Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Schadensersatz 9783504622367, 9783504388720

Der Begriff des Schadensersatzes wird allein durch die nationalen Zivilgesetze definiert und ist dem Umsatzsteuergesetz

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German Pages 236 Year 2023

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Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Schadensersatz
 9783504622367, 9783504388720

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Eric Hoeveler Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Schadensersatz

Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 36

Herausgegeben vom UmsatzsteuerForum e.V. – Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts –

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Schadensersatz

von

Dr. Eric Hoeveler Bonn

2023

Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Dekan: Prof. Dr. Jürgen von Hagen Erstreferent: Prof. Dr. Rainer Hüttemann Zweitreferent: PD Dr. Carsten Meinert, Dipl.-Finw. (FH) Tag der mündlichen Prüfung: 18. April 2023

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-62236-7 ©2023 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Meinen Eltern

.

Geleitwort Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Schadensersatzleistungen der Umsatzsteuer unterliegen, ist nicht nur praktisch relevant, sondern auch wissenschaftlich reizvoll. Dies liegt zum einen daran, dass bereits der zivilrechtliche Tatbestand des „Schadensersatzes“ vielfältig ist, weil er vom allgemeinen und besonderen Vertragsrecht bis zum Deliktsrecht reicht und ganz verschiedene Arten des Schadensausgleichs (Geld- und Naturalkompensa­ tion, Schadensersatz statt und neben der Leistung) umfasst. Zum anderen fehlt im harmonisierten Umsatzsteuerrecht eine besondere Regelung zur Behandlung von Schadensersatzleistungen, so dass ihre Steuerbarkeit allein aus den allgemeinen Voraussetzungen – also vor allem dem Leistungsbegriff und der Entgeltlichkeit – und dem Telos einer Verbrauchsteuer abzuleiten ist. Da die letzte Studie zum Verhältnis von Schadensersatz und Umsatzsteuer (Achatz, Umsatzsteuer und Schadensersatz, 1992) schon viele Jahre zurückliegt, war eine aktuelle Untersuchung dringend geboten. Diese Lücke schließt die gedankenreiche Untersuchung von Hoeveler, die den gegenwärtigen Diskussionsstand zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Schadensersatzleistungen eingehend aufbereitet und einer eigenständigen kritischen Analyse unterzieht. Am Anfang der Untersuchung steht ein konzises Grundlagenkapital, das die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbarkeit von Leistungen darstellt und damit den rechtlichen Maßstab für die weitere Prüfung vorgibt. Im Weiteren werden dann zunächst vertragliche Schadensersatzansprüche „neben“ bzw. „statt der Leistung“ untersucht und die relevanten Parameter herausgearbeitet. Je nach Konstellation fehlt es hier entweder an einer Leistung oder jedenfalls an dem erforderlichen Zusammenhang mit einer „Leistung“. In anderen Fällen kommt es lediglich zu einer nachträglichen Minderung des Entgelts. Diese Überlegungen werden sodann auf Vertragsstrafen übertragen. In den Fällen deliktischer Schadensersatzansprüche scheitert eine Umsatzsteuerbarkeit hingegen regelmäßig bereits an der fehlenden Leistung. Weitere Fallgruppen, mit denen sich die Arbeit ebenfalls auseinandersetzt, betreffen Entschädigungen wegen übervertraglicher Nutzung, vorzeitiger Vertragsbeendigung, wegen Rechtsverzichts sowie bei Verletzung gewerb­ licher Schutzrechte. Der besondere Vorzug der Arbeit ist vor allem darin zu sehen, dass Hoeveler zwar die zivilrechtlichen Vorgaben stets einbezieht, VII

Geleitwort

seine Untersuchung zur Steuerbarkeit aber – im Unterschied zu manchen älteren Beiträgen – konsequent auf die spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Wertungen ausrichtet, wie sie durch die MwStSystRL und die neuere Rechtsprechung des EuGH vorgegeben sind. Auf diese Weise leistet die Arbeit über ihre eigentliche Thematik hinaus zugleich einen Beitrag zum Verständnis des harmonisierten Mehrwertsteuerrechts. Bonn, im Juli 2023

VIII

Rainer Hüttemann

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2023 von der rechtsund staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Sie wurde im Mai 2022 fertiggestellt. Für die Veröffentlichung wurde die verwendete Literatur und Rechtsprechung nochmals aktualisiert. Der Rechtsstand dieser Druckfassung ist Juni 2023. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann. Er hat mir nicht nur die Gelegenheit zur Promotion geboten, sondern mich durch sein offenes Ohr und mit konstruktiver Kritik bei der Verfassung dieser Arbeit unterstützt. Herrn PD Dr. Carsten Meinert danke ich für die freundliche Übernahme und Erstellung des Zweitgutachtens. Für ihre Unterstützung im Rahmen der Vorbereitung auf die Disputation sowie bei der Überarbeitung dieser Arbeit für die Druckfassung danke ich Herrn Lukas Schwarz, Herrn Dr. Fabian Riegler und Frau Susanne Küsters. Zudem danke ich dem UmsatzsteuerForum e.V. für die Aufnahme meiner Dissertation in die vorliegende Schriftenreihe. Mein größter Dank gilt jedoch meinen Eltern, Sandra und Uwe Hoeveler. Sie haben meine Ausbildung von Anfang an gefördert und mir zu jeder Zeit und in jeder Lebenslage mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ohne sie wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Ihnen ist diese Arbeit deshalb gewidmet. Bonn, im Juli 2023

Eric Hoeveler

IX

Inhaltsverzeichnis Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Kapitel 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kapitel 2 Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von ­Schadensersatz A. Umsatzsteuerliche Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Leistungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 8 12

B. Entgeltlichkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entgeltbegriff des Umsatzsteuergesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verknüpfung von Leistung und Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorliegen eines Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entgelt als Gegenwert der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16 18 18 20 22 24

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C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Kapitel 3 Umsatzsteuerliche Betrachtung bestimmter ­Schadensersatzund ­Entschädigungssachverhalte A. Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen ­Leistungsstörungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Schadensersatz neben der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 XI

Inhaltsverzeichnis

1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfacher Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verzögerungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schadensersatz statt der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlechtleistung (§ 281 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nichtleistung (§ 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlecht- und Nichtleistung einer Nebenleistungspflicht . . . . . a) Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Unmöglichkeit (§ 283 und § 311a BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufrechterhaltung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anfängliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nebenpflichtverletzung (§ 282 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 33 40 40 42 42 43 45 47 51 51 51 53 55 55 57 57 59 62 62 64

B. Vertragsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Deliktischer Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschädigung oder Zerstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammentreffen von Naturalrestitution und Auftrag im Zwei-Personen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entzug des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII

66 67 71 75 75 76 76 80 80 81 82 84 87

Inhaltsverzeichnis

D. Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung durch den Leistungsempfänger . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgangspunkt: Nutzungsentschädigung und Wertersatz . . . . . . . III. Sachliche Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zeitliche Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausübung eines vertraglichen Rücktrittsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kündigung eines Werkvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vorzeitige einvernehmliche Vertragsauflösung (Aufhebungsvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 87 89 92 92 93 100 104 104 105 107 110 111 111 111 111 112 115 119 119 120 123 127 127 128 131 134 134 135 138 142

F. Entschädigungszahlung bei Rechtsverzicht oder ‑verlust . . . . . . 144 I. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 II. Rechtsverzicht gegenüber einer Privatperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 XIII

Inhaltsverzeichnis

1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auffassung in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsverzicht gegenüber einer Person des öffentlichen Rechts . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unfreiwilliger Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144 145 149 152 152 153 157 159

G. Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte . . I. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schadensersatz bei Rechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufwendungsersatz bei Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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H. Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Streitstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sicherheitsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mietgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auffassung von Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

159 160 163 163 164 168 172 173 173 173 175 178 178 179 182 182 183 186 186 188 190

Kapitel 4 Abschlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 XIV

Kapitel 1 Einführung Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Schadensersatzleistungen. Die in diesem Rahmen zu bearbeitende Frage lautet, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sachverhalt, der mit einer Ersatzleistung verknüpft ist, der Umsatzsteuer unterliegt. Nicht zu verwechseln ist diese Fragestellung mit der zivilrechtlichen Frage danach, ob die zu zahlende Umsatzsteuer einen Teil des Schadens darstellt und mithin ebenfalls vom Schädiger zu ersetzen ist, deren Beantwortung sich insbesondere aus § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ergibt.1 Der Begriff des Schadensersatzes entstammt dem Zivilrecht. Schadensersatz wird diesem zufolge geleistet, weil eine Person einen Schaden wiedergutzumachen hat, den sie einer anderen Person zugefügt hat.2 Die Funktion des Schadensersatzes besteht in erster Linie darin, einen entstandenen Schaden auszugleichen.3 Im Zivilrecht wird grundsätzlich zwischen den Schadensersatzansprüchen, die auf die Verletzung einer Vertragspflicht zurückzuführen sind, und solchen, die unabhängig von dem Bestehen eines Vertrags unmittelbar aus dem Gesetz selbst resultieren, unterschieden.4 Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält hierzu zahlreiche Regelungen wie beispielsweise die vertraglichen Schadensersatzansprüche aufgrund von Leistungsstörungen (§§  280  ff. BGB) oder die gesetzlichen Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB). Das Umsatzsteuergesetz kennt den Begriff des Schadensersatzes hingegen nicht. Ein besonderer Besteuerungstatbestand für Fälle der Schadensersatz­leistung existiert nicht. Aus diesem Grund bleibt lediglich der Rück­griff auf den allgemeinen Besteuerungstatbestand des § 1 Abs.  1 Nr.  1 S.  1 UStG. Gemäß der Norm unterliegen der Umsatzsteuer 1 Vgl. Ruppe/Achatz, UStG, § 1, Rn. 159; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 6 XIII 2, S. 363; Magnus, NomosKomm, BGB, Vorbemerkung zu §§ 249-255, Rn. 167. 2 Vgl. BFH v. 22.11.1962 – V 192/60 U, ­BStBl. III 1963, 106; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 45; Koziol, Grundfragen des Schadenrechts, S. 75, Rn. 3/1; Brand, Schadensersatzrecht, § 2, Rn. 23; Lange/Schiemann, Schadensersatz, Einleitung III 2, S. 10; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 28, Rn. 2; Abschn. 1.3 Abs. 1 UStAE. 3 BGH v. 06.07.1955 – GSZ 1/55, BGHZ 18, 149; v. 04.06.1992 – IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096; Bydlinski, System und Prinzipien, S.  187  ff.; Brand, Schadenser­satzrecht, § 2, Rn. 23. 4 Grüneberg, Grüneberg, BGB, Vorbemerkung zu § 249, Rn. 4.

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Kapitel 1 Einführung

die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Sofern diese ­Voraussetzungen erfüllt sind, wird von einem umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausch gesprochen.5 Bei der Entwicklung der Umsatzsteuer in ihrer aktuellen Form haben vor allem Einflüsse der Europäischen Union und ihrer Vorgänger eine entscheidende Rolle gespielt.6 Gemäß Art. 113 AEUV besteht ein Harmonisierungsauftrag bezüglich der Umsatzsteuer, soweit dieser zur Schaffung eines Binnenmarkts im Sinne von Art.  26 AEUV notwendig ist. Im Zuge der Verwirklichung dieses Harmonisierungsauftrags ergingen seit 1967 mehrere Richtlinien zum Umsatzsteuerrecht.7 Das hat dazu geführt, dass der größte Teil des materiellen Umsatzsteuerrechts nunmehr unionsrechtlich bestimmt ist.8 Die wichtigste Grundlage für das Umsatzsteuerrecht stellt die Mehrwertsteuersystemrichtlinie9 (MwStSystRL) dar. Diese löste durch ihr Inkrafttreten am 01.01.2007 die zuvor geltende 6. Richtlinie zum gemeinsamen Mehrwertsteuersystem10 ohne wesentliche inhaltliche Änderungen ab. Die Gerichte und Behörden sind verpflichtet, das nationale Recht richtlinienkonform anzuwenden und auszulegen.11 Dadurch soll verhindert werden, dass sich in den Mitgliedstaaten eine Rechtsprechung herausbildet, die nicht mit den Normen des Unionsrechts in Einklang steht.12 Ebenfalls soll vermie­ den werden, dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten das Unionsrecht un-

5 BFH v.  07.05.1981  – V  R 47/76, B ­ StBl.  II 1981, 495; v.  30.01.1997  – V  R 133/93, ­BStBl. II 1997, 335; v. 20.03.2013 – XI R 6/11, ­BStBl. II 2014, 206; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 801; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 2; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 1; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 7. 6 Stumpf, EuZW 1990, 540 ff.; Fehrenbacher, Steuerrecht, § 7, Rn. 1. 7 Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, § 4, Rn. 15; Robisch, Bunjes, UStG, Vorbemerkung zu § 1, Rn. 4. 8 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 6. 9 Richtlinie 2006/112/EG des Rates v.  28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwert­ steuersystem, ABl. EU Nr. L 347. 10 Richtlinie 77/388/EWG des Rates v.  17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechts­ vorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, ABl. EU Nr. L 145. 11 Roth, EWS 2005, 385; Widmann, UR 2008, 77, 80; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, S.  182, Rn.  413; Möller, Umsatzsteuer­recht, §  1, Rn.  41; Robisch, Bunjes, UStG, Vorbemerkung zu §  1, Rn.  10; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 19; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 92. 12 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, S. 254, Rn. 580.

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terschiedlich angewendet wird.13 Eine solche Praxis würde dem Harmonisierungsauftrag entgegenstehen. Im Fall einer Konfliktsituation zwischen dem nationalen und dem europäischen Recht ist das Unionsrecht als vorrangig anzusehen.14 Dem Europäischen Gerichtshof kommt dabei die Stellung zu, über die Auslegung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu entscheiden sowie die Einhaltung der Richtlinie in den nationalen Regelungen und die richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Gesetze zu überprüfen.15 Neben den Richtlinien spielt daher auch die Rechtsprechung des Euro­ päischen Gerichtshofs eine zentrale Rolle für das nationale Recht. Hat ein nationales Gericht in einem Rechtsstreit Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Unionsrechts, kann dieses dem Europäischen Gerichtshof die Frage der Auslegung gemäß Art.  267 AEUV zur Vorabentscheidung vorlegen. Der Bundesfinanzhof ist als Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bei Zweifeln zur Vorlage verpflichtet. Das darauffolgende Urteil des Europäischen Gerichtshofs bindet nach Maßgabe seines Tenors nicht nur das vorlegende Gericht, sondern auch alle anderen Gerichte der Mitgliedstaaten, die in der gleichen Sache zu entscheiden haben.16 Darüber hinaus geben die im Urteil getroffenen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs weitergehende Hinweise bezüglich der richtlinienkonformen Auslegung.17 Die nationalen Gerichte arbeiten folglich mit dem Europäischen Gerichtshof zusammen, um Rechtseinheit in der Euro­ päischen Union zu gewährleisten.18 Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Sach­verhalts ist daher allein nach unionsrechtlichen und nicht nach nationalen zivilrechtlichen Maßstäben vorzunehmen.19 13 Martin, UR 2006, 56, 57; Kotzur/Dienelt, Geiger/Khan/Kotzur/Kirchmair, EUV/ AEUV, Art. 267 AEUV, Rn. 4. 14 EuGH v. 04.06.2015 – C-5/14, NVwZ 2015, 1122. 15 Möller, Umsatzsteuerrecht, §  1, Rn.  42; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, S. 138, Rn. 303; Fehrenbacher, Steuerrecht, § 1, Rn. 46; Klenk, Sölch/Ringleb, UStG, Vorbemerkung zu § 1, Rn. 13. 16 Klenk, Sölch/Ringleb, UStG, Vorbemerkung zu §  1, Rn.  34; Robisch, Bunjes, UStG, Vorbemerkung zu § 1, Rn. 11; Hummel, UR 2021, 173, 175. 17 Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  1 Abs.  1 Nr.  1, Rn.  19; Robisch, Bunjes, UStG, Vorbemerkung zu § 1, Rn. 11; Klenk, Sölch/Ringleb, UStG, Vorbemerkung zu § 1, Rn. 34; Widmann, UR 2021, 253. 18 Kokott, FS Kirchhof, Band I, § 103, Rn. 5. 19 EuGH v. 11.01.2011 – C-76/99, BFH/NV 2001, 122; v. 22.11.2018 – C-295/17, HFR 2019, 58; BFH v. 16.01.2014 – V R 22/13, BFH/NV 2014, 736; v. 21.12.2016 – XI R

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Auch die Mehrwertsteuersystemrichtlinie verwendet den Begriff des Schadensersatzes nicht. In Ermangelung eines europäischen Zivilgesetzes ist dem Europäischen Gerichtshof ein Rückgriff auf ein einheitliches Zivilrecht nicht möglich. Das hat zur Folge, dass er Begriffe, die dem Zivilrecht entstammen, einem eigenen, für die gesamte Union zu berücksichtigenden Verständnis zuführen muss. Aus diesem Grund ist der Begriff des Schadensersatzes im umsatzsteuerrechtlichen Kontext weiter zu fassen, als es im deutschen Zivilrecht der Fall ist. Er umfasst deshalb auch solche Vorgänge, die mit dem Schadensersatz nach nationalem Verständnis vergleichbar sind, weshalb hierunter grundsätzlich fast jede Art des Ausgleichs oder der Entschädigung verstanden werden kann.20 Dies führt insbesondere zu Problemen bei der Suche nach einer einheitlichen umsatzsteuerlichen Beurteilung des Schadensersatzes. Ein Teil der umsatzsteuerrechtlichen Literatur versucht, hierüber durch das Begriffspaar des echten und des unechten Schadensersatzes hinwegzuhelfen.21 Dabei wird von echtem Schadensersatz gesprochen, sofern der mit der Entschädigungszahlung verbundene Vorgang nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Unechter Schadensersatz sei entsprechend gegeben, wenn der Vorgang umsatzsteuerpflichtig ist. Da es sich bei die­sen Begriffen aber um keine ge­setzlichen Institutionen des Umsatzsteuerrechts handelt, kommt ihnen kein weiterer Erkenntniswert zu.22 Ziel der Arbeit ist zum einen die möglichst abschließende Erfassung der großen Zahl von Einzelfällen, die die Umsatzsteuerbarkeit von Schadenser27/14, B ­ StBl. II 2021, 779; v. 13.02.2019 – XI R 1/17, B ­ StBl. II 2021, 785; v. 10.04.2019 – XI R 4/17, B ­ StBl. II 2019, 635; Totsche/Kempf, MwStR 2013, 401 f.; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, §  1, Rn.  45; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn.  13; Stadie, UStG, §  1, Rn. 77. 20 Vgl. Forster, UR 2001, 199; Pump, UStB 2003, 386; Serafini, PFB 2006, 188; Nieskoven, GStB  2008, 37, 38  f.; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Vogler, MwStR 2014, 6; von Streit/Streit, UR 2020, 525; Nücken/Wohlfahrt, DStR 2021, 1918; Weymüller, ­­jurisPR-SteuerR 7/2022, Anm. 5; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 131 ff.; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 114 ff.; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 847. 21 Birkenfeld, DAR 1992, 331; Forster, UR 2001, 199; Pump, UStB 2003, 386; Schöngart, UStB 2009, 196; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Totsche/Kempf, MwStR 2013, 401, 402; Vogler, MwStR 2014, 6, 10; Lütke, UR 2016, 537; Jakob, Umsatz­steuer, §  5, Rn.  184; Birkenfeld, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatz­steuer-Hand­buch, Archiv, § 32a, Rn. 31. 22 Heinrichshofen, UVR 2019, 378; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  127; Lippross, Umsatzsteuer, S. 134; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 847; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 264; Stadie, UStG, § 1, Rn. 48.

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satzleistungen betreffen. Dieses Vorhaben umfasst das Zusammentragen der dazu vertretenen Auffassungen in nationaler und europäischer Rechtsprechung sowie der steuerrechtlichen Literatur und der Auffassungen der Finanzbehörden. Zum anderen sollen neue Denkansätze für die Beurteilung sowohl im Allgemeinen als auch in Bezug auf die verschiedenen Einzelfälle erarbeitet werden. Zum Zweck dieser Untersuchung soll zunächst auf die Tatbestandsmerkmale des Leistungsaustauschs eingegangen werden, deren Feststellung sich im Zusammenhang mit Schadensersatzleistungen als pro­ blematisch erweisen kann. Während bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft des Leistenden und der Tätigkeit im Inland im Zusammenhang mit Schadensersatzleistungen keine Besonderheiten bestehen, führt die Untersuchung des Vorliegens einer Leistung und der Entgeltlichkeit immer wieder zu Problemen. Darauffolgend soll die umsatzsteuerliche Beurteilung verschiedener Arten der Schadensersatzleistung untersucht werden. Auch wenn sich die umsatzsteuerliche Beurteilung der Schadensersatzleistungen nicht nach dem nationalen Zivilrecht richtet, soll im Rahmen dieser Arbeit eine Kategorisierung der Entschädigungszahlungen nach zivilrechtlichen Kriterien erfolgen. Dies geschieht vor allem aus Veranschaulichungszwecken, da alle Entschädigungszahlungen ihren Ursprung im Zivilrecht haben und allein aus diesem begründet werden. Das Steuerrecht knüpft inhaltlich an diese zivilrechtlichen Gegebenheiten an. Die angesprochenen Einzelfälle stehen unter der Prämisse der Unternehmereigenschaft des potenziell Leistenden und einem Handeln im deutschen Inland. Aufgrund des weiten Verständnisses des Schadensersatzbegriffs im Umsatzsteuerrecht erscheint ein Eingehen auf jeden Einzelfall kaum möglich und daneben auch nicht zweck­ mäßig. Deshalb soll vor allem auf solche Sachverhalte eingegangen werden, die entweder besonders häufig in der Praxis auftreten oder deren Beurteilung sich unter Berücksichtigung der Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur als besonders schwierig erweist. Dabei sind vor allem die zu diesen Fällen grundlegenden Urteile des Bundesgerichts- und des Bundesfinanzhofs sowie des Europäischen Gerichtshofs auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Abschließen soll diese Arbeit eine zusammenfassende Betrachtung. Die Beantwortung der Frage nach der Umsatzsteuerbarkeit im Einzelfall ist nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht interessant, sondern spielt auch für die Praxis eine entscheidende Rolle. Erhält eine der beteiligten Parteien Entschädigungszahlungen oder wendet sie solche auf, kommt der vorherigen Prüfung einer eventuell bestehenden Umsatzsteuerpflicht eine große Bedeutung zu. Häufig führt es zu Streitigkeiten, wenn die Parteien irrtümli5

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cherweise eine Umsatzsteuerbarkeit verneinen und sich diese Fehlbeurteilung erst später herausstellt. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die Umsatzsteuer in der vertraglich vereinbarten Zahlung bereits enthalten war oder ein weitergehender Anspruch auf die Zahlung dieser Steuer besteht. Mangels gegenteiliger Absprachen ist im Zweifel von einem Bruttowert auszugehen, weil die Umsatzsteuer grundsätzlich einen unselbständigen Teil der zivilrechtlichen Gegenleistung darstellt und nach dem Sinn der Umsatzsteuer vom Verbraucher zu tragen ist.23 Dieser Umstand wirkt sich dann nachteilig für den Empfänger der Zahlung aus, da die andere Vertragspartei kaum zu Nachverhandlungen bereit sein wird und für ihn damit keine Möglichkeit mehr besteht, die Umsatzsteuer noch von der anderen Partei einzufordern. Insoweit mündet die Abführung der im Vorfeld nicht berücksichtigten Umsatzsteuer für den Empfänger in einem Minus, denn ihm verbleibt nur noch die Differenz zwischen der gezahlten Summe und der zu zahlenden Umsatzsteuer.24 Aber auch wenn die Parteien ausdrücklich von einem Nettowert ausgegangen sind, können sich Proble­me erge­ben, wenn der Umsatzsteuerbetrag aus anderen Gründen wie beispielsweise einer Insolvenz des Vertragspartners von diesem nicht mehr gezahlt werden kann. Der umgekehrte Fall, dass fälschlicherweise ein Leistungsaustausch bejaht wird, führt in der Praxis ebenfalls zu unerwünschten Ergebnissen, da dem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer der Vorsteuerabzug nachträglich versagt wird. Daher lohnt es sich gerade aus praktischer Sicht bereits im Vorfeld aufzuklären, ob es sich um einen umsatzsteuerlich relevanten Vorgang handelt.

23 BGH v.  04.04.1973  – VIII ZR 191/72, UR 1973, 294; v.  11.05.2001  – V ZR 492/99, NJW 2001, 2464; v. 20.02.2019 – VIII ZR 7/18, NJW 2019, 2298; BFH v. 20.03.2013 – XI R 11/12, ­BStBl. II 2016, 107; Korn, Bunjes, UStG, § 14, Rn. 167; Stadie, Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung zum Umsatz­steuergesetz, Rn. 901. 24 Friedrich-Vache, 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland 1918-2018, 321, 343.

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Kapitel 2 Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz A.  Umsatzsteuerliche Leistung I. Überblick Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG knüpft die Umsatzsteuerbarkeit an die Erbringung einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung durch einen Unternehmer an. § 3 Abs. 1 UStG beschreibt die Lieferung als die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand. Eine sonstige Leistung ist gemäß § 3 Abs. 9 UStG jedes Handeln, Tun oder Unterlassen, das keine Lieferung ist. Hieraus resultiert der umfassende Oberbegriff der Leistung.25 Die unionsrechtliche Terminologie verwendet in Art. 2 Abs. 1 lit. c MwStSystRL statt des Begriffs der sonstigen Leistung den der Dienstleistung. Dieser Begriff ist allerdings nicht mit dem Dienstleistungsbegriff nach dem deutschen Recht im Sinne des § 611 BGB zu verwechseln. Gemäß Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung ist, als Dienstleistung. Der im Unionsrecht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der Dienstleistung deckt sich insoweit mit dem nationalen Begriff der sonstigen Leistung.26 Die Unterscheidung zwischen einer Lieferung und einer sonstigen Leistung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des Orts der Leistung.27 Darüber hinaus hat sie Bedeutung für den Zeitpunkt der Steuerentstehung, die Steuerbefreiungs­vorschriften sowie den Steuer­satz.28 Einen direkten Einfluss auf die Frage der Steuerbar­keit der Leistung hat sie jedoch nicht.29 Eine weitergehende Differenzierung der beiden Leistungsarten ist daher im Rahmen dieser Arbeit nicht erforderlich. Zwar definiert das Gesetz in § 3 UStG die Lieferung, eine Defi­nition des Oberbegriffs der Leistung 25 Jakob, Umsatz­steuer, §  5, Rn.  177; Rose/Watrin, Umsatzsteuer, S.  53; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 29; Stadie, UStG, § 1, Rn. 6; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 25. 26 Heuermann, Sölch/Ringleb, UStG, § 3, Rn. 521; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 11; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 151. 27 Möller, Umsatzsteuerrecht, § 4, Rn. 179; Martin, Sölch/Ringleb, UStG, § 3, Rn. 13. 28 Brandl, Bunjes, UStG, § 3, Rn. 18. 29 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 86; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 8.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

existiert jedoch nicht. Auch die Mehrwertsteuersystemrichtlinie verwendet den Begriff der Leistung, hier fehlt es aber ebenfalls an einer Definition. Der Leistungsbegriff bedarf deshalb der Auslegung.

II.  Inhalt der Leistung Das Vorliegen einer Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erfordert, dass dem potenziellen Empfänger der Leistung ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird.30 Unter einer Leistung wird folglich die Verschaffung eines Vorteils verstanden, der einen unmittelbaren Endverbrauch ermöglicht oder als Kostenfaktor in ein verbrauchsfähiges Gut eingehen kann.31 Erforderlich ist, dass sich der Wert des Vorteils in Geld ausdrücken lässt.32 Ob es zu einem tatsächlichen Verbrauch kommt, ist für die Zwecke der Besteuerung hingegen nicht von Bedeutung.33 In zahlreichen Fällen entspricht die umsatzsteuerliche Leistung der zivilrechtlichen Leistung im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB. Beispiele einer umsatzsteuerlichen Leistung sind die Übergabe und Übereignung einer Sache im Rahmen eines Kaufvertrags sowie die Gebrauchsüberlassung beim Mietvertrag.34 Dennoch ist strikt zwischen der Leistung im zivilrechtlichen Sinne und der Leistung nach umsatzsteuerlichem Verständnis zu unterscheiden, denn der zivilrechtliche Leistungsbegriff ist grundsätzlich umfassender und daher für die Zwecke der Umsatzbesteuerung dahingehend einzuschränken, dass nur solche Handlungen vom umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbegriff erfasst werden dürfen, die ihrer 30 EuGH v. 29.02.1996 – C-215/94, DStR 1996, 421; v. 18.12.1997 – C-384/95, ­DStRE 1998, 888; BFH v. 22.07.1999 – V R 74/98, HFR 2000, 120; v. 20.12.2001 – V R 81/99, ­BStBl. II 2003, 213; v. 09.11.2006 – V R 9/04, ­BStBl. II 2007, 285; v. 18.12. 2008 – V R 38/06, B ­ StBl. II 2009, 749; Giesberts, StuW 1991, 175 ff.; Hummel, UR 2008, 569, 571; English, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  87; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn. 6; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 61. 31 EuGH v. 29.02.1996 – C-215/94, DStR 1996, 421; v. 18.12.1997 – C-384/95, UR 1998, 102; BFH v.  12.01.2006  – V  R 3/04, ­BStBl.  II 2006, 479; Hummel, UR 2016, 937, 939 ff.; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht § 17, Rn. 88; Möller, Um­satz­steuerrecht, § 4, Rn.  185; Götz, Leistungsumfang und Einheitlichkeit der Leis­ tung im Umsatz­ steuerrecht, S. 18; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 34; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 39; Robisch, Bunjes, UStG, §1, Rn. 9. 32 EuGH v.  02.06.1994  – C-33/93, BB 1994, 1621; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 34. 33 EuGH v. 21.03.2002 – C-174/00, HFR 2002, 560; v. 09.08.2007 – V R 27/04, BFH/NV 2007, 2213; Hummel, UR 2015, 213, 217. 34 Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 32.

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A.  Umsatzsteuerliche Leistung

Art nach beim Abnehmer zu Kosten für die Zwecke des privaten Endverbrauchs führen können.35 Ziel der Umsatzsteuer ist die Besteuerung der Einkommensverwendung zum Zweck des Verbrauchs als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Dieser Zweck wäre verfehlt, wenn auch solche Handlungen besteuert würden, die nicht zumindest einen Verbrauch ermöglichen würden. Der Begriff der Leistung stellt lediglich den für die Erreichung dieses Ziels nötigen Anknüpfungspunkt dar. Er ist in richtlinienkonformer Auslegung und in Übereinstimmung mit dem Umsatzkonzept der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu bestimmen.36 Daraus folgt, dass eine Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes nur eine Handlung sein kann, die ein Konsumgut und damit einen wirtschaftlich relevanten Wert überträgt.37 Deshalb kann nicht pauschal jedes Verhalten, das zum Gegenstand eines Rechtsverhältnis­ses ge­ macht werden kann, als Leistung für die Zwecke der Umsatzbe­steuerung angesehen werden. Es muss stattdessen überprüft werden, ob durch die Handlung des Leistenden überhaupt die Möglichkeit eines Verbrauchs durch den Empfänger gegeben ist. Durch die Umsatzsteuer soll nicht allgemein jede Verwendung von Vermögen besteuert werden. Als Verbrauchsteuer soll sie nur die Vermögensverwendung berücksichtigen, die auch zu einem Verbrauch führen kann. Aus diesem Grund stellt beispielsweise die Übertragung eines Grundstücks mit Nießbrauchsvorbehalt zwar eine Leistung nach zivilrechtlichem, aber nicht nach umsatzsteuerrechtlichem Verständnis dar, weil dem Empfänger der Leistung in diesem Fall keine Verfügungsmacht und damit kein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird.38 Aus demselben Grund kann eine umsatzsteuerliche Leistung auch nicht in der bloßen Zahlung von Geld gesehen werden.39 Geld dient der Beschaffung 35 Vgl. BFH v.  31.07.1969  – V 94/65, ­BStBl.  II 1969, 637; v.  01.02.1973  – V  R 2/70, ­­BStBl. II 1973, 172; v. 26.08.1993 – V R 20/91, B ­ StBl. II 1994, 54; v. 20.12.2001 – V R 81/99, B ­ StBl. II 2003, 213; v. 09.11.2006 – V R 9/04, B ­ StBl. II 2007, 285; v. 08.11.2007 – V R 20/05, BFH/NV 2008, 900; v. 27.11.2008 – V R 8/07, B ­ StBl. II 2009, 397; Möller, Umsatzsteuerrecht, §  4, Rn.  187; Englisch, Tipke/‌Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  87; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  60; Meyer, Offerhaus/Söhn/ Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 35. 36 Hummel, NZS 2009, 417, 419; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 87. 37 Giesberts, StuW 1991, 175, 177; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn. 69; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 429; Stadie, UStG, § 1, Rn. 6. 38 BFH v. 13.11.1997 – V R 66/96, HFR 1998, 304; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 58. 39 BFH v. 31.07.1969 – V 94/65, B ­ StBl. II 1969, 637; v. 21.06.2001 – V B 32/01, B ­ StBl. II 2002, 616; Tehler, DStR 1983, 215; Giesberts, StuW 1991, 175, 177; Hummel, UR 2015,

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

von Gegenständen und sonstigen Leistungen, die verbraucht werden können. Es stellt daher ein Mittel dar, um einen Verbrauch zu ermöglichen, kann aber nicht selbst konsumiert werden.40 Deshalb dient es nur als Wertmesser für den Verbrauch.41 In dieser Hinsicht ist Geld lediglich ein universelles Tauschmittel.42 Es kann aber kein eigenständiger Gegenstand einer umsatzsteuerlichen Leistung sein. Auch die bloße Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung stellt keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar.43 Das Umsatzsteuerrecht knüpft an tatsächliche Leistungsvorgänge an und ist daher unab­hängig von der Wirksamkeit eventueller zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte.44 Eine möglicherweise bestehende Nichtigkeit des zugrundeliegenden Rechtsge­schäfts, beispielsweise wegen Strafbar- oder Sittenwidrigkeit, ist daher gemäß §§  40, 41 AO ebenfalls irrelevant. Eine Leistung ist somit immer erst gegeben, wenn sie tatsächlich erbracht worden ist.45 Vor der tatsächlichen Erbringung findet keine Umsatzbesteuerung statt. Für die umsatzsteuerliche Behandlung einer Schadensersatzleistung folgt daraus, dass eine Differenzierung dahingehend vorzunehmen ist, auf welche Weise der Schadensersatz erbracht wird. Ausgangspunkt für Art, Inhalt und Umfang zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche sind die §§  249 bis 253 BGB.46 Sie gelten für alle Schadensersatzansprüche unabhängig von deren 213, 217; Jakob, Umsatz­steuer, § 5, Rn. 195; Bley, Tausch und Umtausch, Rücklieferung und Rück­gabe im Umsatzsteuerrecht, S.  5; Dobratz, Leistung und Entgelt im euro­päischen Umsatz­steuerrecht, S. 157; Rose/Watrin, Umsatzsteuer, S. 54; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  429; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn.  5; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 73. 40 Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 62; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 35; Stadie, UStG, § 1, Rn. 28. 41 Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 40. 42 Jakob, Umsatzsteuer, § 5, Rn. 195. 43 EuGH v. 18.07.2007 – C-277/05, HFR 2007, 1053; BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6; v. 28.02.1980 – V R 90/75, ­BStBl. II 1980, 535; v. 18.06.2009 – V R 4/08, D ­ StRE 2009, 1389; v.  11.02.2010  – V  R 30/08, BFH/NV 2010, 2125; Lippross, DStR 2009, 781, 783; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 11. 44 BFH v. 21.01.1993 – V R 30/88, B ­ StBl. II 1993, 384; v. 24.02.2005 – V R 1/03, BFH/NV 2005, 1160; Möller, Um­satzsteuerrecht, § 4, Rn. 188; Oelmaier, Sölch/‌Ringleb, UStG, § 1, Rn. 6. 45 EuGH v.  18.07.2007  – C-277/05, HFR 2007, 1053; BFH v.  28.02.1980  – V  R 90/75, ­BStBl. II 1980, 535; v. 22.06.1989 – V R 37/84, B ­ StBl. II 1989, 913; v. 18.06.2009 – V R 4/08, D ­ StRE 2009, 1389, 1391; v.  11.02.2010  – V  R 30/08, BFH/NV 2010, 2125; Lippross, DStR 2009, 781, 783; Jakob, Umsatzsteuer, §  5, Rn.  179; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 11; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/‌Langer, UStG, § 1, Rn. 59. 46 Teichmann, Jauernig, BGB, Vorbemerkung zu §§ 249-253, Rn. 1; Grüneberg, Grüneberg, BGB, Vorbemerkung zu § 249, Rn. 1.

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A.  Umsatzsteuerliche Leistung

Rechtsgrundlage.47 Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat im Rahmen der Naturalrestitution derjenige, der zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Da dieses nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist hierunter die Herstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustands zu verstehen.48 Die Naturalrestitution schützt insoweit nicht das Vermögen des Geschädigten an sich, sondern dessen Interesse an der Erhaltung des tatsächlichen Zustands vor Eintritt des schädigenden Ereignisses, das sogenannte Integritätsinteresse (auch Erhaltungsinteresse).49 Wird der Schadensersatz in Form der Naturalrestitution erbracht, kann die Schadensbehebung unter Umständen eine Leistung nach umsatzsteuer­rechtlichem Verständnis darstellen, wenn der Schädiger dem Geschädigten hierdurch einen ver­brauchbaren Vorteil verschafft. In Fällen eines Personen- oder Sachschadens soll der Geschädigte seine Rechtsgüter jedoch nicht dem Schädiger anvertrauen müssen.50 Daher kann er gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Wiederherstellung des vorherigen Zustands wahlweise auch den dafür nötigen Geldbetrag verlangen und die erforderliche Heilbehandlung oder Reparatur selbst veranlassen. Der Geld­ ersatz spielt in der Praxis eine weitaus größere Rolle als die Schadensbehebung durch die Naturalrestitution.51 Obwohl in diesem Fall zwar der Schadensersatz durch eine Geldleistung erbracht wird, liegt ebenfalls ein Ausgleich des Integritätsinteresses vor.52 Wird der Schadensersatz durch Geldersatz im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erbracht, kann hierin keine umsatzsteuerliche Leistung gesehen werden, da durch die bloße Geldzahlung kein verbrauchbarer Vorteil an den Geschädigten übertragen wird. In 47 Vgl. BGH v. 25.10.1977 – VI ZR 166/75, NJW 1978, 163; v. 09.12.2016 – V ZR 124/16, NJW-RR 2017, 527; BVerwG v.  11.03.1999  – 2 C 15-98, NJW 1999, 3727; Oetker, MüKo, BGB, § 249, Rn. 2; Flume, BeckOK, BGB, § 249, Rn. 5. 48 Pöggeler, JA 1999, 505, 506; Knobbe-Keuk, Vermögensschaden und Interesse, S. 182 ff; Brand, Schadensersatzrecht, § 5, Rn. 2. 49 Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts, S. 299, Rn. 8/12; Oetker, MüKo, BGB, § 249, Rn. 325; Schulze, NomosHK, BGB, § 249, Rn. 1. 50 BGH v. 29.10.1974 – VI ZR 42/73, NJW 1975, 160; Brand, Schadensersatzrecht, § 2, Rn.  30; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, §  51, Rn.  14; Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 249, Rn. 1. 51 Höpfner, Staudinger, BGB, §  249, Rn.  1; Oetker, MüKo, BGB, §249, Rn.  320; Ebert, Erman, BGB, § 249, Rn. 2. 52 Lange/Schiemann, Schadensersatz, §  5 IV 2, S.  226; Medicus/Lorenz, Schuld­recht  I, § 51, Rn. 13; Brand, Schadensersatzrecht, § 2, Rn. 31; Flume, BeckOK, BGB, § 249, Rn. 3.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

diesen Fällen kann die Zahlung des Schadensersatzes jedoch das Entgelt für eine andere umsatzsteuerliche Leistung darstellen, weshalb der Sachverhalt auf weitere Leistungen zu untersuchen ist.

III. Leistungswille Nach weit überwiegender Auffassung erfordert die Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne neben der Verschaffung eines verbrauchbaren Vor­teils einen Leistungswillen auf Seiten des handelnden Unternehmers.53 Unter dem Leistungswillen wird die bewusste und freiwillige Vorteils­verschaffung verstanden.54 Der leistende Unternehmer benötigt dazu den tatsächlichen Willen, an den Empfänger zu leisten.55 An einem solchen Willen fehlt es, wenn der Leistungsempfänger sich den Gegenstand ohne das Wissen des Unternehmers verschafft.56 Das Vorliegen des Leistungswillens ist ferner ausgeschlossen, wenn sich der potenzielle Leistungsempfänger den Vorteil eigenmächtig und damit gegen den Willen des Unternehmers verschafft.57 Dieser Aspekt spielt insbesondere für Schadensersatzfälle eine entscheidende Rolle, weil der Eintritt eines Schadens in den meisten Fällen von dem geschädigten Unternehmer nicht gewollt ist, denn unter einem Schaden ist jede unfreiwillige Einbuße an Gütern zu verstehen, die jemand infolge einer Verletzung seiner Rechtsgüter erleidet.58 Das Merkmal der Unfreiwilligkeit der Vermö53 EuGH v. 01.07.1982 – C-222/81, NJW 1983, 505; BFH v. 10.02.1972 – V R 119/68, ­BStBl. II 1972, 403; v. 30.07.1986 – V R 41/76, B ­ StBl. II 1986, 874; v. 13.03.1987 – V R 129/75, ­BStBl. II 1987, 465; v. 08.10.2008 – XI R 66/07, BFH/NV 2009, 616; Schön, Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1991/92, 117, 124; Widmann, UR 1992, 234; Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, S.  184; Möller, Umsatzsteuer­ recht, § 4, Rn. 184; Jakob, Umsatzsteuer, § 5, Rn. 183; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53; Meyer, Offerhaus/Söhn/‌Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 39. 54 EuGH v.  01.07.1982  – C-222/81, NJW 1983, 505; BFH v.  30.07.  1986  – V  R 41/76, ­BStBl. II 1986, 874; v. 08.10.2008 – XI R 66/07, BFH/NV 2009, 616; Rose/Watrin, Umsatzsteuer, S. 53; Möller, Um­satzsteuerrecht, § 4, Rn. 184; Englisch, Tipke/‌Lang, § 17, Rn. 90; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 436 f.; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53. 55 BFH v. 08.10.2008 – XI R 66/07, BFH/NV 2009, 616; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/ Langer, UStG, § 1, Rn. 111. 56 Probst, Hartmann/‌Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 54. 57 Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  113; Probst, Hartmann/­ Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 54. 58 Vgl. Fischer, Der Schaden nach dem BGB, S. 1; Grüneberg, Grüneberg, BGB, Vorbe­ merkung zu § 249, Rn. 9; Teichmann, Jauernig, BGB, Vorbemerkung zu §§ 249-253, Rn. 4; Höpfner, Staudinger, BGB, Vorbemerkung zu §§ 249 ff., Rn. 35; Lange/Schie-

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A.  Umsatzsteuerliche Leistung

genseinbuße dient der grundsätzlichen Abgren­zung des Scha­dens von den Aufwendungen, die als freiwillige Vermögensopfer definiert werden.59 Der hier benannte Leistungswille wird auch als natürlicher Leistungswille bezeichnet und darf nicht mit dem rechtsgeschäftlichen Leistungswillen verwechselt werden.60 Letzterer kann zwar im Rahmen eines der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses erklärt werden, da es aber auf die Wirksamkeit des Vertrags nicht ankommt, spielt auch das Vorliegen des rechtsgeschäftlichen Leistungswillens keine Rolle für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung.61 Natürlicher Leistungswille bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Leistende das Bewusstsein haben muss, an den Empfänger eine Leistung zu erbringen. Die Beweggründe oder Motive, die den Leis­tungswillen begründen, sind für die Steuerbarkeit der Leistung hingegen unerheblich.62 Das Fehlen des Leistungswillens kann gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG ausnahmsweise unschädlich sein. Gemäß der Norm entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt. Die Regelung wird dahingehend verstanden, dass sie der Überwindung des Fehlens eines Leistungswillens dient, denn dieser liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Unternehmer aufgrund Gesetzes oder gesetzlicher Anordnung zu einer bestimmten Handlung gezwungen wird.63 Zur Veranschaulichung soll folgendes Fallbeispiel dienen. Verkäufer V und Käufer K schließen einen Kaufvertrag über einen Fernseher ab. Der Kaufpreis beträgt 1.000 Euro und ist nach den Vertragsvereinba­run­gen bis zum 31.03.2022 zu zahlen. Nach der ordnungsgemäßen Übergabe und Über­ mann, Schadensersatz, § 1 I, S. 27; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 29, Rn. 1; Brand, Schadensersatz­recht, § 2, Rn. 1. 59 Brand, Schadensersatzrecht, § 2, Rn. 2. 60 Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, S.  185; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/ Langer, UStG, § 1, Rn. 111; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 437; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 39. 61 Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53. 62 EuGH v. 06.07.2006 – C-439/04, HFR 2006, 939; v. 20.06.2013 – C-653/11, UR 2013, 628; v.  21.11.2013  – C-494/12, HFR 2014, 84; BFH v.  13.03.1987  – V  R 129/75, ­BStBl. II 1987, 465; v. 04.06.1987 – V R 9/79, ­BStBl. II 1987, 653; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 440; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 39. 63 Sterzinger, MwStR 2018, 753; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 214; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 115; Janzen, Lippross/Seibel, Basis­kommentar Steuerrecht, § 1 UStG, Rn. 16; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 448; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 253.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

eignung des Fernsehers an K zahlt dieser den Kaufpreis beim Eintritt der Fälligkeit nicht. Am 01.05.2022 macht V gegenüber K seinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises zuzüglich Verzugszinsen gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz64 geltend. K zahlt noch am selben Tag den Betrag in Höhe von 1.041,20 Euro an V. Trotz der Zahlung in Höhe von 1.041,20 Euro entfällt die Umsatzsteuer lediglich auf einen Betrag von 1.000 Euro. Durch die verzögerte Zahlung wird K zwar ein verbrauchbarer Vorteil verschafft, weil ihm hierdurch im Vergleich zum ver­tragsge­mäßen Geschehensablauf ein zusätzlicher Monat Zeit verschafft wird, den er beispielsweise für die Liquiditätsbeschaffung verwenden kann. Dieser Vorteil beruht jedoch nicht auf einem Leistungswillen des V. Aus den Vertragsvereinbarungen ergibt sich dessen eindeutiger Wille, den Kaufpreis bis zum 31.03.2022 zu erhalten. Durch die allein von K veranlasste spätere Zahlung hat dieser sich den Vorteil eigenständig und damit gegen den Willen des V verschafft. Aufgrund des fehlenden Leistungswillens des V stellt der von K erlangte Zahlungsaufschub keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar.65 Vereinzelt wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass eine umsatzsteuerliche Leistung nicht von dem Erfordernis eines Leistungswillens abhänge.66 Die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils sei für die Umsatzbesteuerung ausreichend.67 Maßgebend sei allein, ob der Unternehmer ein Gut opfere oder dessen Beeinträchtigung hinnehmen müsse und der Schädiger dafür einen Wertausgleich zahle.68 Dabei komme es allerdings gerade nicht darauf an, ob dies mit der Zustimmung des Leistenden erfolge oder sich der Leistungsempfänger den verbrauchbaren Vorteil selbständig verschaffe.69 Auf das Erfordernis des Leistungswil­lens sei zu verzichten, da bei der Erbringung von Schadensersatz im umsatzsteuerrechtlichen Sinne eine umsatzsteuerliche Leistung zu verneinen wäre, obwohl die Güter des Zahlungsempfängers beeinträchtigt worden seien und ein Verbrauch beim Zahlenden eingetreten sei.70 Das Ziel der Umsatzsteuer als Besteuerung des Konsumguttransfers beziehungsweise des Endverbrauchs entfalle aber nicht da64 Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 S. 1 BGB von -0,88 % (Stand: Januar 2022). 65 Vgl. 3. Kapitel, A. II. 3. zur weitergehenden Frage, ob die Verzugszinsen im unmit­ telbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung stehen können. 66 Hummel, UR 2006, 614, 616; Jacobs, NWB 2011, 2700, 2704; Stadie, UStG, § 1, Rn. 46. 67 Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, S. 302. 68 Stadie, UR 2011, 801. 69 Stadie, UStG, § 1, Rn. 57. 70 Stadie, UStG, § 1, Rn. 44.

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A.  Umsatzsteuerliche Leistung

durch, dass dieser ohne den Willen des Unternehmers herbeigeführt werde. Es wäre mithin konsequent, auch Fälle des unwillentlichen Verbrauchvorgangs zu besteuern.71 Diese Mindermeinung kann letztlich jedoch nicht überzeugen. Gegen die Auffassung spricht bereits die Definition der Lieferung des § 3 Abs. 1 UStG. Gemäß dieser Norm ist eine Lieferung die Verschaffung der Verfügungsmacht über einen Gegenstand. Eine solche ist gegeben, wenn der Leistungsempfänger durch den Leistenden dazu befähigt wird, über den Gegenstand zu verfügen. Entscheidend sind hierbei die verwendeten Begriffe des Befähigen und der Verschaffung. Aus diesen ergibt sich, dass für die Annahme eines Leistungsaustauschs ein aktives Mitwirken des Unternehmers an der Vorteilsverschaffung nötig sein muss.72 Auch Art. 14 Abs. 1 MwSt­SystRL, in dem von der „Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“, gesprochen wird, legt den Schluss nahe, dass nur ein Handeln des Unternehmers mit Leistungswillen von der Norm berücksichtigt werden soll. Gleiches ergibt sich aus der Definition der sonstigen Leistung, die gemäß § 3 Abs. 9 UStG neben einer Handlung auch in einem Dulden oder Unterlassen liegen kann. Während die Tatbestandsvariante der Handlung ein aktives Tun voraussetzt, erfordern die Varianten des Duldens oder des Unterlassens jedenfalls ein billigendes Verhalten des Unternehmers. Ein bestimmter Vorgang kann nur vom Unternehmer geduldet oder unterlassen werden, wenn er von diesem Kenntnis erlangt. Für das Erfordernis des Leistungswillens spricht ferner die Existenz des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG und des Art. 14 Abs. 2 lit. a MwStSystRL.73 Nach diesen Normen entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt. Das Gesetz normiert an diesen Stellen solche Fälle, in denen eine umsatzsteuerliche Leistung vorliegt, obwohl der verbrauchbare Vorteil gegen den Willen des Unternehmers übertragen wird. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass in anderen Fällen der unfreiwilligen

71 Hummel, UR 2006, 614, 616. 72 Vgl. Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 133. 73 Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53; Dobratz, Leistung und Entgelt im Europäischen Umsatzsteuerrecht, S. 161 f. zur entsprechenden Vorgängervorschrift der 6. MwStRL.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

Güterabgabe keine Leis­tung gegeben sein soll.74 Ginge man von der Annahme aus, dass von vornherein ein Leistungswille für das Vorliegen einer umsatzsteuerli­chen Leistung nicht notwendig wäre, wären die Normen mangels eines Anwendungsbereichs sinnlos. Das Erfordernis eines Leistungswillens ist für das Vorliegen einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne daher zwingend erforderlich.

B.  Entgeltlichkeit der Leistung I.  Entgeltbegriff des Umsatzsteuergesetzes Neben dem Begriff der Leistung spielt der Entgeltbegriff eine entscheidende Rolle bei der Frage nach der Steuerbarkeit von Entschädigungszahlungen. Der Begriff des Entgelts wird im Umsatzsteuergesetz an zwei Stellen verwendet. Zum einen unterliegt eine Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG nur der Umsatzsteuer, wenn sie gegen ein Entgelt erfolgt. Die Entgeltlichkeit ist damit zunächst Grundvoraussetzung für die Umsatzsteuerbarkeit. Fehlt bereits ein Entgelt, unterliegt der zu beurteilende Vorgang auch nicht der Umsatzsteuer. Zum anderen entspricht die Höhe der Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 1 UStG der Höhe des Entgelts. Erst auf der Ebene der Bemessungsgrundlage ist daher zu prüfen, in welcher Höhe das Entgelt besteht.75 Insoweit kommen dem Entgeltbegriff zwei Funktionen zu, die zwar nicht verwechselt werden dürfen, aber auch nicht vollständig beziehungslos zueinanderstehen.76 Der Entgeltbegriff gibt damit zum einen eine Antwort darauf, ob ein Leistungs­austausch vorliegt. Zum anderen legt er die Höhe der Bemessungsgrundlage und somit letztlich auch die Höhe der zu zahlenden Steuer fest. Den Regelfall der Entgelterbringung stellt die Geldzahlung dar.77 Obwohl eine Leistung nicht in Geld erbracht werden kann, wird das Entgelt regelmäßig als Gegenleistung bezeichnet. Insofern ist der Begriff der Gegenleistung nicht gleichbedeutend mit dem Leistungsbegriff. Auf die Bezeichnung des 74 Vgl. Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 53; Dobratz, Leistung und Entgelt im Europäischen Umsatzsteuerrecht, S. 161 f. 75 Stapperfend, Rau/Dürrwächter, UStG, § 10, Rn. 35; Stadie, UStG, § 10, Rn. 4; Handzik, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, § 10, Rn. 8. 76 Weiß, UR 1986, 83, 85 f.; Hummel, UR 2015, 213, 218; Möller, Umsatzsteuerrecht, § 4, Rn.  192; Stapperfend, Rau/‌Dürrwächter, UStG, §  10, Rn.  60; Friedrich-Vache, Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG, § 10, Rn. 33. 77 Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 199.

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B.  Entgeltlichkeit der Leistung

Entgelts kommt es für die Umsatzbesteuerung nicht an.78 Maßgebend ist allein der objektive Inhalt des Vorgangs und nicht, wie die Parteien ihn bezeichnen.79 Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, ob die Parteien die Zahlung als Schadensersatz, Entschädigung, Kostenersatz, Aufwandsentschädigung oder Ähnliches bezeichnen.80 Darüber hinaus dient das Merkmal der Entgeltlichkeit beim Vorliegen mehrerer Leistungen der Zurechnung des Entgelts zu einer bestimmten Leistung, denn der als Entgelt für eine Leistung gezahlte Betrag kann nicht zugleich das Entgelt für einen anderen Umsatz sein.81 Im Rahmen der Entgeltlichkeit spielt es keine Rolle, von wem das Entgelt erbracht wird. Die Zahlung muss nicht zwingend vom Leistungsempfänger selbst erbracht werden. Entgeltlichkeit kann ebenfalls vorliegen, wenn das Entgelt von dritter Seite gezahlt wird.82 Auch in diesem Fall liegt die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ausschließlich beim Leistungsempfänger und nicht etwa bei dem zahlenden Dritten.83 Dieser Aspekt spielt insbesondere bei Geldzahlungen durch Versiche­rungen eine Rolle.84 Dritter kann in diesem Zusammenhang aber auch die öffentliche Hand sein.85 Entgeltlichkeit ist ebenfalls zu bejahen, wenn die Zahlung an einen Dritten erfolgt, solange der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung besteht.86

78 BGH v. 10.07.1997 – V R 94/96, B ­ StBl. II 1997, 707; v. 17.07.2001 – X Z R 71/99, NJW 2001, 3535; v. 06.05.2004 - V R 40/02, B ­ StBl. II 2004, 854; Martin, UR 2006, 56; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 13; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 80; Stadie, UStG, § 1, Rn. 77. 79 EuGH v. 16.12.2010 – C-270/09, HFR 2011, 225; v. 22.01.2015 – C-55/14, HFR 2015, 298; BFH v.  10.08.2016  – XI  R 41/14, B ­ StBl.  II 2017, 590; Treiber, Sölch/‌Ringleb, UStG, § 10, Rn. 91. 80 Vgl. Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  212; Stadie, UStG, §  1, Rn. 77. 81 EuGH v. 05.07.2018 – C-544/16, HFR 2018, 747; Treiber, Sölch/Ringleb, UStG, § 10, Rn. 84. 82 EuGH v. 07.10.2010 – C-53/09, HFR 2010, 1365; v. 21.11.2013 – C‑494/12, HFR 2014, 84; BFH v. 08.03.1990 – V R 67/89, B ­ StBl. II 1990, 708; v. 09.10.2003 – V R 51/02, ­BStBl. II 2004, 322; v. 05.12.2007 – V R 63/05, BFH/NV 2008, 996; v. 22.02.2017 – XI R 17/15, B ­ StBl. II 2017, 812; Englisch, Tipke/Lang, Steuer­recht, § 17, Rn. 247; Möller, Umsatzsteuerrecht, § 8, Rn. 542. 83 Korn, Bunjes, UStG, § 10, Rn. 16. 84 Offerhaus, DAR 1988, 372. 85 Korn, Bunjes, UStG, § 10, Rn. 23. 86 Abschn. 10.1 Abs.  7 UStAE; FG München v.  20.02.1991  – 3 K 1008/90, EFG 1991, 761.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

II.  Verknüpfung von Leistung und Entgelt 1. Überblick Dass eine gewisse Art von Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Entgelt bestehen muss, folgt bereits aus dem Begriff „gegen“ des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG. Eine genauere Erläuterung, welche Qualität diese Verknüpfung haben muss, ist dem Gesetzestext jedoch nicht zu entnehmen. Die notwendige Verknüpfung zwischen der Leistung und dem Entgelt wird allgemein als un­mittelbarer Zusammen­hang bezeichnet.87 Die Voraussetzung des unmittelbaren Zusammenhangs dient der Abgrenzung des Leistungsaustauschs von anderen Fäl­len der Geldzahlung. Zu diesen zählen insbesondere die Schadensersatzleistungen in Geld. Die Zahlung eines Schadensersatzes zeichnet sich anders als die Erbringung eines Entgelts dadurch aus, dass sie nur erbracht wird, um einen bestimmten Schaden auszugleichen. Insoweit besteht in diesen Fällen kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und der Schadensersatzzahlung. Anders sieht das beim Leistungsaustausch aus. Die reine Schadensersatzzahlung steht daher als eine Art Gegenbegriff zum Leistungsaustausch und beschreibt einen Zustand außerhalb eines Leistungsaustauschs.88 Aus diesem Grund können Schadensersatz und Leistungsaustausch zwar grundsätzlich nebeneinander bestehen, sich aber nicht überschneiden. Für die Beurteilung bestimmter Sachverhalte, die im Zusammenhang mit einer Schadensersatzleistung stehen, ist es deshalb unerlässlich, zu klären, unter welchen Voraussetzungen der unmittelbare Zusammenhang zwischen einer Leistung und dem gezahlten Entgelt vorliegt. Nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs ist ein unmittelbarer Zusammenhang immer dann gegeben, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden 87 EuGH v. 21.03.2002 – C-174/00, HFR 2002, 560; v. 18.07.2007 – C-277/05, HFR 2007, 1053; BFH v. 11.04.2002 – V R 65/00, ­BStBl. II 2002, 782; v. 19.02.2004 – V R 10/03, ­BStBl. II 2004, 675; v. 06.05.2004 – V R 40/02, B ­ StBl. II 2004, 854; v. 05.12.2007 – V R 60/05, B ­StBl.  II 2009, 486; v.  16.04.2008  – XI  R 56/06, ­ BStBl.  II 2008, 909; v. 29.10.2008 – XI R 59/07, HFR 2009, 276; v. 27.11.2008 – V R 8/07, ­BStBl. II 2009, 397; v. 15.04.2010 – V R 10/08, ­BStBl. II 2010, 879; v. 16.01.2014 – V R 22/13, HFR 2014, 431; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  121; Lippross, Um­satzsteuer, S. 121; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 821; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 112. 88 Vgl. Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 826.

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B.  Entgeltlichkeit der Leistung

empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für eine dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienst­leistung bildet.89 Diese klauselartige Formulierung lässt sich in fast jedem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Frage des Vorliegens eines Leistungsaustauschs finden. Der Auffassung des Europäischen Ge­richtshofs haben sich der Bundesfinanzhof90, der Bundesgerichtshof91 sowie weite Teile der Literatur92 angeschlossen. Es bestehen insofern zwei Voraussetzungen, die für das Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs notwendig sind. Dies ist zum einen das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger. Zum anderen muss das Entgelt den Gegenwert der Leistung darstellen. Ein finales Handeln im Sinne eines zweckgerichteten

89 EuGH v. 03.03.1994 – C-16/93, NJW 1994, 1941; v. 05.06.1997 – C-2/95, D ­ StRE 1997, 688; v. 14.07.1998 – C-172/96, ­DStRE 1998, 680; v. 27.04.1999 – C-48/97, HFR 1999, 590; v.  15.05.2001  – C-34/99, BFH/NV 2001, 173; v.  21.03.2002  – C-174/00, HFR 2002, 560; v.  17.09.2002  – C-498/99, HFR 2003, 97; v.  26.06.2003  – C-305/01, ­BStBl.  II  2004, 688; v.  18.07.2007  – C-277/05, HFR 2007, 1053; v.  29.10.2009  – C-246/08, HFR 2019, 197; v. 16.12.2010 – C-270/09, HFR 2011, 225; v. 27.10.2011 – C-93/10, B ­StBl.  II  2015, 978; v.  03.05.2012  – C-520/10, B ­StBl.  II 2012, 755; v.  27.03.2014  – C-151/13, HFR 2014, 458; v.  23.12.2015  – C-250/14, MwStR 2016, 197; v. 10.11.2016 – C-432/15, HFR 2017, 82; v. 05.07.2018 – C-544/16, HFR 2018, 747; v. 22.11.2018 – C-295/17, HFR 2019, 58; v. 11.06.2020 – C-43/19, HFR 2020,744.  90 Vgl. z.B. BFH v. 30.01.1997 – V R 133/93, B ­ StBl. II 1997, 335; v. 13.11.1997 – V R 11/97, B ­StBl.  II 1998, 169; v.  19.10.2001  – V  R 48/00, B ­StBl.  II 2003, 210; v. 16.01.2003 – V R 92/01, ­BStBl. II 2003, 732; v. 19.02.2004 – V R 10/03, ­BStBl. II 2004, 675; v.  01.02.2007  – V  R 69/05, UR 2007, 448; v.  05.12.2007  – V  R 60/05, ­BStBl. II 2009, 486; v. 05.12.2007 – V R 60/05, B ­ StBl. II 2009, 486; v. 27.11.2008 – V R 8/07, B ­ StBl. II 2009, 397; v. 18.12.2008 – V R 38/06, B ­ StBl. II 2009, 749; v. 18.06.2009 – V  R 4/08, BFH/NV 2009, 2067; v.  19.11.2009  – V  R 29/08, BFH/NV 2010, 701; v. 11.02.2010 – V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125; v. 17.03.2010 – XI R 17/08, UR 2010, 943; v. 30.06.2010 – XI R 22/08, ­BStBl. II 2010, 1084; 02.09.2010 – V R 23/09, BFH/ NV 2011, 458; v.  24.04.2013  – XI  R 7/11, ­BStBl.  II 2013, 648; v.  28.05.2013  – XI  R 32/11, D ­ StRE 2014, 466. 91 BGH v.  14.03.2007  – VIII ZR 68/06, NJW-RR 2007, 1066; v.  24.01.2008  – VII ZR 280/05, NJW 2008, 1523; v.  18.05.2011  – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625; v. 28.05.2014 – VIII ZR 241/13, ZMR 2014, 966. 92 Vgl. unter anderem Huschens, UVR 2000, 157, 165; Martin, UR 2006, 56, 58; Dobratz, Leistung und Entgelt im europäischen Umsatzsteuerrecht, S.  143; Jakob, Umsatz­ steuer, § 5, Rn. 210; Lippross, Umsatzsteuer, S. 121; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/ Langer, UStG, § 1, Rn. 162; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn.  141; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn.  36; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn. 16.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

Han­delns des Unter­nehmers, die Leistung allein deshalb zu erbringen, um die Gegenleistung zu erhalten93, ist daher nicht erforderlich.94

2.  Vorliegen eines Rechtsverhältnisses Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Entgelt erfordert das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Unter­ nehmer und dem Empfänger der Leistung. Auf welchem Rechts­grund das Verhältnis beruht, ist unerheblich.95 Es kann unter anderem auf schuldrechtlichen oder gesellschaftsvertragsrechtlichen Vereinbarungen96, auf einer Vereinssatzung97 oder auf einem öffent­lich-rechtlichen Rechtsverhält­nis98 beruhen. Das Vorliegen eines syn­allagmatischen Verhältnisses ist nicht erforderlich.99 Daher sind auch solche Rechtsverhältnisse umfasst, die sich allein aus dem Gesetz ergeben.100 Ferner muss die Leistungspflicht nicht notwendigerweise durchsetzbar sein, weshalb sowohl eine nicht einklagbare 93 So früher BFH v. 07.05.1981 – V R 47/76, ­BStBl. II 1981, 495; v. 28.01.1988 – V R 112/86, ­BStBl.  II 1988, 473; v.  10.08.1989  – V  R 154/84, BFH/NV 1990, 398; v. 15.03.1993 – V R 109/89, ­BStBl. II 1993, 728; v. 16.02.1994 – XI R 65/89, UVR 1995, 206; v. 18.04.1996 – V R 123/93, B ­ StBl. II 1996, 397; v. 30.01.1997, V R 133/93, ­BStBl. II 1997, 335; v. 22.07.1999 – V R 74/98, BFH/NV 2000, 240; v. 26.10.2000 – V R 10/00, BFH/NV 2001, 400; v. 26.10.2000 – V R 12/00, BFH/NV 2001, 494. 94 BFH v. 16.01.2003 – V R 92/01, B ­ StBl. II 2003, 732; v. 05.12.2007 – V R 63/05, BFH/ NV 2008, 996; v. 17.12.2009 – V R 1/09, HFR 2010, 1192; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 147. 95 BFH v. 27.11.2008 – V R 8/07, ­BStBl. II 2009, 397. 96 BFH v.  08.11.2007  – V  R 20/05, B ­ StBl.  II 2009, 483; v.  05.12.2007  – V  R 60/05, ­BStBl. II 2009, 486; 04.07.2013 – V R 33/11, ­BStBl. II 2013, 937; v. 16.11.2016 – V R 35/16, MwStR 2017, 506. 97 BFH v.  11.10.2007  – V  R 69/06, BFH/NV 2008, 322; v.  29.10.2008  – XI  R 59/07, BFH/NV, 2009, 324; v. 22.04.2015 – XI R 10/14, B ­ StBl. II 2015, 862. 98 EuGH v. 03.04.2008 – C-442/05, B ­ StBl. II 2009, 328; BFH v. 16.01.2006 – V R 61/03, ­BStBl. II 2006, 145; v. 18.12.2008 – V R 38/06, BFH/NV 2009, 1328; v. 02.09.2010 – V  R 23/09, BFH/NV 2011, 458; v.  21.03.2018  – XI B 113/17, BFH/NV 2018, 739; v.  26.09.2019  – V  R 16/18, HFR 2020, 5; Probst, Hartmann/‌Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 143. 99 BFH v.  05.12.2007  – V  R 60/05, B ­ StBl.  II 2009, 486; v.  15.04.2010  – V  R 10/08, ­BStBl. II 2010, 879. 100 BFH v.  16.01.2003  – V  R 92/01, B ­ StBl.  II 2003, 732; v.  06.05.2004  – V  R 40/02, ­BStBl. II 2004, 854; v. 25.04.2013 – V R 28/11, B ­ StBl. II 2013, 656; Dobratz, Leistung und Entgelt im europäischen Umsatzsteuer­recht, S. 143; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 13; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 142; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  824; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 212.

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B.  Entgeltlichkeit der Leistung

Ehrenschuld101 als auch gesetzeswidrige Inhalte102, die in der Regel nicht durchsetzbar sind, Grundlage eines Leistungsaustauschs sein können. Grundlegend für die Auffassung des Europäischen Gerichtshofs, dass ein unmittelbarer Zusammenhang nur bei Vorliegen eines Rechtsverhältnisses gegeben sein kann, ist die Entscheidung Tolsma.103 In dem zu beurteilenden Sachverhalt war über die Umsatzsteuerpflicht von Einnahmen eines Straßenmusikers, die er von vorbeigehenden Pas­santen erhielt, zu entscheiden. Hierbei wurde das Erfordernis eines Rechtsverhältnisses für die Umsatzsteuerbarkeit erstmalig vorgebracht. Mangels Vorliegens eines Rechtsverhältnisses verneinte der Europäische Gerichtshof in diesem Fall den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Entgelt und somit das Vorliegen eines Leistungsaustauschs. Er begründete seine Auffassung damit, dass ohne Vereinba­rung eines gegenseitigen Austauschs bereits der Straßenmusiker, der eine Mütze vor sich auslegt, zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet wäre. Teilweise wird hieran in der umsatzsteuerrecht­ lichen Literatur Kritik geäußert, da die Anknüpfung des unmittelbaren Zusammenhangs an das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses dem Ver­ brauchsteuercharakter der Umsatzsteuer nicht gerecht werde.104 Im Ergebnis kann es im Rahmen dieser Untersuchung jedoch dahinstehen, ob ein Rechtsverhältnis für die Bejahung eines unmittelbaren Zusammenhangs notwendig ist, denn das geforderte Rechtsverhältnis ist in den Entschä­ digungs­fällen entweder von vornherein gegeben oder wird spätestens durch die Schadensherbeiführung begründet. Die tendenziell geringe Anzahl von Fällen, die durch das Erfordernis des Rechtsverhältnisses ausgegrenzt werden sollen, ist im Zusammenhang mit der in dieser Arbeit besprochenen Thematik nicht von Bedeutung.

101 EuGH v. 17.09.2002 – C-498/99, HFR 2003, 97. 102 EuGH v.  02.08.1993  – C-111/92, IStR 1993, 422; v.  28.05.1998  – C-3/97, D ­ StRE 1998, 570; v.  11.06.1998  – C-283/95, ­DStRE 1998, 490; v.  25.02.1999  – C-349/96, ­DStRE 1999, 271; v.  29.06.1999  – C-158/98, D ­ StRE 1999, 555; v.  29.06.2000  – C-455/98, UR 2000, 379; Lausterer, UR 1998, 361, 363; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 76. 103 EuGH v. 03.03.1994 – C-16/93, NJW 1994, 1941. 104 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 123; Stadie, UStG, § 1, Rn. 76; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 822. 

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

3.  Entgelt als Gegenwert der Leistung Bedeutsamer erscheint im Kontext der Schadensersatzleistung die Voraussetzung, dass das Entgelt den Gegenwert der Leistung darstellen müsse. Einen eindeutigen Maßstab, unter welchen Umständen das Entgelt den Gegenwert der Leistung darstellt, hat der Europäische Gerichtshof bisher nicht aufgestellt. Unstreitig ist jedoch, dass der Gegenwert der Leistung nicht ihr objektiver Wert ist.105 Entscheidend ist derjenige subjektive Wert, den die am Leistungsaustausch Beteilig­ten ihr beimes­sen.106 Aus diesem Grund ist die Bestimmung des Gegen­werts zunächst unkompliziert, wenn zwischen den Beteiligten ein auf Gegen­seitigkeit beruhendes Vertragsverhältnis besteht. In diesen Fällen stellt der vom Gläubiger zu zahlende Betrag grundsätzlich den Gegenwert der vom Schuldner zu erbringenden Leistung dar.107 In Schadensersatzkonstellationen erweist sich die Bestimmung des Gegenwerts oftmals als schwieriger, was zum einen daran liegen kann, dass zwischen den Beteiligten kein Vertrag existiert und das notwendige Rechtsverhältnis erst durch das schädigende Ereignis entsteht. Ein Beispiel hierfür stellt eine deliktische Handlung und ein daraus folgender auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Schadensersatzanspruch dar.108 Aber auch wenn ein Vertrag zwischen den Parteien geschlossen und bereits vollzogen wurde, können sich Probleme bei der Bestimmung des Gegenwerts ergeben, wenn nachträglich Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Gläubiger nach bereits durchgeführtem 105 EuGH v. 20.01.2005 C-412/03, HFR 2005, 371; v. 09.06.2011 – C-285/10, HFR 2011, 921; v.  12.05.2016  – C-520/14, HFR 2016, 664; BFH v.  22.06.1989  – V  R 37/84, ­BStBl. II 1989, 913; v. 19.06.2011 – XI R 8/09, B ­ StBl. II 2016, 185; v. 18.12.2019 – XI  R 31/17, HFR 2020, 555; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 154; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 41; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 13.  106 EuGH v. 23.11.1988 – C-230/87, UVR 1989, 80; v. 02.06.1994 – C-33/93, BB 1994, 1621; v.  24.10.1996  – C-288/94, IStR 1996, 585; v.  03.07.2001  – C-380/99, DStRE  2001, 936; v.  20.01.2005  – C-412/03, HFR 2005, 371; v.  19.12.2012  – ­­ C-310/11, HFR 2013, 194; Heber, Wäger, UStG, § 2, Rn. 36. 107 Vgl. EuGH v.  26.09.2013  – C-283/12, HFR 2013, 1164; v.  22.02.2018  – C-182/17, HFR 2018, 335; BFH v. 21.04.2005 – V R 11/03, ­BStBl. II 2007, 63; v. 09.11.2006 – V  R 9/04, B ­ StBl.  II 2007, 285; v.  08.11.2007  – V  R 20/05, B ­ StBl.  II 2009, 483; v. 05.12.2007 – V R 60/05, B ­ StBl. II 2009, 486; v. 20.08.2009 – V R 32/08, B ­ StBl. II 2010, 88; v.  16.01.2014  – V  R 22/13, HFR 2014, 431; v.  10.04.2019  – XI  R 4/17, ­BStBl. II 2019, 635; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, § 1, Rn. 115; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 216; Stadie, UStG, § 1, Rn. 75.  108 Vgl. 3. Kapitel, C. II. 1.

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B.  Entgeltlichkeit der Leistung

Vertrag Schadensersatzansprüche wegen Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistung in Form von Geldersatz geltend macht.109 In Fällen dieser Art kann nicht ohne weiteres auf die Vorstellungen der Beteiligten abgestellt werden. Häufig kann nur anhand des Einzelfalls entschieden werden, worin der Gegenwert der erbrachten Leistung liegt. Zur Veranschaulichung der Problematik soll folgendes Fallbeispiel dienen. Professor P, der seinen Wohnsitz in Bonn hat, wird von dem Firmenchef F dazu beauftragt, auf einer Firmenveranstaltung in Berlin einen Gastvortrag zu halten. Die Beteiligten vereinbaren, dass P von F hierfür einen Gesamtbetrag von 600 Euro erhalten soll. Von diesem entfallen 500 Euro auf die Vortragstätigkeit, während die übrigen 100 Euro als Reisekostenersatz für die Anreise des P nach Berlin dienen sollen. Fraglich ist in diesem Fall, ob der gesamte Betrag in Höhe von 600 Euro oder lediglich ein Betrag von 500 Euro der Umsatzsteuer unterfällt. Für die Beantwortung dieser Frage ist die Höhe des Gegenwerts der Leistung zu bestimmen. Ein Indiz dafür, dass das Entgelt den Gegenwert der Leistung darstellt, ist das Bestehen eines Abgeltungszusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem gezahlten Betrag.110 Das Entgelt stellt danach den Gegenwert der Leistung dar, wenn es ihrer Abgeltung dient. Wird daher bei gleichbleibender Leistung neben dem vertraglich geschuldeten und entrichteten Entgelt nachträglich ein weiterer Betrag in Form eines Schadensersatzes in Geldersatz gezahlt, kann dieser nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehen, wenn diese schon durch den bereits gezahlten Betrag vollständig abgegolten worden ist. Ändert sich die ursprünglich geschuldete Leistung hingegen nachträglich und resultiert daraus eine entsprechende Änderung des Entgelts, ist zu ermitteln, ob die geänderte Leistung durch den geänderten Betrag abgegolten wird. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Bestimmung der Höhe des Gegenwerts liegt in der Wertschätzung der Leistung durch den Leistungsempfänger und der Wertschätzung der Gegenleistung durch den leistenden Unternehmer.111 Das Entgelt stellt deshalb den Gegenwert der erbrachten Leistung dar, wenn es durch die Leistung und nicht ausschließlich durch andere Faktoren bestimmt wird. Solche anderen Faktoren können insbesondere dem Unternehmer entstandene Schäden sein. 109 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2. 110 Vgl. Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 41 ff. 111 Vgl. Heber, Wäger, UStG, § 2, Rn. 35. 

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

Mithilfe dieser Anknüpfungspunkte lässt sich auch das Fallbeispiel lösen. Zunächst erbringt P durch das Halten seines Vortrags eine umsatz­steuerliche Leistung an F. Nach den Vorstellungen der Beteiligten soll diese Leistung durch die Zahlung der 500 Euro vollständig abgegolten werden. Dies wird vor allem daran deutlich, dass P für den Fall, dass keine Reisekosten angefallen wären, lediglich einen Betrag in Höhe von 500 Euro erhalten hätte. Allein dieser Betrag bringt die Wertschätzung des F für die Leistung zum Ausdruck, denn der darüberhinausgehende Betrag von 100 Euro wird nicht durch die Vortragstätigkeit, sondern allein durch die für die Anreise notwendigen Aufwendungen bestimmt. Lediglich die 500  Euro stellen daher den Gegenwert der erbrachten Leistung dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der tatsächliche Wert eines Vortrags des P deutlich höher oder wesentlich niedriger ist, da es auf den objektiven Wert der Leistung nicht ankommt. Im Ergebnis steht daher lediglich ein Betrag in Höhe von 500 Euro im unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung, weshalb auch nur auf diesen Betrag die Umsatzsteuer anfällt. 112

III. Bemessungsgrundlage Wurde festgestellt, dass ein Leistungsaustausch vorliegt, so ist, bevor es zur Anwendung des Steuersatzes kommt, in einem nächsten Schritt die Bemessungsgrundlage zu bestimmen. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 UStG richtet sich die Bemessungsgrundlage nach der Höhe des Entgelts. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UStG zählt zum Entgelt alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer von dem Leistungsempfänger oder einem Dritten für die Leistung erhält oder erhalten soll, abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer. Die noch bis zum 01.01.2019 geltende alte Fassung des § 10 Abs. 1 S. 2 UStG beschrieb das Entgelt noch als alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Die Änderung des Entgeltbegriffs zum 01.01.2019 bezieht sich allein auf den Wortlaut der Norm, der hiermit an die Formulierungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie angepasst worden ist, und nicht auf ihre materiell-rechtli­ 112 Nach herrschender Auffassung stellt der Reisekostenersatz hingegen einen Teil des Entgelts dar, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar in Rechtsbeziehungen zum Ver­kehrsunternehmen tritt. Vgl. Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  243; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  10, Rn.  237 unter „Auslagenersatz“; Handzik, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, §  10, Rn.  104 unter „Auslagener­ satz“; Korn, Bunjes, UStG, § 10, Rn. 33 und 132.

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B.  Entgeltlichkeit der Leistung

che Bedeutung.113 Daher muss bei der Bestimmung des Entgelts auch das berücksichtigt werden, was der Leistungsempfänger aufwendet.114 Dies wird auch dem Verbrauchsteuerprinzip gerecht, nach dem die Umsatzsteuer die Einkommensverwendung des Verbrauchers belasten soll.115 Ist auf der ersten Stufe das Vorliegen eines Leistungsaustauschs bejaht und dieser bereits vollzogen worden, können Probleme bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage insbesondere auftreten, wenn es im Anschluss daran zu einer Schadensersatzleistung in Geld kommt. In diesen Fällen ist zu untersuchen, ob es zu einer nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG kommt. Gemäß der Norm führt eine spätere Änderung der Bemessungs­grundlage zu einer dieser entsprechenden Änderung des durch den Unternehmer geschuldeten Steuerbetrags. Dadurch können der Steuerentstehung nachfolgende Ereignisse, die sich auf die Bemessungsgrundlage beziehen, noch berücksichtigt werden.116 Auch die Änderung der Bemessungsgrundlage setzt voraus, dass zwischen der späteren Zahlung und der erbrachten Leistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.117 Erfasst wird sowohl die nachträgliche Minderung118 als auch die nach­trägliche Erhöhung119 der Bemessungsgrundlage. Die potenziellen Folgen einer Schadensersatzleistung in Geld hängen davon ab, welcher der Beteiligten diese zu erbringen hat. Sofern der unmittelbare Zusammenhang 113 Wohlfart, UStB 2019, 327. 114 Vgl. BFH v. 17.02.1972 – V R 118/71, ­BStBl. II 1972, 405; v. 06.02.1975 – V R 103/72, ­BStBl. II 1975, 255; Söhn, Der Bundesfinanzhof und seine Recht­sprechung, Grundfragen – Grundlagen, S. 439 und 448; Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, S.  223  ff.; Tehler, DStR 1995, 433, 434; Huschens, UVR 2000, 157, 165. 115 Vgl. BFH v. 12.01.2006 – V R 3/04, ­BStBl. II 2006, 479, 480; Bach, StuW 1991, 116, 128; Tehler, UR 2013, 171, 173; Jakob, Umsatzsteuer, § 1, Rn. 1; Achatz; Umsatz­steuer und Schadenersatz, S. 38; Fischer, Die Rechtfertigung einer Umsatzbesteu­erung und ihrer Vereinbarkeit mit den Grundrechten, S.  87  f.; Crezelius, Steuer­recht II, §  24, Rn. 1; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 11. 116 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 285. 117 BFH v. 16.01.2003 – V R 36/01, BFH/NV 2003, 667; v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/ NV 2010, 1869; v. 30.01.2014 – V R 1/13, BFH/NV 2014, 911; Wäger, Sölch/Ringleb, UStG, §  17, Rn.  25; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn.  48; Stadie, Rau/Dürrwächter, UStG, § 17, Rn. 200. 118 BFH v. 11.02.2010 – V R 2/09, ­BStBl. II 2010, 765; Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 39; Wäger, Sölch/Ringleb, UStG, § 17, Rn. 40; Korn, Bunjes, § 17, Rn. 42. 119 BFH v.  07.06.2002  – V  R 59/00, B ­ StBl.  II 2003, 214; v.  19.07.2007  – V  R 11/05, ­BStBl. II 2007, 966; v. 19.11.2009 – V R 41/08, BFH/NV 2010, 562; v. 10.04.2019 – XI R 4/17, B ­ StBl. II 2019, 635; Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 40; Schulze, Wäger, UStG, § 17, Rn. 37.

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Kapitel 2  Grundlagen der umsatzsteuerrechtlichen ­Behandlung von Schadensersatz

bejaht wird, führt die Schadensersatzzahlung des Unternehmers zu einer nachträglichen Minderung, die Zahlung durch den Leistungs­empfänger hingegen zu einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage.

C. Zwischenergebnis Grundvoraussetzung für die Umsatzsteuerbarkeit einer Schadensersatzleistung ist die Erbringung einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne durch den Unternehmer. Hierfür erforderlich ist zunächst die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Abnehmers, weshalb eine reine Geldzahlung für die Begründung einer umsatzsteuerlichen Leistung nicht ausreicht. Aus diesem Grund kann lediglich die Scha­densersatzleistung in Form der Naturalrestitution eine solche Leistung darstellen, wenn dem Leistungsempfänger hierdurch ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Wird der Schadensersatz hingegen in Geld erbracht, kann die Zahlung lediglich das Entgelt für eine andere Leistung darstellen. Die Handlung des Unternehmers muss darüber hinaus auf einem Leistungswillen beruhen. Dieser erfordert ein bewusstes und willentliches Handeln des Unternehmers. Der Leistungswille fehlt daher, wenn sich der Abnehmer den verbrauchbaren Vorteil ohne oder gegen den Willen des Unternehmers verschafft. Das Fehlen des Leistungswillens ist nur in den Ausnahmefällen des §  1 Abs.  1 Nr.  1 S.  2 UStG unbeachtlich. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz auf­grund eines Gesetzes oder einer behördlichen Anordnung als bewirkt gilt. Notwendig ist darüber hinaus, dass der vom Leistungsempfänger oder einem Dritten gezahlte Betrag in unmittelbarem Zusammenhang mit der erbrachten Leistung steht. Der unmittelbare Zusammenhang setzt vor­aus, dass zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht und der vom Leistenden empfangene Geldbe­trag den tat­ sächlichen Gegenwert der Leistung darstellt. Das Rechtsverhältnis kann sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Natur sein. Welcher Betrag den Gegenwert der Leistung darstellt, ist anhand der subjektiven Vorstellungen der Beteiligten zu bemessen. Auf den objektiven Wert der Leistung kommt es nicht an. Die Bestimmung des Gegenwerts ist anhand des Einzelfalls vorzunehmen. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Höhe des Gegenwerts sind das Be­stehen eines Abgeltungszusammenhangs zwischen der Leistung und dem Entgelt sowie die Wertschätzung durch die Beteiligten.

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Kapitel 3 Umsatzsteuerliche Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte A. Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts I. Vorbemerkung Das Hauptaugenmerk soll zunächst auf den vertraglichen Schadensersatz­ ansprüchen liegen, die gemäß den §§  280  ff. BGB sowohl neben als auch statt der Leistung bestehen können. Zu untersuchen ist, ob sich ein allgemeiner Grundsatz zur Umsatzsteuerbarkeit der vertraglichen Schadensersatz­ ansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts feststellen lässt. Die Grund­norm der vertraglichen Schadensersatzansprüche stellt § 280 Abs. 1 BGB dar. Je nach Art des Schadensersatzes können die weiteren Voraussetzungen der §§ 281-286 BGB hinzutreten. Die vertraglichen Ansprüche lassen sich in den Schadensersatz neben der Leistung und den Schadensersatz statt der Leistung untergliedern. Zur Unterscheidung ist unter anderem zu prüfen, ob eine gedachte Nachholung der vertraglich festgelegten Leistung oder eine gedachte Nacherfüllung den Schaden vermeiden oder sogar be­ seitigen würde.120 Zum anderen liegt eine Unterscheidung darin begründet, dass die Schadensersatzansprüche neben der Leistung das Integritätsinte­ resse schützen, die Schadensersatzansprüche statt der Leistung schützen hingegen das Erfüllungs- beziehungsweise das Leistungsinteresse des Geschädigten.121 Den vertraglichen Schadensersatzansprüchen ist gemein, dass zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten ein vertragliches Schuldverhältnis besteht. Umfasst wird jegliche Art des Vertrags, unabhängig davon, ob er auf Gegenseitigkeit oder Entgeltlichkeit be­ruht.122 Verletzt eine der Parteien eine Pflicht des Schuldverhältnisses, ist diese der anderen Partei zum Ersatz des aus dieser Verletzung entstandenen Schadens durch die Leistung von Schadensersatz verpflichtet, wenn sie die Verletzung zu vertreten 120 Ernst, MüKo, BGB, § 280, Rn. 75; Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 281, Rn. 2; Stadler, Jauernig, BGB, § 280, Rn. 4; Ostendorf, NJW 2010, 2833, 2838. 121 BGH v. 28.02.2018 – VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746. 122 Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 280, Rn. 6.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

hat.123 Pflichtverletzung bedeutet in diesem Zusammenhang das Abweichen des Verhaltens des Schuldners vom objektiven Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses.124 Vom Schutzbereich umfasst werden Leistungs-, Nebenleistungs- und Verhaltenspflichten.125 Daneben begründet das Schuldverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB zusätzlich verschiedene Schutzpflichten, die die Vertragsparteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme bezüglich der Rechte und der Rechtsgüter des Vertragspartners verpflichten.126 Eine allgemeine Aussage über die Umsatzsteuerbarkeit des vertraglichen Schadensersatzes könnte beispielsweise dahingehend ausgestaltet sein, dass die Steuerbarkeit aller Fälle einheitlich zu beurteilen wäre. Andererseits könnte die Unterscheidung der Steuerbarkeit daran fest­gemacht werden, ob der Schadensersatz statt der Leistung oder neben der Leistung erbracht wird. Daneben könnte auch eine Unterscheidung nach der Art der Pflichtverletzung vorzunehmen sein. Für die Untersuchung sind die verschiedenen Arten des Schadensersatzes zunächst unabhängig voneinander zu betrachten. Die Gliederung wurde dahingehend vorgenommen, ob der Schadensersatz neben der Leistung oder statt der Leistung ausgeführt wird. Dies dient jedoch nicht der Vorwegnahme des Ergebnisses der Betrachtung, sondern orientiert sich vor allem an der Struktur, die das Bürgerliche Gesetzbuch vorgibt. Da es sich um solche Schadensersatzansprüche handelt, denen ein Schuldverhältnis zu Grunde liegt, sind insbesondere zwei Problemstellungen zu untersuchen. Zum einen kann die Schadensersatzzahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der bereits erbrachten oder zu erbrin­ genden Hauptleistung stehen, zum anderen könnte der Zahlung aber auch eine eigenständige Leistung gegenüberstehen.

123 Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, § 24, Rn. 6 ff. 124 Weiler, Schuldrecht AT, §  21, Rn.  1; Grüneberg, Grüneberg, BGB, §  280, Rn.  12; Ernst, MüKo, BGB, § 280, Rn. 14. 125 Benicke/Hellwig, Soergel, BGB, §  280, Rn.  64; Schulze, NomosHK, BGB, §  280, Rn. 8 ff.; Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 280, Rn. 12. 126 BGH v.  10.06.1964  – VIII ZR 294/62, NJW 1964, 2009; v.  30.09.2009  – VIII ZR 238/08, NJW 2010, 1135; v. 14.03.2013 – III ZR 296/11, NJW 2013, 3366; Brox/Walker, Allgemeines Schuld­recht, §  2, Rn.  11  f.; Grüneberg, Grüneberg, BGB, §  241, Rn. 6; Mansel, Jauernig, BGB, § 241, Rn. 10. 

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A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

II.  Schadensersatz neben der Leistung 1. Überblick Bedeutsam ist zunächst die Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz neben der Leistung und dem Schadensersatz statt der Leistung. Neben der Leistung wird der Schadensersatz immer dann erbracht, wenn eine gedachte Nachholung oder Nacherfüllung den Schaden nicht mehr beseitigen oder vermeiden kann und er somit endgültig eingetreten ist.127 Das ist der Fall, wenn andere Rechtsgüter des Gläubigers durch die ausbleibende, verspätete oder nicht ordnungsgemäße Leistung beeinträchtigt werden.128 Die Verpflichtung zum Schadensersatz neben der Leistung besteht unabhängig von der Leistungspflicht und ist daher auch bei Fortbestehen der Verpflichtung zur Leistungserbringung möglich.129 Zum Schadensersatz neben der Leistung zählen der einfache Schadens­ersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB sowie der Ersatz des Verzögerungsschadens gemäß der §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.130 Die Unabhängig­keit des Schadensersatzanspruchs von der Leistungserbringung legt den Schluss nahe, dass der Schadensersatz neben der Leistung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hauptleistung steht. Diese These ist nunmehr anhand der umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze zu untersuchen.

2.  Einfacher Schadensersatz Der einfache Schadensersatz folgt aus §  280 Abs.  1 BGB. Diesem zufolge sind eine Pflichtverletzung und ein daraus resultierender Schaden für die Anspruchsbegründung notwendig. Eine nähere Beschreibung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines einfachen Schadensersatzes fehlt jedoch. Er ist im Rahmen einer negativen Abgrenzung jedenfalls immer dann gegeben, wenn der Anspruch neben dem primären Leistungsanspruch geltend gemacht wird und es sich um keinen Verzögerungsschaden handelt.131 Dies sind zum einen Schäden, die aus der Verletzung einer Schutzpflicht im 127 BGH v.  03.07.2013  – VIII ZR 169/12, NJW 2013, 2959; Medicus/Lorenz, Schuld­ recht I, § 28, Rn. 2; Ulber, Erman, BGB, § 280, Rn. 12. 128 Weiler, Schuldrecht AT, § 20, Rn. 10. 129 Schulze, NomosHK, BGB, § 280, Rn. 2; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E15. 130 Weiler, Schuldrecht AT, §  20, Rn.  3; Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, § 24, Rn. 17 f. 131 Vgl. Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, § 25, Rn. 1.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

S­ inne von § 241 Abs. 2 BGB entstehen und zum anderen die Folge- und Begleitschäden.132 Durch den einfachen Schadensersatz soll somit das Integritätsinteresse des Gläubigers ausgeglichen werden und nicht das Leistungsinteresse.133 Hält der Geschädigte weiterhin an dem (Nach-)Erfüllungsanspruch fest, fallen unter den einfachen Schadensersatz auch die Nutzungsausfallschäden.134 Ein Rückgriff auf den ein­fachen Schadensersatz ist auch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses im Sinne der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB möglich.135 In der zivilrechtlichen und der steuerrechtlichen Rechtsprechung lassen sich fast keine Ausführungen über die Frage der Steuerbarkeit eines einfachen Schadensersatzes finden. Lediglich eine beiläufige Bemerkung in einem Urteil des Bundesfinanzhofs lässt darauf schließen, dass er im Fall des Vorliegens eines Mangelfolgeschadens einen un­mit­tel­baren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung verneinen würde.136 In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es in erster Linie um eine Schadensersatzforderung aufgrund einer Schlechtleistung im Zu­sammenhang mit einem Werkvertrag. Der Bundesfinanzhof sah das Vorliegen eines Leistungsaustauschs und die damit einhergehende Umsatzsteuerbarkeit für gegeben.137 In seiner Begründung erwähnt der Bundesfinanzhof, dass der unmittelbare Zusammenhang unter anderem deshalb zu bejahen sei, weil gerade kein Mangelfolgeschaden, sondern eine mangelbedingte Wertminderung geltend gemacht worden sei. Im Umkehrschluss ist dem zu entnehmen, dass er beim Vorliegen eines Mangelfolgeschadens den unmittelbaren Zusammenhang ver-

132 BGH v. 03.07.2013 – VIII ZR 169/12, NJW 2013, 2959; Ostendorf, NJW 2010, 2833; Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, §  25, Rn.  2  ff.; Ulber, Erman, BGB, § 280, Rn. 16. 133 Grigoleit/Riehm, AcP 203, 727, 751; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E2; Weiler, Schuldrecht AT, § 20, Rn. 10. 134 BGH v.  19.06.2009  – V ZR 93/08, NJW 2009, 2674; Canaris, ZIP 2003, 321, 326; Medicus, JuS 2003, 521, 528; Kaiser, FS Westermann, 351, 361  f.; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, S. 294, Rn. 546; Ernst, MüKo, BGB, § 280, Rn. 64; Ulber, Erman, BGB, § 280, Rn. 47. A.A. für ein Vorgehen nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB Grigoleit/Riehm, AcP 203, 727, 754; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 3. Kapitel, Rn. 223; Berger, Jauernig, BGB, § 437, Rn. 17. 135 Ernst, MüKo, BGB, § 280, Rn. 6; Lorenz, BeckOK, BGB, § 280, Rn. 14; Stadler, Jauernig, BGB, § 280, Rn. 2. 136 BFH 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869. 137 Vgl. zur Schlechtleistung unter 3. Kapitel, A. III. 2.

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A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

neint hätte. Zu diesem Ergebnis gelangen auch das Finanzgericht Köln138 sowie die steuerrechtliche Literatur.139 Weitergehend wird in diesem Kontext ausgeführt, dass bei der Herbeiführung eines Begleitschadens durch die Verletzung anderer Sachen oder Rechte wie beispielsweise der körperlichen Unversehrtheit eine Zahlung zum Ausgleich des daraus resultierenden Schadens nicht der Umsatzsteuer unterliege.140 Da der einfache Schadensersatz zu keiner Modifizierung der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit führe, sei eine Umsatzsteuerbarkeit zu verneinen.141 Zu einem anderen Ergebnis gelangt Achatz, der eine Differenzierung danach vorschlägt, ob ein Begleit- oder ein Mangelfolgeschaden vorliegt.142 Seines Erachtens sollen Mangelfolgeschäden, die aus einer nicht ordnungsgemäßen Leistung resultieren, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung stehen. Diese Sicht sei damit zu begründen, dass der Mangelfolgeschaden wirtschaftlich den Wert der nicht gehörig erbrachten Leistung mitbestimme. Begleit­schäden, die bei der ordnungsgemäßen Erfüllung entstünden, würden hinge­gen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung stehen und daher auch zu keiner Minderung der Bemessungsgrundlage führen. Ein Leistungsaustausch erfordert zunächst das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung. Im Zusammenhang des Schadensersatzes neben der Leistung kommen hierfür grundsätzlich zwei Anknüpfungspunkte in Betracht. Zum einen könnte die Leistung des Geschädigten in der Duldung des Schadens liegen. Diese Feststellung scheitert allerdings an zwei Punkten. Zum einen erlangt der Schädiger durch die Herbeiführung des Schadens keinen verbrauchbaren Vorteil, zum anderen fehlt auch ein Leistungswillen des Geschädigten, da dieser den Schaden nicht freiwillig hinnimmt. Das gilt umso mehr in den Fällen, in denen die Schadensersatzpflicht lediglich durch ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet wird, da der Unternehmer und der Abnehmer in diesen Fällen zum Teil nicht einmal miteinander in Kontakt getreten sind und ein Leistungsbewusstsein des Unternehmers daher 138 FG Köln v. 12.11.2008 – 11 K 4587/07, EFG 2009, 520. 139 Nieskoven, GStB 2008, 80, 81 f.; Martin, BFH/PR 2010, 307; Tausch, UVR 2010, 291, 292; Jacobs, NWB 2010, 3873, 3876; Zahn, BauR 2011, 1401, 1403  f.; Pflaum, UR 2020, 288, 292; Lippross, Umsatzsteuer, S. 139; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 48; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 851. 140 Martin, BFH/PR 2010, 307; Zahn, BauR 2011, 1401, 1403 f. 141 Pflaum, UR 2020, 288, 292. 142 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 121.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

denklogisch nicht bestehen kann. Das Dulden der Schadenszufügung scheidet als umsatzsteuerliche Leistung somit aus. Die Schadensersatzzahlung könnte jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung des Unternehmers stehen. Diese erfüllt alle Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Leistung. In Abhängigkeit davon, welcher der Beteiligten die Pflichtverletzung begeht, könnte die Zahlung zu einer nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 UStG führen. Während die Schadensersatzzahlung des Leistungsempfängers bei Bejahung des unmittelbaren Zusammenhangs zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führen würde, hätte die Zahlung durch den Unternehmer eine nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage zur Folge. Wie bereits festgestellt, besteht die Verpflichtung zur Zahlung des einfachen Schadensersatzes jedoch unabhängig von der Hauptleistungspflicht. Er wird nicht erbracht, weil der Unternehmer geleistet hat, sondern allein aus dem Grund, den zugefügten Schaden auszugleichen. Dies gilt entgegen der Auffassung Achatz‘ sowohl für Begleitschäden als auch für Mangelfolgeschäden. Wie der Begleitschaden resultiert auch der Mangelfol­ geschaden nicht unmittelbar aus einer fehlerhaften Leistung. Er ent­steht vielmehr aus einem leistungsunabhängigen Übergreifen des Fehlers auf weitere Rechte oder Rechtsgüter des Leistungsempfängers. Für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs genügt das jedoch nicht mehr. In beiden Fällen wird der Schadensersatzanspruch ausschließlich durch den eingetretenen Schaden und daher nicht durch die erbrachte Leistung bestimmt. Die entsprechende Zahlung dient damit nicht der Abgeltung der Leistung, indem sie beispielsweise einen in ihr verkörperten Minderwert beseitigt, sondern allein dem Schadensausgleich. Eine ungleiche Behandlung von Begleitschäden und Mangelfolgeschäden lässt sich insofern nicht rechtfertigen. Letztlich besteht der alleinige Zusam­menhang zwischen dem herbeigeführten Schaden und der Hauptleistung darin, dass er bei beziehungsweise aufgrund ihrer Erbringung entstanden ist. Die Zahlung dient in beiden Schadensfällen nicht dem Ausgleich eines in der Leistung selbst liegenden Ungleichgewichts zwischen der vereinbarten Zahlung und der tatsächlich erbrachten Leistung. Die Höhe der Schadensersatzzahlung wird nicht durch die erbrachte Leistung, sondern allein durch den an dem anderen Rechtsgut eingetretenen Schaden bestimmt. Aus diesem Grund geschieht die Zahlung nicht in der Wertschätzung der Leistung und lässt die Bemessungsgrundlage daher unberührt. Gleiches muss für die Nutzungsausfallschäden gelten. Der 32

A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

Schaden resultiert auch in diesen Fällen nicht aus einem Ungleichgewicht zwischen der Leistung und dem Entgelt. Die Schadensersatzzahlung dient deshalb ebenfalls nicht der Abgeltung der Leistung des Unternehmers. Zum selben Ergebnis führt es, wenn dem Unternehmer ein einfacher Schadensersatzanspruch gegen den Leistungsempfänger zusteht. Dieser steht aus den gleichen Gründen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Leistung und führt daher nicht zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage. Darüber hinaus kann ein nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzbarer Schaden auch in der Belastung mit einer Leistungspflicht liegen, wenn diese nicht den geschützten Erwartungen des Schuldners entspricht.143 In solchen Fällen kann der Schadensersatz neben dem finanziellen Ausgleich der Mehrbelastung ebenso durch die Befreiung von der Verpflichtung, beispielsweise durch einen Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsaufhebung, erbracht werden. Auch hier spre­chen aber grundsätzlich dieselben Bedenken gegen das Vorliegen eines Leistungsaustauschs wie bei der Schadensersatzleistung in Geld. Auf welche Weise der Schadenser­satz er­bracht wird, ist für die Umsatzsteuerbarkeit insoweit nicht ausschlagge­bend. Entscheidend ist allein, aus welchem Grund dieser erbracht wird. Zu denken wäre noch daran, die Zustimmung zur Vertragsaufhebung als eine Leistung des Schädigers anzusehen, dann fehle es aber wiederum an dem Vorliegen eines Entgelts.144 Daher verbleibt abschließend die Feststellung, dass der einfache Schadensersatz keinen Leistungsaustausch und somit auch keine Umsatzsteuer­barkeit begründet und ebenfalls zu keinem Teil des bereits bestehenden Leistungsaustauschs wird.

3. Verzögerungsschaden Neben dem einfachen Schadensersatz besteht im Rahmen des Schadensersatzes neben der Leistung ebenfalls die Möglichkeit des Ausgleichs eines Verzögerungsschadens. Durch diesen besteht die Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadens, der aus einer verspäteten Leistungserbringung resultiert.145 Die Ersatzfähigkeit des Verzögerungsschadens bei weiterem Festhalten an der Leistung ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Sie setzt voraus, dass sich der Schuldner der Leistung im Verzug befindet, er 143 Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E18. 144 Vgl. dazu weitergehend 3. Kapitel, E. V. 145 Stadler, Jauernig, BGB, § 286, Rn. 2.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

folglich die ihm obliegende Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat (Schuldnerverzug).146 Nicht rechtzeitig bedeutet in diesem Zusammenhang die Nichterbringung bei Fälligkeit der Leistung. Ersatzfähig sind danach solche Schäden, die durch den Verzug des Schuldners verursacht worden sind.147 Dies sind Schäden, die bei rechtzeitiger Leistung nicht entstanden wären und durch eine spätere Erbringung der Leistung auch nicht mehr behoben werden können.148 In Betracht kommen dabei zwei Konstel­lationen, denn zum einen kann der Unternehmer die geschuldete Leistung zu spät erbringen, zum anderen kann aber auch der Leistungsempfänger seinerseits in Verzug mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtung geraten. Zu den Verzögerungsschäden zählen unter anderem Mahnkosten, Nutzungsausfälle, Inkasso- und Rechtsverfolgungskosten.149 Ähnlich wie beim einfachen Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB könnte beim Verzögerungsschaden ebenfalls zunächst die Hinnahme des Schadens als Leistung betrachtet werden. Die Leistungsqualität dieses Vorgangs ist jedoch aus ähnlichen Erwägungen abzulehnen. Der Unterschied zwischen dem einfachen Schadensersatz und dem Verzögerungsschaden besteht in der Art der Pflichtverletzung, denn im Rahmen des Verzögerungsschadens ist diese die nicht rechtzeitige Leistungserbringung. Es könnte folglich argumentiert werden, dass der Schadensersatz dafür erbracht wird, damit dem Schuldner eine Art Aufschub für dessen Leistungserbringung ähnlich einer Stundung gewährt wird. Der Schädiger könnte die Schäden aus dem Grund ersetzen, um die Leistung später erbringen zu dürfen. Dann müsste dieser Leistungsaufschub jedoch eine umsatzsteuerliche Leistung darstellen. In dem Aufschub der Leistungserbringung kann ein verbrauchbarer Vorteil für den Schuldner gesehen werden, da ihm hierdurch zusätzliche Zeit für die Erbringung der Leistung verschafft wird. Diese kann er beispielsweise dazu nutzen, eine noch nicht vollständig hergestellte Sache anzufertigen. Im Fall der verspäteten Zahlung könnte der Schuldner die Zeit hingegen dafür einsetzen, sich Liquidität zu verschaffen. Hierin kann ein wirtschaftlicher und verbrauchbarer Vorteil gesehen werden. Jedenfalls fehlt aber ein Leistungswille des Geschädigten, denn der Zahlungsaufschub wird 146 Looschelders, Schuld­­recht, Allgemeiner Teil, §  26, Rn.  1; Westermann/Bydlinski/­ Weber, Schuldrecht AT, § 13, Rn. 784; Stadler, Jauernig, BGB, § 280, Rn. 32 ff. 147 Ernst, MüKo, BGB, § 286, Rn. 144; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E9. 148 BGH v. 03.07.2013 – VIII ZR 169/12, NJW 2013, 2959; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E9. 149 Vgl. BGH v.  19.10.1989  – I ZR 63/88, NJW 1990, 1905; Jäckle, NJW 2013, 1393; Ernst, MüKo, BGB, § 286, Rn. 149.

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gerade nicht bewusst oder freiwillig verschafft. Der Schädiger verschafft sich diesen stattdessen eigenmächtig. In Ermangelung eines Leistungswillens des Unternehmers kann in dem Aufschub der Leistungserbringung deshalb keine umsatzsteuerliche Leistung gesehen werden. Darüber hinaus kann ebenfalls wieder darüber nachgedacht werden, ob die Zahlung zum Ausgleich des Verzögerungsschadens in unmittelbarem Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung des Unternehmers steht. Auch hierbei könnte die Schadensersatzzahlung des Leistungsempfängers zu einer Erhöhung, die Zahlung durch den Unternehmer hingegen zu einer nachträglichen Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne von §  17 Abs. 1 UStG führen. Dies wäre der Fall, wenn die erbrachte Schadensersatzzahlung der Abgeltung dieser Leistung dienen würde. Zur weiteren Veranschaulichung sollen die Mahnkosten als klassisches Beispiel eines Verzögerungsschadens dienen. Gerät der Schuldner einer Leistung in Verzug mit dieser, steht dem Gläubiger der Weg des Mahnverfahrens gemäß der §§ 688 ff. ZPO offen. Dieses gewährt ihm eine schnellere und kostengünstigere Erlangung eines Vollstreckungstitels als ein Zivilprozess. Sowohl die umsatzsteuerrechtliche Literatur150 als auch die Finanzbehörden151 gelangen zu dem Ergebnis, dass Mahngebühren, die an einen Unternehmer gezahlt werden, nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung stehen. Dieser Sicht ist zuzustimmen, denn die Zahlung des Schadensersatzes trägt allein der Verspätung Rechnung und gleicht die dadurch entstandenen Vermögensschäden aus. Ein unmittelbarer Zusammenhang in dem Sinne, dass die Zahlung die Primärleistung abgilt, besteht nicht, denn die Zahlung wird nicht aufgebracht, weil die andere Vertragspartei eine Leistung erbringt, sondern allein, weil es durch die verspätete Leistungserbringung zu einem Schaden im Vermögen des Gläubigers gekommen ist. Die Schadensersatzzahlung wird in diesen Fällen nicht durch die erbrachte Leistung, sondern aus­schließlich durch die Höhe des eingetretenen Schadens bestimmt. Die Hauptleistung wird bereits durch die Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts vollständig abgegolten. Mangels des 150 Müller, DB 1984, 17, 19; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 333; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Zahn, BauR 2011, 1401, 1404  f.; Lüdenbach/Freiberg, StuB 2016, 43, 46; Oel­ maier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Mahngebühren oder Mahnkosten“; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Mahngebühren“; Leicht, Beck’sches Steuerund Bilanzrechtslexikon, Schadensersatz, Rn.  5; Erdbrügger, Wäger, UStG, §  1, Rn. 118; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Mahnkosten“; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG § 1, Rn. 853. 151 Abschn. 1.3 Abs. 6 UStAE.

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Bestehens eines unmittelba­ren Zusammenhangs zwischen der Schadensersatzzahlung und der erbrachten Leistung ist daher eine Änderung der Bemessungsgrundlage nicht vorzunehmen. Dieser Beurteilung könnte eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 1995 entgegenstehen. Jener beurteilte hierin die Zahlung von Mahngebühren an ein Inkassounternehmen als ein zusätzliches Entgelt.152 Aufgrund dieser auf den ersten Anschein gegenteiligen Auffassung des Bundesfinanzhofs gilt es dieses Urteil genauer zu untersuchen. Der Sachverhalt wird zu Veranschaulichungszwecken vereinfacht dargestellt. Dem zu beurteilenden Sachverhalt lag eine Dreieckskonstellation zu Grunde. Ein Arzt trat seine Honorarforderungen an ein Inkassounternehmen ab. Letzteres kümmerte sich im Gegenzug um die Einziehung dieser Forderungen bei den behandelten Patienten. Zu diesem Zweck versendete das Inkassounternehmen ebenfalls Mahnung an die Patienten. Hierfür berechnete es dem jeweiligen Patienten einen zusätzlichen Geldbetrag, der nach den zwischen dem Arzt und dem Inkassounternehmen getroffenen Vereinbarungen bei letzterem verbleiben sollte. Bei den geltend gemachten Mahnkosten handelte es sich um Schadensersatzzahlungen aufgrund von Verzögerungsschäden im Sinne der §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Der Unterschied zum Normalfall lag darin begründet, dass ein Dritter, in diesem Fall das Inkassounternehmen, involviert war. Zu überlegen ist zunächst, warum das einen Unterschied machen soll, denn wäre der Arzt selbst, also ohne Einschaltung eines Dritten, gegen den Patienten vorgegangen, hätte die Schadensersatzzahlung nach den bisherigen Ausführungen nicht der Umsatzsteuer unterlegen. Zunächst sind die sich aus der Dreiecksbeziehung ergebenden verschiedenen Verhältnisse zu betrachten. In dem Verhältnis zwischen dem Inkassounternehmen und dem Patienten fehlt bereits eine umsatzsteuerliche Leistung. Das Inkassounternehmen verschafft dem Patienten keinen verbrauchba­ren Vorteil, da es lediglich eine ihm selbst aus abgetretenem Recht zustehende Forderung geltend macht. Auch aus dem Verhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten kann die Umsatzsteuerbarkeit nicht herrühren, da der Patient die Mahngebühren nicht an den Arzt, sondern direkt an das Inkassounternehmen zahlt. Das Verhältnis zwischen dem Inkassounternehmen und dem Arzt ist hingegen weniger eindeutig zu beurteilen. Das Inkassounternehmen erbringt durch die Ein152 BFH v. 11.05.1995 – V R 86/93, ­BStBl. II 1995, 613. Dem folgend auch FG Düsseldorf v. 26.04.2021 - 5 K 382/19 U, EFG 2021, 1763.

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ziehung der Forderungen eine umsatzsteuerliche Leistung an den Arzt. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG stellt zunächst klar, dass auch die Zahlungen Dritter zum Entgelt gehören können. Nun müsste aber die vom Patienten an das Inkassounternehmen gezahlte Mahngebühr im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Leistung stehen. Das wäre der Fall, wenn die Mahnkosten der Abgeltung der vom Inkassounternehmen erbrachten Leistung dienen würde. Dies ist jedoch zu verneinen. Der Patient zahlt die Mahngebühr nicht, weil das Inkassounternehmen das Honorar für den Arzt einzieht, sondern allein aufgrund des Schadens, der durch die verspätete Honorarzahlung entstanden ist. Ihre Höhe wird in diesem Fall nicht durch die erbrachte Leistung bestimmt. Die Zahlung der Mahngebühr ist unabhängig von der Leistung des Inkassounternehmens an den Arzt, was insbesondere daran deutlich wird, dass die Forderung auch dann bestehen würde, wenn der Arzt eigenständig ein Mahnverfahren eingeleitet hätte. Insoweit ergebe sich für diesen Fall keine andere Beurteilung als bei den Fällen des Verzögerungsschadens im Zwei-Personen-Verhältnis. Allerdings ist Folgendes zu beachten. Der Anspruch auf den Verzögerungsschaden stellt einen Anspruch des Arztes dar. Dieser tritt ihn dann weiter an das Inkassounternehmen ab. Im Verhältnis zwischen dem Arzt und dem Inkassounternehmen dient die Zahlung der Mahngebühr durch den Patienten daher nicht dem Ausgleich eines Verzögerungsschadens, sondern stellt ein von dem Arzt an das Inkassounternehmen erbrachtes zusätzliches Entgelt dar. Zum Vergleich kann der Fall betrachtet werden, in dem sich das Inkassounternehmen zwar um die Ein­treibung der Geldbeträge kümmert, der Patient den Betrag infolgedessen aber an den Arzt zahlt und dieser mit dem exakten Betrag das Inkassounter­nehmen vergütet. Die Zahlung verliert ihre Qualität als Schadensersatz zum Ausgleich des Verzögerungsschadens in dem Moment, in dem der Arzt sie vereinnahmt. Leitet dieser den Betrag an das Unternehmen weiter, handelt es sich um eine zusätzliche Entlohnung des Inkassounternehmens. Daraus folgt, dass sich diese Zahlung auf die Höhe der Bemessungsgrundlage auswirkt. Die bestehende Besonderheit liegt nunmehr darin begründet, dass die Zahlung nicht an den Arzt, sondern direkt an das Inkassounternehmen getätigt wird. Hierdurch wird ein Zahlungsweg gespart. Eine Auswirkung auf die Umsatzsteuerbarkeit kann das jedoch nicht haben.153 Die gezahlte Mahngebühr stellt daher zwar im Verhältnis zwischen Arzt und Patienten einen nicht steuerbaren Vorgang 153 Vgl. Lippross, DStZ 2013, 433, 442.

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dar, führt aber zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage in dem Leistungsverhältnis zwischen Arzt und Inkassounternehmen.154 Dem Bundesfinanzhof ist deshalb zuzustimmen, dass in den gezahlten Mahngebühren ein zusätzliches Entgelt zu sehen ist. Allerdings handelt es sich dabei genau genommen nicht mehr um eine Mahngebühr, sondern um eine zusätzliche Entlohnung des Inkassounternehmens durch den Arzt. Die Bezeichnung als Mahngebühr beschreibt lediglich noch der Herkunft der Zahlungsmittel. Der Bundesfinanzhof begründet seine Auffassung ­daher richtigerweise damit, dass zwischen dem Inkassounternehmen und dem Arzt ein entgeltliches Geschäftsbesorgungsverhältnis im Sinne von §  675 BGB besteht, im Rahmen dessen das Inkassounternehmen gemäß §§ 667, 675 BGB dazu verpflichtet ist, alles herauszugeben, was es aus der Geschäftsbesorgung erlangt.155 Davon umfasst sind auch die in Frage stehenden Schadensersatzansprüche. Der Anspruch auf den Ersatz des Verzögerungsschadens stand dem Grunde nach daher dem Arzt zu, den dieser dem Unternehmen überließ. Diese Überlassung geschah aber nur aufgrund der Inkassotätigkeit, weshalb der unmittelbare Zusammenhang zu bejahen war. Das Urteil widerlegt die Feststellung, dass Mahngebühren nicht der Umsatzsteuer unterliegen, mithin nicht. Es verbleibt deshalb bei dem Ergebnis, dass Schadensersatzansprüche neben der Leistung auf­grund eines Verzögerungsschadens gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Aus den gleichen Gründen unterliegen auch Verzugs-, Prozess- und Fälligkeitszinsen nicht der Umsatzbesteuerung. Befindet sich der Schuldner einer Geldleistungspflicht in Verzug, ist diese Geldschuld gemäß §  288 Abs.  1 BGB ab dem Verzugseintritt zu verzinsen. Die Verzugszinsen stehen dem Gläubiger als Ausgleich seines objektiven Mindestschadens unabhängig davon zu, ob tatsächlich ein Schaden bei ihm eingetreten ist.156 In der Vergangenheit hat der Reichsfinanzhof noch eine Erhöhung des Entgelts im Zusammenhang mit der Zahlung von Verzugszinsen unter der Begründung angenommen, dass diese als Zahlungszuschläge eine wirtschaftliche Einheit mit dem Entgelt bildeten und daher zu dessen Erhöhung führten.157 Dem folgend, gelangte der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass diese wirt154 So auch Weymüller, ­jurisPR-SteuerR 41/2021, Anm. 6. 155 BFH v. 11.05.1995 – V R 86/93, ­BStBl. II 1995, 613. 156 BAG v.  07.03.2001  – GS 1/00, NJW 2001, 3570; Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, 3, 7; Stadler, Jauernig, BGB, § 288, Rn. 2. 157 RFH v. 23.06.1939 – V 421/37, RStBl. 1939, 1011.

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schaftliche Einheit darauf zurückzuführen sei, dass die Verzugszinsen ohne den Vertrag erst gar nicht angefallen wären.158 Dass die Zinsen aus zivilrechtlicher Sicht auf einem anderen Rechtsgrund beruhen würden als die Hauptleistung, spiele keine Rolle, weil das Umsatzsteuerrecht eigene Rechtsbegriffe entwickelt habe, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auszulegen seien.159 Aus der Sicht des Leistungsempfängers sei die um den Zinsbetrag erhöhte Zahlung dasjenige, was er aufwenden müsse, um die Leistung zu erhalten.160 Dasselbe gelte für Stundungszinsen.161 Mit Urteil aus dem Jahr 1982 widersprach der Europäische Gerichtshof dieser Auffassung jedoch und gelangte zu dem Ergebnis, dass Verzugszinsen kein Bestandteil eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs seien.162 Zum einen stünden die gezahlten Zinsen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Hauptleistung, weil sie lediglich dem Ausgleich derjenigen Kosten dienen würden, die dem Unternehmer aufgrund der verspäteten Zahlung entstanden sind. Zum anderen stehe den Zinsen auch keine eigenständige Leistung in Form eines gewährten Zahlungsaufschubs gegenüber, da dieser unfreiwillig und somit ohne den Leistungswillen des Unternehmers erfolge. Nach nunmehr herrschender Meinung wird deshalb folgerichtig die Zahlung von Verzugszinsen und ähnlichen Beträgen nicht als Erhöhung der Bemessungsgrundlage angesehen.163 Wie auch die übrigen Zahlungen, die aus der verspäteten Leistungserbringung resultieren, dienen auch die Zinsen nicht der Abgeltung der erbrachten Leistung, sondern allein dem Ausgleich 158 BFH v. 29.11.1955 – V 79/55 S, B ­ StBl. III 1956, 53. 159 BFH v. 16.12.1971 – V R 2/69, ­BStBl. II 1972, 508. 160 BFH v. 29.11.1955 – V 79/55 S, ­BStBl. III 1956, 53. Zustimmend Mayer, NJW 1974, 839; Seltmann, BB 1975, 648 f.; Kniestedt, DStR 1976, 597, 598. 161 RFH v. 23.06.1939 – V 421/37, RStBl. 1939, 1011; BFH v. 29.11.1955 – V 79/55 S, ­BStBl. III 1956, 53. 162 EuGH v. 01.07.1982 – C-222/81, NJW 1983, 505. 163 BGH v. 22.12.1983 – VII ZR 96/82, NJW 1984, 1035; OLG Frankfurt v. 01.12.1982 – 17 U 22/82, NJW 1983, 394; Achatz, Umsatzsteuer und Schaden­ersatz, S.  109  ff.; Prinz, Zivilrechtliche Ersatzleistungen im Umsatzsteuer­recht, S.  23  ff.; Kaufmann, UR 1975, 157, 159; Knobbe-Keuk, StuW 1976, 43, 47; Weiß, UR 1982, 162, 163; Müller, DB 1984, 17 ff.; Weiß, UR 1986, 83, 89 f.; Pel, UR 1988, 365, 368; Birkenfeld, DAR 1992, 33, 3321; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn.  53 unter „Prozesszinsen“ und „Verzugs­zinsen“; Leicht, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechts­lexikon, Schadensersatz, Rn.  5; Kraft, Münchener Handbuch des Ge­sellschafts­rechts, Band 4, §  54, Rn.  45; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 10, Rn. 105; Wäger, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Abschnitt I, Kapitel 1 unter A, Rn.  101; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG §  1, Rn.  854; Erdbrügger, Wäger, UStG, §  1, Rn. 118; Abschn. 1.3 Abs. 6 S. 3 und Abschn. 10.1 Abs. 3 S. 9 UStAE.

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eines eingetretenen Schadens. Durch den Eintritt des Verzugs wird die Leistung nicht etwa teurer, weshalb das vertraglich vereinbarte Wertverhältnis zwischen der Leistung und dem Entgelt unberührt bleibt.164

III.  Schadensersatz statt der Leistung 1. Überblick Anders als der Schadensersatz neben der Leistung wird der Schadensersatz statt der Leistung anstelle der Primärleistung erbracht und kann daher nicht neben der Vertragserfüllung geltend gemacht werden.165 Ersetzbar sind solche Schäden, die entfallen würden, wenn die geschuldete Leistung noch erbracht würde. Es ist folglich danach zu fragen, ob eine gedachte Nacherfüllung oder Nachholung der Leistung den Schaden entfallen lassen würde.166 Dabei handelt es sich um solche Schäden, die allein darauf beruhen, dass die Leistung endgültig nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht worden ist.167 Der Schadensersatz statt der Leistung schützt daher anders als der Schadensersatz neben der Leistung nicht das Integritäts-, sondern das Erfüllungsinteresse, auch Äquivalenzinteresse genannt, des Gläubigers.168 Nicht umfasst werden deshalb die Folgeschäden, da diese allein das Integritätsinteresse des Geschädigten betreffen. Solche Schäden können auch durch eine gedachte Nachholung der Leistung nicht mehr behoben werden und sind daher endgültig eingetreten. Sie werden deshalb allein durch den Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB erfasst.169 Der Gläubiger ist durch die Erbringung des Schadensersatzes so zu stellen, als ob ihm die Leistung ordnungsgemäß zugeflossen wäre.170 Daher sind auch die Kosten für ein aufgrund des Ausbleibens der Leistung vorgenommenes Deckungsgeschäft über den Schadensersatz statt der Leistung auszugleichen.171 164 Vgl. Prinz, Zivilrechtliche Ersatzleistungen im Umsatzsteuerrecht, S. 26. 165 BGH v. 03.07.2013 – VIII ZR 169/12, NJW 2013, 2959; Looschelders, Schuld­recht, Allgemeiner Teil, § 24, Rn. 17; Dauner-Lieb, NomosKomm, BGB, § 280, Rn. 43; Weiler, Schuldrecht AT, § 20, Rn. 6. 166 Weiler, Schuldrecht AT, § 25, Rn. 1; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 28, Rn. 2. 167 Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 268; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 28, Rn. 2. 168 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 28, Rn. 2. 169 Grunewald, Erman, BGB, § 437, Rn. 13; Ulber, Erman, BGB, § 280, Rn. 16; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E8. A.A. Recker, NJW 2002, 1247; Ernst, MüKo, BGB, § 280, Rn. 75. 170 Weiler, Schuldrecht AT, § 25, Rn. 1. 171 BGH v. 03.07.2013 – VIII ZR 169/12, NJW 2013, 2959; Ostendorf, NJW 2010, 2833, 2838; Kaiser, FS Westermann, 351, 352.

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A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

Ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung kann nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281 bis 283 BGB bestehen. Notwendig ist hierfür in jedem Fall die Verletzung einer Haupt- oder Nebenleistungspflicht.172 Gründe, die zur Verpflichtung zum Schadensersatz statt der Leistung führen, sind die Nicht- oder die Schlechtleistung, die Unmöglichkeit der Leistungserbringung sowie die Unzumutbarkeit der Leistung für den Gläubiger infolge einer Nebenpflichtverletzung. Der Anspruch tritt wirtschaftlich betrachtet an die Stelle der Leis­tung.173 Bereits hierin liegt ein entscheidender Unterschied zum Scha­densersatz neben der Leistung, der nicht an die Stelle der Leistung tritt, sondern unabhängig neben dem Hauptleistungsanspruch besteht. Zudem wird der Leistungsempfänger so gestellt, als hätte er die Leistung tatsächlich empfangen. Hieraus resultiert die erste Vermutung, dass der Schadensersatz statt der Leistung stets einen Leistungsaustausch begründen könnte, da er insoweit an Stelle der Leistung gezahlt wird und somit zunächst die Vermutung eines unmittelbaren Zusammenhangs besteht. Diese These gilt es nun anhand der einzelnen Arten des Schadensersatzes statt der Leistung zu überprüfen. Grundsätzlich richtet sich auch die Bemessung des Schadensersatzes statt der Leistung nach den §§ 249 ff. BGB. Dennoch gewährt er keinen Anspruch auf Naturalrestitution.174 Das ergibt sich zum einen aus dem Ausschluss des primären Leistungsanspruchs gemäß § 281 Abs. 4 BGB. Daraus folgt, dass der Schadensersatzanspruch grundsätzlich nicht auf Naturalherstellung gerichtet sein kann.175 Zum anderen würden durch die Gewährung eines Anspruchs auf Naturalrestitution die Leistungsgefahr und ihre Grenzen überspielt.176 Könnte der Schadensersatzanspruch statt der Leistung auf eine Naturalrestitution gerichtet werden, liefe dies im Ergebnis auf die Verwirklichung des Primäranspruchs hinaus. Folglich kann der Geschädigte lediglich den für die Schadensbeseitigung erforderlichen Betrag in Form eines Geldbetrags ersetzt verlangen. 172 Weiler, Schuldrecht AT, § 25, Rn. 5. 173 Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 268; Weiler, Schuldrecht AT, § 25, Rn. 1; Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 1; Schulze, NomosHK, BGB, § 280, Rn. 4. 174 BGH v. 22.07.2010 – VII ZR 176/09, NJW 2010, 3085; v. 11.10.2012 – VII ZR 179/11, NJW 2013, 370; Emmerich, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 281, Rn. 7; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. E37; Lorenz, BeckOK, BGB, § 280, Rn. 44. A.A. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S. 387 ff. 175 Schwarze, Staudinger, BGB, § 281, Rn. B128; Lorenz, BeckOK, BGB, § 281, Rn. 39. 176 Benicke/Hellwig, Soergel, BGB, § 281, Rn. 242; Kaiser, Die Rückabwicklung ge­gen­ seitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB, S. 79 ff.

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2.  Schlechtleistung (§ 281 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB) a)  Darstellung des Problems Erbringt der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet, steht dem Gläubiger ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB zu. Die Leistung ist nicht wie geschuldet erbracht, wenn sie ganz oder teilweise nicht der vertraglich vereinbarten Qualität entspricht.177 In Abgrenzung zur Nichtleistung178 wird im Fall der Schlechtleistung zwar eine Leistung vorgenommen, diese entspricht qualitativ aber nicht den vereinbarten Erwartungen der Vertragsparteien.179 Eine besonders wichtige Form der Schlechtleistung ist die mangelhafte Leistung im Kauf- und Werkvertragsrecht.180 Hierbei liegt die Pflichtverletzung darin, dass die Sache oder das Werk nicht frei von Sach- oder Rechtsmängeln verschafft wird. Notwendig ist jedoch immer, dass es sich um einen behebbaren Mangel handelt, da ansonsten ein Fall der Unmöglichkeit der Leistungserbringung181 vorliegt.182 Zu unterscheiden sind der kleine Schadensersatz und der große Schadensersatz (auch Schadensersatz statt der ganzen Leistung).183 Handelt es sich um einen erheblichen Mangel, kann der Gläubiger dem Schuldner die mangelhafte Leistung zurückgeben und stattdessen im Rahmen des großen Schadensersatzes den Ersatz des Schadens verlangen, der ihm infolge der Nicht­ erfüllung des ganzen Vertrags entstanden ist.184 Falls der Mangel hingegen unerheblich ist, hat der Gläubiger die Leistung zu behalten und kann lediglich die Differenz zwischen dem Wert der Leistung in mangelfreiem ­Zustand  und dem Wert der tatsächlich erbrachten Leistung als kleinen Schadensersatz er­setzt verlangen.185 Von einer Er­heblichkeit des Mangels ist auszugehen, wenn er so schwer wiegt, dass es dem Gläubiger unter 177 Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, 3, 9; Brox/Walker, Allgemeines Schuld­recht, § 24, Rn. 1. 178 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. III. 3. 179 Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 162. 180 Ulber, Erman, BGB, § 281, Rn. 26. 181 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. III. 5. 182 Weiler, Schuldrecht AT, §  25, Rn.  3; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, §  24, Rn. 8; Schwarze, Staudinger, BGB, § 281, Rn. A24. 183 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 24, Rn. 15 ff.; Lorenz, BeckOK, BGB, § 281, Rn. 70. 184 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, §  24, Rn.  16; Ulber, Erman, BGB, §  281, Rn. 29. 185 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 24, Rn. 15; Lorenz, BeckOK, BGB, § 281, Rn. 71. 

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Berücksichti­gung der beiderseitigen Interessen und der Umstände des Einzelfalls nicht mehr zuzumuten ist, weiter am Vertrag festzuhalten.186 Eine Schlechtleistung kann sich nicht auf eine Geldleistung, sondern allein auf eine Sachleistung beziehen. Die Geltendmachung des Schadensersatzan­ spruchs wegen Schlechtleistung hat keine Auswirkung hinsichtlich des Anspruchs auf die Gegenleistung.187 Wurde die vertragliche Leistung nicht wie vereinbart erbracht, ist die Frage zu stellen, wie ein vom Unternehmer gezahlter Schadensersatz umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Für deren Beantwortung ist zu untersuchen, ob die Schadensersatzzahlung zu einem Teil des Leistungsaustauschs geworden ist, was zu bejahen wäre, wenn zwischen der Zahlung und der vom Unternehmer erbrachten Leistung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen würde. Die Bejahung des unmittelbaren Zusammenhangs würde in diesem Fall zu einer nachträglichen Minderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 UStG führen, während bei einer Verneinung die Höhe des Entgelts unverändert bliebe. Die Schadensersatzzahlung fände dann unabhängig von einem Leistungsaustausch statt und unterläge daher auch nicht der Umsatzsteuer. Zur Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen. V verkauft ein Fahrzeug an K für einen Preis von 5.000 Euro. V übergibt und übereignet dieses Fahrzeug an K. Letzterer zahlt den Kaufpreis von 5.000 Euro an V. Später stellt sich die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs heraus. Variante 1: Der Mangelunwert beträgt 500 Euro. V leistet Schadensersatz in Höhe von 500 Euro an K. Variante 2: Es handelt sich um einen erheblichen Mangel, weshalb K das mangelhafte Fahrzeug an V zurückgibt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung geltend macht. b)  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Der Bundesfinanzhof äußerte sich bereits in mehreren Fällen zu der Frage, wie die Schadensersatzzahlung aufgrund einer Schlechtleistung umsatzsteuerlich zu beurteilen sei.188 Für die Höhe des Entgelts sei nach seiner Auffassung allein maßgebend, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß 186 BGH v. 17.02.2010 – VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289; v. 07.03.2013 – 162/12, NJW 2013, 1431; v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229; Weiler, Schuld­ recht AT, § 25, Rn. 38; Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 165; Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 281, Rn. 47. 187 Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 13. 188 BFH v. 16.01.2003 – V R 72/01, B ­ StBl. II 2003, 620; v. 19.04.2007 – V R 44/05, BFH/ NV 2007, 1548; v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869.

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für die Leistungserlangung aufwende. Es komme daher nur auf das an, was der Leistende letztendlich tatsächlich für die erbrachte Leistung erhalte. Ob der Leistungsempfänger eine Minderung geltend mache oder einen Anspruch auf Schadensersatz einfordere, mache in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht keinen Unterschied. Die Zahlung des Schadensersatzes statt der Leistung wegen einer Schlechtleistung sei deshalb genau wie eine Minderung zu behandeln und führe damit zur nachträglichen Verringerung der Bemessungsgrundlage nach §  17 Abs.  1 UStG. Der unmittelbare Zusammenhang sei damit zu begründen, dass die Zahlung dem Ausgleich des mangelbedingten Minderwertes der erbrachten Leistung diene. An dieser Beurteilung ändere sich auch dann nichts, wenn der Schadensersatzanspruch erst nach der vollständigen Vereinnahmung des Entgelts geltend gemacht und ausgezahlt werde.189 Zu demselben Ergebnis gelangen auch der überwiegen­de Teil der Literatur190 sowie die Finanzverwaltung191. Demnach wäre in Variante 1 des Fallbeispiels die zunächst in der Höhe von 5.000 Euro begründete Bemessungsgrundlage nachträglich um den gezahlten Schadensersatzanspruch von 500 Euro auf 4.500 Euro zu verringern. Allerdings besteht auch eine gegenteilige Auffassung. In der Vorinstanz zum Bundesfinanzhof192 ging das Finanzgericht Köln in einer Entscheidung, der eine mangelhafte Kaufsache zugrunde lag, davon aus, dass die Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung wegen einer Schlechtleistung nicht zu einer nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage führe, wenn das Entgelt zunächst vollständig vereinnahmt und der Schadenser­ satzanspruch erst danach geltend gemacht werde.193 Diese Sicht wurde damit begründet, dass der Entgeltanspruch und der Schadensersatzanspruch zivilrechtlich auf verschiedenen Rechtsgründen beruhen. Aufgrund der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bleibe der Erfüllungsanspruch erhalten. Daher könne der Schadensersatzanspruch keine Rückzahlung des 189 BFH v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869. 190 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 120 f.; Valentin, UStB 2000, 274, 277 f.; Büchter-Hole, EFG 2001, 1402; Fritsch, UStB 2003, 164; Serafini, GStB 2003, 482, 483 f.; Nieskoven, GStB 2008, 80, 81 f.; Wohlfart, UStB 2009, 158; Vellen, UStB 2010, 263; Tausch, UVR 2010, 291, 292; Slotty-Harms, UVR 2011, 123, 124; Zahn, BauR 2011, 1401, 1403 f.; Friedrich-Vache, 100 Jahre Umsatz­steuer in Deutsch­land 19182018, 321, 342; Pflaum, UR 2020, 288, 291; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 851 f.; Korn, Bunjes, UStG, § 17, Rn. 72. 191 Abschn. 1.3 Abs. 1 S. 5 UStAE. 192 BFH v. 19.04.2007 – V R 44/05, BFH/NV 2007, 1548. 193 FG Köln v. 07.06.2005 – 8 K 4192/02, ­DStRE 2006, 284.

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Kaufpreises darstellen. Insoweit fehle ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Schadensersatzzahlung und der erbrachten Leistung. Insbesondere scheitere auch die Vergleichbarkeit des Schadensersatzanspruchs mit der Minderung daran, dass beide Rechtsinstitute auf verschiedene Rechtsfolgen gerichtet seien. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt Widmann, der die Auffassung vertritt, dass ein wirt­schaftlicher Zusammenhang zwischen dem gezahlten Entgelt und einer späteren Schadensersatzzahlung anlässlich einer mit dem Entgelt abgegoltenen mangelhaften Leistung nicht bestehe.194 Eine erst nachträglich entstehende Entschädigung stehe nicht mehr im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung. Nur eine sofortige Verrechnung der Entschädigung mit dem Anspruch auf das Entgelt könne eine Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 Abs. 1 UStG herbeiführen. Beendet sei der Leistungsaustausch, wenn sowohl die Leistung vollständig erbracht als auch das Entgelt vollständig vereinnahmt wurde. Jedwede Zahlung, die danach vorgenommen werde, stünde dann in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung mehr. In Variante 1 des Fallbeispiels würde die Bemessungsgrundlage deshalb weiterhin in Höhe von 5.000 Euro bestehen bleiben. c) Stellungnahme Dass eine zivilrechtliche Minderung auch zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führen muss, ist plausibel. Die Minderung wirkt sich unmittelbar auf den primären Zahlungsanspruch des Unternehmers aus und verringert diesen in entsprechender Höhe. Fordert der Leistungsempfänger statt der Minderung Schadensersatz, kann überlegt werden, ob dies zu einer anderweitigen Beurteilung zu führen vermag. Anders als die Minderung führt die Geltendmachung eines Schadens­ersatzanspruchs rechtlich gesehen gerade nicht zu einer Verringerung des Vergütungsanspruchs. Der Schadensersatzanspruch stellt stattdessen einen an sich selbständigen Anspruch dar, der neben den Erfüllungsanspruch als Sekundärrecht tritt.195 Durch die Geltendmachung des Schadensersatzes hat der Schädiger den Geschädigten so zu stellen, als ob die Verpflichtung ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Das Ziel der Minderung liegt hingegen gerade nicht in der Herstellung eines Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Vielmehr wird der fehlerhafte Zustand belassen und dafür der ver194 Widmann, UR 2003, 254, 255. 195 So BGH v. 23.06.2005 – VII ZR 197/03, NJW 2005, 2771.

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traglich vereinbarte Zahlungsanspruch in entsprechendem Maße verringert. Dies könnte zunächst eine unterschiedliche Behandlung nahelegen, da die Minderung und die Forderung von Schadensersatz unter zivilrecht­ lichen Gesichtspunkten gerade nicht das Gleiche sind und der Leistungsempfänger sich bewusst dafür entscheidet, den primären Zahlungsanspruch unberührt zu lassen. Bei der Forderung des Schadensersatzes werden die Ansprüche anders als bei der Minderung nicht verrechnet. Hierbei stehen sich zwei eigenständige Ansprüche gegenüber. Für die Beurteilung der Umsatzbesteuerung kommt es jedoch nicht entscheidend auf die zivilrechtlichen, sondern auf die tatsächlichen Gegebenheiten an. Im Ergebnis erhält der Leistungsempfänger einen Teil des von ihm gezahlten Betrags zurück. Ob dies aufgrund einer Minderung oder aufgrund der Forderung nach Schadensersatz geschieht, ist lediglich eine zivilrechtliche Rechtsfrage. In tatsächlicher Hinsicht wendet der Leistungsempfänger lediglich den verringerten Betrag auf, um die Leistung zu erhalten, denn der Schadensersatzanspruch rührt gerade aus der Mangelhaftigkeit der Leistung her. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs wird deshalb durch die Leistung selbst bestimmt. Nur der um den Schadensersatzanspruch verringerte Betrag bringt die Wertschätzung des Leistungsempfängers für die erbrachte Leistung zum Ausdruck. Sowohl aus der Sicht des Leistungsempfängers als auch aus der Perspektive des leistenden Unternehmers erweist sich die Schadensersatzzahlung als eine Verringerung des Entgelts. Aufgrund der mangelhaften Leistung ist ihr Wert verringert. Deshalb stellt auch lediglich der um die Schadens­ersatzzahlung verringerte Betrag den Gegenwert der Leistung dar und dient ihrer Abgeltung. Dem Leistungsempfänger steht ein Wahlrecht zwischen der Geltendmachung der Minderung oder des Schadensersatzes zu. Beiden Möglichkeiten liegt jedoch dieselbe Pflichtverletzung in Form der Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistung zugrunde. Eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung von Schadensersatzverlangen und Minderung erscheint daher unsachgerecht. Aus diesem Grund ist der herrschenden Auffassung zu folgen. Insbesondere die Frage danach, ob die Zahlung bereits vollständig vereinnahmt worden ist, kann für die Umsatzbesteuerung keine Rolle spielen. Ob das Entgelt bereits vollständig vereinnahmt wurde, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie beispielsweise dem Zeitpunkt, zu dem der Mangel auftritt, oder den individuellen Vereinbarungen der Parteien über die Fälligkeit der Zahlung. Insoweit würde die Umsatzsteuerbarkeit vom Zufall ab46

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hängen, wenn es darauf ankäme, ob eine vollständige Vereinnahmung bereits vollzogen wurde. Darüber hinaus würde es im Widerspruch zum Rechtsgedanken des § 17 Abs. 1 UStG stehen, wenn dieser nicht mehr anwendbar wäre, sobald das Entgelt vollständig vereinnahmt wurde, denn Sinn und Zweck der Norm ist die Korrektur der Bemessungsgrundlage, damit unter Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips nur derjenige Betrag besteuert wird, der zur Erlangung der Leistung vom Leistungsempfänger tatsächlich aufgewendet wurde. Richtigerweise kann es daher auch nach bereits vollständiger Verein­nahmung des Entgelts und somit nach Abschluss des Leistungsaustauschs noch zu einer Änderung des Entgelts kommen.196 Es verbleibt daher festzustellen, dass die Mangelhaftigkeit der Leistung durch die Zahlung abgegolten wird, weshalb eine damit einhergehende Schadensersatzzahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers steht. In Variante 1 des Fallbeispiels ist die Bemessungsgrundlage deshalb, unabhängig davon, ob der Kaufpreis bereits vollständig vereinnahmt worden ist, auf 4.500 Euro zu verringern. Dem folgend kann grundsätzlich nichts anderes gelten, wenn es sich um einen erheblichen Mangel handelt und der Schadensersatz statt der ganzen Leistung geltend gemacht wird. Gibt der Leistungsempfänger die Leistung an den Unternehmer zurück und erhält im Gegenzug dafür eine dem gesamten Entgelt entsprechenden Schadensersatzanspruch ausgezahlt, handelt es sich umsatzsteuerlich um eine Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs. Das gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Leistungsempfänger keinen Rücktritt erklärt.197 Eine Besteuerung scheidet in diesem Fall daher vollständig aus. Deshalb ist in der Variante 2 des Fallbeispiels keine Umsatzbesteuerung vorzunehmen.

3.  Nichtleistung (§ 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB) Erbringt der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht rechtzeitig, kann der Gläubiger gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Der Anspruch ähnelt in seinen Vor196 Vgl. EuGH v. 24.10.1996 – C-317/94, B ­ StBl. II 2004, 324; v. 29.05.2001 – C‑86/99, BFH/NV 2001, 185; BFH v.  18.09.2008  – V  R 56/06, ­ BStBl.  II 2009, 250; v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869; Wäger, Sölch/Ringleb, UStG, § 17, Rn. 27. 197 Vgl. ausführlich zum Rücktritt 3. Kapitel, D. II.

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aussetzungen stark dem Anspruch auf den Ersatz des Verzögerungsschadens gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Eine Nichtleistung ist gegeben, wenn der Schuldner die fällige Leis­tung trotz Möglichkeit nicht erbringt.198 Der Unterschied zu den Fällen des § 286 BGB liegt darin begründet, dass die Leistung in den Fällen der Nichtleistung nicht mehr nachgeholt wird. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen der Nichtleistung hat wie der Schadensersatzanspruch wegen Schlechtleistung keine Auswirkung auf den Anspruch auf die Gegenleistung.199 Daneben kann sich gemäß § 281 Abs. 1 S. 2 BGB eine Schadensersatzverpflichtung bereits aus der teilweisen Nichterfüllung ergeben, wenn die Leistung dem Grunde nach teilbar ist. Ist das der Fall, kann der Gläubi­ger die Teilleistung nur zurückgeben und den großen Schadensersatz statt der Leistung fordern, wenn er kein Interesse an der Teilleistung hat. Anderenfalls steht ihm lediglich der kleine Schadensersatz in Form der Differenz zwischen geschuldeter und tatsächlich erbrachter Leistung zu. Auch in diesem Kontext soll ein Fallbeispiel der Veranschaulichung dienen. Der Käufer K und der Verkäufer V schließen einen Kaufvertrag über ein Fahrzeug ab und vereinbaren einen Kaufpreis in Höhe von 10.000 Euro. Ein Fall der Nichtleistung ist gegeben, wenn eine der beiden Verbindlichkeiten, also die Zahlung des Gelds oder die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, nicht erfüllt wird. Die weiteren Folgen unterscheiden sich je nachdem, welche der beiden Verbindlichkeiten ausbleibt. Zunächst ist der Fall des vollständigen Ausbleibens der primär geschuldeten Sachleistung, im Fallbeispiel somit das Ausbleiben von Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, zu betrachten. Umsatzsteuerlich ist dieser Fall tri­ vial. Erbringt der Unternehmer die Leistung nicht, fehlt auch eine umsatzsteuerliche Leistung. Ein gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB ersatzfähiger Schaden entsteht grundsätzlich nur, wenn der Wert der Sache tatsächlich über dem vereinbarten Preis liegt. Wäre das Fahrzeug im Fallbeispiel 12.000 Euro wert, wäre K folglich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Leistung ordnungsgemäß erbracht worden wäre. Der einzige ersatzfähige Schaden liegt daher in dem entgangenen Gewinn von 2.000 Euro. Dieser wird jedoch nicht für den Erhalt einer Leistung erbracht, sondern dient ledig­lich dem Ausgleich eines dem K entstandenen Vermögensschadens.200 Ist die geschuldete Leistung teilbar und hat der Schuldner bereits 198 Weiler, Schuldrecht AT, § 25, Rn. 3; Schwarze, Staudinger, BGB, § 280, Rn. A20. 199 Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 13. 200 Vgl. Knobbe-Keuk, StuW  1976, 43, 47; Puttlitz, DStR, 1976, 114; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Schmehl/Mohr, NZI 2006, 276, 277.

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einen Teil hiervon erfüllt, liegt eine Teilleistung vor. Dem Leistungsempfänger steht in diesem Fall ein Schadensersatzanspruch gegen den Unternehmer in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der tatsächlich erbrachten Teilleistung und dem theoretischen Wert der vollständigen Leistung zu.201 Vergleichbar ist diese Situation mit einem Schadensersatzanspruch wegen Schlechtleistung. Auch bei einer Teilleistung ist der Leistungsempfänger letztlich nur mit dem Betrag belastet, der sich aus der Differenz des aufgewendeten Entgelts und dem ausgezahlten Schadensersatzanspruch ergibt. Dieser Betrag stellt den Gegenwert der Teilleistung dar und dient damit ihrer Abgeltung. Aus diesem Grund steht der Schadensersatzanspruch wegen teilweiser Nichtleistung im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung, was die nachträgliche Verringerung der Bemessungsgrundlage zur Folge hat. Wie auch beim Schadensersatzanspruch wegen Schlechtleistung ist unerheblich, ob das vertraglich vereinbarte Entgelt bereits vor der Leistungserbringung vollständig vereinnahmt worden ist.202 Dem folgend muss dann, wenn der Leistungsempfänger aufgrund mangelnden Interesses die Teilleistung zurückgibt, von einer Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs ausgegangen werden, weshalb die Umsatzbesteuerung vollständig entfällt. Eine anderweitige Beurteilung ergibt sich für den Fall der Nichterfüllung der Geldverbindlichkeit. In dem Fallbeispiel würde V beim Ausbleiben der Zahlung ein Schaden entstehen, wenn der Kaufgegenstand einen tatsächlich geringeren Wert hätte als der vereinbarte Kaufpreis. Ist das Fahrzeug im Fallbeispiel lediglich 7.000 Euro wert, erleidet V durch das Ausbleiben der Zahlung einen Schaden in Höhe von 3.000 Euro. Für die Frage der umsatzsteuerlichen Beurteilung ist nun von entscheidender Bedeutung, ob die Sachleistung, also Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, bereits erfüllt wurde. Ist die Leistung schon er­bracht worden und macht der Leistende einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung geltend, entscheidet er sich zugleich dafür, den Gegenstand bei dem Leistungsempfänger zu belassen. Der Schadensersatzanspruch richtet sich insoweit nach der Höhe der ausgebliebenen Leistung. Dem leistenden Unternehmer steht daher ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Höhe von 10.000 Euro zu. Zivilrechtlich betrachtet handelt es sich bei diesem Schadensersatzanspruch trotz der gleichen Zahllast um einen vollständig vom Anspruch auf die Kaufpreis201 Ulber, Erman, BGB, § 281, Rn. 82. 202 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2. c).

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zahlung unabhängigen Anspruch. Dieser dient dem Grunde nach dem Ausgleich des beim Leistenden durch das Ausbleiben der Kaufpreiszahlung entstandenen Vermögensschadens. Der Anspruch auf die Kaufpreiszahlung erlischt mit der Geltendmachung dieses Anspruchs. Das Umsatzsteuerrecht knüpft jedoch an tatsächliche Gegebenheiten an. Sowohl aus der Sicht des Leistenden als auch aus der Perspektive des Leistungsempfängers werden die 10.000 Euro für die Übergabe und die Übereignung des Fahrzeugs gezahlt. Diese Zahlung stellt den Gegenwert für diese Leistung dar und dient ihrer Abgeltung. Ein unmittelbarer Zusammenhang liegt somit vor, weshalb die Umsatzsteuerbarkeit bejaht werden muss. Zu demselben Ergebnis gelangen auch der Bundesgerichtshof203 und die Literatur204 unter Anwendung der sogenannten Austauschtheorie. Demnach sei eine auf Nichterfüllung gestützte Schadensersatzforderung nach § 326 BGB a. F. (jetzt § 281 Abs. 1 BGB), soweit mit ihr als Schaden die infolge des Schadensersatzverlangens untergegangene Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen verfolgt werde, umsatzsteuerrechtlich der auf die steuerbare Leistung zu stützenden Vergütungsforderung gleichzusetzen und damit selbst steuerbarer Umsatz. Anders ist der Fall des Ausbleibens der Erfüllung der Geldverbindlichkeit dann anzusehen, wenn es noch nicht zur Leistungserbringung ge­kommen ist. Im Fallbeispiel ist zu unterstellen, dass K mit der Geldzah­lung vorleistungspflichtig ist und diese trotz Fälligkeit nicht erbringt. Da mit der Geltendmachung des Schadensersatzes statt der Leistung der ursprüngliche Erfüllungsanspruch gemäß § 281 Abs. 4 BGB erlischt, scheidet eine Naturalrestitution aus. V kann daher nicht mehr verlangen, dass K das Fahrzeug abnimmt und er hierfür den vollen Kaufpreis erhält. Der Schaden wird daher nach dem entgangenen Gewinn berechnet, der im Fallbeispiel für V 3.000 Euro beträgt. Wie im Fall des Ausbleibens der Sachleistung fehlt auch hier eine umsatzsteuerliche Leistung. Die Gewährung des entgangenen Gewinns dient dem bloßen Ausgleich eines beim Unternehmer eingetretenen Vermögensschadens, weshalb vorliegend ebenfalls eine Umsatzbesteuerung ausscheidet.

203 BGH v. 17.07.2001 – X ZR 71/99, NJW 2001, 3535. 204 Martin, HFR 2002, 237, 238; Schmehl/Mohr, NZI 2006, 276, 277; Kemper, Steu­ erfolgen in präexistenten zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen, S.  349; Ekkenga/ Kuntz, Soergel, BGB, Vorbemerkung zu § 249, Rn. 367.

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4.  Schlecht- und Nichtleistung einer Nebenleistungspflicht a)  Darstellung des Problems Schadensersatzansprüche statt der Leistung im Sinne der §§  280 Abs.  1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB können ebenfalls durch die Nicht- oder Schlechterfüllung einer Nebenleistungspflicht begründet werden.205 In diesen Fällen wird der Schadensersatz anstelle der Erfüllung der Nebenleistungspflicht erbracht. Die Nebenleistungspflichten, auch leistungs­bezogene Nebenpflich­ ten genannt, zeichnen sich in Abgrenzung zur Hauptleistungspflicht dadurch aus, dass sie nicht vertragstypusbestimmender, sondern lediglich ­dienender Natur sind.206 Als besonders problematisch haben sich in der Vergangenheit die umsatzsteuerrechtlichen Beurteilungen von Schadensersatzleistungen erwiesen, die von einem Mieter oder einem Pächter, als Leistungsempfänger der Überlassung des Mietgegenstands, für unterlassene Instandhaltungsarbeiten zu leisten gewesen sind. Diese Problematik ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Verpflichtung zur Instandhaltung nach den gesetz­lichen Vorgaben originär beim Vermieter beziehungsweise beim Verpächter liegt und es deshalb für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Schadensersatzzahlung im Ergebnis darauf ankommt, wie die Übernahme von Verbindlichkeiten steuerlich zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grund bewegen sich die meisten Ausführungen über die Beurteilung von Schadensersatzzahlungen wegen einer Nebenleistungspflichtverletzung in Rechtsprechung und Literatur zu diesem Themenkreis. In den Fällen, in denen eine Nebenleistungspflicht durch den Leistungsempfänger verletzt wurde, ist die Frage zu stellen, ob eine damit einhergehende Schadensersatzzahlung des Leistungsempfängers einen Teil des Entgelts darstellt und somit zur einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt. b)  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Bereits der Reichsfinanzhof entschied, dass die Entschädigung, die ein Mieter anstelle der Durchführung der von ihm übernommenen Instandhaltungsarbeiten leistet, einen Teil des umsatzsteuerlichen Entgelts darstelle.207 Dies sei damit zu begründen, dass auch die Instandhaltung einen Teil der 205 Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT, §  11, Rn.  606; Ernst, MüKo, BGB, § 281, Rn. 14. 206 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 13, Rn. 11; Bachmann, MüKo, BGB, § 241, Rn. 35. 207 RFH v. 28.07.1933 – V A 680/32, RStBl. 1933, 1357.

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vom Mieter zu erbringenden Gegenleistung für die Überlassung des Mietgegenstands darstelle. Da die Ausführung der Instandhaltung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung stünde, könne nichts anderes für die an die Stelle der Instandhaltungsarbeiten tretende Schadensersatzzahlung gelten. In Abweichung von der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs entschied der Bundesfinanzhof im Zusammenhang mit Pacht-208 und Mietverträgen209, dass die übernommene Instandhaltungsverpflichtung sowie die Entschädigung bei deren Nichterfüllung nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Dem folgend entschied zuletzt auch das Finanzgericht Köln über die Frage, wie übernommene Instandhaltungsverpflichtungen und eine damit verbundene Schadensersatzzahlung wegen der Nichtausführung zu behandeln seien.210 Nach dessen Begründung schnüre der Vermieter durch die Überwälzung der Instandhaltungsverpflichtung das gesetzlich vorgesehene Leistungspaket des Mietvertrags auf und erbringe durch die Überlassung der Mietsache nur noch eine Teilleistung. Die daneben selbständig be­ stehende Teilleistung der Instandhaltung werde hierdurch aus dem Leistungsaustausch ausgeklammert. Ein unmittelbarer Zusammenhang sei daher nicht gegeben, denn aus der Sicht des Leistungsempfängers stelle sich die Instandhaltungsverpflichtung nicht als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung dar, sondern als Verlagerung des Erhaltungsrisikos vom Eigentümer auf den Nutzer. Deshalb spiele es auch keine Rolle, wenn die Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung zu einer Verringerung des Mietzinses führe, da diese Verringerung lediglich die Abbedingung der Pflicht des Vermieters und der damit einhergehenden Aus­klammerung aus dem Leistungsaustausch ausgleiche. Gegen den unmittelbaren Zusammenhang spreche darüber hinaus auch, dass die Erfüllung der Instandhaltungsverpflichtung vornehmlich dem Mieter und nicht dem Vermieter zugutekomme, weil das Mietobjekt während der Mietzeit ausschließlich von ihm genutzt werde. Ähnlich argumentiert Achatz, der das Fehlen des unmittelbaren Zusammenhangs damit begründet, dass die Kosten für eine entsprechende Instandhaltung nicht als Abgeltung des Gebrauchs der Sache aufgewendet würden, da die Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit im alleinigen Interesse des Mieters liege.211 208 Vgl. BFH v. 26.07.1955 – V 35/55 U, ­BStBl. III 1955, 258; v. 18.05.1961 – V 17/59, HFR 1962, 65. 209 BFH v. 11.10.1962 – V 317/59 U, B ­ StBl. III 1963, 77. 210 FG Köln v. 13.01.2010 – 9 K 4447/08, ­DStRE 2010, 810. 211 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 123.

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Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll hingegen die Schadensersatzzahlung zu einer Erhöhung des Entgelts führen, da auch das Erbringen der Instandhaltungsarbeiten einen Teil des Entgelts darstelle.212 Diese Position wird unter anderem mit der Ansicht des Bundesgerichtshofs213 begründet, der unter zivilrechtlicher Betrachtung da­von ausgeht, dass die Erfüllung der Instandhaltungsarbeiten neben der Zahlung des Mietzinses einen Teil der zivilrechtlichen Gegenleistung darstel­le.214 Darüber hinaus stehe die Instandhaltung nicht im alleinigen Interesse des Mieters, sondern komme auch dem Vermieter zugute, da es zumindest mit Beendigung des Mietverhältnisses für den Vermieter einen Unterschied mache, ob der Gegenstand instand gehalten wurde oder nicht.215 c) Stellungnahme Jedenfalls im Ergebnis ist der Literaturauffassung zuzustimmen, die die Steuerbarkeit eines Schadensersatzes wegen nicht erbrachter Instand­ haltungsarbeiten bejaht. Nicht überzeugen kann das Argument, dass der Bundesgerichtshof die Instandhaltung als Teil der zivilrechtlichen Gegenleistung beurteilt, da die zivilrechtliche Betrachtung für das Umsatzsteuerrecht keine entscheidende Rolle spielt. Dennoch muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch den Leistungsempfänger und der Leistung des Unternehmers angenommen werden. Deutlich wird das Vorliegen des unmittelbaren Zusammenhangs, wenn die Situation der Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch den Mieter mit der Ausgangslage, in der die Verpflichtung beim Vermieter verbleibt, verglichen wird. Schließen der Mieter und der Vermieter einen Vertrag über die entgeltliche Überlassung eines Wohnraums für einen Mietzins von 1.500 Euro und verbleibt die Instandhaltungsverpflichtung beim Vermieter, besteht kein Zweifel daran, dass die vollen 1.500 Euro das Entgelt für die Wohnraumüberlassung darstellen. Übernimmt der Mieter hingegen die Instandhaltungsverpflichtung und reduziert sich die Höhe des Mietzinses aus diesem Grund von 1.500 Euro auf lediglich 1.200 Euro, erscheint es nicht 212 Fritz,  DStR 2010,  1826, 1827  f.; Herrlein, NZM 2013, 409, 417; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Mieterverpflichtungen“. 213 BGH v.  25.06.1980  – VIII ZR 260/79, NJW 1980, 2347; v.  05.06.2002  – XII ZR 220/99, NJW 2002, 2383; v. 18.10.2006 – VIII ZR 52/06, NJW 2006, 3778. 214 Herrlein, NZM 2013, 409, 417. 215 Fritz, DStR 2010, 1826, 1827.

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überzeugend, wenn davon ausgegangen werden soll, dass die Erfüllung der Instandhaltungsverpflichtung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung der Räumlichkeiten stehe. Die übernommene Verpflichtung tritt in diesem Fall an die Stelle der Entrichtung der Miete in Höhe von 300 €. Der Mieter erbringt die Instandhaltungsverpflichtung neben der Zahlung des Mietzinses und hierfür wird ihm der Wohnraum überlassen. Insoweit führt die Übernahme der Verpflichtung zu einer dauerhaften Minderung des Mietzinses. Nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs216 und des Finanzgerichts Köln217 würde der Mieter die Übernahme sowie die damit einhergehende Ausführung der Instandhaltungsarbeiten erbringen, ohne hierfür in irgendeiner Weise eine Gegenleistung zu erhalten. Diese Sichtweise erscheint jedoch wirklichkeitsfremd, denn der Mieter übernimmt die Verpflichtung nur, weil er hierdurch überhaupt erst die Überlassung des Mietgegenstands durch den Vermieter veranlassen kann. Allein die Kombination aus der Mietzins­zahlung und der übernommenen Instand­ haltungsverpflichtung dient der Abgeltung der vom Vermieter erbrach­ten Leistung. Lediglich die Kombination aus beidem bringt die Wertschätzung der Beteiligten für die Leistung zum Ausdruck. Die Übernahme der Verbindlichkeit steht deshalb im unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung des Mietgegenstands. Nichts anderes kann für die Schadensersatzzahlung gelten, die an die Stelle der Erfüllung der Verbindlichkeit tritt. Nach dem gesetzlichen Regelfall schuldet der Vermieter zum einen die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand, zum anderen, diesen Zustand während der Mietzeit zu erhalten. Diese beiden Pflichten stellen umsatzsteuerlich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung eine umsatzsteuerlich einheitliche Leistung dar. Für diese einheitliche Leistung erbringt der Mieter den Mietzins als hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt.218 Deshalb erscheint es schwer nachvollziehbar, dass die Übertragung der Verpflichtung zur Instandhaltung auf den Vertragspartner zu einer Ausklammerung dieser Pflicht aus dem Leistungsaustausch führen solle. Weshalb die Instandhaltung anders beurteilt werden sollte, nur weil sie von der anderen Vertragspartei ausgeführt wird, ist nicht ersichtlich.

216 BFH v. 26.07.1955 – V 35/55 U, ­BStBl. III 1955, 258; v. 18.05.1961 – V 17/59, HFR 1962, 65; v. 11.10.1962 – V 317/59 U, ­BStBl. III 1963, 77. 217 FG Köln v. 13.01.2010 – 9 K 4447/08, ­DStRE 2010, 810. 218 So auch FG Köln v. 13.01.2010 – 9 K 4447/08, ­DStRE 2010, 810, 811.

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A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

Weitergehend ist die Frage zu stellen, inwieweit die bisher getroffenen Feststellungen für Schadensersatzleistungen wegen der Schlecht- oder Nicht­ erfüllung von Nebenleistungspflichten verallgemeinerungsfähig sind. Wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, ist das entscheidende Kriterium für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit, ob sich die als Gegenleistung in Frage kommende Nebenleistungspflicht preissenkend auf das Entgelt ausgewirkt hat. Die Umsatzsteuerbarkeit muss daher bei solchen Schadenser­ satzzahlungen aufgrund der Verletzungen von Nebenleistungspflichten verneint werden, bei denen sich die Nebenleistungspflicht nicht auf die Höhe des Entgelts ausgewirkt hat, was grundsätzlich bei solchen Nebenleistungspflichten angenommen werden kann, die originär im Pflichtenkreis einer der Beteiligten liegen und bei ihm verbleiben. Diese treffen die Vertragspartei bereits von Gesetzeswegen, ohne dass sie gesondert vertraglich übernommen werden müssten. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nebenleistungspflicht in diesen Fällen eine preisliche Auswirkung auf das geschuldete Entgelt hatte. Im Ergebnis verbleibt daher festzustellen, dass die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht durch den Leistungsempfänger und einer damit verbundenen Schadensersatzzahlung statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB nur zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne von § 17 Abs. 1 UStG führt, wenn die verletzte Pflicht einen Niederschlag in dem Preis für die Leistung gefunden hat. Das wird in der Regel bei solchen Pflichten der Fall sein, die eine Vertragspartei von der anderen übernommen hat.

5.  Unmöglichkeit (§ 283 und § 311a BGB) a) Ausgangslage Wird die Hauptleistungspflicht unmöglich, wird der Schuldner gemäß § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht befreit. Als Konsequenz kann der Gläubiger dafür einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB geltend machen, wenn der Schuldner den Eintritt der Unmöglichkeit zu vertreten hat.219 Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Schuldner die Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr ausführen kann.220 Zu unterscheiden ist zwischen der nachträglichen und der anfängli219 Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, 3, 14; Westermann/Bydlinski/Weber, Schuld­ recht AT, § 12, Rn. 663; Stadler, Jauernig, BGB, § 283, Rn. 2. 220 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 34, Rn. 2 ff.; Schulze, NomosHK, BGB, § 275, Rn. 2.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

chen Unmöglichkeit. Gemäß § 311a Abs. 1 BGB liegt eine anfängliche Unmöglichkeit vor, wenn das zur Unmöglichkeit führende Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorgelegen hat. Tritt die Unmöglichkeit erst danach ein, ist ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit gegeben. Anders als die Schlecht- und die Nichtleistung im Sinne von § 281 Abs. 1 BGB hat der Eintritt der Unmöglichkeit eine Auswirkung auf die Gegenleistung, denn gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfällt der Anspruch hierauf, wenn der Schuldner seine Leistung aufgrund der Unmöglichkeit nicht mehr erbringen kann. Der zu ersetzende Schaden ist daher auf die Differenz des Werts der unmöglich gewordenen Leistung und desjenigen Werts der nicht mehr zu erbringenden Gegenleistung beschränkt.221 Allerdings bleibt die Verpflichtung zur Gegenleistung gemäß § 326 Abs. 2 BGB bestehen, wenn der Gläubiger für den Eintritt der Unmöglichkeit verantwortlich ist oder er sich im Gläubigerverzug befindet. Da eine Verbindlichkeit, die auf die Zahlung von Geld gerichtet ist, niemals unmöglich werden kann222, ist in diesem Abschnitt allein die Unmöglichkeit der zivilrechtlichen Hauptleistungspflicht des Unternehmers zu betrachten. Die umsatzsteuerliche Beurteilung des Schadensersatzes aufgrund von Unmöglichkeit erweist sich als problematisch, weil jeden­falls nach zivilrechtlichem Verständnis eine Leistungserbringung nicht vorliegt. Zu untersuchen ist daher, ob dieser Umstand zur Folge hat, dass auch eine Leistung nach umsatzsteuerlichem Verständnis nicht gegeben ist. Pflaum schlägt vor, den Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit wie den Schadensersatzanspruch wegen Schlechtleistung zu behandeln, weshalb auch hier eine Änderung der Bemessungsgrundlage durchzuführen wäre.223 Diese Sichtweise sei damit zu begründen, dass sich die Ansprüche lediglich hinsichtlich des Tatbestands unterscheiden, was für eine unterschiedliche Beurteilung jedoch nicht ausreichen solle. Auch die Geltendmachung des Schadensersatzes wegen Unmöglichkeit führe zu einer Modifizierung der Hauptleistungspflicht und sei daher umsatzsteuerlich relevant. Diese Überlegung kann jedoch nicht vollumfänglich überzeugen, denn der Unterschied zwischen den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Schlechtleistung oder aufgrund von Unmöglichkeit sind zu verschieden, um pauschal eine Gleichbehandlung zu behaupten. Im Fall der Schlechtleis­tung wird zunächst eine Leistung erbracht, die sich jedoch später als mangelhaft 221 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 22, Rn. 58. 222 Ernst, MüKo, BGB, § 275, Rn. 13; Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 275, Rn. 3; Ekkenga/Kuntz, Soergel, BGB, § 275, Rn. 11. 223 Pflaum, UR 2020, 288, 291.

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erweist. Der damit einhergehende Minderwert wird durch die Schadensersatzleistung ausgeglichen, weshalb in dieser Konstellation der unmittelbare Zusammenhang allgemein bejaht werden kann.224 Liegt jedoch ein Fall der Unmöglichkeit vor, ist grundsätzlich keine zivilrechtliche Leistung gegeben, da der Grundfall der Unmöglichkeit gerade darin begründet liegt, dass die Leistung nicht mehr erbracht werden kann, weil sie für den Schuldner oder die Allgemeinheit nicht mehr erbringbar ist. Aus diesem Grund fehlt es für einen Leistungsaustausch auch an dem Vorliegen einer Leistung im um­ satzsteuerlichen Sinne.225 Der Bundesfinanzhof226 sowie die steuerrechtliche Literatur227 gehen daher richtigerweise davon aus, dass eine Umsatzbe­ steuerung des Schadensersatzes statt der Leistung wegen Unmöglichkeit grundsätzlich nicht gegeben ist. Liegt ein Fall der teilweisen Unmöglichkeit vor, müssen der weiterhin mögliche und der unmögliche Teil unabhängig voneinander betrachtet werden. Wird der mögliche Teil der Leistung erbracht und hierfür ein verringerter Preis gezahlt, liegt in diesem Vorgang ein Leistungsaustausch begründet.228 Das gezahlte Entgelt stellt den Gegenwert der erbrachten Teilleistung dar und gilt diese somit ab. Wird darüber hinaus Schadensersatz wegen des unmöglich gewordenen Teils gezahlt, dient dieser allein dem Ausgleich eines beim Leistungsempfänger eingetretenen Schadens und steht deshalb in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Teilleistung. b)  Aufrechterhaltung der Gegenleistung aa)  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Eine anderweitige Beurteilung könnte sich jedoch in den Fällen ergeben, in denen die Anwendung des § 326 Abs. 1 BGB von vornherein ausgeschlossen ist. In diesen Fällen bleibt der Abnehmer trotz der Unmöglichkeit der Hauptleistung zur Erbringung der Gegenleistung verpflichtet. Gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB liegt ein solcher Ausschluss unter anderem vor, wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet. Gemäß §  293 BGB gerät der Gläubiger mit der Annahme in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Notwendig ist daher, dass der Schuldner imstande so224 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2. c). 225 Pel, UR 1988, 365, 367. 226 Vgl. BFH v. 12.11.1970 – V R 52/67, ­BStBl. II 1971, 38. 227 Vgl. Pel, UR 1988, 365, 366; Mainzer, UR 1996, 245, 246. 228 So auch Pel, UR 1988, 365, 366.

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wie berechtigt ist, die Leistung zu erbringen und diese dem Gläubiger tatsächlich anbietet.229 Wurde dem Gläubiger die Leistung vor dem Eintritt der Unmöglichkeit derart bereitgestellt, dass er sie nur noch annehmen musste, ist zu untersuchen, ob bereits hierin eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne liegen kann. Der Bundesfinanzhof nimmt in solch gelagerten Fällen das Vorliegen eines Leistungsaustauschs an.230 Auch wenn der Dienst nicht mehr erbracht oder die Ware nicht mehr geliefert werden könne, werde das Entgelt dennoch für die Leistungsbereitschaft des Unternehmers erbracht. Der Fall des Annahmeverzugs sei vergleichbar mit solchen Fällen, in denen ein Unternehmer entgeltlich seine Arbeitskraft zum jederzeitigen vertragsgemäßen Einsatz bereitstellt, da dem Abnehmer hierdurch über das bloße Verpflichtungsgeschäft hinaus die Verfügungsbefugnis über die Dienste des Unternehmers übertragen würden. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt Achatz, der ebenfalls die Umsatzbesteuerung trotz der Unmöglichkeit und des Ausbleibens der zivilrechtlichen Leistungserbringung beim Eintritt des Annahmeverzugs bejaht.231 Die Leistung sei in diesen Fällen bereits dann ausgeführt, wenn der Unternehmer seinen Verpflichtungen nachgekommen sei und somit alles seinerseits für den Eintritt des Leistungserfolgs Notwendige getan habe. Bereits hierdurch erlange der Abnehmer faktisch die Möglichkeit, über den Nutzen der Leistung zu disponieren. Ob er dies tue, indem er die Leistung bestim­mungsgemäß einsetze, vernichte oder sich dafür entscheide, sie nicht in Anspruch zu nehmen, sei dabei irrelevant. In der Vergangenheit wurde vor allem von Schön232 die Auffassung kritisiert, dass bereits das Angebot der geschuldeten Leistung für eine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ausreichen solle. Seiner Auffas­sung nach könne die Leistungsbereitschaft nicht an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Leistung treten und selbst zum Leistungsinhalt werden. Die umsatzsteuerliche Leistung erfordere notwendigerweise den Eintritt des vertraglich vereinbarten Leistungserfolgs, da sich niemand allein für die Vornahme der Leistungshandlung zur Entgeltzahlung verpflichten würde. Aus diesem Grund sei eine Umsatzbesteuerung abzulehnen. Eine gegenteilige Auffas229 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 26, Rn. 3 ff.; Stadler, Jauernig, BGB, § 293, Rn. 4. 230 BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6. So auch Pel, UR 1988, 365, 368. 231 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 70 ff. 232 Schön, StuW 1986, 385.

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sung führe letztlich zur Besteuerung einer Nachlässigkeit. Auch in der aktuellen Kommentarlite­ratur wird diese Auffassung teilweise bestätigt.233 Hinzugefügt wird, dass sich aus Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL ergebe, dass eine Lieferung die Übertragung eines körperlichen Gegenstands erfordere, sodass die andere Partei faktisch derart über diesen verfügen könne, als wäre sie dessen Eigentümer. Diese eigentümerähnliche Stellung werde durch das In-Verzug-Setzen jedoch nicht erreicht.234 Es fehle daher wirtschaftlich betrachtet eine Zuwendung des Unternehmers an den Abnehmer.235 bb) Stellungnahme Die entscheidende Frage für die umsatzsteuerliche Beurteilung des Annahmeverzugs beim Eintritt der Unmöglichkeit lautet, ob dem Gläubiger bereits durch das bloße Anbieten der Leistung ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Dagegen spricht zunächst, dass in diesen Fällen die tatsächlich vereinbarte und geschuldete Leistung nicht an den Gläubiger erbracht wird, denn unabhängig von der Vertragsart ist der Schuldner nicht nur zum Anbieten der Leistung verpflichtet, sondern schuldet die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs. Des Weiteren ist festzuhalten, dass eine Leistungsbereitschaft jedenfalls dann eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne darstellt, wenn es zu einer vertraglichen Vereinbarung darüber kommt, dass der Schuldner einen gewissen Dienst bereitzuhalten hat und nach dem Willen der Parteien bereits dieses Bereithalten durch die vereinbarte Zahlung un­ abhängig davon abgegolten werden soll, ob es zum tatsächlichen Abruf des  Diensts kommt.236 Eine solche Vereinbarung ist in den Fällen des Annahmever­zugs beim Eintritt der Unmöglichkeit jedoch nicht gegeben, weshalb auch die Übertragung dieser Grundsätze ausscheidet. Klar ist zudem, dass der alleinige Wille des Unternehmers, die Leistung erbringen zu wollen, noch keine umsatzsteuerliche Leistung darstellt, weil es allein durch

233 Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 87; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 534 unter „Leistungsbereitschaft – Annahmever­zug“. 234 Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 87. 235 Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 534 unter „Leistungsbereitschaft – An­ nah­me­­ver­zug“. 236 Vgl. BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, B ­ StBl. II 1971, 6; v. 09.05.1974 – V R 128/71, BStBl.  II 1974, 530; v.  20.03.1980  – V  R 32/76, B ­ ­StBl.  II 1980, 538; EuGH v. 03.09.2015 – C-463/14, D ­ StRE 2016, 176; Lippross, Umsatzsteuer, S. 127; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 534 unter „Leistungsbereitschaft – Annahmeverzug“.

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den Abschluss eines Vertrags noch nicht zur Übertragung eines verbrauchsfähigen Vorteils kommt.237 Liegt der zu beurteilende Fall nun so, dass der Unternehmer alles von sich aus Notwendige getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen, sodass der Abnehmer die Leistung nur noch annehmen muss, erlangt der Abnehmer die grundsätzliche Verfügungsgewalt über diese Leistung. Bereits hierin liegt die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils, die zur Annahme einer umsatzsteuerlichen Leistung führt. Anders als in der Literatur beschrieben, ist für die Annahme einer Lieferung nach dem Wortlaut des Art.  14 Abs. 1 MwStSystRL nicht erforderlich, dass der Gegenstand tatsächlich körperlich übertra­gen wird. Notwendig und ausreichend ist die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand verfügen zu können. Die Übertra­gung einer solchen Befähigung ist beim Annahmeverzug zu bejahen, denn der Abnehmer kann nach eigenem Ermessen über den Vorteil disponieren, da er frei darüber entscheiden kann, ob er die Leistung annimmt. Hierin ist eine eigentümerähnliche Stellung zu sehen, sodass sich für den Abnehmer jedenfalls die Möglichkeit eines Verbrauchs ergibt. Übt der Abnehmer seine Verfügungsbefugnis aus, indem er sich dafür entscheidet, die Leistung nicht anzunehmen, muss Achatz  darin zugestimmt werden, dass dem Abnehmer auch in dieser Situation ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Die Tatsache, dass der Abnehmer nicht dasjenige erhält, was vereinbart war, da nach dem Inhalt des Vertrags ein Leistungserfolg und nicht lediglich ein Angebot geschuldet war, vermag an dieser Beurteilung ebenfalls nichts zu verändern, denn festzuhalten ist, dass es für die Beurteilung der Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils nicht darauf an­kommt, was die Parteien untereinander vereinbart haben. Die Verein­ba­rungen können letztlich nur Anhaltspunkte bieten. Anknüpfungspunkt für die Umsatzbesteuerung und damit im Ergebnis entscheidend ist stattdessen, welche Handlungen tatsächlich ausgeführt worden sind.238 Dies gilt unabhängig davon, auf welche Weise die Unmöglichkeit eintritt. Der verbrauchbare Vorteil wird bereits mit dem Anbieten der Leistung bei Fälligkeit übertragen. Der Grund für die erst danach eintreten­de Unmöglichkeit kann deshalb auf die Frage, ob eine um237 So auch Posegga, DStR 2011, 650, 653; Nieskens, EU-UStB 2015, 80, 81; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 6; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Um­satzsteuer, § 1, Rn. 42; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 84. 238 So auch Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 71.

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satzsteuerliche Leistung vorliegt, keine Auswirkung haben. Eine solche liegt daher beispielsweise auch vor, wenn die Unmöglichkeit auf zufällige Weise durch ein Ereignis höherer Gewalt eintritt.239 Die erhalten gebliebene Zahlungsverpflichtung wird durch die erbrachte Leistung bestimmt, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang und damit die Umsatzbesteuerung ebenfalls zu bejahen sind. Bestätigt wird diese Auffassung durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs240 aus dem Jahr 2015. Dem Urteil lag ein Sachverhalt zu Grunde, in dem ein Vertrag zwischen einer Fluggesellschaft und einem Passagier über dessen Flugtransport geschlossen worden ist. Nach den vertraglichen Vereinbarungen behielt die Fluggesellschaft den bereits gezahlten Flugpreis auch dann vollständig ein, wenn der Passagier den Flug tatsächlich nicht wahrnahm. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass der einbehaltene Flugpreis die im unmittelbaren Zusammenhang stehende Gegenleistung für die angebotene Flugleistung darstelle und deshalb der Umsatz­steuer unterliege, obwohl der tatsächlich geschuldete Leistungserfolg beim Abnehmer nicht eintrat.241 Zwar bestehen zwischen dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall und dem vorliegend besprochenen einige Unterschiede, denn es handelte sich in dem Fall der Fluggesellschaft um einen vertraglich vereinbarten Entschädigungsanspruch und auch die Leistungserbringung war nicht unmöglich, sondern grundsätzlich nachholbar. Der entscheidende Aspekt ist aber gleich, denn in dem zu beurtei­lenden Fall genügte es dem Europäischen Gerichtshof ebenfalls für die Annahme einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne, dass der Unternehmer seinerseits alles Notwendige getan hatte, um den Leistungserfolg herbeizuführen, sodass der Abnehmer diese nur noch entgegennehmen muss­te. Richtigerweise sah der Europäische Gerichtshof hierin die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils. Neben den Fällen des Annahmeverzugs bleibt der Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB auch bestehen, wenn der Gläubiger für den Eintritt der Unmöglichkeit allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Meines Erachtens muss hier eine anderweitige Beurteilung getroffen werden, denn anders als beim Annahmeverzug besteht in dieser Variante für den Gläubiger noch keine Möglichkeit, die geschuldete 239 A.A. Ahlt, UR 2006, 63, 67. 240 EuGH v. 23.12.2015 – C-250/14, MwStR 2016, 197. 241 Vgl. dazu weitergehend 3. Kapitel, E. II.

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Leistung bestimmungsgemäß zu gebrauchen.242 Die Möglichkeit der Inanspruchnahme ergibt sich erst durch das den Annahmeverzug auslösende tatsächliche Anbieten der Leistung. An einem solchen fehlt es aber in Fällen, in denen die Aufrechterhaltung der Gegen­leistung allein oder weit überwiegend auf die Verantwortlichkeit des Gläubigers zurückzuführen ist. Mangels eines tatsächlichen Angebots wird der Schuldner nicht in die Lage versetzt, über die geschuldete Leistung nach eigenem Ermessen zu disponieren. Die Tatsache allein, dass er für den Umstand, der zur Unmöglichkeit geführt hat, verantwortlich ist, vermag für sich genommen keinen Leistungsaustausch zu begründen, da der Gläubiger hierdurch keinen verbrauchbaren Vorteil erlangt. c)  Anfängliche Unmöglichkeit Auch in den Fällen der anfänglichen Unmöglichkeit kommt es zu keiner Leistungserbringung, weshalb ein hierauf gestützter Schadensersatzan­ spruch nicht der Umsatzsteuer unterliegen kann. Da bei der nachträglichen Unmöglichkeit lediglich ausnahmsweise beim Vorliegen des Annahmeverzugs ein Leistungsaustausch im Zusammenhang mit der Unmöglichkeit der Leistung gegeben ist, muss das Vorhandensein eines Leistungsaustauschs bei einer anfänglichen Unmöglichkeit im Sinne des § 311a BGB vollständig abgelehnt werden. Weil die Erfüllung der Leistung von vornherein nicht möglich ist, kann der Unternehmer den Abnehmer nicht in Annahmeverzug versetzen. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist in Fällen der anfänglichen Unmöglichkeit daher nicht vorzunehmen. Ist ein Fall der Teilunmöglichkeit gegeben, sind der noch mögliche und der unmögliche Teil unabhängig voneinander zu betrachten. Da sich ansonsten keine Besonderheiten im Vergleich zur nachträglichen Teilunmöglichkeit ergeben, gelten die Ausführungen hierzu entsprechend.

6.  Nebenpflichtverletzung (§ 282 BGB) Aus der Verletzung einer Schutzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann sich neben der Möglichkeit einer einfachen Schadensersatzpflicht nach §  280 Abs. 1 BGB243 auch eine Verpflichtung zur Zahlung eines Schadensersatzes statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB ergeben. Notwendig 242 Ähnlich Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 74 f. 243 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. II. 2.

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ist dazu zum einen, die Verletzung sonstiger Rechte, Rechtsgüter oder Interessen des Gläubigers durch den Schuldner.244 Zum anderen muss diese Verletzung derart schwerwiegend sein, dass dem Gläubiger ein Festhalten an der vertraglichen Hauptleistung nicht mehr zumutbar ist.245 Ob das der Fall ist, muss im Wege einer Interessenabwägung festgestellt werden, wobei die Schwe­re der Pflichtverletzung sowie die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung zu berücksichtigen sind.246 Pflichtverletzungen, die zu einer Schadensersatzverpflichtung nach § 282 BGB führen können, sind beispielsweise die mehrfache Beschädigung der Möbel des Gläubigers, die Beleidigung des Gläubigers oder die Begehung einer Straftat während der Leistungserbringung.247 Ersatzfähig sind aber nur solche Schäden, deren Ersatz an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt.248 Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um die höheren Kosten für ein notwendiges Ersatzgeschäft.249 Die Verletzung der sonstigen Rechtsgüter des Gläubigers bleibt hingegen über den einfachen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB auszugleichen. Darüber hinaus gilt auch § 281 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend für die Fälle des Schadensersatzes statt der Leistung wegen einer Nebenpflichtverletzung. Daraus folgt, dass Schadensersatz statt der ganzen Leistung bei einer bereits erbrachten Teilleistung nur gefordert werden kann, wenn der Gläubiger an dieser kein Interesse hat.250 Wird die Pflichtverletzung vor der Ausführung der Leistung erbracht, ist bis zu diesem Zeitpunkt noch kein verbrauchbarer Vorteil übertragen worden. Da mit der Forderung des Schadensersatzes statt der Leistung der Erfüllungsanspruch des Gläubigers erlischt, kann es nachgehend auch zu keiner Übertragung eines Vorteils mehr kommen. In diesen Fällen fehlt daher eine umsatzsteuerliche Leistung, weshalb ein Leistungsaustausch nicht zustande kommt. Hat der Schuldner schon eine Teilleistung erbracht, muss differenziert werden. Sofern der Gläubiger ein Interesse an der Teilleistung hat, stellt 244 Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT, §  11, Rn.  630; Ulber, Erman, BGB, § 282, Rn. 5. 245 Ernst, MüKo, BGB, § 282, Rn. 6; Schwarze, Staudinger, BGB, § 282, Rn. 33. 246 OLG Hamm v. 28.11.2012 – 12 U 115/12, NJW-RR 2013, 1136; Looschelders, Schuld­ recht, Allgemeiner Teil, § 27, Rn. 38. 247 Westermann/Bydlinski/Weber, Schuldrecht AT, §  11, Rn.  632; Brox/Walker, Allge­ meines Schuldrecht, § 25, Rn. 5 f. 248 Looschelders, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, § 27, Rn. 37. 249 Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 8. 250 Grüneberg, Grüneberg, BGB, § 282, Rn. 6; Ernst, MüKo, BGB, § 282, Rn. 11; Ulber, Erman, BGB, § 282, Rn. 8.

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der für den bereits erbrachten Teil gezahlte Betrag ein hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt dar und begründet mithin einen Leistungsaus­tausch. Der darüber hinaus gehende Betrag dient hingegen einzig dem Ausgleich eines beim Gläubiger eingetretenen Vermögensschadens, weshalb hier­auf keine Umsatzsteuer zu entrichten ist. Hat der Gläubiger hingegen kein Interesse an der Teilleistung, kann er diese an den Schuldner zurückgeben und hierfür einen Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung geltend machen. In diesem Fall liegt eine Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs vor, weshalb ein verbrauchbarer Vorteil nicht übertragen wurde. Auch hier steht einem geltend gemachten Schadensersatzanspruch keine umsatzsteuerliche Leistung gegenüber, weshalb eine Umsatzbesteuerung ausscheidet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein gezahlter Schadensersatz statt der Leistung wegen einer Nebenpflichtverletzung unter keinen Umständen ein umsatzsteuerliches Entgelt darstellt.

IV. Ergebnis Bezüglich des Schadensersatzes neben der Leistung ist festzustellen, dass dieser unter keinen Umständen zu einem Teil des Leistungsaustauschs werden kann, denn der Schadensersatz steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung. Er dient allein der Abgeltung eines eingetretenen Schadens. Aus diesem Grund ist im Falle der Schadensersatzzahlung keine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen. Ferner steht der Zahlung auch keine eigenständige Leistung gegenüber. Insoweit werden die vertraglichen Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, die sich lediglich auf den Schutz des Integritätsinteresses stützen, einheit­lich nicht von der Umsatzbesteuerung umfasst. Liegt hingegen ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung vor, muss nach der Art des Schadensersatzes differenziert werden. Erbringt der Unternehmer die geschuldete Leistung nicht und macht der Abnehmer daraufhin einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung wegen Nichterfüllung geltend, liegt mangels Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Leistung kein Leistungsaustausch vor. Erfüllt hingegen der Abnehmer der zivilrechtlichen Leistung seine Zahlungsver­pflichtung nicht, sodass der Unternehmer einen Schadensersatz statt der Leistung wegen Nichterfüllung geltend macht, tritt der Schadensersatzanspruch an die Stelle des Zahlungsanspruchs. Dieser Anspruch gilt die Leistung des Unternehmers ab und steht deshalb in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dieser. Ein Leis64

A.  Vertragliche Schadensersatzansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts

tungsaustausch ist in diesem Fall zu bejahen. Macht der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Schlechtleistung geltend, gilt dieser die Mangelhaftigkeit der Leistung des Unternehmers ab. Lediglich der um den Schadensersatz verringerte Betrag bringt die Wertschätzung des Leistungsempfängers für die erbrachte Leistung zum Ausdruck. Die Zahlung steht damit im unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung, weshalb sie zu einer teilweisen Entgeltrückgewähr und somit zu einer nachträglichen Verringerung der Bemessungsgrundlage führt. Die Forderung des Leistungsempfängers nach einem Schadensersatz statt der ganzen Leistung aufgrund eines erheblichen Mangels unter Rückgewähr der Leistung führt entsprechend zu einer vollständigen Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs, weshalb die Umsatzbesteuerung vollständig ausscheidet. Bezieht sich der Schadensersatzanspruch statt der Leistung auf die Nichtoder Schlechterfüllung einer Nebenleistungspflicht, hat dies im Grundsatz keine Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage, da die entsprechende Schadensersatzzahlung nicht der Abgeltung der Leistung dient. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn eine Ver­trags­partei eine der anderen Partei obliegende Nebenleistungspflicht übernimmt und diese Pflicht verletzt. Da die Erfüllung der übernommenen Pflicht zwangsläufig einen Niederschlag in der Höhe des Entgelts findet, ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erfüllung dieser Verpflichtung und der Leistung des Unternehmers zu bejahen. Weil die Schadensersatzzahlung an die Stelle der Nebenpflichterfüllung tritt, steht auch diese im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers. Begeht der Unternehmer hingegen eine schwerwiegende Nebenpflichtverletzung, ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem hierauf gerichteten Schadensersatz und der Leistung des Unternehmers abzulehnen. Wird die vom Unternehmer geschuldete Leistung unmöglich, ist mangels Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Leistung die Umsatzbesteuerung eines Schadensersatzes statt der Leistung wegen Unmöglichkeit zu verneinen. Gleiches gilt für die Zahlung der Gegenleistung, wenn diese bestehen bleibt, weil der Abnehmer den Umstand, der zur Unmöglichkeit geführt hat, ganz oder teilweise zu vertreten hat, da auch in diesem Fall eine umsatzsteuerliche Leistung nicht vorliegt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Abnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem die Unmöglichkeit eingetreten ist, in Annahmeverzug befunden hat. Durch das den Annahmeverzug herbeiführende 65

Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Angebot erhält der Abnehmer die Möglichkeit, auf den Dienst oder den Gegenstand zuzugreifen. Bereits hierdurch erlangt der Abnehmer einen verbrauchbaren Vorteil, der durch die Zahlung der Gegenleistung abgegolten wird. Ein Leistungsaustausch ist in diesem Fall zu bejahen. Damit verbleibt insgesamt festzustellen, dass allein aus der Tatsache, dass durch den Schadensersatzanspruch ein Ausgleich des Äquivalenzinteresses stattfindet, nicht automatisch der Rückschluss auf einen unmittelbaren Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung gezogen werden kann. Weil bei Leistungsstörungen häufig ein Nebeneinander verschiedener vertraglicher Schadensersatzansprüche bestehen kann, muss für die umsatzsteuerliche Beurteilung genau danach differenziert werden, worin der tatsächliche Grund für die Anspruchs­entstehung liegt. Aus diesem Grund kann es passieren, dass sich ein Nebeneinander von steuerbaren und nichtsteuerbaren Schadensersatzzahlungen ergibt.

B. Vertragsstrafen I.  Darstellung des Problems Eine ähnliche Funktionsweise wie die vertraglichen Schadensersatzansprüche bei Leistungsstörungen haben Vertragsstrafen. Hierbei handelt es sich um vertraglich vereinbarte Entschädigungszahlungen.251 Im Rahmen ihrer vertraglichen Gestaltungs­mög­lichkeiten knüpfen die Parteien dabei eine Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung an ein bestimmtes Verhalten. Durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe werden insbesondere zwei Zwecke verfolgt. Sie dient einerseits der Prävention, um zu verhindern, dass das unter Sanktion gestellte Verhalten realisiert wird.252 Andererseits hat sie  auch die Funktion eines Schadensersatzes, weil sie dem Gläubiger im Fall  von Leistungsstörungen einen beweisfreien Mindestersatz sichert.253 In  diesem Aspekt unterscheidet sich die Vertragsstrafe zugleich von den Schadensersatzan­sprüchen, denn ihre Höhe orientiert sich grundsätzlich nicht an dem tatsächlich eingetretenen Schaden, sondern wird im Vorhinein pauschal vereinbart. Regelungen zur Vertragsstrafe sind in den §§ 339-341 251 Stadler, Jauernig, BGB, § 339, Rn. 1; Janoschek, BeckOK, BGB, § 339, Rn. 2. 252 BGH v. 20.01.2000 – VII ZR 46/98, NJW 2000, 2106; Gottwald, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 339, Rn. 6. 253 BGH v.  12.07.1995  – I ZR 176/93, NJW 1995, 2788; Gottwald, MüKo, BGB, Vor­ bemerkung zu § 339, Rn. 6; Stadler, Jauernig, BGB, § 339, Rn. 3.

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B. Vertragsstrafen

BGB zu finden. Eine Vertragsstrafe kann gemäß § 340 BGB an die Nichterfüllung oder gemäß § 341 BGB an die nicht gehörige Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit gebunden werden. Treten die Umstände ein, an die die Entschädigungszahlung geknüpft wurde, wird gemäß § 339 BGB von der Verwirkung der Vertragsstrafe gesprochen. Wird die Zahlung der Strafe aufgrund von Nichterfüllung gemäß § 340 BGB verlangt, führt diese Konstellation zum Erlöschen des Anspruchs auf Erfüllung. Die Vertragsstrafe wegen nicht gehöriger Erfüllung gemäß § 341 BGB tritt hingegen neben den Erfüllungsanspruch. Gemäß der Norm zählt zu der nicht gehörigen Erfüllung insbesondere der Fall der verspäteten Erfüllung. Kommt es zu der Verwirkung der Vertragsstrafe und damit einhergehend zu der Zahlung des festgelegten Betrags, ist die Frage zu stellen, wie sich diese Zahlung umsatzsteuerlich auswirkt. Soweit die vertraglich bestimmten Hauptleistungen trotz der Verwirkung ausgetauscht werden, kann die Zahlung in Abhängigkeit davon, von welcher der Parteien sie zu zahlen ist, gemäß § 17 Abs. 1 UStG sowohl zu einer nachträglichen Minderung als auch zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führen. Notwendig ist hierfür, dass die Zahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer der von den Parteien erbrachten Leistungen steht. Sofern es aufgrund der Verwirkung der Vertragsstrafe nicht mehr zum Austausch der geschuldeten Verbindlichkeiten kommt, ist dagegen zu untersuchen, ob eine anderweitige umsatzsteuerliche Leistung vorhanden ist, der diese Zahlung gegenüberstehen könnte. Wegen der Ähnlichkeit zu den Schadensersatzansprüchen aufgrund von Leistungsstörungen lässt sich zunächst vermuten, dass eine ähnliche Beurteilung vorzunehmen sein könnte.

II.  Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Der Bundesfinanzhof befasste sich in mehreren Fällen mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Vertragsstrafen. Bereits 1961 entschied er, dass einer Vertragsstrafe, die aufgrund der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit zu zahlen ist, keine umsatzsteuerliche Leistung gegenüberstehe.254 In dem zugrunde liegenden Sachverhalt konnte der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % des Kaufpreises vom Käufer verlangen, wenn dieser innerhalb bestimmter Fristen seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nachkam. Dieser Zahlung stand nach Auffassung des 254 BFH v. 27.04.1961 – V 263/58 U, B ­ StBl. III 1961, 300.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Bundesfinanzhofs jedoch keine Leistung gegenüber. Sie diene lediglich des Ausgleichs eines beim Verkäufer eingetretenen Schadens in Form eines entgangenen Gewinns. Dem folgend urteilte der Bundesfinanzhof über eine weitere Vertrags­strafe wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung.255 Dem Urteil lag ein Bauwerkvertrag zugrunde. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag sah vor, dass der Unternehmer, sofern er den Termin der Fertigstellung nicht einhalten konnte, eine Vertragsstrafe in Höhe von 1,5 % des Festpreises je angefangenem Monat an den Besteller zu zahlen hatte. Der Bundesfinanzhof gelangte auch hier zu dem Ergebnis, dass die Zahlung der Vertragsstrafe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung stehe und mithin nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führe. Dies sei darauf zurückzu­führen, dass sie auf einem eigenen Rechtsgrund beruhe und daher nicht als modifizierte Erfüllung der Hauptverbindlichkeit wirke. Der Unternehmer blei­be trotz der Verwirkung der Vertragsstrafe vollumfänglich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit verpflichtet. Die vertraglichen Hauptpflichten blieben insoweit von der Vertragsstrafe unberührt. Weitergehend entschied der Bundesfinanzhof, dass bei der Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts, das von einem Fahrgast an ein Verkehrs­ unternehmen zu zahlen sei, wenn dieser keinen gültigen Fahrausweis in deren öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus oder Bahn vorzei­gen könne, die Umsatzsteuer nicht für den gesamten gezahlten Betrag anfalle.256 Der Bundesfinanzhof sah in der Beförderungsleistung zwar eine umsatzsteuerliche Leistung des Verkehrsunternehmens an den Fahrgast, begründet wurde das Ergebnis jedoch damit, dass nicht die gesamte Vertragsstrafe die Gegenleistung in Form der Beförderung abgelte, sondern lediglich durch das die Vertragsstrafe auslösende Verhalten begründet werde. Es fehle mithin ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und dem vom Fahrgast gezahlten Betrag. Lediglich der Teil der gezahlten Vertragsstrafe, der betragsmäßig dem tariflichen Fahrpreis entspreche, stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Beförderungsleistung. Nur für diesen Teil der Zahlung falle deshalb die Umsatzsteuer an. Außerdem urteilte der Bundesfinanzhof zu Optionsgebühren. Im Rahmen der Anbahnung von Kaufverträgen besteht die Möglichkeit der Stellung einer Option. Im Rahmen der Optionsvereinbarung wird der Optionsberech255 BFH v. 04.05.1994 – XI R 58/93, ­BStBl. II 1994, 589. 256 BFH v. 25.11.1986 – V R 109/78, ­BStBl. II 1987, 228.

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B. Vertragsstrafen

tigten dazu ermächtigt, den Kaufvertrag durch einseitige Erklärung zustande zu bringen.257 Im Rahmen dieser Vereinbarung wird häufig die Zahlung einer Optionsgebühr für den Fall der Nichtannahme des Angebots ver­ einbart. Nimmt der Optionsberechtigte das Kaufangebot nicht an, hat er eine Entschädigung an den Optionsverpflichteten zu entrichten. Eine Optionsgebühr für den Fall der Ablehnung eines Verkaufsangebots des Grund­ stückseigen­tümers durch den Kaufinteressenten solle nach Auffassung des Bundesfinanzhofs das Entgelt für die eingegangene Bindung des Grund­ stücks­eigentümers darstellen.258 Den Unterschied zum typischen Fall der Vertragsstrafe sah er darin, dass die Vertragsstrafe für Fälle konzipiert sei, in denen die eingetretene Vertragsverletzung vom Schuldner zu vertreten sei. Die Vertragsstrafe werde mithin als Unrechtsfolge und nicht als Erfolgsgarantie angesehen. Die Finanzverwaltung259 sowie ein großer Teil der Literatur260 ziehen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs den Schluss, dass Vertragsstrafen, die wegen Nichterfüllung oder aufgrund nicht gehöriger Erfüllung gezahlt werden, durchweg nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung stünden. Von dieser generellen Ablehnung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und der gezahlten Vertragsstrafe werden in der Literatur jedoch zum Teil Ausnahmen vorgenommen. So wird zum einen teilweise vertreten, dass ein unmittelbarer Zusammenhang vorliege, wenn der Schuldner der Hauptleistung diese erbringe und anstelle der vereinbar­ten Gegenleistung die Vertragsstrafe erhalte.261 Zum anderen solle eine Ausnahme gelten, wenn der Schuldner der Hauptleistung diese erbringe und der Gläubiger die Vertragsstrafe neben der vereinbarten Vergütung zahle und diese nicht dem Ausgleich eines Verzugsschadens diene.262 Daneben ist auch die Beurteilung 257 Bork, Staudinger, BGB, Vorbemerkung zu §§ 145-146, Rn. 69; Einsele, MüKo, BGB, § 125, Rn. 28. 258 BFH v. 10.07.1997 – V R 94/96, ­BStBl. II 1997, 707. 259 Abschn. 1.3 Abs. 3 UStAE. 260 Birkenfeld, DAR 1992, 331, 334; Serafini, PFB 2006, 188 f.; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Zahn, BauR 2011, 1401, 1404; Friedrich-Vache, 100 Jahre Um­satz­steuer in Deutschland 1918-2018, 321, 340; Leicht, Beck’sches Steuerlexikon, Schadensersatz, Rn. 10 f.; Kraft, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 54, Rn. 9; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  275 unter „Vertragsstrafe“; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Ver­trags­strafen“. 261 Pel, UR 1988, 365, 369; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 248. 262 Pel, UR 1988, 365, 369; Bathe, BC 2010, 123; Möller, Umsatzsteuerrecht, § 4, Rn. 213; Grünwald, 100 Jahre Umsatz­steuer in Deutschland 1918-2018, 677, 689.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

des erhöhten Beförderungsentgelts in der Literatur nicht einheitlich. Teilweise wurde davon ausgegangen, dass die Vertragsstrafe beim Schwarzfahren in einen steuerbaren und einen nicht steuerbaren Teil aufzuteilen sei.263 Dies gelte nach der Auffassung Müllers jedoch nur, wenn das erhöhte Beförderungsent­gelt neben dem tarifmäßigen Fahrpreis erhoben werde.264 Werde hingegen bloß die Vertragsstrafe erhoben, sei eine Umsatzsteuerbarkeit nicht gegeben, da in diesen Fällen ein Abgeltungszusammenhang zwischen der erbrachten Beförderungsleistung und dem gezahlten Betrag fehle. Dziadkowski vertritt hingegen die Auffassung, dass für die gesamte Zahlung Umsatzsteuer anfalle, weil das erhöhte Beförderungsentgelt nicht nur die konkret entdeckte Schwarzfahrt, sondern darüber hinaus weitere unterstellte und unentdeckt gebliebene Schwarzfahrten abgelte.265 Im Jahr 2022 befasste sich erstmalig auch der Europäische Gerichtshof mit der Umsatzsteuerbarkeit von Vertragsstrafen.266 Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt bezog sich auf ein Unternehmen, dessen Tätigkeit im Betrieb öffentlicher Parkplätze auf den Grundstücken privater Eigentümer lag. Hierzu wurden vom Unternehmen am Eingang der Parkbereiche Schilder mit einer Parkordnung und dem Hinweis platziert, dass bei einem Verstoß gegen die Parkordnung ein erhöhtes Parkentgelt zu entrichten sei. Ein solcher Verstoß bestand insbesondere in der Nichtentrich­tung der Parkgebühr oder in der Überschreitung der Höchstparkdauer bei kostenlos angebotenen Park­plätzen. Ferner lag ein Verstoß vor, wenn das Fahrzeug auf einem Bereich abgestellt wurde, der nicht als Parkfläche eingezeichnet war. Die Vereinbarung zwischen dem Parkplatzeigentümer und dem Unternehmen sah vor, dass das erhöhte Parkentgelt vom Unternehmen als Bezahlung für den Betrieb sowie die Überwachung der Parkplätze dienen sollte. Der Europäische Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass auf das gesamte erhöhte Parkentgelt Umsatzsteuer zu entrichten sei. Die Parkplatzüberlassung stelle eine umsatzsteuerliche Leistung dar, mit der das erhöhte Parkentgelt im unmittelbaren Zusammenhang stehe, was darauf zurückzuführen sei, dass dieses die höheren Betriebskosten decke, die durch das vorschriftwidrige Parken verursacht würden. Die Beurteilung treffe unabhängig da-

263 Weiß, UR 1987, 135, 136; Müller, DB 1987, 961, 962; Müller, DB 1987, 1966; Widmann, UR 1992, 234. 264 Müller, DB 1987, 961, 962; Müller, DB 1987, 1966. 265 Dziadkowski, DB 1987, 1965. 266 EuGH v. 20.01.2022 – C-90/20, DStR 2022, 307.

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B. Vertragsstrafen

von zu, ob die Parkplatznutzung gemäß der Parkordnung kostenlos oder nur gegen eine Gebühr gestattet gewesen sei.

III. Stellungnahme Die Bandbreite möglicher Leistungsstörungen ist groß. Die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Zivilrechts lassen es grundsätzlich zu, dass an den Eintritt jeder dieser potenziellen Leistungsstörungen die Zahlung einer Vertragsstrafe geknüpft wird. Eine einheitliche Beurteilung jeglicher Vertragsstrafen ist daher genauso wenig möglich wie eine einheitliche Beurteilung jeglicher Schadensersatzansprüche des Leistungsstörungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs.267 Letztlich verfolgen der Schadensersatz und die Vertragsstrafe ähnliche Zwecke, da sie dem Ausgleich von Schäden dienen. Der Un­terschied liegt allein darin begründet, dass sich der Schadensersatzanspruch unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, während die Vertragsstrafe zu ihrer Begründung zunächst einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Auswirkungen auf die Frage nach der Umsatzbesteuerung kann diese Unterscheidung jedoch nicht haben, denn das Umsatzsteuerrecht differenziert nicht danach, ob eine Zahlung auf einer gesetzlichen oder einer vertraglichen Grundlage beruht. Schadensersatz und Vertragsstrafe basieren auf der Pflichtverletzung einer der Vertragsparteien. Für die Umsatzbesteuerung ist ausschlaggebend, ob die Zahlung unabhängig davon, ob sie auf Vertrag oder Gesetz beruht, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung steht. Dass auch eine anderweitige Beurteilung möglich ist, zeigt nicht zuletzt die Beurteilung des Bundesfinanzhofs über die Optionsgebühr, die jedenfalls einen der Vertragsstrafe ähnlichen Charakter aufweist, denn durch die Nichtannahme des Angebots sowie die damit einhergehende Zahlung der Optionsgebühr erlangt der Optionsgeber die Verfügungsmacht an dem Optionsgegenstand zurück, die beim Bestehen der Option stark eingeschränkt ist. Hierin liegt die Erlangung eines verbrauchbaren Vorteils, der durch die Zahlung der Gebühr abgegolten wird. Wird die Vertragsstrafe auf die Nichterfüllung im Sinne von § 340 BGB gestützt, ist eine Umsatzbesteuerung wie auch in den Fällen des Schadens­ ersatzes statt der Leistung bei Nichtleistung268 grundsätzlich zu verneinen. Weil das vertragswidrige Verhalten gerade in der Nichterbringung der Leis267 A.A. wohl Abschn. 1.3 Abs. 3 UStAE. 268 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. III. 3.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

tung besteht, wird dem potenziellen Leistungsempfänger kein verbrauchbarer Vorteil verschafft. Die Zahlung dient allein der Abgeltung eines eingetretenen Schadens. Das von diesem Grundsatz lediglich eine Ausnahme zu machen ist, wenn der vertraglich zur Zahlung Verpflichtete diese nicht erbringt und die Vertragsstrafe an die Stelle dieser Zahlungsverpflichtung tritt, hat der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil zum erhöhten Beförderungs­ entgelt269 richtigerweise bestätigt. Durch die Beförderung wird dem Leistungsempfänger ein verbrauchbarer Vorteil verschafft. Diese Vorteilsverschaffung wird auch vom Leistungswillen des Beförderungsunternehmens getragen, da diesem jedenfalls ein genereller Beförderungswille aller einsteigenden Passagiere zu unterstellen ist. Der Teil der Vertragsstrafe, der dem tariflichen Beförderungsentgelt entspricht, tritt an dessen Stelle und wird insoweit für die Beförderungsleistung er­bracht. Dieser Teil gilt die Leistung jedoch vollständig ab, weshalb der dar­überhinausgehende Betrag nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt. Dies gilt unabhängig davon, ob das Beförderungsunternehmen den gesamten vom Fahrgast zu zahlenden Betrag einheitlich als Vertragsstrafe oder aber einen Teilbetrag ausdrücklich als tariflichen Fahrpreis bezeichnet. Für die Umsatzbesteuerung kann weder die Art der Berechnung noch die Bezeichnung des gezahlten Betrags durch die Beteiligten entscheidend sein. Die Beurteilung muss unabhängig davon getroffen werden, ob das Beförderungsunternehmen einen Teil der Zahlung als tarifliches Entgelt bezeichnet, denn an der wirtschaftlichen Realität des Vorgangs ändert dies nichts. Die Auffassung Dziadkowskis270, dass das erhöhte Beförderungsentgelt über die konkret entdeckte Schwarzfahrt hinaus auch eine unbestimmte Zahl unentdeckt gebliebener Fahrten mitabdecke, kann nicht überzeugen, denn es können nur tatsächlich nachgewiesene Umstände in die Betrachtung einbezogen werden.271 Für die Frage der Umsatzbesteuerung ist daher lediglich die eine entdeckte Schwarzfahrt zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen kann der Ansicht des Euro­ päischen Gerichtshofs272 zur Beurteilung von Vertragsstrafen im Zusammenhang mit der Parkplatzbereitstellung nur eingeschränkt zugestimmt werden. Der Sachverhalt, den der Europäische Gerichtshof zu entscheiden hatte, umfasst zahlreiche Umstände, die zur Verwirkung der Vertragsstrafe 269 BFH v. 25.11.1986 – V R 109/78, ­BStBl. II 1987, 228. 270 Dziadkowski, DB 1987, 1965. 271 So auch Müller, DB 1987, 1966. 272 EuGH v. 20.01.2022 – C-90/20, DStR 2022, 307.

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B. Vertragsstrafen

führen können, weshalb eine derart pauschale Beurteilung kaum möglich sein kann. Das anbietende Parkplatzunternehmen erbringt zwar eine umsatzsteuerliche Leistung an den Parkenden, denn durch die erlangte Verfügungsmacht an dem genutzten Parkplatz wird diesem ein verbrauchbarer Vorteil verschafft. Ähnlich wie in den Schwarzfahrerfällen besteht auch ein genereller Leistungswille des Parkplatzunternehmens der Leistungserbringung an parkplatzsuchende Personen.273 Es fehlt jedoch in den meisten Fällen ein unmittelba­rer Zusammenhang zwischen dem erhöhten Parkentgelt und dem vom Parkenden erlangten Vorteil.274 Sofern die Überlassung des Parkplatzes von vornherein als entgeltlich vereinbart war, wird diese durch die Zahlung des nach der Parkordnung geschuldeten Betrags abgegolten. Entrichtet der Parkende diesen Betrag nicht und hat er daraufhin das erhöhte Parkentgelt zu zahlen, kann sich an dieser Beurteilung jedoch nichts ändern, denn der Parkende erlangt denselben Vorteil, den er auch im Fall der ordnungsgemäßen Gebührenentrichtung erlangt hätte. Insbesondere erhält er keinen weiteren Vorteil durch die Kontrolltätigkeit des Parkplatzunternehmens. Die Kontrolle dient vielmehr allein dem Unternehmen zur Feststellung der Einhaltung der Parkordnung. Aus diesem Grund kann nur der Teil des erhöhten Parkentgelts der Abgeltung des erlangten Vorteils dienen, der der Höhe nach dem Betrag entspricht, den der Leistungsempfänger bei ordnungsgemäßer Nutzung des Parkplatzes geschuldet hätte, da allein dieser Betrag den Gegenwert der Parkplatzüberlassung darstellt. Lediglich dieser Teil der Zahlung wird durch die erbrachte Leistung bestimmt. Ist die Überlassung hingegen von Anfang an unentgeltlich gewesen, kann diese nicht allein dadurch entgeltlich werden, dass der Parkende eine Vertragsstrafe zu entrichten hat. Beispiele eines Verstoßes sind in diesen Fällen das Vergessen des Ausstellens einer Parkscheibe sowie das Abstellen des Fahrzeugs auf einer nicht als Parkplatz eingezeichneten Fläche. In diesen Fällen erlangt der Parkende durch das vertragswidrige Verhalten keinen weiteren Vorteil im Vergleich zur Situation des vertragsgemäßen Verhaltens. Der erhaltene Vorteil soll nach den Vorstellungen der Parteien unentgeltlich erbracht werden. Der gezahlte Betrag wird deshalb nicht durch die erbrachte Leistung bestimmt, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang nicht besteht. Einen weitergehenden Vorteil erlangt der Parkende nur, wenn er sein 273 A.A. wohl von Streit, UStB 2021, 261, 263 f. 274 So auch Lippross/Janzen, UR 2022, 165, 168.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Fahrzeug über die zulässige Höchstparkdauer hinaus auf dem Parkplatz stehen lässt. In diesen Fällen kann die erhobene Gebühr als Entgelt dieses zusätz­lichen Vor­teils angesehen werden.275 Die Unentgeltlichkeitsabrede betrifft lediglich die Überlassung des Parkplatzes für einen bestimmten Zeitraum. Wird dieser vom Parkenden überschritten, stellt das erhöhte Parkentgelt den Gegenwert für das Parken dar, das über diesen Zeitraum hinausgeht, und dient daher dessen Abgeltung. Bei der Vertragsstrafe im Sinne von § 341 BGB wegen nichtgehöriger Leistungserbringung ist hingegen zu differenzieren. Da die Vertragsstrafe in diesen Fällen neben die Leistung tritt, bleibt es im Grundsatz dabei, dass der Austausch der vertraglichen Hauptleistungen zu einem Leistungsaustausch führt. Liegt das die Vertragsstrafe auslösende Verhalten wie in den zwei vom Bundesfinanzhof beurteilten Fällen276 in der nicht rechtzeitigen Leistungserbringung, ruft die Zahlung der Vertragsstrafe keine Änderung der Bemessungsgrundlage hervor. Die von dem Unternehmer zu erbringende Leistung wird durch die vereinbarte Vergütung vollständig abgegolten. Die darüberhinausgehende Vertragsstrafe dient deshalb nicht der Abgeltung der Hauptleistung, sondern dem Ausgleich eines dem Besteller eingetretenen Verzögerungsschadens, der wie auch der Schadensersatz neben der Leistung wegen Verzögerung277 keinen Einfluss auf die Bemessungs­grundlage hat.278 Obgleich die nicht rechtzeitige Leistungserbringung den Hauptanwendungsbereich der Vertragsstrafen nach § 341 BGB darstellen dürfte, fallen hierunter auch die Fälle, in denen die Vertragsstrafe an die qualitative Ordnungsgemäßheit der Leistung, beispielsweise im Sinne einer Mangelfreiheit, geknüpft wird.279 Zeigt sich später, dass die vertragliche Leistung einen Mangel aufweist und ist für diesen Fall eine Vertragsstrafe zu zahlen, dient diese ebenso wie der Schadensersatz statt der Leistung bei Schlechtleistung dem Ausgleich eines in der Leistung selbst liegenden Minderwerts und steht damit im unmit­telbaren Zusam­menhang mit der Leistung.280 Die Zahlung der Vertragsstrafe stellt deshalb ebenfalls eine teilweise Rückgewähr des Entgelts 275 Ähnlich Prätzler, ­jurisPR-SteuerR 11/2022, Anm. 6.  276 BFH v. 27.04.1961 – V 263/58 U, B ­ StBl. III 1961, 300; v. 04.05.1994 – XI R 58/93, ­BStBl. II 1994, 589. 277 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. II. 3. 278 A.A. Weber-Grellet, DStR 1994, 1193; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn. 866. 279 Fries/Schulze, NomosHK, BGB, § 341, Rn. 1; Stadler, Jauernig, BGB, § 341, Rn. 1.  280 So auch Lippross, Umsatzsteuer, S. 145. 

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C.  Deliktischer Schadensersatz

dar, was die nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage zur Folge hat.281 Die Ausführungen zur Vertragsstrafe lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die eingangs getroffene Vermutung bestätigt wurde. Bei der Beurteilung der Umsatzbesteuerung im Zusammenhang mit Vertragsstrafen gilt keine anderweitige Beurteilung als bei der Umsatzbesteuerung im Zusammenhang mit den Schadensersatzzahlungen des Leistungsstörungsrechts. Dieses Ergebnis erscheint nachvollziehbar, da beide Formen der Ausgleichszahlung auf demselben pflichtverletzenden Verhalten beruhen und sich nur in dem Grund ihres Entstehens unterscheiden. Das Umsatzsteuerrecht knüpft jedoch grundsätzlich an tatsächliche Gegebenheiten und nicht an zivilrechtliche Bewertungen an. Aus diesem Grund haben die rechtlichen Hintergründe der Anspruchs­entstehung keine Auswirkung auf die umsatzsteuerliche Beurteilung. Für die Beurteilung von Vertragsstrafen kann deshalb auf die Ausführungen zum Schadensersatz bei Leistungsstörungen verwiesen werden.282

C.  Deliktischer Schadensersatz I. Überblick Neben den vertraglichen Schadensersatzansprüchen spielt insbesondere der Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung eine zentrale Rolle im Zivilrecht. Regelungen zum Deliktsrecht sind vor allem in den §§ 823-853 BGB zu finden. Ergänzt werden diese durch weitere Spezialgeset­ze.283 Auch im Deliktsrecht richtet sich der Schadensausgleich nach den §§ 249 ff. BGB. Die Normen sollen den Einzelnen vor rechtswidri­gen Eingriffen Dritter in seine Rechte und Rechtsgüter schützen und ihm einen Anspruch auf den Ausgleich etwaiger entstandener Schäden bieten.284 Allein die Grundnorm des § 823 Abs. 1 BGB umfasst den Schutz von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und sonstiger weiterer Rechte. Anders als in den zuvor besprochenen Fällen des Leistungsstörungsrechts und der Vertragsstrafen liegt 281 Vgl. auch 3. Kapitel, A. III. 2. c). 282 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. 283 Teichmann, Jauernig, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853, Rn. 11; Wagner, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 823, Rn. 24. 284 Teichmann, Jauernig, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853 Rn. 1; Staudinger, NomosHK, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853, Rn. 1.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

in den Fällen der deliktischen Haftung grundsätzlich kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vor. Das Schuldverhältnis wird stattdessen erst durch die Schadensherbeiführung selbst ausgelöst.285 Es handelt sich deshalb um eine außervertragliche Haftung.286 Im Gegensatz zum zuvor besprochenen Vertragsrecht ist die Verpflichtung zum Schadensersatz daher kei­ne sekundäre Einstandspflicht für die Verletzung einer primären Erfüllungspflicht, sondern ursprünglicher Inhalt des Schuldverhältnisses selbst.287 Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob eine etwaige Schadensersatzzahlung in einen bereits bestehenden Leistungsaustausch einzubeziehen ist, in den Fällen des deliktischen Schadensersatzes nicht. Zu klären bleibt, ob der Vorgang des Schadensausgleichs eine eigenständige Leistung begründet.

II.  Beschädigung oder Zerstörung 1. Ausgangslage Als einer der im Rahmen des deliktischen Schadensersatzes am häufigsten auftretenden Fälle soll zunächst die Eigentumsbeeinträchtigung des Geschädigten in Form der Substanzbeschädigung betrachtet werden. Hierunter fallen vor allem Situationen, in denen ein im Eigentum des Geschädigten stehender Gegenstand durch den Schädiger entweder beschädigt oder vollständig zerstört wird. Für die Untersuchung der Frage, ob in diesem Zusammenhang ein umsatz­steuerbarer Leistungsaustausch gegeben sein kann, soll zunächst danach unterschieden werden, ob der Geschädigte die Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB oder Schadensersatz in Form des Geldersatzes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB fordert, da sich hier jeweils eine unterschiedliche Beurteilung ergeben könnte. Wird der Schadensersatz in Form des Geldersatzes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erbracht, kann darüber nachgedacht werden, ob eine umsatzsteuerliche Leistung in der Hinnahme des Schadens beziehungsweise der Duldung der Schadensherbeiführung durch den Unternehmer liegt. Eine solche Leistung muss jedoch mangels Vorliegens eines Leistungswillens auf Seiten des geschädigten Unternehmers verneint werden, denn er nimmt den Schaden 285 Staudinger, NomosHK, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853, Rn. 1. 286 Förster, BeckOK, BGB, § 823, Rn. 1; Wagner, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 823, Rn. 1; Wagner, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 823, Rn. 1; Staudinger, NomosHK, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853, Rn. 1. 287 Teichmann, Jauernig, BGB, Vorbemerkung zu §§ 823-853 Rn. 1.

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C.  Deliktischer Schadensersatz

weder bewusst noch freiwillig hin. Die Schadensherbeiführung geschieht sogar gegen den Willen des Unternehmers. Zu einem anderen Ergebnis lässt sich nur gelangen, wenn das Bestehen eines Leistungswillens des Unter­ nehmers nicht als erforderliche Voraussetzung für den Leistungsaustausch betrachtet wird.288 Aus den bereits zuvor erwähnten Gründen ist ein Leistungswille jedoch eine notwendige Voraussetzung für eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne.289 Daher verneint auch der Großteil der Literatur im Zusammenhang mit der deliktischen Schadensherbeiführung das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung.290 Des Weiteren liegt in der Forderung nach Geldersatz auch keine Leistung in Form des Verzichts auf die Schadensbehebung.291 Durch sein Verlan­gen nach Geldersatz verzich­tet der Unternehmer nicht auf die Behebung des Schadens. Die Geldzahlung dient vielmehr der Schadensbehebung, indem sie an deren Stelle tritt. 292 Eine Ausnahme kann nur gelten, falls der Geschädigte dem Schädiger die Herbeiführung des Schadens gestattet, denn in der willentlichen Hinnahme eines Schadens kann unter Umständen eine Leistung gesehen werden, wenn dem Schädiger dadurch ein verbrauchbarer Vorteil zuteilwird. Ob das der Fall ist, muss anhand des Einzelfalls geprüft werden. Aufgrund der willentlichen Hinnahme wäre jedenfalls der notwendige Leis­tungs­­wille zu bejahen.293 Eine hierdurch veranlasste Zahlung stünde dann auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Geschädigten, da sie diese ausgleichen und somit abgelten würde. Die Höhe des Entgelts würde in diesem Fall durch die erbrachte Leistung bestimmt. Eine derartige Situation ist beispielsweise gegeben, wenn der Unternehmer dem Leistungsempfänger die Erstellung eines Werks auf seinem Grundstück gestattet und dabei gegen die Zahlung einer Entschädigung ebenfalls in die Herbeiführung bestimmter bei der Werkerrichtung entstehender Schäden einwilligt. Aufgrund der 288 So Stadie, MwStR 2018, 904, 912 f. 289 Vgl. 2. Kapitel, A. III. 290 Pel, UR 1988, 365, 367; Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Birkenfeld, DAR 1992, 331; Baldauf, ZKF 2016, 158, 160; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 844; Leicht, Beck‘sches Steuerlexikon, Schadensersatz, Rn. 3; Freymann, Geigel, Haftpflichtprozess, Kapitel 5, Rn. 10; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 46; Wäger, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Abschnitt I, Kapi­tel 1 unter A, Rn. 100. 291 Vgl. Offerhaus, DAR 1988, 372, 373 f. 292 Weitergehende Ausführungen zum Verzicht vgl. 3. Kapitel, E. V. und F. 293 Vgl. BFH v. 11.11.2004 – V R 30/04, ­BStBl. II 2005, 802; BMF v. 18.10.2005 – IV A 5-S 7100-148/05, B ­ StBl. I 2005, 997; Fritsch, UStB 2005, 73; Naujok, ZfIR 2005, 558; Schrader, UVR 2006, 95; Jacobs, NWB 2011, 2700, 2704; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 132.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Zustimmung in die Schadensherbeiführung durch den Geschädigten wird allerdings der Anwendungsbereich des Deliktsrechts verlassen, da jedenfalls die für einen deliktischen Schadensersatzanspruch erforderliche Rechts­ widrigkeit294 des Eingriffs in die Rechte des Geschädigten durch den Schädiger fehlt. Eine solche Gestattung ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs schon gegeben, wenn ein vertraglich vereinbartes Vorhaben zwangsläufig zu dem Eintritt des Schadens führt.295 Etwas anderes gilt für solche Fälle, in denen der Schädiger im Rahmen eines Notstands im Sinne der §§ 228 S. 1, 904 S. 1 BGB zur Vornahme einer Beschädigung berech­tigt ist. Die gesetzliche Genehmigung lässt lediglich die Rechts­widrigkeit der Handlung entfallen.296 Gemäß §§  228 S.  2, 904 S.  2 BGB bleibt der Schädiger dem Geschädigten gegenüber jedoch zum Ersatz der entstandenen Schäden verpflichtet. Eine Gestattung der Schadensherbeiführung durch den Geschädigten liegt in diesen Fällen in der Regel nicht vor, weshalb der für eine umsatzsteuerliche Leistung erforderliche Leistungswille fehlt. Der mangelnde Leistungswille kann auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG überwunden werden. Hierfür wäre erforderlich, dass der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt, was in diesen Situationen jedoch nicht der Fall ist. Der Umsatz wird nicht aufgrund gesetzlicher Vorschrift bewirkt. Anders als bei einer Enteignung297 wird dem Schädiger der verbrauchbare Vorteil nicht unmittelbar durch Gesetz, sondern durch dessen eigenes Verhalten verschafft. Das Gesetz berechtigt ihn lediglich zur Vornahme der Handlung, sodass er sich in der Ausfüh­rung nicht widerrechtlich verhält. Eine Auswirkung auf die Umsatzsteuerbarkeit hat diese Konstellation jedoch nicht. Für die Fälle der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist eine differenziertere Betrachtung vorzunehmen. Führt der Schädiger die Wiederherstellung selbst durch, indem er den Gegenstand repariert, kann hierin zunächst keine andere Beurteilung als im Fall des Schadensersatzes durch Geldersatz liegen. Die Naturalrestitution kann wie der Geldersatz nicht als eine Gegenleistung gesehen werden, da in Ermangelung eines Leistungswil294 Wagner, MüKo, BGB, Vorbemerkung zu § 823, Rn. 21 ff.; Wilhelmi, Erman, BGB, § 823, Rn. 146; Staudinger, NomosHK, BGB, § 823, Rn. 71. 295 BFH v. 20.03.2013 – XI R 6/11, ­BStBl. II 2014, 206. 296 Dörner, NomosHK, BGB, § 228, Rn. 4; Wagner, Erman, BGB, § 228, Rn. 8; Berger, Jauernig, BGB, § 904, Rn. 5; Brückner, MüKo, BGB, § 904, Rn. 12.  297 Vgl. 3. Kapitel, F. III. 3.

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C.  Deliktischer Schadensersatz

lens des Geschädigten eine umsatzsteuerliche Leistung fehlt. Da die Naturalrestitution in Form einer Handlung erbracht wird, könnte hierin jedoch ihrerseits eine Leistung gesehen werden. Die wohl herrschende Meinung298 bejaht in dieser Art von Fällen das Vorliegen einer Leistung, da die Reparatur freiwillig und bewusst durchgeführt werde und somit auf einem Leistungswillen be­ ruhe. Zudem erlange der Geschädigte hierdurch einen verbrauch­baren Vor­teil. Der Leistung stehe allerdings kein Entgelt gegenüber, weshalb es insgesamt zu keiner Umsatzbesteuerung komme. Demgegenüber wird zum Teil vertreten, dass im Fall der Naturalrestitution bereits keine Leistung gegeben sei, da es an der Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils fehle.299 Der Schädiger gleiche lediglich einen vom ihm herbeigeführten wirtschaftlichen Nachteil wieder aus. Er werde daher allein im eigenen Interesse tätig. Diese Literaturauffassung ist im Ergebnis jedoch abzulehnen, denn für die Beantwortung der Frage danach, ob eine umsatzsteuerliche Leistung gegeben ist, muss zunächst allein auf die tatsächlichen Gegebenheiten abgestellt werden. Eine Reparatur oder die Ver­schaffung eines Ersatzgegenstands durch den Schädiger führt ohne Berücksichtigung des vorhergehenden schädigenden Ereignisses zur Übertragung eines Vorteils auf Seiten des Geschädigten. Aus welchen Gründen oder Motiven die Handlung vorgenommen wird, stellt hingegen eine nachgelagerte Frage dar, die erst bei der Untersuchung des unmittelbaren Zusammenhangs zu berücksichtigen ist. Dass der Schädiger mit der Scha­densbehebung gleichzeitig seiner eigenen Schadensersatzverpflichtung nachkommt, muss deshalb für die Beurteilung der Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils zunächst außer Betrachtung bleiben. Aus diesem Grund ist mit der herrschenden Auffassung eine umsatzsteuerliche Leistung zu bejahen. Letztlich erbringt der Unternehmer diese Leistung jedoch einzig aufgrund der rechtswidrigen Schadensherbeiführung. Ein Entgelt zahlt der Geschädigte hierfür nicht. In Ermangelung eines Entgelts kommt es in diesen Fällen deshalb zu keinem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch.300 298 Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  132; Jakob, Umsatzsteuer, §  5, Rn.  345; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn.  49; Friedrich-­ Vache, Reiß/Kraeusel/‌Langer, UStG, § 1, Rn. 263. 299 Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 843. 300 So auch Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  132; Kemper, Steuerfolgen in präexistenten zivilrechtlichen Ausgleichsansprü­ chen, S. 348; Jakob, Umsatzsteuer, § 5, Rn. 345; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 49;

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Beauftragt der Schädiger einen Dritten mit der Reparatur oder erwirbt er im Fall der Zerstörung des Gegenstands einen Ersatzgegenstand von einem Dritten, führt dieser Umstand zu keiner anderweitigen Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten. Ein Leistungsaustausch kommt jedoch zwischen dem Dritten und dem Schädiger zustande.301 Durch die Reparatur verschafft der Dritte dem Schädiger einen verbrauchbaren Vorteil, da er die Reparatur nicht dem Geschädigten, sondern unmittelbar dem Schädiger selbst zuwendet. Die Zahlung, die der Schädiger an den Dritten entrichtet, gilt diese Reparatur ab und stellt daher das im unmittelbaren Zusammenhang hiermit stehende Entgelt dar. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der Schädiger einen Ersatzgegenstand von einem Dritten erwirbt. Die Tatsache, dass der Schädiger bei der Beauftragung des Dritten in der Erfüllung seiner Schadensersatzverpflichtung handelt, führt zu keiner anderweitigen Beurteilung des Verhältnisses zwischen ihm und einem nicht an der Schadensherbeiführung beteiligten Dritten. Ist der Schädiger in diesem Fall nicht selbst Unternehmer, der die schädigende Handlung im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat, verbleibt die Umsatzsteuerbelastung mangels Berechtigung zum Vorsteuerabzug so­mit bei ihm.302 Gleiches gilt, wenn der Geschädigte den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erhaltenen Geldersatz nutzt, um einen Dritten mit der Reparatur zu beauftragen oder von ihm einen Ersatzgegenstand zu erwerben.

2. Zusammentreffen von Naturalrestitution und Auftrag im Zwei-Personen-Verhältnis a)  Darstellung des Problems Als problematischer erweist sich die Beurteilung solcher Fälle, in denen die im Grundsatz nicht steuerbare Schadensbehebung durch Naturalrestitution im Zwei-Personen-Verhältnis mit einem grundsätzlich steuerbaren Auftragsverhältnis kombiniert wird. Ein solcher Fall ist zum einen gegeben, wenn der Schädiger keinen Dritten, sondern den Geschädigten selbst mit der Beseitigung des Schadens beauftragt. Zahlt der Schädiger daraufhin einen entsprechenden Betrag an den Geschädigten, ist für die Beurteilung des Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  263; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 843. 301 Vgl. Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 132; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 843. 302 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 132.

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C.  Deliktischer Schadensersatz

Vorliegens eines Leistungs­austauschs zu untersuchen, ob dieser Betrag noch dem Ausgleich eines Schadens oder aber der Abgeltung der Reparatur dient. Zudem besteht die umgekehrte Möglichkeit, dass der Geschädigte den Schädiger mit der Behebung des Schadens beauftragt. b)  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Bereits der Reichsfinanzhof entschied, dass in den Fällen der Beauftragung des Geschädigten durch den Schädiger ein Leistungsaustausch gegeben sei.303 Der Betrag, den der Schädiger aufwende, diene in dieser Art von Fällen nicht mehr unmittelbar der Abdeckung des Schadens, sondern gelte die vom Geschädigten durchgeführte Reparaturtätigkeit ab. Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Beurteilung an und führte sie fort.304 Nach dessen Ansicht könne es keinen Unterschied machen, ob der Schädiger einen Dritten oder den Geschädigten mit der Schadensbehebung beauftrage. Der Geschädigte werde im Auftrag des Schädigers für diesen tätig und erhalte von ihm dafür ein entsprechendes Entgelt. Der Auffassung der Rechtsprechung folgen die Finanzverwaltung305 sowie der Großteil der Literatur306. Das durch die Beauftragung entstehende Leistungsaustauschverhältnis überlagere das Schadensereignis.307 Der Schadensbeseitigung liege dann der Auftrag und nicht mehr bloß das schädigende Ereignis zu Grunde, sodass der Auf­trag und die damit einhergehende Zahlung in einem wechselseitigen Zusam­ menhang stünden.308 Entscheidend für die Steuerbarkeit sei, dass die Leistung eine neue Rechtsgrundlage erhalte.309 Die Beauftragung durch den Schädiger könne dabei auch konkludent vorgenommen werden.310 Der Be303 RFH v. 03.10.1930 – V A 458-461/30, RStBl. 1931, 154; v. 12.06.1942  – V 386/39, RStBl. 1942, 842. 304 BFH v. 11.03.1965 – V 37/62 S, B ­ StBl. III 1965, 303. 305 Abschn. 1.3 Abs. 11 S. 1 UStAE. 306 Meier, KStZ 1980, 7; Pel, UR 1988, 365, 367; Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 216; Baldauf, ZKF 2016, 158, 160; Radeisen, Stbg 2017, 8, 11; Lippross, Umsatzsteuer, S.  135  f.; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, § 1, Rn. 102; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 846; Birkenfeld, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Archiv, § 32a, Rn. 101; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 265; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 49; Leicht, Beck‘sches Steuerlexikon, Schadenser­satz, Rn. 3. 307 Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 846. 308 Klein, Steu+Stud 2010, 209, 216. 309 Birkenfeld, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Archiv, §  32a, Rn. 101. 310 BFH v. 11.03.1965 – V 37/62 S, ­BStBl. III 1965, 303; Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Baldauf, ZKF 2016, 158, 160.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

trag, den der Schädiger an den Geschädigten entrichte, stelle das im unmittelbaren Zusammenhang mit der Reparaturleistung des Geschädigten stehende Entgelt dar. Gleiches solle nach in der Literatur vertretener Auffassung für den umgekehrten Fall gelten, in dem der Geschädigte den Schädiger zur Behebung des Schadens beauftrage.311 Der Schädiger werde in diesen Fällen nicht mehr allein deshalb tätig, um den Schaden zu beseitigen, sondern handle im Rahmen eines zuvor abgeschlossenen Werkvertrags und damit nur noch mittelbar zur Schadensbeseitigung.312 Das Entgelt liege in der Verrechnung des für die Reparaturleistung zu entrichtenden Betrags mit der Schadensersatzforderung des Geschädigten gegen den Schädiger. Lediglich vereinzelt wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass auch in den Fällen der Beauftragung des einen Beteiligten durch den anderen keine Umsatzsteuerbarkeit gegeben sei.313 c) Stellungnahme Beauftragt der Schädiger den Geschädigten für die Schadensbeseitigung, ist zunächst zu untersuchen, ob der Geschädigte durch die Reparatur eine umsatzsteuerliche Leistung erbringt. Das wäre nur dann der Fall, wenn er dem Schädiger hierdurch einen verbrauchbaren Vorteil verschaffen würde. Behebt ein Dritter den Schaden im Auftrag des Schädigers, wird er für diesen tätig und wendet zunächst ihm den Vorteil der Reparatur zu, weshalb in diesem Vorgang ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch liegt. Anders ist das jedoch im Falle der Reparatur durch den Geschädigten, denn der durch die Reparatur unmittelbar herbeigeführte Vorteil verlässt die Sphäre des Ge­ schädigten aufgrund der Eigenreparatur zu keinem Zeitpunkt. Der Geschädigte repariert den beschädigten Gegenstand allein aus eigenem Interesse. Aus diesem Grund liegt eine Abweichung von den Fällen vor, in denen der Schädiger einen Dritten mit der Reparatur beauftragt. Als zugewendeter Vorteil scheidet zudem auch die Befreiung des Schädigers von der Schadensersatzverpflichtung aus, weil er weiterhin zur Bezahlung der Reparaturkosten verpflichtet bleibt. Ob es sich dabei unter zivilrechtlicher Betrachtung um einen vertraglichen oder einen gesetzlichen Anspruch handelt, ist für die Zwecke der Umsatzsteuer nicht von Bedeutung. 311 Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Nieskens, Rau/ ‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 846; Birkenfeld, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Archiv, § 32a, Rn. 102. 312 Offerhaus, DAR 1988, 372, 373. 313 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 56 ff.; Schöngart, UStB 2009, 196, 197.

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C.  Deliktischer Schadensersatz

Unter wirtschaftlicher Betrachtung ist die Beauftragung des Geschädigten zur Schadensbehebung durch den Schädiger mit dem Fall vergleichbar, dass der Geschädigte von seinem Wahlrecht gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht, anstelle der Naturalrestitution Geldersatz verlangt und im Anschluss die Reparatur selbst vornimmt, denn beide Situationen laufen darauf hinaus, dass der Geschädigte den bei ihm einge­tretenen Schaden selbst behebt und dafür vom Schädiger den für die Reparatur notwendigen Betrag ersetzt bekommt. 314 Der vereinbarte Auftragslohn ist der für die Reparatur notwendige Geldbetrag und entspricht wirtschaftlich betrachtet damit dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz in Geld. Unter tatsächlicher Betrachtung liegt der einzige Unterschied der beiden Fallkonstellationen darin begründet, dass der Schädiger den Geschädigten, bevor dieser die Reparatur durchführt, hierzu beauftragt. Für die Beurteilung, ob ein verbrauchbarer Vorteil übertragen worden ist, können solche Vereinbarungen aber keinen Unterschied machen. Das Vorliegen eines Leistungsaustauschs ist nicht davon abhängig, ob die Gegebenheiten nach zivilrechtlichen Maßstäben als vertraglicher Anspruch oder als Schadensersatzanspruch eingeordnet werden. Allein aus dem Abschluss eines Vertrags lassen sich noch keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob im Rahmen der Vertragsausführung einer der Parteien ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wurde. Die zivilrechtlichen Bewertungen sind daher für die Umsatzbesteuerung grundsätzlich nicht von Bedeutung. Anzuknüpfen ist an die tatsächlichen Gegebenheiten, die sich in den beiden Situationen nicht voneinander unterscheiden und daher umsatzsteuerlich gleich zu bewerten sein müssen. Wie auch in den Fällen des Verlangens der Zah­lung von Geldersatz ist deshalb entgegen der herrschenden Meinung315 auch in den Fällen, in denen der Schädiger den Geschädigten mit der Schadensbeseitigung beauftragt, keine Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils und damit auch keine Leistung nach umsatzsteuerlichem Verständnis gegeben. Insgesamt ist das Vorliegen eines Leistungsaustauschs deshalb im Zwei-Personen-Verhältnis auch zu vernei-

314 Ähnlich auch Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 56 ff. 315 Meier, KStZ 1980, 7; Pel, UR 1988, 365, 367; Offerhaus, DAR 1988, 372, 373; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 216; Baldauf, ZKF 2016, 158, 160; Radeisen, Stbg 2017, 8, 11; Lippross, Umsatzsteuer, S.  135  f.; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, § 1, Rn. 102; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 846; Birkenfeld, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Archiv, § 32a, Rn. 101; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 265; Leicht, Beck‘sches Steuerlexikon, Schadensersatz, Rn. 3; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 49.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

nen, wenn der Geschädigte den Schädiger mit der Behebung des Schadens beauftragt.316 Darüber hinaus kommt im Rahmen der Schadensbehebung durch den Schädiger im Auftrag des Geschädigten ein Leistungsaustausch zwischen den beiden Beteiligten ebenfalls nicht zustande. Auch wenn grundsätzlich ein Auftragsverhältnis gegeben ist, handelt der Schädiger doch nur in Erfüllung seiner Schadensersatzverpflichtung. In tatsächlicher Hinsicht behebt der Schädiger einen Schaden, der von ihm herbeigeführt worden ist. Ob dieser Vorgang zivilrechtlich als Auftrag oder als Naturalrestitution bewertet wird, kann für die Beurteilung der Umsatzbesteuerung keine Auswirkung haben.317 Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass dem Geschädigten im Rahmen der Schadensbeseitigung ein Wahlrecht zwischen der Naturalrestitution sowie dem Ausgleich durch Geldersatz zusteht. Insoweit ist bereits in tatsächlicher Hinsicht fragwürdig, inwieweit ein Unterschied zwischen einer Beauftragung und der Äußerung des Verlangens nach einer Naturalrestitution gemacht werden kann. Damit lässt sich erst recht nicht begründen, weshalb ersteres zur Bejahung, zweiteres jedoch zur Verneinung eines Leistungsaustauschs führen soll. Wirt­schaftlich be­trachtet liegen beide Fälle gleich. Zwar wendet der Schädiger dem Geschädigten durch die Reparatur einen verbrauchbaren Vorteil zu, es fehlt jedoch die Entrichtung eines abgeltenden Entgelts.

III.  Entzug des Eigentums Neben den Fällen der Beschädigung oder der Zerstörung eines Gegenstands führt auch dessen rechtswidrige Entziehung zu einem Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz nach Deliktsrecht.318 Hierunter fallen solche Fälle, in denen der Schädiger einen Gegenstand des Unter­nehmers an sich nimmt, obwohl ihm hierzu kein Recht zusteht. Zu denken ist beispielsweise an einen Diebstahl oder eine Unterschlagung nach den Regelungen des Strafgesetzbuchs. Wird die Tat im Nachhinein aufgedeckt, kann der Gegenstand aber aufgrund eines eingetretenen Verbrauchs oder einer Weiterveräußerung nicht mehr zurückgegeben werden, begründet dieser Umstand 316 Vgl. Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S.  56  ff. So jedenfalls auch im Er­ gebnis Schöngart, UStB 2009, 196, 197. 317 So auch Schöngart, UStB 2009, 196, 197. 318 Wagner, MüKo, BGB, § 823, Rn. 249; Teichmann, Jauernig, BGB, § 823, Rn. 10; Staudinger, NomosHK, BGB, § 823, Rn. 23.

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C.  Deliktischer Schadensersatz

eine Schadensersatzpflicht des Schä­digers nach den Grundsätzen des Deliktsrechts.319 Zu untersuchen ist, ob der rechtswidrige Entzug eine um­ satzsteuerliche Leistung darstellt, der durch die Schadensersatzzahlung abgegolten wird. Abzugrenzen sind diese Fälle von denen der übermäßigen Nutzung, bei denen dem Schädiger zwar grundsätzlich ein Recht zur Nutzung zusteht, dieses aber über die vertragliche Vereinbarung hinaus überdehnt.320 Im Fall der rechtswidrigen Nutzung stand dem Schädiger hingegen von Beginn an kein Nutzungsrecht zu. Mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung des rechtswidrigen Eigentumsent­ zugs befasste sich bereits der Europäische Gerichtshof.321 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um den Diebstahl von Waren ei­nes britischen Unternehmens. Der Europäische Gerichtshof verneinte das Vorliegen eines Leistungsaustauschs. Da es in dem zu entscheiden­den Fall um die Bewegung von Waren ging, kam es dem Gerichtshof vornehmlich auf die Beantwortung der Frage an, ob in dem Diebstahl eine umsatzsteuerliche Lieferung liegen könnte. Eine solche Lieferung stellt nach Art. 5 Abs. 1 MwStRL (Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“, dar. Der Gerichtshof führte dazu aus, dass der Täter durch den Diebstahl lediglich zum Besitzer, nicht aber zum Eigentümer werde (nach deutschen Recht gemäß § 935 Abs. 1 BGB). Deshalb könne der Täter auch nicht im Sinne des Art. 5 MwStRL wie ein Eigentümer über den Gegenstand verfügen. Insoweit ging der Europäische Gerichtshof davon aus, dass dem Täter in diesen Fällen kein verbrauchbarer Vorteil verschafft werde. Diesem Urteil ist zwar im Ergebnis, jedoch nicht in dessen Begründung zuzustimmen, denn der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL spricht le­ diglich von der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Damit kann aber nur die Verschaffung einer eigentümerähnlichen Stellung gemeint sein. Nicht notwendig ist, dass der Abnehmer tatsächlich zum Eigentümer wird, was beispielsweise auch in den Fällen des Eintritts der Unmöglichkeit beim Annahmeverzug deutlich wird, denn hier kann ebenfalls bereits mit dem Anbieten der vereinbarten Leistung eine Lieferung angenommen werden.322 Der Abnehmer ist in beiden Konstellati319 Förster, BeckOK, BGB, § 823, Rn. 133; Wagner, MüKo, BGB, § 823, Rn. 261. 320 Vgl. dazu 3. Kapitel, D. 321 EuGH v. 14.07.2005 – C-435/03, ­DStRE 2005, 1093.  322 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 5. b) bb).

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

onen zwar noch nicht zum Eigentümer geworden, er kann aber ähnlich einem solchen über den Gegenstand verfügen. Bei einem Diebstahl oder einer Unterschlagung ergibt sich das zum einen auf der Grundlage der §§ 40, 41 AO, die ein nachfolgendes Geschäft des Täters jedenfalls in steuerrechtlicher Hinsicht zulassen. Zum anderen handelt es sich unstreitig um ein Wesensmerkmal des Diebstahls, dass sich der Täter zum Eigentümer aufspielt, indem er sich die Sache oder den in ihr verkörperten Sachwert einverleibt und sich damit wirtschaftlich betrachtet an die Stelle des tatsächlichen Eigentümers stellt.323 Durch den Diebstahl nimmt er dem Eigentümer jegliche Möglichkeit, auf den Gegenstand zuzugreifen. Durch die Besitzerlangung kann der Täter zwar nicht in zivilrechtlicher, jedoch in faktischer Hinsicht mit dem Gegenstand verfahren, wie es ihm beliebt. Insoweit lässt sich auch beim Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Diebstahls grundsätzlich die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils bejahen.324 Zwar erlangt der Schädiger durch die Wegnahme der Sache zunächst einen verbrauchbaren Vorteil, jedoch fehlt eine aktive Besitzverschaffung durch den geschädigten Unternehmer. Wird dem Geschädigten ein Gegenstand auf eine rechtswidrige Weise entzogen, geschieht das gegen oder zumindest ohne dessen Willen. Eine potenziell in Frage kommende Duldung der Wegnahme als umsatzsteuerliche Leistung ist daher in Ermangelung eines Leistungswillens des Geschädigten nicht gegeben. Deshalb kann keine anderweitige Beurteilung als in den Fällen der Beschädigung oder der Zerstörung eines Gegenstands vorgenommen werden. Insofern kommt es auch dann nicht zu einem Leistungsaustausch, wenn der Geschädigte einen auf das Deliktsrecht gestützten Schadensersatzanspruch geltend macht.325 Weitergehend sind die §§ 40, 41 AO zu berücksichtigen, denn diesen zufolge steht weder ein gesetzeswidriges Han­deln noch ein unwirksames Rechtsgeschäft einer Besteuerung entgegen. Daher kann der Täter eines Diebstahls durch eine Veräußerung des weggenommenen Gegenstands selbst einen Leistungsaustausch mit einem Dritten begründen, wenn er dabei unternehmerisch tätig wird.

323 Bosch, Schönke/Schröder, StGB, §  242, Rn.  47; Heger, Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 242, Rn. 21; Schmitz, MüKo, StGB, § 242, Rn. 126. 324 Ähnlich Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 437.  325 Vgl. Widmann, UR 1992, 234; Pump, StBp 1994, 277, 278.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

IV. Ergebnis Zum Schadensersatz des Deliktsrechts verbleibt insgesamt festzuhalten, dass es innerhalb einer Zwei-Personen-Konstellation von Schädiger und Geschädigtem grundsätzlich nicht zu einem Leistungsaus­tausch kommen kann. Das gilt unabhängig davon, ob der Geschädigte die Behebung des Schadens durch Naturalrestitution oder Ersatz in Geld verlangt. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der Schädiger den Geschädigten oder umgekehrt der Geschädigte den Schädiger mit der Behebung des Schadens beauftragt. Die Beurteilung, ob der Schaden aufgrund einer vertraglichen Auftragsvereinbarung oder allein wegen der durch das Deliktsrecht entstandenen Schadensbehebungsverpflichtung beseitigt wird, ist eine ausschließlich zivilrechtliche Betrachtung, die jedoch für die Umsatzbesteuerung keine Auswirkungen hat. Lediglich wenn der Schädiger oder der Geschädigte einen Dritten mit der Behebung des Schadens beauftragt, kommt es zu einem Leistungsaustausch zwischen dem Beauftragenden und dem Dritten. Liegt eine Drei-Personen-Konstellation vor, bleibt das Verhältnis zwi­schen dem Schädiger und dem Geschädigten hiervon jedoch unberührt. Die Ausführungen dieses Abschnitts gelten über die aus der Eigentumsverletzung resultierende Schadensersatzpflicht hinaus auch für Schadensersatzzahlungen, die auf der Verletzung anderer deliktisch ge­schützter Rechte und Rechtsgüter beruhen. Anhaltspunkte, die eine anderweitige Beurteilung rechtfertigen würden, bestehen nicht.

D. Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­ vertraglicher Nutzung durch den Leistungsempfänger I. Überblick Wie sich gezeigt hat, kann es auch auf Seiten des Leistungsempfängers zu Pflichtverletzungen kommen. Von besonderer Bedeutung sind da­bei, neben den bereits besprochenen Sachverhalten, die Fälle des Miet­‑, Pacht- und Leasingrechts, in denen der Mieter, der Pächter oder der Leasingnehmer den Gegenstand über die vertragliche Vereinbarung hinaus verwendet. Eine Unterscheidung ist zunächst dahingehend vorzu­nehmen, ob eine Überschreitung in sachlicher oder in zeitlicher Hinsicht vorliegt. Während der überlassene Gegenstand bei der zeitlichen Überschreitung vom Leistungsempfänger länger im Besitz gehalten wird, als es die vertragliche Vereinbarung vorsieht, bezieht sich die Überschreitung in sachlicher Hinsicht auf 87

Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

den Abnutzungs- und Verschleißzustand des Gegenstands. Zwar ist in zahlreichen der unter diesem Abschnitt angesprochenen Fällen häufig auch eine Kündigung gegeben, es soll aber zunächst nicht um die speziell aus der Kündigung resultierenden Schadensersatzforderungen gehen326, sondern allein um die Schadensersatzzahlungen, die unmittelbar aus der übermäßigen Nutzung der Sache resultieren. Diese können unabhängig von einer Kündigung auch bei der ordentlichen Beendigung, zum Beispiel durch Zeitablauf, entstehen. Grundsätzlich sind die Umsätze aus Vermietung und Verpachtung für Grundstücke gemäß §  4  Nr.  12a UStG umsatzsteuerfrei. Eine Umsatz­ steuerpflicht kann jedoch entstehen, wenn gemäß § 9 UStG auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet wird, aber auch, falls dies nicht geschieht, kann die Einordnung in Bezug auf den Vorsteuerabzug eine Rolle spielen, da hiervon abhängt, ob eine vereinnahmte Zahlung abzugsschädlich steuerfreies Entgelt oder bereits nicht steuerbaren Schadensersatz darstellt.327 Die Steuerbefreiung gilt darüber hinaus weder für Leasingverträge noch für die Vermietung oder die Verpachtung beweglicher Gegenstände. Der Fallgruppe der übermäßigen Nutzung liegt immer eine vertragliche Verknüpfung zwischen dem Leistendem und dem Leistungsempfänger über die Überlassung eines Gegenstands gegen die Zahlung eines bestimmten Geld­betrags zugrunde. Ein Leistungsaustausch ist daher in diesen Fällen stets gegeben. Als problematisch erweist sich dennoch die Frage, ob Ausgleichs- und Schadensersatzzahlungen, die die übermäßige Nut­zung des Gegenstands kompensieren sollen, eine Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage haben können. Bezüglich der umsatz­steuerlichen Beurteilung wurden in der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung sowie der Literatur über die Zeit verschiedene Ansichten entwickelt. Er­schwerend kommt hinzu, dass sich der Europäische Gerichtshof noch nie mit diesem Problembereich befasst hat. Da die Ausgleichszahlungen in diesen Fällen immer vom Leistungsempfänger erbracht werden, kommt grundsätzlich nur eine nachträgliche Erhöhung der Bemessungsgrundlage in Betracht, die zu bejahen wäre, wenn die Zahlung im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung des leistenden Unternehmers stehen würde. Zudem könnte eine entsprechende Ausgleichszahlung auch dann der Umsatzsteuer unterfallen, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit einer eigen326 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. III. und IV. 327 Korf, UR 1996, 330.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

ständigen, über die vertragliche Hauptleistung hinausgehenden Leistung des Unternehmers stehen würde.

II. Ausgangspunkt: Nutzungsentschädigung und Wertersatz Dem Grunde nach handelt es sich bei den Entschädigungen für eine übervertragliche Nutzung um Nutzungsentschädigungs- oder Wertersatzzahlungen. Als Ausgangspunkt soll zunächst betrachtet werden, wie diese Art von Zahlungen in solchen Fällen zu behandeln ist, in denen der Vertrag nachträglich durch einen Rücktritt aufgehoben wird oder er sich im Nach­ hinein als von Anfang an nichtig erweist, die vertraglich geschuldeten Hauptleistungen aber bereits erbracht worden sind. Stellt sich erst später heraus, dass ein Mietvertrag nichtig ist, kann der Vermieter in Ermangelung eines wirksamen Vertrags keinen vertraglichen Primäranspruch auf Zahlung der Miete gegen den Mieter geltend machen. Stattdessen besteht für ihn aber die Möglichkeit, einen An­spruch auf die §§ 987, 990 BGB zu stützen. Hiernach kann der Vermieter vom Mieter eine Entschädigung in Höhe der Nutzungen verlangen, die der Mieter während des Zeitraums gezogen hat, in dem er den Mietgegenstand ohne vertragliche Grund­lage in Besitz hatte. Der Bundesge­richtshof entschied hierzu, dass in diesen Fällen ein Leistungsaus­tausch gegeben sei.328 Der Entschädi­gung liege in diesen Fällen eine Gebrauchsüberlassung zugrunde, die zum Zweck der Erzielung eines Entgelts erbracht werde. Dass der Vertrag von Anfang an nicht wirksam gewesen sei, ändere an dieser Beurteilung nichts. Da sich der Anspruch nach den §§ 987, 990 BGB an dem objektiven Nutzungswert bemesse, trete er an die Stelle der vereinbarten Vergütung. Dieser Auffassung folgt richtigerweise auch die Literatur.329 Durch das Zurverfügungstellen des Gegenstands überträgt der Vermieter einen verbrauchbaren Vorteil in Form der Gebrauchsmöglichkeit an den Mieter. Diese Übertragung wird auch vom Leistungswillen des Vermieters getragen, da sie bewusst und freiwillig vorgenommen wird. Es lassen sich zwar Vermutungen dahingehend anstellen, dass der Vermieter den Besitz an dem Gegenstand nicht übertragen hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Vertrag nichtig oder unwirksam gewesen ist, eine solche hypothetische Überlegung spielt für die Umsatzbesteuerung 328 BGH v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803. 329 Schmid, NZM 1999, 292, 293 f.; Lützenkirchen, Erman, BGB, § 546a, Rn. 8.

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aber keine Rolle. Entscheidend ist allein, dass der Leistungswille in dem Moment bestand, in dem der verbrauchbare Vorteil übertragen wurde. Dies ist der Fall, weil der Vermieter zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass der Vertrag nicht wirksam gewesen ist. Durch die damit einhergehende Entschädigungszahlung wird die Nutzung des Gegenstands durch den Mieter abgegolten. Die Entschädigung wird durch die Leistung bestimmt, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang zu bejahen ist. Ein Leistungsaustausch liegt daher vor. Ein nichtiger Vertrag kann daneben auch zur Zahlungsverpflichtung eines Wertersatzes führen. Bereichert sich jemand auf Kosten eines anderen und liegt dieser Bereicherung kein Rechtsgrund zugrunde, ist dieser nach Maßgabe der §§ 812 ff. BGB zur Herausgabe dieses Vor­teils verpflichtet.330 Ist die Herausgabe des erlangten Vorteils nicht möglich, hat der Bereicherungsempfänger dem anderen gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Wert dieses Vorteils zu ersetzen. Eine solche Konstellation ist beispielsweise gegeben, wenn der Mietvertrag angefochten wird und damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig zu betrachten ist. Der Wertersatzanspruch orientiert sich in diesen Fällen der Höhe nach an der ortsüblichen Vergleichsmiete.331 Richtigerweise wird nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Li­ teratur das Vorliegen eines Leistungsaustauschs hier ebenfalls bejaht.332 Wie  auch bei den Ansprüchen nach §§  987, 990 BGB tritt der Anspruch auf  Werter­ satz wirtschaftlich betrachtet an die Stelle des vertraglichen ­Primäranspruchs auf Zahlung der vereinbarten Miete. In den Fällen der Zahlung eines Wertersatzes im Sinne des §  818 Abs.  2 BGB erlangt der ­Leistungsempfänger ebenso einen verbrauchbaren Vorteil durch die Ge­ brauchsüberlassung des Gegenstands in Form der damit einhergehenden Nutzungsmöglichkeit. Da die Gebrauchsüberlassung ebenfalls auf dem Leistungswillen des Unternehmers beruht und die Zahlung des Wertersatzes der Abgeltung dieser Gebrauchsüberlassung dient, muss ein Leistungsaustausch bejaht werden. Eine Nutzungsentschädigung beziehungsweise ein Wertersatz kann neben den Fällen der von Anfang an vorliegenden Nichtigkeit oder Unwirksamkeit 330 Wiese, NomosHK, BGB, § 812, Rn. 1; Schwab, MüKo, BGB, § 812, Rn. 1. 331 Treiber, Sölch/Ringleb, UStG, § 10, Rn. 105 unter „Mietvertrag“. 332 BGH v.  22.10.1997  – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803; v.  06.08.2008  – XII ZR 67/06, NJW 2009, 1266; BVerwG v. 16.11.2007 – 9 B 36/07, HFR 2008, 762; Ahlt, UR 2006, 63, 64; Bergsdorf, ZfIR 2009, 145, 146; Herrlein, NZM 2013, 409, 417; Stadie, UStG, § 1, Rn. 55.

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des Rechtsgeschäfts auch zu zahlen sein, wenn der Vertrag durch den Rücktritt einer der Parteien nachträglich aufgehoben wird. Erklärt eine der Parteien den Rücktritt, so wird der Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, was zunächst bedeutet, dass beide Parteien dasjenige, was sie aus der Vertragsdurchführung erlangt haben, zurückzugeben haben.333 In den Fällen des Rücktritts vom Vertrag ist eine Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs im Sinne des §  17 Abs.  2 Nr.  3 UStG gegeben.334 Die Rückgängigmachung eines bereits vollzogenen Leistungsaustau­schs führt danach zur rück­wirkenden Aufhebung der Umsatzsteuerpflicht, da ein Leis­ tungsaus­tausch in diesem Fall nicht mehr vorliegt.335 Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise, wenn der Rücktritt unter Zurückbehaltung eines Teils der vom Vertragspartner bereits erbrachten Leistungen geschieht. In diesem Fall ändert sich der Leistungsgegenstand, was zu der Begründung eines neuen Leistungsaustauschs in Form der Teilleistungen und des dafür erlangten Entgelts führt.336 Darüber hinaus sind gemäß § 346 Abs. 1 BGB im Rücktrittsfall die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Sofern die Herausgabe letzterer nicht mehr möglich ist, begründet dies eine Verpflichtung zur Zahlung von Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB. In den Fällen des Rücktritts wird dem Abnehmer der Leistung ebenfalls ein verbrauchbarer Vorteil verschafft, denn er erlangt die grundsätzlich uneingeschränkte Nutzungsund Gebrauchsmöglichkeit über den Vertragsgegenstand. Diese Übertragung wird auch von einem bewussten und freiwilligen Verhalten des Unternehmers gesteuert und unterliegt deshalb dessen Leistungswillen. Da die Nutzungsentschädigung beziehungsweise der Wertersatz durch die Leistung bestimmt wird und die tatsächliche Nutzung durch die andere Vertragspartei abgilt, muss auch in diesen Fällen ein Leistungsaustausch bejaht werden.337

333 BGH v. 10.07.1998 – V ZR 360/96, NJW 1998, 3268; v. 13.11.1998 – V ZR 386/97, NJW 1999, 352; v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, NJW 2008, 911; Gaier, MüKo, BGB, § 346, Rn. 12; Schulze, NomosHK, BGB, § 346, Rn. 9. 334 OLG Brandenburg v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, BeckRS 2007, 32620; Weiß, UR 1982, 76, 77; Pel, UR 1988, 365, 368; Michel, DB 2009, 158; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 849; Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 149.  335 BFH v.  17.12.1981  – VR 75/77, ­BStBl.  II 1982, 233; v.  27.06.1995  – V  R 27/94, ­BStBl. II 1995, 756; v. 12.11.2008 – XI R 46/07, ­BStBl. II 2009, 558; Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 146; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 106. 336 Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Rücktritt“. 337 So auch OLG Brandenburg v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, BeckRS 2007, 32620; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 849; Stadie, UStG, § 1, Rn. 51.

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III.  Sachliche Überschreitung 1.  Darstellung des Problems Im Folgenden soll die Überschreitung des Nutzungsrechts des Leistungsempfängers in sachlicher Hinsicht untersucht werden. Hierbei handelt es sich um eine Problemstellung, die hauptsächlich im Leasingrecht entsteht. Leasingverträge sind von vornherein grundsätzlich auf die volle Amortisation der vom Leasinggeber getätigten Investitionskosten gerichtet.338 Zur Erreichung dieses Ziels wurden in der Praxis verschiedene Vertragsgestaltungstypen entwickelt, nach denen sich der Leasingnehmer vertraglich dazu verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen neben den Leasingraten zusätzlich gewisse Ausgleichszahlungen zu tätigen. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich an solche Fälle geknüpft, in denen die Leasingraten allein nicht zur Amortisierung des Aufwands des Leasinggebers genügen. Da sich der Hauptteil aller Leasingverträge auf das Leasing von Fahrzeugen bezieht, soll in diesem Zusammenhang sowie zu Veranschaulichungszwecken das Fahrzeugleasing als Beispiel dienen. Die Ausführungen sind jedoch auf ­jegliche Gegenstände übertragbar, deren Überlassung als Grundlage eines Leasingvertrags in Betracht kommt. Ein erkennbarer Grund, der eine Andersbehandlung nach der Art des Gegenstands rechtfertigen würde, besteht nicht.339 Häufig wird in Verträgen ein Minderwertausgleich vereinbart. Dabei wird ein bestimmter Zustand des Gegenstands gefordert, in dem sich dieser bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zu befinden hat. Der Leasingnehmer verpflichtet sich dazu, den Vertragsgegenstand in einem ordentlichen Erhaltungszustand an den Leasinggeber zurück­zu­geben.340 Davon ausgenommen sind die üblichen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen, da diese bereits durch die Zahlung der Lea­singraten erfasst werden.341 Entspricht der Zustand des Gegenstands bei der Rückgabe an den Leasinggeber nicht dem ordentlichen Erhaltungszu­stand, führt dieser Umstand zu einem Minderwert, den der Leasingnehmer bei der Rückgabe des Leasinggegenstands auszu­gleichen ver­pflichtet ist.342 Ferner sind in Leasingverträgen des Öfte338 Koch, MüKo, BGB, Anhang zu § 515, Rn. 4. 339 Vgl. Göckel, DStR 2011, 1305, 1306. 340 Jacobs, NWB 2011, 2700, 2701; Zehelein, BeckOK, BGB, § 535, Rn. 73. 341 Nitsch, NZV 2007, 62, 64; Reinking, ZfS 2010, 367, 369 ff. 342 BGH v.  14.07.2004  – VIII ZR 367/03, NJW 2004, 2823; v.  14.11.2012  – VIII ZR 22/12, NJW-RR 2013, 1067; v. 17.07.2013 – VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171.

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ren dahingehende Vereinbarungen zu finden, dass dem Leasingnehmer die Nutzung des Fahrzeugs lediglich für eine bestimmte und im Vorhinein festgelegte Kilometerlaufzeit gestattet wird. Daneben besteht eine vertragliche Regelung eines Betrags, der für jeden über die vereinbarte Laufzeit hinausgehenden Kilometer zu entrichten ist. Überschreitet der Leasingnehmer die vereinbarte Gesamtlaufleistung, hat er eine entsprechende Ausgleichszahlung an den Leasinggeber zu erbringen.343 Ebenfalls besteht die Möglichkeit, dass schon bei Vertragsschluss vom Leasingnehmer ein bestimmter Restwert des Fahrzeugs garantiert wird. Bei diesem Leasingvertrag mit Restwertausgleich hat der Leasingnehmer für den Fall, dass das Fahrzeug den vereinbarten Restwert bei der Rückgabe nicht erreicht, eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Restwert und dem tatsächlichen Restwert an den Leasinggeber zu leisten.344 Bei den drei aufgezählten Zahlungsansprüchen handelt es sich jeweils um Ausgleichszahlungen, die den Zweck verfolgen, eine vollständige Amorti­ sation zu gewährleisten. Als problematisch erweist sich die Beantwortung der Frage, ob diese Zahlungen zu einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 UStG führen. Die Zahlungen stehen neben der Erbringung der vereinbarten Leasingraten und werden grundsätzlich erst bei der Beendigung des Vertrags fällig. Daher ist zuerst zu untersuchen, ob sie sich dennoch in einem unmittelbaren Zusammen­hang mit der Hauptleistungspflicht des Leasinggebers befinden. Sofern das nicht der Fall sein sollte, ist darüber hin­aus zu klären, ob die Zahlungen einer von der Hauptleistungspflicht des Leasinggebers losgelösten eigenständigen Leistung gegenüberstehen. Insoweit käme hierfür das Dulden der übermäßigen Nutzung in Betracht. Ist auch das nicht der Fall, weil die Zahlungen nicht für eine Leistung des Leasinggebers erbracht werden, sondern allein dem Ausgleich eines eingetretenen Schadens dienen, bleibt die Bemessungsgrundlage hingegen unverändert.

2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Das erste augenscheinliche Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung des Minderwertausgleichs lieferte der Bundesgerichtshof mit einem Urteil aus dem Jahr 2000.345 Hierin bewertete er den Anspruch auf den Ausgleich 343 Jaster/von Loeffelholz, UStB 2006, 135, 136; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355. 344 Vogler, MwStR 2014, 6, 8; Wurmnest, MüKo, BGB, § 307, Rn. 113. 345 BGH v. 01.03.2000 – VIII ZR 177/99, NJW-RR 2000, 1303.

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des Minderwerts als einen Teil des vertraglichen Erfüllungsanspruchs des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer und somit nicht als zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch.346 Äußerungen über die Umsatzsteuerbarkeit des Anspruchs traf der Bundesgerichtshof zwar nicht, dennoch machte sich die Finanzverwaltung dieses Urteil zu Nutze und zog daraus die Schlussfolgerung, dass die Zahlung des Minderwertausgleichs als Teil des Erfüllungsanspruchs ebenfalls einen Teil des umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschs darstelle, was eine Erhöhung des Entgelts und somit auch der Bemessungsgrundlage zur Folge habe.347 Der Minderwertausgleich stelle das Entgelt für die Duldung der übervertraglichen Nutzung dar.348 Mit den Auswirkungen der Minderwertausgleichszahlung auf die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage befasste sich der Bundesge­richtshof dann in einer Entscheidung aus dem Jahr 2007.349 In dem zu beurteilenden Fall kam es zum Totalschaden des Leasingfahrzeugs mit einer darauffolgenden außerordentlichen Kündigung. Der Leasinggeber machte daraufhin seinen Anspruch auf Ausgleich des Minderwerts geltend. Der Bundes­gerichtshof entschied entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, dass der Minderwertausgleich nicht der Umsatzsteuer unterliege. Er begründete seine Entscheidung damit, dass der Minderwertausgleich immer in einem Zusammenhang mit der Beendigung des Vertrags stehe. Nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses könne der Zahlung des Minderwertausgleichs aber keine steuerbare Leistung des Unternehmers mehr gegenüberstehen. Der Bundesgerichtshof bezog sich jedoch zunächst nur auf solche Fälle, in denen das Vertragsverhältnis vorzeitig beendet wurde. Dieser Umstand sorgte dafür, dass in der Literatur zunächst teilweise die Ansicht vertreten wurde, in Fällen der regulären Beendigung des Vertrags durch Zeitablauf solle ein Minderwertausgleich zu einer Erhöhung der Bemes­sungsgrundlage führen.350 Zum Teil wurde in dieser Entscheidung zudem ein Widerspruch zu

346 Bestätigt durch BGH v.  14.11.2012  – VIII ZR 22/12, NJW-RR 2013, 1067; v. 24.04.2013 – VIII ZR 265/12, NJW 2013, 2420; v. 24.04.2013 – VIII ZR 336/12, NJW 2013, 2421; v.  17.07.2013  – VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171.  Zustimmend Streyl, NZM 2013, 373, 375; Geisler, ­jurisPR-BGHZivilR 18/2013, Anm. 1; Leicht, Beck’sches Steuer- und Bilanz­rechtslexikon, Schadensersatz, Rn.  19.  Kri­tisch Graf von Westphalen, BB 2013, 1172. 347 Vgl. BMF v. 20.06.2006 – IV A 5–S 7100-23/06, ­BStBl. I 2006, 241. 348 Ähnlich Klein, Steu+Stud 2010, 209, 216. 349 BGH v. 14.03.2007 – VIII ZR 68/06, ­DStRE 2008, 177. 350 Klein, UR 2008, 133, 135.

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dem Urteil aus dem Jahr 2000 gesehen.351 Daher blieb auch die Finanzverwaltung ihrer Auffassung zunächst treu, änderte jedoch deren Begründung.352 Dieser zufolge sollte es zwar nicht auf die zivilrechtliche Beurteilung des Anspruchs ankommen, die Zahlung stelle aber das Entgelt für die bereits erbrachte Leistung des Unternehmers in Form der Gebrauchsüberlassung und Duldung der Nutzung über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus dar. Die übervertragliche Nutzung solle einen vom Leistungsempfänger erlangten verbrauchbaren Vorteil darstellen. Der Leistungswille ergebe sich aus der vertraglichen Vereinbarung über den Wertminde­rungsausgleich, da hierin eine Zustimmung des Unternehmers zum übervertraglichen Gebrauch zu sehen sei.353 Aufgrund der Differenzen zwischen der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung befasste sich der Bundesgerichtshof ein zweites Mal mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung des Minderwertausgleichs.354 In dem zu entscheidenden Fall endete die Vertragsbeziehung auf ordentlichem Weg durch Zeitablauf. Das streitgegenständliche Fahrzeug entsprach jedoch nicht dem vereinbarten Erhaltungszustand, weshalb der Leasinggeber wiederum den Ausgleich des Minderwerts forderte. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Minderwertausgleich auch im Fall einer ordentlichen Vertragsbeendigung nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe.355 Er schloss sich insoweit der Begründung der Vorinstanz an.356 Es fehle ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmers in Form der Gebrauchsüberlassung auf Zeit und der Ausgleichszahlung. Dabei verwendete er überwiegend dieselbe Begründung wie im Urteil aus 2007.  Wegen der Beendigung des Vertrags könne die Zahlung nicht mehr im unmittelba­ren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers stehen. Die Leistung des Leasinggebers sei mit der Vertragsbeendigung vollständig erbracht. Neben der Gebrauchsüberlassung bestehe die Leistung des Leasinggebers zwar auch in der Anschaffungsfinanzierung, durch die Rückgabe des Gegenstands sei aber auch die Kapitalnutzung entzogen. Eine spätere Zahlung zum Ausgleich eines Minderwerts könne daher nicht mehr den Gegenwert 351 Slotty-Harms, UVR 2007, 351, 352. 352 BMF v. 22.05.2008 – IV B 8 – S7100/07/10007, ­BStBl. I 2008, 632. 353 So auch Klein, UR 2008, 133, 135. 354 BGH v. 18.05.2011 – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625. 355 So bereits zuvor OLG Stuttgart v.  08.12.2009  – 6 U 99/09, NJOZ 2011, 542; OLG Düsseldorf v.  02.09.2010  – 24 U 15/10, BeckRS 2010, 22288; LG München I v. 07.08.2008 – 34 S 24052/07, DAR 2008, 591. 356 OLG Stuttgart v. 05.10.2010 – 6 U 115/10, ­DStRE 2010, 1514.

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für diese Leistung darstellen. Die Zahlung geschehe deshalb nicht, um die Leistung zu erhalten, sondern weil der Leasingnehmer sich vertraglich dazu verpflichtet habe, den Leasinggegenstand in einem ordentlichen Erhaltungszustand zurückzugeben. Die Duldung einer übervertraglichen Nutzung könne ebenfalls nicht als Leistung angese­hen werden. Aus der Vereinbarung über den Ausgleich des Minderwerts könne nicht der Schluss gezogen werden, dass diese vom Leistenden auch gewollt sei. Es gelte stattdessen sogar das Gegen­teil, denn der Minderwert­ausgleich sei gerade zu zahlen, weil der Leasinggeber die übervertragliche Nutzung nicht wolle. Im Jahr 2013 bekräftigte dann der Bundesfinanzhof die Auffassung des Bundesgerichtshofs, indem er ebenfalls einen Minderwertausgleich als nicht der Umsatzsteuer unterliegend bezeichnete.357 Er verneinte ebenso wie der Bundesgerichtshof den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zahlung und der vertraglichen Hauptleistung des Leasingnehmers. Auch eine neben der Gebrauchsüberlassung eigenständig stehende Duldungsleistung des Leasinggebers lehnte er ab. Zum einen sei der Leasingnehmer aufgrund der Vereinbarung, das Fahrzeug in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben, zum übervertraglichen Gebrauch nicht berechtigt. Der Leasinggeber dulde ein über die Vereinbarung hinausgehendes Verhalten folglich gerade nicht. Gegen das Dulden als Leistung spreche zum anderen, dass es sich um keinen zwangsläufig eintretenden Schaden handle. Die Ausgleichsvereinbarung werde lediglich vorsorglich getroffen. Aus diesen Gründen fehle der für eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne erforderliche Leistungswille. Dieses Urteil führte zu einer Änderung der Auffassung der Finanzverwaltung, die sich nunmehr der Ansicht des Bundesfinanz- sowie des Bundesgerichtshofs angeschlossen hat.358 Diese in Rechtsprechung und Verwaltung einhellige Auffassung der Nichtbesteuerung des Minderwert­ausgleichs wird auch in der umsatzsteuerrechtlichen Literatur geteilt.359 Das Kriterium der 357 BFH v. 20.03.2013 – XI R 6/11, ­BStBl. II 2014, 206. 358 Vgl. BMF v. 06.02.2014 – IV D 2 – S 7100/07/10007, DStR 2014, 330.  359 Klenk, DB 2006, 1180, 1181 f.; Jaster/von Loeffelholz, UStB 2006, 135, 137 f.; Müller-Sarnowski, DAR 2007, 519, 520; de Weerth, DStR 2008, 392, 393; Moseschus, EWiR 2007, 649, 650; Nieskoven, GStB 2008, 428, 429 f.; Moseschus, EWiR 2010, 387, 388; Müller, LMK 2011, 321449; Göckel, DStR 2011, 1305, 1307; Moseschus, EWiR 2011, 663, 664; Diehl, ZfS 2012, 382; Kunze, BB 2013, 2216; Herbert, MwStR 2013, 488; Jacobs, NWB 2013, 2986, 2990  f.; Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 322; ­Freymann, Geigel, Haft­pflichtprozess, Kapitel  5, Rn.  10; Brinkmann/Walter-Yadegardjam, Lüdicke/Sistermann, Unter­neh­mens­­steuerrecht, §  10, Rn.  151; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 906 unter “Leasing”.

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Zwangsläufigkeit stelle danach ein geeig­netes Kriterium für die Abgrenzung von steuerbaren und nicht steuerbaren Schadensersatzzahlungen im Zusammenhang mit einer Rechtsbe­einträchti­gung dar360, obgleich der Nachweis in der Praxis teilweise als schwierig bezeichnet wird.361 Englisch gelangt zwar zu demselben Ergebnis, jedoch mit der Begründung, dass dem Schädiger bereits kein Konsumnutzen zuteilwerde.362 Dennoch gibt es einige Autoren in der Literatur, die die Steuerbarkeit des Minderwertausgleichs befürworten.363 Nach Stadie sei ein Leistungswille für die Umsatzsteuerbarkeit nicht notwendig, weshalb es auch nicht darauf ankomme, auf welcher zivilrechtlichen Grundlage die Zahlung erbracht werde.364 Es sei einzig maßgeblich, dass ein Verbrauch vorliege, weshalb die Umsatzsteuerbarkeit zu bejahen sei. Hummel vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Zahlung des Minderwertausgleichs zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe.365 Der Minderwertausgleich stelle das Entgelt für das Dulden der übervertraglichen Nutzung dar. Das Vorliegen des Leistungswillens sieht er in dem Bestehen der vertraglich fixierten Vereinbarung über die Zahlung des Minderwertausgleichs, die jedenfalls eine konkludente Zustimmung zu dem übervertraglichen Gebrauch nahe­legen solle. Der übervertragliche Nutzen stelle darüber hinaus auch einen verbrauchbaren Vorteil dar. Auch Neeser zweifelt an der Richtigkeit der Rechtsprechung von Bundesgerichts- und Bundesfinanzhof zur Nichtsteuerbarkeit des Minderwertausgleichs im Leasingrecht.366 Er ist der Ansicht, dass derjenige, der einen Gegenstand hergibt und vertraglich vereinbart, dass er je nach Abnutzung eine Gegenleistung erhält, der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist. Anders behandelte der Bundesgerichtshof hingegen den Restwertausgleich. Er entschied in zwei Fällen, dass dessen Zahlung zu einer Erhö­hung der Bemessungsgrundlage führe.367 Die Restwertausgleichszahlung stelle ein in 360 Demleitner, SteuK 2013, 391. 361 Nieskoven, GStB 2013, 291, 292 f. 362 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 133. 363 Runge, DB 1990, 959, 961; Hummel, UR 2006, 614, 616 ff.; Stadie, UR 2011, 801 f.; Neeser, BB 2013, 2455, 2458; Treiber, Sölch/Ringleb, UStG, §  10, Rn.  105 unter „­Leasing“; Stadie, UStG, § 1, Rn. 63; Peltner, BeckOK, UStG, § 1, Rn. 95.7. 364 Stadie, UR 2011, 801, 802. 365 Hummel, UR 2006, 614, 616 ff. 366 Neeser, BB 2013, 2455, 2458. 367 BGH v.  28.05.2014  – VIII ZR 179/13, NJW 2014, 2940; v.  28.05.2014  – VIII ZR 241/13, ZMR 2014, 966.  So bereits zuvor OLG Braunschweig v.  06.01.1997  – 6 U 38/96, BeckRS 2012, 6968; OLG Hamm v. 29.05.2013 – I-30 U 166/12, MwStR 2013,

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt für die Gebrauchsüberlassung dar, was damit zu begründen sei, dass es sich bei dem Ausgleich des Restwerts um eine Hauptleistungspflicht des Leasingnehmers und mithin um einen von vornherein integralen Bestandteil des im Vertrag vorgese­ henen Leistungsaustauschs handle. Eine anderweitige Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Gebrauchsüberlassung beim Anfall der ­Zahlungspflicht bereits beendet gewesen sei. Der Unterschied zum Min­ derwertausgleich bestehe darin, dass der Restwertausgleich nicht dem Ausgleich eines bei der Vertragsbeendigung bestehenden Leistungsun­ gleichgewichts diene. Die Zahlung stelle einen dem Grunde nach bestimmten Teil des Leasingentgelts dar, der sicherstelle, dass die gesamten Aufwendungen des Leasinggebers amortisiert würden. Zu demselben Ergebnis wie der Bundesgerichtshof gelangen auch die herrschende Meinung in der Literatur368 und die Finanzverwaltung369. Lediglich das Oberlandesgericht Düssel­dorf vertrat die Auffassung, dass die Zahlung des Restwertausgleichs nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe.370 Begründet wurde diese Ansicht damit, dass für den Restwertausgleich Dasselbe gelten müsse wie für den Minderwertausgleich. Beide Zahlungen würden nicht für die Gebrauchsüberlassung gezahlt, sondern würden allein der Kompensation wert­mindernder Fak­toren dienen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch ein kleiner Teil der steu­errechtlichen Literatur.371 Diesen zufolge sei kein Grund ersichtlich, weshalb ein schadensbedingter Mindererlös beim Restwertleasing umsatzsteuerrechtlich anders zu behandeln sein solle als ein schadensbedingter Minderwert beim Leasingvertrag mit Minderwertausgleich.372 Werde davon ausgegangen, dass der

529; OLG Saarbrücken v. 10.07.2013 – 2 U 35/13, BeckRS 2013, 15221; OLG München v. 26.09.2013 – 32 U 1061/13, WM 2014, 535; OLG Frankfurt v. 05.12.2013 – 12 U 89/12, BeckRS 2014, 4907. 368 Reinking, jM 2014, 433, 434; Vogler, MwStR 2014, 619; Sprenger, LMK 2014, 361724; Reinking/Hettwer, Reinking/Eggert, Der Autokauf, Teil 3, Rn.  L36; Treiber, Sölch/ Ringleb, UStG, § 10, Rn. 105 unter „Leasing“; Friedrich-Vache, Reiß/‌Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Leasing“. 369 Abschn. 1.3 Abs. 17 S. 4 UStAE. 370 OLG Düsseldorf v. 15.12.2011 – I-24 U 111/11, DAR 2012, 257; v. 18.06.2013 – 24 U 148/12, BeckRS 2013, 14408.  Diese Auffassung wurde allerdings aufge­geben. Vgl. dazu OLG Düsseldorf v. 15.05.2018 – 24 U 128/17, BeckRS 2018, 27991. 371 Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 323  f.; Artz, Graf von Westphalen, Der Leasing­ vertrag, Kapitel K, Rn. 122. 372 Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 323 f.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

Minderwertausgleich steuerbar sei, müsse Gleiches auch für den Restwertausgleich gelten.373 Zu der umsatzsteuerlichen Behandlung des Ausgleichs von Mehrkilometern fehlt bisher eine Entscheidung eines der obersten Bundesgerichte. Bislang wurde der Mehrkilometerausgleich in der Rechtsprechung ohne tiefergehende Begründung als umsatzsteuerbar beurteilt.374 Lediglich das Oberlandesgericht Stuttgart375 führte dazu aus, dass der Mehrkilometerausgleich nicht mit dem Minderwertausgleich vergleichbar sei. Er trete daher neben die Zahlung der Leasingraten und sei aus diesem Grund als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zu werten. Dieselbe Ansicht vertritt auch die Finanzverwaltung.376 Der Mehrkilometerausgleich diene dazu, die Ansprüche aus dem Leasingverhältnis an die tatsächliche Nutzung des Leasinggegenstands anzupassen und sei daher als zusätzliches Entgelt einzustufen.377 Auch die herrschende Meinung in der Literatur stimmt der Steuerbarkeit der Ausgleichszah­lung für Mehrkilometer zu.378 Anders als im Zusammenhang mit dem Minderwertausgleich entstehe dem Leistungsempfänger durch die Nutzungsüberschreitung ein höherer Nutzungsvorteil.379 Nach de Weerth ergebe sich bereits aus der Vereinbarung über die zusätzliche Zahlung bei Mehrkilometern, dass der Leasingnehmer zur Benutzung des Fahrzeugs über die vertraglich vereinbarte Laufleistung hinaus be­rechtigt sei.380 Vereinzelt wird die Richtigkeit der Umsatzbesteuerung des Mehrkilometerausgleichs nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs zum Minderwertausgleich381 angezweifelt.382

373 Artz, Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, Kapitel K, Rn. 122. 374 OLG Stuttgart v.  05.10.2010  – 6 U 115/10, ­ DStRE 2010, 1514; LG Krefeld v. 29.10.2009 – 5 O 414/08, BeckRS 2009, 140165; AG Köln v. 20.03.2012 – 124 C 12/12, BeckRS 2012, 19343. 375 OLG Stuttgart v. 05.10.2010 – 6 U 115/10, ­DStRE 2010, 1514. 376 Abschn. 1.3 Abs. 17 S. 3 UStAE. 377 BMF v. 06.02.2014 – IV D 2 – S 7100/07/10007, DStR 2014, 330. 378 Slotty-Harms, UVR 2013, 347, 348; Reinking, jM 2014, 433; Goldkamp/Reinking, jM 2014, 321, 323; Janzen, Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, §  1 UStG, Rn.  92; Korn, Bunjes, UStG, §  17, Rn.  74; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §1, Rn. 275 unter „Leasing“. 379 Nieskoven, GStB 2008, 428, 429 f. 380 De Weerth, DStR 2008, 392, 393. 381 BFH v. 20.03.2013 – XI R 6/11, ­BStBl. II 2014, 206. 382 Höink, UStB 2013, 283, 284; Prätzler, ­jurisPR-SteuerR 38/2013, Anm. 5.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

3. Stellungnahme Der Leasinggeber schuldet im Normalfall des Leasingvertrags allein die Gebrauchsüberlassung auf Zeit. Dieser Leistung steht unzweifelhaft die Zahlung der vereinbarten Leasingraten gegenüber. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Minderwertausgleichs und der Gebrauchsüberlassung kann nicht allein damit begründet werden, dass dem Leistungsempfänger ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde und daher auch dessen Überschreitung noch vom Leistungsaustausch umfasst sei. Die vereinbarten Leasingraten stellen den unmittelbaren Gegenwert der Gebrauchsüberlassung dar und dienen deshalb ihrer vollständigen Abgeltung. Der Minderwertausgleich wird hingegen nicht zur Abgeltung der Überlassung gezahlt, sondern allein, weil dem Vermögen des Leasinggebers ein Schaden durch den Minderwert des Leasinggegenstands zugefügt worden ist. Nur die Leasingraten werden durch die Gebrauchsüberlassung bestimmt, während sich die Ausgleichszahlung allein an dem eingetretenen Schaden orientiert. Daher bringt lediglich die Zahlung der Leasingraten die Wertschätzung des Leasingnehmers für die Gebrauchsüberlassung zum Ausdruck. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Gebrauchsüberlassung und dem Minderwertausgleich besteht daher nicht. Anders als es der Bundes­gerichts­hof383 vertritt, kommt es bei der Beurteilung jedoch nicht darauf an, ob die Zahlung erst nach vollendeter Ge­brauchsüberlassung und der damit einhergehenden Rückgabe erfolgt. Für das Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs ist es not­wendig und ausreichend, dass das Entgelt den Gegenwert der Leistung darstellt und damit ihrer Abgeltung dient. Eine weitere Voraussetzung im Sinne eines zeitlichen Zusammenhangs besteht nicht. Insbesondere die Fälle des Schadensersatzes statt der Leistung wegen Schlechtleistung384 haben verdeutlicht, dass auch Zahlungen, die erst einige Zeit nach der vollständigen Durchführung des Leistungsaustauschs erbracht werden, einen Einfluss auf die Höhe der Bemessungsgrundlage haben können. Der Minderwertausgleich ist darüber hinaus auch nicht als Entgelt für eine eigenständige Leistung in Form einer übervertraglichen Nutzung anzusehen. Diese Sichtweise würde zunächst voraussetzen, dass der Leasinggeber mit der Duldung der Herbeiführung des Minderwerts eine umsatzsteuerli383 BGH v.  14.03.2007  – VIII ZR 68/06, ­DStRE 2008, 177; v.  18.05.2011  – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625. 384 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. III. 2.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

che Leistung an den Leasingnehmer erbringt. Hierbei ist bereits fraglich, inwieweit dem Leasinggeber durch dieses Herbeiführen ein verbrauchbarer Vorteil zugutekommt.385 Zu denken wäre in diesem Kontext womöglich an das Entfallen einer Nutzungsbeschränkung, weil es dem Leasingnehmer aufgrund der Duldung durch den Leasinggeber gestattet wird, den Gegenstand hemmungsloser zu verwenden. Da der Leasingnehmer derjenige ist, der den Gegenstand nutzt und damit ebenfalls ein persönliches Interesse an dem ordnungsgemäßen Er­haltungszustand des Gegenstands hat, erscheint diese Überlegung aber nicht besonders realitätsnah. Es fehlt aber jedenfalls ein Leistungswille des Leasinggebers. Entgegen der Auffassung Stadies386 ist das Vorliegen eines Leistungswillens für die Begründung einer Leistung im umsatzsteuer­lichen Sinne zwingend erforderlich.387 Anders als Hummel388 ausführt, kann aus der im Vertrag getroffenen Vereinbarung über den Ausgleich eines Minderwerts nicht darauf geschlossen werden, dass der Unternehmer die Herbeifüh­rung eines solchen billigt. Die Vereinbarung, den Gegenstand in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben, bringt den genau umgekehrten Willen des Unternehmers zum Ausdruck, dass eine übervertragliche Nutzung gerade nicht gewünscht ist. Allein die Tatsache, dass ein eventuell eintretender Minderwert im Vertrag berücksichtigt und für den Fall von dessen Eintritt eine Ausgleichs­ zahlung vereinbart wurde, lässt nicht darauf schließen, dass der Leasingnehmer zum übervertraglichen Gebrauch auch berechtigt sein soll. Ähnlich wie bei der deliktischen Beschädigung einer Sache existiert auch im Fall der übermäßigen Nutzung kein dahingehender Wille des Leistenden, diese Leistung tatsächlich zu erbringen. Der vorher bereits bestehende Leistungswille, der sich auf die Durchführung des Leasingvertrags bezog, kann nicht auf die übermäßige Nutzung des Gegenstands ausgeweitet werden. Der Wille des Leistenden umfasst insoweit lediglich die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags. Etwas anderes wäre anzunehmen, wenn der Schaden zwangsläufig bei der Durchführung des Vertrags eintreten würde. Der Leistungswille wird in diesen Fällen dadurch begründet, dass der Unternehmer den Vertrag in dem Bewusstsein des Schadenseintritts abschließt. Das Vorhandensein eines Minderwerts bei Vertragsende steht jedoch nicht von Vorn­ herein fest, da es ebenfalls möglich ist, dass der Leasingnehmer den Gegen385 Jaster/von Loeffelholz, UStB 2006, 135, 138; Nieskoven, GStB 2008, 428, 429 f. 386 Stadie, UR 2011, 801 f. 387 Vgl. 2. Kapitel, A. III. 388 Hummel, UR 2006, 614, 616.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

stand in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückgibt. Ein zwangsläufiger Schadenseintritt ist daher nicht gegeben. Überraschend erscheint in diesem Zusammenhang die Beurteilung des Restwertausgleichs als umsatzsteuerbar durch Rechtsprechung und Literatur. Das Argument des Bundesgerichtshofs, dass die Steuerbarkeit deshalb zu bejahen sei, weil der Restwertausgleich einen Teil des Erfüllungsanspruchs darstelle389, verwundert, denn ebenso wie der Restwertausgleich wird auch die Zahlung des Minderwertausgleichs vom Bundesgerichtshof als Teil des Erfüllungsanspruchs angesehen.390 In diesem Fall hat er die Umsatzsteuerbarkeit jedoch verneint. Diese Ent­scheidung ist richtig, da der zivilrechtlichen Einordnung eines Zah­lungsvorgangs für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Steuerbarkeit grundsätzlich keine Bedeutung zukommt. Der Umstand, dass der Restwertausgleich einen Teil des Erfüllungsanspruchs darstellt, bietet daher keinen Anlass dafür, davon auszugehen, dass dessen Zahlung zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt. Sowohl der Minderwert- als auch der Restwertausgleich stellen im Vorhinein vereinbarte Regelungen dar, die dazu dienen, einen bestimmten Wert des Leasinggegenstands bei dessen Rückgabe zu gewährleisten. Der einzige Unterschied liegt darin begründet, dass in dem einen Fall ein bestimmter Zustand und in dem anderen ein bestimmter Wert zu erreichen ist. Hierin besteht jedoch kein gravierender Unterschied, der zu einer ungleichartigen Beurteilung führen müsse. Dabei stehen der Zustand sowie der Wert des Gegenstands in einer wechselseitigen Beziehung, denn einen bestimmten Restwert kann der Gegenstand nur aufweisen, wenn er einen entsprechenden Erhaltungszustand aufweist. Andererseits führt der ordnungsgemäße Zustand zu einer Erhöhung des Restwerts bei der Rückgabe. Letztlich kommt durch die Vereinbarung des Restwertausgleichs der Wille des Leasinggebers zum Ausdruck, dass der Gegenstand gerade nicht derart beansprucht oder beschädigt werden soll, dass dieser Wert unterschritten wird. Wie auch beim Minderwertausgleich ist das übervertragliche Nutzen des Gegenstands nicht mehr vom Leistungswillen des Leasinggebers gedeckt. Aus der bloßen Vereinbarung des Restwertausgleichs kann auch nicht die Schlussfolgerung auf eine Zwangsläufigkeit des Schadenseintritts gezogen werden. Ob der Schaden eintritt, ist nicht bereits bei Vertragsschluss 389 Vgl. BGH v. 28.05.2014 – VIII ZR 179/13, NJW 2014, 2940; v. 28.05.2014 – VIII ZR 241/13, ZMR 2014, 966.  390 BGH v. 01.03.2000 – VIII ZR 177/99, NJW-RR 2000, 1303.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

gewiss, sondern hängt davon ab, wie der Leasingnehmer mit dem Gegenstand umgeht. Die Vereinbarung dient der Absicherung des Leasinggebers für den hypothetischen Fall, dass das Fahrzeug bei der Rückgabe den vereinbarten Wert aufgrund übermäßiger Nutzung nicht erreicht. Der Restwertausgleich wird daher nicht für ein Dulden des Leasinggebers der übervertraglichen Nutzung gezahlt. Darüber hinaus dient die Zahlung auch nicht der Abgeltung der Gebrauchsüberlassung an sich, denn diese wird durch die Zahlung der Leasingraten vollständig abge­golten. Die Zahlung ist daher allein für den Ausgleich eines sich im Vermögen des Leasinggebers niederschlagenden Schadens vorgesehen. Gleiches wie für den Minderwert- und den Restwertausgleich muss ebenso bei der Ausgleichszahlung für Mehrkilometer gelten. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Gebrauchsüberlassung muss auch hier verneint werden. Auch diese Beurteilung läuft auf die Frage hinaus, ob die Duldung des Nutzens des Fahrzeugs über die vereinbarte Laufleistung hinaus von dem Leistungswillen des Leasinggebers gedeckt ist. Zwar wird der Mehrkilometerausgleich ebenfalls von vornherein im Vertrag vereinbart und festgehalten, es kommt aber auch in diesen Fällen nicht zwangsläufig zur Herbeiführung der Mehrkilometer. Wie der Bundesgerichts­hof391 im Zusammenhang mit dem Minderwertausgleich ausführt, kann allein aus der Vereinbarung nicht darauf geschlossen werden, dass die übervertragliche Nutzung vom Unterneh­mer gewollt ist. Diese Beurteilung muss ebenso für den Ausgleich der Mehrkilometer gelten. Letztlich geht aus der Vereinbarung einer Laufleistung der eindeutige Wille des Leasinggebers hervor, dass das Fahrzeug darüber hinaus nicht genutzt werden soll. Im Ergebnis dient der Mehr­ kilometerausgleich ebenfalls dem Ausgleich eines beim Leasinggeber eingetretenen Schadens. Aus diesem Grund sind der Mehrkilometerausgleich und der Minderwertausgleich entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart392 auch miteinander vergleichbar, denn der Wert eines Fahrzeugs sinkt mit stei­ gender Laufleistung. Dieser Wertverlust, der einen Vermögensschaden des Leasinggebers darstellt, soll durch den Mehrkilometerausgleich ersetzt werden. Das wird unter anderem daran deutlich, dass sich die Höhe der Zahlung pro Kilometer an der des Wertverlusts durch die erhöhte Laufleistung

391 BGH v. 18.05.2011 – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625. 392 OLG Stuttgart v. 05.10.2010 – 6 U 115/10, ­DStRE 2010, 1514.

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des Fahrzeugs orientiert.393 Durch eine Nutzung über die vertraglich vereinbarte Laufleistung hinaus entsteht dem Leasinggeber folglich ein Schaden, der durch die zusätz­liche Zahlung aus­geglichen werden soll. Die Vereinbarung der Aus­gleichszahlung dient allein der Absicherung eines hypothetisch eintretenden Schadens. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Fällen der übervertraglichen Nutzung durch den Leistungsempfänger eine entsprechende Ausgleichszahlung insgesamt nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt.

IV.  Zeitliche Überschreitung 1.  Darstellung des Problems Neben der sachlichen Überschreitung kann der Leistungsempfänger sein Nutzungsrecht auch in zeitlicher Hinsicht überdehnen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er den Gegenstand, der ihm für einen zeitlich begrenzten Zeitraum zum Gebrauch überlassen wurde, nicht rechtzeitig zurückgibt. Dem Grunde nach liegt hierin eine Art des Verzugsschadens.394 Eine besondere Regelung für die verspätete Rückgabe gilt im Miet-, Leasing- und Pachtrecht. Gemäß § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter zur Rückgabe der Mietsache bei der Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet. Dieselbe Verpflichtung trifft den Pächter gemäß §  596 Abs.  1 BGB in Bezug auf die Pachtsache. Kommt der Nutzungs­berechtigte dieser Verpflichtung nicht nach, steht dem Eigentümer ein Entschädigungsanspruch gemäß §  546a Abs. 1 BGB zu. Voraussetzung für das Entstehen eines solchen Anspruchs ist, dass die unterlassene Rückgabe dem Willen des Vermieters widerspricht.395 Die Norm ist entsprechend auf Leasingverträge anwendbar.396 Der für Pachtverträge geltende Anspruch ergibt sich für den Verpächter aus § 597 S. 1 BGB. Bei dem Anspruch gemäß § 546a Abs. 1 BGB handelt es sich um einen solchen, der aus der Nichterfüllung der Rückgabepflicht des Leis-

393 Vgl. Nitsch, NZV 2007, 62, 64 f.; Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 323.  394 Vgl. hierzu bereits 3. Kapitel, A. II. 3. 395 Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 325. 396 BGH v.  22.03.1989  – VIII ZR 155/88, NJW 1989, 1730; v.  07.01.2004  – VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558; v. 13.04.2005 – VIII ZR 377/03, NJW-RR 2005, 1081; v.  01.03.2007  – IX ZR 81/05, NJW 2007, 1594; Friedrich/Gölzenleuchter, BB 1989, 175, 176 f.; Streyl, Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 546a BGB, Rn. 4; Weidenkaff, Grüneberg, BGB, § 546a, Rn. 5; Wiederhold, BeckOK, BGB, § 546a, Rn. 3.

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tungsempfängers resultiert.397 Dennoch wird er nach zivilrechtlichen Maßstäben nicht als Schadensersatzanspruch, sondern als vertraglicher Anspruch eigener Art beurteilt.398 Zunächst ist ein Leistungsaustausch in der Überlassung des Gegenstands auf Zeit für die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags gegeben. Gibt der Leistungsempfänger den Gegenstand nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses jedoch nicht zurück, ist er gemäß § 546a Abs. 1 BGB (beziehungsweise §  597 S.  1 BGB für Pachtverträge) zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Die Höhe letzterer richtet sich nach dem vereinbarten Mietzins, Pachtzins oder der Leasingrate. Als problematisch erweist sich die Feststellung, ob diese Entschädigungszahlungen ebenfalls der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Die Problematik der zeitlichen Überschreitung ist ähnlich wie bei der sachlichen Überschreitung. In den Fällen der verspäteten Rückgabe liegt zunächst immer auch eine Beendigung des Vertragsverhältnisses vor. Erst wenn der Vertrag beendet ist, entsteht die Pflicht zur Rückgabe der Sache. Erst ab diesem Moment kann es zu einer Verspätung kommen. Ob die Beendigung außerordentlich oder auf ordent­lichem Weg vorgenommen wird, ist für die umsatzsteuerrechtliche Betrachtung nicht von Bedeu­tung. Die Hauptleistungspflicht der Gebrauchsüberlassung endet in dem Moment der Vertragsbeendigung und ist durch die bereits geleisteten Zahlungen abgegolten. Insoweit kann die Entschädigungszahlung, die sich aus der verspäteten Rückgabe ergibt, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptleistungspflicht des Unternehmers stehen. Zu untersuchen ist, ob die Zahlung das Entgelt für eine von der vertraglichen Hauptleistungspflicht unabhängige Leistung des Unternehmers darstellen kann. In Frage für eine solche Leistung kommt lediglich die über die vertragliche Vereinbarung hinausgehende Ge­brauchsüberlassung durch den Unternehmer, da der Leistungsempfänger den Gebrauch des Gegenstands weiterhin in Anspruch nimmt.

2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Der Bundesfinanzhof hat sich mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Ausgleichszahlung für die verspätete Rückgabe eines überlassenen Gegen397 Streyl, Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 546a, Rn. 39. 398 BGH v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803; Herrlein, NZM 2013, 409, 416  f.; Reinking, jM 2014, 433; 436  f.; Streyl, Schmidt-Futterer, Mietrecht, §  546a, Rn. 19.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

stands bisher noch nicht befasst. Vom Bundesgerichtshof sind zu dieser Problematik lediglich Urteile aus den Jahren 1988 und 1995 vorhanden.399 Beiden Entscheidungen lag ein Fall zugrunde, in dem der Vertragsgegenstand vom Leistungsempfänger nicht rechtzeitig zurückgegeben wurde. In beiden Fällen ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass die Entschädigungszahlung zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe. Diese Sichtweise begründete er seinerzeit damit, dass es sich bei dem Anspruch unter zivilrechtlicher Betrachtung um keinen Schadensersatzanspruch, sondern um einen vertraglichen Anspruch sui generis handle, der nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses an die Stelle des Mietzinsanspruchs trete. Er sei insofern wie eine Mietzinsforderung zu beurteilen, die nach §  1 Abs.  1 Nr.  1 UStG der Umsatzsteuer unterliege. Auch die Finanzverwaltung sieht die Entschädigungszahlung wegen der verspäteten Rückgabe als umsatzsteuerbar an.400 Der gezahlte Betrag stelle das Entgelt für die über die vereinbarte Vertragsdauer hinausgehende Nutzungsüberlassung dar. Mit derselben Argumentation gelangt auch der weit überwiegende Teil der Literatur zu dem Ergebnis, dass die Entschädigungszahlung der Umsatzsteuer unterliege und somit zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe.401 Englisch402 ist der Auffas­sung, dass das bereits bestehende Leistungsaustauschverhältnis die Entschädigungszahlungen miteinschließe. Habe der Unternehmer eine Nutzungsmöglichkeit an dem Gegenstand eingeräumt und würden deren Grenzen überschritten, solle ein noch ausreichender Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers bestehen. Dennoch sprechen sich einige Autoren in der Literatur auch gegen die Umsatzbe­steuerung der Entschädigungszahlung bei verspäteter Rückga-

399 BGH v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665; v. 06.12.1995 – XII ZR 228/93, NJW-RR 1996, 460. So bereits zuvor OLG Hamm v. 28.06.1979 – 4 U 109/79, OLGZ 1980, 20. 400 Abschn. 1.3 Abs. 17 S. 5 UStAE. 401 Eckert, EWiR  1985, 849  f.; Eckert, EWiR 1986, 1085; Weiß, UR 1988, 277; Weiß, EWiR 1988, 975, 976; Sternel, EWiR 1996, 255, 256; Schmid, NZM 1999, 292, 293; Pump, UStB 2003, 386, 388; Armbrüster, LMK 2005, 151041; Ahlt, UR 2006, 63; Herrlein, NZM 2013, 409, 417; Slotty-Harms, UVR 2013, 347, 348; Reinking, jM 2014, 433, 436 f.; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 133; Reinking/Hettwer, Reinking/Eggert, Der Autokauf, Teil  3, Rn.  L40; Artz, Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, Kapitel K, Rn. 21; Robisch, Bunjes, UStG, § 1 Rn. 53 unter „Leasing­ entschädigungen“ und „Mieter­ verpflichtungen“; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG, § 1, Rn. 275 un­ter „Leasing“. 402 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 133.

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be aus.403 Zur Begründung wird angeführt, dass die Gebrauchsüberlassung über die vereinbarte Dauer hinaus nicht willentlich ge­sche­­­he.404 Mit dem Ablaufen des Vertrags ende ebenso der Überlassungswille des Unternehmers.405 Es handle sich um einen Schadensersatz, der für die gegen den Willen des Mieters stattfindende Besitzentziehung gezahlt werde.406 Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs407 zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Entschädigungszahlung wegen verspäteter Rückgabe seien durch dessen Urteil zum Minderwertausgleich aus dem Jahr 2007408 überholt.409

3. Stellungnahme Da die vertraglich vorgesehene Gebrauchsüberlassung durch die Zahlung der vereinbarten Raten vollständig abgegolten wird, kommt als die der Entschädigungszahlung gegenüberstehende Leistung allein die Duldung der überver­trag­lichen Nutzung in Betracht. Wenn zunächst die Begründung des Bundesgerichtshofs zur Umsatzsteuerbarkeit der Entschädigungszahlung betrachtet wird, ist festzustellen, dass diese hauptsächlich auf der zivil­ rechtlichen Einordnung des Entschädigungs­anspruchs beruht.410 Diese zivilrechtliche Einordnung kann auf die Frage, ob ein Leistungsaustausch ­gegeben ist, höchstens eine indizielle Wirkung entfalten. Auch der Bundesgerichtshof hat die Auffassung, wonach es für die Frage der Umsatzbe­ steuerung eines Schadensersatzanspruchs auf dessen zivilrechtliche Beurteilung ankomme, aufgegeben.411 Umso verwunderlicher erscheint es, dass der Großteil der steuerrechtlichen Literatur auch gegenwärtig noch die Umsatzsteuerbarkeit der Entschädigungszahlung bei verspäteter Rückgabe unter Berufung auf diese Urteile hinnimmt. Zwar kann eine Umsatzsteuerbarkeit grundsätzlich bejaht werden, wenn der in Frage stehende Entschädigungsoder Schadensersatzanspruch an die Stelle des ursprünglich nach den ver403 Korf, UR 1996, 330 f.; Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 325; Frensch, Prütting/‌Wegen/Weinreich, BGB, Anhang zu §§ 488-515, Rn. 188. 404 Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 325. 405 Korf, UR 1996, 330 f. 406 Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 325. 407 BGH v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665; v. 06.12.1995 – XII ZR 228/93, NJW-RR 1996, 460. 408 BGH v. 14.03.2007 – VIII ZR 68/06, ­DStRE 2008, 177. 409 Frensch, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, Anhang zu §§ 488-515, Rn. 188. 410 Vgl. BGH v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665; v. 06.12.1995 – XII ZR 228/93, NJW-RR 1996, 460. 411 So ausdrücklich in BGH v. 17.07.2001 – X ZR 71/99, NJW 2001, 3535.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

traglichen Vereinbarungen geschuldeten Zahlungsanspruchs tritt. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs412 kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Entschädigung für die verspätete Rückgabe an die Stelle des Anspruchs auf den Mietzins tritt, denn aufgrund der Beendigung des Vertragsverhältnisses besteht kein Anspruch des Vermieters mehr auf den vereinbarten Mietzins. Demgemäß kann die Entschädigungszahlung auch nicht an deren Stelle treten. Der Bundesgerichtshof sowie der Großteil der Literatur sehen in der Gebrauchsüberlassung über die Vertragsbeendigung hinaus eine umsatz­ steuerliche Leistung, zu der die Zahlung nach § 546a Abs. 1 BGB ein in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt darstelle. Dazu müsste die Gebrauchsüberlassung jedoch zunächst tatsächlich eine Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstellen, was bedeutet, dass sie dem Mieter einen verbrauchbaren Vorteil verschaffen und auf einem Leistungswillen des Vermieters beruhen müsste. Dass dem Mieter durch die Überlassung des Gebrauchs der Wohnung ein verbrauchbarer Vorteil zuteilwird, ist unbestreitbar. Problematischer ist hingegen das Vorhandensein des Leistungswillens des Vermieters. Während der Vertragslaufzeit hatte dieser jedenfalls einen solchen, da er dem Mieter den Mietgegenstand bewusst und freiwillig zur Nutzung überlassen hat. Mit dem Ablauf des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags endet aber auch der Wille des vermietenden Unternehmers, dem Mieter den Gegenstand weiterhin zu überlassen. Die Übergabe des Mietgegenstands lässt nicht den Schluss zu, dass ein genereller Leistungs­wille des Unternehmers zur Gebrauchsüberlassung bis zur tatsächlich durchgeführten Rückgabe vorliegt. Mit der Vertragsbeendigung durch Kündigung oder Zeitablauf und dem Verlangen nach der Rückgabe des Gegenstands bringt der Unternehmer gerade zum Ausdruck, dass er dem Mieter den Gegenstand nicht mehr überlassen will. Die darüberhinausgehende Gebrauchsüberlassung findet mithin nicht mehr freiwillig statt. Ein Leistungswille kann daher nicht angenommen werden. Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass die Höhe der Entschädigung im Sinne von § 546a Abs. 1 BGB anhand der tatsächlichen Miete berechnet wird413. Für die Umsatzbesteuerung spielt es keine Rolle, auf welche Art die Höhe eines gezahlten Betrags berechnet wird. Ausschlaggebend sind 412 BGH v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665. 413 Vgl. Bieber, MüKo, BGB, § 546a, Rn. 10; Streyl, Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 546a BGB, Rn. 54.

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D.  Schadensersatz und Entschädigungen wegen über­vertraglicher Nutzung

allein die allgemeinen Grundsätze für die Bestimmung eines Leistungsaustauschs. Auch der Gedanke, dass der vertragsbrüchige Verbraucher bessergestellt werde als der vertragstreue Abnehmer, wenn er nicht zusätzlich die Umsatzsteuer zahlen müsse414, mag zwar stimmen, das Steuerrecht verfolgt jedoch grundsätzlich andere Gerechtigkeitserwägungen als beispielsweise das Zivilrecht. Das Steuerrecht dient nicht der Erreichung eines gerechten Ausgleichs zwischen Privat­personen.415 Ebenso ungerecht und darüber hinaus auch gesetzeswidrig wäre die Vornahme einer Umsatzbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG in solchen Fällen, in denen die Voraussetzungen der Norm mangels des Vorliegens eines Leistungsaustauschs nicht erfüllt sind. Der fehlende Leistungswille ist darüber hinaus auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG ausnahmsweise unbeachtlich. Zwar enthält die Norm des § 546a BGB in gewissem Maße eine Duldungskomponente, weil sie ein gesetzliches Schuldverhältnis416 zwischen dem Vermieter und dem ehemaligen Mieter begründet sowie ersterem einen dem Mietzins entsprechenden Entschädigungsanspruch gewährt. Der Umsatz wird jedoch nicht unmittelbar durch die Norm bewirkt, sondern ist allein auf das Verhalten des Mieters zurückzuführen, da dieser sich den verbrauchbaren Vorteil eigenmächtig verschafft. Insoweit ist auch in den Fällen der übervertraglichen Nutzung durch den Leistungsempfänger in zeitlicher Hinsicht eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage zu verneinen. Etwas anderes gilt in solchen Fällen, in denen eine Person des öffentlichen Rechts Asylbewerber oder Obdachlose zwangsweise in einer privaten Wohnung unterbringt und dem Wohnungseigentümer hierfür eine angemessene Entschädigung zahlt. Eine solche Zwangseinweisung ist nach den polizei­ lichen Landesgesetzen unter gewissen Umständen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit möglich.417 Denkbar ist nach diesen Grundsätzen auch die behördliche Zwangseinweisung des Vormieters bei einem gekündigten Mietvertrag, wenn die Räumung der Wohnung zu dessen Obdachlosigkeit führen würde.418 In diesen Fällen werden die Zwangseinwirkung sowie die damit einhergehende Ver414 Vgl. Eckert, EWiR 1986, 1085. 415 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 50 f. 416 Wiederhold, BeckOK, BGB, § 546a BGB, Rn. 20.  417 Vgl. BGH v.  13.07.1995  – III ZR 160/94, NJW 1995, 2918; OVG Lüneburg v. 01.12.2015 – 11 ME 230/15, NVwZ 2016, 164; Ewer/von Detten, NJW 1995, 353; Derleder, WuM 2009, 615, 620  f.; Hebeler, JA 2016, 318, 320; Beaucamp, JA 2017, 728, 730 f. 418 Ewer/von Detten, NJW 1995, 353, 357 ff.; Rolfs, Staudinger, BGB, § 546a, Rn. 21. 

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

schaffung des verbrauchbaren Vorteils in Form der Verfügungsmacht über den Wohnraum nicht mehr von dem Mieter selbst ausgeübt. Sie ist stattdessen allein auf die behördliche Verfügung zurückzuführen. Aus diesem Grund ist der Umsatz als aufgrund einer behördlichen Anordnung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG bewirkt anzusehen, weshalb der fehlende Leistungswille ausnahmsweise unbeachtlich ist.

V. Ergebnis Muss der Leistungsempfänger den Vertragsgegenstand aufgrund eines Rücktritts oder wegen der Nichtigkeit des Vertrags zurückgeben, ist es sachgerecht, die daraus resultierenden Nutzungs- und Wertersatzentschädigungen der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen, denn im Vertrauen auf die Wirksamkeit beziehungsweise den Fortbestand des Vertrags hat der Unternehmer dem Abnehmer die Nutzung des Gegenstands willentlich zugewendet. Die Zahlung stellt den Gegenwert der tatsächlichen Nutzung dar und dient daher ihrer Abgeltung, weshalb ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch gegeben ist. Anders ist die Beurteilung jedoch in den Fällen, in denen der Vertrag zwar wirksam ist und auch nicht rückgängig gemacht wird, der Abnehmer aber das ihm zustehende vertragliche Nutzungsrecht sachlich oder zeitlich überschreitet. Zu beachten ist zwar, dass die Überlassung des Gebrauchs durch den Unternehmer in diesen Fällen zunächst grundsätzlich von dessen Leistungswillen gedeckt ist, allerdings findet in diesen Konstellationen eine Einschränkung der dem Leistungsempfänger zustehenden Nutzung statt. Dies kann dadurch geschehen, dass entweder der Grad oder die zeitliche Dauer der Nutzung von vornherein beschränkt wird. Ein Verhalten des Abnehmers, das über diese Einschränkung hinausgeht, ist dann aber nicht mehr von dem Leistungswillen des Unternehmers gedeckt. Insoweit lässt sich festhalten, dass ein zunächst bestehender Leistungswille auch nachträglich entfallen kann, wenn der Leistende nicht mehr freiwillig handelt, weil der Abnehmer sich den Vorteil eigenmächtig verschafft. Eine Entschädigungszahlung, die einzig dazu dient, die übervertragli­che Nutzung des Ab­nehmers abzugelten, kann deshalb keinen Leistungsaustausch begründen.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

E. Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags I. Überblick Im Zivilrecht bestehen mehrere Wege, auf die ein Vertrag vorzeitig beendet werden kann. Vorzeitig in diesem Sinne bedeutet, dass die Rechte und die Pflichten erlöschen, bevor der geschuldete Erfolg vollständig eingetreten ist. Im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung kann es passieren, dass sich derjenige, auf dessen Veranlassung hin sie vorgenommen wird, gegenüber dem anderen Vertragsteil schadensersatzpflichtig macht. In diesem Rahmen kommt es des Öfteren zu Problemen bei der Beantwortung der Frage, ob diese Zahlungen als Entgelt für eine umsatzsteuerliche Leistung angesehen werden müssen, was deren Umsatzsteuerbarkeit zur Folge hätte. Dies gilt insbesondere, weil nicht immer eindeutig zu beurteilen ist, ob die Schadensersatzzahlung der Abgeltung einer vom Unternehmer erbrachten Leistung oder allein dem Ausgleich eines durch die Vertragsbeendigung eingetretenen Schadens dient. Eine bedeutende Unterscheidung ist dahingehend vor­zunehmen, ob das Vertragsverhältnis einseitig durch eine der Parteien oder im beiderseitigen Einverständnis aufgehoben wird. Als ein­seitige Aufhebungsgründe kommen das vertraglich vereinbarte Rück­trit­ts­recht419 sowie die Kündigung420 in Betracht. Eine einvernehmliche Aufhebung kann durch einen Aufhebungsvertrag421 herbeigeführt werden.

II.  Ausübung eines vertraglichen Rücktrittsrechts 1.  Darstellung des Problems Durch die Geltendmachung des Rücktritts werden die Parteien gemäß § 346 Abs. 1 BGB zur Rückgewährung der in der Ausführung des Vertrags bereits empfangenen Leistungen verpflichtet. Die Erfüllung dieser Pflicht führt unter umsatzsteuerlicher Betrachtung zur Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs.422 Daraus folgt, dass eine Umsatzsteuerbarkeit, abgesehen von 419 Vgl. 3. Kapitel, E. II. 420 Vgl. 3. Kapitel, E. III. und IV. 421 Vgl. 3. Kapitel, E. V. 422 OLG Brandenburg v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, BeckRS 2007, 32620; Weiß, UR 1982, 76, 77; Pel, UR 1988, 365, 368; Michel, DB 2009, 158; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 849; Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 149. 

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etwaigen Nutzungsentschädigungen, die für gezogene Nutzungen gezahlt werden423, nicht mehr gegeben ist.424 Bei vertraglichen Rücktrittsrechten besteht jedoch die Besonderheit, dass die Parteien eigenständig Rechtsfolgen an die Ausübung des Rücktrittsrechts knüpfen können. So kann vereinbart werden, dass die Partei, die das Recht zum Rücktritt ausübt, dazu verpflichtet bleibt, den nach dem Vertrag geschuldeten Betrag teilweise oder sogar vollständig zu zahlen. Da der Rücktritt dennoch zur Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs führt, ist die Frage zu stellen, ob der weiterhin geschuldete Betrag das Entgelt für eine Leistung des Vertragspartners darstellen kann. Offen ist insbesondere die Frage, worin diese Leistung liegt. Die gleichen Probleme bestehen, wenn von dem Rücktrittsrecht zu einem Zeitpunkt Gebrauch gemacht wird, in dem mit der Ausführung der ver­traglich geschuldeten Hauptleistungspflichten noch nicht einmal begonnen wurde.

2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Der Europäische Gerichtshof befasste sich mit dieser Problematik erstmalig im Jahr 2007.425 In dem zu entscheidenden Fall ging es um An­zahl­ungen in Form von Pauschalbeträgen, die von Hotelkunden bei der Reservierung eines Zimmers zu zahlen waren. Solche Anzahlungen sind im Hotelgewerbe üblich und werden auch als Angeld bezeichnet. Daneben wurde dem Kunden ein Recht eingeräumt, vor der Leistungserbringung vom Vertrag zurückzutreten. Sofern dieses Recht wahrge­nommen wurde, verblieb das geleistete Angeld jedoch bei dem Hotelbetrieb. Wurde der Vertrag hingegen ordnungsgemäß durchgeführt, ist das Angeld bei der späteren Abrechnung über die Unterbringungsleistung in Abzug gebracht worden. Streitig war die Behandlung des einbehaltenen Angelds beim Rücktritt vor der Vertragsdurchführung. Der Europäische Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass in Fällen dieser Art kein Leistungsaustausch vorliege. Grund dafür sei das Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den schon vom Hotel erbrachten Diensten wie zum Beispiel dem Bereithalten und Vorbereiten des Zimmers und dem einbehaltenen Angeld. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sich die Verpflichtung zu diesen Handlungen bereits aus dem Vertrag selbst ergebe und nicht an die Zahlung des Angelds gebunden sei. Da 423 Vgl. 3. Kapitel, D. II. 424 Pull, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 17, Rn. 146; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 106. 425 EuGH v. 18.07.2007 – C-277/05, HFR 2007, 1053.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

sich die Einhaltung dieser Pflichten aus den allgemeinen Grund­sätzen des Zivilrechts ergebe, könne die Zahlung des Angelds nicht als deren Gegenleistung angesehen werden. Es diene vielmehr allein dem Ausgleich des Schadens, der dem Hotelbetreiber durch die Nichterfüllung des Vertrags entstanden sei. Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs folgt auch der Großteil der steuerrechtlichen Literatur.426 Reiß geht sogar davon aus, dass schon eine umsatz­ steuerliche Leistung fehle, da dem Hotelgast durch die Vorbe­ reitungshandlungen des Hotelunternehmens kein verbrauchbarer Vorteil zugutekomme.427 Die Finanzverwaltung folgt grundsätzlich ebenfalls der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs. 428 Sie nimmt jedoch eine Einschränkung dahingehend vor, dass sie die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grund­sätze nur auf solche Fälle anwendet, in denen dem Kunden ein vertragliches Rücktrittsrecht zusteht. Könne sich der Kunde hinge­ gen nicht wirksam von dem Vertrag lösen, weil ihm kein Rücktrittsrecht zustand, solle der einbehaltene Betrag das Entgelt für das Bereithalten des Zimmers darstellen.429 Mit einem weiteren Urteil aus dem Jahr 2015 führte der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung fort.430 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ging es allerdings nicht um Beherbergungs-, sondern um Flugbeförderungsverträge. Nach den zwischen der Fluggesellschaft und den Fluggästen geschlossenen Verträgen blieb die Fluggesellschaft dazu berechtigt, die für die Flugtickets vereinnahmten Beträge auch dann einzubehalten, wenn der Gast den Flug tatsächlich nicht wahrnahm. Des Weiteren war die Fluggesellschaft dazu berechtigt, den reservierten Flugplatz einem anderen Passagier zur Verfügung zu stellen, wenn der Fluggast bis zu 30 Minuten vor dem 426 Heuermann, UStB 2000, 130; Huschens, EU-UStB 2007, 68, 69; Korf, IStR 2007, 669; Klein, UR 2008, 133, 136  f.; Nieskoven, GStB  2008, 37, 38  f.; Kühnen, EFG 2008, 1073, 1074; Fritsch, UStB 2010, 355, 356; Juhl, UR 2010, 321, 323; Weber, SteuK 2010, 521; Damaschke, StBW 2010, 1021 f.; von Eichborn, HFR 2011, 54, 55; Totsche/ Kempf, MwStR 2013, 401, 404; Lüdenbach/Freiberg, StuB 2016, 43, 47; Radeisen, Stbg 2017, 8, 11; von Streit/Streit, UR 2020, 525, 527 f.; Grambeck, NWB 2020, 1532, 1537; Stadie, UStG, § 1, Rn. 49; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Angeld“; Oel­ maier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „An­geld“. 427 Reiß, UR 2008, 58, 68. 428 Abschn. 25.1 Abs. 14 UStAE. 429 So auch Huschens, EU-UStB 2019, 12, 13; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/‌Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Stornokosten“. 430 EuGH v. 23.12.2015 – C-250/14, MwStR 2016, 197.

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Abflug nicht erschien. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Angeld431 waren derartige Fälle in der Literatur zunächst teilweise als nicht um­satzsteuerbar bezeichnet worden.432 Zur Begründung wurde auf das Fehlen einer umsatzsteuerlichen Leistung abgestellt, da die vertraglich geschuldete Handlung in Gestalt der Beförderung zu einem anderen Ort nicht erbracht worden sei.433 Alle vor dem Flug vorgenommenen Tätigkeiten seien lediglich als nicht umsatzsteuerbare Vorberei­tungshand­lungen anzusehen. Die bloße Verschaffung der Möglichkeit einer Flugteilnahme begründe keine umsatzsteuerliche Leistung.434 Der Europäische Ge­richts­hof gelangte jedoch zu einem gegenteiligen Ergebnis. Er beurteilte die einbehaltenen Beträge als Entgelt für eine umsatzsteuerliche Leistung. Die Fluggesellschaft erbringe dadurch eine Leistung, dass sie dem Fluggast ermögliche, die geschuldete Leistung in Anspruch zu nehmen. Anders als in dem beurteilten Fall zum Angeld stehe der einbehaltene Betrag zu dieser Leistung in einem unmittelbaren Zusammenhang. Das sei deshalb der Fall, weil der Fluggast mit der Zahlung des Flugscheins und der nachfolgenden Bestätigung durch die Flugge­sellschaft bereits verbindlich und endgültig an den Vertrag gebunden sei. Dafür spreche weiter, dass der einbehaltene Betrag, anders als das Angeld, das weit hinter dem vertraglich geschuldeten Entgelt zurückblieb, genau dem Preis des Flugscheins entspreche. Eine Auslegung dahingehend, dass es sich bei der Zahlung um einen Schadensersatz handle, scheitere schon daran, dass der Fluggesellschaft kein Schaden entstanden sei, da die reservierten Plätze anderen potenziellen Fluggästen zur Verfügung gestellt werden konnten. Darüber hinaus würde diese Auslegung zu einer unzulässigen Änderung der Natur der Gegenleistung führen, wenn der Fluggast den Flug nicht antrete. Auch diese Entscheidung traf größtenteils auf Zustimmung in der Literatur.435 Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs wurde geschlussfolgert, dass es für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung notwendig sei, dass der vereinbar-

431 EuGH v. 18.07.2007 – C-277/05, HFR 2007, 1053. 432 Posegga, UR 2010, 59, 60; Becker, SteuK 2012, 61. 433 Posegga, UR 2010, 59, 60. 434 Becker, SteuK 2012, 61. 435 Grube, MwStR 2016, 202; Radeisen, Stbg 2017, 8, 12; Korn, Bunjes, UStG, §  10, Rn.  66; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn.  105 unter „Angeld“; Friedrich-­ Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Flugtickets“; Nieskens, Rau/ Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 534 unter „Leistungsbereitschaft – Annahmever­zug“.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

te Zeitraum, in dem die Leistung erbracht werden kann, abgelaufen sein müsse.436 Einige Jahre vor diesem Urteil des Europäischen Gerichtshofs äußerte sich auch der Bundesfinanzhof zu dem Thema der einbehaltenen Flugticketpreise beim Nichtantritt des Flugs durch den Fluggast.437 Ob eine umsatzsteuerlich relevante Leistung vorlag, prüfte der Bundesfinanzhof jedoch nicht. Er sah aufgrund der im Voraus bezahlten Beträge einen Fall der Anzahlungsbesteuerung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a S. 4 UStG gegeben. Gemäß dieser Norm entsteht die Steuer, wenn das Entgelt vor der Ausführung der Leistung erbracht wird, mit dessen Vereinnahmung. Da das Entgelt in dem zu beurteilenden Fall vor der Leistungsausführung vollständig vereinnahmt wurde, ging der Bundesfinanzhof davon aus, dass der sich aus der Vorauszahlung ergebende Steueranspruch nur dann gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG berichtigt werden könne, wenn eine tatsächliche Rückzahlung des Entgelts stattfinde. Da eine solche Rückzahlung unstreitig nicht erfolgt sei, bestünde der Steueranspruch fort. Kritik an dieser Beurteilung wurde insbesondere dahingehend ausgeübt, dass die Anwendung der Regelung des § 17 UStG zunächst voraussetze, dass überhaupt ein steuerpflichtiger Umsatz gegeben sei.438

3. Stellungnahme Einigkeit besteht allgemein dahingehend, dass eine Leistungsbereitschaft immer dann steuerbar ist, wenn sie zum Gegenstand des Vertrags gemacht wird, die Bereitschaft somit gerade die vertragliche Hauptleistung darstellt und die Vergütung unabhängig davon erbracht wird, ob die Handlung, zu der sich der Schuldner bereithält, tatsächlich durchge­führt wird.439 In diesen Fällen wird dem Abnehmer ein verbrauchbarer Vorteil dadurch verschafft, dass er jederzeit die Möglichkeit hat, die vertraglich geschuldete Handlung abzurufen. Ihm steht insofern die Verfügungsmacht an der Leistung zu, da 436 Grube, MwStR 2015, 859; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 11. 437 BFH v. 15.09.2011 – V R 36/09, ­BStBl. II 2012, 365. 438 Posegga, UR 2012, 737, 738 ff.; Grünwald, DStR 2012, 998, 1000. 439 Vgl. RFH v.  21.11.1940  – V 346/39, RStBl. 1941, 132; EuGH v.  27.03.2014  – C-151/13, HFR 2014, 458; v.  03.09.2015  – C-463/14, ­ DStRE 2016, 176; BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/‌Langer, UStG, § 1, Rn. 79; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 42; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 417; Stadie, UStG, § 1, Rn. 15.

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er selbst frei dar­über entscheiden kann, ob er sie wahrnimmt oder nicht. In der reinen Bereitschaft, einen Vertrag zu erfüllen, liegt hingegen keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne, denn aus der alleinigen Bereitschaft erwächst dem Abnehmer in Ermangelung einer Verfügungsmacht über die zu erbringende Leistung noch kein verbrauchbarer Vorteil.440 Eine sol­che Kon­ stellation ist in den Fällen des Angelds gegeben. Tritt der Gast von dem Vertrag zurück, bevor die Fälligkeit der Leistung eingetreten ist, bestand für ihn zu keiner Zeit die Möglichkeit, auf diese zuzugreifen. Die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils ist deshalb abzulehnen. Daher ist Reiß441 darin zuzustimmen, dass in diesem Vorgang keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne liegt. Aus dem gleichen Grund kann auch kein verbrauchbarer Vorteil in der Erlangung eines dem Abnehmer unter Umständen zukommenden Optionsrechts gesehen werden. Zwar erlangt er durch den Abschluss des Vertrags ein Recht auf die vertragliche Leistung, über dessen Wahrnehmung er durch die Einräumung des ihm zustehenden Rücktrittsrechts entscheiden kann, die Zugriffsmöglichkeit auf die Leistung entsteht jedoch erst mit dem tatsächlichen Anbieten durch den Unternehmer nach Eintritt der Fälligkeit. Zuvor kann der Abnehmer nicht über die geschuldete Leistung verfügen, weshalb ihm auch erst in diesem Moment ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Daneben begründet auch die Lösung vom Vertrag keinen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch. Unabhängig von der Beurteilung, ob das Freiwerden von den vertraglichen Verpflichtungen eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar­stellen kann442, fehlt jedenfalls der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Ersatzzahlung und der Lösung vom Vertrag, denn der gezahlte Betrag dient nicht deren Abgeltung, sondern gleicht einen Schaden des Unternehmers aus, der ihm dadurch entstanden ist, dass er in der Erwartung der Vertragsdurchführung Aufwendungen getätigt hat, die durch den Rücktritt sinnlos geworden sind. Entscheidend ist, ob der Abnehmer tatsächlich bereits in der Lage war, unmittelbar auf die Leistung durch deren Wahrnehmung zuzugreifen. Zu bejahen ist das in den Fällen, in denen die Flugticketpreise von der Fluggesellschaft einbehalten werden, obwohl der Passagier den Flug nicht antritt. Die 440 Vgl. Posegga, DStR 2011, 650, 653; Nieskens, EU-UStB 2015, 80, 81; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, § 1, Rn. 6; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Um­satzsteuer, § 1, Rn. 42; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 84. 441 Reiß, UR 2008, 58, 68. 442 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. V.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Transportleistung durch die Fluggesellschaft steht in diesen Fällen bereit, um vom Abnehmer entgegengenommen zu werden. Richtig ist zwar, dass er die vertraglich geschuldete Hauptleistung in Form der Beförderung nicht erlangt, für die Beurteilung des Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Leistung sind die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen jedoch grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung. Ausschlaggebend sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger die tatsächlich geschuldete Leistung erlangt hat, sondern darauf, ob dasjenige, was er erlangt, einen verbrauchbaren Vorteil darstellt. Der Fluggast hat in diesen Fällen die Möglichkeit, durch das Erscheinen am Flugterminal die Leistung entgegenzunehmen, und kann insofern über sie verfügen.443 Aus diesem Grund kommt es für die Erlangung des verbrauchbaren Vorteils ebenfalls entscheidend darauf an, dass die Leistung bereits fällig war. Die Tätigkeit der Fluggesellschaft ist dann auch nicht mehr als bloße Vorbereitungshandlung zu werten. Eine umsatzsteuerliche Leistung liegt deshalb in dieser Konstellation vor.444 Der einbehaltene Betrag stellt den Gegenwert der von der Fluggesellschaft erbrachten Leistung dar und dient daher ihrer Abgeltung. Das Entgelt wird ausschließlich durch die Leistung bestimmt, weshalb der unmittelbare Zusammenhang zu bejahen ist. Vergleichbar ist die Situa­tion mit der des Vorliegens eines Annahmeverzugs beim Eintritt der Unmöglichkeit, die ebenfalls zur Begründung eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs führt.445 Daneben kann es auch keine Rolle spielen, ob demjenigen, der die Zahlung erhalten hat, ein Schaden entstanden. Der Begriff des Schadensersatzes als Gegenbegriff zum Begriff des Leistungsaustauschs wurde sowohl in der umsatzsteuerrechtlichen Literatur als auch in der Recht­sprechung mittlerweile derart etabliert, dass selbst der Europäische Gerichtshof beginnt, Voraussetzungen, die für das Vorliegen eines Schadensersatzes notwendig sein sollen, aufstellt.446 Was dabei außer Betracht bleibt, ist, dass der Begriff des Schadensersatzes sowohl dem Umsatzsteuergesetz als auch der Mehrwertsteuersystemrichtlinie fremd ist. Für die Beurteilung der Umsatzbesteuerung kommt es einzig darauf an, ob ein Leistungsaustausch vorliegt. Des Weiteren ist entgegen der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs ebenfalls uner443 Vgl. Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 534 unter „Leistungsbereitschaft – Annahmeverzug“. 444 Vgl. Nieskoven, GStB 2012, 146, 147 f. 445 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 5. 446 Vgl. EuGH v. 23.12.2015 – C-250/14, MwStR 2016, 197.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

heblich, in welcher Höhe die Entschädigung zu zahlen ist.447 Entscheidend bleiben die tatsächlichen Umstände. Würde die Situation der einbehaltenen Flugpreise einzig dahingehend geändert werden, dass die Fluggesellschaft lediglich 30 % des Flugpreises einbehält, würde daraus ebenfalls die Beurteilung resultieren, dass dem Leistungsempfänger durch das Anbieten der vertraglich geschuldeten Leistung ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Dieser wird durch die Zahlung des Betrags in Höhe von 30 % des vereinbarten Flugpreises abgegolten, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang und damit auch ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vorliegen würde. Der Entscheidung des Bundesfinanzhofs448 kann unter diesen Erwägungen nur im Ergebnis zugestimmt werden. Zurecht ist Kritik449 dahingehend ausgeübt worden, dass er seine Begründung allein darauf gestützt hat, dass keine Rückzahlung und damit kein Fall des § 17 UStG vorliege, denn Überlegungen zur Frage der Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs setzen einen solchen zunächst einmal voraus. Dass ein Leistungsaustausch vereinbart war, genügt hingegen nicht. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass bereits ein Leistungsaustausch nicht vorliegt, ist eine Umsatzbesteuerung nicht vorzunehmen, was unabhängig davon gilt, ob der gezahlte Betrag zurückerstattet wird. Die Frage danach, ob die Fluggesellschaft eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne erbracht hat, durfte vom Bundesfinanzhof daher nicht offengelas­sen werden. Da nach den getroffenen Feststellungen aber ein Leistungsaustausch in diesen Situationen vorliegt, ist jedenfalls das Ergebnis richtig, denn nur wenn es zur Rückzahlung der zuvor vereinnahmten Flugticketpreise gekommen wäre, hätte davon ausgegangen werden können, dass ein Leistungsaustausch nicht mehr gegeben ist. Die Rückzahlung hätte zu einer Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs geführt, die die Aufhebung der Umsatzsteuerbarkeit zur Folge gehabt hätte. Für die Beurteilung der Frage, ob bei einem Rücktritt vom Vertrag und einer damit einhergehenden Entschädigungs- oder Schadensersatzzah­lung ein Leistungsaustausch vorliegt, ist allein ausschlaggebend, ob dem potenziellen Leistungsempfänger ein verbrauchbarer Vorteil zugekommen ist. Hierfür ist wiederum entscheidend, ob für ihn bereits die tatsächliche Möglichkeit bestand, unmittelbar auf die geschuldete Leistung zuzugreifen. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer seinerseits alles für den Eintritt des Leistungserfolgs 447 So auch von Streit/Streit, UR 2020, 525, 529. 448 BFH v. 15.09.2011 – V R 36/09, ­BStBl. II 2012, 365. 449 Posegga, UR 2012, 737, 738 ff.; Grünwald, DStR 2012, 998, 1000.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Notwendige getan hat und die Fälligkeit der Leistung eingetreten ist, sodass der Empfänger die Leistung nur noch annehmen musste. Keine Rolle spielt hingegen, welche Höhe die Zahlung beträgt oder ob dem leistenden Unternehmer ein Schaden entstanden ist.

III. Außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses 1.  Darstellung des Problems Kündigungen bieten sich vor allem bei solchen Vertragstypen an, bei denen der Erfolg nicht bereits durch eine einzelne Handlung herbeigeführt wird. Sie kommen deshalb grundsätzlich nur bei Dauerschuldver­hältnissen vor. Eine Ausnahme hiervon stellt die Kündigung bei Werkverträgen dar.450 Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt zwei Formen von Kündigungen, die ordentliche Kündigung und die außerordentliche Kündigung. Die ordentliche Kündigung kommt vor allem bei unbefristeten Verträgen in Betracht und kann nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist erklärt werden.451 Beispiele hierfür sind die ordentliche Kündigung des Vermieters gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB sowie die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 622 Abs. 1 BGB. Diese Art der Kündigung ist nicht zwangsläufig an die Begehung einer Pflichtverletzung durch eine der Vertragsparteien geknüpft, weshalb sie grundsätzlich nicht zum Entstehen von Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüchen führt. Anderes gilt bei der außerordentlichen Kündigung. Die Grund­norm für die außerordentliche Kündigung ist §  314 BGB. Gemäß dieser Norm können Dauerschuldverhältnisse beim Vorliegen besonderer Gründe außerordentlich gekündigt werden. Dafür ist notwendig, dass die Umstände, auf die der Erklärende die Kündigung stützt, aus dem Risikobereich des Vertragspartners und nicht aus dem eigenen stammen.452 Hierbei handelt es sich in erster Linie um vertragliche Pflichtverletzungen.453 Ergänzt wird diese Vorschrift 450 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. IV. 451 Scheuch, NomosHK, BGB, § 573c, Rn. 1; Hannappel, BeckOK, BGB, § 573c, Rn. 5; Engshuber, MüKo, BGB, § 622, Rn. 11.  452 BGH v. 11.11.2010 – III ZR 57/10, NJW-RR 2011, 916; v. 07.03.2013 – III ZR 231/12, NJW 2013, 2021; Schulze, NomosHK, BGB, § 314, Rn. 3; Gaier, MüKo, BGB, § 314, Rn. 24. 453 Gaier, MüKo, BGB, § 314, Rn. 26; Stadler, Jauernig, BGB, § 314, Rn. 5; Böttcher, Erman, BGB, § 314, Rn. 5.

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durch weitere Kündigungsregelungen im besonderen Teil des zweiten Buchs des Bürgerlichen Gesetzbuchs wie beispielsweise § 543 Abs. 1 S. 1 BGB beim Mietvertrag und § 626 Abs. 1 BGB beim Dienstvertrag. Die außerordentliche Kündi­gung ist grundsätzlich nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden. Erklärt der Unternehmer die außerordentliche Kündigung, entsteht ihm häufig ein Schaden. Dieser liegt meist in Form eines entgangenen Gewinns vor, denn ohne das Verhalten des Empfängers, das zur Kündigung geführt hat, hätte der Unternehmer bei ordnungsgemäßem Fortgang des Vertrags weitere Monatsraten vereinnahmen können, die aber aufgrund der Kündigung entfallen. Aus der außerordentlichen Kündigung können sich deshalb verschiedene Schadensersatz- und Ausgleichsansprüche ergeben. Daneben können die Vertrags­parteien im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit eigen­stän­dige Rechtsfolgen festlegen, die bei der Durchführung einer außerordentlichen Kündigung eintreten sollen. In diesem Rahmen wird häufig eine Ausgleichszahlung des Leistungsempfängers festgelegt, die dieser an den Unternehmer zu zahlen hat, wenn die außerordentliche Kündigung auf Gründen beruht, die aus seiner Sphäre stammen. Fallen derartige Schadensersatz- oder Ausgleichszahlungen an, ist die Frage zu stellen, ob diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer vom Unternehmer erbrachten Leistung stehen.

2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Der Kündigungsfolgeschaden wird nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung454, Finanzverwaltung455 und Literatur456 als nicht umsatzsteuerbar 454 BGH v. 11.02.1987 – VIII ZR 27/86, NJW 1987, 1690; v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665; v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803; v. 14.03.2007 – VIII ZR 68/06, NJW-RR 2007, 1066; v. 23.04.2008 – XII ZR 136/05, ZMR 2008, 867; v. 18.05.2011 – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625; v. 24.01.2018 – XII ZR 120/16, NJW-RR 2018, 714; BFH v. 24.08.1995 – V R 55/94, B ­ StBl. II 1995, 808; OLG Hamm v. 05.06.1986 – 4 U 55/86, NJW 1987, 445; OLG Köln v. 24.11.1998 – 13 W 38/98, WM 1999, 288; OLG Rostock v. 21.06.2018 – 3 U 57/17, BeckRS 2018, 32715; FG München v. 09.02.2017 – 14 K 2480/14, EFG 2017, 781. 455 Abschn. 1.3 Abs. 17 S. 6 UStAE. 456 Graf von Westphalen, EWiR 1987, 397, 398; Runge, DB 1990, 959, 961; Mainzer, UR 1996, 245, 246; Braun, EWiR 1996, 367, 368; Ahlt, UR 2006, 63, 64; Reiß, UR 2008, 58, 66  f.; Weimann, UStB 2008, 208, 209; Diehl, ZfS 2012, 382, 383; Pamer, DAR 2014, 512, 515; Goldkamp/Reimer, jM 2014, 321, 324; Sterzinger, UStB 2016, 141, 143; Möller, EFG 2017, 783; Börstinghaus, ­jurisPR-BGHZivilR 5/2018, Anm. 2; von Streit/Streit, UR 2020, 525, 532; Reinking/Hettwer, Reinking/‌Eggert, Der Autokauf, Teil 3 Rn. L34; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Leasingentschädigungen“.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

beurteilt. Mit der Kündigung werde die vertragliche Hauptleistungspflicht des Unternehmers beendet. Da der Unternehmer in der Folge der Kündigung keine Leistung mehr erbringe, erlange der Abnehmer auch keinen weitergehenden verbrauchbaren Vorteil. Der Schadensersatzzahlung stehe deshalb keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne mehr in unmittelbarem Zusammenhang gegenüber. Insoweit diene die Zahlung nicht der Abgeltung einer Leistung des Unter­nehmers, sondern allein dem Ausgleich eines entgangenen Gewinns. Unter letzterem sind alle Vermögensvorteile zu verstehen, die dem Geschädigten im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zwar noch nicht zugeflossen sind, bei ihm ohne dieses Ereignis aber eingetreten wären.457 Umfasst ist daher beispielsweise der Ausfall der Arbeitskraft im Fall der Personenschäden oder der ausbleibende Gewinn, der daraus resultiert, dass der Geschädigte seine Wirtschaftsgüter nicht gewinnbrin­gend nutzen konnte.458 Der entgangene Gewinn ist nach ebenfalls einstimmiger Auffassung459 nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Laut der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs soll jedoch bei der Kündigung von Verträgen mit vertraglicher Mindestlaufzeit etwas anderes gelten. In diesem Zusammenhang traf er bisher drei Entschei­dungen.460 Allen Urteilen lagen Telekommunikations- und Leasingverträge zugrunde, die eine Mindestbindungsfrist sowie die Zahlung monatlicher Raten vorsahen. In den ersten beiden Urteilen461 enthielten die Verträge eine Regelung, nach der der Kunde dazu verpflichtet war, eine Ausgleichszahlung in Höhe der noch ausstehenden Monatsraten zu zahlen, wenn das Unternehmen durch dessen Verhalten dazu veranlasst wurde, eine außerordentliche Kündigung 457 BGH v. 11.05.1989 – VII ZR 39/88, NJW-RR 1989, 980; Oetker, MüKo, BGB, § 252, Rn. 4; Schulze, NomosHK, BGB, § 252, Rn. 2. 458 BGH v. 11.05.1989 – VII ZR 39/88, NJW-RR 1989, 980. 459 BGH v. 10.02.1987 – VI ZR 17/86, NJW 1987, 1814; v. 21.11.1991 – VII ZR 4/90, NJW-RR 1992, 411; v.  06.12.1995  – XII ZR 228/93, NJW-RR 1996, 460; v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803; Matheja, UR 1976, 20; Seetzen, NJW 1977, 1384; Grunsky, DAR 1988, 400, 409; Weber-Grellet, DAR 1994, 52, 58; Nieskoven, GStB 2008, 80, 81  f.; Kemper, Steuerfolgen in präexis­ tenten zivil­ rechtlichen Ausgleichsansprüchen, S.  348; Lange/Schiemann, Scha­densersatz, §  6 XIII 2 b, S.  366; Freymann, Geigel, Haft­pflichtpro­zess, Kapi­tel 5, Rn.  10; Oetker, MüKo, BGB, §  252, Rn.  13; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn.  53 unter „Mieterverpflichtungen“; Stadie, UStG, § 1, Rn. 49. 460 EuGH v. 22.11.2018 – C-295/17, HFR 2019, 58; v. 03.07.2019 – C-242/18, HFR 2019, 824; v. 11.06.2020 – C-43/19, HFR 2020,744. 461 EuGH v. 22.11.2018 – C-295/17, HFR 2019, 58; v. 03.07.2019 – C-242/18, HFR 2019, 824.

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zu erklären. Zu prüfen war die Frage, wie diese Ausgleichszahlungen umsatzsteuerrechtlich zu behandeln sind. Nach der in Deutschland vorherrschenden Auffassung zur Beurteilung von Kündigungsfolgeschäden hätte davon ausgegangen werden können, dass der Europäische Gerichtshof den unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung des Unternehmens verneinen würde. Er gelangte hingegen zu dem Ergebnis, dass nicht nur die während der laufenden Vertragszeit gezahlten Raten, sondern auch die Ausgleichszahlung die Gegenleistung für die von dem Unternehmen erbrachte Leistung darstelle. Diese Leistung liege darin, dass das Unternehmen dem Kunden das Recht verschaffe, die Leistung über den gesamten Vertragszeitraum zu bean­spruchen. Das sei deshalb der Fall, weil die Ausgleichszahlung betragsmäßig den noch ausstehenden Monatsraten entspreche. Der Betrag, mit dem der Kunde belastet werde, stehe daher von vornherein fest. Da das Unternehmen trotz der Kündigung die gleichen Einnahmen erziele, die es auch erzielt hätte, wenn es nicht zur Kündigung gekommen wäre, habe sich die wirtschaftliche Realität des Vertragsverhältnisses nicht verändert. Die Tatsache, dass nach der Kündigung keine Dienste mehr erbracht würden, spiele dabei keine Rolle. Generalanwältin Kokott gelangte in ihrem Schlussantrag zu demselben Ergebnis.462 Ausreichend sei ihrer Auffassung nach, dass von vornherein der Umfang des Entgelts festgelegt sei. Dass der Leistungsumfang hingegen noch nicht feststehe, sei nicht entscheidend. An dieser Beurteilung wurde in der steuerrechtlichen Literatur Kritik ausgeübt. Anders als der Gerichtshof meine, mache es für das Unternehmen einen Unterschied, ob der Vertrag durch die Kündigung beendet wird oder nicht, da hiervon abhänge, ob es die geschuldete Leistung weiterhin zu erbringen habe. Insofern ändere sich die wirtschaftliche Realität des Unternehmens.463 Aber auch für den Leistungsempfänger sei eine Änderung der wirtschaftlichen Realität anzunehmen, da er durch die Kündigung die Rechte aus dem Vertrag verliere.464 Zudem könnten aus der Tatsache, dass die Höhe der Ausgleichszahlung an den noch ausstehenden Raten bemessen werde, ebenfalls keine Rück­schlüsse auf die Steuerbarkeit gezogen werden, weil das Umsatzsteuerrecht lediglich das besteuere, was tatsächlich getan werde, und nicht das, was hätte passieren sollen.465 Aus der Begründung des Europäischen Gerichtshofs wurde zum Teil 462 Kokott, Schlussantrag v. 07.06.2018 – C-295/17, BeckRS 2018, 10486. 463 von Streit, EU-UStB 2019, 83, 85. 464 von Streit/Streit, UR 2020, 525, 533. 465 von Streit, EU-UStB 2019, 83, 86.

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geschlossen, dass eine Steuerbarkeit dann entfallen würde, wenn ein Abschlag auf den wegen der Kündigung zu zahlenden Betrag vorgenommen werde, er folglich nicht dem Betrag entspreche, den das Unternehmen bei ordnungsgemäßem Fortgang des Vertrags eingenommen hätte.466 Mit seinem dritten Urteil467 zu dieser Thematik ging der Europäische Gerichtshof noch einen Schritt weiter. Der zu entscheidende Sachver­halt war ähnlich wie bei den zwei Fällen zuvor. Der Unterschied lag jedoch darin begründet, dass die Kunden im Gegenzug für die Eingehung der Mindestbindung vorteilhafte Vertragskonditionen erhielten. Auch hier war der Kunde im Fall der außerordentlichen Kündigung aus Gründen, die aus seiner Sphäre stammten, zur Zahlung einer Ausgleichszahlung verpflichtet. Die Höhe dieser Zahlung richtete sich allerdings nicht nach den noch ausstehenden Monatsraten, sondern allein nach dem Betrag, den der Kunde wegen der vorteilhaften Vertragskonditionen eingespart hatte. Die Zahlung lag damit deutlich unter dem Betrag, der bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung angefallen wäre. Der Europäische Gerichtshof bejahte dennoch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Ausgleichszahlung und der vom Unternehmen erbrachten Leistung. Letztere läge darin begründet, dass der Kunde in die Lage versetzt werde, die Dienste in Anspruch zu nehmen. Der Gesamtbetrag, der sich aus den gezahlten Raten und der Ausgleichszahlung ergebe, stelle den Gegenwert dieser Leistung dar. Das sei damit zu begründen, dass dieser Betrag zu zahlen gewesen wäre, wenn dem Kunden die vorteilhaften Konditionen nicht gewährt worden wären. Da die Mindestbindung durch die Kündigung nicht eingehalten werde, müsse dieser Betrag den Gegenwert der Leistung darstellen. Eine Änderung der wirtschaftlichen Realität, die ein grundlegendes Kri­terium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems sei, trete ebenfalls nicht ein.

3. Stellungnahme Die Erbringung einer umsatzsteuerlichen Leistung durch den Unternehmer liegt bis zur Beendigung des Vertrags vor. Der Leistungsempfänger kann während der Vertragslaufzeit auf die Dienste des Unternehmers zugreifen und erlangt daher einen verbrauchbaren Vorteil. In dem Moment, in dem der Vertrag durch die Kündigung beendet wird, endet auch die Zugriffs466 Möller, DStRK 2019, 47; Prätzler, ­jurisPR-SteuerR 37/2019, Anm. 5. 467 EuGH v. 11.06.2020 – C-43/19, HFR 2020, 744.

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möglichkeit des Abnehmers auf diese Dienste. Ein verbrauchbarer Vorteil wird dem Abnehmer dann nicht mehr ver­schafft. Es kommt daher für die umsatzsteuerliche Beurteilung der durch die Kündigung veranlassten Zahlung allein darauf an, ob diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den bis dahin erbrachten Diensten steht. Nur wenn das der Fall ist, kann auch diese Zahlung der Umsatzbesteuerung unterliegen. Betrachtet man zunächst, wie sich der Sachverhalt darstellen würde, wenn eine Ausgleichszahlung nicht zu erbringen wäre, lässt sich feststellen, dass dem Unternehmer ein Schaden in Höhe der noch nicht vereinnahmten Monatsraten entstehen würde, die er wegen der Kündigung nicht mehr erlangen könnte. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um einen reinen Vermögensschaden in Form eines entgangenen Gewinns, der dem Unternehmer aufgrund der Kündigung und der damit einhergehenden vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses entgeht. Die Ausgleichszahlung wird in diesen Fällen nicht durch die erbrachte Leistung, sondern die Höhe des eingetretenen Schadens bestimmt, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der erbrachten Leistung nicht besteht. Nur die monatlichen Raten werden in der Wertschätzung der Leistung erbracht. Der Ersatzanspruch dient hingegen allein dem Ausgleich dieses Schadens, weshalb auf diesen Betrag keine Umsatzsteuer anfällt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Vertrag eine Mindestbindungsfrist aufweist und die Vertragsparteien darüber hinaus vereinbaren, dass im Fall der vom Leistungsempfänger veranlassten außerordentlichen Kündigung dessen Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise weiterbestehen soll. Zwar werden sowohl die vom Unternehmer geschuldeten Dienste als auch die vom Abnehmer monatlich gezahlten Raten gleich­mäßig über die gesamte Vertragslaufzeit erbracht, hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Zahlung einer Monatsrate die vom Unternehmer innerhalb eines Monats erbrachten Dienste abgelte. Die Vereinbarung einer Mindestlaufzeit dient meist der Amortisation der vom Unternehmer getätigten Aufwendungen, die grundsätzlich erst am Ende der Mindestvertragslaufzeit erreicht wird.468 Daher kann die einzelne Monatsrate nicht den Gegenwert der innerhalb eines Monats erbrachten Dienste darstellen. Die umsatzsteuerliche Leistung wird vom Unternehmer in dieser Konstellation schon durch die Bereitstellung des Vertragsgegenstands erbracht. Der 468 Vgl. BGH v. 10.04.1990 – IX ZR 177/89, NJW-RR 1990, 1075; v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110; v. 27.01.2011 – VII ZR 133/10, NJW 2011, 915. 

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Leistungsempfänger erlangt bereits in diesem Moment einen verbrauchbaren Vorteil, weil er hierdurch in die Lage versetzt wird, über den Vertragsgegenstand zu verfügen. Den Gegenwert dieses Vorteils stellt derjenige Betrag dar, den der Leistungsempfänger aufgrund der vertraglichen Mindestlaufzeit von vornherein zu zahlen verpflichtet ist. Dass dieser anteilig und gleichmäßig über diesen Zeitraum zu entrichten ist, stellt lediglich eine Zahlungsmodalität dar. Der Gegenwert einer Leistung wird in der Regel an dem Wert bemessen, den die Parteien ihr beimessen. Derjenige Betrag, den der Leistungsempfänger bereits durch den Vertragsschluss zu zahlen verpflichtet ist, stellt diesen Gegenwert dar und dient deshalb der Abgeltung der Bereitstellung des Vertragsgegenstands. Insofern liegt in Fällen dieser Art eine dem Annahmeverzug469 vergleichbare Situation vor, die zur Begründung eines Leistungsaustauschs führt, denn dem Abnehmer wird die fällige Leistung bereits derart zur Verfügung gestellt, dass dessen Zugriff lediglich noch von seinem vertragsgemäßen Verhalten abhängt. Unerheblich für die Beurteilung ist die Höhe des zu zahlenden Betrags. Deshalb ist die Steuerbarkeit nicht nur gegeben, falls der Leistungsempfänger zur Zahlung desjenigen Betrags verpflichtet bleibt, der bei ordnungsgemäßer Durchführung des Ver­trags angefallen wäre, sondern auch, wenn die Zahlungsverpflichtung hinter diesem Betrag zurückbleibt. Entscheidend ist derjenige Gesamtbetrag, den der Leistungsempfänger nach den Vertragsvereinbarung auch bei der vorzeitigen außerordentlichen Kündigung zu zahlen verpflichtet ist. Nicht überzeu­gend ist hingegen das Argument des Europäischen Gerichtshofs, die Steuerbarkeit der Ausgleichszahlung sei damit zu begründen, dass sich die wirtschaftliche Realität der Beteiligten nicht ändere. Werden die entschiedenen Fälle betrachtet, lassen sich in Bezug auf die wirtschaftliche Realität einige Änderungen feststellen. Durch die Auflösung des Vertrags wird der Unternehmer frei von der Verpflichtung, die geschuldeten Dienste zu erbringen. Der Abnehmer hingegen verliert das Recht, die Dienste einzufordern, bleibt aber zur Zahlung verpflichtet. Will er  wieder in den Genuss der zuvor erbrachten Dienste kommen, bleibt ihm wegen der Kündigung nichts anderes übrig, als einen Vertrag mit einem anderen Unternehmer einzugehen. Er ist dann mit einer doppelten Zahlungspflicht belastet. Unter wirtschaftlicher Betrachtung findet daher eine Verschlechterung der Lage des Abnehmers statt. Dass die wirtschaftliche Realität sich nicht ändert, ist jedoch auch nicht erforderlich, denn die Um469 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 5. b) bb) und E. II. 3.

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satzbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG knüpft allein an die Zahlung eines zu einer Leistung im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Entgelts an. Eine Voraussetzung in Form eines Gleichbleibens der wirtschaftlichen Realität besteht hingegen nicht. Da der verbrauchbare Vorteil bereits mit der erstmaligen Zurverfügungstellung des Vertragsgegenstands übertragen wird, ist für die Steuerbarkeit unerheblich, ob diese über den gesamten Vertragszeitraum stattfindet oder aufgrund eines vom Leistungsempfängers zu vertretenden Umstands vorzeitig beendet wird. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht.470 Zwar ist in der nationalen Rechtspre­chung471 allge­ mein anerkannt, dass der Ausgleich eines Kündigungs­schadens und eines entgangenen Gewinns nicht umsatzsteuerbar ist. Hierzu steht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedoch nicht im Widerspruch, denn in den Fällen der Bereitstellung des Vertragsgegenstands mit Mindestvertragslaufzeit liegt weder die Zahlung zum Ausgleich eines Kündigungsschadens noch eines entgangenen Gewinns vor. Es handelt sich um ein vertraglich vereinbartes Entgelt, das nach den subjektiven Vorstellungen der Parteien den Gegenwert der geschuldeten Leistung darstellt. Deshalb kann auch nur in diesen Fällen ausnahmsweise eine Umsatzsteuerbarkeit angenommen werden. Handelt es sich hingegen um einen Schadensersatzanspruch auf Ausgleich des durch die Kündigung entstandenen Schadens, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, wird die entsprechende Zahlung auch nach den Maßstäben des Europäischen Gerichtshofs nicht zum Teil eines Leistungsaustauschs.472

470 So auch Grube, MwStR 2019, 30, 31. Kritisch Herbert, MwStR 2019, 786. 471 BGH v. 11.02.1987 – VIII ZR 27/86, NJW 1987, 1690; v. 11.05.1988 – VIII ZR 96/87, NJW 1988, 2665; v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803; v. 14.03.2007 – VIII ZR 68/06, NJW-RR 2007, 1066; v. 23.04.2008 – XII ZR 136/05, ZMR 2008, 867; v. 18.05.2011 – VIII ZR 260/10, NJW-RR 2011, 1625; v. 24.01.2018 – XII ZR 120/16, NJW-RR 2018, 714; BFH v. 24.08.1995 – V R 55/94, B ­ StBl. II 1995, 808; OLG Hamm v.  05.06.1986  – 4 U 55/86, NJW 1987, 445, 446; OLG Köln v.  24.11.1998  – 13 W 38/98, WM 1999, 288; OLG Rostock v. 21.06.2018 – 3 U 57/17, BeckRS 2018, 32715; FG München v. 09.02.2017 – 14 K 2480/14, EFG 2017, 781. 472 Ähnlich wohl Streit/Zawatson, GStB 2021, 56, 59.

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IV.  Kündigung eines Werkvertrags 1.  Darstellung des Problems Bei einem Werkvertrag handelt es sich um kein Dauerschuldverhältnis im engeren Sinne. Trotzdem weist er eine gewisse Ähnlichkeit hierzu auf, da sich die Herstellung des Werks meist über einen längeren Zeit­raum vollzieht. Während dieses gesamten Zeitraums steht dem Besteller der Werkleistung gemäß § 648 S. 1 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu. Der Anspruch des Unternehmers auf den Werklohn bleibt von der Geltendmachung dieses Kündigungsrechts jedoch unbe­rührt. Auch im Fall der Kündigungserklärung hat der Besteller nach § 648 S. 2 Hs. 1 BGB die vollständige Vergütung an den Unternehmer zu zahlen. Gemäß § 648 S. 2 Hs. 2 BGB muss er sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Norm des §  648 BGB ersetzt seit dem 01.01.2018 den bis dahin geltenden und wortgleichen § 649 BGB a. F. Probleme können in diesem Zusammenhang bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung des Vergütungsanspruchs entstehen. Zu klären ist, inwieweit der Vergütungszahlung eine vom Unternehmer erbrachte Leistung gegenübersteht. Unzweifelhaft kann kein Leistungsaustausch vorliegen, wenn das teilweise hergestellte Werk beim Unternehmer verbleibt oder dieser mit der Herstellung noch nicht begonnen hat, weil der Besteller in diesen Situationen keinen verbrauchbaren Vorteil erlangt.473 Anders könnte die Situation zu beurteilen sein, wenn der Besteller das Werk erlangt. Besonders hervorzuheben sind die Fälle, in denen das geschuldete Werk ein Gebäude darstellt, da das Eigentum an diesem gemäß § 946 BGB bereits durch die Verbindung mit dem Grundstück des Bestellers unmittelbar auf ihn übergeht. Als schwierig erweist sich die Beantwortung der Frage, ob trotz der lediglich teilweisen Ausführung des Werks der gesamte Vergütungsanspruch der Umsatzsteuer unterliegt.

473 Vgl. BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6; BGH v. 23.10.1980 – VII ZR 324/79, BauR 1981, 198; v. 24.04.1986 – VII ZR 139/84, NJW-RR 1986, 1026; Meier, DStR 1986, 33, 34 f.; Weiß, ZIP 1987, 1193; Weiß, UR 1988, 277, 278; Klenk, BauR 2000, 638 f.; Reiß, UR 2008, 58, 66; Lüdenbach/Freiberg, StuB 2016, 43, 47; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 894; Abschn. 1.3 Abs. 5 S. 1 UStAE.

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2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Der Bundesgerichtshof befasste sich mit dieser Problematik zuletzt im Jahr 2007.474 Ausgangslage war ein zwischen einem Besteller und ei­nem Werkunternehmer geschlossener Vertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses. Der Vertrag wurde vom Besteller nach § 649 BGB a. F. gekündigt. Zum Zeitpunkt der Kündigung war das Gebäude erst teilweise errichtet. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die gemäß § 649 S. 2 BGB a. F. zu zahlende Vergütung nur teilweise der Umsatz­steuer zu unterwerfen sei.475 Die Vergütung sei aufzuspalten in einen Teil, der auf die Leistung entfalle und mithin dessen Entgelt darstelle, sowie einen Teil, der einen nichtsteuerbaren Schadensersatz begründe. Mit dieser Entscheidung bestätigte der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsprechung.476 Dass es sich zivilrechtlich um einen einheitlichen Anspruch handle, begründe nicht die Annahme, dass die gesamte Vergütung zwangsläufig das Entgelt für die Leistung des Unternehmers darstellen müsse. Das ergebe sich bereits daraus, dass der Besteller die Vergütung auch schulde, wenn der Werkunternehmer mit der Ausführung noch nicht einmal begonnen habe. Es könne nicht angenommen werden, dass die Vergütung in diesem Fall in vollem Umfang Entschädigungscharakter habe, dieser aber vollständig entfalle, wenn der Unternehmer eine möglicherweise nur geringfügige Teilleistung erbracht habe. Darüber hinaus spreche auch die Entstehungsgeschichte der Norm für eine Aufteilung. Der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung trotz Teilherstellung beruhe auf der Fiktion, dass das Werk fertiggestellt werde, damit sich der Besteller nicht auf die Unvollständigkeit des Werks berufen könne. Gleichzeitig solle dadurch die Höhe der Entschädigung begrenzt werden, da der Gesetzgeber einen echten Schadensersatzanspruch als zu weitgehend angesehen habe. Trotz der Verwendung des Begriffs der Vergütung liege der Zweck der Norm überwiegend darin, den Unternehmer schadlos zu stellen. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs wird überwiegend auch in der Literatur geteilt.477 474 BGH v. 22.11.2007 – VII ZR 83/05, NJW 2008, 1522. 475 Ähnlich BFH v. 28.02.1980 – V R 90/75, ­BStBl. II 1980, 535. 476 BGH v. 02.06.1987 – X ZR 39/86, NJW 1987, 3123; v. 04.07.1996 – VII ZR 227/93, NJW 1996, 3270; v. 08.07.1999 – VII ZR 237/98, NJW 1999, 3261; v. 18.04.2002 – VII ZR 164/01, NJW 2002, 2780. 477 Vgl. Reiß, StuW 1980, 342, 343; Crezelius, EWiR 1987, 875, 876; Klenk, BauR 2000, 638, 642; Schulze-Hagen, IBR 2008, 70; Schwenker, BGH-Report  2008, 320, 321; Sterzinger, NZBau  2010, 10, 13; Müller, LMK 2008, 254912; Hänsel/‌Schmidt, NJW-Spezial 2010, 556 f.; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Werkvertrag“; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, §  1, Rn.  146; Probst, Hart-

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Der Bundesfinanzhof entschied, abgesehen von einem Fall478, in dem der Besteller das teilfertige Werk jedoch nicht erhielt, über die Umsatzsteuerbarkeit einer Zahlung im Sinne von §  649 S.  2 BGB a. F. erst­malig im Jahr 2021.479 Dem zu beurteilenden Fall lag ein Architektenvertrag zu Grunde. Die vom Architekten geschuldeten Leistung umfasste in erster Linie Planungs- und Vorbereitungshandlungen für verschiedene Bauprojekte, weshalb der Vertrag als Werkvertrag einzuordnen war. Nachdem der Architekt bereits einen Teil der Leistung erbracht hatte, wurde der Vertrag von Seiten des Bestellers gekündigt. Im Rahmen der Kündigungsab­wicklung zahlte der Besteller dann eine dem Wert der bis dahin erbrachten Leistung entsprechende Vergütung sowie einen als Ausfallhonorar bezeichneten Betrag. Der Bundesfinanzhof schloss sich im Ergebnis der Ansicht des Bundesgerichtshofs an und sprach sich ebenfalls für eine Aufteilung der Vergütung aus.480 Aus diesem Grund sei das Ausfallhonorar nicht als zusätzliches Entgelt anzusehen gewesen. Daneben traf der Bundesfinanzhof einige Entscheidungen zu einer ähnlichen Fallgestaltung.481 Zu einer der Werkvertragskündigung ähnlichen Situation kann es im Zusammenhang mit der Eröffnung eines Konkurs- oder Insolvenzverfahrens kommen. Die vom Bundesfinanzhof zur Konkurseröffnung getroffenen Grundsätze gelten entsprechend für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.482 Der Regelungsgehalt des § 17 KO wurde in § 103 InsO übernommen. Während der Errichtung des Werks kann es sowohl auf Seiten des Bestellers als auch auf Seiten des Unternehmers zum Eintritt der Insolvenz kommen. Wird das  Insolvenzverfahren  über das Vermögen des Werk­unternehmers eröffnet, kann der Insolvenzverwalter die weitere Erfüllung des Werkvertrags gemäß § 103 InsO ablehnen und damit den Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis umwandeln. Die geleisteten Werkteile verbleiben beim Besteller. Eine Rückgabe ist nach § 105 S. 2 InsO ausgeschlossen. Als Folge entfällt gemäß § 105 S. 1 InsO der Anspruch auf die ursprünglich vereinbarte Vergütung. An ihre Stelle tritt ein Anspruch auf eine Vergütung, mann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 286 unter „Scha­densersatz wegen Nichterfüllung“. 478 BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6. 479 BFH v. 26.08.2021 – V R 13/19, ­BStBl. II 2022, 197. 480 Zustimmend Weymüller, ­jurisPR-SteuerR 7/2022, Anm. 5. 481 BFH v.  02.02.1978  – V  R 128/76, B ­ StBl.  II 1978, 483; v.  28.02.1980  – V  R 90/75, ­BStBl. II 1980, 535; v. 24.04.1980 – V S 14/79, B ­ StBl. II 1980, 541. 482 Vgl. Hettler, HFR 2003, 1080.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

die der Höhe nach dem Wert der teilausge­führten Leistung ent­spricht.483 Daneben steht dem Werkunter­nehmer gemäß §  103 Abs.  2 S.  1 InsO ein Schadensersatzanspruch zum Ausgleich eines über die bereits erbrachte Leistung hinausgehenden Nichterfüllungsschadens zu.484 Erhält der Besteller das teilfertige Werk nicht, gilt auch in diesem Fall, dass mangels einer umsatzsteuerlichen Leistung kein Leistungsaustausch vorliegen kann.485 Erlangt der Besteller jedoch das Eigentum an dem Teilwerk, so folgert der Bundesfinanzhof daraus, dass dieses unter umsatzsteuerrechtlicher Betrachtung zum neu bestimmten Gegenstand des Leistungsaustauschs werde. Die dem Wert des Teilwerks entsprechende Vergütungszahlung stelle das hiermit im unmittelbaren Zusammenhang stehende Entgelt dar. Der Teil des insolvenzrechtlichen Schadensersatzanspruchs, der der Höhe nach über den anteiligen Vergütungsanspruch hinausgehe, stehe hingegen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung mehr.486 Zustimmung findet die Ansicht des Bundesfinanzhofs auch in der Finanzverwaltung487 und der Literatur488. An diese Fälle anlehnend, bildete sich in der Literatur die Auffassung, dass bei einer Kündigung nach § 648 S. 1 BGB die gesamte Vergütung der Umsatzsteuer unterliegen müsse.489 Das teilausgeführte Werk wer­de demnach auch in diesen Fällen zum neuen Leistungsgegenstand und stelle die umsatzsteuerliche Leistung dar, für die der Gesamt­betrag erbracht werde.490 Die gesamte Vergütung stehe der Leistung als vertraglich geschuldeter Aufwand gegenüber und diene deshalb nicht dem Ausgleich eines dem Unternehmer entstandenen Nachteils.491 Einer Aufteilung des Zahlungsanspruchs bedürfe 483 BGH v.  17.12.2009  – IX ZR 214/08, NJW-RR 2010, 773; Treiber, Sölch/Ringleb, UStG, § 10, Rn. 105 unter „Werkvertrag“; Huber, MüKo, InsO, § 103, Rn. 25. 484 Huber, MüKo, InsO, § 103, Rn. 27. 485 Vgl. FG Schleswig-Holstein v. 27.06.2016 – 4 K 20/13, ­DStRE 2016, 1457. 486 Frotscher/Schulze, Gottwald/‌Haas, Insolvenzrechts-Handbuch, § 122, Rn. 45. 487 Abschn. 3.9 Abs. 1 UStAE. 488 Wilke, DStZ/A 1979, 163, 165 f.; Weiß, UR 1980, 224, 225; Weiß, ZIP 1980, 798, 799; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 94. 489 Tamme, UR 1978, 87, 90 f.; Jagenburg, NJW 1986, 3179, 3184; Weiß, ZIP 1987, 1193, 1194; Weiß, UR 1988, 277, 278; Kapellmann, Jahrbuch Baurecht 1998, 35, 55  ff.; Martin, UR 2006, 56, 62; Tehler, UVR 2009, 157, 159; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  275 unter „Werkvertrag“; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 893 f.; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Annullierungsentschädigungen“. 490 Kapellmann, Jahrbuch Baurecht 1998, 35, 55 ff. 491 Weiß, ZIP 1987, 1193, 1194; Weiß, UR 1988, 277.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

es aus diesem Grund nicht. Nach Tehler492 sei der unmittelbare Zusammenhang zu bejahen, da die Vergü­tung, die auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfalle, keinem anderen Rechtsverhältnis zugeordnet werden könne. Der Unternehmer erbringe eine nicht vollständige Leistung und erhalte dafür eine um die entsprechenden Verwendungen verminderte Vergütung. Jagenburg493 nimmt an, dass mit der Vergütung nach § 648 S. 2 BGB auch die eingeplante Vorhaltung der Leistungskapazität abgegolten werde, die bei vorzeitiger Vertragsbeendigung durch den Besteller in aller Regel brachliege und jedenfalls kurzfristig nicht anderweitig eingesetzt werden könne. Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangte auch das Finanzgericht Niedersachsen in einer Entscheidung aus dem Jahr 2019.494 Diesem zufolge sei nicht nur derjenige Betrag, der dem Wert der Leistung entspreche, sondern die gesamte Zahlung der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da jene im unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehe.

3. Stellungnahme Die Herstellung des teilfertigen Werks und die Erlangung des Eigentums hieran durch den Besteller führen in jedem Fall zum Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung. Durch den Eigentumserwerb an dem Werk wird dem Besteller ein verbrauchbarer Vorteil verschafft. Die Herstellung des Werks wird vom Unternehmer bewusst sowie frei­willig ausgeführt und unterliegt daher dessen Leistungswillen. Die um­satzsteuerliche Beurteilung einer auf § 648 S. 2 BGB gestützten Zahlung hängt daher insbesondere von der Beantwortung der Frage ab, ob die gesamte Vergütung oder lediglich der Teil, der wertmäßig dem hergestellten Werk entspricht, in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Leistung steht. Zu untersuchen ist deshalb, was den Gegenwert der er­brachten Leistung darstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Willen der Parteien die Vergütung der Abgeltung des vollständig her­ge­stel­lten Werks dienen soll. Mithin stellt die Gesamtvergütung den Gegenwert des vollständigen Werks dar. Deshalb kann in Fällen, in denen lediglich ein Teil der Leistung erbracht wird, aber trotzdem der Gesamtbetrag zu zahlen ist, nicht der gesamte Betrag der Abgeltung der lediglich teilweise erbrachten Leistung dienen. Bereits der dem Wert des Teil-

492 Tehler, UVR 2009, 157, 159. 493 Jagenburg, NJW 1986, 3179, 3184. 494 FG Niedersachsen v. 28.02.2019 – 5 K 214/18, EFG 2019, 1627.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

werks entsprechende Betrag gilt dieses vollständig ab. Dieser Betrag stellt den Gegenwert der Teilleistung dar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Beurteilung der Fälle des Annahmeverzugs495. Zwar kommt es auch in diesen Situationen dazu, dass der Leistungsempfänger zur Zahlung der vollständigen Vergütung verpflichtet bleibt, dennoch ist eine unterschiedliche Beurteilung geboten. In den Fällen des Annahmeverzugs kann der Leistungsempfänger dadurch, dass der Unternehmer alles seinerseits zur Herbeiführung des Leistungserfolgs Erforderliche getan hat, über die gesamte Leistung verfügen, weshalb es hier gerechtfertigt ist, die gesamte Vergütung als Entgelt für diese Leistung anzusehen. Anders ist das jedoch in den Fällen der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrags. Aufgrund der lediglich teilweisen Leistungserbringung erhält der Leistungsempfänger nur die Verfügungsmacht über eine Teilleistung, deren Gegenwert nicht in der Gesamtvergütung, sondern lediglich in dem Betrag liegen kann, der dem Wert des Teilwerks entspricht. Der über den Wert der bereits erbrachten Leistung hinausgehende Teil der Zahlung dient hingegen der Kompensation eines Schadens, der dem Unternehmer durch die Kündigung und die damit einhergehende vorzeitige Beendigung des Vertrags entstanden ist. Könnte der Unternehmer lediglich eine Zahlung verlangen, die betragsmäßig dem Wert der bereits erbrachten Leistung entspricht, entginge ihm zum einen der Gewinn, den er bei vollständig erbrachter Leistung erlangt hätte. Zum anderen würden ihm die Schäden verbleiben, die er durch die Anschaffung von Materialien und das Vorhalten von Arbeitskraft und -zeit entstanden sind. Dem trägt auch das Vorhandensein von §  648 S.  2 Hs.  2 BGB Rechnung, wonach der Vergütungsanspruch des Unternehmers um diejenigen Verwendungen zu kürzen ist, die er sich aufgrund der vorzeitigen Kündigung erspart hat. Daraus folgt das Ergebnis, dass lediglich derjenige Teil, der betragsmäßig dem Wert des Teilwerks entspricht, durch die Leistung bestimmt wird, weshalb nur dieser Betrag im unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Leistung steht. Der darüberhinausgehende Teil orientiert sich hingegen an den beim Unternehmer tatsächlich eingetretenen Schäden und dient deshalb lediglich deren Ausgleich.

495 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 5. b) bb) und E. II. 3.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Hieran vermag auch die Beurteilung des Bundesfinanzhofs496 von Fällen im Zusammenhang mit einer Kündigung nach §  103 InsO nichts zu ändern. Dies gilt schon allein deshalb, weil die Fälle zwar ähnlich sind, sich aber in einem bedeutenden Aspekt unterscheiden, denn anders als bei der Kündigung gemäß § 648 S. 1 BGB behält der Werkunternehmer bei einer Kündigung nach § 103 InsO gerade nicht den gesamten Anspruch auf die Vergütung. Ihm steht von vornherein nur der Betrag zu, der dem Wert der bereits erbrachten Teilleistung entspricht. Dass hierbei ein Leistungsaustausch in Form von Teilleistung gegen Teilvergütung entsteht, ist nicht zu bestreiten, ein Rückschluss auf die umsatzsteuerliche Beurteilung einer auf § 648 S. 2 BGB gestützten Zahlung lässt sich daraus jedoch nicht ziehen. Insofern wird zwar auch in den Fällen der Kündigung gemäß § 648 S. 1 BGB das hergestellte Teilwerk zum neuen Gegenstand des Leistungsaustauschs, im Gegenzug wird aber auch der dem Wert des Teilwerks entsprechende Betrag zum neu definierten Entgelt. Die weiteren Argumente der Literatur können ebenfalls nicht überzeugen. So stimmt es zwar, dass die Zahlung, die auf den noch nicht erbrachten Teil der Leistung entfällt, keinem anderen Rechtsverhältnis zugeordnet werden kann. Zuzuordnen ist sie allein dem Rechtsverhältnis zwischen dem Besteller und dem Unternehmer. Ob der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Entgelt vorliegt oder nicht, erschöpft sich jedoch nicht in der Feststellung, dass beide demselben Rechts­ verhältnis entspringen. Notwendig und entscheidender ist die Beantwortung der Frage, ob die Zahlung den Gegenwert der Leistung darstellt. Darüber hinaus spielt ebenso die zivil­rechtliche Ein­ordnung des Anspruchs als Vergütungsanspruch keine Rolle für dessen umsatzsteuerliche Beurteilung. Des Weiteren steht dem über den Wert des Teilwerks hinausgehenden Betrag entgegen der Auffassung Jagenburgs497 auch keine eigenständige Leistung in Form der Vorhaltung von Leistungskapazitäten gegenüber. Diese Auffassung würde zu dem Ergebnis führen, dass eine Be­steuerung auch dann vorzunehmen wäre, wenn mit der Ausführung des Werks noch nicht einmal begonnen wurde oder das Teilwerk im Eigentum des Unternehmers verbliebe. Voraussetzung hierfür wäre zunächst, dass dieses Vorhalten eine Leistung nach umsatzsteuerlichem Ver­ ständnis darstellen würde. Dazu müsste der Besteller hierdurch einen verbrauchbaren Vorteil erlangen. Bei der Vorhaltung der Leistungskapazität handelt es sich jedoch um bloße 496 BFH v.  02.02.1978  – V  R 128/76, B ­ StBl.  II 1978, 483; v.  28.02.1980  – V  R 90/75, ­BStBl. II 1980, 535; v. 24.04.1980 – V S 14/79, ­BStBl. II 1980, 541.  497 Jagenburg, NJW 1986, 3179, 3184.

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Vorbereitungshand­lungen, die der Unternehmer innerhalb seiner Sphäre trifft, um sich selbst überhaupt in die Lage zu versetzen, den Auftrag erfüllen zu können. Die Verpflichtung zur Einhaltung des Vertrags ergibt sich aber bereits aus dem Abschluss des Vertrags selbst. Ein verbrauchbarer Vorteil wird dem Besteller hierdurch allerdings nicht verschafft. Der bloße Abschluss eines Vertrags führt nicht zur Annahme eines Leistungsaustauschs. Vergleichbar ist diese Situation mit den Fällen der Geltendmachung eines vertraglichen Rücktrittsrechts, bevor mit der Ausführung der geschuldeten Leistung begonnen wird.498

V. Vorzeitige einvernehmliche Vertragsauflösung (Aufhebungsvertrag) 1.  Darstellung des Problems In den unter diesem Abschnitt bisher aufgeführten Fällen wurde die vorzeitige Beendigung des Vertrags einseitig durch eine der Parteien herbeigeführt. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, dass beide Parteien eine Übereinkunft dahingehend treffen, den in der Ausführung befindlichen Vertrag vorzeitig zu beenden. Diese Vereinbarung wird häufig als Aufhebungsvertrag bezeichnet. Auch wenn der laufende Vertrag zwar durch eine Vereinbarung beendet wird, geht der Wunsch zur Aufhebung meist von einer der Parteien aus, die dem anderen Vertragsteil für dessen Einwilligung in den Aufhebungsvertrag einen bestimmten Entschädigungsbetrag zahlt. An dieser Stelle sollen solche Fälle betrachtet werden, in denen es erst nachträglich zur Einigung bezüglich einer Vertragsauflösung kommt. Besteht bereits bei Vertragsschluss die Möglichkeit der Abstandnahme und ist für deren Gebrauch eine Entschädigung vorgesehen, handelt es sich stattdessen um die Einräumung eines vertraglichen Kündigungs- oder Rücktrittsrechts.499 Die vorzeitige Vertragsbeendigung durch einen Aufhebungsvertrag kann darüber hinaus nur bei solchen Vertragstypen vorkommen, bei denen die geschuldete Leistung über einen längeren Zeitraum zu erbringen ist. Dabei handelt es sich vor allem um Dauerschuldverhältnisse wie Dienstoder Mietverträge. Kommt es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags und erhält eine der Parteien dafür eine Entschädigungszahlung, entstehen Pro­ bleme bei der Beurtei­lung der Frage, ob in diesem Vorgehen ein umsatzsteu498 Vgl. 3. Kapitel, E. II. 499 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. II.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

erbarer Leistungsaustausch zu sehen ist. Fraglich ist insbesondere, ob der Unternehmer durch seine Einwilligung in die Vertragsbeendigung eine umsatzsteuerliche Leistung erbringt.

2.  Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur Der Bundesfinanzhof befasste sich mit der umsatzsteuerlichen Beurteilung einer Abstandszahlung das erste Mal bereits im Jahr 1969.500 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt bestand ein zwischen zwei Vertragsparteien geschlossener Mietvertrag. Auf Wunsch des Vermieters kam es zur einvernehmlichen vorzeitigen Auflösung des Vertrags, in deren Rahmen der Vermieter eine Entschädigung an den Mieter entrichtete. Der Bundesfinanzhof entschied, dass diese Entschädigungszahlung der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Die vom Mieter erbrachte umsatzsteuerliche Leistung läge in der vorzeitigen Räumung und Herausgabe der Mieträume. Für diese Leistung sei die Entschädigung erbracht worden und stünde daher im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser. Mit einem weiteren Urteil zu einem gleich gelagerten Fall bestätigte er seine Rechtsauffassung.501 Auch der Europäische Gerichtshof gelangte in einem ähnlichen Fall zu dem Ergebnis, dass die Entschädigung, die der Mieter vom Vermieter für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses verbunden mit der vorzeitigen Rückgabe der Mietsache erhalte, einen Leistungsaustausch begründe und daher der Umsatzbesteuerung unterliege.502 Darüber hinaus hatte der Bundesfinanzhof einige Entscheidungen über den umgekehrten Fall zu treffen, in dem der Vertrag nicht auf Wunsch des Vermieters, sondern auf das Verlangen des Mieters hin aufgelöst wurde.503 Dementsprechend erhielt in diesen Fällen nicht der Mieter, sondern der Vermieter und damit der Schuldner der Gebrauchsüberlassung die Entschädigung. Der Bundesfinanzhof entschied auch in dieser Konstellation, dass die Entschädigungszahlung der Umsatzsteuer unterliege. Die Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses sowie der damit einhergehende Verzicht auf die weitere Vertragsdurchführung würden eine um500 BFH v. 27.02.1969 – V 102/65, ­BStBl. II 1969, 386. 501 BFH v. 13.12.2017 – XI R 3/16, ­BStBl. II 2018, 727. 502 EuGH v. 15.12.1993 – C-63/92, ­BStBl. II 1995, 480. 503 BFH v. 26.03.1998 – XI B 73/97, BFH/NV 1998, 1381; v. 29.07.2009 – V B 156/08, BFH/NV 2010, 238; v. 19.10.2010 – V B 103/09, BFH/NV 2011, 327; v. 22.05.2019 – XI R 20/17, BFH/NV 2019, 1256.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

satzsteuerliche Leistung darstellen. Der verzichtende Vertragspartner mache seine erworbene Rechtsposition und die Möglichkeit, darüber zu dispo­ nieren, zum Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags. Der verbrauchbare Vorteil liege in der streitlosen Entlassung der zahlenden Partei aus ihren vertraglichen Verpflichtungen. Zu demselben Ergebnis gelangte der Bundesfinanzhof in zwei Entscheidungen zur vorzeitigen Beendigung von Dienstleistungsverträ­gen.504 Beiden Urteilen lag ein Fall zugrunde, in dem der Empfänger der Dienstleistung für die einvernehmliche Auflösung des Vertrags eine Abstandszahlung an den Dienstleistenden erbrachte. Auch hier sah der Bundesfinanzhof eine umsatzsteuerliche Leistung in der streitlosen Entlassung aus dem Vertrag. Insofern lässt sich dessen Auffassung dahingehend zusammenfassen, dass sowohl die Auflösung im Interesse des Gläubiger als auch die im Interesse des Schuldners zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch führt. Diese Ansicht findet in der Literatur teilweise Zustimmung.505 Der andere Teil der steuerrechtlichen Literatur ist jedoch der Auffassung, dass nicht jede Einwilligung in eine vorzeitige Vertragsauflösung zum Vorliegen eines Leistungsaustauschs führen könne, sondern eine differen­ ziertere Betrachtung vorzunehmen sei.506 Dass einer der Vertragsparteien gestattet werde, ohne Streitigkeit aus dem Vertragsverhältnis auszutreten, 504 BFH v. 07.07.2005 – V R 34/03, ­BStBl. II 2007, 66; v. 16.01.2014 – V R 22/13, BFH/ NV 2014, 736. 505 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 96 und 103; Runge, DB 1990, 959, 961; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332 f.; Korf, UR 1996, 330, 333 f.; Wagner, INF 2005, 850, 851; Martin, UR 2006, 56, 60 f.; Serafini, PFB 2006, 188, 189 ff.; Herrlein, NZM 2013, 409, 417; Caspar, MwStR 2013, 491; Behrens, BB 2014, 1576; Wohlfart, UStB 2014, 252, 253; Masuch, MwStR 2014, 739  f.; Sterzinger, UStB 2016, 141; Büchter-Hole, EFG 2017, 1299; Rauch, HFR 2018, 568; Krämer, GmbH-StB 2019, 375, 376; Tausch, UVR 2019, 327, 328; Ehrmann/Yildirim, ZfIR 2020, 76, 77; Bomsdorf/Finkelmeier, NJW 2022, 279, 283; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 51; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Verzicht“; Erdbrügger, Wäger, UStG, § 1, Rn. 119. 506 Pel, UR 1988, 365, 369; Forster, UStB 2000, 56 f.; Forster, UR 2001, 199, 200; Heinrichshofen, UStB 2003, 364, 365; Hummel, UR 2005, 665, 666; Lippross, Stbg 2006, 577, 579 f.; Reiß, UR 2008, 58, 66 f.; Nieskoven, GStB 2008, 428, 429 f.; Hummel, UR 2011, 341; Totsche/Kempf, MwStR 2013, 401, 403  f.; Kapeller, MwStR 2013, 647; Hummel, MwStR 2014, 335; Lippross, Umsatzsteuer, S. 148 f.; Heinrichshofen, UVR 2019, 378, 379 f.; Stadie, UR 2019, 793; von Streit/Streit, UR 2020, 525, 527; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, §  17, Rn.  134; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn. 874 f.; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 90.2 und 216; Stadie, UStG, § 1, Rn. 49 ff.; Korn, Bunjes, UStG, § 10, Rn. 58 ff.; Probst, Hartmann/ Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 286 unter „Verzicht auf Rechtsposition“.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

solle für die Annahme eines verbrauchbaren Vorteils allein noch nicht genügen. Daher stelle jedenfalls die durch den Schuldner erklärte Einwilligung in die vorzeitige Vertragsbeendigung keine umsatzsteuerliche Leistung dar. Der Schuldner verzichte im Grunde nicht auf ein Recht, sondern auf seinen vertraglichen Vergütungsanspruch. Hierdurch werde der Gläubiger lediglich von seiner Leistungspflicht in Form der weitergehenden Zahlungsverpflichtung befreit.507 Die Erlan­gung von Geld wird nach allgemeiner Auffassung nicht als steuerbare Leistung angese­ hen.508 Spiegelbildlich könne deshalb auch die bloße Ersparnis von Ausgaben beziehungsweise die Ersparnis von Geldzahlungen nicht als Leistung qualifiziert werden.509 Es fehle insoweit die Verschaffung eines konsumierbaren Vorteils.510 Der Vorteil, den der Zahlende erlange, müsse mehr als nur rein monetär sein.511 Zum Teil wird daraus geschlussfolgert, dass für die Beurteilung der Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils eine Differenzierung dahingehend vorzunehmen sei, ob der Gläubiger oder der Schuldner derje­nige ist, der auf die weitere Vertrags­ausführung verzichtet.512 Während die Einwilligung des Gläubigers in die vorzeitige Vertragsauflösung eine umsatzsteuerliche Leistung darstellen solle, fehle bei der vom Schuldner erklärten Einwilligung die  Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils. Das liege daran, dass der Schuldner durch den Verzicht des Gläubigers von seiner Pflicht, die Hauptleistung zu erbringen, befreit werde. Er erlange hierdurch seine Handlungsfreiheit zurück und werde somit in die Lage versetzt, seine Leistungskapazitäten anderen potenziellen Endverbrauchern zuzuwenden. Ein vergleichbarer Vorteil komme dem Gläubiger beim Verzicht durch den Schuldner hingegen nicht zu, da er allein von seiner Zahlungspflicht befreit werde. Ange­ wandt auf die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle, läge nach dieser 507 Forster, UR 2001, 199, 200; Reiß, UR 2008, 58, 66  f.; Totsche/Kempf, MwStR 2013, 401, 403 f. 508 BFH v. 31.07.1969 – V 94/65, B ­ StBl. II 1969, 637; v. 21.06.2001 – V B 32/01, B ­ StBl. II 2002, 616; Tehler, DStR 1983, 215; Giesberts, StuW 1991, 175, 177; Hummel, UR 2015, 213, 217; Jakob, Umsatz­steuer, § 5, Rn. 195; Bley, Tausch und Umtausch, Rücklieferung und Rück­gabe im Umsatzsteuerrecht, S. 5; Dobratz, Leistung und Entgelt im euro­päischen Umsatz­steuerrecht, S. 157; Rose/Watrin, Umsatzsteuer, S. 54; Nieskens, Rau/‌Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  429; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn. 5; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 73. 509 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 134. 510 Hummel, UR 2005, 665, 666; Reiß, UR 2008, 58; Stadie, UStG, § 1, Rn. 49.  511 Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 134. 512 Pel, UR 1988, 365, 369; Forster, UStB 2000, 56, 57; Reiß, UR 2008, 58, 66 f.; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 216.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Auffassung in der durch den Vermieter beziehungsweise den Dienstleister erklärten Einwilligung keine umsatzsteuerliche Leistung. Beide sind Schuldner der vertraglichen Hauptleistung, weshalb dem Mieter und dem Dienstleistungsempfänger durch die Vertragsauflösung kein verbrauchbarer Vorteil verschafft werde. Sie würden allein von ihrer Zahlungspflicht befreit. Hingegen führe die Einwilligung durch den Mieter oder den Dienstleistungsempfänger zum Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung, weil hierdurch der Schuldner von der Erbringung der vertraglich geschuldeten Hauptleistung befreit werde. Dadurch erlange er Handlungsfreiheit und werde in die Lage versetzt, seine Dienste anderweitig zu verwenden.

3. Stellungnahme Die Entschädigungszahlung kann nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistungspflicht stehen, da sie nach den Vorstellungen der Parteien dazu bestimmt ist, die vorzeitige Entlassung aus dem Vertrag und nicht die Erfüllung der Hauptleistungspflicht abzugelten. Für die Beurteilung der Abstandszahlung ist daher entscheidend, ob ihr eine eigenständige umsatzsteuerliche Leistung gegenübersteht. Einigkeit besteht zunächst nach allen Auffassungen dahingehend, dass der Verzicht des Mieters auf Wunsch des Vermieters einen Leistungsaustausch begründet. Dem ist zuzustimmen, da der Vermieter durch die vorzeitige Beendigung die Verfügungsmacht an dem Mietgegenstand erlangt. Die Rückübertragung der unmittelbaren Verfügungsmacht an dem Mietgegenstand stellt ohne Zweifel die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils dar. Diese Rückübertragung wird durch die gezahlte Entschädigung abgegolten, weshalb der unmittelbare Zusammenhang gegeben ist. In Anlehnung an diese Fälle kann von einer Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils jedenfalls auch bei anderen mietvertragsähnlichen Vertragsverhältnissen, wie dem Pacht- oder dem Leasingvertrag, ausgegangen werden. Hierbei erlangt der Schuldner ebenfalls die Verfügungsmacht an dem Vertragsgegenstand durch den Verzicht und damit einen verbrauchbaren Vorteil. Offen bleibt in diesem Kontext, ob ein verbrauchbarer Vorteil auch in solchen Fällen verschafft wird, in denen der Unterneh­mer nicht die Verfügungsmacht an einem Gegenstand überträgt. Unter Berücksichtigung der ver­tretenen Auffassungen kommen als potenzielle Vorteile die Erlangung von Handlungsfreiheit durch den Schuldner sowie die streitlose Entlassung aus dem Vertragsverhältnis in Betracht.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Bei einer Betrachtung der Konsequenzen des Falls, dass der Schuldner nicht in die vorzeitige Vertragsbeendigung einwilligt, wird deutlich, dass auch in der streitlosen Entlassung letztlich nur eine Geldersparnis für den Gläubiger liegt. Willigt der Schuldner nicht in die Beendigung ein, bleibt der Gläubiger zur Zahlung verpflichtet. Ihm verbleiben in dieser Situation zwei Optionen. Einerseits könnte er seine Zahlungspflicht weiterhin erfüllen. Andererseits könnte er die Zahlungen einstellen. Hierauf folgend wird der Schuldner rechtliche Schritte gegen den Gläubiger einleiten, die sich bis hin zum Klageverfahren ziehen können. Das Ergebnis würde jedoch in beiden Fällen darauf hinauslaufen, dass der Gläubiger zur Zahlung verpflichtet bliebe. In dieser Konstellation ist nicht die Streitigkeit der Entlassung das, was sich der Gläubiger erspart, denn auch das Aussitzen des Streits lässt die Zahlungsverpflichtung nicht entfallen. Was der Gläubiger erlangt, ist das bloße Freiwerden von seiner vertraglichen Verpflichtung, das auch nach der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens weiterhin nicht möglich wäre. Die Vermeidung eines Rechtsstreits kommt als Vorteil daher nur in Betracht, wenn auch eine Chance auf seinen positiven Ausgang besteht, denn ein nicht erfolgversprechender Rechtsstreit wird vermieden, indem er nicht begonnen wird. Der Mitwirkung des Vertragspartners bedarf es dabei nicht. Aus der Entlassung resultiert für den Gläubiger deshalb allein die Ersparnis von Geldaufwendungen. Diese ist spiegelbildlich zu der Erlangung von Geldmitteln jedoch nicht als umsatzsteuerliche Leistung anzusehen. Gleiches gilt aber auch in den Fällen, in denen der Aufhebungsvertrag der Klärung einer streitigen Lösung vom Vertrag dient, weil der Schuld­ner beispielsweise die Wirksamkeit einer Kündigung des Gläubigers bestreitet. Die bloße Auflösung eines Vertragsverhältnisses genügt ebenso wie die Eingehung eines solchen für die Übertragung eines ver­brauchbaren Vorteils noch nicht.513 Insofern kommt es für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger ein solcher verschafft worden ist, nicht auf die Entlassung an sich, sondern auf das hieraus folgende Resultat an. Die Umsatzbesteuerung knüpft an tatsächliche Vorgänge an. Wenn der Aufhebungsvertrag in tatsächlicher Hinsicht untersucht wird, lässt sich feststellen, dass die Handlung des Schuldners in der Gestattung der Lösung des Gläubigers vom Vertrag liegt. Was er dem Gläubi­ger damit tatsächlich zuwendet, ist das Freikommen von den vertraglichen Verpflichtungen. Der erlangte Vorteil liegt deshalb allein 513 So auch Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  1 Abs. 1 Nr.  1, Rn.  286 unter „Verzicht auf Rechtsposition“.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

in dem, was der Gläubiger durch den Verzicht tatsächlich erlangt. Dies ist jedoch allein die Ersparnis von Geldaufwendungen, weshalb hierin keine umsatzsteuerliche Leistung liegen kann. Dies wird auch dem Charakter der Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer gerecht. Ziel der Besteuerung ist die Mittelverwendung zur Ermöglichung eines Verbrauchs, da durch diese Verwendung eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert wird. Wendet der Unternehmer Mittel auf, um sich einem streitigen Verfahren und einer daraus resultierenden erhöhten Zahlungsverpflichtung zu entziehen, verschafft er sich keine Verbrauchsmöglichkeit, die den Schluss auf eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nahelegen würde. Daher kann die streitlose Entlassung nicht als verbrauchbarer Vorteil angesehen werden. Eine gegenteilige Auffassung würde darüber hinaus zu dem deutlich zu weitreichenden Ergebnis führen, dass auch jeder Vergleich einen Leistungsaustausch begründen müsste. Der Begriff des Vergleichs wird in § 779 Abs. 1 BGB definiert. Diesem zufolge ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den ein Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird. Die Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses besteht auch noch während des Klageverfahrens.514 In diesem Zusammenhang kommt dem Prozessvergleich eine Doppelnatur zu, weil er einerseits ein Rechtsgeschäft und andererseits eine Prozesshandlung darstellt.515 Die Auffassung des Bundesfinanzhofs würde zu dem Ergebnis führen, dass mit jedem Vergleich auch ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vorläge, da eine streitlose Entlassung in diesen Fällen immer gegeben ist, denn durch den Vergleich wird eine Partei zu einer bestimmten Handlung oder Zahlung verpflichtet, während die andere Partei im Gegenzug darauf verzichtet, ihren Anspruch weiterhin rechtlich zu verfolgen. Ob der Bundesfinanzhof mittlerweile davon ausgeht, dass jeder Vergleich einen Leistungsaustausch begründet, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Jedenfalls hielt er es in seinem Urteil aus dem Jahr 1998516 noch für möglich, dass Vergleichskonstellationen bestehen können, denen kein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Hierzu führte er aus, dass, wenn beide Parteien im 514 Fischer, BeckOK, BGB, § 779, Rn. 66. 515 BGH v. 03.12.1980 – VIII ZR 274/79, NJW 1981, 823; v. 31.03.1993 – XII ZR 234/91, NJW 1993, 1995; v. 30.09.2005 – V ZR 275/04, NJW 2005, 3576; v. 06.04.2011 – XII ZR 79/09, NJW 2011, 2141; v. 14.09.2018 – V ZR 267/17, NJW 2019, 310; Habersack, MüKo, BGB, § 779, Rn. 74; Sprau, Grüneberg, BGB, § 779, Rn. 29; Hau, Staudinger, BGB, § 779, Rn. 195.  516 BFH v. 10.12.1998 – V R 58/97, BFH/NV 1999, 987. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt auch das FG München v. 19.04.2012 – 14 K 1967/09, BeckRS 2015, 95013.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

Rahmen eines Vergleichs einig über das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs seien und sich die vergleichsweise Einigung nur noch auf die Höhe dieses Anspruchs beziehe, hierin kein Leistungsaustausch liege. Diese Beurteilung ist nach der aktuellen Rechtsprechungsentwicklung vermutlich nicht mehr tragbar, denn auch in einem solchen Fall gewährt der Zahlungsempfänger seinem Gegenüber Rechtsfrieden, weil er es aufgrund der Einigung und der damit einhergehenden Zahlung unterlässt, weiter gegen den Zahlenden rechtlich vorzugehen. Demgegenüber beurteilte der Bundesfinanzhof den Vergleich über die Vergütung einer mangelhaften Werkleistung517, den Vergleich über die Höhe eines Schadensersatzanspruchs wegen Schlechtleistung518 sowie den Vergleich über die Höhe eines Schadensersatzanspruchs aus einer Mietgarantie519 als Leistungsaustausch. Gemeinsam war diesen Fällen, dass die Vorgänge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch ohne den Abschluss eines Vergleichs steuerbar gewesen wären, was den Schluss nahelegt, dass der Vergleich bei der Untersuchung, ob ein Leistungsaustausch vorliegt, außer Betrachtung bleiben kann. Die zu beantwortende Frage muss daher lauten, ob auch dann ein Leistungsaustausch vorgelegen hätte, wenn die Zahlungsverpflichtung unstreitig gewesen wäre. Diese Sichtweise erscheint sachgerecht, denn die Veranlassung der Zahlung liegt nur mittelbar in dem Vergleich. Den tatsächlichen Zahlungsgrund stellt immer ein dem Vergleich vorgehendes Verhalten dar, das durch die Zahlung abgegolten werden soll. Kritisch zu betrachten ist in dieser Hinsicht das Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2014.520 Die einvernehmliche Vertragsauflösung gegen die Erbringung einer Entschädigungszahlung wurde im Rahmen eines Vergleichs vereinbart. Der Bundesfinanzhof führte dazu aus, dass der Vergleich den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und der Zahlung herstelle. Meines Erachtens lässt sich aus dieser Formulierung jedoch nicht die Auffassung des Bundesfinanzhofs entnehmen, dass jeder Vergleich zum Vorliegen eines Leistungsaustauschs führen müsse.521 Die Besonderheit lag darin begründet, dass es sich bei dem abgeschlossenen Vergleich gleichzeitig um einen Aufhebungsvertrag handelte, weil darin die Beendigung des 517 BFH v. 16.01.2003 – V R 72/01, ­BStBl. II 2003, 620. 518 BFH v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869. 519 BFH v. 11.02.2010 – V R 2/09, ­BStBl. II 2010, 765. 520 BFH v. 16.01.2014 – V R 22/13, BFH/NV 2014, 736. 521 So auch Bomsdorf/Finkelmeier, NJW 2022, 279, 283. 

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Vertragsverhältnisses vereinbart wurde. Insoweit verlieren die bisherigen Aussagen nicht ihre Geltung, denn nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs führen einvernehmlich abgeschlossene Aufhebungsverträge zwangsläufig auch zur Begründung eines Leistungsaustauschs.522 Dementsprechend wird ebenso in der Literatur die Auffassung vertreten, dass der Vergleich für sich genommen nicht ausreichend sein kann, um einen Leistungsaustausch zu begründen.523 Auch hieraus wird er­sichtlich, dass die bloße Ersparnis einer weiteren Rechtsverfolgung für das Vorliegen eines verbrauchbaren Vorteils nicht genügen kann. Die Erlangung von Handlungsfreiheit stellt hingegen einen solchen verbrauchbaren Vorteil dar. Der Schuldner der Dienste wird anders als der Gläubiger durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags nicht von einer Zahlungs­pflicht, sondern von seiner Verpflichtung zur Erbringung der geschuldeten Dienste befreit. Aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung sowie der damit einhergehenden Freistellung kann der Dienstleistende die zurückerlangte Arbeitskraft und -zeit anderweitig und zu seiner freien Verfügung verwenden. Hierin liegt ein verbrauchbarer Vorteil. Der Literaturauffassung, die eine Differenzierung bezüglich der Umsatzsteuerbarkeit von Abstandszahlungen davon abhängig macht, ob die Einwilligung durch den Schuldner oder den Gläubiger erklärt wird, ist daher zu folgen. Nur wenn der Gläubiger auf Wunsch des Schuldners in die vorzeitige Vertragsaufhebung einwilligt, kann von der Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils ausgegangen werden. Die Abstandszahlung stellt den Gegenwert der zurückerlangten Handlungsfreiheit dar und dient daher ihrer Abgeltung, weshalb ein Leistungsaustausch zu bejahen ist. Der um­gekehrte Fall begründet hingegen mangels Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils keinen Leistungsaustausch.

VI. Ergebnis Für die Beurteilung, ob ein Leistungsaustausch vorliegt, kommt es in Fällen der vorzeitigen Vertragsbeendigung entscheidend darauf an, ob dem Emp522 Vgl. 3. Kapitel, E. V. 2. 523 Hummel, MwStR 2014, 335; De Feo, DStR 2016, 848, 850; Wiesmann, EFG 2016, 1663, 1664; Friedrich-Vache, 100 Jahre Umsatzsteuer  in Deutschland 1918-2018, 321, 342 f.; Grünwald, 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland 1918-2018, 677, 690; Oelmaier, Sölch/Ringleb, UStG, §  1, Rn.  105 unter „Vergleich“; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Vergleich“.

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E.  Schadensersatz wegen der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags

fänger der Leistung bereits ein verbrauchbarer Vorteil verschafft worden ist, der durch die entsprechende Entschädigungszahlung abgegolten wird. Wird der Vertrag beendet, bevor mit der Ausführung der Leistung begonnen worden ist und hat der Abnehmer aufgrund der Beendigung eine Entschä­ digung  zu zahlen, ist für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung entscheidend, ob für ihn bereits die tatsächliche Möglichkeit bestand, unmittelbar auf die geschuldete Leis­tung zuzugreifen. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer seinerseits alles für den Eintritt des Leistungserfolgs Notwendige getan hat und die Fälligkeit der Leistung eingetreten ist, sodass der Empfänger sie nur noch annehmen musste. Anderenfalls ist ihm kein verbrauchbarer Vorteil verschafft worden. Die Höhe des Zahlungsbetrags spielt für diese Feststellung keine weitere Rolle. Bei der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses ist eine Aufteilung der Zahlungen vorzunehmen. Die Zahlungen, die betragsmäßig auf eine entsprechende und bereits ausgeführte Leistung entfallen, stellen das Entgelt für diese Leistungen dar. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist in Bezug auf diese Beträge gegeben. Hat der Empfänger der Leistung eine darüberhinausgehende Zahlung an den Unternehmer zu entrichten, steht dieser Zahlung keine entsprechende Leistung mehr gegenüber. Sie dient vielmehr dem Ausgleich eines dem Unternehmer aus der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses resultierenden Schadens. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise, wenn der Vertrag eine Mindestbindungsfrist aufweist und die Vertragsparteien darüber hinaus vereinbaren, dass im Fall der vom Leistungsempfänger veranlassten außerordentlichen Kündigung dessen Zahlungspflicht ganz oder teilweise weiterbestehen soll. In diesen Fällen wird die Bereitstellung der vertraglich geschuldeten Leistung durch den sich von vornherein aufgrund der Mindestbindungsfrist ergebenden Betrags abgegolten, weshalb keine Aufteilung vorzunehmen ist, sondern der gesamte Betrag der Umsatzsteuer unterliegt. Wird ein Werkvertrag gemäß § 648 S. 1 BGB gekündigt, ist eine Aufteilung des gezahlten Gesamtbetrags vorzunehmen. Lediglich der Teil der Zahlung, der dem Wert der erbrachten Leistung entspricht, dient ihrer Abgeltung. Der darüberhinausgehende Betrag steht daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Teilleistung, sondern dient allein dem Ausgleich eines dem Unternehmer entstandenen Vermö­gensschadens. Wird das Vertragsverhältnis hingegen durch eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung vorzeitig beendet, kommt ein Leistungsaustausch nur zustande, wenn der 143

Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Gläubiger auf Wunsch des Schuldners gegen Zahlung einer Abstandszahlung in die vorzeitige Beendigung einwilligt, da dem Schuldner durch den Verzicht des Gläubigers auf die weitere Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung jedenfalls ein verbrauchbarer Vorteil in Form von zurückerlangter Handlungsfreiheit zuteilwird. Verzichtet hingegen der Schuldner auf die weitere Vertragsdurchführung, erlangt der Gläubiger keinen vergleichbaren Vorteil.

F.  Entschädigungszahlung bei Rechtsverzicht oder ‑verlust I.  Darstellung des Problems Verzichtet ein Unternehmer auf ein ihm zustehendes Recht und erhält er hierfür von einem anderen eine Entschädigungszahlung, entstehen häufig Probleme bei der Beurteilung, ob in diesem Vorgehen ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zu sehen ist. Vergleichbar ist diese Situation mit dem Verzicht auf die weitere Ausführung eines Vertrags.524 Der Unterschied liegt darin begründet, dass der Verzicht auf die weitere Vertragsdurchführung zur Aufhebung eines gesamten Ver­trags führt, während beim Rechtsverzicht lediglich eine einzelne Rechtsposition aufgegeben wird. Das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen den am potenziellen Leistungsaustausch Beteiligten ist deshalb nicht zwingend erforderlich. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu untersuchen, ob der Rechtsverzicht zur Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Abnehmers führt. Zu unter­scheiden ist dabei zwischen dem Rechtsverzicht gegenüber einer Privatperson sowie demjenigen gegenüber einer Person des öffentlichen Rechts.

II.  Rechtsverzicht gegenüber einer Privatperson 1. Überblick Die Bandbreite von Rechten und Rechtspositionen, auf die der Unternehmer verzichten kann, ist groß. Erforderlich ist nur, dass das Recht verzichtbar ist und dem Unternehmer tatsächlich zusteht. Daher liegt eine große Zahl finanzgerichtlicher Entscheidungen zu verschiedenen Arten von Verzichten vor. Einige Rückschlüsse auf die Beurteilung des Rechtsverzichts 524 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. V.

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F.  Entschädigungszahlung bei Rechtsverzicht oder ‑verlust

lassen sich bereits aus den Erkenntnissen zum Aufhebungsvertrag ableiten. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Aufhebungsverträge war die Unterscheidung zwischen dem Verzicht des Gläubigers und dem des Schuldners, wobei nur ersterer zur Annahme eines Leistungsaustauschs führt.525 Da ein Vertragsverhältnis beim bloßen Rechtsverzicht aber nicht zwingend erforderlich ist, hilft diese Feststellung nur bedingt weiter. Zurückgegriffen werden kann jedoch auf die Erkenntnis, dass die bloße Befreiung von weiteren Geldaufwendungen oder die Vermeidung einer Rechtsverfolgung, die sich aus dem Verzicht ergeben, für die Annahme eines verbrauchbaren Vorteils nicht ausreichen können. Erforderlich ist ein darüberhinausgehen­der Vorteil, der beispielsweise in der Erlangung von Handlungsfreiheit oder einer Verfügungsmacht liegen kann.

2.  Auffassung in Rechtsprechung und Literatur Bereits im Jahr 1966 befasste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage, ob der Verzicht auf die Gewährleistungsrechte aus einem bestehenden Kaufvertrag zur Annahme eines Leistungsaustauschs führen könne.526 Nach dessen Auffassung war dies zu bejahen. In dem zu beurteilenden Fall war von vornherein ein pauschaler Abzug vom Kaufpreis vereinbart. Hierfür verzichtete der Käufer auf alle Ansprüche aus der Sachmängelhaftung. Dieser Umstand genügte für den Bundesfinanzhof, um einen unmittelbaren Zusammenhang zu bejahen. Erst 1998 befasste er sich erneut mit der Frage der Umsatzsteuerbarkeit eines Rechtsverzichts.527 Der zu beurteilende Sachverhalt war nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht eindeutig festzustellen. Unzweifelhaft war die Klägerin zunächst bei der Beklagten als Arbeitnehmerin angestellt gewesen. Streit bestand jedoch dahingehend, ob der Klägerin ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zustand. Der Bundesfinanzhof gelangte zu dem Ergebnis, dass der Verzicht der Arbeitnehmerin auf weitere Durchsetzungsversuche des potenziellen Weiterbeschäftigungsanspruchs im Austausch gegen eine Entschädigungszahlung des Arbeitgebers zur Annahme eines Leistungsaustauschs führe. Durch den Verzicht erbringe die Arbeitnehmerin eine umsatzsteuerliche Leistung an den Arbeitgeber. Den verbrauchbaren Vorteil sah er in der Bereinigung einer bestehenden Unsicherheit. 525 Vgl. 3. Kapitel, E. V. 3. 526 BFH v. 15.12.1966 – V 83/64, ­BStBl. III, 1967, 234. 527 BFH v. 10.12.1998 – V R 58/97, BFH/NV 1999, 987.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Fortgesetzt wurde diese Rechtsprechung mit einem Urteil aus dem Jahr 2004.528 Der Unternehmer in dem zugrundeliegenden Sachverhalt war als Testamentsvollstrecker tätig. Aufgrund von Uneinigkeiten zwischen ihm und dem alleinigen Erben wurde zwischen den Parteien eine dahin­gehende Vereinbarung getroffen, dass er die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker in Bezug auf dieses Erbe aufgab. Im Gegenzug dafür erhielt er eine Entschä­ digungszahlung von dem Erben. Auch bei diesem Rechtsverzicht gelangte der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass ein Leistungsaustausch gegeben sei. Der verbrauchbare Vorteil, den der Erbe durch den Verzicht erlangt habe, liege darin begründet, dass er durch den Verzicht über den Nachlass ohne die Beschränkungen der Testamentsvollstreckung, beispielsweise des § 2211 BGB, verfügen könne. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Verzicht und der Zahlung bestünde darin, dass der gezahlte Betrag den Gegenwert des Verzichts darstelle. Des Weiteren stelle auch der Verzicht auf ein durch eine Vormerkung gesichertes Vorkaufsrecht nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs eine umsatzsteuerliche Leistung dar, weil der Eigentümer hierdurch die freie Verfügungsbefugnis über das Grundstück und damit einen verbrauchbaren Vorteil erlange.529 Ferner beurteilte er sowohl den Verzicht eines Insolvenzverwalters auf ein ihm zustehendes Anfechtungsrecht530 als auch den Verzicht auf eine Mietgarantie531 als umsatzsteuerliche Leistungen. Darüber hinaus entschied der Bundesfinanzhof, dass auch die für eine Klagerücknahme gewährte Entschädigungszahlung der Umsatzsteuer unterliege.532 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um einen Landwirt, durch dessen landwirtschaftlich genutzte Flächen eine Eisenbahnstrecke verlief. Für die Überquerung dieser Strecke wurde ein Bahnübergang errichtet. Im Streitjahr entschied der Eisenbahnstreckenbetreiber, diesen Bahnübergang zu schließen. Gegen dieses Schließungsvorhaben erhob der Landwirt Klage. Infolgedessen kam es zu einer Einigung zwischen dem Landwirt und dem Eisenbahnstreckenbetreiber. Im Rahmen dieser Einigung verpflichtete sich der Streckenbetreiber zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags, während der Landwirt im Gegenzug hierfür die Klage zurücknahm sowie der geplanten Schließung zustimmte. Der Bundesfinanzhof bejahte 528 BFH v. 06.05.2004 – V R 40/02, ­BStBl. II 2004, 854. 529 BFH v. 03.09.2008 – XI R 54/07, ­BStBl. II 2009, 499.  530 BFH v. 30.03.2011 – XI R 5/09, BFH/NV 2011, 1724. 531 BFH v. 15.04.2015 – V R 46/13, ­BStBl. II 2015, 947. 532 BFH v. 22.08.2019 – V R 47/17, BFH/NV 2020, 73.

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F.  Entschädigungszahlung bei Rechtsverzicht oder ‑verlust

infolgedessen das Vorliegen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs. Durch die Klagerücknahme habe der Landwirt eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne erbracht, weil dem Eisenbahnstreckenbetreiber hierdurch ein verbrauchbarer Vorteil verschafft worden sei. Die Entschädigungszahlung stehe hiermit in einem unmittelbaren Zusammenhang. Zuletzt entschied der Bundesfinanzhof im Jahr 2022, dass der Verzicht eines Chefarztes auf ein ihm zustehendes Recht zur Privatliquidation ebenfalls zu einem steuerbaren Leistungsaustausch führe.533 Der Chefarzt war aufgrund einer beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsgenehmigung berechtigt, Patienten privat zu behandeln und hierfür zu liquidieren. Im Rahmen einer Vereinbarung zwischen ihm und der Klinik verzichtete er auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation für die Behandlung von Privatpatienten und Selbstzahlern. Im Gegenzug hierfür zahlte die Klinik ihm eine monatliche Entschädigung, die dem Ausgleich der aufgrund des Verzichts entstehenden finanziellen Nachteile dienen sollten. Der Bundesfinanzhof gelangt zu dem Ergebnis, dass der Verzicht auf das Recht zur Privatliquidation eine steuerbare Leistung darstelle. Der Vorteil, den das Klinikum erlange, sei das Recht, die vom Nachfolger des Klägers erbrachten Behandlungen von Privatpatienten und Selbstzahlern selbst abrechnen zu können. Der Auffassung des Bundesfinanzhofs entsprechend wurden auch die Tätigkeiten von sogenannten räuberischen Aktionären in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung als umsatzsteuerbar beurteilt.534 Die Bezeichnung des räuberischen Aktionärs betrifft solche Aktionäre, die sich an Aktiengesellschaften nicht deshalb beteiligen, um eine Dividende aus ihren Aktien zu erzielen, sondern, um aktienrechtliche An­fechtungsklagen anzustrengen und dadurch die Unternehmenspolitik einer Aktiengesellschaft erheblich zu stören, um anschließend die Klage gegen eine finanzielle Abfindung zurückzunehmen.535 Diese Anfechtungsklagen sind für die Aktiengesellschaft lästig, was vor allem bei solchen Klagen gilt, die sich gegen Beschlüsse richten, die ausschließlich mit einer Eintragung in das Handelsregister vorgenommen werden können, da die Eintragung nur erfolgt, wenn der Beschluss unanfechtbar geworden ist. Aus diesem Grund besteht ein großes Interesse der Gesellschaft daran, die Anfechtungssituation möglichst schnell rechtlich zu 533 BFH v. 30.06.2022 – V R 36/20, BFH/NV 2023, 104. 534 FG Berlin-Brandenburg v.  24.11.2010  – 7 K 2182/06 B, EFG 2011, 581; FG Köln v. 11.06.2015 – 13 K 3023/13, EFG 2015, 1540. 535 Büchter-Hole, EFG 2011, 581; Eppers, EFG 2015, 1544.

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klären, wodurch sie in den meisten Fällen dazu veranlasst wird, auch bei unbegründeten Klagen Abstandszahlungen für die Klagerücknahme zu zahlen. Nach Ansicht der Finanzgerichte erbringe der Aktionär mit seiner Klagerücknahme eine umsatzsteuerliche Leistung an die Aktiengesellschaft, zu der die Abstandszahlung im unmittelbaren Zusammenhang stehe. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Bundesfinanzhof bei einer Vielzahl verschieden gelagerter Fälle von Rechtsverzichten das Vorliegen eines Leistungsaustauschs immer bejaht hat. Dieses Resultat lässt den Schluss darauf zu, dass nach dessen Auffassung jeder Rechtsverzicht, der gegen die Zahlung eines separat festgelegten Betrags erbracht wird, zu einem Leistungsaustausch führe. In der Vergangenheit sind einige Finanzgerichte jedoch zu gegenteiligen Ergebnissen gelangt. So hatte das Finanzgericht Düsseldorf einen Fall zu beurteilen, in dem ein Aufsichtsratsmitglied seine Tätigkeit gegen die Zahlung einer Abfindung niederlegte.536 Das Gericht gelangte zu dem Ergebnis, dass der Verzicht auf die Position als Aufsichtsratsmitglied nicht als umsatzsteuer­liche Leistung zu werten sei. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Befugnisse, auf die verzichtet wurde, keine Rechtsgüter des Wirtschaftsverkehrs darstellen würden. Der Verzicht des zur Hauptleistung Verpflichteten auf die Ausübung und die damit einhergehende Abnahme der eigenen Tätigkeit seien für sich allein noch keine umsatzsteuerliche Leistung. Das Finanzgericht München beurteilte den Verzicht auf die Ausübung der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker anders als der Bundesfinanz­hof537 nicht als umsatzsteuerliche Leistung.538 Als Grund dafür sah das Gericht, dass der Testamentsvollstrecker mangels des Bestehens eines Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Erben nicht auf ein ihm vertragsmäßig zustehendes Recht hätte verzichten können. Deshalb habe die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Erbens gefehlt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg beurteilte den Verzicht auf eine Mietgarantie nicht als umsatzsteuerliche Leistung.539 Auch hier fehlte nach Auffassung des Gerichts die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils. Der Erlass einer umfangreicheren, später zu zahlenden Geldforderung gegen die sofortige Zahlung eines geringeren Betrags stelle jedenfalls dann keine Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils dar, wenn die sofortige Zahlung nur eine Einigung 536 FG Düsseldorf v. 27.04.1981 – VII/II 309/74 UM, EFG 1982, 159. 537 Vgl. BFH v. 06.05.2004 – V R 40/02, ­BStBl. II 2004, 854. 538 FG München v. 27.06.2002 – 14 K 770/01, EFG 2002, 1557. 539 FG Baden-Württemberg v. 07.11.2006 – 1 K 15/04, EFG 2007, 454.

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über die nach Auffassung beider Parteien endgültig gescheiterte Vertragserfüllung sei. Der Auffassung des Bundesfinanzhofs folgend, gelangen Nücken und Wohlfahrt540 zu dem Ergebnis, dass auch Ausfallhonorare, die im Zu­sammenhang mit der Corona-Pandemie an Künstler gezahlt würden, zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch führen müssten, wenn der Künstler sich im Gegenzug für dieses Honorar dazu verpflichte, kei­ne weiteren Ansprüche gegen die entsprechende Kultureinrichtung geltend zu machen. Mehrfach ist in der Literatur aber auch Kritik an den Urteilen des Bundesfinanzhofs geübt worden.541 Reinelt542 ist der Auffassung, dass der Verzicht auf das Amt des Testamentsvollstreckers keine umsatzsteuerliche Leistung darstellen könne, da der notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Verzicht und der Entschädigungszahlung fehle, denn die Zahlung werde allein deshalb gewährt, weil ihm der Vergütungsanspruch für künftige Jahre entgehe. Es handle sich mithin um den Ausgleich eines entgangenen Gewinns. Des Weiteren sehen Olgemöller und Selle543 den Verzicht auf die Aufrechter­ haltung einer Klage beziehungsweise deren Rücknahme nicht als eine umsatzsteuerliche Leistung an. Es fehle insoweit die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils. Sie weisen im Übrigen darauf hin, dass nach der Ansicht des Bundesfinanzhofs jede Klagerücknahme bei unterstellter Unternehmereigenschaft des Klägers zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch führen müsse. Nach Pull544 stelle auch die Klagerücknahme im Zusammenhang mit der geplanten Bahnübergangsschließung keine umsatzsteuerliche Leistung dar, denn unter wirtschaftlicher Betrachtung habe der Empfänger lediglich die wirtschaftlichen Schäden des Unternehmers ausgeglichen.

3. Stellungnahme Bezüglich der Umsatzsteuerbarkeit eines Rechtsverzichts gegenüber einer Privatperson müssen dieselben Grundsätze wie bei den Entschädi­ gungszahlungen bei vorzeitiger einvernehmlicher Vertragsauflösung545 gel540 Nücken/Wohlfahrt, DStR 2021, 1918, 1920. 541 Reinelt, ­jurisPR-BGHZivilR 7/2008, Anm. 2; Heinrichshofen, UStB 2015, 276, 277; Olgemöller/‌Selle, AG 2017, 309, 311; Pull, MwStR 2020, 145, 146. 542 Reinelt, ­jurisPR-BGHZivilR 7/2008, Anm. 2. 543 Olgemöller/Selle, AG 2017, 309, 311. 544 Pull, MwStR 2020, 145, 146. 545 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. V. 3.

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ten, denn ob nach zivilrechtlichen Maßstäben ein Vertrag vorliegt, spielt für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung keine Rolle. Entscheidend ist allein, ob dem Abnehmer in tatsächlicher Hinsicht durch den Verzicht ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wurde. Daher kann auch bei einem Rechtsverzicht, der im Austausch gegen eine Geldzahlung erbracht wird, nicht pauschal von der Umsatzsteuerbarkeit ausgegangen werden. Insbesondere reicht die bloße Einstellung einer Rechtsverfolgung für sich genommen nicht aus, um die Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils zu begründen. Für die Beurteilung des Vorliegens eines Leistungsaustauschs kommt es nicht auf die Ersparnis eines Rechtsstreits an, sondern ausschließlich auf den Vorteil, den der von der Verpflichtung Befreite tatsächlich ­erlangt. Liegt dieses allein in dem Wegfall einer weitergehenden Zahlungsverpflichtung, fehlt spiegelbildlich zum Fall der Geldzuwendung die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils. Daher muss darauf abgestellt ­werden, ob demjenigen, demgegenüber der Verzicht erklärt wird, ein da­ rüber­hinausgehender Vorteil zugeht. Unter Berücksichtigung dessen kann in dem Verzicht auf weitere Durchsetzungsversuche eines Weiterbeschäftigungsanspruchs entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs546 keine umsatzsteuerliche Leistung gesehen werden.547 Dem Arbeitgeber wird von der verzichtenden Arbeitnehmerin kein verbrauchbarer Vorteil übertragen. Er erspart sich durch die Zahlung der Entschädigung einerseits einen Rechtsstreit und andererseits die Erbringung weiterer Lohnzahlungen an die Arbeitgeberin für den Fall, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch vom Gericht festgestellt würde. Gleiches gilt bei dem Verzicht auf die Ausübung der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Der Gesellschaft kommt durch diesen Verzicht kein verbrauchbarer Vorteil zugute, da sie sich lediglich erspart, weiteren Arbeitslohn an das Aufsichtsratsmitglied zahlen zu müssen.548 Ebenfalls abzulehnen ist die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils im Falle des Verzichts eines Chefarztes auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation.549 Der Vorteil, den die Klinik erlangt, liegt ausschließlich darin, die Behandlungen von Privatpatienten und Selbstzahlern selbst abrechnen zu können. Die Möglichkeit der Abrech-

546 BFH v. 10.12.1998 – V R 58/97, BFH/NV 1999, 987. 547 A.A. Bomsdorf/Finkelmeier, NJW 2022, 279, 285. 548 A.A. Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 286 unter „Verzicht auf Rechtsposition“. 549 A.A. Brill, NWB 2022, 3359 f.; Raab, DStRK 2023, 26.

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nung stellt wie die Erlangung von Geld einen rein monetären Vorteil dar, der einem Verbrauch nicht zugänglich ist.550 Darüber hinaus stellt auch der Verzicht auf eine Mietgarantie keine umsatzsteuerliche Leistung dar.551 Die Mietgarantie dient dem Grunde nach allein der Absicherung eines Zahlungsanspruchs des Garantieneh­mers. Durch den Verzicht auf die Rechte aus der Garantie erspart er dem Garantiegeber bloß eine weitergehende Zahlungspflicht für den Eintritt des Garantiefalls. Es fehlt daher auch in diesem Fall die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils. Im Zusammenhang mit der Zahlung von Corona-Ausfallhonoraren ist ebenfalls keine umsatzsteuerliche Leistung in Form eines Rechtsverzichts gegeben. Durch den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Zahlungsansprüche wird die entsprechende Kultureinrichtung lediglich von ihrer Zahllast befreit. Gleiches gilt grundsätzlich bei einer einfachen Klagerücknahme, wenn dem Zahlenden kein über die Ersparnis von Geldauf­ wendungen hinausgehender Vorteil zukommt. Ein solcher Vorteil ist beispielsweise bei Klagerücknahmen im Zusammenhang mit räuberischen Aktionären gegeben, in denen die Klage gegen einen Beschluss gerichtet ist, dessen Wirksamkeit von der Eintragung abhängig ist.552 Da die Eintragung erst mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Beschlusses vorgenommen werden kann, wird die Gesellschaft für die Dauer der Rechtshängigkeit der Klage in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt. In diesen Fällen erschöpft sich der von der Aktiengesellschaft aus der Klagerücknahme erlangte Vorteil nicht allein in der Vermeidung eines Rechtsstreits. Aufgrund der hemmenden Wirkung der Klage gegen den Beschluss erlangt die Gesellschaft durch die Klagerücknahme zudem ihre Handlungsfreiheit zurück. Zuzustimmen ist dem Bundesfinanzhof553 auch bezüglich der Annahme einer umsatzsteuerbaren Leistung bei dem Verzicht auf das Amt als Testamentsvollstrecker.554 Gemäß § 2211 Abs. 1 BGB kann der Erbe nicht über 550 So bereits Hoeveler, UR 2023, 24, 25.  551 A.A. Michel, HFR 2015, 968, 969; Heuermann, StBp 2015, 331, 334; Damaschke, StBW 2015, 863¸ Friedrich-Vache, Beck‘sches Handbuch Immobiliensteuerrecht, § 7, Rn. 197. 552 So auch Wagner, MwStR  2016, 41; Stadie, Rau/Dürrwächter, UStG, §  2, Rn.  441; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 261 unter „Räuberische Aktionäre“. 553 BFH v. 06.05.2004 – V R 40/02, ­BStBl. II 2004, 854. 554 So auch Martin, BFH-PR  2004, 445; Hettler, HFR 2004, 1009, 1010; Hummel, UR 2005, 665, 666; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, §  1 Abs. 1 Nr.  1, Rn.  286 unter „Verzicht auf Rechtsposition“.

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das Erbe verfügen, wenn die Verwaltung von einem Testamentsvollstrecker ausgeführt wird. Der Testamentsvollstrecker verschafft dem Erben durch den Verzicht auf die Ausübung seines Amts einen verbrauchbaren Vorteil, weil dieser hierdurch die Verfügungsmacht über das Erbe erlangt. Des Weiteren stellt auch der Verzicht auf ein Vorkaufsrecht eine umsatzsteuerliche Leistung dar.555 Durch ein bestehendes Vorkaufsrecht wird der Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet, im Fall des Grundstücksver­kaufs dem Vorkaufsberechtigten vorrangig den Kauf zu ermöglichen.556 Hierbei handelt es sich um eine Verfügungsbeschränkung des Eigentümers, da er nicht mehr frei entscheiden kann, an wen er sein Grundstück veräußern will. Verzichtet der Vorkaufsberechtigte auf das Vorkaufsrecht, erlangt der Eigentümer hierdurch die vollumfängliche Verfügungsmacht an dem Grundstück zurück. Darin liegt für den Eigentümer ein verbrauchbarer Vorteil. Auch der Verzicht eines Insolvenzverwalters auf ein ihm zustehendes Anfechtungsrecht ist vom Bundesfinanzhof557 richtigerweise als umsatzsteuerliche Leistung beurteilt worden, denn durch den Verzicht auf das Anfechtungsrecht erlangt der Erwerber die Verfügungsmacht über den in Frage stehenden Gegenstand.558

III. Rechtsverzicht gegenüber einer Person des öffentlichen Rechts 1. Überblick Empfänger einer umsatzsteuerlichen Leistung können grundsätzlich auch Personen des öffentlichen Rechts sein.559 Daher besteht ebenso die Möglichkeit, dass der Unternehmer durch den Verzicht auf ein Recht oder eine Rechtsposition einer Person des öffentlichen Rechts einen verbrauchbaren Vorteil zuwenden kann. Im Regelfall ist diese Person eine Stadt oder eine Gemeinde. Zahlt diese für den Verzicht des Unternehmers eine Entschädigung, ist ebenfalls die Frage zu stellen, ob diese Konstellation zu der Be­ gründung eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs führt. Unter Be555 So auch Meßbacher-Hönsch, HFR 2009, 291; Englisch, Tipke/Lang, Steuerrecht, § 17, Rn. 134; Stadie, UStG, § 1, Rn. 54. 556 Westermann, MüKo, BGB, § 1094, Rn. 1; Berger, Jauernig, BGB, § 1094, Rn. 2. 557 BFH v. 30.03.2011 – XI R 5/09, BFH/NV 2011, 1724. 558 So auch Hartrott, StBW 2011, 838, 839; Stadie, UStG, § 1, Rn. 54. 559 Vgl. Wäger, Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Abschnitt I, Kapitel 1 unter A, Rn. 85.

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rücksichtigung der bisherigen Ausarbeitung kann für die Beur­teilung der Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils an eine Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich nichts anderes als bei der Zuwendung an einen Privaten gelten, da es für die Frage der Umsatzbesteuerung nicht auf dessen Stellung als Privatperson ankam. Dennoch ist eine Darstellung in Abgrenzung zu dem Verzicht gegenüber einer Privatper­son geboten, da bei dem Verzicht gegenüber einer Person des öffent­lichen Rechts einige Besonderheiten zu beachten sind, denn anders als die Privatperson, die in der Regel vordergründig eigene Interessen verfolgen wird, handeln Personen des öffentlichen Rechts häufig im Rahmen der Verfolgung eines höher gearteten Allgemeininteresses.

2. Ausgangslage Viele behördliche Bauvorhaben wie beispielsweise der Bau neuer Straßen oder Autobahnen können zu Beeinträchtigungen privater Betriebe führen. Diese Beeinträchtigungen haben zum Teil weitreichende Folgen für den Unternehmer, die bis hin zur Verlegung oder der Einstel­lung seines Betriebs führen können. Für solche Fälle zahlt die Behörde dem Unternehmer regelmäßig eine entsprechende Entschädigung. In diesem Zusammenhang wird zwischen der Behörde und dem Unternehmer ein Vertrag abgeschlossen, in dessen Rahmen der Umfang des Ausgleichs für die Beeinträchtigung sowie eventuell anfallende Umsiedlungen des Unternehmers geregelt werden. Der Bundesfinanzhof beurteilt die von einem Unternehmer zu Gunsten einer Gemeinde erbrachte Einstellung eines Betriebs oder dessen Verlegung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags als umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch.560 Dem ist zuzustimmen, da die Person des öffentlichen Rechts durch die Stilllegung oder die Verlagerung des Betriebs die Verfügungsbefugnis über die freigelegten Grundstücke erlangt. Hierin liegt ein verbrauchbarer Vorteil, der zunächst unmittelbar der Stadt zugeht. Für welche Zwecke die Stadt diese Flurstücke verwendet, ist eine nachge­lagerte Motivfrage, die für die Besteuerung keine Rolle spielen kann.561 Außerdem schließt die Tatsache, dass eine Tätigkeit auch dem allgemeinen Interesse 560 BFH v. 01.12.1960 – V 268/58, BeckRS 1960, 21008843; v. 22.02.1968 – V R 165/66, ­BStBl. II 1968, 447; v. 27.02.1969 – V 102/65, ­BStBl. II 1969, 386; v. 27.02.1969 – V 144/65, ­BStBl. II 1969, 387; v. 07.08.1969 – V 177/65, B ­ StBl. II 1969, 696. Dem folgend auch BVerwG v. 29.08.2019 – 3 C 30/17, HFR 2019, 1094. 561 Ähnlich Rauch, HFR 2014, 354, 355.

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dient, nicht aus, dass eine umsatzsteuerbare Leistung an einen konkretisierten Leistungsempfänger vorliegt.562 Daher ist beispielsweise ebenso die Entschädigungszahlung an einen Landwirt, der im Gegenzug einen Teil seiner Flächen für die dauerhafte Schaffung und Erhaltung von landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen sowie von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen gemäß der §§ 8 BNatSchG, 1a BauGB der Stadt überlässt, als Entgelt für eine Leistung anzusehen563, denn auch in diesem Fall erlangt die Stadt einen ver­brauchbaren Vorteil in Form der Verfügungsmacht an dem Grund­ stück.564 Zustim­mung findet die Beurteilung des Bundesfinanzhofs auch in der Literatur.565 Eng verknüpft ist das Thema mit der Frage der Umsatzsteuerbarkeit staatlicher Zuschüsse, die einer Privatperson von einer Person des öffentlichen Rechts für die Aufgabe oder die Einstellung einer bestimmten Tätigkeit gewährt werden. Eine Abgrenzung zwischen Zuschüssen und Entschädigungen ist nicht immer eindeutig. Die Übergänge sind insoweit fließend. In Bezug auf den potenziellen Leistungsempfänger wird vor allem von der Rechtsprechung als Voraussetzung für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung gefordert, dass dieser konkret bestimmt und individualisierbar sein müsse. 566 Sei kein Abnehmer bestimmt oder richte sich die Handlung an die Allgemeinheit oder einen unbe­stimmten Personen­kreis, solle keine umsatzsteuerliche Leistung gegeben sein.567 Die Allgemeinheit solle 562 Vgl. BFH v.  11.04.2002  – V  R 65/00, HFR 2002, 718.  Zustimmend Martin, BFHPR 2007, 144. 563 Vgl. BFH v. 28.05.2013 – XI R 32/11, ­BStBl. II 2014, 411. 564 Meyer, EFG 2012, 278; Meyer, EFG 2012, 1102 f.; Lembke, SteuK 2014, 169; Billig, StBW 2014, 339. A.A. wohl Lippross, DStZ 2013, 433, 443. 565 Matheja, UR 1975, 72; Kremerskothen, UR 1979, 157; Robisch, Bunjes, UStG, §  1, Rn. 53 unter „Betriebseinstellungs- oder -verlegungsentschädigungen“. A.A. Schmidt, UR 1992, 369, 370. 566 BFH v.  30.01.1997  – V  R 133/93, B ­ StBl.  II 1997, 335; v.  13.11.1997  – V  R 11/97, ­BStBl. II 1998, 169; v. 18.12.2008 – V R 38/06, ­BStBl. II 2009, 749; so auch FG Brandenburg v. 08.11.1995 – 1 K 1264/94 U, EFG 1996, 246; FG München v. 24.01.2008 – 14 K 2755/06, EFG 2008, 994. Zustimmend Stapperfend, UR 1998, 104, 105; Schüler-Täsch, Jede Leistung hat ihre Steuer, S. 49 ff.; Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, S.  189; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn. 90.1; Stadie, UStG, § 1, Rn. 40. Ähnlich EuGH v. 29.02.1996 – C-215/94, DStR 1996, 421. A.A. Dobratz, Leistung und Entgelt im europäischen Umsatzsteuer­recht, S. 158 ff. 567 BFH v.  30.01.1997  – V  R 133/93, B ­ StBl.  II 1997, 335; v.  13.11.1997  – V  R 11/97, ­BStBl. II 1998, 169; Möller, Umsatzsteuerrecht, § 4, Rn. 185; Jakob, Umsatz­steuer, § 5, Rn. 188.

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nach Auffassung der Rechtsprechung keinen geeigneten Leistungsempfänger darstellen können.568 Daher seien Handlungen des Unternehmers, für die er zwar Zahlungen der öffentlichen Hand erhält, die aber lediglich dem Interesse der Allgemeinheit dienen, nicht als umsatzsteuerliche Leistung anzusehen.569 Dementsprechend entschied der Europäische Gerichtshof beispielsweise, dass die an einen Landwirt ge­zahlte Entschä­digung weder für die Einstellung der Milcherzeugung570 noch für die Reduzierung der Kartoffelernte571 zu einem steuerbaren Leistungsaustausch führe.572 Mit der vorliegend vertretenen Auffassung lassen sich auch die für die Einstellung einer Tätigkeit gezahlten Entschädigungen handhaben, denn die bloße Einstellung einer Tätigkeit reicht demnach für die Begründung einer umsatzsteuerlichen Leistung nicht aus. Unabhängig davon, ob die Aufgabe der Behörde selbst oder der Allgemeinheit zugutekommen soll, fehlt die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils. Abzulehnen ist daher eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs573 aus dem Jahr 2006.574 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt verzichtete ein Investor auf die Ausnutzung eines Rechts aus einem Planfeststellungsbeschluss. Der Investor hatte im Rahmen dieses Beschlusses das Recht erlangt, im Gemeindegebiet eine Sonderabfall­ deponie zu betreiben. Auf Wunsch der Gemeinde verzichtete er auf die Weiterverfolgung dieses Vorhabens gegen die Zahlung einer bestimmten Entschädigung. Der Bundesfinanzhof sah den verbrauchbaren Vorteil, den die Gemeinde erlangt habe, in der Wiedererlangung ihrer Pla­nungshoheit. Im Ergebnis lag jedoch auch diesem Fall lediglich die Aufgabe der Ausübung einer Tätigkeit zugrunde, da der Investor auf das Betreiben der Abfalldeponie verzichtete. Die Verfügungsmacht über das Grundstück, auf dem dieses Vorhaben ausgeführt werden sollte, erlangte die Gemeinde jedoch nicht, weil das Eigentum beim bisherigen Eigentümer verblieb. Es fehlte daher die Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils. 568 BFH v. 18.12.2008 – V R 38/06, ­BStBl. II 2009, 749. 569 Streng, Zuschüsse und Subventionen im Umsatzsteuerrecht, 201; EuGH v. 29.02.1996 – C 215/94, DStR 1996, 421; v. 18.12.1997 – C-384/95, UR 1998, 102; BFH v. 27.11.2008 – V R 8/07, B ­ StBl. II 2009, 397, 399. 570 EuGH v. 29.02.1996 – C-215/94, DStR 1996, 421. A.A. Widmann, UR 1996, 120. 571 EuGH v. 18.12.1997 – C-384/95, ­DStRE 1998, 888. 572 Zustimmend Nieskens/Tehler, BB 1997, 2134, 2137; Stapperfend, UR 1998, 104  f.; List, BB 2005, 241, 244 f.; Lippross, DStZ 2013, 433, 441. 573 BFH v. 24.08.2006 – V R 19/05, B ­ StBl. II 2007, 187. Zustimmend Wagner, INF 2007, 89, 90; Tausch, UVR 2007, 100. 574 Ähnlich Meyer, EFG 2005, 736, 737; Honisch, UStB 2007, 35, 36.

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Anders als die Entschädigungen für Betriebsbeeinträchtigungen beurteilte der Bundesfinanzhof auch Gebäuderestwertentschä­digungen in einem Urteil aus dem Jahr 2000.575 Dem zu entscheidenden Sachverhalt lag ein in einer Gemeinde befindliches Sanierungsgebiet zugrunde. Die Gemeinde zahlte den jeweiligen Eigentümern der in dem Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücke für den Abbruch ihres Gebäudes eine Entschädigung, die der Höhe nach deren Restwert entsprach. Der Bundesfinanzhof verneinte das Vorliegen eines Leistungsaustauschs, weil die Gemeinde aus dem Abriss der Gebäude keinen ver­brauchbaren Vorteil erlangt habe. Der Abriss sei ausschließlich im Interesse der Neubebauung der Grundstücke und damit allein im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Dieses liege in der Behebung städtebaulicher Missstände durch entsprechende Sanierungs­maßnahmen. Ein Leistungsaustausch bestehe nicht, da lediglich ein Vermögensnachteil des Unternehmers ausgeglichen werde.576 Es fehle daher eine steuerbare Leistung. Entscheidend solle sein, ob die Person des öffentlichen Rechts mit Umsatzsteuer belastet worden wäre, wenn sie die Leistung selbst ausgeführt hätte.577 Thieme und Rehbein äußern sich kritisch bezüglich dieses Abgrenzungskriteriums, da hierdurch die Steuerbarkeit von einer zufälligen Steuerpflicht einer hypothetischen Ersatzleistung abhängig gemacht werde.578 Stadie nimmt in Fällen dieser Art hingegen das Vorliegen eines steuerbaren Leistungsaustauschs an. Diene das Verhalten des Verzichtenden der konkreten Aufgabenerfüllung oder Wahrnehmung der Interessen der Person des öffentlichen Rechts, werde dieser hierdurch ein verbrauchbarer Vorteil verschafft.579 Dieser liege in der Verschaffung der wirtschaftlichen Substanz des Gebäudes.580

575 BFH v. 26.10.2000 – V R 10/00, BFH/NV 2001, 400. So auch FG Baden-Württemberg v. 01.06.2005 – 12 K 334/03, EFG 2005, 1386; FG Niedersachsen v. 11.10.2007 – 16 K 84/05, BeckRS 2007, 26024383. 576 Zustimmend Walkenhorst, UStB 2001, 40, 41; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, §  1, Rn.  45; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  275 unter „Abbruchkosten“; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 58 unter „Gebäuderestwert­ entschädigung“; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 286 unter „Städtebauliche Sanierung“; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  534 unter „Gebäude-Restwertentschädigung“; Leicht, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Schadensersatz, Rn. 15. 577 So auch Klenk, D ­ StRE 2001, 160. 578 Thieme/Rehbein, BB 2003, 1644, 1646 f. 579 Stadie, UStG, § 1, Rn. 42. 580 Stadie, UStG, § 3, Rn. 159.

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Die anderweitige Behandlung der Gebäuderestwertentschädigung im Vergleich zu den Ausgleichszahlungen für Betriebsbeeinträchtigungen ist überzeugend, denn der Abriss des Gebäudes führt anders als in den letztge­ nannten Fällen nicht dazu, dass der Person des öffentlichen Rechts die Verfügungsmacht über das Grundstück verschafft wird. Ein anderer greifbarer Vorteil ist nicht erkennbar. Insbesondere wird der Person des öffentlichen Rechts auch nicht die Substanz des Gebäudes verschafft. Eine anderweitige Beurteilung wäre nur dann denkbar, wenn ihr nach dem Abriss des Gebäudes die Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft würde. Ob sie dabei vordergründig eigene Interessen oder ein Interesse der Allgemeinheit verfolgt, ist nicht entscheidend. Hierbei handelt es sich nur um die Beantwortung der Frage nach dem Grund der Leistung und damit allein um eine Motivfrage, die für die Beurteilung der Umsatzsteuerbarkeit außer Betrachtung bleiben muss.

3.  Unfreiwilliger Rechtsverlust Eine weitere Besonderheit, die vor allem bei potenziellen umsatzsteuerlichen Leistungen an Personen des öffentlichen Rechts gilt, ist die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG. Insoweit besteht die Möglichkeit einer Leistungserbringung auch, wenn der Rechtsverzicht aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung erzwungen wird. Ein solcher Fall liegt insbesondere bei Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG vor. Demnach kann dem Eigentümer sein Eigentum durch eine Person des öffentlichen Rechts gegen die Zahlung einer angemessenen Entschädigung ganz oder teilweise entzogen werden. Die Enteignung kann durch Gesetz oder durch Verwaltungsakt vorgenommen werden.581 Der Europäische Gerichtshof sieht in einer wegen einer Ent­eignung gezahlten Entschädigung einen steuerbaren Umsatz.582 Auch Generalanwalt Bobek hält die Enteignungsentschädigung für umsatzsteuerbar.583 Die für eine Enteignung gezahlte Entschä­ digung stehe in einem kausalen Bezug zu einer Leistung in Form des

581 Jarass, Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rn. 76; Burghart, Leibholz/Rinck, GG, Art. 14, Rn. 1083. 582 EuGH v. 13.06.2018 – C-665/16, MwStR 2018, 749. So auch BFH v. 10.02.1972 – V R 119/68, ­BStBl. II 1972, 403; v. 24.02.1972 – V R 2/68, ­BStBl. II 1972, 509; Weiß, UR 1987, 258, 260. 583 Bobek, Schlussantrag v. 22.02.2018 – C-665/16, MwStR 2018, 194.

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erzwungenen Rechtsentzugs und sei daher umsatzsteuerbar.584 Erwerbe eine ­juristische Person des öffentlichen Rechts ein Grundstück durch Enteignung, liege hierin eine steuerbare Grundstückslieferung.585 Dem ist zuzustimmen, weil die Behörde durch die Enteignung die Verfügungsmacht an dem enteigneten Grundstück und damit einen verbrauchbaren Vorteil erlangt. Aufgrund des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG ist das Vorhandensein eines Leistungswillens des Unternehmers nicht erforderlich. Die Ausgleichszahlung dient der Abgeltung der Enteignung und steht deshalb hiermit im unmittelbaren Zusammenhang, weshalb die Umsatzsteuerbarkeit gegeben ist. Gleiches muss für diejenigen Fälle gelten, die sich an der Schnittstelle einer freiwilligen Betriebsaufgabe zu Gunsten der Person des öffentlichen Rechts und einer Enteignung liegen. Hierbei handelt es sich um solche Sachverhalte, in denen die Behörde dem Unternehmer gegenüber die Eingehung eines Vertrags unter gleichzeitiger Androhung einer Enteignung unterbreitet. Schließt der Unternehmer den Vertrag ab, könnten die Freiwilligkeit seines Handelns und damit das Vorliegen eines Leistungswillens zu verneinen sein, weil der Unternehmer aufgrund des durch die Behörde ausgeübten Zwangs keine Wahlmöglichkeit mehr hat, seinen Betrieb zu behalten. Da der verbrauchbare Vorteil aber auch nicht aufgrund eines Gesetzes oder einer gesetzlichen Anordnung übertragen wird, würde daraus folgen, dass eine umsatz­steuerliche Leistung nicht gegeben wäre. Der Bundesfinanzhof586 entschied den­noch richtigerweise, dass auch die Handlung des Unternehmers, die der Ab­wen­dung einer Enteignung diene, eine umsatzsteuerliche Leistung darstelle, denn wenn sowohl eine Enteignung als auch der vertraglich geregelte Rechtsverzicht zu einem steuerbaren Umsatz führen, muss ebenso der Vorgang, bei dem der Unternehmer zur Abwendung einer Enteignung die geforderte Leistung erbringt, ein steuerbarer Leistungsaustausch gegeben sein.587 Letztlich beruht der Rechtsverzicht in diesen Fällen auf einem bewussten und willentlichen Verhalten des Unternehmers. Dass

584 Vgl. Lippross, Umsatzsteuer, S.  148; Leicht, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechts­ lexikon, Schadensersatz, Rn. 12; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 539 unter „Ent­eignung“; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Enteignungsentschädigung“. 585 Martin, BFH-PR 2007, 144, 145. 586 BFH v.  07.08.1969  – V 177/65, B ­ StBl.  II 1969, 696; v.  27.07.1988  – X R 52/81, ­BStBl. II 1989, 65; v. 18.01.1990 – V R 10/85, BFH/NV 1990, 536. 587 Vgl. Weiß, UR 1987, 258, 260; Lippross, Umsatzsteuer, S. 148; Friedrich-Vache, Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG § 1, Rn. 114; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 440.

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G.  Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte

er diesen zur Abwendung einer drohenden Enteignung erklärt, stellt eine unbeachtliche Motivfrage dar.

IV. Ergebnis Verzichtet der Unternehmer auf ein ihm zustehendes Recht oder eine ihm zustehende Rechtsposition, liegt hierin nur eine umsatzsteuerliche Leistung, wenn der potenzielle Leistungsempfänger einen Vorteil erlangt, der über die bloße Ersparnis eines Rechtsstreits oder die Befreiung von höheren Geldzahlungsverpflichtungen hinausgeht. Deshalb kann auch die reine Ein­ stellung der Ausübung einer Tätigkeit nicht als umsatzsteuerliche Leistung angesehen werden. Diese Sichtweise gilt sowohl für den Rechtsverzicht gegenüber einer Privatperson als auch für den gegenüber einer Person des öffentlichen Rechts.

G. Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte I.  Darstellung des Problems Neben den durch das Deliktsrecht geschützten Rechten588 besteht eine Reihe weiterer Rechte, die durch die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geschützt wird. Regelungen hierzu sind insbesondere außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu finden. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die gewerblichen Schutzrechte wie zum Beispiel das Urheberrecht sowie das Recht auf den lauteren Wettbewerb. Gemäß §  1 UrhG genießen die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst für ihre Werke Schutz nach Maßgabe des Urheberrechtsgesetzes. Nach § 1 Abs. 1 UrhG schützt das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk sowie in der Nutzung des Werks. Gemäß den §§  15  ff. UrhG stehen dem Urheber die ausschließliche körperliche Nutzung des Werks und dessen unkörperliche öffentliche Wiedergabe zu.589 Das Urheberrecht kann deshalb dadurch verletzt werden, dass ein Dritter Werke verwendet, ohne eine vorherige Erlaubnis für die Nutzung zu erwerben. Verletzt ein Dritter das Recht des Urhe588 Vgl. dazu 3. Kapitel, C. 589 Götting, BeckOK, Urheberrecht, UrhG, § 15, Rn. 1.

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bers, ist er nach §  97 Abs.  2 S.  1 UrhG verpflichtet, diesem den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Handelt es sich um keinen einmaligen Verstoß, sondern wird das Recht längerfristig, beispielsweise durch die Nutzung eines Werks über einen längeren Zeitraum, verletzt, kann der Urheber gemäß § 97a UrhG den Rechtsverletzer abmahnen und die für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen von ihm ersetzt verlangen. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 12 UWG bei einer andauernden Verletzung des Wettbewerbsrechts. Eine solche kann beispielsweise gemäß § 5 Abs. 1 UWG bei irreführender Werbung vorliegen, die den Verbraucher oder einen anderen Marktteilnehmer zu geschäftlichen Entscheidungen ver­anlasst, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Der Aufwendungsersatz für Abmahnungen ist trotz des Fehlens einer gesetzlichen Kodifikation auch bei der Verletzung anderer gewerblicher Schutzrechte anerkannt.590 Für die umsatzsteuerliche Beurteilung resultieren daraus zwei voneinander unabhängige Problemkreise. Zum einen ist die Frage zu stellen, ob die Zahlung eines auf einer Rechtsverletzung beruhenden Schadensersatzes zur Annahme eines Leistungsaustauschs führen kann. Zum anderen ist zu untersuchen, ob die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für eine durchgeführte Abmahnung zur Begründung der Umsatzsteuerbarkeit führt.

II.  Schadensersatz bei Rechtsverletzung Kommt es zu einer Rechtsverletzung und erhält der Unternehmer für deren Ausgleich einen Schadensersatz gezahlt, kann in der Beurteilung grundsätzlich nichts anderes gelten als beim deliktischen Scha­densersatz.591 Das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung muss verneint werden, weil die Hinnahme des Schadens nicht willentlich geschieht und daher der notwendige Leistungswille des geschädigten Unternehmers fehlt. Eine anderweitige Auffassung wird von einem Teil der steuerrechtlichen Literatur jedoch bei solchen Fällen vertreten, in denen der durch eine Urheberrechtsverletzung entstandene Schaden im Rahmen einer sogenannten Lizenzanalogie be590 Dornbusch, SAM 2019, 212.  Vgl. bspw. bzgl. einer Markenrechtsverletzung: BGH v. 18.11.2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617; v. 09.11.2011 – I ZR 150/09, GRUR 2012, 304; Goldmann, BeckOK, Marken­recht, MarkenG, § 14, Rn. 884 oder bzgl. einer Patentrechts­verletzung: BGH v. 20.12.1994 – X ZR 56/93, GRUR 1995, 338; Grabinski/Zülch, Benkard, § 139 PatG, Rn. 76a. 591 Vgl. dazu 3. Kapitel, C.

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rechnet wird. Da es sich bei dem Anspruch gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG um einen Schadensersatzanspruch handelt, richtet sich dessen Bemessung grundsätz­lich nach den §§ 249 ff. BGB. Es steht dem Geschädigten deshalb frei, den Schaden konkret zu berechnen. Gemäß § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG kann er auch den Gewinn berücksichtigen, den der Schädiger durch die Rechtsverlet­zung erzielt hat. Daneben besteht nach § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG die Möglichkeit, statt der konkreten Berechnung den Schadensersatzanspruch auf Grundlage des Betrags zu berechnen, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Diese letztere Variante der Schadensberechnung wird als Lizenzanalogie bezeichnet. Würde der Schadensersatz nach dem Prinzip der Lizenzanalogie berechnet, liege nach der Literatur­ auffassung ein umsatzsteuerbarer Leis­tungsaustausch vor.592 Diese Sicht sei damit zu begründen, dass durch die Lizenzanalogie der Abschluss eines Lizenzvertrags fingiert werde.593 Diese Fiktion eines Vertragsabschlusses solle für die Begründung eines Leistungsaustauschs genügen und den Schadens­ ersatzcha­rakter der Zahlung vollständig überlagern.594 Eine anderweitige Beurteilung führe zu einer ungerechtfertigten Bevorteilung des Rechtsverletzers gegenüber demjenigen, der sich eine Lizenz ordnungsgemäß verschaffe. Sofern der Schaden konkret berechnet werde, solle es hingegen bei der Annahme verbleiben, dass ein Leistungsaustausch nicht zustande komme. Anders entschied hingegen der Bundesgerichtshof.595 Nach dessen Auffassung liege auch bei der Berechnung im Rahmen der Lizenzanalogie kein Leistungsaustausch vor, weil es sich bei dem Anspruch nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG um einen Schadensersatzanspruch handle, der nicht für eine Leistung, sondern allein deshalb gezahlt werde, weil der Schädiger nach dem Gesetz für den Schaden und dessen Folgen einzu­stehen habe.596 Dieser Auf592 Lütke, UR 2016, 537, 539  f.; Kähler, K&R 2017, 369, 371; Friedrich-Vache, Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG, §  1, Rn.  261 unter „Nutzungsrechte“; Stadie, Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung zum Umsatz­steuergesetz, Rn. 994. 593 Vgl. BGH v.  22.03.1990  – I ZR 59/88, NJW-RR 1990, 1377; v.  05.07.2001  – I ZR 311/98, NJW 2002, 896; v.  25.10.2012  – I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057; v. 11.06.2015 – I ZR 7/14, NJW 2016, 950; v. 12.05.2016 – I ZR 1/15, NJW 2017, 814; v. 13.09.2018 – I ZR 187/17, WRP 2019, 209. 594 Lütke, UR 2016, 537, 539. 595 BGH v. 26.03.2009 – I ZR 44/06, NJW-RR 2009, 1053. 596 So auch bereits LG Mannheim v.  30.11.2001  – 7 O 296/01, MMR 2002, 400; LG München I v. 17.05.2006 - 21 O 12175/04, ZUM 2006, 666. Zustimmend Bödefeld,

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fassung ist zuzustimmen. Zwar erlangt der Schädiger durch die Nutzung des geschützten Werks einen verbrauchbaren Vorteil, im Ergebnis geht die Literaturauffassung jedoch über das Erfordernis des Leistungswillens hinweg. Dieses stellt eine entscheidende Voraussetzung für die Bestimmung eines Leistungsaustauschs dar.597 Verschafft sich der Schädiger den Gebrauch des Werks eigenmächtig, fehlt der Leistungswille des Urhebers, weil er ihm die Nutzungsmöglichkeit weder bewusst noch freiwillig eingeräumt hat. Hier­an vermag auch nichts zu ändern, dass der Schadensersatz auf eine Weise berechnet wird, mit der der Schädiger denjenigen Betrag zu zahlen hat, den er auch im Falle eines ordentlichen Lizenzerwerbs zu zahlen gehabt hätte, denn die Art, auf die der Schaden berechnet wird, kann für die umsatzsteuerliche Beurteilung keine entscheidende Rolle spielen. Ein Lizenzerwerb wird im Rahmen der Lizenzanalogie zwar fingiert, für die Beurteilung des Vorliegens eines Leistungs­aus­tauschs kommt es jedoch allein auf die tatsächlichen Geschehensabläufe an. Fiktive Betrachtungen müssen dabei außen vor bleiben. Des Weiteren würde dem Geschädigten durch die differenzierte Beurteilung das Recht eröffnet, anhand der Art der Schadensberechnung über die Umsatzsteuerbarkeit zu entscheiden, weil die Methoden der Schadensberechnung im Fall einer Urheberrechtsverletzung gleichberechtigt nebeneinanderstehen und der Urheber zwischen diesen frei wählen kann. Insgesamt bleibt daher festzustellen, dass eine Schadensersatzzahlung wegen der Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts unabhängig von der Weise ihrer Berechnung nicht zur Begründung eines Leistungsaustauschs führt. Richtig mag zwar sein, dass der Rechtsverletzer hierdurch bessergestellt wird als derjenige, der eine Lizenz ordnungsgemäß erwirbt, weil er im Ergebnis mit einem geringeren Betrag belastet wird. Das Umsatzsteuerrecht ist jedoch unabhängig von solchen Überlegungen und kann nicht dazu dienen, einen möglichst gerechten Schadensausgleich zwischen Privaten herbeizuführen.598 Für die Umsatzbesteuerung ist allein entscheidend, ob ein Leistungsaustausch vorliegt. Ist dies nicht der Fall, kann er auch nicht aus dem Grund fingiert werden, weil sich daraus gerechtere Ergebnisse erhofft werden.

BB 1988, 1724, 1726; Pull/Streit, MwStR 2018, 108, 113; Stelzer, UR 2021, 812, 819; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 286 unter „Urheberrecht“. 597 Vgl. 2. Kapitel, A. III. 598 Vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, S. 50 f.

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III.  Aufwendungsersatz bei Abmahnung 1. Überblick Gemäß § 13 Abs. 1 UWG und § 97a Abs. 1 UrhG sollen die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten den Rechtsverletzer vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Eine Pflicht zur Aussprache einer Abmahnung vor der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens besteht nicht.599 Sie ist für den Abmahnenden dennoch durchaus hilfreich, weil sie ihn vor einem sofor­tigen Aner­kenntnis im Klageverfahren und der damit einhergehenden Kostentragungspflicht des § 93 ZPO schützt. Unter einer Abmahnung ist die Mitteilung des Verletzten an den Verletzer zu verstehen, dass dieser durch eine im Einzelnen bezeichnete Handlung einen Rechtsverstoß begangen habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen.600 Zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Wettbewerbsrecht sind gemäß § 8 Abs. 3 UWG neben jedem Mitbewerber grundsätzlich auch rechtsfähige Verbände, deren Zweck in der Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen liegt. Anders als im Wettbewerbsrecht darf die Abmahnung wegen eines Urheberrechtsverstoßes nur von dem Rechtsinhaber ausgesprochen werden.601 Unter zivilrechtlicher Betrachtung handelt es sich nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs bei der Abmahnung um eine Geschäftsführung ohne Auftrag.602 Problematischer stellt sich hingegen die umsatzsteuer­rechtliche Bewertung dar. In Bezug auf die Beurteilung, ob die Abmahnung und der damit einhergehende Aufwendungsersatzanspruch zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch führen, ist weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine einheitliche Auffassung festzustellen. Streitpunkte sind zum einen die Frage, ob die Abmahnung überhaupt eine umsatzsteuerliche Leistung darstellen kann, da nicht eindeutig ist, ob dem Rechtsverletzer 599 Kefferpütz, Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, §  97a UrhG, Rn. 2. 600 BT-Drucks. 16/5048, 48. 601 Specht, Dreier/Schulze, UrhG, § 97a UrhG, Rn. 3. 602 BGH v. 15.10.1969 – I ZR 3/68, NJW 1970, 243; v. 20.12.1994 – X ZR 56/93, GRUR 1995, 338; v. 21.01.2010 – I ZR 47/09, NJW 2010, 1208; v. 18.11.2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617; v. 09.11.2011 – I ZR 150/09, GRUR 2012, 304. A.A. Bärenfänger, GRUR 2012, 461.

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hierdurch vom Abmahnenden ein verbrauchbarer Vorteil übertragen wird. Sofern die Abmahnung als eine solche Leistung angesehen wird, ergibt sich zum anderen die Frage, ob zwischen der Abmahnung und dem Aufwendungsersatzanspruch ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn der Ersatzanspruch den Gegenwert der Abmahnung darstellen und diese insoweit abgelten würde.

2.  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Zu der Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Abmahnungen wegen der Verletzung gewerblicher Schutzrechte hat sich der Bundesfinanzhof bisher in drei Entscheidungen geäußert. Dem ersten Urteil603 lag die Tätigkeit eines Abmahnvereins zugrunde. Zu den Tätigkeitsfeldern des Vereins gehörte unter anderem die regelmäßige Abmahnung von Unternehmen, die gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstießen. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die in wettbewerbs­rechtlichen Sachen anspruchsberechtigten Interessenverbände und Einrichtungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG bei der Erteilung einer Abmahnung eine umsatzsteuerliche Leistung gegen Entgelt an den Abgemahnten erbringen würden. Das sei damit zu begründen, dass der abmahnende Verein als Geschäftsführer ohne Auftrag im Sinne des § 683 BGB tätig werde. Eine solche Geschäftsführung gegen Aufwendungsersatz stelle regelmäßig einen Leistungsaustausch dar.604 Der verbrauchbare Vorteil, den der Abgemahnte erlange, liege in der Vermeidung eines kostspieligen Rechtsstreits. Der zu zahlende Aufwendungsersatz stelle den Gegenwert für die Abmahnleistung des Vereins dar. Mit dem zweiten Urteil605 dehnte der Bundesfinanzhof seine Auffassung da­ hingehend aus, dass nicht nur die Tätigkeit eines Abmahnvereins, sondern auch die Abmahnung durch einen anderen Wettbewerber eine umsatzsteuerliche Leistung darstelle. Mit den Abmahnungen weise der Unternehmer den abgemahnten Mitwettbewerbern einen Weg, ihn als Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen und ihnen damit einen konkreten Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuerrechts führt. Insoweit lägen keine erkennbaren Gründe vor, die Ab-

603 BFH v. 16.01.2003 – V R 92/01, ­BStBl. II 2003, 732.  604 So auch BFH v. 11.4.2002 – V R 65/00, B ­ StBl. II 2002, 782. Zustimmend Weimann, BB 2014, 2916; Sterzinger, MwStR 2020, 432, 434. 605 BFH v. 21.12.2016 – XI R 27/14, ­DStRE 2017, 740.

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mahnung durch einen Mitbewerber anders als die Abmahnung durch einen Abmahnverein zu behandeln. Mit dem dritten Urteil606 übertrug der Bundesfinanzhof seine für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen getroffene Beurteilung auf urheberrechtliche Abmahnungen. Die Abmahnschreiben bei einem Wettbewerbsverstoß und bei einer Urheberrechtsverletzung würden sich in ihrem wesentlichen Inhalt nicht unterscheiden. Die Abmahnung diene in beiden Fällen den gleichen Zwecken, da dem Rechtsverletzer mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Möglichkeit eröffnet werde, einen Prozess zu vermeiden. Diesem werde ein verbrauchbarer Vorteil verschafft, da er mit der Abmahnung die Gelegenheit erhalte, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen. Darüber hinaus werde dem Rechtsverletzer durch die Abmahnung der Rechtsverstoß zur Kenntnis gebracht. Durch die konkrete Bezeichnung des verletzten Rechts und den Nachweis der Berechtigung des Rechteinhabers würden ihm die notwendigen Informationen gegeben, um durch eine strafbewehrte Unterlas­sungserklärung den nicht auf Geld gerichteten Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Zudem führte der Bundesfinanzhof aus, dass der Ausgang der Abmahnung für die Umsatzsteuerbarkeit keine Rolle spiele. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Abmahnung und der Zahlung sei auch gegeben, wenn im Zeitpunkt der Abmahnung noch nicht feststehe, ob sie Erfolg haben werde.607 Alle jeweiligen Vorinstanzen gelangten hingegen zu gegenteiligen Ergebnissen.608 Das Finanzgericht Hamburg nahm zwar das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Leistung an, kam aber zu dem Schluss, dass es ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmah­ nung und der zu zahlenden Entschädigung fehle. Die Zahlung diene nicht der Abgeltung der Abmahntätigkeit, sondern gleiche ledig­lich die aufgrund der Abmahnung angefallenen Kosten und damit einen beim Abmahnenden eingetretenen Vermögensschaden aus.609 Die Finanzgerichte Münster und Berlin-Brandenburg gelangten hingegen zu dem Ergebnis, dass in Ermangelung der Zuwendung 606 BFH v. 13.02.2019 – XI R 1/17, HFR 2019, 603. 607 So auch Bohne, GRUR-Prax 2021, 344; Vobbe/Stelzer, UStB 2021, 365, 366; Stelzer, EWiR 2021, 603, 605. 608 FG Hamburg v. 17.10.2001 – VII 44/99, EFG 2002, 292; FG Münster v. 03.04.2014 – 5 K 2386/11 U, EFG 2014, 1334; FG Berlin-Brandenburg v. 30.11.2016 – 7 K 7078/15, EFG 2017, 240. 609 FG Hamburg v. 17.10.2001 – VII 44/99, EFG 2002, 292.

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eines verbrauchbaren Vorteils bereits keine umsatzsteuerliche Leistung vorliege.610 Zur Begründung führten beide Gerichte an, dass die Abmahnung dem Abgemahnten vielmehr einen Nachteil als einen Vorteil bringe, weil das Ziel der Abmahnungen darin liege, den Handlungsspielraum des Abmahnungsempfängers zu beschneiden. Der Aufwendungsersatzanspruch sei die bloße gesetzliche Folge aus dem Umstand, dass der Abmahnende Aufwendungen getragen habe, um sich gegen das schädigende Verhalten zu wehren. Auch das Landgericht Heidelberg gelangte zu dem Ergebnis, dass die Abmahnung nicht zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch führe, und sprach sich damit ausdrücklich gegen die Auffassung des Bundesfinanzhofs aus.611 Zur Begründung stützte es sich darauf, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung und der gezahlten Entschädigung fehle, weil die erstattete Abmahngebühr nicht den tatsächlichen Gegenwert der erbrachten Leistung darstelle. Aus der Gesetzesbegründung612 zur urheberrechtlichen Abmahnung ergebe sich, dass der Kostenersatz für die Abmahnung den Zweck verfolge, einen angemessenen Ausgleich der Interessen aller Beteiligten zu gewährleisten. Demnach solle zwar der Verletzte in seinen Rechten geschützt werden, wobei er sich anwaltlicher Hilfe bedienen können müsse, es bestehe aber auch ein berechtigtes Interesse der Rechtsverletzer daran, keine überzogenen Anwaltsgebühren zahlen zu müssen. Der gesetzliche Kostenerstattungsanspruch orientiere sich deshalb nicht am tatsächlichen Gegenwert der Dienst­leistung, sondern an dem für den Ausgleich des Schadens notwendigen Betrag. Darüber hinaus lasse sich nach der Auffassung des Landgerichts die Argumentation des Bundesfinanzhofs ohne Weiteres auf die Mahnung sowie den damit einhergehenden Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB übertragen. Dies hätte zur Folge, dass es auch dort zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch kommen müsse, da der Schuldner durch die Mahnung die Möglichkeit erhalte, eine kostenträchtige Klage abzuwenden.613 Die Mahnung stehe daher im objektiven Interesse des Schuldners, was erst recht der Fall sei, wenn er eine bestehende Zahlungspflicht übersehen oder vergessen habe. Der Bundesfinanzhof lehnt die Begründung eines Leistungsaustauschs im

610 Ähnlich bereits FG Düsseldorf v. 24.06.1991 – 5 V 669/90 A (U), EFG 1991, 631. 611 LG Heidelberg v. 28.08.2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350. 612 Vgl. BT-Drucks. 17/13057, 11. 613 So auch Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 853.

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G.  Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte

Zusammenhang mit einer Mahnung jedoch ab.614 Zuletzt befasste sich auch der Bundesgerichtshof mit dem Zusammenhang von Abmahnungen und Umsatzsteuer.615 In seinem Beschluss schloss er sich der Auffassung an, dass Abmahnungen wegen der Verletzung gewerblicher Schutzrechte einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch begründen würden. Aus diesem Grund gelangte er zu dem Ergebnis, dass auch die ihm vorliegende kennzeichenrechtliche Abmahnung eine umsatzsteuerbare Leistung darstelle. Auch in der Literatur ist eine geteilte Auffassung bezüglich der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Abmahnungen vorzufinden. Ein Teil der Literatur folgt der Auffassung des Bundesfinanzhofs und bejaht die Umsatzsteuerbarkeit.616 Dafür spreche, dass die Zahlung des Abgemahnten nur die aufgrund der Abmahnung entstandenen Aufwendungen und nicht den durch das abgemahnte Verhalten entstandenen Schaden abgelte.617 Der zugewendete Vorteil sei deshalb verbrauchbar, weil es in der Hand des Rechtsverletzers liege, ob er auf die Abmahnung hin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgebe oder nicht.618 Suabedissen hält die Entschei­dungen des Bundesfinanzhofs ebenfalls für richtig, macht aber darauf aufmerksam, dass auch solche Fälle denkbar wären, in denen nicht der gesamte Betrag als Entgelt anzusehen, sondern eine Aufteilung der Zahlung vorzunehmen sei, wobei lediglich ein Teil des Betrags die Abmahnleistung abgelte und der andere Teil den durch die Rechtsverletzung entstandenen Schaden ausgleiche.619 Für den Aufteilungsmaßstab solle auf den Inhalt des Abmahnschreibens abzustellen sein. Andere Vertreter der Literatur stehen der Auffassung des Bundesfinanzhofs hingegen kritisch gegenüber und verneinen das Vorliegen ei­nes Leistungs-

614 Vgl. 3. Kapitel, A. II. 3. 615 BGH v. 21.01.2021 – I ZR 87/20, HFR 2021, 943. Zustimmend Stelzer, EWiR 2021, 603, 604 f.; Goldmann, BeckOK, Markenrecht, MarkenG, § 14, Rn. 915. 616 Tehler/Humbert, UR 2007, 798, 804; Sterzinger, GRUR-Prax 2014, 338; Wüst, MwStR 2014, 668; Huschens, DStRK 2017, 210; Döring-Pauckert, UR 2017, 459, 460; Pörksen, ­jurisPR-ITR 13/2017, Anm. 5; Thiering, GRUR 2018, 30, 49; Sterzinger, GRURPrax 2018, 339; Voges, GRUR-Prax 2020, 254; Sterzinger, MwStR 2020, 432, 435; Stelzer, IPRB 2021, 243, 244; Kraeusel, UVR 2021, 328, 329; Jakob, Umsatzsteuer, § 5, Rn. 181. 617 Sterzinger, GRUR-Prax 2014, 338. 618 Stelzer, UR 2021, 812, 816. 619 Suabedissen, HFR 2019, 607.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

austauschs.620 Der Abmahnende handle allein aus eigenem Interesse, da er  durch die Abmahnung zum einen seine bestehenden Rechte schütze und zum anderen das nach § 93 ZPO gegebene Kostenrisiko ausschließen wolle.621 Die Entschädigung werde vom Abge­mahnten nicht für eine Vorteilseinräumung gezahlt, sondern allein wegen der von ihm begangenen Verletzung der Rechte des Abmahnenden oder Dritter und des dadurch ein­ getretenen Vermögensschadens.622 Aus der Sicht des Abgemahnten sei die Abmahnung kein Vor-, sondern ein Nachteil, da sie sich für ihn als eine bloße Belastung darstelle.623 Dies gelte insbesondere für solche Handlungen, die der Identifikation des Abgemahnten dienen würden, weshalb jedenfalls der Betrag, der vom Abmahnen­den hierfür aufgewandt werde, von der Argumentation des Bundesfinanzhofs nicht gedeckt sei.624 Darüber hinaus soll nach der Auffassung Hummels auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwi­schen der Vermeidung eines kost­spieligen Prozesses und dem Aufwendungsersatz bestehen, da sich der Ersatzanspruch allein nach dem Streitwert der Abmahnung und nicht nach den drohenden Kosten für weitere Prozesse richte.625 Ebenfalls wird die Auffassung vertreten, dass lediglich eine erfolgreiche Abmahnung eine umsatzsteuerliche Leistung zu begründen vermöge, da es nur durch den Erfolg zur Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils komme.626

3. Stellungnahme Die in der Literatur und der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zeigen, dass sich die Problematik, die bei der Bestimmung des Leistungsaustauschs im Zusammenhang mit der Erbringung einer Abmahnung besteht, 620 Brill, DStZ 2017, 392, 393; Hummel, UR 2017, 901; Klute, NJW 2017, 1648, 1650; Radeisen, Stbg 2018, 494, 501; Streit/Rust, DStR 2018, 1321, 1322; Dornbusch, SAM 2019, 212, 215; Streit/Dachauer, GRUR-Prax 2019, 301, 302; Oelmaier, MwStR 2019, 635; Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 856; Nücken, NJW 2019, 1840; Weymüller, ­jurisPR-SteuerR 30/2019, Anm. 5; Pull/Streit, MwStR 2018, 108, 114; Probst, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rn. 35.2. 621 Hummel, UR 2017, 901, 903. 622 Brill, DStZ 2017, 392, 393; Radeisen, Stbg 2018, 494, 501; Hummel, UR 2017, 901, 905; Streit/Rust, DStR 2018, 1321, 1322; Dornbusch, SAM 2019, 212, 215. 623 Dornbusch, SAM 2019, 212, 215; Streit/Dachauer, GRUR-Prax 2019, 301, 302; Weymüller, ­jurisPR-SteuerR 30/2019, Anm. 5. 624 Oelmaier, MwStR 2019, 635. 625 Hummel, UR 2017, 901, 907. 626 Streit/Worm, IPRB 2021, 47, 49.

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G.  Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte

nicht auf ein einzelnes Tatbestandsmerkmal zurückführen lässt. So ist zum einen nicht zweifelsfrei, ob dem Abgemahnten durch die Abmahnung ein verbrauchbarer Vorteil verschafft wird. Zum anderen besteht auch Uneinigkeit dahingehend, ob bei Bejahung einer durch den Abmahnenden erbrachten Leistung diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem vom Abgemahnten zu zahlenden Aufwendungsersatz steht. Das liegt unter anderem daran, dass sich nicht ein­deutig ergibt, ob die Zahlung für die abmahnende Tätigkeit oder vielmehr zum Ausgleich eines dem Abmahnenden entstandenen Schadens gezahlt wird. Die Diskussion wird nicht weniger komplex durch die ebenfalls zum Teil umstrittene Auffassung des Bundesgerichtshofs627, dass es sich bei der Vornahme der Abmahnung zivilrechtlich betrachtet um eine Geschäftsführung ohne Auftrag handle. Letzteres muss in diesem Zusammenhang aber nicht untersucht werden, da es sich um eine rein zivilrechtliche Kategorisierung handelt, die für die Beantwortung der umsatzsteuerrechtlichen Frage danach, ob ein Leistungsaustausch vorliegt, irrelevant ist.628 Das Steuerrecht knüpft zwar an die zivilrechtlichen Gegebenheiten an, die steuerrechtliche Beurteilung ist jedoch vollkommen selbständig und losgelöst von dem zivilrechtlichen Verständnis. Insoweit können selbst bei unterstellter Richtigkeit der Einordnung der Abmahnung als Geschäftsführung ohne Auftrag keine weiteren steuerrechtlichen Erkenntnisse hieraus gezogen werden. Dass der Bundesfinanzhof seine Argumentation zu einem großen Teil darauf stützt, dass eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliege und deshalb eine Umsatzsteuerbarkeit zu bejahen sei, kann des­halb nicht überzeu­gen. Unbeachtlich ist aus diesem Grund auch, ob der Abmahnende im eigenen oder im fremden Interesse handelt, da es sich um reine Motivfragen handelt, die für die Umsatzbesteuerung jedoch keine Rolle spielen. Es ist unabhängig von dem zivilrechtlichen Verständnis zu untersuchen, ob die Zahlung der abmahnungsbedingten Aufwandsentschädigung die allgemeinen Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG erfüllt. Zunächst ist deshalb zu prüfen, ob der Unternehmer dem Abgemahnten durch die Vornahme der Abmahnung einen verbrauchbaren Vorteil zu­ wendet. Dabei ist unstreitig, dass dieser Vorteil nicht allein darin liegen 627 BGH v. 15.10.1969 – I ZR 3/68, NJW 1970, 243; v. 20.12.1994 – X ZR 56/93, GRUR 1995, 338; v. 21.01.2010 – I ZR 47/09, NJW 2010, 1208; v. 18.11.2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617; v. 09.11.2011 – I ZR 150/09, GRUR 2012, 304. A.A. Bärenfänger, GRUR 2012, 461. 628 So auch Weymüller, ­jurisPR-SteuerR 30/2019, Anm. 5.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

kann, dass dem Abgemahnten durch die Abmahnung eine erhöhte Zah­ lungslast erspart wird. Der Charakter der Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer zeigt, dass die bloße Erlangung von Geld keinen für das Vorliegen einer Leistung ausreichenden Vorteil darstellen kann, da dieses einem Verbrauch nicht zugänglich ist.629 Gleiches muss daher im Umkehrschluss für die Ersparnis von Geldaufwendungen gelten. Darüber hinaus scheidet ebenso die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils in Form der Ver­ meidung eines potenziellen Rechtsstreits aus. Einen solchen Vorteil sah der Bundesfinanzhof für die Begründung eines Leistungsaustauschs auch im Zusammenhang mit der Eingehung von Aufhebungsverträgen630 und bei dem Verzicht auf einzelne, dem Unternehmer zustehende Rechte631 als ausrei­chend an. Dem ist in dieser Weise jedoch nicht zuzustimmen. Die bloße Einstellung einer Rechtsverfolgung reicht für sich genommen nicht aus, um die Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils zu begründen. Für die Beurteilung des Vorliegens eines Leistungsaustauschs kommt es nicht allein auf die Ersparnis eines Rechtsstreits an, sondern auf den Vorteil, den der Empfänger tatsächlich erlangt. Liegt dieser allein in dem Wegfall einer weitergehenden Zahlungsverpflichtung, fehlt spiegelbildlich zum Fall der Geldzuwendung die Verschaffung eines ver­brauchba­ren Vorteils. Deshalb ist eine über die Ersparnis eines Rechts­streits hinausgehender Vor­teil für die Annahme einer umsatzsteuerli­chen Leistung erforderlich.632 Ein solcher weitergehender Vorteil ist in den Fällen der Abmahnung jedoch nicht gegeben. Aus den gleichen Gründen kann daher auch die bloße Verschaffung der Möglichkeit der Vermeidung eines Rechtsstreits nicht als verbrauchbarer Vorteil angesehen werden. Dass dem Bundesfinanzhof die bloße Möglichkeit als verbrauchbarer Vorteil für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Leistung genügt, zeigt sich daran, dass seiner Auffassung nach eine umsatzsteuerliche Leistung auch gegeben sein soll, wenn die Abmahnung nicht erfolgreich ist. Die erfolglose Abmahnung zeichnet sich dadurch aus, dass der Abgemahnte die Rechtsverletzung trotz der Abmahnung nicht unter­lässt. Dem Abmahnenden wird in diesen Situationen nichts anderes übrigbleiben, als einen Rechtsstreit im Mahn- oder Klageverfahren herbeizuführen. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits kommt es in diesen Fällen daher nicht. Den629 Vgl. 2. Kapitel, A. II. 630 Vgl. 3. Kapitel, E. V. 2. 631 Vgl. 3. Kapitel, F. II. 2. 632 Vgl. 3. Kapitel, E. V. 3.

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G.  Entschädigungen bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte

noch nimmt der Bundesfinanzhof hier eine umsatzsteuerliche Leistung an. Die bloße Verschaffung der Möglichkeit einen Rechtsstreit zu vermeiden, stellt jedoch ein Minus zur tatsächlichen Vermeidung dar, weshalb hier keine anderweitige Bewertung vorgenommen werden kann. Zwar besteht für den Abgemahnten ein gewisser Spielraum, weil er darüber entscheiden kann, ob er der Abmahnung Folge leistet und die Rechtsbeeinträchtigung einstellt oder nicht, letztlich wird ihm aber auch hierdurch lediglich die Möglichkeit verschafft, darüber zu entscheiden, ob er sich eine erhöhte ­Zahlungslast ersparen will. Das Treffen dieser Entscheidung kann deshalb keinen Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstellen. Eine anderweitige Beurteilung würde, wie es unter anderem vom Landgericht Heidelberg633 richtigerweise angeführt wird, zu einer Ausuferung der Umsatzbesteuerung führen, denn es besteht eine große Zahl von Rechtsinstituten, die den potenziellen Leistungsempfänger in die Lage versetzen, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Dazu zählen unter anderem die Mahnung634, der Vergleich und die Klage­rücknahme635. Die Argumentation des Bundesfinanzhofs würde dazu führen, dass in allen diesen Fällen ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zu bejahen wäre. Die Ablehnung der Übertragung eines verbrauchbaren Vorteils gilt unabhängig davon, welche Art von gewerblichem Schutzrecht verletzt wurde, denn der Rechtsgrund für die Aufwandsentschädigung ist in allen Konstellationen gleich. Der Abgemahnte begeht eine Rechtsverletzung, die der Abmahnende aus der Welt schaffen will, weshalb er die Abmahnung ausspricht. Unabhängig davon, ob es sich um die Ver­letzung eines Marken-, eines Patent- oder eines sonstigen vergleichbaren Schutzrechts handelt, kommen keine weiteren über die vorliegend aufgeführten und beurteilten Möglichkeiten der Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils mehr in Betracht. Die Beurteilung von Abmahnungen und hierfür gezahlten Aufwandsentschädigungen kann einheitlich vorgenommen werden, da sich insoweit keine Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Beurteilung in Bezug auf die Art des verletzten Schutzrechts ergeben.636 633 LG Heidelberg v. 28.08.2019 – 12 O 25/19 KfH, BeckRS 2019, 27350. 634 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. II. 3. 635 Vgl. dazu 3. Kapitel, F. II. 3. 636 Vgl. Klute, NJW 2017, 1648, 1649 f.; Omsels, j­urisPR-WettbR 6/2017, Anm. 1; Dornbusch, SAM 2019, 212, 215; Pustovalov/Johnen, WRP 2019, 848, 854; Voges, GRURPrax 2020, 254; Stelzer, IPRB 2021, 243, 244; Stelzer, UR 2021, 812, 815; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 163.2.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

Wenn unterstellt wird, dass die Abmahnung durch den Unternehmer einen verbrauchbaren Vorteil verschafft und damit eine umsatzsteuerliche Leistung darstellt, resultiert daraus im nächsten Schritt die Frage, ob diese Leistung auch im unmittelbaren Zusammenhang mit der gezahlten Entschädigung steht. Meines Erachtens muss dies bejaht werden, da der gezahlte Betrag den Gegenwert der Leistung darstellt. Die Zahlung dient gerade nicht dem Ausgleich eines beim Unternehmer entstandenen Schadens, sondern gilt dessen abmahnende Tätigkeit ab. Sofern Hummel637 davon ausgeht, dass der Abgeltungszu­sammenhang deshalb nicht bestehe, weil sich die Schadenshöhe nach dem Streitwert der Abmahnung und nicht nach den drohenden Kosten für weitere Prozesse richte, kann dem nicht gefolgt werden. Auch wenn der verbrauchbare Vorteil vom Bundesfi­nanzhof zwar in der Verschaffung der Möglichkeit, einen Rechts­streit zu vermeiden, gesehen wird, bleibt es im Grundsatz dabei, dass die Leistung selbst in der Abmahntätigkeit liegt. Der Gegenwert dieser Abmahnleistung bemisst sich richtigerweise an dem Streitwert der durchgeführten Abmahnung. Das Entgelt wird daher durch die Leistung bestimmt, weshalb der unmittelbare Zusammenhang zu bejahen wäre, wenn die Abmahnung eine umsatzsteuerliche Leistung darstellen würde.

IV. Ergebnis Es verbleibt damit festzuhalten, dass im Rahmen der Verletzung gewerblicher Schutzrechte ein Leistungsaustausch nicht zustande kommt. Weder die Verletzung des Schutzrechts selbst noch eine auf diese gestützte Abmahnung stellt eine Leis­tung nach umsatzsteuerlichem Verständnis dar. Die Verletzung des Schutzrechts verschafft dem Schädi­ger zwar einen verbrauchbaren Vorteil, jedoch fehlt der notwendige Leistungswille des Rechtsinhabers, da dieser den Vorteil nicht bewusst erbringt. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen der Schaden anhand einer Lizenzanalogie berechnet wird. Bezüglich einer auf die Rechtsverletzung gestützten Abmahnung fehlt hingegen bereits die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils.

637 Hummel, UR 2017, 901, 907.

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H.  Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerungen

H.  Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerungen I.  Darstellung des Problems Kann die im Rahmen eines Bauvertrags festgelegte Bauzeit nicht eingehalten werden, resultiert daraus eine Bauzeitverlängerung. Letztere kann auf verschiedene Gründe zurück­zuführen sein. Stammen diese aus dem Pflichtenkreis des Bestellers, bestehen mehrere potenzi­elle Schadensersatzansprüche, die der Unternehmer gegen ihn geltend machen kann. In Frage kommen Ansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B, § 6 Abs. 6 VOB/B und § 642 BGB. Da diese Ansprüche grundsätzlich neben dem vertraglichen Anspruch des Unter­nehmers auf die Vergütung der Bauleistung treten, ist die Frage zu stellen, ob ihr Bestehen zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt. Hierzu ist zu untersuchen, ob die einzelnen Ansprüche der Abgeltung einer umsatzsteuerlichen Leistung dienen. Auch wenn alle drei Ansprüche dem Grunde nach aus einer Bauzeitverzögerung resultieren, knüpfen sie teilweise an unterschiedliche Voraussetzungen an. Gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B kann der Unterneh­mer eine zusätzliche Vergütung verlangen, wenn ihm aufgrund von Änderungen im Bauentwurf oder anderer Zusatzanordnungen, die durch den Besteller veranlasst sind, Mehrkosten entstehen. Führen hindernde Umstände zu einer Unterbrechung der Bauausführung und hat der Besteller diese Umstände zu vertreten, erlangt der Unternehmer nach §  6 Abs. 6 VOB/B einen Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens sowie des entgangenen Gewinns. Unterlässt es der Besteller, Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, die für die Leistungsausführung des Unternehmers erforderlich sind, kann der Unternehmer gemäß §  642 BGB einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Annahmeverzug gerät und dem Unternehmer hierdurch Mehrkosten entstehen.

II.  Streitstand in Rechtsprechung und Literatur Mit der Problematik einer Bauzeitverzögerung und damit einhergehenden Entschädigungszahlungen befasste sich der Bundesgerichtshof im Jahr 2008.638 Nach den im Streitfall zugrunde liegenden Vertragsregelungen war der Unternehmer zur Erbringung verschiedener Werkleis­tungen in Form 638 BGH v.  24.01.2008  – VII ZR 280/05, NJW 2008, 1523.  Dem folgend KG v. 10.01.2017 – 21 U 14/16, BauR 2017, 1204.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

von Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärleistungen ver­pflichtet. Der vereinbarte Termin zur Abnahme konnte jedoch aufgrund verschiedener, durch den Besteller veranlasster Nachträge nicht eingehalten werden. Der Unternehmer machte infolgedessen wegen der ihm entstandenen Mehrkosten Ansprüche wegen Bauzeitverlängerung geltend. Problematisch war zum einen die Frage, auf welche Anspruchsgrundlage der Unternehmer seine Nachforderung stützen könne, und zum anderen, ob die Zahlung zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs richte sich die Beantwortung der Frage, ob eine Zahlung wegen einer Bauzeitverlängerung einen Leistungsaustausch begründe, nach der Anspruchsgrundlage, auf der die Zahlungsverpflichtung beruhe. Grund dafür sei, dass zwar die Ansprüche gemäß § 642 BGB und § 2 Abs. 5 VOB/B in unmittelbarem Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung stünden, bei einem Schadensersatz­ anspruch, der auf § 6 Abs. 6 VOB/B gestützt werde, sei dies hingegen nicht der Fall. Die Zahlung nach § 2 Abs. 5 VOB/B stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers, da die zu entrichtende Vergütung aufgrund der Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Bestellers erhöht werde. Einer Zahlung gemäß § 642 BGB stehe eine Leistung des Unternehmers derart gegenüber, dass dieser für den Besteller Kapital und Arbeitskraft bereithalte. Bestätigt sieht sich der Bundesgerichtshof dadurch, dass sich die Höhe der Zahlung nach der Höhe der vereinbarten Vergütung und nicht nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB richte. Anders sei die Beurteilung jedoch bei Ansprüchen nach § 6 Abs. 6 VOB/B. Die den Anspruch begründenden Vorgänge würden nicht zu einer Änderung des Werks führen, weshalb auch die Vergütung unverändert bliebe. Der Anspruch diene deshalb dem Ausgleich eines beim Unternehmer eingetretenen Vermögensschadens, der sich aus der vom Besteller zu vertretenden Behinderung ergebe. Dafür spreche ferner, dass die Höhe des Anspruchs nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB berechnet werde. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs wird zu einem großen Teil auch in der Literatur vertreten.639 Vereinzelt ist aber Kritik ausgeübt worden. So wird 639 Hochstadt/Matten, BauR 2003, 626, 632; Nieskoven, GStB 2008, 425, 426 f.; Reinelt, ­jurisPR-BGHZivilR 7/2008, Anm. 2; Müller, LMK 2008, 259363; Sterzinger, NZBau 2010, 10, 13; Hänsel/Schmidt, NJW-Spezial  2010, 556, 557; Friedrich-Vache, Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 261 unter „Bauzeitver­längerung“; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Werkvertrag“; Döring, Ingenstau/Korbion, VOB Teil A und B, § 6 Abs. 6 VOB/B, Rn. 45 f.

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H.  Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerungen

darauf hingewiesen, dass Fallkonstellationen mög­lich seien, in denen dasselbe Verhalten sowohl einen Anspruch gemäß § 642 BGB als auch einen solchen nach § 6 Abs. 6 VOB/B auslösen könne.640 Die durch den Besteller herbeigeführte Verzögerung des Baufortschritts stelle regelmäßig nicht nur eine Pflichtverletzung nach § 6 Abs. 6 VOB/B, sondern auch einen Annahmeverzug im Sinne des § 642 BGB dar. Daraus folge, dass ein Großteil dieser Sachverhalte von beiden Normen erfasst werde. Bei einer unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Beurteilung der Ansprüche würden sich deshalb Wertungswidersprüche ergeben. Darüber hinaus läge es in diesen Gestaltungen durch die Wahl der Anspruchsgrundlage in der Hand des Unternehmers, ob es zur Umsatzbesteuerung komme. Hummel und Hürter schlagen daher zur Umgehung von Widersprüchen vor, auch den Anspruch nach §  642  BGB dahingehend zu beurteilen, dass er nicht zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führe.641 Es fehle insoweit auch in den Fällen des Annahmeverzugs der unmittelbare Zusammenhang mit einer umsatzsteuerlichen Leistung, denn der Besteller zahle nicht für das Bereitstellen von Kapazitäten, sondern nach wie vor für den Erhalt der vereinbarten Werkleistung. Der Unternehmer hingegen stelle nicht zielgerichtet seine Ressourcen bereit, um die Ver­gütung zu erhalten. Die Leistungsbereitschaft des Unternehmers in Gestalt der Bereitstellung seiner Ressourcen werde daher gerade nicht zum Gegenstand des Austauschverhältnisses. Die Zahlung gemäß §  642 BGB gleiche stattdessen den dem Unternehmer durch die absprachewidrige Verzögerung entstandenen Schaden aus. Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, dass der Wertungswiderspruch dadurch aufzulösen sei, dass sowohl eine auf § 642 BGB als auch eine auf § 6 Abs. 6 VOB/B gestützte Zahlung der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen sei.642

III. Stellungnahme Ohne Zweifel führt eine Zahlung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, denn durch die Änderung im Bauentwurf oder eine zusätzliche Anordnung des Bestellers wird die vertragsmäßig zu erbringende Bauleistung nachträglich geändert. Soweit der Unternehmer 640 Hummel/Hürter, NZBau 2008, 304, 305 f.; Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergü­tung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Rn. 1497. 641 Hummel/Hürter, NZBau 2008, 304, 307. 642 Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Rn. 1497.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

sich an diese Änderungen hält, erlangt der Besteller einen verbrauchbaren Vorteil, denn er erhält mit der Abnahme die Verfügungsmacht an der neubestimmten Bauleistung, die für ihn insofern ein Mehrwert im Vergleich zu der ursprünglich vereinbarten Werkleistung darstellt. Die zusätzliche Zahlung, die der Besteller zu erbringen hat, wird für diese geänderte Leistung aufgebracht und gilt sie somit ab. Der ursprüngliche Vergütungsanspruch sowie die zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B werden damit gemeinsam für den neu bestimmten Leistungsgegenstand erbracht und stellen daher ihren Gegenwert dar. Das Entgelt wird in diesen Fällen durch den neuen Leistungsgegenstand bestimmt, weshalb die Zahlung gemäß §  2 Abs. 5 VOB/B zwangsläufig zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage führt. Weniger eindeutig ist hingegen die Beurteilung von Ansprüchen gemäß § 642 BGB und § 6 Abs. 6 VOB/B dar. Besonders interessant ist die Frage der Steuerbarkeit eines Anspruchs nach § 642 BGB, weil dessen Begründung an das Vorliegen eines Annahmeverzugs geknüpft ist. Bereits an verschiedenen Stellen hat sich herausgestellt, dass das Vorliegen eines Annahmeverzugs zur Begründung eines Leistungs­austauschs führen kann643, was zunächst die Schlussfolgerung nahelegt, dass auch im Zusammenhang mit einem Anspruch gemäß § 642 BGB von einer Umsatzsteuerbarkeit auszugehen sein könnte. Da jedoch ein gravierender Unterschied zu den bisher besprochenen Fällen besteht, muss die Steuerbarkeit trotz des Vorliegens eines Annahmeverzugs abgelehnt werden. In den bisher untersuchten Fällen kam es zur Erbringung der nach zivilrechtlichen Maßstäben geschuldeten Hauptleistung nicht mehr, weil diese nicht nachholbar war oder der Empfän­ger die Leistung nicht angenommen hatte, der Anspruch auf die Vergütung aber erhalten geblieben ist. Dort war die Frage zu klären, ob bereits durch das Anbieten der Leistung ein verbrauchbarer Vorteil an den Gläubiger übertragen worden ist. Diese war zu bejahen, da dem Leistungsempfänger dadurch schon die Möglichkeit zuteilgeworden ist, über die geschuldete Leistung zu verfügen. Die vertraglich geschuldete Vergütung stellte das im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Leistung stehende Entgelt dar. In den Fällen des § 642 BGB liegt der Unterschied zu den anderen Konstellationen des Annahmeverzugs darin begründet, dass der Anspruch des Bestellers auf die Erbringung der Bauleistung weiterhin bestehen bleibt. Durch deren Abnahme erhält er einen verbrauchbaren Vorteil, weil er die Verfü643 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 5. b) bb) und E. II. 3.

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H.  Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerungen

gungsmacht an dem gefertigten Werk erlangt. Durch die Zahlung der vereinbarten Vergütung wird die Herstellung des Werks vollständig abgegolten, da sie deren Gegenwert darstellt. Ein Anspruch gemäß § 642 BGB tritt vollständig neben diesen Zahlungsanspruch. Anders als die vereinbarte Vergütung gilt er nicht die durch den Unternehmer zu erbringende Hauptleistung ab. Die auf § 642 BGB gestützte Zahlung beruht daher nicht auf der Wertschätzung des Leistungsempfängers für die erbrachte Leistung. Sie gleicht lediglich den Schaden aus, der dem Unternehmer dadurch entstanden ist, dass es aus vom Unternehmer zu vertretenden Gründen zur Verlängerung der Bauzeit gekommen ist. Es handelt sich deshalb um den Ausgleich eines Verzögerungsschadens.644 Ein Abgeltungszusammenhang zwischen der Werkleistung und einer Zahlung nach § 642 BGB besteht daher nicht. Daneben liegt entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs645 auch keine Leistung in Form einer Leistungsbereitschaft vor. Die Leistungsbereitschaft stellt grundsätzlich nur eine umsatzsteuerliche Leistung dar, wenn sie explizit nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen zum Gegenstand des Vertrags geworden ist, sodass die hierfür geschuldete Vergütung auch dann anfällt, wenn die Leistung tat­sächlich nicht abgerufen wird.646 Ein solcher Fall ist im Rahmen eines Anspruchs nach § 642 BGB jedoch nicht gegeben, weil die vertraglich geschuldete Leistung nicht in der Bereithaltung von Kapazitäten zum Abruf, sondern in der Herstellung eines Werks liegt. Es liegt stattdessen die reine Bereitschaft zur Vertragserfüllung vor, die für sich genommen aber noch keine umsatzsteuerliche Leistung darstellt.647 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Höhe des Anspruchs nicht nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB bestimmt wird. Die Anwendbarkeit der §§ 249 ff. BGB lässt lediglich einen Rückschluss auf die zivilrechtliche Einordnung des Anspruchs zu, die für die umsatzsteuerliche Betrachtung aber ohne Bedeutung ist. Nicht nachvollziehbar ist daher die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Differenzierung in Bezug auf 644 Vgl. dazu 3. Kapitel, A. II. 3. 645 BGH v. 24.01.2008 – VII ZR 280/05, NJW 2008, 1523. 646 Vgl. RFH v.  21.11.1940  – V 346/39, RStBl. 1941, 132; EuGH v.  27.03.2014  – C-151/13, HFR 2014, 458; v.  03.09.2015  – C-463/14, ­ DStRE 2016, 176; BFH v. 27.08.1970 – V R 159/66, ­BStBl. II 1971, 6; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/‌Langer, UStG, § 1, Rn. 79; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatz­steuer, § 1, Rn. 42; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 417; Stadie, UStG, § 1, Rn. 15. 647 Vgl. Posegga, DStR 2011, 650, 653; Nieskens, EU-UStB 2015, 80, 81; Oelmaier, Sölch/ Ringleb, UStG, § 1, Rn. 6; Meyer, Offerhaus/Söhn/Lange, Um­satzsteuer, § 1, Rn. 42; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 84.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

die Steuerbarkeit danach, ob die §§ 249 ff. BGB auf die zu zahlende Entschädigung anwendbar sind. Hierdurch wird fälschlicherweise die zivilrechtliche Be­urteilung zur Grundlage für die Beantwortung der Frage nach der Umsatzsteuerbarkeit gemacht. Aus den gleichen Gründen ist auch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage bei der Geltendmachung eines Anspruchs nach § 6 Abs. 6 VOB/B abzulehnen. Die verspätet erbrachte Werkleistung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem vertraglich geschuldeten Werklohn. Dieser stellt ihren Gegenwert dar und dient deshalb deren vollständiger Abgeltung. Ein Abgeltungszusammenhang zwischen der gemäß §  6 Abs.  6 VOB/B neben den Werklohn tretenden Zahlung und der Leistung des Unternehmers kann daher nicht bestehen. Die Ersatzzahlung wird nicht durch die erbrachte Leistung bestimmt. Sie dient lediglich dem Ausgleich eines beim Unternehmer eingetretenen Vermö­gensschadens, der aus der Behinderung der Fertigstellung des Werks durch den Besteller resultiert.

I. Sicherheitsleistungen I.  Darstellung des Problems Im Rahmen des Abschlusses von Verträgen bestehen mehrere Möglichkeiten in Form von Sicherheiten, mit denen die Parteien ihre vertraglichen Ansprüche absichern können. Kommt es zu dem Fall, dass die Ansprüche nicht wie ursprünglich geplant erfüllt werden, kann der durch die Sicherheit Berechtigte auf diese zurückgreifen. Der Rückgriff auf das Sicherungsmittel kann zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Umsatzsteuerbarkeit führen. Die Liste möglicher Sicherheiten ist lang. Da sich die Sicherungsmittel aber sowohl in ihrer Funktion als auch in den anspruchsbegründenden Umständen ähneln, resultiert daraus eine grundsätzlich gleiche Beurteilung. Zur Veranschaulichung sollen an dieser Stelle die in dem Zusammenhang relevantesten Fallgestaltungen untersucht werden. Dabei handelt es sich um die Versicherungs- und die Garantieleis­tungen, weil diese eine große Relevanz in der Praxis aufweisen, während sich deren umsatzsteuerliche Beurteilung nicht immer als eindeutig erwiesen hat.

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I. Sicherheitsleistungen

II. Versicherungen Im Rahmen eines Versicherungsvertrags im Sinne des § 1 VVG verpflichtet sich der leistende Unternehmer dazu, bestimmte Schäden, die dem Leistungsempfänger entstehen, auszugleichen. Die Zahlung des Versicherungsnehmers, um in den Genuss des Versicherungsschutzes zu kommen, wird als Versicherungsprämie bezeichnet. Der Be­trag, den der Unternehmer zum Ausgleich des Schadens an den Leistungsempfänger zahlt, ist die Versicherungsleistung. Bezüglich der Zahlung einer Versicherungsprämie liegt zweifelsfrei ein Leistungsaustausch vor. Der durch den Unternehmer gewährte Versi­cherungsschutz stellt eine umsatzsteuerliche Leistung dar, die im unmittelbaren Zusam­menhang mit dem hierfür entrichteten Entgelt steht.648 § 4 Nr. 10 UStG bestimmt jedoch, dass diese Umsätze grundsätzlich steuerfrei sind.649 Etwas anderes gilt hingegen für die Auszahlung der Versicherungsleistung. Mangels der Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Versicherungsgebers durch den Versicherungsnehmer steht dieser keine umsatzsteuerliche Leistung gegenüber.650 Die Zahlung des Versicherungsbetrags stellt lediglich die Erfüllung der vom Versicherungsgeber bereits zuvor übernommenen Verpflichtung dar. Zum Vorliegen eines Leistungsaustauschs führt sie daher nicht. Mit derselben Ursache begründen auch andere Formen als die übliche Haftpflichtversicherung, wie die Warenkredit-651 oder eine Transportversicherung652, grundsätzlich keinen Leistungsaustausch. Eine anderweitige Beurteilung kann sich nur ausnahmsweise im Verhältnis zu einem von dem Versicherungsvertrag unabhängigen Dritten ergeben. Ein solcher Fall ist zum Beispiel bei einer Versicherung des Transportrisi­kos durch den Käufer zur Abdeckung der eigenen Kaufpreisschuld gegenüber dem Lieferanten gegeben.653 Entscheidend ist, dass durch die Versicherung eine Geldschuld ab648 Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Versicherungsleistungen“. 649 Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 868. 650 Vgl. Birkenfeld, DAR 1992, 331, 332; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Versicherungsleistungen“; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Versicherungsleistungen“; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 869. 651 Vgl. Forster, UStB 2001, 320; Janzen, Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuer­recht, § 1 UStG, Rn. 102; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 275 unter „Versicherungs­leistungen“; Leicht, Beck’sches Steuer- und Bilanz­rechtslexikon, Schadensersatz, Rn. 4; Abschn. 1.3 Abs. 7 UStAE. 652 Schön, StuW 1986, 385, 390; Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S. 152. 653 Vgl. Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Versicherungsleistungen“; OFD Bremen v. 05.04.1984 – S 7100 – St 2100, BeckVerw 052472.

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gesichert wird.654 Wird die Geldzahlung durch die Versicherung abgedeckt und zahlt der Versiche­rungsgeber an den Geschädigten, bleibt der unmittelbare Zusammen­hang erhalten.655 Die Versicherungsleistung tritt an die Stelle der Geldschuld und dient damit der Abgeltung der Vertragsleistung. Die Versicherungsleistung wird in diesen Fällen durch die Vertragsleis­tung bestimmt. Voraussetzung ist deshalb lediglich, dass die Vertragsleistung tatsächlich an den Leistungsempfänger erbracht worden ist. Ob die Zahlung von dem Leistungsempfän­ger oder dem Versicherungsgeber vorgenommen wird, spielt gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UStG keine Rolle. Vergleichbar ist dieser Fall auch mit anderen Sicherungsmitteln wie beispielsweise der Bürgschaft im Sinne von §  765 BGB. Erbringt der Unternehmer seine Leistung ordnungsgemäß, ist der Leistungsempfänger aber nicht in der Lage, das Entgelt zu erbringen, kommt es zum Sicherungsfall, sodass der Bürge anstelle des Leistungsempfängers den Zahlungsanspruch zu erfüllen hat.656 Auch in dieser Situation kommt ein Leistungsaustausch zustande, weil der Bürge mit der Zahlung an den Unternehmer die von diesem erbrachte Leistung abgilt. Dass das Entgelt von dritter Seite kommt, macht auch in diesem Fall keinen Unterschied. Meier657 vertritt die Ansicht, dass es jedoch zu einem Leistungsaustausch komme, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherungsgeber den beschädigten Gegenstand im Gegenzug für die Zahlung der Versicherungsleistung überlasse. Der Sachverhalt sei in zwei getrennt voneinander zu betrachtende Vorgänge aufzuspalten. Die Überlassung des Gegenstands sei unabhängig von dem Wertausgleich zu betrachten. In der Überlassung liege ein Kaufvertrag, wobei der Kaufpreis dem Wert des Gegenstands entspreche. Dieser Betrag stelle das im unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung des Gegenstands stehende Entgelt dar und führe daher zur Begründung eines Leistungsaustauschs. Die darüberhinausgehende Zahlung stelle hingegen die nicht steuerbare Versicherungsleistung dar. Daneben wird in der Literatur ebenfalls die Ansicht vertreten, dass ein Leistungsaustausch auch bei der Überlassung des beschädigten Gegenstands verneint 654 Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, S.  153  f.; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 870. 655 Vgl. FG Münster v. 19.09.2002 – 5 K 6472/01, BeckRS 2002, 26015979; Pump, UStB 2003, 386, 388. 656 Vgl. Staudinger, NomosHK, BGB, § 765, Rn. 6; Stadler, Jauernig, BGB, § 765, Rn. 1. 657 Meier, UR 1986, 164; so wohl auch Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 267.

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werden müsse, da diese nicht mit einer Veräußerung an einen Dritten vergleichbar sei.658 Die Zahlung der Versicherungsleistung könne nicht aufgespalten werden, sondern müsse einheitlich betrachtet werden.659 Bei der Überlassung des be­schädigten Gegenstands handle es sich lediglich um eine Schadensmodalität.660 Vorzugswürdig erscheint die Auffassung Meiers. Überlässt der Versicherungsnehmer den beschädigten Gegenstand dem Versicherungsgeber, ist hierin eine umsatzsteuerliche Leistung zu sehen. Bei der Überlassung handelt es sich um ein auf einem Leistungswillen beruhendes Verhalten des Versicherungsnehmers, da dieser bewusst und freiwillig agiert. Das gilt auch, wenn er aufgrund des individuellen Versicherungsvertrags, der zwischen ihm und dem Versicherungsgeber be­steht, vertraglich zu der Überlassung verpflichtet ist, da er jedenfalls den Vertrag in Kenntnis dieses Umstands freiwillig abgeschlossen hat. Der Versicherungsgeber erlangt darüber hinaus einen verbrauchbaren Vorteil in Form des Eigentums an dem beschädigten Gegenstand. Zu dieser Eigentumsübertragung steht der Betrag, der dem Wert des beschädigten Gegenstands entspricht, in einem unmittelbaren Zusammenhang. Unter normalen Umständen hat der Versicherungsgeber lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand, das heißt den Wiederbe­schaffungswert abzüglich des Restwerts, zu erstatten.661 Überlässt der Versicherungsnehmer dem Versicherungsgeber den beschädigten Gegenstand, entfällt auch der Abzug des Restwerts. Der vom Versicherungsgeber ausgezahlte Restwert dient daher der Abgeltung der Eigentumsübertragung. Der Betrag, um den sich die Versicherungsleistung infolge der Überlassung des beschädigten Gegenstands erhöht, wird durch diese bestimmt. Ein Leistungsaustausch liegt deshalb vor. Eine anderweitige Beurteilung ergibt sich auch nicht, wenn der Restwertbetrag und der Schadensausgleich im Rahmen eines Gesamtbetrags gezahlt werden. Ein allgemeiner Grundsatz, der lediglich eine einheitliche Beurteilung eines gezahlten Betrags zulassen würde, besteht nicht. Dass auch eine Zahlung, die lediglich auf eine einzige Anspruchsgrundlage zurückzuführen ist, zu einem Teil der Abgeltung einer umsatzsteuerlichen 658 Vgl. Klenk, DVR 1987, 94, 95; Schlegelmilch, BB 1987, 1656; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Versi­che­rungsleistungen“. 659 Schlegelmilch, BB 1987, 1656. 660 Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Versicherungsleistungen“. 661 Vgl. BGH v.  15.06.2010  – VI ZR 232/09, NJW 2010, 2724; Teichmann, Jauernig, BGB, § 249, Rn. 11.

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Leistung und zu einem anderen Teil dem Schadensausgleich dienen kann, wird zudem am Beispiel einer auf § 648 S. 2 BGB gestützten Vergütungsforderung wegen der Kündigung eines Werkvertrags deutlich.662

III. Garantien 1. Überblick Garantien treten überwiegend im Zusammenhang mit Kaufverträgen auf. Gemäß § 443 Abs. 1 BGB wird unter einer Garantie eine über die normale Gewährleistungsverpflichtung hinausgehende Haftung des Verkäufers oder des Herstellers für eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufgegenstands verstanden. Wird die im Rahmen der Garantie vereinbarte Beschaffenheit nicht erreicht, tritt der Garantiefall ein. Dieser hat zur Folge, dass die entsprechenden Fehler vom Garantiegeber zu beseitigen sind. Im umgangssprachlichen Gebrauch wird der Garantiebegriff zum Teil als Synonym für die Gewährleistung gebraucht. Gewährleis­tung und Garantie sind jedoch strikt von­ einander zu unterscheiden. Erstere gewährt dem Käufer unter anderem Ansprüche auf Schadensbeseitigung, sofern der Kaufgegenstand im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war. Bezüglich der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Gewährleistung kann auf die Ausführungen zum Schadensersatz statt der Leistung bei Schlechtleistung verwiesen werden.663 Ansprüche auf Schadensbeseitigung aufgrund einer eigenständigen Garantiezusage beruhen hingegen auf dem Versprechen, dass der Kaufgegenstand in der Garantiezeit die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen wird. Die Garantieleistung kann in Form einer Sach- oder einer Geldleistung erbracht werden. Beide Ansprüche resultieren aus unter­schiedlichen Rechtsgrund­ lagen. Während die Gewährleistungsansprüche unmittelbar aus dem Kaufvertrag entstammen, sind die Garantieansprüche auf den daneben abgeschlossenen Garantievertrag zurückzuführen. Daher sind der Kauf- und der Garantievertrag umsatzsteuerlich für die Bestimmung des Leistungsinhalts getrennt voneinander zu betrachten. Garantiezusagen können auf verschiedene Weise vorgenommen werden. Der Verkäufer kann sich zunächst selbst dazu verpflichten, die Garantieleistung gegenüber dem Käufer im Garantiefall zu erbringen (Händlergarantie). Hierbei ist es dem Verkäufer möglich, eine Versicherung abzuschließen, kraft der der Käufer als versicherte Person 662 Vgl. dazu 3. Kapitel, E. IV. 3. 663 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2.

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seine ihm aus der Garantiezusage erwachsenden Ansprüche unmittelbar gegenüber dem Versicherungsgeber geltend machen kann.664 Daneben kann die Garantie auch von einem Dritten übernommen werden. Den häufigsten Fall stellt die Übernahme durch den Hersteller dar (Herstellergarantie). Ähnlich zur Thematik der Versicherungen ist die Umsatzbesteuerung im Zusammenhang mit Garantien. Auch hier ist eine Unterscheidung zwischen der Übernahme der Garantie einerseits sowie dem Schadensausgleich im Garantiefall andererseits vorzunehmen. Die Steuerbarkeit der beiden Fälle ist unabhängig voneinander zu bestimmen. Nach allgemeiner Auffassung handelt es sich bei der Gewährung einer Garantie um eine umsatzsteuer­ bare  Leistung.665 Der verbrauchbare Vorteil besteht wie bei den Versiche­ rungen in der Übernahme der Verpflichtung des Schadensausgleichs beim Eintritt des Sicherungsfalls. Ein Unterschied der Garantie zur herkömmlichen Haftpflichtversicherung liegt darin begründet, dass die Garantie im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft abgeschlossen wird. Die Versicherung dient hingegen dem Schutz vor der abstrakten Gefahr des Eintritts eines noch nicht weiter bestimmten Schadens. Trotz der Tatsache, dass die Garan­tie im Zusammenhang mit einem Hauptvertrag abgeschlossen wird, handelt es sich um eine eigenständige Leistung.666 Die Anwendung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung scheidet daher aus.

2. Ausgangslage Kommt es zum Garantiefall, wird die Garantieleistung im Rahmen einer Händlergarantie in der Regel dadurch erfüllt, dass der Händler den am Kaufgegenstand eingetretenen Schaden selbst behebt. Zu einem Leistungsaustausch kann es in diesen Fällen schon deshalb nicht kommen, weil der Käufer hierfür kein Entgelt erbringt.667 Der Händler handelt einzig aufgrund 664 Möser, MwStR 2019, 280. 665 EuGH v. 19.04.2007 – C-455/05, BFH/NV 2007, 294; BFH v. 10.09.1992 – V R 38/88, BFH/NV 1993, 569; v. 22.10.1992 – V R 53/89, ­BStBl. II 1993, 318; v. 10.02.2010 – XI R 49/07, B ­ StBl. II 2010, 1109; Schilcher, SteuK 2010, 238; Michel, DB 2010, 828; Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 58 unter „Garantie-Leis­tung“. 666 BFH v.  09.10.2002  – V  R 67/01, B ­ StBl.  II 2003, 378; v.  16.01.2003  – V  R 16/02, ­BStBl. II 2003, 445; v. 30.01.2003 – V R 13/02, BFH/NV 2003, 669; v. 14.11.2018 – XI  R 16/17, BFH/NV 2019, 356; Büchter-Hole, EFG 2001, 1325; Schilcher, SteuK 2010, 238. A.A. Holze/Keese, UR 2011, 774, 775. 667 Vgl. Werner/Mihm, StW 1980, 36, 37; Wagner, INF 2003, 369, 370; Kaufmann, UStB 2004, 275, 277; Bausch, DStR 2006, 305, 308; Tehler, UVR 2010, 268, 271; Robisch/

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und zur Erfüllung der bereits zuvor eingegangenen Verpflichtung. Ist es dem Käufer hingegen im Rahmen der Garantievereinbarungen gestattet, einen Dritten mit der Fehlerbehebung zu beauftragen, kann er vom Händler die hierfür notwendigen Kosten ersetzt verlangen. Auch in diesem Fall kommt ein Leistungsaustausch zwischen dem Händler und dem Käufer nicht zustande. Die Zahlung des Händlers stellt keine Leistung dar. Sie ist ebenfalls kein Entgelt für eine Leistung des Käufers, da dieser dem Händler keinen verbrauchbaren Vorteil verschafft. Eine Leistung des Käufers kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass er den Händler anhand der Herbeiführung der Reparatur durch einen Dritten von dessen Garantieleistungspflicht befreit, denn die befreiende Wirkung tritt erst in dem Moment ein, in dem der Händler seinerseits den erforderlichen Betrag an den Käufer erstattet. Der Händler wird mithin durch eine eigene Handlung und nicht durch die Tätigkeit des Käufers von der Verbindlichkeit befreit. Ein Leistungsaustausch kommt jedoch zwischen dem Käufer und dem beauftragten Dritten zustande, denn letzterer verschafft dem Käufer durch die Fehlerbehebung einen verbrauchbaren Vorteil und erhält hierfür von diesem ein in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt.668 Das Verhältnis zwischen dem Händler und dem Käufer lässt die Beziehung zwischen dem Käufer und dem Dritten insoweit unberührt. Gleiches gilt, wenn der Dritte die Zahlung direkt von dem Händler erhält, weil das Entgelt gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UStG nicht zwingend vom Leistungsempfänger selbst, sondern ebenso von einem Dritten erbracht werden kann.669 Dem Händler kann nach der Erfüllung seiner Garantieverpflichtung wiederum ein Regressanspruch in Form eines Schadensersatzanspruchs gegen den Hersteller zustehen. Erfüllt der Hersteller diesen Anspruch, kommt es auch im Verhältnis zwischen dem Händler und dem Hersteller zu keinem Leistungsaustausch.670 Der Händler erbringt keine Leistung an den Hersteller, sondern erfüllt seine eigene, aus dem Garantievertrag resultierende Ver-

Jacobs, UR 2010, 925, 928; Thalheimer, BB 2011, 416, 418; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  858; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §1, Rn.  275 unter „Garantieleistungen“. 668 So auch Bausch, DStR 2006, 305, 308; Thalheimer, BB 2011, 416, 419. 669 Vgl. Kaufmann, UStB 2004, 275, 278; Tehler, UVR 2010, 268, 271; Thalheimer, BB 2011, 416, 418. 670 Vgl. BFH v. 16.07.1964 – V 23/60 U, ­BStBl. III 1964, 516; v. 10.12.1964 – V 126/60, UR 1967, 243.

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pflichtung gegenüber dem Käufer.671 Hat der Händler den Gegenstand direkt vom Hersteller erworben und erweist sich der Fehler als Mangel bei Gefahrübergang, sodass dem Händler ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung wegen Schlechtleistung zusteht, führt dessen Geltendmachung zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage in Bezug auf den bereits zuvor zustande gekommenen Leistungsaustausch.672 Hat der Händler seinerseits eine Versicherung für den Garantiefall abgeschlossen und kann er die von ihm für die Fehlerbehebung beim Käufer aufgewandten Kosten vom Versicherungsgeber ersetzt verlangen, hat diese Konstellation keine Auswirkung auf das Verhältnis zwischen ihm und dem Käufer. Mangels eines durch den Käufer erbrachten Entgelts verbleibt es dabei, dass ein Leistungs­austausch nicht zustande kommt. Anders ist die Situation, wenn der Händler lediglich eine Versicherung zwischen dem Versicherungsgeber und dem Käufer vermittelt. In diesen Fällen kommt es bei der Fehlerbehebung zu einem Leistungsaustausch, denn der Händler erbringt damit eine umsatzsteuerliche Leistung an den Käufer, für die dieser ein Entgelt entrichtet. Dass der Käufer im Nachgang von der Versicherung eine Erstattung erhält, spielt keine Rolle für das Verhältnis zwischen dem Käufer und dem Händler. Daneben kommt es durch die Zahlung der Versicherungs­summe mangels des Vorliegens einer Leistung zu keinem Leistungsaustausch zwischen dem Käufer und dem Versicherungsgeber.673 Auch beim Vorliegen einer Herstellergarantie kommt es zu keinem Leistungsaustausch zwischen dem Käufer und dem Händler oder dem Hersteller durch die Erbringung der Garantieleistung, da der Käufer in diesen Fällen ebenfalls kein Entgelt erbringt. Behebt der Händler den Fehler, kommt es jedoch zu einem Leistungsaustausch zwischen ihm und dem Hersteller.674 Letzterem wird durch die Handlung des Händlers ein verbrauchbarer Vorteil verschafft, da er hierdurch von sei­ner Garantieleistungspflicht befreit wird. Den Betrag, den der Händler hierfür vom Hersteller erhält, stellt ein zu

671 So auch Werner/Mihm, StW 1980, 36, 37; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 335; Klein, Steu+Stud 2010, 209, 215; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, §  1, Rn.  858; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §1, Rn. 275 unter „Garantieleis­tungen“. 672 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2. c). 673 Vgl. 3. Kapitel, I. II. 674 Vgl. Werner/Mihm, StW 1980, 36, 37; Birkenfeld, DAR 1992, 331, 335; Wagner, INF 2003, 369, 370; Kaufmann, UStB 2004, 275, 278; Nieskens, Rau/Dürrwächter, UStG, § 1, Rn. 859; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, §1, Rn. 275 unter „Garantieleistungen“.

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dieser umsatzsteuerlichen Leistung in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Entgelt dar, weil er der Abgeltung der Leistung dient.

3. Mietgarantie a)  Auffassung von Rechtsprechung und Literatur Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich unabhängig davon, um welche Art von Verkaufsgegenstand es sich handelt.675 Eine Art der Garantie, für die jedoch zum Teil eine andere Beurteilung zutreffend sei und mit der sich die Rechtsprechung in der Vergangenheit häufiger befasst hat, stellt die Mietgarantie dar. Letztere kann im Rahmen eines Kaufvertrags über Immobilien zwischen dem Käufer und dem Verkäufer vereinbart werden. Dabei garantiert der Verkäufer der Immobilie dem Käufer für einen bestimmten Zeitraum eine bestimmte Mindestmiete oder eine Erstvermietung an einen geeigneten Erstmieter.676 Kommt es zum Garantiefall, weil die versprochenen Mieterträge nicht erzielt worden sind, hat der Garantiegeber dem Käufer die ausbleibenden Erträge zu ersetzen. Fraglich ist, ob die Erfüllung dieses Ersatzanspruchs zu einer nachträglichen Minderung der Bemessungsgrundlage führt. Dieses Problem besteht daher allein in solchen Fällen, in denen der Verkäufer gleichzeitig der Garantiegeber ist. Wird die Garantie von einem Dritten übernommen und zahlt dieser den Garantiebetrag an den Käufer, kann es zu einer nachträglichen Minderung der Bemessungsgrundlage von vornherein nicht kommen. Da der Kaufpreis vollständig an den Verkäufer erbracht wird, kann die Zahlung eines Dritten nicht als teilweise Kaufpreisrückgewährung bewertet werden. Bereits im Jahr 1988 gelangte der Bundesfinanzhof677 mit knapper Begründung zu dem Ergebnis, dass die Zahlung aus der Mietgarantie in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers stehe. Die Ersatzleistung aus der Mietgarantie knüpfe rein versicherungstechnisch an den Umsatz an. Diese Anknüpfung erfülle den Tatbestand eines Leistungsaustauschs jedoch nicht. Dem folgend, gelangten die Finanzgerichte zunächst zu demselben Ergebnis wie der Bundesfinanzhof.678 Die Zahlung 675 So auch Robisch, Bunjes, UStG, § 1, Rn. 53 unter „Garantieentschädigungen“. 676 Burbulla, NZM 2011, 345. 677 BFH v. 10.02.1988 – X R 16/82, ­BStBl. II 1988, 640. 678 FG Köln v. 02.03.1995 – 2 K 3459/92, EFG 1995, 638; FG Düsseldorf v. 09.10.1996 – 5 K 6934/92 U, EFG 1997, 1270; FG Baden-Württemberg v. 07.11.2006 – 1 K 15/04, EFG 2007, 456; FG Schleswig-Holstein v. 26.11.2008 – 4 K 38/07, EFG 2009, 443.

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des Garantiegebers im Garantiefall diene nach der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg lediglich noch der Erfüllung des Garantievertrags und könne daher keine Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage haben.679 Nach der Ansicht des Finanzgerichts Schleswig-Holstein sei der fehlende unmittelbare Zusammenhang insbesondere damit zu begründen, dass der Kaufpreisanspruch und der Garantieleistungsanspruch auf verschiedenen Gründen beruhen würden.680 Der Anspruch aus der Mietgarantie stehe unabhängig von einem etwaigen kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruch, wodurch eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt werde. In einem weiteren Urteil aus dem Jahr 2010681 entschied der Bundesfinanzhof jedoch anders und kam zu dem Ergebnis, dass die auf einer Mietgarantie beruhende Zahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Unternehmers stehe und daher zu einer nachträglichen Minderung der Bemessungsgrundlage führe. Er begründete diese Sicht vor allem damit, dass die Zahlung den Minderwert der Immobilie ausgleiche, der darauf beruhe, dass die tatsächlich erzielte Miete hinter der vertraglich garantierten Sollmiete zurückgeblieben sei. Aufgrund dieser Zahlung habe der Unternehmer nur noch den entsprechend geminderten Betrag für die erbrachte Leistung aufgewandt. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Grundstückslieferung ergebe sich aus der Abhängigkeit des Kaufpreises von der im Kaufvertrag vereinbarten Garantie für die Höhe der Mieterträge, denn der Wert für Gewerbeimmobilien werde insbesondere anhand der nachhaltig erzielbaren Mieteinkünfte bestimmt. Einen Widerspruch zu seinem Urteil aus dem Jahr 1988 sah der Bundesfinanzhof in dieser Beurteilung nicht. Die Unterscheidung sei gerechtfertigt, da dem älteren Urteil eine entgeltliche Mietgarantie zugrunde gelegen habe, während für die zu beurteilende Mietgarantie kein zusätzliches Entgelt vereinbart und gezahlt worden sei. Der Großteil der Literatur gelangt ebenso wie der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Mietgarantiezahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der vom Unternehmer erbrachten Grundstückslie­ferung stehe und daher zu einer nachträglichen Verringerung der Bemessungsgrundlage

679 FG Baden-Württemberg v. 07.11.2006 – 1 K 15/04, EFG 2007, 456. 680 FG Schleswig-Holstein v. 26.11.2008 – 4 K 38/07, EFG 2009, 443. 681 BFH v. 11.02.2010 – V R 2/09, ­BStBl. II 2010, 765.

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führen könne.682 Für die Abgrenzung sei ausschlaggebend, ob die Zahlung unmittelbar den Minderwert der Leistung ausgleiche oder die Kompensation eines für den Leistungsempfänger nachteiligen Sachverhalts darstelle.683 Daher sei der unmittelbare Zusammenhang zu bejahen, wenn der Grundstückskaufpreis von der Höhe der erzielbaren Mieterträge abhänge und die Beteiligten deshalb bereits beim Vertragsabschluss einen geringeren Kaufpreis vereinbart hätten, wenn sie von den später tatsächlich erzielten niedrigeren Mieten ausgegangen wären.684 Darüber hinaus wird teilweise angeführt, dass es auf den Willen der Parteien ankomme, ob sie mit der Auszahlung der Mietgarantie tatsächlich eine Kaufpreisreduzierung hätten vollziehen wollen oder die Zahlung als eigenständige, unabhängig vom Kaufvertrag einklagbare Verpflichtung zu würdigen sei.685 Lediglich einzelne Vertreter der Literatur lehnen einen unmittelbaren Zusammenhang generell mit der Begründung ab, dass die Mietgarantiezahlung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der erbrachten Grundstückslieferung stehe und lediglich den Ausgleich eines beim Käufer eingetretenen Schadens bezwecke.686 Das Garantieversprechen habe versicherungsähnlichen Charakter und diene der Absicherung des Käufers, weshalb die Mietgarantiezahlung lediglich noch die Erfüllung dieses Versprechens darstelle. b) Stellungnahme Wenn zunächst allein die Ursache betrachtet wird, die die Schadensersatzpflicht aus der Garantievereinbarung auslöst, lässt sich zunächst ei­ne Übereinstimmung mit dem Schadensersatz statt der Leistung wegen einer Schlechtleistung feststellen.687 Beide Ansprüche beruhen auf dem Umstand, dass die vom Unternehmer erbrachte Leistung einer bestimmten Beschaffenheit nicht entspricht. Es liegt daher nahe, der Auffassung des Bundesfinanzhofs zu folgen und beide Situationen gleichwertig und damit als nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage zu beurteilen. Allerdings 682 Hoffmann, StuB 2009, 479, 480; Demleitner, SteuK 2010, 284; Damaschke, StBW 2010, 447, 448; Michel, HFR 2010, 962; Jacobs, NWB 2010, 3873, 3876  f.; Walter/ Mehrgardt/Freiin von Bechtolsheim, BB 2019, 730, 732; Friedrich-Vache, Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, Rn. 261 unter „Mietgarantie“; Oelmaier, Sölch/‌Ringleb, UStG, § 1, Rn. 105 unter „Mietgarantie“. 683 Demleitner, SteuK 2010, 284. 684 Damaschke, StBW 2010, 447, 448; Michel, HFR 2010, 962. 685 Walter/Mehrgardt/Freiin von Bechtolsheim, BB 2019, 730, 732. 686 Gross, NZM 2003, 227; Büchter-Hole, EFG 2009, 445. 687 Vgl. 3. Kapitel, A. III. 2.

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besteht zwischen den beiden Ansprüchen ein entscheidender Unterschied, der auch eine unter­schiedliche steuerliche Beurteilung rechtfertigt, denn im Rahmen eines Kaufver­trags ergibt sich der Schadensersatzanspruch statt der Leistung wegen der Schlechtleistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB unmittelbar aus dem Kaufvertrag selbst. Der Schadensersatzanspruch aufgrund einer Garantie beruht hingegen nicht direkt auf dem Kaufvertrag, sondern auf dem vom Kaufvertrag grundsätzlich unabhängigen Garantieversprechen. Die Leistung des Unternehmers liegt zum einen in der Übertragung des Eigentums an der Immobilie. Zusätzlich erbringt er dadurch eine Leistung, dass er dem Käufer gegenüber die Garantie übernimmt. Das Garantieversprechen stellt eine selbständige vom Unternehmer erbrachte Leistung dar688, auf die ein entsprechender Teil des Entgelts entfallen muss. Das Garantieversprechen kommt dabei einer Versicherung gleich, da es der Absicherung eines unter gegebenen Umständen eintretenden Schadens dient. Eine Annahme dahingehend, dass das Garantieversprechen unentgeltlich vom Unternehmer erbracht würde, erscheint nicht besonders realitätsnah. Der Verkäufer übernimmt das Vermietungsrisiko im Rahmen der Mietgarantie, um für den Käufer einen höheren Kaufanreiz zu bieten, der sich auch in der Höhe des Kaufpreises widerspiegelt.689 Dass der Käufer und der Verkäufer im Vertrag keine Einzelpreise für Kaufgegenstand und Garantieversprechen vereinbaren, sondern lediglich einen Gesamtpreis, ist für die Beurteilung nicht von Bedeutung. Das Garantieversprechen wird durch einen Teil des Entgelts abgegolten und steht hiermit in einem unmittelbaren Zusammenhang. Die Zahlung aus dem Garantieversprechen stellt keine Rückzahlung des vom Käufer erbrachten Entgelts dar. Sie dient lediglich der Erfüllung der vom Unternehmer bereits zuvor eingegangenen Verpflichtung. Sie gleicht den Vermögensschaden aus, der dem Käufer aufgrund des Ausbleibens der vereinbarten Beschaffenheit entstanden ist. Die Mietgaran­ tiezahlung kann daher nicht zu einer nachträglichen Änderung der Be­ messungsgrundlage führen. Sie ist deshalb im Ergebnis nicht anders zu behandeln als andere Garantiearten.

688 So auch BFH v. 14.11.2018 – XI R 16/17, ­BStBl. II 2021, 461. 689 Vgl. Burbulla, NZM 2011, 345, 346.

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Kapitel 3  Betrachtung bestimmter ­Schadensersatz- und Entschädigungssachverhalte

III. Ergebnis Bei der Beurteilung der Umsatzsteuerbarkeit im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen ist streng zwischen der Gewährung der Sicherheit in Form des vertraglichen Versprechens, in bestimmten Fällen für einen Schaden aufzukommen, sowie der tatsächlichen Auszahlung der Sicherheitsleistung im Sicherheitsfall zu unterscheiden. Die Gewährung der Sicherheit wird regelmäßig im Rahmen eines Leistungsaustauschs vollzogen. Anderes gilt hingegen für die Auszahlung der Sicherheitsleistung. Sofern diese in Form einer Sachleistung erbracht wird, kann hierin zwar grundsätzlich eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne erkannt werden, es fehlt in diesen Fällen jedoch die Zahlung eines abgeltenden Entgelts. Zwar zahlt der Sicherheitsnehmer bestimmte Beträge an den Sicherheitsgeber, diese dienen allerdings allein der Abgeltung der Gewährung der Sicherheit und stehen daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Sicherheitsleistung. Das Verhältnis zwischen dem Sicherheitsgeber und dem Sicherheitsnehmer lässt das Verhältnis zu Dritten jedoch unberührt. Daher bleibt die Begründung eines Leistungsaustauschs gegenüber diesen weiterhin möglich und richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Wird die Sicherheitsleistung in Form einer Geldleistung erbracht, steht sie grundsätzlich keiner Leistung des Sicherheitsnehmers gegenüber. Das Erleiden eines Schadens stellt keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar, was auch gilt, wenn die Sicherheit der Wahrung der Beschaffenheit einer im Rahmen eines Leistungsaustauschs erbrachten Leistung dient. Eine nachträgliche Minderung der Bemessungsgrund­lage ist in diesen Fällen nicht vorzunehmen, weil der ausgezahlte Sicherheitsbetrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglichen Hauptleistung steht. Bei dieser Gestaltung wird ebenfalls die Gewährung der Sicherheit durch einen Teil des im Leistungsaustausch erbrachten Entgelts abgegolten. Die Zahlung der Sicherheit dient allein der Erfüllung der bereits zuvor eingegangenen und abgegoltenen Verpflichtung zur Schadloshaltung. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn der Sicherungsnehmer nach den Bedingungen des Sicherungsvertrags zunächst eine Leistung wie beispielsweise die Übereignung des beschädigten Gegenstands zu erbringen hat, um die Sicherheitsleistung zu erlangen. In diesen Fällen dient der Teil der Sicherungsleistung, der betragsmäßig dem Wert des beschädigten Gegenstands entspricht, der Abgeltung einer umsatzsteuerlichen Leis­tung.

190

Kapitel 4 Abschlussbetrachtung I.

Die Frage, ob die Erbringung eines Schadensersatzes der Umsatzbesteuerung unterliegt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es ist für jeden Fall zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs im Sinne von §  1 Abs.  1 Nr.  1 S.  1 UStG vorliegen. Die Bewertung ist unabhängig von der zivilrechtlichen Beurteilung, der Bezeichnung der Zahlung durch die Parteien und der Art, auf die die Höhe der Zahlung berechnet wird. Grundvoraussetzung der Steuerbarkeit ist die Erbringung einer Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne durch den Unternehmer. Hierfür ist zunächst die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Abnehmers erforderlich. Ob eine solche gegeben ist, muss allein anhand der tatsächlichen Umstände beurteilt werden. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Schädiger und dem Geschädigtem spielen für die Beurteilung daher keine entscheidende Rolle. Der erlangte Vorteil muss über die bloße Ersparnis einer erhöhten Geldzahlungsverpflichtung oder der Vermeidung einer weitergehenden Rechtsverfolgung hinausgehen. Unbeachtlich sind die Gründe, durch die der Unternehmer zur Leistungserbringung veranlasst wurde.

II.

Die Handlung des Unternehmers muss auf einem Leistungswillen beruhen. Letzterer erfordert ein bewusstes und willentliches Handeln des Unternehmers. Die Duldung eines Schadens ist auch dann von einem Leistungswillen getragen, wenn der Schadenseintritt eine zwangsläufige Folge der Vertragsdurchführung darstellt. Er liegt hingegen nicht vor, wenn sich der Abnehmer den verbrauchbaren Vorteil eigenmächtig verschafft. Nur in den Ausnahmefällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG kann das Fehlen des Leistungswillens ausnahmsweise un­ beachtlich sein. Vor­aussetzung hierfür ist, dass der Umsatz aufgrund eines Gesetzes oder einer behördlichen Anordnung als bewirkt gilt. Die bloße gesetzliche Rechtfertigung eines Verhaltens genügt hingegen nicht.

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Kapitel 4 Abschlussbetrachtung

III. Notwendig ist darüber hinaus, dass der von dem Leistungsempfänger oder einem Dritten gezahlte Betrag in unmittelbarem Zusammenhang mit der erbrachten Leistung steht. Der unmittelbare Zusammenhang setzt voraus, dass zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht und der vom Leistenden empfangene Geldbetrag den tat­sächlichen Gegenwert der Leistung darstellt. Das Rechtsverhältnis kann sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Natur sein. Welcher Betrag dem Gegenwert der Leistung entspricht, ist anhand der subjektiven Vorstellungen der Beteiligten zu bemessen. Die Bestimmung des Gegenwerts ist anhand des Einzelfalls vorzunehmen. Anhaltspunkte für die Bestimmung von dessen Höhe sind das Bestehen eines Abgeltungszusammenhangs zwischen der Leistung und dem Entgelt sowie die Wertschätzung durch die Beteiligten. Der unmittelbare Zusammenhang ist daher nicht gegeben, wenn die Leistung bereits durch ein zuvor erbrachtes Entgelt vollstän­dig abgegolten worden ist, was häufig dann der Fall ist, wenn die Schadensersatzzahlung lediglich neben die vertraglich geschuldete Vergütung tritt. Er fehlt ferner, wenn die Zahlung allein dem Ausgleich eines eingetretenen Schadens dient. Umgekehrt ist er zu bejahen, wenn die Schadensersatzzahlung an die Stelle der ursprünglichen Vergütungsforderung tritt. Die Aufteilung eines gezahlten Betrags in einen steuerbaren sowie einen nichtsteuerbaren Teil ist möglich, wenn lediglich ein Teilbetrag den Gegenwert der Leistung darstellt. Die Erbringung eines Schadensersatzes im Verhältnis von Schädiger und Geschädigtem lässt etwaige Verhältnisse zu Dritten unberührt. IV. Schadensersatzzahlungen neben der Leistung im Sinne von §  280 Abs. 1 BGB und §§ 280 Abs. 2, 286 BGB sind nicht umsatzsteuerbar. Für Schadensersatzzahlungen statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 283 BGB muss hingegen eine differenzierte Betrachtung vorgenommen werden. Handelt es sich um einen Schadensersatz wegen Nichtleistung, ist nur ausnahmsweise eine Umsatzsteuerbarkeit zu bejahen, wenn der Schadensersatzanspruch an der Stelle des primären Zahlungsanspruchs des Unternehmers gegen den Abnehmer geltend gemacht wird. Bei einem Schadensersatz wegen einer Schlecht­leistung ist der unmittelbare Zusammenhang grundsätzlich zu bejahen, was zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führt. Macht eine Vertragspartei einen Schadensersatzanspruch wegen Nicht- oder Schlecht­ leistung gegen die andere Partei geltend, weil diese eine Neben­ 192

Kapitel 4 Abschlussbetrachtung

leistungspflicht verletzt hat, ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Schadensersatzzahlung und der Leistung des Unternehmers nur zu bejahen, wenn es sich bei der verletzten Nebenleis­ tungspflicht um eine solche handelt, die originär dem Unternehmer oblag und von dem Leistungsempfänger übernommen worden ist. Liegt ein Schadensersatz wegen Unmöglichkeit vor, fehlt ein Leistungsaustausch. Wird jedoch die Primärleistungspflicht zu einem Zeitpunkt unmöglich, in dem sich der Abnehmer im Annahmeverzug befunden hat, bleibt der Anspruch des Unternehmers auf die Zahlung bestehen. Letztere unterliegt der Umsatzbesteuerung. Ein Schadens­ ersatzanspruch wegen einer erheblichen Nebenpflichtverletzung stellt hingegen keinen Teil eines Leistungsaustauschs dar. V.

Die Vertragsstrafen und der Schadensersatz aufgrund von Leistungsstörungen werden grundsätzlich durch dasselbe Verhalten begründet. Der Unterschied liegt allein darin, dass die Vertragsstrafe zunächst der vertraglichen Vereinbarung bedarf, während der Schadensersatz unmittelbar aus dem Gesetz resultiert. Für die Beurteilung der Frage nach der Umsatzsteuerbarkeit macht diese Unterscheidung jedoch keinen Unterschied, weil das Steuerrecht an tatsächliche Gegeben­ heiten und nicht an zivilrechtliche Bewertungen anknüpft. Dieser Umstand führt dazu, dass die Vertragsstrafen wie die Schadensersatzzahlungen bei Leistungsstörungen zu beurteilen sind. Knüpft die Vertragsstrafe an die Nichterbringung der Leistung an, ist ein Leistungsaustausch daher zu verneinen. Wird die Vertragsstrafe an die nicht gehörige Leistungserbringung geknüpft und neben der Leistungserbringung gewährt, hat sie nur einen Einfluss auf die Bemessungs­ grundlage, wenn sie dem Ausgleich eines in der Leistung selbst liegenden Minderwerts dient.

VI. Im Rahmen der Erbringung eines deliktischen Schadensersatzes kommt es unabhängig davon, ob dieser in Form von Geldersatz oder durch Naturalrestitution erbracht wird, nicht zum Anfall der Um­ satzsteuer. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Schädiger den Geschädigten oder umgekehrt der Geschädigte den Schädiger zur Behebung des Schadens beauftragt. Eine Ausnahme ist nur im Drei-Personen-Verhältnis anzunehmen, wenn der Schädiger oder der Geschädigte einen Dritten mit der Schadensbeseitigung beauftragt. In diesen Fällen kommt der Leistungsaustausch zwischen dem Dritten und dem jeweiligen Beauftragenden zustande. 193

Kapitel 4 Abschlussbetrachtung

VII. Entschädigungen, die aufgrund eines Rücktritts oder wegen der Nichtigkeit des Vertrags zu zahlen sind, dienen der Abgeltung der tatsächlichen Nutzung durch den Abnehmer und unterliegen daher der Umsatzsteuer. Hat der Leistungsempfänger hingegen bei Fortbestand des Vertrags eine über die vereinbarte Zahlung hinausgehende weitere Zahlung an den Unternehmer zu erbringen, weil er ein ihm vertraglich zustehendes Nutzungsrecht an einem Gegenstand in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht über­schreitet, führt diese nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage. Der Grund dafür ist, dass die übervertragliche Nutzung durch den Abnehmer nicht mehr vom Leistungswillen des Unternehmers gedeckt ist, weil sich der Abnehmer den aus dem übermäßigen Gebrauch hervorgehenden Nutzen eigenmächtig verschafft. VIII. Bei Schadensersatzzahlungen, die auf einer vorzeitigen Vertragsbeendigung beruhen, ist eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen. Wird das Vertragsverhältnis einseitig beendet, bevor oder ohne, dass die geschuldete Leistung an den Abnehmer erbracht wird, liegt ein Leistungsaustausch nur vor, wenn ihm die fällige Leistung vom Schuldner derart angeboten und zur Verfügung gestellt wurde, dass er sie für den Eintritt des Leistungserfolgs lediglich noch annehmen musste. Wird der Vertrag nach bereits teilweiser Leistungserbringung vorzeitig durch eine Kündigung beendet, ist eine Aufteilung des gezahlten Betrags vorzunehmen. Lediglich der Teil, der wertmäßig der bereits erbrachten Leistung entspricht, unterliegt der Umsatzbesteuerung, während der darüberhinausgehende Teil dem Ausgleich des aus der Kündigung resultierenden Schadens dient und daher nicht steuerbar ist. Etwas anderes gilt nur, wenn der Vertrag eine Mindestbindungsfrist aufweist und die Vertragsparteien vereinbaren, dass im Fall der vom Leistungsempfänger veranlassten außerordentlichen Kündigung die Zahlungspflicht ganz oder teilweise weiterbestehen soll. In diesen Fällen wird die Bereitstellung der geschuldeten Leistung durch den sich von Vornherein aufgrund der Mindestbindungsfrist ergebenden Betrags abgegolten, sodass keine Aufteilung vorzunehmen ist, sondern der gesamte Betrag der Umsatzsteuer unterliegt. Wird der Vertrag einvernehmlich vorzeitig beendet und hierfür eine Entschädi­ gung gezahlt, kommt hierdurch nur ein Leistungsaustausch zustande, wenn der Gläubiger auf die weitere Vertragsdurchfüh­rung verzichtet

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Kapitel 4 Abschlussbetrachtung

und der Schuldner hierfür eine Ent­schädigung zahlt. Im umgekehrten Fall des Schuldnerverzichts fehlt hingegen die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Gläubigers. IX. Verzichtet der Unternehmer auf ein ihm zustehendes Recht oder eine ihm zustehende Rechtsposition, liegt hierin nur eine umsatzsteuerliche Leistung, wenn der potenzielle Leistungsempfänger einen Vorteil erlangt, der über die bloße Ersparnis eines Rechtsstreits oder die Befreiung von höheren Geldzahlungsverpflichtungen hinausgeht. Deshalb kann auch die Einstellung der Ausübung einer Tätigkeit nicht als umsatzsteuerliche Leistung angesehen werden. Diese Beurteilung gilt sowohl für den Rechtsverzicht gegenüber einer Privatperson als auch für den gegenüber einer Person des öffentlichen Rechts. X. Beruht die Ersatzzahlung auf der Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts, wird hierdurch kein Leistungsaustausch begründet. Weder die Verletzung des Schutzrechts noch eine auf diese Verletzung gestützte Abmahnung stellt eine Leis­tung nach umsatzsteuerlichem Verständnis dar. Die Verletzung des Schutzrechts verschafft dem Schädi­ger zwar einen verbrauchbaren Vorteil, es fehlt jedoch der notwendige Leistungswille des Rechtsinhabers, da dieser den Vorteil nicht bewusst erbringt. Gleiches gilt für Fälle, in denen der Schaden anhand einer Lizenzanalogie berechnet wird. Bezüglich der auf die Verletzung eines Schutzrechts gestützten Abmah­nung fehlt bereits die Verschaffung eines verbrauchbaren Vorteils auf Seiten des Rechtsverletzers. XI. Im Zusammenhang mit Schadensersatzzahlungen, die aufgrund einer Bauzeitverzögerung erbracht werden, ist ebenfalls eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen. Beruht die Zahlung auf einem Anspruch gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B, führt diese zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, weil die Zahlung die Veränderung der zu erbringenden Bauleistung abgilt. Basiert die Zahlung hingegen auf einem Anspruch nach § 642 BGB oder § 6 Abs. 6 VOB/B, ist keine Erhöhung der Bemessungsgrundlage gegeben. Die Werkleistung wird in diesen Fällen vollständig durch den vereinbarten Werklohn abgegolten. Die Ersatzzahlungen dienen deshalb nicht der Abgeltung der zu erbringenden Hauptleistung, sondern dem Ausgleich eines Scha­dens, der dem Unternehmer durch ein vom Besteller zu vertretendes Verhalten entstanden ist. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zahlungen und einer umsatzsteuerlichen Leistung liegt daher nicht vor. 195

Kapitel 4 Abschlussbetrachtung

XII. Schließlich werden auch Sicherheitsleistungen, wie Garantiezah­ lungen oder Versicherungsleistungen, nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs erbracht, was unabhängig davon gilt, ob die Sicherheitsleistung in Form einer Sach- oder einer Geldleistung erfolgt. Eine Ausnahme hiervon besteht nur, wenn der Sicherungsnehmer nach den Bedingungen des Sicherungsvertrags zunächst eine Leistung wie beispielsweise die Übereignung des beschädigten Gegenstands zu erbringen hat, um die Sicherheitsleistung zu erlangen. In diesen Fällen dient der Teil des gezahlten Betrags, der dem Wert des übereigneten Gegenstands entspricht, der Abgeltung dieser Leis­tung.

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