvertraglich qualifizierte, ließen sich Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht rechtlich, nämlich aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, begründen.874 Besorgt das Kreditinstitut mit der Ausführung eines Zahlungsvorgangs ein Geschäft für ihren Kunden, erlangt es hierdurch einen Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Dieser wird wegen der grundsätzlich umfassenden Kontokorrentabrede zwar ebenfalls im Kontokorrent verbucht.875 Die Bank kann indes aufgrund des Girovertrags sofortige Rückführung des Sollstands ohne vorherige Kündigung verlangen.876 Mag dieses Verständnis auf den ersten Blick auch konstruiert anmuten, folgt es doch einerseits aus den Vorgaben der Zahlungsverkehrsvorschriften. Andererseits ist zu gewärtigen, dass die Begründung des Rückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ebenso wenig ohne eine girovertragliche Abrede der Parteien über die (sofortige) Fälligkeit der geduldeten Überziehung auskommt. Die Bedenken, wonach allein eine darlehensvertragliche Qualifikation der geduldeten Überziehung ermöglichte, die Pflicht zur Entrichtung von Zinsen 871  s. hierzu

bereits § 7 F. I. 2. b) bb). auch Graf-Schlicker / Linder ZIP 2009, 989, 993: „Es ist jedoch kein Ziel der Reform, dem Schuldner das Wirtschaften im Debet zu erleichtern oder gar einen allgemeinen Schutz von Einkünften im Debet vorzusehen.“ 873  Der in der Beschlussempfehlung zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberische Wertung über die Reichweite der Kontovollstreckung ist indessen auf andere Art Rechnung zu tragen, dazu unten § 8 D. 874  Vgl. oben unter § 8 B. II. 1. b). 875  Zur umfassenden Kontokorrentbindung § 2 C. I., II.; zu der girovertraglichen Begründung einer Überschussforderung § 2 C. III. 2. b) bb). 876  s. hierzu die von zahlreichen Kreditinstituten ausgegebenen „Bedingungen für geduldete Überziehungen“; beispielhaft etwa Nr. 3 der Bedingungen für eine geduldete Überziehung der Deutschen Bank (abrufbar unter http: /  / www.deutschebank.de / pbc / download / ser-agb-bedingungen-geduldete_ueberziehungen_pgk.pdf; letzter Aufruf am 11.09.2014). 872  Vgl.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 339

rechtlich zu begründen, entbehrt jeder Grundlage. Denn die Verzinsung auf einem Girokonto bestimmt sich unstreitig nicht nach den in die laufende Rechnung aufgenommenen Einzelforderungen, sondern nach dem sog. Wertstellungssaldo.877 Hat auch die Einstellung einzelner Forderung in die laufende Rechnung keine Auswirkungen auf deren Rechtsnatur,878 berechnet sich der maßgebliche Zinssatz, der im Verkehr mit einem Verbraucher über das Preis- und Leistungsverhältnis des jeweiligen Kreditinstituts, vgl. Nr. 12 Abs. 1 AGB-Bk und Nr. 17 Abs. 1 AGB-Spk, oder über gesonderte Vereinbarungen zwischen Bank und einem geschäftlichen Kunden Gegenstand des Girovertrags wird, ausschließlich nach dem rechnerischen Wertstellungssaldo. Die Art der Einzelforderungen ist hierfür gänzlich unerheblich. So hindert es die Geltung unterschiedlicher Zinssätze je nach Kontostand nicht, sämtliche Sollposten als Aufwendungsersatzansprüche gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB zu qualifizieren. 2.  Realien der Kreditgewährung Unter Hinweis auf die Realien der Kreditgewährung im Fall der geduldeten Überziehung bestreiten die Befürworter der Pfändbarkeit gerade das tatsächliche Vorliegen eines Handdarlehens, das sich nach den vorangegangenen Ausführungen auch unter Geltung der Konsensualvertragstheorie als bloße Rechtsgrundabrede begreifen lässt und mit dem hier befürworteten Verständnis der Kontoüberziehung übereinstimmt. So gehe die Annahme der herrschenden Meinung fehl, ein Darlehensvertrag, aus dem ein pfändbarer Auszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB resultiere, gelange erst in dem Moment zur Entstehung, in dem die Bank dem Zahlungsauftrag Folge leiste.879 a)  Die geduldete Überziehung als konsensualer Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB Versteht man die geduldete Überziehung als Unterfall eines herkömm­ lichen Darlehensvertrags gem. § 488 BGB, stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt und den Modalitäten des Vertragsschlusses.

877  Hierzu

§ 3 D. den Wirkungen der In-Rechnung-Stellung § 2 C. II. 879  Dazu sogleich unter § 8 B. II. 2. a) cc). 878  Zu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

aa) Kein verbindliches Kreditangebot der Bank in den AGB i. V. m. § 505 BGB und der Festlegung einer internen Kreditlinie § 505 Abs. 1 BGB ordnet für den Fall, dass in einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ein besonderes Entgelt für die Duldung einer Kontoüberziehung vereinbart ist, an, dass der Unternehmer in diesem Vertrag außerdem den Informationspflichten nach Art. 247 § 17 Abs. 1 EGBGB nachzukommen hat.880 Ferner verweist Nr. 12 Abs. 1 AGBBk für Zinsen und Entgelte im Privatkundengeschäft auf das jeweilige Preis- und Leistungsverzeichnis, das auch Informationen zu den mit einer geduldeten Überziehung verbundenen Kosten beinhaltet. Nr. 18 AGB-Spk erklärt für die Kosten einer geduldeten Überziehung auch im Verkehr mit Geschäftskunden ausdrücklich den Preisaushang für maßgeblich. Schließlich sieht Nr. 4 der Bedingungen für den Scheckverkehr vor, dass die bezogene Bank einen Scheck trotz fehlender Deckung einlösen kann und dass hierdurch eine geduldete Kontoüberziehung zustande kommt. Allein die Tatsache, dass die geduldete Überziehung in den vorgenannten Bestimmungen Erwähnung gefunden hat, rechtfertigt indes nicht den Schluss schon hierin ein Angebot des Kreditinstituts auf Abschluss eines entsprechenden Darlehensvertrags zu erblicken.881 Zwar ergibt sich der vertraglich geschuldete Zins für eine geduldete Überziehung zweifelsfrei aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis des Kreditinstituts. Allerdings fehlt es an einer Vereinbarung über die Höhe des Darlehens und ist weder ein maximaler Kreditrahmen vorgeben, noch kann angenommen werden, dass den genannten Bestimmungen der Wille zur Eingehung eines Darlehensvertrags inhärent ist. Denn Charakteristikum der geduldeten Überziehung ist es gerade, dass sich die Bank für jeden Einzelfall die Entscheidung vorbehalten will, ob sie dem Ansinnen des Kontoinhabers entspricht. Nur weil die AGB der Banken und Sparkassen für den Fall Vorsehungen treffen, dass eine geduldete Überziehung vorliegt, lässt sich mithin nicht schon der rechtsgeschäftliche Wille zur Abgabe eines dahingehenden „dauerhaften“ Angebots entnehmen. Gleiches gilt für die bankinterne Festlegung eines Überziehungsrahmens schon deshalb, weil sie dem Kunden nicht kommuniziert wird.882 Eine solche Festlegung beruht auf der Bonitätseinschätzung des jeweiligen Kunden und dient als Hilfe für eine zeitnahe Entscheidung darüber, ob und in880  Vgl. dazu etwa die Bedingungen der Deutschen Bank für geduldete Überziehungen unter http: /  / www.deutsche-bank.de / pbc / download / ser-agb-bedingungen-ge duldete_ueberziehungen_pgk.pdf (letzter Aufruf am 11.04.2014). 881  Vgl. hierzu auch Gaul, KTS 1989, 3, 7 ff.; Grube, S. 87; Zeller, S.  285 ff. 882  Bitter, WM 2001, 889, 890; Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 141.



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wieweit im Einzelfall noch Überziehungen über das Kreditlimit hinaus zugelassen werden. Als lediglich interne Leitlinie fehlt ihr jedwede Verbindlichkeit gegenüber dem Kontoinhaber. bb) Angebot des Kontoinhabers durch Erteilung eines Zahlungsauftrags Die Initiative zum Vertragsschluss geht bei der geduldeten Überziehung vielmehr vom Kontoinhaber aus, der seinem Kreditinstitut trotz fehlender Kontodeckung einen Zahlungsauftrag erteilt.883 In Fällen, in denen der Kunde bspw. Auszahlung von Barbeträgen am Schalter oder eine Überweisung begehrt, hängt die Ausführung der Zahlungsanweisung mangels ausreichender Deckung grundsätzlich ebenso von der Duldung der Bank – respektive des zuständigen Sachbearbeiters – ab wie die Einlösung von (unge­ deckten) Schecks oder Lastschriften, deren Einlösung das Konto über den Kreditrahmen hinaus belastet. In der Erteilung einer entsprechenden Zahlungsweisung wird daher gemeinhin ein Angebot des Kontoinhabers auf Abschluss eines Darlehensvertrags zu vorab festgelegten Konditionen erblickt, vgl. § 505 Abs. 1 BGB. cc)  Annahme durch das Kreditinstitut Uneinigkeit besteht indessen darüber, durch welche Handlung das Kreditinstitut das Vertragsangebot des Kontoinhabers annimmt und auf diese Weise den Darlehensvertrag zustande bringt, aus dem der zu pfändende Auszahlungsanspruch resultieren soll. (1) Annahme durch Zahlungsausführung Eine konkludente Annahme des in der Zahlungsweisung liegenden Kundenangebots wird überwiegend in der Ausführung des begehrten Zahlungsvorgangs durch die Bank erblickt.884 Der Darlehensvertrag ist nach dieser Ansicht erst im Zeitpunkt der Zahlungsausführung geschlossen, in dem der Auszahlungsanspruch entsteht und durch Erfüllung gleichzeitig erlischt. Das Ergebnis dieser Auffassung unterscheidet sich mithin nicht von demjenigen, 883  BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 15); Jungmann, in: Bankrechts-Handbuch4, § 81a Rn. 138; Palandt / Weidenkaff, BGB73, § 505 Rn. 3; Zeller, S.  286 f. 884  So etwa BT-Drs. 16 / 11643, S. 90; BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 15); Felke, WM 2002, 1632, 1633  f.; Kümpel / Wittig / Merz, Rn. 10.378; MünchKomm / Hadding /  Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 187; Regerbis, S. 82; Schmies, S. 134; E. Wagner, ZIP 1985, 849, 853.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

welches vormals unter Geltung der Realvertragstheorie erzielt wurde.885 Gleichwohl haben die Ausführungen zum Handdarlehen belegt, dass dieses Verständnis der Vertragsschlusssituation für den Fall einer geduldeten Überziehung durchaus vereinbar ist mit der dem heutigen Darlehensrecht zugrundeliegenden Konsensualvertragstheorie.886 (2) Annahme durch (interne) Bewilligung der Zahlung Diejenigen, die sich gegen die Qualifikation als Handdarlehen wenden, nehmen hingegen – mit der Prämisse, dass es sich bei einer geduldeten Überziehung um einen herkömmlichen Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB handelt, zutreffend – einen früheren Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. So gehe der Ausführung eines Zahlungsauftrags logisch zwingend die Bewilligung der Mittel durch einen Mitarbeiter des Kreditinstituts voraus. Schon hierin sei eine Annahme des Vertragsangebots zu erblicken.887 Der Zugang der in diesen Fällen oftmals nur bankinternen Bekundung des Annahmewillens könne regelmäßig gem. § 151 Abs. 1 BGB als entbehrlich gelten, gehe doch ein Kontoinhaber nicht davon aus, eine ausdrückliche Benachrichtigung über die Befolgung seines Zahlungsauftrags zu erhalten.888 Schon wegen dieser rein tatsächlichen Abläufe im Vorfeld einer geduldeten Überziehung stelle sich diese wie der Abruf einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit als zweiaktiger Vorgang dar.889 Die Annahme der herrschenden Meinung, Entstehung und Erlöschen des Auszahlungsanspruchs vollzöge sich uno actu, verkenne die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Duldung einer Kontoüberziehung.890 Eine abweichende Beurteilung könne allenfalls dann geboten sein, wenn das Angebot des Kunden in Gestalt eines Zahlungsauftrags ausschließlich maschinell bearbeitet werde und eine von der Zahlungsausführung zu trennende Annahmehandlung seitens des Kreditinstituts deshalb nicht ersichtlich sei.891 Regelmäßig sei jedoch eine EDV-gestützte Bearbeitung von Zahlun885  Hierzu

oben unter § 8 B. II. 1. a). hierzu oben § 8 B. II. 1. b). 887  Ahrens, KTS 2009, 91, 94 f.; Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177, 180; Grube, S. 89; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 72; Spliedt, NZI 2007, 228; Staudinger / Mülbert, 2011, § 488 Rn. 494; Stiller, ZInsO 2005, 72, 73 f.; Zeller, S.  285 ff. 888  Ahrens, KTS 2009, 91, 94 f.; Fritzsche, DStR 2002, 265, 269 f.; anders wohl Ganter, in: Bankrecht 2002, S. 135, S. 151, der die Empfangsbedürftigkeit der Annahme betont. 889  Scholl, DZWIR 2005, 353, 362 f.; Zeller, S.  288 f. 890  Fritzsche, DStR 2002, 265, 270. 891  Gegen eine Differenzierung wegen der Art und Weise der Bearbeitung Bitter, WM 2004, 1109, 1111 Fn. 27. 886  Ausf.



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gen, in deren Folge eine Kontoüberziehung eintritt, angesichts des gesteigerten Risikos, das die Bank mit der weiteren Kreditgewährung eingeht, nicht vorgesehen. So werde das Kreditinstitut dafür Sorge tragen, dass eine geduldete Kontoüberziehung stets der vorherigen Genehmigung durch einen Sachbearbeiter bedarf, und daher eine automatische, EDV-gestützte Bewilligung vermeiden. Nach Ausschöpfung einer Kreditlinie könne etwa keine Abhebung an einem Geldautomat getätigt werden oder bargeldlose Zahlungen vorgenommen werden, bevor nicht der zuständige Bankmitarbeiter den jeweiligen Vorgang freigebe.892 dd) Zwischenergebnis Zwar besteht auch unter Geltung der Konsensualvertragstheorie die Möglichkeit eines Handdarlehens. Fasst man die geduldete Überziehung indes als Unterfall des Darlehensvertrags gem. § 488 BGB und unterstellt im Grundsatz eine zweiaktige Kreditgewährung auf dem Girokonto, sprechen die tatsächlichen Gegebenheiten einer Kontoüberziehung gegen die Annahme der herrschenden Meinung, Anspruchsentstehung und -untergang fielen in einem Akt zusammen. Der wesentliche Unterschied zwischen geduldeter Überziehung und eingeräumter Überziehungsmöglichkeit, der sich vollstreckungsrechtlich insoweit allerdings nicht auswirkte, bestünde in der Person, von der die Initiative zum Abschluss des Darlehensvertrags ausgeht. b)  Einseitiger Zahlungsauftrag des Kontoinhabers Im Ergebnis erweist sich die überwiegende Ablehnung eines grundsätzlich vollstreckungstauglichen Darlehensanspruchs allerdings als zutreffend. Denn nach vorzugswürdiger, geschäftsbesorgungsrechtlicher Interpretation des Giroverhältnisses ist weder die Zahlungsweisung des Kunden als Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB zu werten, noch die Ausführungshandlung der Bank als entsprechende Annahme dieses Angebots. Der Zahlungsauftrag des Kontoinhabers ist inhaltlich ausschließlich auf die Erbringung eines Zahlungsdienstes gerichtet, zu denen nicht nur sämtliche unbare Zahlungsarten, sondern auch eine Barauszahlung rechnet.893 Genehmigt der zuständige Sachbearbeiter des Kreditinstituts den Zahlungsantrag des Kunden, erschöpft sich der Erklärungsinhalt dieser Handlung in der Befolgung der Zahlungsweisung. Für die Annahme, auf diese Weise schlössen die Parteien konkludent einen Darlehensvertrag, besteht nicht nur aus bankrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit. Die Ent892  Fritzsche, 893  Hierzu

DStR 2002, 265, 269 f.; Scholl, DZWIR 2005, 353, 362 f. § 3 C. IV. 2. c).

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stehung eines Darlehensauszahlungsanspruchs gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB lässt sich überdies nicht mit der geschäftsbesorgungsrechtlichen Rechtsnatur des Zahlungsdiensterahmenvertrags und namentlich damit vereinbaren, dass Folge der Zahlungsausführung die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB ist.894 Die Erklärungen von Kontoinhaber und Kreditinstitut können vor diesem Hintergrund nicht als konkludenter Abschluss eines Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB ausgelegt werden. 3.  Gleichlauf von Insolvenzanfechtung und Einzelzwangsvollstreckung – Folgerungen aus BGHZ 182, 317 Waren die bislang untersuchten Argumente für und wider die Pfändbarkeit einer geduldeten Überziehung seit langem ausgetauscht, hat die Entscheidung BGHZ 182, 317 zur Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung auch die Diskussion um die Vollstreckungsmöglichkeit neu belebt.895 In Abkehr von seiner ständigen Rechtsprechung urteilte der IX. Zivilsenat, dass Zahlungen aus einer geduldeten Kontoüberziehung gläubigerbenachteiligend i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO und daher gegenüber dem Zahlungsempfänger anfechtbar seien. Diese im Schrifttum seit langem geforderte Kehrtwende des BGH896 stieß zwar im praktischen Ergebnis auf breite Zustimmung.897 Ihre dogmatische Begründung vermochte jedoch in weiten Teilen nicht zu überzeugen und hat daher zurecht vielfach Kritik erfahren.898 Für die hier angestellte Untersuchung erlangt das Urteil des BGH deshalb besondere Relevanz, weil §§ 35, 36 InsO grundsätzlich den Gleichlauf der Gesamtvollstreckung im Insolvenzverfahren und der Einzelzwangsvollstreckung bestimmen.899 Zwar führt der IX. Zivilsenat bereits im Leitsatz seiner Entscheidung aus, dass eine Gläubigerbenachteiligung bei Zahlungen aus geduldeter Überziehung ungeachtet dessen anzunehmen sei, ob der 894  Ausführlich

§ 3 B. II. und § 7 F. I. 1. Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 255. 896  s. zu den geltend gemachten Einwänden zusammenfassend mit Nachweisen BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 14). 897  Heinze, DZWIR 2010, 39 f.; Lütcke, NZI 2011, 702, 704. 898  Vgl. etwa Bork, EWiR 2009, 651, 652 („Die Begründung erscheint streckenweise ausgesprochen ergebnisorientiert.“); Thole, NZI 2009, 800, 801 („Teile der Urteilsbegründung bleiben freilich zweifelhaft.“); dezidiert Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301. 899  BGHZ 123, 183, 189; Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 249, mit zahlreichen Nachweisen aus der Kommentarliteratur in Fn. 15 und kritisch zur „Abkopplung“ S.  253 ff. 895  Vgl.



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Masse hieraus ein pfändbarer Anspruch auf Kreditgewährung zustehe, und „koppelt“ damit die Frage der Anfechtbarkeit von derjenigen der Vollstreckung ab.900 Gleichwohl ist zu untersuchen, ob die zur Begründung angestellten Erwägungen tatsächlich insolvenzspezifischer Natur sind oder ob sich ihnen dennoch Aussagen auch für die Pfändbarkeit einer geduldeten Überziehung entnehmen lassen. a)  Vormals: Unanfechtbarkeit von Zahlungen aus einer geduldeten ­Überziehung mangels Gläubigerbenachteiligung Vor der Entscheidung BGHZ 182, 317 hatte der IX. Zivilsenat die Anfechtung einer Zahlung aus geduldeter Überziehung mit dem Argument abgelehnt, dass eine Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO in aller Regel nicht vorliege.901 Verschaffte die geduldete Überziehung dem Kontoinhaber keinen pfändbaren Anspruch auf Darlehensgewährung, sei sie als Anweisung auf Kredit aufzufassen.902 Anders als eine Anweisung auf Schuld, wie sie namentlich bei Zahlungen aus einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit gegeben sei, führte die Zahlung in jenem Fall, nicht zur Tilgung einer Forderung des Kontoinhabers gegen die Bank im Deckungsverhältnis und damit nicht zu einer gläubigerbenachteiligenden Beeinträchtigung der Aktivmasse. Eine Anweisung auf Kredit bewirke vielmehr le­ diglich einen masseneutralen Gläubigertausch.903 Zwar begründe die Ausführung der Zahlung in diesem Fall eine Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber der Bank und ist auch eine Erhöhung der Schuldenmasse gläubigerbenachteiligend i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO.904 Dieser Nachteil für die Masse werde jedoch dadurch ausgeglichen, dass im Gegenzug die Forderung des Zahlungsempfängers in gleicher Höhe getilgt werde. Schon das Reichsgericht hat diese Konstellation mit der Abtretung der Forderung gegen den Schuldner verglichen, die grundsätzlich nur einen Austausch der Gläubiger, 900  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 173 ff.; ders., NZI 2011, 475, zuvor schon Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 34 ff.; für die Aufrechterhaltung des Gleichlaufs Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 253 f.; s. auch HK-InsO7 / ders., § 129 Rn. 40. 901  BGHZ 170, 276, 280 (Tz. 12); ZIP 2008, 701 (Tz. 8); ZIP 2007, 601 (Tz. 13). 902  Vgl. zu nachfolgend umschriebenen Unterscheidung zwischen einer Anweisung auf Schuld und Kredit im Hinblick auf eine Gläubigerbenachteiligung zusammenfassend etwa BGH ZIP 2008, 2182 (Tz. 9); Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S.  175 f.; Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301 f. 903  Vgl. hierzu schon RGZ 48, 148, 151; jeweils zur Ersatzpflicht gem. § 64 GmbHG bei Zahlungen aus einem debitorischen Konto BGHZ 143, 184, 186 f.; ZIP 2007, 1006 (Tz. 8); aus dem Schrifttum etwa Geiger, ZInsO 2004, 1188, 1189; ­Jaeger / Henckel, InsO, § 130 Rn. 59. 904  BGHZ 174, 228, 233 (Tz. 18); ZIP 2006, 1009.

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nicht aber eine weitergehende Beeinträchtigung der verteilungsfähigen Masse zur Folge habe.905 Masseneutralität liege in einem solchen Fall nur dann nicht vor, wenn die infolge der Zahlungsausführung entstehende Forderung des Kreditinstituts gegen den Schuldner besser gesichert sei als die mit Mitteln der Bank befriedigte Forderung des Insolvenzgläubigers.906 b)  Beweggründe der Entscheidung BGHZ 182, 137 Ausweislich der Entscheidungsgründe haben den IX. Senat namentlich zwei Beweggründe zur Änderung dieser Rechtsprechung motiviert. Einerseits folgert er die Anfechtbarkeit aus der Vergleichbarkeit der Direktzahlung über ein Konto mit der Situation, dass sich der Schuldner den Betrag zunächst bar auszahlen lasse, um anschließend einen Insolvenzgläubiger zu befriedigen. In beiden Fällen könne über die gläubigerbenachteiligende Wirkung nicht unterschiedlich geurteilt werden.907 Andererseits stand wegen der divergierenden Behandlung von Dispositionskredit und geduldeter Überziehung nach Ansicht des Senats eine generelle „Verkümmerung“ der Anfechtungstatbestände in § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO und § 133 Abs. 1 InsO bei Zahlungen über ein Girokonto zu befürchten.908 Da der Zahlungsempfänger in aller Regel keine Kenntnis von dem Kontostand, der Ausschöpfung einer Kreditlinie oder der Sicherheitenlage909 habe und eine tatsächliche Vermutung dafür nicht bestehe, dass Verfügungen über ein Girokonto nur innerhalb eines Guthabens oder einer Kreditlinie vorgenommen würden,910 könnte er in keinem Fall ausschließen, dass die Zahlung lediglich aus einer geduldeten Überziehung erfolge. Dem Anfechtungsgegner könnte Kenntnis von der objektiven Gläubigerbenachteiligung, § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO, bzw. von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, § 133 Abs. 1 InsO, selbst dann kaum einmal nachgewiesen werden, 905  RGZ

426 f.

48, 148, 151; kritisch zu dieser Parallele Häsemeyer, KTS 2007, 423,

906  RGZ 81, 144, 145; 48, 148, 150 f.; BGHZ 170, 276, 280 (Tz. 11 f.); ZIP 2008, 2182 (Tz. 9); ZIP 2008, 701 (Tz. 7 f.); ZIP 2007, 601 (Tz. 13). 907  BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14 f.); zuvor schon OLG Hamburg ZIP 2002, 1360, 1364; Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 36; Ringstmeier, in: FS Greiner (2005), S. 285, S. 287 f.; Stiller, ZInsO 2005, 72, 74; anders indessen noch BGHZ 170, 276, 282 (Tz. 15). 908  BGHZ 182, 317, 321 (Tz. 12); diese Gedanken verallgemeinernd Henkel, ZInsO 2012, 774, 778 f. 909  s. auch Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 27, zu der kaum zu erfüllenden Beweislast des Insolvenzverwalters im Hinblick auf eine unterschiedliche Besicherung von getilgter Forderung und Forderung der Bank. 910  BGH ZIP 2007, 601 (Tz. 14).



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wenn die Zahlung tatsächlich nicht aus einer geduldeten Überziehung vorgenommen würde.911 c)  Dogmatische Begründung Leuchten die vorgenannten Beweggründe für die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ein, haben die Entscheidungsgründe nur wenig zur Erhellung der Frage beigetragen, warum eine geduldete Überziehung zwar nicht pfändbar sein, eine Zahlung unter Überschreitung der Deckungsgrenze aber gleichwohl eine Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO bewirken soll. aa)  Einzelbetrachtung gläubigerbenachteiligender Rechtswirkungen Uneingeschränkte Zustimmung verdient es zunächst, wenn der BGH hervorhebt, dass die Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO auf die Rück­ abwicklung und Beseitigung einzelner gläubigerbenachteiligender Rechtswirkungen gerichtet ist, auch wenn diese zivilrechtlich eine einheitliche Rechtshandlung bilden mögen.912 Eine Saldierung von der Insolvenzmasse vor- und nachteilhaften Wirkungen, die jeweils auf einer einheitlichen Rechtshandlung beruhen, findet daher grundsätzlich nicht statt, sofern nicht die massegünstige Rechtswirkung unmittelbar an eine masseschädliche anknüpft.913 Entsprechend erachtet der BGH Zahlungen aus einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit nicht mehr als masseneutralen Gläubigertausch, sondern unterscheidet zwischen dem Abruf der Kreditmittel und ihrer anschließenden Verwendung.914 Abgesehen von einem der Bank geschuldeten, regelmäßig höheren Zinssatz und der möglichen Valutierung ihr gestellter Sicherheiten, tritt bei der Ausschöpfung eines Dispositionskredits zwar bilanziell keine Beeinträchtigung der Masse ein, wenn gleichzeitig die Forderung eines Insolvenzgläubigers in der Höhe getilgt wird, in der sich der Schuldner zu diesem Zwecke gegenüber der Bank verschuldet. Unter Heranziehung des eben beschriebenen Grundsatzes verbietet sich indes eine Saldierung von Mittelgewinnung durch den Kreditabruf und anschließender 911  BGHZ 182, 317, 321 (Tz. 12); allgemein zu diesem Problem bei Drittzahlungen Heitsch, ZInsO 2011, 1533. 912  BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 13); so bereits schon BGHZ 174, 228, 233 (Tz. 18); 147, 233, 236; ZIP 2010, 793 (Tz. 10); ZIP 2009, 1674 (Tz. 27 ff., 36); ZIP 2008, 2272 (Tz. 22 ff.); vgl. auch Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 178 ff. („Vereinzelungstheorie“). 913  BGH ZIP 2009, 1674 (Tz. 36); Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 305; für eine Rückkehr zur Gesamtbetrachtung indessen Achsnick / Opp, NZI 2010, 633, 637. 914  BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 13); 170, 276, 280 (Tz. 12).

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Mittelverwendung. Bei gebotener isolierter Beurteilung führt letztere zu einer Schmälerung der Aktivmasse.915 bb)  Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO Damit ist der Weg geebnet für die Einzelbetrachtung des Deckungsverhältnisses zwischen Kreditinstitut und Schuldner hinsichtlich der gläubigerbenachteiligenden Wirkung einer Zahlung. Während der IX. Zivilsenat916 und das überwiegende Schrifttum917 eine geduldete Überziehung anfechtungsrechtlich wie eine Anweisung auf Schuld behandeln wollen und eine Beeinträchtigung des Aktivvermögens durch Verlust eines Darlehensauszahlungsanspruchs unterstellen, ist sie richtigerweise als Anweisung auf Kredit zu charakterisieren. Eine Gläubigerbenachteiligung ist unter dem Aspekt der Passivmehrung begründet. (1)  Die Argumentation des BGH: Reduzierung der Aktivmasse Der IX. Zivilsenat führt hierzu aus, dass die Vornahme des Zahlungsvorgangs – konkret die Einlösung von Schecks – nur nach vorheriger Einräumung eines Überziehungskredits, gemeint ist eine geduldete Überziehung, bewirkt werden konnte.918 Durch die Zahlung an den Insolvenzgläubiger werde die Aktivmasse beeinträchtigt, weil die aus der Überziehung erlangten Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt seien.919 Die (Direkt-) Zahlung aus einer geduldeten Überziehung könne anfechtungsrechtlich nicht abweichend von der Situation beurteilt werden, dass der 915  BGH ZIP 2008, 747 (Tz. 4); ZIP 2002, 489; kritisch zur Gläubigerbenachteiligung in diesem Fall, weil der Darlehensanspruch vom Insolvenzverwalter tatsächlich nicht zugunsten der Masse realisiert werden könne, Häsemeyer, KTS 2007, 423, 424 f.; Marotzke, ZInsO 2007, 897, 900 ff.; Ringstmeier / Homann, ZInsO 2009, 607, 608 ff.; ähnlich Achsnick / Opp, NZI 2010, 633, 636 f. 916  Zwar weist der Senat ausdrücklich daraufhin, dass nach ständiger Rechtssprechung auch die Mehrung der Schuldenmasse eine Gläubigerbenachteiligung begründe, BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 13). Die nachfolgenden Ausführungen nehmen hierauf indessen keinen Bezug und verhalten sich ausschließlich zur Minderung der Aktivmasse. 917  Henkel, ZInsO 2005, 468, 469 ff.; Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 254 ff.; MünchKomm / Kayser, InsO3, § 129 Rn. 108c; Vendolsky, ZIP 2005, 786, 788 f. 918  BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14); s. nunmehr auch BGH ZIP 2011, 824 (Tz. 10), allerdings verkennt der Senat hier, dass zwischen den Lebensgefährten ein Darlehensvertrag geschlossen worden war und der Rekurs auf die Entscheidung zur geduldeten Überziehung verfehlt ist; so zurecht Lütcke, NZI 2011, 702 f. 919  BGHZ 182, 317, 324 (Tz. 15).



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Schuldner sich die Mittel zunächst auszahlen lasse und anschließend einen Insolvenzgläubiger befriedige.920 (a)  Geltung für die Einzelzwangsvollstreckung Träfe diese Argumentation des BGH zu, könnte sich ihr Aussagegehalt kaum – wie durch die „Abkoppelung“ beabsichtigt – lediglich auf die Insolvenzanfechtung beschränken,921 sondern beanspruchte Geltung auch für die Einzelzwangsvollstreckung. Denn stünde dem Kontoinhaber auch nur für eine „logische juristische Sekunde“ ein Anspruch gegen das Kreditinstitut auf Verschaffung der Mittel zu, müsste ein solcher – wie von der herrschenden Meinung bei einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit angenommen –922 als künftige Forderung pfändbar sein. Nach den bisherigen Ausführungen zur geduldeten Überziehung steht dem Kontoinhaber im Vorfeld der geduldeten Überziehung indessen ein Anspruch gegen sein Zahlungsdienstleister nicht zu. Erst recht setzt die Zahlungsausführung einen solchen nicht zwingend voraus. Vielmehr steht es der Bank frei, den Zahlungsauftrag mangels Deckung abzulehnen oder aber ihn freiwillig unter Einsatz von Mitteln aus ihrem Vermögen zu befolgen und diese als Aufwendungen gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB vom Kontoinhaber ersetzt zu verlangen.923 (b)  Die Bonität als Vermögenswert des Schuldners Mutmaßlich um eine Differenzierung zwischen Insolvenzanfechtung und Einzelzwangsvollstreckung bemüht führt der IX. Senat für den Verlust eines Vermögensaktivums schließlich aus, dass der Schuldner „seine Bonität, die letztlich auch einen Vermögenswert darstellen kann, in die Waagschale werfen [konnte]; da diese Bonität aus der Sicht der Bank nicht unbeschränkt weitere Überziehungen rechtfertigte, [habe] der Schuldner sie teilweise zu Gunsten der Beklagten ‚verbraucht‘ und somit auch einen zumindest ‚potenziellen‘ Vermögenswert924 geopfert.“925 920  BGHZ

182, 317, 323 (Tz. 14 f.); s. auch BGH ZIP 2011, 824 (Tz. 11). oben § 8 B. II. 3. 922  Siehe hierzu ausführlich § 7 C. III. 2. b) bb). 923  So auch schon Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 303. 924  Den Begriff der „potenziellen Insolvenzmasse“ hat Bitter, in: FS K. Schmidt (2009), S. 123, S. 127 ff., S. 140 f., geprägt, dazu noch sogleich § 8 B. II. 3. c) bb) (2) (a); ähnlich bereits Spliedt, NZI 2007, 228, 229, der die „Kreditaufnahmefähigkeit des Schuldners“ zwar für unpfändbar hält, ihr aber gleichwohl Vermögenswert beimessen will. 925  BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14 a. E.). 921  Dazu

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Die Bonität des Schuldners als (potenziellen) Vermögenswert des Schuldners aufzufassen, hat Bork als „skurrile These“ bezeichnet, die nicht weiter verfolgt werden sollte.926 Nach Ansicht Tholes trägt sie „eher zur Verwirrung bei“.927 Tatsächlich ist es nicht einsehbar, die Bonität des Schuldners als Bestandteil des den Insolvenzgläubigern haftenden Aktivvermögens zu begreifen. Wie sollte der Insolvenzverwalter sie im Interesse der Gläubigergleichbehandlung verwerten? Wie sollte sich die Rückgewähr dieses vermeintlichen Vermögenswerts nach erfolgreicher Anfechtung gestalten, § 143 Abs. 1 InsO? Sie ist jedenfalls nicht dadurch zu bewerkstelligen, dass der Masse ein dem Zahlungsbetrag entsprechender Anspruch gegen das Kreditinstitut einzuräumen ist. Denn eines solchen (dann grundsätzlich pfändbaren) Anspruchs ist die Masse ja nicht verlustig gegangen. Zwar führt der Senat aus, dass der nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährende Wert nicht unmittelbar aus dem Schuldnervermögen stammen müsse.928 Wie der dann nachfolgende Satz belegt soll dies allerdings nicht zum Ausdruck bringen, dass es eines tatsächlichen Abflusses aus dem Schuldnervermögen nicht bedürfe. Unmittelbarkeit sei lediglich insoweit zu fordern, als der Schuldner sich zur Verschiebung eines Bestandteil seines Vermögens einer dritten Mittelsperson bedienen kann (mittelbare Zuwendung).929 Als ein solcher, zu verschiebender Vermögensbestandteil eignet sich die schuldnerische Bonität indessen nicht. Die These von der Bonität als Vermögensopfer mag man nach alledem allenfalls zu Wertungszwecken bemühen, nicht aber zur dogmatischen Begründung einer Verkürzung der Aktivmasse.930 (2) Ausgewählte Ansätze aus dem Schrifttum Sämtlichen im Schrifttum unternommenen Versuchen zur Begründung einer Gläubigerbenachteiligung unter dem Aspekt der Verkürzung der Aktivmasse bei Zahlungen aus einer geduldeten Kontoüberziehung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht gesondert Rechnung getragen werden.931 Beson926  Bork,

EWiR 2009, 651, 652. NZI 2009, 800, 801. 928  BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14). 929  BGHZ 182, 317, 323 (Tz. 14); in eben diesem Sinne auch die dortigen Nachweise: BGHZ 174, 228 (tatsächlicher Vermögensfluss vom Schuldner in das Vermögen der Mittelsperson); BGHZ 142, 284 (Tilgungsbestimmung für einen unstreitigen Kaufpreisanspruch des insolventen Verkäufers). 930  Vgl. auch die Kritik von Thole, NZI 2009, 800, 801, der darauf hinweist, dass die vom BGH ausgemachten Nachweisschwierigkeiten hinsichtlich der Kenntnisanforderungen von § 131 Abs. 1 Nr. 3, § 133 Abs. 1 InsO keinesfalls gelöst wären, wenn sie sich nun auf die Bonität des Schuldners bezögen. 931  s. neben den nachfolgend erörterten etwa noch Henkel, ZInsO 2012, 774, für eine generelle Anfechtbarkeit von Drittzahlungen; Marotzke, ZInsO 2007, 897, 927  Thole,



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dere Beachtung verdient jedoch der von Bitter vorgeschlagene Begründungsansatz932, auf den der BGH seine Entscheidung teilweise gestützt hat. Weiter sollen die Ausführungen gesondert gewürdigt werden, mit denen Ganter, der das Urteil vom 06.10.2009 als Vorsitzender des IX. Zivilsenats mitgetragen hat, den Unterschied zwischen einer geduldeten Überziehung und einer sonstigen freiwilligen Drittzahlung (auf Kredit) zu rechtfertigen sucht.933 (a) Die These Bitters: Zahlung aus geduldeter Überziehung als Realisierung potenzieller Insolvenzmasse Die These Bitters gründet auf der Einzelbetrachtung von Deckungs- und Zuwendungsverhältnis.934 Auf dieser Grundlage stehe die Unpfändbarkeit nicht der Anfechtbarkeit von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung entgegen.935 Zwar bestimme § 36 Abs. 1 S. 1 InsO im Grundsatz, dass nur pfändbare Gegenstände des Schuldnervermögens zur Insolvenzmasse gehörten. Über die in § 36 Abs. 2 InsO normierten Ausnahmen beanspruche dieser Gleichlauf nach Ansicht Bitters jedoch auch dann keine Geltung, wenn der Pfändungsausschluss lediglich dazu bestimmt sei, die Privatautonomie des Schuldners zu schützen.936 Um seine These zu belegen, verweist er u. a. auf die nach § 852 ZPO nur beschränkt pfändbaren Forderungen, die nur dann der Vollstreckung unterworfen sind, wenn sie vertraglich anerkannt oder rechtshängig sind. Unterlägen diese Ansprüche auch zum Schutz des Schuldners937 nur eingeschränkt der Pfändung, würde ihre 904 ff., für eine Parallele zur bereicherungsrechtlichen Leistungskondiktion, kritisch hierzu Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 304; Thole, NZI 2009, 800, 801 f., für einen normativen Benachteiligungsbegriff. 932  Bitter, in: FS K. Schmidt (2009), S. 123 ff.; anknüpfend an Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15 ff. 933  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 176 f. 934  Instruktiv Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 29 ff. 935  Gegen eine zu weitreichende Aufweichung des Gleichlaufs von Insolvenzbeschlag und Einzelzwangsvollstreckung in diesem Zusammenhang Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 255 f. 936  Bitter, in: FS G. Fischer (2008), S. 15, S. 34 f.; ders.: in FS K. Schmidt (2009), S. 123, S. 125 ff. 937  Ungeachtet ihrer Unpfändbarkeit gem. § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Alt. BGB erachtet der BGH auch Schuldbefreiungsansprüche, BGH ZIP 1993, 1656, 1658, und zweckgebundene Darlehensansprüche, BGH ZIP 2011, 824 (Tz. 14 ff.); ZIP 2008, 701 (Tz. 9), als zur Insolvenzmasse gehörig. In diesen Fällen dient der Pfändungsausschluss indes nicht den Schuldnerinteressen, sondern denen des Gläubigers und des Drittschuldners.

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Abtretung gleichwohl als gläubigerbenachteiligend aufgefasst.938 Vermögensgegenstände des Schuldners, die nur gegen den zwangsweisen Zugriff im Wege der Einzelzwangsvollstreckung geschützt seien, seien dennoch „potenzielle“ Insolvenzmasse.939 Soweit sich der Schuldner seines Schutzes durch freiwillige Disposition über einen entsprechenden Vermögenswert begebe, werde dieser Massebestandteil und begründe sein Verlust eine Gläubigerbenachteiligung i.  S.  v. § 129 Abs. 1 InsO. Aus dem gleichen Grund seien Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung, die nach Auffassung Bitters zum Schutz der schuldnerischen Privatautonomie unpfändbar ist,940 gläubigerbenachteiligend.941 Zwischen den von Bitter angeführten Fällen „potenzieller“ Insolvenzmasse und einer geduldeten Überziehung besteht indessen ein entscheidender Unterschied. So haben die bisherigen Ausführungen gezeigt, dass dem Kontoinhaber im Vorfeld einer geduldeten Überziehung nicht ein unpfändbarer Darlehensanspruch, sondern überhaupt kein Anspruch gegen das Kreditinstitut zusteht.942 Die Existenz eines solchen zu unterstellen, ist weder zahlungsrechtliche Notwendigkeit, noch folgt ein solcher Anspruch aus der verfehlten Einordnung der Überziehung als herkömmliches Konsensualdarlehen i. S. v. § 488 BGB. Einem Zahlungsdienstleister steht es vielmehr vollkommen frei, dem Zahlungsauftrag trotz fehlender Deckung, vgl. § 675o Abs. 2 BGB, Folge zu leisten und seine Aufwendungen anschließend gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB ersetzt zu verlangen.943

(b) Ganter: Unterschiede von geduldeter Überziehung und sonstigen freiwilligen Drittzahlungen auf Kredit In ersten Reaktionen auf die geänderte Rechtsprechung war der generelle Fortbestand der anfechtungsrechtlichen Differenzierung zwischen Anweisungen auf Schuld und auf Kredit in Frage gestellt worden.944 Der unterschiedslosen Anfechtbarkeit in sämtlichen Anweisungsfällen ist Ganter die Darstellung bei Bitter, in: FS K. Schmidt (2009), S. 123, S. 132 ff. in: FS K. Schmidt (2009), S. 123, S. 125, S. 136 ff. 940  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 82 ff. 87, 91. 941  Bitter, in: FS K. Schmidt (2009), S. 123, S. 125, S. 140 f. 942  In diesem Sinne interpretiert auch Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 254, die Entscheidung BGHZ 182, 317. 943  So in diesem Zusammenhang auch schon Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 304. 944  Vgl. Bork, EWiR 2009, 651, 652; für eine Aufgabe der Differenzierung Henkel, ZInsO 2012, 774; Lütcke, NZI 2011, 702, 704 f. 938  Vgl.

939  Bitter,



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entgegengetreten, indem er die Sonderbehandlung einer geduldeten Überziehung gegenüber freiwilligen Drittzahlungen zu begründen sucht.945 Ausgehend von der hier befürworteten Sichtweise mögen die Ausführungen Ganters Aufschluss darüber geben, warum eine geduldete Überziehung nicht grundsätzlich einer Anweisung auf Kredit gleich behandelt werden sollte.946 (aa)  Das Konto als Ausgangspunkt der Zahlung Den entscheidenden Unterschied erblickt Ganter darin, dass bei einer geduldeten Überziehung „immerhin eine Vermögensverschiebung aus der Sphäre des Schuldners in diejenige des Gläubigers“ stattfinde, deren „Ausgangspunkt“ immer das Konto des Schuldners sei.947 Auf diesem schlage sich die Belastungsbuchung unmittelbar nieder.948 Aus dem „Privatvermögen der kontoführenden Bank“ werde nichts verschoben.949 Bei einer Anweisung auf Kredit erfolge die Zuwendung hingegen ausschließlich aus dem Vermögen des leistenden Dritten, während das Schuldnervermögen erst dann „tangiert“ werde, wenn es mit dem Rückgriffsanspruch belastet werde.950 (bb)  Kein Abfluss eines Vermögensaktivums Auch nach diesen Ausführungen ist ein signifikanter Unterschied zwischen einer geduldeten Überziehung und sonstigen freiwilligen Drittzahlungen nicht auszumachen. Steht dem Schuldner im Vorfeld der Überziehung kein Anspruch gegen den Zahlungsdienstleister zu und taugt seine Bonität schon von vornherein nicht als aktiver Vermögenswert, bleibt Ganter eine Erklärung schuldig, welcher Vermögensbestandteil aus der Sphäre des Schuldners verschoben werden sollte.951 An diesem Befund vermag die 945  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 176  f.; ders., NZI 2011, 475, 477, unter Hinweis auf die Besonderheiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Freilich hat der IX. Zivilsenat die in BGHZ 182, 317, angestellten Erwägungen mittlerweile – zu Unrecht (s. oben Fn. 763) – auf eine Konstellation übertragen, in der zuvor ein Darlehensvertrag geschlossen worden war, BGH ZIP 2011, 824. 946  Der IX. Zivilsenat selbst hatte dieses Parallele gezogen, BGH ZIP 2008, 2182 (Tz. 10), die Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 176, nunmehr als „wenig glücklich“ bezeichnet. 947  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 176 f. 948  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 176 f. 949  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 177. 950  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 177. 951  Ganter, in: FS Görg (2010), S. 169, S. 177, selbst spricht in diesem Zusammenhang von einer „entsprechenden Belastung (Hervorhebung durch Verf.) auf dem Schuldnerkonto“.

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Feststellung, dass die Zahlung über das Konto als „Ausgangspunkt“ der Disposition abgewickelt werde, nichts zu ändern, zumal auch die Rückzahlungsverpflichtung nach einer sonstigen Drittzahlung Eingang in ein Kontokorrent finden kann, wenn ein solches zwischen Schuldner und Drittem vereinbart ist. Ist damit ein Vermögensgegenstand des Schuldners nicht betroffen kann die Umschreibung „Sphäre des Schuldners“ nur auf die Veranlassung der Zahlung durch den Kontoinhaber abzielen. Insoweit unterscheidet sich der Zahlungsauftrag freilich in keiner Weise von einer Anweisung auf Kredit.952 Wenn Ganter schließlich darauf abhebt, dass sich die Belastung auf dem Konto unmittelbar realisiere, während der Schuldner bei einer freiwilligen Drittzahlung erst nach Leistung an den Anweisungsempfänger mit der Rückzahlungsverpflichtung belastet werde und damit mutmaßlich auf einen (zeitlichen) Abwicklungsunterschied anspielt, verkennt er die Parallelität beider Konstellationen. Belastet das Kreditinstitut das Konto bereits vor Zahlungsausführung, liegt hierin die buchungstechnische Geltendmachung eines Vorschussanspruchs, § 669 BGB, die sich lediglich auf den rechnerischen Kontosaldo bezieht und die trotz der Regelung des § 675t Abs. 3 BGB, die lediglich die Wertstellung betrifft, nach wie vor zulässig ist.953 Auch in sonstigen Anweisungsfällen bildet häufig ein Auftrag gem. §§ 667 ff. BGB bzw. eine Geschäftsbesorgung gem. § 675 BGB das Grundverhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenem.954 Auch hier könnte letzterer die Ausführung einer Anweisung auf Kredit gleichermaßen gem. § 669 BGB von der Erbringung eines Vorschusses abhängig machen. Wie bei der regressbegründenden Anweisung auf Kredit verzichtet der Zahlungsdienstleister im Fall einer geduldeten Überziehung jedoch hierauf.955 (3)  Gläubigerbenachteiligung durch Passivmehrung Reduziert sich infolge einer Zahlung aus geduldeter Überziehung damit auch nicht die haftende Aktivmasse, bedeutet dies nicht, dass sich eine Gläubigerbenachteiligung nicht begründen ließe. So erkennen einige Stimmen im Schrifttum in dem Aufwendungsersatzanspruch des Kreditinstituts gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB zutreffend eine massebeeinträchtigende ErLütcke, NZI 2011, 702, 705. § 3 B. II. 1. und zur Wertstellung § 3 D. 954  Vgl. Staudinger / Marburger, 2009, § 783 Rn. 32; ein Geschäftsbesorgungsvertrag besteht etwa auch im Deckungsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Karteninhaber, MünchKomm / Hadding, HGB2, Zahlungsverkehr, Rn. G 31 m. w. N. 955  s. auch Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 302 f. 952  Ebenso 953  Hierzu



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höhung der Schuldenmasse,956 die ebenfalls geeignet ist, die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger zu schmälern.957 (a)  Kein masseneutraler Gläubigertausch Einer Gläubigerbenachteiligung durch Passivmehrung kann nicht entgegengehalten werden, es liege bei der Zahlung aus einer geduldeten Überziehung lediglich ein masseneutraler Gläubigertausch vor, sofern die neu entstehende Kreditverbindlichkeit gegenüber der Bank die Masse nicht stärker belaste als die getilgte Insolvenzforderung.958 Denn auch für die Frage, ob eine Rechtshandlung die Schuldenmasse in anfechtbarer Weise erhöht hat, ist eine isolierte Betrachtung von Deckungs- und Valutaverhältnis geboten und eine Saldierung von massegünstigen und masseschädlichen Rechtswirkungen unstatthaft.959 Zugunsten einer Gesamtbetrachtung von Forderungstilgung und Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs kann nicht angeführt werden, dass letzterer als gesetzliche Folge der Geschäftsbesorgung von dieser nicht abzuspalten sei960 oder die anzufechtende Rechtshandlung nicht formalrechtlich, sondern in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu würdigen sei.961 Denn zurecht verfolgt der BGH die These von der „Vereinzelung“ einzelner gläubigerbenachteiligender Rechtswirkungen sehr viel konsequenter,962 und führt explizit aus, dass „mehrere Rechtshandlungen selbst dann anfechtungsrechtlich selbstständig zu behandeln sind, wenn sie gleichzeitig vorgenommen wurden oder sich wirtschaftlich ergänzen“.963 Dies gilt auch für solche Rechtswirkungen, die kraft Gesetzes eintreten. So hat der BGH etwa die Begründung einer Aufrechnungslage als gesetzliche Folge eines Kaufvertragsschlusses964 ebenso für isoliert anfechtbar erachtet wie die Entstehung einer Sachhaftung gem. § 76 Abs. 1 AO zur Sicherung der Einbringlichkeit der Biersteuer.965 956  Bork, EWiR 2009, 651, 652; Häsemeyer, KTS 2007, 423; Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301; Ringstmeier / Homann, ZInsO 2009, 607. 957  St. Rspr. vgl. nur BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 13); 174, 228, 233 (Tz. 18); ZIP 2009, 1674 (Tz. 25); ZIP 2006, 1009 (Tz. 20). 958  Hierzu oben § 8 B. II. 3. a). 959  Bork, EWiR 2009, 651, 652; Häsemeyer, KTS 2007, 423, 425 ff.; Jacoby /  Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 305; Ringstmeier / Homann, ZInsO 2009, 601, 609 ff. 960  So für den Auftrag Wischemeyer, ZInsO 2008, 1122, 1124. 961  So Achsnick / Opp, NZI 2010, 633, 637. 962  Deutlich BGH ZIP 2009, 1674 (Tz. 27 ff). 963  BGH ZIP 2005, 1521, 1523; ZIP 2003, 2370, 2371. 964  BGHZ 147, 233, 236; ZIP 2005, 1521, 1523. 965  BGH ZIP 2009, 1674 (Tz. 19 ff).

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(b) Anfechtungsgegner Ganter hat an der hiesigen Ansicht Kritik geübt. Der „Vereinzelungsgedanke“ lasse sich nicht auf die Konstellation einer geduldeten Überziehung übertragen, weil sich die Anfechtung dann nur gegen das Kreditinstitut als Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs richten und eine Rückabwicklung gem. § 143 Abs. 1 InsO nur im Deckungsverhältnis stattfinden könne.966 Dabei verkennt er, dass die „Zurechnungsfigur“ der mittelbaren Zuwendung eine Anfechtung gegenüber dem Zahlungsempfänger ermöglicht.967 (aa) Zahlung aus geduldeter Überziehung als mittelbare Zuwendung an den Empfänger Nach ständiger Rechtsprechung des BGH können auch solche Rechtshandlungen als mittelbare Zuwendungen der Insolvenzanfechtung unterliegen, durch die der Schuldner Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen einzutreten.968 Voraussetzung der Anfechtung gegenüber dem Leistungsempfänger ist einzig, dass dieser erkennen kann, dass es sich um eine Zahlung des Schuldners handelt.969 Angesichts dieses Grundsatzes leuchtet es nicht ein, warum eine Anfechtung gegenüber dem Zahlungsempfänger im Valutaverhältnis nicht möglich sein soll, nur weil die gläubigerbenachteiligende Wirkung im Deckungsverhältnis durch Mehrung der Passivmasse eintritt. Rechtfertigen ließe sich die gegenteilige Auffassung Ganters nur, wenn man unterstellte, eine mittelbare Zuwendung sei lediglich dann anzunehmen, wenn sich die Aufgabe der Mittelsperson tatsächlich auf die Übertragung eines konkreten Vermögensgegenstands des Schuldners auf den Gläubiger beschränkte und die Gläubigerbenachteiligung wegen der unselbständigen Rolle des Leistungsmittlers zwingend im Verhältnis zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner zu verorten wäre. Dem ist jedoch nicht so. Denn die Zurechnung einer mittelbaren Zuwendung erfordert anerkanntermaßen weder, dass der zuzuwendende Gegenstand sich zuvor im Vermögen des Schuldners befunden hat, noch, dass der 966  Ganter,

in: FS Görg (2010), S. 169, S. 180 f. schon Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 305; Ringstmeier / Homann, ZInsO 2009, 607, 611 f. 968  Etwa BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 14); 174, 228, 236 (Tz. 25 f.); 156, 350, 355; ZIP 2013, 1127 (Tz. 11) jeweils m. w. N. 969  BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 14); 2013, 1127 (Tz. 11 f.); ZIP 2008, 2183 (Tz. 21); ZIP 2007, 769 (Tz. 7) jeweils m. w. N. 967  So



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Schuldner einen Anspruch gegen den Leistungsmittler auf den dem Gläubiger zugewandten Gegenstand gehabt hat. Es genügt vielmehr, dass der Gegenwert für die Leistung der Mittelsperson an den Empfänger aus dem Vermögen des Schuldners stammt.970 Dabei kann es für eine Zurechnung als mittelbare Zuwendung nicht darauf ankommen, ob der vom Schuldner einzusetzende Gegenwert in einem Anspruch gegen den Leistungsmittler besteht, die Zuwendung mithin zum Verlust eines Aktivums im Deckungsverhältnis führt, oder die Mittelsperson zunächst in Vorleistung tritt und hierfür einen Regressanspruch gegen den Schuldner erlangt, mit dem die spätere Insolvenzmasse belastet ist. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen beiden Fällen ist ohnehin nicht mehr durchführbar, seit der BGH nunmehr schon die Bonität des Schuldners als vermeintliches Aktivum ausreichen lässt, das als Gegenwert für die Zuwendung aufgegeben wird.971 Von der Auffassung, wonach lediglich ein Vermögenswert des Schuldners – hier also dessen Bonität – über eine unbeteiligte Mittelsperson an den Empfänger verschoben wird, hat man sich damit bereits weitestgehend verabschiedet – ebenso wie von der Identität des seitens des Schuldners aufgewendeten Vermögenswerts und dem Gegenstand der Zuwendung.972 Vor diesem Hintergrund kann die Anfechtbarkeit gegenüber dem Zahlungsempfänger nicht von der Art der Gläubigerbenachteiligung im Deckungsverhältnis abhängen. Allein maßgeblich kann insoweit sein, dass der Leistungsempfänger die Zuwendung als eine solche des Schuldners erkennen kann. (bb) Anfechtung gegenüber der Bank als Leistungsmittlerin Schließlich steht der Anfechtung im Valutaverhältnis nicht eine prinzipiell mögliche Anfechtung gegenüber der Bank im Deckungsverhältnis entgegen. Es ist grundsätzlich anerkannt, dass eine mittelbare Zuwendung auch gegenüber dem Leistungsmittler angefochten werden kann.973 Eine von Ganter als „sinnwidrig“ bezeichnete Anfechtung gegenüber der Bank als Leistungsmittlerin, die unter diesen Umständen zur Duldung einer Überziehung regel970  BGH ZIP 2011, 824 (Tz. 11); ZIP 2008, 125 (Tz. 25); Kübler / Prütting / Bork / Ehricke, InsO, § 129 Rn. 30; MünchKomm / Kayser, InsO3, § 129 Rn. 71; Uhlenbruck / Hirte, InsO13, § 129 Rn. 85. 971  BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 14). 972  s. auch BGHZ 182, 317, 322 (Tz. 14): „Dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss [Hervorhebung durch Verf.] ist deshalb dem Schuldner zuzurechnen.“ 973  s. etwa BGH ZIP 2013, 371 (Tz. 21); MünchKomm / Kayser, InsO3, § 129 Rn. 70; Uhlenbruck / Hirte, InsO13, § 129 Rn. 87A.

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mäßig nicht mehr bereit sein würde,974 scheidet jedoch regelmäßig aus.975 Denn die Entstehung des Aufwendungsersatzanspruchs gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB ist Folge der Zahlungsausführung für den Kontoinhaber. Hierin liegt ein der Deckungsanfechtung gem. § 130 Abs. 1 InsO grundsätzlich entzogenes Bargeschäft, § 142 InsO.976 Nach Ansicht des BGH soll eine Deckungsanfechtung gegen den Leistungsmittler nunmehr generell, also auch eine Anfechtung gem. § 131 Abs. 1 InsO wegen der Erlangung inkongruenter Deckung, ausscheiden, wenn der Zahlungsempfänger erkennen konnte, dass es sich um eine mittelbare Leistung des Schuldners handelte, und der Leistungsmittler nicht selbst Insolvenzgläubiger war.977 Möglich bleibt indes auch in diesen Fällen die Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO.978 (c)  Anfechtungsfolge: Freistellung der Masse Gewisse Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung der Rechtsfolgen für den Fall, dass die mittelbare Zuwendung gegenüber dem Zahlungsempfänger angefochten wird. Gem. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO ist dasjenige zur Insolvenzmasse zurückzugewähren, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist. Im Fall einer mittelbaren Zuwendung ist dies das im Deckungsverhältnis an den Mittler erbrachte Vermögensopfer des Schuldners, das häufig nicht identisch ist mit dem Gegenstand der Zuwendung im Valutaverhältnis.979 Steht – wie hier – eine Gläubigerbenachteiligung durch Mehrung der Passivmasse in Rede, hat die Anfechtbarkeit dieser massebenachteiligenden Rechtswirkung im ZweiPersonen-Verhältnis zur Folge, dass der Insolvenzverwalter die Einrede der Anfechtbarkeit gegen die Geltendmachung der anfechtbar begründeten Forderung im Insolvenzverfahren erheben kann.980 Liegt eine mittelbare Zuwendung vor, an der drei Personen beteiligt sind, und richtet sich die Anfechtung gegen den Leistungsempfänger, bestimmt sich Art und Umfang des Anfechtungsanspruchs gleichermaßen nach der Gläubigerbenachteiligung im 974  Ganter,

in: FS Görg (2010), S. 169, S. 180 f. ZIP 2010, 301, 305; s. auch Uhlenbruck / Hirte, InsO13, §  129 Rn.  87 m. w. N. 976  Ringstmeier / Homann, ZInsO 2009, 607, 610; i. E. MünchKomm / Kayser, InsO3, § 129 Rn. 108b (keine Gläubigerbenachteiligung gegenüber der Bank). 977  BGH ZIP 2013, 1127 (Tz. 12). 978  Hierzu BGH ZIP 2013, 1127 (Tz. 13 ff.); ZIP 2013, 371. 979  MünchKomm / Kirchhof, InsO3, § 143 Rn. 23; Uhlenbruck / Hirte, InsO13, § 143 Rn. 22. 980  Jaeger / Henckel, InsO, § 143 Rn. 37; Kübler / Prütting / Bork / Jacoby, InsO, § 143 Rn. 25; MünchKomm / Kirchhof, InsO3, § 143 Rn. 54. 975  Jacoby / Mikolajczak,



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 359

Deckungsverhältnis. Bei anfechtbaren Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung hat der Zahlungsempfänger daher die Masse von dem Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB freizustellen.981 Soweit dieser Anspruch eine Sicherheit valutiert oder der Schuldner die geduldete Überziehung bis zur Insolvenzeröffnung zurückgeführt hat, bilden die zu diesem Zwecke eingesetzten Vermögensaktiva den „Gegenwert“, der für die mittelbare Zuwendung in das Vermögen des Kreditinstituts gelangt ist. Der Anfechtungsgegner ist insoweit zum Wertersatz verpflichtet.982 d)  Zwischenergebnis: Die geduldete Überziehung als gläubigerbenachteiligende Passivmehrung Zahlungen aus geduldeter Kontoüberziehung sind gegenüber dem Zahlungsempfänger gem. §§ 129 ff. InsO anfechtbar. Aus diesem einzig interessengerechten Ergebnis kann indes nicht geschlossen werden, dass der Zahlung in diesem Fall ein möglicherweise pfändbarer Darlehensauszahlungsanspruch vorausgehe. Denn infolge der Zahlungsausführung büßt der Kontoinhaber nicht ein vermögenswertes Aktivum ein. Vielmehr erlangt das Kreditinstitut einen Aufwendungsersatzanspruch gegen ihn aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB. Diese gläubigerbenachteiligende Erhöhung der Schuldenmasse kann als mittelbare Zuwendung gegenüber dem Zahlungsempfänger mit der Folge angefochten werden, dass dieser die spätere Masse von dem Anspruch des Kreditinstituts freihalten bzw. eine etwaige Tilgungsleistung des Schuldners zu ersetzen hat. III.  Zwischenergebnis: Unpfändbarkeit einer geduldeten Überziehung mangels gegenwärtigen, vollstreckungstauglichen Ausführungsanspruchs Zwar mögen sich die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB und die geduldete Kontoüberziehung gem. § 505 BGB in tatsächlicher Hinsicht nahezu entsprechen und mag eine trennscharfe Abgrenzung häufig eine genaue Einzelfallprüfung erfordern. Rechtlich unterscheiden sich beide Kreditarten jedoch insbesondere darin, dass dem Kontoinhaber nur im ersten Fall gegenwärtig ein pfändbarer Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zusteht. Eine geduldete Überziehung ist demgegenüber als Anweisung auf Kredit zu qualifizieren, die lediglich einen Regressanspruch der 981  Jacoby / Mikolajczak, 982  Vgl.

ZIP 2010, 301, 306. erneut Jacoby / Mikolajczak, ZIP 2010, 301, 306.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Bank gegen ihren Kunden begründet, ihm aber im Vorhinein keinen vollstreckbaren Anspruch vermittelt. Diesem Verständnis steht die konsensuale Rechtsnatur eines herkömmlichen Darlehensvertrags gem. § 488 BGB nicht entgegen. Denn einerseits ist den Vertragsparteien auch unter Geltung der Konsensualvertragstheorie die Vereinbarung eines „Handdarlehens“ unbenommen. Andererseits bestimmt sich die Art und Weise der Kreditgewährung auf dem Girokonto nach den Bestimmungen des Zahlungsverkehrsrechts. Erteilt ein Kontoinhaber seiner Bank einen Zahlungsauftrag, ohne dass sein Konto ausreichende Deckung aufweist, kommt mit der Entscheidung, die Zahlung auszuführen, kein Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB zustande. Der Erklärungswert erschöpft sich hier in der Weisung einerseits und der aufwendungsersatzpflichtigen Befolgung des Auftrags andererseits. Schließlich zwingen auch die Ausführungen in BGHZ 182, 317 nicht zu einer anderen Bewertung. Das zutreffende Ergebnis, die Insolvenzanfechtbarkeit von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung, lässt sich überzeugend begründen, wenn man die geduldete Überziehung als Anweisung auf Kredit auffasst. Anders als die Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO, die die Rückabwicklung auch solcher Massebeeinträchtigungen ermöglicht, die auf einer Erhöhung der Passivmasse beruhen, erlaubt die Einzelzwangsvollstreckung lediglich den Zugriff auf aktive Vermögenswerte des Schuldners.983 An einem solchen fehlt es jedoch gerade im Fall einer Anweisung auf Kredit, auch wenn der Aufwendungsersatzanspruch des Angewiesenen eine zuvor vom Anweisenden gestellte Sicherheit valutiert, hier namentlich in Form zukünftiger Zahlungseingänge auf dem Konto.

C.  Einschränkung kontokorrentrechtlicher Sicherungswirkung? Mangelt es im Fall einer geduldeten Kontoüberziehung auch an einem gegenwärtigen Ausführungsanspruch, dessen Pfändung die umfassende Kontokorrentbindung zugunsten eines Gläubigers kompensieren könnte, lässt sich die Ungleichbehandlung einer geduldeten Überziehung gem. § 505 BGB und einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit gem. § 504 BGB im Hinblick auf den Vollstreckungszugriff eines Gläubigers sachlich nicht rechtfertigen. 983  Ein Gleichlauf von Einzelzwangsvollstreckung und Gläubigeranfechtung einerseits sowie der Insolvenzanfechtung andererseits sei nach Ansicht von Kreft, in: FS Ganter (2010), S. 247, S. 255, dadurch zu bewerkstelligen, dass auch bei einer geduldeten Überziehung ein Darlehensanspruch des Kontoinhabers anzunehmen sei.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 361

So entscheiden in tatsächlicher Hinsicht oftmals Marginalien, wie etwa ein vorheriges Gespräch mit einem Bankmitarbeiter über die spätere „Duldung“ der Kontoüberziehung,984 darüber, welche Art der Kreditgewährung im Einzelfall vorliegt, und folglich über Erfolg oder Misserfolg der Kontovollstreckung. Es widerspräche zudem den Wertungen des reformierten Kontopfändungsschutzes, wenn Kontoinhaber und Kreditinstitut durch geduldete Überziehungen einen vollstreckungsfreien Kontobereich unterhalten könnten. Kontopfändungsschutz wird nach Maßgabe von § 850k Abs. 1 ZPO ausschließlich auf einem Pfändungsschutzkonto und nur für ein „Kontoguthaben“ gewährt. Ein darüber hinausgehender Schutz für Ansprüche des Schuldners gegen seinen Zahlungsdienstleister besteht vorbehaltlich der Ausnahmevorschrift des § 765a ZPO nicht. Der gesetzliche Pfändungsschutz normiert damit einerseits das unantastbare Schutzniveau zugunsten des Schuldners. Andererseits legt er aber auch für das Girokonto als Vollstreckungsobjekt abschließend fest, inwieweit der Grundsatz der unbegrenzten Vermögenshaftung985 zu Lasten seiner Gläubiger eingeschränkt wird.986 Folgerichtig heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Reform des Kontopfändungsschutzes, dass es einem Gläubiger unbenommen bleibe, Ansprüche des Schuldners aus einem Dispositionskredit und einer geduldeten Kontoüberziehung zu pfänden.987 Hindert auch die Ausgestaltung des Zahlungsverkehrsrechts, die vollstreckungsrechtlichen Auswirkungen dieser willkürlichen Differenzierung im Wege der Pfändung eines gegenwärtigen girovertraglichen Ausführungsanspruchs im Vorfeld einer geduldeten Überziehung auszugleichen, ist eine den vorgenannten Wertungen entsprechende vollstreckungsrechtliche Gleichbehandlung beider Konstellation möglicherweise dadurch zu erreichen, dass man die kontokorrentrechtliche Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters beschränkt. I.  Umfassende Sicherung der Bank an künftigen Zahlungseingängen Die Kontokorrentbindung gewährt dem Kreditinstitut vorrangigen Zugriff auf sämtliche Zahlungseingänge zum Zwecke der Saldierung mit aufgelaufenen Debetposten. Gleichzeitig steht sie der Pfändung einzelner in-Rech984  Vgl.

zu diesem Fall oben § 8 A. II. 2. schon § 4 C. II. 986  s. hierzu bereits § 7 E. I. 2. a) bb). 987  BT-Drs. 16 / 12714, S. 19. 985  Hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

nung-gestellter Zahlungseingänge entgegen.988 Ungeachtet einer Kontopfändung kann die Bank somit auch noch spätere Zahlungseingänge mit der Pfändung nachfolgenden Schuldposten verrechnen. Neben der Kontokorrentbindung kommt dem AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen gem. Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB-Bk bzw. Nr. 21 Abs. 1, 3 AGB-Spk in Bezug auf die „Binnensicherung“ zwischen den Kontokorrentparteien nach hiesiger Auffassung keine eigenständige Bedeutung zu. So entstehen sämtliche Einzelforderungen aus der bankvertraglichen Geschäftsverbindung schon aufgrund der in der Kontokorrentabrede enthaltenen, antizipierten Verrechnungsvereinbarung als bloße Rechnungsposten. Sie können deshalb nicht gleichzeitig Gegenstand des AGB-Pfandrechts sein. Als solcher taugt einzig der Anspruch des Kunden auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag.989 Praktische Relevanz erlangt das AGB-Pfandrecht an dem Ausführungsanspruch deshalb lediglich zur Sicherung solcher Ansprüche des Kreditinstituts, die nicht schon durch das Kontokorrent auf dem betreffenden Konto abgesichert sind, etwa wenn das Guthaben auf einem Konto zur Sicherung der Kreditierung auf einem anderen Konto dient.990 II.  Bisherige Ansätze Vorwiegend im älteren Schrifttum finden sich vereinzelte Ansätze, die kontokorrentrechtliche Sicherungswirkung des Kreditinstituts im Anschluss an die Pfändung des Girokontos zugunsten des Vollstreckungsgläubigers einzuschränken. 1.  § 357 HGB Hierzu ist zum Teil auf § 357 HGB rekurriert worden. Dies liegt nahe, weil die Vorschrift einerseits an eine konkrete Pfändungsmaßnahme anknüpft und andererseits auf Rechtsfolgenseite ein Verbot zur Verrechnung von der Pfändung nachfolgenden Sollposten vorsieht.991 Soweit entgegen der heute einhelligen Rechtsauffassung vertreten worden ist, nach § 357 HGB sei nicht der gegenwärtige Zustellungssaldo, sondern vielmehr der künftige Rechnungsabschlusssaldo mit der Maßgabe gepfändet, dass lediglich künftige Habenposten, nicht jedoch neuerliche Schuldposten in der 988  s. zu den Kontokorrentwirkungen § 2 C. II.; speziell zur Unpfändbarkeit der einzelnen Rechnungsposten § 5 A. I. 989  Zur Möglichkeit der Verpfändung dieses Anspruchs § 3 C. IV. 3. d). 990  Vgl. auch MünchKomm / Hadding / Häuser, HGB2, Zahlungsverkehr Rn. A 187. 991  Im Einzelnen zu § 357 HGB bereits § 5 A.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 363

laufenden Rechnung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers zu berücksichtigen seien,992 ist diese Auffassung bereits an anderer Stelle abgelehnt worden.993 Ausweislich der Materialien994 und dem Wortlaut der Norm bezweckt § 357 HGB zudem in seinem Anwendungsbereich lediglich den Schutz des Zustellungssaldos vor der Schmälerung durch nachträglich begründete Schuldposten, ohne dass dem Befriedigungsinteresse des Gläubigers generell bis zur Tilgung seiner Forderung Vorrang eingeräumt würde.995 Entsprechend setzt § 357 S. 1 HGB tatbestandlich voraus, dass der Gläubiger den Zustellungssaldo pfändet und sich überweisen lässt.996 Eine isolierte Pfändung, die lediglich Sperrwirkung für weitere Verfügungen zeitigt, mangels gegenwärtigem Zustellungssaldo nicht aber auch die Befriedigung des Gläubigers erlaubt, ist von § 357 HGB nicht gedeckt. Weist das Konto im Pfändungszeitpunkt keinen rechnerischen Überschuss zugunsten des Vollstreckungsschuldners auf, geht die Pfändung ins Leere und greift nicht die in § 357 HGB geregelte Verrechnungssperre.997 2.  § 851 Abs. 2 ZPO Teilweise ist das Niveau des Drittschuldnerschutzes, wie es § 357 S. 2 HGB und §§ 404 ff. BGB gewährleisten, allgemein für ausreichend erachtet und jeglicher darüber hinausgehender Sicherung der Bank über § 851 Abs. 2 ZPO, der es dem Schuldner verbiete, seinen Gläubiger pfändbare Vermögenswerte aufgrund einer Vereinbarung mit dem Drittschuldner vorzuenthalten, die Berechtigung abgesprochen worden.998 Die Bestimmung des § 851 Abs. 2 ZPO verhilft zwar dem Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung zur Geltung, indem sie den Entzug von vollstreckungstauglichen Vermögenswerten durch privatautonomen Abtretungsausschluss gem. § 399 2. Alt. BGB i. V. m. § 851 Abs. 1 ZPO untersagt.999 Schupp, BB 1952, 217, 218; i. E. auch Nebelung, NJW 1953, 449, 450. § 5 A. III. 2. 994  Denkschrift zum HGB, S. 200 (abgedruckt bei Hahn / Mugdan, Band VI, S.  356 f.). 995  Grundlegend hierzu BGHZ 80, 172; ausf. bereits § 5 A. III. 996  Dazu schon oben § 5 A. II. 997  Bitter, in: Bankrechts-Handbuch4, § 33 Rn. 44 f.; Häuser, ZIP 1983, 891, 898; Werner / Machunsky, BB 1982, 1581, 1582; a. A. Klee, MDR 1952, 202, 203. 998  So Forgach, DB 1974, 1852, 1853 f.; zustimmend Baßlsperger, Rpfleger 1985, 177 f., 180; für den Sicherungszweck des AGB-Pfandrechts auch Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 2676. 999  Hierzu bereits § 4 C. II. 992  Dafür

993  s. hierzu

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Die Norm findet jedoch auf das Kontokorrent keine Anwendung. Zum einen verdrängt § 357 HGB die Vorschrift in doppelter Hinsicht, indem sie die Pfändung des Zustellungssaldos gestattet und damit den Umkehrschluss auf die grundsätzliche Unpfändbarkeit der Kontokorrentposten erlaubt.1000 Zum anderen hindert § 851 Abs. 2 ZPO lediglich die vollstreckungsbeschränkende Wirkung vertraglicher Abtretungsverbote, nicht jedoch die Geltung eines ­antizipierten dinglichen Verfügungsgeschäfts respektive eines Verrechnungsvertrags, wie er Gegenstand der Kontokorrentvereinbarung ist.1001 So würde etwa auch niemand auf die Idee kommen, die antizipierte Verfügung im ­Rahmen des AGB-Pfandrechts an § 851 Abs. 2 ZPO scheitern zu lassen, obwohl diese dem Vollstreckungszugriff eines Gläubigers gleichermaßen ent­ gegensteht. 3.  Rechtsmissbrauch bzw. Umgehung der Pfändungswirkungen Andere haben eine Verrechnung unter Berufung auf das AGB-Pfandrecht als rechtsmissbräuchlich, §§ 226, 242 BGB, angesehen, wenn das Pfandrecht erst durch einen nach der Pfändung entstehenden Anspruch der Bank gegen ihren Kunden valutiert werde und die Bank die Anspruchsentstehung verhindern könne, weil sie zur Zahlungsausführung nicht verpflichtet sei.1002 Dieser Gedanke, der der Erstreckung von § 357 HGB auf Fälle der geduldeten Überziehung auf Rechtsfolgenseite entspricht, ließe sich grundsätzlich auf die Kontokorrentverrechnung übertragen. Dem Einwand der rechtsmissbräuchlichen Beeinträchtigung des Pfändungserfolgs durch Duldung weiterer Überziehungen hat der BGH allerdings bereits in seiner Entscheidung BGHZ 93, 315 eine Absage erteilt. Zwar hat er seinerzeit betont, dass die Duldung im konkret entschiedenen Fall schon deshalb nicht geeignet sei, die Entstehung eines pfändbaren Guthabens auf dem Konto in rechtsmissbräuchlicher Weise zu verhindern, weil es sich um ein Oder-Konto handelte und neben der Schuldnerin zusätzlich noch der andere Oder-Kontoinhaber für die Rückführung eines Debets haftete. Abgesehen von dieser Besonderheit kann den weiteren Ausführungen indes entnommen werden, dass in der Duldung einer Überziehung jedenfalls pauschal, ohne erkennbare Absicht zur Umgehung der Kontopfändung kein rechtsmissbräuchliches Verhalten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zu erblicken sei.1003 Ebenso wenig würden durch die Duldung weiterer Über1000  Dazu

§ 5 A. I. 1. § 5 A. I. 2. 1002  Klee, BB 1951, 686, 688; dem folgend Forgach, DB 1974, 809, 812; s. auch Canaris, Bankvertragsrecht3, Rn. 2669; Rutke, ZIP 1984, 538, 539 („Missbrauchsverhinderung“). 1001  Dazu



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 365

ziehung die Wirkungen der Pfändung des Überweisungsanspruchs gem. § 829 Abs. 1 ZPO umgangen.1004 Denn dieser Anspruch, der insoweit dem Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag entspricht, bestehe nur in Höhe einer pfändbaren Deckung.1005 1003

III.  Resümee: Letzte verbliebene Privilegierung der Kontokorrentparteien? Es fehlt somit an einer Handhabe, die kontokorrentrechtliche Verrechnungsbefugnis der Bank zu beschränken.1006 So resümierte Canaris im Jahr 1988, dass die Unpfändbarkeit der geduldeten Überziehung in Ermangelung eines Auszahlungsanspruchs „für den Gläubiger mißlich sein [mag], jedoch als ein letzter Rest der Privilegierung hinzunehmen [sei], die mit einem Kontokorrent de lege lata nun einmal für dessen Parteien im Verhältnis zu einem Pfandgläubiger verbunden [sei].“1007 Angesichts der an anderer Stelle aufgezeigten Wertungen entbehrt eine solche Privilegierung freilich jeglicher sachlicher Legitimation. Insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechungsänderung zur Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Kontoüberziehung1008 und der gesetzgeberischen Wertentscheidung, nach der Kontopfändungsschutz ausschließlich für ein Guthaben beansprucht werden kann, erweist sich die „Vollstreckungsfreiheit“ einer geduldeten Überziehung als eklatant wertungswidrig. Diesem Missstand ist jedoch nicht über eine Einschränkung der Kontokorrentwirkungen zu begegnen. Nicht nur taugen die einzelnen soeben untersuchten Ansätze jeweils für sich genommen nicht zur Begründung einer solchen Einschränkung. Vielmehr ist auch in der bisherigen Entwicklung der Kontopfändung die grundsätzlich umfassende Kontokorrentbindung nie nachhaltig angezweifelt worden. Sowohl im kreditorischen Bereich1009 als 1003  BGHZ 93, 315, 325 f.; für zurückhaltende Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auch Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 190; Häuser, ZIP 1983, 891, 900. 1004  Anders zuvor OLG Köln ZIP 1983, 810, unter Berufung auf Forgach, DB 1974, 809, 812. 1005  BGHZ 93, 315, 324; s. zur Ablehnung der isolierten Pfändung des Überweisungsanspruchs § 6 A. II. 3. c). 1006  Vgl. auch Rutke, ZIP 1984, 538, 539, und ähnlich Grube, S. 188 f., die die Frage stellen, warum gerade einer Bank die Möglichkeit genommen sein soll, sich durch ein formularvertragliches AGB-Pfandrecht abzusichern. Dies ließe sich entsprechend auch für die Vereinbarung eines Kontokorrents fragen. 1007  Canaris, Bankvertragsrecht4, Rn. 190. 1008  Dazu oben § 8 B. II. 3. 1009  s. hierzu oben § 6 B. II. 5.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

auch bei einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit1010 sind die vollstreckungsbeschränkenden Wirkungen jeweils dadurch kompensiert worden, dass man einem Vollstreckungsgläubiger den Zugriff auf girovertragliche Ansprüche des Schuldners gegen seine Bank gestattete. Damit bildet die kontokorrentrechtliche Lähmung sämtlicher Einzelforderungen das dogmatische Fundament der bisherigen Rechtsentwicklung. Diese würde gänzlich in Frage gestellt, suchte man eine Lösung für das Problem der Unpfändbarkeit einer geduldeten Kontoüberziehung nun in der Beschränkung der Kontokorrentwirkungen. Negierte man hier die Drittwirkungen des Kontokorrents, spräche nichts dagegen dem Gläubiger auch im kreditorischen Bereich oder bei Vorliegen einer nicht ausgeschöpften Kreditlinie die Pfändung von zukünftigen Zahlungseingängen, die an sich der Kontokorrentbindung unterliegen, zu ermöglichen. Diesen Weg haben Rechtsprechung und Rechtslehre bewusst nicht beschritten, sondern stets die Lähmung sämtlicher Einzelforderungen in einem Periodenkontokorrent axiomatisch unterstellt. Bei der Novellierung des Zahlungsverkehrsrechts hat der Gesetzgeber diese Auffassung insoweit bestätigt, als er das „Zahlungskonto“ i. S. v. § 1 Abs. 3 ZAG als laufende Rechnung zwischen einem Zahlungsdienstnutzer und einem Zahlungsdienstleister definiert1011 und damit Bezug nimmt auf das Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 Abs. 1 HGB.1012 Die Einschränkung der kontokorrentrechtlichen Sicherungswirkung bedeutete demnach, das geltende Zahlungsverkehrsrecht einer seiner elementaren Grundlagen zu berauben.

D.  Verrechnungssperre infolge der Zweckbindung der ­ ontodeckung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers K Kann einem Unterlaufen der Kontovollstreckung im Bereich der geduldeten Überziehung damit nicht durch Beschränkung der Kontokorrentwirkungen begegnet werden, ist zu untersuchen, ob sich diese auf girovertraglicher Ebene zugunsten eines Vollstreckungsgläubigers kompensieren lassen. Zwar lässt sich eine Kompensation nicht dadurch bewerkstelligen, dass der Gläubiger einen gegenwärtigen Darlehensauszahlungsanspruch bzw. einen Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag pfänden kann. Denn ein solcher Anspruch besteht im Vorfeld einer geduldeten Überziehung schlichtweg nicht. Wegen der Kontokorrentbindung scheidet außerdem der unmittelbare Zugriff auf zukünftige Zahlungseingänge aus. Im Folgenden ist jedoch aufzuzeigen, dass ein Kreditin1010  Zur

Pfändung des Ausführungsanspruchs in diesem Fall § 7 F. II. 2. 16 / 11613, S. 35. 1012  Ellenberger / Findeisen / Nobbe / Findeisen, ZAG, § 1 Rn. 227  f.; Mayen, in: Bankrechts-Handbuch4, § 47 Rn. 37. 1011  BT-Drs.



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stitut nach der Pfändung des künftigen Anspruchs auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag daran gehindert ist, spätere Zahlungseingänge zulasten des Pfändungsgläubigers mit Aufwendungsersatzansprüchen zu verrechnen, die der Ausbringung der Pfändung nachfolgen. I.  Der Anspruch auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB Zunächst ist die Ausgangssituation einer geduldeten Kontoüberziehung und der Inhalt eines Anspruchs auf Gutschrift, wie er in § 675t Abs. 1, 2 BGB nunmehr kodifiziert ist, erneut zu gewärtigen. Im Vorfeld einer geduldeten Überziehung weist das Konto keine Deckung auf. Dem Kontoinhaber steht ein Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag nicht zu. Gleichwohl kann das Kreditinstitut in dieser Situation einem Zahlungsauftrag des Kontoinhabers grundsätzlich noch Folge leisten und den Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB in das Kontokorrent einstellen. 1.  Anspruchsinhalt Ist zugunsten des Kontoinhabers nun ein Zahlungseingang zu verzeichnen, erwächst dem Kontoinhaber ein Anspruch auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB. Gegenstand dieses Anspruchs ist das Verfügbarmachen des Zahlungsbetrags auf dem Konto in Gestalt von Kontodeckung. Unabhängig davon, ob der Zahlungseingang auf einer Bareinzahlung oder auf einem unbaren Zahlungsvorgang beruht, erfüllt der Zahlungsdienstleister den Anspruch aus § 675t Abs. 1, 2 BGB dadurch, dass er gegenüber dem Kontoinhaber ein abstraktes Schuldanerkenntnis gem. §§ 780, 781 BGB abgibt und damit den Anspruch aus Gutschrift begründet.1013 Auf diese Weise verschafft die Bank dem Kontoinhaber eine von dem tatsächlichen Zahlungseingang gänzlich losgelöste Giralgeldforderung, die möglichen Einwendungen aus dem Valuta- oder Deckungsverhältnis nicht unterliegt.1014 Diese Giralgeldforderung fungiert nach Einstellung in das Kontokorrent als Kontodeckung, die dem Kontoinhaber einen Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag vermittelt, jedoch darüber hinaus wegen der Kontokorrentbindung nicht selbständig verkehrsfähig ist.1015 Wie nunmehr auch aus dem Wortlaut des § 675t Abs. 1, 2 BGB erhellt ist Inhalt des Anspruchs auf „Verfügbarmachen“ damit nicht nur die bloße „Umbuchung“ 1013  Hierzu

und zum Folgenden oben § 3 B. III. 2. oben § 3 B. III. 2. b). 1015  Zur Disponibilität der Kontodeckung oben § 3 C. IV. 3. d). 1014  s.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

des Zahlungseingangs, sondern stets ein Transformationsprozess, vermittels dessen dem Zahlungsempfänger der Zahlungsbetrag als Kontodeckung zur Verfügung gestellt wird. Weist das Konto keine ausreichende Deckung auf, erfolgt die Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB mit dem Ziel, das Debet zurückzuführen, um Kontodeckung herzustellen. Denn allein ausreichende Kontodeckung gewährleistet nach Maßgabe des Girovertrags die Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos und erlaubt dem Kontoinhaber trotz Kontokorrentbindung Verfügungen zu tätigen. 2.  Beschränkte Verkehrsfähigkeit des Gutschriftsanspruchs Der gesetzlich fixierte Anspruch aus § 675t Abs. 1, 2 BGB berechtigt den Kontoinhaber – als partielle Ausnahme von den sich selbst durch Vereinbarung eines Kontokorrents auferlegten umfassenden Verfügungsbeschränkungen –1016 einzig, Gutschrift des Zahlungsbetrags auf seinem Konto zu verlangen. Er kann hingegen nicht „frei“ über ihn verfügen und ihn etwa vor der Gutschrift auf einen Dritten übertragen. Besteht damit nicht die Gefahr, dass der Kontoinhaber die Gutschrift zulasten eines Gläubigers, der das Konto gepfändet hat, vereitelt, ist nach hiesiger Ansicht eine Hilfspfändung des Gutschriftsanspruchs nicht erforderlich und aus diesem Grund als unzulässig abzulehnen.1017 Gestattet die Bank dem Kunden, schon vor der Gutschrift über einen dem Zahlungseingang entsprechenden Betrag zu disponieren, handelt es sich hierbei um eine kurzfristige Kreditgewährung, vergleichbar mit einer e. V.-Gutschrift nach Entgegennahme eines Schecks oder einer Lastschrift, vgl. Nr. 9 Abs. 1 AGB-Banken. Hiermit verschafft die Bank dem Kunden zunächst unter dem Vorbehalt, dass sie selbst buchmäßige Deckung erlangt, Kontodeckung, die ihm wiederum einen als Geldforderung pfändbaren Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag vermittelt.1018 Eine solche Konstellation unterfällt nicht der Definition der geduldeten Überziehung, wie sie Gegenstand der Untersuchung ist. Es handelt sich vielmehr um einen der Gewährung eines Einzeldarlehens vergleichbaren Fall,1019 der im Hinblick auf die Vollstreckung keinen Besonderheiten unterliegt.

1016  s.

hierzu § 6 A. II. 1. b) bb). Folgenden § 6 II. 1. d); zu den Voraussetzungen einer zulässigen Hilfspfändung § 4 D. III. 1018  Hierzu schon oben § 6 II. 1. d) bb). 1019  s. zur Abgrenzung auch zum Einzeldarlehensvertrag oben § 8 A. II. 1017  Zum



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 369

II.  Zweckbindung des Anspruchs aus Gutschrift zugunsten des Vollstreckungsgläubigers Als vollstreckungsrechtlich problematisch erweist sich indes der Regelfall, dass der Zahlungsdienstleister einen Zahlungseingang in Erfüllung des Anspruchs aus § 675t Abs. 1, 2 BGB auf dem Konto verfügbar macht. Führt die Gutschrift nicht zur Entstehung eines positiven Saldos oder jedenfalls dazu, dass eine Kreditlinie teilweise wieder zur Verfügung steht, erhält der Pfändungsgläubiger wegen der Kontokorrentbindung keinen Zugriff auf die Kontogutschrift. Vielmehr scheint es zunächst so, als könnte der Kunde im Einvernehmen mit seiner Bank im Wege der geduldeten Überziehung ungeachtet der Kontopfändung über den Zahlungseingang verfügen und die Bank ihrerseits den korrespondierenden Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c Abs. 1, 670 BGB hiermit verrechnen. 1.  Zweckbindung als Kontodeckung Dies berücksichtigte jedoch nicht hinreichend den nunmehr gesetzlich fixierten Inhalt des Anspruchs auf Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB, der sich in der späteren Kontogutschrift fortsetzt. Der Anspruch auf Verfügbarmachen erschöpft sich nicht in der bloßen „Weiterleitung“ eines Zahlungseingangs. Die Gutschrift bedeutet vielmehr stets und notwendigerweise einen Transformationsvorgang.1020 Der Zahlungseingang wird, wenn auch in Gestalt eines abstrakten Schuldanerkenntnisses, gerade als Kontodeckung verfügbar gemacht. Denn nur Kontodeckung verschafft dem Kontoinhaber einen Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. Zahlungsdiensterahmenvertrag und ermöglicht ihm ungeachtet der umfassenden Kontokorrentbindung die Teilnahme am girovertraglichen Zahlungsverkehr. Das Interesse des Zahlungsempfängers ist damit stets auf die Begründung von Deckung gerichtet. Die Bank erfüllt den Anspruch aus § 675t Abs. 1, 2 BGB folglich nur dann, wenn sie einen Zahlungseingang mit dieser Maßgabe auf dem Konto gutschreibt. Der kontokorrentgebundene Anspruch aus Gutschrift unterliegt einer girovertraglichen Zweckbindung als Kontodeckung. 2.  Zweckbindung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers Die Zweckbindung der Kontogutschrift kommt grundsätzlich dem Kontoinhaber zugute. Ihm gegenüber hat sich die Bank zur Ausführung von Zahlungsvorgängen in Höhe der Kontodeckung verpflichtet. Hat allerdings der Vollstreckungsgläubiger den künftigen Anspruch auf Ausführung eines 1020  Siehe

hierzu oben § 3 B. III. 2., 3.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Zahlungsvorgangs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gepfändet, wirkt die durch den Gutschriftsanspruch veranlasste Zweckbindung zu seinen Gunsten. Denn der Anspruch auf Gutschrift dient als „Hilfsanspruch“ ebenso wie die Zweckbindung der Kontogutschrift ausschließlich dazu, Kontodeckung als Voraussetzung des Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zu generieren. Soweit der Gläubiger diesen Anspruch – und handelt es sich auch mangels Deckung nur um den künftigen Ausführungsanspruch – gepfändet hat, profitiert also er allein von der Zweckbindung der Kontogutschriften. Der Schuldner ist hingegen bis zur Befriedigung der titulierten Forderung an der Geltendmachung des Ausführungsanspruchs gehindert, so dass im auch der Gutschriftsanspruch aus § 675t Abs. 1, 2 BGB nicht nützt. Der Schuldner kann die Entstehung von zugunsten des Gläubigers zweckgebundenen Habenposten auf dem Konto nicht verhindern, wenn dieser den künftigen Ausführungsanspruch gepfändet hat. Vereinbart er mit der Bank die Herausnahme einzelner Guthabenposten aus dem Kontokorrent, kann er sich nicht mehr auf dessen vollstreckungsbeschränkende Wirkungen berufen und der Gläubiger diese Forderung als Geldforderung gem. §§ 829, 835 ZPO pfänden und verwerten. Gleichermaßen ist der Schuldner gehindert, im Einvernehmen mit der Bank bereits vor der Gutschrift über einen Zahlungseingang zu seinen Gunsten zu disponieren. Gestattet die Bank dem Kontoinhaber, noch vor der Gutschrift im Rahmen des Girovertrags zur verfügen, gibt sie eine Deckungszusage ab, die einen für den Gläubiger pfändbaren Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag begründet. Um einer unmittelbaren Pfändung eines dem Zahlungseingang entsprechenden Betrags zu entgehen, bleibt dem Schuldner daher nur, die Gutschrift des Zahlungseingangs auf dem Konto mit der Maßgabe zu dulden, dass dieser als Kontodeckung zur Verfügung steht. Auch um die Zweckbindung der Zahlungseingänge zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers zu erreichen, bedarf es folglich der von der herrschenden Meinung für zulässig erachteten Hilfspfändung des Anspruchs aus § 675t Abs. 1, 2 BGB nicht. Denn dass zum einen tatsächlich die Kontogutschrift eines Zahlungsvorgangs erfolgt, ist schon dadurch gewährleistet, dass jede andere Verfügung über den Anspruch die Entstehung eines für den Pfändungsgläubiger unmittelbar pfändbaren Zahlungs- bzw. Ausführungsanspruchs mit sich brächte. Zum anderen erwächst dem Vollstreckungsgläubiger die Stellung als Adressat der Zweckbindung durch die Pfändung des zukünftigen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag. Auch hierzu ist es daher nicht erforderlich, dass er den Gutschriftsanspruch hilfsweise pfändet und ihn gegenüber der Bank geltend macht, damit diese den Anspruch ihm gegenüber erfülle und damit gerade ihm zusagte, den Zahlungseingang als Deckung gutzuschreiben.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 371

III. Auswirkungen der Zweckbindung auf die Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters Freilich hindert auch die hier erkannte Zweckbindung von auf dem Konto gutgeschriebenen Zahlungseingängen zugunsten desjenigen Gläubigers, der den künftigen Ausführungsanspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gepfändet hat, nichts daran, dass der Schuldner seiner Bank einen Zahlungsauftrag erteilen kann, den diese auch befolgen kann. Möglicherweise steht die Zweckbindung aber der Verrechnung des Aufwendungsersatzanspruchs mit dem betreffenden kontokorrentgebundenen Habenposten entgegen. 1.  Zweckwidrige Verrechnung des Zahlungseingangs Bei fehlender Kontodeckung schreibt die Bank einen Zahlungseingang mit der Maßgabe gut, dass dieser auf dem Konto verbleibe, um nach Rückführung eines Debets Kontodeckung zu generieren, die dann über den Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag dem Zugriff des Vollstreckungsgläubigers unterliegt. Dieser Zweckbestimmung der Kontogutschrift widerspricht es, wenn die Bank Verfügungen des Kontoinhabers jenseits der Deckungsgrenze gestattet und den in der Folge entstehenden Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB zur Verrechnung stellt. Allein die Einstellung in das Kontokorrent bewirkt zwar keine unmittelbare Tilgung des kontokorrentgebundenen Habenpostens. Diese Wirkung ist der Verrechnung am Ende einer Kontokorrentperiode vorbehalten. Die Rückführung des gegenwärtigen, rechnerischen Sollstands durch die vormalige Gutschrift eines Zahlungseingangs wird jedoch durch die Einstellung des Aufwendungsersatzanspruchs der Bank wieder aufgezehrt. Die zweckwidrige Verrechnung des Zahlungseingangs, dessen Gutschrift die Entstehung von Kontodeckung intendierte, wirkt sich somit auf girovertraglicher Ebene aus. Gegen die Inkriminierung der Verrechnung als zweckwidrig mag man einwenden, dass sich die vom Kontoinhaber veranlasste Überziehung seines Kontos jenseits des Deckungsrahmens auch dann als dem Zweck der Gutschrift zuwiderlaufend darstellte, wenn das Konto nicht gepfändet sei, und dies dann ebenfalls die sogleich zu erörternden Auswirkungen auf die Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters auslösen müsste. Ist der Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag aber nicht gepfändet, ist es dem Kontoinhaber unbenommen, im Einvernehmen mit der Bank die grundsätzlich durch jede Gutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB bewirkte Zweckbindung des Habenpostens konklu-

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

dent durch Erteilung eines Zahlungsauftrags aufzuheben und ihr damit die Verrechnung auch an sich zweckwidriger geduldeter Überziehungen zu ermöglichen. Im Regelfall der geduldeten Überziehung wird die Zweckbindung der Kontogutschrift mithin nicht virulent. Ist der Ausführungsanspruch jedoch gepfändet, erfolgt die Gutschrift zugunsten des Vollstreckungsgläubigers, der allein diesen Anspruch statt des Kontoinhabers geltend machen kann. Der Schuldner kann die Zweckbindung des Anspruchs aus Gutschrift in diesem Fall nicht aufheben. 2.  Rechtliche Erfassung der Zweckbindung und Folgen ihrer Missachtung Schwierigkeiten bereitet die rechtliche Erfassung der Zweckbindung einer Kontogutschrift. Hiermit in Zusammenhang steht die Frage nach den Folgen einer Zuwiderhandlung durch den Zahlungsdienstleister. a)  Schadensersatzpflichtiger Verstoß gegen die obligatorische Zweckbindung Es käme in Betracht, die Zusage der Bank, nach der die Zahlungseingänge gutgeschrieben werden, um Kontodeckung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers zu generieren, als schuldrechtliche Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger als „Inhaber“ des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag aufzufassen. Handelte die Bank der Zweckbindung zuwider, indem sie einen betreffenden Zahlungseingang mit einem Aufwendungsersatzanspruch verrechnete, der aus der Ausführung eines Zahlungsvorgangs für den Schuldner nach der Pfändung resultierte, machte sie sich hiernach schadensersatzpflichtig. Im Wege der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB wäre sie dem Vollstreckungsgläubiger verpflichtet, den Zustand herzustellen, der ohne die pflichtwidrige Verrechnung bestünde. Sie müsste folglich den Kontostand, der vor der Einstellung des Aufwendungsersatzanspruchs bestand, aus eigenen Mitteln wiederherstellen, indem sie eine dem „Fehlbetrag“ entsprechende Buchgeldforderung begründete. Anders als nach derjenigen Auffassung, nach der auch im Fall der geduldeten Überziehung von einem pfändbaren Darlehensauszahlungsanspruch auszugehen sein soll, führte dies nicht zu einer Auskehr des Betrags an den Vollstreckungsgläubiger. Denn auch vor Duldung einer weiteren Überziehung wies das Konto in diesem Fall keine Deckung auf, die einen pfändbaren Ausführungsanspruch begründet hätte. Gleichwohl wäre im Ergebnis gewährleistet, dass der Zahlungsdienstleister einen Zahlungsbetrag, der nach der Pfändung auf



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 373

dem Konto eingeht, nicht mehr zulasten des Pfändungsgläubigers mit nachträglichen Schuldposten verrechnen kann. Dieser Sichtweise stehen indessen durchgreifende Bedenken entgegen. Zwar ist ausschließlich der Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung des künftigen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag berechtigt und kommt ihm deshalb die Zweckbindung der Kontogutschrift zugute. Gleichwohl fehlt es an einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen ihm und dem Zahlungsdienstleister, die Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein könnte. Vertragspartner des Girovertrags und Inhaber der hieraus erwachsenden Ansprüche bleibt trotz der Kontovollstreckung der Schuldner.1021 Die Überweisung zur Einziehung gem. § 835 Abs. 1 1. Alt. ZPO berechtigt den Pfändungsgläubiger lediglich zur Einziehung der gepfändeten Forderung im eigenen Namen.1022 Die durch die Kontogutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB veranlasste Zweckbindung vermag auch nicht isoliert als schuldrechtliche Grundlage eines Schadensersatzanspruches dergestalt dienen, dass sie als Zusage der Bank an den Vollstreckungsgläubiger aufzufassen wäre, den Zahlungseingang dem Konto gerade als Deckung gutzuschreiben. Zum einen ist der Vollstreckungsgläubiger schon nicht Inhaber des Gutschriftsanspruchs und könnte diese Stellung auch nicht im Wege der Hilfspfändung dieses Anspruchs erlangen, so dass er schon nicht Adressat einer solchen Zweckerklärung wäre. Zum anderen knüpft die Zweckbindung nicht an die Person desjenigen an, der den Gutschriftsanspruch innehat, sondern sachlich an die Kontogutschrift und den einzelnen Anspruch aus Gutschrift. b)  Verrechnungsausschluss infolge der Zweckbindung Auswirkungen auf die Verrechnungsbefugnis des Zahlungsdienstleisters können sich folglich nur aus der Zweckbindung der Kontogutschrift selbst ergeben. aa)  Verrechnungsausschluss wegen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB Naheliegend ist es zunächst, dem Zahlungsdienstleister die Verrechnung eines der Pfändung nachfolgenden Aufwendungsersatzanspruchs mit einem zweckgebundenen Zahlungseingang gem. § 242 BGB zu versagen. Denn er 1021  Vgl. allg. etwa Musielak / Becker, ZPO11, § 835 Rn. 7; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 835 Rn. 32. 1022  Allg. MünchKomm / Smid, ZPO4, § 835 Rn. 12; Stein / Jonas / Brehm, ZPO22, § 835 Rn. 14.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

verhält sich – so ließe sich argumentieren – widersprüchlich, wenn er einerseits den Zahlungseingang mit der Maßgabe gutschreibt, dass er auf dem Konto verbleibe, wozu er nach § 675t Abs. 1, 2 BGB verpflichtet ist, andererseits aber noch Zahlungsvorgänge zugunsten des Schuldners ausführt, obgleich er mangels Kontodeckung zur Zurückweisung eines Zahlungsauftrags gem. § 675o Abs. 2 BGB berechtigt wäre. bb) Fehlende Gegenseitigkeit bzw. mangelnde Verfügungsbefugnis des Schuldners über die zweckbestimmte Kontogutschrift Präziser lässt sich ein Verrechnungsausschluss jedoch unter Rückgriff auf die Voraussetzungen einer Aufrechnungslage i. S. v. § 387 BGB bzw. eines Verrechnungsvertrags begründen. Das Bankkontokorrent ist ein Periodenkontokorrent i. S. v. § 355 HGB und damit als antizipierter Verrechnungsvertrag aufzufassen.1023 Heute ist anerkannt, dass im Rahmen eines konsensua­ len Auf- oder Verrechnungsvertrags von den gesetzlichen Voraussetzungen der Aufrechnung i. S. v. § 387 BGB weitgehend abgewichen werden kann.1024 Insbesondere können grundsätzlich auch Forderungen verrechnet werden, die nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.1025 Ist Gegenstand der Verrechnung allerdings die Forderung eines Dritten, der nicht an der Verrechnungsvereinbarung beteiligt ist, ist Voraussetzung einer wirksamen Verrechnung, dass dieser den an der Verrechnung Beteiligten zur Verfügung über die Forderung ermächtigt oder der Verrechnung zustimmt.1026 Andernfalls ist die Verrechnung schwebend unwirksam.1027 Hiernach steht die Zweckbindung der Verrechnung von der Pfändung nachfolgenden Kontogutschriften mit im Anschluss hieran entstehenden Aufwendungsersatzansprüchen entgegen. Denn auch wenn die Zahlungseingänge auf dem Konto des Schuldners gebucht werden, stehen die gutgeschriebenen Beträge nicht zu seiner freien Disposition. Ihre Gutschrift erfolgt vielmehr mit der Maßgabe, dass sie auf dem Konto verbleiben, um die Überziehung zurückzuführen und Kontodeckung zu generieren. Zwar ist der Kontoinhaber grundsätzlich in der Lage, diese Zweckbestimmung, die seinen Interessen zu dienen bestimmt ist, aufzuheben und auch solche Zah1023  Hierzu

oben § 5 A. I. 2. BGB6, § 387 Rn. 52; Staudinger / Gursky, 2011, Vorbem. zu §§ 387 ff. Rn. 67. 1025  RGZ 72, 377, 378 f.; BGHZ 94, 132, 135; 95, 188, 190; MünchKomm / Schlüter, BGB6, § 387 Rn. 52; Staudinger / Gursky, 2011, Vorbem. zu §§ 387 ff. Rn. 69. 1026  BGHZ 94, 132, 135; MünchKomm / Schlüter, BGB6, § 387 Rn. 52; Staudinger / Gursky, 2011, Vorbem. zu §§ 387 ff. Rn. 69. 1027  Staudinger / Gursky, 2011, Vorbem. zu §§ 387 ff. Rn. 69. 1024  MünchKomm / Schlüter,



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 375

lungseingänge für eine Verrechnung im Bereich einer geduldeten Überziehung freizugeben. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Konto, respektive der künftige Ausführungsanspruch gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag, gepfändet ist. Denn dann kann ausschließlich der Pfändungsgläubiger bis zu seiner Befriedigung über diesen künftigen Anspruch verfügen und Kontodeckung nach Maßgabe des Zahlungsdiensterahmenvertrags realisieren. Ist nun die einzige Funktion des „Hilfsanspruchs“ aus § 675t Abs. 1, 2 BGB die Herstellung von Kontodeckung, um gerade über den Ausführungsanspruch die Teilnahme am Zahlungsverkehr zu ermöglichen, kann die in Erfüllung des Gutschriftsanspruchs bewirkte Zweckbestimmung nur demjenigen zugute kommen, der zur Geltendmachung des Ausführungsanspruchs berechtigt ist. Profitiert damit ausschließlich der Vollstreckungsgläubiger von der Zweckbindung der Kontogutschrift, steht auch nur ihm die Befugnis zu, die Zweckbindung aufzuheben. Kann der Gläubiger damit auch nicht im Wege der Forderungspfändung eine vollstreckungsrechtliche Verstrickung der kontokorrentgebundenen Habenposten erreichen, resultiert doch aus ihrer Zweckbestimmung, dass sie materiell-rechtlich zu seinen Gunsten verhaftet sind. Zwar finden die Zahlungseingänge durch Gutschrift ebenfalls Eingang in das Kontokorrent, sie stehen aber gleichwohl nicht zur Verrechnung mit Aufwendungsersatzansprüchen zur Verfügung, die sich aus der Ausführung von Zahlungsvorgängen für den Schuldner ergeben. Denn infolge der Zweckbindung sind sie der Dispositionsbefugnis des Schuldners bis zur Befriedigung der titulierten Gläubigerforderung entzogen. Insoweit entfaltet die Pfändung des künftigen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag auf materiell-rechtlichem Wege Vorwirkung. c)  Praktische Umsetzung Verrechnet der Zahlungsdienstleister einen Aufwendungsersatzanspruch gleichwohl noch mit einer zweckgebundenen Kontogutschrift, ist diese Verrechnung schwebend unwirksam. Der Vollstreckungsgläubiger muss sie nicht gegen sich gelten lassen. Sie führt nicht zu einer weiteren Erhöhung des Debets auf dem Girokonto. Aufwendungsersatz kann die Bank erst dann erlangen, wenn die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers befriedigt ist. Dieser Nachrang ihrer Ersatzforderung wird die Bank in der Praxis dazu veranlassen, Überziehungen des gepfändeten Kontos nur noch sehr viel zurückhaltender zu dulden und einen entsprechenden Zahlungsauftrag des Schuldners regelmäßig mangels Deckung gem. § 675o Abs. 2 BGB zurückzuweisen. Da ihre Aufwendungsersatzansprüche vorerst nicht im Kontokorrent verrechnet werden können, wird die Bank diese auf einem gesonderten Konto zu führen haben. Alternativ ist es ihr freilich unbenom-

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

men, dem Kontoinhaber ein Darlehen zur Tilgung der titulierten Gläubigerforderung zu gewähren, dass dann saldomindernd auf dem Girokonto berücksichtigt werden kann. 3.  Zwischenergebnis: Verrechnungsausschluss infolge der Zweckbindung von Kontogutschriften Die Zweckbindung der Kontogutschriften zugunsten des Vollstreckungsgläubigers hindert den Zahlungsdienstleister an der Verrechnung solcher Schuldposten, die der Pfändung des Anspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag nachfolgen. Zwar ist der Schuldner nach wie vor Inhaber der jeweiligen Habenposten. Die Zweckbestimmung bewirkt jedoch eine materiell-rechtliche Verhaftung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers. Eine einseitige Aufrechnung der Bank scheiterte deshalb an der fehlenden Gegenseitigkeit der Ansprüche, weil allein dem Pfändungsgläubiger über den künftigen Ausführungsanspruch das Einziehungsrecht an den betreffenden Zahlungseingängen zusteht. Die Verrechnung im Rahmen des von den Girovertragsparteien vereinbarten Kontokorrents, das als antizipierter Verrechnungsvertrag nicht zwingend die Gegenseitigkeit der Forderungen voraussetzt, scheidet aus, weil dem Schuldner trotz Forderungsinhaberschaft die Verfügungsbefugnis über die Kontogutschriften nicht zukommt.

E. Zusammenfassung: Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung Eine geduldete Überziehung i. S. v. § 505 BGB liegt vor, wenn ein Zahlungsdienstleister, ohne sich dem Kontoinhaber gegenüber hierzu zuvor gesondert verpflichtet zu haben, einen Zahlungsauftrag ausführt, obwohl ein Anspruch auf Ausführung aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag mangels Kontodeckung nicht besteht. Die Pfändbarkeit einer geduldeten Überziehung beurteilt sich maßgeblich nach ihrer Rechtsnatur sowie der Art und Weise ihres Zustandekommens. Auch unter Geltung der in § 488 BGB gesetzlich verankerten Konsensualvertragstheorie lässt sich die geduldete Überziehung als Handdarlehen denken, das erst mit der Ausreichung der Valuta zustande kommt und dem ein ggf. pfändbarer Auszahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB nicht voraus geht. Versteht man die geduldete Überziehung allerdings als Unterfall des herkömmlichen Darlehensvertrags i. S. v. § 488 BGB, ist denjenigen Stimmen Recht zu geben, die angesichts der Vertragsschlussmodalitäten das Vorliegen eines Handdarlehens in diesem Fall verneinen.



§ 8  Vollstreckungszugriff bei geduldeter Kontoüberziehung 377

Richtigerweise ist die geduldete Überziehung jedoch als Anweisung auf Kredit zu qualifizieren, auf deren Befolgung der Kontoinhaber im Vorfeld keinen Anspruch hat. Führt die Bank den Zahlungsauftrag des Kunden in diesem Fall freiwillig aus, erwirbt sie nicht einen Darlehensrückzahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 675c Abs. 1, 670 BGB, den sie in das Kontokorrent einstellt und der nach Maßgabe des zuvor im Girovertrag festgelegten Zinssatzes verzinst wird. Zu einer anderen Bewertung der Rechtsnatur einer geduldeten Kontoüberziehung zwingt nicht die Rechtssprechungsänderung des IX. Zivilsenats in BGHZ 182, 317 im Hinblick auf die Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus einer geduldeten Überziehung. Eine Gläubigerbenachteiligung i. S. v. § 129 Abs. 1 InsO begründet sich in diesen Fällen nicht aus dem Verlust eines vermögenswerten Aktivums in Gestalt eines Auszahlungs- bzw. Ausführungsanspruchs. Vielmehr bewirkt eine geduldete Überziehung eine gläubigerbenachteiligende Mehrung der Schuldenmasse. Sie ist als mittelbare Zuwendung gegenüber dem Zahlungsempfänger anfechtbar, der in der Folge zum Ausgleich der durch die Erhöhung der Passivmasse tatsächlich eingetretenen Masseschmälerung verpflichtet ist. Fehlt es damit auch an einem pfändbaren Ausführungsanspruch, stellt sich die geduldete Überziehung gleichwohl nicht als „vollstreckungsfreier Raum“ dar. Zwar kommt eine im älteren Schrifttum in unterschiedlicher Ausprägung befürwortete Einschränkung der kontokorrentrechtlichen Sicherungswirkung nicht in Betracht. Der Zahlungsdienstleister ist jedoch an der Verrechnung von Zahlungseingängen, die dem Konto im Anschluss an die Pfändung des Ausführungsanspruchs gem. § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gutgeschrieben werden, gehindert, weil eine solche Verrechnung der jeder Kontogutschrift inhärenten Zweckbindung zuwiderliefe. So erfolgt eine Kontogutschrift gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB stets mit der Maßgabe, dass ein dem Zahlungseingang entsprechender Betrag als Kontodeckung verfügbar gemacht wird. Auch wenn der einzelne Anspruch aus Gutschrift wegen der Kontokorrentbindung nicht der Pfändung unterliegt, bewirkt seine Zweckbindung, dass der Schuldner hierüber nicht im Wege einer geduldeten Überziehung disponieren und der Zahlungsdienstleister einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch nicht mit solchen Kontogutschriften verrechnen kann.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

§ 9  Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Nach derzeit einhelliger Rechtsauffassung steht einem Girokontoinhaber ungeachtet der Wirkungen des Bankkontokorrents, der übereinstimmend als Periodenkontokorrent qualifiziert wird, ein Auszahlungsanspruch in Höhe des positiven Kontosaldos oder einer Kreditlinie zu. Vermittels des Girovertrags kann der Bankkunde über diesen Anspruch nicht nur durch Barabhebung verfügen, sondern auch im Wege unbarer Zahlungsvorgänge. Dogmatisch wird der Auszahlungsanspruch des Kontoinhabers und damit die Vereinbarkeit von Periodenkontokorrent und Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos einerseits damit begründet, dass dem Zahlungsdienstnutzer ein Rückgewähranspruch aus unregelmäßiger Verwahrung gem. § 700 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zustehe. Andererseits wird ein originärer, nicht kontokorrentgebundener Auszahlungsanspruch aus dem Girovertrag gefolgert. Dieses Verständnis der girovertraglichen Rechtsbeziehung zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister widerspricht zum einen den Wirkungen des Periodenkontokorrents, die eine Verfügung über gegenwärtig gelähmte Rechnungsposten hindern. Zum anderen gestaltet das im Jahr 2009 novellierte und nunmehr nahezu umfassend kodifizierte Zahlungsverkehrsrecht in den §§ 675c ff. BGB diese Rechtsbeziehung geschäftsbesorgungsrechtlich aus. Der Kontoinhaber verfügt daher nicht über einen originären Auszahlungsanspruch gegen seine Bank. Ihm steht vielmehr ein Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs in Höhe der Kontodeckung zu, der aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag resultiert, § 675f Abs. 2 S. 1 BGB, und in § 675o Abs. 2 BGB in negativer Umschreibung konkretisiert wird. Die gesetzliche Ausgestaltung dieses Anspruchs hindert es, ihn als schlichten Zahlungsanspruch zu qualifizieren, dessen Pfändbarkeit sich unproblematisch aus § 829 Abs. 1 ZPO ergäbe. Die Pfändbarkeit des girovertraglichen Ausführungsanspruchs lässt sich nur begründen, wenn man einerseits erkennt, dass es sich hierbei nicht um eine bloße Dispositionsbefugnis des Zahlungsdienstnutzers handelt, deren Ausübung zu einem Aufwendungsersatzanspruch der Bank führt und der deshalb kein verwertbarer Vermögenswert zukäme. Durch die Zusage des Zahlungsdienstleisters, Zahlungsvorgänge in Höhe der Kontodeckung auszuführen, wird in dem geschäftsbesorgungsrechtlichen Ausführungsanspruch vielmehr derjenige Vermögenswert antizipiert, über den der Kontoinhaber erst am Ende einer Rechnungsperiode in Gestalt des Abschlusssaldos verfügen könnte. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch aus § 675o Abs. 2 BGB i.  V.  m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag inhaltlich nicht lediglich auf Auszahlung gerichtet ist, sondern auch die Erbringung unbarer Zahlungs-



§ 9  Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse379

dienste umfasst, wie sie von der herrschenden Meinung zum Schutz der Bank als Drittschuldnerin teilweise als höchstpersönlich i. S. v. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 1. Alt. BGB und damit als unpfändbar angesehen werden. Zwar kann der Ausführungsanspruch angesichts seiner gesetzlichen Ausgestaltung insoweit nicht materiell-rechtlich auf einen bloßen Auszahlungsanspruch „reduziert“ werden. Wie bei einer Wahlschuld, bei der eine alternativ geschuldete Leistung zum Schutz des Drittschuldners unpfändbar ist, kann ein Gläubiger den Anspruch jedoch (vollstreckungsrechtlich) beschränkt auf diejenige Leistung pfänden und sich zur Verwertung überweisen lassen, die nicht im Interesse des Drittschuldners unpfändbar ist. Der Ausführungsanspruch kann nach diesen Grundsätzen als Auszahlungsanspruch gepfändet werden. Nach hiesigem geschäftsbesorgungsrechtlichen Verständnis des Zahlungsverkehrs gewährt auch eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit i. S. v. § 504 BGB dem Kontoinhaber keinen originären (Darlehens-) Auszahlungsanspruch. Ein Dispositionskredit erweist sich vielmehr als „integraler Bestandteil“1028 des Zahlungsdiensterahmenvertrags und vermittelt dem Kontoinhaber ebenfalls einen Anspruch auf Ausführung von Zahlungsvorgängen. Bereits mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags entsteht dieser Anspruch materiell-rechtlich in voller Höhe und ist als solcher grundsätzlich ebenso pfändbar und verwertbar wie bei kreditorischem Kontostand. Dem steht nicht entgegen, dass der Kontoinhaber infolge der Kreditinanspruchnahme mit einem Rückzahlungsanspruch belastet wird und einen negativen Kontosaldo zu verzinsen hat. Denn einerseits führt die Ausführung eines Zahlungsvorgangs auch bei kreditorischem Kontostand zur Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs, der dort die Pfändung nicht zu hindern vermag. Andererseits ergibt sich die Pflicht zur Verzinsung des jeweiligen Wertstellungssaldos bereits aus dem Girovertrag i. V. m. dem Preis- und Leistungsverzeichnis des Kreditinstituts. Sie ist deshalb lediglich „mittelbare“ und damit unbeachtliche Nebenfolge des Kreditabrufs durch einen Vollstreckungsgläubiger. Gleichwohl wird ein Vollstreckungsgläubiger die gepfändete Kreditlinie kaum einmal zu seinen Gunsten nutzbar machen können. Denn um zu vermeiden, dass der Vollstreckungsgläubiger dem Schuldner auf diese Weise die Bank statt seiner als Gläubigerin mit der Folge der Zinszahlungspflicht „aufzwingt“, ist das Kreditinstitut, das dem Schuldner im Krediteröffnungsvertrag die freie Verfügbarkeit der Darlehensmittel zugesagt hat, zur Kündigung der Kreditlinie verpflichtet. Eine solche nachträgliche Kündigung hat der Vollstreckungsgläubiger ebenso gegen sich gelten zu lassen wie die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall der Pfändung. 1028  Graf

von Westphalen, WM 1995, 1209, 1215 f.

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2. Teil: Vollstreckung in ein Girokonto

Abweichend zu einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit steht dem Kontoinhaber im Vorfeld einer geduldeten Überziehung i. S. v. § 505 BGB ein Ausführungsanspruch, der Gegenstand der Forderungsvollstreckung sein könnte, mangels Kontodeckung nicht zu. Schuldner und Kreditinstitut hätten es demnach in der Hand, den Vollstreckungszugriff eines Gläubigers dauerhaft leer laufen zu lassen, indem sie ihre Geschäftsbeziehung auf geduldete Überziehungen beschränkten und so unbehelligt von der Kontopfändung Schuldposten begründeten, die die Bank mit späteren Zahlungseingängen im Kontokorrent verrechnen könnte. Allerdings ist der Zahlungsdienstleister gehindert, Aufwendungsersatzansprüche mit Zahlungseingängen zu verrechnen, die dem Konto im Anschluss an die Pfändung des mangels Deckung lediglich künftigen Ausführungsanspruchs aus § 675o Abs. 2 BGB i. V. m. dem Zahlungsdiensterahmenvertrag gutgeschrieben werden. Denn gem. § 675t Abs. 1, 2 BGB erfolgt die Kontogutschrift mit der Maßgabe, dass der gutgeschriebene Betrag als Kontodeckung fungiere bzw. die Rückführung der geduldeten Überziehung bewirke, um Kontodeckung zu generieren. Diese Zweckbindung des Anspruchs aus Gutschrift wirkt zugunsten des Vollstreckungsgläubigers, wenn dieser den Ausführungsanspruch gepfändet hat. Entsprechende Kontoeingänge sind daher der Dispositionsbefugnis des Schuldners entzogen, so dass die Bank Ersatz von Aufwendungen, die aus der Erbringung eines Zahlungsdienstes für den Schuldner resultieren, nicht im Wege der Kontokorrentverrechnung derart zweckgebundener Habenposten erlangen kann.

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Sachwortverzeichnis Ablehnungsrecht des Zahlungsdienstleisters  72, 123 Abkopplung – des Insolvenzrechts von der Einzelzwangsvollstreckung  344 f., 349 Abrufrecht – Höchstpersönlichkeit  246 f., 276 f. – Krediteröffnungsvertrag  236 f. – Wirkungen des Kreditabrufs  248 ff. actus contrarius-Gedanke  93, 116, 125 AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen  138, 176 ff., 362 – an einem Darlehensauszahlungsanspruch  255 f. – Verhältnis zur Pfändung des Tages­ saldos  176 ff. – Verhältnis zur Pfändung des Zustellungssaldos  169 f. Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs  74 ff., 116, 118, 121 ff., 204 ff. – Abtretung  136 f. – AGB-Pfandrecht  138, 362 – aus einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit  285 f. – Höchstpersönlichkeit  200 f., 213 ff. – Pfändung  204 ff., 225 f., 286 – Vermögenswert des  211 ff., 288 – Verpfändung  137 f. Anspruch auf Durchführung einer Überweisung  187 – Hilfspfändung  192 – Höchstpersönlichkeit  189, 191 – Pfändung  187 ff., 211, 216 – Widerrufsrecht  188

Anspruch auf Gutschrift  89 f.; siehe auch Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags – bei Bareinzahlung  93 ff. – Hilfspfändung des  180 ff. – Kontokorrentbindung  182 f. Anspruch auf Verfügbarmachen eines Zahlungsbetrags  90, 367 ff. – bei Bareinzahlung  94, 97 f. – Hilfspfändung  183 ff., 368 – Kontokorrentbindung  369 Anspruch aus Gutschrift  90 f. – Funktion  91 – Pfändbarkeit  186 f. – Zustandekommen  91 – Zweckbindung  369 f. Anweisung auf Kredit  206 f., 210, 336 ff., 352 f. – masseneutraler Gläubigertausch  345, 355 Anweisung auf Schuld  81, 345, 352 f. Arrestatorium  145 Aufklärungspflicht – der Bank nach Kreditlinienpfändung  303 f. Aufwendungsersatzanspruch  79 f., 85 ff., 108, 113, 198 f., 213, 280, 286 f., 294, 339 – Aufwendungsbegriff  87 f. Ausführungsanspruch siehe Anspruch auf Ausführung eines Zahlungsvorgangs Auszahlungsanspruch siehe auch Barauszahlung – Abtretung  135 f. – aus unregelmäßiger Verwahrung  101 ff., 109 f., 133 f.

396 Sachwortverzeichnis – aus verkehrstypischer Auslegung des Girovertrags  108 ff. – Umfang  100 – Verpfändung des  135 f. Auszahlungsmoratorium  146 f., 305 f. Autorisierung eines Zahlungsvorgangs  72 ff., 121 ff., 207, 294 f. Barauszahlung – als Zahlungsvorgang  68, 76, 121 – Entgeltlichkeit  133 ff. Bareinzahlung – auf das eigene Konto  94 ff. – auf ein fremdes Konto  93 f. Belastung des Zahlerkontos  78 ff. – Aufwendungsersatzanspruch  79 f., 108, 113, 213 – Simultanleistung  80 ff. Buchgeld siehe auch Kontodeckung – Funktion von  76 f., 96 f., 370 – Rechtsqualität  84 ff. – Übertragung von  77 ff., 91 f. Darlehen – Begriff  282 ff. – Einzeldarlehensvertrag  315 f. – Entmaterialisierung des  284 Darlehensauszahlungsanspruch – bei geduldeter Überziehung  322 ff. – Höchstpersönlichkeit  242 ff. – Pfändung eines  238 ff. Darlehensrückzahlungspflicht – bei geduldeter Überziehung  338 f. – Unbeachtlichkeit bei Pfändung  239 ff., 288 f. Dauerauftrag  136 Dispositionskredit siehe Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit Doppelpfändung  170 ff. Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit – Begriff  229 f. – Funktion  280 ff., 337 – Kündigung  252 ff., 297 ff., 318

– Pfändung nach Abruf  238 ff. – Pfändung vor Abruf  245 ff., 286 ff. – Rechtsnatur  281 ff. – stillschweigende Erweiterung  313 f. – unter auflösender Bedingung  257 ff. Einlagegeschäft  101 f. – Einlagearten  102 Entgeltlichkeit – einer Barauszahlung  133 ff. geduldete Überziehung – Abgrenzung  313 ff. – als Anweisung auf Kredit  336 ff. – Begriff  229 f., 312 ff. – Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus  344 – Pfändbarkeit  319 ff., 334 f. – Rechtsnatur  323 ff. Girokonto  67 – für jedermann  264 Girovertrag siehe auch Zahlungsdiensterahmenvertrag – Beendigung als Pfändungsfolge  202 – Informationspflichten  215 – Rechtsnatur  64 Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung  155, 209, 268 f., 361, 363 Gutschrift siehe Kontogutschrift Handdarlehen  315 f., 322, 326, 333 f. – Pfändbarkeit  334 f. Handkauf  327 ff. Handschenkung  327 Hilfspfändung  152, 156 ff. – des Anspruchs auf Gutschrift  180 ff., 366 ff. – des Überweisungsanspruchs  192 – von Auskunftsansprüchen  158, 193 – von Kontoauszügen  193 Höchstpersönlichkeit – des Ausführungsanspruchs  200 f., 213 ff.

Sachwortverzeichnis397 – des Darlehensauszahlungsanspruchs  242 ff. – des Kreditabrufrechts  246 ff. – Unpfändbarkeit wegen  153 f. Inhibitorium  145, 297 Insolvenzanfechtung von Zahlungen aus geduldeter Überziehung – Gläubigerbenachteiligung  347 ff. – Freistellung der Masse  358 f. – Mehrung der Passivmasse  354 ff. – Reduzierung der Aktivmasse  348 kausale Saldoforderung  45 ff. – Zusammensetzung der  46 Konsensualvertragstheorie  234, 320, 324 ff., 336 f. Kontoauszüge – Herausgabeanordnung  194 ff. – Hilfspfändung  193 Kontobelastung siehe Belastung des Zahlerkontos Kontodeckung  75; siehe auch Buchgeld – Funktion der  76 f., 370 – Zweckbindung der  369 Kontogutschrift  89 ff. – bei Bareinzahlung  93 ff. Kontokorrent  39 ff. – Beendigung des  53, 62, 166 f., 202 – Geschäftsverbindung  40 – Geschäftsvertrag  42, 61 – kausale Saldoforderung  45 ff. – ~ bindung  43 f., 106 f., 115, 131, 133, 161 ff. – ~ zugehörigkeit  42 f. – Kreditierungsfunktion  61 – Perioden ~  48, 51 ff., 82 f., 104 ff., 160 – Saldofeststellung  56 ff. – Sicherungsfunktion  59 f., 226 f., 360 ff. – Staffel ~  48, 50 f., 106 – uneigentliches  40

– Unpfändbarkeit von Einzelforderungen  161 ff. – Vereinfachungsfunktion  54, 59 – Vereinheitlichungsfunktion  59 – Verrechnungssperre  366 ff. – Verrechnungsvertrag, antizipierter  44, 60, 162 f., 210 – Vortragungsvereinbarung  58 f., 168, 171 f. Kontokorrentabrede  38, 43, 110 Kontokorrentkredit siehe Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit, Krediteröffnungsvertrag Kontokorrentvereinbarung  41 Kontopfändungsschutz  265 ff., 337, 361; siehe auch Pfändungsschutzkonto Kontosperre  143, 175 f. – nach Kreditlinienpfändung  261 ff., 271 ff., 307 Kontovollmacht  136 – Unpfändbarkeit einer  210 f. Kredit – Begriff  282 f. – technischer  65, 126 Krediteröffnungsvertrag  230 ff. – Abrufrecht  236 f. – Kündigung  252 ff., 297 ff., 318 – Merkmale des  230 ff. – Rechtsnatur  233 ff. – Trennungstheorie  236 f. – Wirkungen des Kreditabrufs  248 ff. – Zustandekommen  232 f. Kreditinstitut  65, 126, 127 Kündigung einer Kreditlinie  252 ff. – durch den Kontoinhaber nach Pfändung  297 f. – durch die Bank nach Pfändung  299 ff. – Kündigungspflicht der Bank  303 ff. Lastschrift – Einzugsermächtigungs ~  73 – SEPA  71, 73 f.

398 Sachwortverzeichnis mittelbare Zuwendung  350, 356 f. Mosaiktheorie  46 Monatsanfangsproblematik  146 f. Novationstheorie  57 f. numerus clausus der Vollstreckungsarten  148, 273 f. Pfändungsschutzkonto (P-Konto)  146, 266 ff., 361 point-of-sale-Verfahren (POS)  317 Postulat der Verwertungseignung  148, 151, 154, 274 f. potenzielle Insolvenzmasse  351 f. Prioritätsprinzip  150, 163 Realvertragstheorie  233, 282, 292, 310, 323 f., 334 Rechtsgrundabrede  327 ff., 331, 335 Scheckzahlung  75 – als Zahlungsdienst  69 f. Schlechterstellungsverbot  165, 167, 251, 260, 299 f. Sichteinlage  102 f. Simultanleistung  81 ff. Tagessaldo  51 f., 100, 116, 174 – Pfändung des  174 ff. Überweisung – Ablauf einer  77 f. Überweisungsrichtlinie  64, 71, 89 Überweisungsvertrag  71, 75, 119 unregelmäßige Verwahrung  102 f. – Auszahlungsanspruch aus  101, 133 f. – Rückforderungsrecht  104, 110 f. Vereinzelungsgedanke  347, 355 f. Verrechnungsvertrag, antizipierter  44, 162 f., 210 Verzinsung  139 ff. – bei geduldeter Überziehung  325, 338 f. – im Kontokorrent  53 f.

– Unbeachtlichkeit bei Pfändung einer Kreditlinie  290 ff. Vorbehaltsgutschrift  165, 318, 368 Vorschussanspruch  79 f., 117, 139 f., 354 Vorschussleistung der Bank  198 f., 284 Wahlschuld  220 – Pfändbarkeit  207 f., 220 ff. Wertstellungssaldo  53 f., 80, 131, 139 ff., 293 f., 339 Zahlungsauftrag  70 ff., 121 ff., 207, 285 f., 343 f. – auftragsrechtliches Verständnis  70 f., 119 – Autorisierung eines  72 ff. – Legitimationswirkung  294 f. Zahlungsdienst  69, 124 – Auszahlung als Zahlungsdienst  123 ff. – Ein- und Auszahlungsgeschäfte  124 f. Zahlungsdiensterahmenvertrag  66 ff., 120; siehe auch Girovertrag – Begriff  66 – Informationspflichten  215 – Rechtsnatur  67, 86 Zahlungsdiensterichtlinie  64, 117 – Vollharmonisierung  118 f. Zahlungsdienstleister  65, 126, 127 Zahlungskonto  38, 66, 67 f., 111, 127, 366 Zahlungsverkehrsfunktion des Girokontos  52, 63, 105, 110, 112 Zahlungsverkehrsrecht – Geltungsbereich  65 f., 128 f. Zahlungsvorgang  68, 77 f., 121 ff., 285 f. Zinsakzessorietät – darlehensrechtliche  291 ff. Zustellungssaldo  164 ff. – Verhältnis der Pfändung zum AGBPfandrecht  169 f.