Die Teilklage im Zivilprozess: Eine Untersuchung im Lichte der Prozesstaktik und der Verhaltensanforderungen in Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung. Dissertationsschrift 9783161558375, 9783161558733, 3161558375

Die Teilklage ist ein bislang unterschätztes Institut des deutschen und europäischen Zivilprozessrechts. Stefan Trommler

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German Pages 298 [325] Year 2018

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Ziel der Untersuchung
B. Gegenstand der Untersuchung
C. Gang der Untersuchung
Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage
A. Die Zulässigkeit von Teilklagen
I. Rechtsdogmatischer Befund
1. Fehlende Positivierung
2. Ausdruck der Dispositionsmaxime
a. Verfassungsrechtliche Verortung der Dispositionsmaxime
b. Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage
3. Ergebnis
II. Rechtshistorischer Befund
1. Römisches Zivilprozessrecht
a. Grundlagen des Verfahrensablaufs
b. Zulässigkeit und Zweck der Teilklage
2. Der Weg zur Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877
a. Entstehungsprozess einer einheitlichen Zivilprozessordnung
b. Kodifikationen der Einzelstaaten
c. Ergebnis
3. Ergebnis
III. Rechtsvergleichender Befund
1. SchweizerischeZivilprozessordnung
a. Grundlagen
b. Normierung der Teilklage
c. Ergebnis
2. Englisches Zivilprozessrecht
a. Rechtskraftlehre
aa. The traditional doctrine of res judicata
bb. The extended doctrine of res judicata (abuse of process)
b. Kein „Verbot“ der Teilklage
c. Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage im deutschen Zivilprozessrecht
3. Ergebnis
IV. Zusammenfassung
B. Terminologie und Kategorien
I. Die Teilklage
1. Der Begriff des Anspruchs
2. Verschiedene Rechtsschutzformen
II. Offene und verdeckte Teilklagen
III. Individualisierte und nicht individualisierte Teilklagen
C. Die Frage der Teilbarkeit
I. Zulässigkeit und Gegenstand der quantitativen Teilung
II. Verifizierung anhand der einzelnen Rechtsschutzformen
1. Leistungsklagen
2. Feststellungsklagen
3. Gestaltungsklagen
III. Zusammenfassung
D. Der Streitgegenstand einer Teilklage
I. Bedeutung des Streitgegenstands und der Begriffsfindung
II. Lösungsansätze zum Streitgegenstandsbegriff
1. Historischer materiellrechtlicher Streitgegenstandsbegriff
2. Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff
3. Eingliedriger Streitgegenstandsbegriff
4. Relativer Streitgegenstandsbegriff
5. Loslösung vom Streitgegenstandsbegriff im europäischen Zivilprozessrecht
III. Stellungnahme
E. Der Streitwert einer Teilklage
I. Grundlagen
II. Berechnung des Streitwerts bei Teilklagen
1. Meinungsstand
2. Stellungnahme
III. Zusammenfassung
Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage
A. Grundlagen
I. Wesen und Relevanz prozessualen Taktierens
1. Ausprägungen der Taktik im Zivilprozess
2. Grundlagen der anwaltlichen Beratungspflicht
3. Pflicht zur anwaltlichen Beratung hinsichtlich der Beschränkung auf eine Teilklage
II. Grenzen prozessualen Taktierens
1. Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht
2. Relevanz des Einsatzes der Teilklage als prozesstaktisches Mittel
3. Figur des Rechtsschutzbedürfnisses
4. Zusammenfassung
B. Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage
I. Wirkungen der Rechtshängigkeit
1. Grundlagen
a. Nationales Zivilprozessrecht
b. Europäisches Zivilprozessrecht
2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
3. Meinungsstand zur Zulässigkeit der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen
a. Nationales Zivilprozessrecht
aa. Reichweite der Rechtshängigkeit
bb. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
b. Europäisches Zivilprozessrecht
4. Stellungnahme
a. Nationales Zivilprozessrecht
aa. Dogmatische Begründung der beschränkten Rechtshängigkeitswirkung bei Teilklagen
bb. Reichweite der Rechtshängigkeit bei nicht individualisierten Teilklagen
cc. Keine Orientierung an der Rechtsprechung des EuGH
dd. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
b. Europäisches Zivilprozessrecht
aa. Maßstäbe der Entscheidungspraxis des EuGH
bb. Konkurrierende Rechtshängigkeit im Fall paralleler Teilklagen
cc. Sonderfall Mosaikbetrachtung
(1) Keine konkurrierende Rechtshängigkeit gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO
(2) Zusammenhang gemäß Art. 30 Brüssel Ia-VO
(3) Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
5. Ergebnis
II. Sachliche Zuständigkeit von Gerichten
1. Grundlagen
2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
3. Meinungsstand zur Zulässigkeit
4. Stellungnahme
a. Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen
b. Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten
5. Ergebnis
III. Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsbehelfen
1. Grundlagen
2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
3. Meinungsstand zur Zulässigkeit
4. Stellungnahme
a. Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Regelung
b. Keine Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten
5. Ergebnis
IV. Besondere Verfahrensarten
1. Grundlagen
a. Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO
b. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
a. Statthaftigkeit des Bagatellverfahrens bei Teilklagen
aa. Nationales Zivilprozessrecht
bb. Europäisches Zivilprozessrecht
b. Prozesstaktische Interessen des Klägers
3. Meinungsstand zur Zulässigkeit
a. Nationales Zivilprozessrecht
b. Europäisches Zivilprozessrecht
4. Stellungnahme
a. Nationales Zivilprozessrecht
b. Europäisches Zivilprozessrecht
aa. Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der Wertgrenze
bb. Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Beklagten
5. Ergebnis
V. Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung
1. Grundlagen
a. Wesen und Zweck der vorläufigen Vollstreckbarkeit
b. Ermittlung des Verurteilungsstreitwerts
2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
3. Meinungsstand zur Zulässigkeit
4. Stellungnahme
5. Ergebnis
VI. Einschränkung der Gegenangriffsmöglichkeiten des Beklagten
1. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
a. Verdeckte Teilklage
b. Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs
2. Meinungsstand zur Zulässigkeit
3. Stellungnahme
a. Verdeckte Teilklage
b. Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs
4. Ergebnis
VII. Prozesskosten
1. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage
2. Meinungsstand zur Zulässigkeit
3. Stellungnahme
C. Zusammenfassung
Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage
A. Grundzüge des Kostenhilferechts
I. Zugang zu den Gerichten zwischen Justizgewährungsanspruch und Finanzierbarkeit
1. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung des effektiven Rechtsschutzes
2. Finanzierung der Justiz
a. Überblick
b. Rechtspolitische Tendenz
c. Rechtfertigung der Erhebung von Prozesskosten
3. Rechtsschutz für Unbemittelte durch Gewährung von Prozesskostenhilfe
4. Weitere Erscheinungen des Kostenhilferechts
a. Private Prozessfinanzierung
b. Unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Prozesskostenvorschuss
c. Rechtsschutzversicherung
II. Prozesskostenhilfe
1. Innerstaatliche Rechtsverfolgung
2. Grenzüberschreitende Rechtsverfolgung
III. Rechtsschutzversicherung
1. Rechtsgrundlagen
2. Voraussetzungen des Versicherungsschutzes
3. Rechtsfolgen
IV. Zusammenfassung
B. Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht
I. Senkung von Prozesskosten durch Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage
II. Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit gemäß § 114 ZPO
1. Definition
2. Mutwilligkeit bei Voll- statt Teilklagen
a. Rechtslage vor dem 1. Januar 1981
b. Neufassung des § 114 ZPO
c. Heutige Rechtslage
3. Rechtsnatur der Verweisung auf eine Teilklage
a. Pflichten und Lasten im Zivilprozess
b. Verortung der Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage
4. Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung
III. Verhaltensanforderungen im Versicherungsrecht
1. Kostenorientierte Verhaltensanforderungen im Bereich der Rechtsschutzversicherung
2. Rechtsnatur der Verhaltensanforderungen
3. Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage
a. Mutwilligkeitsverbot
b. Gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 82 Abs. 1 VVG
c. Allgemeine vertragliche Schadensminderungsobliegenheit
d. Ausdrückliche Verweisung auf die Teilklage
4. Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung
IV. Zusammenfassung
C. Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile infolge der Beschränkung auf eine Teilklage
I. Ordnungsgemäße Klageerhebung
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Teilklagen im weiten Sinne
aa. Möglichkeiten der Individualisierung
bb. Kritik
cc. Stellungnahme
dd. Prozessrisikoanalyse
ee. Ergebnis
b. Teilklagen im engen Sinne
aa. Offenlegung der Teilklage
bb. Individualisierung der offenen Teilklage
cc. Ergebnis
3. Ergebnis
II. Verbindung einer Stufenklage mit einer Teilklage
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Interesse des Klägers an effektiver Rechtsdurchsetzung
b. Berücksichtigung des Prozesskostenrisikos
aa. Prozesskosten der Stufenklage
bb. Prozesskosten der Verbindung von Stufen- und Teilklage
cc. Ergebnis
3. Ergebnis
III. Wirkungen der Rechtshängigkeit
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Umfang der Verjährungshemmung
aa. Meinungsstand
bb. Stellungnahme und Problemaufriss
cc. Entwicklung eines prozessualen Lösungsvorschlags
(1) Grundsatz
(2) Problemlösung
dd. Entwicklung eines vertraglichen Lösungsvorschlags
ee. Zwischenergebnis
b. Wahrung von Ausschlussfristen
aa. Meinungsstand
bb. Stellungnahme und Problemaufriss
cc. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge
3. Ergebnis
IV. Reichweite der Rechtskraft
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Meinungsstand
aa. Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über offene Teilklagen
(1) Obsiegen mit der Teilklage
(a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität
(b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit
(2) Unterliegen mit der Teilklage
(a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität
(b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit
bb. Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über verdeckte Teilklagen
(1) Obsiegen mit der Teilklage
(a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität
(b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit
(2) Unterliegen mit der Teilklage
(a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität
(b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit
b. Stellungnahme und Folgen für die Problemstellung
c. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge
aa. Rechtliche Konstruktion im Rahmen des vertraglichen Lösungsvorschlags
(1) Prozessvertrag über die Erweiterung der Rechtskraftwirkung
(2) Vergleich gemäß § 779 BGB
bb. Bewertung des vertraglichen Lösungsvorschlags
cc. Ergebnis
3. Ergebnis
V. Probleme der Nachschiebung des zunächst nicht eingeklagten Rests
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Klageerweiterung
b. Restklage
3. Ergebnis
VI. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Meinungsstand
b. Stellungnahme
aa. Vorüberlegung und Eingrenzung des Problemkreises
bb. Kritische Betrachtung der dargestellten Lösungsansätze
(1) Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen
(2) Vergleich mit der Rechtskraftwirkung
3. Ergebnis
VII. Sachliche Zuständigkeit von Gerichten
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Recht auf den gesetzlichen Richter
aa. Hinreichende Bestimmung des gesetzlichen Richters
bb. Keine Entziehung des gesetzlichen Richters
b. Verlust der Vorteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers vor dem Landgericht
aa. Zwecksetzung der Aufteilung erstinstanzlicher Zuständigkeit
bb. Spezialisierung von Spruchkörpern am Landgericht
cc. Veränderter Instanzenzug
dd. Spruchpraxis bestimmter Spruchkörper
c. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge
aa. Prozessualer Lösungsvorschlag
(1) Meinungsstand
(2) Stellungnahme
bb. Vertraglicher Lösungsvorschlag
d. Ergebnis
3. Ergebnis
VIII. Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung bei Rechtsbehelfen
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Ergebniskorrektur verfassungsrechtlich nicht geboten
b. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge
aa. Prozessualer Lösungsvorschlag
bb. Vertraglicher Lösungsvorschlag
c. Ergebnis
3. Ergebnis
IX. Besondere Verfahrensarten
1. Grundlagen
2. Analyse und Lösung der Probleme
a. Nationales Zivilprozessrecht
aa. Verfassungsrechtliche Beurteilung
bb. Bindung an sonstige Verfahrensgrundsätze
b. Europäisches Zivilprozessrecht
aa. Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens
bb. Sonstige Unwägbarkeiten des Rechtsschutzes
(1) Freibeweisverfahren
(2) Keine Urteilsverkündung
(3) Prozesskostenlast
cc. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge
c. Zusammenfassung
3. Ergebnis
X. Materiellrechtliche Gegenrechte des Beklagten
1. Einrede des nicht erfüllten Vertrags und Zurückbehaltungsrecht
2. Minderung
3. Mitverschulden des Klägers
4. Aufrechnung
5. Ergebnis
XI. Prozesskosten
1. Kostensteigerung durch Teilklagen
2. Kostenrelevanz der Lösungsvorschläge
3. Ergebnis
D. Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht
I. Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse
II. Auslegung des Begriffs der Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO
III. Wirksamkeit der Verweisung auf eine Teilklage in der Rechtsschutzversicherung
1. Leistungsbeschreibung der Rechtsschutzversicherung
2. Gesetzliche und vertragliche Schadensminderungsobliegenheit
a. Auslegung der ARB-Klauseln
aa. Allgemeine Schadensminderungsobliegenheiten
bb. Konkrete Teilklageverweisung
b. Kontrollfähigkeit der ARB-Klauseln
aa. Behördliche Genehmigung
bb. Schuldrechtsreform
cc. Schranken der Inhaltskontrolle
(1) Kontrollfreiheit von Leistungsbeschreibungen
(2) Kontrollfreiheit deklaratorischer Klauseln
(a) Rechtslagenvergleich mit § 82 Abs. 1 VVG
(b) Vergleich mit der prozessrechtlichen Rechtslage
(c) Zulässigkeit einer Disposition über prozessuale Befugnisse
(d) Zusammenfassung
dd. Kontrollfreiheit von AGB-Klauseln auf der Grundlage qualifizierter Erlaubnisnormen
ee. Nachteilige Abweichung von halbzwingenden Vorschriften
c. Ergebnis
IV. Zusammenfassung
E. Zusammenfassung
Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage
A. Relevanz der ökonomischen Theorie des Rechts
I. Relevanz für das Recht im Allgemeinen
II. Relevanz für den Untersuchungsgegenstand
B. Potenzial der folgenden Darstellung
C. Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts
I. Begriff der Ökonomik
II. Konzeption der ökonomischen Theorie des Rechts
1. Philosophische Grundlagen des ökonomischen Verhaltensmodells
2. Inhalt des ökonomischen Verhaltensmodells
3. Wesen der ökonomischen Effizienz
III. Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts
IV. Einflüsse der kognitiven Psychologie
V. Abgrenzungen
D. Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts
E. Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit
I. Aussagen der positiven ökonomischen Theorie des Rechts zum prozesstaktischen Einsatz der Teilklage
1. Grundlagen
2. Handlungsrestriktionen des Zivilprozessrechts
3. Nutzenmaximierung bei prozesstaktischem Einsatz der Teilklage
II. Aussagen der normativen ökonomischen Theorie des Rechts zur Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht
1. Ausgangslage
2. Vorzugswürdigkeit der Teilklage
3. Vorzugswürdigkeit der Vollklage
4. Beurteilung anhand der Effizienzkriterien
a. Pareto-Kriterium
b. Kaldor-Hicks-Kriterium
c. Ergebnis
5. Grenzen der ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts
F. Zusammenfassung
Ergebnisse
Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage
Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage
Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage
Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage
Literatur
Sachverzeichnis
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 9783161558375, 9783161558733, 3161558375

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Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 149 herausgegeben von

Rolf Stürner

Stefan Trommler

Die Teilklage im Zivilprozess Eine Untersuchung im Lichte der Prozesstaktik und der Verhaltensanforderungen in Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung

Mohr Siebeck

Stefan Trommler, geboren 1989; Studium der Rechtswissenschaft in Passau und Cardiff; 2014 Erste Juristische Prüfung; seit 2017 Rechtsreferendar in München.

ISBN 978-3-16-155837-5 / eISBN 978-3-16-155873-3 DOI 10.1628/978-3-16-155873-3 ISSN 0722-7574 / eISSN 2568-7255 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen aus der Times New Roman gesetzt, von GuldeDruck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Diese Arbeit zur Teilklage wurde im Sommersemester 2017 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Ein größeres Ganzes setzt sich aus für sich berechtigten Teilen zusammen. Dies war nicht nur Prämisse für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, sondern hat sich auch in deren Entstehungsprozess erwiesen. Für seinen Anteil am vollendeten Werk danke ich meinem hochgeschätzten und verehrten Doktorvater Professor Dr. Wolfgang Hau. Schon früh hat er mich in meiner Leidenschaft für das Zivilprozessrecht bestärkt und mich bei der Entstehung dieser Arbeit in allen Stadien unterstützt. Einen besseren Förderer meines juristischen Werdens in Grundstudium und Schwerpunktbereich sowie als studentische Hilfskraft und Doktorand hätte ich mir nicht wünschen können. Bei Professor Dr. Thomas Riehm bedanke ich mich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ihm und Professor Dr. Hans Christoph Grigoleit danke ich zudem für die Zeit, die ich als Mitarbeiter an ihren Lehrstühlen in Passau und München verbringen durfte. Hier habe ich ein Forschungsklima vorgefunden, das für die Anfertigung meiner Arbeit in höchstem Maße förderlich war. Gedankt sei auch der Konrad-Adenauer-Stiftung für die Studien- und Promotionsförderung, die mich begleitet und entwickelt hat. Schließlich bin auch ich Teil eines größeren Ganzen. Unnennbar vieles verdanke ich meiner Familie. Daher widme ich dieses Werk meinen Eltern und meiner Frau Katharina. Nymphenburg, an Ostern 2018

Stefan Trommler

Inhaltsübersicht Vorwort   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Ziel der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Gegenstand der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 C. Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 A. Die Zulässigkeit von Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 B. Terminologie und Kategorien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 C. Die Frage der Teilbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 D. Der Streitgegenstand einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 E. Der Streitwert einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 A. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 B. Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage  . . . . 47 C. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 A. Grundzüge des Kostenhilferechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 B. Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

VIII

Inhaltsübersicht

C. Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile infolge der Beschränkung auf eine Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 D. Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 E. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Relevanz der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 B. Potenzial der folgenden Darstellung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 C. Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 D. Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 E. Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 F. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Ergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Sachverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Inhaltsverzeichnis Vorwort   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Ziel der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Gegenstand der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 C. Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 A. Die Zulässigkeit von Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I. Rechtsdogmatischer Befund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlende Positivierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausdruck der Dispositionsmaxime  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Verfassungsrechtliche Verortung der Dispositionsmaxime  . . . . . b. Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtshistorischer Befund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Römisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Grundlagen des Verfahrensablaufs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Zulässigkeit und Zweck der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Weg zur Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877  . . . . . . . . . a. Entstehungsprozess einer einheitlichen Zivilprozessordnung  . . . b. Kodifikationen der Einzelstaaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsvergleichender Befund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schweizerische Zivilprozessordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Normierung der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 5 6 7 8 9 9 10 10 10 11 11 12 13 14 14 15 15 15 15

X

Inhaltsverzeichnis

2. Englisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Rechtskraftlehre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. The traditional doctrine of res judicata  . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. The extended doctrine of res judicata (abuse of process)  . . . b. Kein „Verbot“ der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage im deutschen Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16 16 17 17 18 20 21 22

B. Terminologie und Kategorien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Die Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff des Anspruchs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschiedene Rechtsschutzformen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Offene und verdeckte Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Individualisierte und nicht individualisierte Teilklagen  . . . . . . . . . . . .

22 22 24 24 25

C. Die Frage der Teilbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Zulässigkeit und Gegenstand der quantitativen Teilung  . . . . . . . . . . . . II. Verifizierung anhand der einzelnen Rechtsschutzformen  . . . . . . . . . . . 1. Leistungsklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellungsklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gestaltungsklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 27 27 29 29 31

D. Der Streitgegenstand einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Bedeutung des Streitgegenstands und der Begriffsfindung  . . . . . . . . . II. Lösungsansätze zum Streitgegenstandsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historischer materiellrechtlicher Streitgegenstandsbegriff  . . . . . . . 2. Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eingliedriger Streitgegenstandsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Relativer Streitgegenstandsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Loslösung vom Streitgegenstandsbegriff im europäischen Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Der Streitwert einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berechnung des Streitwerts bei Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 36 36 38 39



Inhaltsverzeichnis

XI

Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 A. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Wesen und Relevanz prozessualen Taktierens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausprägungen der Taktik im Zivilprozess  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundlagen der anwaltlichen Beratungspflicht  . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur anwaltlichen Beratung hinsichtlich der Beschränkung auf eine Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grenzen prozessualen Taktierens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . 2. Relevanz des Einsatzes der Teilklage als prozesstaktisches Mittel  . 3. Figur des Rechtsschutzbedürfnisses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 42

42 43 43 45 46 47

B. Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage  . . . . 47

I. Wirkungen der Rechtshängigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 aa. Reichweite der Rechtshängigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 bb. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 aa. Dogmatische Begründung der beschränkten Rechtshängigkeitswirkung bei Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb. Reichweite der Rechtshängigkeit bei nicht individualisierten Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 cc. Keine Orientierung an der Rechtsprechung des EuGH  . . . . . 56 dd. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 aa. Maßstäbe der Entscheidungspraxis des EuGH  . . . . . . . . . . . 58 bb. Konkurrierende Rechtshängigkeit im Fall paralleler Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 cc. Sonderfall Mosaikbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (1) Keine konkurrierende Rechtshängigkeit gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO  . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Zusammenhang gemäß Art. 30 Brüssel Ia-VO  . . . . . . . . 62 (3) Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

XII

Inhaltsverzeichnis

II. Sachliche Zuständigkeit von Gerichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a. Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b. Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten  . 69 5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 III. Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsbehelfen  . . . . 70 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a. Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Regelung 72 b. Keine Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Besondere Verfahrensarten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a. Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO  . . . . . . . . 74 b. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen  . . . . . . . . 75 2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a. Statthaftigkeit des Bagatellverfahrens bei Teilklagen  . . . . . . . . . 76 aa. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 bb. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b. Prozesstaktische Interessen des Klägers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa. Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der Wertgrenze  . . . . . . 80 bb. Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Beklagten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 V. Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung  . . . . . . . . . . . . . 81 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a. Wesen und Zweck der vorläufigen Vollstreckbarkeit  . . . . . . . . . 82 b. Ermittlung des Verurteilungsstreitwerts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83



Inhaltsverzeichnis

5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Einschränkung der Gegenangriffsmöglichkeiten des Beklagten  . . . . . . 1. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Verdeckte Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs  . . . 2. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Verdeckte Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs  . . . 4. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Prozesskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozesstaktische Relevanz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand zur Zulässigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII 84 84 84 84 85 85 86 86 88 88 89 89 89 90

C. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 A. Grundzüge des Kostenhilferechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 I. Zugang zu den Gerichten zwischen Justizgewährungsanspruch und Finanzierbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung des effektiven Rechtsschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Finanzierung der Justiz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Rechtspolitische Tendenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtfertigung der Erhebung von Prozesskosten  . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsschutz für Unbemittelte durch Gewährung von Prozesskostenhilfe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Erscheinungen des Kostenhilferechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Private Prozessfinanzierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Prozesskostenvorschuss  . . . c. Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prozesskostenhilfe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Innerstaatliche Rechtsverfolgung­­  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzüberschreitende Rechtsverfolgung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen des Versicherungsschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XIV

Inhaltsverzeichnis

B. Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Senkung von Prozesskosten durch Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit gemäß § 114 ZPO  . . . . . . . . . . 1. Definition  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mutwilligkeit bei Voll- statt Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Rechtslage vor dem 1. Januar 1981  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Neufassung des § 114 ZPO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Heutige Rechtslage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur der Verweisung auf eine Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . a. Pflichten und Lasten im Zivilprozess  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Verortung der Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage  . . . 4. Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . III. Verhaltensanforderungen im Versicherungsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostenorientierte Verhaltensanforderungen im Bereich der Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur der Verhaltensanforderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Mutwilligkeitsverbot  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 82 Abs. 1 VVG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Allgemeine vertragliche Schadensminderungsobliegenheit  . . . . d. Ausdrückliche Verweisung auf die Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104 105 105 106 106 108 109 110 110 112 113 113 113 114 114 114 115 116 116 117 118

C. Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile infolge der Beschränkung auf eine Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Ordnungsgemäße Klageerhebung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Teilklagen im weiten Sinne  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Möglichkeiten der Individualisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Kritik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Prozessrisikoanalyse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Teilklagen im engen Sinne  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Offenlegung der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Individualisierung der offenen Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbindung einer Stufenklage mit einer Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Interesse des Klägers an effektiver Rechtsdurchsetzung  . . . . . . . b. Berücksichtigung des Prozesskostenrisikos  . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Prozesskosten der Stufenklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Prozesskosten der Verbindung von Stufen- und Teilklage  . . . cc. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirkungen der Rechtshängigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Umfang der Verjährungshemmung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Stellungnahme und Problemaufriss  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Entwicklung eines prozessualen Lösungsvorschlags  . . . . . . (1) Grundsatz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Problemlösung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Entwicklung eines vertraglichen Lösungsvorschlags  . . . . . . ee. Zwischenergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Wahrung von Ausschlussfristen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Stellungnahme und Problemaufriss  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge  . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Reichweite der Rechtskraft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über offene Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Obsiegen mit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität  . . . . (b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit  . (2) Unterliegen mit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität  . . . . (b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit  . bb. Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über verdeckte Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Obsiegen mit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität  . . . . (b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit  . (2) Unterliegen mit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität  . . . .

XV 128 129 129 129 130 131 132 132 132 132 133 133 133 134 135 135 137 138 139 139 140 140 141 141 141 141 142 142 143 143 143 144 145 145 146 147 147 147 149 149 149

XVI

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(b) Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit  . b. Stellungnahme und Folgen für die Problemstellung  . . . . . . . . . . c. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge  . . . . . . . . aa. Rechtliche Konstruktion im Rahmen des vertraglichen Lösungsvorschlags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Prozessvertrag über die Erweiterung der Rechtskraftwirkung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleich gemäß § 779 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Bewertung des vertraglichen Lösungsvorschlags  . . . . . . . . . cc. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Probleme der Nachschiebung des zunächst nicht eingeklagten Rests  . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Klageerweiterung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Restklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Vorüberlegung und Eingrenzung des Problemkreises  . . . . . . bb. Kritische Betrachtung der dargestellten Lösungsansätze  . . . (1) Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen  . . . . (2) Vergleich mit der Rechtskraftwirkung  . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Sachliche Zuständigkeit von Gerichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Recht auf den gesetzlichen Richter  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Hinreichende Bestimmung des gesetzlichen Richters  . . . . . . bb. Keine Entziehung des gesetzlichen Richters  . . . . . . . . . . . . . b. Verlust der Vorteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers vor dem Landgericht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Zwecksetzung der Aufteilung erstinstanzlicher Zuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Spezialisierung von Spruchkörpern am Landgericht  . . . . . . . cc. Veränderter Instanzenzug  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Spruchpraxis bestimmter Spruchkörper  . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge  . . . . . . . . aa. Prozessualer Lösungsvorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Meinungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151 151 152 153 153 155 156 157 157 157 157 157 158 159 161 161 161 163 163 165 165 166 167 168 171 171 171 171 171 172 174 175 176 177 178 178 178 179 179



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(2) Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Vertraglicher Lösungsvorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung bei Rechtsbehelfen  . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Ergebniskorrektur verfassungsrechtlich nicht geboten  . . . . . . . . b. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge  . . . . . . . . aa. Prozessualer Lösungsvorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Vertraglicher Lösungsvorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Besondere Verfahrensarten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse und Lösung der Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Nationales Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Verfassungsrechtliche Beurteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Bindung an sonstige Verfahrensgrundsätze  . . . . . . . . . . . . . . b. Europäisches Zivilprozessrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens  . . . . . . . . . . . . bb. Sonstige Unwägbarkeiten des Rechtsschutzes  . . . . . . . . . . . (1) Freibeweisverfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Keine Urteilsverkündung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Prozesskostenlast  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge  . . . . . c. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Materiellrechtliche Gegenrechte des Beklagten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einrede des nicht erfüllten Vertrags und Zurückbehaltungsrecht  . . . 2. Minderung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitverschulden des Klägers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufrechnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Prozesskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostensteigerung durch Teilklagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kostenrelevanz der Lösungsvorschläge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII 180 181 182 183 183 183 183 183 184 185 186 186 186 186 186 187 187 187 188 189 189 191 191 192 193 194 194 195 195 195 196 196 198 202 202 202 204 204

D. Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

I. Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Auslegung des Begriffs der Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

XVIII

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III. Wirksamkeit der Verweisung auf eine Teilklage in der Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsbeschreibung der Rechtsschutzversicherung  . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche und vertragliche Schadensminderungsobliegenheit  . . . a. Auslegung der ARB‑Klauseln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Allgemeine Schadensminderungsobliegenheiten  . . . . . . . . . bb. Konkrete Teilklageverweisung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Kontrollfähigkeit der ARB‑Klauseln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Behördliche Genehmigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Schuldrechtsreform  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Schranken der Inhaltskontrolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kontrollfreiheit von Leistungsbeschreibungen  . . . . . . . . (2) Kontrollfreiheit deklaratorischer Klauseln  . . . . . . . . . . . (a) Rechtslagenvergleich mit § 82 Abs. 1 VVG  . . . . . . . . (b) Vergleich mit der prozessrechtlichen Rechtslage  . . . . (c) Zulässigkeit einer Disposition über prozessuale Befugnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Kontrollfreiheit von AGB‑Klauseln auf der Grundlage qualifizierter Erlaubnisnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee. Nachteilige Abweichung von halbzwingenden Vorschriften  . c. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211 211 212 212 213 215 215 215 216 216 217 218 219 220 221 222 222 224 227 227

E. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 A. Relevanz der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

I. Relevanz für das Recht im Allgemeinen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Relevanz für den Untersuchungsgegenstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

B. Potenzial der folgenden Darstellung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 C. Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Begriff der Ökonomik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konzeption der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . 1. Philosophische Grundlagen des ökonomischen Verhaltensmodells  . 2. Inhalt des ökonomischen Verhaltensmodells  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wesen der ökonomischen Effizienz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts  . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einflüsse der kognitiven Psychologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abgrenzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

233 233 233 234 235 236 236 237

D. Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238



Inhaltsverzeichnis

XIX

E. Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 I. Aussagen der positiven ökonomischen Theorie des Rechts zum prozesstaktischen Einsatz der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Handlungsrestriktionen des Zivilprozessrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nutzenmaximierung bei prozesstaktischem Einsatz der Teilklage  . II. Aussagen der normativen ökonomischen Theorie des Rechts zur Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht  . . . . . . . . . . 1. Ausgangslage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorzugswürdigkeit der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorzugswürdigkeit der Vollklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beurteilung anhand der Effizienzkriterien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Pareto-Kriterium  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Kaldor-Hicks-Kriterium  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grenzen der ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts  . . . . . .

240 240 240 241 242 243 243 245 246 246 247 247 247

F. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Ergebnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Literatur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Sachverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere(n/r) Ansicht abl. ablehnend(er) ABl Amtsblatt des Saarlandes ABl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz/Absätze AbzG Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte AC Law Reports, Appeal Cases AcP Archiv für die civilistische Praxis a. E. am Ende a. F. alte Fassung AG Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen All ER All England Law Reports allg. allgemein Anh. Anhang Anl. Anlage Anm. Anmerkung AnwBl Anwaltsblatt AöR Archiv des öffentlichen Rechts ARB Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung Art. Artikel B & C Barnewall & Cresswell’s King’s Bench Reports BB Der Betriebs-Berater BBl. Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft bearb. v. bearbeitet von Begr. Begründer Beschl. d./v. Beschluss des/vom BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGB‑E Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich BGBl. I/II Bundesgesetzblatt, Teil I/II BGH Bundesgerichtshof BGHWarn Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, als Fortsetzung der von Otto Warneyer herausgegebenen Rechtsprechung des Reichsgerichts Bing NC Bingham’s New Cases, English Common Pleas BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht BR‑Drs. Drucksachen des Bundesrates

XXII

Abkürzungsverzeichnis

BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen BT‑Drs. Drucksachen des Deutschen Bundestages BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzw. beziehungsweise CA Court of Appeal CB Common Bench Reports Ch Law Reports, Chancery Division CJ Chief Judge; Chief Justice CJQ Civil Justice Quarterly Co Rep Coke’s King’s Bench Reports CP Law Reports, Common Pleas CPO Civilprozeßordnung DB Der Betrieb dems. demselben dens. denselben ders. derselbe dies. dieselbe(n) Doppelbuchst. Doppelbuchstabe DRiZ Deutsche Richterzeitung E. Entscheidung East East’s Term Reports, King’s Bench EG Europäische Gemeinschaften EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGVVG Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz EGZPO Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung Einl. Einleitung EMRK Europäische Menschenrechtskonvention Erg. Ergebnis etc. et cetera EU Europäische Union EuBagatellVO Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift EuGVÜ Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen EuMahnVO Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e. V. eingetragener Verein



Abkürzungsverzeichnis

XXIII

EWCA Civ Court of Appeal (Civil Division) f./ff. folgende FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FamFR Familienrecht und Familienverfahrensrecht: Unterhalt, Zugewinn, Versorgungsausgleich, Prozessuales FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FG Festgabe Fn. Fußnote(n) FPR Familie Partnerschaft Recht FS Festschrift GBO Grundbuchordnung GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. gem. gemäß GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GKG Gerichtskostengesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union Gruch Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR‑RR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht/Rechtsprechungs-Report GS Gedächtnisschrift GVG Gerichtsverfassungsgesetz HGB Handelsgesetzbuch HL House of Lords h. M. herrschende Meinung HRR Höchstrichterliche Rechtsprechung Hrsg. Herausgeber hrsg. v. herausgegeben von Hs. Halbsatz IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts i. R. d. im Rahmen des/der i. S. d. im Sinne des/der i. S. v. im Sinne von i. Ü. im Übrigen J Judge; Justice JA Juristische Arbeitsblätter J. Legal Stud. The Journal of Legal Studies JR Juristische Rundschau Jur. A. Juristische Analysen Jura Juristische Ausbildung JurBüro Das juristische Büro JuS Juristische Schulung JW Juristische Wochenschrift JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel

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Abkürzungsverzeichnis

KG Kammergericht krit. kritisch KritV Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft KV Kostenverzeichnis LG Landgericht lit. littera LJ Lord Justice of Appeal Lloyd’s Rep Lloyd’s Law Reports LQR Law Quarterly Review LR Law Reports LRIr Law Reports, Ireland LT Law Times Reports MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MR Master of the Rolls m. w. N. mit weiteren Nachweisen NdsRPfl Niedersächsische Rechtspflege n. F. neue Fassung NJ Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsentwicklung und Rechtsprechung NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW‑RR Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Zivilrecht NJW‑Spezial NJW Spezial: Die wichtigsten Informationen zu speziellen Rechtsgebieten Nr. Nummer(n) n. veröff. Nicht veröffentlicht NVersZ Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht NZA Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht NZBau Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht NZV Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht OHG Offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht P Law Reports, Probate PAK Prozessrecht aktiv PatG Patentgesetz QB Law Reports, Queen’s Bench QBD Law Reports, Queen’s Bench Division Q. J. Econ. The Quarterly Journal of Economics r + s Recht und Schaden r + s-Beil. Recht und Schaden Beilage RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt RGBl. I Reichsgesetzblatt, Teil I RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RL Richtlinie



Abkürzungsverzeichnis

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Rpfleger Der Deutsche Rechtspfleger Rn. Randnummer(n) RVG Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte S. Satz/Sätze; Seite(n) SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz Sp. Spalte(n) Spiegelstr. Spiegelstrich SRZ Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Stan. L. Rev. Stanford Law Review StGB Strafgesetzbuch str. strittig SVR Straßenverkehrsrecht TVG Tarifvertragsgesetz u. und u. a. und andere; unter anderem Unterabs. Unterabsatz Urt. v. Urteil vom US United States u. U. unter Umständen v. von; vom VAG Versicherungsaufsichtsgesetz Var. Variante(n) VC Vice Chancellor VerBAV Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (bis 21.1972: Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen) Verh. d. BR Verhandlung des Bundesrats VersR Versicherungsrecht vgl. vergleiche VO Verordnung VuR Verbraucher und Recht VV Vergütungsverzeichnis VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VVG Gesetz über den Versicherungsvertrag WarnRspr Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts abgedruckt ist, herausgegeben von Warneyer WLR The Weekly Law Reports WM Wertpapier-Mitteilungen, Teil 4: Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WRP Wettbewerb in Recht und Praxis ZAP Zeitschrift für die Anwaltspraxis ZErb Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfS Zeitschrift für Schadensrecht

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Abkürzungsverzeichnis

zit. zitiert ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zust. zustimmend(er) ZVersWiss Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung Die Teilklage ist ein in seiner Bedeutung unterschätztes Institut des Zivilprozessrechts. In der Praxis der Rechtsverfolgung wird ihr Potenzial kaum ausgeschöpft; in der rechtswissenschaftlichen Forschung wird kaum gewürdigt, wie sie an den Grundfesten bedeutender prozessrechtlicher Figuren rührt. Das zivilprozessuale Schrifttum hat sich bislang mit einzelnen Aspekten der Teilklage beschäftigt.1 Nur wenige Arbeiten nehmen darüber hinaus mehrere prozessuale Berührungspunkte der Teilklage in den Blick.2 Was bislang fehlt, sind Grundlegung, Wesensbeschreibung und Funktionalisierung.

A.  Ziel der Untersuchung Die Entscheidung für die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage im Zivilprozess ist nicht beliebig und kann nur getroffen werden, wenn die Maßstäbe dafür bekannt sind. Ziel dieser Untersuchung ist es, das Wesen der Teilklage herauszuarbeiten. Dieses offenbart sich am ehesten in einer Beschäftigung mit den dogmatischen und begrifflichen Grundlagen der Teilklage sowie ihren Vorzügen und Nachteilen. Die zuletzt benannten Chancen und Risiken von Teilklagen sollen nicht um ihrer selbst willen untersucht werden. Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung können für konkrete prozessuale Fragestellungen nutzbar gemacht werden. Die Chancen einer Teilklage werden dort relevant, wo der Kläger die Beschränkung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage bewusst als prozesstaktisches Mittel nutzt. Die beabsichtigte Senkung des Prozesskostenrisikos ist dabei nur ein kleiner Ausschnitt der zu betrachtenden Vorteile. Vielmehr 1  Unermüdlich hinsichtlich der Frage der Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung über eine Teilklage, vgl. dazu etwa Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1 ff.; Batsch, ZZP 86 (1973), 254 ff.; Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351 ff.; Leipold, FS Zeuner, 1994, S. 431 ff.; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187 ff.; Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501 ff.; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971; Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439 ff.; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999; Zeiss, NJW 1968, 1305 ff.; Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254 ff. 2  Beachte Draub, Teilklage, 1930; Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31 ff.; Friedrich, Teilklage, 1995; Goebel, PAK 2002, 144 ff.; Kuhn, Teilklage, 1933; Kulaksiz, Teilklage, 2004; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621 ff.; H. Wendt, Teilklage, 1937.

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Einleitung

können der erzielbare Nutzen und die anfallenden Prozesskosten im Verhältnis zwischen Teil- und Vollklage genau austariert werden. Zu fragen ist auch, welche Grenzen der prozesstaktische Einsatz einer Teilklage kennt. Die Risiken einer Teilklage dagegen betrachtet der Kläger dort mit Argwohn, wo ihm die Beschränkung auf eine Teilklage als Verhaltensanforderung zur Senkung von Prozesskosten auferlegt wird. So wird etwa im Bereich der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung dem Begünstigten aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen ein kostensparendes Verhalten abverlangt. Eine Verweisung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage ist dann unzulässig, wenn dies keinen gleichwertigen Rechtsschutz mehr verspricht. Die Hilflosigkeit bei der Beantwortung dieser Frage (bislang wurden dazu nur offensichtliche Einzelfälle entschieden3) zeigt, dass es an einem umfassenden Verständnis für das Wesen der Teilklage fehlt. Genau dies will die vorliegende Untersuchung erreichen und wird dabei die Teilklage als Querschnittsmaterie darstellen, die verschiedene prozessuale Figuren und Institute berührt. Eine Durchdringung erfolgt anhand eines intradisziplinären Ansatzes, indem den öffentlich-rechtlichen, rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Bezügen des Forschungsgegenstandes nachgegangen wird, aber auch anhand eines interdisziplinären Ansatzes: Die Ergebnisse sollen abschließend in der Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts verortet und damit für eine übergeordnete Forschungsfrage fruchtbar gemacht werden. Um der Bedeutung der Teilklage gerecht zu werden, gibt die Arbeit Antworten auf kleine Fragen (etwa zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Mutwilligkeit im Recht der Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO und zur Beurteilung der Wirksamkeit Allgemeiner Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung) und große Fragen (etwa zur ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts) und bietet Lösungen zu Problemen der Grundlagenforschung (Verankerung der zivilprozessualen Dispositionsmaxime) wie auch der anwaltlichen Praxis (Handhabung der Teilklage im Bereich der Prozesstaktik und des Kostenhilferechts).

B.  Gegenstand der Untersuchung Die Arbeit beschäftigt sich mit Teilklagen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowohl im Rahmen der innerstaatlichen als auch der grenzüberschreitenden Rechtsverfolgung. Im Bereich des Kostenhilferechts beschränkt sich die Darstellung auf die Leistungen eines Rechtsschutzversicherers sowie Leistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Von immenser praktischer Bedeutung sind freilich auch die Regelungen zur Verfahrenskostenhilfe gemäß §§ 76 ff. FamFG. 3 

Vgl. dazu unten S. 109.



C.  Gang der Untersuchung

3

Hier finden die zu untersuchenden Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, vergleiche § 76 Abs. 1 FamFG.

C.  Gang der Untersuchung Die Untersuchung zum Wesen der Teilklage wird deren Grundlagen, Chancen und Risiken betrachten. Die vorgefundenen Ergebnisse werden schließlich in die Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts eingeordnet. Zu den Grundlagen der Teilklage zählt zunächst eine Auseinandersetzung mit deren Zulässigkeit im Zivilprozessrecht. Eine Annäherung auf rechtsdogmatischen, rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Wegen wird zeigen, dass sich die Anerkennung von Teilklagen stets auf die zivilprozessuale Dispositionsmaxime zurückführen lässt. Nach einer Erläuterung der maßgeblichen Begriffe und Kategorien folgt eine Untersuchung zum Gegenstand der Teilung im Fall einer Teilklage. Die hier aufgestellte These soll anhand der einzelnen Rechtsschutzformen verifiziert werden. Abschließend werden Feststellungen zum Streitgegenstand und Streitwert einer Teilklage getroffen. Auf diese Grundlagen kann im weiteren Verlauf der Arbeit zurückgegriffen werden. Um die mit einer Teilklage verbundenen Vorzüge zu erarbeiten, werden zunächst Grundzüge und Grenzen der Prozesstaktik vorgestellt. Danach werden prozessuale Figuren und Institute erläutert, bei denen infolge der Beschränkung auf eine Teilklage eine Verbesserung der Rechtsstellung des Klägers eintreten kann. Dazu zählen Fragen der Rechtshängigkeit, der sachlichen Zuständigkeit von Gerichten, der Zulässigkeit von Rechtsbehelfen, der Art des Verfahrens, der Vollstreckbarkeit, der Gegenangriffsmöglichkeiten des Beklagten sowie des Prozesskostenrisikos. Da es sich bei der Teilklage um eine Querschnittsmaterie handelt, sind die einzelnen Institute zunächst in ihrem Wesen und Zweck zu untersuchen, soweit dies für die Ausführungen zur Teilklage erforderlich ist. Danach werden die prozesstaktische Relevanz sowie die Zulässigkeit der Beschränkung auf eine Teilklage erörtert. Um die Risiken der Teilklage darzustellen, ist zunächst die thematische Einbettung ins Kostenhilferecht aufzubereiten. Dazu wird der Zugang zu den Gerichten im Spannungsfeld zwischen verfassungsrechtlicher Gewährleistung und Finanzierbarkeit vorgestellt. Für das Recht der Prozesskostenhilfe sowie der Rechtsschutzversicherung wird die Verweisung auf eine Teilklage als prozesskostensparende Verhaltensanforderung untersucht. Ob dies zumutbar ist, kann sich nur in einer Betrachtung aller mit der Beschränkung auf eine Teilklage einhergehenden prozessualen und materiellrechtlichen Nachteile zeigen. Dazu werden Probleme der ordnungsgemäßen Klageerhebung, der Verbindung mit einer Stufenklage, der Reichweite von Rechtshängigkeit und Rechtskraft, der Nachschiebung des zunächst nicht eingeklagten Teils, der Beteiligung Dritter

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Einleitung

am Rechtsstreit, der sachlichen Zuständigkeit von Gerichten, der Zulässigkeit von Rechtsbehelfen, der Art des Verfahrens, der materiellrechtlichen Gegenrechte des Beklagten sowie der Senkung von Prozesskosten erörtert. In jedem dieser Abschnitte sind die Grundlagen der einzelnen Institute darzulegen, soweit dies für das Verständnis der Probleme im Bereich der Teilklage erforderlich ist. Auch sind für Beeinträchtigungen der klägerischen Rechtsstellung Lösungsvorschläge zu entwickeln. Angesichts dessen kann die Frage beantwortet werden, ob den Verhaltensanforderungen im Bereich der Prozesskostenhilfe sowie der Rechtsschutzversicherung eine Verweisung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage zu entnehmen ist. Abschließend werden die Erkenntnisse vor dem Hintergrund der ökonomischen Theorie des Rechts gewürdigt. Dazu sind zunächst deren Relevanz für rechtswissenschaftliche Forschungsfragen sowie die maßgeblichen Konzeptionen und Begriffe vorzustellen. Die Unterscheidung nach positiver und normativer ökonomischer Theorie des Rechts soll sich dann in den Schwerpunkten dieser Arbeit, den Chancen der Teilklage als prozesstaktisches Mittel sowie den Risiken der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung im Bereich der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung, widerspiegeln.

Kapitel 1

Die Grundlagen der Teilklage Um das Wesen der Teilklage zu erforschen, wird zunächst ein grundlegendes Verständnis für die Zulässigkeit der Teilklage (A.), die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe und Kategorien (B.) sowie den Gegenstand der Teilung (C.) geschaffen. In allgemeinem Rahmen werden zudem Fragen der Reichweite des Streitgegenstands (D.) und der Ermittlung des Streitwerts bei Teilklagen (E.) geklärt.

A.  Die Zulässigkeit von Teilklagen Die Gegenwärtigkeit der Teilklage in der zivilprozessualen Praxis verleitet dazu, ihre Zulässigkeit nicht zu untersuchen. So liest man die ebenso knappe wie pauschale Feststellung, die „grundsätzliche Zulässigkeit“ von Teilklagen sei „allgemein anerkannt“.1 Dies genügt nicht zur Ergründung des Wesens der Teilklage. Daher soll im Folgenden zunächst die Verankerung der Teilklage in der zivilprozessualen Dogmatik untersucht werden (I.). Anschließend werden die Rechtsgeschichte (II.) und ausländische Rechtsordnungen (III.) zu einer vergleichenden Betrachtung herangezogen. Für die Zwecke dieses Abschnitts ist der Begriff der „Zulässigkeit“ von Teilklagen nicht als das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen zu verstehen. Es geht um die vorgelagerte Frage, ob eine Prozessordnung Teilklagen dergestalt anerkennt, dass sie für den Kläger eine sinnvolle, nicht sanktionierte prozessuale Handlungsmöglichkeit darstellen. I.  Rechtsdogmatischer Befund 1.  Fehlende Positivierung Bis 31. 12. 1980 war die Erhebung einer Teilklage noch im Armenrecht als Vorläufer des Rechts der Prozesskostenhilfe angelegt.2 Heute findet sich in der ZPO keine ausdrückliche Regelung mehr. Das Vorhandensein der Teilklage lässt sich allenfalls erahnen: So kann einer quantitativen Erweiterung des Klageantrags 1 

Ohne weitere Belege etwa Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 188. wenn […] eine […] Partei […] nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde“, § 114 Abs. 1 S. 2 Var. 2 ZPO a. F., BGBl. I 1950, 544. Vgl. dazu unten S. 106. 2 „[…]

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

gemäß § 264 Nr. 2 ZPO eine Teilklage vorausgegangen sein.3 Demgegenüber sieht das Gesetz an anderen Stellen durchaus eine Vornahme von Teil-Prozesshandlungen vor (für das Teilanerkenntnis vergleiche § 307 S. 1 Var. 2 ZPO, für das Teilurteil vergleiche § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO). Für sonstige Prozesshandlungen finden sich keine entsprechenden Regelungen. Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage soll daher anhand allgemeiner Grundsätze untersucht werden. 2.  Ausdruck der Dispositionsmaxime Als Ausdruck der Dispositionsmaxime4 können die Parteien über den Streitgegenstand und das Verfahren hierüber frei verfügen.5 Dieser Grundsatz gilt nicht nur im nationalen, sondern auch im europäischen Zivilprozessrecht.6 Es steht allein dem Kläger zu, ein Verfahren einzuleiten, den Anspruch also entweder gerichtlich geltend zu machen oder dies nicht zu tun.7 Daneben ist er auch befugt, die Reichweite des Streitgegenstands zu bestimmen.8 Somit entscheidet er darüber, welchen Teil seines Anspruchs er wann gerichtlich geltend macht. In diesem Sinne wird die Erhebung einer Teilklage als Ausdruck des Grundsatzes der Parteiherrschaft im Zivilprozess für zulässig erachtet.9 Dennoch wird die Zulässigkeit von Teilklagen eingeschränkt. Ausgangspunkt ist eine Abwägung der Dispositionsmaxime mit gegenläufigen Interessen, namentlich der Prozessökonomie10 und der Schutzwürdigkeit des Beklagten.11 3  Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 442 zu § 240 Nr. 2 CPO; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 5 zu § 268 Nr. 2 ZPO a. F.; Zeiss, NJW 1968, 1305 zu § 268 Nr. 2 ZPO a. F. 4  Für beispielhafte Normen der ZPO vgl. den umfassenden Überblick bei Brüggemann, Judex statutor und judex investigator, 1968, S. 103. 5  Bettermann, ZZP 91 (1978), 365, 387; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 73; A. Bruns, ZZP 124 (2011), 29, 35; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 76 Rn. 1; Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 35; Pohlmann, Zivilprozessrecht, 32014, § 2 Rn. 52; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 290 f.; Schreiber, Jura 1988, 190. 6  A. Bruns, in: A. Bruns/Münch/Stadler (Hrsg.), Die Zukunft des Zivilprozesses, 2014, S. 53, 58. 7  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 74; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 296; Schreiber, Jura 1988, 190, 191. 8  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 77 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 76 Rn. 3; Pohlmann, Zivilprozessrecht, 32014, § 2 Rn. 55; Schreiber, Jura 1988, 190, 192. 9  Batsch, ZZP 86 (1973), 254; Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 18; Eckardt, Jura 1996, 624; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 1 f.; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 353; Hess, Zivilprozessrecht, 302011, § 24 Rn. 9; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 452; Zeiss, NJW 1968, 1305. 10  Adolphsen, Zivilprozessrecht, 52016, § 8 Rn. 28: „Interesse des Staates am sparsamen Einsatz von Justizressourcen“; R. Bruns, Zivilprozeßrecht, 21979, Rn. 235a: „Möglichkeit einer unerwünschten Mehrheit von Prozessen“. 11  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 473–476; schon Jastrow, ZZP 9 (1886), 385, 395: „das Verfahren muthet dem Beklagten eine doppelte Einlassung, dem Gericht eine doppelte Entscheidung zu“; Zeiss, NJW 1968, 1305.



A.  Die Zulässigkeit von Teilklagen

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Worin eine solche Interessenabwägung wurzelt und wie dies mit der Dispositionsmaxime als Verfahrensgrundsatz in Einklang zu bringen ist, wird in der Literatur bislang kaum erörtert und soll im Folgenden untersucht werden. a.  Verfassungsrechtliche Verortung der Dispositionsmaxime Nur bei genauer Verortung der Dispositionsmaxime können ihre Erscheinungsformen und Beschränkungen im Allgemeinen sowie die Zulässigkeit der Teilklage und entsprechende Ausnahmen im Besonderen dogmatisch begründet werden. Die Dispositionsmaxime wird dazu als prozessuale Seite der materiellrechtlichen Privatautonomie aufgefasst.12 Privatautonomie steht im eigentlichen Sinne des Wortes für die Freiheit der Selbstbestimmung über persönliche Rechtsverhältnisse (privat von lateinisch privatus = gesondert; Autonomie von griechisch autonomía = Selbständigkeit, aus autós = selbst und nómos = Gesetz). Damit ist etwa die Vertragsfreiheit ein wesentlicher Bestandteil der Privatautonomie.13 Diese Selbstbestimmung wäre wirkungslos, könnte das Individuum seine Rechte nicht mithilfe der staatlichen Rechtsordnung und der monopolisierten staatlichen Gewalt in Gestalt der Gerichte durchsetzen.14 Die Dispositionsmaxime ist somit die unverzichtbare prozessuale Seite der Privatautonomie. Privatautonomie und Vertragsfreiheit sind jedenfalls15 Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG,16 also der Freiheit, „innerhalb der Schranken der Rechtsordnung und der guten Sitten alles zu tun, was anderen nicht schadet“.17 Daher ist es nur konsequent, auch die Dispositionsmaxime in Art. 2 Abs. 1 GG verankert zu sehen.18 12  BVerfG,

Beschl. v. 25. 07. 1979 – 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 153; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 73; A. Bruns, ZZP 124 (2011), 29, 35; Gaier, NJW 2013, 2871, 2872; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 76 Rn. 1; Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 35; Pohlmann, Zivilprozessrecht, 32014, § 2 Rn. 52; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 312; MüKo-BGB/Säcker, Einleitung Rn. 8; Stürner/Stadler, in: Gilles (Hrsg.), Anwaltsberuf und Richterberuf in der heutigen Gesellschaft, 1991, S. 173, 182. 13  H. Huber, Vertragsfreiheit, 1966, S. 11 f.; Isensee, HStR VII, 32009, S. 207, § 150 Rn. 1, 9. 14  Isensee, HStR VII, 32009, S. 207, § 150 Rn. 21, 95. Vgl. dazu unten S. 91 f. 15  Über das Verhältnis zu anderen Grundrechten und die Schwierigkeit der grundrechtsthematischen Zuordnung Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 288–304. 16  Grundlegend BVerfG, Urt. v. 16. 01. 1957 – 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32, 36 f.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 12. 11. 1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57, BVerfGE 8, 274, 328; BVerfG, Beschl. v. 16. 05. 1961 – 2 BvF 1/60, BVerfGE 12, 341, 347; BVerfG, Beschl. v. 04. 06. 1985 – 1 BvL 12/84, BVerfGE 70, 115, 123; BVerfG, Beschl. v. 14. 01. 1987 – 1 BvR 1052/79, BVerfGE 74, 129, 151 f. 17  Entwurf eines Grundgesetzes, in: Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen (Hrsg.), Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948, 1948, Art. 2 Abs. 2. 18  Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 36 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht,

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

b.  Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage Damit fällt die Erhebung einer Teilklage in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Für die Frage des Eingriffs soll ein augenscheinliches, wenn auch extremes Beispiel helfen: Bei einer Gesamtforderung von 1.000 Euro erhebt ein Kläger 1.000 Teilklagen jeweils auf Verurteilung zur Zahlung von 1 Euro. Hier überwiegen die Interessen der Prozessökonomie und die Schutzwürdigkeit des Beklagten die Dispositionsfreiheit des Klägers. Problematisch ist, wie eine Abweisung dieser Teilklagen etwa wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens19 oder auch eine Verbindung gemäß § 147 ZPO mit der grundrechtlich verbürgten Dispositionsfreiheit vereinbart werden können. Ein Eingriff liegt nach modernem Verständnis vor, wenn staatliches Handeln ein grundrechtlich geschütztes Verhalten erschwert oder unmöglich macht.20 Die Gerichte sind als Träger hoheitlicher Gewalt an die Grundrechte gebunden, vergleiche Art. 1 Abs. 3 GG.21 Fraglich ist bereits, ob die oben dargestellte Abweisung von Teilklagen wegen Unzulässigkeit einen Eingriff darstellt. Ebenso könnte die dem zugrunde liegende Interessenabwägung nur Ausdruck einer Ausgestaltung des grundrechtlichen Schutzbereichs sein. Dies ist kein Eingriff, „solange nicht eine Grundrechtsposition entzogen, verkürzt oder auf andere Weise beeinträchtigt wird“.22 Die Privatautonomie in Gestalt der Dispositionsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist ein Grundrecht, dessen Ausübung bestimmter verfahrensrechtlicher Ausgestaltungen durch den Gesetzgeber bedarf.23 Dies ist namentlich in der Bereitstellung einer funktionierenden Rechtspflege zu sehen, mittels derer Individuen ihre subjektiven Rechte durchsetzen können – nicht zuletzt als Ausfluss des Verbots der Selbstjustiz und dem daraus rührenden (selbst ausgestaltungsbedürftigen24) Justizgewährungsanspruch, vergleiche Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.25 Mit Erhebung einer Klage wird ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem 172010,

§ 1 Rn. 28; Stürner, FS Baur, 1981, S. 647, 651 f.; Stürner/Stadler, in: Gilles (Hrsg.), Anwaltsberuf und Richterberuf in der heutigen Gesellschaft, 1991, S. 173, 181. 19  Vgl. dazu unten S. 45 f. 20  Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313. 21  So schon Dürig, FS Nawiasky, 1956, 157. 22  Hufen, Grundrechte, 52016, § 8 Rn. 2; ebenso Hoffmann-Riem, in: Bäuerle/Hanebeck/ Hausotter u. a. (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht?, 2004, S. 53, 58; Peine, HGR III, 2009, S. 87, § 57 Rn. 58; krit. dazu Hillgruber, HStR IX, 32011, S. 981, § 200 Rn. 63–66. 23 Allg. dazu Arnold, Die grundrechtliche Schutzbereichsbegrenzung, 2011, S. 23; von Coelln, in: Gröpl/Windthorst/von Coelln, Grundgesetz, 32017, Vorbemerkung Grundrechte Rn. 97; für die Privatautonomie BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89, BVerfGE 89, 214, 231 f.; für die Vertragsfreiheit Degenhart, HGR III, 2009, S. 257, § 61 Rn. 26, 43; Flume, Allgemeiner Teil II, 41992, S. 18 f.; Hillgruber, HStR IX, 32011, S. 981, § 200 Rn. 74; krit. Kahl, AöR 131 (2006), 579, 602–604. 24  Degenhart, HGR III, 2009, S. 257, § 61 Rn. 29. 25  BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1993 – 1 BvR 249/92, BVerfGE 88, 118, 123 f.; A. Bruns, ZZP 124 (2011), 29, 33.



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Gericht begründet. Die Parteien unterwerfen sich den Normen und Verfahrensprinzipien der Zivilprozessordnung. Damit werden sie nicht ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG beraubt.26 Diese wird vielmehr durch die Prinzipien und Formalisierungen des Zivilprozesses als „verfahrensrechtliche Vorkehrungen“27 konkretisiert. Die Ausgestaltung des Zivilprozesses und die dahinterstehenden Wertungen und Verfahrensgrundsätze lassen einen angemessenen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen zu. Sie genügen damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Grundrechtsausgestaltung.28 Im Rahmen des beschriebenen Prozessrechtsverhältnisses können der Ausübung der klägerischen Dispositionsfreiheit Belange der Prozessökonomie und die Schutzwürdigkeit des Beklagten29 entgegenstehen. Eine Abwägung im Einzelfall (vergleiche auch den oben beschriebenen Extremfall) kann die Dispositionsfreiheit hinter Interessen der Prozessökonomie oder des Beklagtenschutzes zurücktreten lassen, sodass eine Teilklage unzulässig ist. 3. Ergebnis Die Teilklage ist zwar nicht ausdrücklich in der Zivilprozessordnung geregelt, ihre Zulässigkeit ist aber Ausdruck der Dispositionsmaxime im Zivilprozess. Die Dispositionsmaxime ist als Teil der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG verankert. In dessen Schutzbereich fällt die Erhebung einer Teilklage. Eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen kann eine Ausgestaltung dieses Schutzbereichs darstellen. Das so aufbereitete dogmatische Umfeld der Teilklage dient als Grundlage für weitere Wertungsentscheidungen. II.  Rechtshistorischer Befund Historische Abrisse erfüllen keinen Selbstzweck, sondern haben nur dort Berechtigung, wo sie zum Erkenntnisgewinn beitragen. An dieser Stelle soll untersucht werden, wie ausgewählte historische Zivilprozessordnungen mit der Teilklage umgingen und welche Rückschlüsse sich daraus für unsere heutige Zeit ableiten lassen.

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So aber Brüggemann, Judex statutor und judex investigator, 1968, S. 171 f. Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7, 29. 28 Grundlegend Degenhart, HGR III, 2009, S. 257, § 61 Rn. 49 f.; Gellermann, Grundrechte, 2000, S. 308 ff. 29  Beachte hier auch die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts, BVerfG, Beschl. v. 25. 07. 1979 – 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 154. 27 

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

1.  Römisches Zivilprozessrecht a.  Grundlagen des Verfahrensablaufs In der Geschichte des römischen Zivilprozessrechts kommt dem Formularverfahren wesentliche Bedeutung zu.30 Dieses Verfahren war zweigeteilt: Vor dem Gerichtsmagistrat (in iure) wurde über die Streiteinsetzung (litis contestatio)31 entschieden. Der vom Kläger vorgebrachte streitige Stoff an Tatsachen- und Rechtsfragen wurde neben dem Namen des Richters in eine Prozessformel (formula) gefasst und kennzeichnete damit die actio, die Klage. Schließlich (apud iudicem) erhob das Urteilsgericht Beweis und fällte das Urteil.32 Die Prozessformeln unterlagen einem strengen Aufbau und setzten sich aus bestimmten Klauseln zusammen. Dazu zählten etwa die demonstratio (Sachverhaltsbeschreibung), die intentio (Klagantrag, der das Begehren des Klägers zusammenfasst) und die condemnatio (Ermächtigung des Richters zur Verurteilung oder Freisprechung des Beklagten), wobei eine formula nicht zwingend jede dieser Klauseln enthalten musste.33 b.  Zulässigkeit und Zweck der Teilklage Im Formularverfahren war die Erhebung einer Teilklage als minus petere anerkannt. Ihre Behandlung hing davon ab, in welcher der Klagen und Klauseln sie Eingang fand. Dazu war zunächst zu unterscheiden zwischen jenen Klagen, mit denen in der condemnatio eine unbestimmte Geldsumme (actiones incerti) verlangt wird und solchen Klagen, mit denen eine bestimmte Geldsumme (actiones certi) verlangt wird.34 Bei letzteren konnte ein genau bestimmter Teil des Ganzen eingeklagt werden. Nahm der Kläger in die demonstratio weniger auf, als er verlangen konnte, sind die Rechtsfolgen nicht eindeutig. Zum einen wird berichtet, die Klage werde abgewiesen, der Kläger könne aber erneut klagen, indem er den gesamten Anspruch in die demonstratio aufnehme.35 Andererseits war wohl anerkannt, dass eine solche Teilklage ebenso wie eine Restklage zulässig sei.36 In der intentio konnte der Kläger zwar grundsätzlich weniger beantragen als ihm zustand,37 allerdings stand einer Restklage die Einrede des

30 Einführend

Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 1 Rn. II.1. Zur Entwicklung des Begriffs vgl. Keller, Litis Contestation, 1827, S. 1–9. 32  Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 24 Rn. I. 33  Gaius, 4, 39–44. 34  Ders., 4, 49. 35  Gaius, 4, 58; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 46 Rn. I. 36  Gaius, 4, 59; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 46 Rn. I; Schweppe, Römische Rechtsgeschichte, 31832, S. 957. 37  P. Krüger, Consumtion, 1864, S. 62. 31 



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geteilten Streitgegenstands (exceptio litis dividuae) entgegen: Der gleiche Prätor konnte sie nicht mehr gewähren.38 Die Zulassung der Teilklage diente einem legitimen Zweck: Sie sollte die prozessuale Gefahr einer Zuvielforderung (pluris petitio) abschwächen. Nach der Streiteinsetzung durch den Gerichtsmagistrat konnte das Urteilsgericht der Klage aufgrund der entsprechend gefassten formula entweder nur zur Gänze stattgeben oder sie abweisen.39 Eine Teilverurteilung kam nicht in Betracht.40 Vollständig abgewiesen wurde die Klage daher, wenn der Kläger (auch unbewusst) im Rahmen der intentio41 mehr einklagte, als ihm tatsächlich zustand.42 Dies war umso misslicher, als er im Anschluss keine reduzierte Klage mehr erheben konnte: Sein Klagerecht war bereits mit der Streiteinsetzung konsumiert.43 2.  Der Weg zur Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 a.  Entstehungsprozess einer einheitlichen Zivilprozessordnung Die Civilprozeßordnung44 selbst enthielt keine Bestimmung über die Teilklage. Soweit ersichtlich war die Teilklage auch nicht Gegenstand der Beratungen des Reichstags und seiner Kommission zum Entwurf der Civilprozeßordnung und dessen Begründung.45 Auch eine Untersuchung früherer Entwürfe für ein einheitliches Prozessrecht ist nicht aufschlussreich: Weder der Entwurf einer allgemeinen Civilprozeßordnung für die deutschen Bundesstaaten von 1866 (Hannoverscher Entwurf)46 noch der Entwurf einer Civilprozeßordnung für den Norddeutschen Bund von 1870 (Norddeutscher Entwurf)47 sowie der Preußische Justizministerialentwurf einer deutschen Civilprozeßordnung von 1871 (Entwurf I)48 trafen Aussagen über die Zulässigkeit der Teilklage.

38  Gaius, 4, 56; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, §  46 Rn. II.1; Schweppe, Römische Rechtsgeschichte, 31832, S. 957. 39  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 12. 40  Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 46 Rn. II.1. 41  Eine Zuvielforderung im Rahmen der demonstratio war unschädlich: Die Klage konnte mit eingeschränkter Sachverhaltsbeschreibung erneut erhoben werden, vgl. Gaius, 4, 58; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 46 Rn. I. 42  Gaius, 4, 53, 53a; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 4 Rn. 7. 43  Gaius, 3, 180 f.; 4, 107; Kaser/Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 21996, § 42 Rn. III.1; Keller, Litis Contestation, 1827, S. 82. 44  RGBl. 1877, 83. 45  Nachzulesen bei Hahn, Materialien II, 1880, S. 507 ff. 46  Nachzulesen bei Dahlmanns, Neudrucke II, 1971, S. 59 ff. 47  Nachzulesen bei Schubert, Protokolle Norddeutscher Bund, 1985, S. 2379 ff. 48  Nachzulesen bei Dahlmanns, Neudrucke II, 1971, S. 251 ff.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

Der Civilprozeßordnung könnte unausgesprochen die Zulässigkeit von Teilklagen zugrunde liegen. Tatsächlich wird die Teilklage in den Protokollen der sogenannten Hannoverschen Kommission erwähnt. Diese beriet in der 138. Sitzung vom 12. Oktober 1863 über den Zeugenbeweis und hegte gegenüber diesem Beweismittel gerade im Vergleich zum Urkundsbeweis Misstrauen. Dies lag in einer angestrebten Prozessvereinfachung und der Furcht vor der Unzuverlässigkeit menschlichen Erinnerungsvermögens begründet. Demzufolge sollte der Zeugenbeweis nach französischem Vorbild nur bis zu einem bestimmten Streitwert zugelassen werden.49 Um eine Umgehung dieser Wertgrenze zu unterbinden, wurde auch eine Regelung zur im Grundsatz zulässigen Teilklage vorgeschlagen: „Der nach dem Betrage des Gegenstandes des Rechtsgeschäftes unzulässige Zeugenbeweis bleibt auch in dem Falle ausgeschlossen, wenn nur ein Theil oder Rest des Anspruches geltend gemacht […] wird“50 beziehungsweise nach bayerischem Vorbild „wenn sich aus der Verhandlung ergiebt, daß der den Betrag von 150 Gulden nicht übersteigende Streitgegenstand nur als Theil einer Forderung zu betrachten ist, welche im Ganzen mehr als 150 Gulden beträgt oder ursprünglich betragen hat“51. Diese Einzelregelungen wurden nach ausführlicher Beratung abgelehnt,52 ohne damit eine Aussage über die generelle Unzulässigkeit von Teilklagen treffen zu wollen. b.  Kodifikationen der Einzelstaaten Nur wenige Prozessordnungen und entsprechende Entwürfe treffen überhaupt Aussagen zur Teilklage. Vorrangig kommt darin das Bestreben zum Ausdruck, eine Umgehung von Wertgrenzen zu verhindern. Nach dem Entwurf einer bayerischen Prozessordnung sollte die Unzulässigkeit des Zeugenbeweises ab einem bestimmten Streitwert auch dann gelten, „wenn sich aus der Verhandlung ergibt, daß der den Betrag von einhundert fünfzig Gulden nicht übersteigende Streitgegenstand nur als Theil einer Forderung zu betrachten ist, welche im Ganzen mehr als einhundert fünfzig Gulden beträgt oder ursprünglich betragen hat“.53 Diese Regelung fand sich sinngemäß auch in § 368 des Entwurfs einer Civil-Proceß-Ordnung für das Herzogtum Nassau von 1849 sowie § 414 des Entwurfs einer Civil-Proceß-Ordnung für den Preußischen Staat von 1848.54 Die schließlich in Kraft getretene Bayerische Prozessordnung enthielt eine solche Bestimmung nicht mehr, dafür aber eine Regelung zur Zuständigkeit der 49 

Nachzulesen bei Schubert, Protocolle Deutsche Bundesstaaten, 1985, S. 2251–2300. Nachzulesen bei dems., Protocolle Deutsche Bundesstaaten, 1985, S. 2259. 51  Nachzulesen bei dems., Protocolle Deutsche Bundesstaaten, 1985, S. 2251. 52  Nachzulesen bei dems., Protocolle Deutsche Bundesstaaten, 1985, S. 2300. 53  Art. 371 Nr. 2 des Entwurfs einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern, 1861. 54  Nachzulesen bei Schubert, Kodifikationsgeschichte, 1994, S. 165. 50 



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sogenannten Einzelngerichte (Stadt- und Landgerichte). Diesen Gerichten waren Klagen zugewiesen, „welche in der Hauptsache an Geld oder Geldeswerth nicht über hundertfünfzig Gulden ohne Einrechnung der Zinsen, Kosten und Nutzungen betreffen“.55 Zugleich waren ihnen streitwertunabhängig entzogen: „Klagen […] auf Theilzahlungen, wenn das Hauptrecht selbst bestritten ist und den Werth von hundertfünfzig Gulden übersteigt“.56 Auch in den Regelungen des Gerichtsverfassungsrechts zur sachlichen Zuständigkeit von Gerichten findet sich eine Wertgrenze. Bereits § 23 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 187757 wies den Amtsgerichten Streitigkeiten mit einem Streitwert bis einschließlich 300 Mark zu. Entsprechende Bestimmungen fanden sich schon zuvor in den Gerichtsverfassungsgesetzen Österreichs,58 Rheinpreußens,59 Hannovers,60 Schleswigs und Holsteins,61 Frankfurt a. M.,62 Bayerns,63 Württembergs64 und Badens.65 Auch diese Wertgrenzen könnten durch Teilklagen umgangen werden. Dieser Ansatz spiegelt sich zwar weder in den Motiven des Regierungsentwurfs zum Gerichtsverfassungsgesetz66 noch in den Beratungen der Justizkommission des Deutschen Reichstags67 wider. Nach österreichischem Gerichtsverfassungsrecht jedoch sollte mit einer Aufteilung der Forderung die Wertgrenze für die sachliche Gerichtszuständigkeit nicht umgangen werden können.68 c. Ergebnis Aus diesen Erwähnungen der Teilklage lässt sich folgern, dass deren Zulässigkeit im 19. Jahrhundert anerkannt war. In diesem Bewusstsein wurde auch die Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 geschaffen. Hätte der historische Gesetzgeber Teilklagen für unzulässig erachtet, hätte er dies explizit zum Ausdruck gebracht. Vielmehr ist die Zulässigkeit von Teilklagen unter der Civil55  Art. 3 der Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern, 1869, nachzulesen bei Dahlmanns, Neudrucke IV, 1975, S. 1. 56  Art. 5 Nr. 3 Var. 3 der Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern, 1869, nachzulesen bei dems., Neudrucke IV, 1975, S. 2. 57  RGBl. 1877, 41. 58  Fecht, Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 22. 59  Ders., Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 162. 60  Ders., Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 188. 61  Ders., Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 207. 62  Ders., Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 224. 63  Ders., Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 244. 64  Ders., Gerichtsverfassungen II, 1868, S. 341 f. 65  Ders., Gerichtsverfassungen II, 1868, S. 370, 374. 66  Nachzulesen bei Hahn, Materialien I, 1879, S. 68 f., 94 f. 67  Nachzulesen bei dems., Materialien I, 1879, S. 439–444, 763–765. 68  Fecht, Gerichtsverfassungen I, 1868, S. 22 f.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

prozeßordnung Ausdruck der Befugnis der Parteien, frei über den Streitgegenstand zu verfügen. Die Dispositionsmaxime war ein der Civilprozeßordnung inhärenter Grundsatz und kam etwa in den Vorschriften zur Antragsbindung des Gerichts gemäß §§ 279, 498, 522 CPO zum Ausdruck.69 Damit übernahm der historische Gesetzgeber die liberalen Ausprägungen des gemeinen Rechts,70 das die „Willensentschließungen der Parteien“ sowohl im Privat- als auch Prozessrecht für maßgeblich erachtete.71 3. Ergebnis Teilklagen waren im römischen Formularverfahren ein Mittel zur Risikobegrenzung.72 Dieser Schutzzweck ist in der heutigen Zivilprozessordnung überholt. Das Gericht kann im Rahmen des § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO bei erwiesener Zuvielforderung dem Kläger auch weniger zusprechen als beantragt.73 Daher lassen sich aus der Zulassung der Teilklage im römischen Formularverfahren keine unmittelbaren Rückschlüsse für die gegenwärtige Diskussion ziehen. Aufschlussreicher ist die Entstehungszeit der Civilprozeßordnung. Der Gesetzgeber ließ sich von liberalen Vorstellungen leiten und unterstreicht die Bedeutung der Parteiherrschaft im Prozess. Mit diesem Verständnis wird deutlich, dass die fehlende Kodifikation der Teilklage in der heutigen Zivilprozessordnung keine Zweifel an deren Zulässigkeit wecken kann. III.  Rechtsvergleichender Befund Ein Blick in andere Rechtsordnungen soll zeigen, dass das deutsche Zivilprozessrecht mit der Zulässigkeit der Teilklage ohne ausdrückliche Erwähnung einen Mittelweg geht. Als Extrempositionen sind einerseits eine Kodifikation der Zulässigkeit, andererseits ein „Verbot der Teilklage“74 denkbar. Dafür sollen im Folgenden exemplarische Rechtsordnungen untersucht und Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage im deutschen Zivilprozessrecht gezogen werden.

69 

Damrau, Prozessmaximen, 1975, S. 32 f. Brüggemann, Judex statutor und judex investigator, 1968, S. 41. 71  Wetzell, System des ordentlichen Zivilprozesses, 31878, S. 97 f., 114. 72  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 12 f. 73  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, §  132 Rn.  6; MüKo-ZPO/ Musielak, § 308 Rn. 8. 74 Zum Unbehagen angesichts der verbreiteten Verwendung dieses Begriffs vgl. unten S. 18 f. 70 



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1.  Schweizerische Zivilprozessordnung a. Grundlagen Das schweizerische Zivilprozessrecht hat in den vergangenen Jahren ein neues Gesicht erhalten. Zunächst waren seit der Bundesverfassung von 1848 grundsätzlich die Kantone im Bereich des Zivilprozessrechts gesetzgeberisch tätig geworden.75 Erst die Justizreform von 1999/2000 sah mit einer Änderung des Art. 122 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft76 die Gesetzgebungskompetenz des Bundes dafür vor. Die Änderung trat zum 1. Januar 2007 in Kraft. Die Reformbestrebungen mündeten am 1. Januar 2011 in die vereinheitlichte schweizerische Zivilprozessordnung.77 b.  Normierung der Teilklage Im Gegensatz zur deutschen Zivilprozessordnung hat die Teilklage in der schweizerischen Zivilprozessordnung eine explizite Regelung erfahren. Art. 86 ZPO hält unter der Überschrift „Teilklage“ fest: „Ist ein Anspruch teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden“. Allerdings sind Teilklagen bereits ungeachtet dieser Regelung zulässig. Dies war schon vor Inkrafttreten der vereinheitlichten Zivilprozessordnung anerkannt.78 Heute ergibt sich die Zulässigkeit von Teilklagen aus der Geltung des Dispositionsgrundsatzes gemäß Art. 58 Abs. 1 ZPO.79 c. Ergebnis Mit Rücksicht darauf ist die ausdrückliche Normierung der Teilklage in der schweizerischen Zivilprozessordnung hinsichtlich ihrer Zulässigkeit nicht kon75 

Sutter, Rechtseinheit, 1998, Rn. 1. BBl. 1999, 8633. 77  BBl. 2009, 21. Über den langen Weg zur Vereinheitlichung vgl. A. Staehelin/D. Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 22013, S. 12–16; Sutter, Rechtseinheit, 1998, Rn. 1–87; Sutter-Somm, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 32017, Rn. 28–43. 78  Als Folge getrennter Gesetzgebungszuständigkeiten für Zivilprozessrecht und Zivilrecht ließen sich prozessuale und materiellrechtliche Erklärungsansätze für die Zulässigkeit von Teilklagen ausmachen, vgl. einerseits Lutz, SJZ 1930/31, 45, 45 f.; Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 14 unter Verweis auf § 32 Abs. 1 ZPO (Schwyz) sowie § 173 ZPO (St. Gallen): „wird nur ein Teil einer Kapitalsforderung begehrt …“; andererseits Guldener, Schweizerisches Zivilprozeßrecht, 31979, S. 192 Fn. 4; Sutter, Rechtseinheit, 1998, Rn. 247–250. 79  Darauf verweist schon die Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl. 2006, 7221, 7288. Vgl. i. Ü. Berti, in: Fellmann/Weber (Hrsg.), Haftpflichtprozess 2010, 2010, S. 39, 42; Berti, Einführung in die schweizerische Zivilprozessordnung, 2011, Rn. 360; Oberhammer, in: Oberhammer/Domej/Haas (Hrsg.), Kurzkommentar ZPO, 22014, Art. 86 Rn. 1; A. Staehelin/D. Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 22013, S. 227; Sutter-Somm, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 32017, Rn. 302. 76 

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

stitutiver, sondern allenfalls deklaratorischer Natur. Art. 86 ZPO trifft weniger eine Aussage über die Zulässigkeit als vielmehr über die Voraussetzungen der Teilklage. Diese Voraussetzungen liegen im Bereich des materiellen Rechts und betreffen die Frage der Teilbarkeit eines subjektiven Rechts.80 2.  Englisches Zivilprozessrecht Die Zulässigkeit von Teilklagen ist keineswegs selbstverständlich. Unumwunden schreibt die Literatur dem englischen und US-amerikanischen Zivilprozessrecht ein „Verbot der Teilklage“81 zu. Dieser Feststellung liegt eine Befassung mit der jeweiligen Rechtskraftlehre zugrunde. Eine Untersuchung der Rechtskraftwirkung im englischen Zivilprozessrecht kann die Frage beantworten, ob und aus welchen Gründen die Teilklage dort „verboten“ ist. a. Rechtskraftlehre Die Rechtskraftlehre ist nicht im statute law kodifiziert, sondern speist sich aus dem common law.82 Hier wird sie unter dem Begriff res judicata (lateinisch für abgeurteilte Rechtssache83) erörtert.84 Sie kennt diverse Ausprägungen, die ein Ziel eint: finality of litigation, die „Endgültigkeit von Streitentscheidungen“.85 Gegenstand einer Streitentscheidung ist die cause of action. Sie ist gegenüber dem Streitgegenstand nach deutschem Verständnis weiter gefasst und wird verstanden als “factual situation the existence of which entitles one person to obtain from the court a remedy against another person”.86 Dies ist nach unserem Begriffsverständnis, unserer dogmatischen Vorstellungskraft wenig greifbar87 80  Berti, in: Fellmann/Weber (Hrsg.), Haftpflichtprozess 2010, 2010, S. 39, 40–42; Bopp/ Bessenich, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 32016, Art. 86 Rn. 1; Oberhammer, in: Oberhammer/ Domej/Haas (Hrsg.), Kurzkommentar ZPO, 22014, Art. 86 Rn. 1b. 81  Otto, Rechtshängigkeitssperre, 2007, S. 225; Stürner, FS Schütze, 1999, S. 913, 922 zum englischen Recht; schon früh Josef Kohler, ZZP 14 (1890), 397, 407 ebenso zum englischen Recht; vgl. auch MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 126 zum US-amerikanischen Recht; ebenso G. Fischer, FS Henckel, 1995, S. 199, 201, 210 f. für den angloamerikanischen Rechtsraum; ähnlich Engelmann-Pilger, Grenzen der Rechtskraft, 1974, S. 62 f. 82  Germelmann, Rechtskraft, 2009, S. 215. 83  Eingehend zum römischen Sprachgebrauch von Savigny, System VI, 1847, S. 298 f. 84  Einführend zur dogmatischen Verwurzelung der materiellen Rechtskraft als Ausprägung der estoppel-Lehre im Beweisrecht Cohn, FS Nipperdey I, 1965, S. 875, 876–878; Ritter, ZZP 87 (1974), 138, 166 f. 85  Green v Weatherill [1929] 2 Ch 213 [221] (Maugham J); Germelmann, Rechtskraft, 2009, S. 215; vgl. auch Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 1.12; Zuckerman, Civil Procedure, 32013, Rn. 25.1 ff., 25.64 ff. 86  Letang v Cooper [1965] 1 QB 232 (CA) 242–243 (Lord Diplock). 87  Erklärungsversuche finden sich bei Germelmann, Rechtskraft, 2009, S. 236; Spellen-



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und in der Tat auch in der englischen Rechtsprechung einzelfallabhängig.88 Die Ausprägungen der res judicata hinsichtlich dieser cause of action werden als Rechtskraft im engen und im weiten Sinne unterschieden.89 aa.  The traditional doctrine of res judicata Im engen Sinne verhindert die Rechtskraftwirkung einer früheren Entscheidung zweierlei: Zum einen darf sich eine Partei zur früheren Entscheidung nicht in Widerspruch setzen, zum anderen darf die gleiche cause of action nicht erneut geltend gemacht werden:90 “cause of action estoppel […] prevents a party to an action from asserting or denying, as against the other party, the existence of a particular cause of action, the non-existence or existence of which has been determined by a court of competent jurisdiction in previous litigation between the same parties. If the cause of action was determined to exist, i. e., judgment was given upon it, it is said to be merged in the judgment, or, for those who prefer Latin, transit in rem judicatam. If it was determined not to exist, the unsuccessful plaintiff can no longer assert that it does; he is estopped per rem judicatam”91

bb.  The extended doctrine of res judicata (abuse of process) Im weiten Sinne kommt die Rechtskraft eher einer Präklusionswirkung gleich, indem eine Partei mit neuem Vorbringen ausgeschlossen ist, das sie schon anlässlich einer früheren Streitigkeit hätte geltend machen können und müssen. Dieser Gedanke geht auf die Entscheidung Henderson v Henderson92 zurück: “where a given matter becomes the subject of litigation in, and of adjudication by, a Court of competent jurisdiction, the Court requires the parties to that litigation to bring forward their whole case, and will not (except under special circumstances) permit the same parties to open the same subject of litigation in respect of matter which might have been brought forward as part of the subject in contest, but which was not brought forward, only because they have, from negligence, inadvertence, or even accident, omitted berg, FS Henckel, 1995, S. 841, 846; Stürner, FS Schütze, 1999, S. 913, 920; Zeuner, FS Zweigert, 1981, S. 603, 604, 615. 88  Dementsprechend variieren die Definitionsversuche: “the act on the part of the defendant which gives the plaintiff his cause of complaint”, Jackson v Spittall (1870) LR 5 CP 542 [552] (Brett J); “every fact which is material to be proved to entitle the plaintiff to succeed, every fact which the defendant would have a right to traverse”, Cooke v Gill (1873) LR 8 CP 107 [116] (Brett J). 89  Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 1.15: “the traditional doctrine of res judicata and the extended doctrine of res judicata”. 90  Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 1.15; Germelmann, Rechtskraft, 2009, S. 245 f.; Hanif, Phipson on Evidence, 182013, 1509 ff.; Zuckerman, Civil Procedure, 32013, Rn. 25.64. 91  Thoday v Thoday [1964] P 181 (CA) 197–198 (Diplock LJ); vgl. auch Arnold v National Westminster Bank plc (No. 1) [1991] 2 AC 93 (HL) 104 (Lord Keith). 92  (1843) 3 Hare 100.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

part of their case. The plea of res judicata applies, except in special cases, not only to points upon which the Court was actually required by the parties to form an opinion and pronounce a judgment, but to every point which properly belonged to the subject of litigation, and which the parties, exercising reasonable diligence, might have brought forward at the time”93

Diese Präklusionswirkung erfasst eine neue cause of action, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Daher wird diese Regel (obwohl zunächst noch als Ausprägung der Rechtskraft formuliert) heute eher im Rahmen der weitergehenden Doktrin des abuse of process diskutiert:94 “The rule is not based on the doctrine of res judicata in a narrow sense, nor even on any strict doctrine of issue or cause of action estoppel. It is a rule of public policy based on the desirability, in the general interest as well as that of the parties themselves, that litigation should not drag on for ever and that a defendant should not be oppressed by successive suits when one would do. That is the abuse at which the rule is directed”95

b.  Kein „Verbot“ der Teilklage Fraglich ist, welche der oben erörterten Kategorien den Fall der rechtskräftigen Entscheidung über eine Teilklage erfasst. Die Rechtskraft im engen Sinne steht einer Restklage (als plea of merger oder plea of former recovery) entgegen, wenn 93 

Henderson v Henderson (1843) 3 Hare 100 [115] (Wigram VC); vgl. auch Taylor v Lawrence [2002] EWCA Civ 90, [2003] QB 528 [6] (Lord Woolf): “parties who are involved in litigation are expected to put before the court all the issues relevant to that litigation. If they do not, they will not normally be permitted to have a second bite at the cherry”; vgl. auch die eingehende Untersuchung in Johnson v Gore Wood & Co [2002] 2 AC 1 (HL). Über die Fehlinterpretation der Henderson-Regel und für ein neues Ausloten des Verhältnisses von res judicata und abuse of process Gary Watt, “The danger and deceit of the rule in Henderson v. Henderson: a new approach to successive civil actions arising from the same factual matter” [2000] 19 CJQ 287. Krit. zur Überspannung der Henderson-Regel auch Kenneth R. Handley, “A closer look at Henderson v. Henderson” [2002] 118 LQR 397. 94  Allg. zum Rechtsinstitut der “(Wide) Doctrine of Abuse of Process” Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 6.03 ff.; Fentiman, Abuse of procedural rights, 1999, S. 53, 54. Konsequent wehrt sich Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 6.18 auch gegen die Verwendung des Begriffs extended doctrine of res judicata in diesem Zusammenhang, verweist aber zugleich in Rn. 6.19 ff. auf die terminologische Uneinigkeit im case law. Vgl. auch Andrews, English Private Law, 32013, 1381: “This principle can be regarded as an adjunct to res judicata, linked by the unifying principle of finality. But it should not be confused as an aspect of res judicata”. Eine terminologische Klarstellung versuchte zuletzt Lord Sumption: “Res judicata and abuse of process are juridically very different. Res judicata is a rule of substantive law, while abuse of process is a concept which informs the exercise of the court’s procedural powers. In my view, they are distinct although overlapping legal principles with the common underlying purpose of limiting abusive and duplicative litigation. That purpose makes it necessary to qualify the absolute character of both cause of action estoppel and issue estoppel where the conduct is not abusive”, Virgin Atlantic Airways Ltd v Premium Aircraft Interiors UK Ltd, also known as: Virgin Atlantic Airways Ltd v Zodiac Seats UK Ltd (formerly Contour Aerospace Ltd) [2014] AC 160 [185]. 95  Barrow v Bankside Members Agency Ltd [1996] 1 WLR 257 (CA) 260 (Sir Bingham MR).



A.  Die Zulässigkeit von Teilklagen

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der eingeklagte Restbetrag und der zunächst geltend gemachte Teilbetrag eines materiellen Anspruchs die gleiche cause of action darstellen und insofern identisch sind. Sollten die verschiedenen Teile eines Anspruchs dagegen im Prozess als verschiedene causes of action verstanden werden, steht einer Restklage der Einwand des abuse of process entgegen, wenn der damit geltend gemachte Anspruchsrest bereits zum Zeitpunkt der früheren Teilklage hätte erhoben werden können und müssen. Der Terminus cause of action wurde bereits oben definiert, fraglich ist seine Reichweite im Fall von Teilklagen. Aufschlussreich ist die Entscheidung The Indian Grace.96 Hier machte der Kläger aus einem vertraglichen Schadensersatzanspruch zunächst einen Teilbetrag vor einem indischen Gericht geltend und bekam diesen zugesprochen. Der Restbetrag wurde vor einem englischen Gericht geltend gemacht – dies hatte sich der Kläger bereits im ersten Verfahren vorbehalten. Dabei handelte es sich aber nach Feststellung der Richter um die identische cause of action.97 Teilklagen entspringen jedenfalls im Vertragsrecht98 einer übergreifenden 96  Republic of India v India Steamship Co Ltd (The Indian Endurance and The Indian Grace) (No. 1) [1993] AC 410 (HL). 97 “[…] it is necessary to identify the relevant breach of contract; and if it transpires that the cause of action in the first action is a breach of contract which is the same breach of contract which constitutes the cause of action in the second, then the principle of res judicata applies, and the plaintiff cannot escape from the conclusion by pleading in the second action particulars of damage which were not pleaded in the first. […] The present case […] is rather concerned with a single incident, i. e., the fire during transit which broke out in the cargo over which the plaintiffs’ consignment of munitions was stowed, which resulted in the damage to that consignment and to loss (by jettison) of a small part of it. […] In these circumstances, I am satisfied that there is identity between the causes of action in the two sets of proceedings”, Republic of India v India Steamship Co Ltd (The Indian Endurance and The Indian Grace) (No. 1) [1993] AC 410 (HL) 420–421 (Lord Goff of Chieveley). Dass es sich hier um einen Fall mit Auslandsbezug handelt, schadet nicht: “it is a matter for English Law to determine whether the causes of action were the same”, India v India Steamship Co Ltd (The Indian Endurance and The Indian Grace) (No. 1) [1992] 1 Lloyd’s Rep 124 (CA) 132 (Leggatt LJ). Unter common law wurde die doctrine of merger nicht auf ausländische Urteile angewandt (non-merger rule), Hall v Odber (1809) 11 East 118 [124] (Lord Ellenborough CJ); Smith v Nicolls (1839) 5 Bing NC 208 [223] (Bosanquet J); Bank of Australasia v Harding (1850) 9 CB 661 [686–687] (Wilde CJ). Die entsprechende Wirkung führt section 34 of the Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982 herbei: “No proceedings may be brought by a person in England and Wales or Northern Ireland on a cause of action in respect of which a judgment has been given in his favour in proceedings between the same parties, or their privies, in a court in another part of the United Kingdom or in a court of an overseas country, unless that judgment is not enforceable or entitled to recognition in England and Wales or, as the case may be, in Northern Ireland”. 98  Bei deliktischen Ansprüche wird anders argumentiert: Hier müsse im Gegensatz zu vertraglichen Ansprüchen der Schaden bewiesen werden, Republic of India v India Steamship Co Ltd (The Indian Endurance and The Indian Grace) (No. 1) [1993] AC 410 (HL) 420 (Lord Goff of Chieveley). Daher begründeten verschiedene Schadensposten (trotz Verursachung durch dieselbe Verletzungshandlung) unterscheidbare causes of action. Die Rechtskraft eines Urteils über eine Schadensersatzklage wegen Eigentumsverletzung stehe damit einer weiteren Klage auf Ersatz des Schadens wegen Körperverletzung nicht entgegen, Brunsden v Humphrey (1884) 14 QBD 141 (CA) 148–149 (Bowen LJ). Allerdings führt die Aufteilung des Ersatzanspruchs

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

und einheitlichen cause of action. Ihr gegenüber erlangt der eingeklagte Anspruchsteil insofern keine Verselbständigung, keinen solchen Vorrang, als dass die Rechtskraft eines Urteils auf den abgeurteilten Teil beschränkt bliebe. Die Rechtskraft erfasst auch bei einem Urteil über eine Teilklage die gesamte cause of action und steht damit einer Restklage entgegen.99 Mit der den englischen Rechtsausführungen eigenen Bildhaftigkeit ausgedrückt: “a party is entitled to swallow two separate cherries in successive gulps, but not to take two bites at the same cherry”.100 Die englische Rechtskraftlehre vergällt dem Kläger die Erhebung einer Teilklage an sich.101 Mehr allerdings nicht: Die Erhebung einer Teilklage ist nicht etwa verboten. Dies ist vielmehr Ausdruck der auch im englischen Zivilprozessrecht verankerten Dispositionsmaxime.102 c. Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Teilklage im deutschen Zivilprozessrecht Im deutschen Recht bestimmen sich die objektiven Grenzen der Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nach dem Streitgegenstand.103 Dieser wiederum reicht nicht weiter als der klägerische Antrag, bei offenen wie verdeckten Teilklagen.104 Einer Restklage steht nicht die Rechtskraft der Entscheidung über die frühere Teilklage entgegen. Die Zivilprozessordnung bekennt sich damit zu einem vergleichsweise beschränkten Umfang der Rechtskraft. Der Gesetzgeber, dem die Entscheidung darüber obliegt,105 wandte sich bewusst gegen die ex-

wegen eines der Schadensposten letztlich zur gleichen Argumentation wie bei vertraglichen Ersatzansprüchen, Cartledge v E Jopling & Sons Ltd [1963] AC 758 (HL) 780 (Lord Pearce). 99  Vgl. auch Lord Bagot v Williams (1824) 3 B & C 235 [240] (Abbott CJ), [240–241] (Bayley J): wegen Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners klagte der Gläubiger zunächst nur einen Teil seines Anspruchs ein, die Rechtskraft des stattgebenden Urteils stand der Restklage entgegen; Russell & Sons v Waterford and Limerick Rail Co (1885) 16 LRIr 314 [320–321] (Dowse B); Sanders v Hamilton (1907) 96 LT 679 (DC) 679 (Darling J), 680 (Lawrence J). 100  Turner, Res Judicata, 21969, Rn. 458. 101  In einem allgemeinen Zusammenhang erkennt auch Gerhardt, ZZP 114 (2001), 246, 247 „einen durch Rechtskraft- oder Präklusionsbestimmungen vermittelten Zwang zur vollständigen Geltendmachung bestehender Ansprüche“. 102  Zuckerman, Civil Procedure, 32013, Rn. 11.9: “They are free to choose whether to litigate, what to litigate …”. 103 BGH, Urt. v.  19. 12. 1991 – IX ZR 96/91, NJW 1992, 1172, 1173; BGH, Urt. v. 30. 10. 2002 – XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586; BGH, Urt. v. 05. 11. 2009 – IX ZR 239/07, NJW 2010, 2210, 2211; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 110; BeckOK‑ZPO/Gruber, 15. 09. 2017, § 322 Rn. 20; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 322 ZPO Rn. 15. 104 MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 111: „Das deutsche Recht kennt keine merger-Wirkung“. Ausführlich zur Rechtskraftwirkung bei Entscheidungen über Teilklagen vgl. unten S. 141 ff. 105 MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 84; Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 66.



A.  Die Zulässigkeit von Teilklagen

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pansiven Lehren von Savignys106 und Windscheids.107 Dies geschah vorrangig in der Absicht, die Parteien vor der Unumstößlichkeit von Urteilselementen, von Präjudizien und damit vor Folgen zu bewahren, die sie zum Zeitpunkt des Verfahrens noch nicht absehen können.108 Dies ist das nicht zwingende Ergebnis einer Interessenabwägung.109 Das englische Recht hat gegenläufigen, aber ebenso berechtigten Interessen den Vorzug gegeben. Diese lassen sich auf zwei Leitgedanken zurückführen:110 Öffentliches Interesse (public policy) und Gewährleistung individueller Rechtssicherheit (private justice). In einer Gesellschaft besteht ein Bedürfnis nach Rechtsfrieden. Rechtsstreitigkeiten müssen ab einem bestimmten Punkt umfassend, abschließend und eindeutig einer Klärung zugeführt werden (interest reipublicae ut sit finis litium).111 Daneben hat jeder Einzelne das Recht, vor schikanöser, wiederholter Rechtsverfolgung in derselben Sache geschützt zu werden (nemo debet bis vexari pro una et eadem causa).112 Der Rechtskraftumfang im englischen und deutschen Zivilprozessrecht ist denkbar verschieden. Die jeweils zugrunde liegende Lehre ist das Ergebnis einer Interessenabwägung. Eine Fernwirkung offenbart sich darin, ob die Aufteilung eines Anspruchs in mehrere nacheinander einzuklagende Teile für den Kläger sinnvoll ist. Die Zulässigkeit von Teilklagen im deutschen Zivilprozessrecht rechtfertigt sich aus den gleichen Gründen, die auch den Ausschlag zu einer Beschränkung des Rechtskraftumfangs gaben: Die Parteien haben es im Sinne der Dispositionsmaxime in der Hand, die Reichweite der Rechtskraft durch entsprechende Gestaltung der Anträge zu bestimmen und damit sich widersprechenden Entscheidungen über Rechtsfragen vorzubeugen. Eine selbst auferlegte Limitation hat das Recht zu respektieren, auch wenn dabei das öffentliche Interesse an umfassender Streitentscheidung zurücktritt.113 3. Ergebnis Ausweislich des Vergleichs mit dem schweizerischen Zivilprozessrecht bedarf es einer Kodifikation der Zulässigkeit der Teilklage gar nicht, wenn sich dies 106  Ausführlich dazu von Savigny, System VI, 1847, S. 291 f.; vgl. auch Gaul, FS Flume I, 1978, S. 443, 447–492. 107  Ausführlich dazu Windscheid, Pandektenrecht I, 31870, §§ 129–131. 108  Nachzulesen bei Hahn, Materialien II, 1880, S. 290–292, 608 f. 109  Germelmann, Rechtskraft, 2009, S. 256 f. 110  Lockyer v Ferryman (1877) 2 AC 519 (HL) 530 (Lord Blackburn); Morrison, Rose and Partners v Hillman [1961] 2 QB 266 [276] (Holroyd Pearce LJ); Carl-Zeiss-Stiftung v Rayner and Keeler Ltd (No. 2) [1966] 2 All ER 536 (HL) 549 (Lord Reid); vgl. auch Barnett, Res Judicata, 2001, Rn. 1.13; Handley, Res Judicata, 42009, Rn. 1.10. 111  Ferrer’s case (1597) 6 Co Rep 7a; Re May (1885) 28 ChD 516 (CA) 518 (Brett MR). 112  Sparry’s case (1589) 5 Co Rep 61a; Brunsden v Humphrey (1884) 14 QBD 141 (CA) 147 (Bowen LJ). 113  Roth, ZZP 124 (2011), 3, 6.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

bereits aus den einer Zivilprozessordnung zugrunde liegenden Maximen ergibt. Der Vergleich mit dem englischen Zivilprozessrecht hat eindrücklich gezeigt, dass die Zulässigkeit von Teilklagen im deutschen Recht ein Spiegel der Grundkonzeption des Zivilprozesses ist. IV. Zusammenfassung Eine rechtsdogmatische, rechtshistorische und rechtsvergleichende Umschau hat sich von verschiedenen Ausgangspunkten der Frage der Zulässigkeit von Teilklagen im deutschen Zivilprozessrecht genähert. Die Zulässigkeit von Teilklagen ist das Ergebnis einer wohltemperierten Abwägung verschiedener Interessen: der Dispositionsbefugnis des Klägers, der Schutzbedürftigkeit des Beklagten, dem Interesse des Staates an schonendem Umgang mit seinen justiziellen Ressourcen (Prozessökonomie) sowie dem Verlangen aller Beteiligten nach Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Diese Erkenntnisse sollen nicht isoliert stehen, sondern können für die in dieser Arbeit anzustellenden Erwägungen zur Behandlung der Teilklage fruchtbar gemacht werden.

B.  Terminologie und Kategorien Für den Fortgang der Arbeit soll eine terminologische Grundlage geschaffen werden. Zunächst ist zu untersuchen, welches prozessuale Vorgehen von der Teilklage umfasst ist (I.). Daneben werden Begriffe und Kategorien im Umfeld der Teilklage (II.–IV.) geklärt, die für das Verständnis der in dieser Arbeit aufgeworfenen Probleme unabdingbar sind. I.  Die Teilklage Für eine Untersuchung des Wesens der Teilklage genügt es nicht, sich mit der Faustformel „gerichtliche Geltendmachung nur eines Teils eines Anspruchs“ zufrieden zu geben.114 1.  Der Begriff des Anspruchs Der Begriff des Anspruchs findet auch in der Zivilprozessordnung Erwähnung, vergleiche exemplarisch § 260 ZPO. Gemeint ist hier nach heutigem Verständnis der prozessuale Anspruch, der Streitgegenstand.115 Die Teilklage teilt aber 114 

So aber Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 188; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 2; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 7. 115  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 92 Rn. 1.



B.  Terminologie und Kategorien

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keinen Streitgegenstand, vielmehr begründet sie einen selbständigen Streit mit eigenem, ungeteiltem Gegenstand. Die Teilung, die der Kläger bezweckt, findet schon eher statt und manifestiert sich schließlich in der Klageerhebung. Der gerichtlichen Geltendmachung nur eines Teils des Ganzen liegt vielmehr ein materiellrechtliches Verständnis zugrunde. Mit einer Teilklage wird etwa ein Teil eines behaupteten materiellrechtlichen Anspruchs gemäß § 194 Abs. 1 BGB gerichtlich geltend gemacht.116 Beim Terminus des materiellrechtlichen Anspruchs ist zudem eine im juristischen Sprachgebrauch verankerte Ungenauigkeit zu vermeiden. So wird die Teilklage häufig als gerichtliche Geltendmachung nur eines Teils einer behaupteten Forderung bezeichnet.117 Eine Forderung ist nur der schuldrechtliche Anspruch, vergleiche § 241 Abs. 1 S. 1 BGB.118 Gewiss sind geteilte Forderungen in der Mehrzahl Gegenstand einer Teilklage. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass mit einer Teilklage auch ein dinglicher, familien- oder erbrechtlicher Anspruch teilweise durchgesetzt wird.119 Einschränkend muss für den Begriff der Teilklage der Bogen zum Prozessrecht geschlagen werden. Eine Klage ist nur dann Teilklage, wenn der Kläger auch den gesamten Anspruch gerichtlich geltend machen könnte, ohne dass dem Einwendungen oder Einreden entgegenstehen. Keine Teilklage, sondern eine Vollklage liegt daher vor, wenn allein der eingeklagte Teil des Ganzen fällig ist120 oder wenn der Anspruch bis auf den eingeklagten Teil schon erfüllt wurde.121 Bislang wurde für den Begriff der Teilklage im engen Sinne die Teilung eines Anspruchs (etwa eines Kaufpreiszahlungsanspruchs gemäß § 433 Abs. 2 BGB) betrachtet. Darüber hinaus wird als Teilklage im weiten Sinne die Geltendmachung eines gesamten Anspruchs oder eines Teilbetrags aus mehreren selbständigen Ansprüchen eines einheitlichen Rechtsverhältnisses verstanden.122 So kann nach einem schädigenden Ereignis (Verkehrsunfall) der Kläger zunächst nur einen der in Betracht kommenden Ansprüche (Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Eigentums am Fahrzeug mit verschiedenen Schadenspositionen (Reparaturkosten, merkantiler Minderwert, Nutzungsausfall) sowie 116 Vgl.

Friedrich, Teilklage, 1995, S. 1; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 1 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 452; Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 445; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 2. 117 So Eckardt, Jura 1996, 624; Elzer, JuS 2001, 224, 225; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 213. 118 MüKo-BGB/Bachmann, § 241 Rn. 6; Palandt/Grüneberg, Einl v § 241 BGB Rn. 3. 119  So auch Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 442. 120  Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 11. 121  Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 2. 122  RG, Urt. v. 13. 04. 1938 – II 194/37, RGZ 157, 321; BGH, Urt. v. 03. 12. 1953 – III ZR 66/52, NJW 1954, 757; BGH, Urt. v. 23. 03. 1956 – VI ZR 323/54, ZZP 69 (1956), 314; BGH, Urt. v. 16. 06. 1959 – V ZR 156/58, JZ 1960, 28; R. Bruns, Zivilprozeßrecht, 21979, Rn. 235; Draub, Teilklage, 1930, S. 6; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 1; E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 1701; krit. Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 3.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

Anspruch auf Ersatz der Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld wegen Gesundheits- und Körperverletzung) oder nur einen Teilbetrag hieraus geltend machen. Bedeutung erlangen diese Teilklagen im weiten Sinne bei der Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und sollen nur dort Gegenstand der Untersuchung sein.123 2.  Verschiedene Rechtsschutzformen Die terminologische Präzisierung macht schließlich beim Begriff des Anspruchs nicht Halt. Dieser liegt einer Klage nur zugrunde, wenn die Verurteilung zu einer Leistung begehrt wird. Daneben sind auch die übrigen Rechtsschutzformen zu berücksichtigen. So ist Gegenstand der Feststellungsklage lediglich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Es ist nicht ausgeschlossen, durch das Gericht nur einen Teil davon durch Urteilsspruch feststellen zu lassen. Ebenso kann der Kläger im Rahmen einer Teilgestaltungsklage begehren, die Rechtslage nur zu einem Teil durch Urteil umzugestalten. Diesen Gegebenheiten wird die eingangs erwähnte Faustformel nicht gerecht. Treffender muss man daher von der Teilklage als Aufteilung eines „als Einheit verstandenen Gebilde[s] des materiellen Rechts“124 sprechen. II.  Offene und verdeckte Teilklagen Bisweilen wurde der Begriff der Teilklage weiter eingeengt. Erfasst sein sollten nur Fälle, in denen der Kläger kraft besseren Wissens gegenüber Beklagtem und Gericht zum Ausdruck bringt, dass es sich beim Gegenstand seines Rechtsschutzbegehrens nur um einen Teil eines größeren Ganzen handle, etwa indem er die Klage ausdrücklich als Teilklage bezeichnet oder sich sogenannte Restklagen vorbehält (subjektiver Teilklagebegriff).125 Dieser Ansatz wird zu Recht abgelehnt.126 Es kann sich dabei allenfalls um den Versuch einer Kategorisierung, nicht einer Begriffsklärung handeln. Tatsächlich ist die eingangs geschilderte Konstellation als offene Teilklage anerkannt – es bleibt dem Kläger aber unbenommen, eine Teilklage nicht als solche kenntlich zu machen (verdeckte Teilklage).127 Das Vorstellungsbild des Klägers und die Sachlage können auch 123 

Vgl. dazu unten S. 120 ff. Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 33. 125  OLG Celle, Urt. v. 18. 12. 1987 – 3 U 57/87, WM 1988, 353, 354 f.; Bötticher, MDR 1962, 724, 725; Grasmeher, FamRZ 1961, 241, 243; Grasmeher, FamRZ 1961, 266, 266 f.; Lent, NJW 1955, 1865, 1866; Pagenstecher, JW 1925, 712, 713; Pagenstecher, JW 1925, 2754; Pagenstecher, JW 1926, 211, 213; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 2. 126  Brox, NJW 1961, 853, 855; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 353; Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 260; zur „Inhaltslosigkeit“ solcher Begrifflichkeiten Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 257–259. 127 BGH, Urt. v.  15.  06.  1994 – XII ZR 128/93, NJW 1994, 3165  f.; BGH, Urt. 124 



B.  Terminologie und Kategorien

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unbewusst voneinander abweichen. Eine bewusste Teilklage liege demnach vor, wenn der Kläger ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gibt, nur einen Teil des Ganzen gerichtlich geltend zu machen.128 Indem es damit auf die Perspektive des Gerichts ankommen soll, kann auf die Unterscheidung von offenen und verdeckten Teilklagen verwiesen werden.129 Inwiefern den Begriffen „bewusste“ und „unbewusste“ Teilklage ein eigener Erkenntnisgehalt innewohnen soll, ist nicht ersichtlich. III.  Individualisierte und nicht individualisierte Teilklagen Eine weitere Differenzierung hat Zitelmann vorgenommen; andere Autoren sind ihm gefolgt.130 Nach dem Verhältnis des Teils zum Ganzen und zu den anderen Teilen könne zwischen individualisierten und nicht individualisierten Teilklagen unterschieden werden. Bei einer individualisierten Teilklage erfährt der eingeklagte Teil eine Verselbständigung: Sein rechtliches Schicksal kann durch Disposition unabhängig von dem anderer Teile bestimmt werden.131 Eine solche Individualisierung des Teils innerhalb des Ganzen kann schon bei Entstehen der Gesamtforderung durch Vereinbarungen über Fälligkeit oder Erfüllungsort oder nachträglich durch Teilstundung oder Teilabtretung erfolgen.132 Fehlt eine solche Individualisierung, ist ein eingeklagter Teil also nur quantitativ im Verhältnis zur Gesamtforderung bestimmt, handelt es sich um eine nicht individualisierte Teilklage.133

v. 09. 04. 1997 – IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990; BGH, Urt. v. 15. 07. 1997 – VI ZR 142/95, NJW 1997, 3019 f.; Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 20–22; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 1; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 328 f.; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 11–13; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 188; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 8. 128  Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 26. 129  In diesen Kategorien diskutiert auch Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 22–28 das Problem des abweichenden Kenntnisstandes von Gericht und Parteien. 130  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 473 f.; Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 33 f.; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 2; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 13 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 452 f.; Schick, Zwischenfeststellungsklage, 2013, S. 144; krit. zur Relevanz dieser Unterscheidung Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 445 ff.; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 8 f.; Wach, Zivilprozessrecht I, 1885, S. 371 Fn. 9; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 3; Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 21–25. 131  Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 259 f. 132  Ders., ZZP 8 (1885), 254, 257 f. 133  Ders., ZZP 8 (1885), 254, 264.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

C.  Die Frage der Teilbarkeit Die Untersuchung, was Gegenstand der Teilung ist (dazu I.), wird oft vernachlässigt. Der Klageantrag als solcher wird nicht geteilt. Eine Teilklage ist eine vollwertige Leistungs-, Feststellungs- oder Gestaltungsklage134 (vergleiche auch II.). Geteilt wird allenfalls (zunächst noch untechnisch gesprochen) das dahinter stehende materielle Rechtsverhältnis.135 Die Frage der Teilbarkeit ist damit nicht Sachurteilsvoraussetzung,136 sondern eine Frage der Begründetheit der Teilklage.137 I.  Zulässigkeit und Gegenstand der quantitativen Teilung Ein Anspruch kann in Teilen abgetreten138 oder erlassen139 werden. Angesichts dieser Beschränkung von Verfügungen wurde auch eine Teilung materieller Rechte für zulässig erachtet.140 Dieser Erklärungsversuch beschreibt aber lediglich die Erscheinungsformen eines zugrunde liegenden Prinzips, ohne dass dieses dabei hinreichend erfasst würde. Er beantwortet nicht die Frage, warum und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch teilbar ist. Der Problemlösung nähert sich schon eher eine Argumentationslinie an, die die Perspektive des Schuldners einnimmt. Eine Forderung sei als Recht abgesehen von ihrem Inhalt nicht selbst teilbar,141 sondern allenfalls die entsprechende Leistung.142 Die Leistung ist teilbar, wenn sie durch mehrere gleichartige Teile bewirkt werden kann.143 Nach diesem Ansatz können Zulässigkeit und Gegenstand der 134 Zu Teilfeststellungsklagen und Teilgestaltungsklagen vgl. Draub, Teilklage, 1930, S. 6–9; Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 33. Einen nur sehr eingeschränkten Anwendungsbereich sieht Kuhn, Teilklage, 1933, S. 51–53. 135 BeckOK‑ZPO/Gruber, 15. 09. 2017, § 322 Rn. 24; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 354. 136  So aber (ohne nähere Begründung) BGH, Urt. v. 20. 01. 2004 – VI ZR 70/03, NJW 2004, 1243, 1244; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 354; Meller-Hannich, Zivilprozessrecht, 22016, Rn. 144. 137 So im Erg. auch Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, 1; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 255 Fn. 2; Pohle, ZZP 77 (1964), 98, 106. 138 Palandt/Grüneberg, §  398 BGB Rn.  10; BeckOK‑BGB/Rohe, 15. 06. 2017, § 398 Rn. 45; MüKo-BGB/G. H. Roth/Kieninger, § 398 Rn. 63; Jauernig/Stürner, § 398 BGB Rn. 8. 139 Staudinger/Rieble, § 397 BGB Rn. 22; MüKo-BGB/Schlüter, § 397 Rn. 7. 140  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 2; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 354 f.; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 3; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 452; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 6 f.; Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 10. 141  Draub, Teilklage, 1930, S. 9 f.; Rümelin, Die Theilung der Rechte, 1883, S. 30: „Das Recht ist eine Beziehung zwischen Personen und die Beziehung als solche, abgesehen von ihrem Inhalt, ist keiner Theilung zugänglich; die Frage, ob Jemand ein Recht hat oder nicht, kann nur mit Ja oder Nein, nicht halb mit Ja, halb mit Nein beantwortet werden“. 142  Abt, Aufrechnung, 1928, S. 4; vgl. zur Ungenauigkeit der Terminologie schon von Savigny, Obligationenrecht I, 1851, S. 320. 143  Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 151958, S. 24.



C.  Die Frage der Teilbarkeit

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Teilung im Fall einer Teilklage präzise bestimmt werden. Ein materiellrechtliches Rechtsverhältnis zwischen zwei Personen in Gestalt eines Anspruchs oder als Quell eines Feststellungs- oder Umgestaltungsverlangens kann selbst nicht geteilt werden: Es ist nur eine von rechtlichen Normen bestimmte Sonderbeziehung. Für den Bezugspunkt der Teilung kommt es vielmehr auf dessen Inhalt an. Die entscheidende Frage lautet, ob der Inhalt des Rechtsverhältnisses teilbar ist. Zum Verständnis dieses abstrakten Gedankens hilft ein Blick in die Ausgestaltung des materiellen Rechts. Dies soll am Beispiel von § 752 BGB geschehen. Diese Norm bestimmt den Inhalt des Anspruchs auf Aufhebung einer Gemeinschaft gemäß §§ 749 Abs. 1, 741 BGB.144 Relevant ist hier das Tatbestandsmerkmal der Teilbarkeit von Gegenständen. Dazu zählen jedenfalls Rechte und Forderungen als unkörperliche Gegenstände.145 Forderungen sind teilbar, wenn die zur Erfüllung notwendige Leistung oder deren Gegenstand ohne Wertminderung teilbar ist.146 Damit ist der richtige Bezugspunkt für die Frage der Teilbarkeit festgestellt. Ist demnach die quantitative Teilung möglich, soll der Gläubiger das Recht haben, nur Teile zu verlangen. Diese Annahme wird durch einen Umkehrschluss aus § 266 BGB gestützt.147 II.  Verifizierung anhand der einzelnen Rechtsschutzformen Die These zur Frage der Teilbarkeit soll anhand der Besonderheiten der einzelnen Rechtsschutzformen verifiziert werden. 1. Leistungsklagen Mit der Leistungsklage begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zu einer Leistung, die in einem Tun oder Unterlassen liegen kann. Er macht damit einen Anspruch gemäß § 194 Abs. 1 BGB geltend.148 Nach den obigen Erkenntnissen ist eine Teilleistungsklage begründet, wenn der Anspruchsinhalt oder 144 Zum Verhältnis zwischen Aufhebung und Teilung Karsten Schmidt, JR 1979, 317, 318 f.; MüKo-BGB/Karsten Schmidt, § 749 Rn. 20 jeweils m. w. N. 145  Zum Begriff des Gegenstands gem. § 752 BGB vgl. eingehend Brach, Die Funktionen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Bruchteilsgemeinschaft, 2001, S. 42–47. 146 Staudinger/Eickelberg, § 752 BGB Rn. 11, 16; BeckOK‑BGB/Gehrlein, 15. 06. 2017, § 752 Rn. 2 f.; MüKo-BGB/Karsten Schmidt, § 752 Rn. 8, 19; Palandt/Sprau, § 752 BGB Rn. 3; beachte auch Motive bei Mugdan II, S. 494 zu § 769 Abs. 3 S. 3 BGB‑E I, wonach der Gegenstand der Leistung für die Zwecke der Teilung „an die Stelle der Forderung“ trete; vgl. für den Fall der Teilabtretung RG, Urt. v. 25. 09. 1906 – II 46/06, RGZ 64, 120, 122; Larenz, Schuldrecht I, 141987, S. 576. 147 Staudinger/Bittner, § 266 BGB Rn. 36; Palandt/Grüneberg, § 266 BGB Rn. 11; MüKoBGB/W. Krüger, § 266 Rn. 21; Hk-BGB/Schulze, § 266 Rn. 3; Jauernig/Stadler, § 266 BGB Rn. 4. 148 BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 3; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivil-

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

Leistungsgegenstand teilbar ist. Daran lässt sich bei Zahlungsansprüchen, die den Großteil der Leistungs- wie auch Teilklagen ausmachen, nicht zweifeln. Ein bestimmter Geldbetrag ist stets teilbar. Ist der Anspruch dagegen auf Herausgabe einer bestimmten, unteilbaren Sache gerichtet (§ 985 BGB), so ist eine Teilklage unbegründet.149 Der Anspruch auf Herausgabe eines Hypothekenbriefs kann nicht im Wege der Teilklage geltend gemacht werden.150 Auch der Inhalt eines Anspruchs auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB soll nicht teilbar sein.151 Der Anspruch gemäß § 894 BGB richtet sich auf Bewilligung der Berichtigung gemäß §§ 19, 29 GBO.152 Dabei handelt es sich nicht um eine materiellrechtliche Willenserklärung oder Verfügung, sondern eine grundbuchrechtliche Verfahrenshandlung.153 Die Bewilligung als solche kann entweder erteilt werden oder nicht, sie ist aber nicht teilbar. Dies gilt auch für ihren Inhalt. Die Bewilligung bildet die wahre, materielle Rechtslage ab und ist insofern nicht modifizierbar. Daher kann der Kläger den Berichtigungsanspruch auch nicht auf die bloße Löschung einer Eintragung beschränken.154 Auf die Frage, ob es sich bei derlei Begehren noch um ein Teil des Ganzen oder schon ein aliud handelt, kommt es nicht mehr an. Diskutiert wurde eine teilweise Geltendmachung dergestalt, dass das Berichtigungsverlangen nur eine Teilfläche des betroffenen Grundstücks erfasse.155 Hier muss man sich jedoch in Zurückhaltung üben, um die zugrunde liegende Entscheidung des Reichsgerichts156 nicht unzulässig zu verallgemeinern. Danach kann der Grundbuchberichtigungsanspruch auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränkt werden, wenn eine Flurstückszerlegung ohne Grundstücksteilung vorausgegangen ist. Diese Teilung des Anspruchs entspringt lediglich katastertechnischen Besonderheiten. Im Regelfall erstreckt sich der Berichtigungsanspruch auf das Grundstück als Ganzes. prozessrecht, 172010, § 88 Rn. 11, § 89 Rn. 1; Musielak/Voit/Foerste, Vor § 253 ZPO Rn. 15; Saenger/Saenger, Vorbemerkung zu §§ 253–494a Rn. 4. 149  Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 327 f., der aber auf die Teilbarkeit des prozessualen Anspruchs abstellt. 150  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 2; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 4; Schulte, Rechtskraft­ erstreckung, 1999, S. 7; Zeiss, NJW 1968, 1305. 151  Jeweils ohne nähere Begründung Friedrich, Teilklage, 1995, S. 2; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 4; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 7; Zeiss, NJW 1968, 1305. 152 BeckOK‑BGB/Eckert, 15. 06. 2017, § 894 Rn. 11; Palandt/Herrler, § 894 BGB Rn. 8; Köbler, JuS 1982, 181, 184; MüKo-BGB/Jürgen Kohler, § 894 Rn. 39. 153 Staudinger/Gursky, § 894 BGB Rn. 113, 116; MüKo-BGB/Jürgen Kohler, § 894 Rn. 39. 154 BGH, Urt. v.  12. 06. 1970 – V ZR 145/67, NJW 1970, 1544, 1545; BGH, Urt. v. 02. 02. 1979 – V ZR 14/77, NJW 1979, 2391, 2392. 155 Staudinger/Gursky, § 894 BGB Rn. 117; Predari, Grundbuchordnung, 21913, S. 83; Rosenberg, in: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, bearbeitet von Hölder, Eduard/ Schollmeyer, Friedrich/Rosenberg, Leo u. a., 1919, § 894 BGB Anm. IV 1; Planck/Strecker, § 894 BGB Anm. V 3 a. E. 156  RG, Urt. v. 21. 02. 1912 – V 383/11, RGZ 78, 371, 374 f.



C.  Die Frage der Teilbarkeit

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2. Feststellungsklagen Bei der Feststellungsklage ist das klägerische Begehren auf die Feststellung des Bestehens (positive Feststellungsklage) oder Nichtbestehens (negative Feststellungsklage) eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses gerichtet, vergleiche § 256 Abs. 1 Var. 1 ZPO. Unter einem Rechtsverhältnis wird die auf einem konkreten Lebenssachverhalt beruhende rechtliche Beziehung zwischen zwei Personen oder zwischen einer Person und einer Sache verstanden.157 Nach der oben aufgestellten These ist hier zu fragen, ob der Inhalt dieses Rechtsverhältnisses teilbar ist. Soweit die Feststellungsklage einen Anspruch betrifft, kann auf die Ausführungen zur Leistungsklage verwiesen werden. Bei Teilbarkeit des Rechtsverhältnisses kann eine Teilfeststellungsklage erhoben werden.158 Daneben gibt es unteilbare Rechtsverhältnisse, über die eine Teilfeststellungsklage unbegründet ist. Sie finden sich vorrangig in Statusfragen. Dazu zählen etwa die Ehe oder ein Eltern-Kind-Verhältnis. Nur das Bestehen oder Nichtbestehen kann gemäß §§ 121 Nr. 3, 169 Nr. 1 FamFG gerichtlich festgestellt werden. Auch das Bestehen eines faktischen Gesellschaftsverhältnisses159 oder die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses über die Ausschließung als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts160 sind unteilbare Rechtsverhältnisse. 3. Gestaltungsklagen Mit Erhebung einer Gestaltungsklage strebt der Kläger die Umgestaltung der rechtlichen Beziehung zum Beklagten an.161 Ob ihr ein materiellrechtliches Recht zugrunde liegt,162 kann dahingestellt bleiben. In jedem Fall kommt es nur auf den Inhalt des Umgestaltungsverlangens an. Ist das mittels der Gestaltungsklage angestrebte Rechtsverhältnis seiner Natur nach teilbar, kann sich die Ge157 

BGH, Urt. v. 15. 10. 1956 – III ZR 226/55, NJW 1957, 21, 22; BGH, Urt. v. 07. 06. 2001 – I ZR 21/99, NJW 2001, 3789; BGH, Urt. v. 16. 09. 2008 – VI ZR 244/07, JZ 2009, 212; MüKoZPO/Becker-Eberhard, § 256 Rn. 10; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 90 Rn. 6. 158  RG, Urt. v. 22. 12. 1927 – V 374/27, WarnRspr 20 (1928) Nr. 19 (S. 35 f.); RG, Urt. v. 19. 11. 1929 – II 338/29, JW 1930, 547 mit zust. Anm. Levis; BGH, Urt. v. 30. 01. 1959 – I ZR 82/57, MDR 1959, 635, 636; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 256 Rn. 8; MüKo-ZPO/ Becker-Eberhard, § 256 Rn. 72; Stein/Jonas/Roth, § 256 ZPO Rn. 123. 159  KG, Beschl. v. 28. 04. 1955 – 2 W 1065/55, NJW 1955, 1286. 160  BGH, Urt. v. 21. 10. 1991 – II ZR 211/90, NJW‑RR 1992, 227. 161 BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 5; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 88 Rn. 11; Pohlmann, Zivilprozessrecht, 32014, Rn. 157. 162 Dafür Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 91 Rn. 2 f.; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz § 253 ZPO Rn. 10; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 103; dagegen Saenger/Saenger, Vorbemerkung zu §§ 253–494a Rn. 6; Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, 1966, S. 366–382.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

staltungswirkung auf den eingeklagten Teil beschränken.163 Die Gestaltung von Rechtsverhältnissen des Familienrechts wie Ehescheidung und Eheaufhebung, vergleiche die entsprechenden Anträge gemäß § 1564 S. 1 BGB in Verbindung mit §§ 121 Nr. 1, 133 ff. FamFG; § 1313 S. 1 BGB in Verbindung mit § 121 Nr. 2 FamFG, ist ihrer Natur nach unteilbar. Diese Verhältnisse bestehen oder bestehen nicht. Es gibt keine Stufen, die im Verhältnis dazu als Teil verstanden werden können. Damit würden Rechtsfolgen bezweckt, die entweder das deutsche Recht nicht anerkennt oder die schon kein Teil des Ganzen, sondern lediglich ein aliud darstellen. Eine Teilklage ist hier unbegründet. Gleiches gilt für die handelsrechtliche Gestaltungsklage der Auflösung einer OHG gemäß §§ 131 Abs. 1 Nr. 4, 133 HGB. Bisweilen wurden Teilgestaltungsklagen für möglich gehalten, etwa wenn statt der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB nur eine Beschränkung in einem bestimmten Umfang beantragt wird.164 Eine Teilentziehung kann sich in der Umwandlung einer Einzel- in eine Gesamtgeschäftsführung oder der Beschränkung in sachlicher, räumlicher oder zeitlicher Hinsicht ausdrücken.165 Dies schließt eine (Teil-) Entziehung der Vertretungsmacht gemäß § 127 HGB mit ein.166 Die Teilentziehung ist als Gebot der Verhältnismäßigkeit, genauer der Erforderlichkeit anerkannt, sie stellt ein milderes Mittel dar.167 In diesen Fällen ist eine vollständige Entziehung unverhältnismäßig und würde vom Gericht nicht vorgenommen. Bei der beantragten Beschränkung handelt es sich um eine Vollklage. Falls jedoch ein wichtiger Grund vorliegt, der eine vollständige Entziehung rechtfertigt, muss das Gericht die Geschäftsführungsbefugnis auch vollständig entziehen. Ein Ermessensspielraum ist hier nicht eröffnet.168 Insofern zielt eine Teilgestaltungsklage auf eine Rechtsfolge, die § 117 HGB nicht vorsieht, und ist daher unbegründet. Auf die obigen Ausführungen zur Teilbarkeit bei Ansprüchen kann für die prozessuale Gestaltungsklage169 gemäß § 767 Abs. 1 ZPO verwiesen werden. Der Anspruch, der Gegenstand eines Titels ist, kann sich materiellrechtlichen Einwendungen gegenübersehen. Eine darauf gestützte Vollstreckungsabwehr163 MüKo-ZPO/Gottwald,

§ 322 Rn. 185. § 253 Rn. 155. 165 EBJS/Drescher, § 117 HGB Rn. 14; Henssler/Strohn/Finckh, § 117 HGB Rn. 5; MüKoHGB/Jickeli, § 117 Rn. 22; Baumbach/Hopt/M. Roth, § 117 HGB Rn. 5. 166  BGH, Urt. v. 09. 12. 1968 – II ZR 33/67, NJW 1969, 507; EBJS/Drescher, § 117 HGB Rn. 6; MüKo-HGB/Jickeli, § 117 Rn. 13. 167  BGH, Urt. v. 10. 12. 2001 – II ZR 139/00, WM 2002, 342, 343; Henssler/Strohn/Finckh, § 117 HGB Rn. 12; MüKo-HGB/Jickeli, § 117 Rn. 19, 43; Lukes, JR 1960, 41, 42–47; a. A. noch R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1058 f. 168 Baumbach/Hopt/M. Roth, §  117 HGB Rn. 7; vgl. auch RG, Urt. v. 23. 11. 1928 – II 221/28, RGZ 122, 312, 314, wonach die „Kann“-Vorschriften der §§ 133, 140 HGB als „Muss“-Vorschriften zu verstehen sind. 169 Vgl. unter Ablehnung anderweitiger Lösungsansätze MüKo-ZPO/Karsten Schmidt/ Brinkmann, § 767 Rn. 3. 164 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard,



D.  Der Streitgegenstand einer Teilklage

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klage zielt auf ein Urteil, mit dem die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird. Diese ist gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen oder zu beschränken. Schon die Möglichkeit der Beschränkung verweist darauf, dass eine Einwendung auch nur gegen einen Teil des titulierten Anspruchs (die Teilbarkeit des entsprechenden Leistungsgegenstands vorausgesetzt) erhoben werden kann.170 III. Zusammenfassung Für die Begründetheit einer Teilklage kommt es darauf an, ob der Inhalt des mit der Klage geltend gemachten materiellrechtlichen Rechtsverhältnisses teilbar ist. Diese These konnte anhand der einzelnen Rechtsschutzformen verifiziert werden.

D.  Der Streitgegenstand einer Teilklage Wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit wird eine Diskussion der prozessualen Berührungspunkte der Teilklage sein. Die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage lässt die Wirkungen bedeutsamer prozessrechtlicher Institute wie der Rechtshängigkeit oder der Rechtskraft nicht unberührt. Dies macht es unumgänglich, die Figur des Streitgegenstands vorzustellen (I.). Dazu sollen verschiedene Deutungsansätze erarbeitet und für den weiteren Gang der Untersuchung aufbereitet werden (II.). I.  Bedeutung des Streitgegenstands und der Begriffsfindung Der Streitgegenstand ist ein grundlegendes Bauelement des deutschen Zivilprozessrechts. So regelt § 261 Abs. 1 ZPO, wie die Rechtshängigkeit „der Streitsache“ herbeigeführt wird. § 322 Abs. 1 ZPO begrenzt die Wirkungen der Rechtskraft auf die Entscheidung über den mit der Klage geltend gemachten „Anspruch“. § 263 ZPO stellt Voraussetzungen für eine Änderung „der Klage“ auf, § 260 ZPO tut selbiges für die Verbindung mehrerer „Ansprüche“. Gemeint ist in allen Fällen der Streitgegenstand,171 auch wenn dies angesichts des Wortlauts nicht hinreichend deutlich wird. Umso bedeutsamer ist es, hinsichtlich der Konturierung dieses Begriffs für Klarheit zu sorgen. Die Einheitslösung strebt ein Streitgegenstandsverständnis an, das alle darauf aufbauenden Kon170 BGH, Beschl. v.  02.  02.  1962 – V ZR 70/60, NJW 1962, 806; BGH, Beschl. v. 02. 07. 2009 – V ZB 40/09, NJW‑RR 2009, 1431, 1432; BeckOK‑ZPO/Preuß, 15. 09. 2017, § 767 Rn. 2; MüKo-ZPO/Karsten Schmidt/Brinkmann, § 767 Rn. 40. 171 BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 261 Rn. 2; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 110; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 263 Rn. 7; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 260 Rn. 4.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

stellationen erklären kann.172 Die Vielschichtigkeit der prozessualen Figuren und Vorschriften, insbesondere hinsichtlich ihrer Zwecksetzung, erschwert dies jedoch. Daher wurde ein relativer, der jeweiligen Situation angepasster Streitgegenstandsbegriff vorgeschlagen.173 Der wissenschaftlichen Diskussion wurde bisweilen vorgeworfen, der auf die Klärung dieses Begriffs verwendete Aufwand stehe nicht mehr im Verhältnis zum praktischen Nutzen.174 Im Folgenden soll eine Darstellung nur insoweit erfolgen, als sie für das Verständnis dieser Arbeit notwendig ist. II.  Lösungsansätze zum Streitgegenstandsbegriff 1.  Historischer materiellrechtlicher Streitgegenstandsbegriff Der Wortlaut des Gesetzes gibt keinen Aufschluss über Definition und Inhalt des Streitgegenstandsbegriffs. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass der historische Gesetzgeber den Begriff des „Anspruchs“ nicht im Sinne des heutigen Streitgegenstandsbegriffs verwendete. Vielmehr sah er den prozessualen Anspruch und den Anspruch des materiellen Rechts als identisch an. Der Anspruchsbegriff war aus der Lehre von der actio des römischen Zivilrechts hervorgebracht worden.175 Dies sollte eine Einheit von Privatrecht und Privatrechtsschutz schaffen.176 Jedoch liefert dieser Ansatz nicht immer befriedigende Lösungen.177 So kann mit einem zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch jedenfalls die Leistungsklage erklärt werden, solange sich der materiellrechtliche Anspruch nicht als unbegründet erweist. Das Modell versagt bei Feststellungsklagen, die auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens lediglich eines Rechtsverhältnisses gerichtet sind, sowie Gestaltungsklagen, mit denen allenfalls ein privatrechtliches Gestaltungsrecht durchgesetzt wird. Zum anderen kann die Konstellation der Anspruchskonkurrenz nicht angemessen bewältigt werden.

172 Vgl. Bub, Streitgegenstand, 2001, S. 183 f.; Habscheid, FS Schwab, 1990, S. 181, 189; Schwab, Streitgegenstand, 1954, S. 73. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 92 Rn. 7 hält trotz der erkannten Relativität des Streitgegenstands „prinzipiell am Einheitsbegriff“ fest. 173 Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 5, 41, 46 m. w. N. Beachte auch Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 199–201; Zöller/Vollkommer, Einleitung Rn. 82. 174  So Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 68; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 14. 175 Resümierend Windscheid, Actio, 1856, S. 228–232. 176 Beachte dazu Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S.  20; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 7. 177  Zur im Folgenden dargestellten Kritik vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 92 Rn. 9; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 8 f.



D.  Der Streitgegenstand einer Teilklage

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2.  Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff Eine Möglichkeit, den Begriff des Streitgegenstands aus dem Prozessrecht heraus zu definieren, bieten der Antrag und der zugrunde liegende Lebenssachverhalt einer Klage.178 Zum Lebenssachverhalt zählen solche Tatsachen, „die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören“.179 Dies genau zu bestimmen, bereitet bisweilen Schwierigkeiten.180 Moderne materiellrechtlich geprägte Begriffsvorstellungen grenzen den Lebenssachverhalt mittels materiellrechtlicher Normen ab.181 3.  Eingliedriger Streitgegenstandsbegriff Um Probleme bei der Umgrenzung des relevanten Lebenssachverhalts zu vermeiden, wurde der Streitgegenstand auch allein nach dem Antrag einer Klage bestimmt.182 Diese Ansicht kommt aber nicht umhin, den Lebenssachverhalt zumindest zur Auslegung des Klagebegehrens heranzuziehen,183 sodass sie mit Blick auf das Problem keine Abhilfe schafft. Zudem kann sie zwar die benannten Probleme eines Antrags, der auf verschiedene Lebenssachverhalte gestützt wird, im Rahmen der Rechtshängigkeit lösen. Hinsichtlich der Rechtskraftproblematik versagt sie jedoch.184 4.  Relativer Streitgegenstandsbegriff Das Bemühen um einen einheitlichen Streitgegenstandsbegriff hat Züge einer Suche nach der „Weltformel“ des Zivilprozessrechts angenommen. Es ist einem Abstrahierungs- und Idealisierungsstreben geschuldet, zu einem Verständnis zu finden, das sich in allen Situationen bewährt. Jedoch kann keiner der bislang vorgestellten Lösungsansätze Geltung beanspruchen ohne in seiner Anwendung 178 BGH, Urt. v.  19. 12. 1991 – IX ZR 96/91, NJW 1992, 1172, 1173; BGH, Urt. v. 08. 05. 2007 – XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560, 2561; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, Vorbemerkung zu § 253 Rn. 32; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 92 Rn. 10 f.; Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S. 221 f.; Habscheid, FS Schwab, 1990, S. 181, 183; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 18. 179 BGH, Urt. v.  11. 07. 1996 – III ZR 133/95, NJW 1996, 3151, 3152; BGH, Urt. v. 28. 09. 2000 – VII ZR 57/00, BB 2000, 2490; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. 11. 2003 – VIII ZR 60/03, NJW 2004, 1252, 1253. 180 Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 24; Schwab, FS Lüke, 1997, S. 793, 794 f. 181 Vgl. Jauernig, Zivilprozessrecht, 292007, S. 125 f.; Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 76. 182  Bötticher, FG Rosenberg, 1949, S. 73, 84–87 für den Eheprozess; Schwab, Streitgegenstand, 1954, S. 199; Schwab, FS Lüke, 1997, S. 793, 796–799. 183 Vgl. Schwab, Streitgegenstand, 1954, S. 185. 184 Vgl. Donau, JR 1960, 204.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

Probleme aufzuwerfen. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, der fraglichen Prozesssituation angepasste Streitgegenstandsbegriffe zu verwenden.185 Zum einen wird bei Leistungsklagen befürwortet, die Vorzugswürdigkeit der einzelnen Lösungsansätze nach dem Zweck des im Problemfall betroffenen Prozessrechtsinstituts oder der fraglichen Prozessvorschriften und unter Berücksichtigung prozessrechtlicher Zusammenhänge zu beurteilen.186 Im Interesse der Prozessökonomie solle etwa bei Fragen der Rechtshängigkeit, Klagenhäufung und Klageänderung187 der Streitgegenstandsumfang weit bemessen werden. Dies leiste am ehesten der eingliedrige Streitgegenstandsbegriff.188 Für die Zwecke der Rechtskraft sei der Umfang des Streitgegenstands mittels des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs eng zu fassen.189 Zum anderen wurde eine Orientierung an den Prozessmaximen, der Auslegungsbedürftigkeit des Antrags und der Art der Rechtsschutzform vorgeschlagen.190 Unter der Verhandlungsmaxime sei bei Leistungs- und Gestaltungsklagen der zweigliedrige Streitgegenstand anzuwenden.191 Dagegen habe bei positiven Feststellungsklagen der zugrunde liegende Lebenssachverhalt keine konstitutive Bedeutung für das Bestehen des fraglichen Rechtsverhältnisses, sodass nur der eingliedrige Streitgegenstandsbegriff relevant sei.192 Schließlich wurde wegen der verschiedenen Gerechtigkeitsmaßstäbe ein gegenüber dem Verfahrensgegenstand engerer Urteilsgegenstand gebildet.193 Der Verfahrensgegenstand entspreche dem im Klageantrag zum Ausdruck kommenden und durch materiellrechtliche Erfüllungskonnexität194 bestimmten Interesse, also dem begehrten „rechtlichen Vorteil bzw. Erfolg“.195 Für den Urteilsgegenstand sei auf eine Abgrenzung durch den Lebenssachverhalt zu

185 Stein/Jonas/Roth,

vor § 253 ZPO Rn. 41. Baumgärtel, JuS 1974, 69, 73; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 46. 187  Vgl. zu diesem funktionalen Zusammenhang der drei Institute Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 60. 188 Vgl. dazu Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 58. Den Gedanken der Prozessökonomie beschränkt Baumgärtel, JuS 1974, 69, 74 auf die Institute der Klageänderung und Klagenhäufung. Zur Anwendung des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs bei Fragen der Rechtshängigkeit vgl. dens., JuS 1974, 69, 73. 189  Baumgärtel, JuS 1974, 69, 74; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 61. 190 Vgl. Jauernig, Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand, 1967, S. 5–7. Krit. Baumgärtel, JuS 1974, 69, 72 f. 191  Hess, Zivilprozessrecht, 302011, § 37 Rn. 39 f., 44; Jauernig, Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand, 1967, S. 49, 59. 192  Baumgärtel, JuS 1974, 69, 75; Hess, Zivilprozessrecht, 302011, § 37 Rn. 46; Jauernig, Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand, 1967, S. 70–72. 193 Vgl. Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 255, 506. 194  Ders., Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 404. 195  Ders., Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 267. 186 



D.  Der Streitgegenstand einer Teilklage

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verzichten.196 Maßgeblich seien das Interesse des Klägers in den Grenzen des Klageantrags197 und die jeweilige Rechtsschutzform.198 5.  Loslösung vom Streitgegenstandsbegriff im europäischen Zivilprozessrecht Hinsichtlich der Wirkungen der Rechtshängigkeit löst sich der EuGH vom herkömmlichen nationalen Begriffsverständnis.199 Bei der Frage, ob vor zwei Gerichten derselbe Anspruch gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO200 (Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ201) geltend gemacht wird, stellt das Gericht allein auf „einen denkbar weit verstandenen, pragmatisch abgegrenzten Lebenssachverhalt“202 ab und untersucht, ob die Streitigkeiten einen gemeinsamen Kernpunkt aufweisen. Die jeweiligen Klageanträge finden keine Berücksichtigung mehr. Diese Begriffsbestimmung blieb bislang auf Probleme der Rechtshängigkeit in Einzelfällen beschränkt.203 Somit liegt den Urteilen des EuGH weniger eine Konzeption zum europäischen Streitgegenstandsbegriff204 als vielmehr zum Wesen und der Funktion der Rechtshängigkeit zugrunde.205 III. Stellungnahme Bei der Frage nach dem Streitgegenstand einer Teilklage kommt es für die daran anknüpfenden prozessualen Institute darauf an, ob nur der eingeklagte Teil oder das Ganze zu berücksichtigen ist. Dies ist keine Frage, bei der die Begriffsstreitigkeiten eine Rolle spielen. Im nationalen Zivilprozessrecht kann der historische materiellrechtliche Streitgegenstandsbegriff außer Betracht bleiben; daneben orientieren sich alle Begriffsvorstellungen jedenfalls am Klageantrag. Damit wird auch nur der eingeklagte Teil Streitgegenstand.

196 

Ders., Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 510. Ders., Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 510. 198  Ders., Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 489. 199 Vgl. Althammer, FS Kaissis, 2012, S. 23, 33; Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 643. 200 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 351 S. 1. 201 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 09. 1968, BGBl. II 1972, 774. 202  Gottwald, in: Gottwald/Greger/Prütting (Hrsg.), Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000, S. 85, 93. 203  Ausführlich zur Reichweite der Rechtshängigkeit bei Teilklagen vgl. unten S. 47 ff. 204  So auch Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 148, 151. Anders aber Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 630, 643 f. 205  Vgl. auch Leipold, Konzentration von Zivilprozessen, 1999, S. 20. 197 

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

E.  Der Streitwert einer Teilklage Bestimmte prozessuale Aspekte hängen vom Streitwert einer Klage ab (I.). Fraglich ist, wie dieser zu ermitteln ist, wenn mit einer Teilklage nur ein Teil eines Rechtsverhältnisses geltend gemacht wird (II.). I. Grundlagen Der Streitwert quantifiziert das klägerische Interesse für die Zwecke des Zivilprozesses.206 Zunächst sind verschiedene Streitwertarten, wie etwa der Zuständigkeits-, Rechtsmittel- und Bagatellstreitwert, der Verurteilungsstreitwert gemäß § 708 Nr. 11 ZPO sowie der Gebührenstreitwert gemäß § 3 Abs. 1 GKG zu unterscheiden.207 Der Verurteilungsstreitwert wird eigenständig berechnet und soll erst später thematisiert werden.208 Der Gebührenstreitwert unterliegt aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung besonderen Grundsätzen.209 Die Wertberechnung für Fragen der sachlichen Zuständigkeit von Gerichten, der Zulässigkeit von Rechtsmitteln sowie der Eröffnung des Bagatellverfahrens erfolgt maßgeblich nach den Vorschriften der §§ 2–9 ZPO. Bei einer auf Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags gerichteten Leistungsklage ergibt sich daraus bereits der Streitwert.210 Liegt keine Zahlungsklage vor, so ist der Streitwert anhand gesetzlicher Vorschriften (etwa §§ 4, 6–9 ZPO) zu ermitteln211 oder nachrangig gemäß § 3 ZPO durch das Gericht zu schätzen. II.  Berechnung des Streitwerts bei Teilklagen Bei Teilklagen stellt sich die Frage, ob sich der Streitwert am eingeklagten Teil oder unabhängig davon am Ganzen bemisst. 1. Meinungsstand Vereinzelt wurde der Streitwert bei Teilzahlungsklagen nicht starr am geltend gemachten Betrag bemessen. Der Streitwert müsse insbesondere für Zwecke der Berechnung von Prozesskosten das tatsächliche wirtschaftliche Interesse 206 

Vgl. Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 12; MüKo-ZPO/Wöstmann, § 2 Rn. 3. Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 35–47; N. Schneider, Streitwert-Kommentar, 142016, 1–36; Schumann, NJW 1982, 1257, 1261 f.; MüKo-ZPO/Wöstmann, § 2 Rn. 2–10. 208  Vgl. dazu unten S. 82. 209  Vgl. dazu unten S. 131. 210 Musielak/Voit/Heinrich, §  3 ZPO Rn.  3; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 3526; Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 100; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258; MüKo-ZPO/ Wöstmann, § 2 Rn. 16. 211  Zum normativen Streitwert vgl. Stein/Jonas/Roth, § 3 ZPO Rn. 2–9; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258–1260. 207  Ausführlich



E.  Der Streitwert einer Teilklage

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des Klägers abbilden.212 Dies könne die strenge Bemessung des Streitwerts am eingeklagten Teil nicht leisten, wenn der Kläger im Einvernehmen mit dem Beklagten nur eine Teilklage erhebt, um die Entscheidung darüber auch für den nicht eingeklagten Rest als verbindlich anzusehen. Dann bestehe das wirtschaftliche Interesse des Klägers erkennbar in Höhe der Gesamtforderung und nicht lediglich des eingeklagten Teils.213 Auch wenn die Entscheidung über eine Teilklage eine Entscheidung über den Anspruchsgrund darstellt und ihr die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen zugrunde liegen wie der Entscheidung über eine Vollklage, solle sich der Streitwert entsprechend dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Gesamtbetrag bemessen.214 Nach überwiegender Auffassung ist für die Ermittlung des Streitwerts allein der eingeklagte Teil relevant.215 Dieser werde dem Gericht zur Entscheidung unterbreitet und damit Streitgegenstand, sodass sich auch nur an diesem Teil der Streitwert bemessen könne.216 Ein Streitwert könne in seiner Höhe auch nicht über die aus einem Urteil fließenden Rechtsfolgen hinausgehen.217 Greift man auf eine Bestimmung des Streitwerts nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers gemäß § 3 ZPO zurück,218 so besteht dieses wirtschaftliche Interesse letztlich in der gleichen Höhe wie der Umfang der Rechtskraft eines dem Kläger günstigen Urteils. Da die Rechtskraft bei Teilklagen auf den eingeklagten Teil beschränkt bleibt,219 sei auch der Streitwert nur an diesem Teil zu bemessen.220 Selbst wenn im Rahmen einer Teilklage der nicht eingeklagte Rest Gegenstand der richterlichen Prüfung wird, so soll dies keine Auswirkungen auf die Bemessung des Streitwerts haben.221 Gleiches gelte, wenn die Parteien vereinbaren, nur einen Teil dem Gericht zur Entscheidung zu unterbreiten und diese auch für den Rest der Forderung als verbindlich anzuerkennen: Halte sich der Gegner 212  Geissler, AnwBl 1961, 101; Holste, AnwBl 1959, 46, 46, 48–50; Holste, AnwBl 1961, 54, 55 f. 213 So für den Gegenstandswert als Grundlage der Bemessung von Anwaltsgebühren Holste, AnwBl 1959, 46. 214 So Geissler, AnwBl 1961, 101 unter Verweis auf § 7 Abs. 3 S. 2 des Saarländischen Justizkostengesetzes vom 20. 04. 1950 (ABl 50, 657 ff.); ebenso Holste, AnwBl 1959, 46, 47. 215 Ohne weitere Begründung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Anh §  3 ZPO Rn. 114; Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 35; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16; Thomas/ Putzo/Hüßtege, § 2 ZPO Rn. 20; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 ZPO Rn. 142; Kurpat, StreitwertKommentar, 142016, 5150, 5152; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258. 216  Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 88; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 35 f.; Wach, Zivilprozessrecht I, 1885, S. 371 f. 217  Vgl. OLG Celle, Urt. v. 29. 04. 1959 – 10 U 127/58, n. veröff. (zitiert bei Holste, AnwBl 1961, 54). 218 So Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 46. 219  Vgl. dazu unten S. 151 f. 220  Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 46 f.; Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 89. In diesem Sinne wohl auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 32 Rn. 26; Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 18; MüKo-ZPO/Wöstmann, § 3 Rn. 8. 221 Saenger/Bendtsen, § 3 ZPO Rn. 2; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 3.

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Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage

nicht an die Vereinbarung, so müsse der Anspruchsinhaber erneut auf Zahlung klagen. War im Verfahren über die Teilklage der Gesamtbetrag des Anspruchs als Streitwert angesetzt worden, fielen im zweiten Verfahren die gleichen Prozesskosten an, die schon im Rahmen der ersten Klage entstanden.222 Eine differenzierende Ansicht nahm schließlich an, dass bei individualisierten Teilklagen auch nur der eingeklagte Teil für die Berechnung des Streitwerts maßgeblich sei, bei nicht individualisierten Teilklagen hingegen das Ganze.223 Während bei einer individualisierten Teilklage der Teil innerhalb eines Ganzen, über den das Gericht zu entscheiden hat, konkret bestimmt sei, so könne das Gericht bei einer nicht individualisierten Teilklage dazu kommen, das Ganze in allen Teilen auf seine Begründetheit zu überprüfen (es handle sich um eine alternative oder eventuelle Geltendmachung aller Teile).224 Dieser Fall lasse sich unter § 5 ZPO subsumieren.225 Dies wurde jedoch unter Verweis darauf abgelehnt, dass der Streitwert nur das wirtschaftliche Interesse eine Partei am Streitgegenstand abbilden solle – und dieser ausweislich des Klageantrags auch bei nicht individualisierten Teilklagen nicht über den eingeklagten Teil hinausreiche.226 2. Stellungnahme Die Bemessung des Streitwerts am Ganzen lässt die Grenzen des Streitgegenstands außer Acht.227 Dies ist deshalb misslich, weil der Streitwert in der Mehrzahl der Fälle den Wert des Streitgegenstands abbilden soll. Zudem legen die gegenläufigen Ansichten das wirtschaftliche Interesse des Klägers einer Schätzung gemäß § 3 ZPO zugrunde. Allerdings handelt es sich bei der Feststellung des Streitwerts durch richterliche Ermessensausübung nicht um das Grundprinzip, sondern lediglich um ein Auffangprinzip des Streitwertrechts.228 Das Streitwertrecht ist eine Materie, die eine zügige und pragmatische Lösung der aufgeworfenen Fragen anstrebt. Es müsse im Zeichen von „Kontinuität, Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit“229 verstanden werden. Unter 222  Vgl. OLG Celle, Urt. v. 29. 04. 1959 – 10 U 127/58, n. veröff. (zit. bei Holste, AnwBl 1961, 54), gegen dens., AnwBl 1959, 46, 48. 223  Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 276 f.; abl. Goldschmidt, JW 1931, 1753; Wach, Zivilprozessrecht I, 1885, S. 371 Fn. 10; Wüthrich, Teilklage, 1952, S. 62 f. 224  Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 277. 225 Vgl. dens., ZZP 8 (1885), 254, 277 zu § 5 CPO. 226  Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 454. 227  Immler, ZZP 11 (1887), 319, 320–323 am Beispiel des Zuständigkeitsstreitwerts, wonach die Erhebung einer Teilklage nicht die „Einheit“ des Gesamtanspruchs aufhebe. 228  Mümmler, JurBüro 1991, 767, 768 f.; Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 8; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258, 1262 f.; Stickelbrock, Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozeß, 2002, S. 408. 229 Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 7.



E.  Der Streitwert einer Teilklage

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diesen Umständen ist es hinderlich, ein wirtschaftliches Interesse im Einzelfall feststellen zu müssen, wenn bereits mit der Klage ein Betrag zum Ausdruck gebracht wird, an dem der Kläger ein konkretes Durchsetzungsinteresse hat. Insbesondere wird für das Gericht nicht ohne Weiteres ersichtlich sein, ob das wirtschaftliche Interesse des Klägers über den eingeklagten Teil hinausgeht. Dies kommt in Betracht, wenn er mit dem Beklagten vereinbart hat, das Urteil über eine Teilklage auch hinsichtlich des nicht eingeklagten Rests als bindend anzusehen. Die Bemessung des Streitwerts am Klagebetrag bei Zahlungsklagen wird als vorrangiger Fall des normativen Streitwerts aufgefasst.230 Dieser dient der Rechtssicherheit und dem Ziel prozessualer Gleichbehandlung.231 Auch die Ermittlung des Streitwerts bei Teilzahlungsklagen muss dies anstreben. Nur wenn eine Teilklage vorliegt, die keine Teilzahlungsklage ist, kommt es auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an.232 III. Zusammenfassung Für den Zuständigkeits-, Rechtsmittel- sowie Bagatellstreitwert kommt es bei Teilzahlungsklagen in der Regel nur auf den eingeklagten Teilbetrag an. Lediglich bei sonstigen Teilleistungs-, Teilfeststellungs- und Teilgestaltungsklagen kann eine Schätzung gemäß § 3 ZPO erfolgen.

230 Vgl.

Roth, FS Kollhosser, 2004, S. 559, 561; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258. Mümmler, JurBüro 1991, 767, 768; Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 8; Schumann, NJW 1982, 1257, 1258. 232 Vgl. zu den Einzelheiten der Streitwertfestsetzung Stickelbrock, Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozeß, 2002, S. 410 f. 231 

Kapitel 2

Die Chancen der Teilklage Zur Ergründung des Wesens der Teilklage sollen die mit ihr verbundenen prozessualen und materiellrechtlichen Vorteile untersucht werden (B.). Dieser Aspekt stellt insofern eine „Chance“ der Teilklage dar, als die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage eine bewusste prozesstaktische Entscheidung des Klägers sein kann (A.).

A. Grundlagen Zunächst gilt es zu klären, aus welchen Gründen und innerhalb welcher Grenzen prozesstaktische Maßnahmen im Zivilprozess relevant werden. I.  Wesen und Relevanz prozessualen Taktierens 1.  Ausprägungen der Taktik im Zivilprozess Prozesstaktik  – diesem Begriff haftet ein Hauch von Raffinesse und zugleich von Verschlagenheit an, wenn nicht sogar der Ruch des Winkeladvokatentums.1 Fernab jeglicher Wertung ist es Ziel einer prozesstaktisch geprägten Vorgehensweise, durch prozessuale Maßnahmen in den Genuss bestimmter Vorteile zu kommen oder jedenfalls Nachteile zu vermeiden. Dies geht oftmals über Handlungen, die für die Rechtsverfolgung und den Prozessgewinn an sich erforderlich sind, hinaus.2 Solche Vorkehrungen, die der Effizienzsteigerung und Erfolgsmaximierung dienen, bringen in der Regel (gewollt oder ungewollt) Nachteile für die Rechtsposition des Gegners mit sich. Zur Prozesstaktik zählt auch die psychologische Einflussnahme auf den Gegner.3

1  Vgl. die Einleitung bei Grunsky, Taktik im Zivilprozeß, 21996, Rn. 1 f.; Müther, MDR 1998, 1335; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 45. 2  In diese Richtung auch Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 41. 3  Dies veranschaulicht Grunsky, Taktik im Zivilprozeß, 21996, Rn. 4.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

2.  Grundlagen der anwaltlichen Beratungspflicht Der juristische Laie wird im Zivilprozess kaum die Möglichkeiten überblicken, die ihm die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage in prozesstaktischer Hinsicht bietet. Daher entwickelt dieser Untersuchungsgegenstand Relevanz für die anwaltliche Beratung. Der Rechtsanwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag, der auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung4 gerichtet ist.5 Der Anwalt hat gemäß §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB, § 3 Abs. 1 BRAO das Recht und die Pflicht, rechtlichen Beistand zu leisten. Er hat die Interessen seines Mandanten so wahrzunehmen, dass dieser nicht geschädigt wird.6 Der Pflichtenkreis des Rechtsanwalts kennt verschiedene Erscheinungsformen. Ihn trifft die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts, zur Rechtsprüfung und schließlich zur Beratung und Vertretung des Mandanten.7 Im Rahmen der rechtlichen Beratung hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten umfassend und erschöpfend zu belehren8 und über das Prozess- und Kostenrisiko aufzuklären.9 Maßstab der Entscheidung zwischen Handlungsalternativen ist der sicherste und gefahrloseste Weg.10 Den kostengünstigeren von mehreren möglichen prozessualen Wegen hat er nur dann zu empfehlen, wenn dieser hinsichtlich der jeweiligen Rechtsschutzmöglichkeiten gleichwertig ist.11 Vor unnötigen Prozesskosten hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten zu bewahren.12 3.  Pflicht zur anwaltlichen Beratung hinsichtlich der Beschränkung auf eine Teilklage Grundsätzlich richtet sich der Einsatz prozesstaktischer Mittel am Begehren des Mandanten aus, regelmäßig dem Interesse am Obsiegen im Gerichtsver4 Zum Begriff vgl. BeckOK‑BGB/D. Fischer, 15.  06. 2017, § 675 Rn. 3; MüKo-BGB/ Heermann, § 675 Rn. 2–12. 5 Vgl. BeckOK‑BGB/D. Fischer, 15.  06.  2017, §  675 Rn.  6; MüKo-BGB/Heermann, § 675 Rn. 26; Mayer/Kroiß/Hans-Jochem Mayer, § 1 RVG Rn. 13. 6 MüKo-BGB/Heermann, § 675 Rn. 28. 7  Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 52014, § 17 Rn. 7. 8 BGH, Urt. v.  05.  02.  1987 – IX ZR 65/86, NJW 1987, 1322, 1323; BGH, Urt. v. 20. 01. 1994 – IX ZR 46/93, NJW 1994, 1211, 1212; BGH, Urt. v. 29. 04. 2003 – IX ZR 54/02, NJW‑RR 2003, 1212, 1212 f. Vgl. zur Konkretisierungsbedürftigkeit dieser Formel Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 42014, § 12 Rn. 4. 9  Dies., Anwaltshaftungsrecht, 42014, § 12 Rn. 15–33. 10 BGH, Urt. v.  06. 02. 1992 – IX ZR 95/91, NJW 1992, 1159, 1160; BGH, Urt. v. 01. 03. 2007 – IX ZR 261/03, NJW 2007, 2485, 2486; BGH, Urt. v. 13. 03. 2008 – IX ZR 136/07, NJW‑RR 2008, 1235, 1236; MüKo-BGB/Heermann, § 675 Rn. 29. 11  Bauer, NJW 2011, 646, 648; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 42014, § 12 Rn. 31. 12  OLG Hamm, Urt. v. 02. 10. 1986 – 28 U 45/86, AnwBl 1987, 331; Borgmann/Jungk/ Schwaiger, Anwaltshaftung, 52014, § 20 Rn. 100.



A. Grundlagen

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fahren.13 Dies lässt zugleich die Inkaufnahme zwischenzeitlicher prozessualer Nachteile14 sowie die Berücksichtigung von Nebenzielen15 zu. In diesem Zusammenhang hat ein Rechtsanwalt unter Rücksicht auf das Gebot des sichersten Wegs über mehrere in Betracht kommende prozessuale Wege sowie deren Vorund Nachteile zu belehren.16 Aufgrund prozesstaktischer Erwägungen könnte er verpflichtet sein, seinem Mandanten zur Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage zu raten. Dass er dabei wegen des geringeren Gegenstandswerts sein persönliches Vergütungsinteresse beeinträchtigt, ist unbeachtlich. Wirtschaftliche Interessen des Rechtsanwalts sind kein für das taktische Handeln maßgebliches Prozessziel.17 Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage mag vielmehr wegen der Senkung des Prozesskostenrisikos für den Mandanten interessant sein und ihm darüber hinaus prozessuale Vorteile versprechen. Gleichwohl kann sie auch prozessuale Nachteile mit sich bringen.18 Der Rechtsanwalt ist verpflichtet darauf hinzuweisen, wenn es sich beim kostengünstigsten nicht zugleich auch um den sichersten Weg handelt.19 II.  Grenzen prozessualen Taktierens In seiner Beratung unterliegt der Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege bestimmten Bindungen.20 Aus diesem Grund ist er nicht verpflichtet, prozessuale Wege aufzuzeigen, die sich als rechtsmissbräuchlich darstellen.21 Diese Grenzen der Teilklage als prozesstaktisches Mittel sollen ergründet werden. 1.  Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht Prozesstaktik findet ihre Grenzen jedenfalls da, wo die Position des Gegners in einer Weise beeinträchtigt wird, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr vereinbar ist. Dieser Grundsatz, der im Privatrecht in § 242 BGB seinen Ausdruck findet, entfaltet nach dem Prinzip der Einheit der Rechtsord13 Vgl.

Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 51. Ders., Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 52. 15  Ders., Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 56. 16 BGH, Urt. v. 29. 04. 2003 – IX ZR 54/02, NJW‑RR 2003, 1212, 1213; BGH, Urt. v. 07. 02. 2008 – IX ZR 149/04, NJW 2008, 2041; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 52014, § 20 Rn. 80, § 21 Rn. 132; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 42014, § 12 Rn. 22. 17  Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 57. 18  Ausführlich dazu unten S. 119 ff. 19  Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 52014, § 21 Rn. 140. 20  Vgl. grundlegend dies., Anwaltshaftung, 52014, § 3 Rn. 23–29. 21  Vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 03. 12. 1981 – 9 U 112/81; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 52014, § 20 Rn. 78. Allg. für die Prozesstaktik BVerfG, Beschl. v. 29. 04. 1980 – 2 BvR 1441/79, NJW 1980, 1737, 1738; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 48. 14 

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

nung22 auch im Prozessrecht Wirkung.23 Das Prozessrecht ist nicht „moralinfrei“24 und schließt daher ein Arglistverbot nicht aus.25 Auch im europäischen Verfahrensrecht gilt das Verbot des Rechtsmissbrauchs.26 Der Grundsatz von Treu und Glauben bestimmt zum einen das Verhältnis zwischen den Parteien und den Gerichten, indem er eine missbräuchliche Ausnutzung der Rechtsprechungstätigkeit (Querulantentum, Scheinprozesse) unterbindet.27 Auch im Verhältnis der Parteien untereinander ergeben sich Beschränkungen. Zwar darf jede Partei nach einer Verbesserung ihrer eigenen prozessualen Lage streben, was regelmäßig eine Verschlechterung der Position des Gegners nach sich zieht. Die Missbräuchlichkeit kann sich durch das Hinzutreten weiterer Umstände ergeben,28 etwa wenn Rechtsschutzmöglichkeiten oder prozessuale Befugnisse arglistig29 allein zu dem bereits aus dem objektiven Verhalten ersichtlichen30 Zweck genutzt werden, dem Gegner in prozessualer Hinsicht zu schaden.31 Davon ist etwa auszugehen, wenn der Kläger viele Teilklagen mit nur sehr kleinen Klagebeträgen erhebt.32

22  Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 91, dort auch zur historischen Entwicklung des Meinungsstandes. 23 RG, Urt. v. 01. 06. 1921 – V 82/21, RGZ 102, 217, 222; RG, Urt. v. 09. 04. 1937 – II 247/36, RGZ 154, 299, 303; BVerfG, Beschl. v. 05. 12. 2001 – 2 BvR 527/99 u. a., NJW 2002, 2456; BGH, Urt. v. 10. 03. 1956 – IV ZR 336/55, NJW 1956, 990, 991; BGH, Urt. v. 14. 10. 1959 – V ZR 101/59, NJW 1960, 194, 196; BGH, Urt. v. 16. 06. 2011 – III ZR 342/09, NJW 2011, 2440, 2441; BGH, Urt. v. 14. 07. 2015 – VI ZR 326/14, NJW 2015, 2965, 2966; Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 222 (zur Vorsicht mahnend); Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 2 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, § 242 BGB Rn. 4; Hellwig, System I, 1912, S. 459; G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 449; Zöller/Vollkommer, Einleitung Rn. 56. Vgl. auch andere Herleitungen, etwa bei Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 93: entsprechende Anwendung von § 162 BGB; Schilken, Zivilprozessrecht, 72014, Rn. 147: eigenes prozessuales Arglistverbot auf Grundlage des Zwecks des Zivilprozesses, materielle Gerechtigkeit herzustellen; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 19 f.: Entwicklung einer gewohnheitsrechtlichen prozessualen Generalklausel. Abl. Fleck, Redlichkeitspflichten, 2004, S. 204, der prozessuale Verhaltenspflichten aus dem Verbot sittenwidrigen Verhaltens ableitet. 24 So aber Goldschmidt, Der Prozess als Rechtslage, 1925, S. 292. Vgl. auch Niese, Doppelfunktionelle Prozeßhandlungen, 1950, S. 75. 25  Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 33 f. 26 Eingehend J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 33 f. 27 Vgl. Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 101 f. Ebenso Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 232 über schikanöse Belastungen des Gerichts. 28 Vgl. Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 108, 113. Im Erg. auch Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 226. 29  Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 103. Beachte auch Zöller/Vollkommer, Einleitung Rn. 57. 30 Vgl. Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 117. 31  Allg. zum Schikaneverbot ders., ZZP 69 (1956), 89, 114–116. 32 Vgl. Hellwig, System I, 1912, S. 462; Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 228; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 7 f.: Verstoß gegen Normzweck und Prozessökonomie.



A. Grundlagen

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2.  Relevanz des Einsatzes der Teilklage als prozesstaktisches Mittel Der Grundsatz von Treu und Glauben hat eine Konkretisierung in verschiedenen Fallgruppen erfahren.33 Bei einer unzulässigen Beschränkung auf eine Teilklage kommen zwei dieser Fallgruppen in Betracht: die arglistige Schaffung prozessualer Rechtslagen sowie der Missbrauch prozessualer Befugnisse. Im zweiten Fall kann die ausgeübte prozessuale Befugnis nicht mehr mit der Zwecksetzung des Prozessrechts in Einklang gebracht werden.34 Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partei einen eigenen missbilligten Zweck verfolgt.35 Im Rahmen der zuerst benannten Fallgruppe erlangt die Partei nur infolge arglistigen Verhaltens eine vorteilhafte prozessuale Rechtsposition.36 Dabei erschleicht sie sich einen günstigen gesetzlichen Tatbestand oder vermeidet einen nachteiligen gesetzlichen Tatbestand.37 Die arglistige Schaffung prozessualer Rechtslagen ist in ihrem Wesen eine Gesetzesumgehung und aus diesem Grund ebenfalls eine Zweckentfremdung.38 Weder im Ursprung noch in ihren Folgen unterscheiden sich die beiden Fallgruppen wesentlich. Der Einsatz der Teilklage als prozesstaktisches Mittel weist Merkmale beider Fallgruppen auf. Der Kläger kann sich etwa auf die Erhebung einer Teilklage beschränken, um die sachliche Zuständigkeit des Amts- anstelle des Landgerichts zu begründen. Darin könnte eine arglistige Schaffung einer vorteilhaften prozessualen Rechtslage zu sehen sein.39 Zugleich könnte schon die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage unter Rücksicht auf die benannte Zwecksetzung des Klägers als Missbrauch einer prozessualen Befugnis (der Dispositionsbefugnis) zu werten sein. Die Erhebung von Teilklagen ist aber eine im Kern zulässige, ohne Makel behaftete Ausprägung der Dispositionsmaxime.40 Zu missbilligen ist im Einzelfall eher die damit verbundene Zwecksetzung, nämlich allein den Streitwert herabzusetzen, um sich im Rahmen streitwertgebundener Regelungen prozessuale Vorteile zu verschaffen, die dem Kläger an sich nicht zustehen. Daher kommt eher die Fallgruppe „arglistige Schaffung prozessualer Rechtslagen“ in Betracht, wenn der Kläger die örtliche 33 

Vgl. näher Baumgärtel, ZZP 86 (1973), 353, 354 f. Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 153 f., wonach das Urteil der Rechtsmissbräuchlichkeit im Kern der Zweckentfremdung des ausgeübten Rechts geschuldet ist. Vgl. aber Baumgärtel, ZZP 86 (1973), 353, 366, der die praktische Bedeutung dieser Fallgruppe sehr zurückhaltend bewertet. 35  Zu Fallbeispielen beachte J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 35 f.; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 179–202. 36 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 228. 37  Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 66 f. 38  Zu diesem Zusammenhang vgl. dens., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 57 f. Ein Umgehungsvorsatz ist dabei nicht erforderlich, vgl. dens., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 68–70. 39  Ausführlich dazu unten S. 64 ff. 40  Ausführlich dazu oben S. 6 ff. 34 Grundlegend

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

oder auch sachliche Zuständigkeit eines Gerichts erst herbeiführt (ersteres etwa hinsichtlich des Gerichtsstands gemäß § 23 ZPO durch vermögenswirksame Maßnahmen, letzteres infolge der Beschränkung auf eine Teilklage).41 Die Sanktionierung eines Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben hängt von der jeweiligen Prozesssituation ab: Prozesshandlungen können nicht ohne Weiteres für wirkungslos erklärt werden.42 Treuwidrige Erwirkungshandlungen können aber zurückgewiesen werden.43 3.  Figur des Rechtsschutzbedürfnisses Die Problematik des Einsatzes der Teilklage als prozesstaktisches Mittel wird gelegentlich auch unter dem Aspekt des Rechtsschutzbedürfnisses diskutiert.44 Das Rechtsschutzbedürfnis für Prozesshandlungen hat seinen Ursprung im Zweck des Zivilprozesses, zur Bewährung des Rechts und Wahrung des Rechtsfriedens beizutragen.45 Es fehlt, wenn der Kläger keinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann46 oder es einen einfacheren, wirkungsvolleren und kostengünstigeren Weg zur Erreichung des verfolgten Ziels gibt.47 Verfolgt der Kläger prozessfremde Zwecke, ist er nicht schutzwürdig.48 Auch im europäischen Rahmen kann die Rechtsverfolgung bei fehlendem Rechtsschutzbedürfnis nach gleichen Maßstäben49 eingeschränkt sein. Dies wurde für Verfahren herausgearbeitet, die im europäischen Primärrecht vorgesehen sind50 und lässt sich auch mit den Vorgaben des europäischen Zivilprozessrechts vereinbaren.51

41  Siehe etwa LG Berlin, Urt. v. 09. 04. 1931 – 80 S 1299/31, JW 1931, 1766, 1767; Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 109 f.; Baumgärtel, ZZP 86 (1973), 353, 362; Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 229; J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 37 f.; Pfister, Treu und Glauben, 1998, S. 33 f., 41; Schilken, Zivilprozessrecht, 72014, Rn. 149; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 70–79, 81–86. 42 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 237. 43 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 237. 44  So etwa bei Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 236; Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S. 274 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 458 f. 45 Vgl. Friedrich, Teilklage, 1995, S. 117; Stein/Jonas/Roth, vor §  253 ZPO Rn. 133; Schönke, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950, S. 13. Krit. zur Methodik von Schönke Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 16. Zur Unbrauchbarkeit des Rechtsschutzbedürfnisses als Sachurteilsvoraussetzung dagegen Schumann, FS Fasching, 1988, S. 439, 440–449. 46  Schönke, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950, S. 33. 47 BGH, Urt. v.  24. 02. 1994 – IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352; BGH, Urt. v. 28. 03. 1996 – IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035, 2036; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 89 Rn. 31; Schönke, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950, S. 31. 48 Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 154. 49 Vgl. Bittmann, FS Kaissis, 2012, S. 57, 67 f. 50  Vgl. zu dieser Rechtsprechung des EuGH dens., FS Kaissis, 2012, S. 57, 64 f. 51 Vgl. dens., FS Kaissis, 2012, S.  57, 65–67. Zurückhaltend Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 133.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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Zwischen der Diskussion über das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses und derjenigen über den Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben lässt sich ein Bezug herstellen: Die zu letzterem geschilderte Zweckentfremdung sowie das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses werden als weitgehend identische oder sich jedenfalls bedingende Erscheinungen begriffen.52 4. Zusammenfassung Im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht kann die Teilklage als prozesstaktisches Mittel eingesetzt werden. Allerdings verbietet sich eine pauschale Bewertung des Verhaltens eines Teilklägers. Seine Zwecksetzungen müssen in einzelnen Situationen untersucht werden.

B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage Im Folgenden werden Gründe beleuchtet, die die Teilklage als vorteilhaftes prozesstaktisches Mittel erscheinen lassen. Der jeweilige Einsatz der Teilklage muss mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht vereinbar sein. Dabei ist stets zu unterstellen, dass eine bestimmte Zwecksetzung des Klägers anhand objektiver Anhaltspunkte erkennbar wird. I.  Wirkungen der Rechtshängigkeit Teilklagen können im nationalen und im grenzüberschreitenden53 Rahmen erhoben werden. Ob sich die Wirkungen der Rechtshängigkeit auf den eingeklagten Teil beschränken, kann nur anhand der Wirkungsweisen und Ziele dieses Rechtsinstituts beantwortet werden. Daher wird zunächst das Wesen der Rechtshängigkeit vorgestellt (1.) und anschließend überprüft, mit welcher prozesstaktischen Zielsetzung der Kläger die Wirkungen der Rechtshängigkeit bei Teilklagen für sich nutzen kann (2.). Schließlich sind die Ansichten zur Zulässigkeit dieses Vorgehens darzustellen (3.) und die Frage abschließend zu beurteilen (4.).

52 Vgl. Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 99 f.; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 154: „Frage der Terminologie“; Schilken, Zivilprozessrecht, 72014, Rn. 148, 152; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 202. 53 Zur Ausdeutung dieses Begriffs vgl. grundlegend Hau, GS Unberath, 2015, S. 139, 150–157.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

1. Grundlagen a.  Nationales Zivilprozessrecht Der Umfang der Rechtshängigkeit wird in subjektiver Hinsicht durch die Parteien und in objektiver Hinsicht durch die Figur des Streitgegenstands definiert. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit erstrecken sich auf das Prozessrecht und das materielle Recht. Die anderweitige Rechtshängigkeit stellt zunächst eine negative Prozessvoraussetzung54 dar, vergleiche § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Danach darf derselbe Streitgegenstand nicht mehrfach nebeneinander rechtshängig gemacht werden. Die gleichen Grundsätze gelten hinsichtlich des Rechtswegs, vergleiche § 17 Abs. 1 S. 2 GVG. Damit werden Parallelverfahren, die die Gerichte übermäßig belasten, und sich widersprechende Entscheidungen vermieden.55 Das Institut der Rechtshängigkeit ist nicht nur in dieser Hinsicht ein Garant von Rechtssicherheit und Prozessökonomie.56 Eine rechtshängige Streitsache kann ungeachtet sich verändernder Umstände im ursprünglich einschlägigen Rechtsweg und vor dem ursprünglich zuständigen Gericht verhandelt werden, vergleiche § 17 Abs. 1 S. 1 GVG, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (perpetuatio fori). Dies liegt im Interesse der Parteien und dient dem ungestörten Fortgang des Gerichtsverfahrens.57 Die Zustellung der Klageschrift zeigt dem Anspruchsgegner zugleich auf, dass es dem Anspruchsinhaber ernst ist und er seine Rechte unter Zuhilfenahme eines staatlichen Verfahrens durchsetzen wird.58 Daher wirkt sich die Rechtshängigkeit in materiellrechtlicher Hinsicht für den Anspruchsinhaber rechtserhaltend und rechtsverstärkend aus.59 So wird nicht nur die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt, mit der Klageerhebung können auch Ausschlussfristen gewahrt werden. b.  Europäisches Zivilprozessrecht Im europäischen Zivilprozessrecht ist unter der Anhängigmachung gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO60 das Herbeiführen der Rechtshängigkeit zu ver54 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard,

§ 261 Rn. 42. RG, Urt. v. 17. 05. 1939 – II 200/38, RGZ 160, 338, 344 f.; ähnlich BGH, Urt. v. 17. 01. 1952 – IV ZR 106/51, NJW 1952, 705, 706; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 4; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 235; Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 1. 56 Vgl. Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 218; MüKo-ZPO/BeckerEberhard, § 261 Rn. 7. 57 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 8; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 240 f.; Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 35. 58  Schumann, FS Lüke, 1997, S. 767, 775 f. 59 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 262 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 98 Rn. 36 f. Zu rechtsmindernden Wirkungen vgl. §§ 1933, 2077 Abs. 1 S. 2, 3 BGB. 60 Abgesehen vom Vorbehalt zugunsten von Gerichtsstandsvereinbarungen gem. Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO ist die Regelung zur Behandlung der konkurrierenden Rechtshängigkeit 55 Vgl.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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stehen.61 In subjektiver Hinsicht erstrecken sich die Wirkungen der Rechtshängigkeit auf die Parteien.62 Für die objektive Reichweite ist der Begriff „desselben Anspruchs“ gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO autonom auszulegen.63 Derselbe Anspruch liegt vor, wenn in zwei Verfahren der gleiche Gegenstand und die gleiche Grundlage eines Anspruchs („le même objet et la même cause“) geltend gemacht werden und damit der Kernpunkt beider Streitsachen derselbe ist.64 Dies ist dann anzunehmen, wenn sich die Rechtskraftinhalte von Entscheidungen in den Verfahren widersprechen könnten.65 Maßstab der Herausbildung des Begriffs „desselben Anspruchs“ ist wie schon im deutschen Recht der übergeordnete Zweck, Parallelverfahren und sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, vergleiche dazu auch Art. 45 Abs. 1 lit. c, d Brüssel Ia-VO.66 Bei genauer Betrachtung geht der EuGH darüber noch hinaus und bezweckt eine Konzentration von Zivilprozessen.67 gegenüber der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (Brüssel I‑VO), ABl. 2001 Nr. L 12 S. 1, ber. Nr. L 307 S. 28 und 2010 Nr. L 328 S. 36, unverändert geblieben, sodass die diesbezüglichen Erwägungen in Literatur und Rechtsprechung auch hier berücksichtigt werden können. 61  EuGH, Urt. v. 07. 06. 1984 – 129/83, Slg. 1984, 2397, NJW 1984, 2759 – Zelger/Salinitri zu Art. 21 EuGVÜ; Saenger/Dörner, Art. 29 EuGVVO Rn. 7. 62 Vgl. MüKo-ZPO/Gottwald, Art.  29 VO (EU) 1215/2012 Rn. 17; Rauscher/Leible, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 10. Der EuGH urteilte zu Art. 21 EuGVÜ, dass trotz fehlender Identität auch Parteien erfasst sein sollen, deren Interessen „identisch und voneinander untrennbar“ sind und es insofern zu einer Rechtskrafterstreckung kommt, vgl. EuGH, Urt. v. 19. 05. 1998 – C-351/96, Slg. 1998, I-3075, EuZW 1998, 443, 444 – Drouot assurances SA/Consolidated metallurgical industries (CMI industrial sites), Protea assurances u. Groupement d’intérêt économique Réunion européenne. Zust. Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 643; krit. Geimer/Schütze/R. Geimer/E. Geimer/G. Geimer, Art. 27 EuGVVO Rn. 13; Rauscher/Leible, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 12. 63  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo zu Art. 21 EuGVÜ; Saenger/Dörner, Art. 29 EuGVVO Rn. 2; MüKo-ZPO/Gottwald, Art. 29 VO (EU) 1215/2012 Rn. 9; Rauscher/Leible, Art. 29 Brüssel IaVO Rn. 13. 64  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo zu Art. 21 EuGVÜ; EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 f. – The Tatry/The Maciej Rataj zu Art. 21 EuGVÜ; ­Saenger/Dörner, Art. 29 EuGVVO Rn. 4; Rauscher/Leible, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 13; Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 50. Zust. Schack, IPRax 1989, 139, 140; krit. Stein/Jonas/ Roth, vor § 253 ZPO Rn. 44. 65 MüKo-ZPO/Gottwald, Art.  29 VO (EU) 1215/2012 Rn.  10; Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 650. 66  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 238; Geimer/Schütze/R. Geimer/E. Geimer/G. Geimer, Art. 27 EuGVVO Rn. 1; Rauscher/Leible, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 1. 67  Leipold, Konzentration von Zivilprozessen, 1999, S. 19 zu Art. 21 EuGVÜ. Eine Konzentrationslast erkennt auch Gottwald, in: Gottwald/Greger/Prütting (Hrsg.), Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000, S. 85, 93 f.; ebenso Mansel/ ­Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 645. Noch zweifelnd Leipold, GS Arens, 1993, S. 227, 241 f.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

Die durch das europäische Zivilprozessrecht vorgesehenen Wirkungen der Rechtshängigkeit beschränken sich im Wesentlichen auf das sogenannte Prioritätsprinzip.68 Die Rechtshängigkeit derselben Streitsache in einem Zivilprozess eines anderen Mitgliedstaats hat das Zweitgericht zu beachten, indem es das Verfahren gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO bis zur Klärung der Zuständigkeit des Erstgerichts aussetzt und sich dann gegebenenfalls für unzuständig erklärt, vergleiche Art. 29 Abs. 3 Brüssel Ia-VO. Daneben gilt kraft Unionsrecht die perpetuatio-fori-Regel.69 Sonstige prozess- und materiellrechtliche Wirkungen ergeben sich aus der lex fori und lex causae.70 2.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage In prozesstaktischer Hinsicht kann ein Interesse des Klägers an einer parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen bestehen, denen verschiedene Teile eines einzelnen materiellrechtlichen Anspruchs zugrunde liegen. Indem er sie gegebenenfalls sogar an verschiedenen Gerichtsständen gegen den Beklagten richtet, erhöht er dessen Verteidigungsaufwand und die psychologische Belastung, die gerade juristische Laien in einem Gerichtsverfahren empfinden. Ein besonderer Anwendungsfall der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen ergibt sich aus der Zuständigkeitsordnung im europäischen Zivilprozessrecht. Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO bestimmt den besonderen Gerichtsstand für Deliktsklagen an dem Ort, „an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“. Der maßgebliche Begriff des Tatorts ist unionsautonom sowohl als Handlungs- als auch Erfolgsort auszulegen.71 Am Handlungsort nimmt der Schädiger eine deliktische Handlung vor, am Erfolgsort tritt die Rechtsgutsverletzung ein.72 Beim sogenannten Platzdelikt fallen Handlungsund Erfolgsort zusammen, bei Distanz- und Streudelikten dagegen fallen sie auseinander. Anders als bei Distanzdelikten tritt bei Streudelikten die Rechtsgutsverletzung an mehreren Orten ein.73 Anwendungsfälle finden sich im Umwelt- und Medienrecht.74 Grundsätzlich kann der Kläger zwischen den Ge68  Grundlegend zur Bedeutung des Prioritätsprinzips für die Bewältigung positiver Kompetenzkonflikte Hau, Positive Kompetenzkonflikte, 1996, S. 228–232. 69 Geimer/Schütze/R. Geimer/E. Geimer/G. Geimer, Art. 27 EuGVVO Rn. 64 m. w. N. 70 Geimer/Schütze/R. Geimer/E. Geimer/G. Geimer, Art. 27 EuGVVO Rn. 65 f. 71  EuGH, Urt. v. 30. 11. 1976 – 21/76, Slg. 1976, 1735, NJW 1977, 493 – Mines de Potasse d’Alsace SA; EuGH, Urt. v. 07. 03. 1995 – C-68/93, Slg. 1995, I-415, NJW 1995, 1881, 1882 – Shevill/Presse Alliance SA; EuGH, Urt. v. 16. 07. 2009 – C-189/08, Slg. 2009, I-6919, NJW 2009, 3501, 3502 – Zuid-Chemie BV/Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 62015, Rn. 5.39. 72  Dies., Internationales Zivilverfahrensrecht, 62015, Rn. 5.39. 73 Rauscher/Leible, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 120; Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO Rn. 167. 74  Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 62015, Rn.  5.38; Rauscher/Leible, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 120.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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richtsständen am Handlungsort sowie an den Erfolgsorten wählen.75 Allerdings kann er nur am Handlungsort seinen gesamten Schaden zum Gegenstand einer Klage machen. An den einzelnen Erfolgsorten dagegen ist die Kognitionsbefugnis der jeweiligen Gerichte auf den Teil des Gesamtschadens beschränkt, der im Bereich ihrer Jurisdiktionsgewalt entstanden ist (Mosaikbetrachtung).76 Im Fall einer ehrverletzenden Presseberichterstattung77 kann daher am Ort der Niederlassung des Herausgebers der gesamte Schaden geltend gemacht werden. Wo das Presseerzeugnis bestimmungsgemäß vertrieben wurde, kann nur der Teil des Gesamtschadens eingeklagt werden, der im jeweiligen Staat entstanden ist. Liegt der Handlungsort in einem anderen Mitgliedstaat, mag die Rechtsverfolgung für den Gläubiger erschwert sein. Möchte er an einem einfacher zu erreichenden Erfolgsort mit seiner Klage auch nicht in Teilen unterliegen, sollte er wegen der begrenzten Kognitionsbefugnis der Gerichte nur eine Teilklage erheben. Auch hier besteht unter Umständen ein Interesse des Klägers, an verschiedenen Erfolgsorten die entsprechenden Teilklagen parallel zu erheben. 3. Meinungsstand zur Zulässigkeit der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen Die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen müsste zur Rechtsverfolgung im nationalen und grenzüberschreitenden Rahmen zulässig sein. Für diese Frage werden vor allem die Wirkungen der Rechtshängigkeit relevant. a.  Nationales Zivilprozessrecht Die Frage der Zulässigkeit wird unter dem Aspekt des Einwands anderweitiger Rechtshängigkeit (aa.) sowie des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (bb.) diskutiert.

75  Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 62015, Rn.  5.39; Rauscher/Leible, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 117. 76  EuGH, Urt. v. 07. 03. 1995 – C-68/93, Slg. 1995, I-415, NJW 1995, 1881, 1882 – Shevill/ Presse Alliance SA; EuGH, Urt. v. 25. 10. 2011 – C-509/09 und C-161/10, NJW 2012, 137, 139 – eDate AdvertisingGmbH/X und Martinez/MGN Limited; EuGH (Vierte Kammer), Urt. v. 03. 04. 2014 – C-387/12, NJW 2014, 1793, 1795 – Hi Hotel HCF SARL/Spoering; EuGH (Vierte Kammer), Urt. v. 22. 01. 2015 – C-441/13, GRUR 2015, 296, 298 – Pez Hejduk/EnergieAgentur.NRW GmbH; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 62015, Rn. 5.41; Rauscher/Leible, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 129. Abl. Coester-Waltjen, FS Schütze, 1999, S. 175, 182 f.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 72017, Rn. 346. 77  Grundlegend EuGH, Urt. v. 07. 03. 1995 – C-68/93, Slg. 1995, I-415, NJW 1995, 1881 – Shevill/Presse Alliance SA.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

aa.  Reichweite der Rechtshängigkeit Eine weitere Teilklage kann dann nicht erhoben werden, wenn ihr gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Rechtshängigkeit einer zuvor erhobenen Teilklage entgegensteht. Nach mehrheitlicher Auffassung erstrecken sich die Wirkungen der Rechtshängigkeit bei Teilklagen nur auf den eingeklagten Teil.78 Dies gelte auch dann, wenn der Kläger selbst offenlegt, dass der materiellrechtliche Anspruch über den Klagebetrag hinausgeht.79 Das Gericht könne wegen der Antragsbindung gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO darüber hinaus nicht entscheiden.80 Folglich könne der Rest eines Anspruchs anderweitig eingeklagt werden, ohne dass dem die Rechtshängigkeit einer bereits erhobenen Teilklage entgegensteht.81 Bei parallelen Teilklagen komme eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO nicht in Betracht, da die Entscheidung über eine Teilklage keine Bindungswirkung für den eingeklagten Anspruchsrest erzeuge.82 Nach anderer Ansicht soll die Rechtshängigkeitssperre dann greifen, wenn mehrere Teilklagen parallel erhoben und nicht näher individualisiert werden (können).83 Bei einer solchen Teilklage werde nicht nur der eingeklagte Teil, sondern auch der nicht eingeklagte Rest rechtshängig. Der klägerische Leistungsantrag impliziere einen auf das zugrunde liegende Rechtsverhältnis gerichteten Feststellungsantrag. Bei der nicht individualisierten Teilklage werden diese Anträge noch eventual mit einem Feststellungsantrag hinsichtlich des nicht eingeklagten Teils verbunden.84 Zudem könne mangels Individualisierung zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass die eingeklagten Teile bei parallelen Teilklagen identisch sind.85 Damit bestehe die Gefahr, dass derselbe Anspruchsteil, der Gegenstand verschiedener Teilklagen ist, mehrfach zugesprochen wird.86 Dies lasse sich nur vermeiden, indem die Teilklagen als

78 Wieczorek/Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 58; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 60; Draub, Teilklage, 1930, S. 14, 20; Musielak/Voit/Foerste, § 261 ZPO Rn. 11; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 114; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 98 Rn. 9; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 261 ZPO Rn. 20; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 36; Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 27; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 14. 79  Arens, JuS 1964, 395, 397. 80  Arens, JuS 1964, 395, 397; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 236; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 456. 81 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 60. 82 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 148 ZPO Rn. 26. 83 Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 27 ohne nähere Begründung; ebenso wohl H. Schuler, MDR 1954, 518, 520; a. A. Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 456–458; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 15. 84  Muskat, ZZP 12 (1888), 335, 346 f.; a. A. Draub, Teilklage, 1930, S. 19. 85  Goldschmidt, JW 1931, 1753. 86  Muskat, ZZP 12 (1888), 335, 338; Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 273 f.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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offene Teilklagen erhoben werden und die beiden eingeklagten Teilbeträge innerhalb der Gesamtforderung voneinander abgegrenzt werden.87 Nur vereinzelt wird angenommen, einer Restklage stehe generell der Rechtshängigkeitseinwand aufgrund einer bereits erhobenen Teilklage entgegen.88 Damit werden die Wirkungen der Rechtshängigkeit über den eingeklagten Teil hinaus erweitert. Nur dieser Ansatz könne erklären, dass der Kläger im rechtshängigen Verfahren die Teilklage auch ohne Zustimmung des Beklagten um den Rest erweitern könne.89 Dieser bilde schließlich auch bei Teilklagen den „Entscheidungsspielraum“90 des Gerichts ab. bb.  Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis Der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen stehe aber (auch ergänzend91) der Einwand fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Die Erhebung mehrerer Teilklagen führt aufgrund der degressiven Gebührenstaffelung zu höheren Prozesskosten als eine entsprechende Vollklage.92 Der einfachere und kostengünstigere Weg sei eine Klageerweiterung von der Teilklage zur Vollklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO.93 Der Kläger sei angesichts der unangemessenen Benachteiligung des Beklagten auch nicht schutzwürdig. Der Beklagte könne sich nicht mit einer negativen Feststellungswiderklage angemessen zur Wehr zu setzen, um den gesamten materiellrechtlichen Anspruch im Rahmen nur eines Gerichtsverfahrens zu klären. Ihr stehe der durch die übrigen Teilklagen begründete Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen.94 Zwar könne das Gericht die verschiedenen Teilklagen gemäß § 147 ZPO verbinden. Dies steht allerdings im richterlichen Ermessen und sei dann nicht möglich, wenn die Teil87 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 61; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 115; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 113. 88  Linckelmann, ZZP 17 (1892), 447, 448. 89  Ders., ZZP 17 (1892), 447, 449; vgl. dazu auch Blomeyer, Zivilprozeßrecht, 21985, S. 275, der aus diesem Gedanken ein Verbot der Prozessverdopplung entwickelt; krit. Draub, Teilklage, 1930, S. 19. 90  Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 48. 91  Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S. 275; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 113 f.; Lin­ dacher, ZZP 76 (1963), 451, 458. 92 Vgl. Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 30; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 236. 93  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 31 f.; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 236; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 118 f.; Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S. 274 f.; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 49; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 116 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 459. Eine entsprechende Klagelast skizziert unter Abgrenzung von der Widerklagelast des Beklagten Hau, ZZP 117 (2004), 31, 44. Beachte aber Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 445, der hier einen Anwendungsfall des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO sieht. 94 Vgl. Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 30 f.; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 475.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

klagen vor verschiedenen Gerichten erhoben wurden.95 Mangels Präjudizialität im Verhältnis der einzelnen Teilklagen zueinander scheide auch eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO aus.96 Der Verteidigungsaufwand des Beklagten werde durch die Vervielfältigung der Prozesse über Gebühr erhöht.97 Schließlich bestehe die Gefahr, dass dem Kläger in der Zusammenschau aller Verfahren mehr zugesprochen wird als ihm eigentlich zusteht.98 Einziges Ziel des Klägers könne es daher sein, den Gegner zu schikanieren. b.  Europäisches Zivilprozessrecht Die Literatur setzt sich offensichtlich mangels Kasuistik des EuGH kaum mit der Frage auseinander, ob parallel erhobene Teilklagen aus einem materiellrechtlichen Anspruch denselben Anspruch gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO betreffen und das Zweitgericht aus diesem Grund das Verfahren zunächst auszusetzen und sich gegebenenfalls für unzuständig zu erklären hat. Den knappen Stellungnahmen ist zu entnehmen, dass eine Restklage tatsächlich denselben Anspruch im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO betrifft wie eine noch rechtshängige Teilklage und das damit befasste Zweitgericht nicht zuständig ist.99 Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich wie nach englischem oder französischem Recht die Rechtskraft einer Entscheidung über die Teilklage vor dem Erstgericht auch auf den Anspruchsrest erstreckt.100 Bisweilen wird es auch abgelehnt, aus dem bloßen Sinnzusammenhang, in dem mehrere Teilklagen aus einem einheitlichen materiellrechtlichen Anspruch stehen, eine Entscheidung über die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Brüssel Ia-VO abzuleiten.101 4. Stellungnahme a.  Nationales Zivilprozessrecht aa. Dogmatische Begründung der beschränkten Rechtshängigkeitswirkung bei Teilklagen Die Beschränkung der Wirkungen der Rechtshängigkeit auf den eingeklagten Teil kann dogmatisch untermauert werden. Der Umfang der Rechtshängigkeit 95  Darauf weisen schon Kuhn, Teilklage, 1933, S. 46; Muskat, ZZP 12 (1888), 335, 339 hin. Vgl. auch MüKo-ZPO/Fritsche, § 147 Rn. 3. 96  Kuhn, Teilklage, 1933, S. 46. 97  H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 8. 98  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 31. 99 Vgl. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 72017, Rn.  849; Schlosser/Hess/ Schlosser, Art. 29 EuGVVO Rn. 4b; Stein/Jonas/Wagner, Art. 27 EuGVVO Rn. 38. 100  Zeuner, FS Lüke, 1997, S. 1003, 1017 Fn. 24 zu Art. 21 EuGVÜ. 101 Geimer/Schütze/R. Geimer/E. Geimer/G. Geimer, Art.  27 EuGVVO Rn. 41; MüKoZPO/Gottwald, Art. 29 VO (EU) 1215/2012 Rn. 12.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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wird durch den Streitgegenstand bestimmt. Indem sich die verschiedenen Streitgegenstandsbegriffe des nationalen Zivilprozessrechts am Klageantrag orientieren, wird bei einer Teilklage nur der eingeklagte Teil Streitgegenstand.102 Zwar reicht der in vollem Umfang geschilderte Lebenssachverhalt hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten materiellrechtlichen Anspruchs weiter als der auf einen Teil des Anspruchs beschränkte Antrag. Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff sind Antrag und zugrunde liegender Lebenssachverhalt an sich gleichrangig zu berücksichtigen.103 Maßgeblich für die Reichweite der Rechtshängigkeit ist dennoch der Antrag. Nur insoweit steht dem Gericht gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO eine Entscheidungsbefugnis zu, sodass auch der umfassend vorgetragene Lebenssachverhalt nur in den betragsmäßigen Grenzen des Antrags berücksichtigt werden kann.104 Eine generelle Ausweitung der Wirkungen der Rechtshängigkeit über den eingeklagten Teil hinaus lässt sich nicht nur mit der Dogmatik des Streitgegenstands schwer vereinbaren, sondern ist auch in der Systematik und Funktionsweise des Zivilprozessrechts schlicht nicht vorgesehen. Dies wird im prozessualen Verlauf nach Erhebung einer Teilklage deutlich: Als Reaktion auf die Teilklage kann der Beklagte grundsätzlich eine negative Feststellungswiderklage hinsichtlich des gesamten Anspruchs erheben. Dieser darf aber nicht bereits zuvor im Rahmen der Teilklage rechtshängig sein. Genau dies nimmt die vorgenannte Ansicht jedoch an. Dem Beklagten würden dadurch weitreichende Konsequenzen drohen. Einer für ihn taktisch sinnvollen negativen Feststellungswiderklage hinsichtlich des Anspruchsrests stünde die Rechtshängigkeit des Streitgegenstands im Rahmen der Teilklage entgegen.105 Zugleich kann das Gericht wegen der Antragsbindung gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht über den gesamten Anspruch entscheiden. Damit wird dem Beklagten jede Möglichkeit genommen, den gesamten Anspruch zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Annahme, wonach die Rechtshängigkeit nicht auf den eingeklagten Teil beschränkt sein soll, erweist sich damit schon als systemwidrige Lösung.

102 

Vgl. dazu oben S. 35. Zu diesem Grundsatz Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 69; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 18. 104 Dafür Draub, Teilklage, 1930, S. 13 f.; so wohl auch MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 111: „[…] über Ansprüche aus einem bestimmten Sachverhalt wird deshalb grundsätzlich nur entschieden, soweit die Anträge der Parteien reichen. Innerhalb dieser Grenzen erstreckt sich die Entscheidung aber auf den gesamten Lebenssachverhalt“. 105  Vgl. MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 261 Rn. 64. 103 

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

bb.  Reichweite der Rechtshängigkeit bei nicht individualisierten Teilklagen Unklar erscheint in dogmatischer Hinsicht, warum die Rechtshängigkeitssperre eingreifen soll, wenn nicht individualisierte Teilklagen parallel und ohne Abgrenzung der Teile innerhalb des Gesamtanspruchs erhoben werden. Eine Identität der Streitgegenstände kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn mit den parallelen Klagen Anspruchsteile in gleicher Höhe geltend gemacht werden, da dann der Antrag identisch ist. Aber auch der zugrunde liegende Lebenssachverhalt müsste identisch sein. Das ist aber ein bloßer Verdacht.106 Selbst wenn Identität besteht, so kann sie jedenfalls nicht durch die verlangte Offenlegung erkannt werden: Wenn der Kläger zwei Teilklagen zu je 500 Euro parallel geltend macht und behauptet, ihm stehe eine Gesamtforderung von 1.000 Euro zu, so genügt er zwar den oben beschriebenen Anforderungen. Stehen dem Kläger tatsächlich nur 500 Euro zu, so ist die Gefahr, dass diese ihm von beiden Gerichten zugesprochen werden, keineswegs gebannt. cc.  Keine Orientierung an der Rechtsprechung des EuGH Das scheinbar unüberwindbare Hindernis, auf das die vorstehende Argumentation immer wieder trifft, ist die Antragsbindung des Gerichts gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dies veranlasst zu der Frage, ob die Reichweite der Rechtshängigkeit nicht auch unabhängig vom Klageantrag bestimmt werden könnte. Neu ist dieser Vorschlag freilich nicht, bereits der EuGH hat ihn in seiner Rechtsprechung zur Rechtshängigkeit im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr entwickelt.107 Die Identität sei danach zu beurteilen, ob die jeweiligen Streitsachen den gleichen Kernpunkt betreffen. Bei parallelen Teilklagen, die einem einheitlichen materiellrechtlichen Anspruch entspringen, ist dies anzunehmen.108 Fraglich ist jedoch, ob diese Möglichkeit zur Bestimmung der Reichweite der Rechtshängigkeit Eingang in das deutsche Zivilprozessrecht finden kann.109 Die entsprechende Dogmatik erachtet den Klageantrag als unverzichtbaren Teil des Streitgegenstands.110 Demgegenüber laufe der EuGH mit der Ausrichtung an Gegenstand und insbesondere Grundlage eines Anspruchs Gefahr, sich dem überwundenen materiellrechtlichen Streitgegenstandsbegriff zuzuwenden.111 106 Beachte Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 457, wonach die bloße Möglichkeit der Streitgegenstandsidentität nicht genügen könne. 107  Vgl. dazu oben S. 49. 108  Vgl. dazu unten S. 59 f. 109 Dafür Gottwald, in: Gottwald/Greger/Prütting (Hrsg.), Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000, S. 85, 94; Haas, FS Ishikawa, 2001, S. 165, 171 f., 186 f.; Leipold, Konzentration von Zivilprozessen, 1999, S. 23. 110  Vgl. Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 44, 49, 54; die insoweit bestehende dogmatische Tradition auch im europäischen Prozessrecht lasse der EuGH zu Unrecht außer Acht, vgl. Stürner, FS Heldrich, 2005, S. 1061, 1068 f. 111  So Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 44.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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Nicht nur aus dogmatischer, sondern auch aus historischer und teleologischer Sicht sei eine Adaption der Begriffsvorstellungen des EuGH unnötig. Die vom Gesetzgeber nur für identische Streitgegenstände vorgesehene Rechtshängigkeitssperre gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO habe sich bewährt.112 Zwar diene im deutschen Zivilprozessrecht die Figur der Rechtshängigkeit wie auch im europäischen Zivilprozessrecht der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen. Daraus könne jedoch nicht die Notwendigkeit gefolgert werden, die Rechtshängigkeitssperre schon bei der Identität des Kernpunkts von Streitigkeiten und einer bloßen Möglichkeit der Rechtskraftkollision eingreifen zu lassen.113 Das Verhältnis der Präjudizialität solle anders als bei der Rechtskraft nicht bereits als Sperre wirken.114 dd.  Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis Allerdings könnte für die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Ein entscheidender Aspekt soll sein, in welchem Maß der Kläger staatliche Ressourcen des Rechtsschutzes in Anspruch nimmt. Unterschiede bestehen bei Erhebung einer Teilklage im Vergleich zur Vollklage sowie in Abhängigkeit davon, ob mehrere Teilklagen parallel erhoben werden oder ob nach einer einzelnen Teilklage eine Restklage nicht mehr erforderlich ist. Für die Bewertung der Schutzwürdigkeit des prozessualen Vorgehens ist die Belastung der staatlichen Rechtsschutzeinrichtungen aber grundsätzlich nicht ausschlaggebend. Das Institut des Rechtsschutzbedürfnisses darf nicht unreflektiert der Durchsetzung prozessökonomischer Erwägungen115 oder öffentlicher Interessen dienen.116 Eine Beschränkung kommt dort in Betracht, wo sich im Vergleich der prozessualen Möglichkeiten ein eindeutiger und erheblicher Unterschied hinsichtlich der Einfachheit und Kostenintensität auftut.117 Die Beschränkung auf nur eine Teilklage ist bedeutend kostengünstiger als die Erhebung einer Vollklage sowie die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen. Damit fehlt für die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen in jedem Fall das Rechtsschutzbedürfnis: Gibt es Anhaltspunkte für den Willen des Beklagten, nach Unterliegen gegenüber einer Teilklage auch den zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrest freiwillig zu erfüllen, so sollte sich der Kläger unter dem Aspekt der Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen des Rechtsschutzes auf eine einzelne Teilklage beschrän112 

Zeuner, FS Lüke, 1997, S. 1003, 1017 f. § 261 Rn. 55; Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 21. 114  Bettermann, Rechtshängigkeit und Rechtsschutzform, 1949, S. 10 f. 115 Dazu Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967, S. 19–21. 116  Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 204 f., 223; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 133 f. 117  Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 223; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 145; Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967, S. 36. 113 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard,

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ken. Bestreitet der Beklagte dagegen den gesamten Anspruch, sollte der Kläger sogleich eine Vollklage erheben. b.  Europäisches Zivilprozessrecht Die Frage, ob eine weitere Teilklage denselben Anspruch betrifft wie eine noch rechtshängige Teilklage, kann nur anhand einer Auslegung von Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO geklärt werden. Wegen des Grundsatzes der autonomen Auslegung118 ist es unumgänglich, aus den bisherigen Entscheidungen des EuGH Maßstäbe zu destillieren (aa.), die zu einer Entscheidung im Fall paralleler Teilklagen führen (bb.). aa.  Maßstäbe der Entscheidungspraxis des EuGH Den Begriff „desselben Anspruchs“ gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO hat der EuGH vor allem mit der Zwecksetzung geprägt, miteinander unvereinbare Entscheidungen über verschiedene Klagen zu verhindern.119 Nur so könne die Effektivität des europäischen Zivilprozessrechts gewährleistet werden, das die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und damit die grenzüberschreitende Rechtsverfolgung erleichtern soll.120 Entscheidungen sind unvereinbar gemäß Art. 45 Abs. 1 lit. c, d Brüssel Ia-VO, wenn sie „Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig ausschließen“.121 Eine derartige Unvereinbarkeit kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Streitgegenstände der verschiedenen Verfahren nicht identisch sind. Für die Unvereinbarkeit kommt es weniger auf konkrete Rechtskraftwirkungen als vielmehr materiellrechtliche Zusammenhänge an. So differenziert der EuGH hinsichtlich der Aspekte, die eine Unvereinbarkeit begründen können, schon nicht zwischen den Folgen und den (nach deutscher Dogmatik nicht in Rechtskraft erwachsenden) Begründungselementen eines Urteils.122 118  Zu Art. 21 EuGVÜ: EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo; EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 f. – The Tatry/The Maciej Rataj. 119  EuGH, Urt. v. 09. 12. 2003 – C-116/02, Slg. 2003, I-14693, EuZW 2004, 188, 190 f. – Erich Gasser GmbH/MISAT Srl; Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 626; Gottwald, in: Gottwald/Greger/Prütting (Hrsg.), Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000, S. 85, 93; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 6 Rn. 154; Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 646; Rüßmann, ZZP 111 (1998), 399, 406; Schack, IPRax 1989, 139, 140; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 29 EuGVVO Rn. 4b. 120 EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo. 121  EuGH, Urt. v. 04. 02. 1988 – 145/86, Slg. 1988, 645, NJW 1989, 663, 664 – Hoffmann/ Krieg. 122 Vgl. Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 631–633.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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Vor diesem Hintergrund kann der Begriff „desselben Anspruchs“ gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO gedeutet werden. Nach dem Vorbild der französischen Sprachfassung gliedert er sich in Gegenstand und Grundlage eines Anspruchs.123 Der Begriff des Gegenstands bezeichnet den Zweck der verschiedenen Klagen und kann durch die Identifizierung des Kernpunkts dieser Klagen bestimmt werden.124 Dabei kommt es auf die jeweilige Rechtsschutzform nicht an. Eine Klage auf Verurteilung zur Erfüllung eines Vertrags habe danach den gleichen Zweck wie eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Vertrags, nämlich die Frage der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Vertrags.125 Es werden also auch Präjudizien berücksichtigt, die das fragliche Rechtsverhältnis formen.126 Ein Gleichlauf des Begriffs der Rechtshängigkeit mit dem nationalen Verständnis von der Reichweite der Wirkungen der Rechtskraft kann daher nicht erreicht werden. Hinter dem Begriff der Grundlage bildet sich der weit verstandene Lebenssachverhalt ab, der den Streitigkeiten zugrunde liegt.127 Fraglich bleibt, ob zu dessen Konturierung auf die anzuwendenden Rechtsvorschriften128 zurückzugreifen ist oder ob er schlicht als die zu beantwortende Rechtsfrage129 oder das gemeinsame Interesse der verschiedenen Klagen130 erfasst wird. Danach haben zwei Klagen dann dieselbe Grundlage, wenn sie auf demselben Vertragsverhältnis beruhen.131 bb.  Konkurrierende Rechtshängigkeit im Fall paralleler Teilklagen Im Fall zweier parallel erhobener Teilklagen kommt es darauf an, ob diese unter Rücksicht auf den übergeordneten Zweck der Vermeidung unvereinbarer Entscheidungen den gleichen Gegenstand und die gleiche Grundlage haben. 123  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo; EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 – The Tatry/The Maciej Rataj. 124  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo; EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 – The Tatry/The Maciej Rataj. 125  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo. 126  Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 150; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 6 Rn. 157. 127  EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 – The Tatry/The Maciej Rataj; Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 153. 128  So EuGH, Urt. v. 06. 12. 1994 – C-406/92, Slg. 1994, I-5439, JZ 1995, 616, 618 – The Tatry/The Maciej Rataj. 129  McGuire, Verfahrenskoordination und Verjährungsunterbrechung im Europäischen Prozessrecht, 2004, S. 85. 130  Otto, Rechtshängigkeitssperre, 2007, S. 296 f. 131  EuGH, Urt. v. 08. 12. 1987 – 144/86, Slg. 1987, 4861, NJW 1989, 665, 666 – Gubisch Maschinenfabrik AG/Palumbo.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

Dazu ist zunächst der gemeinsame Zweck und Kernpunkt der Teilklagen herauszuarbeiten. Teilklagen entspringen einem einheitlichen zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, etwa einem materiellrechtlichen Anspruch. Sie stehen zueinander im Verhältnis der Vorfragenidentität.132 Ihr jeweiliger Zweck liegt darin, diesem Rechtsverhältnis im Wege der Klage zur Geltung zu verhelfen. Das Rechtsverhältnis umreißt zugleich den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. Dieser ist die Grundlage beider Teilklagen, die Frage der Wirksamkeit dieses Rechtsverhältnisses der gemeinsame Kernpunkt. Insofern ist es nicht plausibel, die Bedeutung eines „Sinnzusammenhangs“ herunterzuspielen und die Anspruchsidentität zu verneinen.133 Schließlich besteht der Sinnzusammenhang bei Teilklagen darin, dass sie etwa einem einheitlichen materiellrechtlichen Anspruch und einem entsprechenden Lebenssachverhalt entspringen. Der Streit „über die Rechtsfolgen eines Lebenssachverhalts“134 ist es gerade, was den Begriff desselben Anspruchs ausmacht. Auch der EuGH berücksichtigt in seinen Erwägungen materiellrechtliche Sinnzusammenhänge.135 Parallel erhobene Teilklagen betreffen denselben Anspruch gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Dieses Ergebnis wird auch dem Ziel der Vermeidung unvereinbarer Entscheidungen gerecht. Ob abweichende Entscheidungen über verschiedene Teilklagen miteinander unvereinbar sind, ist eine Frage der Reichweite dieses Begriffs. Stellt man dafür auf die Grenzen der Rechtskraft nach deutschem Verständnis ab,136 so ist jeweils nur über einen Teil und nicht darüber hinaus entschieden. Damit überlappen sich die Entscheidungen über verschiedene Teilklagen nicht und die Feststellung einer Unvereinbarkeit fällt schwer. Dies ist aber nur eine Folge des engen Verständnisses der objektiven Rechtskraftgrenzen. Das europäische Verständnis der Unvereinbarkeit verharrt hierin jedoch nicht. Vielmehr sind auch Präjudizien etwa in Gestalt der Entscheidungsgründe in die Erwägung einzubeziehen. Bei Teilklagen ist dies das zugrunde liegende einheitliche Rechtsverhältnis. Damit gibt es einen überlappenden Bereich, in dem die Entscheidungen entweder übereinstimmen oder miteinander unvereinbar sind. Bei parallelen Teilklagen besteht die Gefahr, dass der einen Teilklage stattgegeben wird, die andere hingegen wegen Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses abgewiesen wird. Dann sind die Aussagen über das Bestehen des Rechtsverhältnisses miteinander unvereinbar.

132 Allg.

Otto, Rechtshängigkeitssperre, 2007, S. 35 f. Vgl. dazu oben S. 54. 134  Gottwald, in: Gottwald/Greger/Prütting (Hrsg.), Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000, S. 85, 91. 135  Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 129. 136 So MüKo-ZPO/Gottwald, Art. 29 VO (EU) 1215/2012 Rn. 10; Mansel/Nordmeier, FS Kaissis, 2012, S. 629, 650. 133 



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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Dem muss mittels des Prioritätsprinzips gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO entgegengewirkt werden. cc.  Sonderfall Mosaikbetrachtung Beachtung verdient das Szenario der parallelen Erhebung von Teilklagen, die jeweils auf Verurteilung des Beklagten zum Ersatz eines Teils des Gesamtschadens aus einem Streudelikt gerichtet sind. (1) Keine konkurrierende Rechtshängigkeit gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO Teilklagen, denen ein einheitlicher materiellrechtlicher Anspruch zugrunde liegt, sind „Klagen wegen desselben Anspruchs“ gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Nach dem Prioritätsprinzip hat das Zweitgericht das Verfahren zunächst auszusetzen und eine Entscheidung über die Zuständigkeit des Erstgerichts abzuwarten, vergleiche Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Im Fall der Streudelikte ist die Erhebung mehrerer Teilklagen jedoch der begrenzten Kognitionsbefugnis der Gerichte an den einzelnen Erfolgsorten gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO geschuldet. Aus dem Wortlaut von Art. 29 Brüssel Ia-VO wird nicht ersichtlich, ob das Prioritätsprinzip auch zur Anwendung gelangen soll, wenn solche Teilklagen parallel und nicht nacheinander erhoben werden. Denkbar ist auch, dass die Norm nur Geltung beansprucht, wenn das Erstgericht auch hinsichtlich der vor dem Zweitgericht erhobenen Klage kognitionsbefugt ist. Klarheit schafft eine teleologische Auslegung. Art. 29 Brüssel Ia-VO soll positive Kompetenzkonflikte im europäischen Zivilprozessrecht auflösen.137 Ein solcher Konflikt liegt hier nicht vor. Es geht schon nicht um Fragen der Zuständigkeit, sondern noch vorgelagert um Kognitionsbefugnisse. Diese sind nach der Rechtsprechung zum Erfolgsort gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO klar abgegrenzt. Das jeweilige Gericht am Erfolgsort kann nur über den Teil des Gesamtschadens entscheiden, der im entsprechenden Mitgliedstaat eingetreten ist. Das Erstgericht kann nicht über die vor dem Zweitgericht erhobene Teilklage entscheiden und vice versa. Damit greifen die Wertungen zur Rechtshängigkeit im europäischen Rechtsverkehr nicht. Nach der Kernpunkttheorie sollen Zivilprozesse wegen desselben Anspruchs an einem Gericht konzentriert werden.138 Aufgrund der begrenzten Kognitionsbefugnis der einzelnen Gerichte ist dies im Fall paralleler Teilklagen an verschiedenen Erfolgsorten gar nicht möglich. 137 Musielak/Voit/Stadler,

Art. 29 EuGVVO Rn. 1. Bereits zu Art. 21 EuGVÜ vgl. Hau, Positive Kompetenzkonflikte, 1996, S. 122 f. 138  Näher dazu MüKo-ZPO/Gottwald, Art. 29 VO (EU) 1215/2012 Rn. 13; Leipold, Konzentration von Zivilprozessen, 1999, S. 19.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

Freilich will Art. 29 Brüssel Ia-VO auch parallele Zivilprozesse vermeiden. Unter diesem Aspekt könnte vom Geschädigten zu verlangen sein, seine Teilklagen nacheinander zu erheben. Die Unterbindung von Parallelverfahren dient letztlich dem Zweck, unvereinbare Entscheidungen zu verhindern.139 Bei jeder Teilklage hat das Gericht über den Grund des Anspruchs zu entscheiden, sodass bei mehreren Teilklagen durchaus die Gefahr besteht, dass die jeweiligen „Entscheidungen Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig ausschließen“.140 Allerdings ist die Regelung zur konkurrierenden Rechtshängigkeit in diesem Fall gar nicht geeignet, das Zustandekommen unvereinbarer Entscheidungen zu verhindern: Selbst wenn die Teilklagen nacheinander erhoben würden, sind die verschiedenen Gerichte jeweils nur eingeschränkt kognitionsbefugt und können in unvereinbarer Weise entscheiden. Diese Gefahren sind angesichts der in der Dispositionsmaxime verankerten Möglichkeit der Erhebung von Teilklagen sowie der Erwägungen, die der sogenannten Mosaikbetrachtung zugrunde liegen,141 in Kauf zu nehmen. Art. 29 Brüssel Ia-VO erfasst den hier geschilderten Fall nicht.142 Der Geschädigte kann bei Streudelikten parallel Teilklagen auf Schadensersatz an verschiedenen Erfolgsorten gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO erheben, ohne dass Art. 29 Brüssel Ia-VO dem entgegensteht. (2)  Zusammenhang gemäß Art. 30 Brüssel Ia-VO Angesichts der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht zugleich ein Zusammenhang zwischen den Teilklagen gemäß Art. 30 Abs. 3 Brüssel IaVO.143 Ein später angerufenes Gericht kann das Verfahren gemäß Art. 30 Abs. 1 Brüssel Ia-VO aussetzen. Dabei handelt es sich nur um eine Ermessensentscheidung.144 Im Ergebnis verschafft eine solche Aussetzung dem an mehreren Erfolgsorten beklagten Schädiger kaum Erleichterung: Er muss sich zunächst parallel verteidigen und auf eine Aussetzung hinwirken. Einen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs schafft Art. 30 Brüssel Ia-VO nicht.145 139 Vgl. zu diesem Zusammenhang Erwägungsgrund 21 S. 1 Brüssel Ia-VO; Rauscher/ Leible, Art. 29 Brüssel Ia-VO Rn. 41; Stein/Jonas/Oberhammer, Art. 34 EuGVVO Rn. 97. 140  EuGH, Urt. v. 04. 02. 1988 – 145/86, NJW 1989, 663, 664 – Hoffmann/Krieg. Vgl. i. Ü. zu diesem Merkmal der Anerkennungsversagungsgründe gem. Art. 45 Abs. 1 lit. c, d Brüssel Ia-VO Rauscher/Leible, Art. 45 Brüssel Ia-VO Rn. 63 f. 141  Dazu eingehend Stein/Jonas/Wagner, Art. 5 EuGVVO Rn. 170. 142 So ohne nähere Begründung im Erg. auch Stein/Jonas/Wagner, Art. 27 EuGVVO Rn. 38. 143  Vgl. nur Rauscher/Leible, Art. 30 Brüssel Ia-VO Rn. 5, wonach der Terminus der widersprechenden Entscheidung i. S. v. Art. 30 Abs. 3 Brüssel Ia-VO weiter gefasst ist als der der unvereinbaren Entscheidung i. S. v. Art. 45 Abs. 1 lit. c, d Brüssel Ia-VO. 144 Rauscher/Leible, Art. 30 Brüssel Ia-VO Rn. 13. 145 EuGH, Urt. v. 05. 10. 1999 – C-420/97, Slg 1999, I-6747, NJW 2000, 721, 723 – Leathertex/Bodetex; Rauscher/Leible, Art. 30 Brüssel Ia-VO Rn. 1; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 30 EuGVVO Rn. 1.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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(3)  Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis Damit könnte die parallele Erhebung solcher Teilklagen allein wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses oder eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht unterbunden werden. Für den nationalen Zivilprozess wurde die Erweiterung der Teilklage zur Vollklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO gegenüber der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen als einfacherer und kostengünstigerer Weg vorgestellt.146 Im Sonderfall paralleler Teilklagen an verschiedenen Erfolgsorten gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO verspricht diese Vorgehensweise angesichts der begrenzten Kognitionsbefugnis der Gerichte keinen gleichwertigen Rechtsschutz. Allerdings könnte je nach Erreichbarkeit für den Kläger eine Vollklage beim Gericht des Handlungsortes oder am allgemeinen Gerichtsstand gemäß Art. 4 Abs. 1 Brüssel Ia-VO ein (im Vergleich zur Erhebung paralleler Teilklagen in verschiedenen Mitgliedstaaten) einfacherer und kostengünstigerer Weg sein. Auch eine einzelne erfolgreiche Teilklage an einem Erfolgsort mag die Zahlungsbereitschaft des Schädigers hinsichtlich des noch nicht geltend gemachten Anspruchsrests erhöhen und so hinreichenden Rechtsschutz gewährleisten. Im Einzelfall mag der Geschädigte ein herausragendes Interesse haben, in den Genuss bestimmter Vorzüge des materiellen Rechts eines Mitgliedstaats zu kommen.147 Liegt in diesem Mitgliedstaat aber ein Erfolgs- und nicht der Handlungsort, so sind diese Vorzüge nur auf einen Teil des Gesamtschadens begrenzt. Fehlt es an einer solchen Absicht, kann der Geschädigte mit der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen kein anderes Ziel verfolgen als dem Schädiger die Verteidigung zu erschweren und ihn durch den damit einhergehenden erhöhten Ressourcenverbrauch zu schikanieren.148 Dies stellt aber keine schutzwürdige Zwecksetzung im Rahmen des Zivilprozesses dar. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben steht einer solch vermeidbaren Kostenerhöhung entgegen.149 Parallel erhobene Teilklagen sind daher als unzulässig abzuweisen.

146 

Vgl. dazu oben S. 53 f. law shopping through forum shopping bereits Hau, Positive Kompetenzkonflikte, 1996, S. 31–33. 148  Vgl. etwa J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 44–46, wonach sich die gezielte Wahl eines abgelegenen Gerichts i. R. d. nationalen Zivilprozesses als missbräuchlich erweisen kann. Beachte auch Hau, Positive Kompetenzkonflikte, 1996, S. 54 zum Schikaneverbot bei parallelen Verfahren. 149 Allg. J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 45; Stein/Jonas/Muthorst, vor § 91 ZPO Rn. 11; beachte zur Verortung als Pflicht aus dem Prozessrechtsverhältnis BVerfG (3. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 30. 01. 1990 – 2 BvR 1085/89, NJW 1990, 3072, 3073; BGH, Beschl. v. 03. 07. 2007 – VI ZB 21/06, NJW 2007, 3723; BGH, Beschl. v. 02. 07. 2009 – V ZB 54/09, NJW 2009, 3102, 3103. 147 Zum

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

5. Ergebnis Im nationalen Zivilprozessrecht stehen der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen zwar nicht die Wirkungen der Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, wohl aber das Fehlen eines entsprechenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Im europäischen Zivilprozessrecht sind parallele Teilklagen, denen ein einheitlicher materiellrechtlicher Anspruch zugrunde liegt, „Klagen wegen desselben Anspruchs“. Nach dem Prioritätsprinzip hat das Zweitgericht das Verfahren gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO zunächst auszusetzen und eine Entscheidung über die Zuständigkeit des Erstgerichts abzuwarten. Auch die Erwägungen zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis im nationalen Zivilprozessrecht lassen sich übertragen und verhindern ebenso wie der Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen auf Schadensersatz an verschiedenen Erfolgsorten gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO. II.  Sachliche Zuständigkeit von Gerichten Durch die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage kommt es zur Herabsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts. 1. Grundlagen Die sachliche Zuständigkeit grenzt die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von der der Amtsgerichte ab. Für die Mehrzahl der Fälle erfolgt dies nach dem Zuständigkeitsstreitwert, vergleiche § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Diese Zuständigkeitsverteilung verfolgte ursprünglich den Zweck, Streitsachen von geringfügigem Wert durch nur einen Richter entscheiden zu lassen.150 Zu deren gerichtlicher Klärung sollen zudem nicht unnötige Kosten durch eine weite Anfahrt oder die Rechtsanwaltsvergütung (die Parteien sind gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO vor einem Amtsgericht postulationsfähig) anfallen.151 Die Grundsätze zur Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts bei Teilklagen wurden bereits dargelegt.152 Danach ist bei Teilzahlungsklagen stets nur der eingeklagte Teilbetrag für die sachliche Zuständigkeit relevant. Für eine Teilklage kann das Amtsgericht gemäß § 1 ZPO, § 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig sein, obwohl bei Einklagung des gesamten 150  So schon die Begründung des Entwurfs eines Gerichtsverfassungsgesetzes bei Hahn, Materialien I, 1879, S. 30, 68. 151  Vgl. Stein/Jonas/Jacobs, § 23 GVG Rn. 3; MüKo-ZPO/Zimmermann, § 23 GVG Rn. 1; vgl. zu rechtspolitischen Bedenken Kissel/Mayer/Herbert Mayer, § 23 GVG Rn. 6–10. 152  Vgl. dazu oben S. 36 ff.



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materiellrechtlichen Anspruchs das Landgericht gemäß § 1 ZPO, § 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig wäre. 2.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Eine Teilklage kann gemäß § 1 ZPO, § 23 Nr. 1 GVG anders als die entsprechende Vollklage vor einem Amtsgericht zu verhandeln sein. Daran kann der Kläger ein Interesse haben: Er spart wegen der Ortsnähe Ressourcen, muss nicht durch einen Anwalt vertreten werden und kommt gegebenenfalls in den Genuss einer günstigen Rechtsprechungspraxis.153 Mit dem zuletzt genannten Aspekt kann der Kläger zugleich eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beklagten beabsichtigen. Keine Nachteile ergeben sich dagegen hinsichtlich des Instanzenzugs.154 Nach der Reform des Rechtsmittelrechts155 kann der Beklagte auch gegen Urteile des Amtsgericht als Eingangsinstanz mit der Berufung oder Beschwerde zum Landgericht, vergleiche § 72 Abs. 1 S. 1 GVG, § 511 Abs. 1 ZPO, und mit der Revision schließlich zum Bundesgerichtshof gelangen, vergleiche § 133 GVG, § 542 Abs. 1 ZPO. Im Laufe des Verfahrens kann der Kläger die Teilklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zur Vollklage erweitern. Überschreitet der Zuständigkeitsstreitwert dann die Wertgrenze gemäß § 23 Nr. 1 GVG, können die Parteien gemäß § 506 Abs. 1 ZPO die Verweisung an das gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständige Landgericht beantragen.156 Nach dem Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlung sind bereits vorgenommene Prozesshandlungen und eine bereits durchgeführte Beweisaufnahme weiter beachtlich.157 Wird der Antrag gemäß § 506 Abs. 1 ZPO nicht gestellt, kommt es unter den Voraussetzungen gemäß § 39 ZPO zu einer Zuständigkeitsbegründung infolge rügeloser Einlassung. 3.  Meinungsstand zur Zulässigkeit Überwiegend wird vertreten, die Erhebung von Teilklagen zu dem Zweck, die streitwertabhängige sachliche Zuständigkeit der Gerichte zu beeinflussen, verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Prozessrecht.158 Dies gelte 153 

Vgl. dazu Goebel, PAK 2002, 144 ff. Vorbehaltlich der Anmerkungen zur Umgehung der Erwachsenheitssumme bei Rechtsbehelfen, vgl. dazu unten S. 70 ff. 155  Vgl. Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. 07. 2001, BGBl. I 2001, 1887. 156 So schon Draub, Teilklage, 1930, S. 20. Vgl. auch Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 475. 157  Müther, MDR 1998, 1335, 1337 f. sowie Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1623 zur Beweisaufnahme. 158  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 255 Fn. 3; Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754; Goldschmidt, Zivilprozessrecht, 21932, S. 154; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 2 ZPO Rn. 7; Meller-Hannich, Zivilprozessrecht, 22016, Rn. 144; E. Schneider, JurBüro 1976, 1606; 154 

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selbst dann, wenn der Tatbestand der Zuständigkeitserschleichung rein objektiv (ohne entsprechende Absicht) vorliegt.159 Ausweislich der §§ 38–40 ZPO könne die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts nur im Ausnahmefall durch Parteiwillen herbeigeführt werden.160 Auch das klägerische Ziel, vor dem Amtsgericht selbst postulationsfähig zu sein, sei nach Sinn und Zweck des Anwaltszwangs nicht schutzwürdig.161 Um eine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitserschleichung handle es sich jedenfalls, wenn mehrere Teilklagen parallel erhoben werden.162 Hierfür fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.163 In dieser Situation nämlich erhöhe sich nicht nur die Prozesskostenlast, zugleich habe der Beklagte auch nicht die Möglichkeit, sich etwa mit der Erhebung einer negativen (Zwischen-) Feststellungswiderklage angemessen zur Wehr zu setzen.164 Der einfachere und kostengünstigere Weg bestehe darin, die ursprüngliche Teilklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zu erweitern.165 In der Folge seien die parallelen Teilklagen allesamt unzulässig.166 Der Kläger könne eine Verweisung der zu verbindenden Teilklagen an das Landgericht beantragen, vergleiche § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO.167 Entstandene Kosten seien gemäß § 281 Abs. 3 BGB dem Kläger aufzuerlegen.168 Andererseits wurde darauf verwiesen, dass nach der Dispositionsmaxime die Erhebung von Teilklagen grundsätzlich zulässig ist. Auch die dadurch ermöglichte Änderung der sachlichen Zuständigkeit könne daher nicht beanstandet werden.169 Zwar könne die sachliche Zuständigkeit der Gerichte nach der zivilprozessualen Systematik nur ausnahmsweise durch gemeinsamen Parteiwillen beeinflusst werden, vergleiche §§ 38–40 ZPO. Dennoch komme auch H. Schuler, MDR 1954, 518, 521. Ebenso wegen Verstoßes gegen das prozessuale Missbrauchsverbot, allerdings ohne auf subjektive Elemente abzustellen Stein/Jonas/Jacobs, § 23 GVG Rn. 13. 159  So Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 2 ZPO Rn. 7. 160 Vgl. Friedrich, Teilklage, 1995, S. 119 f. 161  Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754. 162  LG Gießen, Urt. v. 07. 02. 1996 – 1 S 490/95, MDR 1996, 527; Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 8; Musielak/Voit/Wittschier, § 23 GVG Rn. 5. 163  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 30 f.; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 119 f.; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5150, 5153; Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 225. So wohl auch G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2124. 164 Vgl. Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 30 f.; Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754. Für die Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage des Beklagten Fuchs, JW 1895, 32, 33. 165  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 31 f.; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 118 f. 166  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 32 Rn. 3; J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 56; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 9. 167 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 32 Rn. 3; J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 56; E. Schneider, MDR 1989, 606, 607; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 9. 168  J. D. Lüttringhaus, ZZP 127 (2014), 29, 56. 169  Fuchs, JW 1895, 32.



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eine einseitige Beeinflussung der sachlichen Zuständigkeit durch die Erhebung mehrerer Teilklagen jedenfalls dann in Betracht, wenn die gegnerische Partei dadurch weder benachteiligt noch der Prozessführung wehrlos ausgeliefert werde.170 Eine Benachteiligung liege aber nicht vor. Das erhöhte Kostenrisiko infolge der Gebührendegression treffe nicht allein den Beklagten, sondern in gleichem Maße den Kläger.171 Auch könne sich der Beklagte effektiv gegen die Erhebung mehrerer Teilklagen wehren: Werde zunächst nur eine Teilklage erhoben, könne der Beklagte mittels negativer Feststellungswiderklage den Anspruchsrest in den Prozess einbeziehen und damit gegebenenfalls auch die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründen.172 Im Fall der Erhebung mehrerer Teilklagen könne er sich mit dem Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit zur Wehr setzen.173 Die Erhebung mehrerer Teilklagen sei daher keine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitserschleichung.174 4. Stellungnahme Eine Einflussnahme auf die streitwertabhängige sachliche Zuständigkeit der Gerichte außerhalb der Grenzen der §§ 38–40 ZPO ist in der Prozessordnung angelegt. Die Streitwertbindung der sachlichen Zuständigkeit gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und die in der Dispositionsmaxime verankerte Möglichkeit der Erhebung von Teilklagen eröffnen dem Kläger in geeigneten Fällen eine Wahlmöglichkeit: Er kann mit einer Vollklage vor dem Landgericht oder mit einer oder mehreren Teilklagen vor dem Amtsgericht prozessieren. Eine derartige Konkurrenzproblematik hat der Gesetzgeber gesehen und gebilligt.175 Für die Frage der Missbilligung der klägerischen Zwecksetzung kommt es darauf an, welchen Bindungen der Kläger bei der Auswahl zwischen mehreren prozessualen Alternativen unterliegt. Ein derartiges prozesstaktisches Vorgehen muss mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht vereinbar sein. Auch darf das Rechtsschutzbedürfnis nicht fehlen. Das Institut des Rechtsschutzbedürfnisses stellt sicher, dass Prozesshandlungen zur Erfüllung des Prozesszwecks beitragen.176 Der Zweck des Zivilprozesses besteht zum einen in der Bewährung des ob170 

Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 82 f. Ders., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 83. 172  Ders., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 84. 173  Ders., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 84 f. 174  Ders., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 85 f. 175  BGH, Urt. v. 14. 03. 1979 – IV ZR 98/78, NJW 1979, 1508 für verschiedene Rechtsschutzformen; Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 145 für „Rechtsbehelfe“; Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967, S. 35 f. 176  Vgl. Stein/Jonas/Roth, vor § 253 ZPO Rn. 133; Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967, S. 24. 171 

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jektiven Rechts und der Wahrung des Rechtsfriedens,177 zum anderen in der Verwirklichung privater Interessen.178 Damit werden bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit des klägerischen Vorgehens auch subjektive Interessen berücksichtigt. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Kläger verfahrensfremde Zwecke verfolgt, sich schikanös oder rechtsmissbräuchlich verhält.179 Mit der Herbeiführung der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts durch Beschränkung auf eine Teilklage möchte der Kläger unter den zuvor benannten Aspekten seine prozessuale Rechtslage verbessern. Im Vordergrund steht (nicht anders als bei einer Vollklage) der Wille, im Verfahren zu obsiegen. Im Vergleich dazu handelt es sich bei den prozesstaktischen Zielsetzungen um Nebenzwecke, deren bloßes Vorliegen das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen lässt.180 Erforderlich ist ein Überwiegen missbilligter Zwecke.181 Der Wille, den Beklagten infolge einer dem Kläger günstigen Rechtsprechungspraxis am gewählten Amtsgericht zu benachteiligen, ist nicht zu missbilligen. Die Abweichung der Rechtsprechung verschiedener Gerichte ist grundsätzlich durch die Auslegungsfähigkeit der jeweils entscheidungsrelevanten Normen gedeckt. Weitere Aspekte, unter denen die klägerische Zwecksetzung zu missbilligen sein könnte, sollen im Folgenden untersucht werden. a.  Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen Ein Missbrauch in Gestalt der Umgehung der gesetzlichen Regelung zur sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts liegt vor, wenn der vom Kläger geschaffene Fall nach dem Wortlaut zwar unter § 1 ZPO, § 23 Nr. 1 GVG subsumiert werden kann, sein Motiv jedoch dem Zweck der prozessualen Normen182 zuwiderläuft. Erhebt der Anspruchsinhaber mehrere Teilklagen parallel oder nacheinander, so wird über jede Teilklage gesondert entschieden. Eine verfahrensübergreifende Bindung hinsichtlich der Entscheidungsfindung gibt es nicht. Der Kläger kann mit jeder einzelnen Teilklage obsiegen und unterliegen – auch wenn ihnen ein einheitlicher materiellrechtlicher Anspruch zugrunde liegt. Jede Teilklage weist einen im Vergleich zur entsprechenden Vollklage geringen Wert des Streitgegenstands auf. Es erscheint daher gerade auch wegen der isolierten Betrachtung des Prozessrisikos für jede einzelne Teilklage gerechtfertigt, dem Kläger die Ver177  Schönke, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950, S. 22. Krit. zur Bewährung der Rechtsordnung und die Rechtsfriedensfunktion betonend Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 242, 246. 178  Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 240 f.; Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 197 f. A. A. Schönke, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950, S. 22. 179  Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967, S. 44–48. 180 Vgl. Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 220. 181 Vgl. dens., FS Lent, 1957, S. 195, 202. 182  Vgl. dazu oben S. 64.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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ringerung des Ressourcenverbrauchs im Amtsgerichtsverfahren zugutekommen zu lassen. Allerdings darf das widersprüchliche Verhalten des Klägers bei der Erhebung mehrerer (insbesondere paralleler) Teilklagen nicht außer Acht gelassen werden: Einerseits will er im Verfahren vor dem Amtsgericht den Ressourcenverbrauch senken, andererseits erhöhen sich bei mehreren Teilklagen aufgrund der degressiven Gebührenstaffelung die Prozesskostenlast und auch im Übrigen der Ressourcenverbrauch. Damit kann der Kläger jedenfalls bei der Erhebung paralleler Teilklagen kein anderes Motiv haben als den Beklagten mit der Prozesskostenerhöhung zu belasten.183 Wenn der Gegner den gesamten Anspruch bestritten und eindeutig signalisiert hat, auch im Fall des Unterliegens bei einer Teilklage den bis dahin noch nicht eingeklagten Anspruchsrest nicht freiwillig zahlen zu wollen, verhält sich der Kläger auch mit der Erhebung einer einzelnen Teilklage vor dem Amtsgericht widersprüchlich: Hier wird unter Umständen eine kostensteigernde Restklage erforderlich. In diesen Fällen sind seine Motive nicht mehr von der Zwecksetzung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen gedeckt. b.  Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten Für die Bewertung des klägerischen Verhaltens ist auch von Bedeutung, ob sich der Beklagte noch angemessen gegen das prozesstaktische Vorgehen wehren kann. Erhebt der Kläger eine offene Teilklage vor dem Amtsgericht, kann der Beklagte hinsichtlich des nicht eingeklagten Anspruchsrests eine negative Feststellungswiderklage erheben und gegebenenfalls die Verweisung an das dann zuständige Landgericht erreichen, vergleiche § 506 Abs. 1 ZPO.184 Damit erhält er vor dem ursprünglich sachlich zuständigen Landgericht eine Entscheidung über den gesamten zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch. Bei einer verdeckten Teilklage kann sich der Beklagte über die grundlegenden Verteidigungsmöglichkeiten hinaus nicht zur Wehr setzen.185 Auch bei der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen sind die Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten eingeschränkt. Die negative Feststellungsklage kann er wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nicht erheben.186 Fraglich ist, ob der Beklagte nach einer Verbindung der Teilklagen gemäß § 147 ZPO zu einer Verhandlung vor dem an sich für die Vollklage sachlich zuständigen Landgericht gelangen kann. Eine Verweisung gemäß § 506 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, da 183 

So im Erg. auch Pohle, FS Lent, 1957, S. 195, 225. Vgl. schon Hellwig, System I, 1912, S. 319 Fn. 1. 185  Vgl. zur Bewertung eines solchen prozesstaktischen Vorgehens des Klägers noch unten S. 86 ff. 186  Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754. 184 

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dieser Fall der Verbindung paralleler Teilklagen nicht von dessen Wortlaut erfasst ist.187 Auch könnte der Grundsatz gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für jede ursprünglich rechtshängige Teilklage weiterhin gelten.188 Dem wird im Fall des missbräuchlichen Verhaltens entgegengetreten.189 Daher sind die verbundenen Teilklagen gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO an das sachlich zuständige Landgericht zu verweisen.190 Dies geschieht allerdings nur auf Antrag des Klägers und wird den Interessen des Beklagten nicht hinreichend gerecht. Eine Verbindung ist auch nur möglich, wenn die Teilklagen vor demselben Gericht anhängig sind. 5. Ergebnis Der Kläger kann ein Interesse haben, mit einer Teilklage zum Amtsgericht zu gelangen statt mit einer Vollklage zum sachlich zuständigen Landgericht. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zwecksetzung ist die Zulässigkeit dieses prozesstaktischen Vorgehens abhängig vom Verhalten des Beklagten. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liegt jedenfalls vor, wenn der Kläger parallele Teilklagen erhebt. Dann ist sein Motiv unter Rücksicht auf die gesetzliche Zwecksetzung sowie die Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten zu missbilligen. III.  Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsbehelfen Infolge der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage wird unter Umständen die Erwachsenheitssumme als Mindestbeschwerdewert bei Rechtsbehelfen nicht erreicht. 1. Grundlagen Als Rechtsmittel bezeichnet man Rechtsbehelfe, die folgende Charakteristika191 aufweisen: einen Suspensiveffekt (Hemmung des Eintritts der formellen Rechtskraft gemäß § 705 S. 2 ZPO),192 einen Devolutiveffekt (Verhandlung und Entscheidung über die Streitsache in einer höheren Instanz)193 und die Möglich187 MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 506 Rn. 6; Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 54 f.; Musielak/Voit/Wittschier, § 506 ZPO Rn. 1. A. A. Kuhn, Teilklage, 1933, S. 46, der eine sinngemäße Anwendung vertritt; BeckOK‑ZPO/Wendtland, 15. 09. 2017, § 147 Rn. 14. 188 MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 506 Rn. 6; Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 54. 189  Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 13. 09. 2013 – 32 SA 65/13, MDR 2013, 1307; MüKoZPO/Fritsche, § 147 Rn. 13; Zöller/Greger, § 147 ZPO Rn. 8; BeckOK‑ZPO/Wendtland, 15. 09. 2017, § 147 Rn. 14. 190 MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 506 Rn. 6; Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 92. 191 Krit. Gilles, Rechtsmittel, 1972, S. 158 f. 192  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 133 Rn. 4. 193  Dies., Zivilprozessrecht, 172010, § 133 Rn. 7.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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keit des Rechtsmittelgerichts, die Streitsache erneut zu entscheiden, vergleiche §§ 538 Abs. 1, 563 Abs. 3, 572 Abs. 3 ZPO.194 Mit der Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen wird nicht nur im Einzelfall materielle Gerechtigkeit hergestellt. Das System der Rechtsmittel erfüllt auch den Zweck, Grundsatzfragen einheitlich zu klären und das Recht fortzubilden.195 Für einzelne Rechtsbehelfe sind besondere wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzungen statuiert, gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die sogenannte Wertberufung, gemäß § 567 Abs. 2 ZPO für die sofortige Beschwerde sowie gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO für die Nichtzulassungsbeschwerde. Aufgrund der größeren Relevanz soll im Folgenden beispielhaft die Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Gegenstand der Untersuchung sein. Diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung bezweckt die Verschonung der Gerichte von Bagatellberufungen, bei denen das Interesse an einer Anfechtung der Entscheidung gemessen am angestrebten Erfolg zurücktreten muss.196 Bei der Erwachsenheitssumme handelt es sich um den Wert des Beschwerdegegenstands197 und nicht um den Wert der Beschwer.198 Beschwerdegegenstand ist der Teil der formellen Beschwer, der durch den Berufungsantrag gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO zum Ausdruck gebracht wird.199 Für den Wert des Beschwerdegegenstands verweist § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf § 2 ZPO, wonach dieser gemäß §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln ist.200 Wenn der Kläger mit einer Zahlungsklage vollumfänglich unterliegt und mit der Berufung die Streitsache im vollen Umfang weiterverfolgt, so entspricht der Wert des Beschwerdegegenstands gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sowohl dem nach dem Klagebetrag ermittelten Wert des Streitgegenstands als auch dem Wert der formellen Beschwer.201

194 

Dies., Zivilprozessrecht, 172010, § 133 Rn. 10. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 133 Rn. 20–25; Leipold, in: Gilles/Röhl/P. Schuster u. a. (Hrsg.), Rechtsmittel im Zivilprozeß, 1985, S. 285, 289 f.; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, 1993, S. 242–249. 196 Stein/Jonas/Althammer, §  511 ZPO Rn.  21  f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 135 Rn. 26. 197  BGH, Beschl. v. 27. 06. 2002 – V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721; BGH, Beschl. v. 19. 03. 2009 – IX ZB 152/08, NJW‑RR 2009, 853, 853 f.; Althammer, NJW 2003, 1079, 1080, 1082; Stein/Jonas/Althammer, § 511 ZPO Rn. 25; Musielak/Voit/Ball, § 511 ZPO Rn. 18; C. Fischer, NJW 2002, 1551, 1553; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 135 Rn. 27; MüKo-ZPO/Rimmelspacher, § 511 Rn. 44 Fn. 91; Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 39. 198  Anders aber Jauernig, NJW 2001, 3027, 3028; Jauernig, NJW 2003, 465, 467 f. 199 Stein/Jonas/Althammer, § 511 ZPO Rn. 37; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 135 Rn. 27; MüKo-ZPO/Rimmelspacher, § 511 Rn. 46. 200  Vgl. dazu oben S. 36. 201  Vgl. auch Stein/Jonas/Althammer, § 511 ZPO Rn. 29, 31. 195 Ausführlich

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2.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Die wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 567 Abs. 2 ZPO ist nicht identisch mit dem Wert des Streitgegenstands der Teilklage und fällt nur unter bestimmten Voraussetzungen mit diesem zusammen. Jedenfalls übersteigt die Berufungssumme den Wert des Streitgegenstands nicht. Somit kann sich der Kläger mit der Beschränkung auf eine Teilklage202 bewusst an der gesetzlich vorgesehenen Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO orientieren, um dem Gegner ein Rechtsmittel und einen entsprechenden Instanzenzug abzuschneiden. Dies liegt in seinem Interesse, weil dadurch die formelle Rechtskraft gemäß § 705 S. 1 ZPO eher eintreten und der Kläger mit einer zügigen Befriedigung rechnen kann. 3.  Meinungsstand zur Zulässigkeit Es verstoße jedoch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht, wenn anstelle der Vollklage mehrere Teilklagen mit dem Zweck erhoben werden, den Wert des Beschwerdegegenstands zu „manipulieren“.203 Werden diese Teilklagen parallel erhoben, fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.204 4. Stellungnahme Die Unzulässigkeit der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen wurde bereits für richtig befunden.205 Fraglich ist darüber hinaus, ob der Zweck des Abschneidens der Rechtsmittelmöglichkeit auch zur Unzulässigkeit einer einzelnen Teilklage wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht führt. a.  Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der gesetzlichen Regelung Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht liegt in der arglistigen Schaffung prozessualer Rechtslagen. Tatsächlich verschafft sich der Kläger Vorteile, wenn nach einem der Klage stattgebenden Urteil die Berufung nicht zulässig ist. Sein Verhalten müsste sich infolge Arglist als bloße Erschleichung eines günstigen gesetzlichen Tatbestandes darstellen, mit 202 

Vgl. zum Streitgegenstand einer Teilklage oben S. 35. Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 255 Fn. 3; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 364 Fn. 31; E. Schneider, JurBüro 1976, 1606; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 8. 204  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 30 f.; G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2124 f. 205  Vgl. dazu oben S. 57. 203 



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der der eigentliche Zweck des Gesetzes außer Acht gelassen wird. Der Zweck der wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzung liegt in der Entlastung der Rechtsmittelinstanzen.206 Dazu trägt der Kläger mit seinem prozesstaktischen Verhalten auch bei, sodass er sich dem Zweck des Gesetzes nicht unmittelbar widersetzt. Im Fall von nacheinander erhobenen Teilklagen mag das zwar als widersprüchliches Verhalten anmuten, denn bei einer entsprechenden Vollklage wäre die Berufungssumme unter Umständen überschritten worden. Allerdings hat der Kläger bei Erhebung einer einzelnen Teilklage zumindest auch die Hoffnung, der Gegner werde den Anspruchsrest freiwillig erfüllen. Ausgenommen sind wiederum die Fälle, in denen der Schuldner Gegenteiliges bereits zum Ausdruck gebracht hat. Nicht unbeachtet bleiben sollte ein Argument, das im Zusammenhang mit der Revisionssumme gemäß § 546 Abs. 1 S. 1 ZPO a. F. angebracht wurde. Der Arglistvorwurf könne dem Kläger jedenfalls dann gemacht werden, wenn er erst nach einem für ihn günstigen Verlauf des Zivilprozesses Maßnahmen zur Vermeidung der Revisionssumme gemäß § 546 Abs. 1 S. 1 ZPO a. F. ergreift (etwa durch Beschränkung des Klageantrags), um dem voraussichtlich unterliegenden Beklagten dieses Rechtsmittel zu nehmen.207 Im Vergleich dazu stellt sich das hier beschriebene Problem der Umgehung der Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anders dar: Erfolgt die Umgehung durch die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage, legt sich der Kläger schon fest, bevor er anhand der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung den Ausgang des Verfahrens abschätzen kann. Er geht damit auch das Risiko ein, selbst zu unterliegen und sich bei entsprechender Beschwer die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels zu nehmen. Dies wird er nur dann tun, wenn sein Obsiegen etwa aufgrund eindeutiger Beweislage bereits absehbar ist. Dann hätte für den Beklagten eine außergerichtliche Einigung näher gelegen als die Einlassung auf ein streitiges Verfahren. Bei objektiv hohen Erfolgsaussichten erweist sich auch die Einlegung von Rechtsmitteln in der Regel als wenig sinnvoll und verzögert nur die Zwangsvollstreckung. Auch dann widerspricht die Herabsetzung einer Klageforderung nicht dem Zweck von wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzungen, den Verfahrensaufwand der Rechtsmittelgerichte zu senken.208 b.  Keine Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten Schließlich geht mit der Vorgehensweise des Klägers keine unzumutbare Beeinträchtigung des Beklagten einher. Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens kann er sich ohne Einschränkung verteidigen und mit einer negativen Fest206 Stein/Jonas/Althammer,

§ 511 ZPO Rn. 21. Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 93 f. 208  Vgl. für den Fall der Revisionssumme gem. § 546 Abs. 1 S. 1 ZPO a. F. dens., Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 94. 207 

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stellungswiderklage auch eine Entscheidung über den nicht geltend gemachten Anspruchsrest erlangen. Darüber hinaus fällt die Entziehung des Instanzenzuges nicht schwer ins Gewicht. Dieser ist schon verfassungsrechtlich nicht gewährleistet.209 5. Ergebnis Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage mit dem Zweck, die Einlegung eines wertgebundenen Rechtsmittels zu verhindern, verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht. IV.  Besondere Verfahrensarten Mit der Beschränkung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage nimmt der Kläger auch Einfluss auf den sogenannten Bagatellstreitwert. 1. Grundlagen Nationales und europäisches Zivilprozessrecht ermöglichen für Streitsachen von geringem Wert eine besondere Verfahrensart. a.  Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO Für Klagen mit nur geringem Streitwert ist dem Gericht gemäß § 495a S. 1 ZPO ein Verfahrensermessen210 eingeräumt, was zahlreiche Erleichterungen ermöglicht. So treffen das Gericht nicht die strengen Anforderungen an den Ablauf der Beweisaufnahme wie im regulären amtsgerichtlichen Verfahren.211 Die Abfassung des Urteils wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO vereinfacht.212 Zudem kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, solange kein anderslautender Antrag einer Partei vorliegt, vergleiche § 495a S. 2 ZPO. Diese besondere Behandlung von Bagatellsachen213 bezweckt, die betroffenen Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, um die Leistungsfähigkeit von

209 Stein/Jonas/Althammer,

vor § 511 ZPO Rn. 12. zu den Hintergründen dieser originären Abwägungszuständigkeit Riehm, Abwägungsentscheidungen, 2006, S. 227 f. 211  Vgl. ausführlich Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 37–40; Bergerfurth, NJW 1991, 961, 963; MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 34–37. 212  Vgl. Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 43 f.; Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 8 f. 213  Zur Problematik des Begriffs vgl. Kunze, NJW 1995, 2750. 210 Vgl.



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Amtsgerichten zu erhöhen214 und angesichts des Streitwerts die Prozesskosten und den Verfahrensaufwand gering zu halten.215 Erfasst sind Verfahren vor Amtsgerichten, die sich im Wertrahmen gemäß § 495a S. 1 ZPO halten.216 Die Bemessung des sogenannten Bagatellstreitwerts ergibt sich gemäß § 2 ZPO aus §§ 3 ff. ZPO.217 b.  Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen Im Unterschied zum nationalen Zivilprozessrecht findet sich im europäischen Zivilprozessrecht mit der Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO218) die eigenständige Regelung eines streitigen Zivilverfahrens für grenzüberschreitende Bagatellsachen.219 Dabei sind auch die Ausführungsbestimmungen gemäß §§ 1097– 1109 ZPO zu beachten. Zu den Verfahrensabkürzungen und Verfahrenserleichterungen zählen im Anwendungsbereich der Verordnung, vergleiche Art. 2 f. EuBagatellVO, der Grundsatz des schriftlichen Verfahrens unter Nutzung von Formularen, vergleiche Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 f. EuBagatellVO, in dem für die Prozesshandlungen der Parteien und des Gerichts knappe Fristen vorgesehen sind, vergleiche Art. 5 Abs. 2–6, Art. 7, 14 EuBagatellVO, sowie die richterliche Bestimmung des Verfahrens der Beweisaufnahme, vergleiche Art. 9 EuBagatellVO. Ein Exequaturverfahren und die ordre-public-Kontrolle entfallen gemäß Art. 20 Abs. 1, 22 Abs. 2 EuBagatellVO.220 Gemäß Art. 9 Abs. 2, 3, Art. 16 EuBagatellVO spielen Aspekte der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit eine besondere Rolle.221 Zwecke dieser Regelungen sind die Vereinfachung und Beschleunigung von Gerichtsverfahren sowie die Verringerung der dafür anfallenden Prozess-

214 MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 1; Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 1. Krit. MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 2; Kunze, Bagatellverfahren, 1995, S. 92; Kunze, NJW 1995, 2750, 2752. 215 Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Zivilgerichte, BT‑ Drs. 11/4155, S. 10. 216  Zu einer rechtsvergleichenden Betrachtung dieser Wertgrenze beachte Hau, RabelsZ 81 (2017), 570, 578 f. 217 Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 14; MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 9. Vgl. zur Ermittlung des Streitwerts bei Teilklagen oben S. 36. 218 Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, ABl. 2007 Nr. L 199 S. 1, ber. 2015 Nr. L 141 S. 118. 219  Zur Problematik des Begriffs vgl. S. Huber, GPR 2014, 242, 242 Fn. 7. 220 Vgl. dazu Hans-Peter Mayer/Lindemann/Haibach, Small Claims Verordnung, 2009, Rn. 517. Allerdings ist das Exequaturverfahren mittlerweile auch in der Brüssel Ia-VO abgeschafft, vgl. Art. 39 Brüssel Ia-VO. 221  Vgl. dazu auch Jahn, NJW 2007, 2890, 2892 f.; C. A. Kern, JZ 2012, 389, 390.

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kosten.222 Mit dem durch die EuBagatellVO geschaffenen einheitlichen Zugang zur Justiz sollen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt unterbunden werden. Dies sei gerade angesichts des nur geringen Streitwerts und der mit der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung einhergehenden Schwierigkeiten erforderlich, vergleiche Erwägungsgrund 7 EuBagatellVO.223 Die Vorschriften der EuBagatellVO sind bis zur Wertgrenze gem. Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO224 anwendbar. Die Bestimmung des Bagatellstreitwerts richtet sich nach den Regeln des nationalen Rechts, vergleiche Art. 19 EuBagatellVO.225 2.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Zunächst ist zu untersuchen, ob Teilklagen in einem vereinfachten Verfahren verhandelt und entschieden werden, wenn zwar der eingeklagte Teil die Wertgrenze gemäß § 495a S. 1 ZPO, Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO unterschreitet, der Streitwert einer entsprechenden Vollklage aber darüber liegen würde (a.). Danach können die klägerischen Interessen an einem derart prozesstaktischen Vorgehen herausgearbeitet werden (b.). a.  Statthaftigkeit des Bagatellverfahrens bei Teilklagen aa.  Nationales Zivilprozessrecht In bestimmten Fällen überschreitet der Streitwert der erhobenen Klage die Wertgrenze gemäß § 495a S. 1 ZPO deshalb nicht, weil der Kläger nur einen Teil eines weitergehenden Gesamtanspruchs geltend macht. Auch hier könne das Gericht das Verfahren gemäß § 495a S. 1 ZPO nach billigem Ermessen bestimmen, weil für den Bagatellstreitwert allein der klägerische Antrag und damit der eingeklagte Teil maßgeblich seien.226 Dem ist zuzustimmen. Die Berechnung des Streitwerts für die Eröffnung des Bagatellverfahrens folgt allgemeinen Grundsätzen. Wird dem Gericht nur ein Teil zur Entscheidung unterbreitet, so wird nur dieser Teil Streitgegenstand. Auch 222 Ausführlich

Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 4–6. auch die Begründung zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen vom 15. 03. 2005, KOM (2005) 87, S. 4. 224  Beachte die Anhebung der Wertgrenze zum 14. 07. 2017 gem. Art. 1 Nr. 1 VO (EU) 2015/2421. Zu entsprechenden Reformüberlegungen und einer kritischen Betrachtung vgl. Hau, FS Gottwald, 2014, S. 255, 260 f.; S. Huber, GPR 2014, 242, 244 f.; C. A. Kern, JZ 2012, 389, 393. 225 MüKo-ZPO/Hau, Art. 2 VO (EG) 861/2007 Rn. 7. Vgl. zur Ermittlung des Streitwerts bei Teilklagen oben S. 36. 226 Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 35. Im Erg. auch Hau, RabelsZ 81 (2017), 570, 595. 223  Vgl.



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der Umfang der Rechtskraft und das wirtschaftliche Durchsetzungsinteresse des Klägers sind auf diesen Teil beschränkt. Zudem entspricht die Statthaftigkeit des Bagatellverfahrens gemäß § 495a S. 1 ZPO bei Teilklagen dessen Sinn und Zweck. Es besteht kein Automatismus dergestalt, dass ein Verfahren nur deshalb nicht mehr vereinfacht oder beschleunigt werden könnte, weil hinter dem eingeklagten Teilbetrag ein höherer Gesamtbetrag steht. Falls dies dennoch Schwierigkeiten bereitet, kann das Gericht sein Ermessen immer noch zuungunsten des Bagatellverfahrens ausüben. Grundsätzlich ändert etwa eine zu erwartende Restklage nichts an der Geringfügigkeit eines zunächst eingeklagten Teilbetrags. Auch steht im Zeitpunkt der Erhebung einer Teilklage nicht fest, ob der Rest später noch eingeklagt wird. Dann aber besteht kein Unterschied im Vergleich zu einer Vollklage mit gleichem Streitwert. Das Bagatellverfahren ist daher auch für Teilklagen, deren Streitwert die Vorgaben gemäß § 495a S. 1 ZPO einhält, statthaft. bb.  Europäisches Zivilprozessrecht Das Problem der Anwendbarkeit der Vorschriften der EuBagatellVO auf Fälle, in denen nur eine Teil-, nicht die entsprechende Vollklage die Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO einhält, hat keine explizite Regelung erfahren. Eine solche Regelungslücke ist unter Beachtung von Sinn und Zweck der Verordnung zu schließen.227 Da es Ziel des Bagatellverfahrens sei, Streitigkeiten schnell und abschließend zu klären, wurde die Anwendbarkeit der EuBagatellVO in solchen Fällen abgelehnt.228 Andernfalls könne zudem der Zweck der Streitwertgrenze, den Bagatellcharakter einer Streitsache zu indizieren, ins Leere laufen.229 Allerdings könnten nach dieser Ansicht allenfalls offene, nicht aber verdeckte Teilklagen abgewehrt werden.230 Die überwiegende Meinung befürwortet die Anwendbarkeit der EuBagatellVO im Fall der beschriebenen Teilklage231 oder macht dies davon abhängig, dass der Kläger nicht erkennbar missbräuchlich handelt.232 Dem ist mit den gleichen Argumenten wie für das Bagatellverfahren gemäß § 495a ZPO zuzustimmen. 227 Vgl.

Hau, JuS 2008, 1056, 1059. Rauscher, in: Rauscher/Wax/Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 32008, Anh. II zu Buch 11 Rn. 12. Zweifelnd Hau, JuS 2008, 1056, 1059. 229  von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 2 EuGFVO Rn. 11. 230 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 13. 231 Prütting/Gehrlein/Halfmeier, Art. 2 EuGFVO Rn. 2; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 10 Rn. 89 Fn. 320; Hans-Peter Mayer/Lindemann/Haibach, Small Claims Verordnung, 2009, Rn. 516; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 2 EuBagVO Rn. 2; Rauscher/Varga, Art. 2 EG‑BagatellVO Rn. 14; Musielak/Voit/Voit, VO (EG) Nr. 861/2007 Rn. 6. 232 MüKo-ZPO/Hau, Art. 2 VO (EG) 861/2007 Rn. 9; von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 2 EuGFVO Rn. 11. 228 Vgl.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

b.  Prozesstaktische Interessen des Klägers Der Kläger kann ein Interesse haben, seine Rechte gerade im Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO oder im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen nach der EuBagatellVO zu verfolgen. Beide Verfahren dienen der Vereinfachung und Beschleunigung des Rechtsstreits. Mit der Beschleunigung des Verfahrens kann der Kläger eine zügigere Befriedigung sowie eine Überrumpelung des Beklagten bezwecken, die die Bereitschaft zu einer Streitbeilegung oder einem Anerkenntnis erhöhen mag. Ein möglicher Überrumpelungseffekt wird dadurch verstärkt, dass angesichts der Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO auf einem durchschnittlich verdienenden Beklagten ein hoher wirtschaftlicher Druck lastet. 3.  Meinungsstand zur Zulässigkeit a.  Nationales Zivilprozessrecht Für das Verfahren nach billigem Ermessen wurde die Gefahr des Missbrauchs konstatiert.233 Rechtstatsächliche Untersuchungen legen nahe, dass es zu erheblichen Mängeln bei der Handhabung des Verfahrens gemäß § 495a ZPO gekommen ist – diese aber selten sind.234 Zudem haben die Rechtssuchenden auch im Bagatellverfahren grundsätzlich gleichwertige Möglichkeiten, ihre Rechte zu verfolgen und zu verteidigen. Der Grundsatz der Waffengleichheit werde nicht angetastet.235 Selbst wenn der Kläger den Beklagten mit der Wahl des Bagatellverfahrens zu überrumpeln beabsichtige, sei die Vorhersehbarkeit des Verfahrensablaufs objektiv hinreichend gesichert.236 b.  Europäisches Zivilprozessrecht Auch für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen wurde ein Missbrauchspotenzial diagnostiziert.237 Entsprechende Befürchtungen sind nach den Erfahrungen der ersten Jahre zumindest in Deutschland wohl unbegründet.238 Dennoch mischt sich in die Stellungnahmen größeres Unbehagen als beim nationalen Verfahren nach billigem Ermessen. Das Verfahren nach der EuBagatellVO sei von zahlreichen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten und der Kostenerstattung nach der EuBagatellVO geprägt.239 233 Stein/Jonas/Berger,

§ 495a ZPO Rn. 4. Zu Missständen vgl. Huff, DRiZ 1996, 346. Rottleuthner, Entlastung durch Entformalisierung?, 1997, S. 86–94. 235  Kunze, Bagatellverfahren, 1995, S. 238–241. 236 Vgl. dens., Bagatellverfahren, 1995, S. 243 f. 237  Schon früh Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme Nr. 44/2005, S. 9. 238  Hau, FS Gottwald, 2014, S. 255, 257. 239  Ausführlich dazu unten S. 189 ff. 234 Vgl.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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Anders als der Kläger habe der Beklagte von vornherein nicht die Möglichkeit, zwischen dem regulären Zivilverfahren und dem Bagatellverfahren zu wählen.240 Auch setze sich der Kläger bewusst in Widerspruch zur Zwecksetzung der Wertgrenze, den Bagatellcharakter einer Rechtssache abzubilden.241 Erweist sich die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage als ersichtlich rechtsmissbräuchlich, so sei das Bagatellverfahren trotz Unterschreitens der Wertgrenze nicht statthaft.242 Allerdings wird dieses Missbrauchsverdikt auch angezweifelt. Schließlich sei das Prozesskostenrisiko begrenzt und mangels Rechtskrafterstreckung habe der Beklagte auch in nachfolgenden Verfahren über Restklagen die Möglichkeit, sich umfassend zu verteidigen.243 4. Stellungnahme a.  Nationales Zivilprozessrecht Es liegt schon im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es die Möglichkeit der Verfahrensvereinfachung gemäß § 495a ZPO überhaupt nutzt.244 Dazu kann es Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen (etwa ob der erzielbare Nutzen den Verfahrensaufwand überwiegt)245 und einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen des Klägers effektiv Einhalt gebieten. Entscheidet sich das Gericht für eine Verfahrensgestaltung gemäß § 495a ZPO und billigt damit das Vorgehen des Klägers, so bleibt kein Raum mehr für den Vorwurf der Treuwidrigkeit. Darüber hinaus ist auch die Ausübung des richterlichen Ermessens hinsichtlich der Art und Weise der Verfahrensgestaltung verfassungsrechtlich beschränkt. Die Bindung an grundlegende Verfahrensgrundsätze bleibt bestehen. Damit wird der Beklagte durch die Verfahrensvereinfachung nicht unzulässig überrascht.246 Die Überrumpelungsabsicht des Klägers findet kaum objektiven Niederschlag und rechtfertigt kein Unzulässigkeitsverdikt. Jedoch kann sich der Beklagte nicht in jedem Fall aus eigener Kraft aus den Zwängen des Verfahrens gemäß § 495a ZPO befreien. Mit einer negativen Feststellungswiderklage kann er zwar den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest einer Entscheidung zuführen. Allerdings müsste die Widerklage für sich, vergleiche nur § 5 Hs. 2 ZPO, einen Streitwert aufweisen, der 240 

Vgl. Rauscher/Varga, Art. 16 EG‑BagatellVO Rn. 5. von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 2 EuGFVO Rn. 11. 242 MüKo-ZPO/Hau, Art. 2 VO (EG) 861/2007 Rn. 9; von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 2 EuGFVO Rn. 11. 243 So Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 14. 244  Näher dazu Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 18 f. 245  Stickelbrock, Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozeß, 2002, S. 640. Vgl. zu den Entscheidungskriterien im nationalen Zivilprozessrecht Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 19; MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 12. 246  Ebenso Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 25. 241 

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

über der Wertgrenze gemäß § 495a S. 1 ZPO liegt, damit sowohl Teilklage als auch Widerklage nicht mehr im Bagatellverfahren, sondern im regulären Zivilverfahren zu behandeln wären.247 Dies kann der Kläger durch eine geschickte Aufteilung des Gesamtanspruchs von vornherein verhindern.248 Gleichwohl ist nicht anzuerkennen, warum der Beklagte ein schutzwürdiges Interesse haben soll, sich dem durch hinreichende Verfahrensgarantien abgesicherten Verfahren nach billigem Ermessen zu entziehen, wenn umgekehrt der Kläger die Verhandlung in diesem Verfahren auch nicht erzwingen kann. b.  Europäisches Zivilprozessrecht aa.  Kein Widerspruch zur Zwecksetzung der Wertgrenze Zunächst wurde dem prozesstaktisch handelnden Kläger vorgeworfen, er widersetze sich dem Zweck der in der Verordnung festgeschriebenen Wertgrenze. Dass diese den Bagatellcharakter einer Rechtssache abbilden soll, ist zu ungenau formuliert und dazu überschätzt. Damit wird zunächst nichts anderes abgebildet als die wirtschaftliche Geringfügigkeit eines Rechtsstreits – der aber in juristischer Hinsicht überaus komplex und im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens unter Umständen nicht angemessen zu bewältigen sein kann.249 Andererseits kann eine Rechtssache mit hohem Streitwert nur geringfügigen juristischen Lösungsaufwand verlangen.250 Warum hier eine Verfahrensvereinfachung nach Beschränkung auf einen entsprechenden Streitwert nicht in Betracht kommen soll, ist schwer einzusehen. Die Aussagekraft der Wertgrenze hinsichtlich eines Bagatellcharakters ist beschränkt. Ein Zweck der Wertgrenze besteht jedenfalls darin, die Verfahrensvereinfachungen der EuBagatellVO nur bei solchen Streitsachen anzuwenden, bei denen das Prozesskostenrisiko für die Parteien begrenzt ist. Dazu trägt der Kläger mit der Beschränkung auf eine Teilklage im Rahmen der Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO bei und verstößt damit nicht gegen die Zwecksetzung der Wertgrenze. bb.  Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Beklagten Allerdings schlägt sich die klägerische Benachteiligungsabsicht angesichts der Unwägbarkeiten des Rechtsschutzes im Verfahren nach der EuBagatellVO251 247  Vgl. Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 15; MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 9; Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 4. 248  Vgl. zur Bewertung dieses prozesstaktischen Verhaltens unten S. 88. 249 Ebenso Hau, RabelsZ 81 (2017), 570, 589. 250  C. A. Kern, JZ 2012, 389, 392; Kornblum, FS Sellert, 2000, S. 513, 524. 251  Ausführlich dazu unten S. 189 ff.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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durchaus objektiv nieder. Davor wird der Beklagte nicht hinreichend geschützt. Schon die Wahl der Verfahrensart beruht anders als im nationalen Zivilprozessrecht allein auf der Initiative des Klägers, vergleiche Art. 4 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO. Dem kann das aufmerksame Gericht eine Prüfung gemäß Art. 4 Abs. 3, 4 EuBagatellVO entgegensetzen. Die Rüge der Anwendbarkeit des Verfahrens gemäß Art. 5 Abs. 5 S. 1 EuBagatellVO ist für Zahlungsklagen nicht vorgesehen. Überschreitet eine negative Feststellungswiderklage hinsichtlich des Anspruchsrests die Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO, so sind sowohl Klage als auch Widerklage dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen entzogen, vergleiche Art. 5 Abs. 7 Unterabs. 1 EuBagatellVO, § 1099 Abs. 2 S. 1 ZPO. Auch dies kann der Kläger bereits im Vorfeld durch eine geschickte Aufteilung unterbinden. Misslich ist das in Fällen, in denen der Beklagte ein Verbraucher ist: Die EuBagatellVO dient zumindest auch dem Verbraucherschutz.252 Eine Vorschrift nach dem Vorbild von Art. 6 Abs. 2 EuMahnVO253 zum Schutz vor ausländischen Zuständigkeiten sucht man aber vergebens.254 5. Ergebnis Bezweckt der Kläger mit der Beschränkung auf eine Teilklage eine Verfahrensgestaltung gemäß § 495a ZPO, stellt dies angesichts der richterlichen Ermessensausübung keinen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht dar. Beschränkt sich der Gläubiger auf die Erhebung einer Teilklage, um so das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen mit seinen Nachteilen für die prozessuale Rechtsposition des Beklagten einzuleiten, so stellt dies einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozess dar. Das Gericht hat die Klage daher gemäß Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 EuBagatellVO als offensichtlich unzulässig abzuweisen. V.  Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung Mit der Beschränkung auf eine Teilklage kann der Kläger auf die Wertgrenze gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO Rücksicht nehmen. Ein entsprechendes Urteil 252  Vgl. zu dieser Zwecksetzung Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 10 Rn. 87; Rauscher/Varga, Einl EG‑BagatellVO Rn. 28. Beachte nun aber auch die Verlagerung des Schwerpunktes auf den Schutz der Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen gem. Erwägungsgrund 2, 4 VO (EU) 2015/2421. 253 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, ABl. Nr. L 399 S. 1, ber. ABl. 2008 Nr. L 46 S. 52, ABl. Nr. L 333 S. 17. 254  Dies moniert Rauscher/Varga, Einl EG‑BagatellVO Rn. 67.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit ist ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. 1. Grundlagen a.  Wesen und Zweck der vorläufigen Vollstreckbarkeit Die Durchsetzung eines Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung setzt einen vollstreckungsfähigen Titel voraus. Dazu muss in der Regel die formelle Rechtskraft eines Urteils gemäß § 705 ZPO eingetreten sein. Die Zwangsvollstreckung kann schon davor beginnen, wenn die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils angeordnet wird, vergleiche § 704 Var. 2 ZPO.255 Im Fall einer späteren Aufhebung oder Abänderung des Urteils gewährt § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO dem Schuldner einen Schadensersatzanspruch. Um diesen abzusichern, wird die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß §§ 709, 108 ZPO gegen Sicherheitsleistung angeordnet.256 Davon bilden die Fälle gemäß § 708 ZPO eine Ausnahme. Dass Urteile gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, rechtfertigt sich angesichts der Geringwertigkeit des Verurteilungsgegenstands und damit auch eines möglichen Schadensersatzanspruchs gemäß § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO.257 Unter den Voraussetzungen gemäß §§ 711 S. 1, 713, 720 ZPO kann der Schuldner die Vollstreckung dennoch abwenden, vergleiche § 775 Nr. 3 ZPO. Dem kann der Gläubiger mit einer Sicherheitsleistung entgegentreten. Wird das Urteil formell rechtskräftig, ist es ohne Beschränkung vollstreckbar. b.  Ermittlung des Verurteilungsstreitwerts Der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO ist nicht mit dem Streitgegenstand gleichzusetzen.258 Daher kann auch nicht auf die Grundsätze zur Streitwertermittlung bei Teilklagen zurückgegriffen werden. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit der Klage (teilweise) stattgegeben wird. Dies bildet den Gegenstand der Verurteilung ab.259 2.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Liegt der Anspruchsinhaber mit einer Vollklage über der Wertgrenze gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO, fürchtet er einen Zivilprozess, dessen Abschluss durch 255 

Zur gesetzlichen Zwecksetzung vgl. MüKo-ZPO/Götz, § 708 Rn. 2. Zu diesem Zusammenhang vgl. Musielak/Voit/Lackmann, § 708 ZPO Rn. 1. 257 MüKo-ZPO/Götz, § 708 Rn. 19; Thomas/Putzo/Seiler, § 708 ZPO Rn. 12. 258 Stein/Jonas/Roth, § 2 ZPO Rn. 43. 259 Stein/Jonas/Münzberg, § 708 ZPO Rn. 44. 256 



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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die Einlegung von Rechtsmitteln noch zusätzlich hinausgezögert wird. Der wirtschaftliche Wert eines Rechts für den Berechtigten wird auch durch eine verspätete Realisierung im Wege der Zwangsvollstreckung beeinträchtigt. Dies kann der Anspruchsinhaber umgehen, indem er mit der Beschränkung auf eine Teilklage den Fall der vorläufigen Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO und damit eine schnelle Befriedigung herbeiführt. Allerdings ist davor zu warnen, die prozesstaktische Relevanz eines solchen Vorgehens zu überschätzen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Abwendungsbefugnis des Schuldners gemäß § 711 S. 1 ZPO. Selbst nach einem ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil über eine Teilklage muss der Anspruchsinhaber hoffen, dass sein Gegner den Anspruchsrest freiwillig erfüllt. Andernfalls wird eine Restklage erforderlich. Dies dürfte im Ergebnis zu einem höheren Zeit-, jedenfalls aber infolge der Gebührendegression höheren Kostenaufwand führen als wenn der Gläubiger sein Recht sogleich im Wege der Vollklage geltend gemacht hätte. 3.  Meinungsstand zur Zulässigkeit Macht der Gläubiger die einzelnen Anspruchsteile durch mehrere Teilklagen parallel geltend, so fehle ihm schon das Rechtsschutzbedürfnis.260 Sein Interesse, auf diesem Weg an mehrere ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbare Urteile zu gelangen, widerspreche dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. § 708 Nr. 11 ZPO sei ersichtlich vom Ziel getragen, die Vollstreckung nur kleiner Beträge zu ermöglichen, um den Schuldner nicht übermäßig zu belasten.261 4. Stellungnahme Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses für die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen wurde bereits erörtert.262 Daher soll im Folgenden geprüft werden, ob die durch die geschilderte Zwecksetzung geleitete Beschränkung auf eine einzelne Teilklage eine arglistige Umgehung der Wertgrenze gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO darstellt. Hier kommt es wiederum auf das Verhalten des Gegners an. Lässt dieser erkennen, selbst nach Unterliegen gegenüber einer Teilklage den Anspruchsrest nicht freiwillig zu erfüllen, wird eine kostensteigernde Restklage erforderlich. Dann kann das Motiv des Klägers nur in einer Schädigung des Beklagten liegen; zumindest nimmt er dies billigend in Kauf. Dies läuft dem Zweck der Wertgrenze gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO zuwider. Es kann wertungsmäßig 260 

Vgl. dazu bereits oben S. 53 f. Friedrich, Teilklage, 1995, S. 119; Goldschmidt, JW 1931, 1753, 1754; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 9; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 84. 262  Vgl. oben S. 57. 261 Vgl.

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

keinen Unterschied machen, ob der Schuldner von einer Zwangsvollstreckung im großen Umfang oder einem erhöhten Prozesskostenrisiko bedroht ist. Versucht der Kläger, infolge der Aufteilung eine entsprechende Titulierung kleiner Teilbeträge (die in ihrer Summe vom Anwendungsbereich des § 708 Nr. 11 ZPO ausgeschlossen sind) zu erreichen, umgeht er das Gesetz. Dieser arglistigen Schaffung prozessualer Rechtslagen steht der Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht entgegen. 5. Ergebnis Die Beschränkung auf eine einzelne Teilklage mit der beschriebenen Zwecksetzung kann als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht sanktioniert werden. Es dürfte aber nicht interessengerecht sein, sie als unzulässig abzuweisen. Gerade weil die §§ 708 ff. ZPO dem Ausgleich der Interessen von Gläubiger und Schuldner dienen, liegt es näher, § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO infolge teleologischer Reduktion nicht anzuwenden.263 VI.  Einschränkung der Gegenangriffsmöglichkeiten des Beklagten 1.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Hat sich der Kläger aus den bereits ausgeführten prozesstaktischen Gründen für die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage entschieden, so sollte der Beklagte mit den ihm zustehenden prozessualen Angriffsmöglichkeiten diese Aufteilung und die dadurch erlangten prozessualen Vorteile des Klägers nicht wieder beseitigen können. Als ein solcher eigenständiger Angriff des Beklagten kommt die negative Feststellungswiderklage in Betracht, mit der er den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest in das Verfahren einführen und eine Entscheidung darüber erlangen kann. Dies ist für den Kläger dort misslich, wo er mittels Beschränkung auf eine Teilklage bestimmte Wertgrenzen zu unterschreiten suchte. Zudem erhöht sich infolge der negativen Feststellungswiderklage das Prozesskostenrisiko. Um seine eigenen Vorteile zu sichern, muss der Kläger den prozesstaktischen Spielraum des Beklagten weitestmöglich einengen. a.  Verdeckte Teilklage Eine negative Feststellungswiderklage könne der Kläger verhindern, indem er durch sein Verhalten dem Beklagten kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis einräumt. Dazu dürfe er sich vor und während des Prozesses des Anspruchsrests nicht berühmen, ohne jedoch zum Ausdruck zu bringen, einen etwaigen An263 

So im Erg. auch Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 84.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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spruchsrest gar nicht mehr gerichtlich geltend machen zu wollen.264 Anstelle einer offenen Teilklage müsse der Kläger daher eine verdeckte Teilklage erheben. b.  Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs Statt die negative Feststellungswiderklage zu verhindern, kann es für die Zwecke des Klägers schon genügen, im Vorfeld der Klageerhebung eine taktisch sinnvolle Aufteilung des Gesamtanspruchs vorzunehmen. Dadurch kann er sich bestimmte streitwertgebundene Vorteile erhalten. Eine prozesstaktisch motivierte Aufteilung im Vorfeld der Klageerhebung bietet sich etwa bei den Wertgrenzen zur sachlichen Zuständigkeit von Gerichten gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sowie zur besonderen Verfahrensgestaltung gemäß § 495a S. 1 ZPO und Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO an. Mit einer negativen Feststellungswiderklage kann der Beklagte die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sowohl für Teilklage als auch Widerklage dann begründen, wenn der Streitwert der Widerklage die Wertgrenze überschreitet. Eine Addition der Streitwerte von Klage und Widerklage findet nicht statt, § 5 Hs. 2 ZPO.265 Vergleichbares gilt hinsichtlich des Verfahrens nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO und des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen nach der EuBagatellVO. Um sowohl Teilklage als auch negative Feststellungswiderklage im regulären Zivilverfahren zu behandeln, muss der Bagatellstreitwert der Widerklage für sich über der Wertgrenze gemäß § 495a S. 1 ZPO, Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO liegen.266 Dies kann der Kläger in geeigneten Fällen durch eine taktisch sinnvolle Aufteilung des Gesamtanspruchs verhindern. 2.  Meinungsstand zur Zulässigkeit Die Erhebung einer verdeckten Teilklage und ein entsprechender Überraschungseffekt im Fall der Restklage seien grundsätzlich zulässige taktische Mittel.267 Nur vereinzelt wurden Zweifel an der Zulässigkeit verdeckter Teilklagen geäußert. Indem der Beklagte das Vorhandensein des Anspruchsrests nicht erkennen könne und einer negativen Feststellungswiderklage mangels klägerischer Berühmung jedenfalls das Feststellungsbedürfnis fehle, sei der prozessrechtliche Grundsatz der Waffengleichheit verletzt.268 Dem wurde ent264  Goebel, PAK 2002, 144 ff.; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 635; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1627 f.; E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 890 f. 265 MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 506 Rn. 3. 266  Vgl. dazu oben S. 81. 267  Vgl. dazu Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 50. 268  Vgl. OLG Celle, Urt. v. 18. 12. 1987 – 3 U 57/87, WM 1988, 353, 355. So wohl bereits

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gegengehalten, dass die eigentliche Problematik verdeckter Teilklagen, deren Zulässigkeit sich ohne Weiteres aus der Dispositionsmaxime ergebe, im engen Rechtskraftumfang bei Urteilen über verdeckte Teilklagen liege.269 3. Stellungnahme a.  Verdeckte Teilklage Zunächst ist zu beurteilen, ob die Erhebung einer verdeckten Teilklage zulässig ist, wenn der Kläger damit allein die Vermeidung einer negativen Feststellungswiderklage bezweckt. Der Vorwurf der Verletzung des zivilprozessualen Grundsatzes der Waffengleichheit findet bei genauer Betrachtung keine Grundlage. Dieser Verfahrensgrundsatz räumt den Parteien des Zivilprozesses eine gleichwertige prozessuale Stellung ein, was sich in ihren Handlungsmöglichkeiten widerspiegeln soll.270 Dieser Gedanke liegt den verschiedenen Verfahrensbestimmungen der Prozessordnung zugrunde271 und stellt zugleich eine Handlungsaufforderung für das Gericht bei der Verfahrensgestaltung dar.272 Allerdings entfaltet sich der Grundsatz der Waffengleichheit nur innerhalb der Grenzen der Dispositionsmaxime.273 Im Kampf ums Recht274 gibt der Grundsatz der Waffengleichheit bestimmte Regeln vor – den Gegenstand des Kampfes bestimmen aber die Parteien selbst. Das zeigt sich angesichts der Fallgruppen, für die der Grundsatz der Waffengleichheit diskutiert wird. Diese betreffen etwa Fristsetzungen,275 die anwaltliche Vertretung276 oder das Beweisrecht,277 nicht aber die Bestimmung des Verfahrensgegenstands. Der Kläger selbst entscheidet, was er dem Gericht zur Entscheidung unterbreitet und wie er dies tut, vergleiche

Bötticher, MDR 1962, 724, 725, der zudem darauf verweist, dass sich der Gesetzgeber Teilklagen gefallen lasse und daher auch deren Offenlegung verlangen dürfe. 269  Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 329. 270  BVerfG, Beschl. v. 29. 04. 1980 – 2 BvR 1441/79, NJW 1980, 1737: Ableitung aus dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG; BVerfG, Beschl. v. 07. 10. 1980 – 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, NJW 1981, 271, 273; Kwaschik, Die Parteivernehmung und der Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess, 2004, S. 110. 271  Jung, Waffengleichheit, 1990, S. 95–97; Kwaschik, Die Parteivernehmung und der Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess, 2004, S. 112–114. 272  Jung, Waffengleichheit, 1990, S. 177 f. 273 Allg. ders., Waffengleichheit, 1990, S. 125. 274 Fundamental von Ihering, Der Kampf um’s Recht, 1872, S. 100: „Im Kampfe sollst Du Dein Recht finden“. 275 Vgl. Jung, Waffengleichheit, 1990, S. 169 f.; Kwaschik, Die Parteivernehmung und der Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess, 2004, S. 94. 276 Vgl. Jung, Waffengleichheit, 1990, S. 138–141; Kwaschik, Die Parteivernehmung und der Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess, 2004, S. 96 f. 277 Vgl. Kwaschik, Die Parteivernehmung und der Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozess, 2004, S. 97–101.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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nur § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dies gilt insbesondere im Fall der Erhebung einer Teilklage. Den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest kann der Beklagte mittels Erhebung einer negativen Feststellungswiderklage in das Verfahren einbeziehen. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, weil der Kläger eine verdeckte Teilklage erhebt, so ist dies als dessen bewusste Entscheidung im Rahmen der Dispositionsmaxime zu respektieren. Für den Grundsatz der Waffengleichheit besteht hier kein Spielraum. Zudem ist der Beklagte im Fall der verdeckten Teilklage keineswegs wehrlos. Er kann den Kläger zu einer Erklärung auffordern, wonach ihm über den eingeklagten Teil hinaus kein Anspruchsrest zusteht. Kommt der Kläger dem nicht nach, stellt dies eine Berühmung dar, die ein Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungswiderklage begründet.278 Dass ein Anspruchsgegner das Bestehen eines Anspruchsrests gar nicht erkennen kann, dürfte eher die Ausnahme darstellen. Ihm ist der zugrunde liegende Sachverhalt bekannt und eine wertmäßige Einordnung in der Regel möglich. Unter dem Aspekt einer arglistigen Beschneidung der Handlungsmöglichkeiten des Gegners kommt ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht in Betracht. Mit einer entsprechenden Absicht widersetzt sich der Kläger allerdings nicht der gesetzlichen Zwecksetzung der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Dies beweist ein Blick auf deren besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen. Das Feststellungsinteresse knüpft seinem Inhalt nach an eine Gefahr oder Unsicherheit für die Rechtslage des Klägers infolge eines bereits bestehenden Streits mit seinem Gegner an.279 Es stellt damit sicher, dass das Gericht nicht lediglich gutachterlich und rechtsvergewissernd tätig wird, sondern konkret zur Beilegung einer Streitigkeit beiträgt.280 Handelt es sich um eine verdeckte Teilklage, bei der das Bestehen eines Anspruchsrests für den Beklagten nicht erkennbar ist und erkundigt sich der Beklagte nicht über das Bestehen eines Anspruchsrests, so existiert keine Unsicherheitslage und keine rechtliche Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien. Das Erfordernis des Feststellungsinteresses ist auch dem Umstand geschuldet, dass aus einem Feststellungsurteil abgesehen von der Kostenentscheidung nicht vollstreckt werden kann und gegebenenfalls eine weitere Leistungsklage erforderlich wird.281 Das ist aber letztlich von der Entscheidung des Anspruchsinhabers abhängig. Damit zollt die Regelung zugleich dessen Dispositionsbefugnis Respekt. Im Fall der verdeckten Teilklage behält sich der Anspruchsinhaber gerade die Entscheidung vor, wie er mit dem Anspruchsrest weiter verfahren möchte. Diese Entscheidung soll ihm der Gegner nicht abnehmen können. Auch 278 Vgl.

E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 892. § 256 ZPO Rn. 45 f. 280  Baltzer, Negative Feststellungsklage, 1980, S. 134 f. 281 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 256 Rn. 37. 279 Stein/Jonas/Roth,

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

unter diesem Aspekt steht die Vorgehensweise des Klägers nicht im Widerspruch zum Zweck der gesetzlichen Regelung gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. b.  Prozesstaktisch motivierte Aufteilung des Gesamtanspruchs Mit der eingangs dargestellten prozesstaktisch motivierten Aufteilung des Gesamtanspruchs kann sich der Kläger in geeigneten Fällen die Einhaltung prozessualer Wertgrenzen selbst im Fall einer negativen Feststellungswiderklage des Gegners sichern. Die Wertgrenze zur sachlichen Zuständigkeit gemäß § 23 Nr. 1 GVG soll sicherstellen, dass Streitsachen von geringem Wert auch mit überschaubarem Ressourcenaufwand vor einem Amtsgericht erledigt werden. Die Verfahrensvereinfachungen, die gemäß § 495a ZPO und nach der EuBagatellVO ermöglicht werden, sollen ebenso auf Streitigkeiten Anwendung finden, deren geringe wirtschaftliche Bedeutung eine schnellere Erledigung erlaubt. Teilt der Gläubiger den Gesamtanspruch so auf, dass die Streitwerte sowohl von Teilklage als auch negativer Feststellungswiderklage für sich unter den fraglichen Wertgrenzen bleiben und gibt es aufgrund objektiver Anzeichen keinen anderen Grund als die beabsichtigte Perpetuierung der ursprünglichen sachlichen Zuständigkeit oder des eingeleiteten Bagatellverfahrens, so erscheint dies angesichts der gesetzlichen Zwecksetzung fragwürdig. In diesen Fällen würde nämlich jede andere Aufteilung des Gesamtanspruchs dazu führen, dass entweder bereits der Streitwert der Teilklage oder der Streitwert der negativen Feststellungswiderklage die betreffende Wertgrenze überschreiten und der gesamte Streit in die Zuständigkeit des Landgerichts fällt oder im regulären Zivilverfahren zu behandeln ist. Angesichts dessen kann der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen, kein Anrecht auf eine solche Perpetuierung für sich in Anspruch nehmen. Liegt sonst kein sachlicher Grund für die vorgenommene Aufteilung vor, ist sein Handeln von prozessfremden Zwecken geprägt. Es kann nicht von seiner Willkür abhängen, ob die Wertgrenzen ihren Zweck entfalten. 4. Ergebnis Die Erhebung einer verdeckten Teilklage mit dem Ziel, eine negative Feststellungswiderklage des Beklagten zu verhindern, ist vom Zweck der gesetzlichen Vorschriften gedeckt und verstößt daher nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht. Erfolgt eine bestimmte Aufteilung des Gesamtanspruchs dagegen aus dem alleinigen Grund, die Einhaltung einer prozessualen Wertgrenze auch im Fall einer negativen Feststellungswiderklage zu sichern, verfolgt der Kläger einen prozessfremden Zweck. Dies kann als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht sanktioniert werden.



B.  Prozesstaktische Gründe für die Beschränkung auf eine Teilklage 

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VII. Prozesskosten Mit der Beschränkung auf eine Teilklage kann der Kläger zudem das Prozesskostenrisiko im Vergleich zur Vollklage verringern.282 1.  Prozesstaktische Relevanz der Teilklage Wenn sich der Anspruchsinhaber etwa hinsichtlich der Beweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht sicher ist, bietet sich die Beschränkung auf eine Teilklage als kostengünstiger „Testballon“ an.283 Wachsen im Laufe des Verfahrens etwa aufgrund richterlicher Hinweise oder der Ergebnisse der Beweisaufnahme die Erfolgsaussichten hinsichtlich des zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrests, so besteht die Möglichkeit einer entsprechenden Erweiterung der Klage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO.284 Die prozesstaktische Relevanz dieses Vorgehens wird gegebenenfalls dadurch geschmälert, dass der Gegner eine erkennbare und möglicherweise begründete Unsicherheit des Gläubigers zu nutzen weiß und eine negative Feststellungswiderklage hinsichtlich des zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrests erhebt. Dann erhöht sich das Prozesskostenrisiko. Um dem entgegenzuwirken, könnte der Kläger mit dem Gegner vereinbaren, den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung über die Teilklage auch hinsichtlich des Anspruchsrests als bindend anzusehen. 2.  Meinungsstand zur Zulässigkeit Dass sich der Kläger die kostenrechtlichen Vorteile der Teilklage zunutze machen darf, ergebe sich schon aus der grundsätzlichen Zulässigkeit von Teilklagen.285 Auch habe er aufgrund der benannten prozessualen Unsicherheiten ein schutzwürdiges Interesse an der Beschränkung auf eine Teilklage. Der Beklagte könne mittels negativer Feststellungswiderklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung über den nicht eingeklagten Anspruchsrest oder mittels negativer Zwischenfeststellungswiderklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung über das Bestehen des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses herbeiführen.286 Fraglich ist die Zulässigkeit einer Vereinbarung mit dem Gegner, wonach die gerichtliche Entscheidung über die Teilklage auch für den nicht eingeklagten 282 

Zur Berechnung der Prozesskosten vgl. unten S. 93 f. Vgl. LG Gießen, Urt. v. 07. 02. 1996 – 1 S 490/95, MDR 1996, 527; Goebel, PAK 2002, 144 ff.; Haunschild, AnwBl 1998, 509; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 617; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1621 f. 284 Vgl. Müther, MDR 1998, 1335, 1337; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 622; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1623. Zur Teilklage mit bedingter Klageerweiterung vgl. E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 1721 f. 285  Ausführlich dazu oben S. 5 ff. 286 Vgl. E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 900. 283 

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Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

Anspruchsrest maßgeblich sein soll. Das Gericht ist gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO an den klägerischen Antrag gebunden und habe dennoch den gesamten Sachverhalt zu berücksichtigen. Daher wurde bei einer solchen Vereinbarung ein Missbrauch prozessualer Befugnisse vermutet.287 Fraglich ist zunächst deren dogmatische Einordnung. Einer vertraglichen Erstreckung der Rechtskraft in der hier gewünschten Form stehe entgegen, dass die Zivilprozessordnung dies nicht ausdrücklich vorsieht.288 Vielmehr handle es sich um einen materiellrechtlichen Vergleich gemäß § 779 Abs. 1 BGB, wonach sich die Parteien verpflichten, die Rechtslage hinsichtlich des Anspruchsrests nach dem Vorbild der gerichtlichen Entscheidung über die Teilklage umzugestalten.289 Eine solche Vereinbarung beeinträchtige nicht die Tätigkeit der Rechtsprechungsorgane und den Geltungsanspruch gerichtlicher Entscheidungen und sei daher zulässig.290 3. Stellungnahme Ausweislich der zutreffenden Argumentation stellt die Beschränkung auf eine Teilklage mit dem Ziel der Verringerung des Prozesskostenrisikos keinen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Prozessrecht dar. Daneben steht die Teilklage als kostengünstige Alternative zur Vollklage auch im öffentlichen Interesse, indem sie die Klagelast abzumildern und Rechtsdurchsetzungsdefiziten vorzubeugen vermag.291 Ein Vergleich gemäß § 779 BGB schafft eine materiellrechtliche Bindungswirkung hinsichtlich des zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrests und kann damit einer Steigerung von Prozesskosten entgegenwirken.292

C. Zusammenfassung Die Untersuchung der „Chancen“, nämlich der prozessrechtlichen und materiellrechtlichen Vorteile der Teilklage hat Aufschluss über deren Wesen gegeben und die Frage beantwortet, in welchem Rahmen die Teilklage als prozesstaktisches Instrument eingesetzt werden kann. Als Grenze zulässigen Handelns haben sich der Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht und das Institut des Rechtsschutzbedürfnisses herausgestellt.

287 So

Brangsch, AnwBl 1959, 60, 61. Kempf, ZZP 73 (1960), 342, 371 sowie ausführlich unten S. 153 ff. 289  Ders., ZZP 73 (1960), 342, 372 f. sowie unten S. 155. 290  Ders., ZZP 73 (1960), 342, 374. 291  Beachte grundsätzlich zur Klagelast Hau, ZZP 129 (2016), 133, 138–141, 145. 292  Zur Bewertung dieser Konstruktion vgl. unten S. 156. 288 Vgl.

Kapitel 3

Die Risiken der Teilklage Um das Wesen der Teilklage zu ergründen, sollen die von ihr aufgeworfenen Probleme aus einer neuen Perspektive untersucht werden. Als Rahmen bietet sich das Kostenhilferecht (das Recht der Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung) an, das auch unbemittelten Rechtsschutzsuchenden einen Zugang zur Justiz ermöglicht (A.). Hier sind die Begünstigten Verhaltensanforderungen unterworfen, die zur Senkung der fremdfinanzierten Prozesskosten beitragen sollen. Dazu könnte auch die Beschränkung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage zählen (B.). Ob einem Rechtsschutzsuchenden dies zumutbar ist (D.), kann nur anhand einer Untersuchung der „Risiken“ der Teilklage beantwortet werden, nämlich der prozessualen und materiellrechtlichen Nachteile, die sie dem Kläger bereitet (C.).

A.  Grundzüge des Kostenhilferechts Zum Verständnis der Wertungen des Kostenhilferechts soll zunächst der verfassungsrechtliche Rahmen der Justizgewährung angesichts des Erfordernisses der Finanzierung justizieller Ressourcen aufbereitet werden (I.). Anschließend werden die Prozesskostenhilfe (II.) und die Rechtsschutzversicherung (III.) als vergleichbare Institute des Kostenhilferechts vorgestellt. I. Zugang zu den Gerichten zwischen Justizgewährungsanspruch und Finanzierbarkeit Das Verbot der Selbstjustiz zwischen Privaten und das staatliche Gewaltmonopol1 zählen zu den bedeutsamsten Errungenschaften des Rechtsstaats. Im Gegenzug hat er seinen Bürgern Wege zu eröffnen, ihre subjektiven Rechte effektiv durchzusetzen.2 Die Gewährung des Zugangs zu staatlichen Gerichten 1 Dazu Isensee, FS Eichenberger, 1982, S. 23, 26; Isensee, HStR II, 32004, S. 3, § 15 Rn. 86–90; Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 56; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 8. Grundlegend zum staatlichen Gewaltmonopol von Ihering, Der Zweck im Recht, 41904, S. 242–249; M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 51980, S. 821–824. 2 BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 11. 06. 1980 – 1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277, 292; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 1 Rn. 6 f.; Isensee, HStR II, 32004,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

mit der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung hat einen hohen Stellenwert, der im Grundgesetz zum Ausdruck kommt. Gleichwohl kann die Notwendigkeit der Finanzierung der Ressource Justiz diesen Zugang erschweren. Zu untersuchen ist daher, welche Vorkehrungen getroffen werden, um Rechtsschutzgleichheit3 herzustellen. 1.  Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung des effektiven Rechtsschutzes Der allgemeine Justizgewährungsanspruch sichert dem Bürger einen effektiven Rechtsschutz in privatrechtlichen Streitigkeiten.4 Er wird aus dem Rechtsstaatsprinzip (vergleiche Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 S. 1 GG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG,5 bisweilen aus anderen Grundrechten6 abgeleitet. Auch Art. 6 Abs. 1 S. 1, Art. 13 EMRK und Art. 47 Abs. 1, 2 GRCh verbürgen das Recht auf ein faires Verfahren und effektiven Rechtsschutz. Jedenfalls kommt es für die hier interessierenden Konflikte der Bürger untereinander nicht auf den Justizgewährleistungsanspruch gemäß Art. 19 Abs. 4 GG an, der den Rechtsschutz gegen die öffentliche Gewalt gewährleistet.7 Beim Justizgewährungsanspruch handelt es sich um ein subjektives öffentliches Recht, das dem Einzelnen einen Anspruch auf gerichtliches Tätigwerden gewährt, um seine materiellen Rechte zu realisieren.8 Der Staat ist verpflichtet, wirkungsvollen Rechtsschutz9 in einem gerichtlichen Verfahren10 zu gewährleisten. Dies geschieht durch „eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und S. 3, § 15 Rn. 93; Maurer, FS Bethge, 2009, S. 535, 538–540; Papier, HStR VIII, 32010, S. 491, § 176 Rn. 1; Sachs/Sachs, Art. 20 GG Rn. 162; Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 16; Stern/Sachs, Staatsrecht, 1988, S. 1438. 3  Zum Begriff vgl. Möbius, Rechtsschutzgleichheit, 2014, S. 1–3. 4  Zur Abgrenzung zum Rechtsschutzanspruch vgl. Detterbeck, AcP 192 (1992), 325, 337 f. 5  BVerfG, Beschl. v. 12. 12. 1973 – 2 BvR 558/73, BVerfGE 36, 264, 275; BVerfG, Beschl. v. 16. 01. 1980 – 1 BvR 127, 679/78, BVerfGE 53, 115, 127; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 11. 06. 1980 – 1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277, 291; BVerfG, Beschl. v. 02. 03. 1993 – 1 BvR 249/92, BVerfGE 88, 118, 123; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 30. 04. 2003 – 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 401; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 18; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, 1997, S. 509; Stürner, Aufklärungspflicht, 1976, S. 39 f. 6  BVerfG, Beschl. v. 23. 04. 1974 – 1 BvR 6/74 und 2270/73, BVerfGE 37, 132, 148: Ableitung aus Art. 14 GG in privatrechtlichen Streitigkeiten; Detterbeck, AcP 192 (1992), 325, 328, 330 f.; Schmidt-Aßmann, HStR II, 32004, S. 541, § 26 Rn. 71; D. Lorenz, AöR 105 (1980), 623, 627 f. 7  Bethge, KritV 1990, 9, 16; Detterbeck, AcP 192 (1992), 325, 329; Maurer, FS Bethge, 2009, 535; Papier, HStR VIII, 32010, S. 491, § 176 Rn. 1, 5; vgl. zum Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG ausführlich BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 30. 04. 2003 – 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 403 ff. = NJW 2003, 1924, 1925 ff.; a. A. Bötticher, ZZP 74 (1961), 314, 317; Pawlowski, JZ 1975, 197. 8  D. Lorenz, AöR 105 (1980), 623, 638 f. 9 BVerfG, Beschl. v.  02. 03. 1993 – 1 BvR 249/92, BVerfGE 88, 118, 123; Papier, HStR VIII, 32010, S. 491, § 176 Rn. 12, 18. 10  Detterbeck, AcP 192 (1992), 325, 327.



A.  Grundzüge des Kostenhilferechts

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rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes und eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter“.11 Beeinträchtigungen des Justizgewährungsanspruchs erwachsen etwa aus temporärer Justizverweigerung bei überlanger Verfahrensdauer sowie abschreckenden Gerichts- und Anwaltskosten.12 2.  Finanzierung der Justiz Bei den Prozesskosten wird zwischen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten (Rechtsanwaltsvergütung und sonstige Aufwendungen der Parteien) unterschieden. a. Überblick Die Gerichtskosten in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten setzen sich aus Gebühren und Auslagen zusammen und richten sich nach dem Gerichtskostengesetz, vergleiche § 1 Abs. 1 S. 1 GKG. Die Höhe der Gebühren bemisst sich anhand von Wertklassen nach dem Streitgegenstand, vergleiche §§ 3 Abs. 1, 34 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 S. 3 GKG. Die zu erhebenden Auslagen ergeben sich aus Teil 9 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis). Die Gerichtskosten trägt zunächst der Antragsteller, § 22 Abs. 1 S. 1 GKG. Bei entsprechender Kostenentscheidung schuldet der Unterlegene die Gerichtskosten, vergleiche § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 29 Nr. 1 GKG. Der anwaltlichen Beratung und Vertretung vor Gericht liegt ein Dienstvertrag zugrunde. Dieser ist auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung13 gerichtet.14 Aus dem Rechtsanwaltsvertrag ergibt sich gemäß §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB die Pflicht zur Vergütung der geleisteten Dienste. Die Höhe der Vergütung wird durch weitgehend zwingendes, vergleiche nur § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO, Gebührenrecht bestimmt. Bei den gegenüber den bürgerlichrechtlichen Normen speziellen15 Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes handelt es sich um eine Taxe gemäß § 612 Abs. 2 BGB.16 Auch die Rechtsanwaltsvergütung setzt sich aus Gebühren und Auslagen zusammen, vergleiche § 1 Abs. 1 S. 1 RVG. Die Berechnung der Gebühren richtet sich nach dem Gegenstandswert, vergleiche §§ 2 Abs. 1, 13 Abs. 1 RVG in Verbindung mit Anlage 2 zu 11 

BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 11. 06. 1980 – 1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277, 291. Maurer, FS Bethge, 2009, S. 535, 542; vgl. zu weiteren Einzelfällen auch D. Lorenz, AöR 105 (1980), 623, 632. 13 Zum Begriff vgl. BeckOK‑BGB/D. Fischer, 15. 06. 2017, § 675 Rn. 3; MüKo-BGB/ Heermann, § 675 Rn. 2–12. 14 BeckOK‑BGB/D. Fischer, 15.  06. 2017, § 675 Rn. 6; MüKo-BGB/Heermann, § 675 Rn. 26; Mayer/Kroiß/Hans-Jochem Mayer, § 1 RVG Rn. 13. 15 Mayer/Kroiß/Hans-Jochem Mayer, §  1 RVG Rn. 12; BeckOK‑RVG/von Seltmann, 01. 06. 2016, § 1 Vor Rn. 1. 16 BeckOK‑BGB/M. Fuchs, 15. 06. 2017, § 612 Rn. 11; Hk-BGB/Schreiber, § 612 Rn. 3. 12 

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§ 13 Abs. 1 S. 3 RVG, §§ 22 ff. RVG. Dies ist der Wert des Gegenstands des Rechtsanwaltsvertrags: der Beratung und Vertretung hinsichtlich der Rechtsverhältnisse des Mandanten.17 Für die Höhe ist das Vergütungsverzeichnis gemäß Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG maßgeblich. Sonstige Aufwendungen der Parteien fallen in besonderem Maße bei der grenzüberschreitenden Rechtsverfolgung im europäischen Zivilprozessrecht an, etwa in Gestalt von Reise- und Übersetzungskosten, vergleiche nur Art. 7 RL 2003/8/EG. Zudem muss der Rechtsschutzsuchende gegebenenfalls Rechtsanwälte in mehreren Mitgliedstaaten mandatieren. b.  Rechtspolitische Tendenz Bereits mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 197518 ging eine Erhöhung der Gerichtskosten um durchschnittlich 10 % sowie der Rechtsanwaltsgebühren um durchschnittlich 20 % einher, was eine breite Diskussion auch in der nichtjuristischen Öffentlichkeit mit sich führte.19 Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Justizgewährungsanspruchs und dem dringend reformbedürftigen Armenrecht war bereits zuvor Besorgnis geäußert worden.20 Grundlegende Veränderungen des Kostenrechts brachten stets deutliche Erhöhungen der Gebühren für Gerichte und Rechtsanwälte mit sich, etwa beim Kostenrechtsrechtsänderungsgesetz 199421 und dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2004.22 Zuletzt sah das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 201323 eine Steigerung der Rechtsanwaltsgebühren um 12 % vor.24 Die stetige Anhebung der Kosten ist nicht von vornherein Gegenstand von Kritik. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass steigende Prozesskosten die gesamtwirtschaftliche Entwicklung abbilden und letztlich auch eine angemessene Bezahlung von Richtern und Rechtsanwälten absichern. Bemerkenswert ist vielmehr, dass es zu einer Verlagerung der Kostentragung kommt: Während die Kostenlast der Verfahrensbeteiligten steigt, 17  OLG München, Urt. v. 18. 06. 1964 – 1 U 1745/63, NJW 1965, 258, 259; Mayer/Kroiß/ Klees, § 2 RVG Rn. 16. 18  Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes u. a. vom 20. 08. 1975, BGBl. I 1975, 2189. Von einer „Kostenexplosion“ spricht Baumgärtel, Gleicher Zugang zum Recht, 1976, S. 113. 19  Kissel, FS Schiedermair, 1976, 313. 20  Baur, JZ 1972, 75, 76; Bokelmann, ZRP 1973, 164; Däubler, BB 1969, 545, 550 f.; Fechner, JZ 1969, 349, 352; Kissel, FS Schiedermair, 1976, S. 313, 326; E. Schmidt, JZ 1972, 679, 680. 21  Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen, BGBl. I 1994, 1325. 22  Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts, BGBl. I 2004, 718; vgl. hier schon die entsprechende Zielsetzung im Gesetzesentwurf, BT‑Drs. 15/1971, S. 2 f.; zu den „nicht unerhebliche[n] Gebührenerhöhungen“ auch MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 167. 23  Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts, BGBl. I 2013, 2586; vgl. hier schon die entsprechende Zielsetzung im Gesetzesentwurf, BT‑Drs. 17/11471, S. 1–3. 24  Vgl. zur Anhebung der Gebühren „um ein vernünftiges Maß“ Janeczek, ZfS 2013, 421.



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zieht sich der Staat ausweislich der Einsparungen im Justizbereich bei hohem und noch zunehmendem Arbeitsanfall25 zunehmend aus der Finanzierung der Ressource Justiz zurück.26 Dies birgt die Gefahr, Unbemittelten den Zugang zur Justiz zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen. c.  Rechtfertigung der Erhebung von Prozesskosten Dies macht es erforderlich, die Erhebung von Prozesskosten zu rechtfertigen. Zweck eines Zivilprozesses ist vorrangig die Durchsetzung subjektiver Rechte.27 Kein eigener Prozesszweck, sondern die Kehrseite dessen sind der Erhalt des Rechtsfriedens und die Bewährung des objektiven Rechts.28 Es ist folgerichtig, die Justiz nicht allein durch Steuern zu finanzieren, sondern die Verfahrensbeteiligten auch direkt an der Finanzierung der gerichtlichen Tätigkeit zu beteiligen.29 Daneben haben Gerichtskosten eine Steuerungsfunktion, indem sie einer übermäßigen Inanspruchnahme der Gerichte entgegenwirken.30 Die gesetzlich vorgeschriebene Vergütung von Rechtsanwälten stellt nicht allein eine Gegenleistung für die anwaltliche Tätigkeit dar. Sie sichert die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte und den Justizgewährungsanspruch und wirkt einem Preiskampf um Mandanten entgegen.31 Dass Rechtsanwälte auch nicht 25 

Vgl. dazu Schulte-Kellinghaus, ZRP 2006, 169, 169 f. ausdrücklich im Gesetzesentwurf zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2013: „Die Erhöhung der [Gebühren] soll zum einen die Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte ausgleichen, die […] mit der Anhebung der Vergütung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte […] verbundenen [sic!] ist. Zum anderen soll der Zuschussbedarf der Länder zurückgeführt werden, der durch die allgemeine Kostenentwicklung und durch kostenwirksame Gesetze gestiegen ist“, BT‑Drs. 17/11471, S. 3. 27  Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 240 f. 28  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 1 Rn. 9; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 8 f. sieht in der Durchsetzung subjektiver Rechte den primären Zweck des Zivilprozesses, objektiven Interessen diene er nur „mittelbar“, ähnlich Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 250. 29  BVerfG, Beschl. v. 12. 01. 1960 – 1 BvL 17/59, BVerfGE 10, 264, 268; Baumgärtel, JZ 1975, 425, 426; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 83 Rn. 1; W. Lüke, Zivilprozessrecht, 102011, Rn. 493. Für einen „Nulltarif“ bei der Inanspruchnahme der Gerichte dagegen Kissel, FS Schiedermair, 1976, S. 313, 315; E. Schneider, Jur. A. 1971, 57, 111 f. Für eine kritische Betrachtung der Prozesskostenfreiheit vgl. Baumgärtel, Gleicher Zugang zum Recht, 1976, S. 128–134; Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Kommission für das Zivilprozeßrecht, 1977, S. 229; Grunsky, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des Einundfünfzigsten Deutschen Juristentages. Stuttgart 1976, 1976, A 1–A 83, A 22–A 58; Künzel, Unstimmigkeiten im Recht der Prozeßkostenhilfe, 1994, S. 14–16. 30  Baumgärtel, JZ 1975, 425, 426; Baumgärtel, Gleicher Zugang zum Recht, 1976, S. 124; Pawlowski, JZ 1975, 197, 198. 31  BT‑Drs. 12/4993, S. 31; BGH, Urt. v. 29. 06. 2000 – I ZR 122/98, NJW 2001, 753, 754; BGH, Urt. v. 01. 06. 2006 – I ZR 268/03, NJW 2006, 3569; Feuerich/Weyland/Brüggemann, § 49b BRAO Rn. 7; zur verfassungsrechtlichen Beurteilung vgl. BGH, Beschl. v. 09. 06. 2008 – AnwSt (R) 5/05, NJW 2009, 534, 535; Feuerich/Weyland/Brüggemann, § 49b BRAO Rn. 8. 26  So

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auf Staatskosten tätig werden, verpflichtet sie, für die Interessen ihrer Mandanten tätig zu werden.32 3.  Rechtsschutz für Unbemittelte durch Gewährung von Prozesskostenhilfe Auch wenn die Erhebung von Prozesskosten gerechtfertigt werden kann, ist der Konflikt zwischen dem grundrechtlich und konventionsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch und der Finanzierbarkeit der Ressource Justiz nicht ohne Weiteres hinnehmbar. Es muss verhindert werden, dass sich Unbemittelte selbst bei guten Erfolgsaussichten wegen der Vorauszahlungspflicht gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GKG von der Beschreitung des Rechtswegs abhalten lassen. Die weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten in den Chancen der Rechtsverfolgung stellt ein verfassungsrechtliches Gebot dar.33 Dies kommt im Grundrecht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz zum Ausdruck.34 Dieses wird bisweilen dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG zugeordnet35 oder aus dem daraus fließenden Gebot prozessualer Waffengleichheit,36 aus der Menschenwürde37 und dem Sozialstaatsprinzip38 abgeleitet.39 Es wird in der einfachrechtlichen Ausgestaltung vorrangig durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO abgesichert. Auch Art. 47 Abs. 3 GRCh kennt einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Dass unbemittelten Rechtsschutzsuchenden der Zugang zu den Gerichten ermöglicht wird, ist grundsätzlich auch Inhalt von Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK.40 Innerhalb 32 

S. 9.

Vgl. zu diesem Aspekt Künzel, Unstimmigkeiten im Recht der Prozeßkostenhilfe, 1994,

33  BVerfG, Beschl. v. 13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., BVerfGE 81, 347, 356 f. = NJW 1991, 413; BVerfG, Beschl. v. 27. 08. 2014 – 1 BvR 192/12, FamRZ 2014, 1977 f.; Däubler, BB 1969, 545, 550 f. 34  BVerfG, Beschl. v. 26. 04. 1988 – 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 104, 117 f. = NJW 1988, 2231, 2232; BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 06. 10. 2004 – 1 BvR 414/04, NJW 2005, 1567; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 11. 03. 2010 – 1 BvR 3031/08, NJW 2010, 1658, 1659. 35 BVerfG, Beschl. v.  13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., BVerfGE 81, 347, 356 f. = NJW 1991, 413; BVerfG, Beschl. v. 27. 08. 2014 – 1 BvR 192/12, FamRZ 2014, 1977 f. 36  Degenhart, HStR V, 32007, S. 761, §  115 Rn. 26; Maurer, FS Bundesverfassungsgericht II, 2001, S. 467, 499. 37 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 114 ZPO Rn. 3. 38  Gaier, NJW 2013, 2871, 2872; Schlößer/Mucke, MDR 1998, 753, 753 f.; Stürner, FS Baumgärtel, 1990, S. 545, 547; MüKo-ZPO/Wache, § 114 Rn. 3; relativierend Degenhart, HStR V, 32007, S. 761, § 115 Rn. 26; vgl. auch die umfassende Aufbereitung des Meinungsstandes bei Möbius, Rechtsschutzgleichheit, 2014, S. 220 ff. 39  Vgl. auch den umfassenden Überblick bei Gelpcke/Hellstab/Wache u. a., Prozesskostenhilfeanspruch, 2007, Rn. 1.4. 40  EGMR, Urt. v. 09. 10. 1979 – 6289/73, Series A Nr. 32, Rn. 25 f. – Airey/Irland; EGMR, Urt. v. 26. 10. 2010 – 46040/07, Rn. 50 f. – Marina/Lettland; Meyer-Ladewig/Harrendorf/ König, Art. 6 EMRK Rn. 43.



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der Europäischen Union wird grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe nach den Vorgaben der Prozesskostenhilfe-Richtlinie41 gewährt, vergleiche auch §§ 1076 ff. ZPO. Zunehmend bedrohen Finanzierungsprobleme die Sicherstellung des effektiven und gleichen Zugangs zu den Gerichten.42 Die Prozesskostenhilfe erweist sich für den Staat als kostenintensiv, auch wenn die Ausgaben seit 2008 leicht rückläufig sind. Im Jahr 2014 entfielen in den Bundesländern knapp 437 Millionen Euro auf Verfahrens- und Prozesskostenhilfe in Zivilsachen.43 In den vergangenen Jahren konnten durchschnittlich nur etwa 20 % dieser Ausgaben wieder eingebracht werden.44 Angesichts der Belastung öffentlicher Haushalte45 brachten die Bundesländer 200646 und 201047 den Entwurf eines Gesetzes explizit zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe ein. Auch dem letztlich beschlossenen Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungsrechts48 liegt das Ziel der Kostenminimierung zugrunde.49 4.  Weitere Erscheinungen des Kostenhilferechts Um die Kosten eines Rechtsstreits nicht selbst tragen zu müssen, bieten sich neben der Prozesskostenhilfe weitere Möglichkeiten. a.  Private Prozessfinanzierung Prozessfinanzierungsverträge werden überwiegend als Gesellschaftsverträge gemäß § 705 BGB qualifiziert.50 Danach stellt ein Unternehmen nach einer Prüfung der Erfolgsaussichten sowie der Solvenz des Anspruchsgegners den 41  Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen, ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15. 42  Gaier, NJW 2013, 2871, 2872. 43  Kilian/Dreske, Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2015/2016, 2016, S. 208, 225. Im Jahr 2012 betrugen die Ausgaben noch knapp 460 Millionen Euro, dies., Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2013/2014, 2014, S. 184. 44 Vgl. Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kostendeckungsgrad in der Justiz“ für die 82. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 18. und 19. Mai 2011 in Halle (Saale), nachzulesen in BR‑Drs. 516/12, S. 25. Ebenso Kilian/Dreske, Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2015/2016, 2016, S. 208. 45  Busemann, Verh. d. BR, 866. Sitzung vom 12. 02. 2010, S. 10. 46  BT‑Drs. 16/1994. 47  BT‑Drs. 17/1216; vgl. auch den kritischen Überblick bei Zimmermann, FamRZ 2010, 1137 ff. 48  BGBl. I 2013, 3533. 49  BT‑Drs. 17/11472, S. 1. 50  Dethloff, NJW 2000, 2225, 2227; Dimde, Prozessfinanzierung, 2003, S. 186–198; Frechen/Kochheim, NJW 2004, 1213, 1214 f.; Grunewald, BB 2000, 729, 731; Kochheim,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Kläger von den Prozesskosten frei. Im Fall des Unterliegens trägt der Prozessfinanzierer auch die Kosten der Gegenseite. Andernfalls wird er am finanziellen Prozesserfolg beteiligt. Die Interessenlage unterscheidet dieses Modell deutlich von der Prozesskostenhilfe. Ziel der Prozesskostenhilfe ist die Herstellung eines weitgehend gleichen Zugangs zum Recht, indem sie finanzielle Hürden in Gestalt der Prozesskosten überwinden hilft. Derlei Hürden beseitigt die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhende Prozessfinanzierung in der Regel nur für Gläubiger hoher Ansprüche: Der Mindeststreitwert bei Prozessfinanzierern liegt zwischen 10.000 Euro und 100.000 Euro.51 Dies dürfte weniger einem rechtspolitischen oder sozialen Anliegen als vielmehr einem wirtschaftlich nachvollziehbaren Gewinnstreben der Unternehmen geschuldet sein, das nur bei sehr hohen Streitwerten und vergleichsweise geringem Kostenrisiko, vergleiche die Kostendeckelung gemäß § 39 Abs. 2 GKG, § 22 Abs. 2 S. 1 RVG,52 befriedigt wird. Damit steht nicht mehr der eigentliche Gedanke der Kostenhilfe im Vordergrund: möglichst allen Rechtsschutzsuchenden einen weitgehend gleichen Zugang zur Justiz zu gewähren. Auch stellt sich bei der privaten Prozessfinanzierung ein wesentliches Problem nicht: Anders als etwa im Fall der Prozesskostenhilfe klagt der Kläger nicht auf Kosten anderer (dort auf Kosten der Steuerzahler). Das wirtschaftliche Risiko des Prozessverlusts trägt allein der Prozessfinanzierer, ohne dass er es auf andere verteilen könnte. Damit sieht sich der Kläger auch nicht gewissen Einschränkungen gegenüber, etwa dem Erfordernis kostensparenden Prozessierens durch Erhebung einer Teilklage.53 Daher soll die private Prozessfinanzierung nicht näher untersucht werden. b.  Unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Prozesskostenvorschuss Aus § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB ergibt sich ein Anspruch eines Ehegatten auf Verfahrens- und Prozesskostenvorschuss. Es handelt sich dabei um einen Ausfluss der Unterhaltspflicht.54 Der Berechtigte kann die Geldmittel verlangen, die für eine sachdienliche Prozessführung erforderlich sind.55 Besteht der Anspruch gemäß § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB, so entfällt die Bedürftigkeit als Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 Die gewerbliche Prozessfinanzierung, 2003, S. 90–104; Maubach, Prozessfinanzierung, 2002, S. 95–103; Palandt/Sprau, § 705 BGB Rn. 42. 51  Vgl. Übersicht Prozessfinanzierer, Stand September 2014, http://anwaltverein.de/fi les/anwaltverein.de/downloads/praxis/Verguetungsrecht/Uebersicht%20ProzessfinanziererStand%2029 %2009 %2014.pdf (zuletzt aufgerufen am 20. 02. 2017). 52  Vgl. dazu Wenner/M. Schuster, BB 2005, 230, 231 f. 53  Vgl. dazu unten S. 104. 54 BGH, Urt. v. 14. 02. 1990 – XII ZR 39/89, NJW 1990, 1476; Palandt/Brudermüller, § 1360a BGB Rn. 7; Caspary, NJW 2005, 2577; Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 58. 55 Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 81; MüKo-BGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 31.



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ZPO.56 Die Prozesskostenhilfe ist insofern subsidiär.57 Die Vorschusspflicht besteht unter Ehegatten und Getrenntlebenden, vergleiche § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB, sowie analog § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB zugunsten minderjähriger58 und unter Umständen59 auch volljähriger Kinder, nicht aber unter Geschiedenen.60 Gemäß § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB ist der Kostenvorschuss nur nach Maßgabe der Billigkeit geschuldet; die beabsichtigte Rechtsverfolgung darf nicht mutwillig erscheinen. Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach dem Maßstab des § 114 ZPO zu beurteilen.61 Damit gelten die gleichen Kriterien wie im Bereich der Prozesskostenhilfe, sodass der unterhaltsrechtliche Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nicht näher untersucht wird. c. Rechtsschutzversicherung Auch die Leistungen eines Rechtsschutzversicherers stehen der Prozesskostenhilfe nahe. Zwar beruhen sie nicht auf staatlicher Bewilligung, sondern einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag, vergleiche § 1 S. 1 VVG, und werden auch nicht von einer Bedürftigkeit des Versicherungsnehmers abhängig gemacht. Dennoch gleichen sich die Institute in ihren Rechtsfolgen und ihrem Wesen. Wie die Prozesskostenhilfe stellt eine Rechtsschutzversicherung den Versicherungsnehmer von den Gerichtskosten sowie der Rechtsanwaltsvergütung frei. Gleichwohl erfolgt in gewissem Rahmen eine Rückzahlung durch den Begünstigten: im Fall der Prozesskostenhilfe in Gestalt von nachträglichen Monatsraten und Beträgen gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 ZPO, im Fall der Rechtsschutzversicherung bereits im Voraus über die Versicherungsprämien. Im Bereich der Prozesskostenhilfe kommt es dadurch in der Regel nicht zur Kostendeckung.62 Im Rahmen der Rechtsschutzversicherung existieren in dieser Hinsicht sogar zwei Risiken: Zum einen können die Prozesskosten das übersteigen, was dem versicherten Risiko des einzelnen Versicherungsnehmers entspricht. Zum anderen können die Prozesskosten das übersteigen, was der 56  BGH, Beschl. v. 10. 07. 2008 – VII ZB 25/08, NJW‑RR 2008, 1531, 1532; KG, Beschl. v. 21. 10. 2002 – 18 WF 323/02, FamRZ 2003, 773; Caspary, NJW 2005, 2577, 2580; MüKoBGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 22. 57 Palandt/Brudermüller, § 1360a BGB Rn. 8; Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 84. 58  BGH, Beschl. v. 04. 08. 2004 – XII ZA 6/04, NJW‑RR 2004, 1662; Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 64a; MüKo-BGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 21. 59  Vgl. dazu BGH, Beschl. v. 23. 03. 2005 – XII ZB 13/05, NJW 2005, 1722, 1723; OLG München, Beschl. v. 06. 09. 2006 – 1 W 2126/06, NJW 2007, 657; Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 64a; MüKo-BGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 21. 60 Palandt/Brudermüller, § 1360a BGB Rn. 10; Staudinger/Voppel, § 1360a BGB Rn. 64; MüKo-BGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 21. 61 Palandt/Brudermüller, § 1360a BGB Rn. 15; Caspary, NJW 2005, 2577, 2578; MüKoBGB/Weber-Monecke, § 1360a Rn. 29; vgl. auch BGH, Beschl. v. 07. 02. 2001 – XII ZB 2/01, NJW 2001, 1646, 1647. 62  Vgl. dazu oben S. 97.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Versicherungsnehmer an Prämien gezahlt hat. Diese Unterscheidung läuft keineswegs auf das Gleiche hinaus: Ab einem gewissen Grad ist eine exakte Anpassung der Prämien an das zu versichernde Risiko (Risikogerechtigkeit der Prämie beziehungsweise individuelles Äquivalenzprinzip) nicht mehr sinnvoll. Daher werden Versicherungsnehmer mit unterschiedlich hohen Risikoerwartungen auf gleicher Prämienbasis versichert (Durchschnitts- beziehungsweise Einheitsprämie). Die Frage der Kostendeckung stellt sich, weil sowohl im Rahmen der Prozesskostenhilfe als auch der Rechtsschutzversicherung wirtschaftliche Erwägungen angestellt werden müssen: Die Finanzierungsprobleme im Bereich der Prozesskostenhilfe wurden oben63 bereits dargestellt. Rechtsschutzversicherer sind Unternehmen, die dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb unterliegen. Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung bedienen sich des gleichen Mechanismus, um das wirtschaftliche Risiko der Kostendeckung abzufangen: Es wird auf eine Vielzahl von Personen umgelegt. Im Fall der Prozesskostenhilfe ist das die Gemeinschaft der Steuerzahler. In der Rechtsschutzversicherung zahlen Versicherungsnehmer mit unterdurchschnittlich hohen Risiken die Durchschnitts-/Einheitsprämie, die über dem liegt, was sie gemessen am versicherten Risiko eigentlich an Prämien zahlen müssten. Liegen die Prozesskosten höher als entsprechend dem Risiko des einzelnen Versicherungsnehmers eigentlich an Prämien zu zahlen gewesen wäre, ist dies insoweit unschädlich, als sich die Prozesskosten noch im Rahmen der tatsächlich gezahlten (Durchschnitts-/Einheits-) Prämien halten. Fallen mehr Prozesskosten an, als der Versicherungsnehmer tatsächlich an Prämien gezahlt hat oder als er angesichts eines erhöhten Risikos eigentlich an Prämien hätte zahlen müssen, findet immer noch eine Quersubventionierung statt. Das wirtschaftliche Risiko wird auch hier auf eine Vielzahl von Personen umgelegt, nämlich die Gemeinschaft der Versicherungsnehmer.64 Die Bedeutung als Mittel zur Herstellung von Rechtsschutzgleichheit zeigt sich in den Überlegungen der 1970er Jahre, die Rechtsschutzversicherung als Pflichtversicherung auszugestalten.65 Die Rechtsschutzversicherung erfüllt heute anders als die private Prozessfinanzierung eine bedeutende „rechts- und 63 

Vgl. dazu oben S. 97. Vgl. insofern die Definition des BGH zu Versicherungsverhältnissen. Ein solches liegt vor, wenn sich ein Versicherer „gegen Entgelt verpflichtet, einem anderen […] eine vermögenswerte Leistung für den Fall eines ungewissen Ereignisses zu erbringen, das damit übernommene wirtschaftliche Risiko auf eine Mehrzahl von der gleichen Gefahr bedrohter Personen verteilt und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liegt“, BGH, Urt. v. 12. 03. 1964 – II ZR 226/62, VersR 1964, 497, 498; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12. 05. 1992 – 1 A 126/89, NJW 1992, 2978. 65  Zunächst vorgebracht von Baur, JZ 1972, 75, 77 f. Der Vorschlag erfuhr weitgehend Ablehnung, vgl. Baumgärtel, JZ 1975, 425, 428 f.; Baumgärtel, Gleicher Zugang zum Recht, 1976, S. 139–143; Bokelmann, ZRP 1973, 164, 167; Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Kommission für das Zivilprozeßrecht, 1977, S. 229; Grunsky, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des Einundfünfzigsten Deutschen Ju64 



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sozialpolitische Aufgabe“.66 So wie die Gewährung von Prozesskostenhilfe eine Form staatlicher Daseinsvorsorge ist,67 stellt auch der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ein Mittel der Vorsorge gegenüber den versicherten Risiken dar, wenn auch nur dem freiwilligen Entschluss der Bürger überlassen. II. Prozesskostenhilfe Im Folgenden sollen die Grundzüge der Prozesskostenhilfe für den weiteren Gang der Untersuchung aufbereitet werden. 1.  Innerstaatliche Rechtsverfolgung­­ Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ergeben sich aus §§ 114 ff. ZPO. Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, vergleiche § 119 ZPO, so ist der Begünstige abgesehen von den festgesetzten Monatsraten und Beträgen, vergleiche § 120 Abs. 1 S. 1 ZPO, von der Zahlung von Gerichtskosten befreit, vergleiche § 122 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ZPO. Die Beiordnung eines Anwalts erfolgt gemäß § 121 ZPO. Dessen Vergütungsanspruch kann nicht gegen den Mandanten geltend gemacht werden, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, sondern geht gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO, § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf den Staat über. Im Fall des Unterliegens hat der Prozesskostenhilfeempfänger die Kosten der Gegenseite zu tragen, vergleiche §§ 123, 91 Abs. 1 ZPO.68 2.  Grenzüberschreitende Rechtsverfolgung In den Anwendungsbereich der Prozesskostenhilfe-Richtlinie fällt die grenzüberschreitende (vergleiche dazu Art. 2 Abs. 1 RL 2003/8/EG) Rechtsverfolgung durch natürliche Personen (vergleiche Art. 3 Abs. 1 RL 2003/8/EG) in Zivil- und Handelssachen (vergleiche Art. 1 Abs. 2 S. 1 RL 2003/8/EG). Die Gewährung von Prozesskostenhilfe in diesem Rahmen richtet sich nach §§ 114–127a ZPO, vergleiche § 1076 ZPO. Eine natürliche Person, die im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe für ein in einem anderen Mitgliedstaat zu führendes ristentages. Stuttgart 1976, 1976, A 1–A 83, A 59–A 65; Kissel, FS Schiedermair, 1976, S. 313, 328; Pawlowski, JZ 1975, 197, 197 f. 66  Heinrichs, in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 2094, 2099. 67 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 114 ZPO Rn. 1. Zur Prozesskostenhilfe als Ausprägung der Sozialhilfe vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 03. 07. 1973 – 1 BvR 153/69, NJW 1974, 229, 230; BGH, Beschl. v. 08. 08. 2012 – XII ZB 291/11, NJW‑RR 2012, 1282, 1283; Stein/Jonas/Bork, vor § 114 ZPO Rn. 10; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 87 Rn. 1. 68  Zur Kritik daran vgl. Grunsky, NJW 1980, 2041, 2046; K. Müller, JR 1987, 1, 4 f.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Gerichtsverfahren beantragen. Dieses „ausgehende Ersuchen“ richtet sich nach den Vorgaben gemäß § 1077 ZPO.69 Für ein Verfahren einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Person vor deutschen Gerichten kann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe gemäß § 1078 ZPO bewilligt werden („eingehendes Ersuchen“). III. Rechtsschutzversicherung 1. Rechtsgrundlagen Im Gesetz über den Versicherungsvertrag70 erfährt die Rechtsschutzversicherung eine ausdrückliche Regelung, vergleiche §§ 125 ff. VVG. Indem es sich bei der Rechtsschutzversicherung um eine Schadensversicherung handelt,71 gelten auch die allgemeinen Vorschriften (§§ 1–99 VVG). Neben diesen gesetzlichen Regelungen spielen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, im Bereich der Rechtsschutzversicherung die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) eine bedeutende Rolle. Sie sind Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB.72 Allgemeine Versicherungsbedingungen wurden bis zur Deregulierung des Versicherungsmarkts im Jahr 199473 durch die Aufsichtsbehörde genehmigt, vergleiche § 5 Abs. 2, 3 Nr. 2 VAG a. F.,74 und waren daher weitgehend einheitlich gestaltet. Aus dieser Zeit stammen die ARB 54,75 ARB 69,76 ARB 7577 und ARB 94.78 Seitdem sind die Rechtsschutzversicherer in der Gestaltung der ARB frei und nur an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Gleichwohl veröffentlicht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) Musterbedingungen (zuletzt die ARB 2010

69  Zu den Vorzügen dieses Verfahrens vgl. Hau, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 22010, Kap. 33 Rn. 26. 70  BGBl. I 2007, 2631. 71 Prölss/Martin/Armbrüster, Vorbemerkung zu §§  125–129 VVG Rn. 2; MüKo-VVG/ Obarowski, § 125 Rn. 5. 72  Heinrichs, in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 2094, 2103. 73 Maßgeblich für die Deregulierung war die Dritte Richtlinie zur Nichtlebens- und Lebensversicherung, die in Deutschland durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften, BGBl. I 1994, 1630, umgesetzt wurde. 74  Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen, BGBl. I 1993, 2. 75  VerBAV 1954, 139. 76  VerBAV 1969, 67. 77  VerBAV 1976, 130. 78  VerBAV 1994, 97, 176.



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und ARB 201279), die viele Rechtsschutzversicherer erst in jüngerer Zeit verstärkt abwandeln.80 2.  Voraussetzungen des Versicherungsschutzes Zwischen Rechtsschutzversicherer und Versicherungsnehmer muss ein wirksamer Versicherungsvertrag gemäß § 1 VVG zustande gekommen sein. Daneben muss sich das versicherte Risiko („Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos“,81 vergleiche dazu § 2 ARB 2010; Nr. 2.1.1, 2.2 ARB 2012) verwirklicht haben (Versicherungsfall), vergleiche näher § 4 Abs. 1 ARB 2010; Nr. 2.4 ARB 2012. Es darf kein Risikoausschluss gemäß § 3 ARB 2010; Nr. 3.2 ARB 2012 eingreifen. Auch für die grenzüberschreitende Wahrnehmung rechtlicher Interessen unter anderem in Europa besteht Rechtsschutz gemäß § 6 Abs. 1 ARB 2010; Nr. 5.1 ARB 2012. 3. Rechtsfolgen Das Vorliegen der Voraussetzungen begründet die Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers, vergleiche §§ 1 S. 1, 125 VVG. Der Leistungsumfang ergibt sich aus § 5 ARB 2010; Nr. 2.3 ARB 2012 (Enumerationsprinzip82). Vordergründig schuldet er die Übernahme der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung, der Gerichtskosten, der Kosten des obsiegenden Prozessgegners sowie weiterer Aufwendungen, vergleiche § 5 Abs. 1 ARB 2010; Nr. 2.3.1, 2.3.3 ARB 2012. IV. Zusammenfassung Dass Bürger Zugang zu den Gerichten haben und ihnen dort effektiver Rechtsschutz gewährt wird, ist Ausdruck des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs, der aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet wird. Zugleich trägt der Rechtsschutzsuchende durch die Zahlung von Prozesskosten dazu bei, dass die Tätigkeit der Organe der Rechtspflege angemessen bezahlt wird. Sowohl die Gerichtskosten als auch die Rechtsanwaltsvergütung stiegen in den vergangenen Jahrzehnten konstant. Diese Prozesskosten dürfen Bürger jedoch nicht von der Durchsetzung ihrer 79  Musterbedingungen des GDV, unverbindliche Bekanntgabe (Stand: Juni 2017), http:// www.gdv.de/downloads/versicherungsbedingungen/rechtsschutzversicherung/ (zuletzt aufgerufen am 19. 11. 2017). 80 Vgl. Heinrichs, in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 2094, 2103. 81  Ders., in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 2094, 2099. 82  Ders., in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 2094, 2152.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Rechte abhalten. Die weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten in den Chancen der Rechtsverfolgung kommt im Grundrecht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz sowie einfachrechtlich in der Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO zum Ausdruck. Eine verwandte, wenn auch auf freiwilligem Entschluss beruhende Erscheinung des Kostenhilferechts ist die Finanzierung der Prozesskosten durch Leistungen eines Rechtsschutzversicherers. Aufgrund gleich gelagerter Interessen können Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung gemeinsam als Institute des Kostenhilferechts für die hier interessierenden Fragen betrachtet werden.

B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht Die Institute des Kostenhilferechts eint das Erfordernis, wirtschaftliche Erwägungen anzustellen und den Begünstigten prozessuale Verhaltensanforderungen aufzuerlegen.83 Dies geschieht zum Zweck der Prozesskostensenkung. Im Folgenden soll untersucht werden, ob die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage einen Beitrag dazu leistet (I.) und ob eine entsprechende Verhaltensanforderung eine rechtliche Grundlage im Recht der Prozesskostenhilfe (II.) und der Rechtsschutzversicherung (III.) finden kann. I. Senkung von Prozesskosten durch Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage Die Senkung von Prozesskosten wird regelmäßig als Vorzug, wenn nicht sogar als Motivation für die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage bezeichnet.84 Die Gerichtskosten bemessen sich am Wert des Streitgegenstands, vergleiche § 3 Abs. 1 GKG. Die Rechtsanwaltsgebühren werden nach dem Gegenstandswert berechnet, vergleiche § 2 Abs. 1 RVG. Regelmäßig stimmt der „Gegenstand“ mit dem Streitgegenstand überein.85 Wie oben gezeigt, teilt die Teilklage den Inhalt eines bestimmten Rechtsverhältnisses. Grundlage der Berechnung von Streit- und Gegenstandswert ist auch nur dieser ins gerichtliche Verfahren eingeführte quantitative Teil, nicht das Ganze.86 Für eine Teilklage fallen daher weniger Prozesskosten an als für eine Vollklage. Im Übrigen wird eine Teilklage 83 

Vgl. dazu oben S. 100 f. Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 473; Diercks, MDR 1995, 1099; Draub, Teilklage, 1930, S. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14; Haunschild, AnwBl 1998, 509; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 37; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 617; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 1. 85 Bischof/Bischof, § 2 RVG Rn. 35; BeckOK‑RVG/von Seltmann, 01. 06. 2016, § 2 Rn. 13. 86  Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5150, 5152. 84 



B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung 

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häufig in der Erwartung erhoben, der unterliegende Gegner werde den nicht eingeklagten Teil freiwillig ohne entsprechende (wiederum kostenverursachende) Restklage leisten. Eine Teilklage stellt sich daher gegenüber einer Vollklage als prozesskostensparendes Verhalten dar. II.  Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit gemäß § 114 ZPO Von den Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe betrifft ein Tatbestandsmerkmal unmittelbar das Prozessverhalten des Begünstigten. Gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO darf die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheinen. Dies gilt nicht nur für die innerstaatliche, sondern ausweislich der Verweisung gemäß §§ 1076, 1078 Abs. 2 S. 1 ZPO auch für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe.87 1.  Definition Gemäß § 114 Abs. 2 ZPO88 ist ein Vergleich anzustellen, welche prozessualen Maßnahmen eine nicht bedürftige und damit nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei bei hinreichender Erfolgsaussicht ergreifen würde. Eine solche Partei wägt ihre Prozessaussichten unter Berücksichtigung des Kostenrisikos vernünftig ab. Dieser Gedanke ergibt sich aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe, Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen der Rechtsverfolgung weitgehend gleichzustellen und wurde durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts89 gefestigt. Ein arglistiges oder böswilliges Verhalten setzt der Begriff nicht voraus.90 87  Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe – BerH/PKH/VKH, 132015, § 1078 ZPO Rn. 6; Hau, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem

Einfluss, 22010, Kap. 33 Rn. 35; MüKo-ZPO/Rauscher, § 1076 Rn. 10; MüKo-ZPO/Rauscher, § 1078 Rn. 9. A. A. Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 8 Rn. 73, 78, der allein auf den Maßstab des Art. 6 Abs. 1 RL 2003/8/EG („offensichtlich unbegründete Verfahren“) abstellt. Dabei handelt es sich aber nur um eine Mindestanforderung, vgl. Hau, in: Gebauer/ Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 22010, Kap. 33 Rn. 35, dort auch zur Bedeutung von Art. 6 Abs. 2 RL 2003/8/EG. Im Übrigen wurde das Mutwilligkeitsverbot auch aus Art. 6 Abs. 3 RL 2003/8/EG abgeleitet („Bedeutung der betreffenden Rechtssache für den Antragsteller“), vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑ Drs. 15/3281, S. 10. 88  Diese Vorschrift trat am 1. Januar 2014 in Kraft, vgl. Art. 1 Nr. 2 lit. b, Art. 20 Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, BGBl. I 2013, 3533, 3540. 89  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. 01. 1959 – 1 BvR 154/55, BVerfGE 9, 124, 130 = NJW 1959, 715, 716 f.; BVerfG, Beschl. v. 13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., BVerfGE 81, 347, 357 = NJW 1991, 413, 414; BVerfG, Beschl. v. 14. 10. 2008 – 1 BvR 2310/06, BVerfGE 122, 39, 51 = NJW 2009, 209, 209 f.; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 18. 11. 2009 – 1 BvR 2455/08, NJW 2010, 988, 989. 90 Stein/Jonas/Bork, § 114 ZPO Rn. 27; a. A. noch Gaedeke, JW 1936, 2117.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Die Präzisierung des Gesetzeswortlauts sollte es erleichtern, unberechtigte Anträge zurückzuweisen, um eine Senkung der Ausgaben herbeizuführen.91 Die Frage der Mutwilligkeit ist gerade auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Mutwilligkeit liegt etwa vor, wenn die Prozesskosten im Vergleich zum einzuklagenden Betrag unverhältnismäßig hoch sind,92 die Prozessführung sachfremden Zwecken dient93 oder die Vollstreckung aussichtslos ist.94 Die Gewährung von Prozesskostenhilfe kann schließlich davon abhängig gemacht werden, dass der Rechtsschutzsuchende bei gleichwertigen Alternativen des gerichtlichen Vorgehens sein Begehren prozesskostensparend verfolgt.95 2.  Mutwilligkeit bei Voll- statt Teilklagen Unter diesem Aspekt stellt sich die Frage, ob der Begünstigte anstelle einer prozesskostenintensiveren Vollklage eine Teilklage erheben sollte. Dies lässt sich anhand eines rechtshistorischen Vergleichs ergründen. a.  Rechtslage vor dem 1. Januar 1981 Das Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit fand sich bereits in § 106 S. 1 CPO.96 Anfangs schien es kaum eigenständige Bedeutung zu haben. Im Rahmen einer materiellrechtlich geprägten Vorprüfung der Armenrechtsanträge wurde es eher als Verstärkung des Verbots einer aussichtslosen Prozessführung verstanden.97 Später wurden ein Vergleich mit dem prozessualen Verhalten einer nicht das Armenrecht beanspruchenden Partei und eine ausdrückliche Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage verankert.98 Gemäß § 114 Abs. 1 S. 2 Var. 2 ZPO a. F. ist die Rechtsverfolgung „auch dann als mutwillig anzusehen, wenn mit Rück91 

BR‑Drs. 516/12, S. 35. § 114 Rn. 76. 93 MüKo-ZPO/Wache, § 114 Rn. 83. 94 Musielak/Voit/F. O. Fischer, § 114 ZPO Rn. 41; BeckOK‑ZPO/Reichling, 15. 09. 2017, § 114 Rn. 42; MüKo-ZPO/Wache, § 114 Rn. 77; dies wird bisweilen auch als Fall fehlender Erfolgsaussichten behandelt, vgl. Zöller/R. Geimer, § 114 ZPO Rn. 29. 95  BGH, Beschl. v. 10. 03. 2005 – XII ZB 20/04, NJW 2005, 1497; OLG Bamberg, Beschl. v. 17. 10. 1989 – 2 WF 232/89, NJW‑RR 1990, 74; OLG Braunschweig, Beschl. v. 26. 04. 2013 – 6 SchH 2/13, NJW 2013, 2442, 2443; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21. 11. 1997 – 22 W 61/97, NJW‑RR 1998, 503; Stein/Jonas/Bork, § 114 ZPO Rn. 32; F. O. Fischer, MDR 2006, 661, 662; Zöller/R. Geimer, § 114 ZPO Rn. 34; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 114 ZPO Rn. 121; BeckOK‑ZPO/Reichling, 15. 09. 2017, § 114 Rn. 41, 43; MüKo-ZPO/Wache, § 114 Rn. 79; Prütting/Gehrlein/Zempel/Völker, § 114 ZPO Rn. 36. 96  RGBl. 1877, 83, 101. 97 Vgl. Schott, Armenrecht, 1900, S. 96; RG, Beschl. v. 06. 04. 1881 – I 6/81, RGZ 4, 416, 417. 98  Vgl. Sechster Teil, Kapitel I, § 11 Abs. 2 der Dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 06. 10. 1931, RGBl. I 1931, 537, 564; Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Verfahrens in 92 MüKo-ZPO/Wache,



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sicht auf die Beitreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten eine nicht das Armenrecht beanspruchende Partei […] nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde“.99 Uneinigkeit bestand über den Anwendungsbereich dieser Regelung. Er wurde denkbar eng von jenen gefasst, die Mutwilligkeit wegen Erhebung einer Voll- anstelle einer Teilklage ausschließlich dann annahmen, wenn wegen Vermögenslosigkeit des Gegners kaum Aussichten auf eine erfolgreiche Vollstreckung bestehen. Dafür sprechen Wortlaut („mit Rücksicht auf die Beitreibung des Anspruchs bestehenden Aussichten“) und Entstehungsgeschichte der Regelung.100 Auch könne nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine nicht auf das Armenrecht angewiesene Partei nur eine Teilklage erheben würde – anderslautende Entscheidungen stellten eine „Bevormundung“ dar, bei der sich ein Richter unzulässig zum „Prozeß- und Wirtschaftsberater“101 einer Partei aufschwinge. Eine grundsätzliche Kritik erfährt diese eng gefasste Ansicht durch einen Vergleich mit der nicht das Armenrecht beanspruchenden Partei: Diese erhebe nicht Teilklage, um die Höhe der Forderung an das Vermögen des Schuldners anzupassen, sondern um Prozesskosten zu sparen.102 Ein weiterer Grund spricht gegen die vorgenannte Ansicht: Bei der Beurteilung der Vollstreckungsaussichten ist keine bloß vorübergehende Vermögenslosigkeit, sondern nur eine auf alle Zeit ausgeschlossene Vollstreckungsmöglichkeit zu berücksichtigen.103 Damit verbliebe für § 114 Abs. 1 S. 2 Var. 2 ZPO a. F. kein sinnvoller Anwendungsbereich. Über die kodifizierten Beispiele hinaus ist § 114 Abs. 1 ZPO a. F. daher als Ausprägung des Verbots missbräuchlicher Rechtsausübung104 sowie des Erfordernisses, wirtschaftliche Überlegungen anzustellen,105 aufzufassen. Allerdings könne der auf das Armenrecht angewiesene Kläger nur in Ausnahmefällen auf eine Teilklage verwiesen werden,106 etwa wenn bereits auf diesem bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 27. 10. 1933, RGBl. I 1933, 784. Zu den politischen und wirtschaftlichen Hintergründen vgl. Meents, Armenrecht, 1975, S. 63–74. 99 Anl. 2 zu dem Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts, BGBl. I 1950, 544. 100  Meents, Armenrecht, 1975, S. 137–140. 101  G. Schmidt, NJW 1958, 1574, 1575. 102  Schroeder-Hohenwarth, Armenrecht, 1976, S. 59. 103  Helmke, Die Voraussetzungen „hinreichende Erfolgsaussicht“ und „mutwillig“ im Armenrechtsprüfungsverfahren, §§ 114 ff. ZPO, 1978, S. 248–252; Wieczorek, in: Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, 21976, § 114 ZPO B IV b. 104  Diemer, Gewährung des Armenrechts, 1977, S. 32; Gaedeke, JW 1936, 2117; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 38–42. 105  Bergerfurth, Kann ich im Armenrecht klagen?, 1974, S. 31; Helmke, Die Voraussetzungen „hinreichende Erfolgsaussicht“ und „mutwillig“ im Armenrechtsprüfungsverfahren, §§ 114 ff. ZPO, 1978, S. 230 f.; Zeiss, Die arglistige Prozesspartei, 1967, S. 39. 106 OLG Köln, Beschl. v. 12. 10. 1960 – 4 W 73/60, NJW 1961, 610; Hartmann, in: Zivilprozeßordnung, 381980, § 114 ZPO S. 207; Helmke, Die Voraussetzungen „hinreichende Erfolgsaussicht“ und „mutwillig“ im Armenrechtsprüfungsverfahren, §§ 114 ff. ZPO, 1978,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Weg eine Klärung über die Rechtslage hinsichtlich des gesamten Rechtsverhältnisses erreicht würde (zum Beispiel in Anbetracht eines Mitverschuldensanteils bei Schadensersatzansprüchen).107 Bei zweifelhafter oder höchstrichterlich nicht geklärter Rechtslage und erheblicher Höhe des Streitwerts sei eine Teilklage zur Senkung des Prozesskostenrisikos angebracht.108 Auch Schadensersatzansprüche würde der nicht auf das Armenrecht angewiesene Kläger aus Kostengründen zunächst nur im Wege der Teilklage geltend machen.109 Unzumutbar sei die Beschränkung auf eine Teilklage, wenn die Verjährung des Anspruchs drohe110 oder durch die Teilklage die Berufungs- oder Revisionssumme unterschritten werde.111 Zudem müssten allgemeine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gegner bei Unterliegen hinsichtlich des eingeklagten Teils auch den Anspruchsrest erfüllt.112 Abgesehen von dieser Kasuistik wurde kein Grundsatz zur Teilklage im Armenrecht herausgearbeitet. So ist auch die Unsicherheit im Umgang mit § 114 Abs. 1 S. 2 ZPO a. F. zu erklären: Während einerseits „Zurückhaltung“113 bei der Annahme von mutwilligem Verhalten angemahnt wurde, forderten andere eine nachdrücklichere gesetzliche Teilklageobliegenheit vergleichbar den Obliegenheiten in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung.114 b.  Neufassung des § 114 ZPO Im Zuge der Ablösung des Armenrechts durch das Recht der Prozesskostenhilfe wurde das Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit überarbeitet. Der RegierungsS. 252 f.; Lenzen, JurBüro 1965, 453, 455. Vgl. auch Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 201984, § 114 ZPO Rn. 42 f. (noch zum Armenrecht). 107  OLG Celle, Beschl. v. 24. 09. 1951 – 2 W 371/51, NdsRPfl 1951, 200; OLG Köln, Beschl. v. 12. 10. 1960 – 4 W 73/60, NJW 1961, 610; OLG Braunschweig, Beschl. v. 02. 07. 1979 – 4 W 12/79, JurBüro 1980, Sp. 137, 138; Bergerfurth, Kann ich im Armenrecht klagen?, 1974, S. 31; E. Schneider, MDR 1978, 269, 270; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 121977, S. 463. 108 OLG Köln, Beschl. v.  24. 11. 1930 – 2 W 386/30, JW 1931, 551; OLG Kiel, E. v. 01. 11. 1938 – 4 W 156/38, HRR 1939, Nr. 39; OLG Schleswig, Beschl. v. 10. 11. 1958 – 6 W 24/58, AnwBl 1959, 60. 109  Helmke, Die Voraussetzungen „hinreichende Erfolgsaussicht“ und „mutwillig“ im Armenrechtsprüfungsverfahren, §§ 114 ff. ZPO, 1978, S. 253; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 121977, S. 463. 110  Bergerfurth, Das Armenrecht, 1971, S. 26; Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 201984, § 114 ZPO Rn. 42 (noch zum Armenrecht). 111  Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 201984, §  114 ZPO Rn. 42 (noch zum Armenrecht); Wieczorek, in: Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, 21976, § 114 ZPO B IV c. 112  Franke, Zur Reform des Armenrechts, 1980, S. 115; Helmke, Die Voraussetzungen „hinreichende Erfolgsaussicht“ und „mutwillig“ im Armenrechtsprüfungsverfahren, §§ 114 ff. ZPO, 1978, S. 253; Mühlbauer, in: Zöller, Zivilprozeßordnung, 121979, § 114 ZPO S. 460; Rasehorn, NJW 1961, 591, 592. 113  Diemer, Gewährung des Armenrechts, 1977, S. 32. 114  Baumgärtel, Gleicher Zugang zum Recht, 1976, S. 166.



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entwurf zum Gesetz über die Prozesskostenhilfe hatte noch eine an § 114 Abs. 1 S. 2 ZPO a. F. angelehnte Definition vorgesehen.115 Der Verweis auf die Teilklagemöglichkeit wurde mit der Neufassung des § 114 ZPO durch das Gesetz über die Prozesskostenhilfe116 gestrichen. Der Begriff der Mutwilligkeit war damit gesetzlich nicht weiter konkretisiert. Schon der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wies jedoch darauf hin, dass eine Konkretisierung der Mutwilligkeit wie in § 114 Abs. 1 S. 2 ZPO a. F. selbstverständlich sei und es einer ausdrücklichen Klarstellung im Gesetz nicht bedürfe.117 Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass es sich bei der Mutwilligkeit um einen unbestimmten und ausfüllungsbedürftigen Begriff handelt.118 Die Neufassung des § 114 ZPO führt das Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit lediglich von einer Kodifizierung von Einzelfällen zurück auf den abstrakten Vergleich mit einer nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Partei.119 c.  Heutige Rechtslage In diesem Sinne ist davon auszugehen, dass die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage auch heute noch zur Vermeidung mutwilligen Prozessverhaltens in Betracht kommt.120 Die Erhebung einer Voll- anstelle einer Teilklage wird dann als mutwillig angesehen, wenn eine schwierige Sach- und Rechtslage vorliegt und Verjährung nicht droht.121 Dagegen stelle es ohne konkrete Anhaltspunkte122 die Ausnahme dar, dass der hinsichtlich eines Teilbetrags unterliegende Gegner den Anspruch auch in der verbleibenden Höhe erfüllt.

115 Vgl. Art.  1 Nr. 4 des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozeßkostenhilfe, BT‑ Drs. 8/3068, S. 4. 116  Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Prozeßkostenhilfe, BGBl. I 1980, 677. 117  Vgl. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT‑Drs. 8/3694, S. 19. 118  Künzel, Unstimmigkeiten im Recht der Prozeßkostenhilfe, 1994, S. 65. 119  Dehn, in: Schoreit/Dehn (Hrsg.), Beratungshilfegesetz. Prozeßkostenhilfegesetz, 1982, § 114 ZPO Rn. 28; Grunsky, NJW 1980, 2041, 2042; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 391981, § 114 ZPO S. 283; Künzel, Unstimmigkeiten im Recht der Prozeßkostenhilfe, 1994, S. 65 f.; E. Schneider, MDR 1981, 1; P. Schuster, ZZP 93 (1980), 361, 376. 120  Dafür schon Zeiss, Zivilprozeßrecht, 51982, S. 296 f.; ebenso Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, 122014, Rn. 815. 121  Engels, Prozeßkostenhilfe, 1990, S. 61. Für den Fall drohender Verjährung vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 13. 02. 1984 – 2 WF 206/83, FamRZ 1984, 809; Musielak/Voit/F. O. Fischer, § 114 ZPO Rn. 42. 122 Vgl. Musielak/Voit/F. O. Fischer, § 114 ZPO Rn. 42; Zöller/R. Geimer, § 114 ZPO Rn. 34; Dürbeck/Gottschalk, Prozesskostenhilfe, 82016, Rn. 539; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 87 Rn. 34; Poller, in: Poller/Teubel (Hrsg.), Gesamtes Kostenhilferecht, 22014, § 114 ZPO Rn. 112; Schlößer/Mucke, MDR 1998, 753, 754.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

3.  Rechtsnatur der Verweisung auf eine Teilklage a.  Pflichten und Lasten im Zivilprozess Die Rechtsnatur von Verhaltensanforderungen im Zivilprozessrecht bewegt sich im Spannungsfeld von Pflichten und Lasten. Letztere sind den Obliegenheiten des materiellen Zivilrechts vergleichbar.123 Grundlage der Verhaltensanforderungen ist das öffentlich-rechtliche124 Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Gericht und den Parteien.125 Im von der Dispositions- und Verhandlungsmaxime126 geprägten Zivilprozess finden sich nur vereinzelt prozessuale Handlungspflichten der Parteien.127 Hier geben das Gesetz oder das Gericht abstrakt oder konkret Verhaltensweisen auf, die die Parteien zu befolgen haben. Abweichendes Verhalten ist entweder nicht möglich oder wird missbilligt.128 So sind die Parteien verpflichtet, auf Anordnung des Gerichts persönlich zu erscheinen, vergleiche § 141 ZPO,129 und Erklärungen vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben, vergleiche § 138 Abs. 1 ZPO.130 Ein Verstoß wird zum Beispiel durch prozessrechtliche (Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 141 Abs. 3 ZPO) oder im Fall der Wahrheitspflicht durch materiellrechtliche (Schadensersatzansprüche131 gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB) und strafrechtliche (Straftatbestand des Betrugs gemäß § 263 StGB) Konsequenzen sanktioniert. Demgegenüber sind Lasten dadurch gekennzeichnet, dass es im freien Entschluss einer Partei liegt, ob sie in ihrem eigenen Interesse die entsprechende Verhaltensanforderung befolgt. Lediglich bei Nichtbefolgen hat sie prozessuale 123 Musielak/Voit/Musielak,

Einleitung Rn. 56: „gewisse parallele Erscheinung“; MüKoZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 34: „Qualität von Obliegenheiten“. 124  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, §  2 Rn. 7; Musielak/Voit/ Musielak, Einleitung Rn. 56; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 32. 125 Zu dieser Dreiseitigkeit des Prozessrechtsverhältnisses vgl. schon Bülow, Prozesseinreden, 1868, S. 1 f.; Wach, Zivilprozessrecht I, 1885, S. 39. A. A. Hellwig, System I, 1912, S. 396: nur zwischen Gericht und Parteien, nicht aber zwischen den Parteien; Josef Kohler, Der Prozeß als Rechtsverhältnis, 1888, S. 6: nur zwischen den Parteien. Das Bestehen des Prozessrechtsverhältnisses ist allg. anerkannt, vgl. nur MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 31. Für einen Abriss zur historischen Entwicklung vgl. G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 428–435. Zum ursprünglichen Verständnis des Prozessrechtsverhältnisses, wonach zu dessen Voraussetzungen die Prozessvoraussetzungen zählen, vgl. Bülow, Prozesseinreden, 1868, S. 1–9. Zum Prozess als Rechtslage, aus dem sich Pflichten der Parteien nicht ableiten lassen, vgl. dagegen Goldschmidt, Der Prozess als Rechtslage, 1925, S. 81–133, 253 ff.; Niese, Doppelfunktionelle Prozeßhandlungen, 1950, S. 63 f. 126  So auch R. Schmidt, Die Obliegenheiten, 1953, S. 90. 127  Zu prozessualen Pflichten des Gerichts gegenüber den Parteien vgl. Zöller/Vollkommer, Einleitung Rn. 57a. 128 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor §  1 ZPO Rn. 214; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 2 Rn. 14. 129 MüKo-ZPO/Fritsche, § 141 Rn. 13; Musielak/Voit/Stadler, § 141 ZPO Rn. 10. 130 MüKo-ZPO/Fritsche, § 138 Rn. 1; Musielak/Voit/Stadler, § 138 ZPO Rn. 1. 131  Vgl. dazu auch G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 443–449.



B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung 

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Nachteile hinzunehmen.132 Zu den prozessualen Lasten zählen etwa die Darlegungs- und Beweislast. Augenscheinlich werden die in Kauf zu nehmenden prozessualen Nachteile im Fall der schuldhaften Säumnis im Termin zur mündlichen Verhandlung: Gegen die säumige Partei ergeht ein Versäumnisurteil gemäß §§ 330 f. ZPO. Fraglich bleibt, anhand welchen konkreten Merkmals Pflichten und Lasten voneinander unterschieden werden können. Allein der Wortlaut des Gesetzes liefert dafür keinen Aufschluss.133 Grundsätzlich werden zur Unterscheidung zwei Anknüpfungspunkte herangezogen: Zum einen die äußeren Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung, zum anderen die innere Wertung von Parteiverhalten durch das Gesetz. So wurde danach differenziert, ob ein Erfüllungszwang herrscht. Pflichten seien dadurch gekennzeichnet, dass das Gesetz ihre Erfüllung durch Androhung von Sanktionen zumindest anstrebe.134 Selbst wenn es etwa bei Verletzung der Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 ZPO kein Zwangsmittel zur Erfüllung gibt, so sanktionieren doch die Rechtsfolgen (Schadensersatzansprüche, Strafbarkeit) die nicht erfolgte Erfüllung. Dagegen treten bei der Nichtbefolgung von Lasten von der Erfüllung unterschiedliche Rechtsfolgen ein. Dies sind in der Regel auf den Prozess beschränkte Nachteile.135 Abweichend davon wurden auch Unterscheidungen anhand des inneren Zwecks einer Verhaltensanforderung und deren Wertung durch das Gesetz angestellt. So liege eine Pflicht vor, wenn die Verletzung einer Verhaltensanforderung ein rechtlich missbilligtes Verhalten darstelle, etwa indem es mit Verfahrenszielen nicht vereinbar oder unerlaubt sei oder dem Gegner Ersatzansprüche zuteilwerden lasse.136 Demgegenüber liege nur eine Last vor, wenn sich die adressierte Partei beliebig verhalten darf, ohne dass die Nichtbefolgung einer Verhaltensanforderung durch das Gesetz missbilligt werde.137 Sowohl das Verhalten bei Nichtbefolgung als auch die daraus entstehenden prozessualen Nachteile sind mit Verfahrensgrundsätzen und den Zielen des Prozesses vereinbar.138 Bei genauer Betrachtung besteht zwischen diesen beiden Standpunkten kein Unterschied. Die Rechtsfolgen, die aus einer Nichtbefolgung erwachsen, sind in der Regel nichts anderes als die Erfahrbarmachung der inneren Wertung des Gesetzes. Die Unterscheidung von Pflichten und Lasten im Zivilprozess lässt sich am besten anhand der Überlegung anstellen, mit welchen Mitteln der Gesetzgeber ein angestrebtes Ziel am 132 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor §  1 ZPO Rn. 209; Musielak/Voit/Musielak, Einleitung Rn. 56; MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 34. 133 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 209, 214; Lent, ZZP 67 (1954), 344, 348. 134  Vgl. Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 214. 135 Stein/Jonas/Brehm, Einleitung vor § 1 ZPO Rn. 210; krit. Lent, ZZP 67 (1954), 344, 348–350. 136  Leipold, ZZP 93 (1980), 237, 240 f.; Lent, ZZP 67 (1954), 344, 351. 137  Lent, ZZP 67 (1954), 344, 350–351. 138  Ders., ZZP 67 (1954), 344, 352.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

besten erreichen kann.139 Bei einer Pflicht sind Zwangsmittel zur Herbeiführung der Erfüllung vorgesehen oder zumindest Sanktionen, die schwere Nachteile darstellen und in ihrer Wirkung auch über den Prozess hinausgehen können, weil nur dies dem Zweck der gesetzlichen Vorschrift gerecht wird.140 b.  Verortung der Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage Prozesskostenhilfe wird gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO nur insoweit bewilligt, als die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist. Darüber hinaus wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.141 Der Prozesskostenhilfeempfänger ist dadurch aber nicht gehindert, eine Vollklage zu erheben und jedenfalls den Gerichtskostenvorschuss für den über die Bewilligung hinaus eingeklagten Teil selbst zu entrichten. Als Teilklagepflicht würde sich die gesetzliche Regelung allenfalls dann darstellen, wenn sie einen faktischen Zwang zur Erfüllung mit sich brächte. Dies ist denkbar, wenn ein Prozesskostenhilfeempfänger in der Regel völlig verarmt wäre und selbst nicht die Mittel hätte, über die Teilbewilligung hinaus eine Vollklage zu erheben. Dies ist aber seit der Reform des Armenrechts und der Lockerung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr der Fall. Das Gesetz knüpft keine weitergehende Missbilligung an ein mutwilliges Verhalten. Die bewilligte Teil-Prozesskostenhilfe wird ihm aus diesem Grund nicht entzogen. Dass eine Partei ein Interesse hat, statt nur eines Teils den gesamten Anspruch einzuklagen, steht in keinerlei Widerspruch mit den Verfahrensgrundsätzen oder Zielen des Zivilprozesses, sondern ist vielmehr Ausdruck der Dispositionsmaxime. Weitere Konsequenzen sind auch nicht notwendig, weil dem Zweck des Mutwilligkeitsverbots Genüge getan ist, wenn die finanzielle Unterstützung der Prozessführung auf einen Teil beschränkt bleibt: Die weitergehende Prozessführung geht finanziell nicht zulasten der Gemeinschaft der Steuerzahler. Gemessen an diesen Wertungen unterliegt der Kläger im Rahmen der Prozesskostenhilfe lediglich einer Teilklagelast. Eine Pflicht zur Teilklage besteht demgegenüber nicht.

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Henckel, Prozeßrecht und materielles Recht, 1970, S. 17. dens., Prozeßrecht und materielles Recht, 1970, S. 14 f. 141 OLG Braunschweig, Beschl. v. 02. 07. 1979 – 4 W 12/79, JurBüro 1980, 137, 138; Stein/Jonas/Bork, § 114 ZPO Rn. 44; Musielak/Voit/F. O. Fischer, § 119 ZPO Rn. 4; Franke, Zur Reform des Armenrechts, 1980, S. 115; Lenzen, JurBüro 1965, 453, 454; MüKo-ZPO/ Wache, § 119 Rn. 56. 140 Vgl.



B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung 

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4.  Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung Die Regelung zur Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO kann den Kläger nur auf gleichwertige prozesskostensparende Alternativen verweisen.142 Die Problematik der Zumutbarkeit ist für den Fall der Teilklage bislang nur anhand von Einzelfällen geklärt.143 Sie muss jedoch durch eine Gesamtabwägung aller prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte und Nachteile, die sich im Fall einer Teilklage offenbaren, entschieden werden. Erst damit kann die für die Mutwilligkeit relevante Frage beantwortet werden, ob auch eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, nur eine Teil- statt einer Vollklage erheben würde. Diese Frage soll im Fortgang dieser Arbeit untersucht und gelöst werden. III.  Verhaltensanforderungen im Versicherungsrecht Zuvor soll noch ein weiteres Problemfeld aufbereitet werden, in dem sich die gleichen Fragen stellen. Wie im Bereich der Prozesskostenhilfe unterliegt auch im Rahmen der Rechtsschutzversicherung das Prozessverhalten des Begünstigten besonderen Vorgaben. Dies gilt sowohl bei der innerstaatlichen als auch der grenzüberschreitenden Rechtsverfolgung. 1. Kostenorientierte Verhaltensanforderungen im Bereich der Rechtsschutzversicherung Im Bereich der Rechtsschutzversicherung soll eine wirtschaftlich unvernünftige Prozessführung auf Kosten der Versichertengemeinschaft verhindert werden.144 Daher erlegt § 82 Abs. 1 VVG dem Versicherungsnehmer im Versicherungsfall auf, Vorkehrungen zur Abwendung und Minderung des Schadens an den versicherten Interessen145 zu treffen. Dazu hat er sich wie eine nicht versicherte Person in vergleichbarer Situation zu verhalten.146 Dies dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft.147 Der Versicherer kann gemäß § 82 Abs. 2 S. 1 VVG Weisungen erteilen. In den ARB erfolgen weitere Konkretisierungen, die der 142  OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 22. 10. 1991 – 4 WF 141/91; BeckOK‑ZPO/Reichling, 15. 09. 2017, § 114 Rn. 43. 143  Vgl. dazu oben S. 109. 144 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 12. 03. 1999 – 20 U 217/98, VersR 1999, 964, 965; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04. 07. 2002 – 12 U 69/02, VersR 2003, 58. 145  Zum Bezugspunkt vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 27. 146 Langheid/Rixecker/Langheid, §  82 VVG Rn.  10; MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 1; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski, § 82 VVG Rn. 1; Prölss/Martin/Voit, § 82 VVG Rn. 9. 147 Zu den Interessen der Versichertengemeinschaft als Schutzgut des § 82 VVG vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 1.

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Begrenzung von Rechtsverfolgungskosten im Interesse der Versichertengemeinschaft dienen.148 2.  Rechtsnatur der Verhaltensanforderungen Der Wortlaut des § 62 VVG a. F. gab über die Rechtsnatur der gesetzlichen Verhaltensanforderungen keinerlei Aufschluss: Während gemäß § 62 Abs. 1 VVG a. F. der Versicherungsnehmer zur Schadensabwendung und Schadensminderung „verpflichtet“ war, sprach § 62 Abs. 2 VVG a. F. von „Obliegenheiten“.149 Der Wortlaut weist noch auf die Ansicht des historischen Gesetzgebers hin, wonach eine echte Rechtspflicht des Versicherungsnehmers vorliege.150 Nach den klassischen Abgrenzungskriterien des materiellen Zivilrechts handelt es sich bei den Verhaltensanforderungen des § 82 Abs. 1 VVG um Obliegenheiten („Rettungsobliegenheit“): Ob der Versicherungsnehmer Maßnahmen zur Abwendung und Minderung des Schadens trifft, ist ihm freigestellt.151 Der Versicherer kann sie mit Rücksicht auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Versicherungsnehmers nicht einklagen. Im Fall der Verletzung entsteht kein Schadensersatzanspruch; vielmehr hat der Versicherungsnehmer Nachteile in Gestalt eines Ausschlusses oder einer Kürzung der Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers zu tragen.152 Bei den in den ARB aufgestellten Verhaltensanforderungen handelt es sich um vertragliche Obliegenheiten.153 3.  Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage Fraglich ist, ob die gesetzlichen und vertraglichen Verhaltensanforderungen den Versicherungsnehmer zur Vermeidung höherer Kosten der Prozessführung auch auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage verweisen. a. Mutwilligkeitsverbot Ein Anhaltspunkt für eine derartige Verhaltensanforderung findet sich bei der wirtschaftlichen Leistungsbeschreibung in der Rechtsschutzversicherung, die 148  So für die Obliegenheiten gem. § 15 Abs. 1 lit. d ARB 75 ders., VersR 2000, 23, 26. Vgl. auch Nr. 3.4.1.2 S. 3 ARB 2012 für den Fall der Mutwilligkeit der Interessenwahrnehmung: „In diesem Fall können wir nicht zahlen, weil die berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft beeinträchtigt würden“. 149  RGBl. 1908, 263, 276; RGBl. I 1939, 2443, 2446. 150 Vgl. Looschelders, FS Deutsch, 2009, S. 835, 835 f. 151  Ders., FS Deutsch, 2009, S. 835, 837. 152  Beckmann, VersR‑Hdb, 32015, § 15 Rn. 3; Deutsch/Iversen, Versicherungsvertragsrecht, 72015, Rn. 211, 281; Looschelders, FS Deutsch, 2009, S. 835, 836; MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 4. 153  Deutsch/Iversen, Versicherungsvertragsrecht, 72015, Rn. 212.



B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung 

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als solche keine Rettungsobliegenheit darstellt.154 Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 ARB 75 trägt der Versicherer die Kosten der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen, soweit sie notwendig ist. Das Kriterium der Notwendigkeit der Wahrnehmung rechtlicher Interessen wird gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 ARB 75 unter anderem durch das Fehlen von Mutwillen definiert. Dazu kann auf die obigen Erkenntnisse zur entsprechenden Verhaltensanforderung im Bereich der Prozesskostenhilfe verwiesen werden.155 Das Verhalten des Versicherungsnehmers ist daran zu messen, wie sich ein vernünftiger Kläger ohne Rechtsschutzversicherung in vergleichbarer Situation verhalten würde. Diesem Befund wurde entgegengehalten, dass § 1 Abs. 1 S. 2 ARB 75 gar nicht die Art und Weise der Klageerhebung (etwa Beschränkung auf eine Teilklage) umschreibe, sondern nur das Ob der Klageerhebung. Hierbei spielten Kostenerwägungen für einen nicht versicherten Kläger in der Regel keine Rolle.156 Für eine solche Unterscheidung bietet der Wortlaut des § 1 ARB 75 jedoch keine Anhaltspunkte. In § 125 VVG sowie in § 1 ARB 94, § 1 ARB 2000, § 1 ARB 2010, Nr. 1 ARB 2012 findet sich jeweils ein Erforderlichkeitsgebot. Danach trägt der Versicherer Kosten, die für eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung anfallen; nicht aber solche, die vermeidbar sind.157 Es wird davon ausgegangen, dass der Begriff der Erforderlichkeit identisch ist mit der Vorstellung von der Notwendigkeit der Interessenwahrnehmung und den dafür entstehenden Kosten.158 Auch aus dieser Leistungsbeschreibung könnte eine Verweisung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage abgeleitet werden. In § 3a Abs. 1 lit. b S. 2 ARB 2010, Nr. 3.4.1.2 ARB 2012 wird der Begriff der Mutwilligkeit nunmehr eigenständig unter Verweis auf eine Unverhältnismäßigkeit der beabsichtigten Prozessführung definiert. Die Verweisung auf eine Teilklage ist eine Frage des Einzelfalls. b.  Gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 82 Abs. 1 VVG Im Rechtsschutzfall können durch die Erhebung einer Teilklage die Prozesskosten gesenkt werden. Bestandteil der gesetzlichen Rettungsobliegenheit wird 154 Zur

Unterscheidung vgl. Cornelius-Winkler, VersR 2012, 1224, 1225; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 500. 155 Auf die sachlichen Voraussetzungen gem. §  114 ZPO verweisen auch BGH, Urt. v. 16. 09. 1987 – IVa ZR 76/86, NJW 1988, 266, 267; Bauer, VersR 1988, 174, 176; Harbauer/ Cornelius-Winkler, § 1 ARB 75 Rn. 4; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 542. 156 So Looschelders, VersR 2000, 23, 27. 157 BGH, Urt. v. 04. 05. 2005 – IV ZR 135/04, VersR 2005, 936, 937; Prölss/Martin/ Armbrüster, § 1 ARB 2010 Rn. 7, 26; Harbauer/Bauer, § 1 ARB 2000 Rn. 36; MüKo-VVG/ Obarowski, § 125 Rn. 30; Will, VersR 2012, 942, 944. 158 Prölss/Martin/Armbrüster, § 1 ARB 2010 Rn. 7; wohl auch Harbauer/Bauer, § 1 ARB 2000 Rn. 36.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

dies, wenn davon der zu mindernde Schaden gemäß § 82 Abs. 1 VVG betroffen ist. Darunter ist der Schaden an den versicherten Interessen zu verstehen. Versichertes Interesse sind die vom Rechtsschutzversicherer zu tragenden Kosten zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers.159 Die Höhe der Prozesskosten berührt damit das versicherte Interesse. Die gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit ist einschlägig. Sie könnte den Versicherungsnehmer auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage verweisen. c.  Allgemeine vertragliche Schadensminderungsobliegenheit Nach Eintritt des Rechtsschutzfalls sehen § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. cc ARB 75, § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 94, § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 2000 die Obliegenheit des Versicherungsnehmers vor, die Kosten der Rechtsverfolgung möglichst gering zu halten. Es handelt sich dabei um eine Ausprägung der beschriebenen gesetzlichen Schadensminderungsobliegenheit.160 Die vertragliche Generalklausel soll auch die Obliegenheit enthalten, durch Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage Prozesskosten zu mindern.161 Mittlerweile wurde die gesetzliche Obliegenheit gemäß § 82 Abs. 1 VVG unter ausdrücklicher Bezugnahme in die Musterbedingungen übernommen, vergleiche Nr. 4.1.1.4 ARB 2012.162 d.  Ausdrückliche Verweisung auf die Teilklage § 17 Abs. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 verlangt, dass der Versicherungsnehmer „vorab nur einen angemessenen Teil der Ansprüche einklagt und die etwa nötige gerichtliche Geltendmachung der restlichen Ansprüche bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Teilansprüche zurückstellt“.163 Diese ausdrückliche Teilklageobliegenheit findet sich nahezu wortgleich bereits in § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75. Sie sei dann nicht verletzt, wenn auch ein nicht rechtsschutzversicherter Kläger, der auf Kosten keine Rücksicht nehmen muss, keine Teilklage erheben würde.164 Die Teilklageobliegenheit 159  Vgl. dazu auch Bauer, NJW 2011, 646, 648; Beckmann, VersR‑Hdb, 32015, § 15 Rn. 33, 39; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 499. 160  Duhm, Deckungszusagen, 2000, S. 133. 161 So LG München, Urt. v. 02. 12. 2009 – 23 O 17281/09, VersR 2010, 1362, 1363; Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 56; Looschelders, VersR 2000, 23, 28; Obarowski, VersR‑ Hdb, 32015, § 37 Rn. 505; Schirmer, r + s 1999, 45, 46. 162  Dadurch könne sich der Versicherer der Klauselkontrolle entziehen, vgl. Bauer, VersR 2013, 661, 665; a. A. Lensing, VuR 2011, 290, 291. 163  GDV‑Musterbedingungen (Stand: September 2010). 164 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 06.  10. 1988 – 5 U 61/88, r + s 1988, 334, 335; OLG Hamm, Beschl. v. 11. 10. 1988 – 20 W 46/87, r + s 1989, 192, 192 f.; OLG Hamm, Beschl. v. 17. 07. 1992 – 20 W 7/92, VersR 1993, 310; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13. 01. 1999 – 7 U



B.  Die Bedeutung der Teilklage als prozessuale Verhaltensanforderung 

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stehe unter dem Vorbehalt, dass die Interessen des Versicherungsnehmers nicht unbillig beeinträchtigt werden.165 Demnach sei die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage unzumutbar, wenn wegen Nichterreichens der Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dieses Rechtsmittel unzulässig werde, die Höhe des Anspruchs streitig sei oder Verjährung drohe.166 Auf die Teilklage müsse sich der Versicherungsnehmer demgegenüber verweisen lassen, wenn das Urteil bereits eine endgültige Klärung der Sach- und Rechtslage verspreche.167 In der Regel sei nicht absehbar, ob der Gegner nach Verurteilung den Rest des Anspruchs freiwillig erfüllt.168 Diese Annahme darf aber nicht das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 sowie des § 17 Abs. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 umkehren. Danach stellt nicht die Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage, sondern vielmehr die unbillige Beeinträchtigung der Interessen des Klägers den Ausnahmetatbestand dar.169 Unter Berücksichtigung dessen bedarf es konkreter Anhaltspunkte, wonach eine endgültige Klärung des Streits nicht erreicht wird, um die Verweisung auf eine Teilklage als unzumutbar erscheinen zu lassen.170 4.  Problemstellung und weiterer Gang der Untersuchung An die Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers gemäß § 125 VVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 1 ARB 75, § 1 ARB 94, § 1 ARB 2000, § 1 ARB 2010, Nr. 1 ARB 2012 ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Eine Verweisung auf die Teilklage kommt nur in Betracht, wenn es sich dabei um ein gleichwertiges prozessuales Vorgehen handelt.171 Verfehlt dürfte es sein, die Zumutbarkeit der Teilklageerhebung mit Blick auf damit verbundene Nachteile von vornherein abzulehnen.172 Auch die Beschränkung der Teilklageobliegenheit auf Einzel312/95, NVersZ 1999, 184, 186; OLG Hamm, Urt. v. 12. 03. 1999 – 20 U 217/98, NVersZ 1999, 585, 586; LG Dortmund, Urt. v. 23. 11. 2000 – 2 O 377/00, NVersZ 2001, 376; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04. 07. 2002 – 12 U 69/02, NVersZ 2002, 577. 165  Vgl. auch OLG Nürnberg, Urt. v. 26. 11. 1981 – 8 U 1354/81, VersR 1982, 695. 166 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13. 01. 1999 – 7 U 312/95, NVersZ 1999, 184, 186; OLG Hamm, Beschl. v. 11. 10. 1988 – 20 W 46/87, VersR 1989, 736; OLG Hamm, Beschl. v. 17. 07. 1992 – 20 W 7/92, VersR 1993, 310; Harbauer/Cornelius-Winkler, § 15 ARB 75 Rn. 6; Looschelders, VersR 2000, 23, 27; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel, § 17 ARB 2010 Rn. 15. 167  OLG Hamm, Urt. v. 12. 03. 1999 – 20 U 217/98, VersR 1999, 964, 965; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04. 07. 2002 – 12 U 69/02, VersR 2003, 58, 59; OLG Köln, Urt. v. 06. 10. 1988 – 5 U 61/88, VersR 1989, 359, 361; Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 59; Duhm, Deckungszusagen, 2000, S. 140 f.; Looschelders, VersR 2000, 23, 27. 168 Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 61. 169 Vgl. dazu Looschelders, VersR 2000, 23, 26 f.; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 505. 170  Looschelders, VersR 2000, 23, 28. 171  Allg. Langheid/Rixecker/Rixecker, § 125 VVG Rn. 1. 172  So aber Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel, § 17 ARB 2010 Rn. 15.

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fälle kann mit Blick auf den Wortlaut und das Regel-Ausnahme-Verhältnis173 des § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 sowie des § 17 Abs. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 kaum überzeugen. Ähnlich der Maßstäbe im Bereich der Prozesskostenhilfe ergibt sich die Zumutbarkeit der Verweisung auf eine Teilklage im Rahmen der Rechtsschutzversicherung stets aus einem Vergleich mit einer Partei, die nicht rechtsschutzversichert ist und keine Rücksicht auf unvermeidbare Prozesskosten nehmen muss.174 Dazu wurden im Bereich der Rechtsschutzversicherung bislang nur Einzelfälle entschieden und keine Grundsätze entwickelt.175 Dies soll im Folgenden geschehen, indem die prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte und Nachteile, die sich im Fall einer Teilklage offenbaren, untersucht werden. IV. Zusammenfassung Für eine Teilklage fallen im Vergleich zur entsprechenden Vollklage weniger Prozesskosten an. Daher kann eine Teilklagelast Inhalt des Mutwilligkeitsverbots gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO sein. Auch der Leistungsbeschreibung sowie den gesetzlichen und vertraglichen Schadensminderungsobliegenheiten in der Rechtsschutzversicherung könnte eine Verweisung auf die Teilklage zu entnehmen sein. Dafür muss die Erhebung einer Teilklage im Vergleich zur Vollklage eine gleichwertige Handlungsalternative darstellen. Dann würde auch ein Kläger, der weder Prozesskostenhilfe noch die Leistungen eines Rechtsschutzversicherers in Anspruch nimmt, nur Teilklage erheben. Dies soll im Folgenden untersucht werden.

173 Vgl. dazu Looschelders, VersR 2000, 23, 26 f.; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 505. 174 Allg. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13. 01. 1999 – 7 U 312/95, NVersZ 1999, 184, 186; OLG Hamm, Beschl. v. 17. 07. 1992 – 20 W 7/92, VersR 1993, 310; OLG Hamm, Urt. v. 12. 03. 1999 – 20 U 217/98, VersR 1999, 964, 965; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04. 07. 2002 – 12 U 69/02, VersR 2003, 58; Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 60; Langheid/Rixecker/Langheid, § 82 VVG Rn. 10; Lensing, VuR 2011, 290, 293 f.; Looschelders, VersR 2000, 23, 27; Obarowski, VersR‑Hdb, 32015, § 37 Rn. 505; Prölss/Martin/Voit, § 82 VVG Rn. 9. A. A. Prölss/ Martin/Armbrüster, § 17 ARB 2010 Rn. 17. 175 Nach Bauer, NJW 2003, 1491, 1494 unterliegt die Teilklageobliegenheit nach der Rechtsprechung „erstaunlich strenge[n] Voraussetzungen“.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile infolge der Beschränkung auf eine Teilklage Eine Rundschau wird zeigen, welche prozessualen und materiellrechtlichen Probleme sich infolge der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage ergeben und ob diese für das Rechtsschutzgesuch des Klägers nachteilig sind. Prozessuale Anknüpfungspunkte sind neben dem Streitgegenstand der Teilklage176 auch deren Streitwert.177 Dabei wird vom Regelfall einer Teilleistungsklage ausgegangen, der ein Zahlungsanspruch zugrunde liegt. Für auftretende Probleme sollen Lösungen entwickelt werden, die dem Justizgewährungsanspruch des Klägers sowie dem berechtigten Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler beziehungsweise der Versicherungsnehmer an einer Senkung von Prozesskosten gerecht werden. I.  Ordnungsgemäße Klageerhebung Eine Klage wird durch Zustellung der Klageschrift erhoben, vergleiche § 253 Abs. 1 ZPO. Die Bedeutung der Klageschrift zeigt sich schon darin, dass sie das Prozessrechtsverhältnis determiniert.178 Die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung.179 1. Grundlagen In der Klageschrift müssen gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Parteien und das Gericht sowie gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der Streitgegenstand genau bezeichnet werden. Nur so können die Angaben Inhalt eines stattgebenden Urteils gemäß § 313 Abs. 1 ZPO und damit Grundlage einer erfolgreichen Zwangsvollstreckung gemäß § 704 ZPO sein.180 Daneben dient § 253 Abs. 2 ZPO auch der Rechtssicherheit, indem dem Gericht eine eindeutige Entscheidungsgrundlage vorliegt und der Beklagte sich wirksam verteidigen kann.181

176 

Vgl. dazu oben S. 35. Vgl. dazu oben S. 36. 178 BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 32; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 253 Rn. 15; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 1; Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 1. 179  BGH, Urt. v. 13. 04. 1992 – II ZR 105/91, NJW 1992, 2099; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, Vorbemerkung zu § 253 Rn. 10; Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 1. 180  BGH, Urt. v. 24. 11. 1980 – II ZR 194/79, NJW 1981, 749; BGH, Urt. v. 14. 12. 1998 – II ZR 330/97, NJW 1999, 954; BGH, Urt. v. 29. 05. 2009 – V ZR 15/08, NJW 2009, 2528, 2529; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 253 Rn. 45; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 29; Stein/ Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 26. 181 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 253 Rn. 4; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 29. 177 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Die Erhebung einer Teilklage berührt dieses Problemfeld, da mit der Teilklage nur ein Teil eines weitergehenden materiellrechtlichen Anspruchs geltend gemacht wird. Der genaue Umfang des Streitgegenstands muss eindeutig bestimmt sein. Nur so wird deutlich, inwiefern ein bestimmter Sachverhalt der richterlichen Entscheidungsbefugnis unterbreitet wird, vergleiche § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO, und inwiefern die richterliche Entscheidung in Rechtskraft erwächst, vergleiche § 322 Abs. 1 ZPO. 2.  Analyse und Lösung der Probleme An die hinreichende Bestimmtheit des Streitgegenstands werden bei Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage besondere Anforderungen gestellt. Zur genaueren Betrachtung ist es erforderlich, zwischen Teilklagen im weiten und Teilklagen im engen Sinne zu differenzieren.182 a.  Teilklagen im weiten Sinne Der Gegenstand des Anspruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird im Regelfall bereits durch den Klageantrag gekennzeichnet.183 Bei Teilklagen im weiten Sinne erlangt der Begriff des Klagegegenstands eigenständige Bedeutung.184 Wird aus der Summe mehrerer materiellrechtlicher Ansprüche ein Teil geltend gemacht, so sind im Antrag nicht nur die begehrte Rechtsfolge und als Grund der Klage der Lebenssachverhalt zu bezeichnen. Darüber hinaus hat der Kläger auch anzugeben, woraus sich der geltend gemachte Betrag im Einzelnen zusammensetzt. aa.  Möglichkeiten der Individualisierung Dazu bieten sich zwei Wege an,185 die auch miteinander kombiniert werden können.186 Zum einen kann der Kläger die Klagesumme der Höhe nach auf182 

Zur Unterscheidung vgl. oben S. 23. §  253 Rn.  70; Habscheid, Streitgegenstand, 1956, S. 109–111. 184 Vgl. Wieczorek/Schütze/Assmann, §  253 ZPO Rn.  53, 55; MüKo-ZPO/BeckerEberhard, § 253 Rn. 71, 104; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 122; Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 28, wonach es sich entgegen verbreiteter Ansicht nicht um ein Problem der Bestimmtheit des Antrags handle. 185 Vgl. zum Folgenden RG, Urt. v. 13. 04. 1938 – II 194/37, RGZ 157, 321, 326; RG, Urt. v. 04. 07. 1938 – V 17/38, RGZ 158, 34, 36 f.; BGH, Urt. v. 03. 12. 1953 – III ZR 66/52, NJW 1954, 757; BGH, Urt. v. 08. 12. 1989 – V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069; BGH, Urt. v. 18. 11. 1993 – IX ZR 244/92, NJW 1994, 460, 461; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 55; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 55; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 253 Rn. 105; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 122 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 95 Rn. 23; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 253 ZPO Rn. 87; Kreft, 183 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard,



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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gliedern und die Teilbeträge den gleichrangig geltend gemachten Ansprüchen zuordnen. Das Gericht prüft jeden der Ansprüche dem Grunde nach und spricht dem Kläger im Erfolgsfall den jeweils individualisierten Teilbetrag zu. Bei fehlender Begründetheit einzelner Ansprüche wird die Teilklage im weiten Sinne zwar nur in der entsprechenden Höhe abgewiesen – dies aber auch dann, wenn die Klagesumme mit den nicht geltend gemachten Teilen anderer, begründeter Ansprüche hätte erreicht werden können. Zum anderen können die verschiedenen materiellrechtlichen Ansprüche auch in einer bestimmten Reihenfolge vollständig oder bis zu einer bestimmten Höhe der richterlichen Prüfung unterbreitet werden. Dabei handelt es sich um eine gestaffelte Geltendmachung im Verhältnis von Haupt- und Hilfsanträgen. Noch mehr als bei der zuvor geschilderten Variante müssen bei der Staffelung die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden.187 Dieser Weg dürfte sich zunächst aus Kostensicht anbieten, da die Hilfsanträge bei der Berechnung der Prozesskosten nur berücksichtigt werden, wenn über sie entschieden wird, vergleiche § 45 Abs. 1 S. 2 GKG. Zur Klageabweisung kommt es erst, wenn das Gericht auch die Unbegründetheit des zuletzt geltend gemachten Anspruchs bejaht. Insoweit erwächst die Entscheidung über jeden Anspruch bis zur Höhe der Klagesumme in Rechtskraft. Allerdings entscheidet das Gericht nicht über den Grund der Hilfsansprüche, wenn sich bereits der Hauptanspruch bis zur Höhe der Klagesumme als begründet erwiesen hat. bb. Kritik Insbesondere Pawlowski übte Kritik an diesem Bestimmtheitserfordernis als Prozessvoraussetzung von Teilklagen im weiten Sinne. So sei es für den Kläger nicht immer ersichtlich, wann mit Blick auf die kaum gefestigte Unterscheidung zwischen eigenständigen Ansprüchen und nur unselbständigen Rechnungsposten eines Anspruchs die Bestimmtheitserfordernisse für eine Teilklage im weiten Sinne gelten.188 Auch erfordere die oben beschriebene Aufteilung Angaben, die der Kläger bei ungeklärter Sachlage nicht machen könne.189 Außerdem sei schon der Maßstab der Beurteilung, ob eine hinreichend bestimmte Klage und im Fall eines stattgebenden Urteils eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung vorliege, falsch gewählt. Dies werde daran bemessen, ob sich auch ohne Individualisierung in der Klageschrift ein beDRiZ 1954, 186, 187; Thomas/Putzo/Reichold, § 253 ZPO Rn. 9; Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 29; H. Schuler, MDR 1954, 518, 520. 186  Kreft, DRiZ 1954, 186, 187. 187  Vgl. zu den Vor- und Nachteilen insbesondere dens., DRiZ 1954, 186, 187. 188  Pawlowski, ZZP 78 (1965), 307, 308 f.; ebenso Berg, JR 1967, 326, 327. 189  Pawlowski, ZZP 78 (1965), 307, 309; ebenso Berg, JR 1967, 326, 327.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

stimmter Streitgegenstand ermitteln lasse. Ausgerichtet sei diese Herleitung am zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff.190 Dies jedoch führe nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Vielmehr müsse das Kriterium der Prozessökonomie die Frage entscheiden, ob ein bestimmter Grad der Individualisierung der Angaben in der Klageschrift erforderlich sei. Dies komme nur in Betracht, wenn dadurch Folgeprozesse vermieden werden können.191 Ein Urteil, das einer nicht individualisierten Klage stattgebe, sei danach auch der materiellen Rechtskraft fähig, wenn sich dessen Inhalt durch Auslegung ermitteln lasse, etwa unter Anwendung des § 366 BGB.192 Aus dieser Norm ergebe sich zudem, dass der Anspruchsinhaber eine Leistung nicht nach seiner Wahl auf mehrere Ansprüche verteilen kann – demzufolge könne er auch nicht im Gerichtsverfahren dazu gezwungen sein.193 Eine solche Herleitung beruht letztlich auf einem Streitgegenstandsbegriff, der prozessuale und materielle Rechtsverhältnisse verknüpft.194 Sie wird mit der Aufgabe der Gerichte, das Verfahren effektiv zu gestalten,195 sowie dem Prinzip, fehlerhafte Staatsakte nicht ohne Weiteres für unwirksam oder nichtig zu erklären,196 begründet. An diesem Ansatz wurde verschiedentlich Kritik geübt. So lasse sich freilich durch Auslegung der Inhalt eines Urteils ermitteln. In Folgeprozessen über Restklagen führte dies zum unhaltbaren Ergebnis, dass das Gericht im zweiten Verfahren vor einer Entscheidung über die Restklage den Streitgegenstand der Entscheidung im ersten Verfahren ermitteln müsste. Dies sei nicht mit der Dispositionsmaxime vereinbar, wonach allein der Kläger den Streitgegenstand festzulegen hat.197 Auch aus § 366 BGB ließen sich keine weiteren Schlüsse ziehen, da die Vorschrift nur die Anrechnung einer Teilleistung betreffe, die bereits erfolgt sei. Über das Recht des Gläubigers, im Zeitraum vor der Leistung einen individualisierten Teil geltend zu machen, sage die Norm dagegen nichts aus.198 cc. Stellungnahme Die Auffassung Pawlowskis erlangt Relevanz, indem sie scheinbar auf ein generelles Erfordernis der Individualisierung verzichtet. Dies kann dem Kläger entgegenkommen, der sich den Anforderungen an die hinreichend bestimmte Abfassung der Klageschrift im Fall einer Teilklage im weiten Sinne überfordert 190 

Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 555 f. Pawlowski, ZZP 78 (1965), 307, 312, 316; Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 551 f. 192  Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 557. 193  Pawlowski, ZZP 78 (1965), 307, 315 f.; Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 577. 194  Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 576 f. 195  Ders., AcP 195 (1995), 548, 557. 196  Ders., AcP 195 (1995), 548, 559. 197  Berg, JR 1967, 326, 327 f. 198  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 126 f. 191 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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gegenübersieht und insofern einen Nachteil für sein Rechtsschutzgesuch fürchtet. Nach Pawlowski ist ein erhöhter Grad der Individualisierung der Klageschrift allenfalls erforderlich, wenn dadurch weitere Streitigkeiten vermieden werden können. Dabei scheint er jedoch außer Acht zu lassen, dass diese als Ausnahme formulierte Einschränkung im Fall von Teilklagen Bedeutung erlangt und daher sogar als Regelfall angesehen werden muss. Die möglichst weitgehende Klärung eines Streits ist eine essenzielle Zielsetzung der Teilklage. Nur dann kann der Gegner zur Einsicht gebracht und eine Restklage entbehrlich werden. Dies berührt auch die Interessen des Kostenhilferechts, sind doch die Prozesskosten für mehrere Teilklagen wegen der degressiven Gebührenstaffelung höher als für eine entsprechende Vollklage. Pawlowski weist selbst nach, dass im Fall eines individualisierten Streitgegenstands die Rechtskraftwirkung infolge der Aufteilung und Staffelung umfassender ist, sodass Folgeprozesse vermieden werden können.199 Ein Kläger, der nicht auf Kostenhilfe angewiesen ist, würde sich angesichts der Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagegegenstands nicht von der Erhebung einer Teilklage abbringen lassen: Diese Anforderungen erhöhen gerade seine Chancen, bereits mit einer Teilklage zur Durchsetzung des gesamten Anspruchs zu gelangen. Daher muss man mit der Ansicht Pawlowskis davon ausgehen, dass bei Teilklagen im weiten Sinne eine hinreichende Bestimmung des Streitgegenstands als Prozessvoraussetzung geboten ist. Allerdings zieht Pawlowski diese Schlussfolgerung nicht. Der Umfang der Rechtskrafterweiterung durch Individualisierung sei lediglich vom „Geschick des Klägers“ abhängig und insofern „zufällig“.200 Dabei verkennt er jedoch, dass diese Bestimmungshoheit keineswegs zufällig, sondern vom Gesetzgeber im Rahmen der Dispositionsmaxime gewollt ist: Der Kläger entscheidet, inwieweit er einen Sachverhalt der richterlichen Entscheidungsmacht unterwirft und in welchem Umfang ein Urteil in Rechtskraft erwachsen soll, vergleiche §§ 308 Abs. 1 S. 1, 322 Abs. 1 ZPO. Pawlowski wehrt sich dagegen, dass die Eindämmung von Folgeprozessen bereits die Individualisierung des Streitgegenstands gebieten soll.201 Das Gericht könne dies zwar anstreben, zur Prozessvoraussetzung sei dies aber nicht zu erheben: Das Beharren auf dieser Voraussetzung könne selbst zu einer Verlängerung oder Vermehrung von Prozessen führen.202 Gegen seine Schlussfolgerung muss das Argument der Sicherheit und Klarheit der Rechtslage ins Feld geführt werden. Diesen Zielen ist eher gedient, wenn bereits vorbeugend in Gestalt von formellen Prozessvoraussetzungen feststeht, was vom Kläger erwartet wird. Die 199 

Pawlowski, ZZP 78 (1965), 307, 312–314. Ders., ZZP 78 (1965), 307, 314. 201  Ders., ZZP 78 (1965), 307, 314. 202  Ders., ZZP 78 (1965), 307, 316 f. 200 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Ansicht Pawlowskis legt die hinreichende Individualisierung letztlich im Widerspruch zur Dispositionsmaxime in die Hand des Gerichts und riskiert damit Urteile, deren Inhalt sich im Nachgang nicht auslegen lässt. dd. Prozessrisikoanalyse Verstößt der Kläger gegen das Bestimmtheitserfordernis bei Teilklagen im weiten Sinne, so fehlt es an einer Prozessvoraussetzung. Die Teilklage ist wegen unzureichender Individualisierung des Streitgegenstands als unzulässig abzuweisen.203 Angesichts dieses Risikos ist fraglich, ob eine Partei ohne Weiteres nur einen Teilbetrag geltend machen würde, anstatt den gesamten Anspruch einzuklagen. Die Analyse des Prozessrisikos bliebe jedoch ohne eine genaue Betrachtung der Rechtsfolgen unvollständig. Für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und damit auch die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern den Schluss der mündlichen Verhandlung an.204 Eine Individualisierung kann zunächst unterlassen werden. In einem solchen Fall hat das Reichsgericht das klägerische Begehren so ausgelegt, dass jeder Anspruch gleichrangig geltend gemacht und die nähere Bestimmung des Klagegegenstands dem Gericht überlassen werde.205 Auch bei fehlender Individualisierung werden alle Ansprüche bis zur Höhe der Klagesumme rechtshängig.206 Gleichwohl solle das Gericht auf eine Individualisierung des Streitgegenstands hinwirken, da eine solche alternative Klagenhäufung ohne Klarstellung zumindest im Urteil Unsicherheiten berge.207 Dieser Ansicht schloss sich der Bundesgerichtshof an.208 Trotz fehlender Individualisierung könne zur Sache verhandelt werden, da das klägerische Begehren hinreichend deutlich werde.209 Im Laufe des Verfahrens kann der Mangel durch Nachholung, nicht aber durch Rügeverzicht gemäß § 295 Abs. 1 ZPO,210 geheilt werden.211 Die Heilung 203 BGH, Urt. v.  19. 06. 2000 – II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; BGH, Urt. v. 17. 07. 2008 – IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142, 3143; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 28; Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 15; Thomas/Putzo/Reichold, § 253 ZPO Rn. 9; Stein/ Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 28. 204  Vgl. MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, Vorbemerkung zu § 253 Rn. 16. 205  RG, Urt. v. 13. 04. 1938 – II 194/37, RGZ 157, 321, 326. 206  RG, Urt. v. 13. 04. 1938 – II 194/37, RGZ 157, 321, 331. 207  RG, Urt. v. 13. 04. 1938 – II 194/37, RGZ 157, 321, 326 f. 208  BGH, Urt. v. 03. 12. 1953 – III ZR 66/52, NJW 1954, 757; BGH, Urt. v. 13. 07. 1959 – III ZR 27/58, NJW 1959, 1819, 1820. 209  BGH, Urt. v. 13. 07. 1959 – III ZR 27/58, NJW 1959, 1819. 210 Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 62. 211 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, §  253 Rn. 184 f.; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 28; Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 253 ZPO Rn. 87.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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hat rückwirkende Kraft, da der Beklagte bereits bei Klageerhebung Kenntnis von allen Ansprüchen hatte und darüber hinaus nicht schutzwürdig ist.212 Erfolgt die Nachholung, so bleibt es bei der anfänglich bestehenden Rechtshängigkeit der nun hinreichend bestimmt geltend gemachten Teile. Im Übrigen entfällt die Rechtshängigkeit ex tunc.213 Die Hürden der Individualisierung sind damit nicht unüberwindbar. Die Nachholung kann auch konkludent und noch in der Rechtsmittelinstanz geschehen.214 Gemäß § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO ist das Gericht auch noch in der Rechtsmittelinstanz215 verpflichtet, dem Kläger einen Hinweis zu erteilen, wenn es das erforderliche Maß an Bestimmtheit als nicht gegeben erachtet.216 Die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Individualisierung dürften sich im Laufe der mündlichen Verhandlung auflösen. Angesichts der Möglichkeit der Nachholung ist das mit der Individualisierung verbundene Risiko begrenzt. ee. Ergebnis Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagegegenstands im Fall von Teilklagen im weiten Sinne sind sehr differenziert und stellen den Kläger in bestimmten Fällen vor Schwierigkeiten. Die Qualifizierung als Prozessvoraussetzung verschafft dem Gericht nicht nur eine gesicherte Entscheidungsgrundlage. Sie hilft auch Folgeprozesse zu vermeiden. Es liegt damit im eigenen Interesse des prozessökonomisch handelnden Klägers, den Streitgegenstand zu individualisieren. Die vielfältigen prozessualen Möglichkeiten des Klägers, eine hinreichende Individualisierung herbeizuführen, stellen keine unangemessenen Herausforderungen dar. Ein Kläger, der nicht auf Kostenhilfe angewiesen ist, würde sich allein wegen des Bestimmtheitserfordernisses nicht von der Er-

212 Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 61; ebenso Arens, ZZP 82 (1969), 143, 148 f., der damit seine frühere gegenteilige Auffassung (ders., JuS 1964, 395, 397) revidiert; a. A. mit Blick auf die Bedeutung einer wirksamen Klageerhebung für die Wahrung einer gesetzlichen Ausschlussfrist BGH, Urt. v. 29. 11. 1956 – III ZR 235/55, NJW 1957, 263, 264; für den Fall des Mahnbescheids vgl. BGH, Urt. v. 21. 10. 2008 – XI ZR 466/07, NJW 2009, 56, 56 f. 213 BGH, Urt. v.  13. 07. 1959 – III ZR 27/58, NJW 1959, 1819, 1820; BGH, Urt. v. 22. 05. 1984 – VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 91; Musielak/Voit/Foerste, § 253 ZPO Rn. 28; Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 15. 214 BGH, Urt. v.  08. 12. 1989 – V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069; BGH, Urt. v. 21. 11. 1996 – VII ZR 187/95, NJW 1997, 870; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 56; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 91.1; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 253 Rn. 110; Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 15; Pawlowski, AcP 195 (1995), 548, 552; Stein/ Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 28. 215  Piekenbrock, NJW 1999, 1360, 1364 Fn. 100. 216 MüKo-ZPO/Fritsche, § 139 Rn. 21; Stein/Jonas/Roth, § 253 ZPO Rn. 28; Musielak/ Voit/Stadler, § 139 ZPO Rn. 12.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

hebung einer Teilklage abschrecken lassen. Damit ist es im Bereich der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung dem Rechtsschutzsuchenden auch zumutbar, statt der Vollklage nur eine Teilklage zu erheben. b.  Teilklagen im engen Sinne Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat der Kläger in der Klageschrift sowohl den Antrag als auch den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt als Anspruchsgrund hinreichend zu bestimmen. Der Begriff des Gegenstands des Anspruchs erlangt neben dem Klageantrag keine eigenständige Bedeutung. Bei Teilklagen im engen Sinne stellt sich die Frage, ob und wie der eingeklagte Teil vom nicht geltend gemachten Anspruchsrest abzugrenzen ist. aa.  Offenlegung der Teilklage Je nachdem, wie genau der Kläger den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt in der Klageschrift schildert, wird überhaupt erst ersichtlich, ob er nur ein Teil eines Ganzen geltend macht (offene Teilklage). Er kann sich die Geltend­ machung weitergehender Anspruchsteile auch ausdrücklich vorbehalten. Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageerhebung zählt dies aber nicht. Dies folgt bereits aus der gesetzlichen Beschränkung der Rechtskraftwirkung auf den Streitgegenstand des jeweiligen Verfahrens gemäß § 322 Abs. 1 ZPO.217 Gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO darf das Gericht eine Entscheidung nur in dem Umfang treffen, in dem sie beantragt ist. Wurden Antrag und zugrunde liegender Lebenssachverhalt einer verdeckten Teilklage individualisiert, so ist auch ohne den Vorbehalt einer Nachforderung sichergestellt, dass das Gericht über eine hinreichende Entscheidungsgrundlage verfügt und zu einem Urteil mit vollstreckungsfähigem Inhalt finden kann. Der Zweck des Bestimmtheitserfordernisses gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auch bei verdeckten Teilklagen erfüllt. bb.  Individualisierung der offenen Teilklage Fraglich ist, ob das Bestimmtheitserfordernis gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erhöhte Anforderungen an die Abgrenzung des geltend gemachten Anspruchsteils stellt. Wird bei Teilklagen im engen Sinne ein Anspruchsteil durch qualitative Merkmale von den übrigen unterschieden (etwa bei individualisierten

217 BGH, Urt. v.  27.  02.  1961 – III ZR 16/60, NJW 1961, 917, 918; BGH, Urt. v. 09. 04. 1997 – IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 353. Ausführlich zur Rechtskraftwirkung bei Entscheidungen über Teilklagen vgl. unten S. 141 ff.



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Teilklagen218), so liegt bereits darin eine Individualisierung dieses Teils.219 Sie ist insofern hinreichend, als sich aus ihr der Umfang einer rechtskräftigen Entscheidung eindeutig ablesen lässt. Bei nicht individualisierten Teilklagen ist der geltend gemachte Anspruchsteil nur quantitativ im Verhältnis zum Gesamtanspruch bestimmbar. Werden etwa von 1.000 Euro nur 100 Euro geltend gemacht, so ist zunächst nicht ersichtlich, wie der Teilbetrag innerhalb des Gesamtanspruchs zu verorten ist. Dazu wird bisweilen vertreten, die bloße Bezifferung des geltend gemachten Teils genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht. Vielmehr müsse zumindest durch Auslegung der Wille des Klägers zutage treten, einen „ersten“220 Teilbetrag des weitergehenden materiellrechtlichen Anspruchs geltend zu machen. Nur so könne der Streitgegenstand dieser Klage von einer späteren Restklage unterschieden werden.221 Diesem Befund ist jedoch entgegenzutreten. Genau betrachtet handelt es sich bei der Bezeichnung des „ersten Teilbetrags“ nicht um eine Individualisierung gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, sondern allenfalls eine Beschreibung, die nicht Teil der Prozessvoraussetzung sein kann. Die Formulierung hat auch wenig Aussagekraft. Der geltend gemachte Teil muss weder hinsichtlich des Rangs222 noch der Reihenfolge innerhalb des Gesamtanspruchs223 der erste Teil sein. Bei nicht individualisierten Teilklagen kann der geltend gemachte Teil abgesehen von seiner Bezifferung gerade nicht weiter individualisiert werden. Bereits ein bezifferter Antrag und ein hinreichend umschriebener Lebenssachverhalt genügen dem Zweck des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. cc. Ergebnis Die Anforderungen an die hinreichend bestimmte Erhebung einer Teilklage im engen Sinne gehen nicht über die grundlegenden Erfordernisse gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinaus und unterscheiden sich damit nicht vom Individualisierungsaufwand bei Vollklagen. Allein wegen der Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung würde sich daher ein Kläger, der nicht auf Kostenhilfe angewiesen ist, nicht von der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage abbringen lassen. Auch unter diesem Aspekt ist daher eine entsprechende Verweisung im Kostenhilferecht nicht unzumutbar.

218 

Vgl. zu dieser Kategorie oben S. 25. H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 10 f. 220  Eckardt, Jura 1996, 624; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 26. 221  Eckardt, Jura 1996, 624, 624 f.; Wagner, Individualisierungsprobleme, 1972, S. 90 f. 222  So auch Kuhn, Teilklage, 1933, S. 27. 223  Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 448 f. lehnt die Auffassung, wonach sich Teile innerhalb einer Summe verorten ließen, ab. 219 

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3. Ergebnis Unter dem Gesichtspunkt der ordnungsgemäßen Klageerhebung wird die Rechtsverfolgung bei einer Teilklage im engen Sinne gar nicht, bei Teilklagen im weiten Sinne jedenfalls nicht unzumutbar erschwert. II.  Verbindung einer Stufenklage mit einer Teilklage Die Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wirft Probleme auf, wenn der Kläger die eingeforderte Leistung mangels näherer Informationen nicht genau bestimmen kann. Hat er zugleich einen Anspruch auf Erteilung dieser Informationen, bietet sich die Erhebung einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO an.224 1. Grundlagen Bei der Stufenklage wird eine Klage auf Erteilung von Informationen, die der Individualisierung einer weiteren Klage dienen sollen,225 zusammen mit dieser Klage erhoben.226 Die Verbindung der Klage auf Auskunft, Rechnungslegung oder Vorlage eines Vermögensverzeichnisses sowie einer weiteren Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und etwa einer anfangs unbezifferten Zahlungsklage oder nicht individualisierten Herausgabeklage zur Stufenklage227 ist Ausdruck der Prozessökonomie.228 Über die gestuften Anträge wird gesondert verhandelt und durch Teilurteil entschieden.229 Bereits zu Beginn wird jeder der Streitgegenstände rechtshängig und damit die Verjährung etwa 224  Zur Ausnahme vom Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vgl. BGH, Urt. v. 03. 07. 2003 – III ZR 109/02, NJW 2003, 2748; Assmann, Stufenklage, 1990, S. 8 f.; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 1; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 1; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 1. 225 Zum Zusammenhang zwischen Auskunfts- und Leistungsantrag vgl. BeckOK‑ZPO/ Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 4; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 7; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 2. 226  Es handelt sich dabei um eine objektive Klagenhäufung, vgl. BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 1. Ob dafür die Voraussetzungen gem. § 260 ZPO vorliegen müssen, ist umstritten: dafür Assmann, Stufenklage, 1990, S. 12–15; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 254 ZPO Rn. 5; anscheinend auch BGH, Urt. v. 26. 05. 1994 – IX ZR 39/93, NJW 1994, 3102, 3103; dagegen MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 6; Musielak/Voit/Foerste, § 254 ZPO Rn. 3; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 1. 227 Zur „Statthaftigkeit“ der dreiteiligen Stufenklage vgl. Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 7 f.; abl. Assmann, Stufenklage, 1990, S. 55–63. 228 Vgl. MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 2; Musielak/Voit/Foerste, § 254 ZPO Rn. 1; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 1. 229  BGH, Urt. v. 21. 02. 1991 – III ZR 169/88, NJW 1991, 1893; BGH, Urt. v. 16. 06. 2010 – VIII ZR 62/09, NJW‑RR 2011, 189, 191; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 17; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 20 f.; Musielak/Voit/Foerste, § 254 ZPO Rn. 4; Stein/ Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 9, 21.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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des Zahlungs- oder Herausgabeanspruchs trotz fehlender Individualisierung der entsprechenden Klage gehemmt.230 Besteht die beschriebene Unsicherheit nicht hinsichtlich des gesamten Anspruchsumfangs, sondern nur eines Teils, so kann die Stufenklage auf diesen unbestimmten Teil beschränkt werden. Den hinreichend individualisierten Rest kann der Kläger im Rahmen einer Teilklage geltend machen.231 Fraglich ist, ob mit einer solchen objektiven Klagenhäufung Vor- oder Nachteile einhergehen. 2.  Analyse und Lösung der Probleme a.  Interesse des Klägers an effektiver Rechtsdurchsetzung Zunächst erscheint es aus der Warte des Klägers erstrebenswert, nicht den gesamten Anspruch im Wege der Stufenklage geltend zu machen. Das über bis zu drei eigenständige Stadien gestreckte Verfahren kann unter Berücksichtigung der Rechtsmittelfähigkeit der einzelnen Teilurteile232 viel Zeit in Anspruch nehmen. Mit der Erhebung einer Teilklage besteht die Möglichkeit, zumindest hinsichtlich eines schon zu Verfahrensbeginn hinreichend bestimmten Anspruchsteils zeitnah befriedigt zu werden. Das Ziel zügiger Rechtsdurchsetzung wird konterkariert, wenn dem bezifferbaren Teil Einwendungen des Beklagten entgegenstehen.233 Im Fall der Beweisnot muss der Kläger ein klageabweisendes Urteil hinnehmen, dessen Rechtskraft einer erneuten Geltendmachung dieses Teils (wenn sich später im Verfahren über die Stufenklage anhand der Vermögensauskunft oder Rechnungslegung herausstellt, dass auch dieser Teil noch hätte bewiesen werden können234) entgegensteht. Die Verbindung einer Teilklage und einer Stufenklage kommt daher allenfalls in Betracht, wenn der bezifferte Anspruchsteil unbestritten ist und der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Teilklage obsiegen wird. b.  Berücksichtigung des Prozesskostenrisikos Maßgeblich für die Bewertung der Teilklage ist auch, wie sich die Prozesskosten unterscheiden, wenn ein Anspruch einerseits allein im Wege der Stufenklage,

230 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, §  254 Rn. 3, 19; Musielak/Voit/Foerste, § 254 ZPO Rn. 1; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 19. 231  BGH, Urt. v. 26. 04. 1989 – IVb ZR 48/88, NJW 1989, 2821; BGH, Urt. v. 25. 09. 2002 – XII ZR 55/00, NJW‑RR 2003, 68; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 16; MüKoZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 18; H. Schuler, MDR 1954, 518, 520. 232  Assmann, Stufenklage, 1990, S. 99 f.; Stein/Jonas/Roth, § 254 ZPO Rn. 36. 233 Vgl. Tanck, ZErb 2006, 302. Vgl. zu materiellrechtlichen Gegenrechten des Beklagten unten S. 195 ff. 234  Vgl. dazu H. Schuler, MDR 1954, 518, 520.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

andererseits mittels einer Verbindung von Stufenklage und Teilklage geltend gemacht wird. aa.  Prozesskosten der Stufenklage Obgleich es sich bei der Stufenklage um eine objektive Klagenhäufung handelt, werden die Gebührenstreitwerte der einzelnen Klagen entgegen § 39 Abs. 1 GKG nicht zusammengerechnet. Dies wird generell unter Verweis auf die wirtschaftliche Identität der in einer Stufenklage verbundenen Ansprüche gerechtfertigt.235 Im Übrigen habe der Kläger nur an der Leistung ein besonderes Interesse; die anderen Anträge dienten deren Vorbereitung.236 Eine von § 39 Abs. 1 GKG a. E. vorgesehene Spezialregelung findet sich in § 44 GKG. Danach bemisst sich der Gebührenstreitwert bei Stufenklagen nach dem werthöchsten der Streitgegenstände – in der Regel ist dies der Streitgegenstand der Leistungsklage.237 Dieser ist gemäß § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG zu schätzen. Aufgrund der Verweisung gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG gelten diese Grundsätze nicht nur für den Gebührenstreitwert als Grundlage der Gerichtskosten, sondern auch für die Ermittlung des Gegenstandswerts als Grundlage der Rechtsanwaltskosten. Für die Ermittlung der Prozesskosten anhand des Streitwerts des Leistungsantrags kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Antragstellung an, vergleiche § 40 GKG. Somit ist es für die bereits entstandenen Gerichts- sowie anwaltlichen Verfahrensgebühren238 ohne Relevanz, wenn der Leistungsantrag später niedriger beziffert oder über ihn gar nicht mehr verhandelt und entschieden wird.239 Wird der Leistungsantrag im Laufe des Verfahrens jedoch höher beziffert, so ist der Gebührenstreitwert daran anzupassen.240 235 Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann/Dörndorfer, §  44 GKG Rn.  1  f.; BeckOK‑ Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 44 GKG Rn. 2. 236  Hartmann, in: Kostengesetze, 472017, § 44 GKG Rn. 2; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 21. 237 Vgl. zur Ermittlung der Streitwerte der einzelnen Anträge im Verhältnis zum Leistungsantrag Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann/Dörndorfer, § 44 GKG Rn. 3 f.; Hartmann, in: Kostengesetze, 472017, § 44 GKG Rn. 5 f.; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029, 5071–5078; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 24; BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 44 GKG Rn. 11 f. 238 Für die Terminsgebühr vgl. dagegen Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029, 5066–5070. 239  OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22. 10. 2008 – 12 W 72/08, ZEV 2009, 40; OLG Schleswig, Beschl. v. 26. 08. 2014 – 3 W 72/14, MDR 2014, 1345; OLG Stuttgart, Beschl. v. 06. 11. 2007 – 8 W 444/07, FamRZ 2008, 533; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 34; Musielak/Voit/ Heinrich, § 3 ZPO Rn. 34; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029, 5055–5060, 5091; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 21; BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 44 GKG Rn. 7, 13. 240 BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 254 Rn. 32; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 254 Rn. 34; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029, 5091; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 22;



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Die Prozesskosten für eine Stufenklage, vor allem Gerichtsgebühren gemäß Nr. 1210 KV in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG und anwaltliche Verfahrensgebühren gemäß Nr. 3100 VV in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, ergeben sich damit allein aus dem bei Klageeinreichung geschätzten Gebührenstreitwert und Gegenstandswert des Leistungsantrags. bb.  Prozesskosten der Verbindung von Stufen- und Teilklage Werden eine Stufenklage sowie eine Teilklage über einen bereits individualisierten Teil des Anspruchs miteinander verbunden, so sind zur Ermittlung der Prozesskosten gemäß § 39 Abs. 1 GKG (in Verbindung mit § 23 Abs. 1 S. 1 RVG, vergleiche aber auch § 22 Abs. 1 RVG) die Gebührenstreitwerte und Gegenstandswerte für den Leistungsantrag der Stufenklage sowie die Teilklage zu addieren.241 Die Bestimmung von Gegenständen aus kostenrechtlicher Sicht und die Addition ihrer Werte gemäß § 39 Abs. 1 GKG folgt wirtschaftlichen Aspekten.242 Liegen verschiedene Streitgegenstände vor, die wirtschaftlich identisch sind, so sollen sie für die Ermittlung des Gebührenstreitwerts nicht zusammengerechnet werden.243 Eine Addition mehrerer Streitgegenstände hat nur bei einem entsprechend gesteigerten wirtschaftlichen Interesse zu erfolgen.244 Eine Teilklage und eine Stufenklage zur Geltendmachung eines einheitlichen Anspruchs können nicht als wirtschaftlich identisch betrachtet werden. Keiner der Anträge ist aus wirtschaftlicher Sicht im jeweils anderen enthalten.245 Sie betreffen verschiedene Teile eines Anspruchs und haben eine wirtschaftlich eigenständige Bedeutung. Aus diesem Grund kommt bei der Verbindung von Stufenklage und Teilklage ein Additionsverbot, wie es unter den verschiedenen Anträgen der Stufenklage besteht, nicht in Betracht.

BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 44 GKG Rn. 14; a. A. ohne nähere Ausführung Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 34. 241 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 29. 11. 1994 – 22 W 41/94, MDR 1995, 207; KG, Beschl. v. 19. 01. 1973 – 1 AR 29/72, RPfleger 1973, 226; Hartmann, in: Kostengesetze, 472017, § 44 GKG Rn. 11; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 5029, 5062; D. Meyer, in: GKG/FamGKG, 152015, § 44 GKG Rn. 8; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 21, 23; BeckOK‑ Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 44 GKG Rn. 16. 242  Vgl. dazu BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 39 GKG Rn. 16. 243 Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann/Dörndorfer, § 39 GKG Rn. 2; BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 39 GKG Rn. 17. Vgl. grundlegend zum Additionsverbot am Beispiel des § 5 ZPO Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 8–18. Die Erwägungen des § 5 ZPO können grundsätzlich auch i. R. d. § 39 GKG herangezogen werden, vgl. Hartmann, in: Kostengesetze, 472017, § 39 GKG Rn. 3. 244 BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 39 GKG Rn. 15, 17. 245  Vgl. zu diesem Gedanken Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 12.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

cc. Ergebnis Aus kostenrechtlicher Sicht besteht zwischen den geschilderten prozessualen Wegen kein Unterschied. Bei einer reinen Stufenklage bemessen sich die Kosten am Wert des Leistungsantrags. Maßgeblich ist eine Schätzung des zugrunde liegenden Anspruchs. Die gleiche Anspruchshöhe ergibt sich bei der Aufteilung des Anspruchs auf eine Stufenklage und eine Teilklage und der Addition der jeweiligen Streitgegenstände – solange diese beiden Klagen im Rahmen eines Verfahrens objektiv gehäuft werden. Bei getrennten Verfahren würden die Prozesskosten wegen der Gebührendegression höher ausfallen.246 Zur Beurteilung des Prozesskostenrisikos ist noch oben getroffene Feststellung zu berücksichtigen: Angesichts des Interesses des Klägers an effektiver Rechtsdurchsetzung sollte eine Teilklage nur dann neben der Stufenklage erhoben werden, wenn der geltend gemachte Anspruchsteil voraussichtlich unbestritten bleibt und ihm keine Einwendungen entgegenstehen. In einem solchen Fall muss der Kläger hinsichtlich der Teilklage kein Kostenrisiko scheuen, da er mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird. Ein ernst zu nehmendes Prozesskostenrisiko besteht dann nur hinsichtlich der Stufenklage, mit der der Rest des Anspruchs geltend gemacht wird. Indem damit aber nicht mehr der gesamte Anspruch geltend gemacht wird, fallen die Prozesskosten geringer aus. Freilich ist das Kostenrisiko hinsichtlich des aussichtsreichen Anspruchsteils auch dann zu vernachlässigen, wenn er nicht im Wege der Teilklage, sondern ebenfalls im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht wird. Die Teilklage ermöglicht aber eine zügigere Durchsetzung. 3. Ergebnis Wenn ein aussichtsreicher Teil des Anspruchs bereits beziffert werden kann, ist die Verbindung einer Stufenklage mit einer Teilklage für den Kläger vorzugswürdig. Zum einen kann er zumindest hinsichtlich dieses Anspruchsteils zeitnah befriedigt werden. Zum anderen ergibt sich dadurch jedenfalls kein höheres Prozesskostenrisiko. III.  Wirkungen der Rechtshängigkeit 1. Grundlagen Wesen und Zwecksetzung des Instituts der Rechtshängigkeit wurden bereits erörtert.247 Diese Erwägungen werden auch im Folgenden relevant.

246  247 

Vgl. dazu auch BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 39 GKG Rn. 15. Vgl. dazu oben S. 48 ff.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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2.  Analyse und Lösung der Probleme Infolge der Beschränkung auf eine Teilklage können sich Nachteile hinsichtlich des Umfangs der Verjährungshemmung (a.) sowie der Wahrung von Ausschlussfristen (b.) ergeben. a.  Umfang der Verjährungshemmung In materiellrechtlicher Hinsicht bewirkt der Eintritt der Rechtshängigkeit die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.248 Im Folgenden ist vor dem Hintergrund der Untersuchungen zur Reichweite der Rechtshängigkeit bei Teilklagen249 die Frage zu klären, inwieweit dadurch die Verjährung des zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruchs gehemmt wird. aa. Meinungsstand Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist die Hemmung der Verjährung an die „Erhebung der Klage“ und deren Streitgegenstand geknüpft.250 Sie erfolge grundsätzlich im gleichen Umfang wie die Rechtshängigkeit. Mit der Erhebung einer Teilklage werde nur die Verjährung des eingeklagten Anspruchsteils gehemmt.251 Dies gelte sowohl für die verdeckte252 als auch die offene253 Teilklage, bei der anhand von Tatsachen der gesamte Anspruch dargelegt wird. Die Einrede der Verjährung stehe dem anfangs nicht eingeklagten Anspruchsrest nach Ablauf 248  § 209 Abs. 1 BGB a. F. sah bis zu seinem Außerkrafttreten im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung statt der Hemmung eine Unterbrechung der Verjährung vor. Die entsprechende Literatur und Rechtsprechung kann bei den folgenden Erörterungen aber sinngemäß herangezogen werden. 249  Vgl. dazu oben S.  47 ff. 250  BGH, Urt. v. 03. 11. 1987 – VI ZR 176/87, NJW 1988, 965, 966; Staudinger/Peters/ Jacoby, § 204 BGB Rn. 13. 251  RG, Urt. v. 24. 03. 1904 – VI 460/03, RGZ 57, 372, 373; RG, Urt. v. 10. 10. 1907 – VI 16/07, RGZ 66, 365, 366; BGH, Urt. v. 19. 11. 1987 – VII ZR 189/86, NJW‑RR 1988, 692, 693; BGH, Urt. v. 17. 02. 2006 – V ZR 236/03, NJW‑RR 2006, 736, 738; Wieczorek/Schütze/ Assmann, § 262 ZPO Rn. 21; BeckOK‑ZPO/Bacher, 15. 09. 2017, § 253 Rn. 54; MüKo-ZPO/ Becker-Eberhard, § 262 Rn. 7; Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 474; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 98 Rn. 36; MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 15; BeckOK‑ BGB/Henrich, 15. 06. 2017, § 204 Rn. 18; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 36; Staudinger/Peters/ Jacoby, § 204 BGB Rn. 17; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 15. 252 BGH, Urt. v. 02. 05. 2002 – III ZR 135/01, NJW 2002, 2167, 2167 f.; BGH, Urt. v. 11. 03. 2009 – IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1951; BGH, Urt. v. 08. 01. 2014 – XII ZR 12/13, NJW 2014, 920, 922; BeckOK‑BGB/Henrich, 15. 06. 2017, § 204 Rn. 18; Staudinger/ Peters/Jacoby, § 204 BGB Rn. 17. 253  BGH, Urt. v. 27. 06. 2001 – IV ZR 130/00, NJW‑RR 2001, 1244, 1245; MüKo-ZPO/ Becker-Eberhard, § 262 Rn. 7; MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 15; BeckOK‑BGB/Henrich, 15. 06. 2017, § 204 Rn. 18; Staudinger/Peters/Jacoby, § 204 BGB Rn. 17.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

der Verjährungsfrist auch bei nachträglicher Erweiterung der Teilklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO entgegen.254 Für die beschränkte Reichweite der Verjährungshemmung sprechen auch Risikoerwägungen: Wenn der Kläger nur einen Teil seines Anspruchs gerichtlich geltend macht, soll sich der Beklagte nicht hinsichtlich des Anspruchsrests auf eine Verteidigung noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen müssen.255 Ein weiterer Umfang der Verjährungshemmung wurde allenfalls für Ausnahmen erwogen,256 wofür etwa bloße Beweisschwierigkeiten nicht ausreichen.257 Auch könne zwar mit einer Teilklage eine Ausschlussfrist hinsichtlich des gesamten Anspruchs gewahrt werden,258 dieses Prinzip lasse sich aber nicht auf die Verjährungsfrist übertragen.259 bb.  Stellungnahme und Problemaufriss Der Beschränkung der Verjährungshemmung auf den eingeklagten Teil lassen sich angesichts der Erörterung zur Reichweite der Rechtshängigkeit keine stichhaltigen Argumente entgegensetzen. Insbesondere muss sich die Reichweite der Verjährungshemmung an der Warnfunktion der Klageerhebung bemessen. Bei einer Ausweitung auf den nicht eingeklagten Teil würde der Kläger gerade im Fall verdeckter Teilklagen übermäßig bevorzugt. Einer Übertragung der Grundsätze zur Wahrung von Ausschlussfristen mittels einer Teilklage steht die mangelnde Vergleichbarkeit entgegen: Ausschlussfristen schaffen mittelfristigen Schutz und Planungssicherheit,260 im Fall einer Verjährungsfrist dagegen ist dem Beklagten an langfristigem Schutz gelegen. Für den Kläger ist die begrenzte Wirkung der Verjährungshemmung bei Teilklagen problematisch. Im Fall der Verjährung des nicht geltend gemachten An254  RG, Urt. v. 25. 03. 1907 – VI 276/06, RGZ 65, 398, 398 f.; MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 15. Anders ursprünglich Rehbein, Bürgerliches Gesetzbuch, 1899, S. 319, der bei einer Teilklage eine Feststellungsklage hinsichtlich des Restanspruchs annimmt; krit. dazu H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 15. A. A. Zeuner, FS Henckel, 1995, S. 939, 952 f.; Zeuner, JR 2003, 247, 247 f., wonach die Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO ohne Weiteres zulässig sei, weil die Verteidigung dadurch nicht unzumutbar erschwert werde – insofern sei es widersprüchlich, einen unnötigen Schutz im Wege der Verjährung zu schaffen. Zust. Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 350 f. 255  Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 47. Vgl. zur Bedeutung für die Rechtssicherheit auch BGH, Urt. v. 11. 03. 2009 – IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1951 f.; MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 15. 256  Vgl. etwa Volk, DB 1950, 581 in Anbetracht der Nachkriegsverhältnisse. 257  BGH, Urt. v. 11. 03. 2009 – IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1951. 258  Ausführlich dazu vgl. unten S. 139 ff. 259  BGH, Urt. v. 27. 11. 1958 – II ZR 90/57, VersR 1959, 22, 23; BGH, Urt. v. 11. 03. 2009 – IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1952; Kessal-Wulf, r + s 2010, 353, 359. A. A. Zeuner, FS Henckel, 1995, S. 939, 953 f., der für eine Differenzierung zwischen Klage- und Verjährungsfristen keine sachliche Veranlassung sieht. 260  Vgl. dazu unten S. 140.



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spruchsteils droht eine Entwertung seiner Rechtsposition. Somit stellt sich die Frage, ob eine Verjährungshemmung auch hinsichtlich des nicht eingeklagten Teils herbeigeführt werden kann. In Betracht kommen die Erhebung einer Feststellungsklage oder die Zustellung eines Mahnbescheids261 hinsichtlich des nicht eingeklagten Anspruchsteils, vergleiche § 204 Abs. 1 Nr. 1, 3 BGB. Allerdings entstehen dadurch vermeidbare Prozesskosten. cc.  Entwicklung eines prozessualen Lösungsvorschlags Im Folgenden soll ein prozessualer Lösungsvorschlag entwickelt werden, der im Fall der Teilklage die Wirkungen der Rechtshängigkeit über den zunächst eingeklagten Teil hinaus erweitert und eine Verjährungshemmung auch hinsichtlich des Anspruchsrests eintreten lässt. (1) Grundsatz Dazu wird ein Hauptantrag auf Verurteilung zur Zahlung eines Teils des Anspruchs gestellt. Unter der Bedingung des Erfolgs des Hauptantrags wird ein Antrag auf Verurteilung zur Zahlung des Anspruchsrests gestellt. Diese Verknüpfung von Haupt- und Hilfsantrag wird als „unechte“ oder „uneigentliche“ Eventualklagenhäufung bezeichnet.262 Die eventuelle Klagenhäufung ist nicht eigenständig in der ZPO geregelt, aber als Instrument der Prozessökonomie anerkannt.263 Sie ist zulässig, wenn Haupt- und Hilfsanspruch auf ein rechtlich oder wirtschaftlich zumindest gleichartiges Ziel gerichtet sind.264 Jedenfalls einer der Anträge muss unbedingt gestellt sein, da andernfalls keine gesicherte Entscheidungsgrundlage besteht.265 Die Bedingung muss innerprozessualer Natur sein. Die Klageerhebung darf nur vom Schicksal einer innerhalb des Gerichtsverfahrens vorgenommenen Parteihandlung abhängen.266 Diese Voraussetzungen sind bei der vorgestellten Variante mit Teilklagen erfüllt. Die unechte Eventualklagenhäufung knüpft die richterliche Entscheidungsbefugnis267 über den Hilfsantrag an den Erfolg des Hauptantrags. Auch diese in der Praxis eher seltene Variante wird unter Berück261  Vgl. dazu Haunschild, AnwBl 1998, 509, 510–512; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 628; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1626. 262 Zur Verbreitung und Hinterfragung dieser Terminologie vgl. MüKo-ZPO/BeckerEberhard, § 260 Rn. 16. 263  Merle, ZZP 83 (1970), 436, 438 f.; Stein/Jonas/Roth, § 260 ZPO Rn. 12. 264 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, §  260 Rn.  12; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 97 Rn. 20; krit. Merle, ZZP 83 (1970), 436, 439–441. 265  Vgl. Stein/Jonas/Roth, § 260 ZPO Rn. 12. 266  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 65 Rn. 25. 267  Vgl. dazu Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 806.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

sichtigung gesetzlich geregelter Einzelfälle, vergleiche etwa § 510b ZPO, und aus Gründen der Prozessökonomie als zulässig erachtet.268 Zu untersuchen ist, ob die unechte Eventualklagenhäufung auch zulässig ist, wenn Haupt- und Hilfsantrag nur verschiedene Teile eines materiellrechtlichen Anspruchs betreffen. Aufgrund der gleichen materiellrechtlichen Grundlage ist von der rechtlichen und wirtschaftlichen Gleichartigkeit auszugehen. Nach einer Ansicht soll es sich hierbei nicht um eine Klagenhäufung handeln, da nur ein einheitlicher, kumulativ aufgeteilter Streitgegenstand vorliege.269 Der Begriff des Streitgegenstands ist aber unabhängig vom Anspruch des materiellen Rechts. Teilklagen, die einem materiellrechtlichen Anspruch entspringen, stellen verschiedene Streitgegenstände dar. Es kann keinen Unterschied machen, ob sie neben- oder nacheinander erhoben werden. Eine die Teilklagen verbindende Bedingung wurde bisweilen für unzulässig befunden, da es widersprüchlich sei, einen Anspruch nur in Teilen gerichtlich geltend machen zu wollen und die entsprechenden Teilklagen gleichwohl im selben Verfahren zu erheben.270 Es bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis für ein solches Vorgehen, mit dem der Kläger sein Kostenrisiko minimieren will, ohne die mit einer Teilklage verbundenen Nachteile der beschränkten Rechtshängigkeitswirkung in Kauf zu nehmen.271 Außerdem habe der Beklagte diese Möglichkeit der Kostenbegrenzung nicht.272 Diese Einwände wurden jedoch überzeugend widerlegt: Der Kläger darf dem Gericht eine Prüfungsreihenfolge vorgeben, indem er Teilklagen aus einem materiellrechtlichen Anspruch nacheinander erhebt. Dies soll auch möglich sein, wenn er die Teilklagen im gleichen Verfahren erhebt.273 Zudem verhält sich der Kläger nicht widersprüchlich. Dem Beklagten wird mit dieser Vorgehensweise deutlich gemacht, dass beide Teilklagen rechtshängig werden und der Kläger eine bestimmte Prüfungsreihenfolge wünscht.274 Da Teilklagen grundsätzlich zulässig sind, kann es dem Kläger nicht verwehrt werden, die damit verbundenen Kostenvorteile in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch, wenn er mit der ebenfalls zulässigen unechten Eventualklagenhäufung in den Genuss weiterer Vorteile kommt. Auch hier kann es 268 

BAG, Urt. v. 26. 11. 1964 – 5 AZR 48/64, NJW 1965, 1042; BGH, Urt. v. 18. 04. 1986 – V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2821; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 260 Rn. 16; Stein/Jonas/ Roth, § 260 ZPO Rn. 21; a. A. G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2123 f. 269  G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2124; Wendtland, Verbindung von Haupt- und Hilfsantrag, 2001, S. 55 f. 270  G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2124; MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 260 Rn. 19 gelangt ohne weitere Begründung zum gleichen Ergebnis. 271  G. Lüke/Kerwer, NJW 1996, 2121, 2125. 272  Vgl. Musielak/Voit/Foerste, § 260 ZPO Rn. 9 unter (nicht konkretisiertem) Verweis auf Henckel. 273 Vgl. Hipke, Unechte Eventualklagenhäufung, 2003, S. 363; Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 807. 274 Vgl. Hipke, Unechte Eventualklagenhäufung, 2003, S. 364 f.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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keinen Unterschied machen, ob der Kläger den von der Teilklage nicht erfassten Anspruchsrest im gleichen Verfahren oder in einem Folgeverfahren geltend macht.275 Es ist nicht ersichtlich, warum die Kombination beider Institute unzulässig sein soll, nur weil der Kläger daraus prozessuale Vorteile zieht.276 Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten geht damit jedenfalls nicht einher. Er kann sich mit der negativen Feststellungseventualwiderklage effektiv verteidigen.277 Die Prozesskosten für diesen Lösungsweg fallen auch nicht höher aus als bei der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage. Zur Berechnung des Gebührenstreitwerts278 bei der Eventualklagenhäufung werden die Streitwerte von Haupt- und Hilfsanspruch gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG nur addiert, soweit nach Eintritt der Bedingung über den Hilfsantrag auch entschieden wird. Teilklagen aus einem materiellrechtlichen Anspruch betreffen nicht denselben Gegenstand gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG. Dafür kommt es weder auf den prozessrechtlichen Streitgegenstandsbegriff noch den materiellrechtlichen Anspruch an. Maßgeblich ist ein eigenständiger kostenrechtlicher Gegenstandsbegriff, wonach zu fragen ist, ob die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind oder es zu einer wirtschaftlichen Häufung kommt.279 Identisch sind sie dann, wenn sie sich gegenseitig ausschließen.280 Dies ist bei Teilklagen nicht der Fall. (2) Problemlösung Damit bleibt zu betrachten, inwiefern die unechte Eventualklagenhäufung bei Teilklagen den hier berührten Interessen gerecht wird. Mit Klageerhebung werden ungeachtet der Bedingung der Streitgegenstand des Hauptantrags und des Hilfsantrags281 rechtshängig. Damit tritt auch die Verjährungshemmung hinsichtlich des gesamten materiellrechtlichen Anspruchs ein. 275 Vgl.

Gerhardt, ZZP 114 (2001), 246, 247; Stein/Jonas/Roth, § 260 ZPO Rn. 21. Vgl. auch Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 808. 277 Vgl. zu diesen Zusammenhängen Hipke, Unechte Eventualklagenhäufung, 2003, S. 366–369. 278 Die im Folgenden aufgezeigten Grundsätze gelten gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG entsprechend für die Berechnung des Gegenstandswerts i. R. d. Rechtsanwaltsgebühren. 279  BGH, Beschl. v. 06. 10. 2004 – IV ZR 287/03, NJW‑RR 2005, 506 für den Fall von Klage und Widerklage; BeckOK‑Kostenrecht/Schindler, 15. 08. 2017, § 45 GKG Rn. 12 für den Fall der Widerklage. 280  RG, Beschl. v. 25. 09. 1934 – III B 11/34; RGZ 145, 164, 166 für den Fall wechselseitig eingelegter Rechtsmittel; BGH, Beschl. v. 27. 02. 2003 – III ZR 115/02, NJW‑RR 2003, 713; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 3082, 3098; D. Meyer, in: GKG/FamGKG, 152015, § 45 GKG Rn. 12. 281 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, § 260 Rn. 11; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 97 Rn. 20; Merle, ZZP 83 (1970), 436, 442; Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 805 f. 276 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags ist auflösend bedingt. Falls der Hauptantrag abgewiesen wird, entfällt die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags rückwirkend.282 Fraglich ist, wie sich dies auf die Hemmung der Verjährung des Anspruchsrests auswirkt. Zur früheren Rechtslage wurde unter entsprechender Anwendung des § 212 Abs. 1 BGB a. F. angenommen, dass dann auch die Unterbrechung der Verjährung als nicht erfolgt gilt und mittlerweile die Verjährungsfrist abgelaufen sein konnte.283 Nunmehr endet gemäß § 204 Abs. 2 S. 1 BGB auch die verjährungshemmende Wirkung des Hilfsantrags erst sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung über den Hauptantrag.284 Damit verbleibt dem Kläger ein angemessener Zeitraum, in dem er entscheiden kann, wie er bei Abweisung des Hauptantrags weiter mit dem Anspruchsrest verfährt. dd.  Entwicklung eines vertraglichen Lösungsvorschlags In Betracht kommt daneben auch ein „Verjährungsverzicht“285 zwischen den Parteien des Prozesses. Dies bedarf einer genauen dogmatischen Einordnung. Der Unterbindung der Verjährung des nicht eingeklagten Anspruchsteils könnte zunächst die Vereinbarung eines Leistungsverweigerungsrechts gemäß § 205 BGB dienen. Dabei handelt es sich regelmäßig um eine Stundung oder ein pactum de non petendo.286 Die Vereinbarung hat materiellrechtlichen Charakter.287 Eines gesonderten Leistungsverweigerungsrechts bedarf es aber gar nicht, um zur gewünschten Wirkung zu gelangen. Bereits gemäß § 202 Abs. 2 BGB kann die Verjährung erschwert werden. Dies ist unter zwei Gesichtspunkten denkbar.288 Zunächst kommt eine Abrede über die Verlängerung der Verjährungsfrist in Betracht.289 Eine derart starke Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben kann dem Parteiwillen in der Regel nicht entnommen werden. Interessengerechter erscheint eine Vereinbarung, wonach sich der Anspruchsgegner innerhalb einer bestimmten Frist nicht auf die Einrede der Verjährung berufen 282  Baumgärtel, Prozesshandlung, 1957, S.  138; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 97 Rn. 20; Kion, Eventualverhältnisse, 1971, S. 157–159; Wendtland, Verbindung von Haupt- und Hilfsantrag, 2001, S. 72 f. 283 Vgl. BGH, Urt. v. 17.  01. 1968 – VIII ZR 207/65, NJW 1968, 692, 693; MüKoBGB/Grothe, § 204 Rn. 6; Kion, Eventualverhältnisse, 1971, S. 159 f.; a. A. OLG Celle, Urt. v. 23. 04. 1965 – 11 U 286/64, NJW 1965, 1486. 284 MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 6. 285 MüKo-VVG/Fausten, § 15 Rn. 99, der offen lässt, wie dies rechtlich zu qualifizieren ist. 286 MüKo-BGB/Grothe, § 205 Rn. 2. 287  Vgl. aber auch Wagner, NJW 2001, 182, 186 f. zu § 202 Abs. 1 BGB a. F., wonach im Sinne einer weiten Auslegung im Zurückstellen der prozessualen Durchsetzung eines Anspruchs auch die Vereinbarung eines Leistungsverweigerungsrechts liege. 288  Vgl. darüber hinaus MüKo-BGB/Grothe, § 202 Rn. 11. 289 Angesichts der Probleme der Teilklage vorgeschlagen von Goebel, in: ders. (Hrsg.), Zivilprozessrecht, 32010, S. 889, § 10 Rn. 86. Vgl. allg. Windorfer, NJW 2015, 3329, 3333.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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kann.290 Diese Frist sollte unter Berücksichtigung des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens über die Teilklage ablaufen. Freilich stellt sich die Frage, warum sich der Beklagte auf eine solche Abrede einlassen sollte.291 Die gesetzlichen Vorgaben zur Anspruchsverjährung dienen dem Rechtsfrieden und liegen gerade in seinem Interesse. Lehnt der Beklagte die vertragliche Lösung ab, bliebe dem Kläger noch der Weg der Eventualklagenhäufung. Der Beklagte kann aber auch eine negative Feststellungswiderklage hinsichtlich des gesamten Anspruchs erheben.292 ee. Zwischenergebnis Die These, wonach es dem kostenhilfebegünstigten Kläger allein wegen der drohenden Verjährung des Anspruchsrests unzumutbar sei, eine Teilklage zu erheben,293 stellt sich als voreilig heraus. Zwar liegt hier ein Nachteil der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage. Dieser kann aber mittels des prozessualen sowie des vertraglichen Lösungsvorschlags beseitigt werden. b.  Wahrung von Ausschlussfristen Nicht nur das Rechtsinstitut der Verjährung, auch materiellrechtliche Ausschlussfristen setzen der Rechtsverfolgung durch Zeitablauf Grenzen. Unterschiede zeigen sich in der Wirkungsweise. Der Ablauf der Ausschlussfrist begründet nicht lediglich eine rechtshemmende Einrede, sondern führt unmittelbar zum Erlöschen des Anspruchs.294 Beispiele für gesetzliche Ausschlussfristen bei materiellrechtlichen Ansprüchen finden sich etwa in § 651g Abs. 1 BGB und § 864 Abs. 1 BGB. Ausschlussfristen können auch vertraglich vereinbart werden. In der Praxis werden insbesondere tarifvertragliche Ausschlussfristen bedeutsam, vergleiche § 4 Abs. 4 S. 3 TVG. Ist ein materiellrechtlicher Anspruch mit einer Ausschlussfrist verknüpft, kann diese etwa durch die Erhebung einer Klage gewahrt werden. Fraglich ist, inwieweit dies auch bei Erhebung einer Teilklage gilt.

290  Vgl. im Kontext der Teilklage OLG Nürnberg, Urt. v. 26. 11. 1981 – 8 U 1354/81, VersR 1982, 695. Allg. Windorfer, NJW 2015, 3329, 3329 f. 291  Auf dieses Problem weist auch Pauls, VersR 2010, 1364, 1365 hin. 292  Eben dieser Gefahr setzt sich der Kläger bei verjährungshemmenden Maßnahmen und dem damit verbundenen „Sich-Berühmen“ aus, vgl. Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 628; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1626. 293 Vgl. Pauls, VersR 2010, 1364, 1365. 294 MüKo-BGB/Grothe, Vor § 194 Rn. 10; Grunsky, FS Kissel, 1994, 281; H. Weber, Ausschlussfrist, 1983, S. 20–24, 30.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

aa. Meinungsstand Nach dem Zweck der gesetzlichen Ausschlussfrist muss der Anspruchsinhaber innerhalb gewisser Zeit lediglich erkennen lassen, seine Rechte geltend machen zu wollen.295 Dafür genüge bereits eine Teilklage.296 Anders als bei den gesetzlichen Verjährungsregeln stehe nicht mehr der Gedanke des Schuldnerschutzes im Vordergrund. Ausschlussfristen dienen vorrangig der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.297 Bei einer offenen Teilklage könne sich der Gegner auf ein Beharren auf dem Gesamtanspruch einstellen.298 Dies komme auch bei verdeckten Teilklagen in Betracht.299 Dieses Ergebnis lasse sich jedoch nicht ohne Weiteres auf vertragliche Ausschlussfristen übertragen.300 Hier sei vielmehr im Wege der Auslegung zu entscheiden, welchem Zweck die Ausschlussfrist zu dienen bestimmt ist.301 Eine Teilklage könne diese hinsichtlich des gesamten Anspruchs wahren, wenn sie wie im Fall gesetzlicher Ausschlussfristen zumindest vorübergehend Klarheit über die Rechtsverfolgungsabsichten des Gläubigers schaffen soll. Dagegen werde eine Ausschlussfrist nur für den eingeklagten Anspruchsteil gewahrt, wenn der Fristablauf endgültige Rechtssicherheit herbeiführen soll. bb.  Stellungnahme und Problemaufriss Die Entscheidung über die Wahrung von Ausschlussfristen durch eine Teilklage ist ausweislich der jeweiligen Argumente eine Wertungsentscheidung und trägt den betroffenen Interessen angemessen Rechnung. Kann mit einer Teilklage nicht die Ausschlussfrist hinsichtlich des gesamten Anspruchs gewahrt werden, erweist sie sich im Vergleich zur Vollklage als nachteilig.

295 MüKo-BGB/Grothe,

§ 204 Rn. 16; Staudinger/Peters/Jacoby, § 204 BGB Rn. 21. A. A. Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 47; Grunsky, Verfahrensrecht, 21974, S. 124, wonach Klagefristen der „endgültigen Klärung der Rechtslage“ dienen. 297 MüKo-BGB/Grothe, Vor § 194 Rn. 10; H. Weber, Ausschlussfrist, 1983, S. 16–18. 298  Zu § 12 Abs. 3 VVG a. F.: BGH, Urt. v. 20. 12. 1968 – IV ZR 529/68, NJW 1969, 696; BGH, Urt. v. 13. 12. 2000 – IV ZR 280/99, NJW‑RR 2001, 525, 526; KG, Urt. v. 09. 06. 1961 – 2 U 217/61, VersR 1962, 31, 32 f.; OLG Bremen, Urt. v. 02. 11. 1965 – 3 a U 77/65, VersR 1966, 278, 279; Benkel/Hirschberg/Benkel/Hirschberg, § 17 ALB 2008 Rn. 62. Beachte auch BGH, Urt. v. 27. 02. 1991 – IV ZR 66/90, NJW‑RR 1991, 736; BGH, Urt. v. 27. 06. 2001 – IV ZR 130/00, NJW‑RR 2001, 1244, 1245. 299  OLG Hamm, Beschl. v. 05. 03. 2006 – 20 U 236/05, VersR 2006, 1527. 300  RG, Urt. v. 10. 11. 1936 – III 59/36, RGZ 152, 330, 336; MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 16. 301  Vgl. MüKo-BGB/Grothe, § 204 Rn. 16 sowie im Folgenden Staudinger/Peters/Jacoby, § 204 BGB Rn. 21. 296 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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cc.  Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge Wahrt eine Teilklage nicht die Ausschlussfrist hinsichtlich des gesamten Anspruchs, bewährt sich die vorgeschlagene unechte Eventualklagenhäufung bei Teilklagen. Hier tritt Rechtshängigkeit hinsichtlich des Haupt- und des Hilfsantrags ein. Damit wird eine Ausschlussfrist hinsichtlich des gesamten zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruchs gewahrt. Der vertragliche Lösungsvorschlag kann in Gestalt einer Aufhebung einer erst vertraglich geschaffenen Ausschlussfrist Abhilfe schaffen. 3. Ergebnis Die Untersuchung zu den Wirkungen der Rechtshängigkeit bei Teilklagen hat gezeigt, dass der Kläger keine unzumutbaren Beeinträchtigungen seiner Rechtsschutzmöglichkeiten hinnehmen muss, wenn er anstelle einer Vollklage nur eine Teilklage erhebt. IV.  Reichweite der Rechtskraft Nach der Rechtshängigkeit soll die Rechtskraft einer Entscheidung über eine Teilklage untersucht werden. 1. Grundlagen Zunächst ist zwischen der formellen und materiellen Rechtskraft eines Urteils zu unterscheiden. Die formelle Rechtskraft bringt die Unanfechtbarkeit eines Urteils zum Ausdruck.302 Die materielle Rechtskraft als Folge der formellen Rechtskraft303 bewirkt die Maßgeblichkeit des Inhalts einer Entscheidung für weitere Verfahren (als negative Prozessvoraussetzung304 oder bei Präjudizialität305). Durch ein Urteil wird über die materielle Rechtslage entschieden, ohne diese zu verändern. Eine Ausnahme gilt freilich für Gestaltungsurteile.306 Das Institut der Rechtskraft dient der endgültigen Klärung strittiger Sachverhalte und trägt zum Schutz subjektiver Rechte, zum Erreichen von Rechtssicherheit und zur Herstellung von Rechtsfrieden bei.307 Worauf sich die Wirkungen der Rechtskraft beziehen sollen, kann nicht aufgrund zwingender systematischer oder teleologischer Erwägungen beantwortet 302 Stein/Jonas/Leipold,

§ 322 ZPO Rn. 5. § 322 ZPO Rn. 8. 304 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 185, 188 sowie in Rn. 186 zur Geltendmachung des kontradiktorischen Gegenteils. 305 Thomas/Putzo/Reichold, § 322 ZPO Rn. 9. 306  Vgl. Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 18. 307  Vgl. Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 27 f. 303 Stein/Jonas/Leipold,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

werden. Die Festlegung der objektiven Grenzen der Rechtskraft ist dem Gesetzgeber vorbehalten.308 Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit der Bezugnahme auf die Entscheidung über den Streitgegenstand309 gemäß § 322 Abs. 1 ZPO für eine enge Grenzziehung entschieden. Gegenstand der Rechtskraft ist „das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten konkreten Rechtsfolge“310 aufgrund „des vorgetragenen Tatsachenkomplexes“.311 In Rechtskraft erwächst der Inhalt der Urteilsformel (Tenor)312 unter Berücksichtigung von Tatbestand und Entscheidungsgründen.313 Tatsächliche Feststellungen314 und Feststellungen zu Vorfragen315 werden nicht rechtskräftig. Bei einer Teilklage wird nur ein Teil eines weitergehenden materiellrechtlichen Gebildes Gegenstand der Entscheidung.316 Gleichwohl stellt sich die Frage, ob auch der nicht eingeklagte Teil für die Bestimmung des objektiven Umfangs der Rechtskraft heranzuziehen ist. 2.  Analyse und Lösung der Probleme Dafür ist zwischen offenen und verdeckten Teilklagen sowie zwischen Obsiegen und Unterliegen mit der jeweiligen Teilklage zu unterscheiden. Auf eine Differenzierung zwischen individualisierten und nicht individualisierten Teilklagen wird verzichtet.317 Innerhalb der Kategorien werden die einzelnen Erscheinungsformen der materiellen Rechtskraft (Prozesssperre bei Streitgegenstandsidentität und Verhältnis der Präjudizialität) untersucht. a. Meinungsstand Die Frage der Reichweite der objektiven Rechtskraft eines Urteils über eine Teilklage hat einen beachtlichen Streitstand hervorgebracht.318 Dieser ist durch die Berücksichtigung zahlreicher, durchaus gegenläufiger und doch für sich 308 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 66. Vgl. zu verschiedenen Regelungsansätzen bereits oben S. 20. 309 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 89 f. 310 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 90. 311 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 94. 312 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 169. 313 MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 86; Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 169–171. 314 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 77. 315 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 80. 316  Zum Streitgegenstand einer Teilklage vgl. oben S. 35. 317  Vgl. zur diesbezüglichen Differenzierung in Fragen der Rechtskraft Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 260 ff., 265 ff. Zur Ablehnung dieser Differenzierung vgl. Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 13; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 261 f.; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 18 ff.; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 302 f.; Schollmeyer, AcP 76 (1890), 439, 447 ff. 318 Vgl. auch die umfassende Darstellung der Entwicklung des Meinungsstandes bei Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 259–288.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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genommen oft richtiger Argumente geprägt und soll im Folgenden dargestellt werden. aa.  Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über offene Teilklagen Zunächst sind die Ansichten zur objektiven Reichweite der materiellen Rechtskraft eines Urteils über offene Teilklagen darzustellen. (1)  Obsiegen mit der Teilklage (a)  Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität Einhellig wird davon ausgegangen, dass Teil- und Restklage unterschiedliche Streitgegenstände haben und die Rechtskraft des stattgebenden Urteils über die Teilklage daher nicht der Zulässigkeit der Restklage entgegensteht.319 Die Rechtskraft des Urteils über die Teilklage bleibe auf den geltend gemachten Teil beschränkt und werde so der zivilprozessualen Dispositionsmaxime gerecht.320 Schon aus diesem Grund könne die Erhebung einer Teilklage nicht so ausgelegt werden, dass der Kläger dem Gericht den gesamten Anspruch zur Entscheidung unterbreiten wolle.321 Vielmehr beabsichtige er eine Aufspaltung des materiellen Rechtsverhältnisses und die Vervielfältigung der gerichtlichen Verfahren.322 Das mit einer Erstreckung der Rechtskraft auf den Gesamtanspruch einhergehende Prozessrisiko wolle der Kläger durch die Beschränkung auf eine Teilklage gerade vermeiden.323 Dass im Urteil nicht der gesamte Anspruchsgrund rechtskräftig festgestellt wird, zeige auch § 322 Abs. 1 ZPO: Solche präjudiziellen Rechtsverhältnisse seien nicht Gegenstand der Rechtskraft.324 Andernfalls wäre die Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ohne Berechtigung, deren Zweck es gerade ist, solchen Feststellungen Rechtskraft zu 319 Allg. RG, Urt. v.  19.  03.  1928 – VI 266/27, RGZ 120, 317, 319; BGH, Urt. v. 27. 02. 1961 – III ZR 16/60, NJW 1961, 917; BGH, Urt. v. 30. 01. 1985 – IV b ZR 67/83, NJW 1985, 1340, 1341; BGH, Urt. v. 15. 06. 1994 – XII ZR 128/93, NJW 1994, 3165; Eckardt, Jura 1996, 624, 626; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 188 f.; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 47. 320 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14; MüKo63 Rn.  11; Jauernig, ZPO/Gottwald, §  322 Rn.  125; Hess, Zivilprozessrecht, 302011, §  FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 331; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 455 f.; W. Lüke, Zivilprozessrecht, 102011, § 32 Rn. 360; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 51, 53; Planck, Civilprozessrecht, 1887, S. 260; Zeuner, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 337, 348. 321 Vgl. Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 6; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 91 f. 322 AK‑ZPO/Fenge, § 322 Rn. 19. 323  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 17. 324 Wieczorek/Schütze/Büscher, § 322 ZPO Rn. 128; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 331; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 296 f.; E. Schneider, MDR 1998, 252, 253; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f.

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verleihen.325 Für dieses Ergebnis spreche auch ein Erst-Recht-Schluss aus § 322 Abs. 2 ZPO: Wenn der objektive Umfang der Rechtskraft schon hinsichtlich der Aufrechnung als Verteidigungsmittel beschränkt sei, müsse dies ebenso für die Entscheidung über eine Teilklage gelten.326 (b)  Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit Steht die Rechtskraft des Urteils über die Teilklage nicht der Zulässigkeit der Restklage entgegen, so kann sie doch maßgeblich für deren Begründetheit sein. Für diesen Aspekt der Präjudizialität müsste der rechtskräftige Inhalt der Entscheidung über die Teilklage eine Vorfrage der Entscheidung über die Restklage darstellen. Allerdings trifft nach überwiegender Ansicht das Urteil über die Teilklage keine rechtskräftige Aussage über das Bestehen des Anspruchsgrundes, was bei der Prüfung des Anspruchsrests zu berücksichtigen wäre.327 Dafür sei vielmehr die Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 BGB vorgesehen.328 Schon die Bindung des Gerichts gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO verhindere eine rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsgrundes.329 Nach anderer Ansicht spreche die Zwecksetzung des historischen Gesetzgebers bei der Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft nicht von vornherein gegen eine Erstreckung auf die Feststellung des Anspruchsgrundes. Die Grenzen der Rechtskraft seien in § 322 Abs. 1 ZPO eng gezogen, um die Parteien vor einer Bindung an zunächst nicht absehbare Feststellungen zu bewahren. Allerdings sei den Parteien im Fall einer offenen Teilklage durchaus bewusst, dass die Beurteilung des Anspruchsgrundes für den Anspruchsrest relevant ist. Damit werde die Rechtskraft auch nicht auf sämtliche Urteilsgründe erstreckt.330 Zudem sei es gerade Sinn der Erhebung einer Teilklage, über diese stellvertretend für den Gesamtanspruch entscheiden zu lassen.331 Daher sei die Feststellung zum Anspruchsgrund durchaus Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung

325 Vgl.

Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 261; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f. Friedrich, Teilklage, 1995, S. 17 f.; krit. Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501, 505; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 226 f. 327  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 10; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 282; Eckardt, Jura 1996, 624, 628; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 13; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 331; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 193; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 296 f.; Musielak/Voit/Musielak, § 322 ZPO Rn. 71; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 246 f.; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f. 328  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 10. 329 MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 125; Hess, Zivilprozessrecht, 302011, § 63 Rn. 11; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 193. 330 Vgl. Leipold, FS Zeuner, 1994, S. 431, 446. 331  R. Bruns, Zivilprozeßrecht, 21979, Rn. 235c. 326 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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gemäß § 322 Abs. 1 ZPO, auch wenn die Wirkung der Rechtskraft hinsichtlich der Anspruchshöhe beschränkt bleibe.332 (2)  Unterliegen mit der Teilklage Die gleichen Argumente werden angeführt, wenn eine offene Teilklage zum Teil oder vollständig als unbegründet abgewiesen wird. (a)  Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität Die Rechtskraft der Abweisung der offenen Teilklage steht nach mehrheitlicher Auffassung nicht der Zulässigkeit einer Restklage entgegen.333 Eine gerichtliche Entscheidung könne gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht weiter reichen als der klägerische Antrag.334 Allein die Offenlegung der Teilklage rechtfertige keine Auslegung als Geltendmachung des gesamten Anspruchs.335 Zwar habe das Gericht vor einer abweisenden Entscheidung den gesamten Anspruch daraufhin überprüft, ob ein Teil davon dem Kläger zuzusprechen ist. Dies zwinge aber nicht zu einer entsprechenden Rechtskrafterstreckung.336 Dafür sprechen wiederum der Ausschluss vorgreiflicher Rechtsverhältnisse vom Umfang der Rechtskraft337 (auch unter Rücksicht auf den Zweck der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO338) sowie ein Vergleich mit der Regelung gemäß § 322 Abs. 2 ZPO.339 Diese Ansicht hat sich fundierter Kritik ausgesetzt gesehen. So stehe § 322 Abs. 1 ZPO einer Erweiterung der Rechtskraftwirkung nicht entgegen, da diese Norm nur die Wirkung der Rechtskraft, nicht deren Voraussetzungen regle. Auch 332 Vgl. Leipold, FS Zeuner, 1994, S. 431, 445. Krit. Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 10; Eckardt, Jura 1996, 624, 629; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 14–16. 333 Allg. RG, Urt. v.  19.  03.  1928 – VI 266/27, RGZ 120, 317, 319; BGH, Urt. v. 14. 07. 1961 – VIII ZR 121/60, NJW 1961, 1813, 1814; BGH, Urt. v. 30. 01. 1985 – IV b ZR 67/83, NJW 1985, 1340, 1341; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 284 f.; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 126; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 332. 334  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14, 17; Kellermann, JA 2004, 151, 154; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 455 f.; W. Lüke, Zivilprozessrecht, 102011, § 32 Rn. 360; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 51, 53; Planck, Civilprozessrecht, 1887, S. 260; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 31; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 228 f.; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 47. 335  Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S.  27–29; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 222. 336 Wieczorek/Schütze/Büscher, § 322 ZPO Rn. 130; E. Schneider, MDR 1998, 252, 253. 337 Vgl. Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 355; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 301 f.; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 33. 338 Vgl. Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 34; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f. 339 Vgl. RG, Urt. v. 19. 03. 1928 – VI 266/27, RGZ 120, 317, 319; krit. Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501, 505; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 226 f.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

habe sich die Auslegung von § 322 Abs. 1 ZPO an § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO zu orientieren: Danach dürfe das Gericht dem Kläger zwar nicht mehr zusprechen als beantragt. Gleichwohl werde dem Gericht nicht verboten, mehr abzusprechen als beantragt.340 Auch für die Abweisung eines Anspruchsteils sei eine Prüfung und Verneinung des Gesamtanspruchs341 erforderlich. Dann könne der Kläger nicht durch die Erhebung einer Teilklage, die allenfalls das Kosten-, nicht aber das Prozessverlustrisiko senken soll, die Rechtskraft beschränken.342 An diese Feststellung hinsichtlich des Gesamtanspruchs knüpfe auch § 322 Abs. 1 ZPO an.343 Nicht zuletzt sei es Ausdruck des prozessualen Gleichbehandlungsgebots, wenn der Kläger mit einer Teilklage sein Kostenrisiko auch im Unterliegensfall gering halten könne, die Rechtskraft dann aber im Interesse des Beklagten auf den Anspruchsrest zu erstrecken sei.344 Wiederum stehe die Zwecksetzung des historischen Gesetzgebers einer Ausweitung der Rechtskraftwirkung nicht entgegen: Werde schon die Klage auf einen Anspruchsteil als unbegründet abgewiesen, müsse den Parteien klar sein, dass erst recht kein Anspruch hinsichtlich des nicht eingeklagten, aber vorbehaltenen Rests besteht.345 (b)  Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit Fraglich ist, ob das Gericht im Folgeverfahren bei der Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsrests an Feststellungen gebunden ist, die zur Abweisung der Teilklage als unbegründet geführt haben. Dies wird überwiegend abgelehnt, da wie schon beim Obsiegen mit der offenen Teilklage auch im Fall des Unterliegens keine rechtskräftige Feststellung hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Anspruchsgrundes getroffen werde.346 Nach der Gegenansicht werde für die Abweisung einer Teilklage der Gesamtanspruch geprüft.347 Daran sei das Gericht im Folgeprozess bei der Entscheidung über die Begründetheit der Restklage gebunden.348 Der für diese Maßgeblichkeit notwendige Zusammenhang wird zum einen anhand eines Aufbauzusammenhangs aufgrund materiellrechtlich orientierter Streitgegenstandsabgrenzung begründet. Dieser ist dem für die Präjudizialität üblicherweise herangezogenen 340 

Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 476 f.; Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 43. Vgl. AK‑ZPO/Fenge, § 322 Rn. 21; Fitting, ZZP 2 (1880), 266, 270 f. 342  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 477 f. 343  Leipold, FS Zeuner, 1994, S. 431, 441; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 85 f. 344  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 47–49; R. Bruns, Zivilprozeßrecht, 21979, Rn. 235b. 345  Beinert, Umfang der Rechtskraft, 2000, S. 46; Leipold, FS Zeuner, 1994, S. 431, 441 f. 346  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 285; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 246 f.; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f.; Zeuner, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 337, 350 f. 347 Musielak/Voit/Musielak, § 322 ZPO Rn. 71; Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 293. 348 Musielak/Voit/Musielak, § 322 ZPO Rn. 73. 341 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Bedingungszusammenhang vergleichbar und rührt aus der Besonderheit, dass Teil- und Restklagen einen einheitlichen Anspruchsgrund aufweisen.349 Zum anderen wird darauf verwiesen, dass die Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsteils eine Vorfrage für die Beurteilung des Bestehens des Gesamtanspruchs und diese wiederum eine Vorfrage für die Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsrests sei.350 bb.  Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über verdeckte Teilklagen (1)  Obsiegen mit der Teilklage (a)  Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität Obsiegt der Kläger mit einer verdeckten Teilklage, so soll die Rechtskraft des zusprechenden Urteils der Zulässigkeit einer Restklage nicht entgegenstehen.351 Nach einer Auslegung des klägerischen Begehrens wird mit einer verdeckten Teilklage keineswegs der Gesamtanspruch dem Gericht zur Entscheidung unterbreitet (keine Repräsentationswirkung des Klageantrags).352 Der Kläger ist frei, die Teilklage offen oder verdeckt zu erheben; die jeweilige Entscheidung kann verschiedenen Interessen entspringen.353 Damit sei für die Auslegung des Klageantrags allein die konkrete Bezifferung maßgeblich.354 Sieht man dies anders, müsste das Gericht dem Kläger auch mehr als den eingeklagten bezifferten Teil zusprechen können. Dies allerdings stehe im offensichtlichen Widerspruch zur Antragsbindung gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO.355 Auch hätte die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO im Fall einer Teilklage keine Berechtigung, wenn bereits dem Teilklageantrag Repräsentationswirkung hinsichtlich des Gesamtanspruchs zukäme.356 Bei der verdeckten Teilklage werde nur der geltend gemachte Anspruchsteil Gegenstand der richterlichen Entscheidung357 und die Entscheidung darüber Gegenstand der 349  Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 290 f.; abl. Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 250–254. 350  Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501, 510–513. 351  Allg. MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 128; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 332; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 297; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 48. 352  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 270 f. 353  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 42 f.; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 367. 354  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 6; Eckardt, Jura 1996, 624, 627; Elzer, JuS 2001, 224, 226; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 59; Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 192; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 298 f.; Pohle, ZZP 77 (1964), 98, 104; Schulte, Rechtskrafterstreckung, 1999, S. 91 f. 355  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 274 f.; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 44; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 367. 356  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 44. 357 BGH, Urt. v. 15.  06. 1994 – XII ZR 128/93, NJW 1994, 3165, 3166; BGH, Urt.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Rechtskraft.358 Eine Erstreckung der Rechtskraft würde den Kläger unangemessen benachteiligen: Im Fall des Obsiegens mit der Teilklage wäre eine Restklage wegen entgegenstehender Rechtskraft nicht zulässig, allerdings könnte ihm auch das Gericht im Verfahren über die Teilklage den Rest nicht zusprechen, vergleiche § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO.359 Der durch die Rechtskraftbeschränkung ermöglichte Schutz der subjektiven Rechte des Klägers sei höher zu gewichten als das Interesse an einer endgültigen Streitbeilegung.360 Nach der gegenläufigen Ansicht ist die Restklage infolge einer Rechtskrafterstreckung unzulässig. Dies ergebe sich sehr wohl aus einer Auslegung des klägerischen Begehrens im Rahmen der Teilklage. Wer bewusst nur eine verdeckte Teilklage erhebt, bringe damit zum Ausdruck, den Anspruch auch nur in der so beschränkten Höhe geltend machen zu können.361 Selbst wenn sich der Kläger einer Nachforderungsmöglichkeit nicht bewusst sei, entscheide das Gericht über den gesamten Anspruch.362 Bei der Auslegung des Klageantrags sei vor allem das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Voll- und Teilklagen zu berücksichtigen: Danach dürfe nicht von einer Teilklage ausgegangen werden, solange nicht entsprechende Anhaltspunkte ersichtlich sind.363 Schließlich trete die Ermittlung des klägerischen Willens hinter Belange der Prozessökonomie zurück. Mache der Kläger nicht für die anderen Verfahrensbeteiligten deutlich, nur einen Teil einzuklagen, müsse er im Interesse einer konzentrierten Erledigung des Rechtsstreits in Kauf nehmen, dass ihm eine Entscheidung über den gesamten Anspruch aufoktroyiert werde.364 Diese Auffassung wird scharf kritisiert: Der Gesetzgeber habe es hingenommen, dass durch die Zulassung von Teilklagen Belange der Prozessökonomie v. 09. 04. 1997 – IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990; BGH, Urt. v. 15. 07. 1997 – VI ZR 142/95, NJW 1997, 3020; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 268 f.; Elzer, JuS 2001, 224, 226; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14; Jauernig, JZ 1997, 1127, 1128; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 59 f.; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 364 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 455 f.; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 51, 53; Planck, Civilprozessrecht, 1887, S. 260; Pohle, ZZP 77 (1964), 98, 100; Thomas/Putzo/Reichold, § 322 ZPO Rn. 23; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 53; Windel, ZZP 110 (1997), 501, 503; Zeiss, NJW 1968, 1305, 1307; Zeuner, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 337, 348 f. 358  RG, Urt. v. 15. 11. 1924 – I 36/24, RGZ 109, 195, 197; BGH, Urt. v. 27. 02. 1961 – III ZR 16/60, NJW 1961, 917, 918; Brox, NJW 1962, 1203, 1204; Habscheid, FamRZ 1962, 352, 353; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 53; Zeiss, NJW 1968, 1305, 1306 f. 359  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 8; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 269 f.; Eckardt, Jura 1996, 624, 627; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 62; Marburger, GS KnobbeKeuk, 1997, S. 187, 193; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 300. 360  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 87 f. 361  Grasmeher, FamRZ 1961, 241, 244. 362  Pagenstecher, JW 1925, 2754; Pagenstecher, Einrede der Rechtskraft im Aufwertungsprozess, 1925, S. 72–77. 363  Grasmeher, FamRZ 1961, 241, 244. 364  Bötticher, MDR 1962, 724; Lent, NJW 1955, 1865, 1866 f.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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zurückstehen.365 Überhaupt trete die Dispositionsmaxime im geltenden Recht nur ausnahmsweise zurück, vergleiche etwa § 767 Abs. 3 ZPO.366 Zudem dürfe die Reichweite der Rechtskraft nicht zur Waffe des obsiegenden Klägers gegen den Beklagten werden. Letzterer nämlich kann die Erstreckung der Rechtskraft nicht aus eigener Kraft herbeiführen. Bei einer verdeckten Teilklage fehlt ihm das Rechtsschutzinteresse zur Erhebung einer negativen Feststellungswiderklage hinsichtlich des Anspruchsrests. Daraus wird wiederum gefolgert, die Rechtskraft sei aus Gründen der Waffengleichheit von vornherein auf den Rest zu erstrecken.367 Damit würden jedoch die gesetzlichen Vorgaben gemäß § 256 Abs. 1, 2 ZPO unzulässig umgangen.368 Auch sei es unter dem Aspekt der Waffengleichheit zu berücksichtigen, dass der Kläger bei einer Erstreckung der Rechtskraft gegebenenfalls mehr verliert als er wegen der Antragsbindung gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO gewinnen könnte.369 (b)  Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit Obsiegt der Kläger mit einer verdeckten Teilklage, stellt sich wiederum die Frage, ob das Gericht bei einer Entscheidung über die Begründetheit der Restklage daran gebunden ist. Nach überwiegender Ansicht ist dies deshalb nicht der Fall, weil mit der Entscheidung über die Teilklage nicht rechtskräftig über den Anspruchsgrund entschieden wird. Zur näheren Begründung kann auf die entsprechenden Ausführungen zur offenen Teilklage verwiesen werden.370 Die gegenteilige Ansicht wurde in ihrer Begründung ebenda dargelegt. (2)  Unterliegen mit der Teilklage Ähnlich umstritten ist die Frage der Reichweite der Rechtskraft, wenn eine verdeckte Teilklage (gegebenenfalls nur zum Teil) als unbegründet abgewiesen wird. (a)  Prozesssperre wegen Streitgegenstandsidentität Nach überwiegender Ansicht steht eine solche Entscheidung nicht der Zulässigkeit einer Restklage entgegen. Teil- und Restklage haben verschiedene

365 AK‑ZPO/Fenge,

§ 322 Rn. 17. Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 281. 367  Bötticher, MDR 1962, 724, 725; Lent, NJW 1955, 1865, 1866; Pagenstecher, JW 1925, 712, 714. 368  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 280 f. 369  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 50 f. 370  Vgl. dazu oben S. 144. 366 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Streitgegenstände.371 Die Rechtskraft sei auf die Entscheidung über den Streitgegenstand begrenzt, vergleiche § 322 Abs. 1 ZPO. Feststellungen bezüglich präjudizieller Rechtsverhältnisse wie des Anspruchsgrundes werden davon grundsätzlich (für die Ausnahme sei wiederum auf § 256 Abs. 2 ZPO verwiesen372) nicht erfasst.373 Die Begrenzung der Entscheidungsbefugnis des Gerichts ergebe sich schon aus § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO:374 Wenn dem Kläger nicht mehr als die bezifferte Klagesumme zugesprochen werden kann, so dürfe auch eine absprechende Entscheidung nicht darüber hinausgehen.375 Dies zeige zudem ein Vergleich mit § 322 Abs. 2 ZPO376 sowie der Erwägung, dass eine Teilklage abgewiesen werde, wenn der Anspruchsgrund nicht besteht – damit sei jedoch nicht der Anspruchsrest Gegenstand der richterlichen Prüfung und Entscheidung gewesen.377 Schließlich könne die Reichweite der Rechtskraft auch durch eine Auslegung des klägerischen Begehrens ermittelt werden.378 Maßgeblich für die Ermittlung des Streitgegenstands sei die konkrete Bezifferung des Klageantrags.379 Es könne nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Kläger wolle darüber hinaus den Gesamtanspruch dem Gericht zur Entscheidung unterbreiten. Der Kläger erhebe bewusst eine Teilklage, um nicht nur das Kosten-, sondern auch das Prozessverlustrisiko auf diesen Teil zu beschränken.380 Nach anderer Ansicht gehe (nur381) bei verdeckten Teilklagen die Rechtskraft einer Entscheidung über den eingeklagten Teil hinaus. Das Gericht wisse nicht, dass es nur über einen Teil entscheide, prüfe daher den gesamten Anspruch dem Grunde nach und weise diesen zur Gänze ab.382 Diese Erwägung sei schon ein Gebot der Logik, dem sich auch eine Auslegung des § 322 Abs. 1 ZPO 371 BGH, Urt. v. 14. 07. 1961 – VIII ZR 121/60, NJW 1961, 1813, 1814; BGH, Urt. v. 30. 01. 1985 – IV b ZR 67/83, NJW 1985, 1340, 1341; Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 284 f.; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 128; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 48; Windel, ZZP 110 (1997), 501, 504 f.; Zeiss, NJW 1968, 1305, 1306 f. 372  Eckardt, Jura 1996, 624, 631; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f. 373  Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 365, 368 f.; Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 66; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f. 374  BGH, Urt. v. 09. 04. 1997 – IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 14; Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 364 f.; Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 455 f.; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 51, 53; Planck, Civilprozessrecht, 1887, S. 260; Thomas/Putzo/Reichold, § 322 ZPO Rn. 23; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 228 f. 375  Kuschmann, FS Schiedermair, 1976, S. 351, 366; Zeiss, NJW 1968, 1305, 1306. 376  RG, Urt. v. 09. 06. 1886 – IIIa 25/86, RGZ 16, 355, 357; krit. Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501, 505; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 226 f. 377  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 13 f. 378  Dies., Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 14 f. 379  Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 223. 380  Eckardt, Jura 1996, 624, 630. 381  Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 333. 382  Hess, Zivilprozessrecht, 302011, § 63 Rn. 12; Jauernig, JZ 1997, 1127, 1128; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 333.



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nicht verschließen könne.383 Auch werde nur so ein Rechtsstreit im Interesse der Prozessökonomie einer umfassenden Entscheidung zugeführt. Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse, nach der ablehnenden Entscheidung über die verdeckte Teilklage eine weitere Prozesschance wahrzunehmen.384 Ohne eine umfassende Rechtskrafterstreckung könnte der unterlegene Kläger stets ein weiteres Verfahren einleiten und einen Anspruchsrest behaupten – dem Beklagten würde hier zugemutet, sich erneut zu verteidigen, um ein Versäumnisurteil gegen sich zu verhindern.385 Vereinzelt wurde angenommen, mit einer Restklage werde das kontradiktorische Gegenteil der Entscheidung im Verfahren über die Teilklage geltend gemacht.386 (b)  Präjudizialität bei Streitgegenstandsverschiedenheit Wird eine Teilklage als unbegründet abgewiesen, so sei damit noch keine Aussage zur Begründetheit der Restklage getroffen. Die Feststellung über das Nichtbestehen des Anspruchsgrunds erwachse nicht in Rechtskraft.387 Nach anderer Ansicht sei die Restklage als unbegründet abzuweisen.388 Schließlich habe das Gericht schon bei der letztlich als unbegründet abgewiesenen verdeckten Teilklage den Anspruchsgrund und damit den gesamten Anspruch geprüft.389 Teil- und Restklage weisen einen identischen Sachverhalt und damit einen einheitlichen Anspruchsgrund auf.390 Ein anderer Präjudizialitätszusammenhang wird hergestellt, wenn man die Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsteils als Vorfrage für die Beurteilung des Bestehens des Gesamtanspruchs und dies wiederum als Vorfrage für die Entscheidung über das Bestehen des Anspruchsrests ansieht.391 b.  Stellungnahme und Folgen für die Problemstellung Für die weiteren Überlegungen soll der mehrheitlich vertretenen Ansicht gefolgt werden, wonach die Wirkungen der materiellen Rechtskraft bei Teilklagen 383  Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 335. Zu einer durch § 308 ZPO ergänzten Auslegung des § 322 Abs. 1 ZPO auch Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 43. 384 AK‑ZPO/Fenge, § 322 Rn. 21. 385  Braun, Zivilprozessrecht, 2014, S. 480. 386 So Jauernig, JZ 1997, 1127, 1128; Jauernig, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 311, 335. 387  Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 285; Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 246 f.; H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 16 f.; Zeuner, FG Bundesgerichtshof III, 2000, S. 337, 350 f. 388 Musielak/Voit/Musielak, § 322 ZPO Rn. 73. 389 Musielak/Voit/Musielak, § 322 ZPO Rn. 71; Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 293. 390  Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 290 f.; abl. Terhalle, Reichweite der Rechtskraft, 2011, S. 250–254. 391  Oberhammer, FS Kollhosser, 2004, S. 501, 510–513.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

stets auf den eingeklagten Teil beschränkt bleiben. Dafür sprechen vor allem die gesetzlichen Vorgaben. Die Regelungen zur Antragsbindung gemäß § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO sowie zur Bestimmung des Rechtskraftumfangs gemäß § 322 Abs. 1 ZPO, in denen die Bedeutung der zivilprozessualen Dispositionsmaxime zum Ausdruck kommt, haben Vorrang vor sonstigen, für sich genommen durchaus richtigen Argumenten, etwa der logischen Erwägung, dass das Gericht bei Abweisung einer Teilklage den gesamten Anspruch und den Anspruchsgrund zu prüfen hat. Neben dieser beschränkten Rechtskraftwirkung besteht auch keine allgemeine Bindung des Gerichts im Folgeprozess bei der Entscheidung über die Restklage. Eine solche Bindung könnte allenfalls mit dem Argument hergeleitet werden, der Entscheidung des Gerichts über die Teilklage im Vorprozess liege der gleiche Sachverhalt zugrunde, sodass in beiden Verfahren aus Gerechtigkeitsgründen gleich entschieden werden müsse.392 Dies sieht die ZPO aber gerade nicht vor und nimmt dafür auch sich widersprechende Entscheidungen in Kauf. Vielmehr richtet sich jede Entscheidung allein nach der Überzeugung des jeweiligen Gerichts.393 Nun stellt sich die Frage, ob der Kläger, der eine Teil- anstelle einer Vollklage erhebt, aufgrund der Wirkungen der materiellen Rechtskraft benachteiligt ist. Eine nach Abschluss des Verfahrens über die Teilklage erhobene Restklage ist jedenfalls nicht aufgrund entgegenstehender Rechtskraft unzulässig. Der Teilkläger hat uneingeschränkt die Möglichkeit, den Anspruchsrest im Rahmen einer zulässigen Klage geltend zu machen. Auch hinsichtlich der Begründetheit der Restklage ergeben sich zunächst keine Einschränkungen. Wurde die Teilklage als unbegründet abgewiesen, so ist das Gericht im Folgeprozess bei der Prüfung der Begründetheit der Restklage an diese rechtskräftige Feststellung nicht gebunden. Der Kläger kann mit der Restklage noch obsiegen. Allerdings zeigen sich im umgekehrten Fall auch Kehrseiten der begrenzten Rechtskraftwirkung: Obsiegt der Kläger mit einer Teilklage, kann das Gericht im Folgeprozess die Restklage dennoch als unbegründet abweisen. Überhaupt stellt die fehlende Präjudizwirkung insofern eine Beschwerlichkeit dar, als der Kläger im Verfahren über die Restklage die relevanten Tatsachen erneut darlegen und beweisen muss.394 Dieser Nachteil ist eine Folge der Beschränkung auf eine Teilklage. c.  Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge Daher soll im Folgenden untersucht werden, ob dieser Nachteil mit den hier entwickelten Lösungsvorschlägen beseitigt werden kann. Eine den Kläger zu392 

Dieser Gedanke klingt etwa bei Fenge, FS Pieper, 1998, S. 31, 38 an. Larenz, FS Schima, 1969, S. 247, 255 f. 394 Vgl. Batsch, ZZP 86 (1973), 254, 282. 393 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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friedenstellende Lösung müsste es ihm ermöglichen, Bindungswirkungen, wie sie etwa der materiellen Rechtskraft innewohnen, im Fall der Teilklage zu erweitern. Dabei ist schon problematisch, wie eine solche Rechtskrafterweiterung – so sie denn rechtlich überhaupt konstruiert werden kann – aussehen soll. Eine Erstreckung auf den zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrest ist widersinnig, weil eine Restklage dann schon aufgrund entgegenstehender Rechtskraft unzulässig ist. Am ehesten kann der Kläger die dargestellte Problematik der Rechtskraftbeschränkung noch mit dem prozessualen Lösungsvorschlag vermeiden. Eine unechte Eventualklagenhäufung befreit den Kläger in den fraglichen Fällen vom Erfordernis einer Restklage: Wenn er mit der Teilklage obsiegt, so tritt die Bedingung ein und das Gericht hat noch den Anspruchsrest zu prüfen, ohne dass sich Probleme der Rechtskraft stellen. Eine rechtskräftige Entscheidung trifft das Gericht erst, nachdem es über den Anspruchsrest befunden hat. Daher trägt der prozessuale Lösungsvorschlag auch nicht zur Klärung der Frage bei, wie Bindungswirkungen im hier gewünschten Sinne erstreckt werden können. Dies vermag womöglich der vertragliche Lösungsvorschlag zu leisten. aa.  Rechtliche Konstruktion im Rahmen des vertraglichen Lösungsvorschlags (1)  Prozessvertrag über die Erweiterung der Rechtskraftwirkung Im Verhältnis zwischen der Entscheidung über eine Teilklage und dem zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest besteht ein Interesse an einer Erweiterung des objektiven, nicht des subjektiven Umfangs der Rechtskraft.395 Eine entsprechende vertragliche Regelung wurde vereinzelt für zulässig gehalten.396 Dem stehe nicht der Sinn der Rechtskraftbeschränkung auf die Entscheidung über den Streitgegenstand gemäß § 322 Abs. 1 ZPO entgegen. Dieser diene grundsätzlich dem Schutz der Parteien vor überraschenden Urteilswirkungen. Darauf können die Parteien aber einverständlich und ausdrücklich verzichten.397 Auch gebe die Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ein gesetzliches Vorbild ab für die Erweiterung des objektiven Umfangs der Rechtskraft. Hier genüge schon ein einseitiger Antrag einer Partei, sodass eine entsprechende vertragliche Regelung erst recht zulässig sein müsse.398 395  Eine entsprechende Differenzierung lässt etwa Siebert, Musterprozess, 1973, S. 88–98 vermissen. Allg. zur Erweiterung des subjektiven Umfangs der Rechtskraft Goldschmidt, Der Prozess als Rechtslage, 1925, S. 198 f.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 76 Fn. 75; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 722–727. 396 Vgl. Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 727. 397  Ders., Prozeßverträge, 1998, S. 728; krit. allg. zum Verzicht auf prozessuale Schutzvorschriften Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 82 f. 398  Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 728.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Nach überwiegender Ansicht dagegen kann die Reichweite der Rechtskraft nicht prozessvertraglich bestimmt werden. Den aufgezeigten teleologischen Erwägungen stehen fundamentale systematische Gründe entgegen, wonach die materielle Rechtskraft als Institut des öffentlichen Rechts der Parteidisposition entzogen sei.399 Mit einer vertraglichen Aufhebung der Wirkungen der Rechtskraft etwa würde entgegen der Zielsetzung des Zivilprozesses eine Rechts­unsicherheit im Verhältnis der Parteien herbeigeführt.400 Vertragliche Dispositionen über die Rechtskraft sind also dann zu unterbinden, wenn sie ihre Verkürzung oder Aufhebung zum Ziel haben.401 Allerdings spricht dieser Gedanke nicht gegen eine Ausweitung der Rechtskraft durch Parteivereinbarung402 – dadurch kann ein weiterer Prozess zumindest beschleunigt oder sogar vermieden werden. Auch eine Fortsetzung der Freiheitsvermutung des Grundgesetzes im Zivilprozess spreche für eine Ausdehnung der Dispositionsmöglichkeiten der Parteien.403 Im Umfeld des Instituts der materiellen Rechtskraft aber ist ein solcher Spielraum aufgrund zwingender öffentlicher Interessen (insbesondere der Rechtssicherheit) sehr begrenzt.404 Die Zwecksetzungen des Zivilprozesses (Schaffung von Rechtssicherheit, Durchsetzung subjektiver Rechte) verlangen eine klare und von Parteidispositionen freie Grenzziehung.405 Für die Zulässigkeit der Rechtskrafterstreckung spricht wegen der Verschiedenartigkeit der betroffenen Institute406 auch nicht der Vergleich mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.407 Dieser Ansicht ist unter Berücksichtigung des Wesens der Dispositionsmaxime Recht zu geben. Die Wirkungen der Rechtskraft entfalten sich nicht in einem Raum, der der Parteidisposition zugänglich ist. Die Dispositionsmaxime gibt der Gestaltungsfreiheit der Parteien ein Gesicht und lotet das Verhältnis zwischen Richtermacht und Parteiherrschaft im Zivilprozess408 unter Berück399 Vgl. Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 75–77; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 152 Rn. 17; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 59, 61. Allg. zum Zusammenhang zwischen der Abwägung privater sowie öffentlicher Interessen und der Reichweite des dispositiven Zivilprozessrechts Baumgärtel, Prozesshandlung, 1957, S. 188 f.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 56–58. 400 Stein/Jonas/Leipold, § 322 ZPO Rn. 212. 401  Siebert, Musterprozess, 1973, S. 94 f. Krit. Schlosser, Einverständliches Parteihandeln, 1968, S. 12–14. 402 Krit. Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 73–78; Jauernig, ZZP 64 (1951), 285, 303–305. 403  Schlosser, Einverständliches Parteihandeln, 1968, S. 9–11. Bemerkenswert ist hierbei, dass Schlosser selbst in diesem Zusammenhang nur den Verzicht auf die Wirkungen der materiellen Rechtskraft behandelt, nicht aber die hier fragliche Erweiterung, vgl. dens., Einverständliches Parteihandeln, 1968, S. 12–16. 404 Vgl. Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 82 f. 405  Siebert, Musterprozess, 1973, S. 95 f. 406  Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 58 f. 407  So aber Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 76 Fn. 75. 408  Brüggemann, Judex statutor und judex investigator, 1968, S. 100.



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sichtigung öffentlicher und privater Interessen aus. Sie beschreibt dieses Verhältnis allerdings nur für Fragen der Erhebung der Klage, der Bestimmung ihres Inhalts, des Fortgangs und der Beendigung des Verfahrens. Hier können die Parteien Einfluss nehmen auf die Entscheidungsgrundlage und die Entscheidungstätigkeit des Gerichts. Diese Ermächtigung bleibt auf den Streitgegenstand als solchen beschränkt und gilt nicht für die über das Verfahren hinausgehenden Wirkungen einer Entscheidung des Gerichts. Es kann daher keine prozessvertragliche Erweiterung des objektiven Umfangs der materiellen Rechtskraft geben, die das Gericht im Folgeprozess bei der Entscheidung über eine Restklage an die Entscheidung über die Teilklage im Vorprozess bindet. Die Anknüpfung der Wirkungen der materiellen Rechtskraft an die Entscheidung über den Streitgegenstand gemäß § 322 Abs. 1 ZPO unterliegt nicht der Disposition der Parteien. Insofern ist es auch korrekt, einen solchen Vorstoß als Missachtung des grundlegenden Prinzips iura novit curia sowie des grundgesetzlich vorgesehenen Rechtsprechungsmonopols des Richters zu kritisieren.409 (2)  Vergleich gemäß § 779 BGB Die beabsichtigten Ergebnisse könnten durch einen Vertrag mit Wirkung auf materiellrechtlichem Gebiet erzielt werden. Ein Vergleich gemäß § 779 BGB kann eine materiellrechtliche Bindungswirkung hinsichtlich eines zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrests herstellen.410 Der Inhalt eines solchen Vergleichs wird in der Verpflichtung zur Umgestaltung der Rechtslage entsprechend der Entscheidung über die Teilklage gesehen.411 Der Inhalt des Vertrags ist damit hinreichend bestimmbar.412 Das erforderliche Nachgeben beider Vertragspartner besteht vor dem Hintergrund der Gefahr, an die materiellrechtlichen Folgen eines ungünstigen Urteils gebunden zu sein.413 Das Nachgeben der schließlich obsiegenden Partei liegt in der Stundung des streitgegenständlichen Anspruchs bis zur Entscheidung.414 Die Ungewissheit gemäß § 779 Abs. 1 BGB ergibt sich schon aus den Folgen der beschränkten Rechtskraftwirkung der Entscheidung über eine Teilklage gemäß § 322 Abs. 1 ZPO: Über die im Folgeprozess erhobene Restklage kann das Gericht ohne jede Bindung neu entscheiden. Eine solche Herleitung liegt auch näher als von einer Unsicherheit der Verwirklichung eines Anspruchs gemäß § 779 Abs. 2 BGB auszugehen.415 Schließlich steht im Ver409 

Vgl. zu dieser Argumentation Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 91. Kempf, ZZP 73 (1960), 342, 372–374; Siebert, Musterprozess, 1973, S. 82, 100. 411  Dütz, BB 1978, 213, 214 für arbeitsrechtliche Streitigkeiten; Siebert, Musterprozess, 1973, S. 100–105. 412  Vgl. MüKo-BGB/Habersack, § 779 Rn. 23. 413  Claus, Erstreckung der Rechtskraft, 1973, S. 105. 414  Kempf, ZZP 73 (1960), 342, 372 Fn. 110. 415  So aber MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 61. 410 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

hältnis zwischen einer Entscheidung über die Teilklage und dem Anspruchsrest nicht die Befürchtung im Vordergrund, der Kläger könne ein günstiges Urteil aufgrund unzureichender Leistungsfähigkeit des Schuldners416 nicht vollstrecken. Vorgeschlagen wurde schließlich auch ein „antizipierter Feststellungsvertrag“,417 der die Anspruchsbeziehung nach Vorbild des Urteils über die Teilklage umgestalten soll. bb.  Bewertung des vertraglichen Lösungsvorschlags Im Folgenden soll untersucht werden, ob der vertragliche Lösungsvorschlag den Interessen der Parteien gerecht wird. Dessen Handhabung ist zunächst mit evidenten Schwierigkeiten verbunden. Zum einen möchte der Anspruchsteller die Bindungswirkung nur für den Fall des Obsiegens mit der Teilklage herstellen. Dann nämlich hat er ein Interesse, dieses Ergebnis auch hinsichtlich des Anspruchsrests zu erreichen. Im Fall der Abweisung der Teilklage als unbegründet dagegen will der Kläger eine entsprechende Bindungswirkung gerade vermeiden, um noch mit einer Restklage obsiegen zu können. Jedoch stellt sich frühestens im Laufe des Verfahrens über die Teilklage heraus, ob das Gericht diese für begründet hält. Bisweilen hat der Kläger gar nicht die Möglichkeit, Maßnahmen zur Erweiterung der Bindungswirkung noch vor der letzten mündlichen Verhandlung zu treffen. Zum anderen kommt die vertragliche Lösung nur bei offenen Teilklagen in Betracht. Erhebt der Kläger unbewusst eine verdeckte Teilklage (etwa weil er selbst um den Anspruchsrest nicht weiß), so trifft er keine vertragliche Regelung hinsichtlich des Anspruchsrests. Bewusst erhebt der Kläger eine verdeckte Teilklage, wenn das Bestehen des Anspruchsrests vor dem Beklagten, der womöglich eine negative Feststellungsklage erhebt, verbergen möchte. Mit dem Vorschlag einer vertraglichen Regelung gegenüber dem Beklagten wäre dieses Bestreben hinfällig. Selbst wenn nach diesen Einschränkungen ein Vertrag mit dem hier vorgeschlagenen Inhalt in Betracht kommt, ist fraglich, warum sich der Gegner darauf einlassen sollte. Hier kommt es letztlich auf Risikoerwägungen im Einzelfall an. Ist der Beklagte nach den Ergebnissen des Verfahrens über die Teilklage der Ansicht, dass ein Gericht dem Kläger auch den Anspruchsrest zusprechen wird, so geht er den Kosten eines weiteren Verfahrens aus dem Weg und erfüllt den Anspruchsrest freiwillig. Offenbart schon das Verfahren über die Teilklage Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten des Klägers auch hinsichtlich des Anspruchsrests, so wird der Beklagten diesen nicht freiwillig erfüllen und erst recht keinen Vertrag eingehen. Er wird darauf vertrauen, dass das Gericht im Folgeprozess die Restklage grundsätzlich auch als unbegründet abweisen kann. 416 

417 

Vgl. dazu MüKo-BGB/Habersack, § 779 Rn. 25. Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 728.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Der vorgeschlagene Vertrag ist innerhalb seines begrenzten Anwendungsbereichs entweder unnötig oder kommt schon nicht zustande. Im Übrigen ist seine Wirkung begrenzt: Erfüllt der Gegner nämlich entgegen der vertraglichen Verpflichtung den Anspruchsrest nicht freiwillig, so muss der Anspruchsteller diese doch wieder gerichtlich durchsetzen. Verglichen mit der Rechtslage ohne eine entsprechende Vereinbarung steht zwar das Ergebnis dieses Rechtsstreits fest. Dennoch müssen die Parteien wieder Zeit und Geld für einen Prozess aufwenden, den sie zunächst mit einer Ausdehnung von Bindungswirkungen vermeiden wollten. cc. Ergebnis Der prozessuale Lösungsvorschlag vermag die Probleme der Reichweite der Rechtskraft bei Entscheidungen über Teilklagen nicht zu lösen, sondern allenfalls zu umgehen. Auch der vertragliche Lösungsvorschlag verspricht keine interessengerechte Abhilfe. 3. Ergebnis Nach diesem Befund wird jedenfalls unter dem Aspekt des beschränkten objektiven Umfangs der Rechtskraft die Rechtsverfolgung mittels einer Teilklage erschwert. V.  Probleme der Nachschiebung des zunächst nicht eingeklagten Rests Neben oder nach einer Teilklage wird der Anspruchsinhaber auch den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest einem Gericht zur Prüfung und Entscheidung unterbreiten, wenn der Beklagte diesen nicht freiwillig erfüllt. 1. Grundlagen Den Anspruchsrest kann der Kläger auf zwei Wegen einer Klärung zuführen: durch Erweiterung der Teilklage im laufenden Verfahren gemäß § 264 Nr. 2 ZPO oder nach Abschluss des Verfahrens über die Teilklage durch Erhebung einer Restklage. 2.  Analyse und Lösung der Probleme Im Folgenden wird geprüft, ob diese „Nachschiebung“ auf Hindernisse trifft, die die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage beeinträchtigen.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

a. Klageerweiterung Die Einführung des zunächst nicht geltend gemachten Rests in das laufende Verfahren über eine Teilklage ist ein Fall der quantitativen Erweiterung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 ZPO und daher eine zulässige Klageänderung.418 Einer Einwilligung des Beklagten oder Sachdienlichkeit gemäß § 263 ZPO bedarf es nicht. Die Klageerweiterung kann gemäß § 297 Abs. 1 S. 3 ZPO mündlich zu Protokoll erklärt werden. Allerdings steht dies unter dem Vorbehalt der Gestattung des Gerichts. Die Erweiterung kann auch durch gesonderten Schriftsatz erfolgen, § 297 Abs. 1 S. 2 ZPO. Die Klageerweiterung kann nicht gemäß §§ 296 Abs. 1, 2, 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden, da es sich nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, sondern einen eigenständigen Angriff handelt.419 Allerdings hat der Kläger die entsprechend erhöhte Verfahrensgebühr zu zahlen, vergleiche auch § 12 Abs. 1 S. 2 GKG. Infolge der Klageerweiterung erhöht sich der Zuständigkeitsstreitwert, sodass die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG begründet sein kann. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO findet angesichts der Änderung des Streitgegenstands keine Anwendung.420 Auf entsprechenden Antrag ist der Rechtsstreit in den einschlägigen Fällen gemäß § 506 Abs. 1 ZPO an das Landgericht zu verweisen. Nach dem Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlung verlieren die bisherigen Prozesshandlungen der Parteien nicht ihre Gültigkeit; auch die Ergebnisse einer Beweisaufnahme können verwertet werden.421 Wird die Erweiterung erst im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt, so könnte bei Nichteinlassung des Beklagten wegen § 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO insoweit kein Versäumnisurteil ergehen. Nach einer Vertagung könnte der Beklagte daher im neuen Termin noch Streitstoff vorbringen, der im vorherigen Termin als verspätet zurückgewiesen worden wäre.422 Eine hinreichende Ankündigung ist aber schon darin zu sehen, dass die Klageerweiterung bereits bei Klageerhebung in Aussicht gestellt wird.423 Eine Klageerweiterung kann auch noch im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgenommen werden.424 Sie verliert allerdings analog § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung, wenn die Berufung gemäß 418 MüKo-ZPO/Becker-Eberhard,

§ 264 Rn. 13; Musielak/Voit/Foerste, § 264 ZPO Rn. 3. Vgl. zum Folgenden auch Müther, MDR 1998, 1335, 1337 f.; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 622 f.; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1623. 419 MüKo-ZPO/Prütting, § 296 Rn. 41. 420 Stein/Jonas/Roth, § 261 ZPO Rn. 43. 421  Müther, MDR 1998, 1335, 1337 f.; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 622; Prechtel, ZAP Fach 13 2010, 1621, 1623. 422  Müther, MDR 1998, 1335, 1337. 423  Ders., MDR 1998, 1335, 1337. Krit. Goebel, PAK 2002, 144 ff., da dies den Beklagten zu einer negativen Feststellungsklage herausfordere und so der Zweck der Teilklage vereitelt werde. 424  BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 160/09, NJW‑RR 2010, 1286, 1287; MüKo-ZPO/ Becker-Eberhard, § 264 Rn. 15.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückgewiesen wird.425 Für eine um den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest erweiterte Teilklage fallen insgesamt Prozesskosten in gleicher Höhe an wie für eine entsprechende Vollklage. b. Restklage Nach Abschluss des Verfahrens über die Teilklage kann der Anspruchsrest zum Gegenstand einer Klage gemacht werden, deren Erhebung nicht durch eine entgegenstehende Rechtskraft gehindert wird. Eine solche Restklage ist jedoch unzulässig, wenn für den Kläger die prozessuale Last bestand, bereits im Vorprozess den gesamten materiellrechtlichen Anspruch gerichtlich geltend zu machen.426 Eine Präklusion der Restklage wurde nach dem Vorbild von § 767 Abs. 3 ZPO sowie § 145 PatG befürwortet, wenn der Kläger den Anspruchsrest bereits im Verfahren über die Teilklage (und sei es auch nur durch einen entsprechenden Vorbehalt) hätte geltend machen können.427 Diese Präklusion stelle sich als interessengerechte Lösung dar, da die Erstreckung der Rechtskraft bei Entscheidungen über verdeckte Teilklagen dogmatisch nicht überzeugen könne.428 Dieser Ansatz ist abzulehnen. Er stützt sich auf Spezialregelungen, die keinen prozessualen Grundsatz zum Ausdruck bringen, wonach die Einklagung eines Anspruchsrests nach zunächst fahrlässiger Nichtgeltendmachung präkludiert wäre.429 Auch wären damit verdeckte Teilklagen generell zwecklos.430 Im Übrigen sind die Voraussetzungen einer solchen Präklusion im Einzelnen schwer zu handhaben.431 Schließlich könnte die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage Auswirkungen auf den Anspruchsrest haben. So wurde die Geltendmachung nur eines Teils als Erlass oder prozessualer Verzicht hinsichtlich des Anspruchsrests ausgelegt.432 In materiellrechtlicher Hinsicht könnte die Erhebung der verdeckten Teilklage als konkludentes Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrags gemäß 425  BGH, Beschl. v. 06. 11. 2014 – IX ZR 204/13, NJW 2015, 251; OLG Nürnberg, Beschl. v. 24. 02. 2003 – 13 U 3187/02, MDR 2003, 770, 771; Musielak/Voit/Ball, § 522 ZPO Rn. 28a; Zöller/Heßler, § 522 ZPO Rn. 37. 426 Vgl. Kuhn, Teilklage, 1933, S. 59. 427  Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 197. 428  Ders., GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 192 f. 429  Assmann, Zweite Erlanger FS Schwab, 2000, S. 1, 19; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 131; Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 86; Musielak, FS Schumann, 2001, S. 295, 300. 430  Vgl. Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 48, der dieser Ansicht unterstellt, sie führe zu einer generellen Unzulässigkeit verdeckter Teilklagen. Dieser Kritikpunkt geht allerdings fehl: verdeckte Teilklagen blieben auch nach dieser Ansicht zulässig, nur mit der Restklage wäre der Kläger präkludiert. 431  Reischl, Grenzen der Rechtskraft, 2002, S. 310 f. 432  Vgl. BGH, Urt. v. 25. 09. 1978 – VII ZR 281/77, NJW 1979, 720; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 154 Rn. 20; MüKo-ZPO/Gottwald, § 322 Rn. 130; BeckOK‑ZPO/Gruber, 15. 09. 2017, § 322 Rn. 26.1; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 48.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

§ 397 Abs. 1 BGB auszulegen sein, vergleiche §§ 133, 157 BGB.433 Selten wird ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Vertrags über den Ausschluss der Klagbarkeit des Anspruchsrests anzunehmen sein.434 An die Auslegung der Erhebung einer verdeckten Teilklage als konkludentes Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrags sind hohe Anforderungen zu stellen.435 Es reicht nicht aus, dass der Kläger nur etwas unterlässt, etwa sich die Geltendmachung des Rests nicht vorbehält.436 Nach dem objektiven Empfängerhorizont geht mit einer verdeckten Teilklage kein entsprechendes Angebot einher.437 Die Beschränkung auf eine Teilklage (so der Beklagte dies überhaupt erkennt) kann verschiedenen Motivlagen geschuldet sein.438 Daher müssen eindeutige Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Klägers (positives Tun in Gestalt bestimmter Erklärungen) vorliegen.439 Nur vor diesem Hintergrund kann die Einlassung des Beklagten auf die verdeckte Teilklage auch als konkludente Annahme des Angebots ausgelegt werden. Ein Erlassvertrag gemäß § 397 Abs. 1 BGB kommt daher im Regelfall nicht zustande.440 Die gleichen Bedenken gelten für den Vertrag über den Ausschluss der Klagbarkeit des Anspruchsrests.441 Allein die Erhebung einer Restklage stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuchliches Verhalten nach den Fallgruppen des widersprüchlichen Verhaltens oder der Verwirkung dar.442 Nach Abschluss des Verfahrens über die Teilklage kann der Kläger noch den Anspruchsrest gerichtlich geltend machen. Wegen der degressiven Gebührenstaffelung sind die Prozesskosten für Teil- und Restklage in der Summe allerdings höher als für eine entsprechende Vollklage. Dies trifft den Kläger ausweislich § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO dann als Nachteil, wenn sowohl Teil- als auch Restklage abgewiesen werden. Zeichnet sich daher ein Unterliegen mit der Teilklage ab, sollte der Kläger bereits in diesem Verfahren eine Erweiterung zur Vollklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vornehmen.

433 Vgl.

434 Vgl.

109.

Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 92. Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 95; Pohle, ZZP 77 (1964), 98,

435 BeckOK‑ZPO/Gruber,

15. 09. 2017, § 322 Rn. 26.1. Kulaksiz, Teilklage, 2004, S. 79; E. Schneider, MDR 1998, 252, 254, der eine solche Auslegung bloßen Schweigens für „willkürlich“ hält. A. A. Kuhn, Teilklage, 1933, S. 54 f. 437 Vgl. Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 93. 438  Vgl. MüKo-BGB/Schlüter, § 397 Rn. 4. 439  Vgl. BGH, Urt. v. 09. 04. 1997 – IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990, 1991; BGH, Urt. v. 15. 07. 1997 – VI ZR 142/95, NJW 1997, 3019, 3021; MüKo-BGB/Schlüter, § 397 Rn. 4. 440  Vgl. auch Marburger, GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 187, 194. 441  Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 96. 442  Vgl. ausführlich Klaus Schmidt, Rechtskrafterstreckung, 1971, S. 96–113; Zeiss, NJW 1968, 1305, 1309. 436 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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3. Ergebnis Sowohl die nachträgliche Erweiterung der Teilklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO als auch die Erhebung einer separaten Restklage sind grundsätzlich möglich. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers sind im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage nicht eingeschränkt. VI.  Beteiligung Dritter am Rechtsstreit Im Fall der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit kann sich die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage für den Folgeprozess als problematisch erweisen. 1. Grundlagen Dritte können vorwiegend auf zwei Wegen an einem Rechtsstreit beteiligt werden, ohne selbst die formale Stellung einer Prozesspartei zu erlangen.443 Diese unterscheiden sich darin, von wem die Initiative zur Beteiligung ausgeht. Entschließt sich ein Dritter aus eigenem rechtlichen Interesse, eine der Parteien eines Prozesses in ihrer Prozessführung bis zum Obsiegen zu unterstützen, so kann er seinen Beitritt als Nebenintervenient erklären, vergleiche §§ 66, 70 ZPO. Im Folgeprozess zwischen dem Nebenintervenienten und der von ihm unterstützten Hauptpartei des Vorprozesses entfaltet sich die Interventionswirkung: Gemäß § 68 Hs. 1 ZPO ist der Nebenintervenient mit der Behauptung ausgeschlossen, der vorangegangene „Rechtsstreit“ sei unrichtig entschieden. Gemeint ist die Behauptung, im Vorprozess sei eine Rechtsfrage aufgrund eines Subsumtionsfehlers unrichtig entschieden.444 Als Beklagter des Folgeprozesses wird er eine solche Behauptung nur aufstellen, wenn sie für ihn vorteilhaft und für den Kläger als Hauptpartei des Vorprozesses nachteilig ist. Feststellungen, die für die Hauptpartei ungünstig sind, hätte er aber bereits im Vorprozess entgegenwirken können und müssen.445 Andererseits bindet die Interventionswirkung das Gericht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die dem Urteil des Vorprozesses zugrunde liegen446 und hat insofern einen anderen

443 Vgl. BGH, Urt. v. 16. 01. 1997 – I ZR 208/94, NJW 1997, 2385, 2386; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 50 Rn. 31; Stein/Jonas/Jacoby, § 67 ZPO Rn. 1; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 56. Vgl. grundsätzlich zum Konzept des Zweiparteiensystems im deutschen Zivilprozessrecht Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 76. 444  Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 248 f.; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 12. 445 Vgl. Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 261. 446 Enger Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 194 f., wonach nur Feststellungen erfasst werden, die die Voraussetzungen von gleichwertigen Alternativverhältnissen des materiellen Rechts betreffen.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Gegenstand als dessen Rechtskraft.447 Die Interventionswirkung greift nur dort, wo der Dritte auch die Möglichkeit hatte, sich im Vorprozess zu äußern.448 Demgegenüber kann eine der Parteien eines Prozesses für den Fall des ungünstigen Ausgangs daran interessiert sein, die dort getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die von der Rechtskraft des Urteils nicht erfasst werden, für einen möglichen Rechtsstreit über Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten zu erhalten. Dazu kann sie dem Dritten den Streit verkünden, vergleiche §§ 72 f. ZPO. Der Streitverkündungsempfänger kann gemäß §§ 66, 70 ZPO als Nebenintervenient beitreten. Die Bindungswirkung im Folgeprozess ergibt sich aus §§ 74 Abs. 1, Abs. 3, 68 ZPO. Die Interventionswirkung dient sowohl öffentlichen als auch privaten Interessen.449 Angesichts ihres Umfangs können aufeinanderfolgende Verfahren450 und sich in ihren Begründungen widersprechende Entscheidungen vermieden werden.451 Dies trägt zu Prozessökonomie452 und Rechtssicherheit453 bei. Zugleich ist nicht nur den Parteien eines Prozesses, sondern auch deren sonstigen Schuldnern ein Mittel in die Hand gegeben, ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen und ihre materiellrechtliche Rechtsposition effektiv zu schützen.454 Dies tritt noch deutlicher hervor, wenn die Zwecksetzung der Interventionswirkung vorwiegend oder gar allein in der Sicherung materiellrechtlicher Zusammenhänge im Verhältnis zwischen den Parteien gesehen wird.455 447  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 50 Rn. 59, 64; Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 192 f.; Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 5–7. 448 BGH, Urt. v.  08. 10. 1981 – VII ZR 341/80, NJW 1982, 281, 282; BGH, Urt. v. 17. 06. 1997 – X ZR 119/94, NJW 1998, 79, 80; Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 11 f.; Wieczorek/Schütze/Mansel, §  68 ZPO Rn. 87; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 138–141. 449 Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 2; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 39. A. A. Eibner, Streitverkündung, 1986, S. 30–32, wonach die Streitverkündung nur im privaten Interesse stehe. 450  BGH, Urt. v. 18. 12. 1961 – III ZR 181/60, NJW 1962, 387; Wieczorek/Schütze/Mansel, § 68 ZPO Rn. 7; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, 1972, S. 135; krit. Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 258. 451  RG, Urt. v. 28. 10. 1911 – VI 33/11, RGZ 77, 360, 365; BGH, Urt. v. 13. 11. 1952 – III ZR 72/52, NJW 1953, 420, 422; BGH, Urt. v. 18. 12. 1961 – III ZR 181/60, NJW 1962, 387; Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 259 f.; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 37. 452 Wieczorek/Schütze/Mansel, § 68 ZPO Rn. 7; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, 1972, S. 135; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 35 f.; krit. Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 181. 453  Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 6, 152; Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 259. 454  Herrmann, Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit, 1988, S. 126–128; Wieczorek/ Schütze/Mansel, § 68 ZPO Rn. 3; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 34. 455 Vgl. auch Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 185, wonach einziger Zweck der Interventionswirkung die Vermeidung widersprechender Feststellungen über gleichwertige Alternativverhältnisse des materiellen Rechts sei; ähnlich R. Bruns, FS Schima, 1969, S. 111, 119; Martens, ZZP 85 (1972), 77, 79–81; krit. Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 29–33.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Die Interventionswirkung erfasst nur solche Feststellungen, auf denen die rechtskräftige Entscheidung des Vorprozesses beruht.456 Fraglich ist die Reichweite der Interventionswirkung in einem Folgeprozess über einen materiellrechtlichen Anspruch, der im Vorprozess nur zum Teil eingeklagt war. 2.  Analyse und Lösung der Probleme Im Vorprozess kann der Kläger eine Teilklage erheben und erst im Folgeprozess gegen den Nebenintervenienten oder Streitverkündungsempfänger auch den zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrest geltend machen. Hier ist fraglich, ob das Gericht auch hinsichtlich der Entscheidung über den zuerst im Folgeprozess geltend gemachten Anspruchsrest an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen aus dem Vorprozess gebunden ist. Der Wortlaut der Norm gibt keinen Aufschluss über die Reichweite der Interventionswirkung.457 Vorwiegend wird mit dem Sinn und Zweck der Regelung argumentiert. a. Meinungsstand Nach einer Ansicht soll die Interventionswirkung gemäß § 68 ZPO im Fall einer im Vorprozess erhobenen Teilklage den gesamten Streitstoff erfassen und damit auch hinsichtlich des im Vorprozess nicht eingeklagten Anspruchsrests an einschlägige tatsächliche und rechtliche Feststellungen binden.458 Die zur Begründung des Urteils getroffenen Feststellungen seien als solche mitunter unteilbar459 und ohne Rücksicht auf die Grenzen des Streitgegenstands von der Interventionswirkung erfasst.460 Dies werde durch einen Vergleich mit dem begrenzten Rechtskraftumfang bei Teilklagen untermauert: Während die Rechtskraft den Streitgegenstand betreffe und bei Teilleistungsklagen in Gestalt von Zahlungsklagen vom Klagebetrag abhänge, existiere diese Abhängigkeit bei der Interventionswirkung und den für sie relevanten Feststellungen nicht.461 456 Vgl. eingehend Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 6–8; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 147–157. 457  Eibner, Streitverkündung, 1986, S. 115; W. Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozeß, 1993, S. 394; P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 131; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 162; a. A. Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 154; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 88; Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 102 f. 458  RG, Urt. v. 24. 03. 1936 – III 108/35, JW 1936, 1966; BGH, Urt. v. 15. 11. 1984 – III ZR 97/83, VersR 1985, 568, 569; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 50 Rn. 60; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 68 ZPO Rn. 7; Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 10. 459  RG, Urt. v. 21. 06. 1935 – III 336/34, JW 1935, 3539; Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001, S. 156 f.; P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 130 f. 460  OLG Hamm, Urt. v. 10. 06. 1987 – 20 U 367/86, NJW‑RR 1988, 155, 156. 461  P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 130; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 162.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Für dieses Ergebnis sprechen auch Belange der Praktikabilität und Prozessökonomie.462 Die sonst erforderliche Abgrenzung der Interventionswirkung könne zu erheblichen Problemen führen.463 Mit einer umfänglichen Interventionswirkung können am ehesten sich in ihren Begründungen widersprechende Entscheidungen vermieden werden.464 Nach anderer Ansicht bleibt die Interventionswirkung im Fall einer im Vorprozess erhobenen Teilklage auf diejenigen Feststellungen beschränkt, die das entsprechende Urteil tragen.465 Begründet wird auch dieser Lösungsansatz mit dem Zweck der Interventionswirkung, sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden.466 Denn ein daran ausgerichtetes Interesse könne die Partei nur hinsichtlich des bereits im Vorprozess eingeklagten und abgeurteilten Teils vorweisen. Eine darüber hinausgehende Bindung des Zweitgerichts benachteilige den Nebenintervenienten oder Streitverkündungsempfänger unangemessen. Dessen Rechtsschutzmöglichkeiten waren im Vorprozess aufgrund des dort begrenzten Streitprogramms eingeschränkt.467 Außerdem könne nur so verhindert werden, dass die Hauptpartei sowohl im Folgeprozess gegen den Nebenintervenienten oder Streitverkündungsempfänger als auch mit einer Restklage gegen den Beklagten des Vorprozesses obsiegt. Mit der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen werde auch eine Doppelbefriedigung des Gläubigers verhindert.468 Ein weiteres Argument folge aus der beschränkten Reichweite der Rechtshängigkeit bei Teilklagen: Werden Teilklagen im Rahmen mehrerer Vorprozesse parallel erhoben und dort jeweils der Dritte beteiligt, so könne der Kläger im einen Verfahren unterliegen, im anderen obsiegen. Es sei unklar, zu welchem Ergebnis eine Erstreckung der Interventionswirkung bei einer Vollklage im Folgeprozess kommen soll. Hier führe nur eine Beschränkung der Reich462  BGH, Urt. v. 21. 05. 1969 – VIII ZR 141/67, NJW 1969, 1480, 1481; P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 130; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 162 f. 463  BGH, Urt. v. 21. 05. 1969 – VIII ZR 141/67, NJW 1969, 1480, 1481. 464  OLG Hamm, Urt. v. 10. 06. 1987 – 20 U 367/86, NJW‑RR 1988, 155, 156. Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001, S. 152 f. hält die Gefahr eines „Anspruchsverlust[s]“ durch widersprechende Entscheidungen für hinnehmbar. 465 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 68 ZPO Rn. 3, wo allerdings unklar bleibt, was mit „Teilklage nach § 301“ gemeint ist. 466  Vgl. zum Folgenden KG, Urt. v. 15. 01. 1917 – 4 U 5575/16, JW 1918, 56, 57; BeckOK‑ ZPO/Dressler, 15. 09. 2017, § 68 Rn. 13.1; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 88; Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 104. 467  Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 200 f.; Wieczorek/Schütze/Mansel, § 68 ZPO Rn. 124; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 88; Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 105; a.  A. P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 132; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 163. Relativierend hinsichtlich des Problems der Zuständigkeit Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001, S. 153 f. 468  Eibner, Streitverkündung, 1986, S. 116–118; Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 200; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 89; krit. Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 163 f.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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weite der Interventionswirkung zu angemessenen Ergebnissen.469 Nicht zuletzt bleiben auch die Wirkungen der Rechtskraft auf den jeweils eingeklagten Teil beschränkt.470 Dieses Ergebnis werde auch durch die Entstehungsgeschichte des § 68 ZPO vorgezeichnet.471 b. Stellungnahme aa.  Vorüberlegung und Eingrenzung des Problemkreises Bevor auf die Argumente eingegangen werden soll, ist eine Standortbestimmung erforderlich. Insbesondere muss geklärt werden, nach welchem Wirkmechanismus sich die Interventionswirkung entfaltet. Denn eine generelle Erstreckung auf im Vorprozess nicht geltend gemachte Teile sieht sich bei oberflächlicher Betrachtung erheblichen Einwänden ausgesetzt. Die Interventionswirkung erfasst nur solche Feststellungen, die auch Grundlage eines Urteils im Vorprozess geworden sind. Nach dem Mündlichkeitsgrundsatz gemäß § 128 Abs. 1 ZPO wird nur solcher Prozessstoff Grundlage eines Urteils, der auch in die mündliche Verhandlung eingeführt wurde.472 Es erscheint daher fraglich, wie die Interventionswirkung auf solche Feststellungen erstreckt werden kann, die einen im Vorprozess gar nicht geltend gemachten Teil betreffen. Daher sei die Interventionswirkung jedenfalls dann auf den im Vorprozess geltend gemachten Teil beschränkt, wenn auch die dort getroffenen Feststellungen umfänglich beschränkt oder gegenständlich begrenzt sind.473 Deutlich wird dies in folgendem Beispiel: A verpflichtet sich, an den B einen Warenbestand im Wert von 5.000 Euro zu liefern und B verkauft diesen sogleich weiter an C.474 Liefern A und in der Folge B nur mangelhafte Ware, so kann C gegen den B zunächst Teilklage auf Schadensersatz mit der Begründung erheben, dass jedenfalls ein Teil des Warenbestandes von der Mangelhaftigkeit betroffen sei. B verkündet A den Streit. Gibt das Gericht der Klage mit der Feststellung statt, der betreffende Teil sei mangelhaft gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, so kann dies nicht der Entscheidung im Folgeprozess zwischen B und A auch hinsichtlich des Rests des Warenbestandes zugrunde gelegt werden. Die 469 

Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 156. diesen Vergleich mit dem begrenzten Umfang der Rechtskraft bei Teilklagen Eibner, Streitverkündung, 1986, S. 115; Gerhardt, ZZP 108 (1995), 546, 551; Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 201; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 38; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 154 f.; W. Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozeß, 1993, S. 396 f.; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 88 f. 471  KG, Urt. v. 15. 01. 1917 – 4 U 5575/16, JW 1918, 56, 56 f.; abl. P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 131. 472 MüKo-ZPO/Fritsche, § 128 Rn. 11. 473 Vgl. Stahl, Beiladung und Nebenintervention, 1972, S. 136. 474  Fallbeispiel nach Martens, ZZP 85 (1972), 77, 82; Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 280. 470 Für

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Feststellung der Mangelhaftigkeit eines Teils des Warenbestandes hat keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der Beschaffenheit des verbliebenen Warenbestandes. Dieses Fallbeispiel wird angeführt, um eine Entscheidung über die Reichweite der Interventionswirkung bei einer im Vorprozess erhobenen Teilklage herbeizuführen.475 Bei genauer Betrachtung jedoch erweist es sich als irreführend. In einer solchen Konstellation kommt eine Erstreckung der Interventionswirkung auf den im Folgeprozess erstmals geltend gemachten Rest von vornherein nicht in Betracht. Die gegenständliche Abgrenzbarkeit von Feststellungen ist kein valides Argument für die Beschränkung der Interventionswirkung. Sie erfasst nur solche tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die in Vor- und Folgeprozess identisch der jeweiligen Entscheidung zugrunde liegen. Die hier im Vorprozess über die Teilklage getroffenen und von der Interventionswirkung erfassten tatsächlichen Feststellungen (Mangelhaftigkeit eines Teils des Warenbestandes) sind nicht die gleichen, die für eine Entscheidung über den im Folgeprozess erstmals geltend gemachten Rest zu treffen sind (Mangelhaftigkeit des restlichen Warenbestandes).476 Hinsichtlich der diesen Rest betreffenden Tatsachen handelt es sich um einen Komplex, der im Folgeprozess rechtlich eigenständig und neu beurteilt werden muss, sodass eine Bindung an im Vorprozess getroffene Feststellungen von vornherein ausscheidet.477 Von der Interventionswirkung werden nur solche Feststellungen erfasst, die das Verhältnis zwischen den Beteiligten einheitlich bestimmen und insofern „unteilbar“ sind. Liegen die Voraussetzungen der Interventionswirkung vor, so erfasst sie auch einen erst im Folgeprozess geltend gemachten Teil. Zur Illustration bietet sich das Beispiel einer im Vorprozess erhobenen Teilleistungsklage auf Zahlung aufgrund eines Vermächtnisses, vergleiche § 2174 BGB, an, die wegen Formnichtigkeit des notariellen Testaments abgewiesen wird.478 Die Formnichtigkeit erfasst das gesamte Testament. Wurde dem Notar im Vorprozess der Streit verkündet oder ist er beigetreten, so ist eine solche Feststellung auch hinsichtlich des erst im Folgeprozess gegen den Notar geltend gemachten Rests zu berücksichtigen. bb.  Kritische Betrachtung der dargestellten Lösungsansätze Die dargestellten Lösungsansätze argumentieren mit den gleichen Kategorien, kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dieses Kuriosum und die Validität der jeweiligen Argumente sollen im Folgenden untersucht werden. 475 

Wieser, ZZP 79 (1966), 246, 280. Vgl. Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 8. 477 Ähnlich Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 155 f.; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 143 f. 478  Fallbeispiel bei Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 200. 476 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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(1)  Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen Eine dieser Kategorien ist der Zweck der Vermeidung von Entscheidungen, die sich in ihren Begründungen widersprechen. Er wird zum einen zur Begründung der Ausdehnung der Interventionswirkung ins Feld geführt. Gerade weil bestimmte Feststellungen „unteilbar“ seien, müssten sie dem Verhältnis zwischen den Beteiligten in allen Prozessen einheitlich zugrunde gelegt werden. Die Interventionswirkung des Urteils über eine Teilklage erfasse auch den nicht eingeklagten Rest. Dieses Anliegen ist am oben angeführten Beispiel der formnichtigen notariellen Urkunde nachvollziehbar geworden. Zwingend ist ein solcher Rückschluss nicht. Auch bei den hier als unteilbar bezeichneten Feststellungen könne die Interventionswirkung auf den im jeweiligen Verfahren abgeurteilten Teil beschränkt bleiben. Nur so könne vermieden werden, dass im obigen Fall der Vermächtnisnehmer den Schadensersatzanspruch voll gegen den Notar durchsetzt und zugleich noch wegen der beschränkten Rechtskraftwirkung der Teilklage den Rest gegen den Beschwerten erfolgreich einklagt.479 Hier wird der Zweck der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen nicht unter dem Aspekt der Unteilbarkeit von Feststellungen, sondern unter dem Aspekt der Vermeidung einer doppelten Befriedigung des Klägers betrachtet. Dieser Gedanke ist zwar isoliert betrachtet berechtigt, trägt aber nicht zur Problemlösung bei. Denn die Gefahr der Doppelbefriedigung besteht auch dann noch, wenn die Interventionswirkung auf den im Vorprozess geltend gemachten Teil beschränkt bleibt. Sie ist schlicht Folge des beschränkten Rechtskraftumfangs der Teilklage im Vorprozess.480 Die Reichweite der Interventionswirkung ist nicht die richtige Stellschraube, um die befürchtete Doppelbefriedigung zu vermeiden. Wozu sie beitragen kann, ist die Koordinierung von Prozessen, die auf das gleiche materiellrechtliche Ziel gerichtet sind und die Vermeidung von Entscheidungen, die sich in ihren Begründungen widersprechen. Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit sollte Gradmesser weniger die Furcht vor doppelter Befriedigung als vielmehr das Interesse eines Anspruchstellers sein, überhaupt befriedigt zu werden. Dafür soll eine vergleichende Risikoanalyse angestellt werden. Wird im obigen Fall das Testament im Vorprozess als formnichtig angesehen, ist das Gericht im Folgeprozess gegen den Notar bei der Beurteilung des bereits im Vorprozess geltend gemachten Teils an diese Feststellung gebunden. Beschränkt sich die Interventionswirkung darauf, kann das Gericht im Folgeprozess bei der Beurteilung des dort erstmals eingeklagten Rests zum Schluss kommen, das Testament sei formwirksam. Dies dürfte der Kläger nicht nur als ungerecht, sondern als geradezu unerträglich empfinden: Wie soll ein Testament zugleich formwirksam und formnichtig sein? Bei Ausdehnung der Reichweite der Interventionswirkung ist das Gericht hinsichtlich des gesamten 479 Vgl. 480 

dens., ZZP 84 (1971), 179, 200 f. Vgl. dazu auch Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 164.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Klagebetrags an die Feststellung über die Formnichtigkeit des Testaments aus dem Vorprozess gebunden. Dies dürfte zu mehr Rechtssicherheit führen.481 Die Gefahr einer Doppelbefriedigung des Klägers tritt unabhängig von der Reichweite der Interventionswirkung auf. Sie mag im Fall der Ausweitung der Interventionswirkung größer sein, weil hier die Entscheidung über die Vollklage im Folgeprozess weitgehend vorgezeichnet ist. Dies rechtfertigt es aber nicht, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Verhältnis zu Dritten, die gemäß §§ 64 ff. ZPO beteiligt werden, präventiv zu beschneiden. Vielmehr hält das Recht ausreichende Abwehrmöglichkeiten bereit, um einer Doppelbefriedigung in Gestalt einer Restklage im Vorprozess entgegenzuwirken: Der Beklagte kann zwar nicht den Einwand anderweitiger Rechtskraft erheben, wohl aber den des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens.482 Die Gefahr der Doppelbefriedigung kann daher keine Entscheidung zugunsten der Beschränkung der Reichweite der Interventionswirkung herbeiführen. Zwar nehmen beide Ansichten für sich in Anspruch, sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Allerdings kann die konkrete Ausformung, die eine der beiden Ansichten formuliert (nämlich die Unterbindung einer Doppelbefriedigung) auf dem Weg der Beschränkung der Interventionswirkung gar nicht erreicht werden. In der Argumentation plausibler und im Hinblick auf das Ziel der Stärkung der Rechtssicherheit effektiver ist es, die Interventionswirkung bei einer im Vorprozess erhobenen Teilklage auf den dort nicht eingeklagten Rest auszuweiten. (2)  Vergleich mit der Rechtskraftwirkung Zum anderen folgern beide Ansichten ihre gegensätzlichen Schlüsse aus einem Vergleich mit dem Institut der Rechtskraft. Einerseits sei die Interventionswirkung auszudehnen, weil sie im Unterschied zur materiellen Rechtskraft nicht an den Streitgegenstand des Vorprozesses gebunden sei. Andererseits wurde vertreten, die Interventionswirkung gerade deshalb zu beschränken, weil auch die Rechtskraftwirkung auf den abgeurteilten Streitgegenstand beschränkt sei. Zur Auflösung dieses argumentativen Konflikts ist das Verhältnis von materieller Rechtskraft und Interventionswirkung zu untersuchen. Bei der Interventionswirkung handelt es sich nicht um eine Form (etwa eine Erstreckung) der Rechtskraftwirkung, sondern eine Entscheidungswirkung sui generis.483 Sowohl die Rechtskraft- als auch die Interventionswirkung sind Folge eines formell rechts481  Anzuerkennen ist jedoch, dass sich zumindest der Lösungsansatz Häsemeyers allein der Sicherung gleichwertiger Alternativverhältnisse des materiellen Rechts verschrieben hat und Belange der Rechtssicherheit dabei nicht berücksichtigt. Nichtsdestoweniger werden diese in noch viel stärkerem Maße berührt. 482 Ähnlich Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 165. 483 MüKo-ZPO/Schultes, § 68 Rn. 6; Musielak/Voit/Weth, § 68 ZPO Rn. 3.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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kräftigen Urteils und stellen sich damit als „Ausprägung eines einheitlichen Konzepts zivilprozessualer Bindungswirkung“484 dar, die im Sinne einer „Fern­ wirkung“ die Effektivität der Teilhaberechte verschiedener Beteiligter eines Zivilprozesses absichern.485 Jedoch unterscheiden sich Rechtskraft- und Interventionswirkung deutlich in ihren Bezugspunkten und Zwecksetzungen.486 Während die Rechtskraft an die Entscheidung über den Streitgegenstand anknüpft, erfasst die Interventionswirkung auch rechtliche und tatsächliche Feststellungen als Entscheidungsgründe und damit die Richtigkeit der Entscheidung.487 Die Rechtskraftwirkung bindet an Rechtsfolgen, die Interventionswirkung an Feststellungen zu Voraussetzungen.488 Die Bindung des Umfangs der Rechtskraft an den Streitgegenstand, nicht an Entscheidungsgründe, erklärt sich mit der Absicht des Gesetzgebers, den Parteien keine zu weitreichende Bindungswirkung zuzumuten, die sie zum Zeitpunkt eines Prozesses nicht zur Genüge absehen können. Wollen die Parteien eine weiter reichende Bindung, so können sie dies aufgrund ihrer Dispositionsbefugnis selbst bestimmen. Die Interventionswirkung dagegen geht zulasten eines Dritten. Dieser ist gerade nicht Partei und kann auf den Streitgegenstand auch keinen Einfluss nehmen. Dass die Bindung durch die Interventionswirkung gleichwohl auf die Entscheidungsgründe ausgedehnt wird, ist durch die mit der Streitverkündung oder Nebenintervention einhergehende Warnung des Dritten gerechtfertigt: Von einer weitreichenden Bindung an Vorfragen kann er nicht mehr überrascht sein.489 Diese Betrachtung der Unterschiede lässt es fragwürdig, wenn nicht gar logisch unzulässig erscheinen, die Interventionswirkung an den gleichen Grenzen wie die Rechtskraft zu bemessen. Eine Begründung dafür führen die Vertreter der Beschränkung der Interventionswirkung mitunter nicht an.490 Selbst die Begründung, eine Anknüpfung an den Streitgegenstand sei erforderlich, um bei der Beteiligung Dritter die Alternativität der materiellrechtlichen Rechtsverhältnisse zu sichern,491 verfängt nicht. Denn Zweck einer solchen Absicherung kann es

484  So schon der Untertitel bei Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001. Vgl. zur „Wesensgleichheit“ der Wirkungsweise auch Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 22–24. 485  Vgl. dazu Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001, S. 198 f. 486  Vgl. Stein/Jonas/Jacoby, § 68 ZPO Rn. 5; P. W. Schäfer, Nebenintervention und Streitverkündung, 1990, S. 128 f.; Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 132; Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 22. 487  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 50 Rn. 59; krit. Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 129. 488 Vgl. Schwanecke, Nebenintervention und Rechtskraftwirkung, 1975, S. 130 f. 489  Vgl. zum Vorstehenden Diedrich, Die Interventionswirkung, 2001, S. 199 f. 490 Vgl. Eibner, Streitverkündung, 1986, S. 115; Gerhardt, ZZP 108 (1995), 546, 551; Kuhn, Teilklage, 1933, S. 38; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 88. 491 So Häsemeyer, ZZP 84 (1971), 179, 200.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

letztlich nur sein, eine Doppelbefriedigung des Gläubigers zu vermeiden. Dies ist aber kein geeignetes Argument zur Lösung des Problems.492 Schließlich sei die Interventionswirkung beschränkt, weil deren Voraussetzung (die formelle Rechtskraft eines Urteils) bei Teilklagen ebenfalls beschränkt sei.493 Gegen eine solche Beschränkung des Aussagegehalts der formellen Rechtskraft lässt sich nichts einwenden. Dennoch streitet dieser Gedanke nicht für die Beschränkung der Interventionswirkung. Die formelle Rechtskraft hat lediglich zum Inhalt, dass eine Entscheidung unangreifbar ist, also durch eine höhere Instanz nicht abgeändert werden kann.494 Sie wird anders als etwa die materielle Rechtskraft nicht in einem Folgeprozess relevant und ist daher keine Art der Bindungswirkung, aus deren Reichweite sich Rückschlüsse über den Umfang der Interventionswirkung ziehen lassen. Die Argumentation für eine Beschränkung der Interventionswirkung mag davon beeinflusst sein, dass die Interventionswirkung solche Feststellungen erfasst, die dem Urteil über den Streitgegenstand des Vorprozesses zugrunde liegen. Das koppelt den Umfang der Interventionswirkung aber weder in seinen Bezugspunkten noch in seiner Zwecksetzung an den Streitgegenstand. Der Begriff des Streitgegenstands ist im hier zu beurteilenden Problemkreis nicht mehr als ein Etikett für den Bezugspunkt der Rechtskraft. In keinem Fall eint er Rechtskraft und Interventionswirkung. Auch wenn beide Lösungsansätze einen Vergleich mit dem Umfang der Rechtskraft anstellen, so überzeugt nur die Ansicht, die die Reichweite der Interventionswirkung als davon unabhängig erachtet. Neben diesen öffentlichen Belangen stehen auch die Interessen der Beteiligten einer Ausdehnung der Reichweite der Interventionswirkung im Fall einer im Vorprozess erhobenen Teilklage nicht entgegen. Erhebt der Kläger im Vorprozess eine offene Teilklage, so kann sich der Dritte schon zu diesem Zeitpunkt auf einen im Folgeprozess höheren Klagebetrag einstellen. Zwar ist er sowohl bei offener als auch verdeckter Teilklage mangels Einflusses hinsichtlich des Streitgegenstands im Vorprozess an den beschränkten Umfang der Teilklage gebunden. Dies könnte insofern problematisch sein, als das Institut der Interventionswirkung seine Berechtigung im Wesentlichen aus der Gewährung rechtlichen Gehörs für den Dritten und entsprechende Einflussmöglichkeiten bereits im Vorprozess zieht.495 Dennoch liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG vor.496 Gegenstand des Einflusses des Dritten ist nicht der Streitgegenstand als solcher, sondern die bereits 492 

Vgl. dazu oben S. 167. Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, 1976, S. 154. 494  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, §  149 Rn. 1; MüKo-ZPO/ Götz, § 705 Rn. 1. 495  Vgl. nur Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S. 89. 496 Vgl. Wieczorek/Schütze/Mansel, § 68 ZPO Rn. 87. Zur verfassungskonformen Auslegung des § 68 ZPO vgl. auch Ziegert, Die Interventionswirkung, 2003, S. 42 f. 493 Vgl.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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dem eingeklagten Teil zugrunde liegenden rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen. 3. Ergebnis Selbst wenn der Kläger des Vorprozesses nur eine Teilklage erhoben hat, erstreckt sich die Interventionswirkung im Folgeprozess auch auf den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest. Damit entstehen dem Kläger im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage keine Nachteile. VII.  Sachliche Zuständigkeit von Gerichten Im Folgenden ist zu untersuchen, welche Probleme der sachlichen Zuständigkeit von Gerichten die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage aufwirft. 1. Grundlagen Wesen und Zwecksetzung der Regelungen zur sachlichen Zuständigkeit der Gerichte wurden bereits erörtert.497 Diese Erwägungen werden auch im Folgenden relevant. 2.  Analyse und Lösung der Probleme Der Wechsel der streitwertabhängigen sachlichen Zuständigkeit vom Land- zum Amtsgericht infolge der Verweisung auf eine Teilklage könnte zunächst das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG berühren. Zum anderen mag sich der Kläger erhofft haben, vor dem Landgericht in den Genuss bestimmter materiellrechtlicher oder prozessualer Vorteile zu kommen. Auch hier ist zu prüfen, ob schutzwürdige Interessen verletzt sind. a.  Recht auf den gesetzlichen Richter Das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ist ein wesentlicher Baustein des Rechtsstaatsgebots498 und dient der Rechtssicherheit499 und dem rechtsstaatlichen Objektivitätsgebot.500 Danach muss der zuständige Richter in einem Gerichtsverfahren bereits im Voraus 497 

Vgl. dazu oben S. 64. Beschl. v. 03. 12. 1975 – 2 BvL 7/74, NJW 1976, 283; Sachs/Degenhart, Art. 101 GG Rn. 2; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 1. 499  BVerfG, Beschl. v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 291, 656/64, NJW 1967, 99, 100. 500  BVerfG, Beschl. v. 31. 05. 1990 – 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159, 194; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 101 GG Rn. 1. 498 BVerfG,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

generell und abstrakt, also unabhängig von einer konkreten Streitsache und den Beteiligten eines Verfahrens hinreichend bestimmt sein.501 Dies hat im ersten Schritt durch ein formelles Gesetz des parlamentarischen Gesetzgebers zu erfolgen.502 Die Regelungen gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG über die sachliche Zuständigkeit sind eine Ausgestaltung der Garantie des gesetzlichen Richters.503 Eine Verletzung kommt in Betracht, wenn der gesetzliche Richter für ein Gerichtsverfahren nicht hinreichend im Voraus bestimmt ist504 oder er durch Verstoß gegen die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen entzogen wird.505 Ob einer dieser Fälle bei der Zuständigkeitsverschiebung infolge der Beschränkung auf eine Teilklage vorliegt, soll im Folgenden untersucht werden. aa.  Hinreichende Bestimmung des gesetzlichen Richters Bei der Schaffung von Zuständigkeitsregelungen muss eine Beeinträchtigung des Rechts von einer bloßen normativen Ausgestaltung des normgeprägten Schutzbereichs, wie Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ihn aufweist,506 abgegrenzt werden. Dazu ist der Inhalt der gesetzgeberischen Pflicht zur normativen Aus-

501 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 30. 03. 1965 – 2 BvR 341/60, NJW 1965, 1223; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 08. 04. 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 329; Degenhart, HStR V, 32007, S. 725, 749; Sachs/Degenhart, Art. 101 GG Rn. 5; Henkel, Der gesetzliche Richter, 1968, S. 18; Maunz/Dürig/Maunz, Art. 101 GG Rn. 8; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke/ Müller-Terpitz, Art. 101 GG Rn. 5, 10; T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 44. Zum Gehalt als institutionelle Garantie und grundrechtsgleiches Recht (beides str.) vgl. Henkel, Der gesetzliche Richter, 1968, S. 6–11; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 1, 4; Marx, Der gesetzliche Richter, 1969, S. 59–62; Maunz/Dürig/Maunz, Art. 101 GG Rn. 5 f.; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 101 GG Rn. 1. 502  BVerfG, Beschl. v. 18. 05. 1965 – 2 BvR 40/60, NJW 1965, 2291, 2292; v. Mangoldt/ Klein/Starck/Classen, Art. 101 Abs. 1 GG Rn. 17; Sachs/Degenhart, Art. 101 GG Rn. 6a; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 16; Marx, Der gesetzliche Richter, 1969, S. 21–26; Maunz/Dürig/Maunz, Art.  101 GG Rn.  19; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke/MüllerTerpitz, Art. 101 GG Rn. 10. 503  BVerfG, Beschl. v. 10. 06. 1953 – 1 BvF 1/53, BVerfGE 2, 307, 320; Sachs/Degenhart, Art. 101 GG Rn. 6a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grdz § 1 ZPO Rn. 2; Musielak/ Voit/Heinrich, § 1 ZPO Rn. 1; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 16; Marx, Der gesetzliche Richter, 1969, S. 28 f.; T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 44; Zöller/Vollkommer, § 1 ZPO Rn. 2. 504  BVerfG, Beschl. v. 18. 05. 1965 – 2 BvR 40/60, NJW 1965, 2291, 2292; Sachs/Degenhart, Art. 101 GG Rn. 10. 505 Zur Unterscheidung der leistungsrechtlichen und der abwehrrechtlichen Dimension des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG vgl. allg. v. Mangoldt/Klein/Starck/Classen, Art. 101 Abs. 1 GG Rn. 24; Henkel, Der gesetzliche Richter, 1968, S. 15 f.; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 101 GG Rn. 8; T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 61. 506  BVerfG, Beschl. v. 18. 05. 1965 – 2 BvR 40/60, BVerfGE 19, 52, 60; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 08. 04. 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 327 f.; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 101 GG Rn. 1; T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 79.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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gestaltung des Schutzbereichs zu bestimmen. In negativer Abgrenzung dazu kann eine Beeinträchtigung festgestellt werden.507 Umstritten ist zunächst, ob der Gesetzgeber lediglich für ein Mindestmaß (Untermaßverbot) oder vielmehr ein Maximum (Optimierungsgebot) an Genauigkeit der Zuständigkeitsvorschriften sorgen muss.508 Ausgehend von Letzterem stelle bereits „jede vermeidbare Ungenauigkeit der gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung“509 eine Beeinträchtigung dar. Eine solche Ungenauigkeit liegt im Fall der Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts einer Teilklage vor. Hier ist jedenfalls umstritten und damit nicht eindeutig zu beantworten, welcher Bezugspunkt zu wählen ist: der eingeklagte Teil oder das Ganze.510 Eine gesetzliche Klärung ist nicht erfolgt. Diese Unsicherheit könnte eine Beeinträchtigung des Rechts auf den gesetzlichen Richter darstellen. Diese Fragestellung lässt sich nicht umgehen, indem man sich einer der zur Lösung dieses Problems vertretenen Ansichten anschließt und danach behauptet, die Zuständigkeit stehe ja fest.511 Zwar muss sich der gesetzliche Richter „möglichst eindeutig“512 aus der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung ergeben. Überwiegend wird dem Gesetzgeber aber ein Maß an Bestimmtheit zugestanden, das es auch zulässt, den gesetzlichen Richter noch nicht endgültig zu bestimmen, soweit sachfremde Einflüsse ausgeschlossen sind.513 Nur so werde man neben dem Gebot der größtmöglichen Vorhersehbarkeit des gesetzlichen Richters auch dem Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes (etwa durch Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und des Einzelfalls) gerecht.514 Es sei daher zulässig, 507 

T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 80. zum Problemaufriss dens., Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000,

508  Vgl.

S. 81.

509 

Ders., Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 87. Vgl. dazu oben S. 36 ff. 511  So aber Fuchs, JW 1895, 32; zur a. A. allg. Muskat, ZZP 12 (1888), 335, 337. 512 BVerfG, Urt. v. 16.  01. 1957 – 1 BvR 134/56, NJW 1957, 337; BVerfG, Beschl. v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 291, 656/64, NJW 1967, 99, 100. 513  Vgl. BVerfG, Urt. v. 19. 03. 1959 – 1 BvR 295/58, BVerfGE 9, 223, 226 f.; BVerfG, Beschl. v. 18. 05. 1965 – 2 BvR 40/60, BVerfGE 19, 52, 60; BVerfG, Beschl. v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 291, 656/64, BVerfGE 20, 336, 344; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 08. 04. 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 329–333; Marx, Der gesetzliche Richter, 1969, S. 23 f.; Maunz/Dürig/ Maunz, Art. 101 GG Rn. 25 f.; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke/Müller-Terpitz, Art. 101 GG Rn. 11 f. Krit. dazu Bettermann, AöR 94 (1969), 263, 292. Vgl. zum Optimierungsgebot Henkel, Der gesetzliche Richter, 1968, S. 18–21; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 26; T. Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter, 2000, S. 86–91. 514  Vgl. BVerfG, Urt. v. 19. 03. 1959 – 1 BvR 295/58, BVerfGE 9, 223, 226 f.; BVerfG, Beschl. v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 291, 656/64, BVerfGE 20, 336, 344; Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke/Müller-Terpitz, Art. 101 GG Rn. 12. Der Gegenansicht muss zugegeben werden, dass es dogmatisch fragwürdig erscheint, wenn die h. M. bereits im Schutzbereich eine Abwägung zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit vornimmt, die man eher i. R. d. verfassungsrechtlichen Rechtfertigung vermuten würde. 510 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

wenn der gesetzliche Richter nicht in jedem Fall eindeutig bestimmt ist und sich erst durch Auslegung ergibt.515 Auch dürfen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, soweit dies sachlich geboten ist.516 Schließlich seien bei deren Auslegung die Vorgaben des Grundgesetzes zu berücksichtigen.517 Es sei unschädlich, wenn hierbei Probleme auftreten können,518 entscheide über solche Fragen doch der Spruchkörper in einem rechtlich geregelten, methodisch voraussehbaren und von Willkür freien Verfahren.519 Der Tatbestand der Zuständigkeitsvorschriften gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 ZPO knüpft an den Wert des Streitgegenstands an. Der Streitgegenstand wurde als Begriff vom Gesetzgeber nicht bereits vorgefunden. Es handelt es sich vielmehr um einen Terminus, dessen Bedeutung erst durch Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Ordnung erfasst werden kann. Er lässt sich daher als auslegungsbedürftiger normativer Rechtsbegriff einordnen. Eine solche Unbestimmtheit berührt noch nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter. Sie ist nicht sachfremden Erwägungen geschuldet: Die Anknüpfung an den Zuständigkeitsstreitwert dient dem Ziel materieller Einzelfallgerechtigkeit.520 Dies lässt das in der möglichst eindeutigen Bestimmung des Richters zum Ausdruck kommende Gebot der Rechtssicherheit zurücktreten. Die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts erfolgt durch Richter, die zum einen unabhängig sind und sich zugleich auf neutrale Kriterien zur Streitwertfestsetzung (Bemessung am eingeklagten Geldbetrag oder Schätzung nach § 3 ZPO) stützen können. Der Gesetzgeber ist damit seiner aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Verpflichtung zur Schaffung einer hinreichend bestimmten Zuständigkeitsordnung nachgekommen. bb.  Keine Entziehung des gesetzlichen Richters Dem Kläger darf der gesetzliche Richter nicht entzogen werden, indem dessen Entscheidung durch einen Hoheitsträger verhindert oder beeinträchtigt wird.521 Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Rechtsstreit in manipulativer, willkürlicher und sachfremder Weise522 einem anderen Richter zugewiesen wird. 515  BVerfG, Beschl. v. 09. 05. 1978 – 2 BvR 952/75, NJW 1978, 2499, 2500; v. Mangoldt/ Klein/Starck/Classen, Art. 101 Abs. 1 GG Rn. 20. 516  BVerfG, Urt. v. 19. 03. 1959 – 1 BvR 295/58, BVerfGE 9, 223, 229; BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 08. 04. 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 331 f.; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 26; Maunz/Dürig/Maunz, Art. 101 GG Rn. 27. 517  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 7 Rn. 12. 518 Maunz/Dürig/Maunz, Art. 101 GG Rn. 26. 519  BVerfG, Beschl. d. Plenums v. 08. 04. 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322, 330, 333. 520  Vgl. dazu oben S. 36 ff.; 64. 521  E. Kern, Der gesetzliche Richter, 1927, S. 185 f.; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 21. 522  Vgl. zu diesen Kriterien auch BVerfG, Urt. v. 19. 03. 1959 – 1 BvR 295/58, NJW 1959,



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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In den Fokus rückt zu dieser Frage einerseits eine im Recht der Prozesskostenhilfe vorgesehene Teilklagelast. Dadurch verweist der Gesetzgeber den Kläger auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage, wodurch nicht mehr das Landgericht, sondern das Amtsgericht sachlich zuständig sein kann. Mit dieser Vorgabe werden die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen nicht in unzulässiger Weise modifiziert. Eine solche Verhaltensanforderung gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO kann vielmehr durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.523 Zum anderen ist das Verhalten eines Spruchkörpers am Landgericht zu untersuchen, der sich bei einer Teilklage mit einem Zuständigkeitsstreitwert unterhalb der Wertgrenze gemäß § 23 Nr. 1 GVG für sachlich unzuständig erklärt und die Klage als unzulässig abweist, obwohl für eine entsprechende Vollklage die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben wäre. Ausgeklammert bleiben evidente Fälle, in denen das Gericht die Zuständigkeitsvorschriften derart fehlerhaft anwendet, dass es dabei Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG grundlegend verkennt.524 Abgesehen davon werden für die Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts bei Teilklagen verschiedene Ansichten vertreten, sodass auch das Gericht zu verschiedenen Ergebnissen kommen kann. Dies stellt keine Beeinträchtigung dar, sondern ist vielmehr Ausdruck der Auslegungsbedürftigkeit des für den Zuständigkeitsstreitwert relevanten Begriffs des Streitgegenstands. Unter keinem Aspekt wird dem Kläger daher der gesetzliche Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG entzogen. b. Verlust der Vorteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers vor dem Landgericht Mit einer Vollklage, deren Zuständigkeitsstreitwert die Wertgrenze gemäß § 23 Nr. 1 GVG übersteigt, gelangt der Kläger zum Landgericht und genießt bei einer Verhandlung und Entscheidung durch einen dortigen Spruchkörper unter Umständen materiellrechtliche oder prozessuale Vorteile. Darauf muss er verzichten, wenn für eine Teilklage das Amtsgericht sachlich zuständig ist. Zu prüfen ist im Folgenden, welche Vorteile dem Kläger hier verwehrt werden und ob dadurch schutzwürdige Interessen verletzt sind.

871; BVerfG, Beschl. v. 24. 03. 1964 – 2 BvR 42, 83, 89/63, NJW 1964, 1020, 1020 f.; BVerfG, Beschl. v. 09. 05. 1978 – 2 BvR 952/75, NJW 1978, 2499; BVerfG, Beschl. v. 14. 06. 2007 – 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05, NJW 2007, 2977, 2981; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 3, 8. 523  Vgl. dazu oben S. 100; 104. 524  Vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 10. 07. 1990 – 1 BvR 984, 985/87, BVerfGE 82, 286, 299.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

aa.  Zwecksetzung der Aufteilung erstinstanzlicher Zuständigkeit Dabei ist zunächst zu bedenken, ob der durch die Beschränkung auf eine Teilklage herbeigeführte Zuständigkeitswechsel noch mit dem Zweck der Aufteilung der erstinstanzlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgerichten525 vereinbar ist. Bei der gerichtlichen Klärung von Streitsachen mit geringem Zuständigkeitsstreitwert sollen nicht unnötig hohe Prozesskosten entstehen. Dieses Ziel steht im Interesse des Klägers und der Allgemeinheit. Gemessen an dem dahinter stehenden Gesamtanspruch mag eine Teilklage nicht von geringfügiger Bedeutung sein. Dennoch wird der Kläger nicht abgeneigt sein, eine Klärung durch ein Amtsgericht herbeizuführen, bei dem er wegen der örtlichen Nähe und der Postulationsfähigkeit gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO Rechtsanwalts- und Reisekosten spart.526 Streitsachen von geringfügigem Wert sind auch deshalb den Amtsgerichten zugewiesen, weil sie dort kostensparend durch einen Einzelrichter gemäß § 22 Abs. 1, 4 GVG und nicht eine mit drei Richtern besetzte Kammer, vergleiche § 75 GVG, entschieden werden sollen. An einer Verhandlung und Entscheidung der Vollklage durch diese Spruchkörper des Landgerichts kann der Kläger ein Interesse haben, da diese unter Umständen eine höhere Fachkompetenz vereinen.527 Dies lässt aber die gesetzlichen Gegebenheiten außer Acht. Gemäß § 348 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet die Zivilkammer des Landgerichts grundsätzlich durch den Einzelrichter. Eine Streitsache kann ihm auch durch Beschluss zur Entscheidung übertragen werden, vergleiche § 348a Abs. 1 ZPO. Die Zuständigkeit der Kammer ist nur in besonderen Fällen vorgesehen, vergleiche § 348 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 ZPO. In diesen Fällen besteht ein Interesse des Klägers, seine Streitsache nicht lediglich durch einen Einzelrichter, sondern eine Zivilkammer entschieden zu wissen.528 Allerdings kann es für die Bemessung der Geringfügigkeit nur darauf ankommen, was im Einzelfall für den Kläger auf dem Spiel steht. Wegen der begrenzten Rechtskraftwirkung ist dies bei Teilklagen nur der eingeklagte Teil, nicht das Ganze. Der Zuständigkeitswechsel infolge der Beschränkung auf eine Teilklage berührt damit nicht den Zweck der Aufteilung der erstinstanzlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgerichten.

525 

Vgl. dazu oben S. 64. Vgl. dazu Stein/Jonas/Jacobs, § 23 GVG Rn. 3. 527 Vgl. Muskat, ZZP 12 (1888), 335, 337. 528 Freilich offenbart sich zugleich, dass dieses Argument für die Verteilung der erstinstanzlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgerichten heute nicht mehr sonderlich valide ist. 526 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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bb.  Spezialisierung von Spruchkörpern am Landgericht Am Landgericht können Spruchkörper mit Zuständigkeiten für bestimmte Sachgebiete eingerichtet werden. Dazu zählt etwa die Kammer für Handelssachen gemäß §§ 93, 105 GVG. Deren Berechtigung erschließt sich aus der Komplexität der aufgeworfenen Fragestellungen sowie dem Erfordernis einer hohen Sachkunde.529 Abgesehen von diesem gesetzlich ermöglichten Spruchkörper können die Geschäfte der einzelnen Zivilkammern durch den gerichtsinternen Geschäftsverteilungsplan nach Sachgebieten aufgeteilt werden. Bei einer solchen Spezialisierung einzelner Spruchkörper etwa für Bank- und Finanzsachen, Bausachen oder Versicherungssachen, vergleiche auch § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO, werden Streitsachen mit höherer Sachkompetenz verhandelt und entschieden; zudem erhöht sich die Sachkunde der Richter im Laufe der Zeit noch.530 In den Genuss dieser Vorteile kann der Kläger mit einer Vollklage allerdings nur vor dem Landgericht kommen, da die Geschäftsverteilung unter diesen Kammern an die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gekoppelt ist.531 Verhandelt und entscheidet infolge der Beschränkung auf eine Teilklage das dafür sachlich zuständige Amtsgericht, verliert der Kläger in der Regel die benannten Vorteile. Eine Zuweisung von Verfahren an Einzelrichter am Amtsgericht nach bestimmten Sachgebieten ist möglich (etwa für Wohnungseigentums- oder Verkehrssachen). Ein Spezialisierungsgrad wie am Landgericht wird aber in der Regel nicht erreicht. Schließlich wurde das Amtsgericht erst infolge der Beschränkung auf eine Teilklage für eine Streitsache sachlich zuständig, für die Spezialisierungen am Landgericht vorgesehen sein können. Fraglich ist, inwiefern dieses Interesse des Klägers an einer Verhandlung und Entscheidung durch einen spezialisierten Spruchkörper vom Justizgewährungsanspruch umfasst und insofern schutzwürdig ist. Der allgemeine Justizgewährungsanspruch verbürgt die Effektivität des Rechtsschutzes in privatrechtlichen Streitigkeiten.532 Dem Kläger muss der Zugang zu den Gerichten gewährt werden, vor denen der Streitgegenstand in umfassender Weise tatsächlich und rechtlich geprüft und schließlich verbindlich entschieden wird.533 Dazu muss das Rechtsschutzgesuch aber nicht vor entsprechend spezialisierten Spruchkörpern verhandelt und entschieden werden. Ein solches verfassungsrechtliches Spezialisierungsgebot ließe sich kaum handhaben, da die inhaltliche Ausrichtung einzelner Spruchkörper stark vom quantitativen und qualitativen Ge529 

Ehricke, NJW 1996, 812, 814. Beschl. v. 27. 04. 1978 – X ZB 3/78, NJW 1978, 2245, 2246; BGH, Beschl. v. 06. 11. 1978 – AnwZ (B) 20/78, NJW 1979, 929, 930; Ehricke, NJW 1996, 812, 814. 531  Vgl. für die Kammer für Handelssachen MüKo-ZPO/Zimmermann, § 94 GVG Rn. 2. 532  Vgl. dazu oben S. 92 f. 533  BVerfG, Urt. v. 07. 12. 1999 – 2 BvR 1533/94, NJW 2000, 418, 420; BVerfG, Beschl. v. 30. 04. 2003 – 1 PBvU 1/02, NJW 2003, 1924; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 20 GG Rn. 128; Papier, HStR VIII, 32010, S. 491, § 176 Rn. 18; Dreier/Schulze-Fielitz, Art. 20 GG Rn. 211. 530 BGH,

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

schäftsanfall der einzelnen Gerichte abhängig ist. Vielmehr genügt es, wenn der Staat ein rechtsstaatliches Verfahren zur Verfügung stellt. Der Kläger kann auch bei einem nicht spezialisierten Spruchkörper wirksamen Rechtsschutz erlangen. cc.  Veränderter Instanzenzug Nach dem Amtsgericht ist der Instanzenzug ein anderer als bei der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Landgerichts. Dies ist auch unter Berücksichtigung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG unbedenklich. Der betroffenen Partei wird der Instanzenzug nicht abgeschnitten: Auch gegen Urteile des Amtsgerichts als Eingangsinstanz kann sie mit der Berufung oder Beschwerde zum Landgericht, vergleiche § 72 Abs. 1 S. 1 GVG, § 511 Abs. 1 ZPO und mit der Revision schließlich zum Bundesgerichtshof gelangen, vergleiche § 133 GVG, § 542 Abs. 1 ZPO. Letzteres war vor der Reform des Rechtsmittelrechts534 nicht der Fall.535 Der Kläger muss also lediglich hinnehmen, dass für die Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts nicht das Oberlandesgericht, sondern das Landgericht zuständig ist. Das mag für ihn ein Nachteil sein,536 in seinen Rechten wird er dadurch nicht verletzt. Schon die Bereitstellung eines Instanzenzugs ist verfassungsrechtlich nicht geboten.537 dd.  Spruchpraxis bestimmter Spruchkörper Schließlich kann dem Kläger auch schlicht deshalb an einer Entscheidung durch einen Spruchkörper des Landgerichts anstelle des Amtsgerichts gelegen sein, weil ihm dort eine ihm günstige Spruchpraxis bekannt ist.538 Auch dies stellt aber kein durch den Justizgewährungsanspruch geschütztes Interesse dar. c.  Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge Durch die Beschränkung auf eine Teilklage sind keine im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs geschützten Interessen berührt. Gleichwohl drohen dem Kläger die beschriebenen Nachteile, wenn nicht mehr das Landgericht, sondern das Amtsgericht sachlich zuständig ist. Im Interesse des 534 

Vgl. Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. 07. 2001, BGBl. I 2001, 1887. § 133 Nr. 1 GVG a. F.; § 545 Abs. 1 ZPO a. F.; Grunsky, in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 211994, § 545 ZPO Rn. 1. 536 Ob „von einer höheren Instanz eine bessere Entscheidung erwartet werden kann“, erwägt Leipold, in: Gilles/Röhl/P. Schuster u. a. (Hrsg.), Rechtsmittel im Zivilprozeß, 1985, S. 285, 287–289. 537  BVerfG, Urt. v. 21. 10. 1954 – 1 BvL 9/51, 1 BvL 2/53, NJW 1955, 17, 18; BVerfG, Beschl. v. 30. 04. 2003 – 1 PBvU 1/02, NJW 2003, 1924; Stein/Jonas/Althammer, vor § 511 ZPO Rn. 12. 538  Vgl. etwa Goebel, PAK 2002, 144 ff. 535 Vgl.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Klägers sollen die in dieser Arbeit entwickelten Lösungsansätze daraufhin überprüft werden, ob sie im Fall einer Teilklage, deren Zuständigkeitsstreitwert die Wertgrenze gemäß § 23 Nr. 1 GVG unterschreitet, die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründen. aa.  Prozessualer Lösungsvorschlag Fraglich ist, wie sich eine unechte Eventualklagenhäufung auf den für die sachliche Zuständigkeit relevanten Zuständigkeitsstreitwert auswirkt. Gemäß § 4 Abs. 1 ZPO kommt es für die Wertermittlung auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung an. Grundsätzlich kann auch der Hilfsantrag, der zusammen mit dem Hauptantrag rechtshängig wird, bei der Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts berücksichtigt werden.539 Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts wird in den hier fraglichen Fällen allein bei einer Zusammenrechnung der Zuständigkeitsstreitwerte von Haupt- und Hilfsantrag erreicht. Die Zusammenrechnung der Streitwerte gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG gilt nur für die Ermittlung des Gebühren-, nicht auch des Zuständigkeitsstreitwerts.540 Bei einer Klagenhäufung erfolgt gemäß § 5 Hs. 1 ZPO grundsätzlich eine Zusammenrechnung der Streitwerte. Fraglich ist, ob dies auch im Fall einer unechten Eventualklagenhäufung gilt. (1) Meinungsstand Eine Ansicht lehnt die Anwendung von § 5 Hs. 1 ZPO ab, da dieser nur die kumulative, nicht die eventuelle Klagenhäufung erfasse.541 Wegen der Prozessbedingung stehe nicht eindeutig von vornherein fest, ob der Kläger eine Entscheidung hinsichtlich aller Anträge begehrt. Daher scheide ein Gleichlauf mit einer kumulativen Klagenhäufung aus, bei der das Interesse des Klägers eine Zusammenrechnung der einzelnen Streitwerte gebiete.542 Umstritten ist wiederum, wonach sich der Zuständigkeitsstreitwert dann richtet. Nach einer Ansicht ist allein der höherwertige Klageantrag maßgeblich.543 Allerdings könne ein höherwertiger Hilfsantrag nicht für die Bestimmung der sachlichen Zuständig539 Vgl.

Toussaint, NJ 2006, 392, 393. Den Rückgriff auf § 4 ZPO kritisiert Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 220 f. 540  Fleischmann, NJW 1993, 506, 506 f.; Toussaint, NJ 2006, 392, 393. 541  Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 221 f.; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 3082, 3086; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 36; MüKo-ZPO/Zimmermann, § 23 GVG Rn. 4. 542 MüKo-ZPO/Wöstmann, § 5 Rn. 14. 543  Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 226 f.; Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 7; Musielak/Voit/Heinrich, § 5 ZPO Rn. 11; Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 5 ZPO Rn. 6; Kurpat, Streitwert-Kommentar, 142016, 3082, 3086 f.; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 36; Stein/Jonas/Roth, § 260 ZPO Rn. 21; MüKo-ZPO/Wöstmann, § 5 Rn. 13 f.; MüKo-ZPO/ Zimmermann, § 23 GVG Rn. 4. Abl. Fleischmann, NJW 1993, 506, 507.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

keit relevant sein, wenn die Prozessbedingung gar nicht eintritt. Der Zuständigkeitsstreitwert sei vielmehr für Haupt- und Hilfsantrag gesondert festzustellen, was zu getrennten sachlichen Zuständigkeiten führen könne.544 Schließlich gelte dies auch für andere Zulässigkeitsvoraussetzungen wie etwa die örtliche Zuständigkeit.545 Dies wiederum wurde unter Verweis auf prozessuale Schwierigkeiten der getrennten Behandlung von Haupt- und Hilfsantrag abgelehnt.546 Nach anderer Ansicht müsse der Hilfsantrag wegen des Eventualverhältnisses zunächst außer Betracht bleiben. Maßgeblich sei der Hauptantrag.547 Für die sachliche Zuständigkeit für den Hilfsantrag komme es darauf an, ob sich der Beklagte rügelos eingelassen hat.548 Eine andere Ansicht befürwortet dagegen die gegebenenfalls auch analoge549 Anwendbarkeit von § 5 Hs. 1 ZPO.550 Ein Landgericht, dessen sachliche Zuständigkeit erst durch die Zusammenrechnung der Zuständigkeitsstreitwerte von Haupt- und Hilfsantrag begründet wird, könne bei Nichteintritt der Prozessbedingung auch allein über einen Hauptantrag aus dem Kompetenzbereich der Amtsgerichte entscheiden.551 Angesichts der Rechtshängigkeit des Hilfsantrags und der rechtlichen Zusammengehörigkeit der einzelnen Teile sei eine Zusammenrechnung gerechtfertigt.552 Dies spiegle auch das Interesse des Klägers wider: Im Fall der unechten Eventualklagenhäufung strebe er gerade ein Obsiegen mit beiden Anträgen an.553 Ein Additionsverbot bestehe nur, wenn Haupt- und Hilfsanspruch auf wirtschaftlich identische Ziele gerichtet sind.554 (2) Stellungnahme Schlüssel zur Entscheidungsfindung ist eine strenge Trennung von echter und unechter Eventualklagenhäufung. Ein pauschales Zusammenrechnungsverbot und die Maßgeblichkeit des höherwertigen Klageantrags bei wirtschaftlicher 544  Fleischmann, NJW 1993, 506, 507. Beachte aber MüKo-ZPO/Wöstmann, § 1 Rn. 19, wonach ein in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts fallender Antrag den anderen Antrag, bei dem dies nicht der Fall ist, „mitzieht“. Abl. Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 224–227; Toussaint, NJ 2006, 392, 393. 545  Fleischmann, NJW 1993, 506, 507. 546  Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 224–226. 547 Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 37. 548 Vgl. Zimmermann, ZPO, 102016, § 5 Rn. 2. Abl. Frank, Anspruchsmehrheiten, 1986, S. 218. Beachte zur rügelosen Einlassung auch Fleischmann, NJW 1993, 506, 507 f. 549  So (allerdings ohne dogmatische Begründung) Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 812. Für eine „entsprechende“ Anwendung im Anschluss daran Gerhardt, ZZP 114 (2001), 246, 247. 550  Merle, ZZP 83 (1970), 436, 464. 551  Kion, Eventualverhältnisse, 1971, S. 170 f. 552  Wolf, FS Gaul, 1997, S. 805, 812. 553  Toussaint, NJ 2006, 392, 394. 554  Merle, ZZP 83 (1970), 436, 464.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Identität von Haupt- und Hilfsantrag555 mag für eine echte Eventualklagenhäufung interessengerecht sein. Hier kann das Gericht bei entsprechender Sach- und Rechtslage nur entweder den mit dem Hauptantrag oder den mit dem Hilfsantrag begehrten Rechtsschutz gewähren. Bei der unechten Eventualklagenhäufung dagegen wird das Gericht im günstigsten Fall sowohl dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag entsprechen. Schon unter diesem Aspekt sind die entsprechenden Streitsachen nicht wirtschaftlich identisch. Damit entfällt eine wesentliche Rechtfertigung des Zusammenrechnungsverbots. Die Ablehnung der Anwendbarkeit von § 5 Hs. 1 ZPO wird nur für den Fall der echten Eventualklagenhäufung vertreten; die hier interessierende unechte Eventualklagenhäufung wird dabei außer Acht gelassen.556 Bei der unechten Eventualklagenhäufung verlangt der Kläger aber nicht entweder das eine oder das andere, er verlangt im Grundsatz das eine und das andere. Zwar ist diese Verbindung mit einer Prozessbedingung versehen. Dennoch steht die unechte Eventualklagenhäufung in der hier eingenommenen Perspektive der kumulativen Klagenhäufung näher als der echten Eventualklagenhäufung.557 Dies zeigt sich, wenn der Kläger hinsichtlich beider Anträge obsiegt. Dass er möglicherweise nur hinsichtlich eines Antrags obsiegt, kann bei der kumulativen Klagenhäufung ebenso eintreten. Für die Anwendbarkeit von § 5 Hs. 1 ZPO streitet auch dessen Zweck: Eine Zusammenrechnung der Streitwerte soll der erhöhten wirtschaftlichen Bedeutung bei Anspruchsmehrheiten Rechnung tragen.558 Ein derart gesteigertes wirtschaftliches Interesse des Klägers besteht freilich nicht im Fall der echten Eventualklagenhäufung, wohl aber bei der kumulativen wie auch der unechten Eventualklagenhäufung: Hier kann der Kläger mit allen Anträgen obsiegen. Auch wenn der Kläger nur mit einem Antrag obsiegt, hat ein Unterliegen hinsichtlich des anderen Antrags für ihn eine wirtschaftliche Bedeutung. Zur Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts bei einer unechten Eventualklagenhäufung von Teilklagen sind die Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag mangels wirtschaftlicher Identität zusammenzurechnen. bb.  Vertraglicher Lösungsvorschlag Der vertragliche Lösungsvorschlag nimmt unter Berücksichtigung der einzelnen Problemfelder einer Teilklage die Gestalt eines Vertragskonvoluts an, das verschiedene Regelungen zum Inhalt hat. Bislang zählen dazu der Verzicht auf die 555 Musielak/Voit/Heinrich,

§ 5 ZPO Rn. 11. Vgl. exemplarisch Mattern, NJW 1969, 1087, 1089; Schumann, NJW 1982, 2800, 2801. 557 Diese Nähe der unechten Eventualklagenhäufung zur kumulativen Klagenhäufung lässt Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 36 außer Acht, wenn er der Art der Eventualklagenhäufung keine Bedeutung für die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwerts beimisst. 558 Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 1. 556 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Erhebung der Verjährungseinrede,559 die Aufhebung einer vertraglichen Ausschlussfrist560 sowie der Abschluss eines wenn auch kaum interessengerechten Vergleichs gemäß § 779 BGB hinsichtlich eines zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrests.561 Auch die sachliche Zuständigkeit von Gerichten kann durch Vereinbarung der Parteien bestimmt werden.562 Zur Wirksamkeit eines solchen Prozessvertrags563 sind die Vorgaben der §§ 38, 40 ZPO zu berücksichtigen. Die Parteien können für Streitsachen mit einem Zuständigkeitsstreitwert unterhalb der Wertgrenze gemäß § 23 Nr. 1 GVG die sogar ausschließliche564 sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründen. Eine solche Zuständigkeitsvereinbarung berührt nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.565 Über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte hinaus haben die Parteien aber keine Einflussmöglichkeit. Sie können nicht die Zuständigkeit eines bestimmten Spruchkörpers (etwa einer spezialisierten Kammer am Landgericht) begründen, da ihnen hinsichtlich der gerichtlichen Geschäftsverteilung die Dispositionsbefugnis fehlt.566 d. Ergebnis Kommt es durch die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage zum Wechsel der sachlichen Zuständigkeit vom Landgericht zum Amtsgericht, so werden keine Interessen beeinträchtigt, die durch das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG oder den allgemeinen Justizgewährungsanspruch geschützt sind. Dennoch entgehen dem Kläger unter Umständen prozessuale und materiellrechtliche Vorteile. In diesen Fällen kann er mittels des prozessualen und vertraglichen Lösungsvorschlags wieder die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründen.

559 

Vgl. dazu oben S. 138 f. Vgl. dazu oben S. 141. 561  Vgl. dazu oben S. 155 f. 562 MüKo-ZPO/Patzina, § 38 Rn. 3; Schilken, FS Musielak, 2004, S. 435, 436–438. Beachte auch die Kritik von Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 569 f. 563  Vgl. zur Rechtsnatur der Prorogation Stein/Jonas/Bork, § 38 ZPO Rn. 50; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 37 Rn. 2; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 557. 564 Stein/Jonas/Bork, § 38 ZPO Rn. 70; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 37 Rn. 18. 565  v. Mangoldt/Klein/Starck/Classen, Art. 101 Abs. 1 GG Rn. 26; v. Münch/Kunig/Kunig, Art. 101 GG Rn. 28; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 101 GG Rn. 12. 566  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 37 Rn. 12; Musielak/Voit/ Heinrich, § 38 ZPO Rn. 2; G. Lüke, FS Baumgärtel, 1990, S. 349, 352 f.; Schilken, FS Musielak, 2004, S. 435, 450; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 572 f. 560 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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3. Ergebnis Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit wird die Rechtsverfolgung mittels einer Teilklage im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage nicht erschwert. VIII.  Wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung bei Rechtsbehelfen Die erstinstanzliche Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage kann mit Blick auf die Erwachsenheitssumme Einfluss auf die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen haben. 1. Grundlagen Wesen und Zwecksetzung wertabhängiger Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsbehelfen wurden bereits erörtert.567 Diese Erwägungen werden auch im Folgenden relevant. 2.  Analyse und Lösung der Probleme Erhebt ein Rechtsschutzsuchender eine Teil- anstelle einer Vollklage und unterliegt mit dieser, so kann er die Streitsache bei Unterschreiten der Berufungssumme gemäß §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO nicht weiter verfolgen, obwohl ihm dies beim Unterliegen mit einer Vollklage unter Umständen möglich gewesen wäre. Zu prüfen ist, inwiefern dadurch die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers und Berufungsklägers beeinträchtigt werden. a.  Ergebniskorrektur verfassungsrechtlich nicht geboten Die scheinbar einfache Lösung lautet, schon in der Eingangsinstanz einen Anspruchsteil einzuklagen, dessen Wert die Summe gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteigt. Der Wert des Streitgegenstands einer Teilklage ist allerdings nicht identisch mit dem Wert des Beschwerdegegenstands gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und fällt nur unter bestimmten Voraussetzungen mit diesem zusammen.568 Wie aber soll zu Beginn des Verfahrens schon absehbar sein, inwiefern der Kläger durch das spätere Urteil nachteilig betroffen und insofern beschwert sein wird und in welchem Umfang er dagegen vorgehen wird, was schließlich für den Wert des Beschwerdegegenstands maßgeblich ist? Der Vorschlag kann das aufgeworfene Problem nicht lösen. Überhaupt stellt sich die Frage, ob die geschilderte Situation wegen der Verletzung schutzwürdiger Interessen einer Korrektur bedarf oder eine hinnehm567  568 

Vgl. dazu oben S. 70 f. Vgl. dazu oben S. 71.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

bare Härte darstellt. Zur Lösung kommt es dabei nicht auf das Problem an, ob dem Bürger ein subjektives Recht auf ein Rechtsmittel oder die Bereitstellung einer zweiten Instanz zusteht. Grundsätzlich sieht das Rechtsmittelsystem der Zivilprozessordnung eine zweite Instanz in Gestalt der Berufung gemäß §§ 511 ff. ZPO vor, die dem Teilkläger in der geschilderten Situation mangels Erreichens der Berufungssumme verwehrt ist. Dies verstößt jedoch nicht gegen den aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes sowie dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch fließenden569 Grundsatz, wonach der Zugang zur nächsten Instanz nicht „in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise“570 erschwert werden darf. Es ist grundsätzlich zulässig und sachlich gerechtfertigt, den Zugang zur Berufungsinstanz von einer wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzung abhängig zu machen.571 Es kann auch keinen Unterschied machen, ob der Kläger nur aufgrund der Beschränkung auf eine Teilklage die Berufungssumme nicht erreicht oder ob eine Klage von vornherein einen so geringen Streitwert hat, dass auch der Wert des Beschwerdegegenstands letztlich unter der Berufungssumme liegt. In beiden Fällen erfüllt die Wertgrenze als sachgerechtes Abgrenzungskriterium ihren Zweck, ohne den Kläger in schutzwürdigen Interessen zu verletzen oder ihn einer unzumutbaren Härte auszusetzen. b.  Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge Gleichwohl büßt der Teilkläger in der beschriebenen Konstellation die Möglichkeit ein, eine gerichtliche Entscheidung anzufechten. Im Folgenden werden Vorschläge zur Behebung dieses Problems untersucht. So soll sich etwa bei nicht individualisierten Teilklagen die dem Wert des Beschwerdegegenstands zugrunde liegende Beschwer nicht aus dem Vergleich zwischen dem eingeklagten Teilbetrag und dem zugesprochenen Betrag ergeben, sondern aus dem Vergleich zwischen dem Wert des gesamten Anspruchs und dem letztlich zugesprochenen Betrag.572 Schließlich erstrecke sich auch die Rechtskraft des die Teilklage 569 Vgl. zu dieser dogmatischen Verortung Maunz/Dürig/Grzeszick, Art. 20 GG VII Rn. 134 f.; Maunz/Dürig/Jachmann, Art. 95 GG Rn. 103; Sachs/Sachs, Art. 20 GG Rn. 162. 570  BVerfG, Beschl. v. 12. 01. 1960 – 1 BvL 17/59, BVerfGE 10, 264, 268; BVerfG, Beschl. v. 29. 10. 1975 – 2 BvR 630/73, BVerfGE 40, 272, 274 f.; BVerfG, Beschl. v. 11. 02. 1976 – 2 BvR 652/75, BVerfGE 41, 323, 326 f.; BVerfG, Beschl. v. 11. 02. 1987 – 1 BvR 475/85, BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG, Beschl. v. 20. 06. 1995 – 1 BvR 166/93, BVerfGE 93, 99, 108. 571  BVerfG, Beschl. v. 05. 06. 1992 – 2 BvR 1307/91, NJW‑RR 1993, 253; Rimmelspacher, FS Schumann, 2001, S. 327, 333–336; allg. zu den Anforderungen an den Zugang zur Rechtsmittelinstanz BVerfG, Beschl. v. 29. 10. 1975 – 2 BvR 630/73, BVerfGE 40, 272, 274 f.; BVerfG, Beschl. v. 11. 02. 1976 – 2 BvR 652/75, BVerfGE 41, 323, 326 f.; BVerfG, Beschl. v. 11. 10. 1978 – 2 BvR 1055/76, BVerfGE 49, 329, 341. Krit. Kornblum, FS Sellert, 2000, S. 513, 524–535; Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, 1993, S. 335–338. 572  Zitelmann, ZZP 8 (1885), 254, 277 f. für die damals gesetzlich vorgesehene Revisionssumme.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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abweisenden Urteils auf den gesamten Anspruch.573 Dieser Ansatz lässt aber außer Acht, dass bei allen Arten von Teilklagen stets nur der eingeklagte Teil Streitgegenstand ist. Dies zeigt sich auch, wenn die formelle Beschwer schulmäßig bestimmt wird: Dafür ist der Betrag, der dem Kläger rechtskräftig zugesprochen wird, mit dem klägerischen Begehren, wie es letztlich nur in seinen gestellten Anträgen zum Ausdruck kommen kann, zu vergleichen.574 Daraus kann im Anschluss unter Berücksichtigung des Berufungsantrags der Wert des Beschwerdegegenstands ermittelt werden. Wenn nur der eingeklagte Teil Streitgegenstand ist, so können Beschwer und Wert des Beschwerdegegenstands letztlich nicht über dessen Wert hinausgehen.575 Die Orientierung am gesamten Anspruch geht daher fehl. Zu prüfen bleibt, ob die in dieser Arbeit vorgestellten Lösungsvorschläge Abhilfe schaffen. aa.  Prozessualer Lösungsvorschlag Fraglich ist, ob eine unechte Eventualklagenhäufung in kritischen Fällen das Problem der Berufungssumme überwindet. Solch kritische Fälle sind jene, in denen der Wert des Beschwerdegegenstands nach der Abweisung eines Teilbetrags unter der Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt, diesen Betrag aber überschreitet, wenn der höherwertige Hilfsantrag abgewiesen wird. Allerdings ist die gerichtliche Prüfung des Hilfsantrags (der mit Blick auf die Berufungssumme zur Werterhöhung beitragen könnte) an ein Obsiegen mit dem Hauptantrag geknüpft. Dann ist der Kläger insofern nicht beschwert. Es kommt allein darauf an, ob das Gericht den Hilfsantrag abweist und in dieser Hinsicht der Wert gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO überschritten ist. Die Berufungssumme kann nicht einfach durch die Addition der Werte der jeweiligen Beschwerdegegenstände bezüglich Haupt- und Hilfsantrag überschritten werden. Hinsichtlich der Berufungssumme wird mit einer unechten Eventualklagenhäufung nicht die Lage erreicht, die bestünde, wenn der Kläger von Beginn an den gesamten Anspruch eingeklagt hätte und der Wert des Beschwerdegegenstands bei vollumfänglicher Abweisung überschritten gewesen wäre. Unterschreitet der Beschwerdegegenstand hinsichtlich des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Teils die Berufungssumme, was erst zum hier umrissenen Problem führte, so kommt es (wenn denn der Kläger mit dem Hauptantrag Erfolg hat) allein auf den Wert des Beschwerdegegenstands hinsichtlich des Hilfsantrags an. Dies jedoch ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Eine generelle Lösung kann die unechte Eventualklagenhäufung nicht bieten.

573 

Ders., ZZP 8 (1885), 254, 278. Lindacher, ZZP 76 (1963), 451, 454 f. 575  Vgl. auch Stein/Jonas/Althammer, § 511 ZPO Rn. 29. 574 

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bb.  Vertraglicher Lösungsvorschlag Auch der vertragliche Lösungsvorschlag schafft keine Abhilfe. Die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts als Rechtsmittelgericht kann nicht über eine Prorogation gemäß §§ 38 ff. ZPO hergestellt werden,576 da die funktionelle Zuständigkeit der Parteidisposition entzogen ist.577 Im Übrigen würde die bloße Bestimmung einer entsprechenden Zuständigkeit noch nicht den Weg in die höhere Instanz eröffnen. Die wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist zwingendes Gesetzesrecht und kann nicht vertraglich abbedungen werden. c. Ergebnis Die Unzulässigkeit der Berufung infolge der Beschränkung auf eine Teilklage verletzt den Berufungskläger nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten, stellt aber unter dem Aspekt der Rechtsschutzmöglichkeiten einen Nachteil dar. Weder die in der Literatur diskutierten noch die in dieser Arbeit entwickelten Lösungsvorschläge können das Problem beheben. 3. Ergebnis Bei der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage sind die Möglichkeiten der Rechtsverfolgung im Vergleich zur Erhebung einer entsprechenden Vollklage verkürzt. IX.  Besondere Verfahrensarten Schließlich können die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage und der entsprechend geringere Wert des Streitgegenstands Folgen für die Verfahrensform haben, in der die Klage zu verhandeln ist. 1. Grundlagen Wesen und Zwecksetzung von Bagatellverfahren im nationalen und europäischen Zivilprozessrecht sowie die Statthaftigkeit der Teilklage in diesen Verfahren wurden bereits erörtert.578 Diese Erwägungen werden auch im Folgenden relevant. 576 Stein/Jonas/Bork,

§ 38 ZPO Rn. 1; MüKo-ZPO/Patzina, § 38 Rn. 10. Schon § 38 Abs. 1 ZPO spricht vom „Gericht des ersten Rechtszuges“. Vgl. i. Ü. BGH, Urt. v. 25. 01. 1977 – VI ZR 166/74, VersR 1977, 430; Stein/Jonas/Bork, § 38 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit/Heinrich, § 1 ZPO Rn. 7. 578  Vgl. dazu oben S. 74 f. 577 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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2.  Analyse und Lösung der Probleme Zur Lösung der aufgeworfenen Probleme muss zwischen dem nationalen Zivilprozessrecht und dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen unterschieden werden. a.  Nationales Zivilprozessrecht Ein Verfahren, das das Gericht nach billigem Ermessen bestimmt, könnte die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers beeinträchtigen. aa.  Verfassungsrechtliche Beurteilung Die pauschale Behauptung, § 495a S. 1 ZPO sei „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“,579 bedarf einer Überprüfung.580 Immerhin wurden Bedenken geäußert, mit den Möglichkeiten gemäß § 495a ZPO werde ein „Verfahren zweiter Klasse“581 geschaffen. Es handle sich um eine Diskriminierung von geringwertigen Streitsachen, bei denen die Gewährung der Verfahrensgarantien im Ermessen des Gerichts stehe.582 Bedenklich, wenn auch nicht verfassungswidrig sei der durch die Abstimmung mit der wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erwirkte Rechtsmittelausschluss.583 Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht gerade im Bagatellverfahren Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör festgestellt.584 Trotz Verstößen in der Praxis ist dennoch die Bindung an verfassungsrechtliche Vorgaben des Rechtsschutzes grundsätzlich gewährleistet. § 495a S. 1 ZPO räumt dem Gericht Ermessen ein hinsichtlich der Frage, ob eine bestimmte Streitsache überhaupt im vereinfachten Verfahren zu behandeln ist, sowie hinsichtlich der konkreten Verfahrensgestaltung.585 Dabei handelt es sich nicht um ein freies, sondern pflichtgemäßes Ermessen,586 womit die Pflicht zur umfassenden Würdigung der im Einzelfall betroffenen Interessen in den Fokus gerückt wird.587 Auch wenn sich das Gericht über Verfahrensvorschriften hin579 Musielak/Voit/Wittschier,

§ 495a ZPO Rn. 1. Dazu geben jüngst die rechtsvergleichenden Bedenken von Kramer/Kakiuchi, General report for the XV World Congress of Procedural Law, 01. 07. 2015, S. 39 f. Anlass. Beachte hierzu aber auch Hau, RabelsZ 81 (2017), 570, 605. 581  Kunze, NJW 1995, 2750, 2751. 582  Ders., NJW 1995, 2750, 2751. 583  Hennrichs, NJW 1991, 2815, 2816. 584  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 10. 09. 1992 – 2 BvR 556/92, NJW 1993, 1319; BVerfG, Beschl. v. 28. 01. 1993 – 2 BvR 1313/92, NJW 1993, 2793, 2793 f.; BVerfG, Beschl. v. 04. 08. 1993 – 1 BvR 279/93, NJW‑RR 1994, 254, 254 f. 585 Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 5. 586 Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 19; Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 5. 587  Fricker, Umfang und Grenzen des amtsgerichtlichen Verfahrens nach § 495a ZPO, 580 

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wegsetzen kann, bleibt es an deren zugrunde liegenden Prinzipien gebunden.588 Das Gericht hat damit nicht nur die Zweckrichtung des Bagatellverfahrens zu berücksichtigen. Die Ermessensausübung wird von vornherein durch die Bindung an rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze beschränkt.589 Das Postulat gemäß Art. 103 Abs. 1 GG etwa verpflichtet das Gericht, dem Recht der Parteien auf Äußerung, Information und Berücksichtigung gerecht zu werden.590 Das in § 495a ZPO vorgesehene Bagatellverfahren kann in einer Weise bestimmt werden, die mit dem zivilprozessualen Grundsatz der Waffengleichheit, dem Recht auf ein vorhersehbares Verfahren, dem Justizgewährungsanspruch sowie dem Anspruch auf ein faires Verfahren vereinbar ist.591 bb.  Bindung an sonstige Verfahrensgrundsätze Zudem ist das Gericht im Bagatellverfahren an die allgemeinen Prozess- und Zulässigkeitsvoraussetzungen, das materielle Recht sowie Verfahrensgrundsätze wie Beweislastregeln oder die richterliche Überzeugungsbildung gebunden.592 Auch an die „unverzichtbaren“ Prozessregeln muss es sich halten, etwa die Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gemäß §§ 41 ff. ZPO, über die Abnahme von Eiden und Bekräftigungen gemäß §§ 478 ff. ZPO, über Zeugnisverweigerungsrechte gemäß §§ 383 ff. ZPO sowie über die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 239 ff. ZPO.593

1999, S. 73 f.; Heiß, in: Effer-Uhe/Sagan/Deckenbrock u. a. (Hrsg.), Richterliche Rechtsfortbildung und kodifiziertes Richterrecht, 2016, S. 421, 440. 588  Heiß, in: Effer-Uhe/Sagan/Deckenbrock u. a. (Hrsg.), Richterliche Rechtsfortbildung und kodifiziertes Richterrecht, 2016, S. 421, 438 f. 589 Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 24–27; Bergerfurth, NJW 1991, 961, 962; MüKoZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 18; Fricker, Umfang und Grenzen des amtsgerichtlichen Verfahrens nach § 495a ZPO, 1999, S. 74, 76; Kunze, NJW 1995, 2750, 2750 f.; Musielak/Voit/ Wittschier, § 495a ZPO Rn. 5. 590  Vgl. ausführlich MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 19–23; Fricker, Umfang und Grenzen des amtsgerichtlichen Verfahrens nach § 495a ZPO, 1999, S. 84–131; Kunze, Bagatellverfahren, 1995, S. 169–235; Stollmann, NJW 1991, 1719, 1720. Die in § 313a Abs. 1 S. 2 ZPO enthaltene Regelung wird von Kunze, Bagatellverfahren, 1995, S. 227 f.; Kunze, NJW 1995, 2750, 2752; Stollmann, NJW 1991, 1719, 1720 f. für verfassungswidrig gehalten. A. A. Fricker, Umfang und Grenzen des amtsgerichtlichen Verfahrens nach § 495a ZPO, 1999, S. 127 f.; Hennrichs, NJW 1991, 2815. 591  Vgl. ausführlich Kunze, Bagatellverfahren, 1995, S. 237–257; Stollmann, NJW 1991, 1719, 1720. 592 Vgl. Stein/Jonas/Berger, § 495a ZPO Rn. 22 f.; Bergerfurth, NJW 1991, 961, 962 f.; MüKo-ZPO/Deppenkemper, § 495a Rn. 13–16; Musielak/Voit/Wittschier, § 495a ZPO Rn. 5. 593 Vgl. Bergerfurth, NJW 1991, 961, 962.



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b.  Europäisches Zivilprozessrecht Auch im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen könnten die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Vergleich zu einer Vollklage im regulären Verfahren eingeschränkt sein. aa.  Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens Art. 5 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO sieht ein schriftliches Verfahren vor, solange das Gericht eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zwar können die Parteien gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 EuBagatellVO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen. Diese ist anders als gemäß § 495a S. 2 ZPO nicht zwingend durchzuführen.594 Vielmehr kann das Gericht den Antrag unter den Voraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO ablehnen, wogegen ein Rechtsmittel nicht statthaft ist, vergleiche Art. 5 Abs. 1 S. 5 EuBagatellVO. Fraglich ist, ob sich der Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens mit den Vorgaben des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK vereinbaren lässt.595 Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK sieht das Recht auf effektiven Zugang zur Justiz sowie die Schaffung von Gerichten mit einem Mindestmaß an rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien vor.596 Durch das Gebot der Öffentlichkeit des Verfahrens597 ist auch ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung verbürgt, insbesondere wenn für ein bestimmtes Verfahren nur eine Instanz vorgesehen ist.598 Allerdings kann durch außergewöhnliche Umstände eine Ausnahme geboten sein.599 Hier darf auch das Interesse an einer zügigen, wirt594 Diesen fehlenden „Antragsautomatismus“ begrüßt unter Ablehnung eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK und mit Blick auf die Vermeidung missbräuchlichen Verhaltens Jahn, NJW 2007, 2890, 2892. 595 Krit. Hau, GPR 2007, 93, 96; MüKo-ZPO/Hau, Art. 5 VO (EG) 861/2007 Rn. 2; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 10 Rn. 93; C. A. Kern, JZ 2012, 389, 394 f.; Stürner, FS Kaissis, 2012, S. 991, 1003 f.; Rauscher/Varga, Art. 5 EG‑BagatellVO Rn. 3; Musielak/Voit/ Voit, VO (EG) Nr. 861/2007 Rn. 22. 596 Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 EMRK Rn. 33 f.; Karpenstein/Mayer/F. Meyer, Art. 6 EMRK Rn. 1, 5. 597  Vgl. zu diesem Zusammenhang Grabenwarter/Pabel, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 22013, Kap. 14 Rn. 119; Schumann, FS Schwab, 1990, S. 449, 460. Beachte allerdings auch Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 115–117 zum verschiedenen Sinngehalt der Prinzipien der Öffentlichkeit und Mündlichkeit. 598  EGMR, Urt. v. 23. 02. 1994 – 20/1993/415/494, Series A Nr. 283-A, ÖJZ 1994, 565, 566, Rn. 21–23 – Fredin/Schweden (Nr. 2). 599  Vgl. EGMR, Urt. v. 19. 02. 1998 – 8/1997/792/993, ÖJZ 1998, 935, 936, Rn. 46 – Allan Jacobsson/Schweden (Nr. 2); Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 EMRK Rn. 170 f.; von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 5 EuGFVO Rn. 3; Kramer, ZEuP 2008, 355, 371; Karpenstein/Mayer/F. Meyer, Art. 6 EMRK Rn. 64; Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 5 EuBagVO Rn. 1.

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schaftlichen und effektiven Erledigung von Gerichtsverfahren berücksichtigt werden,600 ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör vorschnell zu opfern.601 Die Parteien können zudem auf eine mündliche Verhandlung verzichten,602 in zivilrechtlichen Verfahren auch durch konkludentes Handeln, etwa indem sie keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellen.603 Für Bagatellsachen sieht Art. 6 Abs. 1 EMRK keine generelle Ausnahme vom Grundsatz der mündlichen Verhandlung vor.604 Die Regelung gemäß Art. 5 Abs. 1 EuBagatellVO soll daher eine Beeinträchtigung des Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK darstellen.605 Die Bedeutung einer mündlichen Verhandlung in Bagatellsachen darf nach dem soeben Festgestellten auch deshalb nicht unterschätzt werden, weil für Bagatellsachen mitunter nur eine Instanz vorgesehen ist: Die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln richtet sich in Verfahren nach der EuBagatellVO gemäß Art. 17 Abs. 1, Erwägungsgrund 26 EuBagatellVO nach der lex fori. Wird die Wertgrenze gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht überschritten, sind die Entscheidungen deutscher Gerichte in Verfahren nach der EuBagatellVO nicht mit der Berufung angreifbar. Allerdings darf der Regelungsmechanismus des Art. 5 Abs. 1 EuBagatellVO nicht außer Betracht gelassen werden. Der Grundsatz des schriftlichen Verfahrens wird durch zwei Ermessensvorschriften flankiert. Zunächst hat das Gericht gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 EuBagatellVO eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn es sie für „erforderlich“ hält.606 Haben die Parteien in solchen Fällen keinen entsprechenden Antrag gestellt, kann dieses Verhalten als konkludenter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gewertet werden. An dieser Stelle könne auch die generelle Zielrichtung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, Gerichtsverfahren zu vereinfachen und

600  EGMR, Urt. v. 24. 06. 1993 – 17/1992/362/436, Series A Nr. 263, ÖJZ 1994, 138, 139, Rn. 58 – Schuler-Zgraggen/Schweiz; EGMR, E. v. 06. 12. 2001 – 31178/96, NJW 2003, 1921, 1923, Rn. 4 – Petersen/Deutschland; EGMR, Urt. v. 12. 11. 2002 – 28394/95, Rn. 41 – Döry/ Schweden; Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 EMRK Rn. 172. Krit. zum dogmatischen Ansatz des EGMR Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 118 f., wonach diese Aspekte allenfalls zusammen mit einem Verzicht der Parteien Berücksichtigung finden können. 601 Vgl. Hau, JuS 2008, 1056, 1058; MüKo-ZPO/Hau, Art. 5 VO (EG) 861/2007 Rn. 2. 602 Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, Art. 6 EMRK Rn. 182; Jarass, EU‑Grundrechte, 2005, § 40 Rn. 39; Karpenstein/Mayer/F. Meyer, Art. 6 EMRK Rn. 69. 603  EGMR, Urt. v. 24. 06. 1993 – 17/1992/362/436, Series A Nr. 263, ÖJZ 1994, 138, 139, Rn. 58 – Schuler-Zgraggen/Schweiz; Grabenwarter/Pabel, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 22013, Kap. 14 Rn. 132. 604 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 115–117, wonach die Ausschlussgründe gem. Art. 6 Abs. 1 S. 2 EMRK nicht auf das Mündlichkeitsgebot anwendbar sind. 605 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 125; Schoibl, FS Leipold, 2009, S. 335, 336. 606 Zur Reichweite dieses Ermessens vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 111 f.



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beschleunigen und Prozesskosten gering zu halten,607 Eingang in die Abwägung finden und für ein schriftliches Verfahren sprechen. Hat eine der Parteien dagegen einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 EuBagatellVO gestellt, so ist dem Gericht gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO Ermessen hinsichtlich der Ablehnung dieses Antrags eingeräumt. Ausweislich der Antragstellung kommt in solchen Fällen ein Verzicht der Parteien auf eine mündliche Verhandlung nicht in Betracht. Allerdings könnten Aspekte der Verfahrensbeschleunigung und Prozesswirtschaftlichkeit zu berücksichtigen sein.608 Dazu wurde vorgebracht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung stehe im freien richterlichen Ermessen.609 Das kann angesichts der eingangs dargestellten rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze gemäß Art. 6 EMRK nicht richtig sein. Vielmehr handelt es sich um ein pflichtgemäßes Ermessen, das die grundrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen hat, vergleiche Erwägungsgrund 9 EuBagatellVO. Dies wird auch im Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO deutlich, wonach das Gericht dem Anspruch auf ein faires Verfahren entscheidendes Gewicht beimessen muss. Mit Rücksicht auf die Bedeutung des Anspruchs auf eine mündliche Verhandlung ist das Ermessen gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO hinsichtlich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf Null reduziert. Das Gericht muss dem Verlangen nach einer mündlichen Verhandlung nachkommen.610 bb.  Sonstige Unwägbarkeiten des Rechtsschutzes (1) Freibeweisverfahren Beeinträchtigungen des Rechtsschutzgesuchs können sich auch aus dem in Art. 9 EuBagatellVO vorgesehenen Freibeweisverfahren ergeben. So ist die Zulassung bestimmter Beweismittel gemäß Art. 9 Abs. 2, 3 EuBagatellVO an kosteneffizienzorientierte Kriterien geknüpft, die das Gericht nach freiem Ermessen611 zu prüfen hat. Der Ausgang einer solchen Prüfung ist für den Kläger kaum vorhersehbar. Ohne Bindung an den Grundsatz der Beweismittelerschöp607 

Vgl. dazu oben S. 75. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 119 entgegen der Darstellung des EGMR. 609  So Rauscher/Varga, Art. 5 EG‑BagatellVO Rn. 2. 610  So werden mündliche Verhandlungen wohl mittlerweile „routinemäßig“ durchgeführt, vgl. Begründung zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 vom 19. 11. 2013, KOM (2013) 794, S. 8. Vgl. auch (deutlich knapper) Schoibl, FS Leipold, 2009, S. 335, 337; Stürner, FS Kaissis, 2012, S. 991, 1004. Vorsichtiger Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 10 Rn. 93, wonach angesichts des Konflikts mit Art. 6 EMRK von der Zurückweisungsbefugnis allenfalls „sehr zurückhaltend“ Gebrauch gemacht werden sollte. 611 Rauscher/Varga, Art. 9 EG‑BagatellVO Rn. 11. 608 Abl.

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fung612 dürfte auch die Intensität der Wahrheitsfindung beeinträchtigt sein, sodass der Kläger „Pauschal- bzw. Wahrscheinlichkeitsentscheidungen“613 zu fürchten hat. Die Bestimmung des Verfahrens der Beweisaufnahme gemäß Art. 9 EuBagatellVO ist im Grundsatz mit den Garantien gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar.614 Dennoch bergen die einzelnen Regelungen potentielle Nachteile für den Kläger. (2)  Keine Urteilsverkündung Gemäß § 1102 ZPO werden Urteile, die auf ein Verfahren nach der EuBagatellVO ergehen, nicht verkündet, sondern lediglich zugestellt. Auch sehen Art. 7 Abs. 2 S. 2, Art. 13 EuBagatellVO eine Zustellung, aber keine Verkündung vor. Fraglich ist, ob dies mit Art. 6 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 EMRK vereinbar ist.615 Nach einer Ansicht liege ein Verstoß schon ausweislich der Abweichung vom Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 EMRK vor.616 Die Öffentlichkeit sei ein wesentlicher Grundsatz des fairen Verfahrens und könne nicht hinter Effizienzbestrebungen zurückstehen.617 Auf eine öffentliche Verkündung des Urteils könne auch nicht aufgrund eines der Ausnahmetatbestände gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 EMRK verzichtet werden.618 Allerdings verbiete § 1102 ZPO die Verkündung auch nicht.619 Ein deutsches Gericht sei mit Rücksicht auf die Justizgrundrechte daher zu einer Verkündung des Urteils verpflichtet.620 Es erscheint allerdings befremdlich, dies vom Gericht zu fordern, wenn der Gesetzeswortlaut gemäß § 1102 S. 1 ZPO die Verkündung explizit erlässt. Die fehlende Verkündung sei eher als zulässige Folge der Schriftlichkeit des Verfahrens anzusehen.621 Unter Rücksicht auf die unterschiedliche Handhabung in den einzelnen Vertragsstaaten garantiert Art. 6 Abs. 1 S. 2 EMRK nur ein Mindestmaß an Veröffentlichung des Urteils.622 So sei eine Verlesung im Rahmen 612 

Vgl. Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 9 EuBagVO Rn. 5. EG‑BagatellVO Rn. 13. 614 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 101–104, 110. 615 Zweifelnd Hau, JuS 2008, 1056, 1058; MüKo-ZPO/Hau, Art. 7 VO (EG) 861/2007 Rn. 11; Musielak/Voit/Voit, VO (EG) Nr. 861/2007 Rn. 25. 616 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 130; Prütting/Gehrlein/Halfmeier, § 1102 ZPO Rn. 1; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2862. 617  Vgl. Prütting/Gehrlein/Halfmeier, Art. 7 EuGFVO Rn. 2. 618 Vgl. Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 129 f.; Grabenwarter/Pabel, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 22013, Kap. 14 Rn. 135. 619  Vgl. auch BT‑Drs. 16/8839, S. 28. 620  Vgl. Prütting/Gehrlein/Halfmeier, § 1102 ZPO Rn. 1. 621 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 310 ZPO Rn. 11; von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 92011, Art. 7 EuGFVO Rn. 2; Peukert, EuGRZ 1980, 247, 268; BGH, Urt. v. 27. 06. 1957 – III ZR 51/56, NJW 1957, 1480; a. A. Echterhölter, JZ 1956, 142, 145 f. 622  Grabenwarter/Pabel, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 22013, Kap. 14 Rn. 135; Karpenstein/Mayer/F. Meyer, Art. 6 EMRK Rn. 71. 613 Rauscher/Varga, Art. 9



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einer öffentlichen Sitzung nicht zwingend erforderlich.623 Es genüge, wenn das Urteil der Öffentlichkeit so zugänglich gemacht wird, dass eine der öffentlichen Verkündung vergleichbare Kontrollmöglichkeit gewährleistet ist.624 Eine solche öffentliche Bekanntmachung ist neben der Zustellung gemäß § 1102 S. 2 ZPO allerdings nicht vorgesehen. Dies mag konventionswidrig sein, spielt für die hier untersuchte Frage jedoch keine Rolle: Dem Rechtsschutzanspruch des Klägers wird bereits mit der Zustellung des Urteils hinreichend Rechnung getragen. Der Verzicht auf eine öffentliche Bekanntmachung schränkt seine Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ein. (3) Prozesskostenlast Schließlich ist die Verteilung der Prozesskostenlast Gegenstand der Kritik. Gemäß Art. 16 S. 1 EuBagatellVO sind der unterlegenen Partei die Kosten aufzuerlegen. Dies erfährt eine Einschränkung in Art. 16 S. 2 EuBagatellVO. Danach sind der obsiegenden Partei solche Kosten nicht zu ersetzen, die nicht notwendig waren oder unverhältnismäßig sind.625 Dies ist wiederum der Zwecksetzung der EuBagatellVO geschuldet, vergleiche Erwägungsgrund 29 S. 3 EuBagatellVO. In dieser Hinsicht kritische Posten sind etwa die Kosten für die anwaltliche Vertretung,626 Auslagen der Parteien (etwa Fahrtkosten)627 sowie die Kosten der Beweiserhebung (etwa bei Sachverständigengutachten).628 Das pauschale Verhältnismäßigkeitsgebot birgt damit eine immense Unsicherheit über die Maßstäbe der Erforderlichkeit und Unverhältnismäßigkeit629 bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten.630 Diese Misslichkeit offenbart sich beispielhaft im dogmatischen Argumentationsaufwand, der betrieben wird, um die Notwendigkeit von Rechtsanwaltskosten zu rechtfertigen.631 Auch 623 EGMR, Urt. v. 22.  02. 1984 – 8209/78, Series A Nr. 74, EuGRZ 1985, 229, 232, Rn. 33 f. – Sutter/Schweiz. 624 EGMR, Urt. v. 08.  12. 1983 – 7984/77, Series A Nr. 71, EuGRZ 1985, 548, 550, Rn. 27 – Pretto u. a./Italien; EGMR, E. v. 06. 12. 2001 – 31178/96, NJW 2003, 1921, 1923, Rn. 4 – Petersen/Deutschland; EGMR, Urt. v. 17. 01. 2008 – 14810/02, NJW 2009, 2873, 2874, Rn. 34 – Ryakib Biryukov/Russland; Brokamp, Geringfügige Forderungen, 2008, S. 130; Grabenwarter/Pabel, in: Dörr/Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG, 22013, Kap. 14 Rn. 135; Karpenstein/Mayer/F. Meyer, Art. 6 EMRK Rn. 71. 625  Vgl. näher MüKo-ZPO/Hau, Art. 16 VO (EG) 861/2007 Rn. 2–4. 626 Prütting/Gehrlein/Halfmeier, Art. 16 EuGFVO Rn. 1; Jahn, NJW 2007, 2890, 2893; Rauscher/Varga, Art. 16 EG‑BagatellVO Rn. 6. 627 Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 16 EuBagVO Rn. 3. 628 Prütting/Gehrlein/Halfmeier, Art. 16 EuGFVO Rn. 2; Jahn, NJW 2007, 2890, 2893; Rauscher/Varga, Art. 16 EG‑BagatellVO Rn. 4. 629 Vgl. nur die verschiedenen Bemessungskriterien bei Prütting/Gehrlein/Halfmeier, Art. 16 EuGFVO Rn. 2: „ein Vielfaches der Klagforderung“ bzw. Wedel, JurBüro 2010, 286, 287: „Überschreitung des Streitwerts um mehr als 50 %“. 630 Rauscher/Varga, Art. 16 EG‑BagatellVO Rn. 4, 10. 631  Vgl. Schlosser/Hess/Schlosser, Art. 16 EuBagVO Rn. 2.

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besteht die Gefahr, dass dem obsiegenden Kläger selbst notwendige Prozesskosten nicht erstattet werden, wenn sie unverhältnismäßig sind.632 Eine Beeinträchtigung des Rechts auf Zugang zu den Gerichten gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK ist hierin nicht zu erkennen. Gleichwohl stellt die beschriebene Unsicherheit einen Nachteil für das Rechtsschutzgesuch des Klägers dar. cc.  Überprüfung der Belastbarkeit der Lösungsvorschläge Im Folgenden soll untersucht werden, welche Lösungsmöglichkeiten sich angesichts der beschriebenen Nachteile anbieten. Nach dem prozessualen Lösungsvorschlag unternimmt der Kläger eine unechte Eventualklagenhäufung. Hier errechnet sich der Bagatellstreitwert wie schon der Zuständigkeitsstreitwert nach der Addition von Haupt- und Hilfsantrag. Damit überschreitet der Kläger in geeigneten Fällen die Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO, sodass das Verfahren nicht nach den Vorschriften nach der EuBagatellVO durchgeführt werden kann. Die Suche nach Antworten im Bereich des vertraglichen Lösungsvorschlags erweist sich dagegen schon als falscher Ansatzpunkt. Vielmehr hat der Kläger es gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO allein in der Hand, ob er diese Verfahrensform wählt: Das Verfahren nach der EuBagatellVO tritt in ihrem Anwendungsbereich alternativ neben die nach dem nationalen Prozessrecht vorgesehenen Verfahrensformen, ersetzt diese aber nicht, vergleiche Art. 1 Unterabs. 1 S. 2 EuBagatellVO. Statt im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen kann die Streitsache im nationalen Bagatellverfahren gemäß § 495a ZPO oder im regulären amtsgerichtlichen Verfahren verhandelt werden. Dies ist dem Kläger unter dem Aspekt der Rechtsschutzmöglichkeiten zu raten. Zwar besteht zwischen europäischem und nationalem Bagatellverfahren hinsichtlich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Ergebnis kein Unterschied: Während eine mündliche Verhandlung auf Antrag gemäß § 495a S. 2 ZPO zwingend durchzuführen ist, ist das Ermessen gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO auf Null reduziert. Allerdings sind im europäischen Bagatellverfahren die Unwägbarkeiten hinsichtlich des Beweisverfahrens und der Prozesskostenerstattung größer. c. Zusammenfassung Bei der Ausübung des dem Gericht gemäß § 495a S. 1 ZPO eingeräumten Ermessens hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Verfahrens ist dieses an verfassungsrechtliche Vorgaben (insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG) sowie die Einhaltung allgemeiner Verfahrensgrundsätze gebunden. 632 Musielak/Voit/Voit,

VO (EG) Nr. 861/2007 Rn. 3.



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

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Die Vorschriften der EuBagatellVO sind mit den Anforderungen des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar. Zugleich birgt das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen Unsicherheiten hinsichtlich der Zulassung von Beweismitteln oder der Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten. Abhilfe schaffen die hier angebrachten Lösungsvorschläge. 3. Ergebnis Durch die Beschränkung auf eine Teilklage ist die Streitsache unter Umständen nicht mehr im regulären Verfahren, sondern einem besonderen Verfahren für geringe Streitwerte zu verhandeln. Dadurch werden die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage im regulären Zivilverfahren nicht in unzumutbarer Weise eingeschränkt. X.  Materiellrechtliche Gegenrechte des Beklagten Die Beschränkung auf eine Teilklage bringt nicht nur prozessuale Folgen mit sich. Sie kann auch angesichts materiellrechtlicher Gegenrechte des Beklagten nachteilig sein. Macht der Beklagte seine Rechte gegenüber dem zunächst eingeklagten Anspruchsteil geltend und ist die Teilklage aus diesem Grund unbegründet, wird der Kläger noch den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest zum Gegenstand einer Restklage machen müssen, um zumindest mit diesem durchzudringen. Selbst bei Obsiegen mit der Restklage kann das (Teil-) Unterliegen mit der früheren Teilklage aufgrund der degressiven Gebührenstaffelung schon zu einer höheren Prozesskostenlast führen als wenn der Kläger mit einer entsprechenden Vollklage teilweise unterlegen wäre. In jedem Fall kommt es durch die Erhebung von Teil- und Restklage zu einer unnötigen Vermehrung von Prozessen, die dem Kläger zusätzliche Ressourcen abverlangt. Ob der Beklagte sein jeweiliges Gegenrecht tatsächlich gegenüber der Teilklage geltend machen kann und die beschriebenen Nachteile drohen, soll im Einzelnen untersucht werden. 1.  Einrede des nicht erfüllten Vertrags und Zurückbehaltungsrecht Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, vergleiche §§ 320 Abs. 1, 322 Abs. 1 BGB, ist als solche zahlenmäßig nicht beschränkt und richtet sich gegen den gesamten der Teilklage zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch. Aus diesem Grund ist sie zwar nicht auf den eingeklagten Teil beschränkt,633 kann

633  Vgl. BGH, Urt. v. 01. 07. 1971 – VII ZR 224/69, NJW 1971, 1800, 1801; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 134.

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ihm aber gleichwohl entgegengehalten werden.634 Auch ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB kann in vollem Umfang geltend gemacht werden, vergleiche § 274 Abs. 1 BGB.635 2. Minderung Erklärt der Beklagte einer Teilklage die Minderung, so ist der Minderungsbetrag zunächst vom letztrangigen nicht eingeklagten Teilbetrag abzuziehen, selbst wenn dieser verjährt ist.636 Die Minderung bezieht sich auf den gesamten Anspruch und ist nicht auf den eingeklagten Teilbetrag beschränkt.637 Andernfalls müsste der Anspruchsinhaber eine Vollklage erheben und ein Teilunterliegen in Kauf nehmen, was nicht sachgerecht ist.638 Die Teilklage ist daher begründet, wenn der geltend gemachte Betrag dem Kläger auch nach Abzug des Minderungsbetrags vom Gesamtanspruch zusteht. 3.  Mitverschulden des Klägers Hat ein Mitverschulden des Klägers zur Entstehung des von ihm geltend gemachten Schadens beigetragen, so kann der Beklagte ihm dies entgegenhalten, vergleiche etwa § 254 Abs. 1 BGB. Nur vereinzelt wurde vertreten, dieser Mitverschuldensanteil könne stets nur vom eingeklagten Teilbetrag abgezogen werden, da nur dieser durch den Kläger in den Rechtsstreit einbezogen werde.639 Zu formalistisch erscheint auch das Argument, „jede einzelne Maßeinheit“,640 also jeder Euro des geltend gemachten Schadensbetrags sei durch den Mitverschuldensanteil gemindert, womit dieser auch beim mit der Teilklage geltend gemachten Schadensbetrag in Abzug zu bringen sei. Bisweilen wird die Einschränkung gemacht, der Mitverschuldensanteil solle nur dann nicht vom eingeklagten Teilbetrag abgezogen werden, wenn der Kläger dem Mitverschuldenseinwand gerade zuvorkommen will, indem er nur 634  BGH, Urt. v. 20. 12. 1961 – V ZR 65/60, NJW 1962, 628, 629; BGH, Urt. v. 16. 01. 1992 – VII ZR 85/90, NJW 1992, 1632, 1633. 635 BeckOK‑BGB/S. Lorenz, 01. 02. 2017, § 274 Rn. 4. 636 BGH, Urt. v. 01.  07. 1971 – VII ZR 224/69, NJW 1971, 1800, 1801; Wieczorek/ Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 60; Staudinger/Matusche-Beckmann, § 441 BGB Rn. 32; Moufang/Koos, in: Messerschmidt/Voit (Hrsg.), Privates Baurecht, 22012, § 638 BGB Rn. 37; MüKo-BGB/Westermann, § 441 Rn. 8. Für eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB bei „strukturierten“ bzw. „differenzierten“ Forderungen dagegen Peters, BB 1983, 1951, 1954 f.; Staudinger/Peters/Jacoby, § 634 BGB Rn. 118; krit. Erman/Grunewald, § 441 BGB Rn. 12. 637  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 134. 638  Vgl. BGH, Urt. v. 01. 07. 1971 – VII ZR 224/69, NJW 1971, 1800, 1801; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 134; BeckOK‑BGB/Voit, 01. 02. 2017, § 638 Rn. 10. 639  LG Köln, Urt. v. 26. 11. 1963 – 11 S 268/63, wiedergegeben bei Bull, JurBüro 1967, 841, 845. 640 So H. Müller, SRZ 1954, 85, 86.



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einen reduzierten Schadensbetrag geltend macht.641 Wegen der verschiedenen Interessenlage gelte dies dann nicht, wenn der Kläger etwa nur aus Gründen der Prozesskostenersparnis eine Teilklage erhebt642 oder bewusst eine Entscheidung über den Mitverschuldensanteil anstrebt.643 Hier unterschieden sich nicht zuletzt die Streitgegenstände:644 Will der Kläger einem Mitverschuldenseinwand zuvorkommen, so sei Grund des Anspruchs der gesamte zugrunde liegende Sachverhalt. Dient die Beschränkung auf eine Teilklage dagegen nur der Kostenersparnis, so sei der zugrunde liegende Sachverhalt auf den geltend gemachten Anspruchsteil beschränkt. Bringt der Kläger bereits in seiner Klageschrift zum Ausdruck, den Mitverschuldensanteil bei der Höhe des Klagebetrags bereits berücksichtigt zu haben, kann das Gericht (so der Kläger seinen Anteil zutreffend bestimmt hat) auch keine weiteren Abzüge vornehmen. Schließlich verlangt er hier nur das, was ihm tatsächlich zusteht. Abgesehen davon ist die Argumentation zur Differenzierung bei den Streitgegenständen nur schwer nachvollziehbar. Tatsächlich gibt es keinen zwingenden Grund, den Mitverschuldensanteil ausgerechnet beim eingeklagten Teilbetrag in Abzug zu bringen. Nach überwiegender Ansicht kann der eingeklagte Teilbetrag vollständig zugesprochen werden, wenn dieser dem Kläger jedenfalls (selbst bei Abzug des Mitverschuldensanteils vom Gesamtschadensbetrag) zusteht.645 Es sei schon prozessökonomisch, den Mitverschuldensanteil nicht vom eingeklagten Teilbetrag abzuziehen.646 Schließlich habe das Gericht auch den gesamten vorgebrachten Tatsachenstoff bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.647 Zudem betreffe die Frage des Mitverschuldens den „Entstehungsgrund der ganzen Forderung“.648 Interessen des Beklagten werden hierbei nicht beeinträchtigt: Wünscht er eine endgültige Klärung über den Haftungsumfang, so kann er ne-

641  BGH, Urt. v. 08. 04. 1998 – VIII ZR 228/96, NJW‑RR 1998, 948, 949; OLG Bremen, Urt. v. 18. 05. 1999 – 3 U 2/98, ZIP 1999, 1671, 1679; OLG München, Urt. v. 08. 08. 1970 – 12 U 2560/65, NJW 1970, 1924, 1927; OLG Schleswig, Urt. v. 05. 01. 1983 – 9 U 71/82, VersR 1983, 932; Wieczorek/Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 60; BeckOK‑BGB/S. Lorenz, 01. 02. 2017, § 254 Rn. 72. Dann handelt es sich begrifflich auch nicht mehr um eine „Teilklage“, vgl. Friedrich, Teilklage, 1995, S. 135; E. Schneider, MDR 1962, 444. 642  von Gerkan, MDR 1962, 106, 107. 643 OLG Schleswig, Urt. v. 05. 01. 1983 – 9 U 71/82, VersR 1983, 932; MüKo-BGB/ Oetker, § 254 Rn. 144; Staudinger/Schiemann, Vorbemerkungen zu §§ 249–254 BGB Rn. 87. 644  Vgl. zum Folgenden von Gerkan, MDR 1962, 106, 107; von Gerkan, MDR 1962, 866, 867. 645  RG, Urt. v. 04. 11. 1921 – III 140/21, RGZ 103, 140, 144; BGH, Urt. v. 08. 04. 1998 – VIII ZR 228/96, NJW‑RR 1998, 948, 949; Palandt/Grüneberg, § 254 BGB Rn. 72; Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 72017, Rn. 618 f.; MüKo-BGB/Oetker, § 254 Rn. 144. 646  E. Schneider, MDR 1962, 444, 444 f. Krit. H. Müller, SRZ 1955, 6, 6 f. 647  Bull, JurBüro 1967, 841, 846. 648  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 135.

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gative Feststellungswiderklage erheben.649 Die gegenteilige Auffassung, nach der der Kläger teilweise unterliegt, führt wegen der damit verbundenen Kostenlast650 zu unbilligen Ergebnissen.651 4. Aufrechnung Wie sich die im Prozess erklärte Aufrechnung des Beklagten auf die Begründetheit der Teilklage auswirkt, wurde verschiedentlich beurteilt. § 389 BGB soll ein Argument dafür liefern, dass der Teilklage ungeachtet der Prozessaufrechnung stattzugeben ist. Danach komme es für den Eintritt der Rechtsfolgen der Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage an, die in der Regel schon vor Klageerhebung vorlag. Dann bestehe im Zeitpunkt der Teilklageerhebung der ursprüngliche Gesamtanspruch nicht mehr in voller Höhe und auch die Gegenforderung des Beklagten sei bereits erloschen. Die Aufrechnungserklärung entfalte keine weitere Wirkung.652 Diese Prämisse geht allerdings keineswegs zweifelsfrei aus § 389 BGB hervor. Vielmehr erlöschen die gegenseitigen Forderungen nicht bereits mit Bestehen einer Aufrechnungslage, dafür bedarf es der Aufrechnungserklärung gemäß § 388 BGB.653 Im Zeitraum zwischen Erhebung der Teilklage und Erklärung der Aufrechnung kann der eingeklagte Teil des Gesamtanspruchs vom nicht eingeklagten Teil unterschieden werden. Dies lässt Raum für eine Anwendung von § 396 BGB, wonach dem Aufrechnenden ein Bestimmungsrecht zukommt.654 Der eingeklagte und der nicht eingeklagte Anspruchsteil sollen eine Forderungsmehrheit gemäß § 396 BGB darstellen. Infolge der Beschränkung auf eine Teilklage seien die einzelnen Teile des Anspruchs verselbständigt und voneinander unterscheidbar individualisiert.655 Offensichtlich werde dies angesichts der auf den eingeklagten Teil beschränkten prozessualen Wirkungen wie der Rechts649 

E. Schneider, MDR 1962, 444. Urt. v. 23. 11. 1928 – II 166/28, RGZ 122, 351, 360; Staudinger/Schiemann, Vorbemerkungen zu §§ 249–254 BGB Rn. 87. Krit. H. Müller, SRZ 1955, 6, 7. 651  Friedrich, Teilklage, 1995, S. 135. 652 LG Kassel, Urt. v. 16. 09. 1955 – 1 S 150/54, MDR 1956, 226, 226 f.; Enneccerus/ Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 151958, S. 289; Weigelin, JW 1938, 1152, 1153. 653  Allg. Staudinger/Gursky, § 389 BGB Rn. 2; MüKo-BGB/Schlüter, § 388 Rn. 1 sowie im Besonderen RG, Urt. v. 25. 01. 1907 – VII 99/06, RGZ 66, 266, 273; Abt, Aufrechnung, 1928, S. 36–39; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 16. 654 Zu einem abweichenden Ansatz vgl. auch Dietrich, AcP 170 (1970), 534, 541 f., 546–549. 655 RG, Urt. v. 19. 05. 1882 – IVa 16/82, RGZ 7, 243, 246; RG, Urt. v. 25. 01. 1907 – VII 99/06, RGZ 66, 266, 271; BGH, Urt. v. 13. 07. 1973 – V ZR 186/71, NJW 1973, 1689, 1690; BGH, Urt. v. 06. 11. 1990 – XI ZR 262/89, NJW‑RR 1991, 169, 170; Abt, Aufrechnung, 1928, S. 10–12; Staudinger/Gursky, § 389 BGB Rn. 14; Staudinger/Gursky, § 396 BGB Rn. 5; von Lieres und Wilkau, Aufrechnung, 1914, S. 10 f.; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 8 f.; Mankowski, JR 1996, 223, 225; E. Schneider, MDR 1958, 823, 824. 650  RG,



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kraft oder der Rechtshängigkeit.656 Eine solche Selbständigkeit wurde aber auch bestritten.657 Diese Frage sei gemäß § 396 BGB allein nach materiellem Recht zu beurteilen.658 Jedenfalls reiche die durch die Erhebung einer Teilklage hervorgebrachte Verselbständigung nicht für die Maßstäbe des § 396 BGB.659 Auch wolle der Kläger mit der Erhebung der Teilklage keine Verselbständigung herbeiführen und es fehle daher am erforderlichen subjektiven Element.660 Die Frage, ob mehrere Teile eines Anspruchs unter den Begriff der Anspruchsmehrheit fallen, kann nicht allein anhand von § 396 BGB entschieden werden. Die Aufrechnung stellt ein Erfüllungssurrogat dar. Aus diesem Grund verweist § 396 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Anrechnungsvorschrift gemäß § 366 Abs. 2 BGB. Die Grundsätze der Erfüllung müssen bei der hier zu entscheidenden Frage berücksichtigt werden. Direkt anwendbar sind §§ 396 Abs. 1 S. 2, 366 Abs. 2 BGB bei einer Mehrheit von eigenständigen Schuldverhältnissen im engeren Sinne.661 Diesbezüglich ist der Wortlaut der Normen klar. Soll es bei der Begriffsbestimmung nicht allein auf dogmatische Konstruktionen wie die Bestimmung nach materiellem Recht ankommen, sondern vielmehr auf eine Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten,662 bietet sich eine Analogie an. Hinsichtlich einer Mehrheit von Anspruchsteilen weisen §§ 396, 366 BGB eine planwidrige Regelungslücke auf. Die Interessenlage ist vergleichbar: Nicht nur bei einer Forderungsmehrheit weisen die einzelnen Glieder Charakteristiken auf, die sie von anderen Gliedern des Gesamten unterscheiden. Auch bei einer Mehrheit von Anspruchsteilen ist eine solche Individualisierung möglich. Deutlich wird das bei Anspruchsteilen, die zum Gegenstand einer individualisierten Teilklage gemacht werden.663 Einen solchen Grad der Individualisierung und Selbständigkeit erreichen die nicht individualisierten Teile eines Zahlungsanspruchs dagegen nicht. Sie können nur quantitativ, nicht aber qualitativ voneinander unterschieden werden.664 Allerdings geht mit der Erhebung einer nicht individualisierten Teilklage eine darüber hinausgehende Charakterisierung einher. Mit der Klageerhebung werden an den eingeklagten Teil prozessuale und in der Folge auch materiellrechtliche Rechtsfolgen geknüpft, die es beim nicht 656  So zuerst RG, Urt. v. 25. 01. 1907 – VII 99/06, RGZ 66, 266, 271. Vgl. ferner Friedrich, Teilklage, 1995, S. 130 f.; Staudinger/Gursky, § 389 BGB Rn. 14; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 8; Mankowski, JR 1996, 223, 225; E. Schneider, MDR 1958, 823, 824. Abl. LG Kassel, Urt. v. 16. 09. 1955 – 1 S 150/54, MDR 1956, 226. 657  Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 151958, S. 289; Pentz, NJW 1966, 2392, 2392 f. 658  Niklas, MDR 1987, 96, 97. 659  LG Kassel, Urt. v. 16. 09. 1955 – 1 S 150/54, MDR 1956, 226; Weigelin, JW 1938, 1152, 1153. 660  Oppenheim, Gruch 28, 305, 310 f. 661 MüKo-BGB/Fetzer, § 366 Rn. 2; Staudinger/Olzen, § 366 BGB Rn. 14. 662  So PWW/T. Pfeiffer, § 366 BGB Rn. 8. 663  Vgl. zu dieser Kategorie oben S. 25. 664  So auch Tischendorf, Schuldtilgung, 1993, S. 107 f.

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eingeklagten Anspruchsteil nicht gibt. Dies hat die Auseinandersetzung mit den auf den eingeklagten Teil beschränkten Wirkungen der Rechtshängigkeit gezeigt.665 Diese Wirkungen machen sich auch für den Beklagten bemerkbar und wecken sein Interesse, die Aufrechnung gegenüber einem bestimmten Teil des Ganzen wirksam werden zu lassen. Damit besteht zu der für die direkte Anwendung von §§ 396, 366 BGB erforderlichen Selbständigkeit kein Unterschied. Im Fall der Aufrechnung gegenüber einer Teilklage sind daher die §§ 396, 366 BGB analog anwendbar. Dass die Aufrechnung nach der Bestimmung des Beklagten gegen den eingeklagten Teilbetrag wirksam wird,666 führt auch zu billigen Ergebnissen: Der Kläger hat den Restbetrag schließlich bewusst nicht eingeklagt,667 der Beklagte wiederum wehrt sich mit der Aufrechnung bewusst gegen den eingeklagten Teilbetrag.668 Der gegen den eingeklagten Teilanspruch gerichteten Bestimmung kann der Kläger gemäß § 396 Abs. 1 S. 2 BGB widersprechen.669 Fraglich ist, ob sich die Aufrechnung gemäß § 366 Abs. 2 BGB dann gegen den eingeklagten oder den nicht eingeklagten Teil richtet. Der eingeklagte Teil ist rechtshängig, zudem droht für ihn die Erteilung eines Vollstreckungstitels. Dies sei die dem Beklagten lästigere Schuld gemäß § 366 Abs. 2 Var. 3 BGB.670 Allerdings könnte zuvor das Kriterium der geringeren Sicherheit gemäß § 366 Abs. 2 Var. 2 BGB einschlägig sein. Der nicht eingeklagte Anspruchsteil verjähre mangels Hemmung durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB früher und sei somit für den Gläubiger unsicherer.671 665 Vgl. zu den prozessualen und materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit oben S. 48. 666  RG, Urt. v. 26. 09. 1911 – III 518/10, RGZ 80, 393, 394; BGH, Urt. v. 10. 10. 1966 – VII ZR 30/65, NJW 1967, 34; BGH, Urt. v. 24. 04. 1975 – III ZR 72/72, WM 1975, 795, 796; BGH, Urt. v. 14. 06. 1994 – XI ZR 127/93, NJW‑RR 1994, 1203; BeckOK‑BGB/Dennhardt, 15. 06. 2017, § 388 Rn. 10; Palandt/Grüneberg, § 388 BGB Rn. 4; E. Schneider, MDR 1958, 823, 824; Jauernig/Stürner, § 387 BGB Rn. 22. 667  Abt, Aufrechnung, 1928, S. 14 f. 668  RG, Urt. v. 26. 09. 1911 – III 518/10, RGZ 80, 393, 394; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 132; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 17. 669  Abt, Aufrechnung, 1928, S. 39 f.; Staudinger/Gursky, § 389 BGB Rn. 14; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 18 f. 670 RG, Urt. v. 25. 01. 1907 – VII 99/06, RGZ 66, 266, 275; Abt, Aufrechnung, 1928, S. 46 f.; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 133; E. T. Lüttringhaus, Aufrechnung, 1933, S. 19; PWW/T. Pfeiffer, § 366 BGB Rn. 25 (wenn auch kritisch zur Bedeutung der Titulierung); MüKo-BGB/Schlüter, § 396 Rn. 1; E. Schneider, MDR 1958, 823. 671 Staudinger/Gursky, § 389 BGB Rn. 14; Mankowski, JR 1996, 223, 225 f.; Musielak, FS Leipold, 2009, S. 85, 95. Vgl. ferner Niklas, MDR 1987, 96, 98. Dieses Ergebnis werde auch durch die Angemessenheit der daraus folgenden Kostenverteilung gestützt, vgl. Mankowski, JR 1996, 223, 226 f. Zur Bedeutung der Verjährung für die Frage der Unsicherheit vgl. allg. BGH, Urt. v. 19. 11. 2008 – XII ZR 123/07, NJW 2009, 1071, 1073; MüKo-BGB/Fetzer, § 366 Rn. 13; Tischendorf, Schuldtilgung, 1993, S. 73.



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Umstritten ist, inwiefern diese gesetzlich vorgesehene Reihenfolge Abweichungen zulässt, die sich an den Interessen der Beteiligten orientieren. Bisweilen wird einem anderslautenden mutmaßlichen Parteiwillen Vorrang eingeräumt.672 Aus diesem Grund entschied bereits der Bundesgerichtshof, dass das Kriterium der Lästigkeit vor dem der Unsicherheit entscheidend sein könne.673 Die Wertungen im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sind jedoch nicht übertragbar: Zwar ist auch hier der mit der Teilklage geltend gemachte Anspruchsteil vergleichsweise sicher, dafür dem Beklagten lästig. Es kommt aber hinzu, dass der Kläger schon mit Blick auf die Prozesskosten ein Interesse daran hat, nicht mit seiner Teilklage zu unterliegen. Es ist unzulässig, die gesetzlichen Wertungen des § 366 Abs. 2 BGB, der ausweislich der Entstehungsgeschichte sowohl den Interessen des Gläubigers als auch den Interessen des Schuldners zu dienen bestimmt ist,674 außer Kraft zu setzen. Ein solches Ergebnis stellt auch keine grobe Verletzung der Interessen des Beklagten dar: Dieser müsste, sollte er mit der Aufrechnung gegenüber der Teilklage Erfolg haben, ohnehin mit einem Folgeprozess über den zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrest rechnen. Der Wille des Beklagten, gerade den mit der Teilklage geltend gemachten Anspruchsteil zum Erlöschen zu bringen, ist daher unbeachtlich.675 Damit bleibt es beim Ergebnis, dass sich die Aufrechnung gemäß § 366 Abs. 2 Var. 2 BGB gegen den nicht eingeklagten Anspruchsteil richtet.676 Sie berührt nicht die Begründetheit der Teilklage. Die Aufrechnung werde auch dann nicht gegenüber dem eingeklagten Teilbetrag wirksam, wenn der Kläger vor Erhebung einer Teilklage erkennbar im Wege der Aufrechnung die Gegenforderung des Beklagten zum Erlöschen bringt, diese von seinem ursprünglichen Gesamtanspruch abzieht und den Restbetrag in entsprechender Höhe fordert, der ihm „jedenfalls“ zustehe.677 Noch weiter geht die Meinung, wonach bei Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage regelmäßig und ohne weitere Anhaltspunkte davon auszugehen sei, 672 

BGH, Urt. v. 27. 02. 1978 – II ZR 3/76, NJW 1978, 1524; BGH, Urt. v. 14. 11. 2000 – XI ZR 248/99, NJW 2001, 815, 818; MüKo-BGB/Fetzer, § 366 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, § 366 BGB Rn. 10. 673  BGH, Urt. v. 05. 02. 1969 – VIII ZR 42/67, NJW 1969, 1846, 1847. 674  Avenarius, AcP 203 (2003), 511, 526 f.; Staudinger/Olzen, § 366 BGB Rn. 44. 675 Vgl. Mankowski, JR 1996, 223, 227 f.; Staudinger/Olzen, § 366 BGB Rn. 44. 676  So im Erg. auch Dietrich, AcP 170 (1970), 534, 549 f. 677  RG, Urt. v. 20. 02. 1904 – V 357/03, RGZ 57, 97, 100 f.; RG, Urt. v. 20. 05. 1930 – VII 558/29, RGZ 129, 63, 66 für den Fall der vor Klageerhebung erklärten Aufrechnung von Seiten des Schuldners; BGH, Urt. v. 10. 10. 1966 – VII ZR 30/65, NJW 1967, 34; BGH, Urt. v. 24. 04. 1975 – III ZR 72/72, WM 1975, 795, 796; Abt, Aufrechnung, 1928, S. 56 f.; Wieczorek/ Schütze/Assmann, § 253 ZPO Rn. 61; BeckOK‑BGB/Dennhardt, 15. 06. 2017, § 388 Rn. 10; Draub, Teilklage, 1930, S. 22; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 151958, S. 289; Friedrich, Teilklage, 1995, S. 133; Palandt/Grüneberg, § 388 BGB Rn. 4; Staudinger/ Gursky, § 389 BGB Rn. 15; Musielak, FS Leipold, 2009, S. 85, 95; Niklas, MDR 1987, 96; Jauernig/Stürner, § 387 BGB Rn. 22.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

dass der Kläger zumindest hilfsweise bereits die Aufrechnung mit begründeten Gegenforderungen des Beklagten erklärt.678 Müsste der Kläger den Betrag der Gegenforderung zu dem ihm jedenfalls zustehenden Betrag hinzurechnen und einklagen, würden ihm auch anteilig die Prozesskosten auferlegt – dies aber sei unbillig.679 5. Ergebnis Die materiellrechtlichen Gegenrechte des Beklagten berühren nicht die Begründetheit einer Teilklage. Zwar kann der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht sowie die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gegenüber der Teilklage erheben. Dies schmälert aber nicht deren Erfolgsaussichten, der Beklagte wird allenfalls zur Leistung Zug um Zug verurteilt, vergleiche §§ 274 Abs. 1, 322 Abs. 1 BGB. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers werden dadurch nicht beeinträchtigt, was sich in der Zwangsvollstreckung zeigt: Bei Annahmeverzug des Schuldners kann der Gläubiger auch vollstrecken ohne die geschuldete Leistung erbringen zu müssen, vergleiche §§ 274 Abs. 2, 322 Abs. 3 BGB. Mit sonstigen materiellrechtlichen Gegenrechten kann der Beklagte auf den nicht eingeklagten Anspruchsteil verwiesen werden. Allerdings sind die Institute in ihrer jeweiligen Rechtsnatur zu verschieden, um ein gleichlaufendes Lösungsmodell zu entwickeln.680 Die Ergebnisse beruhen teils auf Gründen der Prozessökonomie und Billigkeit (Minderung, Mitverschulden des Klägers), teils auf gesetzlicher Anordnung (Aufrechnung). Damit bringt die Beschränkung auf eine Teilklage keine Nachteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers mit sich. XI. Prozesskosten Nachdem alle durch die Beschränkung auf eine Teilklage aufgeworfenen Probleme dargestellt und soweit möglich einer Lösung zugeführt wurden, soll die abschließende Frage beantwortet werden, ob die Erhebung der Teilklage in Anbetracht dessen tatsächlich (wie eingangs behauptet681) zur Senkung von Prozesskosten beiträgt. 1.  Kostensteigerung durch Teilklagen Zunächst soll untersucht werden, ob und wann es infolge der Erhebung einer Teilklage zu Prozesskostensteigerungen kommt, die dem Kläger bei entspre678 

Pentz, NJW 1966, 2392, 2393. Ders., NJW 1966, 2392, 2393. Für die Unbilligkeit der Klageabweisung auch Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 151958, S. 289; Weigelin, JW 1938, 1152. 680  So auch E. Schneider, MDR 1962, 444. 681  Vgl. oben S. 104. 679 



C.  Prozessuale und materiellrechtliche Nachteile

203

chender Vollklage nicht entstanden wären. Diese Kostensteigerungen haben ihre Ursache im Umgang mit dem zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest. Erfüllt der Beklagte trotz Unterliegens im Verfahren über die Teilklage den Anspruchsrest nicht freiwillig, so muss der Anspruchsgläubiger diesen im Wege einer Restklage gerichtlich geltend machen. Aufgrund der degressiven Gebührenstaffelung im Kostenrecht fallen für mehrere Teilklagen höhere Prozesskosten an, als wenn der Kläger den Gesamtanspruch sogleich im Wege einer Vollklage geltend gemacht hätte. Unterliegt der Beklagte hinsichtlich Teil- und Restklage, trifft ihn grundsätzlich die gesamte Kostenlast.682 Dennoch kann die ursprüngliche Beschränkung auf eine Teilklage zum Nachteil des Klägers gereichen. So sei eine grundlose Aufteilung eines Gesamtanspruchs in Teilklagen keine zweckentsprechende Rechtsverfolgung gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO mehr,683 weshalb der Kläger die durch die Gebührendegression hervorgerufenen Mehrkosten selbst zu tragen habe. Dem könne er nur entgehen, wenn er für sein gerichtliches Vorgehen einen sachlichen Grund vorweist.684 Nach anderer Ansicht ergebe sich eine solche Wertung nicht generell aus dem Gesetz, sondern allenfalls aufgrund einer Einzelfallbewertung.685 Grundsätzlich seien dem Kläger daher gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO auch die durch die Gebührendegression hervorgerufenen Mehrkosten zu ersetzen.686 Auch das Gebot der Kostenschonung, abgeleitet aus dem auch im Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben,687 verlange einen sachlichen Grund für die ursprüngliche Beschränkung auf eine Teilklage. Nur dann werden dem Kläger die infolge der Gebührendegression entstandenen Mehrkosten ersetzt. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist die Notwendigkeit der entstandenen Kosten.688 Danach hat eine Partei grundsätzlich den kostengünstigsten von mehreren gleichwertigen prozessualen Wegen zu wählen, den sie als sachdienlich ansehen durfte.689 So dürfe der Kläger mehrere selbständige Ansprüche nicht ohne sachlichen Grund in verschiedenen Verfahren geltend 682 Vgl.

E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, 32007, Rn. 1719. BGH, Beschl. v. 11. 09. 2012 – VI ZB 59/11, NJW 2013, 66, 67; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05. 02. 1976 – 10 W 8/76, RPfleger 1976, 219; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 05. 1994 – 1 WF 296/93, FamRZ 1995, 1215; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 172010, § 85 Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 91 ZPO Rn. 32; Zöller/Herget, § 91 ZPO Rn. 13; Jastrow, ZZP 9 (1886), 385, 395; AK‑ZPO/Röhl, § 91 Rn. 8. 684  Vgl. zu solchen Gründen BeckOK‑ZPO/Jaspersen, 15. 09. 2017, § 91 Rn. 152.1; AK‑ ZPO/Röhl, § 91 Rn. 8. 685  H. Wendt, Teilklage, 1937, S. 27. 686  Ders., Teilklage, 1937, S. 26 f. 687  Vgl. ausführlich oben S. 43 f. 688 BGH, Beschl. v. 02.  05. 2007 – XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257; BGH, Beschl. v. 11. 09. 2012 – VI ZB 59/11, NJW 2013, 66, 67; MüKo-ZPO/Schulz, § 91 Rn. 48. 689  BGH, Beschl. v. 16. 10. 2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; BGH, Beschl. v. 09. 09. 2004 – I ZB 5/04, NJW‑RR 2004, 1724; BGH, Beschl. v. 20. 10. 2005 – VII ZB 53/04, NJW 2006, 446, 447; MüKo-ZPO/Schulz, § 91 Rn. 49. 683 

204

Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

machen.690 Dieser Grundsatz muss auch im Fall der Aufteilung eines einheitlichen Anspruchs gelten. Danach besteht für die Beschränkung auf eine Teilklage in der Regel kein sachlicher Grund, wenn schon vor Klageerhebung absehbar ist, dass der gesamte Anspruch bestritten ist und der Gegner auch im Fall des Unterliegens gegenüber einer Teilklage den Anspruchsrest nicht freiwillig erfüllen wird. Wird eine Restklage erforderlich, kann der Kläger die durch die Gebührendegression hervorgerufenen Mehrkosten nicht ersetzt verlangen. Schließlich ist die Kostendeckelung ab einer bestimmten Wertgrenze zu beachten, vergleiche § 39 Abs. 2 GKG, § 22 Abs. 2 RVG. Jenseits dieser Werte kommt es schon gar nicht mehr zu Kostensteigerungen infolge der Gebührendegression.691 2.  Kostenrelevanz der Lösungsvorschläge In dieser Arbeit wurden die prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte der Teilklage und daraus folgende Nachteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers ausgemacht. Im Einzelfall wurden ein prozessualer und ein vertraglicher Lösungsvorschlag entwickelt, um dem Kläger umfassende Rechtsschutzmöglichkeiten einzuräumen. Gleichwohl bleibt zu untersuchen, ob diese Vorschläge nicht selbst wiederum zu einer Kostensteigerung und einer Beeinträchtigung der klägerischen Rechtsposition führen. Der prozessuale Lösungsvorschlag (unechte Eventualklagenhäufung) als solcher führt im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage nicht zur Kostensteigerung. Gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG werden die Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag zusammengerechnet. Über den Hilfsanspruch wird nur entschieden, wenn der Kläger hinsichtlich des Hauptantrags obsiegte, sodass ihn diesbezüglich kein Prozesskostenrisiko trifft. Auch im Übrigen entstehen durch ein solches prozessuales Vorgehen keine Mehrkosten: Über Haupt- und Hilfsantrag kann gemeinsam verhandelt werden, sodass etwa Beweise auch nur einmal erhoben werden müssen.692 Allerdings können im Rahmen des vertraglichen Lösungsvorschlags Mehrkosten für die Erlangung erforderlicher Informationen, für die Aushandlung (etwa unter Zuhilfenahme rechtlicher Beratung), für den Abschluss und für die Durchsetzung des Vertrags entstehen. 3. Ergebnis Das prozessuale Vorgehen im Wege der Teilklage ist nicht in jedem Fall kostensparend. Die Prozesskosten erhöhen sich im Vergleich zur Erhebung einer 690 Musielak/Voit/Flockenhaus,

§ 91 ZPO Rn. 9; MüKo-ZPO/Schulz, § 91 Rn. 148. Schlößer/Mucke, MDR 1998, 753, 755; Wenner/M. Schuster, BB 2005, 230, 232. 692 Vgl. Wolf, FS Gaul, 1997, 805. 691 Vgl.



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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Vollklage, wenn nach einer Teilklage noch eine Restklage erhoben wird. Unter Umständen werden die Mehrkosten dem obsiegenden Kläger nicht gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattet.

D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht Im Folgenden wird sich der Kreis zur ursprünglich aufgeworfenen Problemfrage693 schließen. Nach der umfassenden Erörterung und Bewertung der prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte einer Teilklage kann die Frage beantwortet werden, ob die Verweisung auf die Erhebung einer Teilanstelle einer Vollklage im Kostenhilferecht zumutbar ist. Dazu ist ein Vergleich mit einem nicht auf Leistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe oder des Rechtsschutzversicherers angewiesenen Kläger anzustellen. Würde auch er nur eine Teilklage erheben (weil sie sich hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten und der Sicherheit prozessualer Aussichten als gleichwertiges prozessuales Vorgehen erweist), so ist dies auch dem auf Kostenhilfe angewiesenen Kläger zuzumuten. In diesen Fällen erwächst aus den Verhaltensanforderungen gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO eine Teilklagelast sowie im Bereich der Rechtsschutzversicherung eine Teilklageobliegenheit. I.  Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse Die im vorangegangenen Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse sollen im Folgenden thesenartig zusammengefasst werden, um sie für den abschließenden Interessenausgleich nutzbar zu machen. Ausgangspunkt der Untersuchung war die Frage, ob die Rechtsverfolgung mittels einer Teilklage gegenüber der Erhebung einer Vollklage unzumutbar erschwert ist und welche Lösungswege sich gegebenenfalls anbieten. 1. Unter dem Aspekt der ordnungsgemäßen Klageerhebung gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO stellte sich bei Teilklagen die Frage, wie der eingeklagte Anspruchsteil vom nicht eingeklagten Anspruchsrest abzugrenzen ist. Bei Teilklagen im weiten Sinne ist es erforderlich, den eingeklagten Teil im Rahmen des dem Kläger zustehenden Ganzen zu individualisieren. Dies stellt keine unzumutbare Beeinträchtigung dar,694 sodass auch ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger sich auf eine Teilklage beschränken würde. Bei Teil-

693  694 

Vgl. oben S. 113; 117 f. Oben S. 125.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

klagen im engen Sinne besteht kein höherer Individualisierungsaufwand als bei einer entsprechenden Vollklage.695 2. Plant der Anspruchsteller ein Vorgehen im Wege einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO und ist ein Teil des Leistungsantrags bereits hinreichend individualisiert, bezifferbar und vom Gegner unbestritten, so werden die Interessen des Klägers nicht unbillig beeinträchtigt, wenn er diesen bereits zum Gegenstand einer neben der Stufenklage erhobenen Teilklage macht.696 Unter Berücksichtigung des Prozessrisikos würde auch ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger diesen Weg wählen. 3. Aufgrund des beschränkten Umfangs der Rechtshängigkeitswirkungen gemäß § 261 Abs. 1 ZPO wird bei einer Teilklage auch nur die Verjährung des damit geltend gemachten Anspruchsteils gehemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Damit droht eine Verjährung des nicht geltend gemachten Anspruchsrests während der Dauer des Verfahrens über die Teilklage. Dies stellt einen Nachteil in den Rechtsschutzmöglichkeiten dar, den ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger vermeiden würde, indem er sogleich Vollklage erhebt.697 Gleichwohl bieten sich im Bereich der Teilklage interessengerechte Lösungswege an. Bei der unechten Eventualklagenhäufung werden Haupt- und Hilfsantrag von Beginn an rechtshängig; die Verjährung wird hinsichtlich des gesamten Anspruchs gehemmt.698 In vertraglicher Hinsicht können die Parteien gemäß § 202 Abs. 2 BGB vereinbaren, dass der Anspruchsgegner hinsichtlich des nicht eingeklagten Rests innerhalb einer bestimmten Frist auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet.699 4. Mit Teilklagen können gesetzliche materiellrechtliche Ausschlussfristen auch hinsichtlich des nicht eingeklagten Anspruchsrests gewahrt werden. Allein durch die Erhebung einer Teilklage ergibt sich unter diesem Aspekt kein Nachteil für das Rechtsschutzgesuch des Klägers.700 Bei vertraglichen Ausschlussfristen kann mit einer Teilklage mitunter nur hinsichtlich des geltend gemachten Teils die Ausschlussfrist gewahrt werden. Hier bietet sich die unechte Eventualklagenhäufung bei Teilklagen an, bei der Hauptund Hilfsantrag gemeinsam rechtshängig werden und daher auch eine vertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich des gesamten Anspruchs gewahrt wird. Daneben kann vertraglich auch eine Aufhebung der Ausschlussfrist vereinbart werden.701

695 

Oben S. 127. Oben S. 132. 697  Oben S. 134. 698  Oben S. 137. 699  Oben S. 138 f. 700  Oben S. 140. 701  Oben S. 141. 696 



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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5. Die Wirkungen der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO bleiben bei einer Teilklage auf den eingeklagten Teil beschränkt. Dies stellt insofern keinen Nachteil für das Rechtsschutzgesuch des Klägers dar, als eine Restklage damit nicht unzulässig ist und er selbst bei Unterliegen mit der Teilklage noch mit der Restklage obsiegen kann. Allerdings besteht auch darüber hinaus im Verfahren über die Restklage keine Bindungswirkung, womit der Kläger erneut darlegungs- und beweispflichtig ist und trotz Obsiegens mit der Teilklage noch mit der Restklage unterliegen kann.702 Der prozessuale Lösungsvorschlag kann dieses Problem nicht beheben, sondern umgeht es allenfalls.703 Auch der vertragliche Lösungsvorschlag (Vereinbarung eines Vergleichs gemäß § 779 BGB mit Verpflichtung zur Umgestaltung der Rechtslage hinsichtlich des Anspruchsrests entsprechend der Entscheidung über die Teilklage) kann die Probleme nicht interessengerecht lösen.704 Unter dem Aspekt der Rechtskraftwirkungen würde ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger keine Teilklage, sondern sogleich eine entsprechende Vollklage erheben. 6. Den zunächst nicht geltend gemachten Rest kann der Teilkläger entweder durch Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO oder durch Erhebung einer Restklage noch dem Gericht zur Entscheidung unterbreiten, ohne dass ihm Nachteile drohen.705 7. Bei der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit über eine Teilklage erstreckt sich die Interventionswirkung im Folgeprozess über das gesamte materiellrechtliche Verhältnis auch auf den zuvor nicht geltend gemachten Teil. Damit ergeben sich im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage keine Nachteile.706 8. Infolge der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage kommt es unter Umständen zu einem Wechsel in der streitwertabhängigen sachlichen Zuständigkeit der Gerichte. Dies stellt zwar keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG oder des Justizgewährungsanspruchs dar.707 Gleichwohl kommt der Kläger vor dem Amtsgericht gegebenenfalls nicht in den Genuss prozessualer oder materiellrechtlicher Vorteile, die er sich mit einer Vollklage vor dem dafür zuständigen Landgericht erhofft hatte.708 Diese Einbuße kann sowohl mittels des prozessualen (der Zuständigkeitsstreitwert wird bei unechter Eventualklagenhäufung durch Zusammenrechnung der Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag er-

702 

Oben S. 151 f. Oben S. 153. 704  Oben S. 153 ff. 705  Oben S. 161. 706  Oben S. 171. 707  Oben S. 175. 708  Oben S. 175 ff. 703 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

mittelt) als auch des vertraglichen Lösungsvorschlags (Prorogation gemäß §§ 38, 40 ZPO) behoben werden.709 9. Für die sogenannte Wertberufung ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine wertabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung vorgesehen. Unterschreitet der Kläger infolge der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage die maßgebliche Wertgrenze, so kann er eine erstinstanzliche Entscheidung nicht mit dem Rechtsmittel der Berufung angreifen. Eine Korrektur dieses Ergebnisses ist zwar aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten. Gleichwohl können mit der Unanfechtbarkeit Nachteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers einhergehen.710 Weder der prozessuale noch der vertragliche Lösungsvorschlag schaffen hier Abhilfe.711 Unter diesem Aspekt würde ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger eher eine Voll- anstelle einer Teilklage erheben. 10. Bei einer Verringerung des Streitwerts infolge der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage kommt unter Umständen eine besondere Verfahrensart in Betracht. Das deutsche Prozessrecht ermöglicht ein Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO; in grenzüberschreitenden Rechtssachen ist ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen nach der EuBagatellVO vorgesehen. Während im nationalen Zivilprozessrecht eine Bindung an verfassungsrechtliche Vorgaben des Rechtsschutzes grundsätzlich gewährleistet ist,712 bestehen im europäischen Kontext Zweifel. Auch wenn die Rechte des Klägers gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht verletzt sind, so können sich aus den Besonderheiten der Verfahrensgestaltung doch Unwägbarkeiten ergeben.713 Diese Nachteile lassen sich wiederum im Wege des prozessualen Lösungsvorschlags beheben. Eines vertraglichen Lösungsvorschlags bedarf es hier nicht, da schon die Einleitung des Verfahrens nach der EuBagatellVO allein in der Hand des Klägers liegt.714 11. Materiellrechtliche Gegenrechte kann der Beklagte in der Regel nicht gegenüber dem eingeklagten Teil geltend machen. Auch unter diesem Aspekt birgt die Beschränkung auf eine Teilklage keine Nachteile für das Rechtsschutzgesuch des Klägers.715 12. Der mit der Erhebung einer Teilklage verbundene Kostenvorteil erübrigt sich wegen der degressiven Gebührenstaffelung des Kostenrechts, wenn der Gegner den zunächst nicht eingeklagten Anspruchsrest nicht freiwillig erfüllt und daher eine Restklage erhoben wird. Die durch die Gebühren709 

Oben S. 180 f. Oben S. 183. 711  Oben S. 185 f. 712  Oben S. 187 f. 713  Oben S. 191 ff. 714  Oben S. 194. 715  Oben S. 202. 710 



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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degression verursachten Mehrkosten kann der Kläger gegebenenfalls nicht gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ersetzt verlangen.716 Ein nicht auf Kostenhilfe angewiesener Kläger würde daher bei bestrittenen Ansprüchen nur eine Voll‑, nicht eine Teilklage erheben. Im Lichte dieser Zusammenfassung soll im Folgenden untersucht werden, ob aus den Verhaltensanforderungen im Recht der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit abzuleiten ist. II. Auslegung des Begriffs der Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO Eine Teilklagelast wurde aus dem Gedanken abgeleitet, dass unter Umständen auch ein nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesener Kläger wegen des Kostenvorteils nur eine Teilklage erheben würde. Dann erwiese sich die Erhebung einer Vollklage durch einen Prozesskostenhilfebegünstigten als mutwillig gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO. Der bisherige Meinungsstand zur Frage, ob dem Mutwilligkeitsverbot eine Teilklagelast zu entnehmen ist, baut lediglich auf Einzelfällen auf.717 Unter Berücksichtigung der hier gewonnenen Erkenntnisse sowie verfassungsrechtlicher Vorgaben ist der Begriff der Mutwilligkeit auszulegen. Dabei ist der Zweck der Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen.718 Für die Herstellung der Rechtsschutzgleichheit ist als Maßstab ein bemittelter Rechtsschutzsuchender heranzuziehen, der bei der Abwägung der Prozessaussichten auch das Kostenrisiko einbezieht.719 Grundsätzlich ist es danach zulässig, einen Prozesskostenhilfeempfänger auf einen kostengünstigeren prozessualen Weg zu verweisen. Gleichwohl dürfen die Rechtsschutzmöglichkeiten nicht geschmälert720 und die Rechtsverfolgung nicht unverhältnismäßig erschwert werden.721 In der Herleitung zu leichtfertig und einseitig ist die Behauptung, die Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage scheide generell aus, weil regel716 

Oben S. 203 f. Vgl. dazu oben S. 109. 718  BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 07. 05. 1997 – 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745; BVerfG (1. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 24. 07. 2002 – 2 BvR 2256/99, NJW 2003, 576. Zum Zweck der Prozesskostenhilfe vgl. oben S. 96 f. 719  BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 07. 05. 1997 – 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745; BVerfG (1. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 24. 07. 2002 – 2 BvR 2256/99, NJW 2003, 576. 720 Vgl. Dürbeck/Gottschalk, Prozesskostenhilfe, 82016, Rn. 527; Schlößer/Mucke, MDR 1998, 753, 754; Zuck, NJW 2012, 37, 38. 721  BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 07. 05. 1997 – 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745. 717 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

mäßig eine Restklage nötig sei.722 Dies lässt die vielfältigen prozessualen und materiellrechtlichen Wirkungen einer Teilklage außer Acht. Selbst wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gegner nach einem Unterliegen den Anspruchsrest freiwillig erfüllt, kann bereits das Verfahren über die Teilklage mit unzumutbaren Nachteilen behaftet sein. Nur eine Berücksichtigung aller prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte der Teilklage kann die aufgeworfene Frage beantworten. Danach gibt es durchaus Fälle, in denen die Beschränkung auf eine Teilklage keine nachteiligen Wirkungen für das klägerische Rechtsschutzgesuch hat (hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung, der Erhebung einer Stufenklage, der Nachschiebung des zunächst nicht geltend gemachten Rests, der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit sowie materiellrechtlicher Gegenrechte des Beklagten). Für einen juristischen Laien ist es schlichtweg unmöglich, alle Auswirkungen der Geltendmachung eines Teils statt des Ganzen auf seine Rechtsposition und Rechtsverfolgungsaussichten zu erfassen. Infolge der Beschränkung auf eine Teilklage muss er bisweilen auch prozessuale Nachteile in Kauf nehmen, die sich zwar nicht zu Grundrechtsverletzungen auswachsen, aber in der Gesamtbetrachtung seine prozessuale Rechtsstellung beeinträchtigen. Dies kann nicht immer durch die hier entwickelten Lösungsvorschläge vermieden werden (hinsichtlich der Wirkungen der materiellen Rechtskraft sowie der wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsmitteln). Selbst wenn die Lösungsvorschläge interessengerecht sind (hinsichtlich des Umfangs der Verjährungshemmung, der Wahrung ­vertraglicher Ausschlussfristen, der streitwertabhängigen sachlichen Zuständigkeit der Gerichte sowie des Verfahrens nach der EuBagatellVO), bleiben Hindernisse bestehen. Gerade wenn der Kläger als juristischer Laie nicht anwaltlich vertreten ist (und bei durch die Teilklage bedingten geringen Streitwerten besteht dafür eine höhere Wahrscheinlichkeit), wird er, so er die drohenden Nachteile überhaupt erkennt, nicht in der Lage sein, sein prozessuales Vorgehen nach dem prozessualen oder vertraglichen Lösungsvorschlag auszurichten. Entsprechende Hinweise des Gerichts gemäß § 139 Abs. 1 ZPO dürften auch kaum noch vom richterlichen Neutralitätsgebot gedeckt sein. Zudem stellt sich beim unter Umständen auch kostenverursachenden vertraglichen Lösungsvorschlag mit seinen einzelnen, in dieser Arbeit entwickelten Klauseln die Frage, warum sich der Beklagte darauf einlassen sollte: Die Behebung von Nachteilen für die Rechtsposition des Klägers kommt ihm nur in Einzelfällen zugute. Selbst wenn man die Verweisung auf die Teilklage als gewohnheitsrechtlich gefestigte Fallgruppe einstuft oder eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche 722  So

82016,

aber Stein/Jonas/Bork, § 114 ZPO Rn. 33; Dürbeck/Gottschalk, Prozesskostenhilfe, Rn. 539.



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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Konkretisierung des Mutwilligkeitsverbots verlangt: Eine derartige prozessuale Verhaltensanforderung ist nicht hinreichend gesetzlich bestimmt. Aus ihr kann der Kläger nicht ersehen, welche Schritte nötig sind, um seinem Rechtsschutzgesuch bestmöglich zur Geltung zu verhelfen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des fehlenden Anwaltszwangs im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren, vergleiche §§ 78 Abs. 3, 117 Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung wird angesichts der Vielgestaltigkeit der prozessualen und materiellrechtlichen Berührungspunkte der Teilklage und der Einzelfallabhängigkeit auch kaum möglich sein. Im Ergebnis haben die Interessen, denen der Justizgewährungsanspruch Gewicht verleiht, Vorrang vor dem öffentlichen Interesse, das hinter den Verhaltensanforderungen in der Prozesskostenhilfe steht.723 Daher ist eine Teilklagelast als Bestandteil des gesetzlichen Mutwilligkeitsverbots gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO abzulehnen. III. Wirksamkeit der Verweisung auf eine Teilklage in der Rechtsschutzversicherung Die Teilklageobliegenheit in der Rechtsschutzversicherung wurde bisweilen der wirtschaftlichen Leistungsbeschreibung in der Rechtsschutzversicherung sowie der gesetzlichen und vertraglichen Schadensminderungsobliegenheit entnommen.724 Diese Herleitungen gehören vor dem Hintergrund der angestellten Untersuchung auf den Prüfstand. 1.  Leistungsbeschreibung der Rechtsschutzversicherung Sowohl § 125 VVG als auch § 1 Abs. 1 S. 1 ARB 75, § 1 ARB 94, § 1 ARB 2000, § 1 ARB 2010, Nr. 1 S. 2 ARB 2012 enthalten das Gebot der Notwendigkeit oder Erforderlichkeit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen. Dieses Kriterium wurde in seinem Inhalt an das Mutwilligkeitsverbot des Prozesskostenhilferechts angelehnt. Maßgeblich ist, wie sich ein vernünftiger Kläger, der keine Leistungen des Rechtsschutzversicherers in Anspruch nimmt, verhalten würde. Für diese Frage gelten die gleichen Argumente, die schon zur vergleichbaren Frage im Prozesskostenhilferecht angestellt wurden: Für einen durchschnittlichen Kläger ist nicht absehbar, ob seine Rechtslage durch die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage beeinträchtigt wird und wie er dies abwenden kann. Die vielfältigen Risiken für die Effektivität seines Rechtsschutzgesuchs wird er trotz der in Aussicht stehenden Prozesskosteneinsparung nicht eingehen. Aus diesem Grund kann aus der wirtschaftlichen Leistungs723  724 

Zu diesem Interessenkonflikt vgl. einführend oben S. 91 ff. Vgl. dazu oben S. 114 ff.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

beschreibung der Rechtsschutzversicherung kein Gebot abgeleitet werden, wonach sich der Versicherungsnehmer auf eine Teilklage beschränken muss, um die dafür erforderlichen Leistungen des Rechtsschutzversicherers in Anspruch nehmen zu können. 2.  Gesetzliche und vertragliche Schadensminderungsobliegenheit Bevor die in den ARB enthaltene Schadensminderungsobliegenheit einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterzogen werden kann, muss die Auslegung klären, ob die Verweisung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage überhaupt Inhalt der Klauseln ist (a.).725 Dabei ist nach ihrer Eigenart zu differenzieren: Es gibt einerseits ARB‑Klauseln, die ausdrücklich eine Teilklageobliegenheit statuieren (wonach der Versicherungsnehmer gehalten ist, „vorab nur einen (…) Teil (…) einzuklagen“726), andererseits im Wortlaut eher allgemein gehaltene ARB‑Obliegenheitsklauseln über die Geringhaltung des Schadens (wonach der Versicherungsnehmer „alles zu vermeiden [hat], was eine unnötige Erhöhung der Kosten (…) verursachen könnte“727). Zudem sind die Klauseln auf ihre Kontrollfähigkeit zu untersuchen (b.). a.  Auslegung der ARB‑Klauseln Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich objektiv auszulegen, also unabhängig von Interessen und Vorstellungen des Einzelfalls.728 Keine Besonderheiten gelten insofern für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Versicherungsverträgen. Hier kommt es auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne spezifische versicherungsrechtliche Vorkenntnisse an.729 Zunächst ist vom Wortlaut der einschlägigen ARB‑Klauseln auszugehen.

725  Vgl. zum Vorrang der Auslegung vor der Inhaltskontrolle BGH, Urt. v. 23. 06. 1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; BGH, Urt. v. 10. 02. 1999 – IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633, 1634; Stoffels, AGB‑Recht, 32015, Rn. 358. 726  § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75. Vgl. auch § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010. 727  § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. cc Var. 2 ARB 75; § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 94; § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 2000; § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 2009. Vgl. auch § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb ARB 2010; Nr. 4.1.1.4 ARB 2012. 728  BGH, Urt. v. 29. 10. 1956 – II ZR 64/56, NJW 1956, 1915; BGH, Urt. v. 16. 06. 1982 – IVa ZR 270/80, NJW 1982, 2776, 2777; MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 22; Stoffels, AGB‑ Recht, 32015, Rn. 360; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/C. Schäfer, § 305c BGB Rn. 73–75; krit. WLP/Lindacher/Hau, § 305c BGB Rn. 106. 729  BGH, Urt. v. 23. 06. 1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; BGH, Urt. v. 04. 12. 2013 – IV ZR 215/12, NJW 2014, 630, 632; MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 24.



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aa.  Allgemeine Schadensminderungsobliegenheiten Die allgemein gefassten Schadensminderungsobliegenheiten730 weisen überwiegend den gleichen Inhalt auf. Sie werden dem Versicherungsnehmer nur auferlegt, „soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden“.731 Wann aufgrund von Rechtsnachteilen eine solche Unbilligkeit anzunehmen ist, hängt vom konkreten Versicherungsfall ab.732 Nach der Rechtsprechung soll als Maßstab das Verhalten eines nicht auf Leistungen des Rechtsschutzversicherers angewiesenen Klägers gelten.733 Nach anderer Ansicht soll dieser für die Frage der Mutwilligkeit geltende Vergleich hier gerade nicht angestellt werden.734 Die hier interessierende Verhaltensanforderung ist die Verweisung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage. Die damit einhergehenden Rechtsnachteile wurden ausführlich erörtert. Sie sind schwerwiegend und unter Umständen gar nicht als solche erkennbar. Jedenfalls dürfte es dem durchschnittlichen, selbst anwaltlich vertretenen Kläger nicht ohne Weiteres möglich sein, sich entsprechend der hier vorgestellten Lösungsvorschläge zu verhalten. Ein Versicherungsnehmer darf aber durch die vertraglichen Obliegenheiten nicht überfordert werden.735 Ein verständiger, nicht rechtsschutzversicherter Kläger, der grundsätzlich keine Rücksicht auf die Prozesskosten zu nehmen braucht, würde deswegen sogleich eine Vollklage erheben. Damit stellt die Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage stets eine unbillige Interessenbeeinträchtigung dar.736 Diese Verhaltensanforderung ist schon nicht Teil der abstrakten Schadensminderungsobliegenheit in ARB.737 Damit müssen diese Klauseln auch nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterzogen werden.

730 

Vgl. dazu oben S. 116. Abs. 1 lit. d ARB 75; § 17 Abs. 5 lit. c ARB 94; § 17 Abs. 5 lit. c ARB 2000; § 17 Abs. 5 lit. c ARB 2009; § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c ARB 2010. 732 Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 41; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel, § 17 ARB 2010 Rn. 11. 733 OLG Hamm, Beschl. v. 11. 10. 1988 – 20 W 46/87, r + s 1989, 192; OLG Hamm, Beschl. v. 17. 07. 1992 – 20 W 7/92, r + s 1993, 144, 145; OLG Hamm, Urt. v. 12. 03. 1999 – 20 U 217/98, NVersZ 1999, 585, 586; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13. 01. 1999 – 7 U 312/95, NVersZ 1999, 184, 186; OLG Karlsruhe, Urt. v. 04. 07. 2002 – 12 U 69/02, NVersZ 2002, 577; vgl. auch Pauls, VersR 2010, 1364, 1365. 734 Prölss/Martin/Armbrüster, § 17 ARB 2010 Rn. 17; Looschelders, VersR 2000, 23, 26 f.: Maßstab sei vielmehr der nicht rechtsschutzversicherte Kläger, der auf unvermeidbare Prozesskosten keine Rücksicht nehmen muss. 735  R. Wendt, r + s 2010, 221, 228; R. Wendt, MDR 2010, 1168, 1169. 736 Nach Looschelders, VersR 2000, 23, 27 f.; Pauls, VersR 2010, 1364, 1364 f. kann eine Verweisung auf eine Teilklage u. U. zumutbar sein. 737 Missverständlich Harbauer/Bauer, §  17 ARB 2000 Rn. 41, der davon auszugehen scheint, dass die Obliegenheit dennoch besteht, der Versicherungsnehmer sich aber nicht entsprechend zu verhalten habe. 731  § 15

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Nicht einzugehen ist daher auf den in einer Terminsladung vom 22. Mai 2009738 erteilten rechtlichen Hinweis des Bundesgerichtshofs, wonach § 17 Abs. 5 lit. c Doppelbuchst. cc ARB 2000 „möglicherweise wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und das Leitbild der §§ 6, 62 VVG a. F. nach § 307 BGB unwirksam“739 sei. § 62 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Var. 1 VVG a. F. entspricht dem heutigen § 82 Abs. 1 VVG. Den Leitbildverstoß hat der Bundesgerichtshof dagegen in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2009 nicht weiter ausgeführt, sondern sich auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gestützt.740 Auch Stellungnahmen zum Verfahren beschäftigen sich mitunter allein mit dem Problem der mangelnden Transparenz der Klausel.741 Infolge eines Anerkenntnisses des beklagten Rechtsschutzversicherers kam es in diesem Verfahren nicht zu einer Entscheidung über die Wirksamkeit der Klausel.742 Welche Bedeutung dem Terminshinweis des Bundesgerichtshofs beizumessen ist, ist umstritten.743 Fraglich ist weiterhin, ob die allgemeine Schadensminderungsobliegenheit der ARB 2012 eine Verweisung auf die Erhebung einer Teilklage beinhaltet. Diese nämlich verzichtet anscheinend auf die Grenze der unbilligen Interessenbeeinträchtigung. Stattdessen hat der Versicherungsnehmer nur „soweit möglich“ für eine Schadensminderung zu sorgen (Nr. 4.1.1.4 S. 1 ARB 2012) und die Rechtsverfolgungskosten „so gering wie möglich“ zu halten (Nr. 4.1.1.4 S. 3 ARB 2012). Dieser Möglichkeitsvorbehalt kann vom Kriterium der Zumutbarkeit unterschieden werden. Dies zeigt sich zum einen darin, dass die Abstimmungsobliegenheit (Nr. 4.1.1.3 ARB 2012) und die Weisungsgebundenheit (Nr. 4.1.1.4 S. 4 ARB 2012) durchaus einen Zumutbarkeitsvorbehalt statuieren. Zum anderen kennt auch § 82 Abs. 1 VVG eine Unterscheidung zwischen Möglichkeit und Zumutbarkeit, obgleich letzteres Kriterium nicht ausdrücklich im Gesetzeswortlaut erwähnt wird.744 Das in der Klausel zur Schadensminderungsobliegenheit nicht aufgeführte Zumutbarkeitskriterium kann vor dem Hintergrund der kundenfeindlichsten Auslegung nicht ohne Weiteres in sie hineingelesen werden. Allerdings verweist die Klausel ausdrücklich auf den 738 

Im Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen IV ZR 352/07. nach Bauer, NJW 2010, 1337, 1340. Vgl. zu diesen Unwirksamkeitsgründen bei gleichlautenden Klauseln auch BGH, Urt. v. 16. 09. 2009 – IV ZR 246/08, r + s 2009, 497, 499; OLG München, Urt. v. 22. 09. 2011 – 29 U 1360/11, NJW 2012, 1664; OLG Celle, Urt. v. 29. 09. 2011 – 8 U 144/11, r + s 2011, 515. 740  Jedenfalls vermitteln die Zitate bei Kallenbach, AnwBl 2009, 784 diesen Eindruck. Vgl. auch Harbauer/Bauer, § 17 ARB 2000 Rn. 76a; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel, § 17 ARB 2010 Rn. 10. 741 Vgl. Cornelius-Winkler, r + s 2010, 89, 90; Mack, JurBüro 2010, 456, 457. 742  Vgl. zum Verfahrensablauf auch Hansens, RVGreport 2009, 321, 322. 743 Vgl. Mack, JurBüro 2010, 456, 456 f., wonach dem Terminshinweis keine „endgültige Stellungnahme“ zu entnehmen sei. Nach Kallenbach, AnwBl 2009, 784 dagegen gebe es „keine Zweifel mehr“ am Standpunkt des BGH, in diesem Sinne auch Cornelius-Winkler, r + s 2011, 141. 744  Vgl. MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 36 f. 739  Zitiert



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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Wortlaut des § 82 VVG und zitiert sogar dessen Absatz 1. Damit macht sich die Obliegenheitsklausel die gesetzliche Zumutbarkeitsgrenze zu Eigen. Dadurch ist die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage vom Inhalt der vertraglichen Obliegenheit ausgeschieden. Nach dieser Auslegung muss die Klausel keiner Inhaltskontrolle unterzogen werden. bb.  Konkrete Teilklageverweisung Somit verbleiben solche ARB‑Klauseln, die vom Versicherungsnehmer konkret die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage als Maßnahme der Schadensminderung verlangen.745 Allerdings ist auch dieser Regelung der Vorbehalt unbilliger Interessenbeeinträchtigung vorangestellt, der eine Teilklageverweisung an sich ausschließt. Aufgrund dieser objektiven Mehrdeutigkeit746 entstehen beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer747 Unklarheiten, die gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders als demjenigen, der eine eindeutige Formulierung der Klausel in der Hand hat,748 gehen. Die konkretisierten Obliegenheitsklauseln sind daher sowohl im Verbands- als auch im Individualprozess im kundenfeindlichsten Sinne auszulegen – nach der Variante, die am ehesten zu einem Verbot gemäß §§ 307–309 BGB führt.749 Die Regelungen in § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 geben nach dieser Auslegung dem Versicherungsnehmer auf, anstelle einer Vollklage zunächst nur eine Teilklage zu erheben. b.  Kontrollfähigkeit der ARB‑Klauseln Fraglich ist, inwieweit die so ausgelegten Klauseln überhaupt einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterzogen werden können. aa.  Behördliche Genehmigung § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 kann grundsätzlich in noch heute gültigen Rechtsschutzversicherungsverträgen enthalten sein.750 Die ARB 75 stammen aus der Zeit vor der Deregulierung des Versicherungsmarkts und wur745 

Vgl. dazu oben S. 116 f. dazu MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 29; WLP/Lindacher/Hau, § 305c BGB Rn. 129. 747  Beachte zu dieser Perspektive MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 29. 748 MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 28; WLP/Lindacher/Hau, § 305c BGB Rn. 128. 749 BGH, Urt. v.  29.  04.  2008 – KZR 2/07, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, Urt. v. 23. 09. 2009 – VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716; MüKo-BGB/Basedow, § 305c Rn. 34 f.; WLP/Lindacher/Hau, § 305c BGB Rn. 133. 750  Nach der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neufassung des Gesetzes über den 746 Vgl.

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den durch die Aufsichtsbehörde genehmigt, vergleiche § 5 Abs. 2, 3 Nr. 2 VAG a. F.751 Dass die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen behördlich beaufsichtigt oder genehmigt wird, steht einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht grundsätzlich entgegen.752 Dies ist nicht zuletzt Ausdruck des Rechtsprechungsmonopols der Judikative.753 bb. Schuldrechtsreform Angesichts des älteren Bedingungswerks sind zudem die Vorschriften auszumachen, nach denen sich die Inhaltskontrolle richtet. Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurde das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen754 mit Wirkung vom 1. Januar 2002 aufgehoben.755 An dessen Stelle traten im Wesentlichen die Regelungen gemäß §§ 305 ff. BGB. Klauseln in vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsverträgen werden nach wie vor einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 8–11 AGBG unterzogen, vergleiche Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB. Der Wortlaut der Schranken sowie der Generalklausel der Inhaltskontrolle gemäß §§ 8 f. AGBG deckt sich weitgehend mit dem des heutigen § 307 BGB, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die gegenwärtige Rechtslage beschränken. cc.  Schranken der Inhaltskontrolle Der Anwendungsbereich der Vorschriften zur Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 Abs. 1, 2, 308 f. BGB ergibt sich aus § 307 Abs. 3 S. 1 BGB.756 Kontrollfähig sind nur Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Damit unterliegen Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen sowie deklaratorische Klauseln, die nur den Inhalt der gesetzlichen Vorschriften

Versicherungsvertrag spielen die ARB 75 aber eine deutlich untergeordnete Rolle, vgl. Bauer, NJW 2008, 1496, 1496 f. 751  Vgl. dazu oben S. 102. 752 BGH, Urt. v. 20.  01. 1983 – VII ZR 105/81, NJW 1983, 1322, 1324; BGH, Urt. v. 24. 11. 1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222, 225; BGH, Urt. v. 07. 12. 2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801, 1801 f.; Hüffer, VersR 1974, 617, 622; Niebling, Schranken der Inhaltskontrolle, 1988, S. 186 für die Rechtslage unter dem AGBG; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 69, 71 f.; BeckOK‑BGB/H. Schmidt, 15. 06. 2017, § 307 Rn. 7; Stoffels, BKR 2010, 359, 363 für den Fall der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge. 753 WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 70. 754  BGBl. I 2000, 946. 755  Vgl. Art. 6 Nr. 4 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I 2001, 3138. 756  Zu diesem Verständnis des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB vgl. WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 278. Krit. Billing, Die Bedeutung von § 307 III 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006, S. 151.



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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wiedergeben, nicht der Inhaltskontrolle.757 Was dies für die Klauseln zur Teil­ klageobliegenheit in den ARB bedeutet, soll im Folgenden erörtert werden. (1)  Kontrollfreiheit von Leistungsbeschreibungen Klauseln, die die geschuldete Hauptleistung in Art, Güte und Umfang festlegen,758 sind grundsätzlich nicht kontrollfähig.759 Eine gerichtliche Kontrolle von Leistung und Gegenleistung wäre unter Rücksicht auf die Privatautonomie und marktwirtschaftliche Prinzipien schon verfassungsrechtlich fragwürdig.760 Die in den ARB vereinbarte Teilklageobliegenheit weist einen Bezug zur Hauptleistung des Rechtsschutzversicherungsvertrags auf und könnte damit der Inhaltskontrolle entzogen sein: Immerhin kann der Rechtsschutzversicherer bei einer Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten seine Leistung (auch vollständig) kürzen, vergleiche § 28 Abs. 2 VVG, § 15 Abs. 2 ARB 75, § 17 Abs. 6 ARB 94, § 17 Abs. 6 ARB 2000, § 17 Abs. 6 ARB 2010, Nr. 4.1.5 ARB 2012. Allerdings stellt die Erhebung einer Teilklage selbst nicht die vertragliche Hauptleistungspflicht im Rechtsschutzversicherungsvertrag dar.761 Die entsprechende vertragliche Bindung ist nur als Obliegenheit ausgestaltet. Als solche zählt sie zu den accidentialia negotii eines materiellrechtlichen Vertrags (des Rechtsschutzversicherungsvertrags).762 Ist sie als vorformulierte Klausel in den Vertrag einbezogen, gebieten es Sinn und Zweck der §§ 307 ff. BGB, sie der Inhaltskontrolle zu unterziehen.763 Die Schutzrichtung der Normen verlangt, die Kontrollfreiheit auf einen Kernbereich solcher Leistungsbeschreibungen zu begrenzen,764 die als wesentlicher Vertragsinhalt konstitutiv sind.765 Im Bereich des Versicherungsvertragsrechts schließt dies etwa die unmittelbare Risikobeschreibung766 ein. Damit sind Obliegenheitsklauseln in den ARB des 757 Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 14; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 41. 758  Diese Definition des Terminus „Leistungsbeschreibung“ stellt BGH, Urt. v. 12. 03. 1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931, 1935 auf. 759  BGH, Urt. v. 14. 10. 1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 44. Zur Problematik der Kontrollfähigkeit allgemeiner Versicherungsbedingungen vgl. ausführlich Billing, Die Bedeutung von § 307 III 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006, S. 16–60; Schünemann, VersR 2000, 144 ff. 760  Vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 14; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 41; Stoffels, JZ 2001, 843, 844; Stoffels, AGB‑Recht, 32015, Rn. 423. 761  Anders etwa im Fall einer für sich vereinbarten Klagerücknahme, vgl. Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 138. 762  Ders., Prozeßverträge, 1998, S. 139. 763  Ders., Prozeßverträge, 1998, S. 139 f. 764 Vgl. Looschelders, JR 2001, 397; Römer, NVersZ 1999, 97, 98 f. noch zu §§ 8, 9 AGBG. 765  Vgl. BGH, Urt. v. 13. 07. 1994 – IV ZR 107/93, NJW 1994, 2693, 2694; BGH, Urt. v. 26. 03. 2014 – IV ZR 422/12, NJW 2014, 2038, 2040; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 292. 766  Ausführlich und m. w. N. Niebling, Schranken der Inhaltskontrolle, 1988, S. 191–196.

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Rechtsschutzversicherungsvertrags keine kontrollfreien Leistungsbeschreibungen.767 (2)  Kontrollfreiheit deklaratorischer Klauseln Auch rechtsdeklaratorische Klauseln, die lediglich den Inhalt der gesetzlichen Regelungen wiedergeben, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB.768 Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: zum einen sind die Zivilgerichte wegen der Bindung an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 GG daran gehindert, durch die Klausel hindurch die Wirksamkeit gleichlautender gesetzlicher Vorschriften zu prüfen,769 zum anderen würde im Fall der Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 306 BGB die gleichlautende gesetzliche Vorschrift an deren Stelle treten.770 Um festzustellen, ob die ARB‑Klauseln zur Teilklageobliegenheit lediglich den Gesetzesinhalt wiedergeben, ist ein Vergleich zwischen dem Inhalt der Klausel und der gesetzlichen Rechtslage durchzuführen.771 Eine Klausel weicht gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB von der sonst einschlägigen gesetzlichen Vorschrift ab, wenn sie die berührten Interessen anders abwägt oder „Rechte, Pflichten, Obliegenheiten, Lasten und Risiken anders (…) verteilt“.772 Um eine Ergänzung handelt es sich, wenn die Klausel einen vorgefundenen gesetzlichen Rahmenbereich ausfüllt,773 etwa indem sie eine Interessenbewertung konkretisiert oder erweitert.774 Für den Rechtslagenvergleich bieten sich hier verschiedene normative Bezugspunkte. Einerseits regelt das Gesetz über den Versicherungsvertrag die Rechtsschutzversicherung als Schadensversicherung, andererseits kommt in § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO die zivilprozessuale Dispositionsmaxime zum Ausdruck, wonach der Kläger selbst entscheiden kann, wann er welche Teile eines ihm zustehenden materiellrechtlichen Anspruchs einklagt. Die Teilklageobliegenheit in den ARB stellt eine versicherungsvertragliche Bindung hinsichtlich dieser prozessualen Befugnis dar. Vgl. auch Werber, VersR 1986, 1, 4. Zu einem abweichenden Ansatz vgl. Billing, Die Bedeutung von § 307 III 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006, S. 26–34. 767  Niebling, Schranken der Inhaltskontrolle, 1988, S. 198 f.; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 302; Sieg, VersR 1977, 489, 491. 768  BGH, Urt. v. 08. 10. 2014 – XII ZR 164/12, NJW‑RR 2015, 114, 115; Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 63–66; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 50; Stoffels, JZ 2001, 843, 846 zu § 8 AGBG. 769  Stoffels, JZ 2001, 843, 844. 770 Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 50; Stoffels, JZ 2001, 843, 844. 771 Staudinger/Coester, §  307 BGB Rn. 292; Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 25; Stoffels, JZ 2001, 843, 846; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 6. 772 WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 286. Vgl. auch Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 52. 773 Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 53. 774 WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 287.



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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(a)  Rechtslagenvergleich mit § 82 Abs. 1 VVG Die gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit im Versicherungsfall statuiert § 82 Abs. 1 VVG. Für den Rechtslagenvergleich gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kommt es darauf an, ob der Versicherungsnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften auf die Erhebung einer Teilklage beschränkt werden kann. Zu den Obliegenheiten gemäß § 82 Abs. 1 VVG darf das nicht mehr gezählt werden, was aus der Sicht eines ordentlichen Versicherungsnehmers unzumutbar ist.775 Dazu bedarf es einer Interessenabwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Wertigkeit des versicherten und des zu opfernden Interesses, des Grades der ihnen drohenden Gefahr und dem zur Rettung erforderlichen Aufwand.776 Versichertes Interesse sind in der Rechtsschutzversicherung die vom Rechtsschutzversicherer zu tragenden Kosten zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers.777 Deren Wertigkeit bemisst sich an der Rücksichtnahme auf die Interessen der Versichertengemeinschaft und dem daraus folgenden Erfordernis, wirtschaftliche Erwägungen anzustellen.778 Das zu opfernde Interesse ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer effektiven Rechtsverfolgung. Dieses erlangt vor dem Hintergrund des Zwecks der Rechtsschutzversicherung, zur Herstellung von Rechtsschutzgleichheit beizutragen, Bedeutung.779 Die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Teil­ klageobliegenheit wird auch in der Rechtsschutzversicherung durch die Frage nach der Gleichwertigkeit des prozessualen Vorgehens hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten und der Sicherheit prozessualer Aussichten geprägt. Die mit der Beschränkung auf eine Teilklage einhergehenden Nachteile und Unwägbarkeiten für den Kläger als juristischen Laien wurden bereits bei der Auslegung des Mutwilligkeitsbegriffs zusammengefasst.780 Diese Gefahren für das Recht auf effektiven Rechtsschutz überwiegen die gemessen am erzielbaren Rechtsschutz moderate und hinnehmbare Gefahr der Kostensteigerung. Damit unterbindet das Kriterium der Zumutbarkeit eine Verweisung des Versicherungsnehmers auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage durch die gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 82 Abs. 1 VVG. § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 dagegen verweisen auf die Erhebung einer Teilklage. Insofern weichen sie von der gesetzlichen Rechtslage ab und sind damit nicht deklaratorische Klauseln. 775  Vgl. zu diesem Zusammenhang Langheid/Rixecker/Langheid, § 82 VVG Rn. 10; Looschelders/Pohlmann/Schmidt-Kessel, § 82 VVG Rn. 13. 776  Vgl. Langheid/Rixecker/Langheid, § 82 VVG Rn. 10; MüKo-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 37; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski, § 82 VVG Rn. 12. 777  Vgl. dazu oben S. 116. 778  Vgl. dazu oben S. 100. 779  Vgl. dazu oben S. 100. 780  Vgl. dazu oben S. 210 f.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

(b)  Vergleich mit der prozessrechtlichen Rechtslage Daneben bietet sich ein Vergleich mit der prozessrechtlichen Rechtslage an. § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO und die zugrunde liegende Dispositionsmaxime gewähren die Befugnis, entweder eine Teil- oder eine Vollklage zu erheben.781 Diese gesetzlich vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit ist ausweislich der Teil­ klageobliegenheitsklausel im Rechtsschutzversicherungsvertrag Gegenstand eines Rechtsgeschäfts. Damit gibt die ARB‑Klausel aber die gesetzlichen Vorschriften nicht wieder, sie macht von ihnen Gebrauch.782 Es handelt sich jedenfalls nicht um eine deklaratorische Klausel. Weitgehend wird sie als Ergänzung gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB angesehen.783 Ob diese Einordnung auch im hier untersuchten, prozessrechtlich geprägten Fall zutrifft, ist durchaus kritisch zu sehen. Ergänzt werden im Wesentlichen dispositive Normen.784 Die schwierige Frage der Dispositivität des Zivilprozessrechts785 kann dahinstehen, wenn jedenfalls § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO mit der zum Ausdruck kommenden Dispositionsmaxime die entsprechenden Voraussetzungen schon nicht erfüllt. Eine dispositive Norm zeichnet sich in ihrer Regelungsstruktur durch zwei Bestandteile aus: zum einen enthält sie den eigentlichen gesetzlichen Norminhalt, zum anderen die vorrangige Ermächtigung, eine davon abweichende Regelung zu schaffen.786 Diesen Aufbau weist § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO gerade nicht auf. Die Norm statuiert allein die prozessuale Befugnis, etwa einen materiellrechtlichen Anspruch teilweise oder vollständig einzuklagen. Es existiert zu dieser Frage keine subsidiäre gesetzliche Regelung. Damit handelt es sich nicht mehr um dispositives Recht im engeren Sinne, sondern vielmehr eine sogenannte freistellende Norm. Diese räumt allein eine Befugnis ein.787 In entsprechenden Vereinbarungen zwischen Parteien wird nicht über eine Norm, sondern eine (hier prozessuale) Befugnis disponiert.788 Indem Rechtsschutzversicherer und Versicherungsnehmer einen Rechtsschutzversicherungsvertrag schließen, der eine Teilklageobliegenheit enthält, wird also nicht die Vorschrift zur Klageerhebung gemäß § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO ergänzt im Sinne von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Vielmehr übt der Versicherungsnehmer 781 

Vgl. dazu oben S. 6. Vgl. allg. Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 32. 783  Vgl. allg. Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 68 f. m. w. N.; Ulmer/ Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 32; Stoffels, AGB‑Recht, 32015, Rn. 436; MüKoBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 9. 784 Vgl. Niebling, Schranken der Inhaltskontrolle, 1988, S. 66. 785 Grundlegend Bülow, AcP 64 (1881), 1, 1 ff.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 48 ff. 786  Bülow, AcP 64 (1881), 1, 71, 73; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 55. 787 So zunächst Niese, Prozeßhandlungen und Verträge über Prozeßhandlungen, 1931, S. 66–68. Vgl. anschließend Baumgärtel, Prozesshandlung, 1957, S. 188; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 55 f. 788  Vgl. zu dieser Unterscheidung Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 57. 782 



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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aufgrund vertraglicher Regelung seine Freiheit, selbst zu entscheiden, wann er welche Teile seines materiellrechtlichen Anspruchs einklagt, in bestimmter Weise aus. Wenn keine Ergänzung gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB vorliegt, stellt sich umso mehr die Frage der Kontrollfähigkeit der hier beschriebenen Klausel. Über derlei strukturelle Feinheiten im Rahmen des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB wird man im Interesse der Zwecksetzung der Vorschriften über die Inhaltskontrolle hinwegsehen müssen. Die Ergänzung von dispositiven Normen und die Ausfüllung von freistellenden Normen bergen im Fall der Vorformulierung ein vergleichbares Gefahrenpotenzial und sind hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nach gleichen Maßstäben zu beurteilen.789 (c)  Zulässigkeit einer Disposition über prozessuale Befugnisse Vereinbarungen, die eine durch das Gesetz eröffnete Gestaltungsmöglichkeit ausfüllen, haben üblicherweise eine Vertragsstrafe (vergleiche § 339 BGB), ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis (vergleiche §§ 780, 781 BGB), die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (vergleiche § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), einen Rücktrittsvorbehalt (vergleiche § 346 BGB) oder Eigentumsvorbehalt (vergleiche § 449 BGB) zum Gegenstand.790 Die Disposition über eine prozessuale Befugnis stellt demgegenüber eine Besonderheit dar. Angesichts dessen stellen sich die Fragen, ob eine Disposition über prozessuale Befugnisse überhaupt zulässig ist und wenn ja, ob sie wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden kann. Die erste Frage kann auf das Problem verdichtet werden, ob in der Befugnisnorm auch die Ermächtigung zu einer vertraglichen Bindung über das entsprechende prozessuale Verhalten umfasst ist.791 Dies wird unter Verweis auf die materiellrechtliche Privatautonomie und die Dispositionsmaxime als prozessrechtliche Entsprechung792 bejaht.793 Dem steht die öffentlichrechtliche Natur einer zivilprozessualen Befugnisnorm nicht entgegen.794 Die Möglichkeit einer vertraglichen Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage berührt weder das öffentliche Interesse an der Erfüllung der gerichtlichen Rechtsschutz789 

So im Erg. auch ders., Prozeßverträge, 1998, S. 133 f. Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 32; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 9. 791 Vgl. Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 87. 792 Vgl. zum Zusammenhang zwischen Privatautonomie und der Dispositionsmaxime oben S. 7. 793 Vgl. allg. BGH, Urt. v. 22. 11. 1962 – VII ZR 264/61, NJW 1963, 243; BAG, Urt. v. 03. 05. 1979 – 2 AZR 679/77, NJW 1979, 2267; Konzen, Rechtsverhältnisse, 1976, S. 189 f.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozeß, 1935, S. 79; Schlosser, Einverständliches Parteihandeln, 1968, S. 9–11; Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 88 f. 794 Vgl. Wagner, Prozeßverträge, 1998, S. 89. 790 Vgl.

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

aufgaben795 noch die Entschlussfreiheit des Vertragspartners.796 Dass Prozesshandlungen gegenüber dem Gericht vorzunehmen sind, ist eher eine Frage der Rechtsfolgen, weniger der Zulässigkeit von Prozessverträgen zwischen Privatleuten.797 Von einer solchen gesetzlich eröffneten Gestaltungsmöglichkeit kann nicht allein durch Individualvereinbarungen Gebrauch gemacht werden. Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 BGB erfasst auch Abreden über die Ausübung prozessualer Befugnisse.798 Im modernen Geschäftsverkehr wird eine Vielzahl von Geschäften in kurzer Zeit abgeschlossen. Dafür hat sich das Instrument vorformulierter Klauseln bewährt. Sollte dies einmal ausgeschlossen sein, müsste ein entsprechender Wille des Gesetzgebers deutlich zutage treten.799 Dies ist im Fall der vertraglichen Bindung hinsichtlich der Teilklagebefugnis gemäß § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO nicht ersichtlich.800 (d) Zusammenfassung Für die Frage, ob es sich bei § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 um eine kontrollfreie deklaratorische Klausel handelt, haben sich zwei Vergleichspunkte gefunden: das Versicherungsrecht und das Zivilprozessrecht. Die Klauseln weichen von den gesetzlichen Vorgaben gemäß § 82 Abs. 1 VVG ab. Sie machen zudem von der in § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO zum Ausdruck kommenden Befugnis Gebrauch und stellen auch insofern keine deklaratorische Klauseln dar. dd. Kontrollfreiheit von AGB‑Klauseln auf der Grundlage qualifizierter Erlaubnisnormen Die ARB‑Klauseln sind ungeachtet der Feststellungen zu § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfrei, wenn sie auf einer sogenannten qualifizierten Erlaubnisnorm beruhen.801 Qualifizierte Erlaubnisnormen wie etwa § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO802 795 

Grundlegend zu diesem öffentlichen Interesse ders., Prozeßverträge, 1998, S. 90 f. Vgl. ausführlich dens., Prozeßverträge, 1998, S. 91–96. 797  Ders., Prozeßverträge, 1998, S. 96 am Beispiel des Klagerücknahmeversprechens. 798 Vgl. allg. MüKo-BGB/Basedow, §  305 Rn. 9; WLP/T. Pfeiffer, § 305 BGB Rn. 9; Staudinger/Schlosser, § 305 BGB Rn. 14. 799  Vgl. Staudinger/Coester, § 307 BGB Rn. 301. 800  Zu Teilklagevereinbarungen in AGB vgl. auch WLP/Hau, Klauseln (P) Rn. P 68. 801  Canaris, NJW 1987, 609, 611; Staudinger/Coester, § 307 BGB Rn. 302; Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 97–99; Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 33; Palandt/Grüneberg, § 307 BGB Rn. 54; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 340; Stoffels, AGB‑Recht, 32015, Rn. 436. Nach MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 10 gilt dies nur im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern. 802 Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, § 307 BGB Rn. 33; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 10. 796 



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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gestatten rechtsgeschäftliche Vereinbarungen gerade in Gestalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Damit hat der Gesetzgeber eine der Inhaltskontrolle vergleichbare Interessenbewertung vorweggenommen.803 Ob sich dies aus einer teleologischen Reduktion von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB804 oder einem Verständnis der Erlaubnisnorm als lex specialis gegenüber den allgemeinen Vorschriften der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB805 ergibt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Vielmehr soll untersucht werden, ob § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO eine qualifizierte Erlaubnisnorm darstellt und § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 daher nicht kontrollfähig sind. Eine Norm kann nur dann als qualifizierte Erlaubnisnorm charakterisiert werden, wenn nach einer Gesetzesauslegung deutliche Anhaltspunkte dafür sprechen.806 Sie muss die Ausgestaltung gerade in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen gestatten.807 Darüber hinaus wurden mitunter weitere Anforderungen gestellt, etwa dass der eröffnete Gestaltungsspielraum tatbestandlich klar definiert sein muss808 und sinnvoll auch nur durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgefüllt werden kann.809 Auch wurde verlangt, dass eine der gesetzlichen Regelung entsprechende Klausel gerade deshalb inhaltlich nicht zu beanstanden ist, weil schon der Gesetzgeber sie durch die gesetzlichen Vorgaben kontrolliert hat810 oder dass die fragliche Norm nach dem überwiegend zum 1. April 1977 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erlassen wurde.811 Auf das in § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO verbriefte Recht, selbst zu entscheiden, wann welche Teile eines materiellrechtlichen Anspruchs eingeklagt werden, treffen diese Voraussetzungen allesamt nicht zu. Weder dem Wortlaut der Norm noch ihrem Sinn und Zweck lässt sich mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass über die Befugnis gerade auch in Gestalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen disponiert werden könne. Bei § 253 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO handelt es sich demnach nicht um eine qualifizierte Erlaubnisnorm. Dann werden dem Schutzbedürfnis des Vertragspartners bei der Verwendung Allgemeiner Geschäfts-

803 

Reiff, AnwBl 1997, 3, 8. Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 93–97. 805  Canaris, NJW 1987, 609, 611 zu § 4 Abs. 2 AbzG. 806 Staudinger/Coester, § 307 BGB Rn. 302–304; Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 97 f.; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 340. 807  Canaris, NJW 1987, 609, 611; Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 97 f.; Reiff, AnwBl 1997, 3, 8. 808  Canaris, NJW 1987, 609, 611; Canaris, NJW 1987, 2407, 2408. Krit. Niebling, Schranken der Inhaltskontrolle, 1988, S. 41–43; Reiff, AnwBl 1997, 3, 9. 809  Canaris, NJW 1987, 2407, 2408. Krit. Reiff, AnwBl 1997, 3, 9. 810  Reiff, AnwBl 1997, 3, 8. 811  Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, 1990, S. 98. Krit. Reiff, AnwBl 1997, 3, 9. 804 

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

bedingungen allein die Regelungen gemäß §§ 307 ff. BGB und nicht bereits die gesetzlich eröffnete Gestaltungsmöglichkeit gerecht.812 Schließlich stellt sich die Frage, ob die halbzwingenden Vorschriften des VVG qualifizierte Erlaubnisnormen sind.813 Die daraus resultierende Kontrollfreiheit von ARB‑Klauseln betrifft allenfalls solche Vereinbarungen, die zum Vorteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Nur diese seien von den halbzwingenden Vorschriften „erlaubt“. Das ist bei § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 nicht der Fall. ee.  Nachteilige Abweichung von halbzwingenden Vorschriften Eine Inhaltskontrolle der ARB‑Klauseln kommt dann nicht in Betracht, wenn eine vorrangige Rechtsfolgenanordnung den Rückgriff auf §§ 307 ff. BGB ausschließt. Im Folgenden soll untersucht werden, ob § 87 VVG eine solche Rechtsfolge vorsieht und ob die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 weichen von der Grenzziehung des § 82 Abs. 1 VVG ab. Bei § 82 Abs. 1 VVG handelt es sich gemäß § 87 VVG um eine halbzwingende Vorschrift, von der nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden kann. Ob der formularmäßige Verzicht auf eine Zumutbarkeitsgrenze bei den Obliegenheiten nach Eintritt des Rechtsschutzfalls nachteilig ist, wird überwiegend abstrakt-generell814 und nicht für jeden Versicherungsfall gesondert815 bestimmt. Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage erweist sich für den Kläger hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten und der Sicherheit prozessualer Aussichten als nicht mehr gleichwertiges, sondern nachteiliges prozessuales Vorgehen. Zwar wird eine Saldierung von Vor- und Nachteilen für zulässig erachtet,816 allerdings ver-

812 Vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, §  307 BGB Rn. 33; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 338; MüKo-BGB/Wurmnest, § 307 Rn. 10. 813 Beachte Werber, VersR 2010, 1253, 1254–1256. 814  Vgl. zu diesem Maßstab bei vergleichbaren Normen, die den halbzwingenden Charakter bestimmen, OLG Hamm, Beschl. v. 28. 01. 1992 – 20 U 305/91, NJW‑RR 1992, 1058; OLG Koblenz, Urt. v. 01. 06. 2007 – 10 U 1321/06, VersR 2008, 383, 384; OLG Saarbrücken, Urt. v. 11. 07. 2007 – 5 U 643/06, NJW‑RR 2008, 280, 281; Prölss/Martin/Armbrüster, § 18 VVG Rn. 6; Armbrüster, Privatversicherungsrecht, 2013, Rn. 524; MüKo-VVG/Wandt, § 32 Rn. 12. 815  So aber RG, Urt. v. 19. 12. 1939 – VII 69/39, RGZ 162, 238, 242; MüKo-VVG/Fausten, § 18 Rn. 24; MüKo-VVG/Halbach, § 87 Rn. 4; Bruck/Möller/Schnepp, § 87 VVG Rn. 15. 816  Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 28. 01. 1992 – 20 U 305/91, NJW‑RR 1992, 1058, 1058 f.; OLG Koblenz, Urt. v. 01. 06. 2007 – 10 U 1321/06, VersR 2008, 383; Bruck/Möller/Schnepp, § 87 VVG Rn. 13.



D.  Stellungnahme zur Zumutbarkeit der Beschränkung 

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mögen die mit der Erhebung einer Teilklage einhergehenden Chancen817 nicht die damit verbundenen Nachteile aufzuwiegen. Fraglich ist nur, welche Rechtsfolge § 87 VVG bestimmt.818 Nach der Vorgängernorm § 68a VVG a. F. kann sich der Versicherer lediglich nicht auf die fragliche Klausel berufen. Dies schien gegen eine Unwirksamkeit einer solchen ARB‑Klausel zu sprechen819 und ließ eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zugleich sinnvoll erscheinen.820 Diese alte Rechtslage dürfte auch unter Berücksichtigung von Versicherungsverträgen auf Grundlage der ARB 75 keine Rolle mehr spielen – selbst bei diesen gilt für Rechtsschutzfälle seit dem 1. Januar 2009 das VVG n. F., vergleiche Art. 1 Abs. 1 EGVVG. Für § 87 VVG wird überwiegend angenommen, dass eine ARB‑Klausel, die nachteilig von der halbzwingenden Vorschrift des § 82 Abs. 1 VVG abweicht, unwirksam ist.821 Allerdings orientiert sich eine gegenläufige Auffassung noch an der früheren Rechtslage und geht grundsätzlich von der Wirksamkeit einer nachteilig abweichenden ARB‑Klausel aus.822 Mit der Änderung des Gesetzeswortlauts der betreffenden Normen des VVG gehe keine inhaltliche Änderung einher.823 Wegen der weiterreichenden Rechtsfolge der §§ 307 ff. BGB gegenüber § 87 VVG könne dessen Prüfung hinter eine Inhaltskontrolle zurücktreten.824 Diese Orientierung an der Auffassung zur früheren Rechtslage entbehrt schon angesichts der Änderung des Wortlauts von § 68a VVG a. F. zu § 87 VVG n. F. jeder Grundlage.825 § 87 VVG sieht nicht vor, dass der Versicherer von den halbzwingenden Vorschriften nicht nachteilig abweichen „darf“, sondern dass er dies schon nicht „kann“.826 Auch hat der Reformgesetzgeber den Wortlaut des Sich-nicht-berufen-Könnens etwa in § 30 Abs. 2 VVG bewusst beibehalten, nicht aber in § 87 VVG.827 Hier findet sich in den Materialien kein Hinweis, wonach mit der Änderung des Wortlauts keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war828 – anders als bei vergleichbaren 817 

Vgl. dazu oben S. 47 ff. Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Krause, § 87 VVG Rn. 1 sowie MüKoVVG/Halbach, § 87 Rn. 6, der die abweichende Vereinbarung für unwirksam hält, sie aber dennoch der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB unterziehen will. 819 Vgl. Klimke, Die halbzwingenden Vorschriften des VVG, 2004, S. 111–115. 820 Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner, § 87 VVG Rn. 6. 821 Langheid/Rixecker/Langheid, §  87 VVG Rn. 6; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner, § 87 VVG Rn. 7; Bruck/Möller/Schnepp, § 87 VVG Rn. 16; Werber, VersR 2010, 1253, 1256 f.; Wandt, in: Halm/Engelbrecht/Krahe (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 52015, S. 1, 48; MüKo-VVG/Wandt, § 32 Rn. 18. 822 Prölss/Martin/Armbrüster, § 87 VVG Rn. 1; wohl auch Looschelders/Pohlmann/von Koppenfels-Spies, § 87 VVG Rn. 1. 823 Prölss/Martin/Armbrüster, Einleitung Rn. 6. 824 Prölss/Martin/Armbrüster, § 87 VVG Rn. 2. 825  So auch ders., Privatversicherungsrecht, 2013, Rn. 535. 826  Wandt, Versicherungsrecht, 62016, Rn. 186. 827  Ders., Versicherungsrecht, 62016, Rn. 186. 828 Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑Drs. 16/3945, S. 82. 818 Unklar

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Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

Vorschriften.829 Auch hat es im Zuge der VVG‑Reform gegenüber der früheren Rechtslage zahlreiche markante Verbesserungen im Versicherungsnehmerschutz, insbesondere im Recht der Obliegenheiten,830 gegeben.831 Damit bietet das VVG nach der Reform eine Richtigkeitsgewähr für den Interessenausgleich zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer.832 Dies gestattet es, bei bereits nach den Vorschriften des VVG unwirksamen Klauseln auf eine zusätzliche Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 2 BGB, wo keine anderen Erwägungen angestellt würden, zu verzichten.833 Dennoch wird vereinzelt,834 insbesondere von Seiten des Bundesgerichtshofs,835 auch ohne Bezug zum Versicherungsrecht die Kontrollfähigkeit unzulässiger Abweichungen von halbzwingenden Vorschriften befürwortet. Dies ist zumindest im Individualprozess wegen der Unwirksamkeit der Regelungen überflüssig836 und im Verbandsprozess nicht der dogmatisch korrekte Weg.837 § 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010 sind bereits gemäß § 87 VVG unwirksam und können jedenfalls nicht mehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 2 BGB unterzogen werden.838 Eine weitergehende Inhaltskontrolle (so dafür überhaupt Raum bleibt) erübrigt sich schon deshalb, weil die Rechtsfolge im Fall der Unwirksamkeit einer Klausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB schon infolge der nachteiligen Abweichung gemäß § 87 VVG eintritt: An die Stelle der unwirksamen ARB‑Klausel tritt analog § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Rechtslage, hier die Regelung gemäß § 82 Abs. 1 VVG.839 829  Vgl.

für §§ 30 Abs. 2, 98 S. 1, 129, 191, 208 VVG die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑Drs. 16/3945, S. 70, 85, 91, 110, 115. 830  Vgl. zu den Änderungen i. R. d. Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzungen die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑Drs. 16/3945, S. 49 f. 831 Vgl. zu dieser Zielsetzung auch die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT‑Drs. 16/3945, S. 47. Vgl. zu konkreten Regelungsbeispielen Werber, VersR 2010, 1253, 1257. 832  Vgl. auch Armbrüster, Privatversicherungsrecht, 2013, Rn. 526. 833 Vgl. Werber, VersR 2010, 1253, 1257. Zuvor war der Versicherungsnehmerschutz weitgehend über die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle gewährleistet worden, vgl. Präve, NVersZ 1998, 49, 49 f. Nunmehr für eine Spezialität der halbzwingenden Normen Armbrüster, Privatversicherungsrecht, 2013, Rn. 528. Gegen einen zwingenden Prüfungsvorrang von § 87 VVG bzw. §§ 307 ff. BGB Bruck/Möller/Schnepp, § 87 VVG Rn. 19. 834 Prölss/Martin/Armbrüster, Einleitung Rn. 109; WLP/T. Pfeiffer, § 307 BGB Rn. 14. 835  BGH, Urt. v. 12. 10. 2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217, 218 (zu §§ 28 Abs. 2 S. 2, 32 S. 1 VVG); BGH, Urt. v. 17. 12. 2013 – I ZR 66/13, ZIP 2014, 259 (zu §§ 675d Abs. 3 S. 2, 675e Abs. 1 BGB); BGH, Urt. v. 27. 01. 2015 – XI ZR 174/13, ZIP 2015, 517, 519 (zu §§ 675y, 675e Abs. 1 BGB). 836 Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, Vor § 307 BGB Rn. 57; Werber, VersR 2010, 1253, 1259. 837  Vgl. dazu Ulmer/Brandner/Hensen/A. Fuchs, Vor § 307 BGB Rn. 57 Fn. 164. Ebenso Werber, VersR 2010, 1253, 1258. 838  Vgl. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner, § 87 VVG Rn. 7; Wandt, Versicherungsrecht, 62016, Rn. 185. 839 Vgl. Armbrüster, Privatversicherungsrecht, 2013, Rn. 529; Langheid/Rixecker/Lang-



E. Zusammenfassung

227

c. Ergebnis Eine Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage im Rahmen versicherungsvertraglicher Obliegenheiten stellt eine unbillige Beeinträchtigung der Interessen des Versicherungsnehmers dar. Aus diesem Grund enthalten ARB‑Klauseln, die ihm nach Eintritt des Rechtsschutzfalls in allgemeiner Formulierung die Minderung des Schadens aufgeben, eine solche Teilklageobliegenheit nicht. Klauseln, die konkret auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage verweisen (§ 15 Abs. 1 lit. d Doppelbuchst. aa ARB 75 und § 17 Abs. 1 S. 1 lit. c Doppelbuchst. bb 4. Spiegelstr. ARB 2010) weichen insofern nachteilig von § 82 Abs. 1 VVG, der wegen des Zumutbarkeitsvorbehalts keine Teilklageobliegenheit beinhaltet, ab und sind daher unwirksam, vergleiche § 87 VVG. IV. Zusammenfassung Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage beeinträchtigt die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers. Dies ist einem Begünstigten im Bereich der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung nicht zuzumuten. Daher enthalten die jeweiligen Verhaltensanforderungen keine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit.

E. Zusammenfassung Das Wesen der Teilklage offenbarte sich bei der Untersuchung ihrer Risiken, nämlich einer Bewertung der mit ihr verbundenen prozessualen und materiellrechtlichen Nachteile im Umfeld der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung. Schrifttum und Rechtsprechung haben den dortigen Verhaltensanforderungen in Einzelfallbetrachtungen eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit entnommen, was sich in einer Gesamtbetrachtung als unzumutbar für den Kostenhilfebegünstigten erwiesen hat.

heid, § 87 VVG Rn. 6; Bruck/Möller/Schnepp, § 87 VVG Rn. 20; Wandt, Versicherungsrecht, 62016, Rn. 187.

Kapitel 4

Die Ökonomik der Teilklage Nachdem die bisherige Untersuchung Erkenntnisse in der juristischen Tiefe hervorgebracht hat, soll ein Blick über den juristischen Tellerrand hinaus gerichtet werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden durch einen interdisziplinären Ansatz für eine übergeordnete Forschungsfrage nutzbar gemacht. Die Berechtigung der Interdisziplinarität angesichts juristischer Fragestellungen erschließt sich aus dem Wirklichkeitsbezug des Normzwecks. Normen sollen ihren Zweck in der Wirklichkeit entfalten, dazu muss die Wirklichkeit aber in das Verständnis der Norm Eingang finden.1 Der Erforschung der Wirklichkeit widmen sich die Sozialwissenschaften, zu denen auch die Wirtschaftswissenschaft zählt. Daher tragen auch ökonomische Methoden und Erkenntnisse zur Findung eines solchen Rechts bei, das seinen Zweck nicht verfehlt. Im Folgenden soll zunächst offengelegt werden, warum sich die Berücksichtigung der ökonomischen Theorie des Rechts für die hier untersuchten Probleme anbietet (A.) und was diese Arbeit wiederum für die ökonomische Theorie des Rechts leisten kann (B.). Nach einer Klärung der ökonomischen Grundbegriffe (C.) und einer Vorstellung des Wesens der ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts (D.) werden die Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit in das System der ökonomischen Theorie des Rechts eingeordnet (E.).

A.  Relevanz der ökonomischen Theorie des Rechts Seit einigen Jahrzehnten arbeiten Juristen und Ökonomen näher an gemeinsamen Fragestellungen. Der entsprechende Trend zur ökonomischen Betrachtung rechtlicher Phänomene ging von US-amerikanischen Forschern aus2 und tritt dort mit einem Vorherrschaftsanspruch auf,3 der in Europa bei Weitem nicht 1 Vgl. Grimm, in: Kirste (Hrsg.), Interdisziplinarität in den Rechtswissenschaften, 2016, S. 21, 27. 2  Zu einem kurzen historischen Abriss vgl. Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 1–3; Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 29–31. Als grundlegend werden dort die Werke von Guido Calabresi, Ronald H. Coase und Gary S. Becker genannt. 3  Vgl. etwa H.‑B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 52012, S. XL über die mögliche Verdrängung von Prinzipien wie Verkehrssicherheit und Rechtssicherheit. Die Haltung Posners überblickt Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 68 f.

230

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

erreicht ist und zudem argwöhnisch betrachtet wird.4 Diese Bipolarität ist Anlass zur Frage, welche Relevanz ökonomische Methoden für den juristischen Gegenstand dieser Untersuchung haben. I.  Relevanz für das Recht im Allgemeinen Anknüpfungspunkt ökonomischer Methoden ist die Handlungs- und Entscheidungsbezogenheit der Rechtswissenschaft.5 Die Wirtschaftswissenschaft hat eine Vorstellung von den Gesetzmäßigkeiten menschlicher Handlungen. Sie begreift diese als Entscheidungen zwischen verschiedenen Alternativen mit dem Ziel der Befriedigung der Bedürfnisse mit knappen Mitteln (Ressourcen).6 Dieses Verständnis erlaubt einen Austausch mit einem juristischen Denken, das Normen nicht nur aus der Entscheidungsperspektive eines Gerichts betrachtet, sondern diese auch als Mittel zur Steuerung menschlichen Verhaltens anerkennt.7 Einen entsprechenden Erkenntnisraum eröffnet die neue, moderne Institutionenökonomik. Danach zählen rechtliche Normen zu den Institutionen, die menschliches Verhalten steuern, indem sie „gleichartige, sich wiederholende Handlungen von Individuen und Beziehungen zwischen Individuen einer Gesellschaft formen“.8 Unvermeidlich haben sich Vertreter einer reinen Rechtsdogmatik an einem derart symbiotischen Verständnis von Ökonomie und Recht auf einheitlicher Argumentationsgrundlage aufgerieben. Die gemeinsame Grundlage eines menschlichen Verhaltensmaßstabs wird offen in Abrede gestellt. Danach sei das freiheitliche Menschenbild des modernen Staats unvereinbar mit dem Bild eines „schieren Nutzenmaximierers“,9 wie er der ökonomischen Betrachtung zugrunde liegt. Deswegen könne das Recht in seiner Vielfältigkeit an Strukturen und Funktionen auch nicht durch eine eindimensionale ökonomische Ideologie beschränkt werden.10 Diese Kritik erscheint zu oberflächlich. Zwar ist die Nutzenmaximierung das grundlegende Prinzip menschlichen Verhaltens. Davon zu trennen ist aber das Wohlfahrtsprinzip, wonach sich die staatliche Entscheidungsfindung nur am Wohl der einzelnen Gesellschaftsmitglieder aus4  Siehe nur Fezer, JZ 1986, 817, 819: „Der economic analysis of law geht es um mehr, sie ‚führt anderes im Schilde‘“. Vgl. zur Bedeutung der ökonomischen Analyse des Rechts für die deutsche Rechtsprechung Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 120–122. 5  Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 21, 30, 38 f. Vgl. auch Kirchgässner, JZ 1991, 104, 105, 107. 6  Vgl. ausführlich unten S. 234. 7  Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 27–30. Vgl. zu dieser expost- bzw. ex-ante-Perspektive auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 1–3. 8  Schwintowski, JZ 1998, 581, 583. 9  Fezer, JZ 1986, 817, 822. Dem treten Ott/H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 220 f. entgegen. 10  So die harsche Kritik von Fezer, JZ 1986, 817, 823.



A.  Relevanz der ökonomischen Theorie des Rechts

231

richten darf.11 Auch berührt die ökonomische Theorie des Rechts nicht den Geltungsanspruch rechtlicher Normen in ihrer bisherigen Prägung.12 Sie mahnt lediglich zu einer Einbeziehung gesellschaftlicher Vorstellungen von akzeptablem Recht.13 Dennoch soll die Kritik Anlass sein, anhand der hier vorgelegten Ergebnisse zu untersuchen, welche Grenzen der ökonomischen Theorie des Rechts gesetzt sind.14 Damit wurde die Möglichkeit, eine ökonomische Theorie des Rechts aufzustellen, umschrieben. Dies sagt noch nichts über ihre Funktion, ihren Wert aus. Die ökonomische Theorie des Rechts nimmt an, „die eigentliche Logik rechtlicher Regelung“ zu erkennen.15 Ein entsprechendes Erfordernis besteht etwa im Bereich der Entscheidung eines Gerichts anhand ökonomisch geprägter Einsichten sowie der Gestaltung von Verträgen und Gesetzesvorhaben,16 wo eine Folgenabschätzung von ökonomischen Aspekten geprägt sein kann.17 II.  Relevanz für den Untersuchungsgegenstand Im Folgenden soll gezeigt werden, inwiefern sich die so hergeleitete ökonomische Theorie des Rechts auch im Umfeld der Teilklage als prozesstaktisches Mittel sowie als Verhaltensanforderung im Bereich des Kostenhilferechts bewährt. Die Erhebung einer Teilklage ist als Prozesshandlung das Resultat eines Entscheidungsprozesses: Der Kläger hat sich zwischen der Erhebung einer Vollund einer Teilklage entschieden. Die Chancen des prozesstaktisch motivierten Einsatzes einer Teilklage liegen in den damit einhergehenden prozessualen Vorteilen für den Kläger.18 Dem stehen unter Umständen eine damit einhergehende vermeidbare Erhöhung des Prozesskostenrisikos und ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht entgegen.19 Zum anderen wurde die Rolle der Teilklage im Kostenhilferecht untersucht. Sowohl für die Prozesskostenhilfe als auch für die Rechtsschutzversicherung besteht das Erfordernis, bei der Gewährung von Mitteln für den Rechtsschutzsuchenden wirtschaftliche Erwägungen anzustellen und ein bestehendes wirtschaftliches 11 Vgl.

Ott/H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 218 f. Dies., JZ 1988, 213, 214 f. 13  Dies., JZ 1988, 213, 215 f. 14  Vgl. dazu unten S. 247 f. 15  Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 116 f. 16  Krit. zu den rechtspolitischen Vorgaben der ökonomischen Analyse des Rechts ders., AcP 196 (1996), 114, 123–125. 17  Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 3; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 107; Ott/ H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 216; Schwintowski, JZ 1998, 581, 587; Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 127 f. Vgl. zur über den derzeitigen status quo hinausgehenden praktischen Optimierung von Rechtssetzung und Rechtsfindung Schwintowski, Recht und Gerechtigkeit, 1996, S. 179– 188. 18  Vgl. dazu oben S. 47 ff. 19  Vgl. dazu oben S. 45 f. 12 

232

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

Risiko aufzufangen.20 Dieses Erfordernis wird in eine Steuerung des klägerischen Verhaltens im Zivilprozess übersetzt: Vom Begünstigten wird mittels rechtlicher Normen verlangt, sich auf die Erhebung einer Teilklage zu beschränken.21 Diese Entscheidung wird mit der Abhängigkeit der anfallenden Prozesskosten vom jeweiligen Wert des Streitgegenstands begründet.22 Grenze dieser Vorgabe ist die Unzumutbarkeit einer solchen Verweisung, nämlich der Punkt, an dem die Nutzeneinbußen die Kosteneinsparung überwiegen. Am Beispiel der Teilklage im Bereich der Prozesstaktik und des Kostenhilferechts zeigt sich, dass menschliches Verhalten vor dem Hintergrund knapper Ressourcen auf Nutzenmaximierung gerichtet ist und nach diesen Maßstäben auch durch rechtliche Regelungen gesteuert wird. Dieser Wirklichkeitsbezug ist Grundlage eines interdisziplinären Ansatzes und Anknüpfungspunkt für die ökonomische Methode des Rechts.

B.  Potenzial der folgenden Darstellung Zunächst wird abgesteckt, was die folgende Darstellung leisten soll und was sie nicht leisten kann. Nicht geboten wird eine Untersuchung, die in ihrer Methodik und Fundierung den Maßstäben wirtschaftswissenschaftlicher Forschung standhalten kann. Vielmehr sollen die in dieser Arbeit erlangten Erkenntnisse aus einem kleinen Ausschnitt des Zivilprozessrechts in den Kontext der ökonomischen Theorie des Rechts eingeordnet werden. Damit werden einer weitergehenden interdisziplinären Forschung Grundlagen bereitet und zugleich Grenzen aufgezeigt. Insofern verstehen sich die folgenden Ausführungen auch weniger als Beitrag, sondern vielmehr als Anstoß zur ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts. Bei dieser vorausschauenden Perspektive knüpfen die folgenden Darstellungen an Eckpfeiler der bisherigen Untersuchung an: Unter Rückgriff auf die Überlegungen zur Zulässigkeit der Teilklage23 im deutschen Zivilprozess wird sich zeigen, dass neben dem rechtsdogmatischen, dem rechtshistorischen und dem rechtsvergleichenden Befund auch anhand rechtsökonomischer Erwägungen ein Modell über die Zulässigkeit und Handhabung von Teilklagen im Bereich der Prozesstaktik entwickelt werden kann. Daneben wird auf die Erkenntnis rekurriert, wonach mangels Zumutbarkeit weder das Recht der Prozesskostenhilfe noch der Rechtsschutzversicherung eine Teilklagelast oder 20 

Vgl. dazu oben S. 100 f. entsprechenden Herleitungen vgl. oben S. 106 ff.; 114 ff.; zur eigenen Stellungnahme vgl. oben S. 210 f.; 227. 22  Vgl. zur Berechnung der Prozesskosten oben S. 93 f. 23  Vgl. zur Zulässigkeit von Teilklagen oben S. 5 ff. 21 Zu



C.  Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts

233

Teilklageobliegenheit kennen.24 Den Geltungsanspruch der so ausgelegten Normen des Kostenhilferechts tastet auch die ökonomische Theorie des Rechts nicht an. An dieser Stelle kann aber die Frage beantwortet werden, ob und wann die rechtliche Statuierung einer Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit nach ökonomischen Maßstäben sinnvoll ist.

C.  Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts Vor der Einordnung der hier gefundenen Erkenntnisse in das System der ökonomischen Theorie des Rechts werden deren begriffliche und systematische Grundlagen beschrieben. I.  Begriff der Ökonomik Wenn hier von der Ökonomik der Teilklage die Rede ist, so soll zunächst eine Abgrenzung zum Begriff der Ökonomie erfolgen. Die Ökonomie versteht sich als Wissenschaft „von der Allokation knapper Mittel zur Verfolgung konkurrierender Ziele“.25 Sie begreift menschliches Verhalten umfassend unter den Prämissen der Nutzenmaximierung, des Marktgleichgewichts und der Präferenzstabilität.26 Das dadurch hervorgebrachte methodische Vorgehen muss nicht auf wirtschaftliche Probleme beschränkt bleiben, sondern kann auch auf andere Untersuchungsgegenstände angewendet werden. Dann ist die Rede von „Ökonomik“.27 Im Rahmen der „Ökonomik der Teilklage“ kann die Prozesshandlung der Erhebung einer Teilklage als Entscheidung gegen die Erhebung einer Vollklage verstanden werden, die durch Prämissen wie Rationalität und Nutzenmaximierung beeinflusst wird. II.  Konzeption der ökonomischen Theorie des Rechts 1.  Philosophische Grundlagen des ökonomischen Verhaltensmodells Das ökonomische Verhaltensmodell beschreibt den Entscheidungsprozess angesichts verschiedener Handlungsalternativen. Danach handelt der Mensch als Marktteilnehmer (homo oeconomicus) rational und nutzenmaximierend. Diese Betrachtung hat ihren Ursprung in der Mikroökonomik, der Untersuchung des

24 

Vgl. dazu oben S. 210 f.; 227. G. S. Becker, Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, 21993, S. 2; dort auch zur Kritik an dieser und anderen Definitionen. 26  Ders., Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, 21993, S. 3 f. 27 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 3 Fn. 6. 25 

234

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

Verhaltens von Marktteilnehmern.28 Das Modell wurde im Wesentlichen aus der von Jeremy Bentham, John Stuart Mill und Henry Sidgwick begründeten philosophischen Strömung des Utilitarismus entwickelt.29 Zentral ist das sogenannte Nützlichkeitsprinzip in seinen Erscheinungsformen als Handlungsmaxime des einzelnen Menschen,30 als ethischer Maßstab unter Rücksicht auf die Interessen aller Mitglieder der Gemeinschaft31 sowie schließlich als Anleitung für Maßnahmen der Regierung.32 2.  Inhalt des ökonomischen Verhaltensmodells Das ökonomische Verhaltensmodell (Modell des homo oeconomicus) kann aufgrund des Entscheidungsbezugs menschlichen Handelns in vielen Lebensbereichen zur Anwendung kommen.33 Im Mittelpunkt steht die Grundannahme, dass der Mensch angesichts von Handlungsrestriktionen wie der Knappheit der Mittel bei prinzipiell unbegrenzten Bedürfnissen34 nach seinen Präferenzen rational und nutzenmaximierend handelt.35 Danach entscheidet sich ein Individuum36 für die Handlung, von der es sich den größten Nutzen verspricht.37 Dazu müssen seine persönlichen Präferenzen klar und geordnet sein. Dies zeichnet sich zum einen durch die Möglichkeit eines ordinalen Vergleichs zwischen Präferenzen aus, also einer Aussage über eine geordnete Vorzugswürdigkeit der Option A gegenüber den Optionen B und C. Zum anderen muss eine transitive Präferenzordnung bestehen, wonach, wenn ein Individuum die Option A der Option B vorzieht und die Option B der Option C, sich folgern lässt, dass es auch die Option A der Option C vorzieht.38 Normen spielen insofern eine Rolle für die Entscheidungsfindung, als sanktionsbewehrte Verbote eine weitere Handlungsrestriktion darstellen: Eine 28 Vgl.

dens., Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 29. Ders., Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 22. 30  Bentham, An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, 1823, S. 1 f. 31  Ders., An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, 1823, S. 4 f. 32  Ders., An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, 1823, S. 5. 33  Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 30 f.; Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 4. Vgl. zu verschiedenen Aspekten dieses Erklärungsansatzes allg. G. S. Becker, Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens, 21993. 34 Zu dieser Prämisse vgl. Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 31 f. 35 Grundlegend Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 12 f.; Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 3 f. 36  Vgl. zur Maßgeblichkeit des Verhaltens des Individuums in der Gesellschaft (methodologischer Individualismus) Kirchgässner, JZ 1991, 104, 106; Schwintowski, JZ 1998, 581, 584. 37  Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 33; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 106; Schwintowski, JZ 1998, 581, 584. 38  Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 18 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 29. 29 



C.  Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts

235

verbotene Handlungsalternative ist „teurer“ als eine erlaubte und wird eher gemieden.39 Durch diesen Mechanismus tragen rechtliche Normen zur adäquaten Ressourcenallokation bei40 und steuern menschliches Verhalten.41 3.  Wesen der ökonomischen Effizienz Problematisch ist, nach welchen Maßstäben eine solche Steuerung und ihr Beitrag zur allgemeinen Wohlfahrt objektiv bewertet werden sollen. Individueller Nutzen kann nicht mit wissenschaftlichem Anspruch von seiner subjektiven Prägung gelöst und weder kardinal gemessen noch interpersonell verglichen werden.42 Daher bedarf es anderer Kriterien, um eine effiziente Ressourcenallokation zu ermitteln: Ressourcen sollen grundsätzlich dem Individuum zugeordnet werden, das daraus den größten Nutzen ziehen kann.43 Zu diesem Zweck wurden auf der Grundlage der Wohlfahrtsökonomik verschiedene Effizienzkriterien entwickelt. Die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt bestimmt sich aus dem Nutzenniveau aller Mitglieder der Gesellschaft.44 Nach dem Pareto-Kriterium ist ein sozialer Zustand „Pareto-optimal, wenn es keinen anderen Zustand gibt, den mindestens ein Individuum vorzieht und den alle anderen zumindest nicht ablehnen“.45 Aufgrund der den Entscheidungsspielraum einengenden Vielzahl betroffener Interessen eignet sich das ParetoKriterium (das im Ergebnis jedem Individuum ein Veto-Recht einräumt46) nicht als Maßstab staatlichen Handelns.47 Für die Bewertung staatlicher Maßnahmen und rechtlicher Normen nach einer Abwägung von Kosten und Nutzen48 bietet sich das Kaldor-Hicks-Kriterium an. Bei Handlungsalternativen kann auch ein Zustand vorzugswürdig 39 Vgl. Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 3; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 35. 40  Schwintowski, JZ 1998, 581, 583. 41 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 35 f. Allgemeiner Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 34. 42 Grundlegend Robbins, An Essay on the Nature and Significance of Economic Science, 21935, S. 137–139, 640. Vgl. auch Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 19 f. 43  Vgl. zum Begriff der Allokationseffizienz H.‑B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 52012, S. 14 f. Vgl. auch Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 81 f. 44  Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 35; Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 117. Vgl. auch Ott/H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 217. 45  Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 48. Vgl. auch Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 14. 46 Vgl. H.‑B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 52012, S. 13. 47  Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 49 f. Abl. auch Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 42; Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 15. 48  Vgl. zu diesen Anwendungsgebieten Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 51 f.

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Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

sein, in dem zwar Individuen schlechter gestellt sind, aber demgegenüber „die Vorteile der Gewinner so groß sind, daß sie die Verlierer kompensieren könnten (…) und daß für die Gewinner immer noch ein Restvorteil übrigbleibt“.49 Eine solche Kompensation findet nur hypothetisch statt und wird nicht tatsächlich durchgeführt.50 Allerdings ist auch das Kaldor-Hicks-Kriterium der Kritik ausgesetzt.51 Ausweislich der rein hypothetischen Kompensationserwägungen beachtet dieses Konzept Fragen der Verteilungsgerechtigkeit nicht.52 III.  Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts Aus den Grundpfeilern der ökonomischen Theorie des Rechts ergibt sich zugleich eine Systematisierung. Danach kann zwischen der positiven und der normativen ökonomischen Theorie des Rechts unterschieden werden.53 In positiver Hinsicht werden die Auswirkungen rechtlicher Normen untersucht, indem die darauf basierenden und nach dem ökonomischen Verhaltensmodell determinierten Handlungen eines Individuums beschrieben und prognostiziert werden. Außerdem kann eine normative Betrachtung angestellt werden, die anhand des ökonomischen Effizienzkriteriums eine Bewertung rechtlicher Normen vornimmt. Beide Betrachtungsweisen lassen sich auf die Aussagen des Utilitarismus Benthams zurückführen.54 IV.  Einflüsse der kognitiven Psychologie Die rationale und nutzenmaximierende Charakterisierung des homo oeconomicus handelte sich den (vor allem empirisch begründeten55) Vorwurf der Realitätsferne ein.56 Tatsächlich sei menschliches Verhalten bisweilen irrational und nicht jeder Mensch könne stets alle Erkenntnismöglichkeiten ausschöpfen.57 Darauf aufbauend bezieht die Verhaltensökonomik Grundsätze der kognitiven 49  Ders., Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 51. Vgl. auch Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 14. 50  Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 42; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 51; Ott/H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 218; Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 14. 51 Vgl. dazu Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 32009, S. 60–68; H.‑B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 52012, S. 25. 52  Beachte auch Kirchgässner, JZ 1991, 104, 110; Ott/H.‑B. Schäfer, JZ 1988, 213, 221; H.‑B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 52012, S. XL. 53  Vgl. zum Folgenden Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 21. 54  Vgl. dazu oben S. 234. 55  Cooter/Ulen, Law & Economics, 62012, S. 50. 56 Vgl. Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1476 (1998). 57 Grundlegend Simon, 69 Q. J. Econ. 99, 114 (1955). Ebenso Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1477, 1478 (1998).



C.  Grundlagen der ökonomischen Theorie des Rechts

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Psychologie ein und entwickelt ein quasi-rationales Modell,58 um menschliches Verhalten noch exakter erklären und prognostizieren zu können.59 Diese Erweiterung des klassischen ökonomischen Verhaltensmodells gründet sich zunächst auf die beschränkte Rationalität des menschlichen Verhaltens. Die kognitiven Fähigkeiten des Menschen bei der Urteilsbildung sowie bei Entscheidungen sind begrenzt, sodass es gegenüber neutralen Prognosen zu Abweichungen kommt.60 Von Bedeutung seien daneben die beschränkte Willensstärke (fehlende Selbstdisziplin bei der Entscheidung zwischen der Verwirklichung lang- oder kurzfristiger Ziele) sowie das beschränkte Eigeninteresse (Anerkennung der Einflüsse von Fairness- und Gegenseitigkeitsgedanken auf das menschliche Verhalten).61 Das Recht kann diese beschränkte Rationalität anerkennen und überwinden helfen, indem es etwa durch Verbote steuernd auf das Verhalten der Menschen einwirkt (debiasing through law).62 Davon zu unterscheiden ist das sogenannte nudging, das an menschliche Präferenzstrukturen und deren Abweichungen anknüpft. Es wirkt (als „sanftes Stupsen“) regulierend auf Entscheidungsprozesse ein ohne Handlungsoptionen zu verbieten und ergänzt insofern bindendes Recht.63 V. Abgrenzungen Der Effizienzbegriff der ökonomischen Theorie des Rechts darf nicht verwechselt werden mit sonstigen juristischen Erwägungen in Gestalt einer Relation von angestrebtem Zweck und eingesetztem Mittel. Diese lassen sich für beliebige Zielsetzungen anstellen. Im wohlfahrtsökonomischen Zusammenhang dagegen ist die Effizienz selbst das feststehende Ziel, dem sich sonstige Zwecksetzungen unterordnen müssen.64 Eine solche Abgrenzung lässt sich für den im Zivilprozessrecht relevanten Begriff der Prozessökonomie vornehmen. Auch diesem liegt der Gedanke des sparsamen Umgangs mit knappen Ressourcen zugrunde.65 Allerdings beschränkt er sich auf das Erreichen der feststehenden Ziele im jeweiligen Zivilprozess und bezieht darüber hinaus keine volkswirtschaftlichen, insbesondere wohlfahrtsökonomischen Aspekte ein.66 Auch ist der gesetzesimmanente Grundsatz der Prozessökonomie verfassungsrechtlich legitimiert, 58 

Zum Begriff vgl. Thaler, Quasi Rational Economics, 1994, S. XVIII. Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1474 (1998). 60  Dies., 50 Stan. L. Rev. 1471, 1477 (1998). 61  Dies., 50 Stan. L. Rev. 1471, 1479 (1998). 62  Jolls/Sunstein, 35 J. Legal Stud. 199, 200 (2006); krit. Purnhagen/Reisch, ZEuP 2016, 629, 640 f. 63  Thaler/Sunstein, Nudge, 2008, S. 6; Purnhagen/Reisch, ZEuP 2016, 629, 635 f., zu grundrechtlichen Fragen beachte S. 645–651. 64 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 55 f. 65  Koch, Prozessökonomie, 2014, S. 263. 66  Ders., Prozessökonomie, 2014, S. 264 f. 59 Vgl.

238

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

wohingegen die Forderungen der normativen ökonomischen Theorie des Rechts den Geltungsanspruch rechtlicher Normen nicht berühren können.67

D.  Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts bewertet auf der Grundlage des Effizienzkriteriums die Rechtsschutzmöglichkeiten und das Erreichen der Zwecke im Zivilprozess.68 Maßgebliches Ziel ist ein effizienter Einsatz der für die Justiz verfügbaren Mittel.69 Dieser Ansatz unterscheidet sich insofern von anderen Gebieten der ökonomischen Analyse des Rechts, als der Zivilprozess keinen Markt kennt, auf dem Transaktionen durchgeführt werden könnten.70 Bei den volkswirtschaftlichen Kosten des Rechtsschutzes sind unter anderem die Aufwendungen für die Tätigkeit von Richtern und Rechtsanwälten und für die Durchführung des Beweisverfahrens sowie der volkswirtschaftliche Nachteil durch Fehlerkosten (etwa infolge von Fehlurteilen und einer entsprechenden Verzerrung von Verhaltensanreizen oder infolge fehlerhafter juristischer Einschätzungen) zu berücksichtigen.71 Solche Kosten gilt es zu minimieren.72 Nach dieser Maßgabe können die Vorschriften des Zivilprozessrechts auf ihre Effizienz untersucht werden.73 Zu befürworten sind solche Regelungen, die die „Produktionskosten“ des Rechts senken, wobei eine etwaige Erhöhung von Fehlerkosten diesen Betrag der Absenkung nicht übersteigt.74 Durch die Einordnung der Erkenntnisse über den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit in das System der ökonomischen Theorie des Rechts wird Neuland beschritten. Bisherige Untersuchungen zur ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts haben sich mit anderen Fragestellungen beschäftigt, etwa den Bedingungen, aufgrund derer es überhaupt zu einem Rechtsstreit kommt.75 Dazu zählen die subjektiven Einschätzungen der Streitparteien über den Ausgang

67 

Ders., Prozessökonomie, 2014, S. 266 f. Vgl. MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 16. 69 MüKo-ZPO/Rauscher, Einleitung Rn. 17. 70  Zu diesem „bilateralen Monopol“ vgl. Weissel, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 121, 128 f. Zur Rechtsprechung als Kernaufgabe des Staates vgl. auch Wallerath, JZ 2001, 209, 215 f. 71  Posner, 2 J. Legal Stud. 399, 401 (1973); Schmidtchen/Weth, in: dies. (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur, 1999, S. 237, 238–240; Weissel, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/ Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 121, 130. 72  Gottwald, FS Fasching, 1988, 181; Posner, 2 J. Legal Stud. 399, 401 (1973); Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 773. 73  Posner, 2 J. Legal Stud. 399, 400 (1973). 74  Schmidtchen/Weth, in: dies. (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur, 1999, S. 237, 240. 75 Grundlegend Posner, Economic analysis of law, 92014, S. 779 ff. 68 



D.  Die ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts

239

eines Zivilprozesses,76 deren Risikobereitschaft77 sowie die individuelle Bewertung der Bedeutung der Streitsache78 sowie die Höhe der anfallenden Prozesskosten,79 die Verteilung des Prozesskostenrisikos,80 der Zugang zu Kostenhilfe,81 die gesamtwirtschaftliche Situation82 und die anwaltliche Beratung.83 Auch der Ablauf des Zivilprozesses (hinsichtlich der Prozessleitung durch das Gericht84) unterlag ökonomischer Analyse. Entsprechend dem Anliegen der normativen ökonomischen Theorie wurden Vorschläge für Prozessrechtsreformen (zur Abkopplung der Prozesskosten vom Streitwert85 sowie zur Abschaffung oder Verkürzung des Instanzenzugs86) einer ökonomischen Analyse unterzogen. Demgegenüber ist es Ziel der folgenden Ausführungen, die Handhabung der Teilklage im Rahmen der ökonomischen Theorie des Rechts zu erklären. Dies betrifft zum einen den prozesstaktisch motivierten Einsatz der Teilklage als bewusste Entscheidung gegen die Erhebung einer Vollklage87 und zum anderen die Frage, ob den Verhaltensanforderungen des Kostenhilferechts eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit zu entnehmen sein sollte.88

76 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 26–29; Weissel, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 121, 131–134 für den österreichischen Zivilprozess. 77 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 66–74; Weissel, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 121, 143–145 für den österreichischen Zivilprozess. 78 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 36–43. 79 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 46–49; Gottwald, FS Fasching, 1988, S. 181, 186–189. 80 Vgl. Adams, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 225, 235–237 für den österreichischen Zivilprozess; Gottwald, FS Fasching, 1988, S. 181, 189. 81 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 49. Beachte für eine ökonomische Analyse der Rechtsschutzversicherungen auch dens., Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 111–125. 82 Vgl. Clemenz/Gugler, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 23, 37 für den österreichischen Zivilprozess. 83  Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 29–31; Gottwald, FS Fasching, 1988, S. 181, 191–193. 84 Vgl. Fucik, in: Bundesministerium für Justiz/Lewisch/Rechberger (Hrsg.), 100 Jahre ZPO, 1998, S. 191, 196–198 für den österreichischen Zivilprozess. 85 Zusammenfassend Schmidtchen/Kirstein, FS Lüke, 1997, S. 741, 762 f. 86 Zusammenfassend Planz/B.‑A. Schuler, in: Schmidtchen/Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur, 1999, S. 184, 195 f. 87  Vgl. dazu oben S. 47 ff. 88  Vgl. dazu oben S. 104.

240

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

E.  Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit Nachdem sich die bisherige Untersuchung auf die „Prüfsteine“ einer Teilklage konzentrierte, nämlich deren Chancen im Rahmen eines prozesstaktisch motivierten Einsatzes sowie deren Risiken als Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht, kann auch die Einordnung der Ergebnisse in das System der ökonomischen Theorie des Rechts in zweierlei Hinsicht erfolgen. Dafür bietet sich die Unterscheidung zwischen der positiven und der normativen ökonomischen Theorie des Rechts an. Zunächst soll der prozesstaktisch motivierte Einsatz einer Teilklage auf Grundlage des ökonomischen Verhaltensmodells erklärt und prognostiziert werden. Anschließend wird die Frage untersucht, ob eine Statuierung einer Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit im Kostenhilferecht aus Gründen der Effizienz zu befürworten ist. I. Aussagen der positiven ökonomischen Theorie des Rechts zum prozesstaktischen Einsatz der Teilklage 1. Grundlagen Die Regelungen des Zivilprozessrechts und die diesen zugrunde liegende Dispositionsmaxime stellen eine Institution im Sinne der neuen, modernen Institutionenökonomik dar, die das Verhalten des Individuums steuert. Als Handlungsrestriktion ist auch zu berücksichtigen, dass die Ressource des Rechtsschutzes vor Gerichten knapp ist89 und deshalb einen Preis in Gestalt von Prozesskosten hat.90 Die finanziellen Mittel einer Streitpartei, die ihr Bedürfnis der Rechtsdurchsetzung befriedigen möchte, sind grundsätzlich begrenzt. Daher muss die prozesstaktisch motivierte Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage unter den Prämissen der Rationalität und Nutzenmaximierung betrachtet werden. Bei der Entscheidung zwischen der Erhebung einer Teil- und einer Vollklage ist schließlich die Präferenzordnung des jeweiligen Individuums zu berücksichtigen, um eine Prognose über sein Verhalten anzustellen. Im Rahmen einer ordinalen Ordnung der Präferenzen kann für den Kläger die Erlangung bestimmter prozessualer Vorteile oder eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beklagten vorzugswürdiger sein als das eigentliche Obsiegen. 2.  Handlungsrestriktionen des Zivilprozessrechts Für die Erhebung paralleler Teilklagen fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, sodass die Klagen als unzulässig abgewiesen werden. Diese pro89  Vgl. dazu Benda, DRiZ 1979, 357, 362 f.; G. Pfeiffer, ZRP 1981, 121, 123; MüKo-ZPO/ Rauscher, Einleitung Rn. 46. 90  Vgl. zur Rechtfertigung der Erhebung von Prozesskosten oben S. 95 f.



E.  Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit

241

zessrechtliche Sanktion „verteuert“ die unzulässige Verhaltensweise für den Kläger, da sein Mitteleinsatz anders als im Fall einer einzelnen Teilklage oder einer Vollklage nicht zur Befriedigung der Bedürfnisse führt. Daher wird ein Individuum keine parallelen Teilklagen erheben. Auf eine einzelne Teilklage kann sich ein Rechtsschutzsuchender beschränken, um in den Genuss prozessualer Vorteile zu kommen. So bieten sich im Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a S. 1 ZPO oder im Verfahren nach der EuBagatellVO anders als bei einer entsprechenden Vollklage im regulären Zivilverfahren Kostensenkungen und weitere prozessuale Vorteile.91 Eine schnellere Befriedigung erlangt der Kläger, wenn ein Urteil infolge der Beschränkung auf eine Teilklage gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar ist.92 Doch auch hier statuiert das Recht Handlungsrestriktionen in Gestalt von Verboten. Sind die benannten Zwecksetzungen anhand objektiver Anhaltspunkte erkennbar, treffen den Kläger wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht Sanktionen.93 Eine Teilklage mit beschriebener Zwecksetzung ist im Verfahren nach der EuBagatellVO gemäß Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 EuBagatellVO abzuweisen. § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO ist im beschriebenen Fall infolge teleologischer Reduktion nicht anwendbar. Damit „verteuert“ sich die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage anstelle der Erhebung einer Vollklage. 3.  Nutzenmaximierung bei prozesstaktischem Einsatz der Teilklage Mittels einer Beschränkung auf eine Teilklage wird in vielfältiger Hinsicht ein Nutzen erzielt, der mit einer Vollklage nicht erreicht werden könnte. So kann der Kläger die streitwertabhängige sachliche Zuständigkeit der Gerichte beeinflussen und kommt gegebenenfalls vor einem Amtsgericht anstelle eines Landgerichts in den Genuss einer ihm günstigen Rechtsprechungspraxis sowie einer Senkung der Prozesskosten.94 Zur Kostensenkung und schnelleren Befriedigung des Klägers trägt es auch bei, wenn infolge der Absenkung des Streitwerts kein Rechtsmittel zulässig und der Instanzenzug damit verkürzt ist.95 Dies gilt freilich nur, wenn der Kläger nicht selbst unterliegt und diese Entscheidung daher angreifen möchte. Allerdings liegt der Beschränkung auf eine Teilklage hier eher das Motiv zugrunde, dem Beklagten die Rechtsmittelmöglichkeit zu nehmen – gerade weil der Kläger ein Obsiegen mit der Teilklage für wahrscheinlicher hält. Kosten infolge einer fehlerhaften Einschätzung der Rechtslage sowie etwaige Fehlerkosten dürften auch nicht überwiegen. Schließlich ver91 

Vgl. dazu oben S. 78. Vgl. dazu oben S. 82. 93  Vgl. dazu oben S. 45 f. 94  Vgl. dazu oben S. 65. 95  Vgl. dazu oben S. 72. 92 

242

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

spricht die Erhebung einer verdeckten Teilklage einen höheren Nutzen als eine offene Teilklage. Bei letzterer nämlich berühmt sich der Kläger des Bestehens eines Anspruchsrests und räumt dem Gegner damit das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungswiderklage ein, mit der sich das Prozesskostenrisiko erhöht. Wird jedoch nach solchen Teilklagen noch eine Restklage erhoben, so muss der Kläger mehr Mittel aufbringen als im Fall einer Vollklage. Zwar trifft ihn die infolge der Gebührendegression erhöhte Prozesskostenlast nur im Maße des Unterliegens, vergleiche §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Allerdings sind neben den Prozesskosten auch die nicht ersatzfähigen Opportunitätskosten zu berücksichtigen. Solche Kosten entstehen, weil die für den Zivilprozess aufgewendete Zeit nicht anderweitig genutzt werden kann. Sie dürften im Vergleich zur Vollklage höher sein. Auch erhält der Kläger eine Entscheidung über den Anspruchsrest später als im Fall einer Vollklage, was sich auf den wirtschaftlichen Wert des zugrunde liegenden Anspruchs auswirkt. Anstelle einer Kombination von Teil- und Restklage verspricht eine Vollklage in der Regel einen höheren Nutzen. Das Erfordernis einer Restklage nach einer Teilklage ist mit Unsicherheit behaftet. Die Erhebung einer Teilklage kann daher auch dann vorzugswürdig sein, wenn die Nutzensteigerung infolge der prozessualen Vorteile überwiegt und die Wahrscheinlichkeit des Erfordernisses einer Restklage gering ist. Letzteres kommt in Betracht, wenn der Beklagte zusagt, nach einem Unterliegen gegenüber der Teilklage den Anspruchsrest freiwillig zu erfüllen. Die Entscheidung für die Teilklage ist rational, wenn der Erwartungsnutzen (das Produkt aus dem Nutzen und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit) für eine isolierte Teilklage größer ist als der Erwartungsnutzen im Fall der Kombination von Teil- und Restklage sowie im Fall der Vollklage. Allerdings erfüllen Menschen nicht immer die hohen Rationalitätserwartungen. Dies zeigt sich dann, wenn sie zu optimistisch davon ausgehen, der Beklagte werde den Anspruchsrest freiwillig erfüllen oder wenn sie den Gegner bewusst durch den erhöhten Verteidigungsaufwand in mehreren Verfahren „zermürben“ wollen. Dies kann auch den eigenen Nutzen mindern. Solche Aspekte kognitiver Psychologie bezieht die Verhaltensökonomie bewusst in die Erklärung des Verhaltens ein.96 II. Aussagen der normativen ökonomischen Theorie des Rechts zur Beschränkung auf eine Teilklage im Kostenhilferecht Nach einer Auslegung der relevanten Normen des Kostenhilferechts ist diesen keine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit zu entnehmen. Der mit dieser 96 

Vgl. dazu oben S. 236 f.



E.  Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit

243

Aussage verbundene Geltungsanspruch wird auch durch die ökonomische Analyse des Rechts nicht berührt. Anhand der normativen ökonomischen Theorie können aber die Folgen der so ausgelegten Regelungen bewertet werden. Dies führt zur Erwägung, ob das Kostenhilferecht dem Kläger eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit auferlegen sollte. Mit der Beschränkung auf eine Teilklage werden Prozesskosten gesenkt.97 Eine entsprechende prozessuale Last oder materiellrechtliche Obliegenheit steuert menschliches Verhalten, indem sie eine alternative Handlungsmöglichkeit wie die Erhebung einer Vollklage „verteuert“: Für diese wird keine Kostenhilfe gewährt. Die Folgen können auf der Grundlage des Effizienzkriteriums bewertet und mit der gegenwärtigen Rechtslage verglichen werden. 1. Ausgangslage Im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt dürfen knappe Ressourcen nicht verschwendet werden; der gesamtgesellschaftliche Wert von Rechten ist zu maximieren, gesamtgesellschaftliche Kosten sind zu minimieren.98 Von dieser Knappheit ist auch die Ressource des Rechtsschutzes vor Gerichten betroffen. Die Institute der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung mildern die Gefährdung der Rechtsschutzgleichheit durch die Erhebung von Prozesskosten ab. Zugleich stellen sie Anforderungen an das klägerische Verhalten, die eine Verschwendung der Ressource des Rechtsschutzes eindämmen sollen. Die Befolgung der Verhaltensanforderungen soll die Prozesskosten minimieren und einen gleichwertigen Rechtsschutz gewährleisten. Fraglich ist, ob die Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit eine solche Verhaltensanforderung darstellen. Indem die Teilklage zur Senkung der Prozesskosten beiträgt, kommt es allein darauf an, dass der damit verbundene Nutzen zumindest nicht geringer ist als im Fall der Erhebung einer Vollklage. 2.  Vorzugswürdigkeit der Teilklage Überwiegend stellt sich die Teilklage als gleichwertiges prozessuales Vorgehen dar. In bestimmten Fällen99 kann mit ihr ein höherer Nutzen erzielt werden als mit einer Vollklage. Nach einer Abwägung von Kosten und Nutzen der Erhebung einer Teilklage anstelle einer Vollklage ist unter diesen Aspekten eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit zu befürworten. Die Risiken der Teilklage sollen im Folgenden betrachtet werden.

97 

Vgl. dazu oben S. 104. Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 117. 99  Vgl. dazu oben S. 241 f. 98 Vgl.

244

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

Eine ordnungsgemäße Klageerhebung im Fall der Teilklage im engen Sinne fordert keinen größeren Mitteleinsatz als im Fall der Vollklage.100 Besondere Anforderungen ergeben sich zwar für Teilklagen im weiten Sinne, für die hier erforderliche Individualisierung ist aber in der Regel kein erhöhter Mitteleinsatz erforderlich.101 Vor dem Hintergrund der Prozesskostenminimierung durch eine Teilklage erreicht der Kläger mit dieser einen höheren Nutzen als mit einer Vollklage. Diese individuelle Nutzenmaximierung ist auch für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt ausschlaggebend. Wenn eine Klage in Teilen nicht hinreichend bestimmt ist, sollte neben einer entsprechenden Stufenklage in geeigneten Fällen eine bereits hinreichend bestimmte Teilklage erhoben werden.102 Die Prozesskosten werden im Vergleich zu einer reinen Stufenklage nicht erhöht. Gleichwohl erhöht sich der Nutzen für den Kläger, indem er im Fall des Obsiegens mit der Teilklage insoweit bereits befriedigt wird. Hinsichtlich des Umfangs der Verjährungshemmung erreicht der Kläger mit der Vollklage einen größeren Nutzen. Im Fall der Teilklage droht eine Nichtdurchsetzbarkeit des Anspruchsrests,103 die durch die Prozesskostensenkung in der Regel nicht aufgewogen wird. Zur Abhilfe wurden für die Teilklage ein prozessualer und ein vertraglicher Lösungsvorschlag entwickelt. Damit bleibt der Anspruchsrest durchsetzbar, sodass mit einer Teilklage der gleiche Nutzen erreicht werden kann wie mit einer Vollklage. Das Prozesskostenrisiko im Rahmen des prozessualen Lösungsvorschlags ist nicht höher als im Fall einer Vollklage.104 Allerdings fallen beim vertraglichen Lösungsvorschlag regelmäßig Kosten für Verhandlung, Abschluss und Durchsetzung des Vertrags an. Nur wenn deren Höhe den quantifizierten Nutzen nicht übersteigt, wird der vertragliche Lösungsvorschlag durchgeführt.105 Regelmäßig können bereits mit einer Teilklage Ausschlussfristen hinsichtlich des gesamten materiellrechtlichen Anspruchs gewahrt werden, sodass mit ihr der gleiche Nutzen erreicht wird wie mit einer Vollklage. Ausnahmen gelten bei vertraglichen Ausschlussfristen. Hier schaffen die beiden Lösungsvorschläge Abhilfe. Nach Erhebung einer Teilklage sind die Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich des Anspruchsrests nicht eingeschränkt, es bleibt die Möglichkeit einer Klageerweiterung und einer Restklage. Insofern verspricht die Vollklage keinen höheren Nutzen. 100 

Vgl. dazu oben S. 127. Vgl. dazu oben S. 125 f. 102  Vgl. dazu oben S. 132. 103  Vgl. dazu oben S. 134. 104  Vgl. zur Kostenrelevanz der Lösungsvorschläge oben S. 204. 105  Vgl. zur Bedeutung der Transaktionskosten auch Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S. 106 f. 101 



E.  Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit

245

Im Fall der Beteiligung Dritter an einem Rechtsstreit erstreckt sich die Interventionswirkung gemäß § 68 ZPO im Folgeprozess auch auf den zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrest, sodass unter diesem Aspekt die Vollklage zumindest nicht vorzugswürdig ist. Allerdings kann es infolge der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage zu Veränderungen bei der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG kommen. Die Zuständigkeit eines Amtsgerichts anstelle eines Landgerichts birgt unter Umständen prozessuale und materiellrechtliche Nachteile für das klägerische Rechtsschutzgesuch. Hier verspricht eine Vollklage höheren Nutzen. Für die Abhilfe im Rahmen des prozessualen und vertraglichen Lösungsvorschlags gelten die bereits gegebenen Hinweise. Wird infolge der Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage die Bagatellstreitwertgrenze unterschritten, sind die Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a S. 1 ZPO nicht eingeschränkt, sodass eine Vollklage keinen höheren Nutzen verspricht. Das Verfahren nach der EuBagatellVO ist selbst nach den Grundsätzen der Kosteneffizienz und wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit ausgestaltet, vergleiche Erwägungsgrund 29 S. 3; Art. 9 Abs. 2, 3; Art. 16 S. 2 EuBagatellVO. Damit besteht auch die Gefahr, dass das Gericht mangels Bindung an den Grundsatz der Beweismittelerschöpfung nicht alle Beweismittel zulässt und fehlerhaft eine nachteilige Entscheidung trifft. In die Bewertung sind also vor allem Fehlerkosten einzubeziehen. Dies spricht aber nicht grundsätzlich für eine Vorzugswürdigkeit der Vollklage. Mittels des prozessualen Lösungsvorschlags oder durch die bewusste Wahl eines regulären Zivilverfahrens wird mit der Teilklage kein geringerer Nutzen erzielt. Schließlich kann der Beklagte materiellrechtliche Gegenrechte nicht oder zumindest nicht nutzenmindernd gegenüber dem mit der Teilklage geltend gemachten Anspruchsteil erheben. Damit wird unter diesem Aspekt mit einer Teilklage der gleiche Nutzen erzielt wie mit einer Vollklage. 3.  Vorzugswürdigkeit der Vollklage In bestimmten Fällen wird mit einer Vollklage ein größerer Nutzen erzielt als mit einer Teilklage. Die für die Vollklage anfallenden Prozesskosten beeinträchtigen die Nutzensteigerung in der Regel nicht. Am ehesten zeigt sich dies, wenn der Gegner nach Abschluss des Verfahrens über eine Teilklage den Anspruchsrest nicht freiwillig erfüllt. In diesem Fall erlangt der Kläger mit einer Vollklage einen höheren Nutzen in Gestalt einer Streitentscheidung hinsichtlich des gesamten Rechtsverhältnisses anstelle nur eines Teils. Die Nachteiligkeit der Teilklage zeigt sich auch im Erfordernis der Erhebung einer Restklage. Indem die Wirkungen der materiellen Rechtskraft der

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Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

Entscheidung über die Teilklage auf den eingeklagten Teil beschränkt bleiben, muss der Kläger die relevanten Tatsachen erneut darlegen und beweisen. Der hierfür erforderliche Mittelaufwand übersteigt den im Fall einer Vollklage. Der vertragliche Lösungsvorschlag erweist sich als nicht interessengerecht und kann damit keine Abhilfe schaffen. Infolge der Beschränkung auf eine Teilklage unterschreitet der Wert des Beschwerdegegenstands im Zuge einer Entscheidung gegebenenfalls die Wertgrenze gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Diese Entscheidung kann (unter Umständen anders als im Fall der Entscheidung über eine Vollklage) nicht mit der Berufung angegriffen werden. Dadurch fallen einerseits die sonst für das Rechtsmittelverfahren anfallenden Kosten weg. Andererseits sind die Fehlerkosten infolge einer nachteiligen, aber nicht angreifbaren Fehlentscheidung in die Abwägung einzustellen. Diese dürften die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens übertreffen.106 Hier ist eine Vollklage unter dem Aspekt der Nutzenmaximierung vorzugswürdig. 4.  Beurteilung anhand der Effizienzkriterien Damit wurden die Folgen der Verweisung auf eine Teilklage im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage dargestellt. Angesichts dieser Folgen soll nach dem Maßstab der Effizienz und der Förderung der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt entschieden werden, ob auch die Verhaltensanforderungen im Kostenhilferecht eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit beinhalten sollten. Eine Bewertung kann anhand verschiedener Effizienzkriterien erfolgen. a. Pareto-Kriterium Die Kriterien eines Vergleichs zwischen zwei Zuständen nach dem Pareto-Kriterium wurden bereits oben dargestellt. Nun soll der Zustand unter der geltenden Rechtslage im Kostenhilferecht, das keine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit kennt, verglichen werden mit einer reformierten Rechtslage im Recht der Prozesskostenhilfe und Rechtsschutzversicherung, die den Begünstigten auf die Erhebung einer Teilklage verweist. Eine solche Reform ist dann vorzugswürdig (Pareto-superior), wenn angesichts der individuellen Präferenzen des Klägers mindestens ein Individuum diese aus Gründen der Nutzenmaximierung vorziehen würde und kein anderes Individuum sie ablehnt, weil es Nachteile in Kauf nehmen müsste. Nach den Erkenntnissen des vorherigen Abschnitts bringt eine Beschränkung auf eine Teilklage in zahlreichen Fällen zumindest keine Nachteile und kann 106 Ebenso Planz/B.‑A. Schuler, in: Schmidtchen/Weth (Hrsg.), Der Effizienz auf der Spur, 1999, S. 184, 188 f.



E.  Einordnung der Ergebnisse dieser Arbeit

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unter einzelnen Aspekten sogar den Nutzen im Vergleich zur Vollklage mehren. Damit findet sich stets ein Individuum, das eine solche Regelung befürwortet. Allerdings wurden auch die mit der Beschränkung auf eine Teilklage einhergehenden Nachteile dargestellt. Angesichts dessen wird stets ein Individuum eine Einführung der Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit ablehnen und die geltende Rechtslage bevorzugen. Damit führt eine entsprechende Reform nicht zu einem Pareto-optimalen Zustand und ist daher nicht effizienter als die geltende Rechtslage. b. Kaldor-Hicks-Kriterium Nach dem Kaldor-Hicks-Kriterium stellt sich die Einführung einer Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit dagegen auch dann als Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage dar, wenn dadurch zwar Kläger benachteiligt werden, diese Nachteile durch die Summe der Vorteile auf Seiten der Begünstigten kompensiert werden könnten und jenen immer noch Nutzensteigerungen verblieben. Eine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit bringt nach der vorherigen Darstellung auch Nachteile mit sich. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass diese durch ebenso stattfindende Begünstigungen ausgeglichen werden könnten und immer noch Vorteile verblieben. Die Einführung einer Teilklagelast oder Teil­ klageobliegenheit führt dann zu einer Steigerung von Effizienz und gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrt. c. Ergebnis Mit den bereits oben genannten Gründen erfolgt eine Entscheidung über die Effizienz nicht anhand des Pareto-Kriteriums, sondern anhand des Kaldor-HicksKriteriums. Damit erscheint es nach der normativen ökonomischen Theorie des Rechts möglich, die Einführung einer Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit zu befürworten. Für eine abschließende Einschätzung bedarf es einer Berechnung der Kompensationsmöglichkeit auf Grundlage einer monetären Bewertung der aufgezeigten Vor- und Nachteile. Indem sich diese Untersuchung darauf beschränkt, einen Anstoß zur ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts zu geben, bleibt die erforderliche mathematische Untersuchung und empirische Forschung nachfolgenden Beiträgen vorbehalten. 5.  Grenzen der ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts Allerdings soll eine Mahnung zur Vorsicht nachgeschoben werden. Die ökonomische Theorie des Rechts lässt sich zwar auf den Gegenstand dieser Untersuchung anwenden. Dennoch sollte den hier aus der normativen ökonomischen Theorie abgeleiteten Postulaten nicht voreilig nachgegeben werden. Diese

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Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

richten sich in erster Linie an den Gesetzgeber.107 Bei einer Entscheidung über die Umsetzung der hier angedeuteten effizienzorientierten Reform des Kostenhilferechts darf er verfassungsmäßige Vorgaben in Gestalt der Grundrechte oder des Sozialstaatsprinzips nicht außer Acht lassen.108 Im Zivilprozessrecht und im Kostenhilferecht ist in dieser Hinsicht auf das eben benannte Sozialstaatsprinzip109 und die grundrechtlich abgesicherte Dispositionsmaxime110 Rücksicht zu nehmen. Zwar seien die monetären Auswirkungen einer am Effizienzgrundsatz ausgerichteten Gesetzgebung diffus streuend und kaum so gravierend, dass sie den Grad der Unverhältnismäßigkeit erreichen oder das Existenzminimum beeinträchtigen würden.111 Diese Erwägungen stellen aber auch nur die äußerste Grenze einer zulässigen Gesetzgebung dar. Schon davor hat der Gesetzgeber im Bereich des Zivilprozessrechts und des Kostenhilferechts grundlegenden Wertungen Rechnung zu tragen. Der Zivilprozess sichere Freiheiten112 und schaffe mit der Wahrung der Rechtsordnung Gerechtigkeit,113 was nicht ohne Weiteres durch ökonomische Erwägungen beschränkt werden dürfe.114 Der hohe Stellenwert eines möglichst gerechten Rechtsschutzes wird dadurch unterstrichen, dass die staatliche Justizgewährung dem Verbot der Selbstjustiz entspringe.115 Schließlich sei nicht einzusehen, warum die Allokation von Ressourcen zwingend ökonomischen Grundsätzen folgen müsse – sie könne etwa auch eine soziale Funktion haben. Dem wird durch das grundgesetzliche Sozialstaatsprinzip Gewicht verliehen.116 Diese Wertungen sind in die Entscheidung eingeflossen, wonach das geltende Recht keine Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit kennt.117 Anschließende Untersuchungen zur Ökonomik der Teilklage werden sich mit der Herausforderung konfrontiert sehen, diesen Wertungen hinreichend Rechnung zu tragen.

107 

Vgl. umfassend Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 414–438. Ders., Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 445–449. 109  Vgl. dazu oben S. 96 f. 110  Vgl. dazu oben S. 7 f. 111  Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 42015, S. 447–449. 112  Gottwald, FS Fasching, 1988, S. 181, 194. 113  Redeker, NJW 1996, 1870, 1871. 114  Vgl. zur Beziehung zwischen den beiden Zielen Effizienz und Gerechtigkeit Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 32009, S. 213–232. 115 Vgl. Kornblum, FS Sellert, 2000, S. 513, 526. Zum Verbot der Selbstjustiz vgl. oben S. 91. 116 Vgl. Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 124. 117  Vgl. dazu oben S. 210 f.; 227. 108 



F. Zusammenfassung

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F. Zusammenfassung Die Erkenntnisse zum Wesen der Teilklage als prozesstaktisches Mittel sowie als Verhaltensanforderung im Kostenhilferecht konnten durch einen interdisziplinären Ansatz für eine übergeordnete Forschungsfrage fruchtbar gemacht werden. Die positive ökonomische Theorie des Rechts beschreibt und prognostiziert menschliches Verhalten auf der Grundlage des ökonomischen Verhaltensmodells. Damit kann auch der prozesstaktisch motivierte Einsatz der Teilklage erklärt werden. Die normative ökonomische Theorie des Rechts bewertet die durch verschiedene Regelungen ausgelösten Folgen anhand des Effizienzkriteriums. Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen erscheint es möglich, dass die Einführung einer Teilklagelast oder Teilklageobliegenheit im Kostenhilferecht zur Steigerung von Effizienz und allgemeiner Wohlfahrt beiträgt. Eine entsprechende Gesetzesreform müsste aber den Wertungen des Zivilprozessrechts und des Kostenhilferechts Rechnung tragen.

Ergebnisse Anliegen dieser Untersuchung war es, für die Teilklage im Zivilprozess eine Grundlegung, Wesensbeschreibung und Funktionalisierung zu leisten. Die Ergebnisse sollen im Folgenden dargestellt werden.

Kapitel 1: Die Grundlagen der Teilklage Ein der Arbeit zugrunde liegendes Verständnis wurde durch die Untersuchung der Zulässigkeit von Teilklagen, der Klärung von Terminologien und Kategorien, der Identifizierung des Gegenstands der Teilung sowie der Befassung mit dem Streitgegenstand und dem Streitwert einer Teilklage geschaffen. Die rechtsdogmatische, rechtshistorische und rechtsvergleichende Untersuchung zur Zulässigkeit von Teilklagen führte stets zur zivilprozessualen Dispositionsmaxime. Eine Regelung zur Teilklage findet sich in der Zivilprozessordnung nicht.1 Sie ist Ausdruck der Dispositionsmaxime, wonach dem Kläger die Entscheidung darüber zusteht, ob und in welcher Höhe er gerichtlich vorgeht.2 Diese Freiheit ist in Art. 2 Abs. 1 GG verankert.3 Gegenläufige Interessen können mittels einer Ausgestaltung des Schutzbereichs berücksichtigt werden.4 Eine rechtshistorische Betrachtung ergab zunächst, dass die Teilklage bereits im römischen Formularverfahren zur Vermeidung einer Zuvielforderung anerkannt war.5 Dies war durch prozessuale Wertungen bedingt, die für das heutige Zivilprozessrecht keine Bedeutung mehr haben. Ein Rückschluss zur Zulässigkeit der Teilklage im heutigen Zivilprozessrecht ist daher nicht möglich.6 Im zu vereinheitlichenden deutschen Zivilprozessrecht des 19. Jahrhunderts war die Teilklage Ausdruck der Dispositionsmaxime. Einer Regelung bedurfte es nicht.7 Sie ist aber etwa in Art. 86 der Schweizerischen Zivilprozessordnung erfolgt. Diese ist allerdings nicht konstitutiv, sondern viel1 

Oben S. 5 f. Oben S. 6. 3  Oben S. 7 f. 4  Oben S. 8 f. 5  Oben S. 10 f. 6  Oben S. 14. 7  Oben S. 13. 2 

252

Ergebnisse

mehr deklaratorisch und wiederum Ausprägung der Dispositionsmaxime.8 Dieser Verfahrensgrundsatz gilt auch im englischen Zivilprozessrecht. Teilklagen sind hier zwar zulässig, angesichts der objektiven Reichweite der Rechtskraft aber nicht sinnvoll.9 In terminologischer Hinsicht wurde die Teilklage als Aufteilung eines einheitlichen materiellrechtlichen Gebildes identifiziert.10 Je nach prozessualer Gestaltung lassen sich verschiedene Kategorien bilden.11 Die Teilung im Rahmen einer Teilklage findet nicht auf prozessualer Seite, sondern im materiellrechtlichen Bereich statt. Dabei ist maßgeblich, ob der Inhalt eines bestimmten Rechtsverhältnisses teilbar ist.12 Diese These lässt sich für Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklagen verifizieren.13 Da es für den Streitgegenstandsbegriff des nationalen Zivilprozessrechts jedenfalls auf den Klageantrag ankommt, wird bei einer Teilklage nur der eingeklagte Teil, nicht auch der nicht geltend gemachte Rest Streitgegenstand.14 Der Streitwert einer Teilklage bemisst sich am eingeklagten Teil, nicht dem Ganzen. Zwar mag eine Berücksichtigung des Ganzen eher das wirtschaftliche Interesse des Klägers abbilden, dies ließe aber die Grenzen des Streitgegenstands außer Acht. Das Streitwertrecht verlangt zügige und pragmatische Feststellungen, die bei einer Teilklage nur aus deren Streitgegenstand und damit dem eingeklagten Teil fließen können.15

Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage Das Wesen der Teilklage offenbarte sich zunächst bei einer Betrachtung der mit ihr verbundenen prozessualen und materiellrechtlichen Vorteile im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage. Relevant wird diese Frage für das prozesstaktisch ausgerichtete Verhalten des Klägers im Zivilprozess. Durch prozesstaktische Maßnahmen kann der Kläger in den Genuss prozessualer Vorteile kommen, Nachteile vermeiden und den prozessualen Handlungsspielraum des Beklagten einengen.16 Dient die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage diesen Zwecken, so kann der Rechtsanwalt zu einer entsprechenden Beratung seines Mandanten verpflichtet sein, obgleich er damit 8 

Oben S. 15 f. Oben S. 18 ff. 10  Oben S. 24. 11  Oben S. 24 f. 12  Oben S. 26 f. 13  Oben S. 27 ff. 14  Oben S. 35. 15  Oben S. 36. 16  Oben S. 41. 9 



Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

253

sein persönliches Vergütungsinteresse beeinträchtigt.17 Der prozesstaktische Einsatz einer Teilklage findet seine Grenze im Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Ein solcher Verstoß gegen den auch im Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben liegt etwa vor, wenn sich die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage als arglistige Schaffung einer vorteilhaften prozessualen Rechtslage herausstellt. Dabei handelt es sich um eine Umgehung der an sich einschlägigen gesetzlichen Regelungen, die gegen den Zweck des Prozessrechts verstößt.18 Die Beschränkung auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage kann dem Kläger zahlreiche prozessuale und materiellrechtliche Vorteile bieten. In diesem Sinne wurden zunächst die Wirkungen der Rechtshängigkeit untersucht. Im nationalen Zivilprozessrecht kann der Kläger ein prozesstaktisches Interesse haben, den Verteidigungsaufwand des Beklagten durch die parallele Erhebung mehrerer Teilklagen zu erhöhen. Darüber hinaus sind die gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO bei Streudelikten zuständigen Gerichte an den Erfolgsorten beschränkt kognitionsbefugt.19 Auch dies wirft die Frage auf, ob mehrere Teilklagen parallel erhoben werden können. Im nationalen Zivilprozessrecht steht einem solchen Vorgehen nicht der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen.20 Bei Teilklagen beschränken sich die Wirkungen der Rechtshängigkeit auf den jeweils eingeklagten Teil. Dies gebietet die dogmatische Verknüpfung mit dem Streitgegenstand einer Teilklage und ergibt sich auch aus der Systematik und Funktionsweise des Zivilprozessrechts. Eine Ausdehnung der Reichweite der Rechtshängigkeit nach dem Vorbild der Rechtsprechung des EuGH („Kernpunkttheorie“) ist mit der Dogmatik des nationalen Zivilprozessrechts nicht vereinbar. Allerdings stellt die Erweiterung zur Vollklage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO einen gegenüber der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen einfacheren und günstigeren Weg dar. Für letztere Vorgehensweise fehlt daher das Rechtsschutzbedürfnis.21 Im europäischen Zivilprozessrecht weisen parallele Teilklagen, denen ein einheitlicher materiellrechtlicher Anspruch zugrunde liegt, angesichts der Entscheidungsmaßstäbe des EuGH denselben Kernpunkt auf. Damit liegt eine konkurrierende Rechtshängigkeit gemäß Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO vor.22 Im Sonderfall der beschränkten Kognitionsbefugnis der gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO zuständigen Gerichte an den Erfolgsorten23 ist Art. 29 Abs. 1 Brüssel Ia-VO nach teleologischer Auslegung dagegen nicht anwendbar. Eine Aussetzung gemäß Art. 30 Abs. 1 17 

Oben S. 42 f. Oben S. 45 f. 19  Oben S. 50 f. 20  Oben S. 54 ff. 21  Oben S. 57 f. 22  Oben S. 59 f. 23  Oben S. 61 ff. 18 

254

Ergebnisse

Brüssel Ia-VO verschafft dem Beklagten hier kaum Erleichterung. Gegenüber der parallelen Erhebung mehrerer Teilklagen gibt es aber einfachere und günstigere Wege wie die Erhebung einer einzelnen Teilklage oder einer Vollklage am Gericht des Handlungsortes beziehungsweise am allgemeinen Gerichtsstand, sodass einem anderweitigen Vorgehen das Rechtsschutzbedürfnis zu versagen ist. Es verstößt wegen der vermeidbaren Erhöhung der Prozesskosten auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht.24 Außerdem kann der Kläger durch die Beschränkung auf eine Teilklage den Zuständigkeitsstreitwert beeinflussen und die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts anstelle des Landgerichts gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG herbeiführen. Damit spart er unter Umständen Ressourcen und kommt in den Genuss einer ihm günstigen Rechtsprechungspraxis, was zugleich die Position des Beklagten beeinträchtigt.25 Allerdings ist ihm aufgrund seiner missbilligten Zwecksetzungen das Rechtsschutzbedürfnis in bestimmten Fällen zu versagen. Er widersetzt sich dem Zweck der gesetzlichen Zuständigkeitsregeln, den Ressourcenverbrauch durch Zuweisung geringwertiger Streitsachen zum Amtsgericht zu senken, wenn bereits absehbar ist, dass noch eine Restklage nötig wird und damit die Prozesskosten wegen der Gebührendegression insgesamt höher ausfallen als im Fall einer Vollklage.26 Auch können die Möglichkeiten des Beklagten, eine Verweisung zum Landgericht zu erreichen, eingeschränkt sein.27 Durch die Beschränkung auf eine Teilklage wird unter Umständen auch eine Erwachsenheitssumme (etwa die Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht, sodass mangels Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs die formelle Rechtskraft eher eintritt und der Kläger sich zügiger befriedigen kann.28 Der Entlastung der Rechtsbehelfsinstanzen als Zweck dieser wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzung läuft das regelmäßig nicht zuwider. Auch werden die Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht beeinträchtigt. Damit liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht vor.29 Infolge der Unterschreitung der maßgeblichen Wertgrenze durch Beschränkung auf eine Teilklage kann die Streitsache auch im Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO oder im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen nach der EuBagatellVO statt im regulären Zivilverfahren zu behandeln sein. Mit der einhergehenden Verfahrensbeschleunigung kann der Kläger aus prozesstaktischer Sicht eine zügigere Befriedigung und eine Über24 

Oben S. 63. Oben S. 64 f. 26  Oben S. 68 f. 27  Oben S. 69 f. 28  Oben S. 72. 29  Oben S. 72 f. 25 



Kapitel 2: Die Chancen der Teilklage

255

rumpelung des Beklagten bezwecken.30 Bei der innerstaatlichen Rechtsverfolgung existieren mit der Ermessensbindung des Gerichts aber hinreichende prozessuale Absicherungen.31 Im grenzüberschreitenden Rahmen liegt zwar kein Verstoß gegen die Zwecksetzung der Wertgrenze gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO vor. Allerdings schlägt sich die klägerische Benachteiligungsabsicht angesichts der Unwägbarkeiten des Rechtsschutzes und mangels hinreichenden Beklagtenschutzes im Verfahren nach der EuBagatellVO objektiv nieder. Damit liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht vor.32 Mit der Beschränkung auf eine Teilklage kann der Kläger auch eine vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils gemäß § 708 Nr. 11 Var. 1 ZPO und damit eine zügigere Befriedigung erreichen. Zweck dieser Wertgrenze ist es, eine vorläufige Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung nur dann zu erlauben, wenn kein hoher Schaden im Fall der Aufhebung oder Abänderung des Urteils droht. Ist bereits die Erforderlichkeit einer kostensteigernden Restklage absehbar, stellt die Beschränkung auf eine Teilklage eine arglistige Umgehung des Gesetzeszwecks und einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht dar.33 Schließlich kann der prozesstaktisch handelnde Kläger die mittels der Beschränkung auf eine Teilklage erlangten Vorteile gegen Einflussnahmen des Beklagten absichern. Dessen negative Feststellungswiderklage hinsichtlich des zunächst nicht geltend gemachten Anspruchsrests kann er unterbinden, indem er eine verdeckte Teilklage erhebt. Dies stellt weder eine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit noch des zivilprozessualen Grundsatzes von Treu und Glauben dar.34 Im Fall einer offenen Teilklage könnte der Kläger seinen Gesamtanspruch in einer bestimmten Weise aufteilen, sodass der Beklagte auch mit einer negativen Feststellungswiderklage prozessuale Wertgrenzen nicht mehr überschreitet. Damit verfolgt er aber prozessfremde Zwecke und verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Zivilprozessrecht.35 Die Teilklage ermöglicht eine Senkung des Prozesskostenrisikos. Die Maßgeblichkeit der Entscheidung auch für den nicht eingeklagten Anspruchsrest kann Gegenstand einer materiellrechtlichen Vereinbarung der Parteien gemäß § 779 BGB sein.36

30 

Oben S. 78. Oben S. 79. 32  Oben S. 80 f. 33  Oben S. 83. 34  Oben S. 86 ff. 35  Oben S. 88. 36  Oben S. 90. 31 

256

Ergebnisse

Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage Zum Wesen der Teilklage zählen auch die mit ihr einhergehenden prozessualen und materiellrechtlichen Nachteile im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage. Relevant wird diese Frage dort, wo gesetzliche oder vertragliche Anforderungen an das zivilprozessuale Verhalten des Klägers bestehen. Solche Verhaltensanforderungen kennt das Kostenhilferecht. Der Zugang zu den Gerichten ist einerseits verfassungsrechtlich durch den allgemeinen Justizgewährungsanspruch gewährleistet, wird aber durch die erforderliche Finanzierung der Ressource Justiz erschwert.37 In diesem Spannungsfeld gebietet das Grundgesetz eine weitgehende Angleichung der Chancen von Bemittelten und Unbemittelten bei ihrer Rechtsverfolgung.38 Vor diesem Hintergrund ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu sehen. Eine vergleichbare Erscheinung des Kostenhilferechts sind die Leistungen eines Rechtsschutzversicherers. Beide Institute sind dem wirtschaftlichen Risiko der Kostendeckung ausgesetzt, das auf eine Vielzahl von Personen umgelegt wird.39 Zur Kostensenkung werden Anforderungen an das prozessuale Verhalten des Begünstigten gestellt. Dies wirft die Frage auf, ob dem Kläger gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO sowie im Rahmen des Rechtsschutzversicherungsvertrags die prozessuale Last beziehungsweise Obliegenheit auferlegt wird, eine Teil- anstelle einer Vollklage zu erheben. Das ist ihm dann zuzumuten, wenn die Beschränkung auf eine Teilklage eine gleichwertige prozessuale Alternative darstellt. Diese Frage kann anhand einer Untersuchung aller damit einhergehenden Nachteile beantwortet werden. Zur ordnungsgemäßen Erhebung der Teilklage ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der eingeklagte Anspruchsteil vom nicht eingeklagten Anspruchsrest abzugrenzen. Bei Teilklagen im weiten Sinne muss der eingeklagte Teil im Rahmen des Ganzen individualisiert werden. Dies stellt keine unzumutbare Beeinträchtigung dar.40 Bei Teilklagen im engen Sinne besteht kein höherer Individualisierungsaufwand als bei einer entsprechenden Vollklage.41 Ein bereits hinreichend individualisierter Teil des Leistungsantrags kann zum Gegenstand einer neben einer Stufenklage erhobenen Teilklage gemacht werden.42 Allerdings droht wegen der beschränkten Rechtshängigkeitswirkungen eine Verjährung des nicht geltend gemachten Anspruchsrests während der Dauer 37 

Oben S. 91 f. Oben S. 96 f. 39  Oben S. 100 f. 40  Oben S. 125 f. 41  Oben S. 127. 42  Oben S. 132. 38 



Kapitel 3: Die Risiken der Teilklage

257

des Verfahrens der Teilklage.43 Dazu wurden adäquate Lösungsvorschläge erarbeitet. Bei der unechten Eventualklagenhäufung werden Haupt- und Hilfsantrag hinsichtlich verschiedener Teile des materiellrechtlichen Anspruchs von Beginn an rechtshängig. Die Verjährung des gesamten Anspruchs wird gehemmt.44 In vertraglicher Hinsicht können die Parteien gemäß § 202 Abs. 2 BGB vereinbaren, dass der Anspruchsgegner hinsichtlich des nicht eingeklagten Rests innerhalb einer bestimmten Frist auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet.45 Mit Teilklagen können gesetzliche materiellrechtliche Ausschlussfristen auch hinsichtlich des nicht eingeklagten Anspruchsrests gewahrt werden. Dies gilt bei vertraglichen Ausschlussfristen mitunter nicht.46 Abhilfe schafft hier wiederum die unechte Eventualklagenhäufung bei Teilklagen. Vertraglich kann eine Aufhebung der Ausschlussfrist vereinbart werden.47 Bei einer Teilklage beschränken sich die Wirkungen der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO auf den eingeklagten Teil. Trotz Obsiegens mit einer Teilklage kann der Kläger mit der Restklage noch unterliegen, weil keine Bindungswirkung besteht und der Kläger erneut darlegungs- und beweispflichtig ist.48 Eine unechte Eventualklagenhäufung bei Teilklagen kann dieses Problem nicht beheben, sondern umgeht es allenfalls.49 Auch die Vereinbarung eines Vergleichs gemäß § 779 BGB mit Verpflichtung zur Umgestaltung der Rechtslage hinsichtlich des Anspruchsrests entsprechend der Entscheidung über die Teilklage kann die Probleme nicht interessengerecht lösen.50 Mit einer Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO oder durch Erhebung einer Restklage kann der zunächst nicht geltend gemachte Rest dem Gericht noch zur Entscheidung unterbreitet werden.51 Bei der Beteiligung Dritter am Rechtsstreit über eine Teilklage erstreckt sich die Interventionswirkung im Folgeprozess über das gesamte materiellrechtliche Verhältnis auch auf den zuvor nicht geltend gemachten Teil.52 Führt die Beschränkung auf eine Teilklage zu einem Wechsel in der streitwertabhängigen sachlichen Zuständigkeit der Gerichte, werden das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und der Justizgewährungsanspruch nicht verletzt.53 Gleichwohl kommt der Kläger vor dem 43 

Oben S. 134. Oben S. 137. 45  Oben S. 138. 46  Oben S. 140. 47  Oben S. 141. 48  Oben S. 151 f. 49  Oben S. 153. 50  Oben S. 153 ff. 51  Oben S. 161. 52  Oben S. 171. 53  Oben S. 175. 44 

258

Ergebnisse

Amtsgericht gegebenenfalls nicht in den Genuss prozessualer oder materiellrechtlicher Vorteile, die er sich mit einer Vollklage vor dem dafür zuständigen Landgericht erhofft hatte.54 Diese Einbuße kann mittels einer unechten Eventualklagenhäufung bei Teilklagen oder einer Prorogation gemäß §§ 38, 40 ZPO behoben werden.55 Infolge der Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage scheitert eine Anfechtung der Entscheidung unter Umständen an wertabhängigen Zulässigkeitsvoraussetzungen bei Rechtsbehelfen. Dieses Ergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, aber nachteilig für das Rechtsschutzgesuch des Klägers.56 Durch Unterschreiten der maßgeblichen Wertgrenze kann die Teilklage im Verfahren nach billigem Ermessen gemäß § 495a ZPO sowie in grenzüberschreitenden Rechtssachen im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen nach der EuBagatellVO verhandelt werden. Das nationale Zivilprozessrecht gewährleistet eine Bindung an verfassungsrechtliche Vorgaben des Rechtsschutzes.57 Zweifel bestehen im europäischen Kontext. Auch wenn die Rechte des Klägers gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht verletzt sind, so können sich aus den Besonderheiten der Verfahrensgestaltung doch Unwägbarkeiten ergeben.58 Diese Nachteile lassen sich mittels einer unechten Eventualklagenhäufung bei Teilklagen beheben.59 Materiellrechtliche Gegenrechte kann der Beklagte in der Regel nicht gegenüber dem eingeklagten Teil geltend machen.60 Bei bestrittenen Ansprüchen wird regelmäßig nach einer Teilklage eine Restklage erforderlich. Dies beseitigt den Kostenvorteil einer Teilklage. Die durch die Gebührendegression verursachten Mehrkosten kann der Kläger gegebenenfalls nicht gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ersetzt verlangen.61 Diese Zusammenstellung zeigt, dass die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage bisweilen prozessuale Nachteile mit sich bringt, die keine Grundrechtsverletzung darstellen, aber dennoch die prozessuale Rechtsstellung des Klägers beeinträchtigen. Ein juristischer Laie wird nicht in der Lage sein, derartige Situationen zu erkennen und sein Verhalten an den hier entwickelten Lösungsvorschlägen auszurichten. Nach diesem Maßstab erweist sich die Verweisung auf eine Teilklage als unzumutbar. Das Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit gemäß § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO ist dahin auszulegen, dass 54 

Oben S. 175 ff. Oben S. 180 ff. 56  Oben S. 183 f. 57  Oben S. 187 f. 58  Oben S. 191 ff. 59  Oben S. 194 f. 60  Oben S. 202. 61  Oben S. 203 f. 55 



Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

259

es nicht die Beschränkung auf die Erhebung einer Teilklage verlangt.62 Aus den gleichen Gründen kann der wirtschaftlichen Leistungsbeschreibung in der Rechtsschutzversicherung kein Gebot entnommen werden, eine Teil- anstelle einer Vollklage zu erheben.63 Schließlich wurde untersucht, wie die gesetzliche und vertragliche Schadensminderungsobliegenheit in der Rechtsschutzversicherung auszulegen sind. Wegen des Vorbehalts unbilliger Interessenbeeinträchtigung wird eine Teilklageobliegenheit nicht Inhalt allgemein formulierter Schadensminderungsobliegenheiten in ARB.64 Dagegen sind ARB‑Klauseln, die den Versicherungsnehmer konkret auf die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage verweisen, gemäß § 305c Abs. 2 BGB so auszulegen, dass sie eine Teilklageobliegenheit beinhalten.65 Eine Inhaltskontrolle scheidet aber aus, wenn die so ausgelegten Klauseln nicht kontrollfähig sind. Zwar handelt es sich weder um Leistungsbeschreibungen noch um deklaratorische Klauseln.66 Auch beruhen sie nicht auf einer qualifizierten Erlaubnisnorm.67 Allerdings weichen die Klauseln nachteilig von § 82 Abs. 1 VVG als gemäß § 87 VVG halbzwingender Vorschrift ab. Daraus ergibt sich eine vorrangige Rechtsfolgenanordnung: Die Klauseln sind unwirksam und können nicht mehr der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB unterzogen werden.68

Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage In der Betrachtung der Grundlagen, der Chancen und der Risiken von Teilklagen im Zivilprozess lässt sich deren Wesen gut nachvollziehen. Diese Ergebnisse können durch einen interdisziplinären Ansatz auch für eine übergeordnete Forschungsfrage nutzbar gemacht werden. Aufgrund der Handlungs- und Entscheidungsbezogenheit der Rechtswissenschaft liefern auch ökonomische Methoden Erkenntnisse zu juristischen Fragestellungen. Eine übersteigerte Abwehrhaltung gegen diesen interdisziplinären Austausch ist unbegründet, da die ökonomische Theorie des Rechts den Geltungsanspruch rechtlicher Normen unberührt lässt. Vielmehr wird eine weitere wissenschaftlich fundierte Perspektive für juristisches Entscheiden und Gestalten geboten. Damit lassen sich auch die in dieser Arbeit getroffenen Feststellungen in die Systematik der ökonomischen Theorie des Rechts einordnen, um einen Anstoß zur ökonomischen Analyse des Zivilprozessrechts zu liefern. Sowohl im Bereich der Prozesstaktik als auch des 62 

Oben S. 210 f. Oben S. 211. 64  Oben S. 213 f. 65  Oben S. 215. 66  Oben S. 217 ff. 67  Oben S. 222 ff. 68  Oben S. 224 ff. 63 

260

Ergebnisse

Kostenhilferechts ist das prozessuale Verhalten des Klägers vor dem Hintergrund knapper Ressourcen auf Nutzenmaximierung gerichtet beziehungsweise wird nach diesen Maßstäben durch rechtliche Regelungen gesteuert. Die Entscheidung für die Erhebung einer Teil- anstelle einer Vollklage kann mit ökonomischen Methoden nachvollzogen werden (Ökonomik der Teilklage).69 Forschungsansätze bietet einerseits die positive ökonomische Theorie des Rechts, die menschliches Verhalten unter dem Einfluss rechtlicher Regelungen beschreibt und prognostiziert. Die normative ökonomische Theorie des Rechts bewertet rechtliche Regelungen nach Maßgabe des ökonomischen Effizienzkriteriums. Die Ergebnisse dieser Arbeit zum prozesstaktischen Einsatz der Teilklage finden im Bereich der positiven ökonomischen Theorie des Rechts Bestätigung.70 Zunächst wird menschliches Verhalten durch Normen des Zivilprozessrechts gesteuert. Die Ressource des Rechtsschutzes vor Gerichten ist zudem knapp und hat einen Preis in Gestalt der Prozesskosten. Die finanziellen Mittel des Klägers zur Rechtsverfolgung sind begrenzt. Ein prozesstaktischer Einsatz der Teilklage ist daher unter den Prämissen der Rationalität und Nutzenmaximierung zu betrachten. Eine Grenze bilden prozessuale Sanktionen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben oder mangels Rechtsschutzbedürfnisses. Wird eine Klage abgewiesen, führt der Mitteleinsatz nicht zur Befriedigung der klägerischen Bedürfnisse. Derart „verteuerte“ Handlungsweisen wird der Kläger daher meiden. Abgesehen davon lassen sich mit der Beschränkung auf eine Teilklage im Vergleich zur Vollklage prozessuale Vorteile und damit Nutzensteigerungen erzielen. Mittels der normativen ökonomischen Theorie des Rechts kann auf der Grundlage des Effizienzkriteriums eine Aussage darüber getroffen werden, ob die Normen der Prozesskostenhilfe und der Rechtsschutzversicherung dem Begünstigten eine Teilklagelast beziehungsweise Teilklageobliegenheit aufgeben sollten.71 Damit kann menschliches Verhalten gesteuert werden: Die Erhebung einer Vollklage wird als alternative Handlungsmöglichkeit durch die Verweigerung von Kostenhilfe verteuert. Im Vergleich zur Erhebung einer Vollklage mindert eine Teilklage den Ressourcenverbrauch im Bereich des Rechtsschutzes. Überwiegend stellt sich die Teilklage als mindestens gleichwertiges prozessuales Vorgehen dar und führt damit nicht zu einer Nutzeneinbuße. Dem stehen Fälle gegenüber, in denen eine Voll- anstelle einer Teilklage unter dem Aspekt der Nutzenmaximierung vorzugswürdig ist. Zwar nicht nach dem ParetoKriterium, wohl aber nach dem Kaldor-Hicks-Kriterium bringt die Einführung einer Teilklagelast beziehungsweise Teilklageobliegenheit eine Steigerung von 69 

Oben S. 233. Oben S. 240 ff. 71  Oben S. 242 ff. 70 



Kapitel 4: Die Ökonomik der Teilklage

261

Effizienz und gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrt mit sich. Eine abschließende Bewertung kann nur mittels mathematischer und empirischer Untersuchungen erfolgen. Im Bereich der Folgenabschätzung darf der Gesetzgeber verfassungsmäßige Vorgaben des Rechtsschutzes und die Funktion des Zivilprozesses nicht außer Acht lassen.

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Sachverzeichnis Anspruch, materiellrechtlicher 23, 26–28, 32, 53, 60 Anspruch, prozessualer, siehe Streitgegenstand Antragsbindung 14, 52, 55 f., 90, 144, 147, 149, 152 ARB 102 f. – Auslegung 212–215 – deklaratorische Klausel 218–222 – Kontrollfähigkeit 215–226 – Leistungsbeschreibung 217 f. – Leitbildverstoß 214 – Mutwilligkeit 115, 211 f. – Schadensminderungsobliegenheit 114, 116, 213–215 – Teilklageobliegenheit 116 f., 213–215, 226 f., 243–247 – Transparenzgebot 214 – vorrangige Rechtsfolgenanordnung 224–226 Armenrecht 5, 106–108, 112 Aufrechnung 198–202 Ausschlussfrist 139 f. Aussetzung der Verhandlung 52, 54, 62 Bagatellstreitwert 36, 74, 76 f., 85, 88 Bagatellverfahren 85, 241 – Bindung an Verfahrensgrundsätze 188 – europäisches Zivilprozessrecht 75 f. – Eventualklagenhäufung 194 – konventionsrechtliche Beurteilung 189–194 – Nachteile durch Teilklage 191–194 – nationales Recht 74 f. – Prozesstaktik 78–81 – Statthaftigkeit bei Teilklagen 76 f. – verfassungsrechtliche Beurteilung 187 f.

Beweis – Unwägbarkeiten im Bagatellverfahren 191 f. – Verfahrenserleichterungen 74 f. – Zeugen 12 Bindung an den Antrag 14, 52, 55 f., 90, 144, 147, 149, 152 Degression der Gebührenstaffelung 53, 67, 69, 83, 123, 132, 160, 195, 203 f., 242 Dispositionsmaxime 6 f., 14 f., 21, 45, 66 f., 86 f., 112, 123, 143, 149, 152, 154 f. Effizienz 235–238 – Kaldor-Hicks-Kriterium 235 f., 247 – Pareto-Kriterium 235, 246 f. Einrede des nicht erfüllten Vertrags 195 England 16–20 – Rechtskraft 16–20 Erlass 159 f. Europäisches Zivilprozessrecht 6, 48–50 – Bagatellverfahren 75–81, 189–194 – Kernpunkttheorie 35, 49, 54, 56–61 – Mosaikbetrachtung 51, 61–63 – Prioritätsprinzip 50, 61 – Prozesskostenhilfe 97, 101 f., 105 – Rechtshängigkeit 48–50 Eventualklagenhäufung 135–137 – Ausschlussfrist 141 – Bagatellverfahren 194 – Berufungssumme 185 – Prozesskosten 137, 204 – Rechtskraft 153 – sachliche Zuständigkeit 179–181 – Verjährungshemmung 137 f. Feststellungsklage 24, 26, 29, 32, 34, 39

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Feststellungswiderklage, negative 55, 66 f., 69, 73 f., 79, 81, 84–89, 149, 242 Formularverfahren, römisches 10 Gebührendegression 53, 67, 69, 83, 123, 132, 160, 195, 203 f., 242 Gebührenstreitwert 36, 93 f., 130 f., 137 Gerichtliche Spruchkörper 177 Gesetzlicher Richter 171–175 Gestaltungsklage 24, 26, 29–32, 34, 39 Gewaltmonopol des Staates 7, 91 Handlungsfreiheit, allgemeine 7–9 Hilfsantrag, siehe Eventualklagenhäufung Instanzenzug 65, 73 f., 178, 184, 241 Interventionswirkung 161–170 – Vergleich mit Rechtskraftwirkung 163, 168–170 – Widersprechende Entscheidungen 167 f. Justizgewährungsanspruch 8, 92 f., 96, 177, 184, 188 Kernpunkttheorie 35, 49, 54, 56–61 Klagbarkeit 160 Klageerhebung – Grundlagen 119 – Teilklagen im engen Sinne 126 f. – Teilklagen im weiten Sinne 120–126 Klageerweiterung 5 f., 53, 65 f., 89, 147, 158 f. Lasten im Zivilprozess 110 f. – siehe auch Teilklagelast Leistungsklage 24, 26 f., 34, 39 Litis contestatio 10 Minderung 196 Mitverschulden 196–198 Mosaikbetrachtung 51, 61–63 Mündliche Verhandlung 74, 165, 189–191 Nachteile der Teilklage 152, 175–179, 184, 191–194, 210 Nebenintervention 161

– Interventionswirkung 161–170 Ökonomik 233 Ökonomische Analyse des Zivilprozessrechts 238 f. Ökonomische Theorie des Rechts – Effizienz 235 f. – normative 236, 242–248 – ökonomisches Verhaltensmodell 233 f. – positive 236, 240–242 – quasi-rationales Modell 236 f. – Relevanz 230–232 Pflichten im Zivilprozess 110–112 Prioritätsprinzip 50, 61 Privatautonomie 7 f. Prozessaufrechnung 198–202 Prozessfinanzierung 97 f. Prozesskosten 42 f., 53, 57, 66, 69, 89, 93–95, 104 f., 130–132, 160, 193 f., 241–243 – Erhöhung infolge Teilklage 202–204 – Eventualklagenhäufung 137, 204 Prozesskostenhilfe 96 f., 101 f., 243 – Mutwilligkeit 105–109, 112, 209–211 – Risiko der Kostendeckung 100 – Teilklagelast 112, 209–211, 243–247 Prozesskostenvorschuss im Unterhaltsrecht 98 f. Prozessökonomie 6, 8 f., 48, 57, 122, 148, 151, 162, 164, 237 Prozessrechtsverhältnis 8 f. Prozesstaktik 41, 240–242 – anwaltliche Beratung 42 f. – Bagatellverfahren 78–81 – Grenzen 43–47 – Prozesskostenrisiko 89 f. – Rechtshängigkeit 50 f. – Rechtsmittel 72–74 – sachliche Zuständigkeit 65–70 – vorläufige Vollstreckbarkeit 82–84 Prozessverbindung 8, 53, 66, 69 f. Rechtsanwalt 42 f., 93, 95 Rechtshängigkeit – Grundlagen 48–50 – Kernpunkttheorie 35, 49, 54, 56–61 – parallele Teilklagen 51–64



Sachverzeichnis

– Prozesstaktik 50 f. Rechtskraft – englisches Zivilprozessrecht 16–20 – Erweiterung durch Prozessvertrag 153–155 – Eventualklagenhäufung 153 – Grenzen 142–144 – Grundlagen 141 f. – Nachteile durch Teilklage 152 – offene Teilklagen 143–147 – Präjudizialität 144, 146 f., 149, 151 – Prozesssperre 143, 145, 147–150 – verdeckte Teilklagen 147–151 – Vergleich mit Interventionswirkung 163, 168–170 – Vergleich 37–39, 89 f., 155–157 Rechtsmissbrauch 8, 43–46, 66–68, 79, 160 – siehe auch Treu und Glaube Rechtsmittel 70 f., 241 – Ausschluss im Bagatellverfahren 187 – Erwachsenheitssumme 36, 70 f., 117, 183 f. – Instanzenzug 65, 73 f., 178, 184, 241 – Nachteile durch Teilklage 184 – Prozesstaktik 72–74 Rechtsschutzbedürfnis 46 f., 53, 57, 63, 66–68, 72, 83, 240 Rechtsschutzgleichheit 92, 96 f., 209, 243 Rechtsschutzversicherung 99–103, 243 – Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, siehe ARB – Mutwilligkeit 114 f. – Risiko der Kostendeckung 100 – Schadensminderungsobliegenheit 113–116, 213–215 – Teilklageobliegenheit 116 f., 213–215, 226 f., 243–247 Rechtsstaatsprinzip 8, 92, 171 Res judicata 16–20 Restklage 18–20, 159 f., 203, 210, 242 Schweiz 15 Streitgegenstand 22 f., 31–35, 38, 48, 55 f., 122, 143, 174 f., 197 Streitverkündung 162 – siehe auch Interventionswirkung Streitwert 36–39

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– Bagatellstreitwert 36, 74, 76 f., 85, 88 – Gebührenstreitwert 36, 93 f., 130 f., 137 – Verurteilungsstreitwert 36, 81 f. – Zuständigkeitsstreitwert 36, 64, 85, 88, 158, 174 f., 179–181 Stufenklage – Grundlagen 128 f. – Prozesskosten 130–132 – Relevanz der Teilklage 129, 132 Teilbarkeit 26–31 Teilklage – als Ausdruck der Dispositionsmaxime 6–9 – Auswirkung auf Anspruchsrest 159 f. – Chancen 41–90 – im engen Sinne 23, 126 f. – im englischen Zivilprozessrecht 16–20 – im römischen Zivilprozessrecht 10 f. – im weiten Sinne 23, 120–126 – in der CPO 11–13 – individualisierte, nicht individualisierte 25, 38, 52, 56, 126 f., 184, 199 – Nachteile 152, 175–179, 184, 191–194, 210 – offene 24, 52 f., 69, 77, 126, 133, 140, 143–147, 156, 242 – parallele Teilklagen 50–64, 66, 69, 240 f. – Prozesstaktik 50 f., 65–70, 72–74, 78–84, 89 f. – Risiken 91–227 – Schweiz 15 f. – Verbot 16, 18, 20 – verdeckte 24, 69, 77, 84–87, 126, 133, 140, 147–151, 156, 159, 242 – Ziele 43, 104, 123, siehe auch Prozesstaktik – Zulässigkeit 5–22 Teilklagelast 112, 209–211, 243–247 Teilklageobliegenheit 116 f., 213–215, 226 f., 243–247 Treu und Glaube 43–47, 63, 65, 67, 72, 84, 87 f., 241 Umgehung von Wertgrenzen 12 f., 73, 83, 88

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Sachverzeichnis

Verbindung von Verfahren 8, 53, 66, 69 f. Verbot der Teilklage 16, 18, 20 Verhaltensanforderungen im Prozess, siehe Lasten im Zivilprozess, Pflichten im Zivilprozess Verjährungshemmung 133 f. – Erweiterung 135–138 – Eventualklagenhäufung 137 f. Verjährungsverzicht 138 Vertragliche Bindung an Entscheidung über Teilklage, siehe Rechtskraft – Vergleich Verurteilungsstreitwert 36, 81 f. Verwirkung 160 Verzicht 159 Vollklage 23, 37, 63, 67, 245 f. Vollstreckbarkeit, vorläufige 82, 241 – Prozesstaktik 82–84 Waffengleichheit 85–87, 149 Wertgrenzen, Umgehung 12 f., 73, 83, 88

Widersprechende Entscheidungen 21, 48 f., 57, 62, 152, 162, 164, 167 f. Zeugen 12 Zurückbehaltungsrecht 196 Zuständigkeit, sachliche 12 f., 45 f., 64, 158, 241 – Eventualklagenhäufung 179–181 – Nachteile durch Teilklage 175–179 – Prozesstaktik 65–70 – Recht auf den gesetzlichen Richter 171–175 – Zuständigkeitsvereinbarung 182 – Zweck der Zuständigkeitsaufteilung 64, 176 Zuständigkeitsstreitwert 36, 64, 85, 88, 158, 174 f., 179–181 Zuständigkeitsvereinbarung 182 Zweck im Zivilprozess 45 f., 63, 67 f., 73, 79 f., 83, 87 f., 95, 154