Die Stellung Der Landesparlamente Aus Deutscher, Osterreichischer Und Spanischer Sicht: Vortrage Der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1995 ... Zum Europaischen Recht, 33) (German Edition) 3428090357, 9783428090358


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German Pages 146 [147] Year 1997

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Die Stellung Der Landesparlamente Aus Deutscher, Osterreichischer Und Spanischer Sicht: Vortrage Der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1995 ... Zum Europaischen Recht, 33) (German Edition)
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Die Stellung der Landesparlamente aus deutscher, österreichischer und spanischer Sicht

Schriften zum Europäischen Recht lIerausgegeben von

Siegfried Magiera und Detlef Merten

Band 33

Die Stellung der Landesparlamente aus deutscher, österreichischer und spanischer Sicht Vorträge der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1995 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

I1erausgegeben von

Detlef Merten

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Die Stellung der Landesparlamente aus deutscher, österreichischer und spanischer Sicht : Vorträge der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1995 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer / hrsg. von Detlef Merten. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum europäischen Recht; Bd. 33) ISBN 3-428-09035-7 NE: Merten, Detlef [Hrsg.] ; GT

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-09035-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @

Vorwort

Auf der Verlustliste einer fortschreitenden Vereinigung Europas stehen die Landesparlamente an oberster Stelle. Gehen mit der Übertragung nationaler Hoheitsrechte Gesetzgebungskompetenzen der Länder (oder vergleichbarer Untergliederungen) auf die Europäische Union über, so beschränkt sich die europarechtliche Kompensation auf eine Mitwirkungsbefugnis der Mitgliedstaaten. Ein darüber hinausgehender innerstaatlicher Ausgleich begünstigt in der Regel die Landesregierungen, nicht die Landesparlamente, wodurch sich die Entwicklung der Bundesstaatlichkeit zu einem Exekutivföderalismus verstärkt. In dieser Situation sollte ein Symposion über "Die Stellung der Landesparlamente aus deutscher, österreichischer und spanischer Sicht", das als Verwaltungswissenschaftliche Arbeitstagung des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer durchgeführt wurde, der Bestandsaufnahme und dem Ausblick dienen. Zu dieser Veranstaltung, die in der Zeit vom 26. bis 27. Oktober 1995 unter der wissenschaftlichen Leitung des Herausgebers durchgeführt wurde, trafen sich Wissenschaftler und Praktiker aus Deutschland, Österreich und Spanien, um Erfahrungen aus Staaten mit föderalistischer Gliederung auszutauschen. In Fortsetzung einer Reihe deutsch-österreichisch-spanischer Konferenzen wurde von deutscher Seite an das Speyerer Sonderseminar vom März 1990 über "Föderalismus und Europäische Gemeinschaften unter besonderer Berücksichtigung von Umwelt und Gesundheit, Kultur und Bildung"! angeknüpft, das bereits das Thema "Landesparlamentarismus im Prozeß der europäischen Einigung,,2 in die Diskussion einbezogen hatte. Stand bei der Vorgänger-Tagung Österreich noch vor den Toren der Europäischen Gemeinschaft(en), so kann es nunmehr seine erste Rats-Präsidentschaft vorbereiten; zeichnete sich 1990 der richtige Weg zur deutschen Wiedervereinigung erst in Umrissen ab, so ist heute schon darauf zu achten, daß die ,jungen" und nicht mehr "neuen" Länder von der Brüsseler Bürokratie im Vergleich zu anderen Regionen nicht benachteiligt werden; stand früher die "Vertiefung" des europäischen Staatenverbundes oft einseitig im Vordergrund, so geht es jetzt stärker um dessen "Erweiterung", die für Deutschland nicht nur durch Art. 23 Abs. 1 GG n.F. vorgegeben, sondern auch aus geopolitischen Gründen wünschenswert ist.

I

2

Veröffentlicht als Band 2 der "Schriften zum Europäischen Recht", 1990; 2. Aufl. 1993. So der Titel des Referats von Heinz Peter Valkert, a. a. 0., S. 251 ff.

6

Vorwort

Die Referate der Tagung werden im folgenden, teils mit einer Zusammenfassung in deutscher Sprache, abgedruckt. Speyer, im Januar 1997

Detlef Merten

Inhaltsverzeichnis Willi Blümel

Begrüßung .......................................................................

11

Herbert Schambeck

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

15

Georg-Bemdt Oschatz

Verfassungsrechtliche Grenzen der Weiterentwicklung Europas ............

33

Erich lltgen

Bundesstaatliche Ordnung und Europäische Union aus der Sicht der (neuen) deutschen Landtage .................................................... 45 Walter Rudolf

Die Bedeutung der Landesparlamente in Deutschland .......................

55

Wolfgang Dax

Die Bedeutung der Landesparlamente in Österreich .........................

71

Antoni Monreal Ferrer

Los parlamentos de las comunidades autonomas en el sistema constitucional espafiol .......................................................................

91

Zusammenfassung in deutscher Sprache von Clemens Kurzidem ........... 100 Heinz Schäffer

Information und Entscheidungsabstimmung zwischen Landesparlament und Landesregierung. Das österreichische Beispiel .......................... 105 Joan Vintro

Las relaciones entre e1 Parlamento y e1 Gobierno en e1 ambito de las Comunidades Autonomas ...................................................... 131 Zusammenfassung in deutscher Sprache von Clemens Kurzidem ........... 141

Verzeichnis der Referenten Univ.-Prof. Dr. Willi Blümel Präsident des Burgenländischen Landtags Dr. Wolfgang Dax Univ.-Prof. Dr. Antoni Monreal Ferrer Präsident des Landtags des Freistaats Sachsen Erlch lltgen Direktor des Bundesrates Georg-Bemdt Oschatz Staatssekretär a. D. Univ.-Prof. Dr. Walter Rudolf o. Univ.-Prof. Dr. Heinz Schäffer Vizepräsident des Bundesrates o. Univ.-Prof. Dr. Herbert Schambeck Univ.-Prof. Dr. Joan Vintr6

Begrüßung durch den Geschäftsführenden Direktor des Forschungsinstituts für .öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Universitätsprofessor Dr. Willi Blümel

Herr Präsident Dr. Schambeck, Herr Landtagspräsident Dr. Dax, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1995 über "Die Stellung der Landesparlamente aus deutscher, österreichiseher und spanischer Sicht" darf ich Sie alle im Namen des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer sehr herzlich begrüßen. Unter den vom Forschungsinstitut seit 1977 jeweils im Herbst durchgeführten Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagungen nimmt die heute beginnende Veranstaltung einen besonderen Rang ein. Sie ist nicht nur gekennzeichnet durch die Aktualität des Themas, sondern auch und vor allem durch die Prominenz der Vortragenden und Teilnehmer. Einige von ihnen werden allerdings erst im Laufe des Tages oder morgen eintreffen. Dies ist wie so oft bei uns eine internationale Tagung. Mein besonderer Gruß gilt daher den Referenten und Teilnehmern aus Spanien und aus Österreich. Daß ich Sie nicht alle namentlich nennen kann, zeigt schon ein Blick in die Thnen vorliegende Teilnehmerliste. Deshalb möchte ich nur einige wenige persönliche Begrüßungsworte anfügen. Stellvertretend für alle ausländischen Teilnehmer begrüße ich heute morgen den Vizepräsidenten des österreichischen Bundesrates, Herrn Kollegen Dr. Schambeck, sowie den Präsidenten des Burgenländischen Landtages, Herrn Dr. Dax. Von den deutschen Teilnehmern begrüße ich besonders den Präsidenten des Verfassungs gerichtshofes und Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, Herrn Piwowar$ky, sowie Herrn Kollegen Rudolf, den Landesbeauftragten für den Datenschutz Rheinland-Pfalz. Herr Kollege Rudolf ist Anfang Oktober auf der Staatsrechtslehrertagung in Wien zum neuen Vorsitzenden der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer gewählt worden. Nochmals herzlichen Glückwunsch! Schließlich möchte ich auch alle übrigen Referenten und Diskussionsleiter herzlich begrüßen. Ich danke ihnen schon jetzt für die Übernahme der interessanten Referate. Ich freue mich sehr, daß in geringer Abweichung vom ausgedruckten Programm der kleine Empfang heute abend von der Landesregierung Rheinland-Pfalz, vertre-

Begrüßung

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ten durch Herrn Dr. Hofe, den Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Staatsministerium der Justiz, gegeben wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich müßte ich in meiner Begrüßung auch etwas über das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung sagen, unter dessen Dach diese Verwaltungswissenschaftliche Arbeitstagung stattfindet. Denn manche von TImen kennen uns noch nicht. Aus Zeitgründen muß ich jedoch darauf verzichten, längere Ausführungen über Aufgaben und Struktur des Forschungsinstituts und über sein Verhältnis zur Hochschule Speyer zu machen. Nähere Einzelheiten können Sie aus den in der Tagungsmappe befindlichen Unterlagen entnehmen. Wir betreiben am Forschungsinstitut Forschung über und für die öffentliche Verwaltung. Wichtige Bestandteile des Forschungsprozesses sind neben den laufenden Forschungsprojekten vor allem die verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagungen, Forschungsseminare und Kolloquien, zu denen sich - wie bei dieser Tagung - Praktiker und Wissenschaftler in Speyer zusammenfinden. Die Spannweite unserer Aktivitäten dokumentieren auch die Ihnen vorliegenden Veröffentlichungslisten sowie der ausgelegte Arbeitsplan 1996 (nebst Forschungsprogramm 1996 - 2000). Das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung - eine nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigenen Organen unter der Aufsicht der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz - ist als überregional bedeutsame Forschungseinrichtung anerkannt und wurde 1976 in die Ausführungsvereinbarung zu der Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Art. 91 b GG aufgenommen. Als Einrichtung der sogen. Wissenschaftsgemeinschaft Blaue Liste wird das Forschungsinstitut daher - anders als die Hochschule Speyer - je zur Hälfte vom Bund und von allen 16 Ländern finanziert. Die Einnahmen und Ausgaben des Forschungsinstituts - unser Etat hat (ohne Drittmittel) ein Volumen von ca. 3,5 Millionen DM - sind in einem selbständigen Kapitel des Haushaltsplanes des Landes Rheinland-Pfalz - Einzelplan Ministerpräsident und Staatskanzlei - veranschlagt. Das außerordentlich interessante und aktuelle Tagungsthema "Stellung der Landesparlamente" beschäftigt mich derzeit unter einem Aspekt, der auf dieser Tagung wahrscheinlich nicht angesprochen wird: ich meine damit die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände auf Bundes- und Landesebene in den Fällen, in denen die Bundesregierung dem Bundestag und dem Bundesrat (Art. 23 Abs. 2 - 7 GG) oder eine Landesregierung dem jeweiligen Landtag in Angelegenheiten der Europäischen Union Gelegenheit zur Stellungnahme usw. gibt. Das Thema ist kürzlich im Zusammenhang mit der Änderung der Verfassung des Landes BadenWürttemberg 1 virulent geworden. Durch dieses Gesetz wurde ein neuer - problematischer - Art. 34 a in die Landesverfassung eingefügt. Er sieht u. a. die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags bei allen Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union vor, die für das Land von herausragender politischer Bedeutung 1

Durch das Gesetz vom 25.2. 1995 (GBI. S. 269).

Begrüßung

13

sind und wesentliche Interessen des Landes unmittelbar oder die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder wesentlich berühren. Der verfassungsändernde Gesetzgeber lehnte jedoch alle Anträge ab, die darauf zielten, Art. 34 ader Landesverfassung um ein kommunales Anhörungsrecht bei Vorhaben der Europäischen Union zu ergänzen, welche die kommunale Selbstverwaltung berühren 2 . Mir ist natürlich klar, daß das von den kommunalen Spitzenverbänden geforderte Beteiligungsrecht in Angelegenheiten der Europäischen Union problematisch ist, nicht zuletzt mit Blick auf den großen zeitlichen Druck bei den Entscheidungsverfahren auf Bundes- und europäischer Ebene 3 . Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden ohne einige Worte des Dankes an Herrn Kollegen Merten, den wissenschaftlichen Leiter dieser anspruchsvollen Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung. Für Herrn Kollegen Merten dürfte die Tagung zugleich Höhepunkt und Abschluß seines - sagen wir - "ÖsterreichJahres" sein. Ich darf daran erinnern, daß Herr Kollege Merten erst vor wenigen Tagen - am 5. 10. 1995 - in Wien auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer einen glanzvollen Vortrag über "Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat" gehalten hat. Trotz der damit verbundenen zeitlichen Beanspruchung ist es Herrn Kollegen Merten gelungen, auch diese Tagung entsprechend vorzubereiten und einen hochkarätigen Kreis von Vortragenden zu gewinnen. Dafür gebührt Ihnen, lieber Herr Merten, schon jetzt unser aller Dank. Ich darf damit die Verwaltungswissenschaftliche Arbeitstagung 1995 des Forschungsinstituts eröffnen und wünsche ihr einen guten Verlauf.

2 Vgl. dazu näher Engelken, Änderung der Landesverfassung unter der Großen Koalition, VBlBW 1995, S. 217 ff. - 219,221,222 ff. 3 Begründung des Gesetzentwurfs vom 25. 1. 1995, LT-Drucks. 11 /5326, S. 7.

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich Von Herbert Schambeck Föderalismus! und Parlamentarismus 2 in einem Staat zu betrachten, verlangt die Beziehung zwischen einer bestimmten Form des Aufbaues eines Landes und dessen staatlicher Willensbildung herzustellen. Beide stehen in einem wechselseitigen Zusammenhang. Der Föderalismus stellt in seiner staatsrechtlichen Form die Verbindung eines Gemeinwesens zu einem staatlichen Ganzen und eine Ausführung des Subsidiaritätsprinzips dar; er gibt als solches auf verschiedenen Ebenen Möglichkeiten zum öffentlichen Leben und damit auch zur Demokratie. Der Parlamentarismus eröffnet dieser Demokratie den Weg zur Gesetzgebung und zur Kontrolle im Staat. Der Föderalismus artikuliert die Politik auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene. Staatscharakter haben aber nur der Bund und die Länder3 ; eine Gemeinde als Stadt nur, wenn sie, wie in Österreich die Bundeshauptstadt Wien4 , auch die Stellung eines Bundeslandes hat. Das Bundesland hat in einem Föderalsystem eine Mittlerfunktion. Es verbindet das Land mit der Gemeinde dadurch, daß das Land wie die Gemeinde territorialer Selbstverwaltungskörper5 ist und es verbindet das Land mit dem Bund, daß das Land6 wie der Bund Staatscharakter hat. 1 Beachte Peter Pemthaler, Zum Begriff von Föderalismus und Bundesstaat in Österreich, in: Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich, hrsg. von Herbert Schambeck, 1992, S. 35 ff. 2 Siehe Helmut Widder, Parlamentarische Strukturen im politischen System, Zu Grundlagen und Grundfragen des österreichischen Regierungssystems, 1979 und Herbert Schambeck, Vom Sinn und Zweck des Parlamentarismus, in: Österreichs Parlamentarismus, Werden und System, hrsg. von demselben, 1986, S. 1 ff. 3 Dazu Karl Weber, Kriterien des Bundesstaates - Eine systematische, historische und rechtsvergleichende Untersuchung der Bundesstaatlichkeit der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Österreich, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 18, 1980, S. 65 ff. sowie Herbert Schambeck, Föderalismus und Regionalismus in Österreich Landesbericht Österreich, in: Föderalismus und Regionalismus in Europa, hrsg. von Fritz Ossenbühl, 1990, S. 66 ff. 4 Art. 108 ff. B-VG. 5 Vgl. Adolf Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1927, Neudruck 1969, S. 355 ff. und Ludwig K. Adamovich - Bemd Christian Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 1987, S. 341 ff. und 346 ff. 6 Siehe Wolfgang Pesendorfer, Der Landeshauptmann, Forschungen aus Staat und Recht 72, 1986, S. 30 ff.

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Herbert Schambeck

Jeder Föderalstaat hat seine eigene Entwicklung genommen und damit auch dessen Parlamentarismus. Diese mehr allgemeine Feststellung gilt im besonderen auch für Österreich7 •

I. In Österreich hat der Föderalismus seine staatsrechtliche Form in der Bundesstaatlichkeit gefunden, welche das Bundes-Verfassungsgesetz 1920 normiert;8 Föderalismus und Parlamentarismus haben im Hinblick auf das Bundes-Verfassungsgesetz gemeinsam, daß sie beide in demselben Verfassungsgesetz expressis verbis nicht Erwähnung finden. Das Wort Parlament kommt im Bundes-Verfassungsgesetz überhaupt nicht vor; Parlament ist nur eine Gebäudebezeichnung, aber kein Rechtsbegriff. 9

Bezieht man aber den Begriff Parlament auf den Ort der Gesetzgebung, dann kennt Österreich zehn Parlamente, nämlich neun Parlamente der Länder, die nach dem Einkammersystem organisiert sind, und ein Parlament des Bundes, welches aus zwei Kammern besteht, nämlich dem Nationalrat, der Volksvertretung lO, die mit einer normalen Legislaturperiode von vier Jahren nach dem Proportionalwahlsystem gewählt wird, und dem Bundesrat, der LändervertretunglI, deren Mitglieder, anders als in Deutschland 12, nicht Regierungsvertreter mit gebundenem Mandat, sondern Parlamentarier mit freiem Mandat sind, die nach der jeweiligen Landtagswahl nach der Stärke der jeweiligen Partei im Landtag in den Bundesrat entsendet werden; die Länderrepräsentanz im Bundesrat Österreichs erfolgt nach dem Parteienproporz im Landtag!l3 Die Bundesräte sitzen daher in Wien nicht nach Ländern, sondern nach parteipolitischen Fraktionen im Bundesratssitzungssaal. Die politischen Parteien bestimmen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene das öffentliche Leben. Repräsentanten der politischen Parteien haben als LänderNäher Karl Weber, Kriterien des Bundesstaates. Hiezu Ludwig K. Adamovich - Bernd Christian Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1985, S. 122 ff. und Robert Walter - Heinz Mayer, Grundriß des österreichisches Bundesverfassungsrechts, 8. Aufl., 1996, S. 69 ff. und 301 ff. 9 So bereits Schambeck, Vom Sinn und Zweck des Parlamentarismus, S. 8 und Werner Zögernitz, Das parlamentarische Verfahren ab 1920, in: Parlamentarismus und öffentliches Recht in Österreich, Entwicklung und Gegenwartsprobleme, 1. Teilband, hrsg. von Herbert Schambeck, 1993, S. 236. 10 Art. 24 ff. B-VG; dazu Helmut Widder, Der Nationalrat, in: Österreichs Parlamentarismus, S. 261 ff. und Walter-Mayer, a. a. O. S. 136 ff. 11 Art. 34 ff. B-VG; dazu lrmgard Kathrein, Der Bundesrat, in: Österreichs Parlamentarismus, S. 337 ff. und Walter - Mayer, a. a. O. S. 171 ff. 12 Art. 51 GG; siehe dazu Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, 1980, S. 111 ff. und Vierzig Jahre Bundesrat, hrsg. vom Bundesrat, 1989. 13 Art. 35 B-VG. 7

8

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

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vertreter nach Beendigung des 1. Weltkrieges 1918 die Republik Österreich errichtet 14 und nach Beendigung des 2. Weltkrieges 1945 diese Republik wiedererrichtet. 15 Sie haben auch das österreichische B-VG geprägt; dabei gilt es hervorzuheben, daß diese politischen Parteien gleich den Interessenverbänden im B-VG überhaupt nicht eigens erwähnt, ihre Rechtsstellung, Aufgaben und Pflichten daher nicht näher ausgeführt werden. 16 Wie der Schöpfer des Entwurfes zum B-VG Hans Kelsen mir selbst am Karfreitag 1967 in Berkeley sagte, hatte er bei der Verfassungswerdung Österreichs die politischen Parteien und Interessenverbände vorausgesetzt, ohne auf sie rechtlich näher einzugehen. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Interessenverbände sind, soweit sie juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Pflichtmitgliedschaft, also Kammern sind, die Kompetenzbestimmungen des B-VG 17 , soweit sie aber sogenannte freie Interessenverbände mit freiwilliger Mitgliedschaft sind, ist Rechtsgrundlage das Grundrecht der Vereinsfreiheit, welches im Art.12 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte aus dem Jahre 1867 (RGBl.Nr. 142) verankert ist. 18 Die politischen Parteien haben ihre eigene verfassungsrechtliche Grundlage erst im Bundesgesetz vom 2. Juli 1975, BGBl.Nr. 404, über die Aufgaben, Finanzierung und Wahl werbung politischer Parteien erhalten. Dieses sogenannte Parteiengesetz ist ein einfaches Bundesgesetz, das in § 1 eine Verfassungsbestimmung enthält. In diesem wird die Existenz und Vielfalt politischer Parteien als wesentlicher Bestandteil der demokratischen Ordnung der Republik Österreich bezeichnet, ihre Rechtspersönlichkeit von der Hinterlegung der Satzung beim Bundesministerium für Inneres abhängig gemacht und in demonstrativer Enyähnung von den Aufgaben der politischen Parteien nur ihre Mitwirkung an der politischen Willensbildung genannt. Ein Hinweis auf die Bedeutung der politschen Parteien für den Föderalismus in Österreich findet sich nicht.

14 Dazu Hans Kelsen, Österreichisches Staatsrecht. Ein Grundriß entwicklungsgeschichtlich dargestellt, 1923, S. 74 ff. IS Siehe Ernst C. Hellbling, Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, 2. Aufl., 1974, S. 463 ff.; Länderkonferenzen 1945, Dokumente und Materialien, 1995, darin besonders Klaus-Dieter Mulley, Staatsgründung 1945 - Bemerkungen zur personellen und föderalen Rekonstruktion der Republik Österreich im Ja1rre 1945, S. 11 ff. und Herbert Schambeck, Festrede, gehalten in der Festsitzung des Nationalrates und des Bundesrates am 27. April 1985 im Reichsratssitzungssaal 'des Parlaments in Wien aus Anlaß des 40. Ja1rrestages der Gründung der Zweiten Republik, in: 40. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik, 1985, S. 6 ff. 16 Hiezu Herbert Schambeck, Politische Parteien und österreichische Staatsrechtsordnung, in: Staatsrecht in Theorie und Praxis, Festschrift Robert Walter zum 60. Geburtstag, hrsg. von Heinz Mayer u. a., 1991, S. 603 ff. 17 Art. 10 ff. B-VG. 18 Näher Herbert Schambeck, Interessenvertretul]g und Vereinsfreiheit, in: Dimensionen des Rechts, Gedächtnisschrift für Rene Marcic, Band 1, hrsg. von Michael Fischer u. a., 1974, S. 647 ff.

2 Merlen

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Herbert Schambeck

Trotz dieses Stillschweigens des österreichischen Staatsrechts zur Beziehung von politischen Parteien und Föderalismus ist Österreich als ein Parteienbundesstaat 19 zu bezeichnen. Der Föderalismus gibt die Bereiche an, in welchen im Hinblick auf das jeweilige Aufgabengebiet auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene die politischen Parteien ihre Aufgaben zu erfüllen sowie sich bewährt haben, gewählt aber auch abgewählt zu werden. Wie der Bundesstaat in Österreich ein Parteienbundesstaat wurde, ist auch der Bundesrat ein Parteienbundesrat geworden und das deshalb, weil alle Mandatare des Bundesrates zum überwiegenden Teil oder sogar ausschließlich Mitglieder, wenn nicht gar Funktionäre politischer Parteien sind. Diese Parteien geben nahezu durchgängig und durchlässig auf allen Ebenen des österreichischen Bundesstaates den Ton an. Die Wahl der Bundesräte erfolgt über Vorschlag der Parteien. Der Bundesrat hat aber im Gegensatz zum Nationalrat nicht den Zweck der Parteien-, sondern der Ländervertretung ! Im Aufbau des Bundes-Verfassungsgesetzes kann man zwar erkennen, daß Gemeinden, Länder und der Bund Realfaktoren des österreichischen Staatsaufbaues sind, aber die Stockwerke dieses Staatsaufbaues werden von Personalfaktoren, nämlich von Verbänden, besonders den politischen Parteien, bestimmt. Diese bestimmen auch den österreichischen Parlamentarismus und zwar sowohl auf Landes- wie auf Bundesebene.

11. Der österreichische Parlamentarismus ist auf gesamtstaatlicher Ebene von keinem umfassenden Begriff gekennzeichnet. War noch in der Zeit vor 1918 in der konstitutionellen Monarchie in der Bezeichnung des Reichsrates, der beide Häuser des damaligen Parlaments, nämlich das Herrenhaus und das Abgeordnetenhaus umfaßte, ein solch umfassender Begriff gegeben, fehlt ein solcher Begriff in der Verfassung der Republik. Art. 24 B-VG erklärt schlicht: "Die Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus." Während die Abgeordneten des Nationalrates vom Volk direkt gewählt werden, erfolgt die Entsendung der Parlamentarier im Bundesrat, wie schon erwähnt, durch die Nominierung von Seiten des jeweiligen Landtages. Nach Art. 34 B-VG sind im Bundesrat die Länder im Verhältnis zur Bürgerzahl vertreten. Das Land mit der größten Bürgerzahl entsendet zwölf, jedes andere Land so viele Mitglieder, als dem Verhältnis seiner Bürgerzahl zur erstangeführten Bürgerzahl entspricht, wobei Reste über die Hälfte der Verhältniszahl als voll gelten. Jedem Land gebührt jedoch eine Vertretung von wenigstens drei Mitgliedern. Für 19 Dazu Schambeck, Föderalismus und Regionalismus in Europa, Landesbericht Österreich, S. 95 ff.

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

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jedes Mitglied wird ein Ersatzmann bestellt. Die Zahl der demnach von jedem Land zu entsendenden Mitglieder wird vom Bundespräsidenten nach jeder allgemeinen Volkszählung festgesetzt. Der zweitstärksten Partei im Landtag muß wenigstens ein Mandat in der Vertretung des Landes im Bundesrat zufallen. Der Parlamentarismus in Österreich läßt in allen Bereichen die Entwicklung des Wählerwillens erkennen: auf der Ebene der Länder in der Zusammensetzung der Landtage: in der Regel alle fünf Jahre, nur in Oberösterreich alle sechs Jahre, im Nationalrat in der Regel alle vier Jahre und laufend im Bundesrat. Laufend deshalb, weil der Bundesrat ja keine eigene Legislaturperiode mit Totalerneuerung, sondern in zeitlichen Abständen hat. Ihn eignet also eine Partialerneuerung nach der jeweiligen Wahl des einzelnen Landtages, wobei diese Landtage nicht alle gleichzeitig wählen, sondern im Gegenteil zu verschiedenen Zeiten. Auf diese Weise ist geradezu seismographisch in laufenden unregelmäßigen Abständen der jeweilige Wählerwille in den Landtagswahlergebnissen erkennbar, und es kann eine Partei im Nationalrat die Mehrheit haben, welche ihr im Bundesrat fehlt. Dekkungsgleiche parteipolitische Mehrheiten im Nationalrat und Bundesrat sind daher bei der Lebendigkeit der Demokratie in Österreich selten. So hat derzeit die SPÖ seit 1970 die Mehrheit im Nationalrat, welche von 1971 bis 1983 eine absolute war, die ihr im Bundesrat seit 1973 fehlt, wo die ÖVP die Mehrheit hat, welche in den Jahren 1982 bis 1988 eine absolute war. Rechnet man noch die Wahlen des Bundespräsidenten und die der Gemeinderäte hinzu, zeigt sich vermehrt die Unterschiedlichkeit des österreichischen Wählerverhaltens. Hier spielt auch die Persönlichkeit des jeweiligen Spitzenkandidaten bei Gemeinderats-, Landtags- und Nationalratswahlen ebenso eine Rolle wie bei der Volkswahl zum Bundespräsidenten. So stellt die SPÖ zur Zeit auf Grund ihrer derzeitigen relativen Nationalratsmehrheit den Präsidenten des Nationalrates, den Bundeskanzler sowie zwei Landeshauptleute, nämlich die von Burgenland und Wien, während die ÖVP die übrigen sieben Landeshauptleute und sieben erste Landtagspräsidenten stellt. Dabei sei nicht unerwähnt, daß auf Grund von Parteienvereinbarungen im Burgenland die ÖVP in der Person des heute auch anwesenden Herrn Dr. WOLFGANG DAX den Landtagspräsidenten stellt und die SPÖ mit ihrer relativen Mehrheit den Landeshauptmann und umgekehrt die ÖVP in Kärnten den Landeshauptmann und die SPÖ den Landtagspräsidenten. Was die Präsidentschaft im Bundesrat betrifft, so wechselt diese jedes Halbjahr von einem Bundesland zum anderen in alphabetischer Reihenfolge der Bundesländer, wobei der jeweilige Erstgereihte der Mehrheitspartei im Landtag des jeweiligen Bundeslandes diese Präsidentschaft ausübt. 2o Auf Grund dieser Regelung stellt derzeit die ÖVP sechs Bundesratspräsidenten gegenüber drei von der SPÖ, welche aus Burgenland, Kärnten und Wien kommen, wo sie derzeit Mehrheiten haben.

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2*

Art. 36 (2) B-VG.

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Herbert Schambeck

Für Kontinuität im Bundesratspräsidium sorgen die Vizepräsidenten des Bundesrates, welche zwar ebenfalls alle sechs Monate wiedergewählt werden müssen,21 aber mit der Person des Fraktionsobmanns der beiden stärksten Parteien im Bundesrat, das sind derzeit ÖVP mit 26 und SPÖ mit 25 Mandaten, ident sind. Dritte Partei im Bundesrat ist derzeit mit 13 Sitzen die FPÖ.

In diesem unterschiedlichen Kräftefeld von Nationalrat und Bundesrat erweist sich der Föderalismus als eine Form der Gewaltenteilung. 22 Wie stark diese Gewaltenteilung ist, hängt von der Bedeutung des Föderalismus im Verfassungsgefüge im allgemeinen und in dem des Parlamentarismus im besonderen ab. Wie schon erwähnt, findet der Föderalismus keine ausdrückliche Erwähnung im Text des Bundes-Verfassungsgesetzes, wohl aber die Bundesstaatlichkeit im Art. 2, der lautet: "Österreich ist ein Bundesstaat. Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern." Dann werden in alphabetischer Reihenfolge alle neun Bundesländer genannt.

III. Betrachtet man den Text des Bundes-Verfassungs gesetzes, kann festgestellt werden, daß nur jene Verfassungsgrundsätze, die nach Ausrufung der Republik Österreich 1918 neu in das österreichische Verfassungsrecht aufgenommen wurden, expressis verbis angegeben werden 23 ; das ist die Staatsform der demokratischen Republik in Art. 1 B_VG,24 weil Österreich vor 1918 eine konstitutionelle Monarchie war, und die Bundesstaatlichkeit in Art. 2 B-VG,25 da Österreich in seiner Zeit der Monarchie zum Unterschied vom Deutschen Reich ein dezentralisierter Einheitsstaat war?6

21 Siehe Bundesrat-Geschäftsordnung 1988 mit Anmerkungen, hrsg. von Konrad Atzwanger und Werner Zögernitz, 1989, S. 85 und Art. 36 B-VG. 22 Näher Herbert Schambeck, Föderalismus und Gewaltenteilung, in: Menschenwürde und freiheitliche Rechtsordnung, Festschrift für Willi Geiger zum 65. Geburtstag, hrsg. von Gerhard Leibholz u. a., 1974, S. 643 ff. sowie Karl Korinek, Von der Aktualität der Gewaltenteilungslehre, Journal für Rechtspolitik 1995, S. 151 ff. 23 Dazu Herbert Schambeck, Möglichkeiten und Grenzen der Verfassungsinterpretation in Österreich, Juristische Blätter 1980, S. 225 ff. 24 Ausführlich Herbert Schambeck, Die Demokratie, in: Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung, hrsg. von demselben, 1980, S. 149 ff. 25 Siehe Herbert Schambeck, Zum Föderalismus in der Republik Österreich, in: 30 Jahre Grundgesetz, hrsg. von Detlef Merten und Rudolf Morsey, 1979, S. 55 ff. und Peter Pemthaler und Fried Esterbauer, Der Föderalismus, in: Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung, S. 325 ff. 26 Beachte Kelsen, a. a. O. S. 22 ff. und Hellbling, a. a. O. S. 374 ff.

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

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Da Österreich schon vor 1918 ein Rechtsstaat war und Grundrechte hatte?? finden diese B"egriffe keine Verwendung im Text des B-VG 1920. Selbst die Demokratie findet keine haupt- sondern in Art. 1 B-VG nur eine eigenschaftswörtliche Verwendung,28 war doch Österreich seit der Dezemberverfassung 1867 mit ihren fünf Staatsgrundgesetzen schon ein demokratischer Rechtsstaat, dessen Grundrechte auf Grund der Rezeption in Art. 149 B-VG heute noch im österreichischen Staatsrecht gelten. Neben dem Wechsel der Staatsform und des Staatsaufbaues waren die Länder Österreichs der Ausdruck geopolitischer Kontinuität in der Entwicklung Österreichs: es sind nämlich aus den Kronländern der Monarchie die Länder Österreichs geworden. 29 Auf diesem Weg Österreichs sei nicht übersehen, daß nicht alle politischen Parteien Österreichs, und die sind immer tonangebend für die österreichische Verfassungsentwicklung gewesen, die gleichen Föderalismusvorstellungen hatten?O Die Sozialisten hatten nach Ausrufung der Republik nicht föderalistische, sondern unitaristische Tendenzen vertreten, und es ist bemerkenswert, daß die SPÖ erst 1958 in ihrem Partei programm das Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit Österreichs aufgenommen hat. 31 Bis zur Stunde sind in Österreich die Sozialdemokraten mehr unitaristisch und zentralistisch eingestellt. Das zeigte sich ganz deutlich 1994, als die Erfüllung des Föderalismusprogramms zur Verbesserung der österreichischen Bundesstaatlichkeit, welches anläßlich der Vorbereitung der EU-Mitgliedschaft Österreichs Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky im sogenannten Perchtolsdorfer Abkommen 199232 den österreichischen Ländervertretern versprochen hatte, verhindert wurde. 33 Aus der Entstehung der Republik Österreich sei auch nicht über-

27 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger vom 21. Dezember 1867, RGBI. Nr. 142. 28 Näher Schambeck, Die Demokratie, S. 149 ff. 29 Dazu Adolf J. Merkl, Gedanken zur Entstehung und Entwicklung der Republik Österreich und ihrer Verfassung, in: Festschrift für Ernst earl Hellbling, hrsg. von Hans Lentze und Peter Putzer, 1971, S. 517 ff. und Herbert Schambeck, Zum Werden und den Aufgaben des österreichischen Föderalismus, in: Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich, hrsg. von demselben, 1992, S. 17 ff. 30 Siehe z. B. Österreichische Parteiprogramme 1868 - 1966, hrsg. von Klaus Berchtold, 1967 und Kurt Wedl, Der Gedanke des Föderalismus in Programmen politischer Parteien Deutschlands und Österreichs, 1969. 31 Beachte Berchtold, a. a. O. S. 291 f. sowie Wedl, a. a. O. S. 200 ff. 32 Text in: 17. Bericht über die Lage des Föderalismus in Österreich (1992), hrsg. vom Institut für Föderalismusforschung, 1993, S. 199 ff. 33 Dazu Peter Pemthaler, Föderalistische Verfassungsreform: Ihre Voraussetzungen und Wirkungsbedingungen in Österreich, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 1992, S. 365 ff.; Matthias Tschirf, Das politische Faktum zur Neugestaltung des Bundesstaates - die jüngere Föderalismusentwicklung, in: Andreas Khol, Günther Ofner und Alfred Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1992, 1993, S. 637 ff.; Andreas Kiefer, Die Bundesstaatsreform im Jahre 1993, in: Andreas Khol, Günther Ofner und Alfred Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1993, 1994, S. 413 ff. sowie Peter Pem-

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Herbert Schambeck

sehen, daß Österreich durch den Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. Oktober 1918 als zentralistischer Einheitsstaat begründet worden ist. 34 Damals war die Zuständigkeit dieser Provisorischen Nationalversammlung ausschließlich und unbegrenzt! Ein Landesgesetzgebungsrecht wurde damals überhaupt nicht in diesem Beschluß erwähnt! Daneben bildeten sich, ebenso revolutionär wie auf gesamtstaatlicher Ebene die Provisorische Nationalversammlung, in den einzelnen Ländern anstelle der alten Landtage Provisorische Länderversammlungen, die das Landesgesetzgebungsrecht für sich beanspruchten. Einige Bundesländer gaben eigene "Beitrittserklärungen,,35 zur Republik Österreich ab, welche von der Provisorischen Nationalversammlung am 12. 11. 1918 feierlich zur Kenntnis genommen wurden. 36 Die Forderung nach einem bundes staatlichen Aufbau Österreichs wurde in der Folge auf der Länderkonferenz am 13. Oktober 191937 erhoben. Das dann am 1. Oktober 1920 beschlossene Bundes-Veifassungsgesetz war ein mehifacher Kompromiß: ein Kompromiß zwischen dem übernommenen Staatsrecht der Monarchie, vor allem mit seinen Einrichtungen demokratischer Verfassungsstaatlichkeit, und den Erfordernissen der demokratischen Republik, die u.a. vom Mehrheitswahlrecht zum Verhältniswahlrecht überging,38 ohne sich übrigens hinreichend bewußt zu sein, welche Folgen damit in einer parlamentarischen Republik für das Regierungssystem39 verbunden sind. Dieses führte im Hinblick auf den starken Repräsentations- und geringen Integrationseffekt, der absolute Mehrheiten selten zustandekommen ließ, mehr zu Koalitions- als zu Einparteienregierungen und damit auch zu ständiger Unzufriedenheit und im letzten in der Zwischenkriegszeit zur Gefährdung der Autorität im Staat. Der Weg zum autoritären Staat auf Kosten der Demokratie ist dann die Folge, welche ja in der Zwischenkriegszeit leider auch das Schicksal Deutschlands und Österreichs bestimmte. thaler - Gert Schernthanner, Bundesstaatsreform 1994, in: Andreas Khol, Günther Ofner und Alfred Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1994, 1995, S. 559 ff. 34 StGB!. Nr. 1/1918; dazu Adolf Merkl, Die Verfassung der Republik Deutschösterreich, 1919. 35 Hiezu Felix Ermacora, Österreichischer Föderalismus. Vom patromonialen zum kooperativen Bundesstaat, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 3, 1976, S. 43 ff. 36 Beachte Peter Pernthaler, Die Staatsgründungsakte der österreichischen Bundesländer. Eine staatsrechtliche Untersuchung über die Entstehung des Bundesstaates, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 14, 1979. 37 Ermacora, a. a. O. S. 47 ff. 38 Gesetz vom 18. Dezember 1918 über die Wahlordnung für die konstituierende Nationalversammlung, StGB!. Nr. 115; siehe dazu Herbert Schambeck, Die Entwicklung des österreichischen Wahlrechtes, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge, Band 21, hrsg. von Gerhard Leibholz, 1972, S. 247 ff., bes. S. 256 ff. 39 Näher Herbert Sclulmbeck, Wahlrechtsordnung und Regierungssystem in Österreich, in: Festschrift für Adolf J. Merkl, hrsg. von Max Imboden u. a., 1970, S. 335 ff.

Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

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Der zweite Kompromiß im Bundes-Verfassungsgesetz, der für den Weg Österreichs bis heute mitbestimmend war, ist der Kompromiß zwischen den unitaristisch-zentralistischen Zielen der Sozialisten und den anderen Vorstellungen der übrigen Parteien, besonders den föderalistischen Bemühungen der Christdemokraten bis heute. Das Ergebnis ist ständig in der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern in den Art. 10 ff. B-VG erkennbar, ihm liegt nämlich der Kompetenzkatalog der Ministerien des alten Österreichs der Monarchie zugrunde, und dieser Staat war bekanntlich kein Bundes-, sondern ein dezentralisierter Einheitsstaat!

IV.

Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit 40 haben dem öffentlichen Leben Österreichs einen Weg eröffnet und einen Stempel aufgedrückt, welcher eine Form der Bundesstaatlichkeit erkennen läßt, in der sich in Österreich das normativ Vorgeschriebene mit dem sich politisch Ergebenden zu einer eigenen Form von Föderalismus und Parlamentarismus verbindet, welches das Konstitutionelle bisweilen überschreitet und ein föderales Miteinander eigener Prägung zeitigt. Das zeigt sich im Rahmen des Parlamentarismus besonders in der Gesetzgebung. Ein Großteil der Gesetze geht auf Initiativen von Seiten der Regierung zurück. In der Regierung sind es die einzelnen Bundesministerien, welche im Rahmen ihrer Ressortverantwortung sogenannte Ministerialvorlagen ausarbeiten, welche auf gesetzliche Neuregelungen bestimmter Sachgebiete oder Teile derselben gerichtet sind und die den Interessenverbänden sowie den Bundesländern zur Stellungnahme zugehen. Diese Stellungnahmen zu den einzelnen Ministerialentwürfen geben die jeweiligen Landesregierungen, nicht die Landtage, ab, was sehr deutlich die Exekutivorientiertheit des österreichischen Föderalismus zeigt. An diese Stellungnahmen zu Ministerialvorlagen sind die jeweiligen Ministerien nicht gebunden; sie können diese berücksichtigen, müssen dies aber nicht! Die Einstellung der einzelnen Bundesländer zu Sachfragen kann zu unterschiedlichen Stellungnahmen führen. Sie sind meist einheitlich ablehnend, wenn es sich um finanzielle Belastungen der Länder handelt. Diese Ministerialvorlagen sind mit mehr oder weniger Berücksichtigung der einzelnen Stellungnahmen im Ministerrat einzubringen und werden, nach ihrer einstimmigen Beschlußfassung, als Regierungsvorlagen dem Nationalrat zugeleitet und dem Bundesrat zur Kenntnis gebracht. Dieser Gang der Gesetzgebung zeigt, daß bei Regierungsvorlagen die Länder mit den Interessenverbänden noch vor den allgemeinen Vertretungskörpern des Bundes, nämlich dem Nationalrat und Bundesrat, mit einer Gesetzesmaterie befaßt werden; sie sprechen hiezu zwar eines der ersten Worte, aber nicht das letzte und 40 Dazu Walter - Mayer, a. a. O. S. 47 f. und Herbert Schambeck, Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit in Österreich, in: Festschrift für Klaus Stern, 1997 (in Druck).

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Herbert Schambeck

entscheidende Wort. Das erfolgt durch die Organe der Bundesgesetzgebung, vor allem durch den Nationalrat und hernach im Rahmen seiner Zuständigkeit durch den Bundesrat. Nach Art. 42 B-VG ist: (1) jeder Gesetzesbeschluß des Nationalrates unverzüglich von dessen Präsidenten dem Bundesrat zu übermitteln. (2) "Ein Gesetzesbeschluß kann, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist, nur dann beurkundet und kundgemacht werden, wenn der Bundesrat gegen diesen Beschluß keinen mit Gründen versehenen Einspruch erhoben hat. (3) Dieser Einspruch muß dem Nationalrat binnen acht Wochen nach Einlangen des Gesetzesbeschlusses beim Bundesrat von dessen Vorsitzenden schriftlich übermittelt werden; er ist dem Bundeskanzler zur Kenntnis zu bringen. (4) Wiederholt der Nationalrat seinen ursprünglichen Beschluß bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder, so ist dieser zu beurkunden und kundzumachen. Beschließt der Bundesrat, keinen Einspruch zu erheben oder wird innerhalb der im Abs. 3 festgesetzten Frist kein mit Begründung versehener Einspruch erhoben, so ist der Gesetzesbeschluß zu beurkunden und kundzumachen. (5) Insoweit Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Auflösung des Nationalrates, ein Bundesfinanzgesetz, eine vorläufige Vorsorge im Sinne von Art. 51 Abs. 5 oder eine Verfügung über Bundesvermögen, die Übernahme oder Umwandlung einer Haftung des Bundes, das Eingehen oder die Umwandlung einer Finanzschuld des Bundes oder die Genehmigung eines Bundesrechnungsabschlusses betreffen, steht dem Bundesrat keine Mitwirkung zu." In jenen Fällen, in welchen durch ein Verfassungsgesetz oder in einfachen Gesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen oder durch verfassungsändernde Staatsverträge die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränkt werden sollen, bedarf dies der Zustimmung des Bundesrates. 41 Diese ist in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen. Gegen dieses absolute Veto des Bundesrates gibt es keinen Beharrungsbeschluß des Nationalrates. Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, daß umgekehrt nach Art. 98 Abs. 1 B-VG alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage unmittelbar nach ihrer Beschlußfassung im Landtag und vor der Kundmachung vom Landeshauptmann dem Bundeskanzleramt bekanntzugeben sind. Die Bundesregierung kann gegen den Gesetzesbeschluß der Landtage binnen acht Wochen "wegen Gefährdung von Bundesinteressen" einen begründeten Einspruch erheben. Wenn dem Bund vor der Ein41

Art. 44 (2) B-VG.

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leitung des Gesetzgebungsverfahrens des Landtages über den Gesetzesbeschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zum zugrundeliegenden Entwurf gegeben worden ist, darf sich der Einspruch nur auf einen behaupteten Eingriff in die Zuständigkeit des Bundes gründen. Im Fall eines Einspruchs des Bundes darf der Gesetzesbeschluß des Landtages nur kundgemacht werden, wenn der Landtag einen Beharrungsbeschluß bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder faßt. In diesem Fall sind die Länder stärker als der Bund! Neben der Gesetzgebung gibt es eine Beziehung von Föderalismus und Parlamentarismus auch in der Kontrolle. Dem Bundesrat steht mit einem Drittel seiner Mitglieder, wi~ übrigens auch auf Antrag einer Landesregierung 42, das Recht zu, Gesetze des Bundes wegen des Verdachtes der Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Außerdem hat der Bundesrat das Recht zur Interpellation43 , zur Entgegennahme von Petitionen 44 , zur Beschlußfassung von Resolutionen 45 sowie zur Abhaltung von parlamentarischen Enqueten46 zur Sachinformation gleich dem Nationalrat. Im Unterschied zum Nationalrat hat der Bundesrat aber kein Recht zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen und zur Votierung des Mißtrauens gegenüber der gesamten Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder. Der Bundesrat hat daher Zugang zur politischen und rechtlichen Kontrolle, nicht aber zur finanziellen Kontrolle; der Rechnungshof ist ein Organ des Nationalrates 47 und in Angelegenheiten der Länder-, Gemeindeverbände- und Gemeindegebarung sowie der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, soweit sie in die Vollziehung der Länder fallen, ist der Rechnungshof ein Organ des betreffenden Landtages. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Landeshauptleute das Teilnahme- und Rederecht im Bundesrat48 , nicht aber im Nationalrat haben; auch in diesem Fall sind die Ministerpräsidenten der deutschen Länder insofern bessergestellt, als diese dieses Recht auch im Deutschen Bundestag haben. 49 Hervorhebenswert ist auch das Recht des Bundesrates, dem Bundespräsidenten den Vorschlag für drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes zu erstatten ..'jo 42

43 44 45

46 47 48 49

50

Art. 140 (I) B-VG und § 26 (2) Geo BR. Art. 52 (I) B-VG und §§ 24 (I) und 59 ff. Geo BR. Art. 11 StGG und § 16 (1) lit. j und § 25 Geo BR. Art. 52 (1) B-VG und § 24 (2) Geo BR. §§ 66 f. Geo BR. Art. 122 (1) B-VG; siehe Johannes Hengstschläger, Der Rechnungshof, 1982, S. 54 ff. Art. 36 (4) B-VG und § 38 Geo BR. Art. 43 (2) iVm Art. 51 (I) GG und §§ 27 ff. GeO des Deutschen Bundestages. Art. 147 (2) B-VG.

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v. Eine neue Aufgabe hat sich in der Beziehung von Föderalismus und Parlamentarismus durch die Mitgliedschaft Österreichs bei der EU gestellt. 51 Es ist hervorhebenswert, daß es die Repräsentanten der österreichischen Bundesländer waren, welche schon 1987 erstmals in Österreich die Bundesregierung aufforderten, die Teilnahme Österreichs an der europäischen Integration anzustreben52 . Sie taten dies, obgleich sie wußten, daß ihre Länder auf einen Teilbereich ihrer Gesetzgebung zugunsten der EG werden verzichten müssen. 53 Zu diesen wichtigsten abzutretenden Zuständigkeiten der Länder zählten: der Grundverkehr, Landesabgaben, Vergaberecht, Fremdenverkehr, Landwirtschaft, Förderungswesen, Beschaffungswesen, Sozialhilfegesetzgebung, Bauwesen, nämlich die Baustoffzulassung, Umweltschutzrecht, Tierzucht, landesrechtliches Berufungsrecht und das Landesdienstrecht. Neben allen außenpolitischen Schritten, die zu dieser EU-Mitgliedschaft Österreichs mit Beginn des Jahres 1995 führen, welche wiederum am 12. Juni 1994 eine Volksabstimmung (mit 68% Zustimmung) zur Voraussetzung hatte,54 entstand in Österreich bei vielen auf Bundes- und Landesebene ein neues Verfassungs- und Amtsverständnis, welches zu neuen Gremien führte, in welchen Bundes- und Landesorgane zusammenzuwirken hatten. Es sei auf die Errichtung des Rates für Fragen der österreichischen Integrationspolitik 1989 55 und später auf die Integrationskonferenz der Länder verwiesen. 56 51 Siehe u. a. Peter Pernthaler (Hrsg.), Auswirkungen eines EG-Beitrittes auf die föderalistische Struktur Österreichs, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 47, 1989; Detlef Merten, Föderalistische Mitgliedstaaten in einer Europäischen Union, in: Staatswissenschaften in Zeiten des Wandels, Festschrift für Ludwig Adamovich zum 60. Geburtstag, hrsg. von Bemd Christi an Funk u. a., 1992, S. 446 ff.; Herbert Schambeck, Europäische Integration und österreichischer Föderalismus, Schriftenreihe der Niederösterreichischen Juristischen Gesellschaft, Heft 62, 1993; Heinz Schäffer, Die Länderrnitwirkung in Angelegenheiten der europäischen Integration, in: Für Staat und Recht, Festschrift für Herbert Schambeck, hrsg. von Johannes Hengstschläger u. a., 1994, S. 1003 ff. und Andreas Khol, Demokratieabbau durch EU-Regierungsgesetzgebung? in: 75 Jahre Bundesverfassung, Festschrift, hrsg. von der Österreichischen Parlamentarischen Gesellschaft, 1995, S. 271 ff. 52 Text in: Gerhard Kunnert, Spurensicherung auf dem österreichischen Weg nach BrüsseI, Schriftenreihe Europa des Bundeskanzleramtes, Sonderband, 1992, S. 514; siehe auch Jürgen Weiss, Föderalismus in einem neuen Europa, in: Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich, S. 648. 53 Vgl. Wolfgang Burtscher, Auswirkungen eines EG-Beitrittes auf den bundesstaatIichen Aufbau Österreichs - materielle und institutionelle Aspekte, in: Auswirkungen eines EG-Beitrittes auf die föderalistische Struktur Österreichs, S. 29 ff; Gerhart Holzinger, Gravierende verfassungsrechtliche Änderungen im Zusammenhang mit einem österreichischen EG-Beitritt, Juristische Blätter 1993, S. 2 ff.; Heinrich Neisser, Das politische System der EG, 1993, S. 233 ff. sowie Peter Fischer, Heribert F. Köck, Europarecht, 2. Aufl., 1995, S. 103 ff. 54 BGBI. Nr. 735/1994. 55 Grundlage dafür ist die am 26. Juni 1989 unterzeichnete Vereinbarung der Regierungsparteien zur weiteren Vorgangsweise in der Integrationspolitik; siehe Weiss, a. a. O. S. 648

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Der Rat für Integrationsfragen wurde unter den Vorsitz des Bundeskanzlers bzw. Vizekanzlers gestellt und zu Mitgliedern wurden die zuständigen Bundesministerien, Vertreter der Parlamentsfraktionen, der Bundesländer und Gemeinden und der Sozialpartner berufen. Die Länder schickten zwei Vertreter der Landeshauptmännerkonferenz und zwei der Landtagspräsidentenkonferenz. Für die Koordination und gemeinsame Willensbildung der Länder in Integrationsangelegenheiten wurde eine Integrationskonferenz der Länder geschaffen, die eine bisher nie dagewesene und nicht wiederholte Zusammensetzung aufwies; sie setzte sich aus den Landeshauptleuten und Landtagspräsidenten aller neun Bundesländer sowie den drei Präsidenten des Bundesrates zusammen. Stimmrecht hatten aber nur die Landeshauptleute, die übrigen hatten nur eine beratende Funktion; was wieder einmal die Exekutivlastigkeit des österreichischen Föderalismus zeigt. Zur Vorbereitung dieser Integrationskonferenz der Länder und zur Durchführung ihrer Beschlüsse wurde auf Beamtenebene ein "Ständiger Integrationsausschuß der Länder" geschaffen. Diese Gremien ensprechen den existentiellen Formen österreichischer Bundesstaatlichkeit, in der es zwar keine offizielle Konferenz der ersten Repräsentanten der österreichischen Bundesländer, vergleichbar der deutschen Ministerpräsidentenkonferenz, gibt, wohl aber auf freiwilliger Basis seit Beendigung des 2. Weltkriegs die regelmäßig tagende Konferenz der Landeshauptmänner, der Landtagspräsidenten, der Landesamtsdirektoren sowie der Referenten der einzelnen Ressorts der Landesregierungen, wie etwa auf dem Gebiet des Finanz-, Bau-, Gesundheits- und Sportwesens. Diese freiwilligen Konferenzen von Landesspitzenrepräsentanten wird betreut von der Verbindungsstelle der österreichischen Bundesländer; alles freiwillig, sich in den letzten fünfzig Jahren gebildete Gremien, die aus der Politik und dem Rechtsleben Österreichs nicht mehr wegzudenken sind. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die in Abständen von der Landeshauptmännerkonferenz einstimmig beschlossenen Länderforderungsprogramme verweisen, 57 welche 1963/64, 1970, 1976 und 1985 zustandegekommen sind. Sie waren über alle Landes- und Parteigrenzen hinweg einhellig beschlossene Empfehlungen an den Bundesgesetzgeber, welchen er in 197458 , 198459 und 1988 60 beund Michael Morass, Regionale Interessen auf dem Weg in die Europäische Union. Strukturelle Entwicklung und Perspektiven der Interessenvermittlung österreichischer und deutscher Landesakteure im Rahmen der europäischen Integration, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 60, 1994, S. 369 ff. 56 Vereinbarung gern. Art. ISa B-VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration; Text in: 17. Bericht über die Lage des Föderalismus in Österreich, S. 236 ff. 57 Siehe z. B. Peter Pemthaler, Das Forderungsprogramm der österreichischen Bundesländer, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 19, 1980 und Klaus Berchtold, Die Verhandlungen zum Forderungsprogramm der Bundesländer seit 1956, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 42, 1988. 58 BGBI. Nr. 44/1974.

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schlossenen Bundes-Verfassungsgesetznovellen 61 meist teilweise entsprach. 1996 waren allerdings noch zwei Drittel der Länderforderungskataloge 1976 und 1985 offen. Besonders tragisch war es, daß zwar am 8. Oktober 1992 in Perchtolsdorf Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky für den Bund und Landeshauptmann Mag. Siegfried Ludwig für die Länder eine Vereinbarung über die Neuordnung des Bundesstaates62 als Gegenleistung für das Entgegenkommen der Länder bei der Vorbereitung der EU-Mitgliedschaft Österreichs unterzeichneten, diese auch von kompetenten Bundes- und Landesrepräsentanten aus Politik und Beamtenschaft in ausführlichen Verhandlungen der Konkretisierung zugeführt wurden, als es aber zur parlamentarischen Behandlung kam, der sozialdemokratische Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer63 diese für so wichtig erklärte, daß in der restlichen Legislaturperiode des Nationalrates nicht mehr genügend Zeit für ausführliche Behandlung gegeben wäre und sie deshalb in der folgenden Gesetzgebungsperiode verabschiedet werden sollte. In dieser verloren aber die beiden Koalitionsparteien, nämlich ÖVP und SPÖ, die für eine derartige Verfassungsnovelle erforderliche Zweidrittelmehrheit, weshalb der Bund den Ländern gegenüber bis heute sein Versprechen einer umfassenden Bundesstaatsreform nicht erfüllt hat. Was aber in der letzten Zeit den beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP mit ihrer damaligen Mehrheit noch gelang, war die Regelung eines sogenannten Länderbeteiligungsveifahrens und damit auch des Einvernehmens des Bundes mit den Ländern sowie den Organen der Bundesgesetzgebung in EU-Angelegenheiten. 64 So sieht Art. 23 d B-VG vor: ,,(1) Der Bund hat die Länder unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder berühren oder sonst für sie von Interesse sein könnten, zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Solche Stellungnahmen sind an das Bundeskanzleramt zu richten. Gleiches gilt für die Gemeinden, soweit der eigene Wirkungsbereich oder sonstige wichtige Interessen der Gemeinden berührt werden. Die Vertretung der Gemeinden obliegt in diesen Angelegenheiten dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund (Art. 115 Abs. 3).

BGBI. Nr. 490/1984. BGBI. Nr. 685/1988. 61 Dazu Herbert Schambeck, Bundesstaatsreform - Ein neuer Anlauf tut not, Österreichische Monatshefte 1996, S. 25 ff. 62 Text in: 17. Bericht über die Lage des Föderalismus in Österreich, S. 199 ff. 63 Siehe "Wiener Zeitung" vom 7. Juni 1994, S. 2. 64 Näher Weiss, a. a. O. S. 650 ff.; Christoph Thun-Hohenstein. Franz Cede. Europarecht, 1995, S. 234 ff.; Heinz Schäffer, Österreichs Beteiligung an der Willensbildung in der Europäischen Union, insbesondere an der europäischen Rechtssetzung, Zeitschrift für öffentliches Recht 1996, S. 3 ff. und Herbert Schambeck, Europäische Integration und Föderalismus, Österreichische Juristen-Zeitung 1996, S. 521 ff. 59

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(2) Liegt dem Bund eine einheitliche Stellungnahme der Länder zu einem Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union vor, das Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, so ist der Bund bei Verhandlungen und Abstimmungen in der Europäischen Union an diese Stellungnahme gebunden. Der Bund darf davon nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen abweichen. Der Bund hat diese Gründe den Ländern unverzüglich mitzuteilen. (3) Soweit ein Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union auch Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, kann die Bundesregierung einem von den Ländern namhaft gemachten Vertreter die Mitwirkung an der Willensbildung im Rat übertragen. Die Wahrnehmung dieser Befugnis erfolgt unter Beteiligung des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung und in Abstimmung mit diesem. Für einen solchen Ländervertreter gilt Abs. 2. Der Vertreter der Länder ist dabei in Angelegenheiten der Bundesgesetzgebung dem Nationalrat, in Angelegenheiten der Landesgesetzgebung den Landtagen gemäß Art. 142 verantwortlich. (4) Die näheren Bestimmungen zu den Abs. 1 bis 3 sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern (Art. 15 a Abs. 1) festzulegen. (5) Die Länder sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereich zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen Integration erforderlich werden; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach und wird dies von einem Gericht im Rahmen der Europäischen Union gegenüber Österreich festgestellt, so geht die Zuständigkeit zu solchen Maßnahmen, insbesondere zur Erlassung der notwendigen Gesetze, auf den Bund über. Eine gemäß dieser Bestimmung vom Bund getroffene Maßnahme, insbesondere ein solcherart erlassenes Gesetz oder eine solcherart erlassene Verordnung, tritt außer Kraft, sobald das Land die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat."

Weiters sieht Art. 23 e B-VG vor: ,,(1) Das zuständige Mitglied der Bundesregierung hat den Nationalrat und den Bundesrat

unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. (2) Liegt dem zuständigen Mitglied der Bundesregierung eine Stellungnahme des Nationalrates zu einem Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union vor, das durch Bundesgesetz umzusetzen ist oder das auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet ist, der Angelegenheiten betrifft, die bundesgesetzlich zu regeln wären, so ist es bei Verhandlungen und Abstimmungen in der Europäischen Union an diese Stellungnahme gebunden. Es darf davon nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen abweichen. (3) Wenn das zuständige Mitglied der Bundesregierung von einer Stellungnahme des Nationalrates gemäß Abs. 2 abweichen will, so hat es den Nationalrat neuerlich zu befassen. Soweit der in der Vorbereitung befindliche Rechtsakt der Europäischen Union eine Änderung des geltenden Bundesverfassungsrechts bedeuten würde, ist eine Abweichung jedenfalls nur zulässig, wenn ihr der Nationalrat innerhalb angemessener Frist nicht widerspricht. (4) Wenn der Nationalrat eine Stellungnahme gemäß Abs. 2 abgegeben hat, so hat das zuständige Mitglied der Bundesregierung dem Nationalrat nach der Abstimmung in der Europäischen Union Bericht zu erstatten. Insbesondere hat das zuständige Mitglied der

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Bundesregierung, wenn es von einer Stellungnahme des Nationalrates abgewichen ist, die Gründe hiefür dem Nationalrat unverzüglich mitzuteilen. (5) Die Wahrnehmung der Zuständigkeiten des Nationalrates gemäß den Abs.l bis 4 obliegt grundsätzlich dessen Hauptausschuß. Die näheren Bestimmungen hiezu werden durch das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates getroffen. Dabei kann insbesondere geregelt werden, inwieweit für die Behandlung von Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union anstelle des Hauptausschusses ein eigener ständiger Unterausschuß des Hauptausschusses zuständig ist und die Wahrnehmung der Zuständigkeiten gemäß den Abs. 1 bis 4 dem Nationalrat selbst vorbehalten ist. Für den ständigen Unterausschuß gilt Art. 55 Abs. 2. (6) Liegt dem zuständigen Mitglied der Bundesregierung eine Stellungnahme des Bundesrates zu einem Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union vor, das zwingend durch ein Bundesverfassungsgesetz umzusetzen ist, das nach Art. 44 Abs. 2 der Zustimmung des Bundesrates bedürfte, so ist es bei Verhandlungen und Abstimmungen in der Europäischen Union an diese Stellungnahme gebunden. Es darf davon nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen abweichen. Die Wahrnehmung der Zuständigkeiten des Bundesrates gemäß Abs. 1 und diesem Absatz wird durch die Geschäftsordnung des Bundesrates näher geregelt. Dabei kann insbesondere geregelt werden, inwieweit für die Behandlung von Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union anstelle des Bundesrates ein hiezu bestimmter Ausschuß zuständig ist und die Wahrnehmung der Zuständigkeiten gemäß dem ersten Absatz dem Bundesrat selbst vorbehalten ist.,,65

VI. In der Regelung dieses Länderbeteiligungsverfahrens war für uns in Österreich das deutsche Beispie166 von Bedeutung, in bestimmter Weise geht aber die österreichische Reglung über die deutsche hinaus. So sind Städte und Gemeinden durch den Städte- und Gemeindebund67 einbezogen,68 führt die Bundesregierung für die Länder Klage beim Europäischen Gerichtsho~9 und besteht für den Bund ein EinBGBI. Nr. 101311994 Ld.F. BGBI. Nr. 43711996; siehe Walter-Mayer, a. a. O. S. 108 f. Dazu etwa Otto Bardong, Die Einheitliche Europäische Akte und die Länder der Bundesrepublik Deutschland, in: Stefan Huber, Peter Pernthaler (Hrsg.), Föderalismus und Regionalismus in europäischer Perspektive, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 44, 1988, S. 33 ff.; Doris Fuhnnann-Mittlmeier, Die deutschen Länder im Prozeß der Europäischen Einigung, 1991, S. 186 ff.; Paul Kirchhof, Europäische Einigung und der Verfassungsstaat der Bundesrepublik Deutschland, in: Europa als politische Idee und als rechtliche Form, hrsg. von Josef Isensee, 1993, S. 63 ff. sowie Georg-Bernd Oschatz, Die Bundesregierung und die Kette der Länder? - Zur europäischen Mitwirkung des Bundesrates, Die öffentliche Verwaltung 1995, S. 437 ff. 67 Siehe Herbert Schambeck, Die Verankerung des österreichischen Gemeindebundes und des österreichischen Städtebundes im österreichischen Verfassungsrecht, kommunal-journal Nr. 2/1989, S. 18 f. 68 Art. 23 d Abs. 1 B-VG. 69 Art. 10 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gern. Art. 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der Europäischen Union, BGBI. Nr. 775/1992. . 65

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Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich

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trittsrecht in Länderzuständigkeiten nur dann, wenn eine Säumigkeit der Länder von einem internationalen Gericht festgestellt wurde. 7o Als erfreulich sei auch aus föderalistischer Sicht betont, daß die seinerzeitige Konferenz von Maastricht 1991 in den Verträgen zur politischen Union auch Beschlüsse gefaßt hat, welche wegweisende Bedeutung haben können, so die Schaffung eines Regionalausschusses, in dem Österreich durch alle neun Landeshauptleute, wieder ein Beweis für die Exekutivlastigkeit des österreichischen Föderalismus, und durch Repräsentanten des Gemeinde- und Städtebundes vertreten ist. Weiters haben die Länder die Mitwirkungsmöglichkeit anstelle nationaler Regierungen in Angelegenheiten ihrer Landesgesetzgebung im EU-Rat, und letztlich kommt der in Maastricht erfolgten Verankerung des Subsidiaritätsprinzips eine besondere Bedeutung zu. 71 Es ermöglicht den Ländern Zuständigkeiten zu behalten. Es soll nämlich nach den Beschlüssen von Maastricht den Staaten ermöglichen, Zuständigkeiten zu wahren. Wie es in Maastricht vereinbart wurde, soll die Gemeinschaft in Bereichen, "die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig sein, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können." 72 Auf diese Weise wurde im Primärrecht der EU ein einklagbarer Maßstab für die Wahrnehmung von Zuständigkeiten geschaffen, der dem österreichischen Verfassungsrecht in dieser Deutlichkeit unbekannt war. Im Hinblick auf die Regierungskonferenz 1996 in Turin wäre es sehr begrüßenswert, könnte das Subsidiaritätsprinzip (Art. 3 b Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft), das schon nach den Beschlüssen von Maastricht für die Aufgabenverteilung in der Europäischen Union von großer Bedeutung ist, um einen Hinweis auf die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften ergänzt werden, der dann lautet, daß die Union nur tätig wird, sofern die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften nicht ausreichend erreicht werden können. Auch aus der Sicht unseres Themas "Föderalismus und Parlamentarismus" wäre es begrüßenswert und erstrebenswert, könnte diese Regierungskonferenz 1996 den Anstoß zur Erstellung eines sachbezogenen Kompetenzkatalogs geben, in dem unter Zugrundelegung des Subsidiaritätsprinzips geprüft und angegeben wird, welche Aufgaben und damit Kompetenzen von der Europäischen Union und welche von 70

Art. 23 d Abs. 5 B-VG.

Beachte in: Für Staat und Recht, Festschrift für Herbert Schambeck, Johannes Schasching SJ, Subsidiarität: "Der höchstgewichtige sozialphilosophische Grundsatz" (Quadragesimo anno Nr. 79), S. 107 ff. und Brigitte Gutknecht, Das Subsidiaritätsprinzip als Grundsatz des Europarechts, S. 921 ff. 72 Art. 3b Abs. 2 EGV; vgl. Bemd Schima, Das Subsidiaritätsprinzip im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1994 sowie Fischer - Köck, a. a. O. S. 342. 71

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Herbert Schambeck

den Mitgliedstaaten einschließlich der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften wahrgenommen und übernommen werden können. Zur Kontrolle der Einhaltung dieses für den Föderalismus und Regionalismus so wichtigen Subsidiaritätsprinzips könnte der Ausschuß der Regionen herangezogen werden. Es sollte der Ausschuß der Regionen in die Vorabkontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eingebunden und bei Verletzung des Subsidiaritätsprinzips der Regionalausschuß ein Anfechtungsrecht beim Europäischen Gerichtshof erhalten. Es sollte auch das Anhörungsrecht des Regionalausschusses auf weitere Politikbereiche ausgeweitet werden, das Europäische Parlament in den Konsultierungsprozeß mit dem Regionalauschuß eingebunden und die Kommission verpflichtet werden, in jenen Bereichen, welche die Interessen der Regionen und lokalen Gebietskörperschaften betreffen, mit dem Regionalausschuß zusammenzuarbeiten. Es kann nur gehofft werden, daß dieser Weg, der in Maastricht in Beachtung des Subsidiaritätsprinzips für die Beziehung zwischen den EU-Staaten gefunden werden konnte, auch für die Regelung der Zuständigkeiten innerhalb der EU-Staaten möglich sein wird. Auf diese Weise könnte der Föderalismus über die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips auch zur Wirksamkeit der Gewaltenteilung sowie so zu mehr Bürgernähe und Kostenersparnis beitragen. Diesen Zielen des Föderalismus könnte in einem demokratischen Verfassungsstaat, wie er in Deutschland und Österreich gegeben ist, auch der Parlamentarismus dienen. Möge dies möglich werden, dann könnte Föderalismus und Parlamentarismus zu mehr Glaubwürdigkeit im Staat und mehr Menschlichkeit in der Politik beitragen. Wer wollte leugnen, daß dies auch wenige Jahre vor der Zeitenwende des Jahres 2000 nicht von Bedeutung ist!

Verfassungsrechtliche Grenzen der Weiterentwicklung Europas Von Georg-Berndt Oschatz

I. Einführung Mit Maastricht 11 ante portas stehen wir vor dem nächsten Takt der europäischen Integration - vielleicht jedenfalls. Grund genug, sich aus deutscher - und unserer Partner - Sicht mit der Frage zu befassen, ob es rechtliche Grenzen für die Fortentwicklung der Union gibt, wo sie liegen und ob es denkbar erscheint, daß sie in absehbarer Zeit erreicht werden. Für die nähere Zukunft sind zwei Etappen der Weiterentwicklung Europas vonbesonderer Bedeutung: Im kommenden Jahr soll die Regierungskonferenz zur Revision des MaastrichtVertrages die Union auf die Anforderungen des nächsten Jahrhunderts vorbereiten. Eine sog. Reflexionsgruppe von Politikern und Diplomaten berät seit Monaten die Einzelheiten, hat aber bisher offensichtlich nicht die erhofften Fortschritte gemacht. Auch das informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs vor wenigen Wochen in Mallorca hat wenig Greifbares gebracht. 1 An Beratungsunterlagen mangelt es nicht: Alle Unionsorgane haben dem Auftrag des Europäischen Rates in Korfu entsprechend umfangreich Bericht erstattet. Konkrete Änderungsvorschläge liegen zwar noch nicht vor, aber immerhin eine Bewertung der Stärken und Schwächen des Vertragswerks. 2 Schwerpunkte der Konferenz werden sein: die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, die Überprüfung der Europäischen Institutionen und Entscheidungsprozesse, die demokratische Legitimation und Bürgernähe der Union sowie das Subsidiaritätsprinzip. Das Ratifizierungsverfahren hinsichtlich der Ergebnisse dieser Revisionskonferenz wird zeitlich wahrscheinlich in das Umfeld der Entscheidung über den Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion fallen. Nach den Vertragsbestimmungen entscheidet der Europäische Rat bekanntlich spätestens Ende nächsten Jahres mit qualifizierter Mehrheit, ob eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die 1 2

FAZ vom 25.9. 1995, S. 1,2. Vgl. insbesondere den Kommissionsbericht vom 10. 5.1995; BR-Drs. 428/95.

3 Merlen

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Georg-Bemdt Oschatz

notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllt und ob es für die Gemeinschaft zweckmäßig ist, in die dritte Stufe einzutreten. Eine positive Entscheidung ist nach den vorliegenden Analysen des Europäischen Währungsinstituts nicht zu erwarten. Ist bis Ende 1997 'kein Zeitpunkt festgelegt worden, beginnt die dritte Stufe am 1. Januar 1999; dies hat der Europäische Rat in Cannes bekräftigt, 3 wobei für Deutschland nicht recht klar ist, was geschieht, wenn zu diesem Zeitpunkt Bundestag und Bundesrat sich der Einführung widersetzen sollten. Dazu später näheres. In Deutschland haben der Gesetzgeber und das Bundesverfassungsgericht ein umfangreiches und jedenfalls stabil scheinendes verfassungsrechtliches Fundament für die Weiterentwicklung Europas gelegt. Die konstitutionellen Grundlagen für die Integration der Bundesrepublik in die Union finden sich vornehmlich im neuen Art. 23 GG, der Ende 1992 eingefügt worden ist. Die komplizierte Vorschrift ermächtigt und beauftragt die zuständigen Bundesorgane dazu, bei der Entwicklung der Europäischen Union mitzuwirken und setzt hierfür rechtliche Vorgaben und Schranken. Darüber hinaus regelt sie Mitwirkungsbefugnisse einzelner Bundesorgane in ihrem Verhältnis zueinander. Die Vorschrift nimmt auf weitere Bestimmungen des Grundgesetzes Bezug. Das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Oktober 19934 ergänzt diese Grundlagen. In sechzig Seiten verfassungsrechtlicher Ableitungen finden sich zahlreiche Hinweise für das Verständnis der einschlägigen Bestimmungen des Grundgesetzes und des Maastrichter Vertragswerks. Zugleich aber eröffnet sich die ganze Bandbreite eines variationsreichen verfassungsrechtlichen Glasperlenspiels, das dem eingeweihten Staatsrechtler und Europa-Juristen viel Freude oder doch zumindest Arbeit bereitet. Bevor von verfassungsrechtlichen Grenzen die Rede ist, ist also zunächst festzuhalten, daß es einen verfassungsrechtlichen Integrationsauftrag für Deutschland gibt. Gerade im fünften Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung tut man gut daran, an diesen Auftrag zu erinnern: Schließlich wissen wir alle, daß Deutschlands Bereitschaft zur Mitwirkung in und an Europa unseren Partnern die Zustimmung zur Wiedervereinigung sehr erleichtert hat. Wie sieht nun der Auftrag zur Mitwirkung an der Europäischen Integration aus?

11. Der Integrationsauftrag Der Integrationsauftrag ist Verfassungspflicht, läßt aber ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit. 3 Art. 109 j EGV; Schlußfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rats in Cannes, BullBReg Nr. 62 vom 8.8. 1995, S. 611. 4 BVerfGE 89, 155.

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1. "Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit." So heißt es zu Beginn des Artikel 23 Abs. 1 GG. Dies versteht sich nicht als unverbindliche Wunschvorstellung, sondern soll nach allgemeiner Auffassung die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland als Staatsziel rechtlich verpflichten. Manche nennen es Verfassungsauftrag oder Politikauftrag, gemeint ist jedoch dasselbe: Die Bundesrepublik ist im Rechtssinne verpflichtet, auf das Integrationsziel Europäische Union hinzuarbeiten. Eine Union, die das Bundesverfassungsgericht als auf dynamische Entwicklung angelegten "Staatenverbund" bezeichnet5 - diesen Rechtsbegriff gab es bisher nicht. Natürlich ist der Integrationsauftrag wie jede Staatszielbestimmung nur begrenzt justitiabel. Verglichen mit anderen Staatszielbestimmungen - etwa dem Sozialstaatsprinzip- erweist sich Art. 23 aber als eine Vorschrift mit relativ hoher Regelungsdichte. 6 2. Das Grundgesetz stellt an die integrationspolitische Gestaltungsfreiheit einige formelle und einige materielle Anforderungen. Zunächst zu den formellen Voraussetzungen: Jede Übertragung von Hoheitsrechten an die Europäische Union bedarf eines förmlichen Bundesgesetzes, dem der Bundesrat zustimmen muß. Letzteres gilt auch im Bereich ausschließlicher Bundeskompetenzen. Nach dem Wortlaut des Grundgesetzes bedarf diese Übertragung von Hoheitsrechten darüber hinaus in bestimmten Fällen einer ZweidrittelMehrheit in Bundestag und im Bundesrar1. In diesem Zusammenhang bestehen noch einige offene Fragen und Ungereimtheiten, auf die ich hier jedoch nur am Rande eingehen möchte 8 : Die Schwierigkeit liegt in Art. 23 Abs. 1 GG, genauer im Verhältnis der Sätze 2 und 3 zueinander. In Satz 2 heißt es: Der Bund kann durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Satz 3 sagt dagegen: Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die das Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, bedarf es der Zweidrittel-Mehrheit von Bundestag und Bundesrat. Es scheint also, als gäbe es einfache und qualifizierte Übertragungen von Hoheitsrechten: Solche nämlich, die nur einfacher Zustimmung bedürfen, und solche, bei denen eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich ist. Andererseits aber beinhaltet nach der unbestrittenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes jede Übertragung von Hoheitsrechten eine materielle Verfassungsänderung 9 . In der Tat liegt ja das Wesen der Hoheitsrechtsübertragung darin, es der Union als Trägerin der auf BVerfGE 89, 155 (184). Rojahn, in: v. MünchlKunig, Grundgesetz-Kommentar, Bd. H, 3. Auf!. 1995, Art. 23, Rdnr. 3 f. 7 Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG. 8 Dazu ausführlich OschatvRisse, DÖV 1995,437,438 ff. 9 BVerfGE 58,1,36. 5

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sie übergegangenen Hoheitsrechte zu ermöglichen, nach ihren eigenen Regeln auf den ansonsten nur der deutschen Staatsgewalt unterworfenen einzelnen Bürger zugreifen zu können. Ob dieser Durchgriff im Rahmen des materiellen deutschen Verfassungsrechts bleibt oder ob dessen Rahmen überschritten wird, zeigt später erst die Art und Weise, wie die Union die auf sie übergegangenen Hoheitsrechte nutzt. Der Bundesrat hat deshalb mit Recht für sämtliche weiteren Übertragungen von Hoheitsrechten auf die Europäische Union Zweidrittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat gefordert lO• Nun zu den materiellen Anforderungen. Hier sind systematisch zwei Fragestellungen voneinander zu unterscheiden. Zum einen kann - mit Blick auf die Union - gefragt werden: Wie soll das Integrationsprodukt "Europäische Union" beschaffen sein, an dessen Entwicklung die Bundesrepublik sich beteiligt? Welche Struktur soll diese Union aufweisen? Das Grundgesetz beantwortet die Frage in der sog. Struktursicherungsklausel des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG dahin, daß die Union demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Prinzipien sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet sein soll und einen dem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleisten muß. Die Union soll also auf dem Umweg über die deutsche Verfassung auf bestimmte Grundsätze verpflichtet werden. Diese Konstruktion legt den Schluß nahe, daß es der Bundesrepublik nicht gestattet wäre, an der Schaffung einer Europäischen Union mitzuwirken, die diese Anforderungen nicht erfüllt. Damit wird die Struktur der Union zu einem Problem der deutschen Verfassung. Zum anderen kann - aus einer rein innerstaatlichen Perspektive - gefragt werden, welche Schranken die Verfassung dem Mitgliedstaat Deutschland bei der Mitwirkung an der Europäischen Union setzt. Wie weit darf sich die Bundesrepublik am Integrationsprozeß beteiligen, ohne verfassungsrechtliche Essentialia ihrer selbst preiszugeben? Diese Frage beantwortet die sog. Verfassungsbestandsklausel des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG durch einen Verweis auf Artikel 79 Abs. 3 GG. Die von dieser sog. Ewigkeitsgarantie urnfaßten Ordnungsprinzipien sind zum großen Teil genau dieselben Grundsätze, denen aus der Sicht des Grundgesetzes auch die Union als solche - in freilich abgeschwächtem Maße - verpflichtet sein soll. Also insbesondere die in Art. 20 GG niedergelegten Verfassungsgrundsätze: Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip, darüber hinaus aber auch das Bundesstaatsprinzip, das sich auf Unionsebene nicht wiederfindet.

IH. Ordnungsprinzipien

In Abweichung von der üblichen Reihenfolge will ich zunächst kurz auf das Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechtsschutz einerseits sowie föderative Ord10

Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucksache 12/3338, S. 12

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nungsprinzipien andererseits eingehen, bevor ich mich eingehender dem Demokratiegrundsatz zuwende, der Schwerpunkt der Maastricht-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist. Dabei werde ich mich auf wenige zentrale Problemstellungen konzentrieren. 1. Im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip ist die Frage aufgeworfen, was man sich unter einem "im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz" vorzustellen hat, von dem in Art. 23 die Rede ist. Ist der gegenwärtige Grundrechtsschutz des deutschen Unionsbürgers gegen Gemeinschaftsakte noch ausreichend? Das kann man in der Dimension der Union beleuchten und aus deutscher Sicht.

Mit dem Thema "Grundrechtsschutz" auf Unionsebene befaßt sich die Reflexionsgruppe. Für den Fall, daß der gegenwärtige Zustand verändert werden sollte, stünden zwei Alternativen zur Verfügung: Beitritt der Gemeinschaft (oder der Union) zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder Aufnahme von Bestimmungen über die Grundrechte in den Vertrag selbst, ein europäischer Grundrechtskatalog also. Da wir nicht wissen, welches Ergebnis die Regierungskonferenz hierzu erbringen wird, müssen wir uns auf den Status Quo in Deutschland beschränken. Den gegenwärtigen Stand bestimmt hier das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach übt Karlsruhe seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem sog. Kooperationsverhältnis zum Europäischen Gerichtshof aus. In den Entscheidungsgründen wird dieses eigenartige Verhältnis wie folgt beschrieben: Der Europäische Gerichtshof garantiert den Grundrechtsschutz in jedem Einzelfall für das gesamte Gebiet der Europäischen Gemeinschaften. Das Bundesverfassungsgericht seinerseits beschränkt sich auf eine generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards. 11 Darin scheint eine Abkehr von der früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu liegen. 1986 hatten die Karlsruher Richter ja festgestellt, daß sie ihre Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von sekundärem EG-Recht nicht mehr ausüben und dieses Recht nicht mehr am Maßstab der Grundrechte überprüfen würden, "solange" durch den EuGH ein wirksamer, den Anforderungen des Grundgesetzes im wesentlichen gleich zu achtender Grundrechtsschutz generell sichergestellt sei. Dieser Kompetenzvorbehalt ist in der Maastricht-Entscheidung nicht etwa abgeschwächt, sondern verstärkt worden. Das Bundesverfassungsgericht versteht sich offenbar nicht mehr als bloße "Reserveinstanz", ohne daß darüber hinaus jedoch Klarheit bestünde, wie die "Kooperation" zwischen beiden Gerichten künftig im einzelnen aussehen soll. Eigentlich kann doch nur gemeint sein: Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, nachdem der EuGH die Vereinbarkeit eines Gemeinschaftsrechtsaktes mit den Grundrechten bestätigt hat. Prozessual ist das nicht unproblematisch, in der Sache könnte es als anmaßend empfunden wer11

BVerfGE 89,155 (175).

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den. 12 Außerdem steckt in diesem Ansatz eine erhebliche Gefahr für das hohe Gut der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung in der Union. Da sich diese aber gerade als Rechtsgemeinschaft entwickelt hat, darf diese Gefahr nicht unterschätzt werden. Der immer noch nur über komplizierte Hilf~konstruktionen gewährleistete Grundrechtsschutz im Gemeinschaftsrecht stellt deshalb unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips ein Problem dar, das jedenfalls auf die lange Sicht gelöst werden muß. 2. Daß die Union auch föderativen Ordnungsprinzipien verpflichtet sein soll, besagt natürlich nicht, sie müsse drei stufig aufgebaut sein, also von der supranationalen Gemeinschaft über die Ebene der Mitgliedstaaten bis zur Ebene innerer Gliedstaaten. Das versteht sich schon deshalb von selbst, weil andere Mitgliedstaaten zentralistisch organisiert sind. Gemeint ist vielmehr, daß die Union als solche möglichst wenig zentralistisch verfaßt sein soll und auf die ggf. bundesstaatliche oder regionalistische Binnengliederung ihrer Mitglieder Rücksicht zu nehmen hat. Auf der Unionsebene sind föderative - subnationale - Elemente bei realistischer Betrachtungsweise allerdings kaum ausgeprägt. Der Ausschuß der Regionen, gern als Beispiel für eine föderativ orientierte Union genannt, führt bisher ein Schattendasein in den Gemäuern des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Union. Daß er nicht einmal über einen eigenen Sitzungssaal verfügt, empfinden eingefleischte Regionalisten als kränkend. Es ist auch nicht angemessen. Bekanntlich hat der Ausschuß gewisse Anhörungsrechte, kann aber auch von sich aus Stellungnahmen abgeben, wenn er der Auffassung ist, daß spezifische regionale Interessen berührt sind. In den eineinhalb Jahren seiner Existenz hat dieses sehr heterogen zusammengesetzte Organ gut vierzigmal Stellung bezogen. Die Kommission berichtet hierzu, der Ausschuß habe seine Stellungnahmen stets so rechtzeitig abgeben können, daß sich das Beschlußfassungsverfahren nicht verzögert habe. 13 Zweifellos kann davon ausgegangen werden, daß sich die Bedeutung dieses Organs nicht darin erschöpft, das Beschlußverfahren nicht aufzuhalten. Noch freilich ist nicht hinreichend deutlich, welchen Einfluß der Regionenausschuß in der Sache entfalten kann. Ich bleibe da sehr skeptisch. Auf Deutschland bezogen bedeutet Rücksichtnahme der Union auf die Binnengliederung der Mitgliedstaaten eine Bestandsgarantie der liinder. Integrationsakte, durch die die Gliederung des Rundes in Länder oder die grundSätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung berührt würde, wären gemäß Art. 79 Abs. 3 GG verfassungswidrig. Das verbietet durchaus nicht eine weitere Verdichtung des Unionsgefüges bis sogar in die Nähe eines Bundesstaates, von dem wir derzeit allerdings weit entfernt sind und über den das Maastricht-Urteil eisern schweigt. Entscheidend ist nur, daß die Eigenstaatlichkeit des Bundes und der Länder gewahrt bleibt.

12 13

Frowein, ZaöRV 54 (1994), 1. Kommissionsbericht vom 10.5. 1995, BR-Drs. 428/95, S. 24.

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Bekanntlich haben die Länder dem Bund gegenüber spürbare Verbesserungen ihrer Mitspracherechte in Angelegenheiten der Europäischen Union durchsetzen können. Nach dem neuen Art. 23 GG muß die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen mit dem EU-Partnern in Brüssel die Stellungnahmen des Bundesrates zu Vorhaben der Union berücksichtigen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist sie daran bei der Festlegung der deutschen Verhandlungsposition sogar gebunden. Das kann der Fall sein, wenn bei einem Vorhaben der Europäischen Union im Schwerpunkt Gesetzgebungs- oder Verwaltungs befugnisse der Länder betroffen sind. Geregelt ist auch die Beteiligung von Ländervertretern an den Verhandlungen in Brüssel. All dies ist nichts anderes als eine gewisse Teil-Kompensation des Verlustes an Länderkompetenzen, den die Abgabe von Hoheitsrechten an Brüssel zwangsläufig mit sich bringt. 14 3. In der Reihe der für die Weiterentwicklung Europas maßgeblichen Ordnungsprinzipien kommt schließlich dem Demokratiegrundsatz herausragende Bedeutung zu. Die Maastricht-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gründet sich nicht nur aus Verfahrens gründen 15 fast ausschließlich auf dieses Ordnungsprinzip. Die Union muß hinreichend demokratisch legitimiert sein. Kann sie dies überhaupt ohne die Existenz eines eigenen "Union-Volks" als der wichtigsten vorrechtlichen Voraussetzung für jede Demokratie? Ja, sagen nicht nur die "Berufseuropäer". Allerdings muß dieses sog. strukturelle Demokratiedefizit, diese "Volksherrschaft ohne Volk," durch mittelbare Legitimation ausgeglichen werden. Das Tatigwerden der Union läßt sich nur dann auf die Bürger der Mitgliedstaaten zurückführen, wenn von deren Staatsvölkern ein hinreichendes Maß an Legitimation und Einflußnahme innerhalb der Union gesichert ist. Deshalb verlangt das Bundesverfassungsgericht, daß den Parlamenten der Mitgliedstaaten substantielle Befugnisse verbleiben müssen. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung müsse eingehalten werden. Es dürfe keine Kompetenz-Kompetenz für die Europäische Union begründet werden. Die Inanspruchnahme weiterer Aufgaben und Befugnisse durch die Union sei von Vertragsergänzungen und Vertragsänderungen abhängig zu machen, mithin der zustimmenden Entscheidung der nationalen Parlamente vorzubehalten. Durch den Umfang der eingeräumten Aufgaben und Befugnisse dürften die Entscheidungs- und Kontrollzuständigkeiten der mitgliedstaatlichen Parlamente nicht in einer Weise entleert werden, die das Demokratieprinzip verletze. 16 Lassen Sie mich an zwei Beispielen verdeutlichen, was mittelbare Legitimation bedeutet und wie sie wirkt: am Beispiel der Wahrungsunion und am Beispiel der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. OschatdRisse, DÖV 1995,437. Die Maastricht-Entscheidung erging als Urteil über Verfassungsbeschwerden. Andere Strukturprinzipien als das Demokratieprinzip konnten in dem Verfahren nicht Prüfungsmaßstab sein. 16 BVerfGE 89, 155 (181 ff.). 14

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Die deutschen Banken sollen zwar schon Vorsorge für eine massenhafte Flucht aus der D-Mark treffen. Bekanntlich ist jedoch die Vorbereitung der Einführung einer einheitlichen Währung derzeit über das Einvernehmen zur Bandbreite der Stückelungen und zu Fragen der Gestaltung der Münzen und Banknoten nicht wesentlich hinausgekommen. Gut zu wissen immerhin, daß eine Arbeitsgruppe sich mit dem Durchmesser der Euro-Münzen befaßt. In der Sache darf man gespannt sein, wer am Ende die Konvergenzkriterien erfüllen wird, die nach dem Willen der europäischen Staats- und Regierungschefs tatsächlich ja strikt eingehalten werden sollen. Sicher ist: Wenn nach dem vorgesehenen Verfahren 17 eine einheitliche Währung eingeführt werden sollte, so stünde dies nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf ganz festem verfassungsrechtlichem Boden. Auch wenn derzeit noch nicht voraussehbar ist, welche Entwicklung die Währungsunion in ihren einzelnen Stufen nehmen wird, genügt das Zustimmungsgesetz zum Unionsvertrag den Erfordernissen parlamentarischer "Verantwortbarkeit", sagt das Gericht. 18 Aus der Sicht des Urteils ist hinreichend sichergestellt, daß ohne deutsche Zustimmung - und damit ohne maßgebliche Mitwirkung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates - die Konvergenzkriterien nicht "aufgeweicht" werden können, so wie dies in Deutschland zuletzt die sechs führenden wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute verlangt haben. Karlsruhe hat insoweit den von beiden Häusern in gleichlautenden Entschließungen eingenommenen Standpunkt bestätigt. Die Bundesregierung hatte sich schon vor dem Urteil ausdrücklich dazu bereit erklärt, Bundestag und Bundesrat vor Eintritt in die dritte Stufe zu beteiligen. Dabei ist allerdings einiges offen geblieben: Was geschieht z. B. bei divergierenden Voten der beiden Häuser ? Im Ergebnis, so das Bundesverfassungsgericht, unterwirft sich die Bundesrepublik mit der Ratifikation des Unionsvertrages deshalb nicht einem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren "Automatismus" zu einer Wahrungsunion, wenn sich die Bestimmungen der Artt. 109 j und 109 k EG-Vertrag für den unbefangenen Leser auch etwas anders darstellen. Jeder weitere Schritt sei entweder von gegenwärtig für das Parlament voraussehbaren Voraussetzungen oder aber von einer weiteren, parlamentarisch zu beeinflussenden Zustimmung der Bundesregierung abhängig. Das Bundesverfassungsgericht hält die Entwicklung der Währungsunion schließlich auch nach Eintritt in die dritte Stufe für voraussehbar normiert und insoweit parlamentarisch verantwortbar. Denn sollte die Währungsunion die bei Eintritt in die dritte Stufe vorhandene Stabilität der mitgliedstaatlichen Wirtschaftsordnungen nicht kontinuierlich im Sinne des vereinbarten Stabilisierungsauftrags fortentwickeln können, so würde sie die vertragliche Konzeption verlassen. Das ist 17

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Szenarien im Grünbuch der Kommission vorn 31. 5.1995 (Br-Drs. 409/95). BVerfGE 89, 155 (199 ff.).

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elegant formuliert, wegen des hohen Abstraktionsgrades jedoch kaum justitiabel. Bundestag und Bundesrat hatten es bündiger ausgedrückt: "Die künftige europäische Währung muß so stabil sein und bleiben wie die Deutsche Mark". Ein Wunsch, man könnte auch sagen eine Beschwörungsformel, aber sicher kein Rechtssatz ! Aber selbst wenn sich ein Gericht fände, das über eine Weichwährungssituation des europäischen Geldes zu befinden bereit wäre, was sollte die Konsequenz sein? Etwa Austritt aus der Währungsunion wegen vertragswidrigen Stabilitätsmangels und Rückkehr zur abgeschafften D-Mark? In den letzten Wochen ist ja gerade diese Frage besonders intensiv diskutiert worden: Was passiert eigentlich, wenn ein EU-Partner die Aufnahmehürden in die Wirtschafts- und Währungsunion schafft, sich anschließend aber - etwa durch exzessive Defizite - stabilitäts widrig verhält, was dann alle Partner in Mitleidenschaft zieht? Auf der Ebene des supranationalen Rechts ist in diesem Zusammenhang zwar in Art. 104c des EG-Vertrages und einem dazu vereinbarten Zusatzprotokoll - ein kompliziertes Verfahren zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite vorgesehen. Daran sollten allerdings keine hohen Erwartungen geknüpft werden: Das Verfahren ist ebenso langwierig wie schwerfällig, sein Sanktionensystem wenig praktikabel. Deshalb wird in Deutschland, aber auch auf europäischer Ebene (etwa vom Europäischen Währungsinstitut) Nachholbedarf gesehen. Voraussetzung für eine gemeinsame europäische Währung muß eben die kontinuierliche Erfüllung der Stabilitätskriterien sein, die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedsstaaten bedarf der dauerhaften Integration. Wie diese Kontinuität erreicht und gesichert werden soll, muß vor Eintritt in die dritte Stufe klar sein. Ob man das über Nachverhandlungen zum Maastrichter Vertrag erzielt, der sich auch insoweit als Torso erweist, oder ein ganz neues Vertrags werk anstrebt oder in anderer Weise regelt, ist dabei zweitrangig. Spätestens der Blick auf den geringen Einfluß, den die demokratisch legitimierten deutschen Staatsorgane auf die währungspolitisch relevanten Entscheidungen innerhalb der Union noch haben, zeigt, daß die Konzeption von der Sicherung der demokratischen Struktur der Union durch den Rückgriff auf die nationalen demokratisch legitimierten Organe Grenzen hat. Je schicksalhafter die Entwicklung der Union für die Völker Europas wird, desto weniger kann auf eine unmittelbar demokratische Struktur der Union selbst verzichtet werden. Ein weiteres Beispiel dafür, wie abstrakt die verfassungsrechtlichen Grenzlinien sind, bietet das Feld der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, das mehr noch als die schon verabredete Währungsunion einen Kernbereich staatlicher Souveränität berührt. Krieg und Völkermord auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien haben erneut deutlich gemacht, in welchem Zustand sich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union befindet. Es wird nicht die zweifellos verdienstvolle Arbeit

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der Reflexionsgruppe sein, die hier Abhilfe schafft. Wahrscheinlich hat der Philosoph Hermann Lübbe recht, wenn er sagt: "Wenn selbst der Kalte Krieg, als er am kältesten war, nicht Herausforderung genug war, aus den sechs Ur-Mitgliedern der Europaischen Gemeinschaft eine sicherheits- und militärpolitisch souveräne Verteidigungsgemeinschaft zu machen, dann ist in der gegenwärtigen Weltlage erst recht die Herausforderung nicht benennbar, die die europäischen Länder einschließlich Großbritanniens veranlassen könnte, ihr Schicksal einer verteidigungspolitisch ungeteilt souverän gemachten Europäischen Union anzuvertrauen. ,,19 Gesetzt den Fall, wir hätten eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die diesen Namen verdient, so würden ihr insbesondere durch die Adria-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 verfassungsrechtliche Grenzen gezogen. 20 Danach bedarf jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte, auch wenn er im Rahmen der Systeme kollektiver Sicherheit, denen Deutschland angehört, stattfindet, grundsätzlich der vorherigen konstitutiven Zustimmung des Parlaments. Natürlich sind militärische Einsätze auf der Grundlage des Artikels 24 Abs. 2 GG, wie sie Gegenstand der Adria-Entscheidung waren, mit Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie vom Vertrag über die Europäische Union eingeführt worden ist,21 nicht gleichzusetzen. Immerhin denkt die Reflexionsgruppe aber auch über die Aufnahme von Kampfeinsätzen zur Krisenbewältigung in den Unionsvertrag nach. Würde man die Entscheidung über solche Maßnahmen vergemeinschaften - und dies wäre ja wohl letzten Endes der Kern einer echten gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik - käme man aus deutscher Sicht klar an die Grenze des Demokratieprinzips. Denn das Bundesverfassungsgericht erklärt es zum verfassungsrechtlichen Gebot, daß das Parlament die Entscheidung über den konkreten Einsatz selbst trifft. Dieser Gesichtspunkt der "Wesentlichkeit" begrenzt die Aktionsmöglichkeiten der Union auch auf diesem Felde.

IV. Folgerungen Die beiden Beispielsfälle deuten zweierlei an: Bei näherem Hinsehen werden im Hinblick auf die Struktur der Union namentlich unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips verfassungsrechtliche Grenzen sichtbar. Dieses Prinzip wird über die Hilfskonstruktion der mittelbaren demokratischen Legitimation nur so lange als gewahrt betrachtet werden können, wie die einzelnen nationalen Staatsorgane noch einigermaßen substantiellen Einfluß jedenfalls auf die für das eigene Volk schicksalhaften Entscheidungen nehmen können. Innerhalb einer Währungsunion können massive wirtschafts- und finanzpoliti19

20 21

Hennann Lübbe, Abschied vom Superstaat, 1994, S. 28. BVerfGE 90,286 (381 ff.). Art. J ff EUV.

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sche Fehlentwicklungen in wichtigen Mitgliedstaaten dramatische Auswirkungen auf den Geldwert auch in den anderen Mitgliedstaaten haben. Wie schicksalhaft solche Entwicklungen für ein Volk sein können, haben die Deutschen zweimal in diesem Jahrhundert erfahren, wenn ich diese Feststellung auch gleich mit der Warnung vor Dramatisierungen wieder relativieren will. Das Bundesverfassungsgericht ist in der Maastricht-Entscheidung davon ausgegangen, daß die vertraglichen Sicherungen der "Stabilitätsgemeinschaft" (z. B. Art. 104 c EG-Vertrag - die Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten) so haltbar sind, daß sich keine "Schicksalsfragen" im Zusammenhang mit der Währungsunion stellen werden. Teilt man diesen Ausgangspunkt, ist die verfassungsrechtliche Problemschwelle wohl im Zusammenhang der Währungsunion tatsächlich nicht erreicht. Gleichwohl wird sichtbar, wie schwer die Grenzziehung bei der Beurteilung eines konkreten Sachverhalts wird. Zugleich wird deutlich, wie unvollkommen eine Währungsunion ohne politische Union ist. Ob das eine ohne das andere überhaupt zu machen ist, wird die Zukunft erweisen. Der frühere Bundesbankpräsident Schlesinger hat vor dem Bundesverfassungsgericht jedenfalls nur Beispiele für gescheiterte Währungsunionen nennen können, die ohne politische Vereinigungen auszukommen suchten. Für einen anderen Sachverhalt von potentiell schicksalhafter Bedeutung, den Einsatz von Streitkräften, hat das Bundesverfassungsgericht detaillierte Folgerungen aus dem Demokratieprinzip gezogen. Auch wenn die Union noch weit davon entfernt ist, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben, die diesen Namen verdient, zeigen die Ereignisse auf dem Balkan, wie schnell und konkret sich solche Fragestellungen ergeben können. Der Adria-Entscheidung wird man entnehmen müssen, daß die deutschen verfassungsrechtlichen Grenzen einer "Vergemeinschaftung" schwerwiegender sicherheitspolitischer Maßnahmen sehr eng gesetzt sind. Extrapoliert man die Ratio dieser Entscheidung, so wäre eine solche Vergemeinschaftung nur möglich, wenn das Repräsentativorgan eines Europäischen Volkes seine Zustimmung zum Streitkräfteeinsatz erteilen würde. Da es dieses Europäische Unionsvolk nicht gibt, scheidet diese Möglichkeit aus. Hier wird also eine verfassungsrechtliche Grenze der Fortentwicklung der Union deutlich. Man muß aber schon nahe an die Frage von Krieg und Frieden kommen, bevor man einen eindeutigen Fall der Überschreitung unserer verfassungsrechtlichen Grenzen findet. Für die alltägliche Praxis bedeutet dies: Die Grenzlinien - sowohl die, ab der die demokratische Legitimation der Union an sich nicht mehr ausreicht, als auch die der Aufgabe der eigenen Staatlichkeit der Bundesrepublik und ihrer Länder - sind schwer zu finden und diffus. Allerdings sieht es auch nicht so aus, als würde in der nächsten Zeit der ernsthafte Versuch unternommen, zu ihnen vorzudringen. Hermann Lübbe sagt, daß Großstaatenbildungen nicht auf der Tagesordnung unseres Jahrhunderts stehen. 22 Ich nehme an, daß das auch für das kommende Jahrhundert gelten wird.

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A.a.O., S. 19.

Bundesstaatliche Ordnung und Europäische Union aus der Sicht der (neuen) deutschen Landtage Von Erich Iltgen Gestatten Sie mir, bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, die Bemerkung, daß ich hier das Referat nicht in erster Linie in meiner Eigenschaft als derzeitiger Vorsitzender der Landtagspräsidentenkonferenz halte, sondern Ihnen meine persönliche Sicht der Dinge darlegen möchte. "Europäische Union - Gefahr oder Chance für den Föderalismus?" oder gar "Ende des Föderalismus?" So oder ähnlich lauteten die Überschriften von Abhandlungen über die Zukunft des deutschen Föderalismus. Es wurden und werden Fragen aufgeworfen, wie: "Wird mit fortschreitender Vollendung der Europäischen Union die Bedeutung der Bundesländer wachsen oder werden die bundesstaatlichen Erosionen im Prozeß der europäischen Integration fortschreiten, ja dazu führen, daß die Bundesländer ,höhere Gemeindeverbände innerhalb der Verwaltungsprovinz Bundesrepublik' werden?"

Auch ich kann auf diese Frage aus der Sicht eines Praktikers - ebenso wie die Staatsrechtswissenschaft - gegenwärtig keine abschließende Antwort geben; Tendenzen der weiteren Entwicklung des Föderalismus und damit der Funktion der Landesparlamente sind aber erkennbar. Nicht erst durch den europäischen Einigungsprozeß ist der Funktionsverlust der Landesparlamente zum Thema der Föderalismusdiskussion geworden. Schon seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird diese Entwicklung beobachtet und beklagt, ohne daß jedoch die vielen Reformvorschläge, die zum Gegensteuern diskutiert und erwogen wurden, in nennenswertem Umfang realisiert worden sind. Die Diskussion um den Kompetenz- und Funktionsverlust der Landesparlamente ist aus meiner Sicht vor allem deshalb von Bedeutung, weil sie den strukturellen Gegensatz zwischen Bundesstaat und parlamentarischem System in der Bundesrepublik illustriert. Wichtigstes Wesensmerkmal der Bundesstaatlichkeit ist die Eigenstaatlichkeit der Länder und des Bundesstaates. Die Staatsqualität der Länder bedingt ein gewisses Mindestmaß an Zuständigkeiten, die freie Bestimmung über ihre Organisation einschließlich der in den Landesverfassungen enthaltenen organisatorischen Grundentscheidungen und schließlich eine eigene Finanzausstattung, das heißt eine garantierte Beteiligung am Steueraufkommen. Hinzu kommt das Prinzip der Subsidiarität, das eine Intervention des Bundes bei konkurrierender Zuständigkeit nur dann ermöglicht, wenn die angestrebten Ziele nicht durch Interven-

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tion der Mitgliedstaaten in befriedigender Weise erreicht werden können. Diese rechtlich-abstrakte Beschreibung des deutschen Föderalismus entspricht aber längst nicht mehr der Wirklichkeit. Der reale Gehalt der Staatlichkeit der deutschen Länder unterliegt seit 40 Jahren einer schleichenden Erosion, insbesondere durch die Kompetenzverschiebung zu Ungunsten der Länder in der Gesetzgebung. Trotz der aufgrund von Art. 70 Abs. 1 GG den Ländern in der Regel zugewiesenen Gesetzgebungskompetenzen liegt diese, bedingt durch den umfangreichen Katalog der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeiten und der Rahmengesetzgebung des Bundes, tatsächlich jedoch beim Bund. Die Länder sind auf wenige Sachbereiche zurückgedrängt: Landesstaatsrecht, Haushaltsrecht, Organisation der Länderverwaltung und Landesdienstrecht (mit zum Teil weitreichenden Einschränkungen durch bundesrechtliche Vorgaben), Teile des Sicherheitsrechts, Polizeirecht, Teile des Umwelt-, Gesundheits-, Wirtschafts- und Verkehrsrechts, Kommunalrecht, Schul-, Bildungs- und Kulturbereich. Im Bereich der Finanzausstattung haben die Änderungen durch die sogenannte "kleine" Finanzreform von 1955 und "große" Finanzreform von 1969 die ursprünglichen Steuergesetzgebungskompetenzen der Länder zum Verschwinden gebracht. Mit der Einführung von Gemeinschaftssteuern, später auch Gemeinschaftsaufgaben, kam es zu einer zunehmenden "Politikverflechtung", die, positiv formuliert, als ,,kooperativer Föderalismus" bezeichnet wird. Art. 30 GG, die Vermutung für die Landeszuständigkeit, verlor dadurch immer mehr an Bedeutung. Statt über eigene Zuständigkeiten zur selbstverantwortlichen Aufgabenerfüllung verfügten die Länder oft nur mehr über Mitwirkungsrechte im Bundesrat. Eine Kompensation für die Kompetenzverluste der Länder stellt der Zuwachs an Einfluß im Bundesrat und zugleich über dieses Organ auf die Gesetzgebung, die Verwaltung und die Politik des Bundes aber nicht dar. Inzwischen hat sich das Bewußtsein dafür gestärkt, daß kein echter Ausgleich zwischen abwandernden Länderkompetenzen einerseits und einem vermehrten Gewicht des Bundesrats andererseits gegeben ist. Zwischen beiden besteht auch ein qualitativer Unterschied: Kompetenzverluste treten vor allem im Bereich der Gesetzgebung auf und schwächen damit die Landesparlamente. Dagegen kommt der Machtzuwachs des Bundesrates den dort vertretenen Landesregierungen und ihren Verwaltungen zugute. So eröffnet der Bundesrat den Landesregierungen Mitwirkungsrechte bei der Gesetzgebung zum Haushaltsrecht, beim Finanzausgleich und bei der Ausgestaltung der Gemeinschaftsaufgaben. Die Gesetzgebungskompetenz und Kontrollmöglichkeit der Landtage wird auf diesen Gebieten teils beseitigt und teils erschwert. Die Beschneidung der Kompetenzen der Landesparlamente bedeutet aber eine beschränkte Kontrolle und Teilnahme der Aktivbürgerschaft am Staatsleben, bedeutet Abbau demokratischer Substanz in den Ländern und damit eine Schwächung der Demokratie im Gesamtstaat. Im Ergebnis können weitere Funktionsverluste der Landesparlamente in die ernsthafte Frage nach ihrer Existenzberechtigung und damit nach der Berechtigung der Eigenstaatlichkeit der Länder überhaupt münden.

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Es hat sich also ein Wechsel vollzogen von der Selbst- zur Mitbestimmung, vom ..Substanz-" zum ..Mitwirkungsföderalismus". Da die Länder prinzipiell nach Art. 83 GG die Bundesgesetze durchzuführen haben, wird der Wechsel von legislativen zu exekutiven Aufgaben als ..Exekutivföderalismus" bezeichnet. Nur einen marginalen Kompetenzgewinn für die Länder brachte die jüngste Verfassungsreform, im Hinblick auf die Stärkung der Funktion und Kompetenzen der Landesparlamente ist das Ergebnis gar enttäuschend. Zwar kann festgestellt werden, daß in das Grundgesetz einige aus Sicht der Länder begrüßenswerte Neuerungen aufgenommen worden sind; ich nenne hierfür beispielhaft die Erhöhung der Ausübungsschranken für den Bund bei der konkurrierenden Gesetzgebung im Art. 72 GG, die kleine Einschränkung des Katalogs der Gegenstände für die konkurrierende Gesetzgebung im Art. 74 GG sowie die Beschränkung der Kompetenz zur Rahmengesetzgebung im Art. 75 des GG. Der eigentliche Gewinn für die Länder liegt meiner Ansicht nach aber in einer Ergänzung zu Art. 93 des GG, nach der Meinungsverschiedenheiten über die Voraussetzungen des Art. 72 GG auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder auch eines Landesparlaments an das Bundesverfassungsgericht herangetragen werden können. In dieser in den Abs. 1 des Art. 93 GG neu eingefügten Ziffer 2 a werden den Landesparlamenten erstmalig im Grundgesetz überhaupt Befugnisse eingeräumt. Diesen positiven Ergebnissen steht jedoch eine längere Liste der nicht erfüllten Forderungen der Landesparlamente gegenüber. Aus Zeitgründen möchte ich hier lediglich zwei davon erwähnen: 1. Der Katalog der Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 GG ist zwar minimal eingeschränkt worden, doch viel bedeutender als die beschlossenen Einschränkungen sind demgegenüber zwei neue in den Katalog eingeführte Bundeskompetenzen, nämlich für Staatshaftung sowie künstliche Befruchtung beim Menschen, Gentechnologie und Organtransplantation. 2. Ein weiteres wesentliches Anliegen der Landtagspräsidenten war die Überarbeitung der Vorschriften des Grundgesetzes über die Finanzverfassung mit dem Ziel, den - gegenwärtig von der Steuergesetzgebung fast gänzlich ausgeschlossenen - Landesparlamenten ein höheres Maß an Eigenverantwortung auch für die Einnahmenseite der Länderhaushalte zuzuordnen. Diesen wichtigen Komplex hat die gemeinsame Verfassungskommission bedauerlicherweise überhaupt nicht aufgegriffen. Eine Anhörung dazu, die sie den Landtagspräsidenten ursprünglich zugesagt hatte, wurde kurzerhand wieder abgesagt. Es muß also festgestellt werden: Die Verfassungsreform hat im Bereich der Gesetzgebungskompetenzen keine wesentlichen Verschiebungen zugunsten der Länder gebracht. Die vorgenommenen Änderungen der verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Gesetzgebung wurden zwar unter dem Gesichtspunkt der Stärkung des Föderalismus betrieben, und es wurden auch geringfügige Verschiebungen zugunsten einer Stärkung der föderativen Grundsätze der Verfassung erreicht. Diese

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Kompetenzgewinne allerdings kommen - wie bereits betont - ausschließlich den Landesregierungen, in der Regel als Verbundgewinne durch Mitwirkungskompetenzen im Bundesrat, zugute. Deutliches Beispiel hierfür ist - meiner Auffassung nach - der neue Europaartikel 23 des GG. Dieser hat zwar die Länderbeteiligung bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union und ihre Mitwirkung bei zukünftigen EU-Rechts akten und Vorhaben gefestigt und gestärkt. Zu registrieren ist aber, daß die Länderbeteiligung die Landesparlamente nicht einbezieht, und zwar auch nicht bei Materien, die landesgesetzlich umgesetzt werden müssen. Art. 23 Abs. 4 GG hält den Grundsatz fest, daß die Länder über den Bundesrat an der Willensbildung des Bundes in Angelegenheiten der Europäischen Union zu beteiligen sind. Dies gilt, soweit der Bundesrat an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären. Die Verfassung stellt damit vor allem klar: Die innerstaatliche Beteiligung am Meinungsbildungsprozeß in Angelegenheiten der Europäischen Union hat über den Bundesrat zu erfolgen und nicht auf der Ebene der zur Einstimmigkeit verpflichteten "reinen", unmittelbaren Länderbeteiligung. Dies wird in Art. 23 Abs. 2 GG sowie in § I des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) ausdrücklich bekräftigt. Auch in der Neufassung des Art. 50 GG findet die Mitwirkung der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Union über den Bundesrat ihren Niederschlag. Aus Sicht der Landesparlamente ist daher kritisch anzumerken, daß ihnen eine Einflußnahme bei der Übertragung von Hoheitsrechten der Länder auf die Union oder bei der die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder betreffende Mitwirkung an der europäischen Gesetzgebung im Rat praktisch verwehrt ist. Dies vor allem auch deswegen, weil im Bundesrat, der hierbei gewissermaßen als "Treuhänder" von Länderinteressen fungiert, weisungsgebundene Regierungsmitglieder agieren, die im Einzelfall grundsätzlich von den Landesparlamenten unabhängig sind. Meiner Auffassung nach müßte aber gelten, daß die Übertragung von Hoheitsrechten der Länder und die Mitwirkung an der europäischen Gesetzgebung primär Sache des Landesgesetzgebers ist. Es erscheint mir sehr bedenklich, daß die Landesparlamente in diesen Fällen, wo es um ihre Gesetzgebungsbefugnisse geht, gegenwärtig weniger Einflußmöglichkeiten auf die europäische Gesetzgebung haben als das ja nicht gerade mit nennenswerten Kompetenzen ausgestattete Europäische Parlament. Ich halte es deshalb für durchaus lohnenswert, darüber nachzudenken, ob und gegebenenfalls wie diesem Zustand durch entsprechende Änderungen der Landesverfassungen entgegnet werden könnte. Wie aber sind bei der derzeitigen verfassungsrechtlichen Lage in den Ländern die Einflußmöglichkeiten der Landesparlamente auf die Landesregierungen tatsächlich ausgestaltet? Nach der überwiegend in der Verfassungsrechtslehre vertretenen Auffassung ist es den Landesparlamenten grundsätzlich verfassungsrechtlich verwehrt, die Regie-

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rungen in Bundesratsangelegenheiten rechtlich zu verpflichten, d. h. ihnen Weisungen hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens im Bundesrat zu erteilen. Der Bundesrat ist nach Art. 50 GG ein Bundesorgan und besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder und nicht aus Parlamentariern. Unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte von Art. 50 und Art. 51 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht zur Stellung des Bundesrates als föderativ verfaßtes Bundesorgan schon sehr früh ausgeführt, daß sich der Verfassungsgeber gerade nicht für den auf dem Gedanken der Repräsentation des Landesstaatsvolkes beruhendes Senatsprinzips entschieden hätte, sondern für eine Vertretung der Landesregierungen im Bundesrat. Dies bedeute, daß weder die Landesparlamente noch das jeweilige Landesvolk zu einem Hineinwirken in die Entscheidungen des Bundesrates befugt seien. Für zulässig zu halten scheint das Bundesverfassungsgericht hingegen eine Rechenschaftspflicht der Mitglieder der Landesregierung gegenüber dem Landesparlament, die sich auf die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament gründet. Über eine Ausgestaltung dieser Rechenschaftspflicht hat sich das Gericht aber nicht geäußert. Demzufolge werden hierzu unterschiedliche Meinungen vertreten. Die restriktivste Auffassung geht von einer allenfalls reinen Informationspflicht der Regierung gegenüber dem Parlament aus, mit der Folge, daß sich das Kontrollrecht der Landesparlamente prinzipiell auf eine nachträgliche Kontrolle mit der Möglichkeit der Rüge, Mißbilligung oder - im Extremfall - Abwahl der Regierung beschränkt. Es wird aber auch die Möglichkeit einer politisch empfehlenden Einflußnahme des Landesparlaments in Bundesratsangelegenheiten für zulässig gehalten, zum Teil mit der Maßgabe, daß es sich um verfassungspolitische und gesamtstaatlich bedeutsame Angelegenheiten handeln muß, zum Teil mit einer Beschränkung der Thematik, die Länderinteressen speziell und unmittelbar berührt. Es wird weiterhin auch zwischen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 GG, wo auch eine lediglich empfehlende Stellungnahme des Landtages unzulässig sein soll, und den Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 74 und 75 GG differenziert. Die weitestgehende Meinung gesteht dem Landesparlament hingegen ein "mitlaufendes Kontrollrecht" in Bundesratsangelegenheiten zu, das auch die Befugnis umfaßt, durch vorherige Befassung und Beschlußfassung den Entscheidungsprozeß der Regierung noch zu beeinflussen. Wie ist nun aber in der Staatspraxis die Information der Landesparlamente in Bundesrats- und EU-Angelegenheiten ausgeprägt und gibt es über die reine Information hinausgehende Entscheidungsabstimmungen zwischen Regierung und Parlament? Aus einer im Jahre 1994 vom Landtag Baden-Württemberg bei den Landesparlamenten durchgeführten Umfrage ergibt sich, daß in 13 der 16 Landesparlamente Ausschüsse eingerichtet worden sind, die sich speziell mit Bundesrats- und Euro4 Merten

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paangelegenheiten befassen, in Nordrhein-Westfalen in der Form eines Unterausschusses des Hauptausschusses. Lediglich in Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein existieren derartige Ausschüsse nicht. Dort werden die EUAngelegenheiten in den jeweils zuständigen Fachausschüssen behandelt, in BadenWürttemberg im sogenannten Ständigen Ausschuß, soweit es um Fragen von grundsätzlicher oder institutioneller Bedeutung sowie um die Behandlung fachübergreifender EU-Vorhaben geht. Verfahrensregelungen zur Beteiligung des Landtages bei. der innerstaatlichen Willensbildung zu landesrelevanten Vorhaben der Europäischen Union gibt es in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Mit Ausnahme der rheinland-pfälzischen Regelung bewegen sich die Verfahren in den übrigen Ländern auf der Ebene der reinen Information der Parlamente durch die Regierung, wobei lediglich in Baden-Württemberg und Niedersachsen dem Parlament, in Eilfällen dem zuständigen Ausschuß, die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme vor der Beratung der Angelegenheit im Bundesrat eingeräumt wird, soweit es sich um Vorhaben der Europäischen Union handelt, die ganz oder in einzeln~n Bestimmungen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Landes fallen. In Rheinland-Pfalz ist darüber hinaus die Regierung verpflichtet, bei einer Abweichung von der Stellungnahme des Landtages diesen über die maßgeblichen Gründe für die Abweichung zu unterrichten. In einigen Landtagen wird bereits über eine Fortentwicklung dieser Vereinbarungen entsprechend der verbesserten Mitwirkungsrechte der Landesregierung über den Bundesrat nachgedacht, wobei z. B. in Baden-Württemberg auch eine Bindung der Landesregierung an die Beschlüsse des Landtages, sofern Gesetzgebungskompetenzen des Landes berührt sind, ins Auge gefaßt wird. In RheinlandPfalz wird die Aufnahme einer Bestimmung in die Landesverfassung über die Informationspflicht der Landesregierung gegenüber dem Parlament auch in Bezug auf Angelegenheiten der Europäischen Union diskutiert und auch die Einfügung einer Verfassungsbestimmung mit folgendem Wortlaut erwogen: "Der Landtag wirkt an der Willensbildung des Landes in europapolitischen Angelegenheiten mit". In diese Richtung weisen auch die Forderungen der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landtage, die in einer im Oktober 1994 verabschiedeten Entschließung gegenüber den Landesregierungen formuliert wurden. Neben einer umfassenden, frühzeitigen und vollständigen Information des Landesparlaments über Vorhaben der Europäischen Union wird die Beachtung von Beschlüssen des Landesparlamentes durch die Regierung gefordert. In der Entschließung heißt es: "Soweit Vorhaben der Europäischen Union Gesetzgebungskompetenzen der Länder betreffen oder für die Länder von grundSätzlicher Bedeutung sind, hat folgendes zu gelten: Die Landesparlamente erwarten, daß - die Landesregierung Stellungnahmen des Landesparlaments zu solchen Vorhaben der Europäischen Union berücksichtigt;

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- in Fällen, in denen durch ein Vorhaben im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind und daher die Verhandlungsführung im Rahmen der Europäischen Union auf einen Vertreter der Länder übertragen worden ist, die Landesregierung der Stellungnahme des Landesparlaments entspricht; - die Landesregierung Stellungnahmen des Landesparlaments, durch die die Landesregierung ersucht wird, im Bundesrat daraufhin zu wirken, daß die Bundesregierung eine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft erhebt, entspricht. Darüber hinaus wird eine BegfÜndungspflicht bei einem wesentlichen Abweichen von einer Stellungnahme des Landesparlamentes gefordert, entsprechend der schon in Rheinland-Pfalz praktizierten Regelung. Daneben sind die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landtage der Auffassung, daß die Mitwirkungsmöglichkeiten des Landesparlaments in Europafragen landesverfassungsrechtlich abgesichert werden sollten. Ein weiteres Anliegen der Präsidentenkonferenz betrifft eine angemessene Beteiligung der Landesparlamente im Ausschuß der Regionen, insbesondere bei der Bestellung der deutschen Ländervertreter soll eine Mitwirkung der Landesparlamente ermöglicht werden, wobei aus Sicht der Landtage eine Wahl der Ländervertreter durch die Parlamente als wünschenswert erscheint. Im Vertrag von Maastricht haben die Länder mit dem Ausschuß der Regionen ein neues Instrument zur Teilnahme am Normsetzungsprozeß in der Europäischen Union erhalten. Die Befugnisse des Ausschusses sind zwar auf ein Anhörungsrecht und das Recht zur Abgabe von Stellungnahmen beschränkt und er gehört auch nicht zu den Organen der Gemeinschaft, sondern ist nur ein den Rat und die Kommission unterstützendes Gremium. Ob dieser Ausschuß deshalb lediglich eine "folkloristische Schaubühne" genannt werden darf, wie es ein Staatsrechtler getan hat, oder ob dieses Gremium der "Landesblindheit" der Europäischen Union entgegenwirken kann, ist gegenwärtig nicht abschließend zu beurteilen. Wichtig festzustellen scheint mir aber, daß die Einrichtung des Regionalausschusses den Regionen in der Europäischen Union doch gewisse Möglichkeiten verleiht, ihre Interessen durch eigenständige, nicht lediglich durch die Regierungen der Mitgliedsstaaten vermittelte Aktivitäten gegenüber Rat und Kommission zu artikulieren und in den politischen Prozeß einzubringen; nicht zuletzt deshalb, weil ihm ein unbegrenztes Selbstbefassungsrecht eingeräumt ist. Es bleibt im Rahmen dieses Referats nicht der Raum, um auf die sich aus der Konstruktion des Regionalausschusses ergebenden vielfältigen Rechtsprobleme, etwa bei seiner Besetzung, der Rechtsstellung seiner Mitglieder und deren Rechte und Pflichten, einzugehen. Hinsichtlich der Rückwirkungen auf die innerstaatlichen Verfassungsstrukturen möchte ich aber anmerken, daß die Besetzung des Regionalausschusses sowohl mit Regierungsmitgliedern als auch mit Parlamentariern 4*

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zu einer Schwächung der Kontrollfunktion des Landtags gegenüber der Regierung führen kann, da es bei einer solchen Konstellation künftig schwieriger wird als bisher, die Regierung in europapolitischen Fragen zu kritisieren. Da die Landesregierung gegenüber dem Parlament über den größeren Verwaltungsapparat verfügt, droht die Gefahr, daß der Gewinn der Landesparlamente an Mitwirkungsmöglichkeiten wegen der Einbindung ihrer Vertreter in regierungsbestimmte Politikkonzepte in ein Minus an parlamentarischer Kontrolle mündet. Dies gilt um so mehr, als die begrenzte Zahl an Sitzen im Regionalausschuß in der Praxis nicht zulassen wird, die Vertreter aller Fraktionen eines Landtages in gleicher Weise in die Politikgestaltung auf der europäischen Ebene einzubeziehen. Auch aus diesen Gründen halte ich es für notwendig, die demokratische Legitimation des Ausschusses dadurch zu stärken, daß seine Mitglieder über politische Wahlmandate verfügen oder einer politischen Vertretung gegenüber unmittelbar verantwortlich sind. In Deutschland sind die Mitglieder des Ausschusses der Regionen daher von den Landesparlamenten zu wählen. Der Ausbau des Ausschusses zu einer echten "Dritten Kammer" ist anzustreben. Lassen Sie mich nun noch kurz auf die Frage eingehen, welche Kompetenzeinbußen die Länder infolge der europäischen Integration zu erwarten haben. Hier waren Befürchtungen im Vorfeld des Maastricht-Vertrages hinsichtlich eines Abflusses von Gesetzgebungskompetenzen auf die EU, besonders im Kultur- und Bildungsbereich, stark ausgeprägt, da die Kulturhoheit der Länder als Kern ihrer Eigenstaatlichkeit betrachtet wird. D~rch die weitgehende Umsetzung der Forderungen der Länder zur Sicherung ihrer Eigenstaatlichkeit im Maastricht-Vertrag wurden diese Sorgen aber gedämpft. So ist es gelungen, restriktive und eindeutige Kompetenzzuweisungen an die EU, insbesondere im Kultur- und Bildungsbereich, durchzusetzen. Generell wird die EU auf die bloße Leistung eines Beitrags und auf Fördermaßnahmen beschränkt. Hierdurch wird auch dem - in der Vergangenheit im Bildungsbereich öfter praktizierten - Rückgriff der Gemeinschaft auf die "Besser-Erfüllungs-Klausel" im Art. 235 EG-Vertrag vorgebeugt. Wobei ich hier ergänzend darauf hinweisen möchte, daß die Präsidentenkonferenz der deutschen Landesparlamente sich für die Streichung dieser Generalklausei ausgesprochen hat. Auch das mit Art. 3 b des Unionsvertrags eingeführte Subsidiaritätsprinzip wird sich als Schutz für die Länder erweisen, auch wenn es nicht, wie ursprünglich gefordert, als Kompetenzverteilungs-, sondern als Kompetenzausübungsregel ausgestaltet wurde und primär die Zuordnung der Gemeinschaft zu den Mitgliedstaaten, nicht zu den Ländern betrifft. Kompetenzwahrend auch für die Länder wirkt es sich zumindest indirekt aber dadurch aus, daß es zunächst zwar nur den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung bekräftigt und eine Vorrangregel für das wirksame Handeln der staatlichen Ebene vorsieht, dann aber die Intensität jeder Gemeinschaftsmaßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterwirft. Allgemein gilt: Daß im Zuge der EU-Integration die Mitgliedstaaten Kompetenzen an die EU abgeben, liegt in der Natur der Sache. Insofern verbietet es sich

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auch, den in unserem föderalen System angelegten Gesetzgebungskompetenzverlust der Landesparlamente schwerpunktmäßig der europäischen Integration zuzuschreiben. Die Gesetzgebungskompetenzen der Länder sind seit Bestehen der Bundesrepublik kontinuierlich dezimiert worden, da der Bund unter dem Verfassungsgebot der Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse die konkurrierende Gesetzgebung systematisch aus- und damit Länderkompetenzen abgebaut hat; dies aber oft im Einverständnis mit den Landesparlamenten. Die Landesparlamente sind aus meiner Sicht nicht ausschließlich als Opfer dieser Entwicklung zu betrachten, sie haben auch einiges selbst zu ihrer "Entmachtung" beigetragen. (Der Abgeordnete Büssow hat hierzu im Jahr 1988 im Landtag von Nordrhein-Westfalen angemerkt: "Nur der einzelne Parlamentarier - oder in der Summe das Parlament - ist an sich der eigentliche Störfaktor im deutschen parlamentarischen System. So verhalten wir uns dann ja auch, wir Abgeordneten: ängstlich, abwartend, demütig, jedes Rahmengesetz des Bundes gehorsam ausfüllend oder auch immer in Bereitschaft stehend, jeden Exekutiverlaß der Europäischen Kommission in ein Landesgesetz umzuschreiben. ") Im Zusammenhang mit der Verlagerung von Gesetzgebungskompetenzen von den Ländern auf die Europäische Union möchte ich auf einen noch nicht so beachteten Aspekt hinweisen. Der wegen des Subsidiaritätsprinzips notwendigerweise höhere Abstraktions- und niedrigere Intensitätsgrad der europäischen Rechtsetzung kann den Ländern weitere Spielräume bei der Ausführung von Gesetzen im Sinne des Art. 83 GG eröffnen, als ihnen bisher gegeben waren. Schon wegen der Tatsache, daß eine allgemeine, für alle Regionen der Europäischen Union gleichermaßen gültige Regelung, um ihr Ziel zu erreichen, das Detail der sachgerechten Durchführung den Stellen "vor Ort" überlassen muß, bietet die Kompetenzverlagerung auf die EU den für die Durchführung zuständigen Ländern die Chance eines Kompetenzgewinns, der sich zunächst nur auf den Bereich der Verwaltung erstreckt. Eine derart gestärkte Länderexekutive bedarf natürlich einer entsprechend intensiveren demokratischen Kontrolle durch die Landesparlamente, die in der Kontrolle der Ausübung der vollziehenden Gewalt neben der Gesetzgebung ihre verfassungsrechtliche Funktion besitzen. Man könnte also unter dem eben angedeuteten Aspekt die Verlagerung von Gesetzgebungskompetenzen auf den Bundesstaat und die Europäische Union nicht mehr allein als Funktionsverlust der Landesparlamente begreifen, sondern, positiv gewendet, als Wandel hin von der Legislativfunktion zur Kontrollfunktion. Zum Abschluß meiner Ausführungen gestatten Sie mir bitte noch folgende Anmerkung: Meiner Auffassung nach handelt es sich bei der gegenwärtigen Gestaltung der Mitwirkung der Länder, aber insbesondere der Landesparlamente, in Angelegenheiten der Europäischen Union um eine Übergangslösung. Ob es allerdings gelingt, die Rolle der Landtage zukünftig zu erhalten oder gar zu stärken, hängt nicht unwesentlich von diesen selbst ab. Die aktuelle Aufgabe, die sich den Landtagen stellt, ist die Herstellung ihrer "Europafähigkeit" oder auch "Europatauglichkeit". Dies beinhaltet konkret die Schaffung der rechtlichen und innerorganisatori-

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sehen Voraussetzungen für eine angemessene Mitwirkung der Parlamente am europäischen Integrationsprozeß. Hier besteht in den Landtagen der fünf neuen Bundesländer sicher ein größerer Nachholbedarf als in den Parlamenten der alten Länder. Dies gilt konkret im Hinblick auf die Bildung von mit entsprechenden Befugnissen ausgestatteten Europaausschüssen, das Ausloten der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Beeinflussung der Landesregierungen, der Ausschöpfung der Inforrnations- und Kontrollmöglichkeit gegenüber den Regierungen sowie die Anpassung der Landtagsverwaltungen an die neuen Herausforderungen auf dem Gebiet der Europapolitik. Die dazu erforderlichen Änderungen der Landesverfassungen, Geschäftsordnungen und anderer Regelwerke müssen ermittelt und zügig umgesetzt werden. Andauerndes Klagen über Funktions- und Kompetenzverluste der Landesparlamente wird denn auch als Machtverlust der Landesparlamente bezeichneten Prozeß nicht aufhalten. Ich sehe in der "Entparlamentarisierung" im Zuge der Intensivierung der Europäischen Integration auch eine Aufforderung an die Reforrnkompetenz der Landtage. Neben allen Strategien, die auf eine Verbesserung der Beteiligung an höherstufigen oder innerregionalen Entscheidungsprozessen zielen, muß zunächst die innerinstitutionelle Reorganisation der Landesparlamente stehen. Notwendig ist hierfür nach meiner Auffassung vor allem, daß die Landesparlamente selbstbewußter von ihren Kompetenzen Gebrauch machen. Hier gilt: Man kann nicht nur über die Befugnisse der Kompetenzen der Landesparlamente philosophieren, sondern man muß sie praktizieren!

Die Bedeutung der Landesparlamente in Deutschland Von Walter Rudolf

I. In den Verfassungen der 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland ist jeweils das Landesparlament als Volksvertretung vor allen anderen Verfassungsorganen genannt. Die genaue Bezeichnung in 13 Ländern ist Landtag, in Berlin Abgeordnetenhaus, in Hamburg Bürgerschaft und in Bremen nennt die Verfassung beide Bezeichnungen: Landtag und Bürgerschaft, wobei die letztere die allgemein gebräuchliche ist. Für den Juristen läßt sich die Bedeutung der Landesparlamente am besten von ihren Aufgaben und Kompetenzen her erschließen. In allen Ländern sind sie das gesetzgebende Organ; sie beschließen die Gesetze. Die Gesetzgebung urnfaßt auch die Entscheidung über den Haushalt, also über alle Einnahmen und Ausgaben des Landes. In der Mehrzahl der Länder gibt es daneben auch die Möglichkeit der Gesetzgebung durch Plebiszit, doch sind bisher nur ganz wenige Fälle plebiszitärer oder durch Plebiszit initiierter Gesetzgebung vorgekommen. Das Initiativrecht zur Vorlage von Gesetzen liegt im übrigen in der Praxis vornehmlich bei den Landesregierungen, während aus der Mitte der Landesparlamente ein wesentlich geringerer Teil von Gesetzesvorlagen eingebracht wird. In Bayern hat auch der Senat das Recht zur Gesetzesinitiative. Bei ihm handelt es sich um die Vertretung der sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und gemeindlichen Körperschaften des Landes. Die Senatoren werden von den zuständigen Körperschaften des öffentlichen oder privaten Rechts nach demokratischen Grundsätzen gewählt, die Vertreter der Religionsgemeinschaften von diesen bestimmt. Der Senat kann zu Gesetzesvorlagen der Landesregierung auf deren Ersuchen gutachterlich Stellung nehmen und die vom Landtag beschlossenen Gesetze sind dem Senat noch vor der Veröffentlichung zur Kenntnisnahme vorzulegen. Gegen ein vom Landtag geschlossenes Gesetz kann der Senat begründete Einwendungen erheben und sie dem Landtag zuleiten. Der Landtag beschließt dann darüber, ob er den Einwendungen Rechnung tragen will oder nicht. Daraus folgt, daß auch in Bayern kein Zweikammersystem besteht, sondern der Landtag das einzige Organ der Landesgesetzgebung ist, da er mit einfacher Mehrheit über Änderungsvorschläge des Senats hinweggehen kann.

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Darüber hinaus haben die Landesparlamente Kreationsbefugnisse und Kontrollkompetenzen. Sie wählen den Regierungschef, der zugleich Staatshaupt des Landes ist, und wählen oder bestätigen die Minister. Die Mitglieder der Regierung sind meist auch Abgeordnete des jeweiligen Landesparlaments. Eine Trennung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat ist in Bremen und in Hamburg verfassungsrechtlich geboten, so daß in diesen beiden Bundesländern Mitglieder der Landesregierung nicht zugleich Abgeordnete des Landesparlaments sein dürfen. In den übrigen Ländern wird eine Trennung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat zunehmend häufiger gefordert. Die Landesparlamente wählen auch die Mitglieder des Verfassungsgerichts des Landes und außerdem in den meisten Ländern die Präsidenten und Vizepräsidenten der Landesrechnungshöfe und die Landesbeauftragten für den Datenschutz, in Berlin auch die Generalstaatsanwälte und den Polizeipräsidenten. Sie kontrollieren die parlamentarisch verantwortliche Regierung durch schriftliche und mündliche Anfragen, können Untersuchungsausschüsse einsetzen, um bestimmte Vorgänge aufzuklären und können Enquete-Kommissionen einrichten, um Gesetzesvorhaben vorzubereiten. Die Landesparlamente werden auf vier, in einigen Ländern auf fünf Jahre gewählt. Sie wählen jeweils ihren Präsidenten, der nach dem Regierungschef protokollarisch an der zweiten Stelle steht. Sie wählen ferner Vizepräsidenten und einen Ältestenrat, bilden nach politischen Parteien zusammengesetzte Fraktionen sowie fachliche Ausschüsse und ggf. Unterausschüsse und regeln ihre eigenen Angelegenheiten, insbesondere den Gang der Gesetzgebung durch eine Geschäftsordnung. Außerdem erlassen sie sonstige autonome Ordnungen zum Beispiel über Untersuchungsausschüsse oder den Datenschutz im Landesparlament. Der Präsident ist zugleich oberster Dienstvorgesetzter des Verwaltungspersonals des Parlaments. Er ernennt, befördert und entläßt die Bediensteten. Die Verwaltung des Parlaments, die durch den Landtagsdirektor als Amtschef geleitet wird, unterliegt der Finanzkontrolle des Rechnungshofs.

11. Die zentrale Kompetenz der Landesparlamente, nämlich die Gesetzgebung, ist durch die Bundesverfassung begrenzt; denn diese bestimmt die Materien, die in die Kompetenz des Bundes fallen, also nicht den Ländern und damit den Landesparlamenten zur gesetzlichen Regelung überlassen bleiben. Wer das Grundgesetz liest, gewinnt den Eindruck, daß dem Verfassungsgeber nichts näher am Herzen lag als der Bundesstaat. In Art. 20 Abs. 1, der die Staatsform definiert, kommt das Wort "Bund" gleich zweimal vor: "Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat." Art. 30 bestimmt, daß die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine anderen Regelungen trifft oder

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zuläßt. Art. 79 Abs. 3 verbietet jede Verfassungsänderung, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder und die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung berührt werden - und dies obwohl das Bundesstaatsprinzip ohnehin durch das Verbot einer die Grundsätze des Art. 20 berührenden Grundgesetzänderung für den Verfassungsgesetzgeber Tabu ist. Mit dem in Art. 79 Abs. 3 normierten strikten Verbot einer Verfassungsänderung ist der Bundesstaat in dem überhaupt möglichen Ausmaß normativ geschützt und abgesichert, er genießt "Ewigkeitsgarantie". Bei einem so starken Schutz der Länder und ihrer Kompetenzen scheint deren Bedeutung und damit die der Landesparlamente beachtlich zu sein. Das wird dadurch bestätigt, daß die 16 Länder "Staaten mit eigener, wenn auch gegenständlich beschränkter, nicht vom Bund abgeleiteter, sondern von ihm anerkannter staatlicher Hoheitsrnacht" sind. So hat es das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem allerersten Urteil vor nunmehr fast genau 44 Jahren festgestellt und daran ist seither nicht gerüttelt worden. Die Staatlichkeit der Länder ist auch nicht dadurch gemindert, daß die Bundesrepublik nicht - wie etwa die USA, die Schweiz oder 1870171 das Deutsche Reich durch einen völkerrechtlichen Vertrag der Gliedstaaten entstanden ist; denn auf die Art der Entstehung kommt es für eine verfassungsrechtliche Beurteilung des Bundesstaates nicht an. In Österreich sind die Bundesländer sogar erst durch ein Gesetz des Einheitsstaates 1920 geschaffen worden, was am Bundesstaatscharakter der Republik Österreich nichts ändert. Auch die lateinamerikanischen Bundesstaaten sind aus Einheitsstaaten hervorgegangen. Unter den Ländern sind einige, die auf eine jahrhundertelange, teilweise sogar tausendjährige Tradition zurückblicken können, wie Bayern, Sachsen, Hamburg und Bremen, die seit dem Westfälischen Frieden von 1648 bis in das zweite Drittel des vorigen Jahrhunderts souveräne Staaten waren. Sie gehörten zwar bis 1806 dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation an, was aber ihrer Souveränität keinen Abbruch tat - war doch das Sacrum Imperium ein Gebilde, das nach heutigem Verständnis eher einer internationalen Organisation als einem Bundesstaat glich. So konnte sich in diesen Ländern ein Landesbewußtsein bilden, das auch die Zeit nach der Zerschlagung des deutschen Bundesstaates im Jahre 1934 überdauert hat, in Sachsen auch die 45 Jahre kommunistischer Herrschaft. Mecklenburg, das jetzt mit dem früheren preußischen, davor schwedischen Vorpommern ein Land bildet, feiert dieses Jahr sein tausendjähriges Bestehen. Diese historische Reminiszenz darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Mehrzahl der deutschen Länder Produkte der Zoneneinteilung der alliierten Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg sind. Das gilt nicht nur für die BindestrichLänder von Schleswig- Holstein über Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz bis Baden-Württemberg, sondern auch für Niedersachsen und Hessen. Die fünf Länder im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik sind trotz des Traditionsbewußtseins in Sachsen, Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg gerade erst fünf Jahre alt. Sie wurden entsprechend der territorialen Gliederung durch die sowjetische Besatzungsmacht nach dem Zweiten Weltkrieg - allerdings mit eini-

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gen Veränderungen - durch das Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990 geschaffen, nach einem Gesetz der DDR - also wie die österreichischen Bundesländer durch Gesetz eines Einheitsstaates. Sie wurden, wie es in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages zwischen Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik heißt, Länder der Bundesrepublik Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt war die Bundesrepublik ein Staat, dessen bundesstaatliche Struktur sich von der des Jahres 1949 ziemlich unterschied.

III.

Von den 42 Verfassungsänderungen des Grundgesetzes zwischen 1951 und 1994 betrafen nicht wenige den Bundesstaat. Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Gesetzgebungskompetenzen der Länder auf den Bund übertragen - jeweils mit Zustimmung der Länder im Bundesrat, und zwar nicht nur mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, sondern meist einstimmig. In Deutschland kann die Verfassung nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Beim Bundesrat handelt es sich sowohl hinsichtlich seiner Zusammensetzung wie seiner Kompetenzen um ein historisch bedingtes deutsches Unikum. Er ist keine zweite Kammer eines Parlaments wie der Senat des amerikanischen Kongresses oder das House of Lords des britischen Parlaments, sondern ein höchst einflußreiches Relikt aus der Zeit der Souveränität der deutschen Staaten. Er gleicht in der Zusammensetzung der Vertretung der Mitgliedstaaten - das sind die Regierungen - in einer internationalen Organisation. Historische Vorbilder sind seit dem Deutschen Bund von 1815 gegeben. Mitglieder des Bundesrats sind nur Mitglieder der Landesregierungen, wobei eine Stimmenwägung entsprechend der Größe der Länder stattfindet. Vier kleine Länder haben je drei, acht mittlere je vier und die vier großen je sechs Stimmen, das sind zusammen 68 Stimmen, so daß für die Mehrheit 35 Stimmen erforderlich sind. Die Stimmen eines Landes können - wie in internationalen Organisationen - nur einheitlich abgegeben werden. Der Bundesrat hat das Gesetzesinitiativrecht. Gesetzesinitiativen der Bundesregierung werden über den Bundesrat an das Parlament geleitet, damit dem Bundesrat in einem ersten Durchgang Gelegenheit zur Stellungnahme vor der eigentlichen Einbringung des Gesetzes im Parlament gegeben ist. Diese Stellungnahme ist dem Gesetzentwurf der Regierung beizufügen. Hat das Parlament ein Gesetz beschlossen, hat der Bundesrat im Regelfall ein Einspruchsrecht. Der Einspruch kann mit der einfachen Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. Bei einer beachtlichen Reihe von Gesetzen - die Fälle sind im Grundgesetz jeweils bei der einschlägigen Materie bestimmt - muß der Bundesrat zustimmen. Versagt er die Zustimmung, ist das Gesetz gescheitert.

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Da die Regierungen der Länder durch den Bundesrat an der Bundesgesetzgebung mitwirken, also auch in den Fällen mitwirken, die früher einmal ihre eigene Gesetzgebungskompetenz betrafen, spricht man von unitarischem Bundesstaat, manchmal auch von gouvernementalem Bundesstaat. Das will sagen, daß fast die gesamte Gesetzgebung beim Bund liegt, die Länder aber durch ihre Regierungen im Bundesrat an dieser Gesetzgebung des Bundes beteiligt sind. Durch den Verlust von Gesetzgebungskompetenzen der Länder an den Bund haben die Landtage Einbußen erlebt, die den Kompetenzerweiterungen entsprechen, die dem Bundestag und dem Bundesrat zugeflossen sind. Die Regierungen der Länder bleiben jedoch weiterhin über den Bundesrat mit den verlorenen Kompetenzen befaßt. Die Mitglieder der Landesregierung im Bundesrat sind bei der Abstimmung an Beschlüsse ihrer Regierung gebunden, nicht aber an Beschlüsse des Landesparlaments. Da der Bundesrat ein Organ des Bundes ist, besteht für die Landesparlamente rechtlich keine Möglichkeit, die Stimmabgabe der Mitglieder der Landesregierung im Bundesrat festzulegen. Für den Landtag besteht nur die Möglichkeit, das Abstimmungsverhalten der Bundesratsmitglieder zu kontrollieren, notfalls der Landesregierung das Vertrauen zu entziehen, was freilich noch niemals vorgekommen ist. Die verfassungsrechtlichen Kompetenzverlagerungen von den Ländern auf den Bund haben die Befugnisse zur Gesetzgebung der Landesparlamente verringert und damit auch deren Bedeutung insgesamt. Erst die letzte Verfassungsänderung vom 27. Oktober 1994 hat Ansätze gegen diesen Trend zur Kompetenzverlagerung auf den Bund gebracht. Das Grundgesetz unterscheidet zwischen ausschließlicher, konkurrierender und Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes. Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis in der Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu durch ein Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden. Bisher gab es ganze drei Fälle einer solchen Ermächtigung, zweimal an das Land Schleswig-Holstein bei der Rückgabe der Insel Helgoland und einmal an das Saarland nach dessen Rückgliederung in die Bundesrepublik. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nichi durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört gemäß Art. 74 Nr. 11 GG das Recht der Wirtschaft. Diese Bestimmung war die Einbruchstelle für den Bund, Gesetzgebungskompetenzen nahezu erschöpfend in Anspruch zu nehmen, was in einer Epoche, in der fast alles Wirtschaft und Wirtschaft fast alles ist, nicht wunder nimmt und was in der Europäischen Gemeinschaft - dort allerdings etwas langsamer - ebenso stattfand und nach wie vor stattfindet mit der Folge, daß - zumindest nach Auffassung des früheren Präsidenten der Europäischen Kommission Jacques Delors - inzwischen fast 80 Prozent aller Normen des Wirtschaftsrechts unmittelbares oder richtlinienveranlaßtes Europarecht sind. Auch beim Verlust der Landesgesetzgebungskompe-

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tenzen im Bereich der Wirtschaft stimmten die Länder in Gestalt der Mehrheit im Bundesrat zu. Eine Bestimmung des Grundgesetzes, daß der Bund nur unter bestimmten Voraussetzungen von seinem Gesetzgebungsrecht im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch machen dürfe, lief leer, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über das Vorliegen dieser Voraussetzungen als politische Entscheidung des Bundesgesetzgebers wertete und damit nur die praktisch nicht vorkommenden offensichtlichen Mißbrauchsfälle justitiabel waren. Dies ist inzwischen durch die letzte Grundgesetznovelle vor einem Jahr geändert worden. Seitdem hat der Bund in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliehe Regelung erforderlich macht. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliehe Regelung, für die eine solche Erforderlichkeit nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann. Das Subsidiaritätsprinzip ist damit zwingend für die konkurrierende Gesetzgebung eingeführt worden. Die Justitiabilität ist gewährleistet, nachdem nunmehr auf Antrag des Bundesrats, einer Landesregierung oder eines Landesparlaments das Bundesverfassungsgericht über Meinungsverschiedenheiten entscheidet, ob ein Gesetz den Voraussetzungen für die konkurrierende Gesetzgebung entspricht. In der Gesetzgebung ist in hohem Maße der Bund dominant, zumal auch die Kompetenz, Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen, in fast allen Bereichen ausgeschöpft wurde und diese Rahmenvorschriften - etwa im Beamtenrecht, im Wasserrecht oder im Melde- und Ausweiswesen - so detailliert ausfielen, daß der Spielraum der Länder äußerst begrenzt ist. Den Ländern verblieb die Regelung der Landesverfassung und der großen Materien des Kommunalrechts, des Polizei- und Ordnungsrechts, des Schulwesens, des Rundfunkrechts, des Presserechts - eine vom Bund nicht geregelte Materie der Rahmengesetzgebung - und des gesamten Kulturbereichs sowie eine Reihe kleinerer Bereiche. Dazu kommt die Ausfüllung des Rahmens, den der Bund freigelassen hat. Im wesentlichen ungeschmälert blieben die Verwaltungskompetenzen der Länder. Diese führen nicht nur ihre eigenen Gesetze aus, sondern auch als eigene Angelegenheit die Bundesgesetze, soweit verfassungsrechtlich nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist. Der Bund verfügt nur über wenige Verwaltungen, darunter den größten Teil der Sozialverwaltung, die von selbständigen Körperschaften oder Anstalten des Bundes betrieben wird. Kontrollkompetenzen der Landtage erstrecken sich nicht auf die Verwaltungsbehörden des Bundes, sondern nur auf die der Länder, aber unabhängig davon, ob Landes- oder Bundesgesetze ausgeführt werden, so daß das Feld möglicher parlamentarischer Kontrolle recht groß ist. Der Verlust von Gesetzgebungskompetenzen der Länder zugunsten des Bundes trifft, wenn auch nicht ausschließlich, so doch in erster Linie die Landesparlamente. Sie als Gesetzgeber sind es, die die Gesetzgebungskompetenz verloren haben, und zwar endgültig und ohne die Möglichkeit, in dem verlorenen Sachbereich

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noch irgendwe1che Regelungen treffen zu können. Den Landesregierungen bleibt demgegenüber ein Mitwirkungsrecht durch den Bundesrat, der an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes mitwirkt.

IV. Die Landesregierungen sind nicht nur durch den Bundesrat an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes beteiligt, sondern können auch neben der Bundesregierung oder einzelnen Bundesministern vom Bundesgesetzgeber durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, wobei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Damit ist den Landesregierungen vom Bund ein weites Feld zum Erlaß untergesetzlichen Rechts eröffnet. Auch insoweit sind die Landesparlamente von der Mitwirkung ausgeschlossen. Obwohl die von den Landesregierungen erlassenen Rechtsverordnungen, obschon sie aufgrund eines Bundesgesetzes ergehen, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht Bundesrecht sind und deshalb auch nicht Vorrang vor allem Landesrecht haben, sondern Landesrecht sind, also Normen der Landesverfassung und des sonstigen Landesrechts beachtet werden müssen, sind kraft Bundesrechts nur die Landesregierungen zum Erlaß dieser Verordnungen ermächtigt. Ein Mitwirkungsrecht der Landesparlamente bei der Normsetzung durch die Landesregierungen besteht nicht. Politische Einflußmöglichkeiten der Landesparlamente auf die gouvernementalen Verordnungsgeber sind freilich möglich. Auch hier hat die Verfassungsänderung vom Oktober 1994 eine Neuregelung zur Stärkung der Landesparlamente gebracht. Soweit durch Bundesgesetz oder aufgrund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt. Diese Neuregelung hat bereits die Enquete-Kommission Verfassungsreform vor zwanzig Jahren empfohlen. Richtig ist jedenfalls, daß durch diese Bestimmung den Landesparlamenten Rechtsetzungskompetenzen zugeschoben werden. Ob dies allerdings eine gute Methode ist, die Landtage vor weiterer Auszehrung ihrer Rechtsetzungskompetenzen zu bewahren, mag dahingestellt sein. Diese Regelung ist nämlich insofern bedenklich, als damit die LUI1dtage zu Erfüllungsgehilfen des Bundesparlaments degradiert werden. Anders als bei der Ermächtigung der Länder auf dem Gebiete der ausschließlichen Gesetzgebung, bei der den Landesparlamenten ein Spielraum zur Regelung einer Materie bleibt, ist bei der Substituierung von Rechtsverordnungen der Landesregierung durch Landesgesetz der Landesgesetzgeber nach Inhalt, Zweck und Ausmaß der von ihm zu treffenden Regelung an den Willen des Bundesgesetzgebers gebunden. Ob die Länder von diesem neuen Angebot des Grundgesetzes Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten.

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v. Durch die Verlagerung von Kompetenzen auf den Bund, die großzügige Ausschöpfung seiner Kompetenzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung und die verhältnismäßig detaillierte Rahmengesetzgebung des Bundes ist ein hohes Maß an Rechtseinheit hergestellt worden. Der Trend zur Rechtsvereinheitlichung, zur Wahrung der Wirtschaftseinheit und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet ist offenbar allen Bundesstaaten immanent. Ein Vergleich der Kompetenzverteilung bei Entstehung eines Bundesstaates mit der nach einigen Jahrzehnten seines Bestehens belegt dies bei allen Föderationen. Dazu kommt in Deutschland, daß auch im Bereich des den Ländern verbliebenen Kompetenzrahmens hier und dort das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung einer Materie bestand, zumindest aber bestimmte Angelegenheiten nur im Zusammenwirken einiger Länder zufriedenstellend geregelt werden konnten. Die Länder wußten sich damit zu helfen, daß sie untereinander vertragliche Abmachungen über gemeinsame Probleme trafen. Solche Verträge zwischen den Ländern regeln die verschiedenartigsten Fragen in nach Form und Intensität recht unterschiedlicher Weise. Es gibt Abmachungen über lokale und regionale Angelegenheiten etwa über die Durchführung von Aufgaben der Gefahrenabwehr auf solchen Autobahnen und Flüssen, die die Grenzen zweier Länder mehrmals überschreiten. Es existieren zahlreiche Vereinbarungen, die eine einheitliche Regelung bestimmter Fragen bezwecken oder zumindest eine gegenseitige Anerkennung bestimmter Hoheitsakte zu erreichen suchen. Andere Abkommen regeln die Übertragung von Kompetenzen eines Landes zur Ausübung an Behörden eines anderen Landes oder die Errichtung von Einrichtungen, die von allen Ländern getragen, aber von einem Lande administriert werden. Auch der Bund kann sich an solchen Einrichtungen beteiligen. Ein Beispiel ist die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, die vom Lande Rheinland- Pfalz gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland und den anderen 15 Ländern getragen wird, aber juristisch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts des Landes Rheinland-Pfalz ist und deren Rechtsstellung dieses Land durch Gesetz geregelt hat. Am Beispiel dieser Hochschule wird deutlich, daß zwar das Landesparlament des Landes, dessen Körperschaft die Hochschule ist, die gesetzliche Regelung über die Hochschule trifft, bei dieser Regelung aber die Abmachungen des Landes mit dem Bund und den übrigen Ländern zu berücksichtigen sind. Das gilt auch für den Haushalt. Das Land Rheinland-Pfalz muß den Finanzbedarf der Hochschule dekken, soweit er nicht durch die Beiträge der anderen Träger der Hochschule (oder durch Zuwendungen Dritter) aufgebracht wird. Der rheinland-pfälzische Landtag muß die von den anderen Trägem nicht aufgewendeten Mittel im Haushalt ausweisen, und der Bundestag und die übrigen Landesparlamente sind verpflichtet, ihre Anteile in ihren Haushalten auszuweisen - dies alles aufgrund von Abmachungen

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der Träger der Hochschule auf Regierungsebene. Da ein Staatsvertrag der Länder insoweit nicht existiert, besteht eine rechtliche Verpflichtung der Parlamente, diese Mittel im Haushalt vorzusehen, nicht. Praktisch bleibt den Parlamenten aber gar keine andere Möglichkeit, als die Mittel zu bewilligen. Nun spielen die für diese Hochschule bereitzustellenden Mittel im Gesamtvolumen der Haushalte des Bundes und der Länder sicher keine entscheidende Rolle. Gleichwohl ist der Haushaltsgesetzgeber durch derartige Verpflichtungen auf Regierungsebene oder rein administrativer Natur in seinem Budgetrecht politisch gebunden. Ein weiteres Beispiel bietet das Rundfunkwesen. Nicht alle Länder verfügen über eine eigene Rundfunkanstalt. Mehrere Länder haben vertraglich gemeinsame Rundfunkanstalten errichtet, die nicht dem Recht des Sitzlandes allein unterworfen sind, sondern vergleichbar internationalen Organisationen eine eigene Rechtspersönlichkeit bilden, die in dem zwischen den Ländern geschlossenen Vertrag wurzeln. Das Zweite Deutsche Fernsehen ist sogar eine von allen Ländern getragene Zwischenländereinrichtung, bei der zum Beispiel die Rechtsaufsicht jährlich von einem zum anderen Land wechselt. Die Gebühren, aus denen sich die Rundfunkanstalten überwiegend finanzieren, werden in allen Ländern gleich hoch angesetzt, um zu vermeiden, daß für gleiche Leistungen je nach Land unterschiedliche Gebühren zu zahlen sind. Dazu schließen die Länder einen Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Geschlossen wird der Vertrag von den Landesregierungen; die Landesparlamente müssen ihm aber wie einem völkerrechtlichen Vertrag - in den meisten Ländern durch Gesetz - zustimmen. Wie auch bei völkerrechtlichen Verträgen besteht nur die Möglichkeit der Zustimmung oder der Ablehnung; eine Modifizierung ist nicht möglich. Dabei ist regelmäßig zu beobachten, daß unabhängig von der jeweiligen Partei zugehörigkeit die die Regierung tragenden Mehrheiten dem Vertrag zustimmen, während die jeweiligen Oppositionen die Zustimmung häufig verweigern. Der Parlamentsmehrheit bleibt im Interesse der einheitlichen Regelung im gesamten Bundesgebiet praktisch gar nichts anderes übrig, als - zähneknirschend - zuzustimmen, also die Vereinbarungen aller Landesregierungen - und damit auch der eigenen - zu billigen. Nur ein einziges Mal hat ein Landtag seiner Regierung die Zustimmung verweigert, was dann nicht zu einer abweichenden Gebührenregelung in diesem Lande führte, sondern zu Neuverhandlungen aller Landesregierungen, bis ein Kompromiß gefunden wurde, der von allen Landtagen akzeptiert wurde. Angesichts der Tatsache, daß Vereinbarungen zwischen den Ländern untereinander und zwischen Ländern und Bund äußerst zahlreich sind, ist diese im Bundesstaat an sich zu begrüßende ausgedehnte Kooperation verfassungsrechtlich nicht ganz unbedenklich. Werden doch im kooperativen Föderalismus die Kompetenzen der Landesparlamente zwar nicht juristisch, wohl aber tatsächlich tangiert. Den Parlamenten bleibt mit Rücksicht auf die von der Mehrheit getragene Regierung

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politisch nur die Möglichkeit, die Kröte zu schlucken und derartigen Vereinbarungen zuzustimmen bzw. ihren Inhalt innerhalb des Landes gesetzlich umzusetzen. Nichts anderes gilt in den Fällen von bloßen Absprachen auf Regierungsebene Absprachen, die von den Fachleuten der Ministerialbürokratie in ihren Ressorts vorbereitet werden. Beispiele bilden die weitgehend übereinstimmenden Bauordnungen der Länder und vor allem das Verwaltungsverfahren. Es hat sich gezeigt, daß eine Vereinheitlichung der Verfahrensabläufe in der Verwaltung in Deutschland erstrebenswert ist. Da der Bund aber nur die Kompetenz zur Regelung des Verfahrens für seine eigenen Behörden besitzt, während die Länder das Verfahren für ihre Behörden regeln müssen, konnte das Verfahren nicht durch Bundesgesetz für alle Behörden geregelt werden. Daraufhin ist unter Beteiligung des Bundes und der Länder auf Fachebene der Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes erarbeitet worden, das vom Bundestag als Bundesgesetz erlassen wurde. Die Länder haben danach recht kurze Gesetze erlassen, die dieses Bundesgesetz rezipierten abgesehen von einigen wenigen Bestimmungen, die für die Länder meist schon wegen ihres den Bund allein betreffenden Inhalts nicht anwendbar sind. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des jeweiligen Landes gelten die Bestimmungen des vom Bund erlassenen Verwaltungsverfahrensgesetzes und zwar in der jeweils geltenden Fassung. Es handelt sich also um eine dynamische Verweisung. Die Landesparlamente verzichteten seinerzeit auf ihre eigene Regelungskompetenz und die zukünftiger Landesparlamente zugunsten des Bundesgesetzgebers. Das Bundesgesetz heißt deshalb auch nur schlicht Verwaltungsverfahrensgesetz und nicht Bundesverwaltungsverfahrensgesetz. Bei der Staatshaftung hat man auf ein ähnliches Verfahren verzichtet, nachdem ein Staatshaftungsgesetz des Bundes, das für Bund und Länder gleichermaßen Geltung beanspruchte, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Statt dessen wurde die Staatshaftung durch das letzte Änderungsgesetz zum Grundgesetz vor einem Jahr in den Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung aufgenommen, so daß der Bund nunmehr die Materie regeln kann, was einen Kompetenzverlust für die Landesparlamente bedeutet. Diese letzte Verfassungsänderung brachte also nicht nur eine Umkehr des Trends zur Kompetenzverschiebung zugunsten des Bundes, sondern verlagerte auch noch weitere Gesetzgebungskompetenzen von den Ländern auf den Bund. Daß nicht nur ein gouvernementaler kooperativer Föderalismus nicht zuletzt dank vertikaler Fachbruderschaften der Ministerialbürokratie funktioniert, sondern auch die Landesparlamente selbst durch ihre Verwaltungen kooperieren, blieb nicht aus. Es existieren nicht nur die Fachministerkonferenzen mit zahlreichen von ihnen eingesetzten Kooperations-Gremien, sondern auch eine Konferenz der Landtagspräsidenten. Die Ausarbeitung eines Entwurfs einer Muster-Datenschutzordnung für das Landesparlament ist das jüngste Beispiel eines solchen parlamentarischen kooperativen Föderalismus.

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VI. Strittig ist, ob den Landesparlamenten auf dem Gebiet der auswärtigen Gewalt durch den Bund und die Landesregierungen ein Kompetenzverlust zugefügt wurde. Das Grundgesetz bestimmt, daß die Länder, soweit sie für die Gesetzgebung zuständig sind, mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen können. Davon haben einige, aber nicht alle Länder Gebrauch gemacht. Soweit die Länder derartige Verträge schließen, erfolgt dies durch die Landesregierung oder den Regierungschef. Ware innerstaatlich ein Gesetz zur Regelung der Materie notwendig, muß das Landesparlament dem Vertrag zustimmen. Die Landesparlamente sind also beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge der Länder insoweit beteiligt. Der Text des Grundgesetzes, daß die Länder, soweit sie für die Gesetzgebung zuständig sind, völkerrechtliche Verträge abschließen können, ist nicht eindeutig. Nach der in einem Unterausschuß des Bundesrats 1957 geäußerten Auffassung vor allem der süddeutschen Länder - besagt diese Bestimmung, daß nur die Län~ der die Kompetenz zum Vertragsschluß im Bereich ihrer Gesetzgebungskompetenz besitzen. Nach Auffassung des Bundes - und des Landes Berlin - ist die Bestimmung so zu verstehen, daß auch die Länder das Vertragsschließungsrecht besitzen neben einem konkurrierenden Vertragsschließungsrecht des Bundes. Durch eine Absprache zwischen den Chefs der Staats- und Senatskanzleien einerseits und den zuständigen Beamten des Auswärtigen Amtes andererseits aus dem Jahre 1957 in Lindau am Bodensee einigten sich beide Seiten darauf, daß unbeschadet der weiter aufrechterhaltenen unterschiedlichen Rechtspositionen eine praktische Lösung getroffen wurde, die vorsieht, daß der Bund die Verträge auf dem Gebiet der Landesgesetzgebung schließen kann, sofern die Länder über eine in Bonn gebildete Ständige Vertragskommission ihre Zustimmung erteilt haben. Bei Kulturabkommen muß auch die Zustimmung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder eingeholt werden. Die Absprache ist insofern sinnvoll, als häufig, vor allem bei Abkommen im Kulturbereich in der Regel sowohl Bundes- als auch Landesgesetzgebungskompetenzen bestehen, ohne daß kraft Sachzusammenhangs eine Kompetenzseite überwiegt. Das Verfahren hatte jedoch den Nachteil, daß der Bund vor dem endgültigen Abschluß eines entsprechenden Vertrages mit einem auswärtigen Staat das Einverständnis aller - damals 11, heute 16 - Länder in der Ständigen Vertragskommission einholen muß, und bei Kulturabkommen noch das Plazet der Kultusministerkonferrenz notwendig ist. Das hat die Folge, daß die Verfahren bis zum Abschluß solcher Verträge langwierig sind und häufig mehrere Jahre dauern bzw. gedauert hätten, hätte der Bund die Verträge nicht auch hin und wieder ohne die Zustimmung der Länder abgeschlossen. Juristisch gesehen handelt es sich bei dieser Lindauer Absprache um ein Gentlemen's Agreement auf Verwaltungsebene zur Auslegung einer Verfassungsbestimmung. Der Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages ist zwar völkerrechtlich Sache der Regierung, doch muß bei Verträgen, die sich auf Gegenstände der Gesetzge5 Merten

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bung beziehen, verfassungsrechtlich sowohl im Bunde als auch in allen Ländern das Parlament dem Vertrag zustimmen - im Bund und den meisten Ländern durch Gesetz, in einigen durch Beschluß. Wird dem Bund die Kompetenz zur Ausübung überlassen, verlieren die Landesparlamente ihre Kompetenz, Verträgen der Länder zuzustimmen; denn die Zustimmung der Länder zum Vertragsschluß durch den Bund wird allein von den Landesregierungen erteilt; sie allein sind in der Ständigen Vertragskommission in Bonn vertreten. Einige Landesregierungen haben trotzdem eine freiwillige Beteiligung des Parlaments angeboten und in Thüringen ist sie sogar obligatorisch, weil verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Die Regierungen dieser Länder holen beim Parlament oder in Eilfällen beim zuständigen Ausschuß des Parlaments das Plazet ein, dem vom Bunde zu schließenden Vertrag zuzustimmen. Die Landesparlamente werden so rechtzeitig in das Verfahren eingeschaltet, daß sie sich zu Gegenständen der Landesgesetzgebung artikulieren können, damit die Landesregierung die Auffassung des Parlamentes in das Verfahren bei der Ständigen Vertragskommission in Bonn einbringen kann. Die Praxis läßt übrigens erkennen, daß die Landesparlamente den Verlust dieser Kompetenz - wenn es denn überhaupt ein Verlust ist, was voraussetzt, daß nur die Länder insoweit die Vertragsschließungskompetenz besitzen -leicht verschmerzen und die von den Regierungen freiwillig eingeholte Zustimmung in der Regel ohne Sachdebatte erteilen. Für unerläßlich halte ich in diesen Fällen zumindest die nachträgliche Zustimmung der Landesparlamente in Form eines Gesetzes bzw. eines Beschlusses. Das ist nicht nur unter föderalistischem, sondern auch unter rechtsstaatlichem Aspekt notwendig; denn für Materien, für die der Bund keine Gesetzgebungskompetenz besitzt, kann er auch nicht wirksam Regelungen treffen. Vielmehr ist insofern eine gesetzliche Regelung durch die Länder notwendig. Während die Länder BadenWürttemberg, Bayern und Hessen seit jeher die vom Bunde geschlossenen Verträge mit auswärtigen Staaten über Gegenstände der Landesgesetzgebung mit ihrem Zustimmungsgesetz bzw. -beschluß in ihren Gesetzblättern veröffentlichten, folgten nicht alle Länder dieser Praxis. In diesem Bereich nehmen einige Landesparlamente ihre Gesetzgebungskompetenz nicht in Anspruch, was ich für verfassungswidrig halte. Wieso z. B. dann trotzdem eine Befreiung eines ausländischen Kulturinstituts auch von den der Landesgesetzgebung unterliegenden Steuern in Hamburg rechtswirksam ist, wenn ein entsprechendes Gesetz des Landes Hamburg nicht erlassen wurde, bleibt unerfindlich. Der Bund jedenfalls kann nur von den Steuern befreien, die seiner Gesetzgebung unterliegen.

VII. Weitere Kompetenzeinbußen erlitten die Landesparlamente durch die Europäischen Gemeinschaften. Es ist selbst von den überzeugtesten Föderalisten unbe-

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stritten, daß der Bund durch die Verträge über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft auch Gesetzgebungskompetenzen der Länder auf die Europäischen Gemeinschaften rechtlich wirksam übertragen könnte. Dafür war lediglich ein einfaches Bundesgesetz erforderlich, das nicht der Zustimmung des Bundesrats bedurfte. Der Bundesrat hat die Verträge aber mehrheitlich gebilligt, die Römischen Verträge sogar einstimmig, nachdem durch das Zustimmungsgesetz klargestellt war, daß dem Bundesrat ein Unterrichtungsrecht in Europaangelegenheiten zugebilligt wurde. Im Laufe der Zeit häuften sich die Fälle, daß vor allem die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Regelungen auf Gebieten traf, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fielen. Ein kooperatives Beteiligungsverfahren neben dem bestehenden Unterrichtungsverfahren, das der Bundeskanzler 1979 den Ländern durch einseitige Erklärung, die zuvor von Bund und Ländern detailliert ausgehandelt war, zugestand, funktionierte nicht zufriedenstellend. Es gab den Ländern tatsächlich nicht die Möglichkeit zur Beteiligung an der Willensbildung in der deutschen Vertretung des Ministerrates der Gemeinschaften, weil die kooperative Meinungsbildung unter den Ländern zu schwerfällig war und nicht nur in eiligen Fällen versagte. Das Zustimmungsgesetz zur Einheitlichen Europäischen Akte bot den Ländern die Chance, ihre Mitwirkung bei der Normsetzung durch das deutsche Mitglied im EG-Ministerrat zu verbessern. Während bisher die Mitwirkung der Länder bei EGVorhaben nur nach dem Unterrichtungsverfahren von 1957 über den Bundesrat, sonst aber durch Mechanismen des kooperativen Föderalismus gestaltet wurde, übertrug man nunmehr die Kooperationsfunktion auch bei EG-Angelegenheiten im Bereich der ausschließlichen Landesgesetzgebung voll auf den Bundesrat, da dieser die Koordinationsaufgaben wesentlich besser und schneller bewältigen kann als jedes auf Einstimmigkeit angelegte kooperative Koordinationsgremium der Länder. Damit erkannten die Länder freilich die Zuständigkeit des Bundes an. Die Frage, ob die Länder mit der Meinung Recht behalten wollten, ihnen stehe die Kompetenz zu, ohne dies tatsächlich durchsetzen zu können, oder aber auf die Kompetenz zu verzichten und in Brüssel ihre Auffassungen zur Geltung bringen zu können, wurde zugunsten der Effektivität und damit juristisch zugunsten des Bundes beantwortet. Außerdem wurde die Beteiligung der Länder in Beratungsgremien der EG ausdrücklich geregelt. Danach war die Bundesregierung verpflichtet, den Bundesrat unverzüglich über Ort, Zeitpunkt und Beratungsgegenstände der Sitzungen von EG-Gremien zu unterrichten. Bundesregierung und Landesregierungen stellten geII?-einsam eine Liste der Arbeitsausschüsse und Arbeitsgruppen bei der Kommission und beim Rat auf, an denen Vertreter der Länder teilnehmen konnten, soweit ausschließliche Gesetzgebungsmaterien oder wesentliche Interessen der Länder betroffen waren. Der Bundesrat benannte der Bundesregierung die Ländervertreter S'

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bzw. die entsendenden Länder. Die Bundesregierung versuchte, dem Verlangen auf Hinzuziehung mindestens eines Landesvertreters, bei ausschließlichen Landesgesetzgebungsmaterien sogar von zwei Landesvertretern zu entsprechen, soweit das möglich war. Zu Ratssitzungen sollten stets zwei Landesvertreter hinzugezogen werden. Nach außen traten die Landesvertreter als Regierungsvertreter der Bundesrepublik Deutschland auf, sie waren den Weisungen der Delegationsleitung unterworfen. Entsprechend einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Länder waren die Landesvertreter als Mitglieder der deutschen Delegation aber inhaltlich an Stellungnahmen des Bundesrats gebunden. Auch hier zeigte sich wieder, daß wegen des Verlustes der Gesetzgebungskompetenzen der Länder zugunsten der Europäischen Gemeinschaften die Landesparlamente die eigentlichen Verlierer waren, auch wenn sie in einigen Ländern von den Landesregierungen über EG- Vorhaben informiert und zur Stellungnahme aufgefordert wurden. Die Landesregierungen behielten über den Bundesrat den Fuß in der Tür. Sie allein waren es, die die Interessen der Länder gegenüber dem Bund bei der europäischen Normsetzung artikulieren und dem Bund in einer Reihe von Fällen hinsichtlich seines Votums in europäischen Gremien binden konnten. Durch das 38. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 21. Dezember 1992 wurde das seit 1987 praktizierte Bundesratsverfahren verfassungsrechtlich verankert, wobei die Kompetenzen der Länder sogar noch erweitert wurden. Der neue Art. 23 GG bestimmt, daß der Bund Hoheitsrechte auf die Europäische Union durch Gesetz nur mit Zustimmung des Bundesrats übertragen darf. Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären. Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeit des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihrer Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willens bildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrats maßgeblich zu berücksichtigen, dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind, soll die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; auch dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. Das Nähere ist in dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 geregelt. Aufgrund dieser Bestimmungen ist Deutschland inzwischen in etwa 400 EG-Gremien durch Regierungsmitglieder der Länder vertreten. Um das zu ermög-

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lichen, wurde durch den Maastrichter Vertrag auch der EG-Vertrag entsprechend geändert: Art. 146 bestimmt nunmehr, daß der Rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene besteht, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaats verbindlich zu handeln, womit zum Ausdruck gebracht ist, daß auch Landesminister den Mitgliedstaat vertreten können. Die Beteiligung der Länder an der Normsetzung der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen der deutschen Delegation im Rat ist als Kompensation für den Verlust von Landeskompetenzen zugunsten der Europäischen Gemeinschaft begriindet worden. Von einer wirklichen Kompensation der Kompetenzverluste der Länder kann freilich keine Rede sein, zumal die Landesparlamente total ausgeschaltet sind. Auch bleiben die Fälle kontrovers, bei denen es um die Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft geht, die Gegenstände der Landesgesetzgebung betreffen. In diesen Fällen sind nämlich die Länder kraft europäischen Rechts verpflichtet, die Richtlinie durch Gesetz ihrer Landesparlamente umzusetzen, obwohl diese Parlamente am Zustandekommen der Richtlinie überhaupt nicht beteiligt waren. Insofern ist hinsichtlich der Umsetzung von Richtlinien durch Bundesgesetz die Stellung des Bundesparlamentes insofern besser, als dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme bei Rechtssetzungsakten der Europäischen Union zu geben ist und die Bundesregierung die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen beriicksichtigen muß. Trotzdem ist der Verlust an demokratischer Potenz im Bunde ebenso wie in den Ländern zu konstatieren. Eine direkte Beteiligung der Länder - und eventuell der Landesparlamente - am Geschehen der Europäischen Union ist von den Mitgliedstaaten abgelehnt worden. Den Ländern ist kein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof und schon gar nicht die Mitwirkung in einer zweiten Kammer neben dem Rat zugebilligt worden. Der Maastrichter Vertrag hat nur einen beratenden Ausschuß der Regionen eingeführt, der aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften besteht. Von den 24 deutschen Mitgliedern, die vom Rat auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland durch einstimmigen Beschluß auf vier Jahre ernannt wurden, sind 21 Vertreter der Länder und drei Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände. Unter den 21 Mitgliedern aus den Ländern und den 21 Vertretern gibt es auch einige Abgeordnete von Landesparlamenten, doch überwiegen die Mitglieder von Landesregierungen sehr stark. Das hängt damit zusammen, daß nur aus fünf Ländern zwei Vertreter entsandt werden und nur aus einigen dieser Länder Abgeordnete der Landtage als Mitglieder des Ausschusses der Regionen vorgeschlagen und ernannt wurden.

VIII. Als Fazit ist festzuhalten, daß die Bedeutung der Landesparlamente in Deutschland seit 1949 ständig zuriickgegangen ist. Ursachen sind die verfassungsrechtliche

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Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen der Länder auf den Bund, die fast vollständige Erschöpfung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen durch den Bund, die häufig auch das Detail regelnde Rahmengesetzgebung des Bundes, der kooperative Föderalismus, die Ausübung des Vertragsschließungsrecht mit dem Ausland auf dem Gebiet der Landesgesetzgebung durch den Bund und die Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen der Länder auf die Europäische Union. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß im letzten Falle die Kompetenzverluste des Bundesparlaments größer sind, weil viel mehr Materien der Bundesgesetzgebung von der Europäischen Union geregelt werden, und wohl alle Beteiligten darin übereinstimmen, daß die europäische Einigung nicht am deutschen Föderalismus und den Ländern scheitern darf. Den Landesparlamenten bleiben aber noch genügend Gesetzgebungskompetenzen, wie ein Blick auf den Gesetzesausstoß der Landesparlamente zeigt. Daß die Länder auf den Status mehr oder weniger autonomer Gebietskörperschaften beschränkt worden seien und ihre Staatsnatur verloren hätten, trifft jedenfalls noch nicht zu. Einmal sind die Landesregierungen an der Bundesgesetzgebung und der auswärtigen Gewalt des Bundes stärker beteiligt denn je zuvor. Zum anderen bleiben den Landesparlamenten so viele Gesetzgebungskompetenzen, daß die Behauptung, sie seien auf die Ebene von Vertretungskörperschaften der Kommunen herabgesunken, absurd ist. Parlamente, die nach wie vor ausschließlich über Polizeiund Ordnungsange1egenheiten, Kommunalrecht, Medien, das Erziehungswesen und kulturelle Angelegenheiten legeferieren können, sind nicht bedeutungslos. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, daß, nachdem die Gesetzgebung an Bedeutung verloren hat, die Kontrollbefugnisse der Parlamente stärker in Anspruch genommen werden. Beleg dafür sind die unzähligen Anfragen an die Regierung, die sich in den letzten Jahren in einer Weise vervielfacht haben, daß teilweise trotz längerer Sitzungszeiten nicht alle Tagesordnungspunkte mehr erledigt werden können. Dem Verlust an Bedeutung steht ein Mehr an Geschäftigkeit der Landesparlamente gegenüber. Hier gilt es achtzugeben, daß sich die Landesparlamente nicht in Quisquilien verlieren, sondern ihrer zentralen Aufgabe gerecht bleiben, im Bereich der ihnen verbliebenen Materien Gesetze zu beschließen. Alles in allem bleiben die Landesparlamente entsprechend ihrer Position in den Landesverfassungen an erster Stelle unter den Landesverfassungsorganen neben den Landesregierungen die wichtigsten politischen Machtträger in den deutschen Ländern.

Die Bedeutung der Landesparlamente in Österreich Von Wolfgang Dax Die österreichischen Landtage präsentieren sich in einer Vielfalt aus historischer Sicht - Landtage, die auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken können (z. B. Tirol und Kärnten), Landtage, die 1922 erstmals zusammengetreten sind (Burgenland), aber auch in einer Vielfalt von den Gestaltungsmöglichkeiten her z. B. den Kontrolleinrichtungen vom eigenen Landesrechnungshof bis zu den Untersuchungsausschüssen, und dem Ausbau der Möglichkeiten der direkten Demokratie. Alle Landtage waren aber immer von dem Bemühen getragen, eine Einheit zu bilden und ihre Aufgaben in Gesetzgebung, Kontrolle und Mitwirkung an der Verwaltung eigenständig, aber im Sinne des Staatsganzen zu erfüllen. Interessant dabei, daß die Geschichte und Entwicklung der Landtage aller österreichischen Bundesländer erstmals in dem von H. Schambeck 1992 herausgegebenen Buch "Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich" (erschienen im Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei) dargestellt wird. Ich komme aus dem kleinsten und jüngsten Bundesland Österreichs, dem Burgenland, das erst 1921 im Rahmen der Pariser Friedensverträge zu Österreich gekommen ist, das aus Teilen von drei ungarischen Komitaten gebildet und damit erst zu einer Verwaltungseinheit wurde, das noch vor seinem Anschluß die vorgesehene Landeshauptstadt Ödenburg - heute Sopron - durch eine Volksabstimmung verlor, das 1938 von der Landkarte ausradiert und auf die Bundesländer Niederösterreich und Steiermark aufgeteilt und erst im Oktober 1945 als Bundesland wiedererrichtet wurde. Ein Bundesland, das sich dadurch auszeichnet, daß auf seinem Gebiet seit Jahrhunderten drei Volksgruppen - Deutsche, Ungarn und Kroaten - friedlich miteinander leben; das seit Jahrhunderten Grenze war, aber immer auch versuchte, Brükke zu sein. Ein Bundesland im Osten Österreichs, das bis zum Abschluß des Staatsvertrages 1955 von den Russen besetzt war und bis 1989 am Eisernen Vorhang (397 km Grenze gegenüber den seinerzeitigen Ostblockstaaten CSSR, Ungarn und Jugoslawien) lag. Ein Bundesland, das 1981 mit der neuen Landesverfassung neue Wege gegangen ist - in Richtung Ausbau der Einrichtungen der direkten Demokratie und der Min-

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derheitenrechte, der Möglichkeit der Einsetzung von Landesausschüssen und der Bürgerbegutachtung von Gesetzesvorlagen. Ein Bundesland, das bei der EU-Abstimmung am 12. Juni 1994 mit 75 % die höchste Zustimmungsquote hatte - österreichischer Durchschnitt 67 % - und das als einziges Bundesland als Ziel 1- Gebiet eingestuft wurde. Österreich ist seit 1.Jänner 1995 Mitglied der EU - aus den Vorbereitungen für diesen Beitritt, den getroffenen gesetzlichen Regelungen, möchte ich die Stellung der Landtage und die damit für diese verbundenen Probleme beleuchten, einleitend aber noch die historische Entwicklung an Hand von Zitaten aus der Wissenschaft skizzieren.

I.

Die Österreichische Verfassungsgeschichte war seit jeher eine Auseinandersetzung zwischen Zentralismus und Föderalismus, der Art.2 B-VG war ein Kompromiß, ein Komprorniß nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch zwischen den politischen Parteien, ein Komprorniß zugunsten einer bundesstaatlichen Struktur, aber mit zentralistischer Tendenz. 1. Art. 2 B-VG lautet: ,,(I) Österreich ist ein Bundesstaat. (2) Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien."

Diese Bestimmung zählt zu den Baugesetzen bzw. Grundprinzipien der Verfassung und hat daher über die programmatische Deklaration hinaus auch normativen Inhalt. a) Ludwig Adamovich schrieb mit Recht dazu: "Die Deklaration Österreichs als Bundesstaat im B-VG 1920 darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Österreichische Bundesstaat von Anfang an zentralistische Züge aufweist, die sich im Laufe der Zeit noch deutlicher verstärkt haben. Immerhin verwirklicht die Österreichische Bundesverfassung jene Merkmale, die in der Staatslehre gemeiniglich als für einen Bundesstaat wesentlich angesehen werden. Es ist eine Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung und Vollziehung zwischen Bund und Ländern und es wirken die Länder durch ein eigenes Organ, dem Bundesrat, an der Gesetzgebung des Bundes mit. Die Kompetenzverteilung verlegt aber das Schwergewicht zum Bund und der Bereich der Gerichtsbarkeit ist überhaupt dem Bund vorbehalten. Die Befugnisse des Bundesrates sind verglichen mit den Länderkammern anderer Bundesstaaten geradezu katastrophal. Dazu kommt noch, daß die Bundesverfassung in einem atypischen Ausmaß organisatorische Bestimmungen für die Län-

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der enthält und daß den einzelnen Landesverfassungen echte Eigenständigkeit fehlt." Herbert Schambeck: "Österreich wurde mit föderalistischen Bezeichnungen und Formen, aber mit mehr unitaristischen Inhalten zu einem Bundesstaat eigener Prägung." Adolf Merkl: "Der Föderalismus war unter diesen Umständen der umstrittenste, ja geradezu einzig umstrittene Rechtsgedanke der Bundesverfassung. Bezeichnend ist hiefür, daß gerade dieser Rechtsgedanke bzw. seine Erfüllung der Verfassung ihren Namen "Bundesverfassung" gegeben hat."

b) Die österreichische Bundesverfassung verwirklicht im wesentlichen jene Merkmale, die allgemein als Grundelemente des Bundesstaates angesehen werden, doch bestehen "österreichische Besonderheiten" (H. Pansi, G.Holzinger): - Die bundes staatliche Kompetenzverteilung, das Herzstück des Bundesstaates und Ausdruck der Parität zwischen Bund und Länder, weist ein deutliches, materiell-rechtliches Übergewicht des Bundes auf. Die meisten und wichtigsten Aufgaben werden durch erschöpfende Aufzählung dem Bund zugewiesen. Die gemäß Art 15 Abs.l bestehende Generalklausei zugunsten der Länder ist an sachlicher Substanz überaus dünn. Des weiteren ist die Gerichtsbarkeit ausschließliche Bundessache; die Privatwirtschaftsverwaltung ist überhaupt von der Kompetenzverteilung ausgeklammert. Hinzuweisen ist auch darauf, daß die "Kompetenz-Kompetenz" beim Bund liegt, womit dieser "den Kompetenzzügel" im Wege der Verfassungsgesetzgebung in der Hand hält. Damit wird die Möglichkeit zu Kompetenzänderungen zugunsten des Bundes geschaffen. Als Beispiel seien nur etwa die zahlreichen Durchbrechungen der Kompetenzverteilung im Bereich der Wirtschaftslenkung genannt. - Die Mitwirkung der Gliedstaaten an der Vollziehung des Bundes ist gemäß dem B-VG dem Bundesrat vorbehalten, in dem die Länder proportional vertreten sind. Sein legislatorisches Hauptinstrument besteht in der Möglichkeit, Einsprüche gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates zu erheben, welche jedoch nur suspensive Wirkung entfalten. Politologisch betrachtet, ist der Bundesrat eine parteipolitische Spiegelung des Nationalrates. Es bedarf keiner weiteren Begründung, die erklärt, daß die Bedeutung des Bundesrates für den österreichischen Föderalismus äußerst gering ist. - Für die Besorgung sämtlicher Aufgaben im Bundesstaat spielt die Finanzverfassung eine entscheidende Rolle. Diese beinhaltet nicht das B-VG, sondern ein gesondertes Bundesverfassungsgesetz, auf das der Art 13 B-VG verweist. Das österreichische Finanzverfassungsgesetz 1948 regelt die finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den "übrigen Gebietskörperschaften" - bezeichnenderweise ohne die Länder im Titel gesondert anzuführen. Die Aufteilung der Kostentragung und der Erträge, der Steuern, erfolgt mit einfachem Bundesge-

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Wolfgang Dax setz, dem Finanzausgleichsgesetz. Die Stellung der Länder hiebei ist besonders schwach, denn sie verfügen über keine eigene Finanzhoheit.

- Die Verfassungsautonomie der Länder ist im B-VG sehr eng vorgezeichnet. Der erforderliche Inhalt einer Landesverfassung, die Verwirklichung des internen Selbstbestimmungsrechtes der Länder, ist durch sehr detaillierte Regelungen vorgegeben. Von einer "Länderautonomie" auf Basis des Art. 99 B-VG kann überhaupt erst spät gesprochen werden. Dementsprechend dürftig bzw. unifonn sind anfangs die Verfassungen der Länder. Erst um 1979 kommt es zu einer Wende, einer Tendenz zur fonnellen Erneuerung der Landesverfassung.

2. Wolfgang Mantl: "Die Landtage konnten lediglich in revolutionären Situationen sowie bei Staatsgründungsakten wirklich gewichtig Einfluß nehmen." Das war so 1918120 als auch 1945 (Wiedererrichtung unseres Staates) a) Die Republik Österreich wurde durch Beschluß der provisorischen Nationalversammlung über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. 10. 1918 (StGBI 1/1918) als zentralistischer Einheitsstaat begründet, ein Landesgesetzgebungsrecht wurde überhaupt nicht erwähnt. Auch wurde nicht berücksichtigt, daß sich in den Ländern provo Landesversammlungen gebildet hatten, die bereits Beitrittserklärungen zum Staat Deutsch-Österreich abgegeben hatten.

Franz Klein am 13.November 1918, am Tag nach der Erklärung Deutsch-Österreichs zur Republik bei einem Vortrag in der Wiener Juristischen Gesellschaft, deren Präsident er damals war: "Es wird sich auch die Gesetzgebung für DeutschÖsterreich nicht so häufen, daß es notwendig wäre, die Landtage heranzuziehen. Der Schluß daraus ist: Das Gesetzgebungsrecht des Landtages, diese ewig dem Einheitsstaat kampfbereit entgegengestreckte Faust, wird, wenn nicht aufgehoben, so doch sehr eingeschränkt werden." Erst die Länderkonferenzen brachten den bundesstaatlichen Aufbau zum Durchbruch und verhinderten so die in Wien vertretene Konzeption eines zentralistischen Einheitsstaates. Aber diese Situation änderte sich rasch - Standpunkte der politischen Parteien traten an die Stelle der Länderstandpunkte. Der Föderalismus war sehr bald nicht mehr eine zusätzliche Gewaltenteilung, mit der mehr politische Konkurrenz, Machteingrenzung und Kontrolle verwirklicht werden sollte, sondern wurde zum zusätzlichen Instrument des politischen Kampfes unter den Parteien; die jeweiligen Länderinteressen hatten sich den Parteiinteressen ersichtlich unterzuordnen oder die Parteiinteressen traten gleich als Länderinteressen auf. Kein Wunder, daß sich ein solcher Föderalismus nicht als glanzvolle Idee darzustellen vennochte, geschweige denn, daß er sich als Instrument einer freiheitsfördernden Gewaltenzerlegung und Kontrolle bewahren konnte." (Helmut Schreiner: "Der Stellenwert der Landtage: Gestern - Heute - Morgen") b) Auszüge aus dem Memorandum des Staatskanzlers Dr. Karl Renner an alle Staatssekretäre betreffend die Einrichtung der allgemeinen inneren Verwaltung vom Mai 1945: "Die frühere Autonomie der Länder ist durch das Naziregime zer-

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stört. Es erhebt sich die Frage, inwieweit sie wieder hergestellt werden kann und zweckmäßigerweise auch wieder hergestellt werden soll. Ob die neue Verfassung künftig wieder die eines Bundesstaates sein wird, bleibe einstweilen offen. Jedenfalls hat es sich als schädlich erwiesen und ist untragbar sowohl im Augenblick als auch in der Zukunft, daß in Gestalt allmächtiger Landtage und Landeshauptleute - das Burgenland ist und bleibt beseitigt - wieder acht Paschaliks (Amtsbezirk eines Paschas im osmannischen Reich, hier sinngemäß als abfällige Bezeichnung für Willkürherrschaft bzw. regionale Verwaltung mit zentrumsfeindlicher Tendenz) aufgerichtet werden, die sehr bald in Form einer neuen Heimwehrbewegung den Widerstand gegen die Staatsgewalt organisieren und insbesondere durch Absonderungstendenzen eine einheitliche wirksame Volksernährung behindern oder sogar vernichten können. Selbstverwaltung ja, aber nicht wie in der alten Verfassung, Selbstregierung der Länder." Auch 1945 war die vorläufige Verfassung zentralistisch ausgerichtet, auch hier sorgten die Länderkonferenzen für eine Trendumkehr, aber es zeichnete sich in den Folgejahren die gleiche Entwicklung wie nach 1920 ab. Politisch wurde die Zeit nach 1945 von der großen Koalition zwischen ÖVP und SPÖ geprägt. Österreich wurde in dieser Zeit zum Synonym für den Parteien- und Kammerstaat, der die Wirkung des bundesstaatlichen Prinzips weitestgehend lähmte. Die große Koalition setzte ihre Zweidrittelmehrheit ohne jegliche Skrupel gegenüber der Bundesstaatlichkeit ein. Es kam zu einer regelrechten Überwältigung des Bundesstaates. Dies war vor allem auch deswegen möglich, weil die Österreichische Bundesverfassung keine starre Verfassung, sondern im Falle des Vorliegens eines politischen Konsenses leicht abänderbar ist. Verfassungsänderungen fanden jedoch im wesentlichen nicht im B-VG selbst ihren Niederschlag, sondern in Verfassungsbestimmungen in einfachen Bundesgesetzen, ohne Zusammenhang mit dem Grundsystem des B-VG bzw. ohne hiebei ein bestimmtes juristisches Konzept zu verfolgen. Einzig die tagespolitischen Überlegungen und Bedürfnisse des Momentes waren in vielen Fällen als Beweggrund für die Verfassungsänderungen ausschlaggebend. Dadurch entstand ein neues Verständnis des Föderalismus, bei dem im Mittelpunkt nicht mehr die Gesetzgebungszuständigkeiten als spezifisch staatliche Gestaltungsspielräume der Länder standen, sondern immer mehr die Vollziehungsaufgaben der Länder in den Mittelpunkt traten. Sie waren es, die die Länder ansprechen, und nicht mehr die Gesetzgebungshoheit. Erst Ende der 60-iger Jahre kommt es zu einer allgemeinen Belebung bzw. Wiederbelebung föderalistischer Bestrebungen, was sich in den Forderungsprogrammen der Bundesländer aber auch im Erneuerungsprozeß der Landesverfassungen niederschlägt.

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11. 1. Österreich hat am 17. Juni 1989 in Brüssel den Antrag auf Mitgliedschaft in die EG überreicht, der wesentlich von den Ländern betrieben und unterstützt wurde, aber stets mit zwei Forderungen verbunden war: - Teilnahme am Integrationsgeschehen - Neuordnung der staatsrechtlichen Beziehungen Bund - Länder - Gemeinden. Das deswegen, weil man schon früh erkannte, das mit dem EU-Beitritt erhebliche Auswirkungen auf die bundesstaatliche Struktur verbunden sein werden: - Die Übernahme des EG-Rechtssystems führt dazu, daß eine Reihe von Rechtssetzungsbefugnissen, die nach geltender österreichischer Verfassungsrechtslage in Gesetzgebung und Vollziehung in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen, auf EG-Organe übergehen. Die österreichischen Länder sind davon deshalb so betroffen, weil ihre Gesetzgebungskompetenzen an sich schon äußerst bescheiden sind, vor allem im Vergleich zu anderen Bundesstaaten, und die Abgabe weiterer Kompetenzen, nicht mehr bloß ein quantitatives Problem darstellt, sondern zu einem qualitativen Problem wird, zu einem Problem der Existenz des Bundesstaates. - Weiters kommt die Vertretung Österreichs im wichtigsten Rechtssetzungsorgan der EG, im Rat, dem Bund zu und zwar auch dann, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die in der innerstaatlichen Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit der Länder fallen. - Die Übernahme von ausländischem Recht durch Österreich geschieht über Staatsverträge. Diese fallen automatisch und unabhängig von der Zuordnung der Materie nach der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung in die Zuständigkeit des Bundes, sowohl was die Verhandlungen betrifft als auch was die parlamentarische Genehmigung und den Abschluß angeht. 2. Gerade die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zeigte, daß die EG-Integration auf ein ständiges Anwachsen der Exekutive hinauslief und ließ unter den obigen Aspekten eine Entparlamentarisierung auf Landesebene befürchten, zudem auch von österreichischer Seite unter den Vorgaben der Effizienz und des raschen Handeins die Exekutive in den Vordergrund gerückt wurde. Die Landeshauptleutekonferenz beschloß am 25. November 1988, daß die Einbindung der Länder im integrationspolitischen Entscheidungsprozeß über die Landeshauptleutekonferenz erfolgen muß und beanspruchte damit, gestützt auf Art. 105 B-VG und die entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen, das "Alleinvertretungsrecht" gegenüber dem Bund, d. h. die ausschließliche Formulierung der Länderinteressen auch in Gesetzgebungsfragen.

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Gegen diesen Vollzugsföderalismus österreichischer Prägung formierte sich der Widerstand und es brach ein neuer Interessenkonflikt zwischen Exekutive und Legislative in den Bundesländern aus. Auch die Länderparlamente reagierten und begannen im Bewußtwerden legislativer Kompetenzverluste der Länder vehement, ein Mitspracherecht einzufordern. Die Landtagspräsidentenkonferenz befaßte sich wiederholt mit diesen Fragen und beschloß die Vertretung der gesetzgeberischen Anliegen, wenn schon nicht ganz, so doch in entscheidenden Fragen, an die Landtage selbst zu binden. 3. Das Bemühen, seitens der Bundesländer wenigstens durch entsprechende Information im vorhinein beteiligt zu sein, blieb nicht ergebnislos: a) 1988 - Einrichtung einer Arbeitsgruppe EG-Föderalismus im Bundeskanzleramt, die sich im wesentlichen am Deutschen Modell orientierte. b) BGBL 368/1989 - Errichtung eines Rates für Fragen der österreichischen Integrationspolitik beim Bundeskanzleramt mit der Begründung: "Fragen der europäischen Integration werden unabhängig von der vom Nationalrat und der Bundesregierung in der allernächsten Zeit zu treffenden Entscheidung für Österreich von außerordentlicher Bedeutung sein und es erscheint daher notwendig, für diese so bedeutenden Fragen ein eigenes Beratungs- und Koordinationsorgan zu schaffen." Diesem Rat sollten neben Mitgliedern der Bundesregierung Vertreter der parlamentarischen Klubs, Vertreter der Interessensvertretungen sowie des Österreichischen Städtebundes und Gemeindebundes angehören. Als Vertreter der Länder sind zwei Vertreter der Landeshauptmännerkonferenz und zwei Vertreter der Landtage (Landtagspräsidenten) vorgesehen. Damit war es den Landtagen erstmals gelungen, das Repräsentationsrecht der Landesregierung in seiner Ausschließlichkeit in Frage zu stellen. Aufgabe dieses Gremiums sollte - die Beratung der Bundesregierung in Fragen der Integrationspolitik, - die Erörterung und Koordination integrationspolitischer Entscheidungen und - die gegenseitige Information sein. Die Bundesregierung wurde gesetzlich verpflichtet, vor allen wesentlichen Integrationsschritten den Beirat zu hören. Damit war den Ländern die Möglichkeit der rechtzeitigen Information zugesichert.

III.

Von den Ländern wurde die vom Salzburger Landtagspräsidenten Helmut Schreiner entwickelte Zwei-Schienentheorie verfolgt:

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A. Verankerung der Mitwirkungsbefugnisse in allen Fragen der EU B. Neuordnung des Österreichischen Bundesstaates (Strukturreform), d. h. die Integration darf nur so erfolgen, daß den Ländern eine angemessene Mitwirkung an der Gestaltung der österreichischen Verhandlungsposition gegenüber und im Rahmen der EG eingeräumt wird. Da der EG-Beitritt eine Gesamtänderung der Bundesverfassung bedeutet und daher eine Volksabstimmung gemäß Art. 44 Abs.3 B-VG notwendig ist, sollte die Bundesstaatsreform spätestens, jedenfalls aber gleichzeitig mit der Integration erfolgen.

Wie wurden diese beiden Forderungen umgesetzt: ad.A. 1. B-VG-Novelle: BGB1.276/1992 a) dem Art. 10 wurden folgende Absätze 4 - 6 angefügt: (4) Der Bund hat die Länder unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder berühren oder sonst für sie von Interesse sein könnten, zu unterrichten und ihnen binnen einer von ihm zu setzenden, angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Solche Stellungnahmen sind an das Bundeskanzleramt zu richten. Gleiches gilt für die Gemeinden, soweit der eigene Wirkungsbereich oder sonstige wichtige Interessen der Gemeinden berührt werden. Die Vertretung der Gemeinden obliegt in diesen Angelegenheiten dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund (Art. 115 Abs.3). (5) Liegt dem Bund fristgerecht eine einheitliche Stellungnahme der Länder zu einem Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration vor, das Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, so ist der Bund bei zwischenstaatlichen Verhandlungen und Abstimmungen an diese Stellungnahme gebunden. Er darf davon nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen abweichen. Der Bund hat diese Gründe binnen acht Wochen nach Kundmachung des betreffenden Rechtsaktes im Rahmen der europäischen Integration mitzuteilen. (6) Die näheren Bestimmungen über das Verfahren gemäß den Abs. 4 und 5 sind in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern (Art. 15 a) festzulegen." b) Dem Art. 16 wurde folgender Abs. 6 angefügt: (6) Die Länder sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereich zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen Integration erforderlich werden; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach und wird dies von einem Gericht im Rahmen der europäischen Integration gegenüber Österreich festgestellt, so geht die Zuständigkeit zu solchen Maßnahmen, insbesondere zur Erlassung der notwendigen Gesetze, auf den Bund über. Eine gemäß dieser Bestimmung vom Bund getrof-

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fene Maßnahme, insbesondere ein solcherart erlassenes Gesetz oder eine solcherart erlassene Verordnung, tritt außer Kraft, sobald das Land die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat." c) Gleichzeitig erfolgte die Übertragung der Regelung des Verkehrs mit Baugrundstücken in die Kompetenz der Länder. Mit dieser B-VG- Novelle erfolgt die verfassungsrechtliche Verankerung des Mitwirkungsverfahrens, wobei die Mitwirkung nicht dem Bundesrat sondern den Ländern übertragen wird. Damit haben die österreichischen Landtage eine Situation erreicht, die regionalen Parlamenten in anderen EU-Staaten in diesem Ausmaß nicht zukommen, die sich aber auch wesentlich und positiv von den Mitwirkungsmöglichkeiten der deutschen Landtage unterscheidet, da dort nur die Landesregierung über den Bundesrat ein Mitwirkungsrecht hat. Im Zuge der Verhandlungen war im März 1992 unter Hinweis auf den deutschen Bundesrat der Vorschlag aufgetaucht, ein selbständiger Ausschuß des Bundesrates solle unter Beiziehung der Landtagspräsidenten mit beratender Stimme die Interessen der Länder wahrnehmen. Dagegen setzten sich die Länder erfolgreich mit der Begründung zur Wehr, daß der Hinweis auf die Bundesrepublik Deutschland verfehlt sei, da der Bundesrat dort eine ganz andere Stellung habe, da dort die Vertreter der Landesregierungen sitzen.

2. BGBI. 775/1992 - Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gem. Art. 15 a B- VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration. Dazu muß bemerkt werden, daß gern. Art.15 a B-VG Bund und Länder untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen können. Dasselbe trifft für die Länder untereinander zu, aber nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches.

Diese Vereinbarung bringt eine Ergänzung des Bundes-Verfassungsgesetzes und nähere Regelungen über das erwähnte Informations- und Stellungnahmerecht der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration. So wird im Art. 6 Abs. 2 ausdrücklich festgestellt: "In welcher Weise die Länder eine einheitliche Stellungnahme herbeiführen, ist ausschließlich Sache der Länder. Insbesondere kommt dafür eine Ländervereinbarung gern. Art. 15 a B-VG in Betracht." Es wird auch die Einbindung von Ländervertretern in österreichischen Delegationen bei Beratungen und Verhandlungen im Rahmen der europäischen Integration sowie die Entsendung von Ländervertretern in die Österreichische Mission bei der EG geregelt. Zudem verpflichtet sich der Bund in dieser Vereinbarung, auf Ersuchen eines Landes vor dem EuGH Klage zu führen, wenn im Falle einer österreichischen EG-Mitgliedschaft ein rechtswidriges Handeln oder Unterlassen von Organen der EG eine Angelegenheit betrifft, in welcher die Gesetzgebung Landessache ist. Auch Fragen der Kostentragung sind Gegenstand dieser Vereinbarung. So verpflichten sich die Länder zum Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechts-

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verfolgung notwendigen Kosten, die dem Bund aus der von den Ländern ersuchten Klagserhebung vor dem EuGH erwachsen. Darüberhinaus sind die jeweils betroffenen Länder zur Tragung jener Kosten verpflichtet, die der Republik Österreich im Zusammenhang mit Verfahren vor dem EuGH wegen eines EG-rechtswidrigen Verhaltens der Länder erwachsen.

3. Vereinbarung der Länder gern. Art. 15 a B-VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration, unterzeichnet am 12. März 1992, im Burgenland LGBL 39/1993. Diese Vereinbarung sieht die Schaffung der Integrationskonferenz der Länder (lKL) vor, in der die Länder durch den Landeshauptmann als Stimmführer und den Landtagspräsidenten vertreten sind. Aufgabe dieser IKL ist die Wahrnehmung der gemeinsamen Länderinteressen in Angelegenheiten der europäischen Integration, im besonderen die Erstellung einheitlicher Stellungnahmen. Über die Beschlußfassung bestimmt Art.3: (1) Die Integrationskonferenz der Länder (IKL) trifft ihre Beschlüsse grundsätzlich in Sitzungen, in dringenden Fällen durch Umfragen. (2) Sie ist beschlußfähig, wenn die Einladung ordnungsgemäß versendet wurde und mindestens fünf Länder vertreten sind. (3) Jedes Land hat eine Stimme. Sie wird vom Landeshauptmann abgegeben. (4) Stimmenthaltungen sind zulässig. Wenn ein Land bei einer Sitzung nicht vertreten ist, gilt dies als Stimmenthaltung. (5) Ein Beschluß kommt zustande, wenn mindestens fünf Länder zustimmen und kein Land eine Gegenstimme erhebt.

Gemäß Art. 4 gelten Stellungnahmen der IKL zu Vorhaben der europäischen Integration in Angelegenheiten, die in Gesetzgebung Landessache sind, als einheitliche Stellungnahme der Länder im Sinne des Art. 10 Abs. 5 B-VG, die den Bund bei zwischenstaatlichen Verhandlungen und Abstimmungen binden. Vielfach wurde die Frage aufgeworfen, da der Landeshauptmann die Stimme des Landes abgibt, ob sich die Landeshauptleutekonferenz durchgesetzt habe und die Mitwirkung des Landtages auf die Teilnahme des Landtagspräsidenten an der IKL reduziert worden sei. Dies ist eher eine theoretische Frage, die nur ein Gegeneinander Legislative - Exekutive herbeiführen soll. Denn inwieweit der Landeshauptmann seinen Landtag vor Abgabe der Länderstellungnahme befaßt und dessen Meinung einholt, ist in den einzelnen Landesverfassungen und den Geschäftsordnungen der Landtage zu regeln. Ich sehe die Bedeutung der Teilnahme der Landtagspräsidenten darin, daß sie stellvertretend für den Landtag dafür sorgen sollen, daß das Abstimmungsverhalten der Landeshauptleute stets mit den Landtagsüberlegungen übereinstimmt und die Landtage gleichzeitig auch von vornherein über den gesamten Informationsstand verfügen.

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4. B- VG Novelle,BGBI. 1013/1994

Im 1. Hauptstück der Bundesverfassung wird ein Abschnitt B "Europäische Union" neu eingefügt. Das schon im Zuge der Vorbereitung des österreichischen EU-Beitrittes im Rahmen der Teilnahme Österreichs an der EFfA und am EWR entwickelte Verfahren der Beteiligung der Gebietskörperschaften in Fragen der europäischen Integration wird nur geringfügig modifiziert übernommen, womit also auf ein bereits bewährtes umfassendes Mitwirkungsmodell zurückgegriffen werden konnte, welches durch Ausführungsvereinbarungen bereits vollständig institutionalisiert und konkretisiert war. Diese Materialien nahmen daher auch eine wichtige Vorbildfunktion für das neugeschaffene Mitwirkungs- und Konsultationsmodell des Nationalrates und des Bundesrates ein. Gemäß Art. 23 d trifft den Bund unverzüglich eine umfassende Informationspflicht über alle Vorhaben im Rahmen der EU, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder berühren oder sonst für sie von Interesse sein könnten. Gleiches gilt für die Gemeinden, soweit der eigene Wirkungsbereich oder sonstige wichtige Interessen der Gemeinden berührt werden. Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Bund-LänderVereinbarung, BGBL 775/1992, erfolgt die Information insbesondere - durch die Übersendung von dem Bund vorliegenden Dokumenten, Berichten oder Mitteilungen von Organen und Einrichtungen der EG sowie - über informelle Ministertreffen und Gremien im Rahmen der EG; - durch Dokumente und Informationen über Verfahren vor Europäischen Gerichten und Streitbeilegungseinrichtungen, an denen die Republik Österreich beteiligt ist, sowie - durch Berichte der Österreichischen Mission bei der EG. Länder und Gemeinden haben die Möglichkeit zur Stellungnahme(Konsultationsverfahren). Anders als im 1992 geschaffenen Länder-Beteiligungsverfahren wurde in Art. 23 d davon abgesehen, den Ländern eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu Vorhaben der Europäischen Union zu setzen, weil mit Fristsetzungen in der Regel ein hoher Verwaltungsaufwand verbunden ist. Gemäß Art. 23 d Abs. 2 entfaltet die Stellungnahme der Länder dann eine Bindungswirkung, wenn diese "einheitlich" ist und das Vorhaben der EU eine Angelegenheit betrifft, in der die Gesetzgebung Landessache ist. Eine "Einheitliche Stellungnahme der Länder" setzt voraus, daß alle Länder an der Willensbildung beteiligt waren. Das bedeutet aber nicht, daß die Willens bildung einstimmig erfolgen muß. Die Willensbildung der Länder muß für den Bund zweifelsfrei nachvollziehbar sein. Es gilt das Konsensualprinzip; es darf keine Gegenstimme aus dem Länderbereich vorliegen. 6 Merten

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Der Bund darf nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen von einer derartig bindenden Länderstellungnahme abweichen. Diese liegen vor, "wenn dies zur Wahrnehmung wichtiger österreichischer Interessen in der EU unabweisbar ist." Artikel 23 d überläßt es der Verfassungsautonomie der Länder, welches Organ des Landes die Stellungnahme für das Land abgibt. Es ist in der Bundesverfassung nicht geregelt, ob der Landeshauptmann, die Landesregierung oder der Landtag die Stellungnahme des Landes formuliert, so daß die Mitwirkung der "Landesparlamente" bei der Schaffung von neuem EU-Recht nicht schon bundesverfassungsrechtlich vorgezeichnet ist. Artikel 146 EG-Vertrag in der Fassung von Maastricht sieht vor, daß "der Rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedsstaates verbindlich zu handeln", 'besteht. Art. 23 d Abs. 3 setzt dies um und schafft die Möglichkeit, daß die Mitwirkung an der Willensbildung im Europäischen Rat einem von den Ländern namhaft gemachten Vertreter übertragen wird, wenn ein Vorhaben im Rahmen der EU auch Angelegenheiten betrifft, in denen die Gesetzgebung Landessache ist. In diesem Fall unterliegt der Vertreter der Länder derselben staatsrechtlichen Verantwortlichkeit wie ein Minister bzw. ein Mitglied der Landesregierung gemäß Art. 142 BVG. Im Interesse der Wahrung der Bundesinteressen wird klargestellt, daß die Wahrnehmung dieser Mitwirkungsbefugnis unter Beteiligung des zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung und in Abstimmung mit diesem erfolgt. ad.B. Mit dieser Novelle der Bundesverfassung wurde die "Minimalvariante" des Länderbeteiligungsverfahrens verfassungsrechtlich übernommen und die Willensbildung in EU-Angelegenheiten im bundesstaatlichen Staatsgefüge geregelt. Wirklicher föderalismuspolitischer Ausgleich für die gravierenden Kompetenzverluste der Länder an die EU konnte freilich auf diese Weise nicht geschaffen werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Bundesstaatsreform, der Strukturreform der Kompetenzverteilung. 1989 wird von Föderalisminister Riegler eine Arbeitsgruppe für Fragen der Neuordnung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung (Strukturreforrnkommission) eingesetzt, die folgendes Ergebnis erarbeitet: - Für eine Reform der Kompetenzverteilung wird gefordert, daß sie sich an einem bestimmten Konzept orientiert und nicht - wie das in der bisherigen legislativen Praxis vorwiegend geschieht - systemlos und ohne größere verfassungspolitische Perspektive erfolgt. - Die Reform soll eine dem Wesen des Bundesstaates besser entsprechende, ausgewogene Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bringen.

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- Dem Bund und den Ländern sollen sinnvoll abgerundete Staatsaufgaben und nicht bloß Aufgabenfragmente zugeordnet werden. - Eine Reform der Kompetenzverteilung soll die Zusammenhänge zwischen Staatsaufgabenbesorgung und Finanzierungsverantwortung stärken. - Vorschriften zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung sollen in das Stammgesetz(B-VG) eingebaut und dort nach Möglichkeit auf geschlossene Regelungsbereiche konzentriert werden - Der Kompetenztypus der "Grundsatzgesetzgebung" hat in der österreichischen Staatspraxis die an ihn gesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen vermocht. Die Strukturreforrnkommission zeigt Wege auf, um dieses Problem zu lösen. - Besonders empfohlen wird die Auflassung der mittelbaren Bundesverwaltung und die grundsätzliche Überführung der betreffenden Materien in den Kompetenztypus des Art. 11 B-VG - Die generelle Kompetenzfreistellung der nichthoheitlichen Verwaltung sollte beseitigt und der Bedeutung dieser Angelegenheiten entsprechend eine besondere Kompetenzverteilung geschaffen werden. - In finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht wird eine Weiterentwicklung des gegenwärtigen Verbundsystems im Sinne verstärkter Betonung der Parität und Autonomie der Finanzausgleichspartner empfohlen. Das zu entwickelnde System sollte durch folgende Elemente gekennzeichnet sein: Verfassungsförmliche Verankerung der zentralen finanzverfassungsrechtlichen Weichen stellungen; Überantwortung von zusätzlichen Abgabeobjekten und/oder Zuschlagsrechten an die Länder bei gleichzeitiger Beseitigung der Landesumlage; Beseitigung der Abgabentypologie des § 6 F-VG; Verstärkung der Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden bei für sie kostenverursachendem Bundesrecht. 1991 kommt es zu Verhandlungen zwischen dem Bund (Bundesminister Weiß und Staatssekretär Kostelka) und den Ländern (Landeshauptmann Stix und Landeshauptmann Purtscher) über die Neuordnung des Bundesstaates. Diese führen zu einer politischen Vereinbarung über die Neuordnung des Bundesstaates ("Perchtoldsdorfer Vereinbarung"), die am 8.0ktober 1992 vom Bundeskanzler und dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz unterzeichnet wird. Sie enthält die verfassungspolitischen Leitlinien für entsprechende Änderungen der Bundesverfassung. Diese Verfassungsänderungen sollen nach der Schlußklausei dieser Politischen Vereinbarung "bis längstens zur Volksabstimmung über die bundesverfasungsgesetzliche Ermächtigung zum EG-Beitritt als beschlußreife Regierungsvorlage textlich fixiert und spätestens in der aus Anlaß des EG-Beitritts erforderlichen Novelle zum B-VG beschlossen werden." Als die wichtigsten, in dieser Politischen Vereinbarung entwickelten Reformperspektiven seien genannt: 6"

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- Die möglichst weitgehende Beseitigung bestehender Kompetenzzersplitterungen, um geschlossene Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu schaffen. - Die Beseitigung des Kompetenztypus "Grundsatzgesetzgebung des Bundes", der sich in der Praxis nicht bewährt habe. Die diesem Kompetenztypus derzeit unterliegenden Tatbestände sollten in die ausschließliche Kompetenz des Bundes oder der Länder übergeleitet werden. - Die Schaffung spezifischer Kompetenzverteilungsmodelle, etwa in Form der Verankerung von Gemeinschaftsaufgaben, für die sog.Querschnittsmaterien, nämlich Umweltschutz, Raumordnung, Katastrophenschutz sowie umfassende Landesverteidigung und Zivilschutz. - Die Schaffung eines verfassungsrechtlichen Konzentrationsgebotes, demzufolge jedenfalls Änderungen der bundesstaatlichen Zuständigkeitsverteilung ausschließlich im Rahmen des B.- VG vorzusehen wären. - Die Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung und damit eine Bereinigung der Verwaltungsstuktur in dem Sinne, daß es künftig nur die (unmittelbare) Bundesverwaltung und die (autonome) Landesverwaltung gibt. - Der Ausbau der Möglichkeit zur Delegation von Gesetzgebungsbefugnissen des Bundes in allen Angelegenheiten des Art. 10 B-VG. - Eine der Reform der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung entsprechende Neugestaltung der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs. - Eine grundsätzliche Reform des Bundesrates im Sinne der Stärkung seiner Stellung als Länderkammer. Nach zahlreichen Verhandlungsrunden geht am 7. April 1994 ein Entwurf dieser B-VG- Novelle ins Begutachtungsverfahren, nach zwei weiteren Verhandlungsrunden erfolgt am 12.Juni 1994, somit vor der EU-Volksabstimmung, die Vorlage im Parlament. Dazu sagte Bundesminister ]ürgen Weij3: "Mit der Festlegung des Bundes, den konkreten Inhalt der Bundesstaatsreform vor der Volksabstimmung über den EUBeitritt vorzulegen, kann das Rad der föderalistischen Entwicklung auch in Österreich nicht mehr zurückgedreht werden. Bei allem Optimismus ist aber auch zu sehen, daß wir zwar den richtigen Weg eingeschlagen haben, aber noch lange nicht am Ziel sind." Der Regierungsvorlage lag zwar die politische Vereinbarung Bundesregierung Landeshauptleute zugrunde, sie hatte aber den entscheidenden Mangel, daß bisher weder auf Bundes- noch auf Landesebene Vertreter der gesetzgebenden Körperschaften beigezogen worden waren. Im Sommer 1994 kam es zu keiner Beschlußfasssung mehr im Nationalrat. Bei den Wahlen :Zum Nationalrat im Oktober 1994 verloren die Regierungsparteien die Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen. Nach Konstituierung des Nationalrates erfolgte im November 1994 die Wiedervorlage dieser B-VG-Novelle mit unverändertem Text. Nach Verhandlungen

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mit den übrigen Parlamentsparteien kam es zu einem Parteienübereinkommen SPÖ,ÖVP,Grüne und Liberales Forum, was zu Abänderungen der Regierungsvorlage in den Ausschüssen führte. Die außerordentliche Landeshauptmännerkonferenz vom 12. Dezember 1994 hat dieses im Verfassungsausschuß erzielte Parteienübereinkommen im wesentlichen aus zwei Gründen abgelehnt: Einerseits schierr den Ländern die Finanzierung der bedeutenden Mehrkosten, die ihnen aus der Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung und der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit erwachsen würde, nicht gesichert. Verstärkt wurde diese Sorge vor allem durch die steigenden Lasten der Länder aus der EU-Finanzierung und durch die zunehmende Finanznot des Bundes, die er zumindest teilweise auf die Länder abzuwälzen trachtet. Durch die Verländerung der mittelbaren Bundesverwaltung und die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit wäre ein völliger organisatorischer Neubau der Landesverwaltung erforderlich gewesen. Dafür wäre eine eindeutige Zusage des Bundes, die Mehrbelastungen der Länder durch Veränderungen im Finanzausgleich abzugelten, notwendig gewesen. Mit einer bloß formalen Verweisung auf die Finanzausgleichsverhandlungen 1996 konnten sich die Länder in dieser Situation nicht begnügen. Zu den finanziellen Problemen kamen auch inhaltliche Bedenken der Länder gegen den weiteren Abbau des bundesstaatlichen Gehaltes der vorgeschlagenen Reform, der schon "ein Kompromiß an der untersten Grenze" war. So sollten auf Wunsch der Opposition gegenüber der Regierungsvorlage folgende neue Zentralisierungen eingeführt werden, welche die Selbständigkeit der Länder weiter beschränkt - statt ausgebaut - hätten: Die (Rest-)Zuständigkeit der Länder für die Luftreinhaltung wäre beseitigt und dadurch das Bauwesen als Landeskompetenz weiter eingeschränkt worden. Die Umweltüberwachung des Bundes und die Ersatzbefugnisse der Bundesminister (statt der zuständigen Landesorgane) sollen ausgedehnt und die Länder einer allgemeinen Kontrolle ihrer Verwaltung durch eine Bundesumweltanwaltschaft unterworfen werden. Das schon in der Regierungsvorlage vorgesehene besondere Einspruchsrecht des Finanzministers gegenüber Landesgesetzen konnte trotz Protestes der Länder nicht beseitigt werden. Eine Stärkung der Finanzautonomie der Länder war wohl zugesagt, jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht konkret als Gesetzentwurf des Bundes vorgelegen. Es kam somit zu keiner Beschlußfassung dieser B-VG-Novelle vor dem EU-Beitritt. Trotzdem bleibt für die Länder eine echte "Strukturreform des Bundesstaates" auf die Dauer eine Überlebensfrage ihrer bundesstaatlichen Existenz. Aber auch der Bund wird wohl die darin begründete Reform der Kompetenzentflechtung, der Bürgernähe und eines wirksamen Rechtsschutzes der Verwaltung nicht länger aufschieben können.

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IV. Neben diesen bundesrechtlichen Regelungen waren auch die Länder aktiv und richteten auf Regierungs- und Landtagsebene Beratungs- und Entscheidungsgremien für Integrationsfragen ein: 1. Eigene Europa- und Integrationsausschüsse in den Landtagen, teilweise mit verfassungsrechtlicher Verankerung, ab 1991. Heinz Schäffer hat dies in seinem Vortrag näher ausgeführt. Z. B. wird im Burgenländischen Landtag ein "Ausschuß für europäische Integration und grenzüberschreitende Zusammenarbeit" konstituiert, dessen Aufgabe, wie schon der Name sagt, nicht allein die Wahrnehmung der EU-Interessen, sondern auch der Ausbau der Kontakte zu den östlichen Nachbarstaaten sein soll. Damit will das Burgenland seine historisch gewachsene und auf Grund der geographischen Lage vorgegebene Brückenfunktion zwischen Ost und West und seine traditionell guten Beziehungen zu den östlichen Reformstaaten besonders betonen. 2. Bestellung von Europabeauftragten ab 1992 und Einrichtung von Europabüros; im Burgenland mit der Aufgabe der Koordinierung der Abteilungen des Amtes der Landesregierung in allen Europafragen, der Kontaktpflege und der Sicherstellung des erforderlichen Informationsflusses zur Landesregierung und zum Landtag. 3. Einrichtung von EG-Beiräten bestehend aus Mitgliedern der Landesregierung, des Landtages und der Interessensvertretungen. 4. Errichtung von Ländervertretungen in Brüssel.

V. A. Der Landtag ist der "allgemeine Vertretungskörper", somit das Repräsentationsorgan des Landesvolkes auf Landesebene, dem in seinen, ihm durch das B-VG zugewiesenen Wirkungskreis die gleiche Stellung in Gesetzgebung und Verwaltung zukommt, wie dem Nationalrat auf Bundesebene. 1. Ihm steht das ausschließliche Gesetzgebungsrecht sowohl für die einfache Landesgesetzgebung als auch für die Landesverfassungsgesetzgebung zu. Als Landesverfassungsgesetzgeber ist er zwar an die Grundsätze, die im B-VG festgelegt sind, gebunden, darüberhinaus aber frei, das Landesverfassungsrecht nach politischem Belieben zu regeln ("relative Verfassungsautonomie"). 2. Als Kreationsorgan obliegt ihm die Wahl der Vertreter des Bundeslandes in den Bundesrat und die Wahl der Mitglieder der Landesregierung als oberstes Organ der Landesvollziehung. Mit Ausnahme von Vorarlberg sehen die Landesverfassungen ein Verhältniswahlrecht vor, d. h. eine proportionale Zusammensetzung nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im Landtag.

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3. Zur Handhabung der Aufsicht über die Geschäftsführung der Landesregierung sind dem Landtag eine Reihe von Kontrollrechten eingeräumt, die in der Bundesverfassung nicht vorgezeichnet sind, sondern vollkommen der Regelung der Landtage unterliegen. Sie beziehen sich auf die a) Kontrolle der finanziellen Gebarung: - Genehmigung des Landesvorangschlages entweder in Form eines Landesgesetzes oder durch einfachen Beschluß des Landtages. - Prüfung und Genehmigung des Rechnungsabschlusses. Neben der Kontrolle durch den Rechnungshof, er wird in diesen Fällen als Organ des Landtages tätig, haben die Länder eigene Einrichtungen zur Kontrolle der Landesgebarung geschaffen - Landesrechnungshof, Landeskontrollausschuß (Landeskontrollamt). b) Rechtliche Kontrolle: Geltendmachung der rechtlichen Verantwortlichkeit der Mitglieder der Landesregierung - Anklageerhebung beim Verfassungsgerichtshof. c) Politische Kontrolle: - Interpellations- oder Fragerecht (schriftliche oder mündliche Anfrage, Fragestunde, dringliche Anfrage) - Resolutionsrecht - Enqueterecht - Einsetzung von Untersuchungsausschüssen - Zitationsrecht - Die Teilnahme der Regierungsmitglieder an Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse kann erzwungen werden; - Möglichkeit des Mißtrauensvotums 4. Daneben haben einzelne Länder noch Sondereinrichtungen geschaffen, z. B. Landesausschüsse im Burgenland, Informationspflicht der Landesregierung, Vorlage von Berichten nach einzelnen Landesgesetzen. Die meisten Kontrollrechte sind auf das Organ des Landtages und damit der Mehrheitspartei zugeschnitten, jedoch wurden in den letzten Landesverfassungsnovellen auch die Rechte der Minderheit berücksichtigt. B. Um die heutige Stellung der Landtage näher zu beleuchten sei auf nachstehende Faktoren hingewiesen: 1. Historische Stellung in der Monarchie: Die Landesregierung war damals ein Teil des Landtages, eine Art Hauptausschuß. Damals gab es keine Gewaltentrennung zwischen Landesregierung und Landtag im heutigen Sinn. Erst mit der Bundesverfassung wurden Landtag und Landesregierung organisatorisch getrennt, ohne daß organisatorische Konsequenzen gezogen wurden, die dem Landtag ermöglicht hätten, Eigenständigkeit gegenüber der Landesregierung zu wahren. Die Landesgesetzgebung ist seither vollständig auf Planung und Zuarbeit durch die

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Landesregierung angewiesen, es mangelt den Landtagen an apparativer Selbständigkeit 2. Dominanz der Landesregierung über die Landesparlamente geht weit über das in anderen parlamentarischen Demokratien übliche Maß hinaus. Dazu bemerkt Günter Winkler: "Im demokratischen Rechtsstaat scheint es völlig klar, wer der Gesetzgeber ist: Das Parlament. Darin liegt aber ebenso viel Wahrheit wie Fiktion." Der Landtag wird selten aus eigener Initiative tätig, da er hiebei auf Experten der Landesregierung angewiesen wäre. Die Landesregierung ist weitgehend auch durch die Landesverfassung ins eigentliche parlamentarische Gesetzgebungsverfahren integriert und auch meistens Initiator von Gesetzesvorhaben. Die Legistik ist seit Jahrzehnten eine Domäne der Verwaltungspraxis. Dem Landtag kommt nach Kar! Weber bei der Abwägung der Interessen - Parteien, Kammern, Expertengremien - politologisch gesprochen, die Rolle einer Koordinationsinstanz und eines politischen Transformationsorganes im Prozeß der materiellen Rechtssetzungsvorgänge zu. 3. Mitglieder der Landesregierung sind oft auch Mitglieder des Landtages und nehmen an den Sitzungen der Landtagsklubs teil - in letzteren sehe ich schon wegen der Information einen Vorteil.

Im Burgenland waren die Landsparteiobmänner der seinerzeitigen beiden Regierungsparteien (Landeshauptmann bzw. Landeshauptmann-Stellvertreter) nominell Klubobmann, obwohl sie nicht Mitglieder des Landtages waren; daneben wurde ein geschäftsführender Klubobmann bestellt. 4. Eine gemeinsame rechtsverbindliche Koordination der Landesgesetzgebung und der Außenvertretung gesetzgeberischer Interessen ist weder in der Bundesverfassung noch in den Landesverfassungen vorgesehen. Die Landtagspräsidentenkonferenz , ein Forum, das seit 1974 regelmäßig tagt, entwickelt sich zu einer Einrichtung der Koordination und des aktiven Mitgestaltens und gewinnt in der Vertretung der Länderinteressen gegenüber dem Bund sie hat dies bei der Gestaltung der Länderbeteiligung im Rahmen der europäischen Integration unter Beweis gestellt - immer mehr an Bedeutung. So hatte z. B. ein Ersuchen - Beschluß vom 28. September 1992 - an die Bundesregierung, die Landtage in das Gesetzesbegutachtungsverfahren einzubinden, sofern Interessen der Landtage berührt werden, Erfolg. Künftig werden einschlägige Entwürfe an die Verbindungsstelle der Bundesländer übermittelt, die diese sofort an die Landtage weiterleiten wird. Diese Einbindung führt zu einer Aufwertung des parlamentarischen Systems in den Ländern, obwohl es kein formelles Begutachtungsrecht ist und bisher keine Verankerung im B-VG oder durch einen Art. 15 a -Vertrag gefunden hat. 5. Zersplitterung des Verfassungsrechtes: Das österreichische Verfassungsrecht besteht neben der eigentlichen Verfassungsurkunde, dem B-VG, aus einer beträcht-

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lichen Anzahl von Gesetzen und Staatsverträgen im Verfassungsrang, sowie aus einer hohen Zahl von Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen. Felix Ermacora: "Das die ganze Struktur bis heute belastende Element der Verfassungsdynamik ist die Unterscheidung von Bundesverfassung, Verfassungsgesetzen und Verfassungsbestimmungen. Eine Unterscheidung, die die Kelsenschen Entwürfe nicht kannten, die aber gemeinsam mit dem Fehlen jeder wahren inhaltlichen Kriterien für die Frage, wann Verfassungs gesetz oder Verfassungsbestimmung, zu einer nicht mehr überbietbaren Zerrissenheit des Verfassungskörpers geführt hat. Die Tatsache, daß Verfassungsrecht auch außerhalb der Verfassungsurkunde und ohne Zustimmung der Ländervertretung geschaffen werden kann, führt dazu, daß das Verfassungsrecht aufgrund politischer Kompromisse relativ rasch zustande kommt."

Mit Stand 1. 1. 1994 umfaßt das Bundesverfassungsrecht 59 Bundesverfassungsgesetze, 12 zur Gänze verfassungsändernde Staatsverträge, sowie, wie eine oberflächliche Zählung ergibt, 206 in über 102 einfachen Bundesgesetzen verteilte Verfassungsbestimmungen, 312 in über 137 Staatsverträgen verteilte verfassungsändernde Bestimmungen und 2 in 2 Vereinbarungen gern. Art. 15 a B-VG enthaltene verfassungsändernde Bestimmungen. Daher wird eine Neukodifikation angestrebt, da es unter diesen Gesichtspunkten fraglich ist, ob die Bundesverfassung die Funktion als "Grundgesetz" und "Fundament des Staates" noch erfüllen kann. 6. Das für den Föderalismus maßgebliche Prinzip der Subsidarität hat bei der Bundesregierung und dem Nationalrat keinen besonderen Stellenwert mehr, vielmehr löst jedes neu entstandene Problem die Forderung aus, alle einschlägigen Kompetenzen beim Bund zu konzentrieren, z. B. Umweltrecht, Sicherheitspolizeigesetz, Asylgesetz.

VI. Die EU-Mitgliedschaft ist sicherlich eine neue Chance des Bundesstaates, vor allem durch die Verankerung des Subsidiaritätsprinzipes und der Schaffung des Ausschusses der Regionen, womit die EU erstmals im Grunde die Existenz von Regionen und Einheiten unterhalb der Ebene von Mitgliedsstaaten offiziell anerkannt und zur Kenntnis genommen hat, daß diese Regionen auch Interessen haben können, die mit denen der Mitgliedsstaaten nicht unbedingt übereinstimmen müssen. Bundesminister ]ürgen Weij3: "Maastricht hat das Tor für den Föderalismus in der EU geöffnet und Weichen für ein Europa der Regionen und damit für mehr Bürgernähe und den Erhalt der Vielfalt gestellt, vor allem aber auch durch den Hinweis auf die grundsätzliche und vorrangige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten."

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Damit wurde aber auch eine Föderalismus- und Bundesstaatsdiskussion ausgelöst und kam es zu einer Hinwendung zur Politik im überschaubaren Lebensraum der Region. Damit wird bestärkt, daß Subsidarität als Handlungsprinzip und Föderalismus bzw. Eigenständigkeit als Gestaltungsprinzip den Zeitgeist in Europa prägen sollen. Die österreichischen Landtage werden in diesem Sinne versuchen, mitzuentscheiden und mitzugestalten, denn sie werden durch den EU-Beitritt weder überflüssig, noch werden sie dadurch zum bloßen Befehlsempfänger ohne echte inhaltliche Gestaltungsmöglichkeit degradiert. Der überwiegende Teil der Gesetzgebungstätigkeit wird auch in Zukunft im EU-freien Raum liegen; wo unionsrechtliche Vorgaben bestehen, werden die Landtage sicherlich danach trachten, die ihnen verbleibenden Freiräume bei der Ausgestaltung von Regelungen im Interesse des Landes bestmöglich zu nutzen. Darüberhinaus müssen sie versuchen, sich als Mitgestalter des Europarechtes und als Kontrolleure der Landesregierungen bei der Vollziehung des EU-Rechtes zu profilieren.

Los parlamentos de las comunidades autonomas en el sistema constitucional espafiol Por Antoni Monreal Ferrer En primer lugar, quisiera felicitar a las autoridades de la Escuela Universitaria de Ciencias Administrativas por el acierto en la organizacion de esta conferencia intemacional sobre la posicion de los parlamentos regionales en Alemania, Austria y Espafia. Para un estudioso deI constitucionalismo, corno es mi caso, resulta un privilegio participar en una reunion con autoridades academicas y politicas alemanas y austriacas dada la influencia que las constituciones de estos paises, sobre todo la Constitucion alemana, han tenido en la Constitucion Espafiola de 1978, asf corno tambien en el desarrollo de la interpretacion constitucional por parte deI Tribunal Constitucional aleman. He concebido rni intervencion corno una exposicion breve con caracter introductorio al debate que vamos a tener despues - si Udes. 10 creen oportuno - y he circunscrito mi intervencion estrictamente al ambito de los parlamentos autonornicos, no a las comunidades autonomas, solo a los parlamentos autonornicos, ya que me parecfa que era el tema de la reunion. Corno Udes. saben, en la actualidad, el territorio deI Estado espafiol se organiza en diecinueve comunidades autonomas. De hecho, diecisiete si excluimos dos comunidades recientemente constituidas, en el norte de Africa, en dos plazas de soberanfa espafiola. Tenemos quince comunidades autonomas en la peninsula, una comunidad autonoma en las Islas Baleares y otra comunidad autonoma en la Islas Canarias. Cada una de estas comunidades tiene un parlamento propio y su legislatura tiene cuatro aBos de duracion. EI numero total de parlamentarios autonomicos supera los mil. Aproximadamente, casi rnil doscientos parlamentarios autonomicos. EI numero de escafios por parlamento autonornico es muy variable, es extremadamente variable. Va desde los ciento treinta y cinco, que es el numero maximo, que tiene Catalufia, Madrid que tiene noventa y cuatro 0 el Pais Vasco que tiene setenta y cinco, a las comunidades con menos parlamentarios - que, por ejemplo, son Cantabria con treinta y cinco y La Rioja con treinta y cinco -. Por 10 tanto oscilamos entre un numero de treinta y cinco parlamentarios, minirno, a ciento treinta y cinco, maximo. En este momento, despues de las e1ecciones autonornicas de junio de 1995, once de las comunidades indicadas estan gobemadas por el Partido Popular, que es un

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partido que se autodefine de centro-derecha, tres comunidades estiin gobemadas por el PS OE, que se autodefine, aunque con menor rotundidad, corno de centroizquierda, una comunidad, que es Canarias, estii gobemada en este momento por Coalicion Canaria - por el momento, en realidad es un gobiemo deI pp de acuerdo con Colacion Canaria -, una comunidad, que es Catalufia, estii gobemada por Convergencfa i Unio - nacionalista moderados catalanes - y una comunidad estii gobemada por el Partido Nacionalista Vasco - es la comunidad vasca -, los nacionalistas vascos moderados. Esta es la panoriimica de la situacion. En 10 que concieme a las fuerzas polfticas gobemantes en las comunidades autonomas, 0 si se quiere, al juego mayoria-minoria en todos estos parlamentos autonomicos, me parece que hay tres rasgos caracteristicos que deben ponerse de relieve: el primero, es que en los parlamentos autonomicos, en la inmensa mayoria de parlamentos autonomicos, los dos grandes partidos estatales, que son el Partido Popular y el PSOE, que forman mayoria-minoria en el Parlamento espafiol, reproducen estii situacion en los parlamentos autonomicos. La mayoria-minorfa de los parlamentos autonomicos estii formada tambien mayoritariamente por los dos grandes partidos espafioles. Este es el primer elemento. EI segundo elemento es que en algunas comunidades autonomas, por ejemplo Cantabria, Aragon, Valencia, Canarias, se ha producido la emergencfa de pequefios partidos de iimbito regional - el Partido Aragones Regionalista, Coalicion Canaria, etc. - que disponen de un pequefio porcentaje de votos, pero que es suficiente para poder inc1inar la mayoria parlamentaria de la comunidad. Estos partidos son pequefios partidos locales que operan sobre intereses locales y su futuro es realmente incierto, en este momento. Finalmente, el tercer elemento es que solamente en dos comunidades - que son Catalufia y el Pafs Vasco - se da un sistema propio de partidos polfticos en e1 sentido de que la mayoria y minoria parlamentarias que se forman en estiis comunidades no son las mismas que se forman en el iimbito estatal, en el Parlamento espafio1. Convergencia i Unio (CIU), en Catalufia, forma la mayoria que agrupa a una opinion publica nacionalista moderada y el Partido Nacionalista Vasco (PNV) forma la mayoria en el Pafs Vasco que agrupa a una mayoria nacionalista moderada. A su vez, la presencia de estos partidos en el Parlamento espafiol puede decidir - y de hecho ya ha decidido - cual es la mayoria en el Parlamento espafio1. Por 10 tanto, 10 que se destaca aqui es que en dos comunidades, que son dos comunidades con tradicion historica, el sistema de partidos no reproduce a pequefia escala en el parlamento autonomico la relacion mayoria-minoria que se da en el Parlamento espafio1. Estos creo que son los tres rasgos principales que debfa mencionar en primer lugar. En segundo lugar, ya en 10 que concieme a los pariamentos autonomicos, la Constitucion Espafiola preve, en principio, una regulacion distinta de las instituciones de las comunidades autonomas y, por consiguiente, de los parlamentos autono-

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micos, distinguiendo entre las comunidades hist6ricas, es decir Catalufia, el Pais Vasco y Galicia, en principio, y las no hist6ricas, es decir, todas las demas. En efecto, para Catalufia, el Pais Vasco y Galicia, cuyos estatutos de autonomia fueron aprobados por un procedimiento especial, el procedimiento deI artfculo 151 de la Constituci6n, esta misma Constituci6n preve, en su artfculo 152, que la organizaci6n de esta comunidad aut6noma debe basarse en una asamblea legislativa, elegida por sufragio universal, de acuerdo con un sistema de representaci6n proporcional. Debe basarse en un gobierno con funciones ejecutivas y en un presidente elegido por la asamblea de entre sus miembros. Esta es la exigencia constitucional. Para el resto de comunidades aut6nomas que pudieran constituirse, ademas de las hist6ricas, la Constituci6n no establece previsi6n alguna en el sentido de prescribir la existencfa de parlamentos auton6micos. No los prescribe. Es mas, en otros artfculos de la Constituci6n, el artfculo 69 y el 147, puede comprobarse c1aramente que la Constituci6n prevefa la existencia de comunidades aut6nomas sin parlamentos. Esta era la previsi6n constitucional inicial. Finalmente, y por razones deI proceso po1ltico, todas las comunidades aut6nomas disponen de un parlamento en los terminos deI artfculo 152, es decir, elegido con arreglo a un sistema de representaci6n proporcional que elige al presidente de la comunidad aut6noma de entre sus miembros. Por 10 tanto, se articulan dos notas generales que son: 1) la representaci6n proporcional en la composici6n deI parlamento y 2) el regimen parlamentario corno forma de funcionamiento. Son dos exigencias constituci6nales que las comunidades aut6nomas no pueden desconocer. Este es el punto que me interesaba destacar. EI siguiente es que cuando nos referimos a las asambleas legislativas de las comunidades aut6nomas estamos hablando de auteenticos parlamentos en el sentido propio que les atribuye el derecho constitucional por las siguientes caracteristicas: disponen de autonomia funcional, es decir, aprueban y han aprobado todos ellos su reglamento y aprueban todos ellos su presupuesto realmente; disponen de un sisterna de organizaci6n interna practicamente igual al deI Parlamento espafiol, disponen de un presidente, una mesa, la junta de portavoces, los grupos parlamentarios funcionan en pleno y en cornisiones, es practicamente igual, con elementos diferentes, pero los elementos substanciales son identicos. Disponen asimismo - en sus reglamentos parlamentarios - de detaIladas reglas de funcionamiento y de los divers os procedimientos en cuanto a las sesiones ordinarias, extraordinarias, sistema de votaci6n, orden de debates, etc. Disponen - tambien por 10 que se refiere a sus funciones - de la funci6n legislativa, la funci6n presupuestaria y la funci6n de control, entre otras, con tendencia general a reproducir las tecnicas en estos tres ambitos reguladas en el Reglamento deI Congreso de los Diputados deI Parlamento espafiol. Finalmente, disponen los diputados auton6micos de la prerrogativa de la inviolabilidad, aunque no disponen de inmunidad en el sentido de que su procesamiento y prisi6n no exige la autorizaci6n deI parlamento auton6mico. Por tanto, la tercera

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afirmacion que queria hacer es que estamos tratando con autenticas camaras parlamentarias. EI siguiente elemento que queria mencionar, solo para introducir el debate, es que, realmente, puesto que son autenticas camaras parlamentarias es evidente que estan afectadas por la crisis general de la institucion parlamentaria que en diversos grados afecta a las instituciones parlamentarias en Europa. Se trata este de un tema sobre el que se han realizado excelentes aportaciones y de un tema recurrente en el debate, 10 cual hace que no sea necesario tratarlo en detalle ahora. Pero una exposicion sobre la importancia de los parlamentos autonomos no puede eludir una breve referencia a esta cuestion. Habitualmente, las razones que se acostumbran a enumerar para explicar la crisis deI parlamento, en sus terrninos mas generales, son: primero, el papel relevante deI ejecutivo por el paso deI Estado legislador al Estado administrador - creo que esto afecta a los parlamentos autonomicos tambien -. Sin duda tambien, el nuevo papel de los medios de comunicacion que hace perder al parlamento su papel central en la discusion de los asuntos publicos - sobre todo es un fenomeno que hemos visto en Espafia en el ultimo afio con una intensidad creciente, con una intensidad extraordinaria -. Tercero, es evidente que el corporatismo ha substituido al parlamento corno centro de decision en ciertas cuestiones desplazando la decision a organizaciones de indole diversa. Es aparentemente evidente que la relacion tradicional ejecutivo-legislativo ha desaparecido tambien en los parlamentos auton6micos para ser substituida por una nueva relacion, corno se dice habitualmente, entre ejecutivo y mayoria parlamentaria versus minoria parlamentaria. Tambien un elemento de la crisis es el sobredimensionamiento deI papel de los partidos pollticos que limitan en gran medida - y aveces reducen a la nada - el papel de los parlamentarios individuales. Yexisten otros factores, pero estos son factores reales que operan sobre todos los parlamentos y en particular sobre los parlamentos autonomicos. A estos factores de caracter general habitualmente se entiende que debe afiadirse uno que afecta a los parlamentos auton6micos, y es que, con el paso deI tiempo, su funci6n legislativa tiende a disminuir extraordinariamente. La funci6n legislativa, que es la central habitualmente en los parlamentos, se presenta corno no central en los parlamentos autonomicos. Por ejemplo, esto puede verse en el caso espafiol con algunos datos y de forma desigual. En el Parlamento de Andalucia, en la primera legislatura - que dura cuatro afios - se aprobaron cuarenta y nueve leyes. En la segunda legislatura se aprobaron solamente veintiseis leyes. En el ultimo afio de esta ultima legislatura, que fue el afio 1992, se aprobaron solamente tres leyes. En el caso deI Parlamento de Catalufia, que es de los mas activos en 10 que a legislacion se refiere, en los quince afios de vida deI Parlamento de Catalufia se han aprobado un total de doscientas sesenta y nueve leyes. En la primera legislatura se aprobaron setenta y cuatro y en la ultima solo treinta y seis (hasta Abril de 1995). Por 10 tanto, a las razones de la crisis general de los parlamentos en Europa,

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en un regimen parlamentario - otra cosa es el regimen presidencial - debe afiadirse esta reduccion de la actividad legislativa de los parlamentos autonomicos. Evidentemente, este fenomeno es desigual en Espafia siendo los parlamentos historicos el de Catalufia y el deI Pais Vasco - quienes menos experimentan este fenomeno. Ahora bien, sin negar la posibilidad de una profunda crisis de los parlamentos, es evidente tambien que siguen disponiendo de la funcion legislativa presupuestaria y de control y que son el unico organo representativo existente al nivel deI conjunto de la comunidad autonoma. Ademas hay que recordar que nunca corno ahora los parlamentos habfan tenido a su disposicion un presupuesto tan alto, cada afio que pasa el presupuesto deI parlamento es mayor, que nunca habfa dispuesto de unos medios tecnicos tan perfeccionados, y que nunca habfan dispuesto de una asistencia especializada tan cualificada. No hay duda de que siguen siendo el marco principal y privilegiado de la negociacion y transaccion entre las diversas fuerzas polfticas. Tampoco cabe duda de que el parlamento sigue siendo el unico organo que adopta sus decisiones a traves de un' debate publico, cosa que no hace el Gobiemo ni los tribunales; por 10 tanto, aunque han perdido el protagonismo en la formacion de la opinion, siguen formando opinion publica. Esta formacion de la opinion publica es muy desigual. En Espafia es evidente que hay comunidades en que el parlamento es una institucion arraigada en la poblacion cuyos debates son seguidos en parte por el publico, y parlamentos con escaso arraigo, depende de las circunstancias de cada comunidad autonoma. En gran medida la idea de crisis deI parlamento se articula sobre la constatacion de que ellugar central que ocupa en el sistema polftico, por su caracter representativo, no se transforma en un papel dominante entre los tres poderes deI Estado. La contradiccion es que es el elemento central por su origen representativo porque otorga legitimidad, pero no es el predominante en el juego de los tres papeles deI Estado. Esto es cierto, pero tampoco debe olvidarse que el sistema parlamentario es un sistema de equilibrio de poderes y que este equilibrio es variable. Depende de cuales sean las fuerzas polfticas de cada parlamento, de cual sea la articulacion normativa deI proceso de adopcion de dicciones polfticas, etc. En este marco -10 queria resaltar muy brevemente, ya he dicho que concebfa mi intervencion corno una introduccion al debate - la importancia de los parlamentos autonomicos en el sistema constitucional espafiol puede afirmarse en tomo a dos grandes elementos, en tomo a dos grandes ambitos. En primer lugar, los parlamentos autonomicos funcionan corno elemento legitimador deI conjunto deI Estado. Esto me parece algo muy importante y que puede no parecerlo tanto en paises corno Alemania 0 Austria, que tienen muchos afios de tradicion de funcionamiento federal, pero en Espafia es clave, es crucial, porque la tradicion espaiiola es basicamente una tradicion centralista, no es autonomista ni federalista, es centralista. Por tanto, este elemento es crucial en el sentido siguiente: la existencia deI parlamento es requisito de la existencia de la autonornfa polftica de las nacionalidades y regiones. EI parlamento autonomico, titular de la potestad legislativa, puede emanar ley-

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es con el misrno valor y fuerza que las leyes estatales, con 10 cual determina los fines propios de la cornunidad autonorna que irnplernentan polfticas publicas propias que obedecen a intereses propios y el parlamento es el agente de esta actividad. Por otra parte, al ser un organo de caracter representativo, al representar al pueblo de la cornunidad autonorna, ocupa en la organizacion de la cornunidad autonorna el misrno papel que el Parlamento espaiiol en el Estado espaiiol. Es por el reconocimiento de la autonorrlia polftica a las nacionalidades y regiones que los partidos - en Cataluiia y en el Pais Vasco - que se proc1aman a si misrnos nacionalistas y que ganan las elecciones, que son rnayoritarios en este rnornento en Cataluiia y en el Pais Vasco, aun siendo nacionalistas no persiguen corno objetivo la construccion de un estado propio. Yo creo que ese es el fenorneno rnas interesante de la estructura deI Estado en Espaiia. Que los partidos nacionalistas rnayoritarios en las cornunidades historicas no persigan un estado propio, 10 cual no tiene cornparacion en la historia de Europa. Todos los partidos nacionalistas han perseguido la construccion de su propio estado. En Espaiia no, por la existencia de la autonorrlia; y el parlamento autonomico es el sirnbolo y el organo de esta autonorrlia. Por tanto, creo que el principal rasgo de la estructura deI Estado en Espaiia es la autonorrlia de las nacionalidades y regiones y los parlamentos autonomicos son la expresion y garantia de esta autonorrlia. De aqui su funcion legitimadora. Observen corno en las elecciones autonomicas deI Pais Vasco, aunque la situacion deI Pais Vasco es extremadamente cornpleja, la opcion rnas de1 nacionalisrno radical obtuvo solo el dieciseis por ciento de los votos emitidos en las ultirnas elecciones autonomicas. Y en el Parlamento de Cataluiia, la opcion partidaria de un rnodelo independentista obtuvo solo - en las ultirnas elecciones autonomicas - el siete por ciento de los votos. En cambio, Convergencia i Unio obtuvo el cuarenta y seis por ciento de los votos en Cataluiia y el Partido Nacionalista Vasco obtuvo el treinta por ciento de los votos. Esta era la prirnera razon, el prirner elernento, por el cual puede afirmarse la irnportancia de los parlamentos autonomicos. EI segundo gran factor por el que puede halarse de irnportancia de los parlamentos autonomicos, es que funcionan corno organo de relacion con el Estado central contribuyendo a la formacion de la voluntad estatal. Es decir, estarnos ante ya no 10 que podernos llamar federalisrno de integracion, sino frente a un federalisrno de participacion. Esta participacion en la voluntad estatal, corno conocernos bien las personas que venirnos en este rnornento de Espaiia, puede desarrollarse basicarnente a traves de tres vias de irnportancia desigual. Prirnero: las cornunidades autonornas designan senadores propios corno representantes de la cornunidad autonorna. Udes. saben que el Senado, en la Constitucion Espaiiola, se define corno carnara de representacion territorial. Saben tambien que realrnente no es una carnara de representacion territorial, pero si es, corno ha dicho un autor - he tornado la cita entrecomillada -: "es una carnara donde pueden ser oidos los intereses de las cornunidades autonornas". EI Senado es una carnara rnuy problern