Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage [1 ed.] 9783428489664, 9783428089666


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Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage [1 ed.]
 9783428489664, 9783428089666

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PETER

SLABSCHI

Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 104

Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage Von Peter Slabschi

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Slabschi, Peter: Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage / von Peter Slabschi. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 104) Zugl.: Passau, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08966-9

Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-08966-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Meinen Eltern

Inhaltsverzeichnis Α. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen als Problem

B.

11

I.

Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen in Literatur, Rechtsprechung und Gesetzgebung

11

Π.

Der Auskauf des Aktionärs als Problem - Gang der Darstellung

13

Das Anfechtungsklagrecht als Recht aus der Verletzung der mitgliedschaftlichen Position durch den rechtswidrigen Beschluß als Folgerung aus der historischen Entwicklung und der Systematik der Beschlußanfechtung

17

I.

Die heutige gesetzliche Regelung und ihre Deutung im Überblick

17

Π.

Die historische Entwicklung

,

19

1.

Die Regelung durch die Aktienrechtsnovelle von 1884

20

2.

Das Handelsgesetzbuch von 1897

25

3.

Das Aktiengesetz von 1937 und der Entwurf von 1931

31

a) b)

c) 4.

Die gesetzliche Regelung als Ausgangspunkt der Untersuchung der Rechtsentwicklung zwischen 1900 und 1937 Die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Rechtsprechung

33

aa) Das Problem

33

bb) Die Fälle

37

Die gesetzlichen Bestimmungen im Lichte der Rechtsprechung

45

Das Aktiengesetz von 1965

ΙΠ. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung nur interner Beschlußwirkungen, die einen Eingriff in die mitgliedschaftliche Position darstellen 1.

Die mangelnde Drittwirkung des Beschlusses und die Folgen von Beschlußmängeln unabhängig von der Anfechtung als Beleg für die Fehlerhaftigkeit der Auffassung vom institutionellen Charakter des Anfechtungsrechts a)

31

46 47

47

Die nur internen Wirkungen des Beschlusses als Nachweis des Fehlens einer rechtlich geschützten Position Dritter im Hinblick auf Beschluß und Maßnahme

50

aa) Interne Wirkungen

50

bb) Die fehlende Rechtswirkung von Beschluß und Maßnahme gegenüber Dritten

51

(1) Die Rechtswirkung als Veränderung einer Rechtsposition

52

(2) Die fehlende Rechtswirkung des Beschlusses nach außen

53

(i)

Beschlüsse im Tatbestand eines Rechtsverhältnisses der Gesellschaft mit Dritten oder von Dritten untereinander

56

8

Inhaltsverzeichnis (a) Allgemeine rechtsgeschäftliche Vereinbarungen

56

(b) Verzicht und Vergleich

58

(c) Die Veräußerung vinkulierter Namensaktien und die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters oder von Sonderprüfern

59

(d) Die Rechtsprechung im Fall „Klöckner" als Beleg

60

(ii) Beschlüsse, deren Vollzug zu einer Änderung der Gestalt der juristischen Person nach außen führt

61

(a) Der Beschluß über die Satzungsänderung

64

(b) Beschlüsse über Kapitalveränderungen

65

(aa) Kapitalerhöhung

66

(bb) Kapitalherabsetzung

68

(c) Umwandlung

72

(bb) Umwandlung durch Spaltung

72

(cc) Umwandlung durch Vermögensübertragung

73

(dd) Umwandlung durch Formwechsel

73

(d) Unternehmensverträge

73

(e) Eingliederung

74

(0

b)

72

(aa) Umwandlung durch Verschmelzung

Beschlüsse in Abweichung von der Haftungsverfassung der Aktiengesellschaft

74

(3) Ergebnis der Durchsicht der einzelnen Beschlüsse und Maßnahmen

74

Die Entbehrlichkeit der Anfechtung durch den Aktionär für eine Kontrolle der Vereinbarkeit von Beschlüssen mit der Rechtsform

75

aa) Arten von Beschlußmängeln

76

bb) Folgen von Beschlußmängeln

79

(1) Die Regelung der Anfechtung als Regelung der Folge des mangelhaften Beschlusses in statischer Betrachtung (2) Die Folgen von Beschlußmängeln in der Zeit - dynamische Betrachtung

79 81

(i) Mängel im Akt

82

(ii) Mängel in der Regelung

82

(a) Vorschriften, die die Verfassung der Aktiengesellschaft betreffen

82

(b) Vorschriften, die das Verhältnis der Aktiengesellschaft zu Dritten betreffen cc) Ergebnis 2.

86 87

Der rechtswidrige Beschluß als Verletzung des mitgliedschaftlichen Rechts

87

a)

Die Qualifikation der Aktionärsklage als Ersatzaufsichtsrecht

89

b)

Die Auffassung von Knobbe-Keuk und ihre Fortführung in Literatur und Rechtsprechung

91

Inhaltsverzeichnis c)

Die Verletzung einzelner mitgliedschaftlicher Rechte als Grundlage der Aktionärsklage

93

d)

Stellungnahme

94

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte I.

Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts 1.

Die Rechtsprechung

97

Die Auffassung der Rechtsprechung

97

aa) Ausgangspunkt: Koch's Adler

97

bb) Die Folgeentscheidungen

99

Kritik der Rechtsprechung

102

aa) Kritik am Ausgangspunkt

102

bb) Kritik der Folgeentscheidungen

104

Die unrichtige Einordnung des Aktionärshandelns in die Kategorien des individuellen und institutionellen Rechtsmißbrauchs über die Rechtsprechung hinaus

108

a)

Der Rechtsmißbrauch im Allgemeinen

108

b)

Die unrichtige Einordnung der Auskaufsfälle als institutionell rechtsmißbräuchlich

110

aa) Die These vom institutionellen Rechtsmißbrauch als These von der Zweckwidrigkeit der Rechtsausübung

111

bb) Die Kritik der These vom institutionellen Rechtsmißbrauch als Beschränkung des Anfechtungsrechts

112

(1) Der Mißbrauch einer Berechtigung zur Wahrung der objektiven Ordnung im Unterschied zum Mißbrauch eines eigenen Rechts...

113

(2) Der institutionelle Mißbrauch des eigenen Rechts

114

c)

Individueller Rechtsmißbrauch

121

aa) Die These vom individuellen Rechtsmißbrauch durch gesinnungsunwerte Rechtsausübung

121

bb) Die Merkmale der Kategorie

121

( 1 ) Die privatrechtswidrige Anknüpfung an die Motivation des Klägers (i)

Die Anknüpfung an die Motivation des Klägers

(ii) Die Privatrechtswidrigkeit dieser Anknüpfung

Π.

97

a)

b)

2.

96

123 123 124

(2) Der ausdrückliche Verzicht auf das Erfordernis des Schadens

127

(3) Zwischenergebnis

128

Die Ausübung des Rechts als Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht.

129

ΙΠ. Die Einführung weiterer befugnisbegründender Tatbestandsmerkmale als Beschränkung des Rechts

132

IV. Beschränkung der Anfechtungsgründe

135

V.

135

Vorschläge zur Beschränkung de lege ferenda

10

Inhaltsverzeichnis

D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers als verbotene Einlagenrückgewähr und als Verstoß gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot I.

137

1.

137

Voraussetzungen a) b)

2.

Π.

E.

Die Leistung an den Aktionär causa societatis als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 I 1

138

Der Auskauf als Leistung causa societatis

139

aa) Grundsatz

139

bb) Die Verplichtung der Gesellschaft, den rechtswidrigen Beschluß zu beseitigen, als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vergütung der Kosten der Rechtsverfolgung als Inhalt eines zulässigen Vergleichs....

145

cc) Die Anwendung auf die Auskaufsfälle

148

Rechtsfolgen

150

a)

Die Haftung gemäß §93 Π S. l , f f l Nr. 1

151

b)

Die Rückgewährpflicht des Aktionärs

154

Der Auskauf als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53a

154

m . Ergebnis

155

Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten im Registerverfahren

156

I.

Π.

Die Eintragung des angefochtenen Beschlusses im Normalfall unter Anwendung von § 127 FGG

156

1.

Die Abhängigkeit der registerrechtlichen Verfügung von der Entscheidung im Anfechtungsprozeß

157

2.

Die Ermessensentscheidung des Registerrichters

160

a)

Die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache

160

b)

Die Abwägung der Interessen der Gesellschaft am Vollzug mit dem Aktionärsinteresse

162

c)

Das Verhältnis der beiden Faktoren zueinander

162

Die

Eintragung

des

angefochtenen

Beschlusses

unter

Anwendung

§§ 319 V I AktG, 16fflUmwG

F.

137

Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 11

der 163

1.

§ 319 V I S. 2 1. und 2. Fall AktG, § 16 ΠΙ S. 2 1. und 2. Fall UmwG

164

2.

§ 319 V I S. 2 3. Fall AktG und § 16 ΠΙ S. 2 3. Fall UmwG

165

HI. Ergebnis

167

Zusammenfassung

169

Literaturverzeichnis

171

Sachregister

182

Α. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen als Problem I. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen in Literatur, Rechtsprechung und Gesetzgebung Glaubt man den Stimmen im Schrifttum der neueren Zeit, so waren bundesdeutsche Aktiengesellschaften bis Ende der 80er Jahre ständig in Gefahr, von „Räubern" 1 um Vermögen gebracht, oder gar von „Epidemieerregern" 2 hinweggerafft zu werden. Zur Rettung wurden Goethe3, Kleist 4 und Brecht 5 bemüht und mancherorts auch die aktienrechtliche Moral 6 . Von Aktionären mit sehr geringen Anteilen wurden Hauptversammlungsbeschlüsse, deren Vollziehung die Eintragung im Handelsregister erfordert 7, nach Erhebung von Widerspruch in der Hauptversammlung angefochten. Den Anfechtenden ging es hierbei nicht um die Rechtmäßigkeit des Beschlusses, sondern darum, aus ihrer Lästigkeit Kapital zu schlagen. Diese Fälle der sogenannten mißbräuchlichen Ausübung des Anfechtungsrechts durch Kleinaktionäre von Aktiengesellschaften waren daraufhin häufig Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung8 und kontroverser Diskussion

1

Lutter, FS DB, S. 193. Claussen, AG 1990, S. 156. 3 Bokelmann, Rechtsmißbrauch S. 158; Schiaus, AG 1988, S. 117. 4 Mertens, AG 1990, S. 49. 5 Schiaus, AG 1988, S. 113. 6 Claussen, AG 1990, S. 156; Diekgräf, W M 1991, S. 619. 7 Anders nur Deutsche Bank, BGH ZIP 1987, S. 1239; OLG Frankfurt am Main W M 1990, S. 2116 (nach Zurück Verweisung); BGH ZIP 1991, S. 1577. 8 Geordnet nach Namen und Gegenstand: Koch's Adler: LG Bielefeld W M 1988, S. 217; OLG Hamm W M 1988, S. 1164; Β GHZ 107, 296 (Hauptsache I). OLG Hamm W M 1988, S. 217 (Streit um die Handelsregistereintragung). OLG Hamm W M 1992, S. 946 (Hauptsache II). DAT/Altana: LG Köln AG 1988, S. 145; OLG Köln W M 1988, S. 1792 (Hauptsache I und II); BGH W M 1989, S. 1765 (Hauptsache I); BVerfG W M 1990, S. 755 (Nichtannahmebeschluß Hauptsache I); BGH W M 1990, S. 140 (Hauptsache II). Deutsche Bank, BGH ZIP 1987, S. 1239; OLG Frankfurt am Main W M 1990, S. 2116 (nach Zurückverweisung); BGH ZIP 1991, S. 1577. SEN: LG Mannheim W M 1988, S. 775; OLG Karlsruhe, ZIP 1989, S. 988; BGH W M 1990, S. 2073; OLG Karlsruhe ZIP 1992, S. 402 (nach Zurückverweisung) (Hauptsache). BGH NJW-RR 1993, S. 222 (Streitwertvergünstigung). AG Köln ZIP 2

12

Α. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen als Problem

in der Literatur 9. Die herrschende Auffassung meint, die Anfechtungsklage werde damit mißbraucht: Der BGH 1 0 hat hierzu die Formel entwickelt, daß der Kläger, der »Anfechtungsklage mit dem Ziel erhebt, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hat und billigerweise auch nicht erheben kann", sich dem Vorwurf des Rechtsmißbrauchs aussetze, seine Klage mithin als unbegründet 11 abzuweisen sei. Mittlerweile haben sich die Wogen in der rechts wissenschaftlichen Diskussion geglättet12. Die Lösung des BGH ist allerdings nicht unbestritten geblieben und wird des öfteren eher als Notlösung 13 angesehen. Ihren legislativen Niederschlag haben die Vorkommnisse im neuen Umwandlungsgesetz gefunden. Dort wurde aufgrund der einschlägigen Erfahrungen ein sogenanntes Unbedenklichkeitsverfahren 14 eingeführt, welches durch

1990, S. 1404 (Strafverfahren). Industriewerke: OLG Karlsruhe, ZIP 1991, S. 925; BGH ZIP 1992, S. 1391. Hypothekenbankschwestern: LG Frankenthal, W M 1989, S. 1854 (Hauptsache). OLG Frankfurt am Main W M 1990, S. 596; BGH W M 1990, S. 1372 (Registerverfahren). Südzucker: LG Mannheim ZIP 1990, S. 992; OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 1145 (Hauptsache). OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 930; BGH ZIP 1992, S. 1734 (Streitwertvergünstigung). RWE/Texaco: LG Hamburg ZIP 1990, S. 376; OLG Hamburg ZIP 1990, S. 1071 (Hauptsache). OLG Hamburg ZIP 1989, S. 1326 (PKH). Mauser Waldeck: LG Kassel W M 1989, S. 789. Hugo Boss: LG Tübingen ZIP 1991, S. 169. Erlus: LG Landshut ZIP 1990, S. 999; AMB/BfG: BGH ZIP 1992, S. 1081 (Anwaltshaftung). Simon Bank/BV: OLG Düsseldorf W M 1994, S. 335. NAK: OLG München W M 1991, 1764. LG Hof W M 1992, S. 2057. 9 Bayer, W M 1989 S. 121; Bellinghausen, Mißbrauch; Bokelmann, DB 1994, S. 1341; Boujong, FS für Kellermann, S. 1; Brandes, W M 1992, S. 465; Claussen, AG 1990, S. 156; Diekgräf, Sonderzahlungen; ders., W M 1991, S. 613; Feltkamp, Anfechtungsklage; Götz DB 1989, S. 261; ders., ZIP 1995, S. 1310; Heuer, W M 1989, S. 1401; Hirte, BB 1988, 1469; ders., DB 1989, 267; Kühn, BB 1992, S. 291; Künzel, FS Heinsius, S. 425; Lutter, 40 Jahre DB, S. 193; Martens, AG 1988, S. 118; Mertens, AG 1990, S. 49; Radu, ZIP 1992, S. 303; Roleder, AG 1988, S. 433; Schiaus, AG 1988, S. 113; Schockenhoff, AG 1994, S. 45; Semler, AnwBl 1991, S. 440; Timm, W M 1991, S. 481; ders. und Hommelhoff AG 1989, S. 168; Wardenbach, ZGR 1992, S. 563; Westermann, ZHR 156 (1992), S. 203; Westermann/Biesinger, DWiR 1992, S. 13. Früher schon Bokelmann, Rechtsmißbrauch; ders., BB 1972, S. 733; Lutter, ZGR 1978, S. 346; Meyer-Landrut, FS Schilling 1973, S. 235. Aus strafrechtlicher Sicht, Lüderssen, FS Heinsius, S. 457 ff. und GKSchmidt, § 245 Rn 90 ff. 10 BGHZ 107, 296, 311 „Kochs Adler". 11 A.A. GK-Schmidt, §245 Rn 6 f., 75 f. als unzulässig. 12 Allerdings sahen sich die klägerischen Aktionäre zwischenzeitlich strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt; vgl. Handelsblatt, 12/13.3.1993, S. 8; FAZ v. 14.1.1993, S. 14. Dazu Lüderssen, FS Heinsius, S. 457 ff. 13 So der damalige Vorsitzende des zuständigen II. Senats Boujong, FS Kellermann, S. 10 f.; weiter Drygala, EWiR § 246 AktG 1/92, S. 1042; Finken, EWiR § 186 2/91, S. 1148; Martens, ZIP 1992, S. 1680; Mertens, AG 1990, S. 55; Zöllner, in Aktienrechtsreform, S. 160. Dagegen Künzel, FS Heinsius, S. 434, „vorbildliche Rechtsentwicklung". 14 § 16 UmwG. Dazu Bork, ZGR 1993, S. 356; Hirte, DB 1993, S. 77 ff.; Hommelhoff, ZGR 1993, S. 468 f.; Kallmeyer, ZIP 1994, S. 1755; Kiem, AG 1992, S. 430.

II. Der Auskauf des Aktionärs als Problem - Gang der Darstellung

13

Eintragungs- und damit Vollzugsmöglichkeiten auf Erklärung des Prozeßgerichts hin versucht, Erpressungspotentiale zu beseitigen.

I I . Der Auskauf des Aktionärs als Problem - Gang der Darstellung Obwohl nicht alle der eingangs angerissenen Fälle in eine Kategorie zu fassen sind, läßt sich doch für die überwältigende Mehrzahl ein Schema zeigen, für welches die Koch's Adler Entscheidung15 als Paradigma fungieren kann 16 . Im Fall der Entscheidung hatten die Kläger, welche zusammen 50 Aktien der Koch's Adler AG hielten, den Hauptversammlungsbeschluß im Punkt, der die Verschmelzung der AG mit der Dürkoppwerke GmbH vorsah, angefochten. Die Anfechtung wurde auf eine tatsächlich vorliegende 17 Verletzung des § 340a AktG (alt) 18 gestützt. Nach § 345 I I AktG (alt) wurde durch die rechtshängige Anfechtungsklage die Eintragung des Beschlusses ins Handelsregister verhindert 19 . Die mit dem Beschluß intendierten Rechtsfolgen der Maßnahme, nämlich die Übertragung des Vermögens als Ganzes von der einen auf die andere Gesellschaft, bleiben damit aus. Die Umstände des Falles zeigten einigermaßen klar, daß die Anfechtung erfolgte, um sich die Klagerücknahme abkaufen zu lassen. Weiter war offensichtlich, daß nach der Erwartungshaltung der Kläger der Preis hierfür weit über dem liegen würde, was selbst bei großzügiger Schätzung bei ihnen an Schaden inklusive Rechtsverfolgungskosten entstanden war. Auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses kam es den Klägern nicht an. Das Kräfteverhältnis ist damit deutlich. Mit minimalem Einsatz von Mitteln läßt sich Einfluß auf Transaktionen von erheblicher Tragweite nehmen. Insbesondere die zeitliche Dimension des Anfechtungsverfahrens durch den kompletten Instanzenzug verschafft den Akteuren einen enormen Hebel.

15

BGHZ 107, 297 ff. Eine aufschlußreiche Darstellung aus der Sicht eines betroffenen Unternehmens gibt Künzel, FS Heinsius, S. 425. 17 An sich waren die Klagen in allen Fällen sachlich begründet, vgl. S. 152 f.; ebenso Bokelmann, DB 1994, S. 1348; Kiem, AG 1992, S. 432; Martens, ZIP 1992, S. 1680; Schwarz, DStR 1994, S. 1701. Dies ist keine „Unterstellung" wie GK-Schmidt, § 245 Rn 51 behauptet. 18 § 340a AktG (alt) entspricht heute § 8 UmwG über die Kriterien für den Verschmelzungsbericht. § 345 AktG (alt) ist neu gefaßt in § 16 UmwG und behandelt das Registerverfahren. Vorschriften ohne Gesetzesangabe sind solche des Aktiengesetzes. Ältere Gesetze werden zur Unterscheidung mit Jahreszahl angegeben, z. B. AktG 1937. Die Bezeichnung AktG (alt) bezieht sich auf Vorschriften, die vor Erlaß des Umwandlungsgesetzes vom 28.10.1994 im Aktiengesetz standen, nunmehr aber im Umwandlungsgesetz zu finden sind. 19 Näheres dazu unter S. 156 ff. 16

14

Α. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen als Problem

Man kann sich fragen, ob darin überhaupt ein Problem liegt. Es ließe sich ohne weiteres ein deskriptiver Standpunkt einnehmen, nach dem der Preis für ein Gut durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, so daß für ein lange hinderndes Recht eben entsprechend viel zu bezahlen sein würde. Tröstlich wäre dabei noch der Gedanke, daß Publizität allein genügen würde, um mehrere Anbieter des „Lästigkeitsgutes" auf den Markt zu bringen, was den großen Ertrag schnell schmelzen lassen würde: Schließlich bezahlt die Aktiengesellschaft nur, wenn sie einen Nutzen hat, die Rücknahme einer von beispielsweise 20 Klagen bringt ihr einen solchen aber nicht. Das Ganze ließe sich noch mit der Erwägung normativ aufladen, daß schließlich den dergestalt bedrohten Gesellschaften gar nichts anderes bliebe, als gewissenhaft auf rechtmäßiges Verhalten zu achten, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten (ein wenig zugkräftiges Argument angesichts der Tatsache, daß begründete wie unbegründete Klagen den gleichen Hebel haben, wenn sie auch für den Kläger nicht das gleiche Risiko bergen). Dennoch ist die Problemsichtweise als solche zutreffend. Rechtsfindung ist nicht auf deskriptive Systembeschreibung zu reduzieren. Der Rechtsanwender hat immer auch zu fragen, ob das Ergebnis „richtig" ist. Hier liegt es nahe zu sagen, daß das „Ergebnis" nicht richtig sein kann. Das Anfechtungsrecht kann nicht dazu da sein, den einzelnen Aktionär auf Kosten der Gesellschaft zu bereichern. Der zur Lösung des Problems bisher gezeigte Weg, sowie die hier noch zu zeigende, vorzugswürdige Lösung lassen sich sowohl in instrumentellen als auch in rechtlichen Kategorien fassen. Was die instrumentelle Sicht angeht, so bestimmen die oben aufgezeigten Kräfteverhältnisse die Einordnung. Die Lösung des BGH - die Abweisung der Klage als unbegründet - setzt bei näherer Betrachtung an mehreren Punkten an. Obwohl der Begründungsschwerpunkt der Entscheidungen beim Nachweis der mangelnden Berechtigung liegt, läßt sich die instrumentelle Bedeutung des Absprechens dieser Berechtigung vernachlässigen: Die Zeitkomponente, die den Hebel erst groß macht, wird dadurch nicht beseitigt. Eine wirkungsvolle Strategie bietet dieser Ansatz daher nur in Verbindung mit einer beschleunigten Handelsregistereintragung. Diesen Weg hat die Rechtsprechung in der Hypothekenbankschwestern-Entscheidung 20 beschritten. Dort wurden Kriterien für eine Eintragung trotz sogenannter rechtsmißbräuchlicher Anfechtungsklage erarbeitet. Aus instrumenteller Sicht ist weiterhin festzustellen, daß die Rechtsprechung den Einsatz für den Aktionär erhöht hat. Sie bürdet ihm die Kostenlast auf.

20

Dazu BGH W M 1990, S. 1372.

II. Der Auskauf des Aktionärs als Problem - Gang der Darstellung

15

Zusammen mit einer Versagung der Streitwertspaltung 21 - das ist die Möglichkeit, für Gesellschaft und Aktionär jeweils unterschiedliche Streitwerte anzusetzen, mit der Folge eines sehr viel geringeren Kostenrisikos für den Aktionär - führt dies zu einem erheblich höheren Einsatz des klagenden Aktionärs. Schließlich dürfte auch der Stigmatisierung der Kläger durch die gesamte Diskussion eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommen. Damit setzt die bisher vorgeschlagene Lösung beim Kläger an. Es ist allerdings ein Kurieren an Symptomen, wenn nur der Kläger abgeschreckt wird. Die Kur schlägt fehl, wenn dieser sich nicht abschrecken läßt. Die hier vorgeschlagene Lösung läßt demgegenüber die Hebelverhältnisse unberührt. Sie versucht durch die Verhinderung des Auskaufs - im Gegensatz zur Verhinderung der Klage - die Ausnutzung des Hebels zu privaten Zwecken unmöglich zu machen. Mit der Beseitigung der Auskaufsmöglichkeit ist gleichzeitig von vornherein die Motivation zu einer Klageerhebung mit dem Ziel, sich auskaufen zu lassen, beseitigt. In rechtlichen Kategorien lassen sich die Lösungen wie folgt charakterisieren: Die Lösung des BGH und der h. M. verneint das Recht des klagenden Aktionärs. Dies führt zur Klageabweisung. M.E. muß es - soweit es sich um an sich begründete Klagen handelt - bei der Begründetheit der Klage bleiben. Auf die Behandlung unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Klagen wird hinzuweisen sein. Der richtige Lösungsweg verbietet der Verwaltung der beklagten Gesellschaft, den Kläger aus dem Gesellschaftsvermögen auszukaufen, und dem Kläger, eine solche Zahlung anzunehmen. Die an dieses Verbot geknüpften Sanktionen genügen, um den Auskauf zu unterbinden. Im Gang der Arbeit soll zunächst die herkömmliche Auffassung kritisiert werden. Der Kerngedanke dieser Auffassung ist, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, die Idee, daß der Aktionär sein Recht zweckwidrig ausübe. Dahinter steht die Vorstellung, das Anfechtungsrecht sei dem Aktionär zumindest auch zur Wahrung über ihn selbst hinausweisender Interessen gegeben. Wurde ursprünglich hierin das Haupthindernis auf dem Weg zur Rechtsversagung gesehen, so wird letztere heute gerade aus diesem angeblichen institutionellen Kontext abgeleitet: Dem Aktionär sei im Interesse des Ganzen mehr Recht verliehen, als es seine Stellung allein gebieten würde. Deswegen habe sich seine Rechtsausübung in dem zur Rechtsgewährung führenden Rahmen zu halten.

21

BGH ZIP 1992, S. 1734.

16

Α. Die sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen als Problem

Eine Analyse des Anfechtungsrechts im folgenden Kapitel wird zeigen, daß es eine institutionelle Seite des Anfechtungsrechts - unabhängig davon, ob man sie zur Verneinung oder zur Begründung des Rechtsmißbrauchseinwands einsetzen möchte - nicht gibt. Sowohl die historische Entwicklung 22 als auch die heutige Systematik des Aktienrechts zeigen das Anfechtungsrecht als Recht zur Abwehr einer Verletzung der mitgliedschaftlichen Position (II). Sodann erfolgt auf dieser Grundlage eine Auseinandersetzung mit den Auffassungen zum Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechts und zu den weiteren Auffassungen, die eine Rechtsbeschränkung befürworten (III). Anschließend soll die für zutreffend erachtete Lösung des Problems dargestellt werden: Die Auszahlung aus dem Gesellschafts vermögen ist eine für Verwaltung wie Aktionär gleichermaßen verbotene Einlagenrückgewähr (IV). Schließlich sind die registerrechtlichen Fragen, die mit dem Problem zusammenhängen, anzusprechen (V).

22

Bei der Untersuchung der Historie wird oft auf ältere Aussagen diverser Gesetzgeber rekurriert, die angeblich die Gefahren dieses Rechts schon ausgemacht hätten. Hinweise auf sich durch Jahrhunderte ziehende Mißbrauchsbefürchtungen gehen aber methodisch fehl. Mit ihnen läßt sich nichts aussagen, da es um eine historische Auslegung eines Tatbestandes „Mißbrauch des Anfechtungsrechts" nicht geht. Historisch ausgelegt werden können nur die gesetzlichen Tatbestände. In dieser Hinsicht haben aber diese Hinweise keine argumentative Kraft. Es wird übersehen, daß der häufig und gern zitierte Gesetzgeber von 1884 sowie die Literatur zum HGB 1897 sich auf einen ganz anderen Normenkomplex bezogen. Das, was heute noch als „Anfechtungsrecht" bezeichnet wird, ist historisch betrachtet nur ein Teil des ursprünglichen Anfechtungsrechts. Aus diesem 1884 gesetzlich eingeführten Teil ist der gesamte Normkomplex der §§ 241 - 249 entwikkelt.

Β. Das Anfechtungsklagrecht als Recht aus der Verletzung der mitgliedschaftlichen Position durch den rechtswidrigen Beschluß als Folgerung aus der historischen Entwicklung und der Systematik der Beschlußanfechtung I. Die heutige gesetzliche Regelung und ihre Deutung im Überblick Die Beschlußanfechtung ist im 1. Unterabschnitt des 1. Abschnitts des 7. Teils des Aktiengesetzes geregelt. Nach den Überschriften regelt der Unterabschnitt allgemein die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen. Das Gesetz nennt zuerst die Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe (§§241, 243) mit den jeweiligen Heilungsmöglichkeiten (§§ 242, 244). Sodann werden in § 245 die zur Anfechtung Befugten aufgezählt. §§ 246, 247 treffen spezielle Regelungen für die Anfechtungsklage, wie die der Frist, der Passivlegitimation, des Streitwerts, usw. § 248 regelt die Wirkung des stattgebenden Urteils. § 249 schließlich verweist für die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit durch die gemäß § 245 zur Anfechtung Befugten auf einige Vorschriften über die Anfechtungsklage. Die Systematik der Vorschriften legt nahe, daß mit der Regelung der Beschlußanfechtung zwei Ziele verfolgt werden. Vorangestellt ist eine Regelung von Beschlußmängeln in § 241, der bestimmte Mängel und als ihre Folge die Nichtigkeit des Beschlusses nennt. § 243 nennt demgegenüber die Beschlußmängel, deren Folge die Anfechtbarkeit ist. Die etwas andere Formulierung des § 243 ändert an dieser Feststellung nichts: Wenn die Vorschrift in passivischer Fassung ohne Nennung des Berechtigten besagt, ein Beschluß könne wegen Gesetzes- oder Statutenverletzung angefochten werden, so läßt sich dies ohne weiteres so formulieren, daß ein gesetz- oder statutenwidriger Beschluß „anfechtbar" ist. Nach dieser Einteilung der Beschlußmängel und ihrer Folgen nennt das Gesetz die zur Klage Berechtigten und die Voraussetzungen und Folgen der Anfechtung. Ohne diese technische Regelung überstrapazieren zu wollen, lassen sich aus ihr zwei Standpunkte ablesen: Einmal geht es offensichtlich darum, eine Ordnung der Beschlußmängel zu errichten. Als Ziel einer solchen Ordnung läßt sich die Kontrolle von Beschlüssen anführen. Zum anderen ist mit der Berech2 Slabschi

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

tigung des Aktionärs eine subjektiv-rechtliche Komponente im Spiel. Mit dem Recht wird dem Aktionär Schutz vor dem rechtswidrigen Beschluß gewährt. Diese im Gesetzeswortlaut angelegte doppelte Zielsetzung der Regelung wird auf das Recht des Aktionärs übertragen 1: Es wird dem Anfechtungsrecht des Aktionärs Funktion auch für außerhalb seiner Sphäre liegende Interessen zugesprochen. Häufig wird gesagt, das Anfechtungsrecht sei sowohl „fremd-" als auch „eigennützig" 2 , hätte sowohl allgemeinen, als auch „individuellen Charakter" 3, sei ein „subjektives Privatrecht" mit „institutioneller Bedeutung"4. Nur selten wird „überwiegende Fremdnützigkeit" 5 des Rechts behauptet, vereinzelt wird neuerdings gesagt, es handele sich nur um eine prozessuale Befugnis zur Geltendmachung objektiven Rechts6. Schließlich behauptet eine Stimme, es handele sich um ein „eigennütziges Recht"7 und zwar ein eigennütziges Verwaltungsrecht. Will man die Auffassungen allgemein charakterisieren, so kann man sagen, daß das Recht in einem Spannungsfeld zwischen einem objektiven Interesse an der Beschlußkontrolle und dem eigenen Interesse des Aktionärs gesehen wird. Diese auf den ersten Blick plausiblen Erwägungen geraten jedoch bei näherem Hinsehen ins Wanken. Sollte das Anfechtungsrecht wirklich als Instrument der Beschlußkontrolle anzusehen sein, so ist es um diese schlecht bestellt. Der Aktionär kann zur Erhebung oder Fortsetzung einer Klage nicht gezwungen werden, so daß also die Ordnung in sein Belieben gestellt ist. Es widerstrebt auch der Gedanke, den Aktionär als Instrument zur Erhaltung einer Ordnung anzusehen: Unsere Privatrechtsordnung erkennt den einzelnen als Ausgangspunkt der Ordnung an und reduziert ihn nicht auf ein Instrument zur Erhaltung dieser Ordnung. Im Zusammenhang mit dem Problem des Mißbrauchs der Anfechtungsklage wird die Frage der subjektiv-rechtlichen oder (auch) objek-

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Ausdrücklich GK-Schmidt, § 245 Rn 4, 10, „Funktionärsrecht". GK-Schilling, 3. Auflage, § 243 Anm. 25. 3 BGHZ 107, 310. 4 Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 26 f. 5 GK-Schilling, 3. Auflage, § 243 Anm. 25. 6 Roth, FS Henckel, S. 710 ff. 7 Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 16 -20, begründet dies mit der Erwägung, das Anfechtungsrecht sei weder geeignet noch erforderlich, die objektive Rechtmäßigkeit des Beschlusses zu gewährleisten. Weiter bedürfe es des Anfechtungsrechts zur Kontrolle nicht, da schließlich der Vorstand anfechten könne. Demgegenüber ist zu sagen: Der Einsatz der topoi „Geeignetheit" und „Erforderlichkeit" bei der Auslegung von Gesetzen bedarf einer Begründung. Normalerweise beurteilen wir hiermit die Verhältnismäßigkeit von Handlungen. Selbst wenn man ihnen im Rahmen der teleologischen Auslegung unter vielen anderen Gesichtspunkten Begründungsfähigkeit zugesteht, bleiben sie doch als alleinige „Gründe" unbrauchbar. Weiter zeugt es von Naivität, die Erforderlichkeit der Aktionärskontrolle mit Hinweis auf das Anfechtungsrecht des Vorstandes zu verneinen.Die These von der Eigennützigkeit des Rechts wird neuestens auch von Wallenhorst, Schranken, S. 63 ff. vertreten. 2

II. Die historische Entwicklung

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tiv-rechtlichen Zwecksetzung der Anfechtungsklage erheblich: Hat der Aktionär das Klagrecht im Interesse der Ordnung verliehen bekommen, spricht nichts dagegen, ihn an diese Ordnung zu binden und ihm das Recht zu nehmen, wenn er den vorgegebenen Weg verläßt. Besteht das Recht dagegen zum Schutz einer Rechtsposition des Aktionärs, so läßt sich daraus, daß dieser nicht Zwecke der Beschlußkontrolle verfolgt, kein Argument für eine Rechtsversagung gewinnen. Die Zweifel hinsichtlich von Grund und Zweck des Anfechtungsrechts lassen sich durch eine Untersuchung der historischen Entwicklung des Rechts, sowie eine Analyse der Systematik von Anfechtungsrecht und Beschlußanfechtung im heutigen Aktienrecht beseitigen.

II. Die historische Entwicklung Die gezeigte gesetzliche Systematik ist das Ergebnis einer gut 100-jährigen Entwicklung des positiven Rechts8, das in den Anfängen ein ganz anderes Bild zeichnete. Das Anfechtungsrecht wurde 1884 als innenrechtliche Gestaltungsmöglichkeit zur Wahrung der mitgliedschaftlichen Position eingeführt, weil die Rechtswidrigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses als relevante Beeinträchtigung dieser Position angesehen wurde. Dies ist anhand der Materialien zur Reform des ADHGB von 1884 zu belegen. Der Fortgang der historischen Entwicklung wird zeigen, daß später eine Wandlung der ursprünglich noch aktionenrechtlich konzipierten Anfechtungsklage in eine objektive Ordnung der Beschlußmängel stattgefunden hat. Die Änderung des Blickwinkels von 1884 - Anfechtungsklage als Schutz des Aktionärs vor Beeinträchtigung seiner mitgliedschaftlichen Position - hin zum Blickwinkel der Beschlußkontrolle ist im Gutachten des ROHG von 1884 schon angelegt und der Diskussion des HGB-Gesetzgebers von 1897 zugrundegelegt, hat aber ihren Niederschlag erst im Aktiengesetz von 1937 gefunden. Die historische Entwicklung ist aber nicht nur hinsichtlich der Änderung dieses Blickwinkels zu analysieren. Eine Analyse hat gleichzeitig in der Dimension von Individual- und Organisationsrecht zu erfolgen. Mit Individualrecht ist hier 9 die rechtliche Regelung der Beziehung zweier Rechtssubjekte gemeint, die typischerweise im Schuldrecht geregelt ist. Organisationsrecht soll die Normen bezeichnen, die sich mit Organisationen befassen. Diese Kategorien sind insofern wichtig, als sich Probleme im Rahmen der geschichtlichen Entwicklung als Vermengung der beiden Kategorien darstellen lassen, wo 8

Zur Vorgeschichte seit dem Allgmeinen Preußischen Landrecht vgl. Wallenhorst, Schranken, S. 13 ff. 9 Dieser Begriff ist streng zu unterscheiden von dem, den der Gesetzgeber von 1884 verwendet.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

ihre zeitgenössische Analyse fehlgeht und irreführt. Eine solche fehlgehende Analyse ist für die Einführung der gesetzlichen Regelung von 1937, die Vorbild der §§241 ff. AktG 1965 war, verantwortlich zu machen. Es ist Ziel der Untersuchung, zu zeigen, daß sich am Charakter des Anfechtungsrechts, das 1884 eingeführt wurde, als Recht zur Abwehr einer Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Position, bis heute nichts geändert hat. Für die historische Entwicklung lassen sich vier Stationen gesetzgeberischen Handelns ausmachen. 1. Die Aktienrechtsnovelle von 1884, mit der das Anfechtungsrecht in das ADHGB eingeführt wurde. 2. Das HGB von 1897, in welches die Regelung im wesentlichen übernommen wurde. 3. Das Aktiengesetz von 1937. Hierzu wird auch ein Blick auf die nicht Gesetz gewordenen Diskussionsergebnisse der Weimarer Zeit zu werfen sein. 4. Die Aktienrechtsreform von 1965.

1. Die Regelung durch die Aktienrechtsnovelle von 1884

Als Gesetzesrecht kannte erstmals das ADHGB mit der zweiten Aktienrechtsnovelle, dem Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaft vom 7. März 1884, das Anfechtungsrecht des Aktionärs 10. Zweck des Rechts war der Schutz des Aktionärs gegenüber rechtswidrigen Beschlüssen der Generalversammlung. Schützenswert war der Aktionär insofern, als er sich als Mitglied seiner Privatautonomie nur in den Grenzen von 10 Artikel 190a ADHGB (Betreffend die KGaA) ( 1 ) Ein Beschluß der Generalversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages als ungültig im Wege der Klage angefochten werden. Dieselbe findet nur binnen der Frist eines Monats statt. Zur Anfechtung befugt ist außer persönlich haftenden Gesellschaftern jeder in der Generalversammlung erschienene Kommanditist, sofern er gegen den Beschluß Widerspruch zu Protokoll erklärt hat, und jeder nicht erschienene Kommanditist, sofern er die Anfechtung darauf gründet, daß die Berufung der Generalversammlung oder die Ankündigung des Gegenstandes der Beschlußfassung nicht gehörig erfolgt war. ( 2 ) - ( 4 ) [...] (5) Soweit durch ein Urteil rechtskräftig der Beschluß für ungültig erklärt worden ist, wirkt es auch gegenüber den Kommanditisten, welche nicht Partei sind. [...]

Artikel 222 ADHGB (Betreffend die AG) Die Vorschriften in Artikel 190a, 190b über die Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung finden mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle der persönlich haftenden Gesellschafter der Vorstand tritt.

II. Die historische Entwicklung

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Gesetz und Satzung begeben hat, eine Grenzverletzung damit also stets eine Verletzung seiner Rechte bedeutete. Das Anfechtungsrecht wurde als schon bestehendes Recht aufgenommen. Es bestand insofern, als ein solches Recht in der Rechtsprechung des ROHG bereits anerkannt war 11 . Die Begründung hierfür war, daß der Aktionär „Beschlüsse einer nicht gehörig berufenen Generalversammlung oder Beschlüsse, welche die Grenzen ihrer Zuständigkeit überschreiten, auf die Unterlassung von etwas Gebotenem oder die Vornahme von etwas Verbotenem gerichtet sind, [...] nicht als einen sie [die Aktionäre] verbindenden Willen gelten zu lassen braucht" 12 . Andererseits wurde das Anfechtungsrecht damals als „Individualrecht" eingeordnet. „Individualrecht" ist dabei keinesfalls im Sinne der oben dagelegten modernen Terminologie sondern folgendermaßen zu verstehen: Der Gesetzgeber unterschied zwischen „Individualrecht", „Sonderrecht" und „Mitgliedschaftsrecht". Dazu heißt es in der Allgemeinen Begründung: „Sonderrechte sind vermögensrechtlichen Inhalts, bei denen die Gesellschaft dem berechtigten Aktionär als Dritte gegenüber steht. [...] Im Gegensatz zu den Sonderrechten soll der einzelne Aktionär bei Geltendmachung der Individualrechte wie bei den Mitgliedschaftsrechten, Träger und Vertreter des Gesammtwillens der Aktionäre sein und nicht vermögensrechtliche Ansprüche zu eigenem Vortheile gegen die Gesellschaft, sondern Rechte der Gesellschaft Namens und im Interesse derselben verfolgen. Während aber deren Geltendmachung bei normaler Leitung und Verwaltung den Organen der Gesellschaft obliegt und die Mitgliedschaftsrechte den Aktionär auf eine antheilige Mitwirkung verweisen, soll er durch die Individualrechte im Gegensatz zu den Mitgliedschaftsrechten Willen und Recht der Gesellschaft selbständig und unabhängig von der Generalversammlung geltend machen können." 13 . An einen Schutz vor Verletzung anderer Rechte, insbesondere privater Vermögensrechte der Person des Aktionärs, war dabei also nicht gedacht14. Dies machte nach Ansicht des Gesetzgebers den Unterschied zu den Sonderrechten aus. Im Verhältnis zu den Mitgliedschaftsrechten weist das Individualrecht eine Gemeinsamkeit und einen Unterschied auf. Wie das Mitgliedschaftsrecht soll das Individualrecht der Rechtsverwirklichung für die Gesellschaft dienen. Im Unterschied zu ersterem soll letzteres aber eine von den Organen unabhängige 11 Vgl. ROHGE 9, 273; 11, 118; 14, 355; 19, 297; 23, 73; 25, 307. Dazu Dillmann, Zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Generalversammlungsbeschlüssen der Aktien-Gesellschaft gemäß § 271 HGB nach der neuesten Rechtsprechung, S. 3 f. 12 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 467. 13 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 466. 14 Für das Vermögensinteresse ebenso Dillmann, Zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Generalversammlungsbeschlüssen der Aktien-Gesellschaft gemäß § 271 HGB nach der neuesten Rechtsprechung, S. 4; Lubszynski, Welche Rechte hat die Minderheit der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft?, S. 10.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Geltendmachung des Gesellschaftswillens ermöglichen. Dies scheint auf eine institutionelle Sichtweise hinauszulaufen. Der Gesetzgeber hat den Gegensatz in der Begründung des Rechts als Abwehrrecht und seiner Einstufung als Individualrecht im oben erläuterten Sinne gesehen15. Die Amtliche Bgründung versucht zu harmonisieren: Mit dem „Individualrecht" sollte „den Aktionären die Möglichkeit gegeben werden, die Rechte der durch ihre Organe geschädigten Gesellschaft wahrzunehmen, um dadurch zugleich ihr eigenes Recht zu schützen."16 Zwar mag man die Einordnung des rechtswidrigen Beschlusses als Schaden der Gesellschaft noch gelten lassen. Es läßt sich auch nachvollziehen, daß eine Verletzung des Mitglieds insofern identisch mit einer Verletzung der Gesellschaft ist, als das Mitglied an der Gesellschaft teilhat. Die Einschätzung aber, das Mitglied mache den wahren Willen der Gesellschaft geltend, ist erstaunlich 17 . Die Anfechtungsklage ist ja lediglich eine negatorische Gestaltungsmöglichkeit, der eine konstruktive, d. h. willensbildende Funktion kaum angetragen werden kann. Es läßt sich vermuten, daß damit eine Begründung für den Umfang des Anfechtungsrechts gesucht wurde. In der zeitgenössischen Literatur wurde für die Gewährung eines Klagrechts - in heutiger Terminologie - zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses eine Verletzung des Aktionärs in „eigenen Rechten" gefordert 18. Ansonsten sollte es bei der Zuständigkeit der Organe für Angelegenheiten der Gesellschaft bleiben. Oft wurde ein Klagrecht in Angelegenheiten der Gesellschaft ausschließlich den Organen vorbehalten 19. Als Lösung bot sich an, dem Aktionär Organqualität zuzusprechen20. Diese Lösung versucht den gezeigten Gegensatz zu überwinden: Der Aktionär sollte mit seinem Klagrecht als Organ die Angelegenheit der Gesellschaft wahrnehmen. Einer solchen Begründung bedurfte es aber nicht. Der rechtswidrige Beschluß ist schon eine

15 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 466, Unrichtig ist die Auffassung von Hommelhoff, Schubert/Hommelhoff, S. 97 Fn 221, S. 99 Fn 230, diese Begründungen, Wahrung des Gesellschaftsinteresses und Wahrung des Aktionärsinteresses, stünden „in einem gewissen Widerspruch". Dazu müßten sie sich ausschließen. Dies ist aber nicht der Fall. 16 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 466, Hervorhebung von mir. 17 Ebenso Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 55 ff., 57, 244 f. 18 Renaud, Busch's Archiv, Bd. 45, 1884, S. 51 ff.; Ring, Busch's Archiv, Bd. 45, 1884, S. 129 ff. 19 Endemann, Deutsches Handelsrecht, S. 300 f.; Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Art. 224; Anschütz/Völderndorff, Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuche, Art. 224. 20 Der Interpretation von Wallenhorst, Schranken, S. 35, kann nicht zugestimmt werden. Wallenhorst meint, der Gesetzgeber sei über diese Literaturstimmen hinweggegangen. Betrachtet man die Sorgfalt des Gesetzgebers insgesamt, so ist ein solches Versehen für unwahrscheinlich zu halten. Meine Annahme, in dieser Begründung die Antwort des Gesetzgebers auf die Literaturstimmen zu sehen, harmoniert eher mit dem sonstigen Gebaren dieses Gesetzgebers.

II. Die historische Entwicklung

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Verletzung der mitgliedschaftlichen Position 21 , weil er die Grenzen dessen, was für das Mitglied als verbindlich gelten kann, sprengt. Mehr als die Beseitigung einer durch die rechtswidrige Willensbildung herbeigeführten Verletzung des identischen Mitglieds- und Gesellschaftsinteresses ist der Anfechtungsklage funktionell daher nicht zuzusprechen. Diese Funktion ist aber mit der Aussage, daß es sich bei der Anfechtungsklage um ein Aktionärsrecht handelt, richtig und hinreichend bezeichnet. Eine darüberhinausgehende institutionelle Seite des Rechts ist nicht anzuerkennen. Festzuhalten bleibt, daß die Rechtsgewährung aufgrund Verletzung mitgliedschaftlicher Position erfolgt und als Reflex eines inneren „ordre public" 22 nicht adäquat erfaßt ist 23 . Weiter ist festzustellen, daß es bei dem vom Gesetzgeber angeführten Normzweck ausschließlich um innerkorporative Interessen geht. Von Interessen Dritter ist in der Begründung nicht die Rede. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß Dritte durch die Regelung gar nicht betroffen waren. Dies ist für den richterlichen Rechtsfolgenausspruch aus dem Gutachten des ROHG 24 zu folgern, das dem Gesetzgeber vorlag. Darin heißt es: „Absichtlich sind Dritte als Interessenten in den Kreis derjenigen, welche an dem Prozesse Theil nehmen und auf welche dessen Ergebniß Wirkung ausüben soll, nicht aufgenommen." Es handele sich hier lediglich um die Frage der Gültigkeit unter den Aktionären. „Dritten gegenüber kann es sich nur darum handeln, ob der Beschluß ihren gesetzlichen oder vertraglichen Rechten gegenüber präjudizierlich ist. In dieser Hinsicht kann die Entscheidung keine Rechtskraft ausüben (...)". Das ROHG unterscheidet also ganz selbstverständlich Dritte und Aktionäre hinsichtlich ihrer Betroffenheit durch den Rechtsfolgenausspruch. Die Feststellung, daß der Gesetzgeber nur innerkorporative Interessen als von der Regelung betroffen ansah, gilt aber nicht nur für den richterlichen Rechtsfolgenausspruch, sondern ganz allgemein auch für den Beschluß und seine Wirkungen. Es ist offensichtlich, daß der Gesetzgeber, hätte er Interessen Dritter am Beschluß gesehen, eine differenziertere Regelung eingeführt hätte. Bei einer auf den Kreis der Aktionäre beschränkten Gestaltungsmöglichkeit kann man Rechte Dritter kaum als gewahrt ansehen. Das Reichsoberhandelsgericht hatte eine differenzierte Regelung vorgeschlagen. Das Gutachten bemerkt 21 Schon damals in aller Klarheit Bahr, Jhering Jahrbücher 21, 1883, S. 457 ff., heute Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 57 und vgl. unten S.87 ff. 22 Wohl besser „de la société". 23 Unrichtig daher Roth, FS Henckel, S. 711, der nur von einer reflexartigen Berührung der Aktionärsinteressen spricht. 24 Gutachten über die geeignetsten Mittel zur Abhülfe der nach den Erfahrungen des Reichsoberhandelsgerichts bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Aktienunternehmungen hervorgetretenen Uebelstände, bei Schubert/Hommelhoff, S. 157 ff. nachfolgendes Zitat dort, S. 257 f.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

nämlich hinsichtlich einer Anfechtungsfrist, eine solche sei nicht tunlich, da „sonst immer eine Anfechtung auch ganz offenbar ungültiger oder verbotswidriger Beschlüsse erforderlich sein (würde), wenn dieselben nicht in Rechtskraft übergehen sollten. Dagegen erscheint (...) die Frist gerechtfertigt, soweit es sich um Anfechtung wegen Förmlichkeiten oder wegen Statutenwidrigkeiten handelt." 25 Dabei ging es ebenfalls nicht von einer Betroffenheit Dritter aus. Mit dieser Unterscheidung aber, nämlich dauerhafte Geltendmachung der Unwirksamkeit bei schweren inhaltlichen Mängeln, befristete Geltendmachung bei Form- oder Statutenwidrigkeit, hatte der Gesetzgeber die perfekte Regelungstechnik für einen Schutz Dritter vorliegen. Die Allgemeine Begründung sah die Notwendigkeit einer solchen Regelung aber nicht 26 . Sie stellte lapidar fest, innerhalb eines Monats müsse „ die Ungewißheit über die Gültigkeit oder die Anfechtbarkeit" beseitigt sein.27 Die Gültigkeit des Beschlusses sollte also abschließend geregelt werden. Der Gesetzgeber mußte also davon ausgehen, daß durch den Beschluß Interessen außerhalb der Korporation nicht beeinträchtigt sein konnten. Nur mit der Annahme der Beschränktheit der Beschlußwirkungen auf innerkorporative Interessenträger konnte der Gesetzgeber seinem Mißtrauen gegenüber den Individualrechten, die als Gefahr für das Funktionieren der Gesellschaft angesehen wurden, freien Lauf lassen: Die Regel müsse sein, daß die Gesellschaftsorgane ihre Befugnisse legal ausüben28. Das Anfechtungsrecht sei „ein zweischneidiges Mittel, welches Schikanen und Erpressungen Thür und Thor" 2 9 öffne. Es sollte dem Recht eine Gestalt gegeben werden, die der Rechtssicherheit diente 30 .

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Gutachten über die geeignetsten Mittel zur Abhülfe der nach den Erfahrungen des Reichsoberhandelsgerichts bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Aktienunternehmungen hervorgetretenen Uebelstände, bei Schubert/Hommelhoff, S. 157 ff., 257 f. 26 Unrichtig Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 IV 2, S. 466, die Aktienrechtsnovelle von 1884 hätte Anfechtbarkeit und Nichtigkeit schon unterschieden. 27 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 467. Ohne Berücksichtigung dieser Zusammenhänge Wallenhorst, S. 35 f., der meint, den Gesetzgeber für die Nichtbeachtung der Unterscheidung von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit rügen zu müssen. 28 Allgemeine Begründung § 13, Schubert Hommelhoff, S. 466. 29 Allgemeine Begründung, § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 467. 30 Nicht zu teilen ist die Auffassung von GHEK-Hüffer, § 243 Rn 6 ff., „Primärzweck" des Anfechtungsrechts sei die Gewährleistung von Rechtssicherheit, was die Entstehungsgeschichte belege. Aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber das Recht in der Rechtsprechung des ROHG schon vorgefunden hatte, schließt Hüffer, daß es diesem nurmehr um den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu tun war. Zwar hat der Gesetzgeber das Anfechtungsrecht in dem Sinne schon „vorgefunden", als dieses in der Rechtsprechung anerkannt war. Die gesetzgeberische Überlegung war trotzdem, ob ein solches Recht überhaupt zugestanden wird. Erst dann erfährt es gesetzliche Anerkennung. Daß hierbei die Rechtssicherheit eine Rolle spielte, ist ganz offensichtlich. Sie war der Grund für den „Aufstieg" von der richterlichen Rechtsfortbildung zum Gesetzesrecht. Der Grund für die Einführung einer positivrechtlichen Regelung ist aber nicht mit dem Normzweck gleichzusetzen. Zu einseitig auch Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 28 f.

II. Die historische Entwicklung

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Im Gesetz wurden daher verschiedene Beschränkungen eingeführt: Die Anforderungen betreffend Anwesenheit und Widerspruch, wie wir sie heute kennen, sowie die Monatsfrist, die Bestimmung über die Sicherheitsleistung (Art. 222, 190a) und die Haftung für den durch unbegründete Anfechtungsklage entstandenen Schaden bei böslicher Handlungsweise (Art. 222, 190b). Von einer weitergehenden Haftung sah der Gesetzgeber ab, da das Handelsgesetzbuch andere Verschuldensabstufungen sowie den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht kenne, eine Haftung für jedes Verschulden jedoch von der Erhebung der Klage auch bei voller Berechtigung abhielte31. Die Klage war gegen den Vorstand zu richten. Etwas unverständlich erläutert die Begründung hierzu, dieser erscheine „zur Vertretung der Gesellschaft und daher passivlegitimiert (...)" 32 . Nach heutigem Verständnis müßte dann die Klage gegen die Gesellschaft gerichtet werden. Das stattgebende Urteil wirkte für und gegen alle Aktionäre. Diese Wirkung erachtete der sonst überaus sorgfältig begründende Gesetzgeber für keiner Begründung wert. Sie ist bei seinem Begriff von der Klage als Klage gegen die alle Aktionäre verbindende Wirkung des Beschlusses nicht nur selbstverständlich, sondern notwendig 33 . Wenn der Beschluß der Gesellschaft nicht als ein die Aktionäre „verbindender" gelten kann, so muß dies auch gegenüber allen Aktionären ausgesprochen werden. Zusammenfassend sind zwei Hauptpunkte der Gesetzgebung von 1884 herauszuheben. Zum einen die Tatsache, daß das Recht als Abwehrrecht 34 des Mitglieds gegenüber der Beeinträchtigung durch den rechtswidrigen Beschluß eingeführt wurde. Zum anderen, daß der Gesetzgeber davon ausging, daß der Beschluß nur innerhalb der Korporation wirkte.

2. Das Handelsgesetzbuch von 1897

Mit der Einführung in das HGB 189735 wurde äußerlich das Konzept der Regelung von 1884 beibehalten. Das Anfechtungsrecht erfuhr nur einige Än-

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Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 468 Allgemeine Begründung § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 467. 33 So schon Siegfried, Die Rechte der Aktionäre und der Schutz ihrer Interessen nach dem neuen Aktiengesetz vom 18. Juni 1884, S. 32. 34 Dieser Befund wird in Ergebnis und Analyse geteilt von Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 55 ff., 244 f., im Ergebnis, aber ohne richtige Begründung, von Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 16 ff. 35 § 271 HGB 1897 (Betreffend die AG) Ein Beschluß der Generalversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages im Wege der Klage angefochten werden. Die Klage muß binnen einem Monat erhoben werden. 32

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

derungen. Die Geringfügigkeit dieser Änderungen zeichnet aber ein falsches Bild davon 36 , wie heftig das Recht damals umstritten war. Dieser Streit zeigt, daß sich der Gesetzgeber von 1897 dogmatisch vom Konzept des Gesetzgebers von 1884 entfernt hat. 1884 ging es nur darum, festzuschreiben, unter welchen Umständen der Aktionär sein Recht wahren konnte. Damit ging eine ganz klare Vorstellung von den nur innenrechtlichen Wirkungen des Beschlusses einher. Die gesetzgeberische Diskussion von 1897 fand nunmehr ganz auf objektivrechtlicher Ebene statt. Es ging im wesentlichen um die Beschlußmängel und ihre Folgen. Gleichzeitig änderte sich die Vorstellung von der Reichweite der Beschlußwirkungen. Ohne dies mit der sehr klaren Auffassung des Gesetzgebers von 1884 in Zusammenhang zu bringen, wurde nunmehr angenommen, daß durch den Beschluß auch Dritte betroffen sein könnten. Als Konsequenz wurde eine Erweiterung der Anfechtungsbefugnis diskutiert. Zunächst war in einem ersten Entwurf des Reichs-Justizamtes, dem Entwurf eines Handelsgesetzbuches für das Deutsche Reich von 1895 (RJA-E I) 3 7 auch dem Vorstand und für den Fall, daß der Vollzug des Beschlusses Haftung auslösen könnte, jedem Mitglied der Verwaltung ein Anfechtungsrecht eingeräumt (§ 226 IV RJA-E I). Mit § 228 RJA-E I wurde auch dem Staatsanwalt eine unbefristete Anfechtungsbefugnis gegeben, wenn eine im öffentlichen Interesse stehende Vorschrift verletzt war. Die Begründung sagt hierzu, zwar genüge das Anfechtungsrecht insoweit, als es um die Verletzung des Gesellschaftsvertrages oder von Vorschriften, die lediglich im Aktionärsinteresse seien, wie solche über die Einberufung, die Ankündigung der Tagesordnung oder die Vorbereitung des Bilanzgenehmigungsbeschlusses, ginge. Dagegen sei es unhaltbar, daß Beschlüsse, die nicht diesen begrenzten Zweck hätten, sondern darüber hinaus gegen Vorschriften verstießen, die zur Sicherung der Gläubiger und zum

Zur Anfechtung befugt ist jeder in der Generalversammlung erschienene Aktionär, sofern er gegen den Beschluß Widerspruch zum Protokoll erklärt hat, und jeder nicht erschienene Aktionär, sofern er zu der Generalversammlung unberechtigterweise nicht zugelassen worden ist oder sofern er die Anfechtung darauf gründet, daß die Berufung der Versammlung oder die Ankündigung des Gegenstandes der Beschlußfassung nicht gehörig erfolgt sei.[...] Außerdem ist der Vorstand und, sofern der Beschluß eine Maßregel zum Gegenstand hat, durch deren Ausführung sich die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates strafbar oder den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber haftbar machen würden, jedes Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsrates zur Anfechtung befugt. § 272 HGB 1897 (Betreffend die AG) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. [...] § 273 HGB 1897 (Betreffend die AG) Soweit der Beschluß durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt ist, wirkt das Urteil auch für und gegen die Aktionäre, die nicht Partei sind. [...] 36 Demgemäß wird diese Diskussion nicht genügend beachtet, vgl. Huber, FS Coing, S. 169 ff, Wallenhorst, Schranken, S. 36. 37 Bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Band 1, Quellen zum HGB von 1897, S. 97 ff.

II. Die historische Entwicklung

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Schutz des Publikums dienten, wie die über den Mindestbetrag der Aktien, die Unzulässigkeit der Ausgabe neuer vor der Vollzahlung der alten Aktien, die Dotierung des Reservefonds oder die Amtsdauer des Aufsichtsrats, durch unterlassene Anfechtung wirksam werden sollten 38 . In der Reichstags vorläge 39 wurde die Vorschrift gestrichen. Die Begründung in der Denkschrift 40 verwies auf die Prüfung durch den Registerrichter. Sodann könnten Beschlüsse, die gegen zwingendes Gesetzesrecht oder drittschützende Normen verstießen ohnehin keine Gültigkeit erlangen: „Verstößt ein Beschluß der Generalversammlung gegen zwingende Gesetzesvorschriften, welche nicht blos die Interessen der vorhandenen Aktionäre berühren, sondern zur Sicherung der Gläubiger oder zum Schutze des Publikums dienen, so kann er selbstverständlich weder durch die Unterlassung rechtzeitiger Anfechtung, noch durch die Eintragung in das Handelsregister Gültigkeit

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Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuches für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA-E I), S. 134, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 2, Halbband 1, S. 134. 39 Reichstagsdrucksache, 9. Legislaturperiode, IV. Session Nr. 632 bei Schubert/Schmiedel/ Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 2, S. 1076 ff. Die Anmerkungen der „Kommission Handel", Protokolle über die Berathungen der Kommission zur Begutachtung des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs, Sitzungen vom 21.November bis zum 18. Dezember 1895, zitiert und abgekürzt nach Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 2; Halbband 1, S. 259 ff., 427 ff., die dann nach Überarbeitung durch das Reichs-Justizamt zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs mit Ausschluß des Seehandelsrechts (Aufgestellt im Reichs-Justizamt, 1896, zitiert und abgekürzt nach Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 1, S. 345 ff. : RJA-E II) führten, betrafen alle vorgenommen Änderungen: Großen Widerspruch fand § 228 RJA-E I . Die Norm sei zu unbestimmt, nicht erforderlich, „der Gläubiger (...) könne eine Aktie erwerben und sich so das Anfechtungsrecht sichern." Dann wurde befürchtet, die Staatsanwaltschaft könne die Kontrolle übertreiben, es seien Denunziationen von Baissespekulanten zu erwarten, insgesamt würde der Kredit der Gesellschaft geschädigt. Trotzdem wurde die Vorschrift in § 250 RJA-E II im wesentlichen aufrechterhalten. Erst die heftigen Proteste des 23. Deutschen Handelstages und die Bedenken mehrerer Bundesländer brachten die Vorschrift zu Fall. Der Deutsche Handelstag, Verhandlungen des Dreiundzwanzigsten Deutschen Handelstages (Außerordentliche Plenarversammlung) zu Berlin am 15. und 16. October 1896, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen vom HGB von 1897, Band 1, S. 567, S. 617, war besonders kritisch: „Der Deutsche Handelstag sieht in dem neuen Rechtsprinzip, welches in § 250 dahin zum Ausdruck gebracht ist, daß die Staatsbehörde eingetragene Beschlüsse der Generalversammlung im Wege der Klage anfechten kann ein Moment der Unsicherheit und der Bevormundung für das Aktienwesen, welches im Interesse des gesammten Handels für bedenklich erachtet werden muß." Mehrere Bundesländer (Preußen, Bayern, Baden, Sachsen-Altenburg ) hatten vor allem Zweifel daran, die Aufgabe der Aufsicht bewältigen zu können. Sie waren überdies der Ansicht, eine solche Staatsaufsicht sei wesensfremd, es genüge, dem Aktionär und jedem Verwaltungsmitglied die Anfechtungsbefugnis zu geben. Vgl. die Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, zu § 250, S. 801. Diese Kritik führte zur Streichung der Vorschrift in der Reichstags vorläge. 40

Reichstagsdrucksache, 9. Legislaturperiode, IV. Session zu Nr. 632, S. 316 ff.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

erlangen." 41 Die ausführenden Organmitglieder könnten ihre Haftung gegenüber Dritten 42 , insbesondere Gläubigern, zweifellos nicht mit Hinweis auf die unterbliebene Anfechtung ausschließen. Diese Verantwortlichkeit und die registerrichterliche Prüfungspflicht genüge in Verbindung mit dem FGG-Amtslöschungsverfahren. Die Materialien zum FGG 43 führen hierzu aus, die Löschung diene dazu, die Ungültigkeit des Beschlusses auch „äußerlich zur Geltung" zu bringen, und „so der Ausführung entgegenzutreten]". Es ist nicht ganz einfach, den Kern dieser Diskussion zu fassen und von den Irrtümern 44 zu bereinigen. Das Anfechtungsrecht des Aktionärs, als Recht aus der Verletzung der mitgliedschaftlichen Position, wie es der Gesetzgeber von 1884 angesehen und eingeführt hatte, stand gar nicht in Frage, eine Diskussion hierüber fand nicht statt. Diskutiert wurde über die Beschlußmängel und ihre Folgen auf der Grundlage einer gegenüber 1884 veränderten Vorstellung vom Beschluß und seinen Wirkungen. Die Fehlerhaftigkeit dieser Vorstellung resultiert aus einem mindestens unklaren Begriff von innen und außen bei der Aktiengesellschaft: Die Ausführungen zur Unwirksamkeit von mangelhaften Beschlüssen in der Denkschrift 45 lassen sich nur als Antwort auf die Diskussion des RJA-E I deuten. Dort hatte eine klare Trennung von Innen- und Außenrecht nicht stattgefunden, wenn man sich ansieht, daß dem Gläubiger empfohlen wurde, sich eine Aktie zu kaufen, um sich das Anfechtungsrecht zu sichern 46. Es ist evident, daß sich die Frage des Schutzes des einzelnen Gläubigers vor Rechtsverletzungen durch die Gesellschaft nur aus seinem Rechtsverhältnis mit der Gesellschaft beantworten läßt 47 und der Gläubiger nicht auf eine Teilnahme an seinem Gegenüber verwiesen werden darf 48 . Eine weitere, aber ganz andere Frage ist die, welche Institutionen des Schutzes der Gläubigergesamtheit in der Rechtsform der Aktiengesellschaft als unabdingbar anzusehen sind, und welche Folgen ein Verstoß hiergegen hat. Beide Fragen betreffen das Außenverhältnis. Für die erste Frage ist dies offensichtlich. Für die zweite Frage gilt dies, weil sie mit Blick auf das Außenverhältnis gestellt wurde: Es wird gerade nach dem 41 Denkschrift, Hahn/Mugdan, S. 317, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 2, S. 1077. 42 Gemeint war die Haftung gemäß §§ 241, 249 HGB 1897 die §§ 93 II, 116 AktG 1965 entsprechen. 43 Hahn/Mugdan, Die gesammelten Materialien zu den Reichsgesetzen, 7. Band, S. 71. 44 Karsten Schmidt, AG 1977, S. 244, spricht von einem „erstaunlichen Durcheinander". 45 Denkschrift, Hahn/Mugdan, S. 316 ff., bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, S. 1076 ff. 46 Vgl. oben Fn 39. 47 So ist schon das ROHG - Gutachten oben Fn 25 zu verstehen: Die Nichtigerklärung könne nicht präjudizierlich sein, bei Dritten gehe es nur um deren vertragliche und gesetzliche Ansprüche. In diesem Sinne entschieden, RGZ 37, 62, 65. 48 Noch würde ihm dies etwas nützen, da er als Mitglied sein Gläubigerinteresse in der Gesellschaft nicht verfolgen darf.

II. Die historische Entwicklung

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Schutz der Außenstehenden gefragt. Die Begründung der Denkschrift ist den Irrtümern des RJA-E I in der ersten Frage - Verwechslung von innen und außen in der einzelnen Drittbeziehung - nicht verfallen. Der dogmatische Hintergrund der Regelung der zweiten Frage - die Behandlung von Beschlüssen, die sich mit Institutionen des Gläubigerschutzes nicht vereinbaren lassen - ist aber zu kritisieren: Innen- und Außenrecht der Gesellschaft wurden hierbei nicht zutreffend unterschieden. Beschlüsse sind für das Innenverhältnis von Aktionären, Organen und Gesellschaft verbindliche Regelungen. Sie haben mit dem Außenrecht nichts zu tun. Die Fehlvorstellung des Gesetzgebers zeigt die Begründung für die Haftung der Organmitglieder gegenüber den Gläubigern in Zusammenhang mit der für die Organmitglieder neu eingeführten Anfechtungsbefugnis. Durch die Haftung gegenüber den Gläubigern sollte der Anreiz für Organmitglieder geschaffen werden, Beschlüsse, die gegen Institutionen des Schutzes der Gläubigergesamtheit verstießen, anzufechten 49. Die Haftung wurde damit als auch der Sicherung dieses Normbestandes dienend angesehen und mit den Befugnissen des Registerrichters als Argument gegen eine Staatsaufsicht 50 angeführt 51. Es wird damit ein Zusammenhang zwischen Haftung nach außen und Beschlußwirksamkeit herzustellen versucht. Dieser Zusammenhang ist aber aus der Systematik des HGB 1897 und der Denkschrift nicht herstellbar. Die Haftung der Organmitglieder gegenüber den Gläubigern 52 war schon in §§241 IV, 249 I I I HGB 189753 unabhängig vom General Versammlungsbeschluß geregelt. Die Konkretisierung der die Haftung auslösenden Pflichten bestand damals wie heute in Tatbeständen der tatsächlichen Minderung des Gesellschaftsvermögens durch verbotene Zahlungen. Bedenkt man, daß ein Beschluß, der diese Vorschriften zur Kapitalerhaltung abbedingen wollte, nach der Vorstellung der Gesetzgeber per se nichtig sein sollte, so erhellt, daß der von der Begründung hergestellte Zusammenhang nicht besteht,

49 Diese sehr instrumentelle Sicht der Rechtsgewährung ist heute in der Rechtswissenschaft verdeckt. Das Recht wird zumeist als mindestens auch zum Schutz der Organmitglieder angesehen. So schon Horrwitz, Recht der Generalversammlung, S. 96 ff.; KK-Zöllner, § 245 Rn 67 ff.; GHEK-Hüffer, § 245 Rn 12; Hüffer, AktG, § 245 Rn4. GK-Schilling, § 245 Anm. 18 sieht, daß sich das Verwaltungsmitglied an sich nicht ersatzpflichtig machen muß, weil der rechtswidrige Beschluß nicht befolgt zu werden braucht; konsequent wird das Recht dort nur als Mittel zur Beseitigung von Zweifeln verstanden. 50 Weiter hätte ein solches Aufsichtsrecht - hier wurde zutreffenderweise auf den Registerrichter verwiesen - einen Bruch mit dem System der Normativbestimmungen bedeutet. So ist wohl auch der Hinweis des Referenten des 23. Deutschen Handelstages zu deuten, der „endlich glücklich beseitigte Staatskommissar" würde auf diesem Wege wiedererstehen,Verhandlungen des Dreiundzwanzigsten Deutschen Handelstages (Außerordentliche Plenarversammlung) zu Berlin am 15. und 16. October 1896, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Band 1, S. 567; S. 619. 51 Denkschrift, Hahn/Mugdan, S. 317 bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum HGB von 1897, Band 2, S. 1077 f. 52 Die Haftung bestand der Gesellschaft gegenüber. Sie war nur nachrangig von den Gläubigern geltend zu machen. 53 Die Vorschriften entsprechen den §§ 93 V, 116 AktG 1965.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

da die Verwaltungsmitglieder einen solchen Beschluß ohnehin nicht ausführen dürften 54 . Dieser schon im Innenverhältnis festzustellende Befund gilt erst Recht für das Außenverhältnis. Für die Gläubiger gilt in gesteigertem Maße, daß sie sich um die Beschlußlage nicht zu kümmern brauchen. Die Denkschrift ist damit zum einen widersprüchlich: Sie versucht, bei der Anfechtung zu verbinden, was andernorts gewollt getrennt ist. Ihre Ursache hat diese Widersprüchlichkeit in einer nicht ausreichend scharfen Trennung von Innen- und Außenverhältnis der Gesellschaft. Widerspruchsfrei und dogmatisch richtig läßt sich die zweite Frage nach den Institutionen des Gläubigerschutzes mit dem Gesetzgeber von 1884 nur für das Innenverhältnis stellen: Welche Folgen hat ein Verstoß gegen Vorschriften, die die Institutionen des Schutzes der Gläubigergesamtheit ausmachen für die Wirksamkeit des Beschlusses im Innenverhältnis der Gesellschaft? Als unrichtig gestellt erweist sich die Frage für das Außenverhältnis. Mit der klaren Vorstellung des Gesetzgebers von 1884 ist die Annahme von Beschlußwirkungen nach außen zurückzuweisen. Mit dieser Kritik des dogmatischen Hintergrundes läßt sich die 1897 getroffene positivrechtliche Regelung würdigen. Auf die positive Regelung der von ihm gefundenen Einteilung der Beschlußmängel und ihrer Folgen hat der Gesetzgeber, weil er sie für selbstverständlich hielt, verzichtet 55. Niederschlag im Gesetz hat die Diskussion im wesentlichen nur in Form der für die Organmitglieder eingeführten Klagebefugnis gefunden. Für das Anfechtungsrecht des Aktionärs ist keine Änderung festzustellen. Trotz des veränderten Schwerpunktes der Diskussion ist die Einordnung als mitgliedschaftliche, aus der Verletzung der Aktionärsposition begründete Klage nicht ins Wanken geraten. Gerade aus der fehlsamen dogmatischen Vorstellung, die oben kritisiert wurde, ist nachzuweisen, daß vom Gesetzgeber niemals erwogen wurde, den Aktionär zum Träger der Interessen des Publikums und der Gläubiger zu machen. Die, wenn auch aus fehlsamer Erwägung heraus, vorgenommene Trennung der Beschlüsse in solche, die vom Aktionär zu vernichten sind und solche, die ohne sein Zutun wirkungslos bleiben sollen, zeigt deutlich, daß der Gesetzgeber den Aktionär niemals als Wah-

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So schon Hueck, Sittenwidrigkeit, S. 172. Bedenkt man die Haltung des Gesetzgebers von 1884 und des ROHG, so erstaunt dies. Eine Regelung ist dort unterblieben, weil ganz selbstverständlich erschien, daß die Gültigkeit des Beschlusses von der Aktivität der Berechtigten abhängig sein sollte. Es läßt sich nur mutmaßen, daß die Diskussion 1884 noch mehr vom aktionenrechtlichen Denken geprägt war, während zur Zeit der großen Kodifikationen objektiv-rechtliches Denken die Oberhand gewann. Zu den Implikationen und Konsequenzen der beiden Denkarten vgl. Bucher, AcP 1985, S. 1, 4 ff., 14 ff. 55

II. Die historische Entwicklung

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rer fremder Interessen in Betracht gezogen hat. Den Zusammenhang zwischen dem Aktionär und einem fremden Interesse hat erst die Literatur hergestellt 56. Diese für den Aktionär richtige, rein innenrechtliche Begründung des Anfechtungsrechts wird auch nicht dadurch verwässert, daß für Organmitglieder ein Anfechtungsrecht eingeführt wurde. Entgegen der vom Gesetzgeber hierfür gegebenen Begründung ist auch diese Befugnis innenrechtlich zu deuten: Die Organmitglieder wahren mit ihrer Klage innerkorporative Interessen, indem sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen beseitigen57. Vor dem Hintergrund dieser eher kargen positivrechtlichen Regelung verbunden mit der umfangreichen dogmatischen Diskussion ist die weitere Entwicklung bis zum Aktiengesetz von 1937 zu untersuchen.

3. Das Aktiengesetz von 1937 und der Entwurf von 1931

a) Die gesetzliche Regelung als Ausgangspunkt der Untersuchung der Rechtsentwicklung zwischen 1900 und 1937 War die gesetzliche Regelung von 1897 im Gegensatz zur dogmatischen Diskussion auf anfechtbare Beschlüsse beschränkt, so wurden im Aktiengesetz von 1937 auch nichtige Beschlüsse geregelt. Mit § 195 AktG 1937 betreffend die Nichtigkeit und § 197 AktG 1937 betreffend die Anfechtbarkeit wurde eine den heutigen §§241 ff. im großen und ganzen entsprechende Regelung Gesetz. Diese im Gegensatz zu ihrem Vorgänger von 1897 erschöpfende Regelung von Beschlußmängeln und ihren Folgen war bedingt durch eine umfangreiche und umstrittene Rechtsprechung des Reichsgerichts. Dieses hatte in der Zeit zwischen 1900 und 1937 eine Unzahl von Aktionärsklagen gegen Beschlüsse zu bewältigen und hat hierzu eine umfangreiche Doktrin entwickelt. Die Amtliche Begründung 58 führt zum Zusammenhang der Gesetzgebung mit der vorausgegangenen Rechtsprechung aus, auf die nach anerkannten Grundsätzen zulässige Feststellungsklage gegen den Beschluß gemäß § 256 ZPO hätten die Vorschriften der §§ 271 - 273 HGB 1897 und damit deren strenge Beschränkungen nicht angewendet werden können. Die Tatsache, daß die Nichtigkeit unbeschränkt geltend zu machen gewesen wäre, hätte zu großer Unsicherheit im Rechtsverkehr geführt. Das Aktiengesetz wolle, bei Aufrecht56 Horrwitz, Recht der Generalversammlung, S. 88, wobei die Frage ist, ob mit der leichtfertigen Verwendung des Begriffes der Popularklage eine dogmatische Verankerung gewollt war. Die Horrwitzsche Behandlung des Themas, ebenda S. 88 ff., zeigt dies eher nicht. 57 Ebenso GK-Schilling, 3. Auflage, § 245 Anm. 18, GK-Schmidt, § 245 Rn 38 f. 58 Deutscher Reichs- und Preußischer Staatsanzeiger 1937 Nr. 28, hier zitiert nach Klausing, Aktiengesetz, S. 171.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

erhaltung der Unterscheidung von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, erstere in Anlehnung an die Rechtsprechung einschränken, um diese Unsicherheit zu beseitigen. Die gleiche Unterscheidung sah schon der Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien von 193159 vor. Nichtig sollte ein Beschluß nach § 136 Nr. 1 des Entwurfes dann sein, wenn er Vorschriften verletzte, die ausschließlich oder vorwiegend im öffentlichen Interesse sind, oder gemäß Nr. 2 auf Anfechtungsklage für nichtig erklärt ist. Die erläuternden Bemerkungen des Reichsjustizministeriums 60 erklärten hierzu: Eine zeitlich unbeschränkt geltend zu machende Nichtigkeit gefährde die Interessen der Gesellschaft, gleichwohl könne auf die Unterscheidung von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit auch nach bürgerlich-rechtlichen Prinzipien nicht verzichtet werden. Eine zeitliche Begrenzung der Nichtigkeit aber sei grundsatzwidrig und verletze unter Umständen öffentliche Interessen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien aber in Anlehnung an die Rechtsprechung entsprechend zu verschärfen 61. Diese sehr knappen Begründungen sind nur im Zusammenhang mit der sogleich zu leistenden Analyse der Rechtsprechung zur Gänze verständlich 62. Einige Feststellungen lassen sich aber allein schon aus diesen Begründungen treffen. Der Perspektivwechsel, weg von der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen der Aktionär eine Rechtsverletzung geltend machen kann, hin zu der Ordnung der Beschlußmängel und ihren Folgen, der in der Diskussion von 1897 schon festzustellen war, hat 1937 seinen positivrechtlichen Niederschlag gefunden. Die Rechtsprechung wurde offensichtlich als ein Beitrag zur Kategorisierung von nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen verstanden. Damit ging, wie schon 1897, die Vorstellung einher, daß durch den Beschluß auch andere Interessen als die innerkorporativer Interessenträger verletzt sein könnten. Es wurde mit Selbstverständlichkeit davon ausgegangen, daß Dritte, die durch den Beschluß betroffen seien, sich mit einer Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO gegen den Beschluß wehren könnten.

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Bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform, S. 849. Bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform, S. 907 ff., 918. 61 Dies waren auch die leitenden Gesichtspunkte der Diskussion des Aktienrechtsausschusses des vorläufigen Reichswirtschaftsrats 1932/33, der den Entwurf diskutierte. Vgl. die Protokolle der 12., 13. und vor allem der 5. Sitzung bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform, S. 606 ff., 686 ff., 257 ff. Dieser hatte sich mit dem Anfechtungsrecht allerdings immer nur im Zusammenhang mit anderen Vorschriften beschäftigt. 62 Dies ist gleichzeitig als grundlegender Einwand gegen die Analyse von Wallenhorst, Schranken, S. 39 ff., zu formulieren, der sich auf die Untersuchung der Gesetzesbegründung und einiger Literaturstimmen beschränkt. 60

II. Die historische Entwicklung

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Demgegenüber ist am rein innenrechtlichen Charakter von Beschluß und Anfechtungsklage festzuhalten. Die Rechtsprechung zwischen 1900 und 1937, die in ihrer Beschlußmängelklassifizierung scheinbar das Tor für ein weites Verständnis vom Beschluß und seinen Wirkungen geöffnet hat, läßt sich nur dann widerspruchsfrei systematisieren, wenn man einen strikt innenrechtlichen Standpunkt einnimmt. Mit anderen Worten: Den Anspruch, die Fälle nach Beschlußmängeln zu ordnen und konsistent zu entscheiden hat die Rechtsprechung nicht erfüllt. Sie hat aber die Frage, wann ein Aktionär eine Rechtsverletzung durch den Beschluß geltend machen kann, richtig und konsequent beantwortet. Die sich hieraus ergebende Folgerung ist die, daß es bei der Charakterisierung der Anfechtungsklage, wie sie 1884 vorgenommen wurde, bleibt: Die Anfechtungsklage dient der Abwehr einer Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Position des Aktionärs durch den rechtswidrigen Beschluß. Zur Beweisführung ist die gesetzliche Regelung auf der Grundlage einer Untersuchung der Rechtsprechung zwischen 1900 und 1937 zu beleuchten.

b) Die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Rechtsprechung

aa) Das Problem In der Zeit zwischen 1900 und 1937 hatten klägerische Aktionäre die gesetzlich verordnete restriktive Geltendmachung des Anfechtungsrechts dadurch zu umgehen versucht, daß sie auf Feststellung der Nichtigkeit klagten. Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts lag wie heute nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen insbesondere dann vor, wenn ein Rechtsgeschäft gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, oder gegen die guten Sitten gemäß § 138 I BGB verstößt. Mit heutigem dogmatischen Verständnis läßt sich der Einsatz dieser bürgerlich-rechtlichen Vorschriften gegen den Beschluß folgendermaßen beschreiben: Die oben genannten Vorschriften des BGB sind solche, die Individualverhältnisse regeln. Wenn Dritte 63 sich gegenüber treten, sei es im Rahmen einer Leistungsklage oder durch Feststellungsklage, wirkt das Urteil inter partes, 63 Dritter kann natürlich auch eine Gesellschaft sein. Es ergibt sich hier kein Unterschied zu Rechtsgeschäften mit natürlichen Personen. Es ist aber selbstverständlich, daß der Dritte den Hauptversammlungsbeschluß mit der Feststellungsklage nach § 256 ZPO niemals angreifen kann. Dem Dritten fehlt es stets am Feststellungsinteresse. Selbstverständlich kann der Dritte die Nichtigkeit des Beschlusses invozieren, wo dies im Rahmen seines Schuld- oder Rechtsverhältnisses mit der Gesellschaft für ihn von Bedeutung ist. Man denke an die Koppelung von Arbeitnehmerbezügen an den Jahresabschluß. Vgl. unten S. 56 und S. 66 f.

3 Slabschi

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

auch wenn in ihm die Nichtigkeit, d.h. nach bürgerlich-rechtlicher Doktrin, das Nichteintreten von Rechtswirkungen 64 und zwar für und gegen alle, festgestellt wird 65 . Dies ist die Folge der Tatsache, daß es um ein Rechtsgeschäft oder Rechtsverhältnis nur zwischen ihnen geht. Weiter lassen sich individualrechtliche Rechtsgeschäfte, denen die Rechtswirkung versagt wird, regelmä" ßig 66 leicht rückabwickeln. Es besteht eine lineare Verbindung zwischen zwei Parteien, die ansonsten nichts miteinander zu tun haben. Ganz anders die Verbandssituation. Die Mitglieder haben an der juristischen Person Teil. Sie sind mit ihr auf Dauer verbunden. Der Hauptversammlungsbeschluß ist als Regelungsgrundlage dieses Verhältnisses nicht von individualrechtlicher, sondern von organisationsrechtlicher Natur. Das heißt, der Beschluß ist nicht die rechtsgeschäftliche Regelung einer Tauschbeziehung zwischen den Parteien, sondern die Regelung der Kooperationsbeziehung der Aktionäre und der Gesellschaft miteinander. Die juristische Person integriert sich dadurch, daß gemäß dem Beschluß verfahren wird, immer neu als eine solche, für die der Beschluß gilt 67 . Demgemäß ist der Aktionär in der Lage, ein Rechtsverhältnis, den Hauptversammlungsbeschluß, innenrechtlich zu gestalten. Hierbei hat man sich vor allem die mit dem rechtskräftigen Urteil verbundene Wirkung ins Gedächtnis zu rufen. Diese Möglichkeit, mit Wirkung für und gegen alle Aktionäre zu streiten, war als notwendige Folge der Qualifikation des Rechts als Recht aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Stellung anzusehen. Es geht in den Worten des Gesetzgebers von 1884 darum, ob ein Wille für alle Aktionäre verbindend sein kann. Daß sich also die Regelungskomplexe Individualverhältnis und Organisationsverhältnis stark unterscheiden, dürfte offensichtlich sein. Es ist daher tatbestandsmäßig sehr problematisch, die oben genannten Vorschriften des Bürgerlichen Rechts auf den Beschluß anzuwenden. Die Unterschiedlichkeit der Regelungsgegenstände schien zur damaligen Zeit nicht bewußt gewesen zu sein. Der unreflektierte Transport dieser individualrechtlichen Normen in das System der Beschlußanfechtung fand über den Begriff der Nichtigkeit auf der Rechtsfolgenseite statt. Es wurde aus dem zwingenden Charakter der verletzten Vorschriften die Nichtigkeit des Beschlusses gefolgert. Mit einem erst-rechtSchluß wurde die Möglichkeit der Geltendmachung auch in der Beschlußanfechtung begründet 68. Vermengt man individualrechtliche Nichtigkeit mit der 64

Jedenfalls der gewollten, zur Problematik Flume II, § 17, S. 340 ff. Thomas/Putzo, ZPO, vor § 253 Rn 4. 66 Anders bei Dauerschuldverhältnissen. Dies ist hier nicht zu diskutieren. 67 Flume, II, § 30 7, S. 554, für den Verein. 68 Die Gleichsetzung von Nichtigkeit aufgrund wirksamer Anfechtung und Nichtigkeit aufgrund Verstosses gegen zwingendes Recht ist ein begriffsjurisprudentiell bedingter Fehler. Er resultiert aus einer Vermengung begrifflicher und tatsächlicher Ebenen. Durch die Gleichsetzung von „Nichtigkeit" mit Nichtexistenz werden alle Unterschiede eingeebnet: Es wird so getan, als läge kein Beschluß vor. Vgl. Flechtheim, FS Zitelmann, S. 1 ff.; Dillmann, Zur Nichtigkeit und 65

II. Die historische Entwicklung

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aktienrechtlichen Beschlußanfechtung dergestalt, daß man mit der Nichtigkeitsdogmatik die „dauerhafte Unwirksamkeit" (und damit scheinlogisch eine immer mögliche „Geltendmachung" derselben) in die Beschlußanfechtung transportiert, schafft man ein Problem: Die der Anfechtungsklage als organisationsrechtlichem Instrument auferlegten Schranken, insbesondere die der Monatsfrist, fallen, während die ihr beigelegten Wirkungen bleiben. Als mögliche Lösungen dieses Problems, sind soweit ersichtlich vertreten worden: Lösung Nr. 1: Ein Beschluß, der nichtig ist, kann nicht gleichzeitig anfechtbar sein69 . Für die Nichtigkeit stellt das Gesetz die Feststellungs- und nicht die Anfechtungsklage zur Verfügung, und damit hat es sein Bewenden. Die Argumentation ist rein begrifflich und daher indiskutabel. Sie zeigt ein unbilliges Ergebnis 70 für den Fall, daß innerhalb der Beschränkungen des § 271 HGB 1897 gegen einen „nichtigen" Beschluß vorgegangen wird, der auch als solcher eingestuft wird 71 : Geht man einmal davon aus, daß „Nichtigkeit" Beschlüsse mit besonders schweren Mängeln erfassen soll, so könnte gerade in diesen Fällen nicht mit der Wirkung des § 273 HGB 1897 für und gegen alle Aktionäre und die Gesellschaft geklagt werden, da eine Anfechtungsklage abgewiesen würde 72 .

Anfechtbarkeit von Generalversammlungsbeschlüssen der Aktien-Gesellschaft gemäß § 271 HGB nach der neuesten Rechtsprechung, S. 19, 49. Die Nichtigkeit aufgrund erfolgter Anfechtung bezeichnet eine Unwirksamkeit, die qua Richterspruch gilt. „Nichtigkeit" von dieser Qualität läßt sich ohne Richterspruch nicht erreichen, schon gar keine Nichtexistenz. Dies zeigte schon Kipp, FS von Martitz (1911), S. 211 ff.: Hauptsächlich, um die Unschädlichkeit von Konkurrenzen auf der Tatbestandsebene zu zeigen, differenzierte er zwischen materiellem Recht, mit diesem kongruenten Justizrecht (gemeint ist damit das Recht, das den Richter zum Ausspruch der dem materiellen Recht entsprechenden Rechtsfolge verpflichtet) und den Tatsachen. In Kipps Terminologie befände sich die bürgerlich-rechtliche Nichtigkeit auf der Ebene des materiellen Rechts, die Aufforderung an den Rechtsanwender, die Nichtigkeit festzustellen, muß mit Kipp in die Norm erst eingelesen werden. Die aktienrechtliche Anfechtbarkeit zeigt demgegenüber schon in der Konzeption des „Gestaltungsklagrechts" beide Seiten. Die Notwendigkeit eines Aktes, welcher die Bedingungen, die die Norm für die Nichtigkeit als Rechtsfolge festlegt, behauptend, damit einen strukturellen Unterschied zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit verneinend, Kelsen, Staatslehre, S. 277; ebenso Bondi, S. 84 ff. Dafür, daß die irrige Gleichsetzung von rechtlichen und tatsächlichen Ebenen heute noch vorkommt vgl. Godin/Wilhelmi, § 241 Anm. 4: Die Rechtslage sei so, als läge gar kein Beschluß vor. 69 Z. B. RG JW 1912, S. 802 Nr. 20; Popp, Unter welchen Voraussetzungen ist ein Beschluß der Generalversammlung nichtig, unwirksam oder anfechtbar ?, S. 38 ff. 70 Abgesehen davon, daß spätestens seit Kipp, FS von Martitz (1911), S. 211 ff. von einer Ausschließlichkeit von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit nicht mehr ausgegangen werden kann. 71 In einem solchen Fall in der Tat RG JW 1912, 802, Nr. 20. Allerdings in einer nur unvollständig referierten Beschwerdeentscheidung. Dagegen Staub, § 273 Anm. 20; zweifelnd Horrwitz, Recht der Generalversammlung, S. 81 Fn 15. 72 Man sollte meinen, daß begriffsjurisprudentielle Irrungen dieser Art der Vergangenheit angehören. In neuester Zeit haben aber LG und OLG Hamburg (ZIP 1990, S. 376 und ZIP 1989, S. 1326, „Texaco/RWE") aufgrund genau dieser Pseudoargumentation entschieden. Das OLG

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Lösung Nr. 2: Man läßt unter Beibehaltung der dogmatischen Grundsätze Feststellungs- und Anfechtungsklage nebeneinander zu. Damit erspart man zwar dem Anfechtungskläger die Klageabweisung, verschafft ihm aber gerade in den besonders gravierenden Fällen der Verletzung seiner mitgliedschaftlichen Position die notwendige Urteilswirkung nicht 73 . Mit anderen Worten, man ignoriert, daß nicht ein Dritter 74 , sondern ein Aktionär klagt 75 . Beide Lösungen lassen das Verständnis dafür vermissen, daß für den Aktionär als solchen bei einem Angriff auf den Beschluß die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO schlechterdings nicht zur Verfügung steht. Man kann eben keinen die Aktionäre „verbindenden" Willen zwischen einem Aktionär und der Gesellschaft feststellen.

hatte im Rahmen eines Prozeßkostenhilfeantrags entschieden, ein Beschluß, der einen in die Zeit vor die Handelsregistereintragung zurückwirkenden Beherrschungsvertrag (ein solcher ist nichtig) bestätige, ginge „ins Leere" und könne daher nicht mit den aktienrechtlichen Klagrechten angefochten werden. Das LG hat diese Argumentation in der Hauptsache fortgeführt und die Klagen abgewiesen, weil ein „gegenstandsloser" Beschluß weder angefochten, noch seine Nichtigkeit festgestellt werden könne. Daß an diesen Entscheidungen hundert Jahre Auseinandersetzung mit der Begriffsjurisprudenz spurlos vorübergegangen sein sollen, ist fast nicht begreiflich. Näher dürfte die Annahme liegen, den Klägern sollte (vor allem in der Hauptsacheentscheidung) trotz ihres begründeten Angriffs die Kostenlast aufgebürdet werden; so auch Timm, ZIP 1990, S. 364 und Lauber-Nöll EWiR §291 AktG 1/90, S. 226. Das gleiche Motiv dürfte für die Kostenentscheidung OLG Hamburg ZIP 1994, S. 1601, „Beiersdorf 4, maßgeblich gewesen sein (vgl. aber auch die zustimmende Anmerkung zur Hauptsache von Bork EWiR § 246 1/94, S. 315, kritisch dagegen Götz, ZIP 1995, S. 1313). Solche Entscheidungen sind skandalös. Entgegen Timm, ZIP 1990, S. 364 Fn 27, ist über sie nicht der Mantel des Vergessens auszubreiten. Zum Aufatmen veranlaßt die Tatsache, daß die Hauptsacheentscheidung des LG mittlerweile in Erinnerung an Kipp aufgehoben ist (OLG Hamburg, ZIP 1990, S. 1071). Zustimmend dazu Krieger EWiR § 291 AktG 1/91, S. 218. 73 Gegen Staub, § 273, Anm. 20, 20a, (anders noch die 13. Auflage § 273 Anm. 19, mit unzutreffendem Hinweis auf RGZ 85, 311). Schwierigkeiten hätte Staub mit dem von ihm verlangten Feststellunginteresse gehabt, hätte er seinen Ansatz vollständig durchdacht. Welches zusätzliche Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO sollte denn der Anfechtungskläger gegenüber dem Interesse qua Mitgliedschaft für den Fall der Umstellung von der Anfechtungs- auf die Nichtigkeitsklage noch haben? Das mitgliedschaftliche Interesse realisiert sich in der Anfechtungsklage. Dringt der Kläger mit dieser nicht durch, so liegt gleichzeitig eine (Negativ)Wertung des Interesses vor. Man könnte sagen, dieses ist damit thematisch verbraucht. Staub (a.a.O, Anm. 19) behilft sich mit dem pauschalen Hinweis auf LG Oppeln, JW 1925, 153, das aber unkritisch mitgliedschaftliches mit Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO gleichsetzt. Etwas anderes könnte allenfalls für eine Nichtigkeitsklage innerhalb der Anfechtungsfrist gelten. Ebenfalls für eine Feststellungsklage Popp, Unter welchen Voraussetzungen ist ein Beschluß der Generalversammlung nichtig, unwirksam oder anfechtbar ?, S. 58. 74

Dem fälschlicherweise ein Feststellungsinteresse unterstellt wird. Allein sprachlich kann Staub, § 273 Anm. 19 die notwendige Differenzierung zwischen der individualrechtlichen Feststellungsklage und einem organisationsrechtlich konzipierten Klagrecht nicht vermeiden. Vgl. die vollmundige Verteidigung der Prinzipien der Feststellungsklage, die ihn über den Begriff der Nichtigkeitsfeststellungsklage zur Nichtigkeitsklage führt, allerdings ohne die notwendigen inhaltlichen Konsequenzen. 75

II. Die historische Entwicklung

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Lösung Nr. 3: Die der Rechtsprechung 76 Die Rechtsprechung mußte dem organisationsrechtiichen Regelungsgegenstand gerecht werden, weil sie andernfalls zu untragbaren Ergebnissen gekommen wäre. Das heißt, sie mußte in den Fällen der Aktionärsklage berücksichtigen, daß es um eine (innenrechtliche) Gestaltung der Regelungsgrundlage „Beschluß" ging, die vor allem zeitlich einzuschränken war. Gleichzeitig stand sie unter dem Druck, nicht mit der individualrechtlichen Dogmatik der Nichtigkeit zu brechen. Man muß sich die gesetzgeberische Diskussion von 1897 und die oben gezeigte Vorstellung von Nichtigkeit ins Gedächtnis rufen. Mit dem Begriff der Nichtigkeit als dauerhafter Nichtgeltung oder gar Nichtexistenz läßt sich die notwendige zeitliche Einschränkung auf keinen Fall vereinbaren. Der Sache nach hat die Rechtsprechung jedem klagenden Aktionär die Beschränkungen der Anfechtungsklage auferlegt, sich mithin um die individualrechtliche Dogmatik nicht gekümmert. Sie hat die Entscheidungen aber mit der aus dieser Nichtigkeitsdogmatik stammenden Begrifflichkeit begründet 77 . Der von der Rechtsprechung gefundene Ausweg aus dem gezeigten Dilemma bestand darin, die außerhalb der Monatsfrist angegriffenen Beschlüsse nicht für nichtig sondern für anfechtbar zu befinden. Die dabei im Gegensatzpaar Anfechtbarkeit und Nichtigkeit entwickelte Ordnung der Beschlußmängel war aber nie ratio decidendi. Weil in Wahrheit danach entschieden wurde, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anfechtungsklage vorlagen, sind dabei System und Grenzen der Beschlußanfechtung aufrecht erhalten worden.

bb) Die Fälle Mit der Hypothese, daß es in den zu entscheidenden Fällen der Aktionärsklage nicht um die Herausbildung einer Ordnung der Beschlußmängel, sondern um den Ausschluß von Gestaltungsklagen außerhalb der Grenzen des § 271 HGB 1897 ging, lassen sich die vom Reichsgericht entschiedenen Fälle in drei Gruppen einteilen: Die meisten Sachverhalte waren die oben als kritisch herausgearbeiteten Fälle: Aktionäre, die aufgrund der Beschränkungen des § 271 HGB 1897 mit der Anfechtungsklage präkludiert waren, klagten auf Feststellung der Nichtigkeit gemäß § 256 ZPO. Die zweite Fallgruppe sind die Fälle, in denen sich, ebenso wie bei der ersten, Aktionär und Gesellschaft gegenüber stehen, allerdings mit dem Unter76 RGZ72, 83; RGZ 75, 243; RGZ91, 316; RGZ 107, 73; RGZ 115, 379; RGZ 118, 67 (=JW 1927, 2982); RGZ 120, 363; RGZ 124, 279; RGZ 131, 141; RG JW 1902, 255; RG JW 1927, 1677; LG Oppeln JW 1925, 153. 77 Die daraus resultierende Einteilung findet sich heute in § 241 Nr. 3 und 4.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

schied, daß der Aktionär hier nicht aufgrund der Beschränkungen des § 271 HGB 1897 präkludiert war, sondern aus anderen Gründen auf die Anfechtungsklage nicht rechnen konnte. Die dritte Gruppe ist dadurch charakterisiert, daß es zwar auch um die Mangelhaftigkeit des Beschlusses ging, aber nicht in der oben beschriebenen Konstellation. Es stand hierbei nicht eine innenrechtliche Gestaltung in Rede, sondern die Wirksamkeit des Beschlusses war im Rahmen einer Inzidenzprüfung zu erörtern. Die Systematisierung und Gegenüberstellung der Beschlüsse in diesen drei Gruppen dient dazu, die ratio decidendi der Entscheidungen freizulegen. Wenn es wirklich um eine Ordnung der Beschlußmängel ging, wie die Entscheidungen nahelegen und Gesetzgeber und zeitgenössische Literatur glaubten, so muß die Frage der Beschlußmängel und ihrer Folgen in allen drei Gruppen konsistent entschieden sein: Allein die Schwere des Mangels dürfte dann für die Feststellung von Anfechtbarkeit einerseits oder Nichtigkeit andererseits maßgeblich sein. Die Fallanalyse wird zeigen, daß die Entscheidungen im Punkt der Beschlußmängelordnung gerade widersprüchlich sind. Die Analyse in den Gruppen zeigt, daß ratio decidendi78 das Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtungsklage gemäß § 271 HGB 1897 war. Zur ersten Gruppe 79: Nur in diesen Fällen hatte das Reichsgericht mit dem oben dargestellten Problem zu kämpfen. Dabei waren die Vorgaben faktisch klar. Eine Feststellung mit inter-partes-Wirkung zwischen Aktionär und Gesellschaft kam nicht in Frage, Gestaltungsklagrechte mußten den Anforderungen der Organisation genügen. Gleichzeitig mußte in Übereinstimmung mit den „allgemeinen Grundsätzen" der Nichtigkeitsdoktrin begründet werden. Die Fälle sollen hier nicht alle im einzelnen dargestellt werden, aber soviel sei gesagt: Das RG hat nie eine Einordnung der Klage als Feststellungsklage im Sinne von § 256 ZPO erwogen. Es hat in diesen Entscheidungen weder ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO geprüft, noch läßt sich den Entscheidungen entnehmen, daß es im Falle eines stattgebenden80 Urteils „gemäß § 256 ZPO" lediglich auf 78

Bei gegebenem Gesetz- oder Statuten verstoß. RGZ 75, 243; RGZ 91, 316; RGZ 113, 153; RGZ 115, 379; RGZ 118, 67; RGZ 124, 379; RGZ 131, 141; RG JW 1902, 255; RG JW 1927, 1677. 80 Das RG hat all diese Klagen mit Ausnahme von RGZ 113, 153 abgewiesen. Letztere Entscheidung läßt sich damit erklären, daß es sich bei dem Beschluß nach Ansicht des RG um einen Eingriff in ein Sonderrecht handelte. Der Beschluß regelte die Höhe der noch ausstehenden Einlageforderungen nach Umstellung auf die Goldbilanz. Es handelt sich dabei um ein schuldrechtliches Verhältnis zwischen Aktionär und Gesellschaft, für das natürlich andere Maßstäbe gelten, vgl. dazu die dritte Gruppe. Zum Begriff und der Unfruchtbarkeit der Sonderrechtsdiskussion vgl. Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 25 ff. Zur Tendenz des RG, in Fällen des Streits um Zahlungen aus bereits festgestellter Dividende Sonderrechtspositionen anzunehmen, RGZ 37, 62; 68, 263; dagegen ohne Verständnis Horrwitz, Recht der Generalversammlung, S. 86. 79

II. Die historische Entwicklung

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Feststellung der Nichtigkeit inter partes erkannt hätte81. Dagegen hat es stets auf den in §§271 ff. HGB 1897 zum Ausdruck kommenden Gedanken der Rechtssicherheit für das Gesellschaftsleben verwiesen 82. Die in diesen Vorschriften festgelegten Beschränkungen im Interesse der Rechtssicherheit sind aber gerade solche, die sich aus der Einordnung als organisationsrechtliche Klage aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Position erklären. Zur Veranschaulichung RGZ 115, 379: Die Aktionäre wurden durch Täuschung zur Feststellung einer die Aktiva unter Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften viel zu niedrig ansetzenden Goldmarkeröffnungsbilanz gebracht. Dies geschah in der Absicht, die Gesellschaft kurze Zeit später der Beklagten einzuverleiben 83. Als die Mehrheit dem Fusionsvertrag zustimmte, war die Frist zur Anfechtung des Feststellungsbeschlusses abgelaufen. Der klägerische Aktionär begehrte Feststellung der Nichtigkeit des Feststellungsbeschlusses84, mit der Begründung, die Hauptversammlung sei getäuscht und es sei gegen ΒilanzierungsVorschriften verstoßen worden. Das RG hat den Sachverhalt so aufgespalten, daß es die Sittenwidrigkeit erst in parte und dann in toto verneinen konnte. Der Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften mache den Beschluß nur anfechtbar und nicht nichtig. Das gleiche gelte für die Täuschung der Aktionäre. Das Reichsgericht hat dabei in gefestigter Rechtsprechung zwischen Beschlüssen, die nach ihrem Inhalt und solchen, die lediglich nach der Art des Zustandekommens mangelhaft sind, differenziert 85. Gleichzeitig hat es auf die Bedeutung der „besonderen Regelung" des § 271 HGB 1897 für das „gesellschaftliche Leben" verwiesen. In der Sache hat das Reichsgericht den Klagen die Beschränkungen der Anfechtungsklage auferlegt. Dazu war es kraft der notwendigen Einordnung der Klage als Klage aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Position gezwungen.

81 Wie läßt sich auch die Nichtigkeit eines den Fusionsvertrag bestätigenden Generalversammlungsbeschlusses zwischen Aktionär und Gesellschaft feststellen? Vgl. RGZ 75, 243; RGZ 115, 379. In all' den Fällen konnte, nach der Einordnung der Klage als Mitgliedschaftsklage, und das ist ganz unabhängig davon, ob auf „Nichtigkeit" oder auf „Nichtigerklärung" geklagt wird, für und gegen den Aktionär nur mit der Wirkung gem. § 273 HGB 1897 erkannt werden. Der Hinweis auf die Wirrsal, die durch eine inter-partes-Entscheidung entstehen würde, ist sicher nicht falsch - so RGZ 85, 311; entscheidend ist aber - gegen RG und Gehrlein, AG 1994, S. 106 - , daß gegen die Mitglieder aus organisationsrechtlicher Notwendigkeit nur einheitlich entschieden werden kann. 82 RGZ 115, 379, 383. 83 Durch Vermögensübernahme unter Ausschluß der Liquidation gemäß § 305 HGB 1897. Zu diesem Vorläufer der Fusion vgl. KK-Kraft, § 339 Rn 9. 84 Eine Möglichkeit, die Mängel der Bilanzfeststellung im Angriff auf den der Fusion zustimmenden Beschluß geltend zu machen, wurde offensichtlich nicht gesehen. Die Zusammenhänge von Prüfung/Bewertung und Verschmelzungsvertrag, wie sie heute in §§ 4 ff. UmwG hergestellt sind, existierten im damaligen Recht nicht. 85 Diese Differenzierung soll hier nicht untersucht werden. Sie erscheint tragfähig.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Dies konnte das RG ohne Bruch mit der Nichtigkeitsdoktrin nicht zugeben, andererseits war eine Einschränkung dieser Klagen unabdingbar. Hieraus erklärt sich der irreführende Schwerpunkt der Begründung auf der Beschlußklassifikation. Die Begründung des Reichsgerichts läßt sich, wie auch in den anderen Fällen, unter dem Gesichtspunkt der Klassifikation der Beschlußmängel kaum nachvollziehen86. Diesen Befund, daß es nicht um eine Beschlußmängelordnung geht, sondern um die Frage, wann der Aktionär eine Rechtsverletzung rügen kann, , bestätigt eine Analyse der zweiten Gruppe der Sachverhalte, die ebenfalls die Wirksamkeit des Beschlusses zwischen Aktionär und Gesellschaft 87 zum Gegenstand haben, ohne daß mit der Anfechtungsklage Präkludierte klagten. Daß es dabei gar nicht um eine Einschränkung „der Nichtigkeit" von Beschlüssen ging, sondern um eine sachgerechte Ausgestaltung der Beschlußanfechtung, zeigen eben die Fälle, in denen eine Einschränkung der Klage nicht angezeigt war, weil die formalen Voraussetzungen der Anfechtungsklage ohnehin vorlagen. Hier konnte das Reichsgericht „ungehemmt" für unwirksam erklären, wie das Beispiel RGZ 107, 73 zeigt: Die „Anfechtungskläger" hatten innerhalb der Frist des § 271 HGB 1897 auf Nichtigkeit des die Kapitalerhöhung und den Bezugsrechtsausschluß festlegenden Beschlusses geklagt. Die Kläger waren zur Geltendmachung der Nichtigkeit deswegen gezwungen, weil die einzelnen Punkte, über die abgestimmt wurde, für sich gesehen gegen aktienrechtliche Normen nicht verstießen. Erst aus einer Gesamtschau ergab sich die Feststellung, daß hier ein Großaktionär auf Kosten der anderen in ungleicher Weise bevorzugt wurde.

86 Schon Staub, § 273 Anm. 16, 17b, bspw. stellt unter dem Gesichtspunkt der Beschlußmängelordnung die Widersrprüchlichkeit der Entscheidungen RGZ 105, 373 und RGZ 107, 73 fest: In der ersten Entscheidung hätte nach Staub wegen der Täuschung mit der Nichtigkeitsdoktrin auf Nichtigkeit des Beschlusses erkannt werden müssen. Das Reichsgericht hat verlangt, daß der Regelverstoß die Beschlußfassung beeinträchtige. In RGZ 107, 73, vgl. dazu unten im Text, ist von einer solchen Einschränkung nichts zu sehen. Ein gutes Beispiel für die ausgesprochen ergebnisorientierte Rechtsprechung ist der Einsatz der Willkürformel bei Überbewertung des Gesellschaftsvermögens, dazu unten im Text und Fn 88. Diese Rechtsprechung hat zu einer ungeheuren Veröffentlichungsflut geführt. Daraus nur Flechtheim, FS Zitelmann, S. 1 ff.; Hueck, Anfechtbarkeit; ders., Sittenwidrigkeit; Dillmann, Zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Generalversammlungsbeschlüssen der Aktiengesellschaft gemäß §§271 ff. HGB nach der neuesten Rechtsprechung; Jacusiel, Gültige und fehlerhafte Generalversammlungsbeschlüsse; Vorbeck, Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft; Popp, Unter welchen Voraussetzungen ist ein Beschluß der Generalversammlung nichtig, unwirksam oder anfechtbar ?. Die unter den Aspekten Anfechtbarkeit und Nichtigkeit vorgenommenen Systematisierungsbestrebungen waren großteils zum Scheitern verurteilt. 87 RGZ 107, 73; 112, 109.

II. Die historische Entwicklung

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Zunächst stellte das RG wie selbstverständlich fest, die „mit der Anfechtungsklage zulässigerweise geltend gemachte Nichtigkeit des Beschlusses" sei vom Berufungsgericht nicht bedenkenfrei verneint worden. Das RG sagte nicht „neben" oder „im Eventualverhältnis" sondern „mit" und erkennt damit eine „Feststellungsklage" mit Gestaltungswirkung gemäß § 273 HGB 1897 an. Sodann stellt es in einer Gesamtschau, in der es insbesondere auf die Art und Weise des Zustandekommens des Beschlusses abhebt, die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I BGB fest - kein Wort mehr davon, daß es auf das Zustandekommen des Beschlusses nicht ankommen soll. Diese Entscheidung steht in eklatantem Widerspruch zur sonstigen Neigung des RG, die Sittenwidrigkeit mit teilweise abenteuerlichen Begründungen 88 zu verneinen, insbesondere dazu, das Zustandekommen des Beschlusses bei der Beurteilung gänzlich außer Betracht zu lassen. Es ist daher unrichtig, wenn behauptet wird 89 , das RG hätte eine Geltendmachung von Nichtigkeitsmängeln mit der Anfechtungsklage aus eigensinniger Doktrin verhindert. Die hierfür von K. Schmidt gezeigten Fälle 90 weisen dies nicht nach. Der besprochene Fall unterscheidet sich von RGZ 115, 379 nicht durch die Schwere des Beschlußmangels: Es lag dabei kein Tatbestand der Nichtigkeit vor, wie ihn die Rechtsprechung entwickelt hatte. Weder standen Vorschriften im öffentlichen Interesse in Rede, noch verstieß der Beschluß inhaltlich gegen die guten Sitten. Der Unterschied liegt im Fristablauf für die Klage in RGZ 115, 379. Nicht mehr in den Bereich der Aktionärsklage gehört die dritte Gruppe. Die Gemeinsamkeit mit den ersten beiden Gruppen besteht aber darin, daß es in allen Fällen scheinbar auf die Einstufung der Beschlußmängel ankam. Wir haben bereits gezeigt, daß dies für die Fälle der Gruppen eins und zwei nicht zutrifft. Obwohl auch in Gruppe drei die Wirksamkeit des Beschlusses zu prüfen war, handelte es sich jeweils nicht um Klagen aus Verletzung mitglied88 Vgl. Fn 86, ähnlich Staub, § 273 Anm 17a. Ein ähnlicher Bruch mit der sonstigen Rechtsprechung läßt sich in RGZ 112, 109 finden. Da gerade diese beiden Entscheidungen sich von der Begründung der „Nichtigkeit" her überhaupt nicht mit der sonstigen Rechtsprechung in Einklang bringen lassen, haben sie in der Literatur besonderes Echo gefunden. Die Bemühungen der zeitgenössischen Literatur, die Entscheidungen widerspruchsfrei zu systematisieren, sind aber gescheitert, vgl. Hueck, Sittenwidrigkeit S. 167 ff., 178; die Kritik bei Staub, § 273 Anm. 17b; Vorbeck, Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft, S. 50, sieht im Vergleich von RGZ 107, 73 und RGZ 115, 379 einen Meinungswechsel des RG; ebenfalls dazu Jacusiel, Gültige und fehlerhafte General Versammlungsbeschlüsse, S. 59. 89

Von Karsten Schmidt, FS Stimpel, S. 226 und dems., Gesellschaftsrecht, § 21 V 2, S. 536. In der angeführten Entscheidung RGZ 75, 239 konnte wegen Fristüberschreitung (2 Jahre) eine Anfechtungsklage gar nicht erhoben werden. RGZ 89, 367 war gerade kein Fall der Anfechtungsklage, sondern es wurde die Wirksamkeit des Beschlusses inzident im Rahmen einer Klage auf Bewilligung der Löschung einer Hypothek geprüft. Richtig dagegen schon Hueck, Sittenwidrigkeit, S. 186. 90

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

schaftlicher Position, sondern um andere Konstellationen, die das Problem einer zeitlich unbeschränkten Geltendmachung der Beschlußunwirksamkeit für und gegen alle Aktionäre nicht bargen 91. Als Beispiel sei RGZ 120, 363 angeführt: Dort klagte der Konkursverwalter der in Konkurs geratenen Gesellschaft gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Aktionär auf Leistung noch ausstehender Einlagen. Der Beklagte hatte in diesem schuldrechtlichen Verhältnis 92 einredeweise nach Ablauf der Frist des §271 HGB 1897 die Nichtigkeit des die Goldmarkeröffnungsbilanz feststellenden Beschlusses und der damit verbundenen Umstellung der Einlageforderungen von Papier- auf Goldmark geltend gemacht, weil die Passiva zu niedrig bewertet worden waren. Dies erschien deshalb unbillig, weil er als Aufsichtsratsvorsitzender die Feststellung der offensichtlich grob unrichtigen Bilanz initiiert hatte. Das Reichsgericht hat dennoch ohne weiteres „die Nichtigkeit" des Beschlusses festgestellt. Die Entscheidung widerspricht der bis dato entwickelten und später fortgesetzten Doktrin zur Wirksamkeit von Beschlüssen zur Bilanzfeststellung. Danach sollte ein solcher Beschluß nur dann nichtig sein, wenn er gar nicht mehr das Ergebnis einer (wenn auch irrenden) kaufmännischen Rechnung, sondern offenbare Willkür darstellte 93. Das zum notwendigen Vergleich zur Verfügung stehende Fallmaterial ist nicht umfangreich. Naturgemäß sind Fälle, in denen Mitglieder den Feststellungsbeschluß wegen Überbewertung des Gesellschaftsvermögens angriffen, selten. In RGZ 72, 83 und (für die GmbH) in RGZ 131, 141 lagen aber solche 91 Auf die gleiche Ebene gehören die Beschwerdeentscheidungen des RG in RGZ 111, 26 und RGZ 148, 175 und die Entscheidung RGZ 114, 202 betreffend den Anspruch des fehlprotokollierenden Notars auf sein Honorar. Sie sind damit für eine Analyse der Frage, wie das Reichsgericht Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen, also Gestaltungsklagrechte, behandelte, ebenso untauglich. A.A. GHEK-Hüffer, § 241, Rn 6, der auch Entscheidungen des Reichsgerichts von vor 1900 und solche des Reichsoberhandelsgerichts anführt; eine Unterscheidung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit gab es damals allerdings nicht, so daß auf den Wortlaut dieser Entscheidungen nicht vertraut werden kann. 92 Die Unterscheidung der Fälle in organsiations- und schuldrechtliche Konstellationen wird auch heute oft nicht recht vollzogen, vgl. Bokelmann, DB 1994, S. 1343, der RGZ 37, 62 als Fall einordnet, in dem das Reichsgericht Anfechtbarkeit und Nichtigkeit des Beschlusses nicht unterschieden und auf den nichtigen Beschluß die Anfechtungsregeln angewandt habe. In der Entscheidung hatte die Generalversammlung über die schon festgestellte Dividende eine zweites Mal beschlossen und damit versucht, den schon bestehenden schuldrechtlichen Anspruch des Aktionärs zu beseitigen. Völlig klar versagte das Reichsgericht dem Beschluß für das schuldrechtliche Verhältnis im Rahmen einer Leistungsklage die Wirksamkeit, ohne daß er angefochten gewesen wäre. Ebenso unrichtig Huber FS Coing, S. 169 f., der einen Fall, in dem das Reichsgericht im Rahmen einer Leitungsklage einen Beschluß für unwirksam hielt, der Auffassung des Gesetzgebers von 1884 entgegenhält, wonach der Beschluß ohne Anfechtung gültig würde. 93 Zur Entwicklung der Willkürformel Staub, § 260 b Anm. 11 ff.

II. Die historische Entwicklung

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Konstellationen vor. In beiden Fällen hat es das Reichsgericht abgelehnt, die Beschlüsse als nichtig anzusehen. Dabei war auch in diesen Fällen eine vorsätzliche Fehlbewertung erfolgt: In RGZ 72, 83 ging es darum, den vom Bilanzgewinn abhängigen Kaufpreis eines Betriebsteils in die Höhe zu treiben, in RGZ 131, 141 wurden im Betrieb entwickelte Patente aktiviert 94 , um dubiose Vorstandsgeschäfte zu verschleiern. Das RG hat die Willkürformel dazu benutzt, solche Fälle „flexibel" zu entscheiden. Hieraus ist wiederum ersichtlich, daß die Charakterisierung des Beschlußmangels nicht ratio decidendi in den Fällen der Gestaltungsklagen war. An den Fällen der Überbewertung des Gesellschaftsvermögens läßt sich weiter zeigen, daß der Beschluß in Wahrheit für die Gläubiger der Gesellschaft ohne jede Bedeutung ist. Dies zeigt zunächst die Anwendung der Willkürformel, die vom RG für die Unterbewertung des Gesellschaftsvermögens entwikkelt wurde, auf die Überbewertung desselben: Ginge es dabei wirklich um die Gläubiger, so verdienten diese ohne Zweifel den Schutz auch unterhalb der Willkürgrenze 95 . In Wahrheit geht es gar nicht um den Schutz Dritter 96 . Die Gläubigergefährdung, die dadurch entsteht, daß die Gesellschaft ein falsches Bild von ihrer Vermögenslage zeichnet, wird durch eine Beseitigung des Beschlusses nicht vermindert. 97 Die Sicherung der Gläubiger wird nicht über eine Beschlußkontrolle, sondern über die Kapitalerhaltungsvorschriften gewährleistet. Die Nichtigkeit des Beschlusses ist für die Gläubiger keine auch nur irgendwie nützliche Rechtsfolge. Zusammenfassend läßt sich feststellen: Das RG ließ ganz selbstverständlich neben der Anfechtungsklage Klagen auf „Geltendmachung der Nichtigkeit" mit der Urteilswirkung des § 273 HGB 1897 für und gegen alle Aktionäre und die Gesellschaft zu (Fallgruppe 2). Damit wurde das Instrument, welches der Gesetzgeber von 1937 „Nichtigkeitsklage" nannte, schon von ihr geschaffen. Dieser Klage wurden tatsächlich die formalen Beschränkungen der Anfechtungsklage auferlegt (Fallgruppe l ) 9 8 . Damit zeigte die Rechtsprechung, daß es auf die Klassifikation der Beschlußmängel in den Fällen der Aktionärsklage gar nicht ankam. Nur als Begleiterscheinung tauchten Konkretisierungen der Ordnung von Generalversammlungsbeschlüssen auf. 94

Vgl. die kritische Anmerkung von R. Fischer, JW 1931, S. 2976. Vgl. Staub, § 260 b Anm. 6, Beschlüsse, die gegen das Verbot der Überbewertung verstießen, seien ohne weiteres nichtig. Ebenso Hueck, Anfechtbarkeit, S. 9 f. 96 A.A. die in der Vornote genannten. 97 Ebenso GK-Schmidt, § 241 Rn 59, die verletzte Vorschrift müsse auch die Nichtigkeit des Beschlusses gebieten. 98 Ohne daß dies vom RG deutlich gemacht wurde. Vielmehr wurde mit dem Begriffspaar „Nichtigkeit" und „Anfechtbarkeit" ein Scheingefecht geliefert. 95

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Die an diesem Punkt einschränkend einsetzende Rechtsprechung kann man also nicht verstehen, wenn man sie als einen Beitrag zur Einordnung von Beschlüssen in die Kategorien von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit begreift, wobei dahinstehen soll, ob sie einen Beitrag hierzu geleistet hat. Um diese Rechtsprechung zu verstehen, muß der Blick von der Einordnung in die Kategorien von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit auf den Rechtsgegenstand gelenkt werden: Die Lösung der Rechtsprechung läßt sich widerspruchsfrei" nur nachvollziehen, wenn man sich vom zwar vom RG provozierten, aber eben dennoch nur scheinbaren tertium comparationis „Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit" löst und die Fälle vom tertium comparationis der Voraussetzungen der mitgliedschaftlichen Klage vergleicht. Mit anderen Worten, es stellt sich nicht die Frage nach der Ordnung der Beschlußmängel, sondern die nach dem Vorliegen der Voraussetzungen der Aktionärsklage. Es wird dann deutlich, daß diese Frage vom Reichsgericht unter Zugrundelegung der organisationsrechtlichen Regelung der Anfechtungsklage des HGB 1897 beantwortet wurde, ohne daß es dabei auf eine Kategorisierung der Mängel des Beschlusses ankam. Betrachtet man die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der gesetzgeberischen Diskussion des HGB 1897, auf dessen Grundlage das RG entschieden hat, so zeigt sich ein eigentümliches Bild. Der Gesetzgeber wollte gegenüber der Beschlußanfechtung ein weiteres Feld der Unwirksamkeit von Beschlüssen annehmen. Geregelt hatte er dieses nur deshalb nicht, weil er die Ungültigkeit der von ihm ins Auge gefaßten Beschlüsse ohne weiteres als gegeben ansah. Die Rechtsprechung hat die dogmatische Diskussion von 1897 in den Vordergrund gerückt. Sie hat aber demgegenüber dieGeltendmachung von Beschlußmängeln stark beschränkt. Dies zeigt, daß es bei der gesetzgeberischen Diskussion und den Fällen der Rechtsprechung um unterschiedliche Dinge ging: Die Beschlußmängel, an die der Gesetzgeber dachte, nämlich solche, die gegen die Rechtsform verstießen, waren - obwohl sie per se ungültig, also nichtig sein sollten - nie Gegenstand dieser Rechtsprechung 100, die sich doch äußerlich so intensiv mit der Abgrenzung der Nichtigkeit befaßt hat 101 . Diese Rechtsprechung hat hingegen eine Nichtigkeitsbegrifflichkeit aufgebracht in Fällen, in denen es nur darum ging, ob das Mitglied gegen die Verletzung seiner Position klagen konnte. Daß diese Rechtsprechung zum Anschein einer objektiven Beschlußmängelordnung im

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Zu den vergeblichen zeitgenössischen Systematisierungsversuchen vgl. oben Fn 86 und

Fn 88. 100 Unrichtig Huber, FS Coing, S. 171, die Rechtsprechung habe von diesem Ausgangspunkt die Nichtigkeitsgründe entwickelt; ebenso unrichtig Geßler, ZGR 1980, S. 430, das Nebeneinander von anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen im HGB 1897 hätte zu Schwierigkeiten geführt. 101 Charakteristisch für die Analyse dieses historischen Abschnitts ist die Auffassung von GKSchilling, 2. Auflage, § 195 Anm. 1, es hätte sich gezeigt, daß man lediglich mit der Figur der Anfechtbarkeit nicht ausgekommen wäre.

II. Die historische Entwicklung

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Gesetz führte, beruht auf der von ihr zu vertretenden Mißverständlichkeit der Gründe. Ungeachtet der entwickelten Ordnung der Beschlußmängel - deren Tragfähigkeit hier nicht zu untersuchen ist - bleibt es aber für den Aktionär dabei, daß er eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Position rügt 102 . Die institutionelle Seite der Aktionärsanfechtungsklage besteht damit nur darin, daß man den Anfechtenden als Teil der Organisation, eben als Mitglied, ins Auge fassen muß. Darüber hinaus ist eine institutionelle Seite des Anfechtungsrechts nicht anzuerkennen. Es ist also vor allem der Anfechtungsklage keine Legalitätskontrolle im öffentlichen oder Gläubigerinteresse zu unterstellen.

c) Die gesetzlichen Bestimmungen im Lichte der Rechtsprechung Vor diesem Hintergrund ist die Festschreibung der Rechtsprechung im AktG 1937 zu sehen. Es wurden nunmehr die Unwirksamkeitsgründe 103 in einem eigenen Abschnitt vorangestellt und daran anschließend die Modalitäten von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage geregelt. Die amtliche Begründung wiederholt noch einmal den oben gezeigten Fehlschluß 104 von der angeblich außerhalb der Grenzen der Anfechtungsklage per Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machenden Nichtigkeit. Aus diesem Grunde würde der Entwurf die Nichtigkeit einschränken 105. Demgegenüber ist festzustellen, daß das Gesetz die Beschlußanfechtung insoweit erweitert hat, als es für„nichtige" Beschlüsse erheblich längere Klagefristen 106 vorsah (§ 196 AktG 1937). Nach der Begründung zu §§ 201, 202 AktG 1937 „dehnt (§201) einige Vorschriften über die Anfechtungsklage auf die neu eingeführte Nichtigkeitsklage aus." 107 Richtig ist, daß die Rechtsprechung die Nichtigkeitsklage schon lange entwickelt hatte. 102 Ohne Grundlage ist die Auffassung von Roth, FS Henckel, S. 711, die § 245 Nr. 1-3 wüßten nichts von einer materiellen Berechtigung; mit einer „nachdrücklichen Abkehr" vom Aktionendenken läßt sich die Abkehr von der Geltendmachung eigener Rechte hin zur Wahrung objektiven Rechts nicht begründen. Mit geltendem Recht hat dies gleichfalls nichts zu tun. 103 Zur Gesetzgebungsgeschichte im Zusammenhang mit der Normierung der Nichtigkeitsgründe ausführlich Huber, FS Coing, S. 173 ff. 1()4 Der sich heute infolgedessen fortsetzt, vgl. nur Wallenhorst, Schranken, S. 39 f. 105 Amtliche Begründung bei Klausing, Aktiengesetz, S. 171 f. 106 Unter dem Titel „Heilung". Die „Nichtigkeit" könne nicht mehr „geltend" gemacht werden, wie das Gesetz verschämt, aber durchaus zutreffend sagt. 107 Bei Klausing, Aktiengesetz, S. 179. Die Nichtigkeitsklage war auch schon im Entwurf von 1931 geregelt (§ 142). Eine ausdrückliche Beschränkung auf die Anfechtungsbefugten war dort allerdings nicht vorgesehen. M.E. war das den Entwurfsverfassern so selbstverständlich, daß sie es nicht für festschreibungswürdig hielten. Aus der Begründung, Schubert/Hommelhoff, Aktien-

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Die als Begleiterscheinung gefundenen Nichtigkeitsgründe fanden ihren Niederschlag in § 195 AktG 1937 108 . Auf den Gesetzgeber geht lediglich die Erweiterung der Nichtigkeitsklage in § 196 AktG 1937 = § 242 AktG 1965 zurück. Im übrigen lehnt sich der Entwurf nach eigenen Angaben stark an die Rechtsprechung der vorgehenden Zeit an 109 . Läßt sich damit die positive Regelung von 1937 als Abbildung der vorangegangenen Judikatur nachweisen, so ist diese Regelung auch aus den Erkenntnissen über diese Judikatur heraus auszulegen. Diese sind oben dargelegt worden.

4. Das Aktiengesetz von 1965

Der Gesetzgeber von 1965 hat ausweislich der Materialien an den Kerngedanken der Regelung nichts geändert, sich dazu naturgemäß auch nicht geäußert. Die Begründung 110 beschränkt sich in den hier relevanten Punkten darauf, die Erleichterungen 111 gegenüber dem Aktiengesetz von 1937 zu erläutern. Zusammenfassend läßt sich damit feststellen: Anlaß für die Gewährung des Anfechtungsrechts ist die Erkenntnis, daß der rechtswidrige Beschluß die mitgliedschaftliche Position des Aktionärs beeinträchtigt. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagrecht sind also dem Aktionär zum Schutz vor der Verletzung seiner mitgliedschaftlichen Stellung durch den rechtswidrigen Beschluß verliehene Gestaltungsklagrechte. Der Schutz beschränkt sich damit auf innerkorporative Interessen an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses. Gesetzeszweck ist demnach weder die Durchsetzung privater Interessen des Aktionärs, noch die von Drittinteressen. Ebenfalls nicht Gesetzeszweck ist die Durchsetzung öffentlichen Interesses an rechtmäßigem Verbandshandeln.

rechtsreform, S. 918 ff., läßt sich dies jedoch nicht zweifelsfrei feststellen. Aus den Verweisungen des § 142 e contrario läßt sich auf das Gegenteil jedenfalls auch nicht schließen. 108 Fraglich ist, welche Wertung dem § 195 AktG 1937 = § 241 AktG 1965 zugrunde liegt und ob diese sinnvoll ist. Kritisch Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn 106. 109 Amtliche Begründung bei Klausing, Aktiengesetz, S. 171 f., 174; der Zusammenhang wird auch heute noch gesehen, vgl. Würdinger, Aktienrecht, S. 148; Huber FS Coing, S. 173 ff. 110 Bundestagsdrucksache IV/171, Begründung zum 7.Teil, S. 200 ff. 111 Wegfall der Möglichkeit, dem klagenden Aktionär Sicherheitsleistung aufzuerlegen (so noch § 199 IV AktG 1937); Einführung der Streitwertspaltung in § 237; Wegfall der Schadensersatzpflicht für erfolglose Klagen bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (so noch § 200 II AktG 1937).

. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

47

I I I . Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung nur interner Beschlußwirkungen, die einen Eingriff in die mitgliedschaftliche Position darstellen Das in der Betrachtung der historischen Entwicklung gefundene Ergebnis, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagrechte seien nur um der innerkorporativen Interessenträger willen zu begründen, setzt sich in Opposition zu den zum Anfechtungsrecht vertretenen Auffassungen. Dies gilt zum einen für die Auffassung, die das Anfechtungsrecht (zumindest auch) als Kontrollrecht ansieht und damit in engen Zusammenhang mit der Kategorisierung von Beschlußmängeln bringt. Dies ist die Auffassung vom (auch) institutionellen Charakter des Anfechtungsrechts. Demgegenüber ist festzustellen: Das heutige Aktienrechtssystem bestätigt den historischen Befund. Der Beschluß wirkt nur nach innen. Soweit das Außenverhältnis überhaupt angesprochen ist 1 1 2 , läßt sich von Beschlußwirkungen nicht sprechen. Die Klagrechte gegen den mangelhaften Beschluß dienen demgemäß unabhängig von einer Klassifikation der Beschlußmängel ausschließlich innerkorporativen Interessen, während die Legalitätskontrolle ganz anders gewährleistet wird (1.). Das Ergebnis der historischen Auslegung ist auch in einem weiteren Punkt aufrecht zu erhalten. Der Grund für die Gewährung der Anfechtungsklage liegt allein in der Position des Aktionärs: Durch den rechtswidrigen Beschluß ist die mitgliedschaftliche Position verletzt (2.).

1. Die mangelnde Drittwirkung des Beschlusses und die Folgen von Beschlußmängeln unabhängig von der Anfechtung als Beleg für die Fehlerhaftigkeit der Auffassung vom institutionellen Charakter des Anfechtungsrechts

Die Führung des Nachweises, daß die Anfechtungsklage auch im heutigen Aktienrechtssystem keinen „institutionellen" Charakter hat, muß über eine Untersuchung des Hauptversammlungsbeschlusses erfolgen. Seine Beseitigung ist ja das Ziel der Anfechtungsklage. Über die rechtliche Einordnung des Beschlusses besteht heute 113 weitgehend Einigkeit. Er wird als Technik der kollektiven Willensbildung angesehen114.

112 113

Was bei nicht allen Maßnahmen der Fall ist, vgl. die Entlastung, § 120. Zu früheren Qualifikationen, z.B. als Willenserklärung, vgl. Horrwitz, Recht der General-

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Anm 9

48

Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Man sagt, die Mitglieder bilden den Willen für die juristische Person 115. Damit wird der Beschluß als Akt und Ergebnis gedacht, ohne daß dadurch seine „Natur" gekennzeichnet würde. Ein Streit hierüber wurde früher mit der Frage geführt, ob der Beschluß „Rechtsgeschäft" oder „Sozialakt" sei 116 . Der Streit um diese Begriffe ist nicht wieder aufzunehmen, zumal der Begriff „Sozialakt" terminologische Qualität nicht entfaltet und daher nicht in Widerspruch zu Rechtsgeschäft zu setzen ist 117 . Der Beschluß ist als organisationsrechtlicher Akt zu begreifen. Weil er ein Akt ist, zu dem Willenserklärungen gehören und an den das Gesetz Rechtsfolgen knüpft, ist er Rechtsgeschäft. Der Beschluß ist aber kein Vertragsschluß, weil die Willenserklärungen sich nicht gegenüberstehen und damit auch nicht korrespondieren 118. Die Willenserklärungen sind auf die Bildung des Willens für die juristische Person gerichtet 119 . Die Charakterisierung zeigt, daß der Beschluß ein auf den Kreis der Aktionäre und der Gesellschaft beschränkter Akt ist. Demgegenüber werden aber, wenn es um den Zweck der Anfechtungsklage geht, rechtlich geschützte Interessen eines sehr viel weiteren Kreises von Interessenträgern gesehen120. Allge-

114 Stellv. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 353 ff. m.w.N.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 III, 1,S. 176. 115 Flume, I 2, § 7 II, S. 201 ff. 116 Dazu ausführlich Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 III 1, S. 178 f.; Karsten Schmidt, AG 1977, S. 205 ff. 117 Wirkliche Bedeutung kam ihm natürlich noch nie zu; ebenso Karsten Schmidt, AG 1977, S. 205; Noack, Beschlüsse, S. 16; überschätzt werden dabei die Entscheidungen RGZ 122, 367 und BGHZ 52, 316 einerseits und BGHZ 65, 193 andererseits. Dabei ging es nie tragend um die Frage, ob der Beschluß „Sozialakt" oder „Rechtsgeschäft" sei, sondern um die Anwendung von § 125 S. 2 BGB (RGZ 122, 367) und § 181 BGB (BGHZ 52, 316; 65, 193); ebenso Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II 1, S. 161, ausdrücklich § 3 III 1, S. 178. Dabei hat das Reichsgericht lapidar und ohne Begründung den Rechtsgeschäftscharakter des Hauptversammlungsbeschlusses verneint, um § 125 S. 2 BGB nicht anwenden zu müssen. Der BGH hat entgegen anderslautenden Literaturstimmen, vgl. für alle GHEK-Hüffer, § 133 Rn 5, nicht Rechtsgeschäft und Sozialakt in Widerspruch gesetzt, sondern sowohl in BGHZ 52, 316 als auch in BGHZ 65, 193 die Wirksamkeit von Beschlüssen wertungsjurisprudentiell begründet (BGHZ 52, 316, 318 versucht mit der Betonung des organisationsrechtlichen Charakters die Unanwendbarkeit des § 181 BGB zu begründen. Dazu kritisch Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 70 ff., S. 72 f.). In der neueren Literatur zieht denn auch niemand mehr aus der Begrifflichkeit Schlüsse, vgl. Lutter, FS Quack, S. 301, 304; Scholz-K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn 18 ff., ebensowenig Semler in Münchener Handbuch, AG § 39 Rn 1. 118 Anders, aber unrichtig, auf das Mehrheitsprinzip zur Unterscheidung abstellend, GHEKHüffer, § 241 Rn 7. Der Beschluß wird auch nicht zum Vertrag, wenn das Konsensprinzip als Entscheidungsregel eingeführt wird. 119 Flume I, 2, § 7 II, S. 201 ff. 120 Grundlegend Zöllner, Schranken, S. 17 ff.; Hüffer, AktG, §243 Rn 56; ders. in GHEK, §241 Rn 46 ff. und §243 Rn 131; KK-Zöllner, §243 Rn 38; Lutter, NJW 1969, S. 1873 ff.; Teichmann, JuS 1990, S. 270 f.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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mein wird dem anfechtenden Aktionär die Wahrung mehr als (s)eines Interesses angesonnen121. Die obige Charakterisierung zeigt weiter, daß der Aktionär hinsichtlich des Beschlusses „Beteiligter" ist. Nichtsdestotrotz wird ihm von den Vertretern der institutionellen Auffassung auch die Kontrolle der Einhaltung der die Rechtsform wahrenden Normativbestimmungen angetragen 122. Der Aktionär wird somit als Instrument der Legalitätskontrolle angesehen123. Beiden Vorstellungen dieser institutionellen Auffassung ist entgegenzutreten. Solche Aussagen mögen aus einer soziologischen Perspektive zutreffend sein, vermögen aber die Berechtigung des Aktionärs nicht zu begründen. Die Begründung des Anfechtungsrechts als Instrument zur Wahrung anderer Interessen als der des Aktionärs ließe sich nur aus zwei Aspekten hervorbringen: Erstens, der Aktionär wahre eine gegenüber der Gesellschaft geschützte Rechtsposition eines anderen durch die Anfechtung des rechtswidrigen Beschlusses. Eine solche Auffassung würde aber voraussetzen, daß die Gesellschaft mit dem Beschluß oder wenigstens mit der im Beschluß intendierten Maßnahme die Rechtsposition des Dritten erreichen könnte. Dies ist nicht der Fall (a). Zweitens, der Aktionär sei zum Wahrer einer objektiv-rechtlichen Ordnung des Aktienunternehmens bestellt. Auch das ist nicht richtig. Soweit das Gesetz die objektiv-rechtliche Aktienverfassung gewahrt sehen will, entbehren entgegenstehende Beschlüsse ohne weiteres der Wirksamkeit. Die Anfechtungsklage gehorcht dagegen einer ganz anderen Systematik. Zur Kontrolle der Rechtsform ist der Registerrichter berufen (b).

121 Boujong, FS Kellermann, S. 5 f.; Lutter, ZGR 1978, S. 350; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 26 f.; Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 53; ders., BB 1994, S. 1343; Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 16; Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 235 ff.; implizit Mertens, AG 1990, S. 49 ff., 55; Meyer-Landrut, FS Schilling, 1973, S. 241; Hirte, BB 1988, S. 1470; Brondics, Aktionärsklage, S. 70. Man sagt, der Anfechtungskläger wahre mit seiner Klage auch öffentliche und Gläubigerinteressen und bezeichnet dies als die institutionelle Seite des Rechts. 122 Lutter, NJW 1969, S. 1878; ders., ZGR 1978 S. 249 ff.; Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 141 ff.; ausdrücklich Bokelmann, DB 1994, S. 1343; ebenso Boujong, FS Kellermann, S. 6 ff. 123 Wardenbach, ZGR 1992, S. 563; GHEK-Hüffer, §245 Rn50f. Dagegen Wallenhorst, Schranken, S. 73, allerdings nur mit einer Aneinanderreihung der möglichen Gefahren einer solchen Einordnung, ohne dogmatische Fundierung.

4 Slabschi

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

a) Die nur internen Wirkungen des Beschlusses als Nachweis des Fehlens einer rechtlich geschützten Position Dritter im Hinblick auf Beschluß und Maßnahme

aa) Interne Wirkungen Es ist für unsere Zwecke nicht erforderlich, die Beschlußwirkungen im Innenverhältnis nach Regelungsgegenständen zu systematisieren. Beschlüsse unterscheiden sich zwar in ihrer Wirkung nach dem Regelungsgegenstand. So bewirkt der Beschluß über eine Satzungsänderung, daß der Vorstand gemäß §181 I 1 verpflichtet ist, die Satzungsänderung zur Eintragung anzumelden. Der Entlastungsbeschluß bewirkt gemäß § 120 I I 1 die Billigung der Verwaltung. Ein Beschluß über eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen verpflichtet den Vorstand und den Vorsitzenden des Aufsichtsrates zur Anmeldung zur Eintragung (§ 184 I S. 1) und zu umfangreichen Durchführungsmaßnahmen. Es handelt sich dabei nicht um eine schuldrechtliche Verpflichtung der Organe gegenüber der Gesellschaft, sie besteht nicht in einem korrespondierenden, auf Austausch gerichteten Rechte- und Pflichtengefüge, sondern ist Verpflichtung zur Verwirklichung für die Organisation 124. Von diesen speziellen Wirkungen kann man abstrahieren. Es ist allen Beschlüssen gemeinsam, daß in ihnen geregelt ist, wie das Verbandsleben weitergehen soll. Müller-Erzbach hat diese Wirkung des Beschlusses für die Mitglieder dahingehend charakterisiert, daß diese hierin zu einer Einheit verschmolzen werden 125 . Schon die Amtliche Begründung zur Aktienrechtsnovelle von 1884 meinte, die Aktionäre müßten einen fehlerhaften Beschluß nicht als einen „sie verbindenden Willen der Gesellschaft" 126 gelten lassen. Diese Vorstellungen überzeugen, weil sie die integrative Wirkung des Beschlusses richtig erfassen. Die Geltung ist dabei für alle Aktionäre gleich, selbst wenn die mit der Regelung intendierte Maßnahme nur eine Aktiengattung betreffen sollte. Es ist mit der gleichen Verbindung nicht die Gleichheit als Adressat der Maßnahme gemeint, sondern nur die Tatsache, daß die Regelung für alle Mitglieder mit eben diesem Inhalt als Wille der juristischen Person gelten soll. Die Formulierung Müller-Erzbachs, die Aktionäre seien dadurch „verschmolzen", erweist sich deshalb als zutreffend. Zu belegen ist dies beispielsweise mit § 179 III, der sich nicht darauf beschränkt, die Aktionäre, deren Aktiengattungen von der Änderung des Verhältnisses nachteilig betroffen sind, hierüber beschließen zu lassen, sondern deren Beschluß als Wirksamkeitsvoraussetzung des von allen,

124

Ebenso Zöllner, ZGR 1988, S. 423 f, 430. Mitgliedschaft, S. 129 f. (für den Beschluß), S. 162 (für die Wirkung des den Beschluß kassierenden Urteils). 126 Amtliche Begründung, § 13, bei Schubert/Hommelhoff, S. 467. 125

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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also auch von den von der Änderung hinsichtlich ihrer Aktiengattung gar nicht erfaßten Mitgliedern zu fassenden Beschlusses ansieht. Es sind mit der Beschlußwirkung die Rechte und Pflichten der Mitglieder und die Organisation angesprochen. Jeder Beschluß hat somit organisationsrechtlichen Charakter. Von der Regelung des Beschlusses läßt sich weiter seine Bindungswirkung scheiden. Mit Bindung ist gegenüber der Regelung die Tatsache bezeichnet, daß die Mitglieder und Organe sich grundsätzlich anders als durch Beschluß nicht hiervon lösen können. Damit ist noch kein Zusammenhang zwischen Regelung und Bindung gekennzeichnet. Bindung hat nichts damit zu tun, welcher Natur die Regelung ist, insbesondere erfordert sie nicht eine schuldrechtliche Natur der Regelung. Die Bindung ist notwendige Bedingung für die oben beschriebene einheitliche Geltung. Zu unterscheiden ist außerdem die Wirkung des Beschlusses von den Wirkungen der mit dem Beschluß geregelten Maßnahme127. Der Beschluß hat nicht etwa schon die Wirkungen der Maßnahme128.

bb) Die fehlende Rechtswirkung von Beschluß und Maßnahme gegenüber Dritten Wie zu sehen war, konnte nach innen zu Recht von Wirkungen des Beschlusses gesprochen werden. Mit einer solchen Annahme ist nach außen vorsichtig umzugehen.

127

Diese Differenzierung ist nicht gleichzusetzen mit einer schon in der älteren Literatur herausgearbeiteten. Dort sind als Kategorien, in denen das Handeln der Gesellschaft gedacht werden kann, die der Willensbildung und der Willensausführung erkannt worden, so vor allem Otto v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 693 ff. In diesen Kategorien ist der Beschluß grundsätzlich der Willensbildung zuzuordnen. Diesen Kategorien lassen sich Organhandlungen nicht rein zuordnen (so schon v. Gierke selbst, ebenda, allerdings ohne überzeugende Beispielsführung: So macht die Tatsache, daß die Stimmabgabe als Willenserklärung zu qualifizieren ist, den Beschluß nicht deshalb zu einem Teil willensausführend, noch hindert eine Willensbildung des ausführenden Organs die Qualifikation der Ausführung als solcher). Es ist weiter so, daß sich auch die Bemühungen des Vorstandes beispielsweise um die Eintragung als Ausführung qualifizieren lassen müßten, ohne daß es sich dabei schon um den Bereich der Ausführungen der Maßnahme handeln würde. Es wären also zwei verschiedene Bereiche der Ausführung zugrundezulegen, weswegen diese Unterscheidung hier nicht sinnvoll ist. 128 Ganz unzutreffend ist daher die Frage von Baums, Eintragung, S. 21, ob die Eintragung voraussetze, daß „der satzungsändernde Beschluß wirksam, die Satzung also geändert ist".

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

(1) Die Rechts Wirkung als Veränderung einer Rechtsposition Rechtswirkungen hat Handeln nach der Terminologie des Gesetzes, wenn es eine rechtliche Position verändert: So kann die Verfügung des Nichtberechtigten gegenüber dem Berechtigten wirksam sein, § 816 I S. 1 BGB. Ebenso wirkt die Erklärung des Vertreters für und gegen den Vertretenen, wenn die Voraussetzungen des § 164 I S. 1 BGB vorliegen. Keinen Sinn macht es aber, zu sagen, die Bestellung zum Vertreter wirke gegenüber Dritten. Die Vertreterstellung bewirkt zunächst nichts anderes, als die Einräumung einer Machtposition für den Vertreter. Sie gilt dem Dritten gegenüber nicht in diesem Sinne, weil seine Position damit noch gar nicht angesprochen ist. Auch im Vertretergeschäft wirkt nicht etwa die Einräumung der Vertretungsmacht für ihn. Wirksam ist für ihn das im Vertretergeschäft Gesetzte. Mit anderen Worten: Die Normsetzung findet inter partes statt, mit der Folge, daß auch die Norm nur inter partes gilt, d.h. wirksam ist. Das Gesetz spricht deshalb hier auch - entgegen manch' fehlsamer Überschrift 129 - nicht von der Wirkung, sondern von der Vertretungsmacht, die Potenz und nicht Wirkung ist. Man kann dieser Wirksamkeit als Veränderung einer Rechtsposition das Hinnehmenmüssen gegenüberstellen. Die Teilnehmer am Rechtsverkehr müssen beispielsweise die Gestalt einer so und nicht anders verfaßten juristischen Person hinnehmen. Obwohl man sagen könnte, sie müssen sie gelten lassen, ist damit doch nicht das gleiche gemeint wie mit der Geltung der Norm als Rechtswirkung. Ein solches Hinnehmenmüssen verändert die Rechtsposition des Teilnehmers nicht. Der gleiche Befund kehrt auf der Seite des kassierten Beschlusses wieder. Es kann die Gestaltungswirkung 130 des Urteils nicht weiter reichen als die Wirkung des kassierten Rechtsgeschäftes 131. Daher wirkt eine Nichtigerklärung des Beschlusses per se nicht gegen Dritte 132 , von einer inter omnes-Wirkung des gestaltenden Urteils 133 ist also nicht zu reden. Entgegenstehende Auffassungen vollziehen die oben getroffene Unterscheidung zwischen Hinnehmenmüssen und Wirkung nicht 134 . Die Auffassung von der Gestaltungswirkung des Anfechtungsurteils gegen jedermann ist für den Hauptversammlungsbeschluß dezidiert zuerst von Flecht129

Vgl. Schönfelder, §§ 170, 171 BGB. Nicht zu verwechseln mit der materiellen Rechtskraft, vgl. GHEK-Hüffer, § 248 Rn 5 ff; Stein-Jonas-Leipold, ZPO, § 325 Rn 7 f. jeweils m.w.N.; Rosenberg/Schwab, § 95, S. 563. 131 Nikiisch, Bindung, S. 90; ebenso schon Flechtheim, FS Zitelmann, S. 10 ff. m.w.N. 132 Gegen Thöni, GesRZ 1994, S. 55. 133 So aber die ganz h.M., Hüffer, AktG, § 248 Rn 5; KK-Zöllner, § 248 Rn 13; Arens, Streitgegenstand, S. 40; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 160. 134 Ebenso und zutreffend schon Nikiisch, Bindung, S. 90 ff., der zwischen Gestaltungswirkung und Anerkennenmüssen differenziert. Nur polemisch dagegen Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 162 f. Man mag diese Differenzierung als Spielerei bezeichnen, wenn es um prozeßrechtliche Erkenntnisse geht. Führt aber die prozeßrechtliche Doktrin zu falschen Rückschlüssen auf das materielle Recht, so ist die Differenzierung angebracht; wie Schlosser, Thöni, GesRZ 1994, S. 56. 130

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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heim 135 vertreten worden. Ausgehend von dem ganz richtigen Gedanken, daß die Wirkungen des Urteils nur so weit reichen können wie die des privaten Rechtsgeschäftes 136, folgt der Denkfehler in der Gegenüberstellung der damals gerade entdeckten Gestaltungswirkung als Veränderung der materiellen Rechtslage einerseits und der Rechtskraftwirkung im Zweiparteienprozeß andererseits. In dieser Gegenüberstellung wird - über das Ziel hinausschießend aus der Möglichkeit der weiterreichenden Wirkung der Gestaltung gegenüber der Rechtskraft eine Gestaltungswirkung gegen jedermann. Als Beispiel wird die Auflösung der Handelsgesellschaft durch Rechtsgeschäft und durch Richterspruch gegenübergestellt: „Insofern ist es ein allerdings selbstverständlicher und zweifellos richtiger Satz, daß das konstitutive Urteil auch für und gegen jeden Dritten gilt" 1 3 7 . Die Grenzen der Wirkung werden sodann von Flechtheim zu Unrecht nur gegenüber der rückwirkenden Vernichtung gezogen, weil diese die Kraft des Privatrechtsgeschäfts übersteige 138. Es dürfte aber nicht zweifelhaft sein, daß die Grenzen des privaten Rechtsgeschäftes und damit auch des Beschlusses sehr viel enger zu ziehen sind. Damit ist festzuhalten, daß auch die Gestaltungswirkung des Urteils nicht weiter reicht als die Rechts Wirkung des Rechtsgeschäfts. Der Test für das Vorliegen von Rechtswirkungen eines Rechtsgeschäfts ist die Veränderung einer Rechtsposition. Der Frage, ob solche Veränderungen festzustellen sind, soll für einige ausgesuchte Beschlüsse nachgegangen werden.

(2) Die fehlende Rechtswirkung des Beschlusses nach außen Zieht man zur Untersuchung der Rechtswirkungen des Beschlusses nach außen die Literatur hinzu, so finden sich keine völlig klaren Konzepte. An einer Untersuchung der Beschlußwirkungen, die auf einen festen Begriff der Rechtswirkung gründet, fehlt es. Zumeist werden die Beschlußwirkungen mehr oder weniger explizit in anderem Zusammenhang erörtert. Obwohl dies selten so deutlich ausgesprochen wird wie bei Hueck 139 , wird doch angenommen, daß der Beschluß Rechtswirkungen für Dritte haben könn-

135

FS Zitelmann, S. 1 ff. Flechtheim, FS Zitelmann, S. 10 ff. 137 Flechtheim, FS Zitelmann, S. 17. 138 Flechtheim, FS Zitelmann, S. 17 ff. 139 Anfechtbarkeit, S. 60; ebenso Jacusiel, Gültige und fehlerhafte General Versammlungsbeschlüsse, S. 15, 33; richtig dagegen Popp, Unter welchen Voraussetzungen ist ein Beschluß der Generalversammlung nichtig, unwirksam oder anfechtbar?, S. 20 ff. 136

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

te 140 . So meint Hüffer 141 , ohne die Kontrolle des Registerrichters, d.h. bei uneingeschränkter Beschlußfreiheit, dürften die Aktionäre über Drittinteressen disponieren. Manchmal ist auch die Rede davon, daß der Beschluß Gläubigerinteressen 142 beeinträchtigen oder öffentliche Interessen 143 verletzen könne 144 . Behauptungen dieser Art sind doppeldeutig. Sie lassen sich zunächst ohne weiteres so verstehen, daß in ihnen dem Beschluß Wirkungen gegenüber den Dritten zugesprochen werden, die deren Interessen gefährden. Eine wohlwollende Auslegung vermag aber auch ein anderes Verständnis dieser Behauptungen hervorzubringen. Man könnte sie anstatt als Aussage über die Wirkung des Beschlusses als eine solche über die Beachtung der Normativbestimmungen verstehen: Gemeint ist dann nicht, der Beschluß verletze einen Gläubiger in seinem Recht, sondern der Beschluß verstoße gegen Vorschriften, die in der Rechtsform Aktiengesellschaft die Institution des Schutzes der Gläubigergesamtheit ausmachen. Es gibt Indizien dafür, daß mit den oben dargestellten Behauptungen der Beschluß als solcher mit Wirkung für Dritte begriffen wird. Zum einen geht mit der Vorstellung der Rechtsverletzung durch den Beschluß das Zugestehen subjektiver Rechte Dritter einher. Es ist herrschende Auffassung, Dritte könnten sich mit der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO gegen den Beschluß wenden 145 . Soweit hierbei der Tatbestand des § 256 ZPO betont wird, ist dies nichts anderes als eine an sich unschädliche Wiederholung des gesetzlichen Wortlautes. Meistens wird dabei aber impliziert, ein Feststellungsinteresse könne bei Dritten vorliegen. Diese Auffassung ist ein Relikt aus der begriffsjuristischen Verirrung zu Anfang des Jahrhunderts; ein Feststellungsinteresse Dritter am Beschluß existiert nicht, Fälle dieser Art hat es nie gegeben146.

140 Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 16; Hüffer, AktG, § 243 Rn 56; GHEK-Hüffer, § 243 Rn 131; Thöni, GesRZ 1994, S. 57; Godin/Wilhelmi, AktG, § 248 Anm. 3; klar GK-Schmidt, § 241 Rn 9, ein Beschluß sei „für und gegen jedermann wirksam". 141 AktG, § 243, Rn 56. 142 Bokelmann, DB 1994, S. 1344; Lutter, NJW 1969, S. 1878; Hirte, ZIP 1988, S. 488. 143 Bokelmann, DB 1994, S. 1344; Lutter, NJW 1969, S. 1878. 144 Dazu unten (ii), S. 65 ff. 145 Karsten Schmidt, AG 1977, S. 772; GK-ders., § 249 Rn 36; Bokelmann, BB 1972, S. 734; Gehrlein, AG 1994, S. 105; Claussen, AG 1993, S. 132; Hüffer, AktG, § 249 Rn 5; Henn, Handbuch des Aktienrechts, § 28, S. 366. Ganz unrichtig Kübler, Gesellschaftsrecht, § 15 V, S. 194, der die Nichtigkeitsklage für jedermann für gegeben hält. 146 Als Fall läßt sich nicht BGHZ 70, 384 anführen, wie GK-Schmidt, § 249 Rn 36, Fn 84, dies tut. Der BGH hat entschieden, daß für den Genossen neben der (in der Entscheidung unzulässigen) Nichtigkeitsklage gemäß § 249 analog die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO nicht zur Verfügung stehe. Dort heißt es, „An einer nur zwischen den Parteien wirkenden Feststellung besteht jedenfalls für solche Beschlüsse kein schutzwürdiges Interesse, die - wie der Beschluß zur Wahlordnung - alle Verbandsangehörigen und nicht nur die Rechtsverhältnisse einzelner Personen betreffen". Die Möglichkeit eines Beschlusses, der nicht alle Verbandsangehörigen betrifft, müßte der BGH einmal dartun.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Zum anderen liegt die Annahme eines Beschlusses mit Drittwirkungen offen zutage, wenn für den Dritten eine Beteiligung am Anfechtungsprozeß propagiert wird 1 4 7 . Demgegenüber ist zu Rechtswirkungen der oben behaupteten Art festzustellen, daß mit ihrer Annahme Zurückhaltung zu üben sein wird. Dies ergibt sich schon aus der Überlegung, daß Stimmrechte nur durch Mitglieder ausgeübt werden, Dritte am Beschluß also nicht beteiligt sind. Ohne eine solche Beteiligung läßt sich im Bereich privatautonomen Handelns eine Rechtswirkung im oben gezeigten Sinne prinzipiell nicht konstruieren. Der Grundsatz der Privatautonomie ist in unserer Privatrechtsordnung vorausgesetzt und daher nicht begründungsbedürftig 148. Aus ihm resultiert die Unmöglichkeit des Vertrages zu Lasten Dritter. Es ist daher mindestens befremdlich 149 , wenn Beschluß Wirkungen gegenüber Dritten ohne nähere Untersuchung postuliert werden. Aus § 241 Nr. 3 ergibt sich jedenfalls nicht, daß das Gesetz eine solche Rechtswirkung voraussetzt. Die Vorschrift spricht davon, daß der Beschluß „gegen Vorschriften" verstößt, die Gläubigerinteressen wahren. Man kann § 241 Nr. 3 daher im Sinne der oben gezeigten Auslegung als einen Satz über Normativbestimmungen verstehen. Mit anderen Worten: § 241 Nr. 3 regelt nicht (überflüssigerweise) die Unmöglichkeit, per Beschluß die Rechtsposition eines Nichtbeteiligten zu verändern, sondern sagt etwas über die Grenzen der Rechtsform 150. Bei der Untersuchung der Wirkungen des Beschlusses muß und kann nicht jeder mögliche Beschluß betrachtet werden. Anlaß zu näherer Erörterung geben Beschlüsse, bei denen es nicht ganz unmöglich erscheint, daß sie auch im Außenverhältnis von Bedeutung sind. Das sind die Fälle, in denen der Beschluß Bestandteil im Tatbestand eines Rechtsverhältnisses mit Dritten, sei es nun gesetzlich oder gewillkürt, ist (i) und bestimmte Fälle der Satzungsänderung, die zu einer Änderung der Gestalt der juristischen Person nach außen führen (ii).

147

Thöni, GesRZ 1994, S. 55 ff., 57. Auszuscheiden aus der Untersuchung sind die müßigen Erörterungen aus der älteren Literatur, ob der Beschluß über das Recht eines Gläubigers der Aktiengesellschaft gegen § 241 Nr. 3 verstoße, vgl. Schlegelberger-Quassowski, § 195 Anm. 7. Er verstößt gegen das „Wesen" unserer Rechtsordnung, wenn man so will, und bedarf deshalb keiner aktienrechtlichen Erörterung. Dies auch gegen Baums, ZHR 142, S. 583 ff. 149 Dies gegen Hüffer, AktG, § 243 Rn 56, vgl. S. 53 und im Text. M. E. ist es abwegig anzunehmen, es bedürfe des Registerrichters, um die Interessen Dritter zu schützen. Richtig dagegen schon Flechtheim, FS Zitelmann, S. 4 und Lehmann, Recht der Aktiengesellschaft, S. 211. Zutreffend Flume II, § 54 1, S. 886, privatautonomes Handeln sei grundsätzlich nicht mit Wirkung gegen einen Unbeteiligten möglich, solange dieser nicht zustimmt. 150 Dazu unten S. 59 f. 148

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Der Nachweis der fehlenden „Außenwirkung" soll hierbei nicht nur durch die Verortung des Beschlusses als bloßes Tatbestandsmerkmal der jeweiligen Maßnahme erbracht werden. Rechtswirkungen gegenüber Dritten zeigt auch die Maßnahme nicht.

(i) Beschlüsse im Tatbestand eines Rechtsverhältnisses der Gesellschaft mit Dritten oder von Dritten untereinander

(a) Allgemeine rechtsgeschäftliche Vereinbarungen Der Fall, daß der Beschluß in den Tatbestand eines Rechtsverhältnisses mit Dritten aufgenommen ist, wurde früher als Paradefall der Drittwirkung angeführt 151 . Es ist aber allgemein unrichtig, dem Beschluß in solchen Fällen eine Wirkung für oder gegen Dritte zuzusprechen. Der Beschluß gilt nicht für den Dritten, sondern er wurde von den Parteien in ihre Vereinbarung integriert. Dies gilt vor allem für schuldrechtliche Beziehungen zwischen Gesellschaft und Dritten, die in ihrem Inhalt vom Beschluß abhängen. Es ergeben sich hier gegenüber der Regelung zwischen Individuen keine Besonderheiten. Es gilt, d.h. wirkt, für die Parteien ihre individualrechtliche Vereinbarung. Es gilt aber nicht der Beschluß. Erläutert sei dies am Beispiel des schuldrechtlichen, von der Höhe der Dividende abhängigen Anspruchs des leitenden Angestellten auf die Tantieme. Der Gewinnverwendungsbeschluß gilt nicht zwischen den Parteien. Seine Geltung haben sie auch nicht vereinbart. Sie haben nur ein Element der Regelung des Gewinnverwendungsbeschlusses - die Höhe der Dividende - in ihre Vereinbarung aufgenommen. Nur dieses Element „gilt" im Rahmen dieser Vereinbarung. Aber nicht weil der Beschluß gelten würde, sondern kraft Normsetzung inter partes. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man vom Beschluß her denkt. So stellen Hueck 152 und Noack 153 der von ihnen untersuchten Drittwirkung den Fall gegenüber, daß der Vorstand entgegen ausdrücklicher Beschlußlage einen Kaufvertrag mit einem Dritten schließt. Dieser sei wegen der unbeschränkbaren Vertretungsmacht des Vorstandes wirksam. Es wird angenommen, der Beschluß sei hier nicht selbst Ursache der Rechtswirkung, weil man ihm rechtliche Wirkung nur dann werde zusprechen können, wenn er, ohne daß es seiner Umsetzung durch eine weitere Handlung bedarf, Rechtswirkung er-

151

Flechtheim, FS Zitelmann, S. 11 ff; Hueck, Anfechtbarkeit, S. 208; heute noch Thöni, GesRZ 1994, S. 55 ff. 152 Anfechtbarkeit, S. 208. 153 Beschlüsse, S. 52.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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zeuge 154 . Es ist ersichtlich, daß hier die Vorstellung herrscht, der Beschluß könne in einem anderen Fall, z.B. dem der beschränkten Vertretungsmacht des Vorstandes 155, auch ohne einen weiteren Akt nach außen wirken. Damit werden Beschlußwirkungen in unterschiedlicher Weise gesehen in Abhängigkeit von Faktoren, die - wie hier der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes mit dem Beschluß nichts zu tun haben. M.E. kann eine systematische Einteilung der Beschlußwirkungen an dieser Trennlinie nicht verlaufen. Das Beispiel läßt sich fortsetzen: Der Vorstand könnte den noch bevorstehenden Beschluß in das Drittgeschäft integrieren. Dann müßte man einem Beschluß unterschiedliche Wirkung zugestehen in Abhängigkeit davon, ob er in die Vereinbarung aufgenommen wurde oder nicht. Der Beschluß ist aber immer der gleiche. Er besagt, daß der Vorstand einen entsprechenden Kaufvertrag nicht abschließen darf, mehr nicht. Es handelt sich daher nur um den Fall, in dem der Beschluß zu einer Bedingung 156 für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts gemacht wird. Dies ändert die Wirkung des Beschlusses nicht. Betrachtet man noch einmal das den Beschluß aufnehmende Rechtsgeschäft, so läßt sich ein Vergleich mit dem Bürgerlichen Recht ziehen. Solche Vereinbarungen kennen wir auch dort, zum Beispiel die Bestimmung gemäß §§315, 316 BGB oder das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft. Auch dabei kommt niemand auf den Gedanken, eine Wirkung anzunehmen, die auf privatautonem Handeln Dritter beruht. Es wird keineswegs der Rechtskreis des Dritten zur Disposition des anderen gestellt. Vielmehr hat sich der eine in diesem Punkt in dem Rechtsgeschäft der Disposition des anderen unterworfen. Zu belegen sind diese Überlegungen mit RGZ 72,83: Es hatte dort eine Aktionärin form- und fristgemäß Anfechtungsklage gegen den Bilanzgenehmigungsbeschluß erhoben. Sie trug vor, in der Bilanz sei von Gegenständen des Anlagevermögens zu wenig abgeschrieben worden, um eine Dividende auszahlen zu können. Der Vorwurf zu niedriger Abschreibung war zutreffend. Die Aktionärin hatte ein Interesse an der Höhe der Dividende, weil hiervon der Kaufpreis eines Werkes, das Gegenstand eines Kaufvertrages zwischen ihr als Käuferin und der Gesellschaft als Verkäuferin war, abhing. Das Reichsgericht hat die Bereiche Drittgeschäft und Beschluß ganz richtig auseinandergehalten: „Die Klägerin hat ein Interesse an ihrem hier erhobenen Anspruch, weil sie unter gewissen Voraussetzungen die Werke der Beklagten käuflich übernehmen darf, und der Reingewinn für die Berechnung des Übernahmepreises von Bedeutung ist. Rechtlich kommt dieser Umstand nicht in Betracht; denn jeder Aktionär hat ein Interesse und einen Rechtsanspruch, daß

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Hueck, Anfechtbarkeit, S. 208, ihm folgend Noack, Beschlüsse, S. 52. Z.B. im Falle der der Hauptversammlung vorbehaltenen Zustimmung zur Veräußerung vinkulierter Namensaktien gemäß § 68 II, vgl. dazu unten. 156 So schon Flechtheim, FS Zitelmann, S. 11. 155

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

die Abschreibungen nach den richtigen Grundsätzen erfolgen. Dieses Recht hat der Aktionär sowohl gegenüber zu starken Abschreibungen, weil sein Anspruch auf die Dividende durch übermäßige Abschreibungen geschädigt wird, als auch bei zu niederen Abschreibungen, weil dadurch der Bestand der Aktiengesellschaft gefährdet und das Aktienkapital zu ungerechtfertigten Dividendenzahlungen aufgebraucht wird." 1 5 7 Die Aussage ist eindeutig: (1) Der Beschluß und seine Wirkung betreffen die Aktionäre als solche und die Gesellschaft, mithin das Innenverhältnis. (2) Das Interesse aus einem Drittgeschäft läßt sich nicht in das Innenverhältnis der Gesellschaft transportieren. Man muß noch einen Schritt weitergehen. Die Feststellung des Reichsgerichts, daß der Beschluß wirksam sei 158 , ist für das Rechtsgeschäft der Aktionärin mit der Gesellschaft grundsätzlich 159 nicht vorgreiflich. Auf eine Leistungsklage der Gesellschaft könnte die Aktionärin die fehlerhafte Abschreibung einwenden. Es wäre dann eine Sache der Auslegung des Kaufvertrages, festzustellen, inwieweit eine solche Einwendung durchgreifen könnte. Festzuhalten ist, daß sich daraus, daß der Beschluß in ein Drittgeschäft aufgenommen wurde, keine Dritt- oder Außenwirkung des Beschlusses ergibt.

(b) Verzicht und Vergleich Auch die Vorschriften, die die Wirksamkeit von Verzicht und Vergleich zwischen der Gesellschaft und den aus gesellschaftsrechtlicher Pflichtverletzung Haftenden von einem Beschluß abhängig machen, begründen keine solche Wirkung 160 . Die in diesem Zusammenhang zu nennenden Vorschriften 161 157 Das Reichsgericht argumentiert auf der Ebene des rechtlich geschützten Interesses, nicht auf der von Wirkungen. Das macht aber keinen Unterschied, da Rechtswirkung und rechtliches Interesse korrespondieren. 158 Im Ergebnis ist diese Feststellung zu Unrecht erfolgt. Dies ist hier nicht zu diskutieren. 159 Vorgreiflich ist das Ergebnis des Anfechtungsverfahrens dann, wenn sich aus der Parteivereinbarung ergibt, daß dieses Ergebnis als vereinbart gilt. Aber auch hieraus ergibt sich keine abweichende Beurteilung der Beschlußwirkungen. Es gilt nur, was die Parteien vereinbart haben. 160 So aber Noack, Beschlüsse, S. 50 ff, 53, der diese Vorschriften unter der Überschrift „Wirkungen des Beschlusses" (S. 50) im „Außenverhältnis" (S. 52) führt. Noack spricht einmal unklar von der Bedeutung des Beschlusses für Dritte (S. 53), ein andermal davon, daß in diesen Fällen „aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Vorgaben ein Beschluß unmittelbar die Rechtsposition eines Dritten betreffen kann. [...] Mit dem Begriff Rechtsposition ist die Stellung beschrieben, die dem Dritten aufgrund des Beschlusses gegenüber dem Verband zukommt." (S. 53). Setzt man die Definition für Rechtsposition in den ersten Satz ein so ergibt sich, daß aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Vorgaben ein Beschluß unmittelbar die dem Dritten aufgrund des Beschlusses zukommende Stellung betreffen kann. Es ist ersichtlich, daß der Beschluß hier widersprüchlicherweise einmal als Grundlage des Verhältnisses des Dritten zur Gesellschaft und einmal als ein aus anderen Gründen bestehendes Verhältnis nur „betreffend" angesehen wird. Beseitigt man diese Ungereimtheit, so erhellt, daß das Verhältnis des Dritten zur Gesellschaft ein vertragliches oder

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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zeigen eine solche Wirkung nicht. Der Beschluß ist hier ebenfalls nur Tatbestandsmerkmal eines Drittgeschäfts: Es ist auch in diesen Fällen so, daß der Haftende einen (Vergleichs- oder Erlaß-)Vertrag mit der Gesellschaft schließen muß. Ohne diesen „wirkt" auch der Beschluß nicht gegen ihn. Diese Vorschriften 162 bewirken nichts anderes als die Zuständigkeit der Hauptversammlung zur (Geschäftsführungs-) Entscheidung und eine entsprechende Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes. Auch das Gesetz sieht in diesen Fällen keine „Beschlußwirkung" im Rahmen von Verzicht und Vergleich: Daß die Funktion des Beschlusses für Verzicht oder Vergleich nichts mit einer Einteilung der Beschlußwirkungen in die Kategorie Wirkungen des Beschlusses im Außenverhältnis zu tun haben kann, zeigen die Vorschriften 163 über die Unwirksamkeit dieser Verträge gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Das Gesetz regelt nicht etwa die Unwirksamkeit des Beschlusses, womit man wieder bei einer Diskussion der Außenwirkungen wäre, sondern die von Verzicht und Vergleich.

(c) Die Veräußerung vinkulierter Namensaktien und die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters oder von Sonderprüfern Besonders deutlich erweist sich die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung in dem Fall, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung zur Veräußerung vinkulierter Namensaktien beschließt, § 68 I I S. 3 1 6 4 . Noch zu § 222 IV HGB 1897 war herrschende Auffassung, daß die Wirksamkeit des Beschlusses konstitutiv für die Wirksamkeit des Mitgliederwechsels sei 165 . Im heutigen Recht hat sich die Unterscheidung zwischen Wirksamkeit des Begesetzliches ist. Welche Rolle der Beschluß dabei spielt, ist unterschiedlich, jedenfalls wirkt er nicht gegen den Dritten. 161 Verzicht und Vergleich betreffend die Gründer (§§ 50), Vorstand und Aufsichtsrat bei der Nachgründung (§ 53), den Vorstand (§ 93 IV S. 1), den Aufsichtsrat (§ 116), den Einfluß Nehmenden (§117 IV), die Verwaltungsmitglieder des herrschenden Unternehmens (§§ 309 III, S. 1 und 317 IV), die Verwaltungsmitglieder des beherrschten Unternehmens (§§ 310 IV und 318 IV mit 309 III S. 1), die Verwaltungsmitglieder der Hauptgesellschaft und der eingegliederten Gesellschaft (§§ 323 I mit 309 III, S. 1). 162 Vgl. Vornote. 163 Im Falle von Verzicht und Vergleich betreffend den Vorstand (§ 93 V S. 3), den Aufsichtsrat (§ 116), den Einfluß Nehmenden (§ 117 V S . 2), die Verwaltungsmitglieder des herrschenden Unternehmens (§§ 309 IV S. 4, und 317 IV), die Verwaltungsmitglieder des beherrschten Unternehmens (§§310 IV und 318 IV mit 309 III S. 1), die Verwaltungsmitglieder der Hauptgesellschaft und der eingegliederten Gesellschaft (§§ 323 I mit 309 IV S. 4). 164 Ich ordne diesen Fall deswegen dem Außen Verhältnis zu, weil es hier darum geht, daß ein Mitglied sich von seiner Mitgliedschaft trennen will, während das potentielle Mitglied die Rechtsposition noch nicht innehat. Die Vorschrift ist deswegen im Gesetz systematisch am richtigen Platz, weil die Frage der Zustimmung hierzu, die eine gesellschaftsrechtliche ist, im Vordergrund steht. 165 Hueck, Anfechtbarkeit, S. 216; Flechtheim, S. 26.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

schlusses im Innenverhältnis und Behandlung der Zustimmung nach außen gemäß §§ 183 f. BGB durchgesetzt 166. Eine solchermaßen ausgereifte Differenzierung fehlt bislang noch bei §§ 147 III, 142 V I über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters bzw. von Sonderprüfern. Dennoch ist man weit davon entfernt, den Dritten vom Beschluß abhängig zu machen. Man sagt, sein Verhältnis zur Gesellschaft richte sich nach dem Vertrag mit dieser 167 .

(d) Die Rechtsprechung im Fall „Klöckner" als Beleg Die Rechtsprechung hat die Trennung von Wirkungen des Beschlusses und Behandlung Dritter in ihrer individualrechtlichen Beziehung mit der Gesellschaft längst vollzogen. Hinzuweisen ist auf die oben analysierte Rechtsprechung des Reichsgerichts 168. In neuester Zeit beweist dies BGH NJW 1993, S. 57 („Klöckner"). Die Klöckner AG hatte zum Ausgleich drohender Verluste gemäß den Genußscheinbedingungen parallel zur Herabsetzung des Grundkapitals das Genußscheinkapital auf Null herabgesetzt. Die Verluste traten nicht in der nach den Genußscheinbedingungen zur Herabsetzung erforderlichen Höhe ein. Klöckner bot darauf den Genußscheininhabern eine Entschädigung von D M 112,- pro Genußschein im Nennwert von D M 100,-; dieser Betrag entsprach dem Börsenkurs des Papiers vor der Krise, lag aber unter dem Emmissionspreis von D M 135,-. Der Kläger, ein Genußscheininhaber, verlangte u.a. Wiederauffüllung des Genußkapitals und Ausschüttung der nach den Genußscheinbedingungen zu gewährenden Beträge. Der BGH hat zunächst herausgearbeitet, daß der Genußscheininhaber in einem schuldrechtlichen, nicht in einem mitgliedschaftlichen Verhältnis zur Gesellschaft stehe169. Daraus hat er überzeugend geschlossen, daß diesem keine mitgliedschaftlichen Rechte - mithin kein Anfechtungsrecht - zur Verfügung stehen. Ganz selbstverständlich hat er auch nicht etwa eine Klage gemäß § 256 ZPO gegen den Beschluß gegeben170. Die Koppelung des Genußkapitals an das Grundkapital sah der BGH zu Recht lediglich als eine Leistungsbeschreibung im Rahmen der nichtmitgliedschaftlichen Genußscheinvereinbarung 166

Amtliche Begründung für den gegenüber AktG 1937 geänderten Wortlaut im AktG 1965, bei Kropff, Aktiengesetz, S. 88. Auch der neue Wortlaut ist keineswegs eindeutig. Gemeinhin wird zwischen interner Entschließung und externer Zustimmung unterschieden, vgl. KK-Kraft, § 68 Rn 29 ff.; mit etwas anderer Diktion Hüffer, AktG, § 68 Rn 15. 167 Hüffer, AktG, § 142 Rn 9 ff.; § 147 Rn 6. 168 Vgl. oben S. 57 f. 169 BGH NJW 1993, S. 59 f. Dies soll hier hingenommen werden. 170 Dies ist gegen Claussen einzuwenden, Anm. AG 1993, S. 132; dem läßt sich nicht entgegenhalten, der Genußscheininhaber habe eine solche Klage nicht erhoben: Umgekehrt ist richtig, daß der Kläger in seinem Verhältnis mit der Gesellschaft sein Interesse auf Leistung verfolgen muß. Diesem Ziel dient die Klage nicht.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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an 171 . Zur Lösung hat der BGH diese Vereinbarung einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterworfen. Damit ist auch hier zu Recht zwischen dem allein für die Gesellschaft maßgeblichen und wirksamen Beschluß und der Behandlung von Schuldverhältnissen der AG mit Dritten getrennt worden. Diese Beispiele haben in hinreichender Weise die Unabhängigkeit des Rechtsgeschäfts von dem Beschluß gezeigt, auf den es verweist. Umgekehrt bleibt es bei der Feststellung, daß der Beschluß nur im Innenverhältnis wirkt.

(ii) Beschlüsse, deren Vollzug zu einer Änderung der Gestalt der juristischen Person nach außen führt Bei Beschlüssen, die zu einer Änderung der Gestalt der juristischen Person nach außen führen, wird angeführt, es bestehe ein öffentliches Interesse oder ein solches der Gläubiger an ihnen 172 . Dies ist nur in einem ganz bestimmten Sinne richtig. Es besteht an der Einhaltung vieler Vorschriften des Aktienrechts ein öffentliches Interesse insofern, als diese Vorschriften die Rechtsform Aktiengesellschaft konstituieren. Man kann in diesem Sinne zutreffenderweise behaupten, es bestehe ein öffentliches Interesse, wenn man damit nur das generelle Interesse an der Einhaltung der die Rechtsform konstituierenden Normen ansieht. In diesem Sinne ist eine Differenzierung nach der Schutzrichtung, die rechtspolitisch sinnvoll sein kann, aber überhaupt nicht notwendig. Zwar lassen sich systematisch verbandsrechtliche Institute 173 wie Gläubigerschutz oder Individualschutz der Mitglieder unterscheiden. Das heißt aber keineswegs, daß die Gläubiger der Gesellschaft an einem Beschluß, der eine Institution des Gläubigerschutzes betrifft, ein rechtlich geschütztes Interesse 174 hätten. Es ist also nicht das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Rechtsform auf den Beschluß als Gläubigerinteresse daran zu projizieren. Mit anderen Worten: Die

171 BGH NJW 1993, S. 59, 61 ff. Einen Eingriff in die Autonomie der Hauptversammlung hat er aus diesem Grund ausdrücklich abgelehnt, ebenda S. 64, hierfür aber Hirte, ZIP 1988, S. 489. Weil der BGH mit der Autonomie der Hauptversammlung die Integrität des Innenverhältnisses wahrt, sind entgegen Busch, AG 1994, S. 167 Fn 36, infolge dieser Rechtsprechung auch keine Unterlassungsklagen gegen die Herabsetzung des Genußkapitals zu besorgen. 172 Lutter, NJW 1969, S. 1873 ff. m.w.N. und Bokelmann, DB 1994, S. 1344. 173 Kübler, Gesellschaftsrecht, § 14 m , S. 158 ff. 174 Daß mit der Behauptung eines solchen Interesses eine Wirkung des Beschlusses oder/und der Maßnahme gegen Dritte unterstellt wird, ergibt sich aus der Tatsache, daß das Recht in einem vom Faktischen entfernten Bereich wie dem des Gesellschaftslebens, für Wirkungen von Handlungen allein konstitutiv ist. Solche Wirkungen sind dem Recht nicht vorgegeben, sondern werden von diesem erst hervorgebracht. Das Recht kann allein Wirkungen vorsehen, oder, zum Beispiel aus Gründen des Schutzes Dritter, davon absehen. Rechtswirkungen und Interessenschutz sind daher zwei Seiten desselben Gegenstandes.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

die Rechtsform konstituierenden Normen gewähren keinen Drittschutz gegen den Beschluß. Die Unterscheidung zwischen rechtlich geschütztem Interesse an Beschluß und Maßnahme, das bedeutet die Annahme einer geschützten Rechtsposition, einerseits und verbandsrechtlichem Institutionenschutz, der die Wahrung einer objektiv-rechtlichen Ordnung bezweckt, andererseits, wird oft nicht mit hinreichender Deutlichkeit gesehen. Dies gilt zum einen für zeitlich zurückliegende Stellungnahmen. In der älteren Literatur 175 wurde allgemein angenommen, der Beschluß könne Interessen der Allgemeinheit und Dritter 176 beeinträchtigen. Dieses wurde ganz offen als konkretes rechtlich geschütztes Interesse Dritter am Beschluß verstanden. Aber auch heute wird diese Unterscheidung verkannt. So wird von Diek" gräf 177 ein grundsätzliches öffentliches Interesse an einer Kontrolle durch den Aktionär bejaht und der internen Legalitätskontrolle gegenüber gestellt. Ganz offensichtlich sieht dies auch Lutter so, 178 wenn er meint, ohne Anfechtungsklage müßte man ein neues System interner und externer Kontrolle erfinden 179 . Eine solche Gegenüberstellung von interner und externer Kontrolle ist ihrerseits zweideutig. Soweit damit in einer deskriptiven Aussage gemeint ist, daß sowohl externe Kontrolle (Registerrichter) als auch interne Anfechtungsklage die Einhaltung der Rechtsform fördern können, ist dagegen nichts einzuwenden. Dies darf aber nicht zu zwei möglichen Fehlschlüssen verleiten: Zum einen ist dieser deskriptive Satz nicht in eine teleologische Aussage zu übersetzen; d.h. es ist nicht zu schließen, daß die Kontrolle der Rechtsform Zweck der Anfechtungsklage sei. Zum anderen darf die Gleichstellung von Anfechtungsklage und Registerkontrolle als Instrumente, die die Einhaltung der Rechtsform fördern, nicht zu einer Gleichstellung der mit diesen Instrumenten geschützten Positionen führen. Die Anfechtungsklage wahrt ein internes rechtlich geschütztes Interesse. Ein dem gegenüberzustellendes rechtlich geschütztes Interesse außerhalb der Gesellschaft gibt es nicht. Lutter impliziert aber eine solche geschützte Rechtsposition, wenn er zur Begründung einer erweiterten Registerkontrolle versucht, in bestimmten Vorschriften Drittinteressen im Gegensatz zu lediglich Aktionärsinteressen gewahrt zu sehen180. Er zeigt damit, daß seine 175

Flechtheim, FS Zitelmann, S. 1; Hueck, Anfechtbarkeit, S. 109; Jacusiel, Gültige und fehlerhafte General Versammlungsbeschlüsse, S. 64 ff. 176 Richtig dagegen schon Staub, § 273 Anm. 18. 177 Sonderzahlungen, S. 27. 178 ZGR 1978, S. 350; ders., NJW 1969, S. 1875 mit der Behauptung es bestünden Gläubigerinteressen am Beschluß; ebenso Martens, AG 1988, S. 118. 179 Von Lutter, NJW 1969, S. 1868 wird dies auch noch in Zusammenhang mit den Normativbestimmungen gebracht, wenn er meint, durch die Dispositionsbefugnis des Aktionärs liege eine Untersicherung der Normativbestimmungen vor. 180 Ohne überzeugende Beweisführung: Zu Unrecht sieht Lutter, NJW 1969, S. 1873 ff., 1874, ihm folgend Hüffer, AktG, § 182 Rn 6, 17, mit dem Verbot der Kapitalerhöhung durch Erhöhung

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Überlegungen auf der Ebene der rechtlich geschützten Position anzusiedeln sind: Diese Gegenüberstellung von Aktionärsinteressen und Drittinteressen macht nur dann Sinn, wenn man die Aktionärsinteressen im Gegensatz zu Drittinteressen als verzichtbar ansieht. Anders gewendet: Die Idee, in der Argumentation für eine Erweiterung der Rechtsformkontrolle Aktionärs- und Drittinteressen gegenüberzustellen, zeigt, daß es eigentlich um den Schutz (vermeintlicher) Rechtspositionen geht. Würde man die Diskussion auf der Ebene der Wahrung der Rechtsform ansiedeln, so würde sich zeigen, daß auch die aktionärsschützenden Vorschriften nicht disponibel sind. Daß die somit von Lutter und Diekgräf implizierten Annahmen unrichtig sind, läßt sich am Gesetz belegen. Das Gesetz sieht für den Beschluß und die des Nennbetrags der Aktien gemäß § 182 I 4 ein öffentliches Interesse an der Ordnung des Kapitalmarktes geschützt. Die Vorschrift wurde eingeführt, weil die Kapitalerhöhung durch Erhöhung des Nennwerts der Aktien als technisch schwierig ohne praktische Relevanz geblieben war sowie um die Aktionäre, die nicht genügend Aktien hielten, um am „Bezug" partizipieren zu können, zu schützen, Amtliche Begründung bei Kropff, Aktiengesetz, S. 292. - Auch § 182 IV zeigt ein solches öffentliches Interesse nicht, sondern läßt sich nur mit Aktionärsinteressen erklären. Die Erwägung, die Gesellschaft solle den Kapitalmarkt nicht unnötigerweise in Anspruch nehmen, Schlegelberger/Quassowski, § 149, Rn 16, überzeugt jedenfalls nicht. Die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes richtet sich allein nach Angebot und Nachfrage. Vielmehr muß die Überlegung leitend sein, daß die Gesellschaft so lange keine in die Mitgliedschaft eingreifende Maßnahme tätigen darf, wie ihr andere Mittel zur Verfügung stehen, im Falle des § 182 IV die Beitreibung der ausstehenden Leistungen. Durch die Kapitalerhöhung wird stets in die Mitgliedschaft eingegriffen. Der Aktionär muß entweder eine relative Verringerung seines Anteils hinnehmen oder neue Aktien beziehen. Eine richtige Begründung für § 182 IV findet sich in der Literatur überhaupt nicht. Die Denkschrift Hahn/Mugdan, S. 318, bei Schubert/Schmiedel/Krampe, S. 1078 nimmt an, daß ihr Sinn mit der Einführung der Unzulässigkeit der Befreiung der Aktienzeichner von ihrer Einlageverpflichtung weggefallen ist, möchte sie aber aufrechterhalten, weil sie einer „übermäßigen, durch die Bedürfnisse des Unternehmens nicht gerechtfertigten Vermehrung des Aktienkapitals" entgegenwirke. Hiergegen ist das Nötige gesagt. - Entgegen Lutter, NJW 1969, S. 1874 und Bokelmann, DB 1994, S. 1344, ist ein öffentliches Interesse an der bedingten Kapitalerhöhung weder aus § 192 II noch aus § 192 III, so KK-Lutter, § 192, Rn 29, 31, abzulesen. Absatz II dient lediglich dem Schutz der Aktionäre. Es soll verhindert werden, daß diese Form der Kapitalerhöhung wegen des gesetzlich nicht vorgesehenen Bezugsrechts der Aktionäre zur Regel wird, so KKLutter, § 192 Rn 3. Auch Absatz III liegt im Aktionärsinteresse und ist nicht damit zu begründen, daß er ein öffentliches Interesse an einem Mindestmaß an Überblick über die Kapitalverhältnisse wahrt, so aber KK-Lutter, § 192 Rn 29. Der amtlichen Begründung zu § 159 AktG 1937, der entsprechenden Vorschrift des AktG 1937, bei Klausing, Aktiengesetz, S. 144 f., läßt sich entnehmen, daß damit ein Mißbrauch zu Lasten der Aktionäre verhütet werden soll. - Entgegen Lutter, NJW 1969, S. 1874, kann weder ein öffentliche Interesse noch eine Außenwirkung an § 208 II 2 festgemacht werden. Zwar zeigt die Amtliche Begründung zum inhaltsgleichen § 2 III KapErhG, Bundestagsdrucksache, Anlagen, 3. Legislaturperiode, Bd. 57, Nr. 416, S. 9 f., daß das Verbot der Umwandlung zweckgebundener Rückstellungen nur für nicht aktivierungsfähige Aufwendungen gelten sollte. Daher ist der Auffassung beizupflichten, die annimmt, es solle verhindert werden, daß die Gesellschaft kurz nach der Kapitalerhöhung eine Unterbilanz vorlegen muß, Lutter, NJW 1969, S. 1874. Daß aber dieses wiederum im öffentlichen oder Gläubigerinteresse sei, ist damit gar nicht gesagt. Die Kapitalausstattung hat sich nicht zuungunsten Dritter (vor allem Gläubiger) verändert. Von der Unterbilanz wären wegen der Kapitalerhaltungsvorschriften nur die Aktionäre betroffen; ihnen dürfte keine Dividende gewährt werden.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

im Beschluß gefaßte Maßnahme keine Rechtswirkungen im Sinne von Veränderungen von Rechtspositionen Dritter. Dementsprechend gibt das Gesetz auch nirgendwo Dritten ein Recht, das auf den Beschluß bezogen ist. Gegenteilig muß man sagen, daß die gesetzliche Systematik deutlich zeigt, daß sich Rechte Dritter im Hinblick auf den Beschluß nicht begründen lassen. Dies soll im folgenden anhand einiger wichtiger Änderungen der Verfassung der Aktiengesellschaft gezeigt werden.

(a) Der Beschluß über die Satzungsänderung Der Beschluß über eine Satzungsänderung hat Funktion für die Änderung der Gestalt der juristischen Person, indem er Voraussetzung der Wirksamkeit einer jeden Satzungsänderung ist. Daß eine solche Veränderung der Gestalt regelmäßig auch im Außenverhältnis Bedeutung erlangt, ist evident, tritt doch dem Verkehr eine andere juristische Person entgegen. Es ist aber ganz unrichtig, von dieser Funktion Drittinteressen am Beschluß abzuleiten, oder dem Beschluß Drittwirkungen zuzuerkennen. Dies gilt nicht etwa nur deshalb, weil der Beschluß lediglich ein Tatbestandsmerkmal der wirksamen Satzungsänderung ist. Es wirkt auch die Satzungsänderung nicht gegen Dritte. Dies wird nicht durch die Eintragungspflicht, das ist die Pflicht zur Bekanntmachung nach außen, in Frage gestellt. Die Eintragungspflichtigkeit der Satzungsänderung (§§ 179 ff.) ist die Konsequenz des Systems der Normativbestimmungen181, welches entsprechende Eintragungen bei der Gründung in den §§ 36, 37 - 39 fordert. Die Eintragung als WirksamkeitsVoraussetzung der Maßnahme dient in diesem, wie auch in allen anderen Fällen, der Publizität, sowie der registerrichterlichen Kontrolle. Sie sorgt dafür, daß die Gesellschaft ordentlich errichtet und verfaßt wird und daß ohne Publizität dieser Verfassung eine juristische Person nicht entsteht182. Die wirksame Satzung(sänderung) bewirkt nur die Existenz einer juristischen Person bestimmter Gestalt 183 . Wirkung außerhalb der Tatsache der Existenz kommt ihr nicht zu. Diese Existenz oder Änderung der Gestalt kann man aber nicht als Tatsache mit Rechtswirkung gegenüber anderen ansehen184. Es ist unrichtig, wenn Wiedemann 185 meint, der Personen verband greife allein durch sein Auftreten notwendig in die Rechtssphäre Dritter ein. Wiedemann sucht damit seine These, das Gesellschaftsrecht regle „das Innenverhältnis im Zweifel dispositiv, das 181 182 183 184 185

Ebenso Baums, Eintragung, S. 56. Hüffer AktG, § 38 Rn 1; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II 5, S. 164 ff. Zu den Spezialfällen der Satzungsänderung vgl. unten S. 65 ff. Vgl. oben, S. 52 f. Gesellschaftsrecht, § 1 V la, S. 83 f.

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Rechtsverhältnis mit Dritten zwingend", zu begründen. Das Rechtsverhältnis mit Dritten ist aber gar kein gesellschaftsrechtliches, sondern ein individualrechtliches und steht damit gemäß den individualrechtlichen Vorschriften zur Disposition der Parteien. Aber auch die reduzierte These, in der Regel sei dispositives Recht nach innen, zwingendes Recht nach außen festzustellen, ver sagt 186 . Ob die gesellschaftsrechtliche Norm zwingend ist, entscheidet die Rechtsform, die durch Normen bestimmt wird, die auch nach innen zwingend ist. Es ist zwar zuzugeben, daß das Außenrecht der Gesellschaft, das ist die gesetzliche Regelung ihres Auftretens nach außen, meist zwingend ist. Dies ist aber nicht in Gegenüberstellung zum Innenrecht festzustellen und hat seinen Grund auch nicht darin, daß das Auftreten der Gesellschaft schon ein Eingriff in die Sphäre Dritter wäre. Rechtsformkontrolle und Publizität haben andere Gründe. Die tatsächliche Organisation ist auf die Anerkennung in der Rechtsform angewiesen, andernfalls wäre sie nicht als Subjekt zu identifizieren. Diese Anerkennung kann aus rechtstatsächlicher wie rechtspolitischer Notwendigkeit 187 nur in einer bestimmten, nicht in freien Rechtsformen erfolgen. Nach außen geht es dabei vor allem um die verkehrssichernde Funktion, die eine publizierte, typische Form leistet 188 . Damit ist mit der Existenz der so verfaßten juristischen Person nur verbunden, daß die anderen Teilnehmer sie, so wie jede natürliche Person auch, hinnehmen müssen. Somit bleibt es für den Beschluß bei der oben beschriebenen internen Wirkung. Dies gilt, ungeachtet der noch zu behandelnden Besonderheiten der speziellen Änderungstatbestände, für jede Satzungsänderung.

(b) Beschlüsse über Kapital Veränderungen Sowohl Kapitalerhöhung als auch Kapitalherabsetzung wirken nicht gegen Dritte. Diese Dritten haben zwar die Existenz der so und nicht anders verfaßten juristischen Person hinzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich die Verfassung der juristischen Person im Laufe einer schon bestehenden Rechtsbeziehung ändert. Es ist dabei trotzdem so, daß der Beschluß in seiner Funktion 186

Hierzu auch Karsten Schmidt, Stellung der OHG, S. 86. Karsten Schmidt, Verbandszweck, S. 60 ff. und ders., Stellung der OHG, S. 74 ff. Aus einer streng sprachlogischen Sicht ist die Rede von der „rechtstatsächlichen und rechtspolitischen Notwendigkeit" ein Unding. Siedelt man die Rechtspolitik vereinfachend auf der Ebene des Sollens an, so hat man in dem Konglomerat die Dimensionen von Sein, Sollen und Notwendigkeit verquickt. Es liegt aber gerade in der notwendigen Reziprozität von Sein und Sollen im aktienrechtlichen Typus der Grund für die Richtigkeit dieser Rede. Vgl. zur Kritik einer solchen Vermengung von Ebenen Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, S. 284 ff., 291. 188 Karsten Schmidt, Verbandszweck, S. 62. 187

5 Slabschi

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

gegen diese Dritten nicht wirkt, so wie auch die Maßnahme gegen sie nicht wirkt. Eine ganz andere Frage ist die, welche Folgen das Bestehen einer nunmehr anders verfaßten juristischen Person für schon bestehende Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Drittem hat. Dies ist die Frage, wie der Dritte in seiner Rechtsbeziehung zu der juristischen Person geschützt wird.

(aa) Kapitalerhöhung Unabhängig davon, wie die Interessen an der Kapitalerhöhung zu beurteilen sind, ist ein Interesse Dritter am Beschluß ohnehin nicht zu sehen. Der Beschluß bekundet lediglich den Willen der Gesellschaft zur Kapitalerhöhung, deren Realisierung vom Zeichnungsergebnis abhängt189. Beeinträchtigende Auswirkungen auf Dritte 190 , die Schutzmechanismen nahelegen würden, lassen sich auch bei den Maßnahmen der einfachen (§§ 182 ff.) und bedingten (§§ 192 ff.) Kapitalerhöhung, sowie solcher aus genehmigtem Kapital (§§ 202 ff.) nicht, noch nicht einmal im tatsächlichen Sinn ausmachen.Tatsächlich kann es für Dritte, insbesondere Gläubiger, nur vorteilhaft sein, wenn die Eigenkapitaldecke dadurch größer wird, daß der Gesellschaft Kapital zufließt 191 . Etwas anders stellt sich die Situation bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff.) dar. Zwar mag man zunächst in der Überführung von Gesellschaftsvermögen in Grundkapital, insbesondere aufgrund der Bindungen durch die Vorschriften über die Kapitalerhaltung, keine nachteiligen Wirkungen gegenüber Dritten sehen. Man könnte aber an eine negative Beeinflussung von Rechtsbeziehungen zu Dritten, die an die Dividende geknüpft sind, z.B. dividendenabhängige Tantiemen 192 , oder eine feste Beteiligungsgröße betreffen (z.B. Wandel- und Optionsanleihen, § 221) 193 , denken. Durch die Kapitalerhöhung verringert sich die Dividende pro Aktie, da der gleichbleibende, an die Aktionäre auszuschüttende Jahresgewinn auf mehr Anteile zu verteilen ist. Dies ist für die Aktionäre irrelevant, da sie proportional zu ihren alten Anteilen an der Erhöhung zu beteiligen sind (§ 212). Die von der absoluten Zahl der Dividende abhängige Tantieme 1 9 4 würde sich hingegen verringern. 189

KK-Lutter, § 182 Rn 3; Hüffer, AktG, § 182 Rn 6. Zu dividendenabhängigen Rechtsverhältnissen Dritter mit der Gesellschaft vgl. o. S. 56 und weiter im Text. 191 So auch KK-Lutter, vor § 182 Rn 24. 192 Hüffer, AktG, § 216 Rn 12; zum parallelen Problem, als die Feststellung des Jahresabschlusses noch in die regelmäßige Kompetenz der Hauptversammlung fiel, Hueck, Anfechtbarkeit, S. 211. 193 Hüffer, AktG, § 216 Rn 14; KK-Lutter, § 216 Rn 3, 18 ff. 194 Zu dieser Form der Tantiemenberechnung vgl. Hüffer, AktG, § 86 Rn 3. 190

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Das Entstehen weiterer Mitgliedschaftsrechte führt auch zur Unterprivilegierung von Berechtigten aus Schuldverschreibungen. Umtausch- und Bezugsrecht richten sich unter veränderten Beteiligungsverhältnissen auf dieselbe Größe: Sie sind bezogen auf eine Aktie, deren innerer Wert vor der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln größer war als danach. Die Annahme, es sei in solchen Fällen eine Wirkung der Maßnahme gegen den Dritten festzustellen, wurde schon oben 195 zurückgewiesen. Das Interesse des Dritten bezieht sich auf den Punkt, an dem er mit der Gesellschaft in Abhängigkeit von Dividende oder Beteiligungsstruktur in Beziehung steht. D. h., der Dritte will nur diese Beziehung angepaßt sehen. Mit der Erhöhung hat der Dritte nichts zu schaffen und will es auch nicht. Mit dem Angriff hierauf erreichte er sein Ziel nicht. Vielmehr müßte erst eine Rückabwicklung erfolgen. Erklärungsbedürftig ist dann allerdings die Vorschrift des § 216 I I I S. 1. Die Vorschrift besagt, daß der „wirtschaftliche Inhalt" von vertraglichen Beziehungen Dritter zur Gesellschaft, die von Beteiligungs- oder Gewinnverhältnissen abhängen, durch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht berührt wird. Die herrschende Auffassung meint, § 216 III S. 1 passe die Rechtsverhältnisse der Dritten an die neuen Beteiligungsverhältnisse an. § 216 I I I wirke also rechtsgestaltend 196. Wenn das richtig wäre, würde es die These von der fehlenden Außenwirkung des Beschlusses widerlegen, weil die „Gestaltung" des § 216 I I I S. 1 ja nur eine Zurücknahme einer durch den Beschluß schon „bewirkten" Änderung wäre. Betrachtet man § 216 I I I S. 1 tatsächlich als gestaltende Norm, so erweist sie sich als überflüssig und vorschnell: Welche Folge die Änderung der Beteiligungs· und Gewinnverhältnisse für die Drittbeziehung hat, hängt doch in erster Linie von der Auslegung in dieser Beziehung ab. Hier würde sich die Folge des §216 I I I S. 1 regelmäßig aus (ergänzender) Vertragsauslegung ergeben. Eine Vertragsauslegung würde regelmäßig zeigen, daß eine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Drittbeziehung dann nicht gewollt ist, wenn eine reale Veränderung der wirtschaftlichen Größe - Beteiligung oder Gewinn - nicht festzustellen ist. Entgegen Ulmer 197 muß man dazu nicht die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bemühen, sondern dies ergibt sich schon aus der Auslegung. Ergibt aber diese Auslegung Gegenteiliges, dann bleibt es trotz § 216 I I I S. 1 hierbei. Deswegen bedarf es auch keiner „Vertragsanpassung" oder der Annahme einer rechtsgestaltenden Wirkung. Die Amtliche Begründung zu § 16 KapErhG 198 , 195

S. 56 ff. Hüffer, AktG, §216 Rn 11; KK-Lutter, §216 Rn 20; nicht von rechtsgestaltender Kraft, sondern von Unmittelbarkeit der Wirkung spricht Hachenburg-Ulmer, § 57b Anh Rn 19, zu § 13 KapErhG. 197 Hachenburg-Ulmer, § 57b Anh Rn 19, zu § 13 KapErhG. 198 Bundestagsdrucksache, 3. Legislaturperiode, Nr. 416, S. 15. 196

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

dem jetzigen § 13 KapErhG und Vorbild des § 216 I I I 1 9 9 , verkennt den schuldrechtlichen Charakter dieser Drittbeziehungen, deren Inhalt sich nach schuldrechtlichen Grundsätzen richtet. Es wird in der Begründung lapidar und unkritisch von den Rechtsverhältnissen der Aktionäre auf die Dritter geschlossen. Koppensteiner 200 verlegt die Norm ins Schuldrecht. Er versteht sie als Auslegungsregel für das Rechtsverhältnis mit dem Dritten. Er betrachtet sie damit konsequenterweise als lex specialis zu § 157 BGB. Diese Deutung wird aber nur halbherzig durchgeführt. Die Vorschrift wird gleichzeitig als zwingende organisationsrechtliche Regelung des Beschlusses verstanden. Aus diesem Grund sieht sich Koppensteiner genötigt, die „zwingende" Vorschrift unter Zuhilfenahme der Privatautonomie als dispositiv herauszuarbeiten. Eine klare Analyse der Vorschrift zeigt, daß sie überflüssig ist. Versteht man die Regelung als organisationsrechtliche, die Wirkungen der Kapitalerhöhung betreffende, so ist der oben dargelegte Einwand zu wiederholen: Die Kapitalerhöhung vermag nicht in die Drittbeziehung zu wirken. Der Inhalt dieser Drittbeziehung ist durch Auslegung zu bestimmen. Damit lassen sich auch Koppensteiners Schwierigkeiten hinsichtlich der gleichzeitig zwingenden und dispositiven Natur der Norm bewältigen: Daß die Parteien in ihrer Vertragsgestaltung frei sind, bedarf unabhängig von § 216 I I I keiner Begründung. Es ist weiter selbstverständlich, daß die Gesellschaft nicht qua Beschluß oder Satzung einseitig über die Auslegung ihrer vertraglichen Drittbeziehungen befinden kann. Schuldrechtlich könnte man § 216 I I I S. 1 allenfalls als Vermutung begreifen. Die Vorschrift ist dann aber systematisch am falschen Platz - sie gehörte dann zur Regelung dieser Schuldrechtsbeziehungen. M.E. ist sie auch dort überflüssig, weil ihre Regelung sich durch Auslegung ergibt 201 . Für die Kapitalerhöhung bleibt festzuhalten, daß sie keine Wirkungen außerhalb der Gesellschaft entfaltet.

(bb) Kapitalherabsetzung Auch bei der Untersuchung der Wirkungen von Beschluß und Maßnahme bei der Kapitalherabsetzung gilt es den Beschluß und die Kapitalherabsetzung auseinanderzuhalten. Für die Beschlußwirkungen ergeben sich gegenüber der 199 Die Amtliche Begründung zum Aktiengesetz 1965, bei Kropff, Aktiengesetz, S. 314, verweist ihrerseits auf die Amtliche Begründung zum KapErhG. 200 ZHR 139 (1975), S. 191, 196. 201 Ob sich die Wertungen, die Koppensteiner aus § 216 ΠΙ herausliest und auf die Fälle der ordentlichen Kapitalerhöhung überträgt, als zutreffend erweisen, ist eine andere Frage, im Ergebnis zustimmend Köhler, A G 1984, S. 197; Zöllner, ZGR 1986, S. 288, die hier nicht zu erörtern ist m.E. nicht.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Kapitalerhöhung keine Besonderheiten, die hier von Relevanz wären. Was die Maßnahme selbst anbetrifft, so müssen drei Formen unterschieden werden: Die ordentliche (§§ 222 - 238), die vereinfachte (§§ 229 - 236) und die Kapitalherabsetzung durch Einziehung der Aktien. Die Folge der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist die partielle Entbindung des Gesellschaftsvermögens. Es wird Eigenkapital der Bindung durch die Kapitalerhaltungsvorschriften entzogen. Auch hier sind die fehlende Drittwirkung von Beschluß und Maßnahme und das Hinnehmenmüssen der so verfaßten juristischen Person einerseits und der Schutz der Dritten, die diese Änderung hinzunehmen haben, in ihren individualrechtlichen Beziehungen zur Gesellschaft andererseits gegenüberzustellen: Die Folge dieser Entbindung ist aber keinesfalls eine Rechtswirkung gegenüber Dritten beispielsweise Gläubigern. Deren Rechtsposition verändert sich nicht. Natürlich kann eine Kapitalherabsetzung in tatsächlicher Hinsicht Konsequenzen für die Gläubiger haben. Dies resultiert aber nicht aus einer Wirkung der Kapitalherabsetzung ihnen gegenüber 202. Das berechtigte 203 Interesse der Gläubiger ist auf die Sicherung ihrer Forderungen beschränkt. Es geht darum, daß in Höhe ihrer Forderungen nicht mehr Kapital ausgeschüttet werden darf als zuvor 2 0 4 . Dieses Interesse schützt das Gesetz in § 225 I durch den Anspruch auf Sicherheitsleistung. Bis zum Eintritt der Verfristung des Sicherheitsverlangens muß der der Bindung entnommene Betrag unangetastet bleiben (§ 225 II). Dem Beschluß kommt auch für einen etwaigen Erlaß noch offener Einlageforderungen keine Wirkung zu. Hierzu bedarf es eines Erl aß Vertrages, der aber gemäß § 225 II S. 2 auch nicht vor Verfristung des Rechts auf Sicherheitsleistung wirksam werden kann. In der Systematik des Gesetzes haben die Gläubiger an der Kapitalherabsetzung damit kein Interesse 205, sind ihrerseits aber in ihren Rechtsbeziehungen geschützt.

202 Eine solche läßt sich auch nicht aus den Kapitalerhaltungsvorschriften mit § 62 II herleiten. Vgl. unten S. 70 f. 203 Natürlich haben die Gläubiger stets ein tatsächliches Interesse an möglichst hoher Kapitalakkumulation in der Gesellschaft. Allein, dieses Interesse ist nicht geschützt. 204 Woraus nicht etwa zu schließen ist, daß der Dritte durch einen Beschluß, der „gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstößt", beeinträchtigt wäre, wie Geßler, ZGR 1980, S. 436, meint. Der Haftungstatbestand für verbotene Einlagenrückgewähr ist ganz unabhängig vom Hauptversammlungsbeschluß. 205 A.A. Hüffer, AktG, § 222 Rn 3 obwohl er sieht, daß es nur um die Haftungsgrundlage geht. Zweifelhaft auch GK-Schilling, 3. Auflage, § 222 Anm. 4: Schilling erklärt den Schutz der Gläubiger gemäß § 225 daraus, daß diesen die Möglichkeit fehle, die Kapitalherabsetzung zu verhindern. Soweit damit gemeint ist, daß die Einräumung einer solchen Möglichkeit für Dritte überhaupt eine denkbare Alternative darstellt, ist dies unrichtig. Dies ist - bei Wahrung der Grenzen und Integrität der Aktiengesellschaft - nicht der Fall.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Die gleiche Systematik findet sich bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung206, die allerdings gegenüber der ordentlichen Kapitalherabsetzung abgeschwächten Gläubigerschutz bietet. § 233 schränkt lediglich die Möglichkeit der Gewinnausschüttung ein. Diese gesetzliche Interessenbewertung erklärt sich daraus, daß die vereinfachte Kapitalerhöhung gemäß § 229 ohnehin nur zur Buchsanierung zulässig ist 207 . Vermengungen der Unterscheidung zwischen Hinnehmenmüssen der so verfaßten Gesellschaft einerseits und dem Schutz der Gläubiger entsprechend ihren Rechtsbeziehungen andererseits in der Literatur ist entgegenzutreten: § 229, der die Voraussetzungen der Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung regelt, dient nicht dem Schutz der Gläubiger 208 . Dem Argument Schillings 209 , der § 229 schütze auch die Gläubiger vor der Entbindung des Kapitals, kann nicht gefolgt werden. Die eigentliche Gläubigergefährdung liegt bei der Entbindung darin, daß Kapital an die Aktionäre ausgezahlt werden darf, das vorher als haftendes zur Verfügung stand. Dies ist aber bei der vereinfachten Herabsetzung ohnehin durch § 230 dauerhaft 210 verhindert. Das haftende Kapital im untechnischen Sinne bleibt also das gleiche. Die Vorschrift liegt allein im Aktionärsinteresse 211. Der schwere Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht 212 soll nur als ultima ratio 213 zulässig sein. Bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien hängt der Gläubigerschutz davon ab, ob die Voraussetzungen des § 237 III vorliegen: Bei der der ordentlichen Kapitalherabsetzung entsprechenden Kapitalherabsetzung durch Einziehung gilt § 225. Wendet die Gesellschaft gar keine Mittel auf, weil volleingezahlte Aktien unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (III Nr. 1) oder verwendet sie ohnehin ungebundene Mittel zum Ankauf volleingezahlter Aktien (III Nr. 2), so muß der Aktiennennbetrag der eingezogenen Aktien in die gesetzliche Kapitalrücklage eingestellt werden. Zwar ist die fortdauernde Bindung des in die Rücklage einzustellenden Vermögens tatsächlich eine Modifikation der Folgen 2()6

Dazu eingehend Wenger, ZIP 1993, S. 322 ff. Hüffer, AktG, § 229 Rn 2. Die Gläubigergefährdung ist also schon vor der Kapitalherabsetzung eingetreten und zwar durch Verluste der Gesellschaft. Eine Sicherheitsleistung würde die Gläubiger daher besser stellen (und die angeschlagene Gesellschaft überfordern). Durch Sicherheitsleistung kann sich die Gesellschaft von den Restriktionen der Gewinnausschüttung befreien (§ 233 II 2). 208 So aber für § 229 II, der die Auflösung der Rücklage als Zulässigkeitsvoraussetzung regelt, Hüffer, AktG, § 229 Rn 11; KK-Lutter, § 229 Rn 23, jeweils ohne Begründung, und GK-Schilling, § 229 Anm. 5. 209 In GK, 3. Auflage, § 229 Anm. 5. 210 Hüffer, AktG, § 230 Rn 3. 211 Dem nahestehend Schlegelberger-Quassowski, § 183 Rn 1: „Immerhin ist der Aktionärsschutz der eigentliche Zweck der Vorschrift". 212 KK- Lutter, § 229 Rn 23. 213 Hüffer, AktG, § 229 Rn 11. 207

. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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der Kapitalherabsetzung. Auch ist es sicher nicht falsch, diese Modifikation mit dem Schutz der Gläubiger in Verbindung zu bringen. Dennoch wäre es unrichtig, § 237 I I I als Ausdruck eines rechtlich geschützten Interesses der Gläubiger an der Kapitalherabsetzung zu begreifen 214. § 237 I I I rückt den in Rede stehenden Betrag in den Bereich der Kapitalerhaltungsvorschriften. Der Schutz, den diese Vorschriften gewähren, ist auf die Gesellschaft bezogen215. Die die Gläubiger schützenden Haftungstatbestände sind wiederum unabhängig davon, was die Gesellschaft beschließt. Schließlich läßt sich abseits von den Vorschriften über den Schutz der Gläubiger in ihren Individualbeziehungen ein Drittinteresse am Beschluß auch nicht an Publizitätsvorschriften festmachen. Lutter ist zu widersprechen, wenn er das Drittinteresse am Kapitalherabsetzungsbeschluß aufgrund der Zweckangabepflicht gemäß §§ 222 III, 229 I S. 2, 237 I I S. 1, 237 IV S. 4 mit der Erwägung begründet, auch Dritte sollten sehen, ob die Gesellschaft zu viel oder zu wenig Geld habe 216 . Diese Informationen dürften sich Dritten eher durch einen Blick in die Bilanz erschließen 217. Daß die Gläubiger anders geschützt sind, gibt Lutter denn auch selber zu 2 1 8 . Der Sinn der Vorschriften über den Beschlußinhalt liegt demgegenüber in der Bindung der ausführenden Verwaltungsorgane 219: Der Vorstand soll in seinen ausführenden Handlungen durch die Zweckangabe geleitet werden. Die gesetzliche Regelung zeigt damit den oben schon herausgearbeiteten Unterschied: Dritte haben den Verband in seiner Gestalt hinzunehmen. Ein rechtlich geschütztes Interesse an dieser Gestalt sieht das Gesetz auch bei schon bestehenden Rechtsverhältnissen nicht. Die Gläubiger erhalten aber entsprechend ihrem Interesse mit Sicherheitsleistungsansprüchen oder der Anwendung von Kapitalerhaltungsvorschriften Schutz vor den Folgen der Kapitalherabsetzung in ihren Rechtsverhältnissen. Für den Beschluß bleibt es bei dem oben 214 Gegen Hüffer, AktG, § 237 Rn 38: „Norm bezweckt Schutz der Gesellschaftsgläubiger.", und gegen KK-Lutter, § 237 Rn 112 ff. und GK-Schilling, 3. Auflage, § 237 Anm. 37, ein gegen die Vorschrift vestoßender Beschluß sei wegen § 241 Nr. 3 nichtig. Auch hier stellt sich wieder die Frage, was die Anordnung der Beschlußnichtigkeit im Hinblick auf den zu schützenden Gläubiger gegenüber der bloßen Feststellung, daß der Betrag der Bindung unterliegt, bewirkt. Die Antwort ist: Nichts. 215 Wilhelm, FS Flume, S. 347; Flume, 11, § 7 ΠΙ 5, S. 105 f. 216 Lutter, NJW 1969, S. 1875; folgend Bokelmann, DB 1994, S. 1344. 217 Dies deckt sich mit dem generellen Befund von Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 72 ff, 88, daß Gesellschaftsrecht als Organisationsrecht grundsätzlich keine kapitalmarktrechtlichen Elemente enthält. Die von Mülbert vorgenommene kapitalmarktrechtliche Neuinterpretation des Organisationsrechts ist hier nicht zu diskutieren. Die Richtigkeit des Konzepts kann dahinstehen, da es Mülbert nicht um einen Transport externer Interessen in die Aktiengesellschaft, sondern um innerkorporativen Interessenschutz geht, vgl. Mülbert, a.a.O., S. 152. 218 Lutter, NJW 1969, S. 1875. 219 So richtig Hüffer, AktG, § 222 Rn 20 und wohl auch GK-Schilling, 3. Auflage, § 222 Rn 9, 17; für die ältere Kommentarliteratur, Staub, § 2 8 8 R n 13 ff. und Schlegelberger-Quassowski, § 175 Rn 6 f.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

gezeigten Ergebnis. Er wirkt nur nach innen und bindet Aktionäre, Verwaltung und Gesellschaft.

(c) Umwandlung Eine noch weitergehende Veränderung der juristischen Person ist durch die verschiedenen Formen der Umwandlung gemäß § 1 I UmwG 2 2 0 bewirkt. Die internen Wirkungen des Beschlusses lassen sich auch hier wie oben dargelegt beschreiben: Der Beschluß gilt für die internen Interessenträger und bindet diese. Für die ausführenden Organe beinhaltet er eine organsiationsrechtliche Verpflichtung. Die Regelung des Gesetzes zum Schutz der mit der Gesellschaft in Drittbeziehungen verbundenen unterscheidet sich nach Art der Umwandlung.

(aa) Umwandlung durch Verschmelzung Die Verschmelzung gemäß §§2 ff., 60 ff. UmwG kann in tatsächlicher Weise Drittinteressen berühren. Für eine Gruppe der Gläubiger existiert ihr ursprünglicher Schuldner formal nicht mehr. Dies gilt für die Gläubiger der übertragenden Gesellschaft sowie für die Gläubiger beider Gesellschaften, wenn es sich um eine Verschmelzung durch Neubildung handelt. Materiell haben auch die anderen Gläubiger eine Interessengefährdung zu gewärtigen, weil sich die Grundlagen der Bonität ihres Schuldners massiv ändern: Für die übernehmende Gesellschaft kann eine Gefährdung durch Verschuldung der übertragenden Gesellschaft entstehen. Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es den Gläubigern bei Nachweis der Gefährdung der Forderung einen Anspruch auf Sicherheitsleistung einräumt, § 22 I UmwG. Die Vorschrift hat mit der Beschlußwirksamkeit nichts zu tun 221 . Zusätzlich gewährt das Gesetz gemäß §§ 25, 27 UmwG Schadensersatzansprüche gegen die sorgfaltswidrig verschmelzende Verwaltung. In bestimmten Fällen wird die Anwendung der Vorschriften über die Kapitalerhaltung durch Verweis auf die Nachgründung angeordnet (§ 67 UmwG).

(bb) Umwandlung durch Spaltung Ebensolche Schutzmechanismen zeigt die Regelung der Spaltung gemäß §§123 ff. UmwG mit Verweis auf die Verschmelzung in § 125 I UmwG, der Haftung der Verwaltung gemäß § 1331 UmwG und der besonderen gesamt220 221

Dazu Bork, ZGR 1993, S. 343 ff.; Kallmeyer, ZIP 1994, S. 1746. Ausdrücklich die Amtliche Begründung zum RegE bei Neye, UmwG, S. 152.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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schuldnerischen Haftung der Anlagegesellschaft für die Forderungen der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft bei der Betriebsaufspaltung (§ 1341 UmwG). Auf die Spaltung von Aktiengesellschaften ist in allen Fällen Gründungsrecht anzuwenden, § 144 UmwG.

(cc) Umwandlung durch Vermögensübertragung Der Schutz Dritter ist bei der Vermögensübertragung gemäß §§174 ff. UmwG vollständig durch Verweisung auf die Verschmelzung 222 und die Spaltung 223 geregelt und bedarf daher keiner gesonderten Erörterung.

(dd) Umwandlung durch Formwechsel Auch für die Umwandlung durch Formwechsel setzt das Gesetz die schon bekannten Mittel zur Sicherung Dritter ein. Zu nennen sind die Anwendung von Gründungsrecht gemäß § 197 UmwG, der Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung gemäß § 204 UmwG mit § 22 UmwG und die Schadensersatzhaftung der Verwaltungsmitglieder in § 205 UmwG. Damit zeigt auch die Umwandlung keine Außenwirkung von Beschluß und Maßnahme.

(d) Unternehmensverträge Hinsichtlich der Bedeutung des Beschlusses für die Rechtsbeziehung der Gesellschaft zu dem herrschenden Unternehmen gilt das allgemein oben für die Rechtsverhältnisse mit Dritten Gesagte. Mit dem Abschluß von Unternehmensverträgen geht eine starke Veränderung der Gestalt des Verbandes 224 einher. Dem Gläubiger tritt nun weniger der qua Erwerbsorientierung an eigener Vermögensmehrung interessierte Schuldner gegenüber, sondern eine Drittinteressen unterworfene Gesellschaft 225, mit deren Herrschenden den Gläubiger nichts verbindet. Geschützt wird der Gläubiger einmal durch die Anordnung der Wahrung der Integrität des Kapitals der abhängigen Gesellschaft (§§ 300 - 303). Weiter kann er nach Aufhebung der ihn mitsichernden Verlustausgleichspflicht gemäß § 302 Sicherheitsleistung verlangen (§ 303). Auch hier zeigen sich also gegenüber dem bisher Untersuchten keine Besonderheiten.

222 223 224 225

Für die Fälle der Vollübertragung, vgl. §§ 176, 178, 180, 186, 188 UmwG. Für die Teilübertragung gemäß §§ 177, 179, 184, 186, 189 UmwG. Hüffer, AktG, § 291 Rn 2. Hüffer, AktG, § 15 Rn 3.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Schließlich schützt den Gläubiger die Haftung der Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 309, 310. Hinzuweisen ist hierbei darauf, daß der Schadensersatzanspruch der Gesellschaft durch Vergleich und Verzicht mit Wirkung für die Gläubiger nicht ausgeschlossen werden kann (§§ 309 IV S.4, 310 IV). Dasselbe gilt im Bereich des faktischen Konzerns gemäß §§ 317, 318. Dies war als Beleg gerade für die Entkoppelung von Gläubigerinteresse einerseits und Beschluß und Maßnahme andererseits zu sehen226.

(e) Eingliederung Im Falle der Eingliederung stellt sich die Interessenlage wie bei den Unternehmensverträgen dar. Der vollständigen Abhängigkeit des eingegliederten Unternehmens trägt das Gesetz Rechnung, indem es den Gläubigern die Hauptgesellschaft als weiteren Schuldner zur Verfügung stellt (§ 322). Um auf deren Bonität nicht bauen zu müssen, kann der Gläubiger Sicherheitsleistung verlangen (§ 321).

(f) Beschlüsse in Abweichung von der Haftungsverfassung der Aktiengesellschaft Als Beispiel eines die Gläubiger beeinträchtigenden Beschlusses werden von der Kommentarliteratur Beschlüsse angefühlt, die von der gesetzlichen Haftungsverfassung der Aktiengesellschaft abweichen. Gedacht ist dabei an §§ 57, 71 ff. 2 2 7 . Es ist aber ganz offensichtlich, daß die Gesellschaft durch einen solchen Beschluß das Interesse ihres Gläubigers nicht beeinträchtigen kann 228 . Aus dessen Sicht kann die Gesellschaft beschließen, was sie will: Die Haftungsfolgen, die sich aus einer Verletzung des § 57 I ergeben, sind hiervon ganz unabhängig (§ 93 V S. 3).

(3) Ergebnis der Durchsicht der einzelnen Beschlüsse und Maßnahmen Zusammenfassend läßt sich als Ergebnis der Untersuchung der einzelnen Maßnahmen folgendes feststellen:

226

Vgl. oben S. 58 f. Hüffer, AktG, § 241 Rn 17; KK-Zöllner, § 241 Rn 103 f.; GK-Schilling, 3. Auflage, § 241 Anm. 20. 228 Nunmehr zutreffend der Großkommentar in der 4. Auflage, GK-Schmidt, § 243 Rn 11, es müsse sich um eine Verbotsnorm betreffend das Verfahren der Hauptversammlung oder den Inhalt des Beschlusses handeln. Vgl. demgegenüber die Vorauflage in der Vornote. 227

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Es hat sich bei allen untersuchten Maßnahmen herausgestellt, daß von einer Beschlußwirkung nach außen nicht zu reden ist. Interessen Dritter, vor allem der Gläubiger, sieht das Gesetz weder am Beschluß noch an der Maßnahme. Demgemäß schützt das Gesetz die Dritten auch nicht durch Rechte in Hinsicht auf den Beschluß oder an der Maßnahme. Für ihren Schutz werden andere Sicherungs- und Haftungsmechanismen eingesetzt, die die Wirksamkeit von Beschluß und im Beschluß geregelter Maßnahme nicht betreffen. Der Schutz erfolgt für sie stets nur in der Rechtsbeziehung zum Verband. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß Dritte Beschluß und Maßnahme als solche hinnehmen müssen, daß diese aber nicht gegen sie wirken. Von Beschlußwirkung ist demgegenüber nur nach innen zu sprechen. Diese Wirkung ist als für alle verbindliche Geltung der Regelung und als Bindung zu charakterisieren. Es ist damit das erste Ziel in der Argumentation gegen eine institutionelle Auffassung des Anfechtungsrechts erreicht: Der Aktionär kann mit der Anfechtungsklage keine rechtlich geschützten Interessen Dritter am Beschluß wahren, weil es solche Interessen nicht gibt. Das zweite Argumentationsziel betrifft nicht mehr den Schutz konkreter Rechtspositionen, sondern die Frage, ob der Aktionär zum Wahrer der objektiven Ordnung des Aktienrechts bestellt ist.

b) Die Entbehrlichkeit der Anfechtung durch den Aktionär für eine Kontrolle der Vereinbarkeit von Beschlüssen mit der Rechtsform Der Aktionärsanfechtungsklage wird eine Funktion für die Sicherung der Rechtsform zugesprochen 229. Man sagt, mit der Klage würden auch öffentliche Interessen gewahrt. Dies ist ebenso unrichtig wie die Behauptung einer Funktion für den Schutz Dritter. Der Nachweis der Unrichtigkeit kann nicht wie oben erfolgen, indem dargelegt wird, daß ein entsprechendes Interesse nicht besteht. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Rechtsform soll nicht bestritten werden. Die Einhaltung der Rechtsform ist aber ganz ohne Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gesichert: Die Folge eines Verstoßes gegen die Vorschriften, die die Rechtsform konstituieren, ist die Unwirksamkeit der getroffenen Regelung im Hinblick auf die mit ihr intendierten Rechtsfolgen, ohne daß es einer Gestaltungsklage, sei es Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage, bedürfte. Ist so gezeigt, daß die Anfechtungsklage zur Einhaltung der Rechtsform in keiner Weise notwendig ist, ist es wenig überzeugend, ihr entsprechende Funktion zuzusprechen. 229 Lutter, NJW 1969, S. 1878; ders., ZGR 1978, S. 249 ff.; Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 141 ff.; ausdrücklich Bokelmann, DB 1994, S. 1343; ebenso Boujong, FS Kellermann, S. 6 ff.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Das Argument reicht aber noch weiter: Die Art und Weise der Wahrung der Rechtsform richtet sich nach der Art der Mängel und dem Gang der Zeit, ganz unabhängig von der Regelung der §§241 ff. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage sind, wenn sie innerhalb der Monatsfrist des § 2461 erhoben werden, gegenüber einer Mängelklassifikation blind. Wird die Nichtigkeitsklage nach Ablauf der Frist des § 246 erhoben, so ist sie in der Form, wie sie vom Gesetzgeber 1937 gesehen wurde, eine für das Aktienrecht inadäquate Regelung, weil der Zeitfaktor, d. h. die Tatsache, daß sich die Gesellschaft weiterentwickelt, unzulänglich berücksichtigt wurde. Hieraus ist zu sehen, daß Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage auch gar nicht geeignet sind, die Einhaltung der Rechtsform zu sichern. Der Gang der Darstellung folgt der Logik der Rechtsformkontrolle: Nach einer Darstellung der Arten von Beschlußmängeln (1) werden deren Folgen erörtert. Dies geschieht in Gegenüberstellung zu dem, was Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bewirken (2).

aa) Arten von Beschlußmängeln Der Beschluß kann sowohl als Akt als auch als Regelung mangelhaft sein. Wie bei allen Rechtsgeschäften lassen sich diese beiden Tatbestände unterscheiden230. Zur Verdeutlichung diene ein Vergleich mit dem Bürgerlichen Recht. Die Regelung eines verfügenden Rechtsgeschäftes kann die sein, daß dem Empfänger die Sache verbleiben soll, wie im Falle der Übereignung. Der Beschluß trifft in der Regel weder eine schuldrechtliche noch eine sachenrechtliche Regelung. Die Regelung eines Beschlusses, beispielsweise gemäß § 179 I S . 1, läßt sich in individualrechtlichen Kategorien nicht fassen, sie ist organisationsrechtlicher Art. Das Gesetz kennt die Unterscheidung von Akt und Regelung in den Begriffen Zustandekommen und Inhalt beispielsweise in § 241 Nr. 3 und 4. Im ersten Fall liegt der Fehler in der Beschlußfassung. Die weit überwiegende Zahl der aktienrechtlichen Normen, die sich tatbestandlich an den Beschluß wenden, sind dieser Natur (z.B. §§ 17911,111, 180 hinsichtlich der Satzungsänderung; §§ 182 I S. 1, 182 II, 183 I S . 3 betreffend die Kapitalerhöhung). Für den zweiten Fall ist damit gemeint, daß die Beschlußregelung den Tatbestand einer Norm erfüllt, die gerade eine solche Regelung untersagt. Normen, die die Regelung des Beschlusses betreffen sind zum Beispiel § 182 I S. 4 betreffend die Zulässigkeit der Kapitalerhöhung nur durch Ausgabe neuer Aktien, § 182 III über die Pflicht zur Festsetzung des Mindestausgabebetrags im Beschluß und

230

Grundlegend Flume, II, § 6, S. 78 ff.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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§ 182 IV S. 1 betreffend das Verbot der Kapitalerhöhung vor Vollzahlung der alten Aktien. Ebenfalls ein Mangel in der Regelung liegt vor, wenn der Beschlußgegenstand gegen Vorschriften verstößt, die das Aktiengesetz gar nicht im Zusammenhang mit der Beschlußregelung nennt 231 . Solche Vorschriften werden von der Literatur im Zusammenhang mit § 241 Nr. 3 2. Fall genannt: §§ 225, 233 betreffend den Schutz der Gläubiger bei der Kapitalherabsetzung, § 303 über den Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung nach Ende des Unternehmensvertrages, § 321 über den Anspruch der Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft auf Sicherheitsleistung, § 22 UmwG 2 3 2 über den Anspruch der Gläubiger der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften auf Sicherheitsleistung. Der Unterschied zu den vorgenannten Verstößen liegt nicht in der Unterscheidung zwischen Akt und Regelung - in beiden Fällen ist die Regelung mangelhaft - sondern darin, daß sich die letztgenannten Vorschriften offensichtlich tatbestandsmäßig nicht an den Beschluß wenden. Sie betreffen die Verfassung der Aktiengesellschaft nicht, sondern regeln Ansprüche der Gläubiger gegen die Gesellschaft. In bezug auf die Folgen eines Verstoßes gegen sie gehören die konstitutiven Regeln 233 , die erst dazu führen, daß man überhaupt von einem Beschluß sprechen kann, wie beispielsweise § 121 I 2 3 4 weder zu den Vorschriften über den Inhalt noch zu denen über das Zustandekommen235. Man führt hier das Beispiel an, daß sich die Mitglieder ohne Einberufung 236 treffen, und eine „Hauptversammlung" abhalten. Es sind dies die Normen, die das äußere Handeln der Beteiligten erst als sinnvolles verständlich machen. Gegen diese Regeln kann man im eigentlichen Sinne nicht verstoßen, wenn man hierunter eine Normverletzung ansieht, die systemimmanent erfaßt und sanktioniert werden kann. Die Nichtbeachtung führt zur Aufhebung der aktienrechtlich konstituierten Sinnhaftigkeit: Eine „Hauptversammlung", die nicht einberufen wurde, sondern aus einigen, sich zufällig auf der Straße treffenden Aktionären besteht, ist keine. Ihr Diskutieren und Beschließen stellt sich als sinnlos dar, jedenfalls solange sich keine andere sinnstiftende Identität bildet. Ebenso nicht hierher zählen die Fälle, in denen der Beschluß nicht mangelhaft ist, das Gesetz für seine Wirksamkeit aber zusätzliche Voraussetzungen

231 Anders wohl GK-Schmidt, § 243 Rn 11, 16, der meint, gegen solche Vorschriften könne ein Beschluß gar nicht verstoßen. 232 GK-Schilling, 3. Auflage, § 241 Anm. 20; Hüffer, AktG, § 241 Rn 17; GHEK-Hüffer, § 241 Rn 43, bei allen noch § 347 AktG (alt) = § 22 UmwG. 233 Vgl. dazu Röhl, Rechtslehre, § 27 3, S. 232 f. 234 Dies ist nicht zu verwechseln mit der manipulativen Rechtsprechung in Sachen Texaco/RWE und Beiersdorf, vgl. oben S. 35, Fn 72. 235 Ebenso GK-Schmidt, § 241 Rn 11. 236 Flechtheim, FS Zitelmann, S. 4 f.; GK-Schilling, 2. Auflage, § 195 Anm. 5.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

nennt 237 . Sie werden in der Regel in der Kategorie der Unwirksamkeit gefaßt 238 . Solche Voraussetzungen nennen zum Beispiel § 179 I I I betreffend das Erfordernis der Zustimmung der Aktionäre der benachteiligten Gattung bei Änderung des Verhältnisses der Aktiengattungen, § 182 I I betreffend das Erfordernis eines zustimmenden Sonderbeschlusses bei der Kapitalerhöhung und § 222 I I für das Erfordernis eines zustimmenden Sonderbeschlusses bei der Kapitalherabsetzung. Entgegen verbreiteter Einteilung 239 gehören die „eintragungspflichtigen" 2 4 0 Beschlüsse gar nicht hierher. Diese Beschlüsse sind voll wirksam, nur die mit ihnen intendierte Maßnahme ist es noch nicht 241 . Der von Zöllner 242 vermißte faßbare Unterschied steht beispielsweise für die Satzungsänderung im Gesetz, vgl. § 179 I. Die Satzungsänderung ist mehr als der Beschluß. Entgegen Karsten Schmidt 243 ist aber nicht von einem „Doppeltatbestand" zu sprechen, weil Tatbestände gewöhnlich nicht nach der Anzahl der Tatbestandsmerkmale systematisiert werden. Um es klar zu sagen: Es gibt keine Beschlüsse, die zu ihrer „Wirksamkeit" der Eintragung im Handelsregister bedürfen 244. Dies betrifft nur die Wirkungen der im Beschluß intendierten Maßnahme 245 , die der Beschluß regelmäßig 246 weder hat noch haben könnte.

237

Ebenso GK-Schmidt, § 241 Rn 14 ff. Irreführend die Begriffsbildung bei Thöni, GesRZ 95, 73 ff., der die Unwirksamkeit als „Beschlußmängelfolge" bezeichnet, obwohl er selbst sieht, daß ein Mangel gar nicht im Spiel ist. 238 GHEK-Hüffer, § 241 Rn 18 ff. m.w.N. 239 GHEK-Hüffer, § 241 Rn 19; KK-Zöllner, § 241 Rn 13; GK-Schmidt, § 241 Rn 12; Bokelmann, DB 1994, S. 1342. 240 Begriff bei Hueck, Anfechtbarkeit., S. 250; heute Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 29 f. 241 Widersprüchlich Scholz-Karsten Schmidt, § 45 Rn 57, ein Beschluß, der zu seiner Wirksamkeit der Eintragung bedürfe, sei wirksam, obwohl er nicht eingetragen sei. Gemeint ist aber das Richtige: Die Satzungsänderung ist nicht wirksam. Verschwommen Thöni, GesRZ 95, 74, die Beschlüsse könnten eine „gewisse Wirksamkeit" entfalten. Sein Vergleich mit dem zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften ebenda, für das die Zustimmung noch fehlt, geht fehl. Dem Beschluß fehlt zu seiner Wirksamkeit nichts. 242 KK-Zöllner, § 241 Rn 13. Anders nunmehr ders., AG 1993, S. 72. Der von Hommelhoff, ZHR 158, S. 13, so genannte „Einheitsgedanke" zwischen Beschluß und Maßnahme müßte erst einmal nachgewiesen werden. Dagegen ders., ebenda S. 13 f. Die Frage ist nicht, ob sich der „Trennungsgedanke" mit dem Gesetz vereinbaren läßt, wenn dieses klar zwischen Beschluß und Satzungsänderung trennt. Daß damit über die Folgen des mangelhaften Beschlusses für die ausgeführte Maßnahme noch keine konkrete Aussage getroffen ist, ist ebenfalls klar. 243 In Scholz, § 45 Rn 57. 244 Diese Begriffsbildung führt immer wieder zu Widersprüchen. So bezeichnet GK-Schmidt, §241 Rn 16 die eintragungspflichtigen Beschlüsse als unwirksam. Gleichzeitig wird vertreten, die Eintragung unwirksamer Beschlüsse ins Handelsregister sei unzulässig, ebenda, Rn 19. 245 Richtig Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 30 ff. 246 Eine Ausnahme stellt beispielsweise die Entlastung dar.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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bb) Folgen von Beschlußmängeln Es ist nicht so, daß sich die Folgen der Mangelhaftigkeit des Beschlusses allein nach den Fehlertatbeständen, wie sie oben gezeigt wurden, systematisieren ließen. Entscheidend ist der Faktor Zeit. Geht man davon aus, daß sich die juristische Person auf der Grundlage des Beschlusses weiterentwickelt, so macht es einen erheblichen Unterschied, ob man die Folgen von Beschlußmängeln im Moment der (abgeschlossenen) Beschlußfassung diskutiert (statische Betrachtung) oder diese Folgen im Zeitablauf betrachtet (dynamische Betrachtung). Wie zu sehen sein wird, gibt auch die aktienrechtliche Kategorisierung in anfechtbare und nichtige Beschlüsse für eine Systematisierung nichts her. Die Regelung der Anfechtung ist als eine solche in statischer Betrachtung aufzufassen. Für eine Beurteilung der Beschlußmängel in dynamischer Sicht hält das Aktienrecht eine stringente Regelung nicht bereit.

(1) Die Regelung der Anfechtung als Regelung der Folge des mangelhaften Beschlusses in statischer Betrachtung Bei den Folgen von Beschlußmängeln in statischer Betrachtung ist zwischen Verstößen im Akt und solchen in der Regelung nicht zu unterscheiden 247. Verstöße gegen Vorschriften, die den Akt des Beschlusses betreffen, beseitigen alle mit dem Beschluß intendierten Rechtsfolgen. Es ist einleuchtend, daß die Vorschriften, die sich an den Beschluß als Akt richten und speziell diesem Akt die Anerkennung versagen, auch auf die Regelung als Ergebnis des Aktes zielen. Die Anerkennung der Regelung ohne Anerkennung des Aktes ist auf dem Boden der Privatautonomie grundsätzlich nicht möglich. Der die Regelung festlegende Akt ist die Legitimationsgrundlage 248, die anders nur durch materielle Regelung des Beschlußinhalts zu erlangen wäre: Es ist die Prozedur, die Legitimation und Grenzen des Eingriffs in die Privatautonomie des der Mehrheitsregel unterworfenen Mitglieds bereit hält. Die Prozedur entbindet von der Pflicht der Regelung des inhaltlich richtigen Beschlusses. Aus diesem Grunde würden bei Nichteinhaltung der Prozedur sowohl die mit der Regelung intendierten Rechtsfolgen als auch die Bindung wegfallen. Nicht anders sind die Folgen eines Verstoßes gegen ein Verbot der Regelung zu beurteilen. Die Regelung darf die gewollten Rechtsfolgen nicht entfalten. Wenn die Regelung die gewollten Rechtsfolgen nicht entfaltet, dann ist auch nicht mehr ersichtlich, woran und inwiefern die Mitglieder gebunden sein sollen. 247 248

Flume, II, § 30, 7, S. 554; Baltzer, Beschluß, S. 179. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I 3 a, S. 357.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Stellt man dem Gesagten die Regelung der Anfechtungsklage gegenüber, so wird deutlich, daß das Gesetz innerhalb der Anfechtungsfrist einen statischen Standpunkt 249 einnimmt. Innerhalb der Monatsfrist des § 246 ist die Entwicklung der Gesellschaft angehalten, eine Integration der Gesellschaft innerhalb dieses Zeitraums auf der Grundlage des Beschlusses wird verhindert 250 . Damit ist offensichtlich, daß diese Frist von kardinaler Bedeutung251 ist. Die auf Erwerbstätigkeit ausgerichtete Aktiengesellschaft dürfte eine sehr viel längere Unterbrechung ihrer Entwicklung nicht vertragen 252. Flume 253 sagt deswegen zu Recht, daß eine wesentliche Änderung dieser Frist den Charakter der Anfechtung verändern würde. Bei einer erheblich längerer Frist könnte man eine Fortentwicklung des Verbandes auf der Grundlage des mangelhaften Beschlusses nicht verhindern. Eine gestaltende Wirkung der Anfechtungsklage käme dann für die Vergangenheit nicht mehr in Frage 254 . Die Natur der Anfechtungsklage würde sich damit zwangläufig ändern 255. Die Erhebung der Anfechtungsklage verhindert in der Regel die Integration auf der Grundlage des Beschlusses für die Dauer des Verfahrens 256. Die Anfechtung in ihrer jetzigen Ausgestaltung beseitigt den Beschluß als das Mitglieder und Gesellschaft bindende Ergebnis der Beschlußfassung. Sie regelt damit das, was in statischer Betrachtung gelten würde. Dabei stellt das Gesetz die Vernichtung sachgerechterweise in die Willensmacht der Beteiligten 257 . Die Gegenüberstellung der Folgen von Beschlußmängeln in statischer Betrachtung und der Anfechtungsklage hat die Regelung der Anfechtungsklage als eine statische Regelung ausgewiesen. Über die Tauglichkeit des Instruments zur Wahrung der Rechtsform läßt sich hieraus nichts aussagen: Einerseits ist 249

Ebenso Brondics, Aktionärsklage, S. 48; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 I 3, S. 418 f. Dies gilt wenigstens für alle Änderungen der Satzung der Aktiengesellschaft, auf der diese sich maßgeblich integriert. Während der Monatsfrist wird nicht eingetragen, GHEK-Hüffer, § 243 Rn 133 m.w.N., jedenfalls nicht, wenn ein Widerspruch zu Protokoll gegeben wurde, der Registerrichter muß den Ablauf der Anfechtungsfrist abwarten, vgl. Keidel/Kuntze/Winkler-Winkler, § 127 Rn 13; anders, aber ohne Diskussion dieser Frage, Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 26 f. 251 Flume, I 2, § 7 VII, S. 256 f. 252 So schon Flechtheim, FS Zitelmann, S. 6 f., der meint, die Ungewißheit sei schlimmer als das ungünstige Urteil. Das überzeugt, weil die Gesellschaft in dieser Phase noch nicht einmal einen neuen Anlauf nehmen kann, so Hirte, DB 1993, S. 77. Zu Unrecht wird dieser Gedanke von Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 28 f. auf die Folgen des fehlerhaften Beschlusses „fortgeschrieben". 253 I, 2, § 7 VII, S. 257. 254 Vgl. dazu unter (0). 255 Man könnte an eine gestaltende Funktion für die Zukunft denken. Für die Vergangenheit bliebe Schadensersatz. 256 Boujong, FS Kellermann, S. 4; zu Registersperren und Verfahren, vgl. unten S. 156 ff. 257 Denknotwendig ist dies nicht. Es ließe sich auch innerhalb der Frist eine staatliche Kontrolle zur Wahrung innerkorporativer Interessen denken. 250

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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die Anfechtungsklage geeignet, alle mangelhaften Beschlüsse zu beseitigen, geht also über das hinaus, was zur Wahrung der Rechtsfolge notwendig wäre. Andererseits steht sie zur Disposition der Beteiligten, vermag also die Wahrung dieser Rechtsfolge nicht zu garantieren. Die Untauglichkeit der Klagrechte zur Wahrung der Rechtsform zeigt sich erst in der dynamischen Betrachtung.

(2) Die Folgen von Beschlußmängeln in der Zeit - dynamische Betrachtung Zu ganz anderen Folgerungen gelangt man, wenn man den mangelhaften Beschluß in seinem weiteren Schicksal verfolgt. Man muß davon ausgehen, daß der Verband sich auf der Grundlage des Beschlusses weiterentwickelt. Die Gesellschaft integriert sich in der Zeit auf der Grundlage des Beschlusses immer neu als eine solche, für die der Beschluß gilt 2 5 8 . Deswegen ist es richtig, die Gesellschaft als eine auf der Grundlage des Beschlusses verfaßte zu betrachten. Ein weiteres Argument hierfür läßt sich aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der Rückabwicklung gewinnen. Es verfestigen sich die vorher nur als rechtliche Wirkungen zu bezeichnenden Folgen des Beschlusses mit fortschreitender Integration in der Wirklichkeit: Es bleibt nicht bei den Rechtswirkungen, sondern die auf der Grundlage des Beschlusses weiter wirtschaftende Gesellschaft schafft Fakten. Eine solche vom Recht kaum noch zu beseitigende Wirkung 259 kann sich für den Fall, daß der Beschluß der Ausführung bedarf, aus der Faktizität der Ausführung ergeben 260. Die Rückabwicklung ist aber nicht nur dann unmöglich, wenn der Beschluß eine Maßnahme vorgesehen hat, die ausgeführt wurde. Diese Unmöglichkeit kann sich auch für Beschlüsse zeigen, die überhaupt keiner Ausführung bedürfen. Sie kann dadurch herbeigeführt werden, daß alle Beteiligten den Beschluß als geltend behandelt und sich entsprechend verhalten haben261. Es ist also ersichtlich, daß der Zeitablauf Einfluß darauf hat, wie die Folgen von Beschlußmängeln zu beurteilen sind. Im Zeitablauf wird die Unterscheidung der Arten von Beschlußmängeln bedeutsam.

258

Flume, II, § 30, 7, S. 554. Krieger, ZHR 158 (1994), spricht für den Fall der Verschmelzung von einem GAU, den eine angeordnete Rückabwicklung bedeuten würde; ähnlich Westermann, ZHR 156 ( 1992), S. 226. 260 Diese kann man von der Beschlußregelung trennen, vgl. § 20 UmwG. 261 So beispielsweise für die komplex wirkende Entlastung. 259

6 Slabschi

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

(i) Mängel im Akt Hinsichtlich der Mängel, die den Beschluß als Akt betreffen, ist zu sagen, daß die Einschätzung, die noch bei der statischen Betrachtung getroffen werden konnte, nämlich daß dem Beschluß einfach die Wirksamkeit zu versagen ist, nicht mehr gehalten werden kann. Der Verband hat sich auf der Grundlage der Regelung integriert, so daß es nicht möglich ist, dieser einfach die Wirksamkeit zu versagen. Auf dieser Grundlage läßt sich eine Nichtigkeit des Beschlusses nicht mehr annehmen. Es erscheint auch nicht nötig, dem Beschluß die Wirkungen zu versagen. Es sind gerade die innerkorporativen Interessenträger, die sich vor diesem Beschlußhintergrund entwickelt haben und in deren Interesse 262 die Normen über den Beschlußakt liegen. Vor dem Hintergrund des auf der Regelung weiterarbeitenden Verbandes verblaßt gewissermaßen der Verstoß in der Beschlußfassung. Es läßt sich für diesen Fall den Vorschriften des § 241 Nr. 3 und 4 die Wertung entnehmen, daß ein Beschluß der nicht in der Regelung (seinem Inhalt nach), sondern nur im Akt (nach der Art seines Zustandekommens) mangelhaft ist, in der Zeit bestehen bleibt 263 . (ii) Mängel in der Regelung Für Mängel der Beschlußregelung ist weiter zu differenzieren.

(a) Vorschriften, die die Verfassung der Aktiengesellschaft betreffen Wie festgestellt, hat sich die Gesellschaft auf der Grundlage des Beschlusses fortentwickelt. Es ist zwar nicht grundsätzlich unmöglich, den Beschluß als unwirksam anzusehen. Fraglich ist aber, ob damit eine sinnvolle Rechtsfolge schon präzise bezeichnet ist. Betrachtet man die Regelung und die auf dieser

262 Nur erklärungshalber, nicht weil es systematisch hierher gehört, sollen noch einige Klarstellungen zum Außen Verhältnis erfolgen. Was dieses angeht, besteht ohnehin kein Grund, die Regelung anzuzweifeln. Es interessiert Dritte, deren Rechtsbeziehungen mit der Gesellschaft vom Beschluß abhängen, oder die mit dem Verband auf der Grundlage des Beschlusses in Rechtsbeziehung getreten sind, gar nicht, wie dieser Beschluß zustandegekommen ist. Es wäre auch nicht etwa geboten, eine Regelung zu ersinnen, wie sie beispielsweise die Vorschriften über die Irrtumsanfechtung im Bürgerlichen Recht darstellt. Dort ist man durch den Grundsatz der Privatautonomie gehindert, dem beispielsweise Irrenden jede Berufung auf den Irrtum abzuschneiden und ihn somit zu binden. Eine vergleichbare Situation liegt bei der juristischen Person nicht vor, wenn sich der Verband schon auf der fehlerhaften Grundlage weiterentwickelt hat. 263 Ausnahmen hiervon in § 241 Nr. 1. Hierfür gilt aber, wie folgend im Text ausgeführt wird, daß mit „Nichtigkeit" eine exakte Rechtsfolge noch nicht bezeichnet ist.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Grundlage integrierte Gesellschaft, so ist fraglich, wie sich der Mangel auswirkt. Eine Antwort auf solche Fragen ist in der Rechtswissenschaft mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft herausgearbeitet worden. Flume hat für die fehlerhafte Gesellschaft begründet, daß Normen, die auf Individualverhältnisse zugeschnitten sind, nicht auf die in Vollzug gesetzte Gesamthandsgesellschaft in ihrer rechtlichen Existenz als Personengemeinschaft anwendbar seien 264 . Man kann bei der Frage der Folgen der Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsvertrages nicht darüber hinwegsehen, daß die Organsation ein qualitatives Mehr gegenüber dem schuldrechtlichen Gesellschaftsvertrag ist. Deshalb nimmt man an, daß die Organisationseinheit insofern unabhängig vom schuldrechtlichen Geschäft sein muß, als man ihr die rechtliche Anerkennung nicht versagen kann. Die Organisationseinheit ist insofern vom Vertrag emanzipiert, als dessen Fehlerhaftigkeit keineswegs eine wie auch immer zu denkende Rechtsfolge der „Nichtigkeit" der Organisationseinheit auslöst265. Eine ganz ähnliche Situation zeigt sich beim mangelhaften Beschluß. Die Beschlußregelung nimmt auch vom Beschluß emanzipiert Gestalt an 266 . Es bleibt nicht beim Beschluß als Rechtsgeschäft. Die Beschlußregelung erlangt zum Beispiel im Falle der Satzungsänderung Normcharakter. Hat sich die Gesellschaft auf dieser Grundlage erst einmal integriert, so läßt sich auch hier mit der Frage nach der Wirksamkeit des Beschlusses nicht sinnvoll die „Wirksamkeit" der hieraus entstandenen Folgen, sondern höchstens eine Änderung für die Zukunft diskutieren. Man kann aus der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Gewinn ziehen, wenn man die Institute Gesellschaftsvertrag, Organisation und Beschluß gegenüberstellt 267. Es ergibt sich dabei nicht eine Parallelität von Beschluß und Gesellschaftsvertrag. Jedenfalls bei der juristischen Person entspricht dem Gesellschaftsvertrag - das ist die Satzung im Fall der schon 264 Flume, I 1, § 2 III, S. 17. Ein ebensolches Feld der Nichtanwendbarkeit von Normen, die auf Individualrechtsverhältnisse zugeschnitten sind, hat die Analyse der historischen Entwicklung gezeigt:Die individualrechtlichen Vorschriften über die Nichtigkeit sind auf den Beschluß nicht anwendbar. Aus der Parallelität dieses Befundes mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft es ist jeweils die Organisation, die gegenüber der bloßen Individualverbindung eine besondere Behandlung verlangt - ist auch die Auffassung zurückzuweisen, die Regelung der Nichtigkeitsgründe im Aktienrecht sei gegenüber dem Bürgerlichen Recht eine solche der Beschränkung von Nichtigkeitsfolgen. So für die fehlerhafte Gesellschaft v.a. Hueck, Recht der OHG, § 7 III, S. 82 und Kübler, Gesellschaftsrecht, § 15 V S. 194. Für die Gesamthand Flume, 1,1 § 2 III und StaubUlmer, § 105 Rn 336 ff., für die Beschlußmängel GHEK-Hüffer, § 241 Rn 5 f. und Noack, Beschlüsse, S. 60 ff. Die Vorschriften des Individualrechts passen einfach nicht. A.A. Noack, Beschlüsse, S. 17. 265

Flume, I, 1, $ 2 III, S. 13 ff, S. 17 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I, S. 120 ff. Unrichtig Geßler, ZGR 1980, S. 453, Beschluß und Satzungsänderung seien identisch. 267 Die Parallelen werden in jüngster Zeit zunehmend gezogen, vgl. Zöllner, AG 1993, S. 72; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), S. 59; Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 11 ff.; Krieger, ZHR 158 (1994), S. 37 ff.; vgl. zur älteren Aufassung ohne Problembewußtsein, Godin/Wilhelmi, AktG, § 248 Anm. 3. 266

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

existierenden juristischen Person - die Satzungsänderung. Der Beschluß ließe sich demnach nur mit den Willenserklärungen der Gründer vergleichen 268 . Der Vergleich ist in Hinsicht auf die Funktion des Beschlusses für die Satzungsänderung zu ziehen. Ungleich sind die beiden Tatbestände hinsichtlich ihrer rechtlichen Natur. Der Vergleich der Funktionen legt aber nahe, daß die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht unbedingt Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Satzungsänderung haben muß. Gegenteilig wird man sagen müssen, daß die Auswirkungen der Fehlerhaftigkeit des Beschlusses auf eine Satzungsänderung einer Einheitslösung nicht zugänglich sind 269 . Es ist am Beispiel der Satzungsänderung mit der Entscheidung über die Vernichtung des Beschlusses zwingend weder etwas über die Wirksamkeit der vom Beschluß zu unterscheidenden geänderten Satzung ausgesagt noch über die auf dieser Grundlage weiter vorgenommenen Handlungen 270 . Es stellt sich die Frage, ob die geänderte Satzung als eine für die Gesellschaft geltende anzusehen ist. Dies ist für den Fall, daß die Regelung gegen Normativbestimmungen verstößt, zu verneinen. Der Verband kann sich außerhalb der so gesetzten Grenzen nicht verfassen. Eine ganz andere Frage ist, was für den Fall, daß die Satzung so nicht gilt, für die hierauf erfolgten Handlungen festzustellen ist. Man kann jedenfalls nicht mit der „Nichtigkeit des Beschlusses" eine Rückabwicklung der darauf erfolgten Handlungen begründen 271. Es ist schon gar nicht ausgemacht, daß man „dem Beschluß" die Rechtsfolge Nichtigkeit anheften kann, was auch immer das konkret heißen soll. Es ist nur zu sagen, daß die gewollte Beschlußregelung nicht gilt. Es würde zu prüfen sein, wie die auf dieser mangelhaften Grundlage getätigten Ausführungen zu behandeln sind 272 . Dies läßt sich nur konkret für die jeweilige Beschlußregelung beantworten. Im Lichte dieser Differenzierung kommt es in Wahrheit auf die Wirksamkeit des Beschlusses gar nicht mehr an 273 . Der Angriff richtet sich eigentlich gegen die geänderte Satzung oder die Ausführung 274 . Es soll damit nicht bestritten 268

Ebenso Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 31. Mit Flume, I I , § 2 III, S. 28 für die fehlerhafte Gesellschaft. Ebenso schon die Allgemeine Begründung von 1884, bei Schubert/Hommelhoff, S. 468, für das Verhältnis von Beschluß und Ausführung, dazu Flechtheim, FS Zitelmann, S. 8 ff. 270 A.A. Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 12 ff., 15 ff., 22. Hommelhoff ist zuzustimmen, wenn er die Funktion des Beschlusses als Legitimationsgrundlage für die Strukturänderung betont. Die Trennung von Beschluß und Maßnahme ist aber schon aus analytischen Gründen unabdingbar. Es gibt daher kein „Einheitsprinzip" wie Hommelhoff meint. Deutlich zeigt dies die Tatsache, daß auch er Beschlußwirksamkeit und Folgen für die Maßnahme getrennt diskutiert. 271 Dies dürfte der zutreffende Kern der Heilungsvorschriften sein. 272 Eingehend dazu Krieger, ZHR 158 (1994), S. 36 ff. 273 A.A. Hommelhoff, ZHR 158 (1994), S. 16 f. 274 Betrachtet man einige der ganz wenigen Entscheidungen, in denen einer Nichtigkeitsklage stattgegeben wurde, so drängt sich dieser Befund geradezu auf: In BGHZ 83, 107 wurden Satzungs269

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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werden, daß es Fälle gibt, in denen man einen Beschluß wegen Mängeln in der Regelung als nichtig bezeichnen kann, es fragt sich nur, welche Aussagekraft der Begriff noch hat, wenn mit ihm ganz unterschiedliche Rechtsfolgen zu bezeichnen sind. Diese Feststellungen liegen quer zu der in § 241 Nr. 3 und 4 geregelten „Nichtigkeit von Beschlüssen". Sie gehen zum einen in ihren Folgen weiter als das dort Geregelte. Nimmt man die Vorschrift ernst, so tritt „Nichtigkeit" nur in wenigen Ausnahmefällen ein. Es ist heute aber ganz herrschende Auffassung, daß auch Beschlüsse unterhalb dieser Schwelle, die gegen Normativbestimmungen verstoßende Regelungen treffen, vom Registerrichter nicht einzutragen sind 275 . Weiter ist auch von einer „Heilung" entgegen § 242 nicht zu reden. Die Aktiengesellschaft kann sich auch nach Ablauf der Frist nicht abweichend von der Rechtsform verfassen. Zum anderen ist die Einschätzung der Mängelfolgen innerhalb der Drei-Jahres-Frist enger. Es macht keinen Unterschied, ob sich der Verband zweieinhalb oder dreieinhalb Jahre auf der Grundlage eines fehlerhaften Beschlusses integriert hat. Eine Rückabwicklung kann allemal nicht erfolgen. Wie aus der historischen Untersuchung zu sehen war, beruht der Wortlaut der Vorschrift auf einer mißverstandenen Rechtsprechung. Insbesondere hat diese Rechtsprechung nie unter den Wortlaut der Vorschrift subsumiert. Dieser ist lediglich zur negativen Abgrenzung formuliert worden. Es ist hier nicht der Ort, eine Neuauslegung des § 241 zu erarbeiten 276. Allerdings müßte eine an den Beschlußregelungsmängeln ansetzende Beseitigungsmöglichkeit die oben gezeigten Feststellungen berücksichtigen. Dies läßt sich m. E. nur durch eine Trennung von Beschluß, im Beschluß gesetzter Regelung und tatsächlicher Ausführung bewerkstelligen. Für die Behandlung der Ausführung kann auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verwiesen werden.

bestimmungen über die Zusammensetzung der Aufsichtsratsspitze und der Ausschüsse des Aufsichtsrates für nichtig gehalten. Der erste Leitsatz lautet: „Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit von Satzungs- oder Geschäftsordnungsbestimmungen einer Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand geschäftlicher Art ist, betreffen stets vermögensrechtliche Ansprüche." Der BGH hat das Klageziel, Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses, im Referat der Instanzentscheidung erwähnt. Sodann ist aber nur noch von der Satzungsbestimmung die Rede, und es wird auch angenommen, daß diese gegen § 107 IV Satz 4 verstoße, ebenda S. 115. Man könnte es nur als sprachliche Ungenauigkeit ansehen, daß der Hinweis darauf, daß es um die Beschlußregelung und nicht um die geänderte Satzung gehe, unterblieben ist. M.E. trifft aber die Annahme eher zu, daß hier (unbewußt) vom Richtigen gehandelt worden ist. 275 Lutter, NJW 1969, 1875; GK-Wiedemann, § 181 Rn 25. Zu verweisen ist de lege lata auf das Amtslöschungsverfahren nach § 144 II FGG; in der Tat ist allerdings „individueller Rechtsschutz", so Stein, ZGR 1994, S. 473 ff, d.h. ein subjektives Recht, nicht gegeben; so entschieden von BGHZ 99, 211, 217; zu Unrecht die Legalitätskontrolle beim Registerrichter verneinend, Säcker, FS Stimpel, S. 872 ff., 878, 882; ohne Verständnis, Immenga WuB II A. § 102 AktG 2.87, S. 566, der offensichtlich davon ausgeht, daß der Beschluß endgültig wirksam bleibt. 276 Dazu Huber, FS Coing 1982, S. 167, freilich nicht in dem hier vertretenen Sinne.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Was das Verhältnis von Beschluß und Regelung betrifft, so müßte man sich - für die Fälle der Satzungsänderung im weitesten Sinne - von dem Bild der den Beschluß kassierenden Klage entfernen. Die Klage müßte als eine solche gegen die entsprechende Norm der Verfassung der Gesellschaft gedeutet werden 277 . Ein solcher Hinweis findet Unterstützung im Fallmaterial zu § 241 Nr. 3 und 4 in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes 278. Dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine solche Deutung mit dem Willen des Gesetzgebers von 1937 nicht und wohl auch mit dem Wortlaut der Vorschriften nur schwer zu vereinbaren wäre. Darauf kommt es hier auch nicht an. Es war nur nachzuweisen, daß Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage in ihrer heutigen Konzeption, als auf die Vernichtung des Beschlusses zielend, keine geeigneten Mittel zur Kontrolle der Rechtsform sind.

(b) Vorschriften, die das Verhältnis der Aktiengesellschaft zu Dritten betreffen Entgegen den oben 279 zitierten Kommentarstellen sind Beschlüsse, mit denen die Aktiengesellschaft versuchen könnte, ihr Verhältnis zu Dritten zu regeln, nicht nach Aktienrecht zu beurteilen. Nimmt man ein beliebiges Beispiel aus der Kommentarliteratur, § 225, so müßte man sich einen Beschluß vorstellen, in dem die Aktiengesellschaft bei der Kapitalherabsetzung festlegt, daß die Gläubiger keinen Anspruch auf Sichrheitsleistung haben (vgl. § 225). Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß eine solche Regelung ganz unabhängig von § 241 Nr. 3 null und nichtig ist. Es ist keine Frage, daß die Gesellschaft ihr Verhältnis zu Dritten, sei es nun gesetzlich oder gewillkürt, einseitig nicht regeln kann. Für das Verhältnis zwischen zwei Individuen ist jedenfalls noch niemals die Idee aufgebracht worden, der eine könne durch einseitigen Beschluß oder Erklärung gesetzliche Haftungsvorschriften zu Lasten des anderen abbedingen. Μ . E. handelt es sich hierbei nicht um eine Frage der Verfassung der Aktiengesellschaft und es ist unrichtig, § 241 Nr. 3 für die Nichtigkeit eines solchen 277

Zu Recht sagt Stein, ZGR 1994, S. 478, der Gesetzeswortlaut differenziere nicht nach Beschluß und Satzungsnorm. Dies gilt allerdings nur für die Regelung der Beschlußanfechtung, anders hingegen der die Satzungsänderung regelnde Normenkomplex. Die Folgerungen für § 241 ff. sollen hier offen bleiben. 278 Das Fallmaterial ist nahezu ausschließlich aus dem Bereich der Mitbestimmung: Vgl. Fn 274 und BGHZ 83, 107, Leitsätze d.-f.; BGHZ 99, 211, Aufsichtsratswahl aufgrund einer nichtigen aber durch Zeitablauf geheilten Satzungsbestimmung; der BGH hat auf die Amtslöschung verwiesen, S. 217; vgl. auch noch BGH NJW 1980, 2137, Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung über die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrates. Zum Ganzen auch Huber, FS Coing 1982, S. 167 ff., 181. Vgl. ferner die Argumentation in BGHZ 122, S. 348 f. zur Nichtanwendung der §§241 ff. auf Aufsichtsratsbeschlüsse: Die Anfechtung nach den §§241 ff. führe zur unerwünschten rückwirkenden Vernichtung. 279 S. 77, Fn 232.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Beschlusses anzuführen. Eine Subsumtion unter § 241 Nr. 3 ist weder nötig noch sinnvoll - oder sollen etwa auf solche Beschlüsse auch noch Heilungsvorschriften anzuwenden sein? Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß es Fälle hierzu selbstverständlich nicht gibt, die Annahme daher nicht fernliegt, daß die Vorschriften gesucht sind, um § 241 Nr. 3 überhaupt eine Bedeutung zu verleihen.

cc) Ergebnis Die Einteilung der Mängelfolgen verläuft zum einen an der zeitlichen Grenze, die sich aus der Integration des Verbandes in der Zeit erklärt. Der Gang der Zeit und die Entwicklung der Gesellschaft führen zu einer Reduktion bzw. Änderung von Mängelfolgen. Zum anderen richten sich die Folgen von Beschlußmängeln nach der Art des Mangels. Es zeigt sich nur im Gang der Zeit die Problematik des „fehlerhaften Beschlusses". Die Einhaltung der Normativbestimmungen wird über den Registerrichter gewährleistet. Darüber hinaus erlangen hiergegen verstoßende Beschlüsse mit ihrer Regelung niemals Geltung, wiewohl eine Rückabwicklung dennoch nicht in Frage kommt. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen innerhalb der Monatsfrist sind nicht über eine Klassifikation der Beschlußmängel zu bestimmen. Wie zu sehen war, liegt die Systematisierung der Mängel und ihrer Folgen quer zur Gewährung dieser Rechte. Dies ist für die Anfechtungsklage klar, gilt aber auch für die Nichtigkeitsklage. In der Gegenüberstellung von Rechtsformkontrolle und Gestaltungsklagrechten ist damit gezeigt, daß beiden Regelungen eine unterschiedliche Systematik zugrundeliegt und daß die Kontrolle der Rechtsform ohne die Gestaltungsklagrechte gewährleistet ist. Daraus ist zu schließen, daß die Anfechtungsklage nicht der Rechtsformkontrolle dient. Der Grund für die Rechtsgewährung ist damit allein im Innenverhältnis - für den Aktionär in seiner mitgliedschaftlichen Position - und allein in der Rechtswidrigen des Beschlusses zu suchen.

2. Der rechtswidrige Beschluß als Verletzung des mitgliedschaftlichen Rechts

Auf der Suche nach dem Grund für die Gewährung der Anfechtungsbefugnis ist bis jetzt der rechtswidrige Beschluß als Eingriff in die mitgliedschaftliche Position nicht näher begründet worden. Diese hier zu leistende Begründung

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

kann sich auf die Aussagen des Gesetzgebers von 1884 stützen, weil gezeigt wurde, daß sich der Charakter des Anfechtungsrechts seitdem nicht verändert hat. Aus der oben geleisteten historischen Auslegung war zu entnehmen, daß das Anfechtungsrecht gewährt wurde, weil der Aktionär, wie der Gesetzgeber sich ausdrückte, rechtswidrige Beschlüsse „nicht als einen sie [die Aktionäre] verbindenden Willen gelten zu lassen braucht" 280 . Dies läßt sich präzisieren: Der Aktionär hat den Mehrheitsbeschluß im Normalfall als verbindlich zu akzeptieren. Dies ist die Folge seines Beitritts zur Aktiengesellschaft, mit dem er sich dem Mehrheitswillen unterworfen hat. Diese Unterwerfung ist eine qualifizierte Aufgabe seiner Privatautonomie, die weder schrankenlos erklärt wurde, noch als schrankenlose zulässig wäre 281 . Die Schranken der Mehrheitsherrschaft sind Statut und Gesetz; was darüber hinausgeht, braucht der Aktionär nicht als verbindlich gelten zu lassen. Diese Feststellung rückt die Begründung der Anfechtungsklage in den Bereich einer umfangreichen Diskussion in der Literatur. Es handelt sich dabei nicht um die Diskussion um die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage, die, wie gezeigt, ganz von der institutionellen Auffassung des Rechts bestimmt wird. Gemeint ist die Diskussion um die allgemeine Aktionärs- oder Gesellschafterklage. Die Grundlagen für die Anerkennung eines Gesellschafterklagrechtes sind in Rechtsprechung 282 und Literatur 283 umstritten. Der Streit ist hier nicht in seiner 280 Allgemeine Begründung, § 13, Schubert/Hommelhoff, S. 467. 281 Das Privatrecht würde selbst eine teilweise, aber innerhalb dieses Teils schrankenlose Aufgabe der Privatautonomie nicht zulassen, vgl. Flume, I I , § 13 I, S. 191, die privatautonome Freiheit umfaßt nicht die Freiheit zur Aufgabe der Selbstbestimmung; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 7 I 1. S. 362, nennt dies das im gesamten Privatrecht geltende Selbstschutzprinzip. Im individualrechtlichen Bereich läßt sich dies an § 310 BGB zeigen. Die in die Aufhebung der persönlichen Freiheit mündende Aufhebung der Vermögensfähigkeit ist nach dem Gesetz nicht möglich. Zum Zusammenhang zwischen Vermögensfahigkeit und persönlicher Freiheit in § 310 BGB vgl. Becker, FS Pleyer, S. 491 ff. Es wird die Freiheit vor der Aufhebung durch sich selbst geschützt, vgl. MüKo-Thode, § 310 Rn 1 ff.; Larenz, Schuldrecht AT, § 4 II b, S. 54; auf die Rechtsfähigkeit abstellend Staudinger-Wufka, § 310 Rn 1; weiter Hedemann, S. 28 ff.; daß sich § 310 BGB nicht aus den volkswirtschaftlichen Erwägungen der Materialien erklären läßt, hat überzeugend Ballerstedt, FS Flume, S. 269 dagelegt - es hätte dazu eines generellen Verbotes nicht bedurft. Auf die freiheitssichernde Funktion des §138 BGB, vgl. Staudinger-Dilcher, §138 Rn 30 ff.; MüKoMayer=Maly, § 138 Rn 61 ff., kann hier nur hingewiesen werden. 282 BGHZ 83, 122 „Holzmüller"; BGHZ 110, 323, mit der besonderen Konstellation, daß es um eine Verletzung des Mitglieds durch eine der Vereinssatzung nicht entsprechende Auskunft des Vereinsvorstandes nach außen ging, zur Entscheidung Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2.A. Rn 71 ff, S. 197 f. 283 Nur eine Auswahl: Knobbe-Keuk in FS Beierstedt, S. 239; Flume, 12, § 8 V 4, S. 309; Κ. Schmidt, FS Stimpel, S. 217; ders, ZZP 92, S. 212; ders., Gesellschaftsrecht, § 21 V 3, S. 537; Zöllner, ZGR 1988, S. 393; von Gerkan, ZGR 1988, S. 441; Grunewald, Gesellschafterklage; Lutter, AcP 180 (1980), S. 142; KK-Mertens, § 93 Rn 172 ff., 190 ff.; ders., FS Fischer, S. 461; T.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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ganzen Dimension relevant - immerhin beschränkt sich die Frage für unsere Zwecke auf die gesetzlich geregelte Verletzung durch den rechtswidrigen Beschluß. Dennoch rückt die Begründung des Anfechtungsklagrechtes in das Schußfeld des Streits, weil versucht wird, eine allgemeine Aktionärsklage auch aus den Grundlagen des Anfechtungsklagrechts zu begründen 284. Bei diesem Streit stehen sich, soweit ersichtlich, im wesentlichen drei 285 gesellschaftsrechtliche 286 Ansätze gegenüber.

a) Die Qualifikation

der Aktionärsklage als Ersatzaufsichtsrecht

Eine von Lutter 287 entwickelte Auffassung führt das Recht als Ersatzaufsichtsrecht. Grundlage sei das Interesse des Mitglieds an Aufrechterhaltung der binnenrechtlichen Ordnung des Verbandes. Es werden dabei Parallelen zur sogenannten actio pro societate288 gezogen, die Lutter als Klage für die Gesellschaft ansieht. Es handele sich um den Spezialfall der versagenden Geschäftsführung, der mangelnden Aufsicht 289 , der hier zum Klagrecht führe.

Raiser, ZHR 153 (1989), S. 1 ff.; Brondics, Aktionärsklage; Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage. Früher schon Lehmann, S. 275 ff. 284 So grundlegend Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S. 251, die Anfechtungsklage sei ihrerseits gar nicht anders als aus dieser allgemeinen Grundlage zu begreifen. 285 Von einer einheitlichen Verankerung im Mitgliedsrecht, wie Raiser, ZHR 153 (1989), S. 9 meint, kann keine Rede sein. Es besteht im Detail auch in den übereinstimmenden Lagern noch weitgehend Streit. 286 Zum Versuch der deliktsrechtlichen Begründung vgl. KK-Mertens, §93 Rn 172 ff. und ders., FS Robert Fischer, S. 468 ff. Der von Mertens entwickelte Ansatz ist von dem des gesellschaftsrechtlichen Abwehranspruches nicht so weit weg, wie es den Anschein hat, ebenso Brondics, Aktionärsklage, S. 86. Während Mertens versucht, die sonderprivatrechtlichen Haftungselemente ins Deliktsrecht zu transportieren, vgl. ders., AcP 1978, S. 227 f., geht der gesellschaftsrechtliche Weg dahin, deliktische und Abwehrdogmatik für die Beurteilung der sonderprivatrechtlichen Verhältnisse fruchtbar zu machen. Für einen deliktsrechtlichen Anspruch des Vereinsmitgliedes bei tatbestandsmäßigem Handeln des Vereins Vorstandes BGHZ 110, 323, 327 f. An sich kann man auch Raiser, ZHR 153 (1989), S. Iff. nicht zu den gesellschaftsrechtlichen Ansätzen rechnen, wenn man ihn beim Wort nimmt. Hiernach hielte die Rechtsfigur der juristischen Person keine Dogmatik zur Erfassung ihrer inneren Konflikte bereit, ebenda, S. 12. Daß diese Vorstellung nicht richtig ist, zeigt die gesetzliche Regelung, um die es hier geht. 287 AcP 180 (1980), S 141 ff. 288 Dazu Lutter, AcP 180 (1980), S. 132 ff; nahestehend auch von Gerkan, ZGR 1988, S. 444 ff., 448 ff. Grundlegend der berechtigte Einwand von Flume, I 2, § 8 V, S. 301 ff., gegen die Einordnung der actio pro socio als Klage für die Gesellschaft, damit sachlich und terminologisch gegen den Begriff der actio pro societate. 289 Dem nahe steht Hommelhoff in Schubert/Hommelhoff, S. 99 f., mit der Behauptung beim Anfechtungsrecht handele sich um ein Notgeschäftsführungsrecht; zu Unrecht beruft sich Lutter, AcP 180 (1980), S. 142 Fn 266 auf K. Schmidt, ZZP 92, S. 232, der auf S. 218 von der Zugehörigkeit zum beschließenden Organ als materieller Grundlage der Klagemöglichkeit spricht.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

Lutters Aufassung ist nicht beizupflichten. Sie betrachtet die Folge der Klage - die Vernichtung des rechtswidrigen Aktes - unter institutionellen Gesichtspunkten und leitet daraus zu Unrecht 290 den Normzweck ab 291 . Es lohnt sich, die Schritte, in denen Lutter das Anfechtungsrecht als Beleg für die Charakterisierung der Anfechtungsklage in die Kategorie Aufsichtsrecht einordnet, genau nachzuzeichnen: „Diese punktuelle Aufsichtsbefugnis des Mitglieds durch die Klage ist im übrigen durch die Anfechtungsrechte von [...] Aktionären [...] vorgezeichnet. Viele Verstöße, die heute zur Anfechtbarkeit führen, greifen viel weniger in den unmittelbaren Interessenbereich des einzelnen Mitglieds, weit eher in das Ordnungsgefüge der Korporation ein. Das Anfechtungsrecht ist in diesen Fällen nicht mehr Mittel des Selbstschutzes, sondern Kontrollrecht der Mitglieder; das Mitglied wird in diesen Fällen nicht so sehr als Träger von Individualinteressen, sondern wie ein Organ für den Verband tätig. Bestätigt wird diese Sicht schließlich auch durch das Anfechtungsrecht des Vorstandes einer Aktiengesellschaft nach § 245 Nr. 4 AktG." 2 9 2 Ausgangspunkt der Überlegung ist eine nur behauptete Dichotomie von unmittelbarem Interessenbereich der Mitglieder einerseits und Ordnungsgefüge der Korporation andererseits. Dabei bleibt verschwommen, was der „unmittelbare Interessenbereich" des Mitglieds sein soll. Weiter wird nicht begründet, warum der Verstoß nur entweder 293 in den Interessenbereich des Mitglieds oder in das Ordungsgefüge eingreifen kann. Das Gegenteil ist richtig. Der Eingriff in das Ordnungsgefüge, d.h. in die objektive Ordnung der Aktiengesellschaft ist ein Eingriff in die Position des Mitglieds. Dies hat die historische Auslegung gezeigt. 294

290

Dagegen auch BGHZ 83, 135; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 d; Flume, I 2, § 8 V, S. 301 ff. Hiergegen wiederum zu pauschal Schulz-Gardyan, S. 54: Daraus, daß zur Sache unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, folgt nicht, daß „Unklarheit" herrscht. Eine Auseinandersetzung mit der Sache hätte die nötige Klarheit durchaus schaffen können. 291 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 457, meint, es handele sich bei dieser Auffassung um eine „organisationsrechtlich-funktionale" Ergänzung des „individualrechtlichen" Begründungsmusters. Dazu müßte erst einmal ein Begründungsmuster vorgetragen sein. Lutter selbst bietet keines (dazu weiter im Text). Auf die Ansicht von Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt, S. 239, kann er sich nicht berufen, weil sie von einem anderen Recht des Aktionärs ausgeht. Zudem weiß auch Knobbe-Keuk um den organisationsrechtlichen Charakter des Klagrechts, ebenda, S. 248. Der BGH, BGHZ 83, 122, 133, hat den Anspruch unter ausdrücklicher Ablehnung der Auffassung Lutters, ebenda, S, 135, als verbandsrechtlichen bezeichnet. Schließlich handelt es sich auch nicht um ein ergänzendes Begründungsmuster im Sinne einer für diesen Klagetypus zum ersten Mal gesehenen Seite. Flume hat auf diesen Aspekt schon vor der Aktienrechtsreform hingewiesen, Grundfragen der Aktienrechtsreform, Gesammelte Schriften, Band II, S. 132. 292 Lutter, AcP 180 (1980), S. 142 f. 293 Jedenfalls schwerpunktmäßig. 294 Vgl. Zusammenfassung, S. 46.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Aus der fehlerhaften Gegenüberstellung von Interesse des Mitglieds einerseits und Ordnung der Aktiengesellschaft andererseits wird dann das Anfechtungsrecht nicht als Mittel des Selbstschutzes, sondern als Kontrollrecht abgeleitet. Der Fehler liegt dabei offen: Weil der Interessenbereich des Mitglieds nicht wegzudiskutieren ist, bleibt die Begründung aus der Kontrollfunktion unzureichend. Aus demselben Grund hilft auch der Vergleich mit dem Klagrecht des Vorstands nicht: Der Aktionär ist kein Organ der Aktiengesellschaft und wird auch durch seine Klage keines 295 . Was von der Lutterschen Argumentation übrig bleibt, ist der Hinweis, daß die Anfechtungsklage der Erhaltung der internen Verbandsordnung dienen kann. Das ist richtig, begründet aber das Klagrecht nicht.

b) Die Auffassung von Knobbe-Keuk und ihre Fortführung in Literatur und Rechtsprechung Knobbe-Keuk hat als erste vertreten, der Aktionär habe ein fundamentales Recht auf recht- und statutenmäßiges Gebaren des Verbandes. Begründet wird dies induktiv durch eine Analyse der der gesetzlichen Regelung vorausgehenden Rechtsprechung 296. Dieses sehr weitgehende materielle Recht erfährt allerdings hinsichtlich seiner Klagbarkeit Einschränkungen. In Übereinstimmung mit der gesetzlichen Wertung, jedenfalls eine gesetzmäßige Betätigung des Organs Hauptversammlung einklagbar zu machen, beschränkt Knobbe-Keuk die Klagbarkeit des Rechts für den Aktionär auf in die Kompetenz der Hauptversammlung fallendes, rechtswidriges Handeln anderer Organe 297. Hieraus ist der Haupteinwand gegen ihre Auffassung entwickelt worden. Mit der unausgesprochenen298 Annahme, ein Recht müsse immer klagbar sein, wird

295

Ebenso Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 55 ff., S. 244 f. Dezidierte Einwände hiergegen bei Schulz-Gardyan, S. 43 ff. Die zahlreichen historischen Details werden wohl kaum noch zu einem schlüssigen Bild zusammengesetzt werden können. Der Einwand, das von Knobbe-Keuk behauptete Recht sei lediglich „Leitmotiv" der gesetzlichen Regelung gewesen, ihre Auffassung daher von den Fakten her nicht zu belegen, vgl. ebenda, S. 46, ist aber zurückzuweisen. Schulz-Gardyan bleibt die genaue Bestimmung dessen, was mit diesem „Leitmotiv-Einwand" gemeint ist, schuldig. Daß gesetzlich nur das Anfechtungsrecht gegenüber Generalversammlungsbeschlüssen anerkannt wurde, wie er einwendet, ebenda, S. 47, hat KnobbeKeuk nie bestritten; es ist ihre These, daß das Recht sich durch diese Regelung nicht geändert hat. 296

297

FS Beierstedt, S. 252. Zöllner, ZGR 1988, S. 421 f., der von dem von Knobbe-Keuk formulierten Recht ohne Bedenken zum Klagrecht wechselt. 298

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

die allgemeine Tragfähigkeit des Ansatzes bestritten 299. Dieser Einwand ist nur dann nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, wenn man das von KnobbeKeuk formulierte Recht als subjektives Recht versteht und mit letzterem notwendig 300 die Klagbarkeit verbindet. Die Berechtigung des Einwandes kann dahinstehen; festzuhalten ist, daß Knobbe-Keuk von einem Anspruch aus einer Rechtsverletzung des Aktionärs ausging. Der von Knobbe-Keuk entwickelte Ansatz wird heute in seinem materiellrechtlichen Kern von Karsten Schmidt fortgeführt 301 . Dieser ordnet die aktienrechtliche Anfechtungsklage unter eine allgemeine mitgliedschaftliche 302 actio negatoria 303 . Hinsichtlich der materiellrechtlichen Seite des Anspruchs beruft er sich auf Knobbe-Keuk und die Holzmüller-Entscheidung des Bundesgerichtshofes 304. Dieser hatte einen „verbandsrechtlichen Anspruch [des Aktionärs] darauf, daß die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterläßt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt" 305 , festgestellt. Zu Recht wird die Formulierung für eine Abwehrklage, d.h. eine Klage zur Abwehr einer Rechtsverletzung, angeführt. Es ist nicht zu sehen, welche systematische Bereicherung in der prozeßrechtlichen Dimension der „Anspruch auf Achtung von Mitgliedschaftsrechten" gegenüber einer bloßen Feststellung des Bestehens eines Mitgliedschaftsrechtes leisten

299 Zöllner, ZGR 1988, S. 422 f. Grunewald, Gesellschaftsrecht, I.A. Rn 120 f. S. 59 f.; 2.A. Rn 71 ff., S. 197 ff.; 2.C., Rn 182 ff., S. 288 ff.; dies., Gesellschafterklage, S. 93 f.; unentschlossen K. Schmidt, ZZP 92, S. 218 f.; Knobbe-Keuk zustimmend ders., Gesellschaftsrecht, §21 V 3., S. 537, zu Unrecht daher der Vorwurf der Widersprüchlichkeit von Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage, S. 53, der K. Schmidt falsch zitiert, vgl. ebenda, S. 48 Fn 48: K. Schmidt behauptet nicht, daß es den Anspruch nicht gebe, sondern, daß es den durch „Leistungsklage durchsetzbaren Anspruch" nicht gebe (ZZP 92, S. 218). Schulz-Gardyans Vorwurf, Sogenannte Aktionärsklage, S. 48, Knobbe-Keuk verdecke die Inkonsequenz ihrer Auffassung, indem sie „fast unmerklich" von der materiellen Seite der Argumentation auf die der Klagbarkeit wechsle, ist unberechtigt. Knobbe-Keuk benennt die beiden Aspekte in den Überschriften I I I und I V (S. 246/249). Wie man solches noch „merklicher" gestalten wollte, ist nicht ersichtlich. Knobbe-Keuk zustimmend KKMertens, § 93 Rn 191 m.w.N. 300

So etwa Röhl, Rechtslehre, § 42 II, S. 360. Μ . E. zeigt die Diskussion aber eher die Schwächen der Imperativentheorie, die ein subjektives Recht ohne Klagbarkeit nicht anerkennen kann. Es spricht viel dafür, mit Knobbe-Keuk eine einheitliche Rechtsposition des Aktionärs anzunehmen, deren Verletzungen nicht per se zur externen Klagbarkeit führen, sondern auch in internen Prozeduren, bspw. durch Ausübung des Fragerechts und Verweigerung der Entlastung etc. bewältigt werden müssen. 301 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3; GK-Schmidt, § 241 Rn 3 f. 302 Zu Unrecht die Einordnung der Auffassung als deliktischer Ansatz bei Grunewald, Gesellschaftsrecht, I.A., Rn 121, S. 60, Fn 9. 303 FS Stimpel, S. 232 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, § 21 V 2, 3. 304 BGHZ 83, 122. 305 BGHZ 83, 133; vgl. auch BGHZ 110, 323, 327 wo vom „Recht eines jeden Mitgliedes, nicht entgegen den geltenden vereinsrechtlichen Bestimmungen behandelt zu werden", die Rede ist.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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soll 306 . Es ist weiter eine Verquerung, bei eindeutig negatorischem Klageziel 307 von einem Anspruch auf positives Tun, der Achtung von Mitgliedschaftsrechten, zu sprechen 308. Es wird dem Charakter der Klage gerechter, von einer Rechtsverletzung auszugehen309. Ungeachtet der verschiedenen Formulierungen lassen sich also die in diesem Abschnitt dargestellten Auffassungen dahingehen charakterisieren, daß sie die Grundlage der Klage in einer Rechtsverletzung des Aktionärs durch rechtswidriges Gebaren sehen.

c) Die Verletzung einzelner mitgliedschaftlicher als Grundlage der Aktionärsklage

Rechte

Die Suche nach speziellen Grundlagen ist kennzeichnend für die dritte Gruppe derer, die ein allgemeines Recht, wie es von Knobbe-Keuk formuliert worden ist, ablehnen310. Genannt werden vor allem das Recht auf Entschei-

306 Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage, S. 51 f.; der BGH, Ζ 83, 135, fährt in der Urteilsbegründung selbst fort, die Klagebefugnis sei aus der Betroffenheit des Aktionärs in seiner Mitgliedsstellung zu begründen. 307 Auf die Beschränkung auf die Beschlußanfechtung sei noch einmal hingewiesen. 308 Richtig dagegen BGHZ 110, 323, 327, wo der II. Senat auf eine Schadensersatzklage gegen Vorstand und Verein dem Kläger eine Abwehr unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB zugemutet hat, S. 329 ff., 332. Die Parallelen zu den Abwehranprüchen aus §§ 823 I BGB und 1004 BGB werden überdeutlich, wenn das Gericht dem Kläger vorhält, er habe in seinem vorhergehenden Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung seine Mitgliedseigenschaft nicht vorgetragen, so daß das Gericht den „Verfügungsanspruch ausschließlich nach § 1004 BGB und deliktsrechtlichen, nicht aber vereinsrechtlichen Gesichtspunkten prüfen konnte" . 3()9 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V. S. 537. Während mit dem Anspruch auf rechtmäßiges Gebaren eine handlungsorientierte Perspektive eingenommen wird - man fragt, wozu die Verwaltung der Aktiengesellschaft verpflichtet ist - , richtet die Einordnung als Abwehrrecht den Blick auf einen Erfolg, nämlich die Verletzung einer Rechtsposition. Zur Unterscheidung vgl. Stern, Staatsrecht, III/2 § 78 III, 1) c) α) ßß), S. 152 ff.; § 78 II, 2)b), S. 95 ff. ; zum Zusammenhang der Sichtweisen mit der Imperativentheorie, Stern, Staatsrecht, I I I / l , §65 IV 2) c) α), S. 546 f. Nach Karsten Schmidt schließt sich beides nicht aus, es sei eine Frage der Zweckmäßigkeit, aus welcher Sicht man die Untersuchung vornehme. Vgl. für § 823 I, II BGB, Karsten Schmidt, Kartellverfahrensrecht, S. 347 ff., 353 und ders., ZZP 92, S. 218. Dem ist nicht beizupflichten. Das Denken in Positionen führt zu einer prinzipiell unbegrenzten Anzahl von Ansprüchen, weil es eine prinzipiell unbegrenzte Anzahl möglicher Verletzungen gibt. Dies gilt für einen eine bestimmte Handlung untersagenden Anspruch nicht. Für unseren Fall erübrigt sich die Diskussion aber, weil beide Einordnungen hier zusammenfallen: Es geht um jede rechtswidrige Handlung des Organs Hauptversammlung und um den Schutz der Aktionsposition gerade gegen solche rechtswidrigen Handlungen dieses Organs. 310 Zöllner, ZGR 1988, S. 393 ff., 422 f.; Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage, S. 43 ff., 104 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 459 ff; unklar K. Schmidt, ZZP 92, S. 218.

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Β. Begründung des Anfechtungsrechts

dungsteilhabe311, das aktienrechtliche Gleichheitsgebot312 sowie der Anspruch auf Feststellung des Jahresabschlusses313.

d) Stellungnahme Es geht nicht darum, die beiden letzten Auffassungen nach ihren praktischen Konsequenzen314 zu unterscheiden, sondern nur darum zu erkennen, worin beide Auffassungen den Grund für die Gewährung des Klagrechts sehen. Für Knobbe-Keuk liegt der Grund in der Verletzung der mitgliedschaftlichen Position, der das Recht auf rechtmäßiges Gebaren der Gesellschaft inhärent ist. Für die Befürworter der These, daß nur einzelne Rechte des Aktionärs als Grundlage für die Klage in Frage kommen, ist es die Verletzung des Rechts auf Entscheidungsteilhabe. Knobbe-Keuk begreift damit das Recht als Position und jede rechtswidrige Handlung der Gesellschaft als Eingriff. Aus diesem Eingriff resultiert der Anspruch auf Beseitigung. Die andere Auffassung denkt in einzelnen Rechten, wie dem auf Entscheidungsteilhabe. Auch hier resultiert der Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Beschlusses aus einer Verletzung, nämlich der Verletzung des Rechts auf Entscheidungsteilhabe. Der Unterschied der Auffassungen ist damit zwar ein prinzipieller: Während die eine Auffassung die Mitgliedschaft als subjektive Rechtsposition begreift, deren Verletzung prinzipiell unbegrenzt viele Abwehransprüche auslösen kann, sieht die andere eine prinzipiell begrenzte Anzahl verletzbarer Rechte. Dieser Unterschied ist aber hier irrelevant. Maßgeblich ist die Gemeinsamkeit. Beide Auffassungen gehen davon aus, daß der Anspruch aus einer Verletzung des Rechts des Aktionärs beruht. Dieser Aussage ist mit der Auffassung des Gesetzgebers von 1884 zuzustimmen. Für die Anfechtungsklage läßt sich daher feststellen: Die Grundlage der Klage ist die Verletzung der Rechte des Aktionärs allein dadurch, daß sich der

311

Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 459 ff., ihm folgend Zöllner, ZGR 1988, S. 425 f.; dagegen nur terminologisch, ohne in der Sache abzuweichen, Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage, S. 111. 312 Zöllner, ZGR 1988, S. 427; Brondics, Aktionärsklage, S. 105. 313 Zöllner, ZGR 1988, S.416f.; Schulz-Gardyan, Sogenannte Aktionärsklage, S. 118 m.w.N. in Fn 4. 3,4 Die praktischen Konsequenzen der beiden Auffassungen sind nicht so unterschiedlich, wie es die Heftigkeit der Diskussion vermuten ließe, vgl. Zöllner, ZGR 1988, S. 422, 426. Im Großen und Ganzen wird die Klagbarkeit in den gleichen Fällen bejaht.

III. Die Anfechtungsklage als Klage zur Beseitigung interner Beschlußwirkungen

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Beschluß nicht in den Grenzen von Recht und Satzung hält. Mit dieser Feststellung ist gleichzeitig eine negative Aussage zu verbinden. Die Verletzung durch den rechtswidrigen Beschluß reicht. Es bedarf keiner darüber hinausgehenden weiteren Feststellung etwa der Verletzung „unmittelbarer" Interessensphären oder der Verletzung vermögensmäßiger Positionen.

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte Zur Lösung des eingangs dargestellten Problems des Auskaufs des klagenden Aktionärs ist vorgeschlagen worden, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagrechte zu beschränken1. Der Bundesgerichtshof hat nach Vorarbeiten in der Literatur Klagen, die in der Absicht betrieben werden, einen Auskauf zu erreichen, als rechtsmißbräuchlich qualifiziert 2. Daneben sind in der Literatur andere Vorschläge unterbreitet worden. Diese zielen sowohl auf eine (andere) Begründung des Rechtsmißbrauchstatbestands, als auch auf andere Formen der Beschränkung. Diesen Auffassungen liegen bestimmte Vorstellungen vom Charakter des Anfechtungsrechts zugrunde. Die Auffassung der Kläger mißbrauche sein Recht, wenn er anfechte, um sich auskaufen zu lassen, begründet sich aus einer institutionellen Sicht des Rechts, wie sie oben bekämpft wurde. Die anderen Auffassungen argumentieren ebenfalls mit diesem institutionellen Hintergrund oder bestreiten die Beeinträchtigungsqualität des rechtswidrigen Beschlusses. Diese Auffassungen werden im folgenden der Kritik unterzogen. Nach ihrer Darstellung wird jede Ansicht aus sich selbst heraus kritisiert und erst dann an der hier als richtig angesehenen Charakterisierung des Anfechtungsrechts gemessen.

1 Nicht zu untersuchen sind an dieser Stelle Strategien, die gar nicht als Beschränkung des Rechts deklariert werden, aber so zu verstehen sind. Bei diesen Strategien wird nicht offengelegt, daß es sich bei ihnen um Versuche handelt, den klagenden Aktionär abzuschrecken. Würde dies offengeigt, so würden sich diese Strategien von selbst verbieten.Dazu gehören die Entscheidung des LG Hamburg in Sachen Texaco/RWE, vgl. oben S. 35, Fn 72, sowie die Entscheidungen zur Streitwertspaltung in 2. Instanz, vgl. OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 930 und BGH ZIP 1992, S. 1734, in Sachen Südzucker. Es wurde für richtig befunden, daß die Entscheidung über die Spaltung des Streitwerts gemäß § 247 der 1. Instanz für die folgenden Instanzen nicht bindend sei. Damit wird dem Kläger jede Dispositionsgrundlage entzogen. Mit unhaltbarer Begründung (OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 931 f., der Kläger müsse eben für eine entsprechende Kapitaldecke sorgen; BGH ZIP 1992, S. 1374, Vergleich der Streitwertspaltung mit der Streitwertfestsetzung nach § 144 PatG, dagegen zurecht Hirte EWiR § 247 AktG 1/93, S. 215 f.) wird dem Kläger das Prozeßkostenrisiko unkalkulierbar gemacht. Genau anders wurde mit guten Gründen in BGHZ 86, 1 entschieden: Die Partei müsse sich in ihren Dispositionen auf die Entscheidung verlassen können. Mit solchen Strategien kann man Minderheitenrechte zu Grabe tragen. Ablehnend auch Hirte EWiR § 247 AktG 1/91, S. 633 f.; anders Hüffer EWiR § 247 AktG 1/90, S. 427, „Mißbrauch auch noch zum Sozialtarif 4. 2 BGHZ 107, 309 ff.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts In einer besonderen Lesart wurde die soeben skizzierte Auffassung von der Rechtsprechung entwickelt. Sie läßt sich entgegen dem Wortlaut der Entscheidungen nicht in die traditionelle Mißbrauchslehre einordnen. Des weiteren umfaßt sie eine Fülle von außerhalb des Mißbrauchs liegenden Erwägungen. Aus diesen Besonderheiten rechtfertigt sich die gesonderte Behandlung.

1. Die Rechtsprechung

a) Die Auffassung der Rechtsprechung Die maßgebliche Position wurde vom Bundesgerichtshof 3 erarbeitet, dem naturgemäß die Instanzgerichte in den neueren Entscheidungen gefolgt sind. Teilweise ist der Ansatz auch von Obergerichten weiterentwickelt worden.

aa) Ausgangspunkt: Koch's Adler Der BGH hat seine umfangreiche Rechtsprechung zum Thema mit der Koch's Adler-Entscheidung 4 eingeleitet. Zur Abstimmung hatte ein Verschmelzungsvertrag der Koch's Adler KG a.A. und der Dürkoppwerke GmbH gestanden. Die Kläger fochten den Zustimmungsbeschluß an, weil der Verschmelzungsbericht den Anforderungen des § 340a AktG (alt) 5 nicht genügte. Nach § 340a AktG (alt) mußte im Verschmelzungsbericht die Verschmelzung und der Verschmelzungsvertrag, insbesondere das Umtauschverhältnis der Gesellschaftsanteile ausführlich rechtlich und wirtschaftlich erläutert werden. Der Verschmelzungsbericht der Koch's Adler AG hingegen erläuterte lediglich die Grundsätze, nach denen das Untauschverhältnis ermittelt wurde 6. Nach der Feststellung, daß § 340a AktG (alt) verletzt wurde und die Anfechtungsklage damit an sich begründet war 7, untersuchte das Gericht die Rechtsausübung der Kläger.

3 Kurzreferat bei Brandes, W M 1992, S. 475 ff.; ders., W M 1994, S. 2181. Zur bis dahin maßgeblichen Auffassung BGH BB 1962, S. 426. 4 BGHZ 107, 297. 5 Mit Einführung des Umwandlungsgesetzes vom 28.10.1994, BGBl. I, S. 3210 aufgehoben. Die Regelung ist nunmehr in § 8 UmwG zu finden. 6 BGHZ 107, 302. 7 BGHZ 107, 300 ff. Zum Inhalt des Verschmelzungsbeschlusses, Bayer, W M 1989, S. 122 ff.

7 Slabschi

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Der BGH entschied sich zunächst dagegen, am Punkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses anzusetzen. Das Rechtsschutzinteresse bestünde schon darin, daß die Erhebung der Klage der Herbeiführung eines Gesetz und Satzung entsprechenden Rechtszustandes diene8. Demgegenüber sei es aber möglich, daß der Klage der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Dabei unterschied der BGH zwischen institutionellem und individuellem Rechtsmißbrauch9. Im Rahmen dieser Argumentation lehnte er zunächst eine Einordnung des Aktionärsverhaltens in die Kategorie des institutionellen Rechtsmißbrauchs ab. Gegenstand des Rechts sei „die gerichtliche Überprüfung von Hauptversammlungsbeschlüssen auf ihre Vereinbarkeit mit Gesetz und Satzung, deren Durchführung das Gesetz in die Hände unter anderem des Aktionärs gelegt" 10 habe. Dieser im allgemeinen Interesse liegende Kontrollzweck schließe einen institutionellen Rechtsmißbrauch aus, weil Ziel und Aufgabe des Anfechtungsrechts bereits mit der Überprüfung des angefochtenen Beschlusses erreicht seien11. Der Einwand des individuellen Rechtsmißbrauchs ist aber nach Auffassung des BGH möglich. Die Begründung hierfür erfolgt über den Nachweis des individuellen Charakters des Anfechtungsrechts. Dafür werden zwei Gründe angeführt. Zum einen verbleibe die Verfügungsbefugnis über das Anfechtungsrecht beim Aktionär. Zum anderen sei der Aktionär nicht verpflichtet, sein Handeln an der Kontrollfunktion der Anfechtungsklage auszurichten; das Gesetz beschränke sich darauf, über sein Interesse eine Rechtskontrolle zu erreichen. Damit könne, so folgert das Gericht, auch wenn die Wahrnehmung eines Eigeninteresses für die Erhebung der Anfechtungsklage nicht erforderlich sei, in Ausnahmefällen eine eigensüchtige Interessenverfolgung den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs begründen 12 und zur Klageabweisung als unbegründet 13 führen. Die Voraussetzungen für diesen Ausnahmefall seien gegeben, „wenn der Kläger Anfechtungsklage mit dem Ziel erhebt, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen

8 BGHZ 107, 308; darin sieht das Gericht allerdings später auch den Gesetzeszweck, so daß ihm mangelnde Systematik vorzuwerfen ist. Dem gleichen Vorwurf setzt sich Boujong, FS Kellermann, S. 5 f. aus. Das Ergebnis ist allerdings zutreffend: Des Nachweises eines Rechtsschutzbedürfnisses bedarf es nicht, weil dieses Interesse schon dadurch besteht, daß der Aktionär eine andere Rechtsschutzmöglichkeit nicht hat, zutreffend Arens, Streitgegenstand, S. 90. 9 BGHZ 107, 308 ff. 10 BGHZ 107, 309. 11 BGHZ 107, 310. 12 BGHZ 107, 310. 13 Anders, aber unrichtig, LG Tübingen ZIP 1991, S. 169 mit insoweit ablehnender Anmerkung von Kohte EWiR § 203 AktG 1/91, S. 216; ebenfalls anders, aber aufgrund besonderer prozessualer Konstellation OLG Karlsruhe W M 1991, S. 1755, ebenso Diekgräf WuB II A. §243 5.92, S.1291.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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Anspruch hat und billigerweise auch nicht erheben kann. Der Anfechtungskläger wird sich dabei im allgemeinen von der Vorstellung leiten lassen, die verklagte Gesellschaft werde die Leistung erbringen, weil sie hoffe, daß der Eintritt anfechtungsbedingter Nachteile und Schäden vermieden oder zumindest gering gehalten werden könne." 14

bb) Die Folgeentscheidungen In den Folgeentscheidungen hat der BGH seine Haltung bestätigt und weiterentwickelt, vor allem was den Nachweis der zur Rechtsversagung führenden Tatsachen anbetrifft. In der Entscheiung SEN 15 hat er im Gegensatz zur Koch's Adler-Entscheidung pointiert herausgestellt, daß Anknüpfungspunkt für die Rechtsversagung allein der subjektive Tatbestand sei. Die Erwartungshaltung sei eine sogenannte innere Tatsache, deren Nachweis sich schwierig gestalten könne 16 . Zu diesem Nachweis sind dann in der DAT/Altana-Entscheidung 17 indizierende Tatsachen gezeigt worden. So könne das Verhalten des Klägers in anderen Verfahren indizielle Bedeutung haben. Allerdings hat der BGH diese Ausführungen im Industriewerke-Urteil 18 wieder eingeschränkt: Die Indizwirkung gelte nur bei einer zeitlichen Überlagerung der außerhalb des Verfahrens liegenden Umstände 19 , sprich, einer zeitlichen Überschneidung der Anfechtungsprozesse, nicht dagegen, wenn diese Umstände 1 Vi bzw. 3 Jahre zurücklägen. Als weiteres Indiz wurde der planmäßige Erwerb von Aktien erst nach Bekanntgabe des Gegenstandes der Hauptversammlung genannt20. Schließlich wurden die Anforderungen an die äußeren Zeichen der Vergleichsbereitschaft gesenkt. Der Aktionär müsse sich nicht seinerseits mit Forderungen an die Gesellschaft wenden. Vielmehr könne auf seine böse Absicht auch dann geschlossen werden, wenn er in der Erwartung geklagt habe, die Gesellschaft werde sich unter dem Druck der wirtschaftlichen Nachteile an ihn

14 BGHZ 107, 311. Auf diese Formel haben die Kläger mit einer Mißbrauchsausschlußerklärung reagiert, Wortlaut bei Westermann/Biesinger, DWiR 1992, S. 20 Fn 91. 15 BGH W M 1990, S. 2073. 16 BGH W M 1990, S. 2076. 17 BGH W M 1990, S. 140 (DAT/Altana II). 18 BGH ZIP 1992, S. 1391. 19 BGH ZIP 1992, S. 1393 f.; folgend LG Hof W M 1992, S. 2063; LG Tübingen ZIP 1991, S. 171; OLG Karlsruhe W M 1991, S. 1755. 20 BGH W M 1990, S. 144; folgend LG Hof W M 1992, S. 2063; Umgekehrt, die Tatsache, daß die Aktien vor Bekanntgabe der Tagesordnung erworben wurden, als Indiz gegen den Rechtsmißbrauch gewertet haben OLG München W M 1991, S. 1765; LG Landshut ZIP 1990, S. 999 f., mit zustimmender Anmerkung von Timm EWiR § 203 AktG 1/90, S. 425 f.

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

wenden und Zahlungsangebote unterbreiten 21. Die Gesellschaft dürfe ohne weiteres zur Aufdeckung dieser an sich bestehenden Motivation ein Scheinangebot machen, solange sie den Kläger nicht dazu „veranlasse", eine Forderung geltend zu machen22. Schließlich hatte der BGH Gelegenheit zu klären, welche Folge eine erst nach Klageerhebung entwickelte mißbilligenswerte Motivation hat 23 . Dabei erfolgte eine weitere dogmatische Entfaltung des Mißbrauchseinwands. Die früher entwickelten Grundsätze fänden auch Anwendung auf den, der die „Klage zwar unter Beachtung des gesetzlich vorgegebenen Zwecks und der Verfolgung damit in Einklang stehender Ziele erhebt, im Laufe des Klageverfahrens aber diesen Weg verläßt und dazu übergeht, unter Zweckentfremdung des Instituts der Anfechtungsklage das vorgenannte, von der Rechtsordnung mißbilligte Ziel anzustreben.(...) Ausgangspunkt für diese Entscheidung ist die Feststellung, daß der individuelle Charakter des Anfechtungsrechts, von dem der Senat in seinen Entscheidungen ausgegangen ist (Zitate), durch den institutionellen Zweck der Anfechtungsklage, der in der Rechtmäßigkeitskontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses besteht, beschränkt wird. Wird dieser Zweck nicht mehr verfolgt und mit der Anfechtungsklage ein ihr funktionsfremder, rechtlich zu mißbilligender Zweck angestrebt (...)" 24 , könne der Klage mit dem Mißbrauchseinwand begegnet werden. Weiter von Bedeutung sind die Ausführungen hinsichtlich der Gewichtung der von der Gesellschaft zu befürchtenden Nachteile. Der Kläger hatte die Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, die Bestellung der Abschlußprüfer und die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern angefochten. Da diese Beschlüsse ohne Handelsregistereintragung ausgeführt werden können, bzw. einer Ausführung nicht bedürfen, entstanden keine typischen Nachteile. Allerdings, so der BGH, hänge die Zulässigkeit des Mißbrauchseinwandes nicht davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Gesellschaft anfechtungsbedingte Nachteile zu befürchten hat. Entscheidend sei allein das Motiv des Klägers 25. Weitere Indiztatsachen, die zum Nachweis der Motivation taugen sollen, wurden von Obergerichten genannt, ohne daß der BGH dazu Stellung nahm 26 oder nehmen konnte 27 .

21

BGH W M 1990, S. 144. BGH W M 1989, S. 1765 (DAT/Altana I). Die Kläger lehnen allerdings neuerdings eine Kontaktaufnahme mit der Gesellschaft ganz ab, LG Hof W M 1992, S. 2057; OLG München W M 1991, S. 1763; LG Landshut ZIP 1990, S. 999; LG Tübingen ZIP 1991, S. 169. 23 BGH ZIP 1991, S. 1577 (Deutsche Bank); dazu Diekgräf, W M 1991, S.613 (zur Vorinstanz). 24 BGH ZIP 1991, S. 1578 f., Hervorhebungen von mir. 25 BGH ZIP 1991, S. 1578. 26 OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 925 (Industriewerke). 22

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Das OLG Karlsruhe meinte in der Berufungsinstanz zum IndustriewerkeFall 28 , der Nachweis könne unter anderem damit erbracht werden, daß gezeigt wird, daß der Kläger mit seiner Klage bei einem Obsiegen mit der Zuerkennung des Bezugsrechts allenfalls ein paar Hundert Mark gewinnen könne, während er ein dazu in keinem Verhältnis stehendes Kostenrisiko eingehe. Diese Erwägung stellte auch das OLG Düsseldorf in der Simon-Bank/BV-Entscheidung 29 an. Weiter wurde dort neben den schon bekannten Indizien die Tatsache herangezogen, daß der Kläger in seiner Klage die Auffassung vertreten hatte, den Minderheitsaktionären stehe wegen der (in Rede stehenden) Vermögensübertragung ein Abfindungsanspruch zu; dies deute auf eine Abkaufabsicht hin 30 . Weiter sollte die Nichtteilnahme an einer späteren Hauptversammlung, in der es ebenfalls um den streitigen Punkt ging, indizieren, daß es dem Kläger nicht um Kontrolle zu tun war 31 . Zusammenfassend läßt sich demnach der Mißbrauchstatbestand und sein Nachweis nach der Rechtsprechung wie folgt skizzieren: Mißbräuchlich handelt der Kläger, der die Anfechtungsklage in der Erwartung erhebt oder betreibt, die Gesellschaft werde ihm dafür, daß er das Verfahren nicht weiter verfolgt, einen Gegenwert anbieten, der jedenfalls deutlich über seinem anteiligen Interesse und seinen Kosten liegt. Auf mögliche anfechtungsbedingte Nachteile der Gesellschaft kommt es dabei nicht an. Die danach entscheidende innere Tatsache der Motivation kann durch folgende Indizien nachgewiesen werden: • Stellung von Forderungen an die Gesellschaft, bzw. Sich-Einlassen auf Angebote, die von der Gesellschaft kommen, • planmäßiger Aktienerwerb in Kenntnis des Gegenstandes der Hauptversammlung, • Verhalten in anderen Verfahren, soweit zeitliche Überschneidungen bestehen, 27

OLG Düsseldorf W M 1994, S. 337 (Simon-Bank/BV). ZIP 1991, S. 925. 29 W M 1994, S. 337; anders schon LG Frankenthal W M 1989, S. 792. 30 W M 1994, S. 340: „Die bei Erhebung der vorliegenden Klage gegebene Erwartungshaltung des Klägers, die Beklagte werde ihm den "Lästigkeitswert,, seiner Anfechtungsklage abkaufen, ergibt sich jedoch zur Überzeugung des Senats aus folgenden Umständen: In der Klageschrift hat der Kläger u. a. darauf abgestellt, den Minderheitsaktionären habe ein angemessenes Abfindungsangebot offeriert werden müssen; darüber hinaus habe eine angemessene und von der Muttergesellschaft garantierte jährliche Mindestdividende festgeschrieben werden müssen. Hierauf hatte der Kläger [...] keinen Anspruch [...]."; dem gefolgt ist LG Hof W M 1992, S. 2063, das den Mißbrauch nur aus tatsächlichen Gründen abgelehnt hat. 31 OLG Düsseldorf W M 1994, S. 342. 28

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

• unvorteilhafte Relation von Prozeßkosten und mit der Anfechtungsklage zu erreichender Vermögensvorteile, • auf Abfindung gerichtete Rechtsansichten in der Klageschrift und • Nichtteilnahme an einer späteren Hauptversammlung, die den streitigen Gegenstand behandelt.

b) Kritik

der Rechtsprechung

aa) Kritik am Ausgangspunkt Die in der Ausgangsentscheidung Koch's Adler formulierte Argumentation verfehlt ihr Ziel, einen individuellen Mißbrauch zu begründen, und ist in sich widersprüchlich. Das Argument des „individuellen Charakters" 32 des Anfechtungsrechts zeigt lediglich selbstverständliche Merkmale eines jeden Rechts und ist damit redundant. Daß ein Recht, welches einem Subjekt, d.i. im Falle einer natürlichen Person ein Individuum, zugeordnet ist, in diesem Sinne „individuellen Charakter" hat, ist banal. Die weitere Füllung wird durch die beiden, den Begriff stützenden Begründungen erbracht. Diese stellen jedoch ebenfalls keine weiterführenden Kriterien heraus: Es sind Selbstverständlichkeiten, soweit es sich um Rechte handelt, die den Namen verdienen. Es ist nicht zweifelhaft, daß der Berechtigte über die Ausübung seines Rechts disponieren kann. Selbstverständlich ist auch, daß sich der Berechtigte bei der Rechtsausübung von seinem Interesse leiten lassen darf. Dies alles sind selbstverständliche Kriterien des Begriffes „Recht", die lediglich dazu dienen könnten, zu begründen, daß das Anfechtungsrecht ein Recht ist. Einer solchen Begründung bedurfte es nicht, auch nicht vor dem Hintergrund der organisationsrechtlichen Einbettung der Beschlußanfechtung: Es können auch im Organisationsrecht die Merkmale des Begriffs Recht nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden. An sich ist diese Leerbegründung gar nicht schädlich. Es ist ohnehin Gemeingut, daß jedes Recht den Schranken des Mißbrauchs unterliegt 33 ; eines besonderen Nachweises des „individuellen Charakters" bedarf es hierzu nicht. Wessen es aber wohl bedarf, ist eine tragfähige Auswahl der Merkmale des Aktionärshandelns, die zum Mißbrauchseinwand führen sollen. Das Gericht hat 32

BGHZ 107, 310. Stellvertretend Larenz, Allgemeiner Teil, § 13 IV, S. 232 f. und Gernhuber, Bürgerliches Recht, S. 168. 33

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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hierzu Anhaltspunkte geliefert. Zwar ist die Formel von der groben Eigennützigkeit an sich leer. Der Hinweis, daß der Kläger nichts erlangen soll, worauf er keinen Anspruch 34 hat, ist aber tauglich 35 . Auf der anderen Seite hat der BGH weitere leitende Gesichtspunkte unzulässigerweise wegdifferenziert. Durch die mit großem Aufwand durchgeführte Unterscheidung zwischen institutionellem und individuellem Rechtsmißbrauch wurden Einwände gegen die Annahme eines Mißbrauchs an einer Stelle thematisch verbraucht, obwohl sie an anderer argumentative Kraft entfalten könnten. So wird bei der Prüfung des institutionellen Rechtsmißbrauch ausführlich dargelegt, daß dieser deswegen nicht in Frage komme, weil der Normzweck schon mit der Überprüfung des Beschlusses erreicht sei. Daran ist so viel richtig, daß bei dem in feste Form gebundenen Recht eine Überschreitung des Normzwecks 36 durch bloße Rechtsausübung kaum denkbar ist. Etwas anderes müßte für den Fall gelten, daß der Aktionär die Gesellschaft mit von vornherein unbegründeten oder unzulässigen Klagen überzieht 37. In einem solchen Fall wäre die Instrumentalisierung der Klage dadurch offensichtlich, daß der Normzweck gar nicht erreicht werden kann. Daß allerdings, wie der BGH weiter meint, der Zweck mit der Überprüfung des Beschlusses erfüllt sei, ist ein ganz neuer Gedanke. Zwar hat sich der BGH in seinen Entscheidungen jeweils mit der Überprüfung des Beschlusses begnügt. Normzweck ist dies jedoch nicht. Nomzweck ist weder die bloße Überprüfung noch die Kassation des Beschlusses selbst. Normzweck ist nach Auffassung des BGH jedenfalls, wie das Gericht an anderer Stelle ausgeführt hat 38 , die Gewährleistung rechtmäßigen Organhandelns durch die Kassation anfechtbarer und nichtiger Beschlüsse. Nach richtiger Auffassung ist Normzweck die Beseitigung der Beeinträchtigung durch den rechtswidrigen Beschluß. Damit kann der Streit um den Normzweck hier dahinstehen bleiben. Erreicht wird dieser Zweck jedenfalls nur über eine Beseitigung des Beschlusses. Von bloßer Überprüfungsfunktion kann also gar keine Rede sein. Müßte damit der BGH in seiner Argumentation anerkennen, daß sich der Normzweck nur über eine Beseitigung des rechtswidrigen Beschlusses erreicht werden kann, so zeigt sich die weitere Inkonsistenz seiner Argumentation. Wenn man unterstellt, daß es sich beim Anfechtungsrecht um ein institutionelles Recht handelt, so lassen sich nicht die „individuelle" und die „institutio-

34 BGHZ 107, 311. Der Unterschied zwischen dem Haben eines Anspruchs und dem Billigerweise-Erheben-Können eines Anspruchs, wie ihn der BGH formuliert, ist nicht zu sehen. Es bleibt deshalb dabei, daß der Anfechtungskläger in den diskutierten Fällen keinen Anspruch hat. 35 Zu den Konsequenzen vgl. unten S. 137. 36 Zum institutionellen Rechtsmißbrauch vgl. unten S. 111. 37 Vgl. dazu unten S. 120. 38 BGHZ 107, 308.

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nelle" Seite so trennen wie der BGH dies tut: Er trägt den Bedenken der institutionellen Auffassung - nämlich daß mit der Klage allemal ein rechtmäßiger Zweck erreicht werde - im Rahmen des institutionellen Mißbrauchs Rechnung, indem er diesen ablehnt. Damit sind diese Argumente aber für die Beurteilung des individuellen Rechtsmißbrauches nicht verbraucht: Wenn man von einem institutionellen Rechtscharakter ausgeht, ist dieser institutionelle Zweck bei jeder Rechtsversagung - also auch der qua „individuellen Rechtsmißbrauchs" mitzubedenken: Der Zweck der Norm, die Gewährleistung rechtmäßigen Organhandelns, wird durch die Gewährung des Rechtsmißbrauchseinwandes gerade vereitelt 39 . Die mit großem Aufwand durchgeführte Charakterisierung des „institutionellen Rechts" mit „individuellem Charakter" einerseits und die Unterscheidung von institutionellem und individuellem Rechtsmißbrauch andererseits erweisen sich damit als bloßes Spiel mit Worten.

bb) Kritik der Folgeentscheidungen Die Kritik am Ausgangspunkt ist angesichts der Ausführungen in den Folgeentscheidungen und den aus diesen resultierenden Konsequenzen zu verschärfen. Der gewichtigste Einwand, der sich erheben läßt, ist der der Widersprüchlichkeit in der dogmatischen Einordnung. Man reibt sich die Augen, wenn man lesen muß, daß die Rechtsversagung in der Deutsche Bank-Entscheidung plötzlich eintreten soll, weil das „Institut der Anfechtungsklage" zweckentfremdet werde 40 , nachdem in Koch's Adler ein solcher zweckwidriger, institutioneller Mißbrauch ausgeschlossen worden war 41 . Weiter ist die Aussage, der institutionelle Zweck begrenze den individuellen Charakter des Rechts42, logisch fehlerhaft. Da dem Recht zugesprochene Eigenschaft und innewohnender Zweck auf unterschiedlichen logischen Ebenen liegen, kann letzterer erstere nicht begrenzen. Da dem Begriff des individuellen Charakters ohnehin keine Bedeutung zukommt, zeigt der Satz nur, daß das Recht durch seinen Zweck begrenzt ist. Soweit mit dem Zusammenhang von „individuellem Charakter" und „institutionellem Zweck" auf die organisationsrechtliche Ausgestaltung der Klage angespielt werden soll, geht dieser Hinweis fehl: Die Tatsache, daß die Anfechtungsklage eine organisationsrechtliche Kla39 Ohne daß mit dieser Feststellung der manipulativen Frage von Götz, DB 1989, S. 262 Raum zu geben ist, ob hiermit ein von der Rechtsordnung als rechtswidrig anzusehender Zustand als rechtmäßig sanktioniert werde. Der Beschluß bleibt selbstverständlich in jedem Fall rechtswidrig. 40 ZIP 1991, S. 1577, 1578 f. 41 Ohne Beachtung dieses Gesichtspunktes werden die Entscheidungen kombiniert von Bellinghausen, S. 141 ff. 42 BGH ZIP 1991, S. 1578.

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ge ist, hat sich in den Beschränkungen, der die Klage unterworfen ist, niedergeschlagen43. Eine weitere Beschränkung ist jedenfalls mit dem bloßen Hinweis auf den organisationsrechtlichen Zusammenhang nicht zu begründen. Aus dieser Rechtsprechung wird deutlich, daß in diesem Fall als Grund der Rechtsversagung die Zweckwidrigkeit der Rechtsausübung angesehen wird. Es wird sogar nunmehr der Grund für die Beschränkung im institutionellen Charakter der Klage gesehen, der in der Koch's Adler-Entscheidung das größte Hindernis auf dem Weg zur Rechtsversagung darstellte. Damit wird die institutionelle Seite gegen den Aktionär gekehrt. Die Begründungen der Koch's Adler- und der Deutsche Bank - Entscheidungen stehen in offenem Widerspruch. Gegen diese, den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs aus dem institutionellen Charakter des Rechts begründende Rechtsprechung ist weiter die oben erarbeitete Charakterisierung des Rechts ins Feld zu führen: Es wurde gezeigt, daß der Aktionär eigene, mitgliedschaftliche Interessen wahrt und daß ihm das Recht allein aus diesem Grund gewährt wird. Er muß sich also gar nicht an irgendwelchen institutionellen Zwecken orientieren. Umgekehrt kann aus solchen Zwecken keine Beschränkung des Rechts hergeleitet werden. Inkonsistent ist weiter die Annahme, es bedürfe noch nicht einmal eines anfechtungsbedingten Nachteils der Gesellschaft 44. Es ist schon schwierig, einen Kläger zu konstruieren, der sich im allgemeinen von der Vorstellung leiten lassen wird, die Gesellschaft werde zahlen, weil sie hoffe, daß der Eintritt anfechtungsbedingter Nachteile und Schäden vermieden oder gering gehalten wird 45 , wenn solche Nachteile gar nicht zu besorgen sind. Überhaupt fragt man sich, wo das Problem ist, wenn keiner der Beteiligten mit der Klage einen Nachteil erleidet 46. Auch die Indizien, die den Beweis der allein entscheidenden Motivation erbringen sollen, halten einer näheren Untersuchung nicht stand. Gegenteilig untermauern sie die Fragwürdigkeit des Motivkriteriums. Dies zeigt sich zum einen an der Frage, wie der Fall des von sich aus kein Angebot unterbreitenden Aktionärs zu handhaben ist. Einerseits soll die Gesellschaft eine schon vorhandene Motivation durch Scheinverhandlungen aufdecken dürfen 47 . Es reicht sogar, daß die Motivation erst nach Klageerhebung

43

Vgl. S. 24 f. BGH ZIP 1991, S. 1578. 45 So die Formulierung in BGHZ 107, 311. 46 Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß jedenfalls die Lästigkeit bleibe, so aber Kremer, WuB II A. § 243 AktG 1.92, S. 513, dies gilt für jede Klage. 47 BGH W M 1989, S. 1765. 44

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

entwickelt wird 48 . Anderseits darf die Gesellschaft den Kläger nicht zur Annahme einer Zahlung veranlassen49. Es ist schon gar nicht ersichtlich, warum die Motivation, die Relevanz des Kriteriums unterstellt, weniger mißbilligenswert wird, wenn ein anderer den Anlaß zur Annahme der Zahlung gibt 50 . Im Ergebnis wird sinnwidrigerweise der Kläger privilegiert, der sich besonders lange bitten läßt 51 , bevor er das Geld annimmt 52 . Was von der Heranziehung klägerischen Verhaltens in anderen Verfahren als Indiz zu halten ist, hat der BGH selbst gezeigt. Das OLG Karlsruhe hatte einfach eine Reihe von Anfechtungsprozessen der Klägerin aufgezählt und kurzum damit die mißbilligenswerte Motivation bejaht53. Um diese Geister wieder los zu werden, führte der BGH das einschränkende Kriterium, es müsse eine zeitliche Überschneidung vorliegen, ein 54 . Dies ist offensichtlich willkürlich 55 . Ohnehin ist gar nicht zu sehen, was das klägerische Verhalten in anderen Prozessen indizieren soll. Hauptstück des Indizienbeweises ist der Denkprozeß, kraft dessen von den Indizien auf die rechtserhebliche Tatsache geschlossen wird 56 . Die einzige Regel, die den hier erwünschten Schluß nahebringt, ist aber die, daß der, der sich in anderen, vergleichbaren Situationen auf eine bestimmte Art und Weise verhält - unterstellt, daß diese andere Situation zutreffend gewürdigt ist - , es auch in dieser tut. Eine solche Regel gibt es aber nicht 57 . Die-

48 49

BGH ZIP 1991, S. 1578 ff.

BGH ZIP 1991, S. 1578 ff.; kritisch Götz, ZIP 1995, S. 1311, der deutschen Aktiengesellschaft sei das „Privileg des rechtsgeschützten Agent provocateur eingeräumt". 50 Die nicht Gesetz gewordene Strafvorschrift des Regierungsentwurfs zum Aktiengesetz 1965, § 389 RegE, Bundestagsdrucksache IV/171, sah eine solche feinsinnige Unterscheidung zu Recht nicht vor. Dort sollte bestraft werden, wer „1. besondere Vorteile dafür fordert, sich versprechen läßt, oder annimmt, [...] daß er eine Anfechtungsklage nicht erhebe [...]" oder dieses Verfahren nicht fortsetzt. Gegen eine solche Unterscheidung auch Lüderssen, FS Heinsius, S. 458; dafür aber Bayer WuB II A. § 340a AktG 1.91, S. 259; a.A. Westermann WuB II A. § 243 AktG 1.91, S. 387, Einwand der unclean hands. 51 Timm EWiR § 243 AktG 1/88, S. 1050 meint, man könne vom Kläger erwarten, daß dieser Bestechungsversuche zurückweist. 52 Kritisch auch Günther EWiR §243 AktG 1/90, S. 122, solche Indizien würden nur geschicktes Taktieren fördern. Eine Anleitung zum Taktieren findet sich bei Götz, ZIP 1995, S. 1310. 53 ZIP 1991, S. 926 ff. Kritisch dazu Windbichler EWiR § 246 AktG 1/91, S. 748. In der auf die Revision in der Sache SEN folgenden Entscheidung hat es das OLG Karlsruhe W M 1992, S. 654, 656 f. genügen lassen, daß der Kläger im Verfahren DAT/Altana mit dem gerichtsbekannten K.W. Freitag kooperiert hatte. Kritisch dazu auch Bayer WuB II A. § 243 AktG 2.92, S. 959; zustimmend aber Geuting EWiR § 243 AktG 2/92, S. 529 f. 54 ZIP 1992, S. 1393 ff. Decouvrierend Martens, ZIP 1992, S. 1680, die Klägerin sei von ihrer dunklen Vergangenheit freigesprochen worden. 55 Zustimmend aber Diekgräf WuB II A. § 243 5.92, S. 1292. 56 Thomas/Putzo, ZPO, vor § 284 Rn 11. 57 Ablehnend auch Timm EWiR § 243 AktG 2/90, S. 322, „Schnüffelei" in anderen Verfahren.

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ses wer-einmal-lügt-dem-glaubt-man-nicht-Indiz 58 ist in Wahrheit der Verzicht darauf, den vorliegenden Fall (abweichend) zu würdigen 59 . Gänzlich untauglich sind die zusätzlich von den Oberlandesgerichten genannten Indiztatsachen. Der Hinweis auf die ungünstige Kosten-Nutzen-Relation60 geht am Gesetz vorbei 61 . Mit diesem Indiz kann man selbstverständlich jeden Kleinaktionär nach Hause schicken, da es sich bei ihm stets nur um ein paar Hundert Mark handeln wird. In Wahrheit ist dies die vom Gesetzgeber stets abgelehnte Einführung eines Quorums durch die Hintertür. Damit wird auch verkannt, daß der Gesetzgeber gerade in Abmilderung der erkannten Kosten-Nutzen-Relation die Streitwertspaltung in § 247 I I geschaffen hat 62 . Auch die in der Klageschrift geäußerten Rechtsauffassungen geben für die Feststellung einer bestimmten Motivation nichts her. Sie haben die Beurteilung der Rechtslage zum Gegenstand. Die Verknüpfung zwischen dieser Tatsache und der Motivation fehlt. Mit der Annahme, die Auffassung des Klägers, ihm stünde ein Recht zu, indiziere eine mißbilligenswerte Gesinnung63, kann jede Klage abgewiesen werden. Ein solches Indiz ist völlig untauglich 64 . Schließlich zeigt auch der Nichtbesuch einer Hauptversammlung, die sich mit dem Gegenstand des zuvor angefochtenen Beschlusses befaßt, nicht das mangelnde Interesse am Gegenstand65, ein solcher Nichtbesuch kann ganz andere Ursachen haben66, noch kommt es auf dieses Interesse überhaupt an 67 . Die einzige Gemeinsamkeit, die diese Indizien zeigen, ist die, daß sie Bestandteile des mißbilligten klägerischen Verhaltens waren. Die einzige Verbindung mit dem Beweisthema besteht darin, daß auch letzteres das Vorgehen der Kläger kennzeichnet. Ein weiterer Zusammenhang besteht nicht. Insgesamt fungieren diese Indizien als bloße beweisrechtliche Legitimierung eines schon vorher feststehenden Ergebnisses. Mehr als ein Hindeuten auf diese Kläger ist damit nicht geleistet. 58

Ebenso Lutter WuB II A § 221, 1.91, S. 141; Drygala EWiR § 246 AktG 1/92, S. 1042; Wardenbach, ZGR 1992, S. 568; Mertens, AG 1990, S. 55. 59 Ablehnend auch Heckschen WuB II A. § 340a 2.90, S. 210; kritisch Diekgräf WuB II A. 3 243 AktG 3.91, S. 1437. 60 OLG Karlsruhe ZIP 1991, S. 928; OLG Düsseldorf W M 1994, S. 337. In Bezug gesetzt werden das Prozeßkostenrisiko und der anteilige vermögensmäßige Nutzen des Kleinaktionärs („ein paar Hundert Mark"). 61 So schon LG Frankenthal, W M 1989, S. 792. 62 Dazu Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 16 Rn 136 ff. 63 OLG Düsseldorf W M 1994, S. 340. 64 Ablehnend auch Butzke WuB II A. § 361 AktG 1.94, S. 597. 65 OLG Düsseldorf W M 1994, S. 342. 66 Dagegen auch Butzke WuB II A. § 361 AktG 1.94, S. 597. 67 BGHZ 107 297, 310. Zu Unrecht und ohne Begründung anderer Meinung Heckschen WuB II A. § 340a AktG 2.90, S. 209.

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Damit ist als Ergebnis der Kritik festzuhalten, daß die Begründung des Rechtsmißbrauchs in widersprüchlicher Weise einmal auf eine mißbilligenswerte Motivation, zum anderen auf die Zweckwidrigkeit der Rechtsausübung zurückgreift. Hierbei stützt sie sich auf eine verfehlte Auffassung vom institutionellen Charakter des Anfechtungsrechts. Die zum Nachweis herangezogenen Indizien sind als untauglich anzusehen.

2. Die unrichtige Einordnung des Aktionärshandelns in die Kategorien des individuellen und institutionellen Rechtsmißbrauchs über die Rechtsprechung hinaus

Die Auffassung vom Rechtsmißbrauch ist aber nicht nur in der Variante der Rechtsprechung in sich widersprüchlich. Diese Widersprüchlichkeit könnte außer Betracht bleiben, wenn sich die Einordnung der Klagen in die Kategorien des institutionellen oder individuellen Rechtsmißbrauchs begründen ließe. Eine solche Einordnung ist aber auch unter Einbeziehung der Begründungen der anderen, den Mißbrauch befürwortenden Meinungen nicht zu bewerkstelligen. Die Figur des Rechtsmißbrauchs beansprucht Geltung nicht nur für die Beschränkung des Anfechtungsrechts, sondern als Begründung für Rechtsbeschränkungen ganz allgemein. Es ist hier kein Raum, eine breit angelegte Untersuchung der Figur des Rechtsmißbrauches vorzulegen. Eine eigenständige Systematisierung überschreitet die Grenzen der Arbeit. Die grundsätzliche Richtigkeit dieser Figur soll nicht in Zweifel gezogen werden. Vielmehr soll nur untersucht werden, ob die Kriterien der Einordnung des Verhaltens des Klägers, die von den der Rechtsmißbrauchsthese zustimmenden Auffassungen angegeben werden, als allgemeine Merkmale der Fallgruppe gelten können.

a) Der Rechtsmißbrauch im Allgemeinen Die Tatbestände des Rechtsmißbrauchs werden im wesentlichen68 bei § 242 BGB angesiedelt69. Während in der älteren Literatur noch darüber ge68 Der sehr eng formulierte § 226 BGB hat nie große praktische Bedeutung erlangt. Zu seiner erweiterten Auslegung bestand gerade wegen § 242 BGB kein Anlaß, vgl. Soergel-Fahse, vor § 226 Rn 3, § 226 Rn 3. 69 Anders z.B. Staudinger-Schmidt, § 242 Rn 156, 168 ff. Schmidt verneint das Begründungspotential der Vorschrift und sieht sie daher nicht als geeigneten Ort der Systematisierung der unterschiedlichen Rechtsbegründungen und -beschränkungen an. Er erkennt § 242 BGB allenfalls als Hilfsfigur der Methodenlehre zur Gewinnung neuer Sachnormen an. Schmidts Versuch, der bequemen Immunisierung von Entscheidungen zu begegnen, ist begrüßenswert. Seiner Diktion wird dennoch nicht gefolgt. Es dürfte außer Zweifel stehen, daß in den Generalklauseln auch der Rückgriff auf außergesetzliche Wertungen eröffnet ist. Zwar ist die Kritik am positivistischen wie

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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stritten wurde, ob der Mißbrauch als eine Überschreitung des Rechts anzusehen sei, das Recht also in Wahrheit gar nicht bestehe70 oder ob die Beschränkung des Rechts von außen erfolge 71, dürfte sich heute wohl die erste Auffassung durchgesetzt haben72. Der Rechtsmißbrauch wird in Fallgruppen eingeteilt. In der Systematisierung und Terminologie besteht allerdings erhebliche Uneinigkeit 73 , abgesehen davon, daß der Anspruch inhaltlich stringenter Systematik manchmal gar nicht erhoben wird 74 . Es bilden nicht einmal zwei Kommentarsteilen dieselben Fallgruppen 75. Übereinstimmung gibt es nur selten.

am naturrechtlichen Verständnis der Norm zutreffend: Weder läßt § 242 BGB eine Subsumtion zu, noch ist der Rückgriff auf unbegründbares Naturrecht erlaubt. Dennoch bleibt die Generalklausel als Einfallstor der richtige Ort, an dem sich methodisch geordnet über den Inhalt verständigt werden kann (in diesem Sinne wohl auch Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 17 ff). Zur wohl treffenderen Einordnung des Rechtsmißbrauchs als eigenständigen Gedankens außerhalb von Treu und Glauben im Schweizerischen ZGB vgl. Berner Kommentar-Merz, Art. 2 Rn 9 ff. 70 So schon Soergel-Siebert, 8. Auflage, § 242 C.I.2.C. und Siebert, Verwirkung, S. 83 ff.; ders., Rechtsmißbrauch, S. 203 ff., als Vertreter der „Innentheorie", mit Nachweisen zur Gegenauffassung, der „Außentheorie". 71 Vgl. die Darstellungen bei Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 34 8, und Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 113 ff. Letzterer führt den Nachweis der Unfruchtbarkeit dieser Diskussion; ebenso Gernhuber, Bürgerliches Recht, S. 168. 72 Soergel-Teichmann, § 242 Rn 274; Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 38; Erman-Werner, § 242 Rn 74; Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 33 ff. Zu Unrecht wird diese Auffassung von Röhl, Rechtslehre, § 41 VI, S. 355 als eine Konsequenz nationalsozialistischer Dogmatik des subjektiven Rechts angesehen. Richtig daran ist, daß die These von Siebert in nationalsozialistischer Begründung entwickelt und vertreten wurde, Rechtsmißbrauch, S. 194 ff.; ders., Verwirkung, S. 83 ff. Man muß aber nicht eine objektive Pflichtbindung in die immanente Schranke des Rechts oder in den Begriff transportieren, wie die NS-Rechtsprotagonisten dies taten: Vgl. Larenz, Rechtsperson und subjektives Recht, S. 238 ff. Dort wird die völkische Ordnung über einen "konkreten Begriff' des subjektiven Rechts, der die Charakteristika dieser Ordnung in sich trägt, in das Recht selbst transportiert. Vgl. weiter Siebert, Rechtsmißbrauch, S. 198 ff. Innen- wie auch Außentheorie verhalten sich solchen „Konkretisierungen" gegenüber neutral. Es läßt sich auch aus dem individualistisch begriffenen Recht seine Beschränkung immanent bestimmen. Dies ist der heutige Inhalt der Innentheorie. Vgl. dazu auch unten, S. 114 Fn 104. 73 So bezeichnet MüKo-Roth, § 242 Rn 255, den „Mißbrauch" als Tatbestand, die „unzulässige Rechtsausübung" als Rechtsfolge; Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 38, verwendet die Begriffe in diesem Zusammenhang wohl synonym, nennt die Fallgruppe aber „unzulässige Rechtsausübung"; wieder anders Soergel-Teichmann, § 242 Rn 274 f., der meint, der Begriff „unzulässige Rechtsausübung" passe deshalb nicht, weil ein „Recht", das nur unzulässig ausgeübt werden könne, gar nicht existiere; ebenso gegen den Begriff schon Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 34 8; insoweit inkonsequent Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 38. 74 Einige Kommentare listen die Fülle des nicht einzuordnenden Stoffes einfach alphabetisch auf, siehe Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 58 ff.; Erman-Werner, § 242 Rn 99 ff. Das muß kein Fehler sein und ist blickverstellender, oberflächlicher Systematisierung allemal vorzuziehen. 75 Vgl. nur Erman-Werner, §242 Rn 79-83; Soergel-Teichmann, §242 Rn281ff., 290 ff., 312 ff.; MüKo-Roth, §242 Rn280ff., 286 ff., 322 ff., 417 ff.,433 ff.; Palandt-Heinrichs, §242 Rn 43 ff., 46 ff., 50 f., 53 f., 55 f.

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Traditionell 76 wird beispielsweise danach unterschieden, ob sich der Vorwurf im Zusammenhang mit vergangenem Verhalten begründet 77 oder lediglich auf die gegenwärtige 78 Verhaltensweise bezieht. Die Begründung der Unterscheidung zwischen institutionellem und individuellem Rechtsmißbrauch ist sehr viel jünger und geht auf Esser und L. Raiser 79 zurück. Gegenüber der traditionellen Unterscheidung hat eine echte Einteilung des Fallmaterials in individuellen und institutionellen Rechtsmißbrauch vor Einsetzen der Rechtsprechung zur Anfechtung in der Kommentarliteratur nicht stattgefunden 80. Die Begriffe werden zwar verwendet, aber eine Systematisierung der Fälle hiernach fällt offensichtlich schwer: Obwohl die Kategorien individueller und institutioneller Rechtsmißbrauch von ihrem Anspruch her allumfassend81 sind, werden weitere eigene Fallgruppen unterschieden 82. Die Einteilung ist also durchaus keine traditionell anerkannte, geschweige denn eine gefestigte.

b) Die unrichtige Einordnung der Auskaufsfälle als institutionell rechtsmißbräuchlich Die These vom institutionellen Mißbrauch des Anfechtungsrechts in den Fällen des Auskaufs läßt sich mit den allgemeinen Merkmalen der Kategorie des institutionellen Rechtsmißbrauchs nicht vereinbaren.

76 Der aus der Vergangenheit zu begründende Rechtsmißbrauch wurde aus der römischrechtlichen exceptio doli specialis (praeteriti) entwickelt. Der gegenwärtige Mißbrauch wird auf die exceptio doli generalis (praesentis) zurückgeführt. Vgl. Esser, 2. Auflage, § 34 4, 5; SoergelTeichmann, § 242 Rn 281 ff., 312 ff; MüKo-Roth, § 242 Rn 259, 280 ff., 312 ff.; anders PalandtHeinrichs, § 242 Rn 50. 77 So z.B. die Fälle des venire contra factum proprium oder des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung, vgl. die in der Vornote genannten. 78 MüKo-Roth, § 242 Rn 280 ff., „mißbilligte Rechtsausübung". 79 Esser, Schuldrecht, 2. Auflage, § 34 6 und 7; L. Raiser, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 151 f. 80 Für die hier in Rede stehenden Fälle ist die Unterscheidung erstmals von GHEK-Hüffer, § 245 Rn 47 ff., gebracht worden, allerdings ohne nähere Analyse der Begriffe und Figuren. Vgl. auch MüKo-Roth, § 242 Rn 260, gegenüber noch MüKo-Roth, 2. Auflage, § 242 Rn 228 f. 81 Nämlich kategorisiert nach den Standards, gegen die verstoßen wird: Gegen den Zweck der Ordnung, der die Norm entnommen ist, im Falle des institutionellen, gegen alle anderen (außerrechtlichen) Standards im Falle des individuellen Mißbrauchs. Welche Kategorie noch bleiben soll, ist nicht ersichtlich. 82 Vgl. nur MüKo-Roth, § 242 Rn 262; Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 40-42; wohl zutreffend dagegen die Zuordnung der Fallgruppen zum individuellen Rechtsmißbrauch bei Esser, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 III; Esser/Schmidt, Schuldrecht, § 10 III 2; Soergel-Teichmann, § 242 Rn 25 ff.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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aa) Die These vom institutionellen Rechtsmißbrauch als These von der Zweckwidrigkeit der Rechtsausübung Mit der These vom institutionellen Mißbrauch des Anfechtungsrechts wird vertreten, die Anfechtungsklage könne rechtsmißbräuchlich sein, wenn sie funktionswidrig eingesetzt werde, d.h. wenn mit ihr nicht die Rechtmäßigkeit des Beschlußhandelns, sondern beispielsweise Sondervorteile verfolgt würden 83. Der BGH 8 4 spricht von institutionellem Rechtsmißbrauch. Allerdings sieht er in diesen Klagen nach eigenem Bekunden keinen Fall des institutionellen Rechtsmißbrauchs. Manche betonen den Gedanken der Zwecksubstitution85, andere sprechen von Zweckwidrigkeit 86 oder Zweckentfremdung 87. Zweck- und Funktionswidrigkeit werden dabei synonym gebraucht 88. Zweckwidrigkeit wird dabei teilweise so gesehen, daß der Kläger mit der Anfechtungsklage etwas erzielen will, was ihm nicht gebührt 89. Weiter geht die Auffassung, die als zweckwidrig - in negativer Abgrenzung - jede Ausübung ansehen will, die nicht Legalitätsinteresssen verfolgt 90 . Welcher Konkretisierung man auch folgen mag, kennzeichnend ist, daß die Zweckwidrigkeit rein subjektiv 91 bestimmt wird, nämlich als Abweichung der Zielvorstellung des Klägers vom Gesetzeszweck. Schließlich sind hierher alle Auffassungen zu zählen, die, wie auch neuerdings der BGH 9 2 , anführen, der institutionelle Zweck des Rechts würde seine individuelle Ausübung begrenzen 93. Es ist kein neuer Aspekt dadurch in der Diskussion, daß man die Begriffe institutioneller Zweck und individuelle Aus83

KK-Zöllner, § 245 Rn 79 f., wobei zwei Aspekte vermischt werden: Ob es dem Kläger um die Kontrolle des Beschlusses geht, ist eine Frage, das Verfolgen von Sondervorteilen eine andere; dazu zutr. GHEK-Hüffer, § 245 Rn 51. Wie Zöllner, Teichmann, JuS 1990, S. 272 f.; Ebenfalls den Gedanken der Funktionswidrigkeit betont Windbichler in Timm, Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 41 f. Ebenso nunmehr BGH ZIP 1991, S. 1578 f. in Widerspruch zu BGHZ 107, 310; vgl. auch Roleder, AG 1988, S. 436. 84 BGHZ 107, 310. 85 Wardenbach, ZGR 1992, S. 575; ders., BB 1991, S. 488. 86 Teichmann WuB I I A. § 245 AktG 1.88, S. 1359 f.; Wallenhorst, Schranken, S. 88. 87 GK-Schmidt, § 245 Rn 53. 88 So ausdrücklich Radu, ZIP 1992, S. 305. Vgl. zur Begrifflichkeit Röhl, Rechtslehre, § 30 II, S. 257. 89 Windbichler in Timm, Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 41; KK-Zöllner, §245 Rn 79 f.; ebenso BGH ZIP 1991, S. 1577, 1578 f.; Bellinghausen, S. 141 ff. 90 Wardenbach, ZGR 1992, S. 575; KK-Zöllner, § 245 Rn 79; GK-Schmidt, § 245 Rn 50. 91 Lutter, FS DB, S. 209; Teichmann, WuB Π Α. § 245 AktG 1.88, S. 1359 f.; Bayer WuB I I A. § 340a AktG 1.89, S. 196 f.; Werner WuB I I A. § 340a AktG 4.90, S. 1233; Westermann, WuB Π Α. § 243 AktG 1.91, S. 386 f. Klar, Bellinghausen, die Lauterkeit der Klägermotive sei relevant, S. 141 ff. 92 ZIP 1991, S. 1577 ff. 93 Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 35, 49; ders., W M 1991, S.619; Bayer, W M 1989, S. 125, „Zweckbindung".

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Übung miteinander verknüpft. Auch hier begründet der Zweck der Norm genauer, die Abweichung der subjektiven Zielsetzung hiervon - die Rechtsversagung. In diesen Auffassungen zeigt sich ein eigentümliches Umschlagen der Argumentation mit der institutionellen Seite des Rechts: Während damit früher 94 die Unmöglichkeit der mißbräuchlichen Ausübung begründet wurde - schließlich könne die Anfechtungsklage gegen den rechtswidrigen Beschluß nur dem Normzweck dienen - , wird heute genau umgekehrt argumentiert 95: Nur die Klage, die sich im institutionellen Rahmen halte - mit der die Rechtmäßigkeit des Gesellschaftshandelns verfolgt werde - , werde zweckentsprechend ausgeübt. Karsten Schmidt 96 hat den Schlußstein in diese Entwicklung gesetzt: „[...] die institutionelle Funktion von Anfechtungsrechten [spricht] nicht gegen97, sondern für die Erheblichkeit des Mißbraucheinwands; denn wenn auch der Kläger mit der Klage kein altruistisches Ziel verfolgen muß, kann doch der Einsatz dieses Rechts zu sachfremden, d.h. mit dem Kontrollanliegen einer Anfechtungsklage unvereinbaren Zwecken mißbräuchlich [...] sein."

bb) Die Kritik der These vom institutionellen Rechtsmißbrauch als Beschränkung des Anfechtungsrechts Wenn auch die Figur des institutionellen Rechtsmißbrauchs nicht in Frage gestellt werden soll, so muß für die Kritik doch präzisiert werden: Es ist für unsere Untersuchung notwendig, zwischen dem Mißbrauch eines eigenen Rechts und dem einer fremden Berechtigung zu unterscheiden. Diese Unterscheidung gründet im Zweck der Rechtsgewährung. Ist das Recht zur Durchsetzung eigener Interessen verliehen, so soll von einem eigenen Recht gesprochen werden. Dem ist die Berechtigung zur Geltendmachung der objektiven Ordnung gegenüberzustellen. Solche Berechtigungen sind dem Privatrecht grundsätzlich fremd, eine Ausnahme ist beispielsweise § 13 I I Nr. 3 UWG 9 8 .

94

Mestmäcker, Verwaltung, S. 14; Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 134 ff., 138 ff.; ihnen folgend GK-Schilling, § 243, Anm. 25 und Meyer-Landrut, FS Schilling, S. 235 ff. 95 Die oben genannten und Heckschen WuB I I A. § 340a AktG 1.90, S. 87; Peterhoff WuB I I A. § 243 AktG 1.89, S. 1028. Dazu zählt auch die neuerdings gestellt Frage, ob man sich diese Kontrolle noch leisten könne, vgl. Zöllner in Aktienrechtsreform, S. 147 ff.; Mertens, AG 1990, S. 54. Das geht soweit, daß man dem Aktionär zumutet, sich mit „einem oder zwei Musterprozessen" zufrieden zugeben, so in der Tat Marsch-Bamer WuB I I A. § 243 AktG 2.91, S. 1009. 96 GK-Schmidt, § 245 Rn 50. Vgl. allerdings jüngst wieder Wallenhorst, Schranken, S. 63 ff., 87 f., der meint, erst den „institutionellen Charakter" beseitigen zu müssen, um zu einer Beschränkbarkeit des Rechts zu kommen. 97 In Auseinandersetzung mit der Auffassung von Schilling in der Vorauflage, § 243 Anm. 25. 98 Nichtsdestotrotz werden in den Auskaufsfallen teilweise ausdrücklich Parallelen gezogen, vgl. LG Hof W M 1992, S. 2063.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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(1) Der Mißbrauch einer Berechtigung zur Wahrung der objektiven Ordnung im Unterschied zum Mißbrauch eines eigenen Rechts Es ist klar, daß die Berechtigung zur Wahrung einer objektiven Ordnung anderen Bedingungen unterworfen werden kann, als das eigene Recht. Es läßt sich hier ohne weiteres der Standpunkt einnehmen, daß, wie der BGH in der Entscheidung „Deutsche Bank" 99 formuliert hat, der Kläger den Weg gehen müsse, der der Erhaltung der objektiven Ordnung dient. Mit der Aussage, das Recht sei zur Wahrung der objektiven Ordnung verliehen, ist diese gesamte Ordnung zum Zweck gemacht. Jede Abweichung hiervon kann als mißbräuchlich qualifiziert werden: Der Kläger „entfremdet [...] ein ihm zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit korporativen Handelns zur Verfügung gestelltes Recht dem ihm nach der gesetzlichen Intention innewohnenden Zweck." 1 0 0 Es geht eben nicht um den Kläger, sondern um die Ordnung. Der Fall liegt bei einem eigenen Recht anders. Dort ist ein eigenes Interesse als schützenwert erachtet worden. Dieses Interesse ist als solches anerkannt und nicht um des Erhalts einer Ordnung wegen. Es unterliegt zwar den Schranken einer jeden Rechtsausübung101, muß sich aber nicht an die gesamte objektive Ordnung binden lassen102. Die Folgerung für eine mögliche Beschränkung des Anfechtungsrechts liegen nach der hier entwickelten Auffassung offen: Das Anfechtungsrecht ist ein Recht zur Wahrung der eigenen Rechtsposition des Aktionärs. Es dient keinen „institutionellen" Zwecken in dem Sinne, daß es die Interessen der Allge-

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ZIP 1991, S. 1578. BGH ZIP 1991, S. 1580, „Deutsche Bank". 101 Dazu unter (2). 102 Es kann daher Röhl, Rechtslehre, § 46 III, S. 349 f., nicht beigepflichtet werden. Röhl diskutiert den Unterschied zwischen der Durchsetzung eines eigenen Interesses und der Wahrung der objektiven Ordnung unter dem Gesichtspunkt des Begriffs des subjektiven Rechts. Die von ihm vertretene Imperativentheorie - die Gleichsetzung von Recht mit einklagbaren Ge- und Verboten führt ihn dabei zur Subsumtion beider Formen der Berechtigung unter den Begriff: Zur Klagbarkeit führen ja sowohl die fremde als auch die eigene Berechtigung. Eine solche Subsumtion ist vertretbar, darf aber nicht dazu führen, die im Text gezeigten Unterschiede einzuebnen. Deswegen sind seine Ausführungen zur Beschränkbarkeit von Rechten, ebenda, S. 402, unzutreffend. Die zum Beleg angeführte Stelle bei Jellinek, System, S. 71, belegt die hier vertretene Auffassung. Jellinek sagt: „Das positive Recht kann den Kreis der formellen Interessen beliebig verringern oder erweitern. Im letzten Fall bildet nicht einmal das subjektive Interesse eine unübersteigliche Grenze, so dass selbst dort, wo ein Individualinteresse gar nicht vorliegen kann, trotzdem ein geschützter Anspruch geschaffen zu werden vermag." Es ist klar, daß damit nur gemeint ist, daß dem Gesetzgeber die Einräumung einer Berechtigung zur Wahrung anderer als eigener Interessen möglich ist. Mehr als diese Berechtigung ist mit dem „geschützten Anspruch" nicht bezeichnet. Daß sich diese Berechtigung vom eigenen Recht unterscheidet, sieht auch Jellinek, ebenda, wenn er fortfährt: „Allerdings wird dieser Fall die Ausnahme bilden und in der Praxis [...] zu bedenklichen Resultaten führen." 100

S Slabschi

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

meinheit wahrt 103 . Eine Bindung an eine objektive Ordnung im weiten Sinne kommt daher nicht in Frage. Aus diesem Grund sind alle Auffassungen zurückzuweisen, die eine solche Bindung - in welcher Formulierung auch immer - zur Rechtsversagung heranziehen. In Frage kommt nur eine Versagung aufgrund eines Mißbrauchs eines eigenen Rechts.

(2) Der institutionelle Mißbrauch des eigenen Rechts Für die Kennzeichnung des institutionellen Rechtsmißbrauchs des eigenen Rechts wird die Tatsache fruchtbar gemacht, daß das einzelne Recht in einem Kontext besteht104. Ein Sachverhalt widerstreitender Interessen wird vom Recht geregelt, wobei einige Interessen als berechtigt anerkannt werden. Wenn vom „Institut" die Rede ist, wird die Rückbindung der Norm an den Kontext angemahnt. Es ist dies die Untersuchung des Normzwecks. Hält sich der Gebrauch des Rechts nicht mehr in diesen Grenzen, so handelt der Ausübende in Wahrheit in dessen Überschreitung ohne Recht 105 . Der Grundgedanke des in-

103

Der Vergleich mit § 13 V UWG - vgl. LG Hof W M 1992, S. 2063 - hilft daher nicht weiter. Dort geht es nämlich praktisch tatsächlich um den Mißbrauch einer fremden Berechtigung durch sogenannte Abmahnvereine, vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, § 13 Rn 46 ff.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, S. 102 ff., 105 ff., die von einem Mißbrauch der Klagebefugnis sprechen. Sehr weitgehend aber konsequent Teplitzky, S. 106 ff., der § 13 V UWG auf die prozessualen Umstände beschränken will. 104 Esser und im Anschluß an ihn L. Raiser haben diesen Kontext „Institut" oder „Institution" genannt. Der Begriff ist unglücklich gewählt. Er ruft Verwechslungen mit dem klassischen Institutionenbegriff hervor, der mit Ehe, Familie, Eigentum usw. verbunden ist (in diesem Sinne wohl Palandt-Heinrichs, § 242 Rn 40). Darüber hinaus ist der Begriff mehrdeutig. Dies zeigt sich schon in der Verwendung, die Esser und Raiser praktizieren. Essers Ausführungen, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 II, S. 34, kann man nur so deuten, daß er unter Institution die Summe der einen einheitlichen Gegenstand regelnden Normen versteht. Gleichzeitig verweist er, ebenda, zum Institutionenbegriff auf Raiser. Raiser seinerseits, Rechtsschutz und Institutionenschutz, S. 145, verwendet den Begriff anders. Er bezeichnet das Rechtsinstitut als ein vom objektiven Recht geordnetes typisches Lebensverhältnis. Das Recht werte und ordne im Rechtsinstitut ein typisches Lebensverhältnis, ein soziales Gebilde. Die Vorstellung vom Lebensverhältnis, das gleichzeitig im Rechtsinstitut Recht sein soll, befremdet. Sie vermengt die Ebenen von Sein und Sollen. Des weiteren setzt sie sich in keiner Weise mit der Geschichte eines so verstandenen Institutionenbegriffes auseinander. Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, S. 284, hat in seiner Kritik dieses Begriffs zutreffend gerügt, Sein und Sollen begegneten sich in den Institutionen auf ungeklärte Weise. In der Auseinandersetzung mit Carl Schmitts konkretem Ordnungsdenken, Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, S. 19 ff., hat Rüthers, ebenda, S. 291, mit allen Institutionenbegriffen, die über sich hinausweisen, das heißt mit außernormativen Elementen aufgeladen werden, scharf abgerechnet. Hier soll nicht Partei ergriffen werden. Die Rechtsprechung und Literatur zum konkreten Thema sind von Differenzierungen dieser Art ohnehin weit entfernt. An manchen Stellen muß allerdings auf entsprechende Implikationen hingewiesen werden. 105

Soergel-Teichmann, § 242 Rn 14; Siebert, Verwirkung, S. 90.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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stitutionellen Rechtsmißbrauchs ist damit der, daß das Recht seinem Zweck zuwider 106 ausgeübt wird. Die Aussage, „die Rechtsausübung" könne zweckwidrig sein, ist zu präzisieren. Es ist nicht ersichtlich, wie die als Prozeß zu denkende Ausübung einem final zu denkenden Zweck widersprechen könnte. Wenn erkannt wurde, welchen Zweck eine Norm verfolgt, liegt ja nicht gewissermaßen der Typus von Rechtsausübung vor Augen, dessen Überschreitung zum Vorwurf des institutionellen Rechtsmißbrauchs führt. Vielmehr sind es die mit der Rechtsausübung bewirkten Folgen, die ins Auge gefaßt werden müssen107. Die „Rechtsfolge", d.h. die mit der Rechtsgewährung intendierte Folge, ist dabei nur eine unter mehreren 108. Alle diese Folgen müssen sich in den Zweck fügen. Dies ist unproblematisch, wenn eine Folge der Ausübung zwar nicht intendiert, aber offensichtlich mitbedacht ist. Problematisch sind die nicht bedachten Folgen. Ersichtlich wird daraus auch, daß es auf die subjektive Zielsetzung des Agierenden nicht ankommt. Die subjektive Zielsetzung ist mit den objektiven Folgen der Rechtsausübung nicht in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Aus der subjektiven Zielsetzung ergibt sich für die objektive Folge nichts. Daraus läßt sich zwar nicht schließen, daß ein Zusammenhang von Normzweck und mit der Rechtsausübung subjektiv verfolgten Zielen nicht herstellbar wäre: Der Ansatz, das Recht nur zu geben, wenn die subjektive Zielsetzung mit dem Normzweck kongruent ist, ist immerhin denkbar. Allerdings ist dies nicht der Ansatz unserer Rechtsordnung. Wollte man die vom Normzweck abweichende subjektive Zielsetzung zur Beurteilung der objektiven Zweckwidrigkeit heranziehen, gäbe es eine begründete Klage wohl kaum noch 109 . 106 Deswegen ist der Einwand von Teichmann in Soergel, § 242, Rn 14, diese Fallgruppe gehöre nicht zu § 242, berechtigt, sofern man im Institut lediglich die Summe der Normen sieht. Denn daß sich das telos der Norm gewöhnlich nur aus dem Regelungszusammenhang ergibt, ist klar. Insofern ist also jeder „institutionelle Rechtsmißbrauch" durch teleologische Reduktion zu beseitigen, ebenso Bayer WuB II A. § 340a AktG 1.89, S. 193. Weist allerdings der Begriff über sich hinaus, vgl. Fn 104, so ergibt sich gegenüber dem rein normativen ein „Wertungsplus". Aber auch unter diesen Umständen dürfte die Grenzziehung zur teleologischen Reduktion schwierig sein (unklar Larenz, Methodenlehre, S. 380, die „teleologische Reduktion" würde „mit Rücksicht auf das materiale Rechtsprinzip des § 242 gerechtfertigt"); das Problem der Abgrenzung zur teleologischen Reduktion wird weiter gesehen von Esser, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 II 1, S. 34; für die Fälle des fehlenden Eigeninteresses auch MüKo-Roth, §242 Rn451. Hier werden dennoch die bisher verwendeten Termini beibehalten, da sich die Sachbehandlung der Kritik nicht von der der Standardmeinung unterscheidet. 107 So richtig Teichmann WuB II A. § 245 AktG 1.88, S. 1359 f., unrichtig aber das Abstellen auf die subjektive Zielvorstellung. 108 Es wird nicht verkannt, daß Rechtsfolge und weitere (Neben)folgen regelmäßig nicht auf einer Ebene liegen. Die „Rechtsfolge" muß ja in der Regel noch vollstreckt werden, während sich Nebenfolgen durchaus schon auf der tatsächlichen Ebene befinden könne. Allerdings ist dieser Befund hier irrelvant. 109 Es sind daher auch nicht vermittels erweiterten Infinitivs subjektive Merkmale in den Tatbestand zu importieren; so zu Recht Radu, ZIP 1992, S. 305 Fn 33. Ohne Problembewußtsein Wal-

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Ganz unrichtig ist es daher, wenn Heuer 110 im Anschluß an J. Schmidt 111 behauptet, die ratio legis wirke sich für die Zuweisung einer Befugnis dahingehend aus, daß diese Befugnis nur solange bestünde, wie der Zweck auch materiell verfolgt werde. Die Gegenüberstellung von „formellem" Vorschützen eines Zwecks und „materieller", das heißt tatsächlicher Verfolgung eines anderen ist schon wenig glücklich, weil die Begriffe rechtsterminologisch anders belegt sind. Die Begrifflichkeit rächt sich auch, weil J. Schmidt den Begriff „materiell" objektiv und Heuer ihn subjektiv verwendet 112. Die von Heuer in Anlehnung an J. Schmidt angeführten Rechtsprechungsbelege zeigen den behaupteten Grundsatz, daß der Normzweck auch subjektiv verfolgt werden muß, damit die Befugnis bestehen bleibt, nicht. - Im ersten von Heuer gezeigten Fall ging es keineswegs, wie dieser meint, um eine zweckwidrige Anfechtung. Der BGH hat lediglich den durch die Unwirksamkeit einzelner Vertragsklauseln Begünstigten verwehrt, aufgrund dieser Mängel die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages geltend zu machen 113 . Daß dies bloße Normanwendung ist, zeigt ein Blick auf den Wortlaut des § 139 BGB: Bei dem durch die Teilnichtigkeit Begünstigten ist eben nie zweifelhaft, daß er den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätte. - Die referierte Entscheidung BGH GRUR 1962, S. 354, 357 beschäftigt sich nicht mit einem Gesellschafter, der sein Informationsrecht treuwidrig ausübt, wie Heuer behauptet, sondern bestimmt die Grenzen eines Rechnungslegungsanspruches nach einer Wettbewerbsverletzung unter Abwägung der entgegengesetzten Interessen. - In der Entscheidung BGH W M 1972, S. 882 f. ging es entgegen Heuer nicht um einen Fall der „Zwecksubstitution", sondern um die Auslegung eines synallagmatischen Vertrages. Zu bestimmen war der Inhalt eines Anspruchs auf Unterlassung der Ausbeutung von Bodenschätzen auf dem Grundstück des Anspruchsgegners. Der Anspruchsgegner hatte behauptet, dieser Anspruch sei - ohne daß dies im Vertrag ausdrücklich geregelt worden wäre - dem Inhaber wegen der Entdeckung der Bodenschätze eingeräumt worden. Für Bodenschätze, die der Grundstückseigentümer selbst entdeckt habe, bestehe der Anspruch daher nicht. - Schließlich zeigen auch BGH W M 1959, S. 289 und OLG Karlsruhe BB 1972, 1163 das von Heuer behauptete Prinzip nicht. Im ersten Fall ging es um

lenhorst, Schranken, S. 88; mit rein instrumentellen Überlegungen an der Motivforschung zweifelnd, ders., Schranken, S. 98 f. 110 W M 1989, S. 1403. 111 Staudinger-Schmidt, § 242 Rn 789 ff. 112 Heuer kann sich daher in Wahrheit auf Schmidt nicht berufen. 113 Die Einkleidung des Problems in eine Arglisteinrede hatte prozessuale Gründe, die an der Sachbehandlung nichts ändern.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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eine in diesem Zusammenhang irrelevante Frage der Ermessensausübung einer Gemeinde zur Ausübung des Vorkaufsrechts. Im zweiten Fall wurde § 242 BGB nur erwogen, die Anwendung des § 273 BGB für völlig wertlose Sachen aber aus dem systematischen Zusammenhang der auf den Wert abstellenden §§ 273 I I I BGB, 369 IV HGB abgelehnt. Die von Heuer angeführten Beispiele erweisen damit für das von ihm behauptete Prinzip nichts. Der Gewinn der Untersuchung der Heuerschen Ausführungen liegt daher auch weniger in der von Heuer gegebenen Analyse als im Nachweis der Möglichkeit, mit dieser Analyse jeden Fall einordnen zu können: Weil sich gerade jede Rechtsausübung in einem Spannungsfeld zwischen der ratio legis und der Motivation des Rechtsausübenden darstellen läßt, kann man aus einer solchen Gegenüberstellung alles und nichts begründen. Der Einwand trifft auch J. Schmidt 114 . Dieser will zwar den verfolgten Zweck nicht nach der subjektiven Willensrichtung des Rechtsausübenden bestimmen, sondern danach, ob ein objektiver Beobachter eine Abweichung des vom Inhaber des Anspruchs verfolgten Zwecks vom Normzweck feststellen würde. Die Beobachtung des objektiven Beobachters kann sich aber ihrerseits nur auf die Motivation des Ausübenden beziehen. Daß es auf die Motivation für den institutionellen Rechtsmißbrauch nicht ankommt, wurde oben dargelegt. Ist diese Motivation irrelevant, so ist gleichgültig, ob ihre Feststellung über den Nachweis der tatsächlich gegebenen Motivation, so die Rechtsprechung, oder über eine Unterstellung, wie bei J. Schmidt, erfolgen soll. Die Beweggründe des Klägers sind also für den institutionellen Rechtsmißbrauch unbeachtlich115. Der institutionelle Rechtsmißbrauch ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, daß das durch die gerichtliche Zuerkennung der vom Kläger begehrten Rechtsfolge gewollt oder ungewollt produzierte Ergebnis dem Normzweck 116 widerspricht. Genauer: Zu vergleichen sind die hypothetische Situation, in der das Recht zugesprochen wird, und der mit der Norm verfolgte Zweck. Widersprechen sich Normzweck und die aus dieser Situation resultierenden Folgen, so liegt ein institutioneller Rechtsmißbrauch vor. Zur Illustrierung zwei Fälle 117 , in denen der BGH einen institutionellen Rechtsmißbrauch angenommen hat: Im Fall BGHZ 20, 137 wurde die Schadensersatzklage eines Rentenneurotikers zurückgewiesen. Diese Krankheit verursacht Arbeitsunfähigkeit, weil der Neurotiker sich in den Gedanken, aufgrund eines vorangegangen Unfalls Schadensersatz zu erhalten, hineinsteigert. Der BGH argumentierte hier mit dem 114 115

Staudinger-Schmidt, § 242 Rn 789 ff. Teichmann, JuS 1990, 272; Radu, ZIP 1992, S. 305; Esser/Schmidt, 7. Auflage, § 10 III 1,

S. 173. 116 117

Ebenso Roth in Reformbedarf im Aktienrecht, S. 180 ff. Gezeigt von Esser, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 II 1.

118

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Sinn des Schadensersatzanspruchs, einen verschuldet verursachten Schaden wiedergutzumachen. Führe gerade dies zur Schädigung, müsse die Schadensersatzklage als zweckwidrig abgewiesen werden. Damit stellt der BGH den Normzweck - Wiedergutmachung - den Folgen des (hypothetisch) gegebenen Anspruchs gegenüber. Es waren gerade die Folgen, die den Schaden erst verursachten. Damit wurde zu Recht eine institutionell mißbräuchliche Klage angenommen. Im Fall BGHZ 41, 79 nahm eine Versicherung Regreß bei einem Familienmitglied des versicherten Geschädigten. Hier führte der BGH den Sinn der Pflichtversicherung an, den Geschädigten vor den Unwägbarkeiten des Lebens zu schützen. Bei gemeinsamer Haushaltsführung würde dieser Zweck durch den Regreß konterkariert. Es wird damit der Normzweck - Schutz des Geschädigten - mit den Folgen der erfolgreichen Regreßklage verglichen. Unter der Voraussetzung der gemeinsamen Haushaltsführung stehen Zweck der Regelung und Folgen der Rechtsgewährung im Widerspruch 118 . Aus diesen Vorgaben heraus ist die Einordnung der Auskaufsfälle in die Kategorie des institutionellen Rechtsmißbrauchs zu beurteilen. Die Auffassung, daß der Anfechtungsklage der Einwand des institutionellen Rechtsmißbrauchs entgegenstehen könnte, wurde früh kritisiert. Dabei wurde meist auf die „Funktion" der Anfechtungsklage, einen rechtswidrigen Beschluß zu beseitigen, verwiesen. Dies führe dazu, daß die Klage objektiv nicht mißbraucht werden könne 119 , schließlich werde mit ihr ein rechtswidriger Beschluß aus der Welt geschafft. Dieser Argumentation hat sich auch ein Teil der neueren Diskussion nicht entziehen können. Derzufolge sei ein „institutioneller Mißbrauch" des Anfechtungsrechts nicht möglich 120 . Im Ergebnis ist dieser Auffassung beizupflichten. Der Einwand ist aber unrichtig, weil, wie oben nachgewiesen, ein „objektiver" Zweck, das heißt ein solcher, der nicht auf den Schutz der Mitgliedschaft in der juristischen Person bezogen ist, nicht anzuerkennen ist. Das Argument aus der Charakterisierung des Anfechtungsrechts ist nicht dieses, daß der Aktionär vom objektiven Zweck nicht abweichen kann. Aus dem hier erarbeiteten 118 Aus den Beispielen erhellt auch, daß die Annahme eines institutionell rechtsmißbräuchlichen Verhaltens maßgeblich davon abhängt, wie konkret der Normzweck bestimmt wird. Die Regreßklage selbst bezweckt ja sicher nicht den Schutz des Geschädigten. Bei sehr eng definiertem Zweck werden nur ganz außergewöhnliche Fälle dem Verdikt unterfallen; je weiter der Zweck, desto schneller ist man mit dem Einwand bei der Hand. 119 Mestmäcker, Verwaltung, S. 14; Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 134 ff., 138 ff.; ihnen folgend GK-Schilling, § 243 Anm. 25 und Meyer-Landrut, FS Schilling, S. 235 ff.; abwägend Boujong, FS Kellermann, S. 5 f. 120 GHEK-Hüffer, § 245 Rn 50 f.; BGHZ 107, 309 f.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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Charakter des Anfechtungsrechts ist nur zu folgern: Weil eine institutionelle Seite des Rechts hinsichtlich der Rechtsbegründung nicht anzuerkennen ist, kann hieraus auch keine Beschränkung abgeleitet werden. Der Aktionär ist eben nicht verpflichtet, irgendwelche objektiven Zwecke zu verfolgen, es kann ihm ein Abweichen hiervon daher auch nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das heißt andererseits nicht, daß damit der Einwand des institutionellen Rechtsmißbrauchs gegen die Anfechtungsklage schon ausgeschlossen wäre. Um eine Anwendung der Figur zu begründen, müßte aber der im vorgehenden Abschnitt erarbeitete Test bestanden werden. Diesen Test bestehen die Fälle der sogenannten mißbräuchlichen Anfechtungsklage nicht: Zu fragen ist nach den Folgen des stattgebenden Urteils. Wenn diese Folgen dem Zweck der Norm widersprechen, so ist der Einwand begründet. Dabei kann es, wie gesagt nur um die nichtbedachten Folgen gehen. Für die begründete Anfechtungsklage ist aber festzustellen, daß es nichtbedachte Folgen, die dem Normzweck widersprechen, nicht gibt. Denkt man die Fälle zu Ende, so ergibt sich neben einer eventuellen Kassation des Beschlusses (eine erwünschte Folge) keine weitere Folge der Rechtsausübung. Das Zeitmoment läßt sich hier nicht anführen: Es ist zwar nicht zu verkennen und oben schon behandelt121, daß die Gesellschaft durch die Ungewißheit über die Wirksamkeit des Beschlusses in eine besonders drängende Lage gerät. Angesichts der angesprochenden langen Dauer eines solchen Verfahrens, das sich durch drei Instanzen ziehen kann, ist diese Phase auch besonders schwer erträglich. Es läßt sich aber hieraus ein zweckwidriger Rechtsgebrauch nicht begründen. Zum einen ist die Zeitkomponente bei jeder Rechtsgewährung schon mitbedacht 122 . Man mag, wie Hirte 123 dies tut, eine Tendenz des deutschen Rechts, dem Faktor Zeit nicht die gebührende Achtung zu schenken, beklagen. Dazu ist hier nicht Stellung zu beziehen. Faktum bleibt, daß der Faktor Zeit bei der Rechtsgewährung bedacht wurde. Dies gilt zum einen für die zeitlichen Beschränkungen, die dem Aktionär auferlegt werden. Gerade für die Beschlußanfechtung wurde gezeigt, daß dieser Aspekt in der ausdifferenzierten Regelung seinen Niederschlag gefunden hat 124 . Hervorzuheben ist hierfür die schon von Bokelmann 125 betonte, durch die Beschränkung stark vertypte Form der Rechtsgewährung. Die Folge, daß alle Beteiligten ausgesprochen lange auf die gerichtliche Entscheidung warten müssen, läßt sich also nicht in Widerspruch mit dem Zweck der Anfechtungsklage setzen. Dies gilt auch für den mit der Anfechtungsklage

121 122 123 124 125

S. 79 f. A.A. Hirte, DB 1993, S. 78. DB 1993, S. 78. S. 24 f. Rechtsmißbrauch, S. 138 ff.

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

blockierten Vollzug bestimmter Maßnahmen: Diese Blockaden sind nicht zweckwidrig 126 , sondern gewollt 127 . Schließlich steht das Zeitproblem in keinem Zusammenhang mit den Zielen des Klägers. Die zeitliche Situation ist bei allen Anfechtungs verfahren gleich. Man kann daher die lange Verfahrensdauer nicht zuungunsten des angeblich mißbräuchlich agierenden Kägers anführen, wenn diese bei einem redlichen auch auftreten würde 128 . Paradoxerweise ist es im übrigen so, daß gerade die Rechtsprechung im Koch's Adler Fall das zeitliche Erpressungspotential erhöht hat 129 . Es hätte dem Kläger nichts Besseres passieren können als die Zurückverweisung, mit der Möglichkeit, noch eine Verhandlungsrunde zu drehen. Prompt wurde die Sache auch durch Vergleich beendet130. Eine andere Beurteilung mag für den Fall gelten, daß der Kläger die Aktiengesellschaft mit unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Anfechtungsklagen überzieht 131 . Solche Fälle sind, soweit ersichtlich, nicht vorgekommen 132 und bleiben deshalb unerörtert. Schließlich sind alle Auffassungen zurückzuweisen, soweit sie subjektive Merkmale zur Einordnung heranziehen 133. Der Kläger braucht sich für die zahlreichen Seiten des Aktionärsdaseins beim Aktienkauf nicht zu interessieren. Für den institutionellen Rechtsmißbrauch ist es sogar unerheblich, ob er die Aktien lediglich um des Klagrechts willen erwirbt und diese Klage nur erhebt, um sie sich abkaufen zu lassen. 126

Es ist deshalb falsch, wenn GK-Schmidt, §245 Rn51 in einer Gesamtbetrachtung von „Störpotential" der Klage, „Schwebezustand" und Zweifelhaftigkeit des Ausgangs des Verfahrens gegen die „Verharmlosung der Mißbrauchsgefahr" aufruft. „Störpotential" und „Schwebezustand" sind gesetzlich gewollte Folgen der Erhebung der Klage. Und daß die Begründetheit der Klagen in den Fällen der sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklage zweifelhaft gewesen sei, ist eine Verdrehung der Tatsachen, vgl. S. 148 f. 127 Soweit das hierfür einschlägige Registerrecht für bestimmte Fälle andere Lösungen bereit hält, werden diese unten S. 154 ff. erörtert. 128 Daß das Zeitproblem damit nicht beseitigt wird, ist klar. Vgl. unten S. 154 ff., weiter hierzu Hirte, DB 1993, S. 77 ff; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 29 ff. 129 Ebenso Bokelmann, DB 1994, S. 1348. 130 Wortlaut in ZIP 1990, S. 311 ff. 131 Ebenso OLG Hamm W M 1988, S. 1170. 132 Ein Kandidat für eine solche Fallgestaltung liegt der Entscheidung OLG Frankfurt W M 1996, 534 ff. zugrunde; der Sachverhalt liest sich wie die Beschreibung eines rechtlichen Amoklaufs: Der Kläger hatte vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte über den EuGH und das BVerfG alles bemüht, von den zahlreichen Untergerichten ganz zu schweigen. Leider hatte das Gericht die Sachbehandlung der Klagen nicht durchgeführt, so daß hier keine Analyse stattfinden kann. 133 KK-Zöllner, § 245 Rn 80; Wardenbach, ZGR 1992, S. 575; Bellinghausen, S. 141 ff.; GKSchmidt, § 245 Rn 54, sieht eine generelle Tendenz, zunächst von subjektiven Mißbrauchstatbeständen auszugehen, die sich dann im Laufe der Zeit zu einem objektiven Tatbestand herausbilden. Darauf sollte man nicht warten.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

c) Individueller

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Rechtsmißbrauch

aa) Die These vom individuellen Rechtsmißbrauch durch gesinnungsunwerte Rechtsausübung Für die Rechtsversagung wird von der h. M. der Vorwurf des individuellen Rechtsmißbrauchs herangezogen. Die Begrifflichkeit variiert dabei stark. Vereinfacht lautet der Vorwurf, der Kläger würde sich grob eigennützig verhalten, indem er sein Recht in der Erwartung ausübe, hierfür etwas zu erhalten, was ihm nicht gebühre. Der zweite Teil ist als die hier relevante Konkretisierung der Formel vom groben Eigennutz zugrunde zu legen. Der Test für die Versagung ist die Motivation; auf den Schaden soll es - jedenfalls nach der Rechtsprechung des BGH 1 3 4 - nicht ankommen.

bb) Die Merkmale der Kategorie Ließen sich die Umrisse des institutionellen Mißbrauchs - mit den oben gezeigten Einschränkungen - noch einigermaßen ausmachen, so wird die Situation beim sogenannten individuellen Rechtsmißbrauch ganz dunkel. Es erscheint überaus unklar, welche Fälle mit dieser Kategorie erfaßt werden sol len 135 . Übereinstimmung herrscht nur in zwei Punkten: In Abgrenzung zum institutionellen Rechtsmißbrauch hält sich der Gebrauch des Rechts hier in den 134

BGH ZIP 1991, S. 1578 f. Man kann schon grundsätzlich daran zweifeln, ob die aus individualrechtlicher Fallanschauung gewonnenen Fallgruppen im Rahmen des individuellen Rechtsmißbrauch bei § 242 BGB hier weiterhelfen. Eine Anwendung wird zum einen an der fehlenden Korrespondenz von Rechten und Pflichten im Verband scheitern. Vor allem die vielfältigen Versuche, atypische Interessenlagen zu korrigieren, hierunter zählen die Fallgruppen des Fehlens eines schutzwürdigen/berechtigten Interesses, Palandt-Heinrichs, § 242, Rn 50; Erman-Werner, § 242, Rn 81; MüKo-Roth, § 242, Rn 283, der Geringfügigkeit der Interessen Verletzung oder des fehlendes Eigeninteresse, Palandt-Heinrichs, § 242, Rn 53; Soergel-Teichmann, § 242, Rn 290 ff., und die des grob unbilligen rücksichtslosen Eigennutzes, Erman-Werner, § 242, Rn 83, so wohl auch Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 35; Gernhuber, Bürgerliches Recht, § 18 3; auch schon Soergel-Siebert, 8. Auflage, § 242, C.I.6., dürften auf die organisationsrechtliche Konstellation nicht anwendbar sein. Es ist ausgeschlossen, einen institutionellen Zweck gegen ein individuelles Interesse zu wägen, wenn beide in die gleiche Richtung gehen. Ebensowenig sind die Rechtswidrigkeit des Verbandshandelns und die - unterstellte - Rechtswidrigkeit der Erhebung der Anfechtungsklage gegeneinander aufzuwiegen. Die darauf abzielenden Ausführungen von Götz DB 1989, S. 264, sind ohne methodische Grundlage; dagegen zutreffend Hirte, DB 1989, S. 268. Im Verbandsrecht läßt sich nicht - wie dies die meisten Rechtsfolgen der Fallgruppen vorsehen - dem einen nehmen und dadurch dem anderen geben. Diesen Einwand weiter zu verfolgen hieße eine gründliche Analyse dieser Fallgruppen zu erarbeiten. Dies ist hier unmöglich und unnötig, weil anders gezeigt werden kann, daß sich der Einwand des individuellen Rechtsmißbrauchs nicht begründen läßt. 135

122

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Grenzen des Normzwecks. Weiter dürfte Konsens darüber bestehen, daß das Recht versagt wird, weil seine Ausübung im konkreten Fall gegen Standards 136 verstößt, die außerhalb des Normzwecks liegen. Keine Einigkeit herrscht in der Frage, welche Standards bereits als von der Rechtsordnung anerkannt anzusehen sind. In methodischer Hinsicht läßt sich über solche Verhaltensstandards aussagen, daß sie sich in einer normativen Form darstellen lassen müssen. Immerhin beanspruchen sie Geltung (wenn auch über § 242 BGB) innerhalb der Rechtsordnung. Ohne Interesse für unsere Überlegungen ist, ob der Standard selbst als deskriptiver Satz erscheint und erst durch § 242 BGB präskriptiven Charakter erhält oder schon als Gebot oder Verbot vorzufinden ist 137 . Jedenfalls muß in der Rechtsanwendung ein solcher präskriptiver Satz gedacht sein, um an ihn (in der Fallgruppe Rechtsmißbrauch) die beschränkende Rechtsfolge knüpfen zu können 138 . Vielfach wird in diesem Zusammenhang von der Durchgangsfunktion des § 242 BGB gesprochen 139. Damit ist gemeint, daß § 242 BGB der Ort ist, an dem sich durch induktives Vorgehen aus der Summe der von der Rechtsprechung entschiedenen Einzelfälle die Regel ableiten läßt, sich sozusagen neue Rechtsinstitute verdichten können 140 . Ob dies zutreffend ist, bleibt für unsere Zwecke irrelevant. Festzuhalten ist jedenfalls, daß auch diese § 242 BGB angesonnene Funktion voraussetzt, daß sich die „durchlaufenden" Standards als Norm formulieren lassen. Ohnehin werden diese Standards oft ohne weitere

136 Soergel-Teichmann, § 242 Rn 26; Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 33; Esser, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 II und § 6 II 2.; Esser/Schmidt, Schuldrecht, § 10 III 2; AKTeubner, § 242 Rn 39; Gernhuber, Bürgerliches Recht, § 18 I 6. 137 Beides erscheint auch nebeneinander denkbar. So lassen Gepflogenheiten sich sprachlogisch ohne weiteres als zu beschreibende Verhaltensweisen darstellen. Gleichermaßen möglich erscheint eine normative Form schon auf dieser Ebene. Ob man sagt, die Angehörigen einer Gemeinschaft verhalten sich im Fall X so und nicht anders, oder ob man sich vorstellt, zwischen diesen Mitgliedern gelte der Satz, jeder solle sich im Fall X so und nicht anders verhalten, macht für § 242 BGB keinen großen Unterschied. Im ersten Fall erfolgt die Formulierung als Sollenssatz eben auch über § 242 BGB, während im zweiten Fall in § 242 BGB lediglich die Anerkennung als relevanter Satz der Rechtsordnung in diesem Fall zu sehen ist. Zur Diskussion vgl. Larenz, Allgemeiner Teil, § 1 I, S. 12, m.w.N. 138 Ob damit ein einschränkender Rechtssatz im Sinne von Larenz, Methodenlehre, S. 249, beschrieben ist, kann offen bleiben. Jedenfalls läßt sich die Tatbestandsseite hier gedanklich ohne Schwierigkeiten als Sollenssatz ansehen, auch wenn der endgültig formulierte Satz im Tatbestand eine solche sprachlogische Form nicht aufweisen müßte. 139 Soergel-Teichmann, § 242 Rn 11, 8; Berner Kommentar-Merz, Art. 2 Rn 42; Zeller, Treu und Glauben, S. 129. 140 Esser, Grundsatz und Norm, S. 248 ff., 321 ff.; Soergel-Teichmann, §242 Rn 8, 11, 314;ebenso schon Siebert, Verwirkung, S. 121, der von einem Aufstieg vom Empirischen zum Normativen spricht. Ein solcher Aufstieg ist allerdings logisch ausgeschlossen, da sich durch Ableitung aus deskriptiven Sätzen keine normativen Sätze gewinnen lassen. Das induktive Vorgehen, von dem im Text die Rede ist, ist aber selbst auf normative Sätze bezogen, die in den Entscheidungen ausgesprochen sind. Insofern ist der naturalistische Fehlschluß hier vermieden.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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Problematisierung als solche behandelt141. Schließlich hat auch der BGH in den in Rede stehenden Fällen den Standard als Norm formuliert 142 : Rechtsmißbräuchlich handelt, wer klagt, um etwas zu erhalten, was ihm nicht zusteht. Der Satz erscheint auf den ersten Blick nicht unplausibel. Diese Plausibilität ist aber vordergründig. In Wahrheit kann der Satz keine Regel unserer Rechtsordnung sein. Der Grund hierfür liegt einmal darin, daß der Satz die Rechtsversagung maßgeblich an die Motivation des Klägers knüpft; eine solche Anknüpfung ist privatrechtswidrig (1). Zum anderen erhält der Satz als Regel ohne das Erfordernis eines Schadens beim Beklagten Strafcharakter. Auch dies ist privatrechtswidrig (2).

(1) Die privatrechtswidrige Anknüpfung an die Motivation des Klägers (i) Die Anknüpfung an die Motivation des Klägers Untersucht man die vom BGH und der h. M. erarbeitete Formel genauer, so stellt man fest, daß mit ihr die Rechtsversagung an die Motivation geknüpft wird. Zunächst ist zu sehen, daß in dem formulierten Satz nicht eine typische Einteilung in objektiven und subjektiven Tatbestand zu finden ist, bei der die Anknüpfung primär im objektiven Tatbestand erfolgt 143 . Bei Anknüpfung an den objektiven Tatbestand müßten sich die Merkmale auf das äußerliche Verhalten oder den dadurch herbeigeführten Erfolg beziehen. Erst in zweiter Linie würde sich die Frage stellen, ob bei Feststellung eines objektiv zu mißbilligenden Verhaltens eine subjektive Komponente (beispielsweise Verschulden), die sich auf den objektiven Tatbestand zu beziehen hätte, hinzukommen muß, um einen Rechtsmißbrauch zu bejahen144. Zum Vergleich kann man die ebenfalls zur Rechtsversagung herangezogenen §§ 138, 226 und 826 BGB heranziehen 145.

141 Ebenso Diekgräf, Sonderzahlungen, S.48; MüKo-Roth, §242 Rn261 spricht von Tatbestand und Rechtsfolge; Erman-Werner, § 242 Rn 75 von Verbot. 142 Vgl. die Formel in BGHZ 107, 311. 143 Ob die im Rahmen des § 242 BGB entwickelten Fallgruppen diesen Charakter haben, ist streitig. Dafür treten ein: Für die Fallgruppe des unredlichen Rechtserwerbs, MüKo-Roth, § 242 Rn 287; ebenso für die Fallgruppe des grob eigennützigen Verhaltens Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 35; dagegen, Soergel-Teichmann, § 242 Rn 283; Erman-Werner, § 242 Rn 80; dezidiert, Esser, Schuldrecht, 3. Auflage, § 6 II, S. 35 und Esser/Schmidt, Schuldrecht, § 10 III, S. 176. 144 Diesen Unterschied sieht auch MüKo-Roth, § 242, Rn 262; im Sinne von Verschulden als erforderlichem Korrektiv für eine aus dem Ruder laufende „objektive Interessenabwägung" Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung, S. 34 ff sowie AK-Teubner, § 242 Rn 39. 145 Zur Entwicklung des Rechtsmißbrauchseinwandes über §§ 226, 826 BGB vgl. Siebert, Verwirkung, S. 106 ff.

124

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Diese Tatbestände sind in der soeben dargestellten Art konzipiert. Für §§138 und 826 BGB ist weiter ausdrücklich entschieden worden, daß weder die Schädigung des anderen an sich, noch das damit kombinierte verwerfliche Motiv zum Verdikt der Sittenwidrigkeit ausreichen, solange das Handeln objektiv berechtigt ist und der Wahrnehmung objektiver Interessen dient 146 . Weiter ist festzustellen, daß diese Kombination von objektiven und subjektiven Merkmalen dadurch charakterisiert ist, daß der objektive Tatbestand für sich allein schon eine prinzipiell negativ zu beurteilende Handlung oder einen Erfolg - sei es Beeinträchtigung, Schädigung oder bloße Belästigung - kennzeichnet. Von einem solchen Tatbestand weicht die für den individuellen Rechtsmißbrauch vom BGH formulierte Regel ab. Die objektive Seite des Tatbestandes besteht nur in der Klageerhebung. Diese kann nicht als Anknüpfungspunkt für einen Mißbrauchsvorwurf dienen, weil ihr keine Indizwirkung für zu mißbilligendes Verhalten zu entnehmen ist. Gegenteilig gilt, nullus videtur dolo facere, qui suo iure utitur 147 . Manche sagen, man sehe der Rechtsausübung den Mißbrauch „von außen" nicht an 148 . Es kommt damit als Anknüpfungspunkt nur der subjektive Tatbestand in Betracht. Diese Funktion des subjektiven Tatbestandes ist von der oben gekennzeichneten herkömmlichen völlig verschieden und beide dürfen nicht verwechselt werden. Im herkömmlichen Tatbestand wird sie dazu herangezogen, die vermittels objektiver Kriterien schon herausgefilterte Masse der Verstöße einzugrenzen. In der Formel der h. M . 1 4 9 ist die Funktion des subjektiven Tatbestandes, aus der Menge möglichen (inneren) Verhaltens dasjenige herauszufiltern, das als relevant angesehen werden könnte. Zusammen mit der fehlenden Indizwirkung des objektiven Tatbestandes steht damit die Gesinnung ganz im Vordergrund.

(ii) Die Privatrechtswidrigkeit

dieser Anknüpfung

Es erscheint fraglich, ob ein solcher Tatbestand den Mißbrauchsvorwurf begründen kann. Konkret: Kann die mißbilligenswerte Gesinnung als zur objektiv 146 BGH BB 1953, S. 373, 374; RGZ 138, 373, 376. Plastisch RGZ 71, 170, 173, das verwerfliche Motiv, „mag es auch in hervorragendem Maße die Beklagte beeinflußt haben, kann neben der Betätigung der berechtigten Interessen nicht ausschlaggebend in Betracht kommen". 147 D 50, 17, 55. 148 Soergel-Siebert, 8. Auflage, vor § 226 II 2. c. 149 So z.B. MüKo-Roth, § 242, Rn 262; Lutter, FS DB, S. 210, unklar S. 209, der Rechtsmißbrauch setze eine „subjektiv verwerfliche Zielsetzung" voraus; auch der BGH in den unten im Text besprochenen Entscheidungen, unklar in BGHZ 107, 310, eine „eigensüchtige Interessenverfolgung" könne den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs begründen. Ebenso unklar Merz, ZfRV 1977, S. 171, die „böse Absicht ist nicht entscheidend".

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

125

nicht zu beanstandenden Rechtsausübung hinzutretender Umstand diese unzulässig machen? Dies erscheint zweifelhaft. Bildet man einen Fall derart, daß eine verachtenswerte Gesinnung mit einem durchsetzbaren Anspruch verknüpft wird, so kommt man nicht geraden Weges zur Rechtsversagung. Soll etwa die begründete Leistungsklage wegen einer Geldforderung deshalb abgewiesen werden, weil der Gläubiger öffentlich bekannt gibt, an dem Geld liege ihm nichts, er treibe es aus purem Haß gegen den Schuldner ein und hoffe, dies würde jenen samt seiner Familie endgültig in den finanziellen Ruin treiben? Gleichgültig, wie sehr wir eine solche Haltung mißbilligen, sehen wir doch keine Möglichkeit 150 , diese Rechtsausübung zu unterbinden. Ein solches Verhalten ließe sich nur dann verbieten, wenn man an die Gesinnung des Klägers anknüpfen könnte. Denknotwendig müßte es dann so etwas wie Motiv- oder Gesinnungsstandards geben. Daß Sollenssätze wie „Du sollst keine Schädigungsabsicht hegen" und „Du sollst nicht grob eigensüchtig denken" keine relevanten Regeln unserer Rechtsgemeinschaft sind und es auch nicht werden können, braucht nicht begründet zu werden. In unserer Privatrechtsordnung sind die Durchsetzung von Recht und die dabei gehegte Gesinnung entkoppelt. Eine böse Absicht gleich welcher Art zeitigt für sich keinesfalls rechtliche Konsequenzen. Analysiert man (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einige Fälle, bei denen die Motivation des Klägers als Grund für die Rechtsversagung genannt wurde, so erhärten sich die Zweifel: Der leading case, in dem nach den Gründen der Entscheidung eine Klage wegen eines verwerflichen Motivs des Klägers abgewiesen wurde, ist BGHZ 30, 140. Dort hatte ein Bigamist auf Feststellung der Nichtigkeit 151 der 2. Ehe gem. § 20 EheG geklagt, mit dem Ziel, sich einer (dritten) jüngeren Frau zuwenden zu können. Stark moralisierend hat der BGH 1959 dem Kläger Gleichgültigkeit gegenüber der sittlichen Ordnung und damit eine verwerfliche Gesinnung attestiert und daraus die Klage abgewiesen. Abgesehen davon, daß sehr fraglich ist, ob das Gericht auch heute noch so entscheiden würde, waren auch damals die Gründe für die Rechtsversagung ganz andere: Die Nichtigkeitsgründe waren dem Kläger 12 Jahre lang bekannt. In dieser Zeit hatte er ein normales Familienleben geführt, aus dem drei Kinder

150 Auch § 226 BGB hilft nicht. Der Schikanevorwurf greift nur, wenn die Rechtsausübung objektiv keinen anderen Zweck haben kann, als den anderen zu schikanieren. MüKo-von Feldmann, § 226 Rn 2; Soergel-Fahse, § 226 Rn 5. 151 Für die Anfechtungsklage wegen arglistiger Täuschung gemäß § 33 EheG gleichermaßen BGHZ 5, 186. Der Kläger ließ in Kenntnis der die Anfechtbarkeit begründenden Täuschung 12 Jahre verstreichen. Auch hier wurde unrichtigerweise das mißbilligte Ziel hervorgehoben, vgl. dazu weiter im Text.

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

hervorgingen. Dies hätte die Einordnung in eine anerkannte Fallgruppe des § 242 BGB begründet: Unter dem Gesichtspunkt des verbotenen venire contra factum proprium oder der Verwirkung war der Fall zutreffend zu entscheiden152. Auch die in diesem Zusammenhang geführten Wohnraumkündigungsfälle zeigen kein anderes Bild. Hierbei ging es beispielsweise um einen Vermieter, der kündigte, weil sich der Mieter (zu Recht) weigerte, eine einseitig aufoktroyierte Hausordnung zu befolgen 153 . Zwar herrschen auch hier im Wortlaut der Entscheidungen starke Töne betreffend mißbilligenswerter Motive vor. Dennoch ist das Motiv des Vermieters keineswegs ratio decidendi gewesen. Vielmehr dürfte sich als tragender Entscheidungsgrund die Wertung Bahn gebrochen haben, daß die Kündigung von Wohnraum an sich begründungsbedürftig ist 154 . Die Ausführungen des Gerichts legten jedenfalls einen Schwerpunkt auf die besondere Natur der Wohnraummiete. Dieser beondere Charakter des Schuldverhältnisses hat letztendlich dazu geführt, für seine Beendigung besondere Voraussetzungen zu verlangen 155. Es lassen sich damit auch keine Präzedenzfälle für eine Rechtsversagung wegen mißbilligenswerter Motivation finden. Damit ist die Frage nach der Anknüpfungsqualität der Gesinnung in Verbindung mit dem objektiven Merkmal der Rechtsausübung zu verneinen. Hiermit ist gleichzeitig festgestellt, daß neben die Rechtsausübung noch weitere objektive Umstände treten müssen, um das Rechtsmißbrauchsverdikt auszulösen. Welche Umstände hier in Frage kommen, ist an dieser Stelle nicht herauszuarbeiten, da solche Umstände als Gründe für die Rechtsversagung nicht ins Feld geführt wurden. Die alleinige Anknüpfung eines Mißbrauchsvorwurfs an die Gesinnung läßt sich jedenfalls mit unserer Privatrechtsordnung nicht vereinbaren.

152 Als Gegenprobe bilde man den Fall so, daß der Bigamist die Nichtigkeitsgründe nach halbjähriger Eheführung ohne Kinder erfährt und unverzüglich, im Hinblick auf seine jüngere Geliebte, auf Feststellung klagt. Der Klage wäre stattzugeben. 153 AG Siegen MDR 1970, S. 239; ebenso AG Essen ZMR 1972, S. 275: Kündigung als Antwort auf ordnungsgemäß angekündigte Minderung rechtsmißbräuchlich; Rechtsmißbrauch auch bei Kündigung wegen Berufung auf die Kostenmiete, vgl. LG Hamburg ZMR 1971, S. 339; AG Velbert ZMR 1969, S. 310, Rechtsmißbrauch des Kündigungsrechts bei Kündigung, weil der Mieter zu Recht eine behördliche Prüfung der Abrechnung erreicht. 154 Der genau diese Wertung positivierende § 564b BGB wurde erst 1974 ins BGB eingeführt. Vgl. noch die Ausführungen zum alten Recht von Schopp, ZMR 1969, S. 310, der Vermieter könne ordentlich kündigen, wenn ihm die Nase des Mieters nicht passe. Nach der Gesetzesänderung sind diese Fälle nicht wieder aufgekommen. 155 Auch hier mache man die Gegenprobe innerhalb des aktuellen Wertungsrahmens: Wie ist zu entscheiden, wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs einer von zehn im übrigen gleichberechtigten Mietparteien seines Mietshauses kündigen kann. Seine Auswahl fällt auf die Partei, die sich seinen ständigen unberechtigten Versuchen, den Mietvertrag einseitig zu seinen Gunsten zu ändern, stets erfolgreich widersetzt hat. Kann ihm diese Wahl mittels § 242 BGB untersagt werden? Wohl kaum.

I. Der Mißbrauch des Anfechtungsrechts

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(2) Der ausdrückliche Verzicht auf das Erfordernis des Schadens Es ist nicht nur so, daß die h. M. keine weiteren notwendigen objektiven Tatbestandsmerkmale bietet, die zu einer Rechtsversagung führen könnten. Der BGH hat auch noch ausdrücklich festgestellt, daß eine Schädigung der Gesellschaft nicht notwendig ist, um den Mißbrauchsvorwurf zu begründen 156. Die Entscheidung des BGH, ganz auf das Verhalten des Klägers abzustellen, und nicht einmal einen drohenden Nachteil der Gesellschaft zu fordern, rückt die Frage in den Mittelpunkt, welchen Zweck die mit der Mißbrauchsformel formulierte Norm haben soll. Zwei denkbare Zweckrichtungen bieten sich an. Zum einen könnte der Zweck verfolgt werden, das mißbilligte Verhalten um seiner selbst willen einzuschränken. Dies soll als Sanktionszweck bezeichnet werden, wobei Sanktion nur die den gerade gezeigten Zweck verfolgende Rechtsfolge meint, nicht jede beliebige 157 . Zum anderen könnte auch der Schutz der Interessen eines anderen bezweckt sein. Diese Richtung soll als Schutzzweck bezeichnet werden 158 . Es ist offensichtlich, daß man der vom BGH aufgestellten Regel nur Sanktionszweck zusprechen kann. Ein solcher Mißbrauchstatbestand steht mit den Wertungsmaßstäben der Rechtsordnung nicht in Einklang 159 . Gemeint ist damit die Privatrechtsordnung, denn nur um die geht es an dieser Stelle. Hier gibt es den Sanktionscharakter im oben dargestellten Sinne gar nicht: Eine Zivilstrafe kennt unsere Rechtsordnung nicht. Der Strafcharakter ist dem Zivilrecht fremd 160 . Die einzige Norm, bei der solche Erwägungen angestellt wurden, ist § 817 S. 2 BGB. Hier wurde früher ein Strafcharakter bejaht 161 . Diese Auffassung hat heute als überwunden zu gelten 162 . Selbst wenn man diese Auffassung teilen würde, änderte sich nichts. § 817 S. 2 BGB ist ein Ausnahmetatbestand. Hinter ihm steht kein privatrechtliches Prinzip, das zur Legitimation einer zu findenden Norm im Rahmen des § 242 BGB dienen 156

ZIP 1991, S. 1578. Zum normlogischen Sanktionsbegriff vgl. Weinberger, in Lenk, Normenlogik, S. 89 ff, 91. 158 Freilich werden sich Normen, die allein die beschriebenen Zwecke verfolgen, kaum finden lassen. Betrachtet man eine zweifelsfrei der Sanktionskategorie zuzuweisende Strafrechtsnorm, beispielsweise § 263 StGB, so ist ersichtlich, daß diese in ihrer Abschreckungsfunktion auch Schutzcharakter im Hinblick auf das Vermögen eines anderen hat. 159 Zu diesem Erfordernis Larenz, Allgemeiner Teil, § 1 I, S. 12. 160 Larenz, Schuldrecht I, § 27 I, S. 423; Lange, Schadensersatz, Einleitung, III 2, S. 12 mit Hinweisen auf die Materialien. Bedenklich daher MüKo-Roth, § 242 Rn 280, mit der Auffassung, das Charakteristikum der Fallgruppe des Mißbrauchs im engeren Sinne sei der rechtlich-sittliche Vorwurf; zumindest auch mißverständlich Boujong, FS Kellermann, S. 6 der vom Unrechtscharakter der Handlung spricht. Die Rechtsprechung hat den Strafcharakter im Zivilrecht in jüngster Zeit für den Schadensersatz abgelehnt: Vgl. zur Durchsetzung US-amerikanischer punitive damages in Deutschland BGHZ 118, 312, 334 ff., 338 ff. und BVerfG NJW 1995, S. 649, 650. 161 BGHZ 39, 87, 91; 8, 348, 368 ff., 373. 162 MüKo-Lieb, § 817 Rn 9; Soergel-Mühl, 11. Auflage, § 817 Rn 11; Palandt-Thomas, § 817 Rn 14; dezidiert Larenz/Canaris, Schuldrecht Bd. II/2, § 68 III 3 a, S. 162 f. und Canaris, FS Steindorff, S. 519, 523 ff. 157

128

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

könnte. Dessen ungeachtet wäre einzuwenden, daß der § 817 S. 2 BGB einen Verstoß gegen die guten Sitten voraussetzt, mit dem der BGH hier nicht operiert 163 . Gegenteilig gilt, daß Rechte nur versagt werden können, wenn mit ihnen in den Rechtskreis eines anderen eingegriffen wird. Mißbilligtes Verhalten allein, ohne den auf den Dritten hin zu denkenden Erfolg, ist ohne Relevanz 164 . Damit ist gleichzeitig auf den notwendigen Schutzzweck der Rechtsfigur des individuellen Rechtsmißbrauchs verwiesen. Es ist evident, daß mit ihr Gesichtspunkte wie mögliche Nachteile des anderen sowie seine Schutzwürdigkeit zu berücksichtigen sind. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die mit dem Mißbrauchstatbestand formulierte Norm - ohne das Erfordernis der Schädigung - privatrechtswidrige Zwecke verfolgt.

(3) Zwischenergebnis Als Ergebnis der Untersuchung der Auffassungen zum Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechts ist festzuhalten: Die vom BGH entwickelte Auffassung ist widersprüchlich. Abgesehen davon kann das Verhalten des Klägers, der sich auskaufen lassen will, weder als institutionell, noch als individuell rechtsmißbräuchlich bezeichnet werden. Ein institutioneller Rechtsmißbrauch im Sinne eines Mißbrauchs einer Berechtigung zur Wahrung der objektiven Ordnung scheidet aus, weil der Kläger nicht verpflichtet ist, sein Verhalten an einer institutionellen Zwecksetzung der Anfechtungsklage auszurichten; einen solchen Charakter hat diese Klage nicht. Die Voraussetzungen eines institutionellen Mißbrauchs des eigenen Rechts liegen nicht vor. Was den individuellen Mißbrauch anbetrifft, so ist nicht dargelegt worden, worauf der Vorwurf beruhen soll; eine solche Grundlage ist auch nicht ersicht-

163 Zwar wurde in der AMB/BfG-Entscheidung, BGH ZIP 1992, S. 1081, in der es um die Haftung des Anwalts wegen Teilnahme an einer sittenwidrigen Schädigung ging, inzident der Tatbestand des § 826 BGB auch für den Kläger bejaht. Diese Prüfung konnte sich aber auf einen durchgeführten Abkauf beziehen; so wurde die Schädigung auch in dem Erlangen der Geldsumme gesehen, BGH ZIP 1992, S. 1081, 1082; ebenso Kort, DB 1992, S. 1766. Am fehlenden Verstoß gegen die guten Sitten scheitert auch § 138 BGB. 164 Plastisch beispielsweise für den Fall, daß der arglistig Täuschende gemäß § 123 BGB auf einen aufgeklärten Gegenüber trifft. Obwohl ersterer das in seiner Person Notwendige getan hat, wird das Rechtsgeschäft dadurch nicht anfechtbar; es fehlt am Erfolg (man sagt, die Täuschung war nicht kausal für das Rechtsgeschäft, vgl. Soergel-Hefermehl, § 123 Rn 20 m.w.N.). Obwohl also ein versuchter Betrug in Frage käme, hat die Handlung zivilrechtlich keine Konsequenzen.

II. Die Ausübung des Rechts als Verletzung

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lieh. Das von der h. M. für den Mißbrauch genannte Kriterium der Gesinnung des Klägers ist ebenso privatrechtswidrig wie der Verzicht auf das Erfordernis des Schadens.

II. Die Ausübung des Rechts als Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht In der Diskussion um die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage ist vorgeschlagen worden, die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht für eine Beschränkung dieser Klagen fruchtbar zu machen165. Ein solcher Einsatz erscheint fragwürdig, wenn man die Natur dieser Treuepflicht betrachtet. Treuepflichten der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft 166 sind in der Literatur 167 seit langem befürwortet 168 und von der Rechtsprechung 169 anerkannt worden. Eine einheitliche dogmatische Begründung hierfür ist noch nicht gefunden 170 . Die Möglichkeit, den Aktionär mittels Treuebindungen in der Klageausübung zu beschränken, hängt grundsätzlich davon ab, ob man solche Bindungen für den Kleinaktionär überhaupt begründen kann. Für die Annahme solcher Bindungen hat sich Karsten Schmidt 171 ausgesprochen. Man wird ihm darin beipflichten, daß bei dogmatischer Verankerung der Treuepflicht im Mitgliedschaftsverhältnis eine Begründung von Treuepflichten auch für den gering Beteiligten nicht grundsätzlich ausgeschlossen erscheint. Die Frage, wozu die Treupflicht im Einzelfall zu entwickeln ist - in Karsten Schmidts Terminologie, der „rechtsfunktionelle Anknüpfungspunkt" - , kann aber dabei nicht dahinstehen. Im aktienrechtlichen Fall wurde eine solche Treuepflicht immer nur zur Beschränkung des Einflusses des Großaktionärs anerkannt 172. Dem läßt sich 165

Kort, ZIP 1994, S. 297 allerdings ohne Begründung; Werner, FS Semler, S. 419 ff.; Zöllner, Reformbedarf im Aktienrecht, S. 158 f. Dagegen Wallenhorst, Schranken, S. 102 ff., 111 f. 166 ob Treuepflichten zwischen den Aktionären anzunehmen sind, ist streitig, hier aber irrelevant. Dafür der BGH in der Girmes/Effectenspiegel-Entscheidung, NJW 1995, S. 1739 ff., 1742. Vgl. dazu Anm. Altmeppen, NJW 1995, S. 1749 f.; Bungert, DB 1995, S. 1749 ff.; Henssler, DZWiR 1995, S. 430 ff. Dagegen Flume, I 2, § 8 I, S. 268 ff. 167 Vgl. Stellv. Lutter, ZHR 153 (1989), S. 452 m.w.N. 168 Zweifelnd aber Flume, I 2, § 8 I, S. 270; ablehnend Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 60 ff. 169 BGHZ 103, 184, Linotype. 170 Zöllner, Schranken, S. 335 ff.; KK-Zöllner, §243 Rnl89ff.; Lutter, AcP 180 (1980), S. 102 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV, S. 481 ff.; Kort, ZIP 1990, S. 294. Zusammenfassung bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 II 3, S. 432 Fn 22. 171 Gesellschaftsrecht, § 20 IV 3, S. 486 f.; folgend Timm, W M 1991, S. 483; ebenso aber ohne Begründung, Semler, AnwBl 1991, S. 448. 172 BGHZ 103, 184. In der Entscheidung Girmes/Effectenspiegel, BGH NJW 1995, S.1739, hat der BGH die Treuepflicht von Kleinaktionären anerkannt. Die Feststellung dieser Pflicht diente dort der Begründung der Haftung des Stimmrechtsvertreters der Kleinaktionäre, der seine Geschäftsherrn nicht nennen wollte, analog § 179 I BGB. Der leitende Gesichtspunkt der Begründung der Treuepflicht war die Tatsache, daß der Stimmrechtsvertreter fast 22 % der Stimmen bündeln 9 Slabschi

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

nicht, wie Karsten Schmidt dies tut, gerade der Koch's Adler Fall gegenüberstellen und nahelegen173, die Rechtsprechung hätte eine Treuepflichtverletzung angenommen, wenn der BGH einen Rückgriff hierauf ausdrücklich abgelehnt hat. Die Rechtsprechung des BGH in den Fällen der sogenannten mißbräuchlichen Anfechtungsklage läßt sich also gerade nicht als ein Beleg für die Annahme von Treuepflichten auch des Kleinaktionärs anführen. In der Literatur wird ebenfalls der Zusammenhang zwischen Einfluß auf den Verband und Treuebindung betont 174 . Allerdings haben sich im neuesten Schrifttum auch Stimmen für einen Einsatz zur Beschränkung der Gestaltungsklagrechte stark gemacht 175 . Werner hat die Frage aufgeworfen, ob die Erhebung einer Anfechtungsklage auch unabhängig vom Vorliegen eines Rechtsmißbrauchs als treuwidrig angesehen werden kann 176 . Als Grundlage hierfür wird von ihm eine Analogie zum Bezugsrechtsausschluß gezogen. Die Anforderung der Verhältnismäßigkeit, die die Rechtsprechung zu dessen Rechtfertigung stellt, sei nur als Ausfluß der Treuepflicht zu begreifen. Dieses Verhältnismäßigkeitsprinzip erfordere bei der Anfechtungsklage ein Abwägung der Interessen von Aktionär und Gesellschaft. Als Kriterien werden die Intensität des Verstoßes, die Belastung des Aktionärs und die Höhe seines finanziellen Engagements angeführt.

konnte (ebenda, S.1742). Ob diese Konstruktionen haltbar sind, kann dahinstehen, dafür Lutter, JZ 1995, S. 1053 ff., skeptisch Henssler, DZWiR 1995, S. 430 ff. und Bungert, DB 1995, S. 1749 ff., dagegen mit guten Gründen Altmeppen, NJW 1995, S. 1750; Scharfe Kritik des Urteils von Flume, ZIP 1996, S. 161 ff. Parallelen zu den Auskaufsfällen lassen sich aus dieser singulären Konstellation jedenfalls nicht ziehen. 173 Gesellschaftsrecht, § 20 IV 3, S. 487: „Nahe liegt, daß die Gerichte auch ohne Anerkennung einer Aktionärs-Treuepflicht der Ausübung von Anfechtungsrechten auf der Basis der §§ 226, 242 BGB eine Grenze gezogen hätten. Heute, nach Anerkennung von Treuepflichten auch in der Aktiengesellschaft, kann die Rechtsprechung es sich leisten, den engen Zusammenhang zu betonen: Das Verbot, Mitgliedschaftsrechte mißbräuchlich auszuüben, ist Bestandteil der mitgliedschaftlichen Treupflicht." Die Grenze, die der BGH gezogen hat, wurde demgegenüber auf der Basis des § 242 BGB entwickelt; daß der BGH es sich leisten könnte, den von Karsten Schmidt gesehenen Zusammenhang zu betonen, steht außer Frage. Er hat es aber abgelehnt, dies zu tun, vgl. BGHZ 107, 310 f. Neuestens anders, jede mißbräuchliche Anklage sei gleichzeitig ein Verstoß gegen die Treuepflicht, GK-Schmidt, § 245 Rn 52, 85; an einer Begründung fehlt es. 174 Schon Fechner, Treubindungen, S. 73; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 II 3; Lutter, AcP 180 (1980), S. 109 ff., 114; dezidiert, ders., ZHR 153 (1989), S. 453; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2 C III Rn 26; Zöllner, Schranken, S. 338 ff., 343; Kort, ZIP 1990, S. 296; Timm, W M 1991, S. 482. Karsten Schmidt kann auch keine Literaturstimmen dafür anführen, daß Treuepflichten und Rechtsmißbrauchsverbot nahe beieinanderliegen. Der Hinweis auf Abgrenzungsschwierigkeiten im Schrifttum, Gesellschaftsrecht, § 20, IV 3, S. 487, Fn 108, geht fehl, weil die hierfür zitierten Autoren, Hirte, BB 1988, S. 1474; Lutter, ZHR 153 (1989), S. 446 und Martens in Timm, Mißbräuchliches Aktionärs verhalten, S. 79, nicht etwa eine Treuepflichtverletzung des Aktionärs erwägen, sondern eine solche des an Stelle der Gesellschaft auskaufenden Großaktionärs. 175 Kort, ZIP 1994, S. 297; Werner, FS Semler, S. 419 ff.; Zöllner, Reformbedarf im Aktienrecht, S. 158 f. 176 FS Semler, S. 422, ohne allerdings einen Vorschlag für die Rechtsfolge damit zu verbinden.

II. Die Ausübung des Rechts als Verletzung

131

Es ist evident, daß eine solche Auffassung mit dem Gesetz unvereinbar ist 177 . Zunächst bedarf die Annahme, daß auch Kleinaktionäre der Treuepflicht unterliegen sollen, einer Begründung. Geht man davon aus, daß das Institut vor allem den Einflußreichen im Einzelfall auf das Gesellschaftsinteresse verpflichten soll, so ist diese Wertung auf den Fall des Kleinaktionärs nicht ohne weiteres übertragbar. Eine Analogie zum Bezugsrechtsausschluß verbietet sich aus der Unterschiedlichkeit der Wertungsgrundlagen heraus. Der Bezugsrechtsausschluß bedarf als Eingriff in die mitgliedschaftliche Position einer Rechtfertigung. Die Anfechtungsklage wehrt einen rechtswidrigen Eingriff in die Mitgliedschaft ab und findet allein darin ihre Rechtfertigung. Weitere Einwände ergeben sich aus den für eine Interessenabwägung als maßgeblich angesehenen Gesichtspunkten. Eine Anknüpfung an den Aktienbesitz ist die Einführung eines Quorums contra legem. Das Merkmal einer spürbaren Schädigung leugnet die Qualität der Rechtswidrigkeit als Beeinträchtigungsmoment, die dem Gesetz zugrunde liegt. Diesem Einwand setzt sich auch die Auffassung von Zöllner 178 aus. Zwar will er die Einführung eines Quorums durch Berücksichtigung der konkreten Sachlage179 vermeiden. Er plädiert dabei aber wie Werner für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Rechtsausübung. Die Grundlage für dessen Heranziehung wird von Zöllner in der Tatsache gesehen, daß mit der Anfechtungsklage in die Interessensphäre der Gesellschaft und der Mitaktionäre eingegriffen werden kann 180 . Dieser Gedanke ist auf den ersten Blick nicht fernliegend. Die Intensität des Eingriffs durch Gestaltungsklage ist mit der beispielsweise bei der Stimmabgabe durch den Großaktionär 181 durchaus vergleichbar 182 . Dennoch lassen sich Wertungen, die für das Stimmrecht entwikkelt wurden, nicht auf das Anfechtungsrecht übertragen, weil sich die beiden Rechte in einem wichtigen Punkt unterscheiden: Während das Stimmrecht grundsätzlich frei ausgeübt werden kann und daher im Einzelfall einer Beschränkung mittels der Treuepflicht bedarf, ist dies beim Anfechtungsrecht gerade nicht der Fall. Letzteres ist ja nur gerade für den Fall einer vorangegangenen Rechtsverletzung eingeräumt und erfährt schon hieraus Legitimation und Grenzen 183.

177

Dagegen ebenfalls Schockenhoff, AG 1994, S. 58. Reformbedarf im Aktienrecht, S. 158 f.; ders., AG 1994, S. 339. 179 Die einzige Betrachtung, die sich diesem Einwand nicht aussetzt, ist der Verzicht auf die Würdigung des finanziellen Engagements des Aktionärs. 180 So auch in anderem Zusammenhang BGH NJW 1995, S. 1742, Girmes/Effectenspiegel. 181 Bei der die Treuepflicht außer Frage stehen dürfte, vgl. Zöllner, Schranken, S. 335 ff.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV, S. 481 ff.; Lutter, ZHR 153 (1989), S. 449 f. 182 Semler, AnwBl 1991, S. 448. 183 Ähnlich Bokelmann, BB 1972, S. 735; Daher hilft auch der § 243 II, wonach ein Beschluß anfechtbar ist, wenn ein Aktionär bei der Abstimmung einen Sondervorteil gesucht hat, in diesem Zusammenhang nicht weiter. Auch er bändigt das prinzipiell freie Stimmrecht und kann daher 178

132

C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Was die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im übrigen angeht, ist auf die Ausgestaltung des Klagrechts zu verweisen 184. Die strenge gesetzliche Regelung ist nur aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu begreifen und es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Gesichtspunkte in eine erneute Abwägung einzustellen wären. Daher steht auch diese Auffassung, wie alle, die zusätzliche Voraussetzungen an das Klagrecht knüpfen wollen 185 , im Widerspruch zum Gesetz. Eine Beschränkung der Gestaltungsklagrechte aus der Treuepflicht kommt deshalb in den in Rede stehenden Fällen nicht in Frage. Hierbei kann, wie auch oben beim Rechtsmißbrauch, offen bleiben, wie Fälle zu behandeln wären, in denen der Kläger die Aktiengesellschaft mit offensichtlich unbegründeten oder unzulässigen Klagen überzieht.

I I I . Die Einführung weiterer befugnisbegründender Tatbestandsmerkmale als Beschränkung des Rechts Ein weiterer Ansatz der Beschränkung des Anfechtungsklagrechts ist das Fordern zusätzlicher befugnisbegründender Tatbestandsmerkmale 186. Hier wird meist für den Aktionär eine Spürbarkeit der Rechtsverletzung oder eine Betroffenheit in eigenen Rechten187 nach dem Vorbild des öffentlichen Rechts gefordert. Es ist oben dargelegt worden, daß das Gesetz die Beeinträchtigungsqualität der Rechtswidrigkeit zugrunde legt 188 . Diese Auffassungen sind daher contra legem.

nicht zur Einschränkung des schon begrenzten Anfechtungsrechts herangezogen werden, dies gegen Timm, W M 1991, S. 490. Unrichtig daher auch Godin/Wilhelmi, AktG, § 243 Anm. 3 , eine eigensüchtige Anfechtungsklage verstoße ihrerseits gegen § 243 II. 184 Vgl. hierzu die Darstellung der historischen Entwicklung, oben S. 24 f. 185 Dieser Einwand läßt sich selbstverständlich nicht damit beseitigen, daß man, wie Werner, FS Semler, S. 426, dies tut, ihn im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses abhandelt. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht schon deshalb, weil der Aktionär den Beschluß anders als durch Klage nicht beseitigen kann. 186 Zum Teil wird auch der Mißbrauch unter dieser Überschrift diskutiert, so von Künzel FS Heinsius, S. 429 ff., 432 und Godin/Wilhelmi, AktG, § 243 Anm. 3. 187 Martens, ZIP 1992, S. 1689; Zöllner, AG 1994, S. 339. 188 So schon Arens, Streitgegenstand, S. 91. Entgegen Martens, ZIP 1992, S. 1689 hat nicht die Literatur den Gesichtspunkt, daß der Aktionär in „eigenen Interessen" beeinträchtigt sein müsse, „verdrängt". Verdrängt ist höchstens bei Martens, daß die Beeinträchtigung in der Rechtswidrigkeit des Beschlusses liegt und daß dies gefestigte und zutreffende Auffassung seit über 100 Jahren ist, vgl. oben S. 87 ff. und Schockenhoff, AG 1994, S. 57; man kann auch nicht, wie Martens, ZIP 1992, S. 1689 ff. dies tut, den rechtswidrigen Beschluß über den Bezugsrechtsausschluß als eine Verletzung des persönlichen Interesses des Aktionärs begreifen - das würde niemand bestreiten -

III. Die Einführung weiterer befugnisbegründender Tatbestandsmerkmale

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Entgegen Hirte 1 8 9 hat auch die Rechtsprechung nie ein zusätzliches Erfordernis für die Anfechtungsbefugnis angenommen. Hirte vertritt, daß der Anfechtungskläger zwar kein Eigeninteresse zu haben brauche, daß er aber wenigstens einen (im Normalfall unterstellten) „altruistischen Geist" hegen müsse, der ungeschriebenes negatives Tatbestandsmerkmal der Anfechtungsklage sei. Für dieses Ergebnis führt Hirte eine Reihe von Fällen an. Durch induktives Vorgehen ist allerdings nur eine deskriptive Aussage über die Rechtsprechung zu gewinnen, eine Wertung bedarf eigener Begründung. Weiter zeigen die von Hirte besprochenen Fälle das von ihm behauptete Ergebnis nicht: - Die Entscheidungen RGZ 77, 255 und RGZ 145, 336 äußern sich nur zu der Frage, ob neben den gesetzlich normierten Voraussetzungen noch ein besonderes Eigeninteresse oder Rechtsschutzbedürfnis zu fordern sei; die Fragen werden verneint. - Die Entscheidung RGZ 146, 385 behandelt zwar den Mißbrauch des Anfechtungsrechts, ist aber für eine induktive Analyse mit dem Beweisziel Hirtes unbrauchbar. Der Kläger focht hier den Beschluß insoweit an, als die Verwaltung entlastet und sein Antrag auf Prüferbestellung abgelehnt wurde. Er begründete dies erstens mit dem Argument, bei der Beschlußfassung sei gegen Stimmverbote 190 verstoßen worden, zweitens mit dem Argument, der Beschluß begründe die Haftung aus § 241 HGB 1897 (heute § 93 II AktG). Das zu entlastende Vorstandsmitglied hatte eine von ihm beherrschte GmbH gegründet, die mit den von ihm und Familienmitgliedern eingebrachten Aktien für die Entlastung und gegen die Prüferbestellung stimmte. Das Reichsgericht stellte einen direkten Verstoß gegen das Stimmverbot betreffend die Vorstandsentlastung fest. Es wollte der Klage insoweit dennoch nicht stattgeben, da zu prüfen sei, ob der Kläger der Gesellschaft selbstsüchtig und erpresserisch seinen Willen aufzwinge, um gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen. Dies würde sich als Verstoß gegen die Treuepflicht darstellen, da der Aktionär sich als Glied der Gemeinschaft zu fühlen habe, der er angehöre, und die daraus resultierende Treuepflicht zur Richtschnur seines

und daraus, daß dieses Interesse besteht, für die Anfechtung ein solches Interesse fordern: Argumentativ ist das unhaltbar. Unhaltbar ist auch die Argumentation Wallenhorsts, Schranken, S. 112 ff., 116 f. Nachdem er ausführlich darlegt, daß der Gesetzgeber a) die Möglichkeit, die „individuelle Betroffenheit" als Tatbestandsmerkmal einzuführen, stets gesehen hat und b) die Einführung eines solchen Merkmals stets abgelehnt hat, folgert er hieraus, daß es Beschlüsse gebe, die gegen objektives Recht verstoßen, die aber dennoch nicht jeden Aktionär in seinem Recht verletzen. 189 BB 1988, S. 1473. 190 Vgl. dazu die Analyse der Entscheidung bei Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 60 ff.

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Handelns zu machen habe. Diese Sichtweise von den Pflichten des Aktionärs teilt heute niemand und wohl auch Hirte nicht. Weiter hat das Reichsgericht über die Frage des Rechtsmißbrauchs gar nicht entschieden. Es hat zwischen Zustandekommen und Inhalt des Beschlusses differenziert. Sollte der Beschlußinhalt eine Haftung des Vorstandes nach § 241 HGB 1897 ( § 93 I I AktG 1965) begründen, so das RG, ließe sich eine unzulässige Rechtsausübung nur schwerlich annehmen. Zur Klärung dieser Frage hat es zurückverwiesen. - Entgegen Hirte äußert sich RGZ 167, 151 überhaupt nicht zum Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechts, sondern nur zu dem des Auskunftsrechts. Das eine „korrespondiert" aber nicht mit dem anderen, wie Hirte meint. Die Feststellung des (Nicht)Vorliegens eines Mißbrauchs des Auskunftsrechts betrifft lediglich die Frage der ursprünglichen Begründetheit oder Unbegründetheit der Anfechtungsklage. Sollte Hirte eine Übertragung der Wertungen vom Fragerecht auf das Anfechtungsrecht vorschlagen wollen, müßte er erst einmal die Vergleichbarkeit dieser unterschiedlichen Rechte 191 nachweisen. - „In diese Richtung" 192 , d.h. in Richtung des Beweisziels des Erfordernisses eines altruistischen Geistes, gehen auch weder BGHZ 14, 25 noch BGHZ 43,

261. Die erste Entscheidung betraf den Fall, daß die Mehrheit der GmbH-Gesellschafter die Minderheit entmachten wollte. Hier vertrat der BGH die Auffassung, die Klage sei nicht rechtsmißbräuchlich, unter anderem deswegen, weil der Kläger keinen persönlichen Vorteil für sich erstrebe. Aus einer den Rechtsmißbrauch mit diesem Grund verneinenden Entscheidung läßt sich aber Hirtes „altruistischer Geist" als negatives Tatbestandsmerkmal nicht schließen, selbst wenn man in in der Tatsache, daß der Kläger keinen persönlichen Vorteil sucht, so etwas wie Altruismus erblicken will 1 9 3 . Zunächst ist damit nur etwas über die Figur des Rechtsmißbrauchs ausgesagt: Nicht rechtsmißbräuchlich handelt, wer keinen persönlichen Vorteil sucht. Aber auch wenn man die Entscheidung statt dem Rechtsmißbrauch der Normauslegung zurechnet, ist Hirtes Argumentation fehlerhaft. Aus dem berichteten Urteil ließe sich nur entnehmen, daß dieser „altruistische Geist" hinreichende Bedingung dafür ist, daß die Rechtsausübung zugelassen wird. Logisch fehlerhaft ist es, auf dieser Grundlage aus diesem altruistischen Geist eine notwendige Bedingung für die Rechtsausübung zu konstruieren. 191

Zum Verhältnis Lüke, ZGR 1990, S. 659 ff. und Werner, FS Heinsius, S. 916. BB 1988, 1473 Fn 40. 193 Ganz abgesehen davon, daß der Vergleich der Entscheidungen unter dem tertium comparationis „Altruismus" selbst begründungsbedürftig ist. Auf die Fragwürdigkeit weist zutreffend Götz, DB 1989 S. 261 Fn 3 hin. Daß dieses tertium comparationis sich mit § 243 II AktG nicht begründen läßt, hat überzeugend Bokelmann, Rechtsmißbrauch, S. 87 ff. nachgewiesen. 192

V. Vorschläge zur Beschränkung de lege ferenda

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In BGHZ 43, 261 hat der BGH die Klage eines nach der Klageerhebung ausgeschiedenen Gesellschafters gegen einen Beschluß weiter zugelassen. Ein Rechtsschutzinteresse bestünde wegen des weiter bestehenden finanziellen Interesses des ausgeschiedenen Gesellschafters an der Angelegenheit. Der Fall gibt daher für Hirtes Analyse nichts her. Es bleibt damit bei der Feststellung, daß für das Anfechtungsrecht keine weiteren befugnisbegründenden Merkmale anzuerkennen sind.

IV. Beschränkung der Anfechtungsgründe Schließlich wird im Zusammenhang mit den hier diskutierten Problemfällen noch für eine Reduktion der aktienrechtlichen Kontrolldichte 194 , d.h. für eine Beschränkung der Anfechtungsgründe, plädiert. Hierfür ist zu unterscheiden: Soweit damit gemeint ist, die objektiv-rechtlichen Anforderungen an das Verbandshandeln zu senken, ist dies nicht unser Thema. Es empfiehlt sich auch nicht, dies gerade im Zusammenhang mit den Fällen des Auskaufs zu erörtern 195 . Soll der Aktionär in der Abwehr rechtswidriger Handlungen beschränkt werden 196 , gilt das oben Gesagte: Der rechtswidrige Beschluß ist ein Eingriff in die mitgliedschaftliche Position. Nach geltendem Recht rechtfertigt sich allein hieraus die Klagemöglichkeit.

V. Vorschläge zur Beschränkung de lege ferenda Es sind einige Vorschläge de lege ferenda gemacht worden, um des Problems Herr zu werden. Dazu gehören die Vorschläge, eine Mindestbesitzzeit197 einzuführen oder die Anfechtungsklage nur noch bei Erreichen eines Quorums 198 zuzulassen.

194

Werner, FS Semler, S. 423 ff.; Martens, ZIP 1992, S. 1689 ff. Ebenso Schockenhoff, AG 1994, S. 46; Zu Recht weist Bokelmann, DB 1994, S. 1341 auf die stark emotionale Diskussion hin. 196 So Martens, ZIP 1992, S. 1689 ff. 197 Westermann, ZHR 156 (1992), S. 222; Zöllner, AG 1994, S. 339; Schiaus, AG 1988, S. 117; Boujong, FS Kellermann, S. 14; Semler, AnwBl 1991, S. 448. 198 Wallenhorst, Schranken, S. 123 f., Schiaus, AG 1988, S. 117; Boujong, FS Kellermann, S. 14; Semler, AnwBl 1991, S. 448. Für eine Verlagerung des Schutzes durch neue Schadenser195

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C. Die Frage der Beschränkung der Gestaltungsklagrechte

Diese Auffassungen sollen hier nicht gewürdigt werden. Es sei allerdings angemerkt, daß das Anfechtungsrecht den Charakter der aktienrechtlichen Mitgliedschaft entscheidend prägt 199 . Man kann sicherlich nicht sagen, daß dem Gesetzgeber ein solcher Schritt (verfassungsrechtlich) verwehrt wäre. Es muß allerdings klar sein, daß damit einer der charakteristischen Normbereiche der Aktiengesellschaft fundamental verändert würde 2(X) . Die Frage, ob das wünschenswert ist, müßte vorher beantwortet werden.

satzpflichten der Verwaltung Kübler, Gesellschaftsrecht, § 15 V I S. 197 und Hoffmann-Becking in 25 Jahre Aktiengesetz, S. 147 ff, dagegen Ganske, ebenda, S. 17Iff. 199 Ebenso GK-Schmidt, § 245 Rn 11. 200 Vgl. auch die Hinweise von Mertens, AG 1990, S. 52 und Westermann, in 25 Jahre Aktiengesetz, S. 102.

D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers als verbotene Einlagenrückgewähr und als Verstoß gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot Die naheliegende und nicht neue Lösung des Problems ist die Hinderung nicht des Anfechtungsrechts, sondern des Abkaufs 1. Während die Mißbrauchslösung nur an den Symptomen kuriert, wird durch die Verhinderung des Abkaufs das Problem gelöst. Rechtstechnisch liegt die Hinderung in einem Verbot der Auszahlung des Aktionärs aus dem Gesellschaftsvermögen 2, verbunden mit den Rechtsfolgen der Rückzahlungspflicht des Aktionärs und der Haftung der Auszahlenden.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 5 7 1 1

1. Voraussetzungen

Es ist anerkannt, daß die Vorschrift des § 57 I entgegen dem verunglückten Wortlaut nicht nur die Rückgewähr der ursprünglich geleisteten Einlagen an den Aktionär verhindert, sondern jedwede Zuwendung außerhalb der aktienrechtlichen Grenzen3. Mit anderen Worten: Jede Zuwendung außerhalb der 1

So schon Lutter, ZGR 1978, S. 353 und ders., in FS DB, S. 196 ff., 201 ff., mit Einschränkungen für Fälle, in denen der durch die Klage entstehende Schaden ganz außergewöhnlich hoch, ein „singulär" zu denkender Tatbestand sei. Der geschmacklose Vergleich von Schiaus, AG 1988, S. 115, mit den Zahlungsverboten in Entführungsfällen im italienischen Recht demonstriert nur den eigenen Realitätsverlust. Zutreffend Timm EWiR § 186 AktG 1/89, S. 220: Wer durch derart offensichtliche Gesetzesverstöße Klagen herausfordert, solle sich mit Vorwürfen zurückhalten. Die Bescherung sei hausgemacht. 2 Nicht eingegangen wird auf die zahllosen Möglichkeiten, diese Tatbestände zu umgehen oder zu verschleiern. Es handelt sich dabei nicht um ein spezifisches Problem der hier zu diskutierenden Fälle. Vgl. dazu KK-Lutter, § 57 Rn 36 ff.; ders., ZGR 1978, S. 364; Hirte, BB 1988, S. 1473; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 101 ff., m.w.N. Ebenso muß außer acht bleiben, welche Fragen sich aus einer Auszahlung des Großaktionärs ergeben. Für einen Schadensersatzanspruch des letzteren aus Verletzung der Treuepflicht Lutter, ZHR 153 ( 1989), S. 466, und Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 39; für eine Ausgleichspflicht des Großaktionärs gegenüber allen Aktionären Hirte, BB 1988, S. 1474. 3 KK-Lutter, § 57 Rn 5, m.w.N.; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn 4 ff.; GK-Barz, § 57 Anm. 3; anders ohne Begründung nur Götz, DB 1989, S. 263.

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

aktienrechtlichen Grenzen ist eine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57. Mit Zuwendung ist dabei nicht jede Leistung der Gesellschaft an den Aktionär gemeint, sondern nur solche Leistungen, die der Aktionär gerade in Hinsicht auf seine Mitgliedstellung erhält 4. Nicht vom Verbot erfaßt sind Leistungen, die der Aktionär im Rahmen von Austausch Verträgen mit der Gesellschaft erhält 5. Die Abgrenzungskriterien zur Scheidung der beiden Bereiche sind umstritten. Im Fall des Auskaufs des Anfechtungsklägers stellt sich die Frage, in welchem der beiden Bereiche die Zahlung anzusiedeln ist. Eine Bestimmung dessen, was eine verbotene Rückgewähr von Einlagen ist, ist daher notwendig.

a) Die Leistung an den Aktionär causa societatis als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 5711 Als Kriterien für die Einordnung einer Leistung als verbotene Einlagenrückgewähr werden unterschiedliche objektive und subjektive Merkmale genannt6, deren Verhältnis umstritten ist 7 . Von manchen wird ein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung zum Maßstab gemacht. Das Kriterium sei eine Vermögensminderung bei der Gesellschaft 8. Dieses objektive Kriterium läßt man entweder genügen9 oder schränkt es durch weitere Erfordernisse ein, die auf der subjektiven Ebene liegen. Es wird dann zumeist eine Leistung in Kenntnis des mitgliedschaftlichen Verhältnisses und im Hinblick auf dieses als einschränkender subjektiver Tatbestand gefordert. Man betrachtet das Merkmal der Leistung causa societatis somit als subjektiven Tatbestand10. Die andere Auffassung nimmt das, was mit der Charakterisierung der Leistung an den Aktionär als solchen schon ausgedrückt ist, und fragt, ob die Leistung causa societatis erbracht wurde, ohne daß dieses Kriterium als einschränkender subjektiver Tatbestand verstanden würde 11 . Der Auffassung ist beizu4 Flume, I 2, § 8 IV, S. 286 ff.; Wilhelm, FS Flume, S. 378 ff.; ders., ZHR 152 (1988), S. 333 ff., 358 Fn 72; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I, S. 643. Ungeachtet des Streits um das maßgebliche Kriterium müssen dies auch die anerkennen, die die Maßgeblichkeit der Leistung causa societatis nicht anerkennen wollen, denn Drittgeschäfte - vgl. dazu weiter im Text - sollen nicht hierunter fallen, KK-Lutter, § 57 Rn 15; Hüffer, AktG, § 57 Rn 3. 5 Hüffer, AktG, § 57 Rn 8; KK-Lutter, § 57 Rn 15, jeweils m.w.N. 6 Hüffer, AktG, § 57 Rn 8 ff.; KK-Lutter, § 57 Rn 15 ff., 23 ff. 7 Vgl. die ausführliche Darstellung bei Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 56 ff. 8 KK-Lutter, § 57 Rn 15 ff.; Hüffer, AktG, § 57 Rn 8 ff. 9 So KK-Lutter, § 57 Rn 27; Hüffer, AktG, § 57 Rn 11, jeweils m.w.N. 10 So wohl GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn 12 ff.; GK-Barz, § 57 Anm. 3. Ausdrücklich diese Systematisierung bei KK-Lutter, § 57 Rn 23 ff., ohne daß dieser zu den Vertretern dieser Auffassung zählen würde. 11 Zu Unrecht daher die Systematisierung von KK-Lutter, § 57 Rn 25; vgl. Flume, I 2, § 8 I V 2 b, S. 289.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 571

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pflichten. Mit dem Merkmal der Leistung causa societatis ist dogmatisch der richtige Ansatzpunkt genannt. Es geht nämlich nicht um die Erhaltung des Kapitals der Gesellschaft schlechthin - das ist gegen das Kriterium der Vermögensminderung einzuwenden12: Gegenüber Dritten, das sind auch Aktionäre als Dritte, wird die Gesellschaft 13 nicht geschützt. Der Schutz des Kapitals wird nur im Verhältnis zum Mitglied gewährt, so daß sich die Auslegung des Rechtsgeschäftes mit dem Mitglied im Hinblick darauf, ob die Leistung causa societatis erbracht wurde als selbstverständliches Kriterium erweist 14 . Dagegen läßt sich nicht einwenden, mit diesem Kriterium bliebe das Erfordernis der Vermögensminderung unberücksichtigt. Es ist der Vorzug der Auffassung, daß sie die dem Privatrecht auch sonst fremde Beurteilung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung als Ausgangspunkt zurückweist. Selbstverständlich ist, daß die Bestimmung der Leistung causa societatis als Auslegung auf einen objektiven Maßstab angewiesen ist, und die Unentgeltlichkeit hierbei eine zentrale Rolle spielt. Ebenso klar ist, was die Rechtsfolgenseite anbetrifft, daß nichts zurückzugewähren ist, wenn ein normales Austauschverhältnis (mit der Vermutung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung) vorliegt.

b) Der Auskauf als Leistung causa societatis

aa) Grundsatz Ohnehin würde aber von den hier vertretenen Auffassungen für unsere Fälle keine an dem Vorliegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr zweifeln. Erst die konkret zu den Fällen Stellung nehmenden Stimmen lassen Zweifel am Vorliegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr laut werden 15. Legt man nach der hier vertretenenen Auffassung die Leistung causa societatis als Kriterium zugrunde, so ergibt sich ein Verstoß gegen das Verbot.

12 Wilhelm, FS Flume, S. 379. Zu einer plausiblen Erklärung der Herkunft des Kriteriums, ebenda, S. 380 f. 13 Der Schutz durch die KapitalerhaltungsVorschriften ist gesellschaftsbezogen, vgl. Wilhelm, FS Flume, S. 337 ff.; Flume, I 2 § 8 IV, S. 286; A.A. für § 57, die Vorschrift schütze die Aktionäre, die Gesellschaftsgläubiger und die Anleger, KK-Lutter, § 57 Rn 2. 14 Wilhelm, FS Flume, S. 378 ff.; A.A. Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 62. Feltkamp meint, eine Leistung causa societatis führe nicht notwendig zu einer Minderung des Vermögens der Gesellschaft, was Voraussetzung des Verstoßes gegen § 57 sei. Seine Beispiele hierfür überzeugen nicht. 15 Herrschende Meinung dürfte sein, daß eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegt, KKLutter, § 57 Rn 29; Hüffer, AktG, § 57 Rn 12, jeweils m.w.N. A.A., aber ohne Begründung, Boujong, FS Kellermann, S. 11.

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

Dies läßt sich allerdings nicht ohne weiteres aus der Natur des Geschäfts Klagerücknahme gegen Geld - zeigen. Lutter 16 hat den offensichtlichen Bezug des Geschäfts als Begründung für das Vorliegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr angeführt. Es ist ihm insoweit Recht zu geben, als das abgeschlossene „Geschäft", Rücknahme der Klage gegen Zahlung, grundsätzlich ein solches ist, das nur zwischen Gesellschaft und Mitglied abgeschlossen werden kann, weil Dritte 17 zur zurückzunehmenden Klage nicht befugt sind 18 . Daraus ist aber nur zu folgern, daß ein Drittvergleich unter dem Aspekt des Klagegegenstandes nicht möglich ist 19 . Dies führt nicht zwingend zur Annahme einer verbotenen Einlagenrückgewähr. Der Drittvergleich ist nur Mittel zum Zweck der Feststellung einer Leistung causa societatis. Eine solche Feststellung ist hier ohne den Drittvergleich zu treffen: Maßgeblich ist, daß der Aktionär die Zahlung unentgeltlich erhält. Dem werden im wesentlichen drei Einwände entgegengehalten. Zum einen wird behauptet, die Vorschriften über die verdeckte Einlagenrückgewähr seien unanwendbar (i). Sodann wird versucht, die Auszahlung zu rechtfertigen (ii). Schließlich wird an der Unentgeltlichkeit der Zahlung gezweifelt (iii). (i) Vereinzelt wird die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften über die verbotene Einlagenrückgewähr behauptet. Schiaus20 erwägt die Nichtanwendung des § 57 mit der Begründung, es fechte nicht ein Aktionär, sondern ein neben anderen Personen, die nicht Aktionäre sind (z.B. Vorstandsmitgliedern), zur Anfechtung Befugter an. Auf diese Nichtaktionäre sei § 57 nicht anzuwenden, also dürfe die Vorschrift auf den zur Anfechtung befugten Aktionär auch nicht angewendet werden. Schiaus abstrahiert damit von den in § 245 zur Anfechtung Befugten unter dem Gesichtspunkt ihrer Befugnis. Daraus ergibt sich aber nicht, daß den einzelnen Gruppen von Berechtigten, die in § 245 genannt sind, ihre sie unterscheidenden Merkmale abzusprechen sind 21 : Der Aktionär bleibt Aktionär, hat als solcher angefochten und erhält deswegen Geld aus dem Gesellschaftsvermögen. Dabei spielt es keine Rolle, worauf die Anfechtungsbefugnis der anderen, etwa des 16

ZGR 1978, S. 354. Hierbei kann dahinstehen, ob der Vergleichsmaßstab des Geschäfts, das ein sorgfältiger Geschäftsführer mit einem Dritten abschließen würde, heranzuziehen ist, dafür GHEKHefermehl/Bungeroth, §57, Rn 13, für das Steuerrecht, Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I, S. 645; dagegen Wilhelm, FS Flume, S. 382 ff.; unentschieden Flume, I 2, § 8 I V 2 b, S. 289 f. Für Geschäfte, die ohnehin nur mit Mitgliedern abgeschlossen werden können, paßt er jedenfalls nicht, Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I, S. 645; Flume, 12, § 8 IV 2 b, S. 290. 18 Zu den Einschränkungen vgl. S. 145 ff. 19 Wohl aber dann, wenn vom Klagegegenstand abstrahiert wird. 20 AG 1988, S. 116. 21 Dagegen ebenfalls Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 60 Fn 65 und Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 96 f., allerdings mit für mich unverständlicher Begründung. 17

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 571

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Vorstandes 22 oder eines Vorstandsmitglieds 23 beruht und auf welcher Grundlage in solchen Fällen 24 ein Auskauf zu verhindern wäre. Weiter nimmt Schiaus an, die allgemeine Sorgfaltspflicht des Vorstandes, die anscheinend einen Abkauf gebieten soll, müsse „Vorrang" vor § 57 I 1 erhalten. Es genügt aber ein Blick auf den Zusammenhang der §§93 und 57, um zu sehen, daß eine solche Auffassung die Normsystematik auf den Kopf stellt 25 : Wenn § 93 I eine allgemeine Sorgfaltspflicht begründet 26 , wie Schiaus annimmt, ergibt sich aus §§93 II, I I I Nr. 1 im Umkehrschluß, daß die Pflicht, entgegen dem Aktiengesetz keine Einlagen an Aktionäre zu gewähren, eine Konkretisierung dieser allgemeinen Sorgfaltspflicht ist. Es läßt sich aber die allgemeine Sorgfaltspflicht nicht ihrer Konkretisierung gegenüberstellen und ersterer ein Vorrang einräumen. Abwegig sind die Überlegungen von Diekgräf 27 , bei Erpressungen den Aktionärsbegriff teleologisch zu reduzieren und den Anfechtungsklägern somit die Aktionärseigenschaft abzusprechen28. Der Anwendbarkeit des § 57 steht also nichts im Wege. (ii) Weiter wird erwogen, die Auszahlung in den Fällen des Auskaufs zu rechtfertigen 29. Bemerkenswert ist dabei, daß das Bemühen dahin geht, die Rechtswidrigkeit des Vermögenstransfers auf den Aktionär für den Aktionär zu erhalten und für die Verwaltung zu beseitigen30. Konstruktiv wird eine entsprechende31 Anwendung des §71 Nr. 1 befürwortet, wenn der Gesellschaft 22 Nach h. A. sind die Organe verpflichtet, für rechtmäßige Beschlüsse zu sorgen, Stellv. Hüffer, AktG, § 245 Rn 4. 23 Nach h.A. schützt § 245 Nr. 5 die Organmitglieder vor straf- oder zivilrechtlicher Verantwortlichkeit, die die Ausführung eines rechtswidrigen Beschlusses nach sich ziehen könnte, Stellv. Hüffer, AktG, § 245 Rn 4. Zu den Fehlvorstellungen, die mit dieser Auffassung verbunden sind vgl. oben S. 29, Fn 49. 24 Bekanntgeworden sind Fälle, in denen der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied angefochten hätte, nicht. 25 Ebenso Feltkamp, S. 171; Lutter, FS DB, S. 200; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 153 Fn 74. 26 Was umstritten ist, vgl. Hüffer, AktG, § 93 Rn 3. 27 Sonderzahlungen, S. 97 f. 28 Im Ergebnis auch ablehnend Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 98, vgl. aber ders., WuB I I A. § 243 5.92, S. 1291, der rechtsmißbräuchlich handelnde Aktionär stehe nicht anders da als ein verbandsfremder Dritter. 29 Martens, AG 1988, S. 118; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 152 ff.; GK-Barz, Anm. 7; auf Ausnahmen beschränkt, Lutter, ZGR 1978, S. 361; ihm folgend GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn 59; etwas weiter wiederum Lutter, FS DB, S. 201 ff. 30 Ausdrücklich Martens, AG 1988, S. 120; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 100, 152; Lutter, FS DB, S. 200 ff., 207 f.; wohl ebenso Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 39. 31 Für den Fall, daß die Gesellschaft die Aktien des Anfechtungsklägers erwirbt, kommt eine direkte Anwendung der Vorschrift in Betracht. Da jedenfalls eine Einlagenrückgewähr vorliegt, bleibt dieser Spezialfall außer Betracht: Weder muß der Verbotstatbestand des Erwerbes eigener Aktien zur Unterbindung des Auskaufs herangezogen werden, noch ist dieser Tatbestand für die Fälle des Auskaufs gedacht, vgl. dazu weiter im Text. Für eine Erörterung vgl. Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 79 ff.

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

durch die Klage ein schwerer Schaden drohe 32 . Dies wird zumindest33 für die Fälle vertreten, in denen den Aktionären Aktien zu überhöhten Preisen abgekauft 34 werden. Zu Recht wird dagegen eingewandt, daß mit § 71 Nr. 1 jedenfalls nur der Erwerb zum Markt- oder Börsenpreis gerechtfertigt werden könnte 35 und eine Zahlung ohne Aktientransfer gar nicht erfaßt wird 36 . Entscheidend ist aber, daß der Erlaubnistatbestand des § 71 Nr. 1 diese Fälle überhaupt nicht erfaßt. Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt, daß der Erwerb eigener Aktien zur Abwehr eines Schadens stets im Zusammenhang mit Stützungskäufen der Gesellschaft zur Kurspflege oder Kurskorrektur diskutiert wurde 37 . An den Auskauf von Mitgliedern war niemals gedacht. Die Heranziehung des § 71 Nr. 1 zur Rechtfertigung einer Einlagenrückgewähr ist auch unter teleologischen Gesichtspunkten nicht zu befürworten. Dies liegt nicht an der von Martens 38 angestellten, rein instrumenteilen Überlegung, daß bei Rechtfertigung der Einlagenrückgewähr auch die Rückgewährpflicht des empfangenden Aktionärs entfallen müßte. Der von Martens eingenommene, schon in der Prämisse einseitig zugunsten der Verwaltung optierende Standpunkt entbehrt insgesamt der Legitimation. Martens 39 meint, nicht die Legalitätskontrolle stehe auf dem Spiel, sondern die Disziplinierung offensichtlich rechtsmißbräuchlich handelnder „Pseudoaktionäre". Erstens dient das Privatrecht nicht zur Disziplinierung einzelner Teilnehmer. Zweitens ist ein Verhalten, dessen Bewertung umstritten ist, nicht offensichtlich rechtsmißbräuchlich. Drittens bleibt der Aktionär, gleichgültig, wie mißbilligenswert er sich verhält, immer Aktionär und wird nicht zum Pseudoaktionär, was auch immer mit dieser Bezeichnung impliziert werden soll. Die Analogie scheitert entgegen der Rede vom „teleologischen Gesamtzusammenhang"40 dieser Vorschriften an der Systematik der §§ 57, 71. § 57 I S. 2 berücksichtigt bereits, daß der Erwerb eigener Aktien eine Einlagenrückgewähr darstellt und regelt für diesen Fall eine Ausnahme in Übereinstimmung mit den Erlaubnistatbeständen des §71. Das Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes 32 Lutter, ZGR 1978, S. 353 ff.; ders., FS DB, S. 206; KK-ders., § 71 Rn 26; GK-Barz, § 71, Anm. 7. 33 Unklar Lutter, FS DB, S. 206. 34 Anders Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 79 , der eine analoge Anwendung erwägt, wenn die Aktiengesellschaft gar keine Aktien erwirbt. 35 Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 38; Lutter, ZGR 1978, S. 356; Schiaus, AG 1988, S. 116; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 99, 152; im Ergebnis auch Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 80 f. 36 Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 99; unklar Lutter, FS DB, S. 206. 37 GK-Barz, § 71 Anm. 7 m.w.N; Daran, daß § 71 Nr. 1 hier paßt, zweifelt auch Schiaus, AG 1988, S. 116; vgl. auch die ausführliche Diskussion des Aktienrechtsausschusses des vorläufigen Reichswirtschaftsrates bei Schubert/Hommelhoff, Aktienrechtsreform, S. 148 - 161. 38 AG 1988, S. 120; zustimmend Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 100, 152. 39 Martens, AG 1988, S. 118 f. 40 Martens, AG 1988, S. 120.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 I 1

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gemäß §71 ist also tatbestandliche Voraussetzung der Ausnahme des § 57 I S. 2. Daß der Tatbestand der allein relevanten Nr. 1 in den Fällen des überhöhten Abkaufes von Aktien zum Auskauf des Klägers nicht erfüllt wäre, ist offensichtlich. Damit reduziert sich der analogiefähige Gehalt des § 71 in diesen Fällen auf den Gedanken, daß ein Ankauf eigener Aktien überhaupt rechtfertigungsfähig ist. § 57 übernimmt aber nur die Wertung aus dem schon erlaubten Erwerb. Ist das Verhältnis der beiden Vorschriften derart klar, so fehlt es auf Seiten des § 57 schon an einer Lücke, und § 71 Nr. 1 hielte die erwünschte Wertung gerade nicht bereit. Damit scheidet eine Rechtfertigung der Auszahlung aus. (iii) Schließlich wird bestritten, daß die Voraussetzungen einer verdeckten Einlagenrückgewähr vorliegen. Dabei wird zum Teil in Abrede gestellt, daß die Zahlung unentgeltlich erfolgt. Soweit die Vermögensminderung bei der Gesellschaft als maßgebliches Kriterium herangezogen wird, ist diskutiert worden 41 , ob nicht ein Schaden der Gesellschaft verhütet oder ein vermögenswertes Recht vom Aktionär aufgegeben wird. Der Gedanke ist in letzterem Fall der, daß beim Verzicht auf ein vermögenswertes Recht gegenüber der Gesellschaft der Verzicht Vermögenswerten Charakter hätte und somit einen Ausgleich für die Zahlung aus dem Gesellschaftsvermögen darstellen könnte. So erwägt Feltkamp 42 einen Vermögenswerten Verzicht auf das Recht, weil der Aktionär auch rechtswidrige Beschlüsse anfechten könne, die den Wert seiner Beteiligung mindern. In die Saldierung zur Feststellung, ob eine Vermögensminderung eingetreten sei, soll der Wert dieses Verzichts eingehen und so im Einzelfall eine Rückgewähr ausschließen. Dem ist nicht beizupflichten. Der Aktionär verzichtet mit dem Anfechtungsrecht nicht auf ein vermögenswertes Recht. Es ist oben schon gezeigt worden, daß das Anfechtungsrecht kein vermögensbezogenes Recht ist 43 . Soweit man Feltkamp zustimmen kann, nämlich darin, daß es Situationen gibt, in denen das Anfechtungsrecht den Aktionär auch in seinen vermögensmäßigen Interessen schützt, richtet sich die Klagbarkeit gerade nicht nach Beschlußregelung und Beteiligungshöhe. Das zeigt, daß die Anfechtungsklage kein vermögensmäßiges Interesse zum Schutzgegenstand hat. Dann läßt sich aber auch keine Saldierung von Auszahlung und Wert des Verzichts vornehmen und damit die Anwendung der Vorschriften über die Einlagenrückgewähr verneinen.

41

Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 71 ff.: Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärsverhalten,

S. 38. 42 43

Anfechtungsklage, S. 71 ff., 79; ähnlich Boujong, FS Kellermann, S. 11. S. 20 ff.

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

Im übrigen ist Feltkamp schon allein deswegen nicht zuzustimmen, weil er das Ziel der Klage danach bestimmt, was der Aktionär subjektiv mit ihr verfolgt 44 . Was die Beseitigung der drohenden Vermögenseinbuße bei der Gesellschaft als Saldierungsposten in den hier zu diskutierenden Fällen angeht, so ist selbstverständlich, daß diese nicht zum Ansatz kommen darf 45 . Dies liegt allerdings nicht daran, daß der „Vermögenswert" der Klagerücknahme nicht aus der Zwangslage der einen Partei, sondern nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen wäre. Einen solchen Vorschlag hat Feltkamp in Anlehnung an Überlegungen zu § 138 I I BGB gemacht46. Der Grund für die fehlende Saldierungsfähigkeit der Vermögenseinbuße liegt darin, daß diese Vermögenseinbuße bei normativer Schadensbestimmung kein Schaden der Gesellschaft ist. Zutreffend wird gesagt, daß der Schaden in diesem Sinne normativ zu bestimmen sei 47 . Bei normativer Schadensbestimmung ist aber von einem Schaden durch eine begründete 48 Anfechtungsklage nicht zu reden 49. Dies ist deshalb richtig, weil, wie oben nachgewiesen, ein Rechtsmißbrauch der Klage gar nicht vorliegt, mithin die Klage auch begründet bleibt. Diesen Gesichtspunkt hat schon Bokelmann 50 hervorgehoben. Es läßt sich nicht die Vermögenseinbuße, die bei der Gesellschaft dadurch entsteht, daß, wie das Gesetz es vorschreibt, der Vollzug der rechtswidrigen Beschlüsse aufgehoben und letzten Endes durch Kassation des Beschlusses ganz verhindert wird, als ein Schaden im Sinne des Gesetzes ansehen. Man kann differenzierter begründen: Die durch den Aufschub des Vollzuges eintretende Vermögenseinuße ist eine vom Gesetz in Kauf genommene; es handelt sich dabei um die Kosten der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes. Als Schaden im Sinne des Gesetzes ist damit der rechtswidrige Zustand anzusehen. Daraus erhellt, daß sich der Schaden im Sinne des Gesetzes nicht durch eine Klagerücknahme verringern läßt. Die Saldierung einer 44

Anfechtungsklage, S. 72. A.A. Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, S. 38. 46 Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 73 f. 47 Lutter, ZGR 1978, S. 359 gegen GK-Barz, §71 Anm. 7. Dabei wird mit dem Begriff „Schaden" viel Verwirrung gestiftet. Bokelmann, Mißbrauch, S. 42 ff., S. 48 f., hatte behauptet, die Gesellschaft könne durch die Beseitigung eines rechtswidrigen Beschlusses keinen Schaden erleiden. Es ist nicht anzunehmen, daß er dabei nicht gesehen hat, daß eine Vermögenseinbuße der Gesellschaft bei Abbruch einer schon begonnenen Maßnahme droht. Bokelmann verwendet aber den Begriff des Schadens nicht im Sinne von Vermögenseinbuße, sondern im normativen Sinne. 48 Dazu daß die Klagen in den vorliegenden Fällen immer begründet waren vgl. oben S. 148 f. Manipulativ dagegen Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 155, die AG gerate oftmals schuldlos in den Konflikt, weil der Anfechtungskläger sie auch „ohne wirklich berechtigte Anfechtungsgründe" in eine Erpressungslage bringen könne. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen „wirklich berechtigten" und anderen Anfechtungsgründen. Aus der Möglichkeit, daß der Aktionär auch anfechten kann, wenn kein Grund vorliegt, folgt nicht, daß dies auch der Fall ist, wie Diekgräf suggeriert. Das Gegenteil ist richtig. 45

49 So auch Lutter, ZGR 1978, S. 359 f., anders nur für eine „sachlich a priori" unbegründete Klage; weiter ders., FS DB, S. 204, zu Unrecht nunmehr auf das Ausmaß des Schadens abstellend. 50 Mißbrauch, S. 42 ff., 48 f.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 571

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durch die Klagerücknahme beseitigten drohenden Vermögenseinbuße mit der Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen scheidet daher aus. Mit der Feststellung, daß die Auszahlung unentgeltlich war, ist gleichzeitig festgestellt, daß die Leistung causa societatis erfolgte. Festzuhalten ist damit, daß der Abkauf des Anfechtungsrechts eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellt.

bb) Die Verplichtung der Gesellschaft, den rechtswidrigen Beschluß zu beseitigen, als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vergütung der Kosten der Rechtsverfolgung als Inhalt eines zulässigen Vergleichs Steht im Grundsatz fest, daß der Auskauf des Aktionärs durch eine verbotene Einlagenrückgewähr erfolgt, so lassen sich aus diesem Grundsatz auch die Voraussetzungen eines zulässigen Vergleichs zwischen Aktionär und Gesellschaft im Anfechtungsstreit entwickeln. Die Frage ist, welche Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen an den klagenden Aktionär für die Rücknahme seiner Klage zulässig sind. Nach dem hier befürworteten Kriterium können dies nur solche Zahlungen sein, die nicht causa societatis erfolgen. Zur Bestimmung dessen, was als zulässige Zahlung zu gelten hat, hilft der Vergleich mit einem Drittgeschäft. Ein solcher Vergleich läßt sich unter Abstraktion vom Klagegegenstand anstellen. Es stellt sich dann die Frage, was die Gesellschaft an einen Dritten leisten würde, der eine voll begründete Klage erhebt. In diesem Fall würde die Gesellschaft aus Kostengründen anerkennen, mit der Folge der Kostentragungspflicht gegenüber der anderen Partei. Im Rahmen dieser Vorgaben ist ein Prozeßvergleich der Aktiengesellschaft mit ihrem Aktionär zulässig. Das heißt nicht, daß die aus dem Drittvergleich gewonnenen Vorgaben diesem Prozeßvergleich unverändert zugrunde gelegt werden müßten. Die Aktiengesellschaft kann gegenüber dem Aktionär nicht anerkennen 51. Sie kann den Beschluß auch nicht so ansehen, als wäre er durch Urteil verworfen. Insofern ist der Streitgegenstand nicht vergleichsfähig 52. Es bestehen aber keine Bedenken dagegen, daß die Gesellschaft sich verpflichtet, den Beschlußgegenstand der nächsten Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen 53. Damit bleibt die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung für den Gegenstand gewahrt. Was den Nichtvollzug des Beschlusses an51 Ausführlich GK-Schmidt, § 246 Rn 78. Von einer entgegenstehenden, mir nicht zugänglichen Entscheidung des LG Düsseldorf berichtet Götz, ZIP 1995, S. 1314 Fn 34. 52 Ungenau Hirte, BB 1988, S. 1473, „die Anfechtungsklage" sei nicht vergleichsfähig, dagegen zutreffend, Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 53. 53 Anders, aber unrichtig GK-Schmidt, § 246 Rn 74, „die Wirksamkeit" des Beschlusses entziehe sich der Verfügungsbefugnis der Vertreter. Darum geht es nicht, weil die Vertreter über die Wirksamkeit des Beschlusses nicht verfügen.

10 Slabschi

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

betrifft, so ist auch dies kein Eingriff in die innere Organisation der Aktiengesellschaft. Der rechtswidrige Beschluß hätte von der Verwaltung ohnehin nicht vollzogen werden dürfen. Der angestellte Drittvergleich gibt auch den Maßstab, der an eine Kostenerstattung für den Aktionär durch die Gesellschaft anzulegen ist. Im Vergleichsfall des Anerkenntnisses hätte die Aktiengesellschaft als Unterliegende die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO) 5 4 . In Höhe dieser Verpflichtung darf die Gesellschaft den Aktionär von seinen Kosten freistellen; durch die Zahlung wird sie von dem hypothetischen Kostenanspruch frei und hat somit keine Vermögensminderung zu verzeichnen. Dem Kläger dürfen die Kosten des Verfahrens und seine sonstigen bei der Rechtsverfolgung entstehenden Kosten 55 (Telefon, Fahrten, Verdienstausfall usw.) ersetzt werden. Man sollte noch ein Stück weiter gehen und der Gesellschaft erlauben, auch die Kosten des Klägers zu erstatten, die über die Grenzen des Kostenerstattungsanspruches hinausgehen. Eine Beschränkung auf den Anspruch aus § 91 ZPO würde den Drittvergleich zu weit treiben: Die Gesellschaft erkennt ja keinen Anspruch an, sondern muß sich mit dem Aktionär vergleichen. Die Freistellung von allen Kosten erscheint geradezu als Voraussetzung eines realistisch zu denkenden Vergleichs zwischen zwei Parteien, der eine begründete Klage erledigen soll. Würde die Gesellschaft einem Dritten eine solche Freistellung einräumen, so ist die Zahlung in dieser Höhe keine Vermögenseinbuße, weil damit ein entsprechender Anspruch erlischt. Zu Unrecht werden von Feltkamp56 die zu ersetzenden Kosten nach § 91 ZPO begrenzt. Feltkamp meint, aus der Tatsache, daß die Norm den Kostenerstattungsanspruch begründe, folgern zu können, daß der Aktionär darüber hinausgehende Kosten auch bei erfolgreicher Klage zu tragen hätte. Richtig ist aber, daß mit der Situation verglichen werden muß, in der die Gesellschaft das Geschäft mit einem Dritten abschließt. Der Vergleich mit der Situation des obsiegenden Aktionärs zeigt nichts 57 . Die Zulässigkeit der Kostenerstattung in den Fällen des Vergleichs im Anfechtungsstreit ist in der Literautur bejaht worden 58 . Hommelhoff und Timm haben konkrete Vorschläge gemacht, in welchem Rahmen der Kläger von der Gesellschaft von seinen Kosten freigestellt werden darf. Diesen Vorschlägen ist insoweit zuzustimmen, als sie mit dem hier gefundenen Ergebnis übereinstimmen. Zu widersprechen ist Timm und Hommelhoff insoweit, als sie dem

54 Von dem nicht gegebenen Fall des sofortigen Anerkenntnisses mit der Kostenfolge des § 93 ZPO abgesehen; ein sofortiges Anerkenntnis kann es im Anfechtungsstreit nicht geben, weil entgegen § 93 ZPO schon das Gesetz „zur Erhebung der Klage Veranlassung" gibt. 55 Vgl. auch die Aufstellung bei LG Hof W M 1992, S. 2063. 56 Anfechtungsklage, S. 75; ebenso Hirte, BB 1988, S. 1472. 57 Dies auch gegen Lutter, ZGR 1978, S. 364. 58 Hommelhoff/Timm, AG 1989, S. 168; Boujong, FS Kellermann, S. 11.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 I 1

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Kläger auch einen „aktienrechtsspezifischen Aufwand" vergüten wollen. Als solcher habe der Erwerb des typischen aktienrechtlichen know-how zu gelten59. Was damit gemeint ist, ist nicht eindeutig. Die Autoren scheinen damit den Aufwand zu meinen, den der Kläger erbringt, um sich in die schwierige aktienrechtliche Materie einzuarbeiten. Wie dieser Aufwand zu bewerten ist, bleibt aber offen. Da der Aktionär in diesen Fällen als Aktienamt fungiere, wären „Vorhaltekosten" ersatzfähig. Andernfalls würde sich die Volkswirtschaft ungerechtfertigt bereichern. Dies ist schon deswegen unrichtig 60 , weil der Aktionär nicht als Aktienamt fungiert. Es wurde nachgewiesen, daß die Klage keine derartigen institutionellen Zwecke verfolgt, sondern mit ihr eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Position des Aktionärs abgewehrt wird. Damit ist aus Sicht der Vermögensbindung festzuhalten, daß gerade „aktienrechtstypische" Aufwendungen des Aktionärs nicht abgegegolten werden dürfen 61 . Soweit es um die Kosten der Rechtsverfolgung geht, ist das „know-how" mit dem Anwaltshonorar bezahlt. Weitere Kosten hätte die Gesellschaft auch einem Dritten gegenüber nicht zu tragen. Eine dementsprechende weitere Leistung würde also causa societatis und damit in verbotener Weise erfolgen 62. Aus der Argumentation zur Zulässigkeit einer Kostenerstattung läßt sich schließlich auch die Verpflichtung der Gesellschaft 63 zur Aussetzung des Vollzuges des angefochtenen Beschlusses und der Wiedervorlage zur Entscheidung der Hauptversammlung begründen. Soweit dies in der Literatur für richtig64 erachtet wird, fehlt es an zutreffenden Begründungen. So meint Lutter 65 , dieses Ergebnis damit begründen zu können, daß hierdurch die Beschlußhoheit der Hauptversammlung gewahrt bleibe. Dieser Gedanke steht seinem generellen Einwand gegen eine volle Kostenerstattung gegenüber: Eine solche Kostenerstattung bedeute in Wahrheit eine Verfügung über die nicht zur Disposition der Gesellschaft stehende Gültigkeit des Be-

59

Zustimmend Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 261 ff; ebenso Martens, AG 1988, S. 124. Dagegen ebenfalls Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 262, mit „pragmatischen Erwägungen": Die Vergütung für know-how würde gewerbliche Opposition gerade provozieren. 61 Anders, für den Fall der Beseitigung des rechtswidrigen Beschlusses durch die Gesellschaft, Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 262 f., mit der Erwägung, der Aktionär handele dann wie im Rahmen eines Dienstvertrages. Dies ist ohne Fundierung und hat mit den Grundsätzen der Vermögensbindung nichts zu tun. 62 Daher ist auch der Pauschalierungsvorschlag von Hommelhoff und Timm, AG 1989, S. 170, mit Vorsicht zu genießen. Kritisch auch Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 75 und GK-Schmidt, § 246 Rn 69. 63 A.A. GK-Schmidt, § 246 Rn 74, nur die Mitglieder des Vorstandes könnten sich verpflichten. 64 Lutter, ZGR 1978, S. 364; Boujong, FS Kellermann, S. 11.; Windbichler in Mißbräuchliches Aktionärs verhalten, S. 43, allerdings mit rein instrumenteilen Überlegungen. Anders Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 75, der diesen Aspekt für „unbeachtlich" hält. 65 ZGR 1978, S. 364. 60

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

schlusses. Mit voller Kostentragung würde die Gesellschaft nämlich anerkennen, daß der Beschluß rechtswidrig wäre 66 . Dem ist zu widersprechen. Es ist zwischen der Entscheidung in der Hauptsache und der Kostenentscheidung auch im Rahmen eines Vergleichs zu trennen. Auch wenn man von der Kostenentscheidung zumeist auf den Ausgang der Hauptsache schließen kann, bedeutet doch eine Übernahme der Kosten in keiner Hinsicht eine Verfügung über den Gegenstand der Hauptsache. Damit löst sich Lutters Argumentation aber auf: Es bleibt offen, inwiefern Kostenübernahme und Beseitigung des Beschlusses zu verbinden sind. Ohne Begründung wird die Beseitigung des Beschlusses auch von Hommelhoff und Timm 6 7 gefordert: Erst wenn der Kläger „klaglos" gestellt sei, sei Raum für einen Aufwandsausgleich. Richtigerweise ist zu begründen: Es bedarf dieser Verpflichtung, weil nur so die Situation geschaffen wird, in der Ansprüche des Aktionärs auf Freistellung von den Kosten begründet sind, eine Zahlung in dieser Höhe mithin keine Leistung causa societatis ist. Diese Situation ist nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft ihrerseits eine dem Anerkenntnis äquivalente Leistung verspricht. Freilich darf nicht verkannt werden, daß mit der Argumentation aus der Vermögensbindung eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Beseitigung des Beschlusses isoliert nicht zu begründen ist. Aus der Vermögensbindung läßt sich nur die Frage beantworten, wieviel die Gesellschaft ihrem Aktionär zahlen darf. Aus dem oben Gesagten ist aber die Beziehung zwischen der Kostenerstattung und der Verpflichtung zur Beseitigung des Beschlusses herzustellen: Die Kostenerstattung ist dann und nur dann zulässig, wenn sich die Gesellschaft verpflichtet, den Beschluß zu beseitigen. Als Ergebnis ist damit festzuhalten, daß Leistungen an den Aktionär zum Ausgleich für die Rücknahme einer begründeten Anfechtungsklage, soweit es sich nicht um Ersatz von Prozeßkosten und anderen Kosten der Rechtsverfolgung gegen Beseitigung des Beschlusses handelt, eine verbotene Einlagenrückgewähr gemäß § 57 I S. 1 sind. Die genannten Kosten dürfen dann ersetzt werden, wenn der Beschluß beseitigt wird.

cc) Die Anwendung auf die Auskaufsfälle Legt man den so entwickelten Maßstab an die Fälle der sogenannten mißbräuchlichen Anfechtungsklage an, so zeigt sich, daß in fast allen Fällen - so-

66 67

Lutter, ZGR 1978, S. 363. AG 1989, S. 169.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 1

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weit die relevanten Umstände bekannt geworden sind 68 - , Zahlungen in Rede standen, die eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellen. - Im Verfahren DAT/Altana 69 wurden von den Klägern während des Verfahrens in der 1. Instanz D M 210 000,- bzw. D M 500 000,- für die Klagerücknahme gefordert. Der Verschmelzungsbeschluß war wegen Verstoßes gegen § 340 a (alt) rechtswidrig 70 . - Im Verfahren SEN 71 wurden zwischen D M 75 000,- und D M 250 000,gefordert. Der Verschmelzungsbeschluß war wegen Verstosses gegen § 340 a (alt) rechtswidrig 72. - Im Verfahren AMB/BfG 7 3 wurden gegen Klagerücknahme in erster Instanz D M 1,5 Millionen bezahlt. Der Beschluß wurde durchgeführt. Über seine Rechtmäßigkeit ist mir nichts bekannt74. - Im Verfahren Deutsche Bank 75 wurden D M 10 Millionen gefordert. Das Verfahren war zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Forderung zum zweiten Mal in der Revisionsinstanz. Die angegriffenen Beschlüsse waren wegen Verstosses gegen das Auskunftsrecht rechtswidrig 76 . In all diesen Fällen ist offensichtlich, daß die Zahlungen weit über das hinausgehen sollten, was oben als zulässig herausgearbeitet wurde. Weiter war natürlich in keinem Fall davon die Rede, die rechtswidrigen Beschlüsse zu beseitigen. Dem läßt sich der Inhalt des Vergleichs 77 in der Sache Koch's Adler 78 gegenüberstellen. Der Verschmelzungsbeschluß der Koch's Adler AG war wegen Verstosses gegen § 340a AktG (alt) rechtswidrig. Im Vergleich wurde vereinbart, die Bestimmung des Umtauschverhältnisses, auf das sich der Streit zugespitzt hatte, einem Schiedsgutachter zu übertragen (Punkt 1. des Vergleichs). Im Falle eines günstigeren Umtauschverhältnisses war für alle Aktionäre der Beklagten ein entsprechender Ausgleich vorgesehen (Punkt 2. des Vergleichs). Die beklagte

68

Über weitere Vergleiche, die mir nicht zugänglich sind, berichtet Götz, ZIP 1995, S. 1314

Fn 36. 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78

Voller Nachweis aller veröffentlichten Entscheidungen in dieser Sache in S. 8, Fn 11. Daten aus ZIP 1991, S. 927: W M 1990, S. 140: W M 1988, S. 1792. Voller Nachweis aller veröffentlichten Entscheidungen in dieser Sache in S. 8, Fn 11. Daten aus W M 1990, S. 2073 ff.: ZIP 1989, S. 994. Voller Nachweis aller veröffentlichten Entscheidungen in dieser Sache in S. 8, Fn 11. Daten aus ZIP 1992, S. 1081. Voller Nachweis aller veröffentlichten Entscheidungen in dieser Sache in S.8, Fn 11. Daten aus ZIP 1991, S. 1577 ff. Abgedruckt in ZIP 1990, S. 412 mit Anm. von Timm, ebenda, S. 411 ff. Voller Nachweis der veröffentlichten Entscheidungen in dieser Sache in S. 8, Fn 11.

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D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

AG übernahm neben den Kosten des Schiedsgutachtens die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs, sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger. Der Vergleich hält sich im Rahmen des Zulässigen. Es ist zwar nicht ganz klar, was mit den „Kosten des Vergleichs" bezeichnet ist. Soweit es sich dabei um über die Kosten des Verfahrens hinausgehende, bei den Klägern entstandene Kosten handelt, ist gegen ihre Erstattung nichts einzuwenden. Was die Verpflichtung der Gesellschaft zur Beseitigung des rechtswidrigen Beschlusses angeht, so genügt die Vereinbarung den Anforderungen. Zwar hatte sich die Koch's Adler AG nicht zur Wiedervorlage der Angelegenheit an die Hauptversammlung verpflichtet. Für die Bestimmung des Umtauschverhältnisses wurde aber ein Verfahren gewählt, welches dem vom Gesetz in vergleichbaren Fällen nachgebildet wurde 79 . Dies läßt sich mit den Anforderungen, die an die Behandlung des rechtswidrigen Beschlusses gestellt wurden vereinbaren: Es muß der rechtmäßige Zustand hergestellt werden und die gesetzlich vorgesehene Entscheidungszuständigkeit gewahrt bleiben. Die Koch's Adler Entscheidung erweist sich damit tatsächlich als der leading case in den Fällen der sogenannten mißbräuchlichen Anfechtungsklage. Dies gilt allerdings nicht im herkömmlichen Verständnis für die Entwicklung der Mißbrauchsformel. Beispielhaft ist vielmehr die Behandlung des Streits im Vergleich.

2. Rechtsfolgen

Aus der Qualifikation der Auszahlung an den Aktionär als verbotene Einlagenrückgewähr ergeben sich zwei Folgen, nämlich die Haftung des handelnden Vorstandsmitglieds gemäß § 93 I I S. 1, I I I Nr. 1 auf der einen und die Pflicht zur Rückgewähr gemäß § 62 I S. 1 für den Aktionär auf der anderen Seite.

79 Für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft steht das Spruchstellenverfahren nach §§ 15, 305 UmwG = § 352c Akt (alt) nicht zur Verfügung. Das Verfahren, das der Vergleich vorsah, wurde im wesentlichen dem Spruchstellenverfahren nachgebildet und zur Entscheidung dem Vorsitzenden des Senats übertragen, auf den die Sache - wäre die Koch's Adler AG die übertragende Gesellschaft gewesen - zugekommen wäre. Vgl. Punkt 3. des Vergleichs und die Anm. von Timm, ZIP 1990, S. 411 f. Es wurde im Fortgang auch entsprechend § 352c AktG (alt) verfahren. Vgl. den Bericht über die Erstellung des Schiedsgutachtens von Timm, ZIP 1994, S. 331 ff. und das Gutachten selbst, ebenda, S. 333 ff.

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 I 1

151

a) Die Haftung gemäß § 93 II S. 1, III Nr. 1 Das die verbotene Auszahlung initiierende Vorstandsmitglied hat für den hierdurch entstandenen Schaden zu haften. Diese Folge, die sich an sich klar aus dem Gesetz ergibt, wird schon dem Grunde nach bestritten. Martens 80 schlägt vor, das Verhalten des Vorstandes gemäß § 76 zu rechtfertigen. Er erkennt dabei an, daß ein Verstoß gegen § 57 vorliegt. Er meint aber, aus einer aus § 76 begründeten Befugnis zur Schadensabwendung eine Rechtfertigung der Auszahlung ableiten zu können. Hiergegen ist zum einen zu sagen, daß die Bestimmung des Schadens unrichtig ist 81 . Zum anderen existieren Leitungsbefugnisse nur in den Grenzen des Gesetzes. Entgegen Martens wäre es auch nicht schlecht um das Aktienrecht bestellt, wenn der Vorstand durch solche Zahlungen das Vermögen der AG nicht mehren 82 dürfte. Unerträglich wäre demgegenüber, wenn der Vorstand mit der Gesellschaftskasse unter dem Arm 8 3 entscheiden dürfte 84 , welches rechtswidrige Verhalten der Gesellschaft keine rechtlichen Konsequenzen hat 85 . Mit Martens' Argumentation läßt sich geradezu jedes Verhalten rechtfertigen, solange es nur die Kasse füllt. Aus den gleichen Gründen hilft auch der Vorschlag von Diekgräf 86 nicht, den § 76 im Rahmen einer „Auflösung einer Pflichtenkollision" zum Einsatz zu bringen. Eine solche Kollision würde zwei rechtlich gebotene Handlungen voraussetzen, die sich ausschließen87. Es läßt sich aber keine Pflicht des Vorstandes zum Auskauf des Anfechtungsklägers aus der allgemeinen Pflicht zur Schadensabwendung begründen. Es ist oben 88 dargelegt worden, daß der Schaden normativ zu bestimmen ist. Es kann also nicht jede Vermögensminderung 80

AG 1988, S. 120 f. Vgl. obenS. 144 f. 82 Es wird dabei davon ausgegangen, daß sich ein Auskauf gegenüber dem Verzicht auf die Maßnahme wirtschaftlich lohnt. 83 So Lutter, FS DB, S. 202. 84 Für diese Frage läßt sich nicht die Diskussion über das Ermessen des Aufsichtsrates, die an der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung, LG Düsseldorf ZIP 1994, S. 628, entbrannt ist, fruchtbar machen. Man mag darüber streiten, was der Aufsichtsrat im Falle rechtswidrigen und schädigenden Vorstandsverhaltens zu tun hat und kann mit guten Gründen für einen weiteren Ermessensspielraum eintreten, als es das Landgericht in seiner Entscheidung getan hat, so nunmehr die Berufungsinstanz, OLG Düsseldorf ZIP 1995, S. 1183 ff., die die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben hat. Vgl. weiter Dreher, ZHR 158 (1994), S. 614 ff., gegen ihn Lutter, ZIP 1995, S. 441 f., dagegen wiederum Dreher, ZIP 1995, S. 628 f. Es steht aber außer Zweifel, daß es nicht im Ermessen des Organs steht, sich rechtswidrig zu verhalten. Und darum geht es hier. 85 Ebenso Lutter, FS DB, S. 200, 202. 86 Sonderzahlungen, S. 154 ff. 87 Vgl. zur Pflichtenkollision als Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgrund im Strafrecht Dreher/Tröndle, StGB, vor § 32 Rn 11, 15. und Diekgräf, Sonderzahlungen, m.w.N. 88 S. 144 f . 81

152

D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

oder jeder entgangene Nutzen - insbesondere nicht die durch die Vollzugshemmung bewirkte Vermögenseinbuße - mit der Einordnung als „Schaden" zu einer Pflicht der Verwaltung führen 89. Lutter 90 hat in neuerer Zeit 91 die Auffassung begründet, eine Rechtfertigung der Verwaltung könne sich daraus ergeben, daß ein ganz ungewöhnlicher Schaden der Gesellschaft abzuwenden sei 92 . Obwohl dies nicht so deutlich ausgesprochen wird wie bei Diekgräf, geht es dabei um eine Art Pflichtenkollision. Eine als „im zivilen Deliktsrecht [...] und im Strafrecht als Rechtfertigungsgrund" bekannte Rechtsfigur soll in der Gegenüberstellung der Pflicht zur Kapitalerhaltung einerseits und der Verpflichtung zur Schadensabwendung andererseits zur Anwendung kommen 93 . Ungeachtet der methodischen Fragen, nämlich ob für diese Anwendung, wenn es sich dabei um eine Analogie handeln würde, eine Regelungslücke bestünde94, ist gegen Lutter das oben schon Gesagte einzuwenden: Weil die Gesellschaft keinen Schaden im Sinne des Gesetzes hat, existiert eine kollidierende Schadensabwendungspflicht nicht. Lutter sieht dies selber, wenn er der Auskaufsituation die aktienrechtliche Normalsituation gegenüberstellt: Das Störpotential der Anfechtungsklage und die dadurch bestehende Gefahr von Vermögenseinbußen sind Bestandteil der aktienrechtlichen „Normalverfassung" und bestehen auch dann, wenn keine finanziellen Interessen des Aktionärs in Rede stehen. Es handelt sich also ohnehin nicht um einen Sonderfall. Diese Feststellung gilt entgegen Lutter auch für die Fälle, daß die drohende Vermögenseinbuße besonders hoch ist, oder Ansprüche Dritter (Konventionalstrafen, etc.) zu besorgen sind. Die Vermögenseinbuße, die die Gesellschaft bspw. im Fall einer blockierten Fusion erleidet, ändert sich nicht je nach Vorliegen oder NichtVorliegen einer sogenannten Mißbrauchsabsicht 95. Die Einbuße ist bei allen begründeten Klagen gleich hoch. In der Fortführung der Lutterschen Begrifflichkeit: Es gibt neben der „Normalverfassung" der Aktiengesellschaft keine „Notstandsverfassung". Eine Rechtfertigung kann sich schließlich auch nicht daraus ergeben, daß man die Wahrung eines Gesellschaftsinteresses durch die Verwaltung anführt 96 .

89

Ebenso Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 73 ff.; Lutter, FS DB, S. 200. FS DB, S. 201 ff. 91 Vgl. demgegenüber noch Lutter, ZGR 1978, S. 357 ff. 92 Lutter, FS DB, S. 205 f. 93 Lutter, FS DB, S. 205 f. 94 Ausführlich und bejahend Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 171 ff. 95 Fragwürdig daher die Klage Werners, WuB I I A. § 340a AktG 3.89, S. 1306, komme die Mißbrauchsabsicht nicht zu Tage, müßte die Aktiengesellschaft den Prozeß über sich ergehen lassen. 96 So aber Schiaus, AG 1988, S. 116 und Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 175. Dagegen schon Lutter, ZGR 1978, S. 357. 90

I. Der Auskauf als verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 I 1

153

Es ist schon unklar 97 , wie der Begriff des Gesellschaftsinteresses 98 hier zu verstehen ist. Interesse wird zum einen im Sinne von Begehrensvorstellung 99 verstanden. Eine rechtliche Bewertung hat dabei noch nicht stattgefunden. Im anderen Sinne meint Interesse das berechtigte, also vom Gesetz anerkannte 100 Interesse. Interesse im ersten Sinne kann nicht gemeint sein 101 . Psychologische Eigenschaften können nur natürliche Personen haben 102 , so daß sich ein „Gesellschaftsinteresse" in diesem Sinne allemal nur durch Zurechnung ergeben könnte. Als eine solche Zurechnung kann die Willensbildung für die juristische Person verstanden werden, dann ist aber nicht mehr von Interesse, sondern von Gesellschaftswille zu reden: Der durch den Hauptversammlungsbeschluß für die juristische Person gebildete Wille kann nicht als psychologische Eigenschaft der juristischen Person aufgefaßt werden. In Frage kommt daher nur die Annahme eines normativ 103 zu verstehenden Interesses des Verbandes. Daß ein solches Interesse vom Gesetz grundsätzlich gesehen wird, kann der Vorschrift des § 308 entnommen werden 104 und wird für § 76 unterstellt 105 . Steht fest, daß mit Unternehmensinteresse nicht eine wie auch immer zu denkende Begehrensvorstellung des Verbandes gemeint sein kann, sondern ein normativ zu verstehendes Interesse, so kommt es auf die sehr strittige Frage der Füllung des Begriffs nicht an. Gleichgültig ob man den Begriff nur als Abkürzung 106 des Ergebnisses aus der interessenpluralistischen Veranstaltung 107 Aktiengesellschaft ansieht, oder ob sich dahinter mehr verbergen soll 108 , es ist die97

Ebenso Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 Rn 104. Zum Interessenbegriff, Röhl, Rechtslehre, § 30 III, S. 258 ff. Gesellschafts-, Verbands-, und Unternehmensinteresse werden hier synonym verwandt. Gesellschaft und Verband bezeichnen denselben Träger. Verbands- und Unternehmensinteresse sind auf dem Boden der Theorie der juristischen Person als des verfaßten Unternehmens ebenfalls synonym zu gebrauchen. Vgl. dazu unten Fn 108. 99 Larenz, Methodenlehre, S. 117. 100 Röhl, Rechtslehre, § 30ΙΠ, S. 258 ff. 101 Nur terminologisch anders Teubner, ZHR 149 (1985), S. 476 f. 102 Zöllner, Schranken, S. 18 ff. 103 Zu einer ökonomischen Analyse Kessler, AG 1995, S 120 ff., 131 ; Kessler ersetzt allerdings die gesetzliche Wertung durch sein damit nicht kongruentes ökonomisches Modell. 104 Flume I, 2, § 2 VIII, S. 57. 105 KK-Mertens, § 76 Rn 6 ff. m.w.N. 106 Hüffer, AktG, § 76 Rn 15. 107 Flume, I 2, § 2 VIII, S. 57. 108 Diese Frage hängt notwendig davon ab, welcher Theorie der juristischen Person man folgt. Für ein Unternehmensinteresse innerhalb des verfaßten Aktienunternehmens, das den beteiligten tatsächlichen Interessen vorgeordnet sei, gewissermaßen als regulative Idee, Flume, I 2, § 2 VIII, S. 56 ff.; ebenso KK-Mertens, § 76 Rn 6 ff.; anders, nicht auf dem Boden der Theorie der juristischen Person als verfaßtes Aktienunternehmen, Zöllner, Schranken, S. 18 ff., der zwischen Verbands- und Unternehmensinteresse trennt und ersteres als Hilfsvorstellung einordnen will; vgl. 98

154

D. Der Auskauf des Anfechtungsklägers

ses Interesse jedenfalls höchstens als Orientierungspunkt im Raum des rechtlich erlaubten Verbandshandelns von Bedeutung. Dagegen sollte sich von selbst verstehen, daß das Unternehmensinteresse auf keinen Fall zur Legitimation von Handeln dienen kann, das nach der Verbandsverfassung rechtswidrig ist.

b) Die Rückgewährpflicht

des Aktionärs

So wie sich die Haftung des handelnden Verwaltungsmitgliedes ohne weiteres als solche für die verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen ergibt, ergibt sich auch die Rückgewährpflicht des Aktionärs gemäß § 62 I 1. Dieses ist die klare Regelung des Gesetzes und wird auch allgemein 109 so befürwortet.

I I . Der Auskauf als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53a

Mit der Feststellung, daß die Zahlung an den Aktionär, soweit sie die oben angeführten Kosten übersteigt, eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellt, erübrigt sich insoweit eine Erörterung 110 , ob darin gleichzeitig ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz111 vorliegt. Eine zusätzliche Rechtsfolge würde sich daraus nicht ergeben 112.

schließlich den soziologischen Begriff bei Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 Rn 104 f., und aus systemtheoretischer Sicht Teubner, ZHR 149 (1985) S. 470 ff. m.w.N. 109 Lutter, ZGR 1978, S. 365; ders., FS DB, S. 207; Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 157 ff.; Diekgräf, S. 123 ff. 110 Zu finden bei Lutter, ZGR 1978, S. 354 f.; Feltkamp, Anfechtungsklage, s. 86 ff.; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 146 ff. 111 Ein solcher Verstoß kann jedenfalls nicht damit verneint werden, daß bei einer vorliegenden Verletzung des § 57 I 1 der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht" zum Tragen käme, so aber Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 87 und Martens, AG 1988, S. 118, dagegen Ebenroth/Wilken EWiR § 305 1/92, S. 1044. Dieser Grundsatz findet dann Anwendung, wenn ein Zweiter die verbotene Begünstigung mit der Begründung fordert, auch der Erste habe sie erhalten. Es wird also damit eine Nichtanwendung des Gleichheitssatzes für den zweiten Fall begründet. Damit, daß die Rechtswidrigkeit schon im ersten Fall eine solche aus der Verletzung des Gleichheitsgebotes sein kann, hat der Grundsatz nichts zu tun: Der Erste wird ja zur Feststellung des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz nicht wiederum mit einem verglichen, der verbotenerweise begünstigt wurde, sondern am Gesetz gemessen. Die Frage ist dann nur, ob der Verstoß gegen das Verbot gleichzeitig ein solcher gegen das Gleichheitsgebot ist. Auf die Regelung des Aktiengesetzes bezogen, ist damit die Frage, ob § 57 I 1 eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsgebotes ist. Dies kann dahinstehen. Der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht" ist der tragende Einwand gegen Lutter, ZGR 1978, S. 366 f., wenn dieser eine Auszahlung der Auskaufsumme an alle Aktionäre aus § 53a erwägt. Es ist selbstverständlich, daß diese keine Gleichbehandlung verlangen können,

ΠΙ. Ergebnis

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Was die Erstattung von Prozeßkosten und weiteren Kosten der Rechtsverfolgung angeht, so ist kein Verstoß gegen § 53a gegeben. Das Gebot der gleichen Behandlung gilt nur für gleiche Sachverhalte. Der klagende Aktionär ist aber gerade durch seine Klage unter den Aktionären herausgehoben. Er wird auch nur in dieser Hinsicht, nämlich was die Kosten der Rechtsverfolgung anbetrifft, anders behandelt als seine Mitaktionäre. Damit ist das Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt.

I I I . Ergebnis

Als Ergebnis ist damit festzuhalten, daß ein Auskauf über die erörterten Schranken hinaus - das sind die Kosten der Rechtsverfolgung gegen die Verpflichtung zur Beseitigung des rechtswidrigen Beschlusses - Rückgewährpflichten und Haftungsfolgen auslöst. Hinzuweisen ist aus instrumenteller Sicht auf die Tatsache, daß damit das Problem an der Wurzel gepackt wird. Löst der „bequeme" Auskauf Haftungsfolgen für die handelnden Mitglieder der Verwaltung aus, so ist zu hoffen, daß die Attraktivität der „finanziellen" Lösung erheblich gesenkt wird 1 1 3 .

wenn eine solche gegen den Tatbestand des § 57 verstößt. Im Ergebnis ebenso Lutter, ZGR 1978, S. 367 f., aber mit unrichtiger Begründung, nur im Ergebnis ebenso Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 156. In diesem Sinne, Leistung an alle nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen, hat das OLG Düsseldorf W M 1992, S. 986, 988 ff. mit zustimmender Anmerkung von Ebenroth/Wilken EWiR § 305 AktG 1/92, S. 1044 in einem Spruchstellen verfahren entschieden. 1,2 Hüffer, AktG, § 53a Rn 12; GHEK-Hefermehl/Bungeroth, § 53a Rn 26. 113 Ebenso Lutter, ZGR 1978, S. 353 und ders., FS DB, S. 199 ff.; Bayer WuB I I A. § 340a AktG 2.89, S. 197.

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten im Registerverfahren Es ist herausgestellt worden, daß das Schädigungspotential, das eine erhobene Anfechtungsklage birgt, maßgeblich in der zeitlichen Dimension begründet liegt 1 . Dies gilt umso mehr dann, wenn der Vollzug der im Beschluß intendierten Maßnahme von einer Handelsregistereintragung abhängt, sei es daß der Beschluß eingetragen werden muß2 oder die Maßnahme und der Beschluß3 eingetragen werden müssen. Die Anfechtungsklage kann die Eintragung und damit den Vollzug hindern. Als eine Möglichkeit, besonders drängende Erpressungssituationen zu hindern, ist daher eine dem Zeitproblem Rechnung tragende Auslegung der entsprechenden verfahrensrechtlichen Vorschriften in Erwägung zu ziehen. Dies gilt nach der hier vertretenen Auffassung aber nicht für die Fälle, die von der herrschenden Meinung als rechtsmißbräuchlich eingestuft werden, sondern nur für Fälle, in denen die Gesellschaften tatsächlich mit unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Klagen geschädigt oder erpreßt werden sollen.

I . Die Eintragung des angefochtenen Beschlusses i m Normalfall unter Anwendung von § 127 F G G

Für das Eintragungsverfahren betreffend Beschlüsse gelten die Verfahrensvorschriften der §§ 125 ff. FGG. Im Normalfall der Anfechtung eines Beschlusses kommt eine Anwendung des § 127 FGG durch den Registerrichter in 1

S. 79 f., ebenso Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 29 ff. Die Eintragung ist vorgesehen in folgenden Vorschriften: § 181 I 1 (Satzungsänderung); § 207 II mit 184 I (Kapitalhöhung aus Gesellschaftsmitteln); § 263 S. 1 (Auflösung); § 274 III 1 (Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft); § 319 IV (Eingliederung); § 320 I 3, mit § 319 IV (Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß); § 327 III (Ende der Eingliederung). 3 § 184 I 1, § 188 I (ordentliche Kapitalerhöhung); §§ 195 I, 201 I (bedingte Kapitalerhöhung); § 203 I 1 mit §§ 184 I 1, 188 I (genehmigtes Kapital); § 223, 227 I (ordentliche Kapitalherabsetzung); § 229 III mit §§ 223, 227 I (vereinfachte Kapitalherabsetzung); § 237 II 1, IV 5 mit §§ 223, 227 I (Kapitalherabsetzung durch Einziehung); § 294 I 1 (Unternehmensvertrag); § 295 I 2 mit § 294 I 2 (Änderung eines Unternehmens Vertrages; § 298 (Beendigung eines Unternehmensvertrages); § 16, 19 UmwG (Verschmelzung); § 125 I 1 UmwG mit §§ 16, 19 UmwG (Spaltung); §§ 176 I, 178 I, 179 I, 180 I, 184 I, 186 S. 1, 188 I, 189 I UmwG jeweils mit §§ 16, 19 UmwG (Vermögensübertragung); § 198 I (Formwechsel). 2

I. Die Eintragung im Normalfall

157

Betracht. Danach kann dieser die Verfügung, das ist die Eintragung 4, bis zur Entscheidung im streitigen Verfahren aussetzen, soweit die Verfügung von der Entscheidung abhängt.

1. Die Abhängigkeit der registerrechtlichen Verfügung von der Entscheidung im Anfechtungsprozeß

Die erste zu beantwortende Frage ist demnach, ob es sich bei der Entscheidung des Prozeßgerichts im Anfechtungsstreit um eine vorgreifliche Entscheidung handelt. Dies ist entgegen einer weit verbreiteten Meinung 5 nicht stets der Fall. Nach der hier vertretenen Auffassung sind sowohl Prüfungsgegenstand als auch Prüfungsmaßstab bei Register- und Prozeßgericht grundverschieden 6. Das Prozeßgericht hat im streitigen Verfahren zu prüfen, ob der Aktionär die Beseitigung der Beeinträchtigung seiner mitgliedschaftlichen Position verlangen kann. Dies hängt von vielen Faktoren ab, die mit der Mangelhaftigkeit des Beschlusses nicht in Zusammenhang stehen wie bspw. der Einhaltung der Anfechtungsfrist und der Einlegung des Widerspruchs in der Hauptversammlung. Die Mangelhaftigkeit des Beschlusses ist nur ein Faktor unter anderen, dessen Berücksichtigung zudem nur in den Grenzen des Klägervortrages erfolgt: Es gilt der Beibringungsgrundsatz und das Gericht prüft den Beschluß nur insofern, als seine Mangelhaftigkeit vorgetragen ist 7 . Der Registerrichter dagegen hat über die Einhaltung der die Rechtsform konstituierenden Vorschriften zu wachen8. Sein einziger Prüfungsgegenstand ist der Beschluß. Ohne daß es auf die Trennung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit des Beschlusses ankäme, hat der Registerrichter all die Beschlüsse nicht einzutragen, die Normativbestimmungen verletzen. Diese Erkenntnis ist von Lutter 9 als erstem gegen die damals vorherrschende Auffassung 10, die die aktienrechliche Trennung von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit auch für das Registerrecht zugrundelegen wollte, gestellt worden und dürfte heute herrschend sein 11 . Die Schwächen der Lutterschen Begründung für diese Auffas-

4

Allgemeine Auffassung, Jansen, FGG, § 127, Rn 1; Baums, Eintragung, S. 162. KK-Zöllner, § 243 Rn 40 ff.; GHEK-Hüffer, § 243 Rn 132 ff.; Jansen, FGG § 127 Rn 6 f.; Keidel/Kuntze/Winkler, § 127 Rn 13; Staub-Hüffer, § 8 Rn 64; Bork, ZGR 1993, S. 357. 6 So schon oben S. 75 ff. und weiter im Text. Ebenso Lüke, ZGR 1990, S. 670 f., allerdings unter dem Gesichtspunkt der Prüfungskompetenz des Registerrichters. 7 Ausdrücklich jüngst öOGH, Entscheidung vom 22.6.1995, 8 Ob 515/95, AG 1996, S. 38 f. 8 Karsten Schmidt, Verbandszweck, S. 65 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 1 II 1 c, S. 207; KK-Zöllner, § 243 Rn 39; Lutter, NJW 1969, S. 1875 ff.; Bokelmann, DB 1994, S. 1342. 9 NJW 1969, S. 1873. 10 Stellvertretend Godin/Wilhelmi, § 243 Anm. 6, m.w.N. 11 Vgl. nur Bokelmann, DB 1994, S. 1344 m.w.N. in Fn 45. 5

158

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

sung sind oben 12 ausführlich dargelegt worden: Die Aufgabe des Registerrichters erklärt sich nicht daraus, daß mit dem Beschluß Interessen Dritter verletzt sein könnten und die Anfechtungsklage zu deren Schutz nicht ausreichte. Das Anfechtungsrecht dient nicht der Legalitätskontrolle. Die Legalitätskontrolle 13 obliegt dem Registerrichter, und aus ihr erklärt sich der von Lutter herausgearbeitete Umfang der registerrichterlichen Prüfung. Damit ist der Fall, daß der Registerrichter der Auffassung ist, daß der Beschluß nicht eingetragen werden darf, schon aus der Gruppe der Fälle ausgeschieden, für die die Entscheidung des Prozeßgerichts vorgreiflich ist. Hier kommen der unterschiedliche Prüfungsmaßstab und der andere Prüfungsgegenstand zum Tragen: Den Registerrichter interessiert nur der Beschluß, ohne daß es auf weitere Umstände, die im Parteiprozeß des streitigen Verfahrens relevant sein können, ankäme. Der Registerrichter prüft auch nicht die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Beschlusses, sondern die Einhaltung der Normativbestimmungen. Als mißlich wird dabei die Tatsache bezeichnet, daß Prozeß- und Registergericht zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen können 14 . Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine solche Unterscheidung keineswegs überraschend. Man kann feststellen, daß dem Aktionär der Rechtsschutz zu versagen ist, und dennoch dafür halten, daß der Beschluß nicht vollzogen werden darf. Die Anfechtungsklage ist bspw. zurückzuweisen, wenn die Anfechtungsfrist versäumt ist. Dennoch kann ein Verstoß gegen Normativbestimmungen dazu führen, daß nicht eingetragen werden darf. Anderes gilt für den Fall, daß der Beschluß nach Auffassung des Registerrichters einzutragen ist. Ist eine Anfechtungsklage erhoben oder besteht noch die Möglichkeit, eine solche zu erheben, so ist die materielle Rechtslage unklar 15 . Es kommt jetzt auf die Entscheidung des Prozeßgerichts an. Eine Kassation des Beschlusses verändert nach allgemeiner Auffassung die materielle Rechtslage16, die vom Registerrichter unabhängig von der Frage der Bindung 17 an die Entscheidung des Prozeßgerichts zu beachten ist.

12

S. 61 ff.; S. 75 ff. Zu Unrecht auf § 144 I I FGG verweisend Bork, ZGR 1993, S. 357, - die Vorschrift betrifft nur die Löschung von Beschlüssen. Unrichtige Beschränkung auf evidente Verstöße bei Kallmeyer, ZIP 1994, S. 1756. 14 Es wird „Entscheidungsharmonie" gefordert, Lüke, ZGR 1990, S. 668. Dagegen Feltkamp, Anfechtungsklage, S. 32, und einschränkend Bokelmann, DB 1994, S. 1341, für die Fälle des Mißbrauchs, da den Registerrichter die Motivation des Klägers nicht zu interessieren brauche. 15 Es kommt darauf an, ob angefochten ist, nicht ob der Beschluß anfechtbar ist, dies gegen Godin/Wilhelmi, AktG, § 243 Anm. 6. 16 KK-Zöllner, § 248 Rn 4 ff.; GHEK-Hüffer, § 248 Rn 13; Stein/Jonas-Leipold, § 325 Rn 7; Thomas/Putzo, ZPO, vor § 253 Rn 5 f.; Rosenberg/Schwab, § 95, S. 559 ff., 562. 13

I. Die Eintragung im Normalfall

159

Anderer Auffassung ist Baums. Er prüft ebenfalls im Rahmen der Vorgreiflichkeit, ob der Registerrichter die Anfechtbarkeit 18 des Beschlusses zu beachten hat und verneint diese Frage. Die Argumentation lautet dabei wie folgt: § 127 FGG erspare dem Registerrichter nur eigene Ermittlungen und Prüfungen, wenn solche schon vom Prozeßgericht vorgenommen werden. Die Wirksamkeit des nur anfechtbaren Beschlusses habe der Registerrichter aber gar nicht zu prüfen 19 . Mangels Überschneidung der Prüfungsbereiche von Registerund Prozeßgericht komme eine Aussetzung nicht in Frage 20. Damit steht und fällt das von Baums gefundene Ergebnis mit der Annahme, daß es bei dem Verhältnis von vorgreiflicher Entscheidung des Prozeßgerichts und Verfügung des Registergerichts tatsächlich um eine Vermeidung kongruenter Prüfung 21 geht. Dies ist aber nicht der Fall. Der Wortlaut des § 127 FGG gibt dafür nichts her. Auch die Entstehungsgeschichte zeigt einen solchen Zusammenhang nicht. Die Denkschrift 22 weiß nichts von einer Überschneidung der Prüfungskompetenzen. Auch dort ist der Gesichtspunkt der Prüfung nur im Hinblick auf die Entscheidung des Prozeßgerichts genannt23. Gegenteilig geht diese davon aus, daß bei angefochtenem Beschluß, „wie es der Natur der Sache entspricht" 24 , auszusetzen ist. Richtigerweise ist also § 127 FGG so zu verstehen, daß er dem Registerrichter die Aussetzung im Hinblick auf die materielle Rechtslage ermöglicht.

17

So aber Keidel/Kuntze/Winkler, § 127, Rn 46, 50; GHEK-Hüffer, § 243 Rn 137; KK-Zöllner, § 248 Rn 20; Bokelmann, DB 1994, S. 1341. Richtig dagegen Jansen, FGG, § 127 Rn 16 f., der von der Maßgeblichkeit der materiellen Rechtslage spricht. Man sollte überhaupt nicht von einer Bindung des Registergerichts an Entscheidungen des Prozeßgerichts sprechen. Von einer solchen Bindung weiß das Gesetz nichts. Der Registerrichter hat die materielle Rechtslage zugrundezulegen. Soweit diese vom Prozeßgericht gestaltet wird, hat er dies selbstverständlich zu beachten, ohne daß eine „Bindungswirkung" der Entscheidung des Prozeßgerichts konstruiert werden müßte. 18 Gemeint ist die Anfechtbarkeit innerhalb der Anfechtungsfrist oder die Tatsache, daß angefochten ist. 19 Baums, Eintragung, S. 21 ff., 62 ff., aufgrund eingehender Untersuchung, woraus sich ein solches Prüfungsrecht abseits der Eintragungsvoraussetzungen ergeben könnte. Es ist aber doch zweifelhaft, ob mit der Frage nach der Wirksamkeit des Beschlusses die richtige Frage gestellt ist. Mit der Charakterisierung von der Rechtsfolge her meint Baums an sich das Richtige: Der Registerrichter hat zwischen Beschlüssen, die gegen Normativbestimmungen verstoßen und anderen mangelhaften Beschlüssen zu trennen. Die Folge des Anfechtungsurteils ist aber ebenso „Nichtigkeit" des Beschlusses. 20 Baums, Eintragung, S. 162 f. 21 So anscheinend auch Lüke, ZGR 1990, S. 668, anders aber S. 669. 22 Hahn/Mugdan, 7. Band, S. 66 f. 23 Hahn/Mugdan, 7. Band, S. 67: „In manchen Fällen wird es zweckmäßiger sein, wenn vor dem Erlasse der Verfügung das streitige Rechtsverhältniß im Prozeßwege festgestellt wird." 24 Hahn/Mugdan, 7. Band, S. 71.

160

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

Daß der Beschluß zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht schon nichtig ist, steht dem nicht entgegen, ohne daß es deswegen einer „Theorie" 25 bedürfte, die eine Verbindung zwischen schon im Mangel angelegter Ursache der Nichtigkeit und später erklärter Nichtigkeit herstellt. An diesen Fall ist in § 127 FGG gerade gedacht26. Festzuhalten ist damit, daß eine Vorgreiflichkeit im Sinne von § 127 FGG nur für den Fall besteht, daß der Registerrichter eintragen möchte.

2. Die Ermessensentscheidung des Registerrichters

Im Falle der Vorgreiflichkeit kann der Registerrichter das Verfahren gemäß §127 FGG aussetzen. Es ist allgemeine Auffassung daß mit der Formulierung „kann" die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gefordert wird 27 . Es ist daher zu fragen, welche Faktoren der Registerrichter in seine Ermessensentscheidung einzustellen hat. Dies wird sehr unterschiedlich beurteilt 28 . Im wesentlichen kommen hierbei zwei voneinander zu scheidende Gesichtspunkte in Betracht. Zum einen sind die Erfolgsaussichten der Klage maßgeblich, zum anderen ist zu fragen, ob Interessen der Gesellschaft am schnellen Vollzug gegen solche des Aktionärs an der Beseitigung der Beeinträchtigung zu wägen sind.

a) Die Erfolgsaussichten

der Klage in der Hauptsache

Es ist weitgehend anerkannt, daß die Ermessensentscheidung unter Beachtung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu fällen ist 29 . Vereinzelt wird dies allerdings bestritten 30. Man begründet die Unbeachtlichkeit der Hauptsache mit einem angeblich fehlenden materiellen Prüfungsrecht des Registerrichters 31. Diese Ansicht war schon oben für die Rechtsformkontrolle abzulehnen und ist auch hier nicht richtig. Die materielle Prüfungspflicht des Regi25 So aber Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 81, mit der von ihm erfundenen „Wurzeltheorie", nach der im Sinne einer „potentiellen Aktualität" die Möglichkeit einer bindenden Entscheidung schon angelegt ist. 26 Ebenso Lüke, ZGR 1990, S. 674. 27 GHEK-Hüffer, § 243 Rn 134; KK-Zöllner, § 243 Rn 41; Jansen, FGG, § 127 Rn 6; Keidel/Kuntze/Winkler, § 127 Rn 36; Bokelmann, DB 1994, S. 1341. 28 Hüffer, AktG, § 294 Rn 13 f. und § 243 Rn 51 ff.; KK-Zöllner, § 243 Rn 42 ff.; Diekgräf, Sonderzahlungen, S. 75 ff., m.w.N. 29 Bokelmann, DB 1994, S. 1341; Keidel/Kuntze/Winkler, § 127 Rn 36; Jansen, FGG, § 127 Rn 6; Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn 126; KK-Zöllner, § 243 Rn 42 f.; neuestens LG Dresden AG 1996, S. 36. 30 Jansen, FGG, § 127, Anm. 7. 31 Jansen, FGG, § 127, Anm. 7; Baums, Eintragung, S. 162.

I. Die Eintragung im Normalfall

161

sterrichters ergibt sich zwar nicht daraus, daß mit dem Inhalt des einzutragenden Beschlusses gegen Normativbestimmungen verstoßen wird. In diesen Fällen besteht schon gar kein Ermessensspielraum für den Registerrichter. Wie oben dargelegt, ist bei einem solchen Verstoß die Eintragung abzulehnen. Es ist weiter Baums zuzustimmen, wenn er sagt, daß die Verfahrensvorschriften des FGG und des AktG eine solche Pflicht nicht begründen 32. Die Pflicht zur Berücksichtigung ergibt sich aber aus der Begründung der Anfechtungsklage als Klage gegen eine Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Position 33 und aus der Einordnung der Vorschriften über die Anfechtungsklage als Normativbestimmungen 34. Der Nachweis der Grundlagen der Klage wurde oben geführt. Daß die Regelung der Anfechtungsklage als wesentlicher Bestandteil der Mitgliedschaft zu den Normativbestimmungen gehört, ist allgemeine Auffassung 35. Die gesetzliche Wertung im Falle der zulässigen und begründeten Anfechtungsklage ist klar: Die Beeinträchtigung, das ist der rechtswidrige Beschluß, ist zu beseitigen. Diese Feststellung ist im Zusammenhang mit den Folgen der Integration der juristischen Person auf der Grundlage des eingetragenen Beschlusses36 zu sehen: Die Eintragung hindert die Möglichkeit der Beseitigung37. Die Eintragung vereitelt damit über die Hinderung der Beseitigung der Beeinträchtigung den Zweck der Normativbestimmungen, die die Anfechtungsklage regeln. Zur Durchsetzung der Normativbestimmungen ist der Registerrichter, wie oben zu sehen war, berufen. Der Unterschied zwischen dem oben besprochenen Fall, daß der Beschluß gegen Normativbestimmungen verstößt, und dem hier zu diskutierenden, daß der Beschluß angefochten ist, besteht hinsichtlich der Funktion des Registerrichters darin, daß dieser im ersten Fall einen vorliegenden Verstoß ahndet, während er im zweiten Fall in ein Verfahren eingebunden ist, das dafür sorgt, daß es zu einem Verstoß nicht kommt. Daraus wird ersichtlich, daß sich die Pflicht des Registerrichters zur Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache nicht mit dem angeblich fehlenden öffentlichen Interesse an nur anfechtbaren Beschlüssen bestreiten

32

So Baums, Eintragung, für § 144 II, S. 21 f., § 38 I 1, S. 22 ff., § 45 I I 3, I V 1, S. 24 ff. und § 12 FGG, S. 26 ff. 33 Vgl. oben S. 46 und S. 87 ff. 34 Im Ergebnis ebenso GK-Wiedemann, § 181 Rn 25, eine staatliche Rechtskontrolle zugunsten der Aktionäre sei vom Gesetz vorgesehen. 35 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I I I 3, S. 451 ff.; § 21 V, S. 534 ff. 36 Vgl. oben S. 8Iff. 37 Anders nur Hirte, DB 1993, S. 79 f. der eine ex-nunc Rückabwicklung beispielsweise nach den Spaltungsvorschriften für möglich hält. Dies erscheint wenig realitätsnah.

11 Slabschi

162

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

läßt 38 . Der Registerrichter hat in seiner Funktion für die Einhaltung der Normativbestimmungen39 die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu beachten. Entgegen den im Schrifttum geäußerten Stimmen 40 ist dies auch keine für die Praxis ungeeignete Position. Für die hier zu diskutierenden Fälle gilt keineswegs, daß die Feststellung der Erfolgsaussichten der Klagen schwierig zu beurteilen gewesen wären: Die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse lag auf der Hand und die formellen Voraussetzungen der Anfechtungsklage lagen jeweils vor. Gegen die Beschränkungsversuche aus dem Gedanken des Rechtsmißbrauchs wurde das Notwendige schon eingewendet. Auf die komplizierte Feststellung von Indizien kann daher nicht verwiesen werden. Aber auch für alle anderen Fälle läßt sich aus den praktischen Schwierigkeiten kein Argument gewinnen. Das Vorliegen der formalen Voraussetzungen der Anfechtungsklage ist einfach zu beurteilen. Was die Frage der Mangelhaftigkeit des Beschlusses angeht, wird dem Registerrichter zugemutet, die Rechtswidrigkeit nach dem Klägervortrag zu beurteilen. Es ist nicht einzusehen, inwiefern dies mehr Schwierigkeiten bereiten soll als die dem Registerrichter jedenfalls zugemutete Prüfung am Maßstab der Normativbestimmungen.

b) Die Abwägung der Interessen der Gesellschaft am Vollzug mit dem Aktionärsinteresse Der Berücksichtigung der Folgen der Eintragung einerseits und ihrer Aussetzung andererseits steht nichts im Wege. Insbesondere dürfen hier drohende Vermögenseinbußen der Gesellschaft berücksichtigt werden.

c) Das Verhältnis der beiden Faktoren zueinander Zu beachten ist allerdings das Verhältnis der bei der Ermessensausübung abzuwägenden Faktoren. Es ist auf keinen Fall ein Interesse der Gesellschaft an 38

Baums, Eintragung, S. 163. Baums, Eintragung, S. 165 f., 163, ist daher nicht zuzustimmen, wenn er die Möglichkeit, im Rahmen des § 16 II HGB eine einstweilige Verfügung zu erwirken, gegen die Prüfungspflicht des Registerrichters wendet. Es ist nämlich nicht nur ein berechtigtes Interesse des Aktionärs, daß nicht durch voreilige Eintragung Fakten geschaffen werden. Es ist eine der Mitgliedschaft als solcher wesensmäßige Eigenschaft, daß eine Beeinträchtigung abgewehrt werden kann. Hierfür ist es notwendig, aber auch hinreichend, daß Anfechtungsklage erhoben ist. Nur scheinbar anders, Staub-Hüffer, § 8 Rn 54, einer Begründung der materiellen Prüfungspflicht des Registerrichters bedürfe es nicht. Dies ist nur dann zutreffend, wenn damit gemeint ist, daß eine explizite verfahrensrechtliche Begründung überflüssig ist, aber anerkannt wird, daß das materielle Recht - wie gezeigt - eine Begründung bereithält. So meint das auch Staub-Hüffer, § 8 Rn 54 a.E. 39

40

Baums, Eintragung, S. 163; Bork, ZGR 1993, S. 358.

II. Die Eintragung gemäß §§319 V I AktG, 16 III UmwG

163

zügigem Vollzug gegen die Chancen in der Hauptsache zu wägen41. Wenn nach Auffassung des Registerrichters die Klage erfolgreich sein wird, so bleibt für eine Einstellung des Verbandsinteresses in die Ermessensausübung kein Raum 42 . Es ist oben schon nachgewiesen worden, daß mit einem Verbandsinteresse nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen argumentiert werden darf. Interesse heißt hier immer rechtlich anerkanntes Interesse, das für den Vollzug einer - nach Überzeugung des Registerrichters - rechtswidrigen Maßnahme nicht gegeben ist. Zum Tragen kommt ein solches Verbandsinteresse dann, wenn nach Ansicht des Registerrichters die Klage keine Erfolgsaussichten hat 43 . Auch in diesem Fall kommt eine Aussetzung nur dann in Frage, wenn ein Interesse der Gesellschaft am Vollzug besteht. Fraglich ist, wie bei Ungewißheit über den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache zu entscheiden ist. Hier wird dem Vorschlag Zöllners 44 gefolgt, daß die Einschätzung der Situation in Hinsicht auf die Beweisregelung zu erfolgen hat. Hiernach hat sich der Registerrichter seine Auffassung über den Ausgang des streitigen Verfahrens anhand der dort geltenden Beweislastregeln zu bilden. Danach trifft den Aktionär die Darlegungs- und Beweislast für ihm günstige Tatsachen45. Das sind neben seiner Aktionärseigenschaft und der Tatsache seiner Anwesenheit bei der Hauptversammlung grundsätzlich auch die Tatsachen, aus denen sich der Verstoß ergibt. Im einzelnen werden Beweiserleichterungen diskutiert 46 . Hat die Klage nach Auffassung des Registerrichters keine Erfolgsaussichten, erfolgt die Abwägung wie oben dargelegt. Der Registerrichter hat dann das Interesse des Klägers an der Aussetzung (für den Fall, daß der Klage doch stattgegeben wird) und das Interesse der Gesellschaft am Vollzug gegeneinander abzuwägen.

I I . Die Eintragung des angefochtenen Beschlusses unter Anwendung der §§ 319 V I A k t G , 16 I I I U m w G

Für besonders einschneidende Änderungen der Verbandsverfassung sieht das Gesetz eine weitgehende Berücksichtigung der Interessen des anfechtenden Aktionärs vor. In vielen Vorschriften des Aktiengesetzes47 und des Umwand41

So aber Hüffer, AktG § 181, Rn 17; GK-Wiedemann, § 181 Rn 28; GHEK-Hüffer, § 243 Rn

134. 42

Ebenso KK-Zöllner, § 243 Rn 42; GK-Wiedemann, § 181 Rn 28; Bork, ZGR 1993, S. 363 f. Ebenso KK-Zöllner, § 243 Rn 43 f. 44 KK-Zöllner, § 243 Rn 44. Anders BGH W M 1990, S. 1377, „Hypothekenbank-Schwestern" für den Fall einer analogen Anwendung des § 127 FGG, Aussetzung müsse schon erfolgen, wenn die Klage nicht völlig aussichtslos erscheine. 45 Rosenberg, Beweislast, S. 98 ff. Für die Anfechtungsklage GK-Schmidt, § 246 Rn 80. 46 Hüffer, AktG, § 243 Rn 59, m.w.N.; GK-Schmidt, § 246 Rn 82. 47 § 319 V S. 2 für die Eingliederung, § 320 IV S. 3 AktG für die Mehrheitseingliederung. 43

164

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

lungsgesetzes48 sind sogenannte Negativerklärungen vorgesehen. Mit der Negativerklärung hat der Vorstand dem Registergericht bei der Anmeldung mitzuteilen, ob eine Anfechtungsklage fristgemäß erhoben ist und, gegebenenfalls, ob und wie darüber entschieden wurde. Bei angefochtenem Beschluß wird nicht eingetragen. Es war schon für die Vorschriften, die dieser neuen Regelung vorausgingen, bis zur Dikussion um die hier zu besprechenden Fälle unstreitig, daß sie eine Registersperre für den Fall der Anfechtung errichten sollten 49 . Der BGH hat diese Auffassung in der Entscheidung W M 1990, S. 1372 („Hypothekenbankschwestern") zwar bestätigt. Er hat aber gleichzeitig § 345 II S. 1 AktG (alt) = § 16 I I I S. 2 UmwG einschränkend ausgelegt. Es wurden Voraussetzungen entwickelt, nach denen der Registerrichter trotz fehlender Negativerklärung eintragen darf: Bei unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Klage dürfe trotzdem eingetragen werden 50. Diese Rechtsprechung ist nunmehr vom Gesetzgeber in Gestalt eines sogenannten Unbedenklichkeitsverfahrens 51 positiv normiert worden. Gleichzeitig wurde klargestellt, daß das NichtVorliegen der Negativerklärung eine Registersperre darstellt (§§ 319 V I S. 2 AktG, 16 I I S. 2 UmwG 5 2 ). Auch hier zeigt eine nähere Untersuchung, wie die Interessen der Gesellschaft am Vollzug und die des Anfechtenden Eingang in das Registerverfahren finden.

1. § 319 V I S. 2 1. und 2. Fall AktG, § 16 I I I S. 2 1. und 2. Fall UmwG

Die Hypothekenbankschwestern-Entscheidung findet sich in § 319 V I S. 2 1. und 2. Fall und in § 16 I I I S. 2 1. und 2. Fall wieder 53 . Danach steht der Negativerklärung gleich, wenn das Prozeßgericht durch Beschluß erklärt, daß die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht, weil die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Es ist anerkannt, daß diese Voraussetzungen kaum jemals vorliegen dürften. Dementsprechend wird der Norm nicht viel praktische Relevanz eingeräumt 54. In Fällen, in denen nach der hier 48 § 16 Π S. 2 UmwG für die Verschmelzung; § 125 S. 1 mit § 16 I I S. 2 UmwG für die Spaltung; §§ 176 I und 177 I mit § 16 I I S. 2 UmwG für die Übertragung auf die öffentliche Hand; §§ 178 I, 179 I, 180 I, 184 I, 186 S. 1, 188 I, 189 I mit § 16 I I S. 2 UmwG für die Vermögensübertragung unter Versicherungsunternehmen; § 198 ΠΙ mit § 16 I I S. 2 UmwG für den Form Wechsel. 49 Hüffer, AktG, § 319 Rn 15 m.w.N. 50 BGH W M 1990, S. 1377. 51 Begriff bei Hommelhoff, ZGR 1993, S. 468; Dörrie, WiB 1995, S. 6. Scharfe, wiewohl nicht ganz unparteiische Kritik der Änderungen bei Götz, ZIP 1995, S. 1314 f. 52 Im folgenden werden nur noch diese Vorschriften ohne die lediglich auf sie verweisenden zitiert. 53 Siehe den ausdrücklichen Hinweis in der Amtlichen Begründung zum RegE UmwG, bei Neye, UmwG, S. 141. 54 So schon die Amtliche Begründung zum RegE UmwG, bei Neye, UmwG, S. 142.

II. Die Eintragung gemäß §§319 V I AktG, 16 III UmwG

165

vertretenen Auffassung ein Mißbrauch des Klagrechts in Frage kommt, das sind Fälle, in denen der Kläger die Gesellschaft mit unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Klagen überzieht, hilft die Vorschrift: In diesen Fällen wäre nach § 319 V I S. 2 1. und 2. Fall AktG, § 16 III S. 2 1. und 2. Fall UmwG einzutragen.

2. § 319 V I S. 2 3. Fall AktG und § 16 I I I S. 2 3. Fall UmwG

Wichtiger sind demgegenüber § 319 V I S. 2 3. Fall AktG und § 16 I I I S. 2 3. Fall UmwG, die die Möglichkeit eines Beschlusses des Prozeßgerichts über die Entbehrlichkeit der Negativerklärung einräumen. Beide Tatbestände sind inhaltsgleich. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor, wenn das alsbaldige Wirksamwerden der Maßnahme nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint55. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf wurde die Formulierung aufgenommen, um dem Prozeßgericht neben den praktisch nicht bedeutsamen Fällen der §§ 319 V I S. 2 1. und 2. Fall AktG, § 16 I I I S. 2 1. und 2. Fall UmwG einen weiteren Entscheidungsspielraum für den Ersatz der Negativerklärung einzuräumen 56. Selbstverständlich darf diese Abwägung nicht dazu führen, daß bei einer nach Überzeugung des Gerichts begründeten Klage wegen der Erheblichkeit des Verzögerungs- oder Verhinderungsschadens eingetragen wird. Höchst mißverständlich führt die Begründung zu § 16 III S. 2 3. Fall UmwG aus: „Häufig werden von dem jeweiligen Kläger Rechtsverletzungen behauptet, deren Rüge nicht von vorneherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet bewertet werden kann, die aber, ihr Vorliegen unterstellt, im Verhältnis zu der durch die Klage bewirkten Verzögerung der Verschmelzung nicht als so schwerwiegend erscheinen, daß es wegen dieser behaupteten Rechtsverletzung gerechtfertigt wäre, den Eintritt der durch die beabsichtigte Verschmelzung zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteile (z.B. Synergieeffekte) aufzuschieben." Diese Formulierung legt nahe, daß das Prozeßgericht nach Verneinung der

55 Zur Entstehungsgeschichte vgl. die Amtliche Begründung zum RegE, bei Neye, UmwG, S. 142 f. Die im Referentenentwurf, bei Ganske, Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts, Text S. 23, Begründung S. 59 ff., noch nicht vorgesehenen Vorschriften wurden erst auf die Kritik an der engen Fassung von Fall 1 und 2 eingeführt. Vgl. die Stellungnahmen des DAV, W M Sonderbeilage 2/93 Rn 8 ff., 59 ff. mit dem Vorschlag, die Registersperre ganz abzuschaffen, kritisch zum alten § 16 des Referentenentwurfs auch Bork, ZGR 1993, S. 363 und Hirte, DB 1993, S. 79 f. 56 Amtliche Begründung zum RegE UmwG, bei Neye, UmwG, S. 142 f.

166

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

Frage, ob die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, in die Abwägung der Schwere der Rechtsverletzung mit den Interessen am alsbaldigen Wirksamwerden eintreten dürfte 57 . Das ist unrichtig. Eine solche Auslegung ergibt sich zum einen nicht aus dem Wortlaut von § 319 V I S. 2 AktG oder § 16 I I I S. 2 UmwG. Es handelt sich bei den drei Fällen der Vorschriften um nebeneinander stehende Prüfungsalternativen. § 319 V I S. 2 AktG lautet: „Der Beschluß nach Satz 1 darf nur ergehen, wenn die Klage gegen die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses58 unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder wenn das alsbaldige Wirksamwerden der Eingliederung 59 nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der vom Antragssteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre 60 vorrangig erscheint." Die Tatsache, daß in Fall 1 und 2 die Erfolgsuassichten der Klage entscheidungserheblich sind, heißt nicht, daß für Fall 3 diese Erfolgsaussichten nicht mehr zu berücksichtigen wären. Ob und welche Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abwägung nach Fall 3 existieren, muß daher aus dem Wortlaut und der Systematik dieser registerrechtlichen Vorschriften entwickelt werden. Der Wortlaut von Fall 3 weiß nichts von einer Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage. Aus der Systematik ergibt sich aber, daß das Prozeßgericht vor der Abwägung die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen hat; bei voraussichtlich erfolgreicher Klage hat es den Antrag ohne Abwägung zurückzuweisen. Dies ist aus der Funktion der Negativerklärung zu folgern, die durch den Beschluß des Prozeßgerichts nur ersetzt wird. Das Institut der Negativerklärung erspart dem Registerrichter die Abwägung. Genauer: Für den Fall, daß der Registerrichter nach Prüfung der Übereinstimmung des Beschlusses mit den Normativbestimmungen eintragen möchte, beseitigen § 319 V AktG, § 16 I I UmwG den durch § 127 FGG an sich eingeräumten Ermessensspielraum: Danach darf nicht eingetragen werden, wenn die Negativerklärung nicht voliegt. Die Zweifelhaftigkeit der Situation geht nach der Wertung des Gesetzes zu Lasten der Gesellschaft. Diese Wertung ersetzt die Ermessensentscheidung. Aber auch das Vorliegen der Negativerklärung beseitigt den Ermessensspielraum. Liegt sie vor, ist klar, daß der Beschluß nicht mehr erfolgreich angefochten werden kann. In diesem Fall gibt es keine zweifelhafte Situation, so daß das Ermessen auf Null reduziert ist. Es muß eingetragen werden.

57

So auch Hommelhoff, ZGR 1993, S. 469. § 16 ΠΙ S. 2 UmwG: „des Verschmelzungsbeschlusses". 59 § 16 ΠΙ S. 2 UmwG: „der Verschmelzung". 60 § 16 I I I S. 2 UmwG: „die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und ihre Anteilsinhaber". 58

III. Ergebnis

167

Der Beschluß des Prozeßgerichts ersetzt seinerseits nur die fehlende Negativerklärung. Die gesetzliche Wertung bei fehlender Negativerklärung, nämlich daß die Zweifelhaftigkeit der Situation zu Lasten der Gesellschaft geht, wird damit zurückgenommen. Sie wird aufgelöst zugunsten einer Ermessensentscheidung, die nunmehr das Prozeßgericht zu fällen hat 61 . Damit ist als Unterschied der Ermessensentscheidungen nach § 127 FGG einerseits und nach § 319 V I S. 2 3. Fall, § 16 I I I S. 2 3. Fall UmwG andererseits nur die unterschiedliche Zuständigkeit festzustellen. Damit ist weiter festzuhalten, daß es bei den Kriterien bleibt, die für die Ermessensentscheidung des Registerrichters entwickelt wurden 62 . Zunächst muß also vom Prozeßgericht festgestellt werden, ob die Klage voraussichtlich begründet ist 63 . Für diesen Fall ist für eine Abwägung kein Raum. Auch im übrigen richtet sich die Abwägung nach dem oben für den Registerrichter Gesagten. Im Ergebnis wurden daher mit § 319 V I S. 2 3. Fall AktG, § 16 I I I S. 2 3. Fall UmwG die Fälle der Eingliederung und der Umwandlung dem Normalfall gleichgestellt. Der Unterschied in der Behandlung der Eintragung besteht lediglich darin, daß im ersten Fall das Registergericht, im zweiten Fall das Prozeßgericht zur Abwägung berufen ist. Dieser Befund zeigt die gesetzliche Bewertung des Anfechtungsrechts, wie sie an zahlreichen Stellen dieser Arbeit hervorgehoben wurde: Eine Beschränkung des Anfechtungsrechts kommt niemals aufgrund einer allgemeinen Abwägung des Vollzugsinteresses der Gesellschaft mit dem Interesse des Aktionärs in Frage. Mit anderen Worten: Das Gesetz verbietet auch im Registerrecht die Durchsetzung angefochtener und rechtswidriger Beschlüsse, wie wichtig sie für die Gesellschaft auch immer sein mögen.

I I I . Ergebnis

Als Ergebnis ist festzuhalten, daß die Erfolgsaussichten der Klage im Anfechtungsverfahren in das Registerverfahren Eingang finden können. Voraussetzung hierfür ist in jedem Fall, daß der Registerrichter aufgrund eigener Prüfung einen Verstoß gegen Normativbestimmungen nicht festgestellt hat. Es besteht die Möglichkeit der Eintragung und damit der Vermeidung verzögerungsbedingter Schäden bei der Gesellschaft, auch wenn das Anfechtungsver61 Ähnlich GK-Wiedemann, § 181 Rn 34, § 16 III UmwG blende nur die Erfolgsaussichten und Folgewirkungen des Anfechtungsverfahrens aus dem Ermessen des Registerrichters aus. 62 Auch hier gibt es also keine „offene Eilentscheidung", gegen Hommelhoff, ZGR 1993, S. 469. 63 Fehlerhaft daher OLG Frankfurt W M 1996, S. 536.

168

Ε. Die Berücksichtigung der Ausübung von Gestaltungsklagrechten

fahren noch nicht beendet ist. Die in der Ermessensentscheidung erforderliche Abwägung setzt voraus, daß die Erfolgsaussichten der Klage negativ zu beurteilen sind. In der Abwägung sind das Aktionärsinteresse einerseits und das Interesse der Gesellschaft am Vollzug andererseits zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen und der Maßstab der Entscheidung bestehen unabhängig davon, ob zur Entscheidung das Registergericht oder das Prozeßgericht zuständig ist. Für die Fälle der sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklage besteht schon nach allgemeinen Grundsätzen kein Anlaß, im Registerverfahren einen Sonderweg einzuschlagen.

F. Zusammenfassung Die Arbeit wendet sich gegen die herrschende Auffassung zu den sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklagen. Die Gründe, die von dieser Auffassung zur Beschränkung des Anfechtungsrechts vorgetragen werden, sind unterschiedlich und teilweise nicht miteinander zu vereinbaren. Ein Gedanke, auf dem die meisten Argumentationen beruhen, ist aber, daß das Anfechtungsrecht dem Aktionär um Dritter oder der Ordnung der Gesellschaft willen verliehen ist. Aus dieser „institutionellen" Auffassung vom Anfechtungsrecht wird eine sehr weitgehende Beschränkbarkeit abgeleitet. Demgegenüber hat die Untersuchung ein ganz anderes Bild von der Anfechtungsklage gezeichnet. Die Anfechtungsklage erwächst aus der Verletzung der mitgliedschaftlichen Position durch den rechtswidrigen Beschluß. Sie zielt auf die Beseitigung dieser Beeinträchtigung. Der rechtswidrige Beschluß allein stellt eine solche Beeinträchtigung dar, weil der Aktionär ihn nicht als verbindlich anzuerkennen braucht. Einer weiteren Beeinträchtigung der Mitgliedschaft bedarf es zur Begründung des Anfechtungsrechts nicht. Eine „institutionelle" Seite des Rechts ist über den Aspekt hinaus, daß ein Mitglied als solches klagt, nicht anzuerkennen. Der Aktionär wahrt mit seiner Klage weder die Interessen Dritter noch ein allgemeines Interesse an der Einhaltung der objektiven Ordnung der Aktiengesellschaft. Aus dieser Einsicht in die Grundlagen des Anfechtungsrechts und aus einer Untersuchung der Figur des Rechtsmißbrauchs ergibt sich eine abweichende Beurteilung der Beschränkbarkeit von Anfechtungsklagen. Eine Beschränkung des Anfechtungsrechts wegen Rechtsmißbrauchs ist nicht zu befürworten. Die hierzu vorliegende Rechtsprechung ist schon wegen ihrer Widersprüchlichkeit abzulehnen. Ein institutioneller Rechtsmißbrauch liegt in den Auskaufsfällen nicht vor: Ein institutioneller Mißbrauch einer Berechtigung zur Wahrung fremder Interessen kommt nicht in Frage, weil mit der Anfechtungsklage ein eigenes Recht des Aktionärs gewahrt wird. Die Voraussetzungen eines institutionellen Mißbrauches des eigenen Rechts liegen in den Auskaufsfällen nicht vor. Eine Beschränkung aus dem Vorwurf individuell rechtsmißbräuchlichen Handelns scheidet ebenfalls aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsfigur nicht vorliegen. Die Lösung des Problems, das mit dem Begriff der rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklage bezeichnet ist, besteht in der Hinderung des Auskaufs. Dessen Verbot ergibt sich aus dem Verbot der Einlagenrückgewähr, das sich sowohl an die Verwaltung der Gesellschaft als auch an den Aktionär richtet.

170

F. Zusammenfassung

Das Schädigungspotential, das in der zeitlichen Dimension jeder Anfechtungsklage liegt, kann im Registerrecht berücksichtigt werden. In den Fällen der sogenannten rechtsmißbräuchlichen Anfechtungsklage hat sich dieses Potential allerdings nicht aktualisiert. Eine beschleunigte Eintragung kommt in diesen Fällen nicht in Frage.

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Sachregister

actio negatoria - und Aktionärsklage 93 actio pro socio 89 f. actio pro societate 89 f. Aktionär - als Instrument der Legalitätskontrolle 49 Aktionärsklage 89 ff. - als actio negatoria 93 - als Ersatzaufsichtsrecht 90 ff. - und Aktionärsrecht auf rechtmäßiges Gebaren des Verbandes 92 Aktionärsschutz - als Ziel der Anfechtungsklage 17 f., 20 ff. Anfechtungsbefugnis - der Staatsanwaltschaft 26 Anfechtungsfrist 37,40 ff., 80 - und Beschlußgeltung 23 Anfechtungsrecht - „individueller Charakter" des - „institutioneller Charakter" des 47 ff., 112 - als Ersatzaufsichtsrecht 90 ff. - Altruismus als Voraussetzung der Ausübung des - ? 133 ff. - aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Position 30 f., 44 f., 94 f. - Ausübung des - als Treuepflichtverletzung 129 - Beschränkung des - 96 ff., 38 ff. - des Genußscheininhabers ? 60 f. - des Käufers eines Betriebsteils ? 57 f. - Einführung des - im ADHGB 20 ff. - gesetzliche Beschränkungen des 25 f. - gesetzliche Regelung des - 17 ff. - historische Entwicklung des - 19 ff. - im Gegensatz zu inzidenter Beschlußprüfung 41 ff. - institutioneller Rechtsmißbrauch des - 110 ff.

-

Rechtsverletzung anstatt Beschlußmängelordnung als Grundlage des 44 ff. - Spürbarkeit als Voraussetzung der Ausübung des - ? 132 - Überpriifungsfuntion des - ? 103 - Umgehung der gesetzlichen Beschränkungen des - 33 ff. - und Auskauf 137 ff. - und Feststellungsklage 31 - und Gläubigerschutz 28 ff. - und Legalitätskontrolle 62 ff. - und Normativbestimmungen 49 - und öffentliches Interesse 76 ff. - und Rechtsformkontrolle 76 ff., 81 - und Rechtsschutzbedürfnis 98 - und Registerverfahren 156 ff. - und Vergleich 145 ff. - Verletzung in eigenen Rechten als Voraussetzung der Ausübung des - ? 132 - Zielsetzung beim Mißbrauch des 111 ff., 118 f. - Zielsetzung 17 f., 28 ff., 30,47 ff. Anfechtungsklage - siehe Anfechtungsrecht Auskauf 137 ff. - und Gleichbehandlungsgrundsatz 154 f. - als verbotene Einlagenrückgewähr 137 ff., 139 ff. Außenwirkung - siehe Beschlußwirkung Beschluß - „Eintragungspflichtigkeit" des - 78 - als Bedingung 56 f. - Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf den mangelhaften - 83 ff. - außerhalb der Beschlußautonomie 87 f.

182 -

Sachregister

Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen durch den - ? 54 ff. - Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen durch den - ? 54 ff. - Beseitigung des rechtswidrigen - als Voraussetzung des Vergleichs 145 ff. - fehlende Wirkung des - nach außen 51 ff., 53 ff. - im Tatbestand einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung 56 ff. - Integration der juristischen Person auf d e m - 3 4 f., 81 f. - interne Wirkungen des - 50 ff. - Nichtigkeit des - 85 ff. - organisationsrechtliche Regelung des - 3 4 ff. - rechtliche Einordnung 47 f. - Reichweite des - 23 ff., 26 f., 29 f., 47 ff., 52 - Rückabwicklung des -83 ff. - und Ausführungshandlungen 83 f. - und Eintragungsverfahren - und Privatautonomie der Aktionäre 88 - und Vertretungsmacht des Vorstandes 56 f. - unterschiedliche Bedeutung des - im Innen- und Außenverhältnis 58 - Unwirksamkeit des 78 - Wirkungen des - 50 ff. Beschlußkontrolle - als Ziel der Anfechtungsklage ? 17 ff. - durch den Aktionär ? 49 f. - durch den Registerrichter 27 f., 49 Beschlußmängel - einredeweise Geltendmachung von 42 f. - Folgen von - 47 ff., 79 ff. - im Akt 76, 79 f. - im Eintragungsverfahren 157 - in der Regelung 776f. - in dynamischer Betrachtung 81 ff., 83 f. - in statischer Betrachtung 79 f., 82 f. - Ordnung d e r - 3 2 f., 34 ff., 40 ff., 47 ff., 76 ff. - und Gläubigerschutz 77 - wegen fehlerhafter Bewertung 42 f. Beschlußwirkung - bei Beschlüssen über die Haftungsverfassung 74 - bei Eingliederung 74 - bei Kapitalerhöhung 66 ff.

-

bei Kapitalherabsetzung 69 ff. bei Umwandlung 72 ff. bei Unternehmensverträgen 74 f. Bindung a l s - 5 1 des Beschlusses über eine Satzungsänderung 64 ff. - nach innen 50 ff. - und Grenzen der Privatautonomie 55 - und Maßnahme 51 - und Verzicht und Vergleich 58 f. Beschränkung - des Anfechtungsrechts 96 ff. Bewertung - fehlerhafte - als Anfechtungsgrund 42 f. - und Anfechtungsklage 57 f. causa societatis - Leistung - als Voraussetzung der verbotenen Einlagenrückgewähr 138 ff. DAT/Altana-Entscheidungen 99 Deutsche Bank-Entscheidung 100 f., 104 f. Drittschutz - bei Rechtsverhältnissen mit Dritten, die sich auf Beteiligungsgrößen beziehen 66 ff. - und Institutionenschutz 62 ff. Drittwirkung - von Beschlüssen 53 ff. Eingliederung 74 Eintragung - Abhängigkeit der - vom Anfechtungsprozeß 157 ff. - als Ermessensentscheidung 160 ff. - Aussetzung der - 156 f. - bei Beschluß des Prozeßgerichts 165 - bei Negativerklärung 164 ff. - der Satzungsänderung 64 - siehe auch Registerverfahren Entlastungsbeschluß - Wirkungen des 50 Ermessensentscheidung - des Registerrichters 160 ff. - Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache als Kriterium für die 160 f., 166 - und Interessenabwägung 162 ff. Fehlerhafte Gesellschaft - Lehre von der - 83

Sachregister Feststellungsklage 31,35 ff., 38 ff., 44 f., 54 gemeinsamer Vertreter 60 Genußschein 60 f. Gesellschafterklage - siehe Aktionärsklage Gesellschaftsinteresse 152 f. Gestaltungs Wirkung - des Anfechtungsurteils 52 f. - und Rechtskraft 52 f. Gläubigerinteresse - am Beschluß 61 ff. Gläubigerschutz 28 ff., 61 f. - bei Eingliederung 74 - bei Kapitalherabsetzungen 70 f. - bei Umwandlung 72 ff. - bei Unternehmensverträgen 74 f. - und Beschlußmängelordnung 77 f. - und Bewertungsvorschriften 43 - und Gläubigerinteressen 54 - und Publizität 71 Gleichbehandlungsgrundsatz 154 ff. Haftung - Ausschluß der - für verbotene Einlagenrückgewähr in den Auskaufsfällen 152 ff. - der Organmitglieder für verbotene Einlagenrückgewähr 151 ff. - der Organmitglieder und Verzicht und Vergleich 58 f. - der Organmitglieder 27 f. - für bösliche Handlungsweise bei Anfechtung 25 - und Außenrecht 29 f. Heilung - von nichtigen Beschlüssen 86 Holzmüller-Entscheidung 93 f. Hypothekenban ksch westernEntscheidung 164 Individualrecht 21 individueller Mißbrauch - bei Ehenichtigkeitsklage 125 f. - bei Wohnraumkündigung 126 - Einordnung des - 121 f. - Erfordernis des Schadens für 127 ff. - grober Eigennutz als - 121 - Motivation als Kriterium für den 123 ff.

-

objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale des-123 f. - Strafcharakter des Vorwurfs des 127 ff. - Tatbestand des-123 f. - und Privatrechtsordnung 127 ff. - und venire contra factum proprium 125 Industriewerke-Entscheidung 99, 101 institutioneller Mißbrauch - Anfechtungsklage als - 112 ff. - bei eigenem und fremdem Recht 113 ff. - Beispielsfälle für den - 117 f. - Einordnung des - 110 ff., 112 ff., 114 ff. - und Zweck der Rechtsgewährung 112 - Zeitkomponente beim - 119 f. - Zweckwidrigkeit als - 111 ff. Institutionenschutz - und Drittschutz 62 Interessenabwägung - des Prozeßgerichts im Unbedenklichkeitsverfahren 165 f. - im Registerverfahren 162 ff., 164 ff. Kapitalerhöhung 66 ff. - aus genehmigtem Kapital 66 ff. - aus Gesellschaftsmittel 66 ff. - Wirkungen des Beschlusses über die -50. Kapitalherabsetzung 69 ff. - durch Einziehung 71 f. - ordentliche - 69 ff. - vereinfachte - 70 f. Klöckner-Entscheidung 60 f. Koch's Adler-Entscheidung 97 ff., 102 ff., 120 - Vergleich in der 149 f. Kostenerstattung 145 ff. Legalitätskontrolle 62 ff. - bei Satzungsänderungen 64 ff. Mindestbesitzzeit 135 Mißbrauch - siehe auch individueller - und institutioneller - Einordnung des - 108 ff. - Indizien für den - 99 ff., 100 ff., 106 ff. - Motivation als Kriterium für - 100 f., 105 f.

184 -

Zweckwidrigkeit der Klage als 100 f. Mitgliedschaft - Verletzung der - als Grundlage des Anfechtungsrechts 88 ff. - Verletzung der - durch den rechtswidrigen Beschluß 21 ff., 44 f., 47 ff. Mitgliedschaftrecht 21 Negativerklärung 164 nichtige und anfechtbare Beschlüsse - siehe Beschlußmängel Nichtigkeit - im Organisations- und Individualrecht 34 f. - nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften 33 f. - von Beschlüssen 31 ff. Nichtigkeitsklage 86 - Entwicklung durch die Rechtsprechung 41,43 f., 44 f. Normativbestimmungen 49 ff., 61 f., 85 ff. - als Grenzen der Beschlußautonomie 54 ff. - im Registerverfahren 158, 161 nullus videtur dolo facere qui suo iure utitur 124 öffentliches Interesse - am Beschluß 61 ff. Optionsanleihe 66 Organ - Aktionär als - 22 Organmitglieder - Haftung d e r - 2 7 f., 29 f. Passivlegitimation bei Anfechtungsklage 25 Privatautonomie - Grenzen der - als Grenzen der Beschlußautonomie 55 Publizität - und Gläubigerschutz 71 f. - und Legalitätskontrolle 65 Quorum 131, 135 Rechtsformkontrolle - beim Registerrichter 157 - und Anfechtungsrecht 76 ff., 81 Rechtsmißbrauch - siehe Mißbrauch Rechtsschutzbedürfnis

Sachregister -

als Voraussetzung des Anfechtungsrechts ? 98 Rechtsverletzung - als Grundlage des Anfechtungsrechts 94 f. Rechtswirkung - Begriff d e r - 5 2 ff. - und Änderung der Gestalt der juristischen Person 65 Registersperre 164 Registerverfahren 156 ff. - Ermessen im - 160 ff. - Prüfungsumfang und -gegenständ im - 1 5 7 f., 161 f. - nach § 127 FGG 156 ff. Reichsoberhandelsgericht - Gutachten des - 23 f. Satzungsänderung 64 ff. - Wirkung des Beschlusses über die 50 Schuldverschreibung 67 SEN-Entscheidung 99 Sicherheitsleistung 25 Simon Bank/ BV-Entscheidung 101 Sittenverstoß - als Nichtigkeitsgrund 33 ff. Sonderprüfer 59 f. Sonderrecht 21 Tantieme 56, 66 Treuepflicht 129 ff. - als Beschränkung des Anfechtungsrechts 130 ff. - als verdecktes Quorum 131 - Einordnung 129 Umwandlung 72 ff. - durch Verschmelzung 72 f. - durch Spaltung 73 - durch Vermögensübertragung 73 - durch Formwechsel 73 Unbedenklichkeitsverfahren 164 f. Unternehmensverträge 74 Urteilswirkung - der Anfechtungsklage 25, 52 f. verbotene Einlagenrückgewähr - allgemeine Voraussetzungen der 137 ff. - Anwendbarkeit der Vorschriften über die - auf die Auskaufsfalle 140 f.

Sachregister -

Ausschluß der Haftung für - wegen Wahrung des Gesellschaftsinteresses 152 f. - Haftung als Folge der - 151 f. - Rechtfertigung der im Auskaufsfall 141 ff. - Rechtfertigung der - 151 f. - Rückgewährpflicht als Folge der 151 f., 154 f. - und Drittvergleich 140 - und Leistung causa societatis 138 f. - und Vermögensminderung 138 f. - Voraussetzungen der - im Auskaufsfall 143 ff. Vergleich 58 f. - in den Auskaufsfällen 148 f. - Koch's Adler-149 f.

-

Voraussetzungen der Zulässigkeit 145 f - Zulässigkeit der Kostenerstattung im - 145 ff. Verzicht 58 f. vinkulierte Namensaktie 59 f. Vorgreiflichkeit 157 ff., 159 ff.

Wandelanleihe 66 Widerspruch 25

Zweckwidrigkeit 111 ff., 100 f. - Begriff der - 111, 114 - und Motivation 115