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German Pages 216 Year 2007
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 41
Die sog. „englische Klausel“ in Bezugsbindungsverträgen und ihre Behandlung im europäischen und deutschen Kartellrecht Von
Yi-Tien Lin
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
YI-TIEN LIN
Die sog. „englische Klausel“ in Bezugsbindungsverträgen und ihre Behandlung im europäischen und deutschen Kartellrecht
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg durch die Professoren Dr. Thomas Ackermann und Dr. Karl Albrecht Schachtschneider
Band 41
Die sog. „englische Klausel“ in Bezugsbindungsverträgen und ihre Behandlung im europäischen und deutschen Kartellrecht
Von
Yi-Tien Lin
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-12347-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Wintersemester 2005/06 als Dissertation angenommen worden. Literatur und Rechtsprechung habe ich bis zum Dezember 2005 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Arndt Teichmann, der mir die Möglichkeit zum Magister- und Promotionsstudium eröffnet hat. Das Entstehen der Arbeit wurde von ihm durch eine Vielzahl von Anregungen, die weit über den Gegenstandsbereich von Rechts- und Wirtschaftswissenschaften hinausgehen, gefördert. Ihm widme ich diese Arbeit. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Meinrad Dreher, der das Zweitgutachten zügig erstellt hat. Zu danken habe ich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Ministry of Education, Taiwan, für die Förderung des Studien- bzw. Forschungsaufenthalts durch das Stipendium. Meinen Eltern danke ich für die vielfältige Unterstützung während meiner gesamten Ausbildungszeit. Mainz, im März 2006
Yi-Tien Lin
Inhaltsübersicht Einleitung
27
A. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
B.
Gegenstand und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
C. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
Teil 1 Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
34
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
B.
44
Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Teil 2 Die Vorteile der englischen Klausel und ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken
68
A. Die Vorteile der englischen Klausel aus der Sicht der Vertragsparteien . . . . . .
68
B.
77
Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . .
Teil 3 Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht und ihre Praxis
91
A. Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
B.
99
Die Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis . . . .
10
Inhaltsübersicht Teil 4 Wettbewerbsrechtliche Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV
112
A. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . 112 B.
Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel . . . . . . . . . . 115
C. Spürbarkeit und Zwischenstaatlichkeitsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 E.
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Teil 5 Die Freistellung der englischen Klausel gemäß der GVO 2790/1999 und der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
140
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV und sein Einfluß auf die Freistellung der Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 B.
Die Freistellung der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 . . . . . . 148
C. Die Freistellung des Bezugsbindungsvertrages und der verbundenen englischen Klausel gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV . . . . . . . 153
Teil 6 Die Beurteilung der englischen Klausel nach dem deutschen Kartellrecht
179
A. Die Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen im deutschen Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B.
Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel und andere ähnliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Inhaltsverzeichnis Einleitung
27
A. Einführung in die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die bisherige deutsche und europäische Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27 28
B. Gegenstand und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
C. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
Teil 1 Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . I. Charakteristik der Alleinbezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschließlichkeitsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Abgrenzung zur Alleinbelieferungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abgrenzung zur Alleinvertriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Absolute Ausschließlichkeit der Alleinbezugsvereinbarung . . . . . . b) Kein Schutz vor intra-brand-Wettbewerb für den Alleinbezugsabnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine räumliche Beschränkung für den Alleinbezugsabnehmer in Bezug auf den Weiterverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erscheinungsformen der Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Teilbedarfsdeckungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindestabnahmeverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Langfristige Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwendungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Betriebswirtschaftliche und wettbewerbspolitische Vorteile einer Alleinbezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rationalisierungsvorteil: Verringerung der Transaktionskosten; Skalenvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung der Absatzkanäle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 34 34 34 35 35 35 36 36 36 37 37 37 38 39 39 40 41 41
12
Inhaltsverzeichnis 3. Zukünftige Absatzplanung und logistische Einsparung . . . . . . . . . . . . . 4. Eindringen in neue Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verstärkung der Investitionen des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Lösung der Trittbrettfahrerprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 42 42 43 43
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Bezeichnungen . . . . . . . . . . 1. Zum Begriff der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Bezeichnung „englische Klausel“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Ursprung der Bezeichnung „englische Klausel“ im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Fall Vitamine (1976) der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Andere Bezeichnung in der gemeinschaftsrechtlichen Rechtspraxis – „Wettbewerbsklausel“ und „Vorzugsklausel“ . . . . . . . b) Die Bezeichnung in der deutschen Gerichtspraxis . . . . . . . . . . . . . . c) Die Bezeichnung in den Wirtschaftswissenschaften – „meet-orrelease clause“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Bezeichnung im juristischen Schrifttum in den USA und Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Merkmale und Rechtsfolgen einer englischen Klausel . . . . . . . . . . . . 1. Merkmale einer englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorhandensein einer Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dauerschuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruch des Abnehmers auf Vertragsanpassung . . . . . . . . . . . . . . d) Offenlegungspflicht des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eintrittsrecht des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beim Eintritt des Lieferanten: Vertragsanpassung und Aufrechterhaltung der Bezugsbindung; Pflicht des Abnehmers zum Vorzugsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beim Nichteintritt des Lieferanten: Erlöschen der Abnahmepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kündigungsrecht des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die „extended release clause“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Erscheinungsformen der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung nach der Identifizierbarkeit der einzelnen Konkurrenzangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die identifizierende englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die nicht-identifizierende englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterscheidung nach der Art des zu berücksichtigenden Fremdbezuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V.
45 45 46 46 47 49 51 51 51 52 53 54 54 55
55 55 55 56 57 57 57 58 59
Inhaltsverzeichnis
13
a) Forderung eines qualifizierten Wettbewerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ernsthafter und bedeutender Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausschluss eines Händlers oder Vermittlers . . . . . . . . . . . . . . . b) Forderung eines dauerhaften oder inländischen Konkurrenzangebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualitative oder quantitative Einschränkung der Konkurrenzangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Begriffsabgrenzung zu ähnlichen Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Öffnungsklausel (access clause); Ausstiegsklausel (escape Klausel) . a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Marktorientierte Öffnungsklausel und ihr Vergleich zur englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eintritt in die Konkurrenzangebote ohne Vertragsbeendigungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintrittspflicht des Lieferanten: price-matching guarantee . . . . . . . b) Eintrittsrecht des Lieferanten: Eintrittsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich zur englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorrecht bei dem Vertragsabschluss oder bei der Vertragsverlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Abgrenzung von der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die „meet-the-competition clause“ beim Nachfragewettbewerb: right of first refusal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Meistbegünstigungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Abgrenzung zur englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Teil 2 Die Vorteile der englischen Klausel und ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken A. Die Vorteile der englischen Klausel aus der Sicht der Vertragsparteien . . I. Die Vorteile der englischen Klausel aus der Sicht des Abnehmers . . . . . 1. Auflockerung einer Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auflockerungswirkung beim Nichteintritt des Lieferanten . . . . . . . b) Minderung der durch die Bezugsbindungsdauer entstehenden Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewährleistung der marktgerechten Vertragspreise oder -konditionen für den Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessenlage beim Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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14
Inhaltsverzeichnis b) Preisgewährleistung durch die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . c) Risikoabwälzung bei der Preissenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anreiz zum früheren Eintritt in die langfristige Bezugsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschleunigung der Preissenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermeidung der Kosten für den Wechsel der Bezugsquelle . . . . . . . . . II. Die Vorteile der englischen Klauseln aus der Sicht des Lieferanten . . . . 1. Aufrechterhaltung der bestehenden Liefer- und Bezugsbeziehung . . . a) Vermeidung der Herausdrängung aus der bestehenden Vertragsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Strategische Behinderung der bestimmten Kundenabwerbung . . . c) Vermeidung einer marktweiten Vertragsanpassung . . . . . . . . . . . . . 2. Minderung des Anreizes zum opportunistischen Verhalten und Vermeidung eines Vertragsbruchs des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erleichterung der Festlegung der eigenen Absatzstrategie . . . . . . . . . . 4. Vermehrung des Umsatzes und Steigerung des Gewinns . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70 71
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel . . . . . . . . . . . I. Wettbewerbsrechtlicher Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktioneller Zusammenhang mit dem Bezugsbindungsvertrag . . . . . 2. Gesamtbetrachtung der Bezugsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Lehre der akzessorischen Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . II. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klauseln . . . . . . . . 1. Aufrechterhaltung einer bestehenden Bezugsbindung durch die Ausübung eines Eintrittsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Essenz des Eintrittsrechts in der einmaligen Geschäftsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eintrittsrecht zur Aufrechterhaltung einer Bezugsbindung . . . . . . . c) Kundenaufteilung zwischen Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abschreckungswirkung durch die Ausübung des Eintrittsrechts und den marktweiten Eintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Freie Entscheidung des Lieferanten über die Zulassung des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ungleichbehandlung des Abnehmers ohne Besitz von Marktinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Künstliche Erhöhung der Markttransparenz durch die Offenlegungspflicht des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Offenlegungspflicht des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erhöhung der Markttransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Motivverstärkung eines parallelen Preisverhaltens und Erleichterung der Kollusion zwischen den Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis aa) Parallele Preisverhalten zwischen Lieferanten in der geschwächten Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Motivverstärkung eines parallelen Preisverhaltens durch die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stabilisierung der Kartellvereinbarung und Erleichterung der Kollusion zwischen den Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entstehung eines überhöhten Preisniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überhöhter Vertragspreis beim Vertragsabschluss und nach der Vertragsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Annahme der englischen Klausel durch den Abnehmer . . . . . . . . . 5. Minderung der Investition des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 85 86 86 87 87 89 89 90
Teil 3 Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht und ihre Praxis A. Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die englische Klausel in den nicht mehr geltenden GVOen . . . . . . . . . . . 1. Die GVO Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen und ihre Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Vorschriften der GVO Nr. 1984/83 . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Vorschriften für Bierlieferungsverträge . . . . . . . . . . . . . 2. GVOen Nr. 2779/72, 3604/82 und Nr. 417/85 für Spezialisierungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. GVO Nr. 418/85 für Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die englische Klausel in den geltenden GVOen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Beschränkungen und ihre Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verzicht auf die englische Klausel als Freistellungserfordernis . . b) Kein Ausschluss der Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Grundsätze in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GVO Nr. 2658/2000 für Spezialisierungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Vereinbarung einer englischen Klausel als Gruppenfreistellungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nach der GVO
91
91 91 91 91 93 93 95 96 96 96 96 97 98 98 98 99
16
Inhaltsverzeichnis
B. Die Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis I. Der Fall Hoffmann-La Roche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschließliche Bezugspflicht und Treuerabatt . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte Anwendungsmöglichkeit der englischen Klausel . . . b) Begrenzte Lockerung der Ausschließlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erlangen der Einsicht in das Vorgehen der Wettbewerber . . . . . . . II. Der Fall BP-Kemi/DDSF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Quoten- und Alleinbezugsvereinbarung zwischen Wettbewerbern b) Die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Argumentation der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unwesentliche Auflockerungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erlangen von Einzelheiten über Konkurrenzangebote . . . . . . . . . . . d) Zweifel am Beitrag zum wettbewerblichen Preisniveau . . . . . . . . . e) Geschwächte Marktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Fall Natriumkarbonat/Solvay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschließlichkeitsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die englische Klausel ohne die Identifizierbarkeit der Identität des Wettbewerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigungsrecht des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wettbewerbsbeschränkender Charakter der englischen Klausel . . b) Zum Kündigungsrecht des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Fall Industriegase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Bezugspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Zulässigkeit einer englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Der Fall Tetra Pak II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Bezugszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zu vorhandenen Marktstrukturen und entsprechenden wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99 99 100 100 100 100 101 101 101 102 102 102 102 103 103 103 104 104 104 105 105 105 106 106 106 107 107 107 107 107 108 108 108 108 109 109 109 110
Inhaltsverzeichnis
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3. Zur Ausgestaltung der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Die Wende in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Teil 4 Wettbewerbsrechtliche Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV A. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der Bezugsbindung . . . . . . . . . I. Die Regelung in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung der vertikalen Vereinbarungen in das Kartellverbot . . . II. Die Bezugsbindung unter Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen auf den dritten Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsimmanente Bezugseinschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel . . . . . . I. Zur Bewertung des Eintrittsrechts des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsanpassung während der Laufzeit des Vertrags . . . . . . . . . . . . . 2. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zur Bewertung der Auflockerungswirkung durch die englische Klausel 1. Die Fremdbezugsmöglichkeit beim Nichteintritt des Lieferanten . . . . 2. Art der Zulassung eines Fremdbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typischer Fall: parallele Bezugsbeziehungen mit dem dritten Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Extremfall: Verzicht auf die bestehende Lieferbeziehung als Voraussetzung des Fremdbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beurteilung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters der Bezugsbindung in Berücksichtigung auf die Auflockerungswirkung der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansicht in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begrenzter und bedingter Auflockerungseffekt durch die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zur Bewertung der Offenlegungspflicht des Abnehmers . . . . . . . . . . . . . . 1. Erscheinungsform der Offenlegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Offenlegungspflicht als Hilfsmittel der Eintrittsklausel . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkung des Geheimwettbewerbs durch die Auferlegung einer Offenlegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
112 112 112 112 113 113 113 114 114 115 115 115 115 116 116 116 116 117
118 118 118 119 119 119 120 120
18
Inhaltsverzeichnis a) Geheimwettbewerb als geschützter Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auferlegung einer Offenlegungspflicht als Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung von der Erwähnung der Konkurrenzangebote durch den Abnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die englische Klausel im Vergleich zum Marktinformationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff des Marktinformationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . bb) Die englische Klausel im Vergleich zum Marktinformationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Beurteilung der nicht-identifizierenden englischen Klausel . . . . . a) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interpretation der Fälle Hoffmann-La Roche und Industriegase . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Spürbarkeit und Zwischenstaatlichkeitsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Spürbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bagatellbekanntmachung der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verwendung einer englische Klausel und die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bündeltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Delimitis-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bündeltheorie in der Bagatellbekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kumulative Wirkung und die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bündel der Bezugsbindungen auf dem Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bündelung von englischen Klauseln auf dem Markt . . . . . . . . . . . . III. Zwischenstaatlichkeitsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126 126 126 127
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionsnotwendigkeit als Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der funktionsnotwendigen Nebenabreden („ancillary restraints“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Objektive Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . c) Entsprechende Regelungen in Bezug auf die Nebenabreden . . . . . 2. Die Bezugsbindung und die englische Klausel unter dem Funktionsnotwendigkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die weiteren Einschränkungen für den Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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121 122 122 122 123 124 124 124 125 126
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Inhaltsverzeichnis 2. Der Begriff „rule of reason“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entsprechende Praxis der Gemeinschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine wettbewerbliche Bilanz als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Erforderlichkeit für eine Markterschließung als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Verfolgung eines Allgemeininteresses als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Prüfung der Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots auf die Bezugsbindung und die englische Klausel aufgrund der weiteren Einschränkungen des Art. 81 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Prüfung nach der wettbewerblichen Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Prüfung nach dem Markterschließungsgedanken . . . . . . . . . . . c) Die Prüfung des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 134 135 135 135 136
137 137 137 138
E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Teil 5 Die Freistellung der englischen Klausel gemäß der GVO 2790/1999 und der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV und sein Einfluss auf die Freistellung der Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV in eine Legalausnahme . . . 1. Freistellung gemäß VO Nr. 17/62 vor dem Systemwechsel . . . . . . . . . 2. Wechsel zum Legalausnahmesystem gemäß VO Nr. 1/2003 . . . . . . . . a) Abschaffung des Anmelde- und Genehmigungssystems . . . . . . . . . b) Rechtspolitische Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gruppenfreistellung im Verhältnis zur Legalausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gruppenfreistellung vor dem Systemwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konstitutive Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Annäherung an die Legalausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gruppenfreistellung nach dem Systemwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beibehaltung der Gruppenfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deklaratorische Wirkung der Gruppenfreistellungsverordnung und ihre Vermutungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Freistellung der Bezugsbindung vor dem Systemwechsel . . . . . . . . . . 1. Befreiung von der Anmeldepflicht nach der Änderung der VO Nr. 17/62 durch die Verordnung Nr. 1216/1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erweiterter Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 . . . . . . . . . . IV. Der Einfluss des Systemwechsels auf die Freistellung der Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
140
140 140 140 141 141 141 142 142 142 143 143 143 144 145 145 146 147
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Inhaltsverzeichnis 1. Aus der Sicht der Gruppenfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Legalausnahme als bereits bestehendes System vor dem Systemwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung anhand der Kriterien des Art. 81 Abs. 3 EGV . . . . . . . . . 2. Aus der Sicht der Nichtanmeldebedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Die Freistellung der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 . . . I. Die Voraussetzungen der Freistellung nach der GVO Nr. 2790/1999 . . . 1. Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausklammern der Kernbeschränkungen und die 30%-Marktanteilsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die englische Klausel und die Kernbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezwecken einer Kernbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zu den Gegenständen der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zur Auswirkung der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die englische Klausel und die 30%-Marktanteilsschwelle . . . . . . . . . . 3. Entzug der Gruppenfreistellungsvorteile und Nichtanwendbarkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
148 148 148
V.
C. Die Freistellung des Bezugsbindungsvertrages und der verbundenen englischen Klausel gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV . . . I. Die Notwendigkeit der weiteren Prüfung anhand von Art. 81 Abs. 3 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit der Prüfung vor dem Systemwechsel . . . . . . . . . . . 2. Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EGV nach dem Systemwechsel . . . . 3. Voraussetzungen der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV II. Erste Voraussetzung: Herbeiführung der Effizienzgewinne . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff „Effizienzgewinne“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rationalisierungsgrundlage der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein Rationalisierungseffekt durch die englische Klausel . . . . . . . b) Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung als Rationalisierungsgrundlage der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Effizienzgewinne durch die Bezugsbindungsvereinbarung . . bb) Notwendigkeit einer englischen Klausel zum Vertragsabschluss einer Alleinbezugsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Verhältnis zwischen der englischen Klausel und dem Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung . . . . . .
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149 150 150 150 150 151 151 151 152 152 153 153 153 153 154 154 154 155 155 156 156 157 157
Inhaltsverzeichnis c) Ausgleich der Nachteile der englischen Klausel durch die Vorteile der Alleinbezugsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zweite Voraussetzung: Angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff des Verbrauchers und des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff „Verbraucher“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Begriffe „Gewinn“ und „Angemessenheit“ . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligung der Verbraucher an dem durch die englische Klausel entstehenden Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die durch die englische Klausel entstehenden Gewinne . . . . . . . . b) Gewinnbeteiligung der Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Dritte Voraussetzung: Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung . . 1. Der Begriff „Unerlässlichkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine zumutbare Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unerlässlichkeit der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die durch die Vereinbarung der englischen Klausel entstehenden Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Unerlässlichkeit der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verwendung einer Preisgleitklausel, einer Eintrittspflicht des Lieferanten oder einer kürzeren Vertragsdauer als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unerlässlichkeit der englischen Klausel für die Effizienzgewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vierte Voraussetzung: Keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung . . . . . 1. Zielsetzung des Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kriterien zur Beurteilung der Wettbewerbsausschaltung . . . . . . . . a) Marktverhältnisse und die kumulative Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kompensation durch den Außenwettbewerb und inter-brandWettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Verhältnis zum Art. 82 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Beurteilung der Auswirkung der Wettbewerbsausschaltung durch die englische Klausel im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nach der Marktstellung des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verwendung der englischen Klausel durch den marktbeherrschenden Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwendung der englischen Klausel durch den nicht-marktbeherrschenden Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nach der Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis aa) Sperrung der Absatzkanäle durch die bestehende Bezugsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auflockerungswirkung der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . c) Nach der bestehenden Wettbewerbsintensität zwischen Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kollusionsrisiko in der oligopolistischen Marktstruktur . . . . . bb) Die englische Klausel als Mechanismus für die Erleichterung der Kollusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nach der kumulativen Wirkung der englischen Klauseln . . . . . . . aa) Zur Einrichtung der Bündelung der englischen Klauseln durch einen Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur parallelen Verwendung durch die Lieferanten . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis zur vierten Voraussetzung „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung zur Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV . .
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Teil 6 Die Beurteilung der englischen Klausel nach dem deutschen Kartellrecht A. Die Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen im deutschen Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich des nationalen Kartellrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Parallele Anwendung von nationalen und europäischen Rechten bei zwischenstaatlichen Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorrangregelung des Gemeinschaftsrechts in der VO Nr. 1/2003 . . . a) Vorrang gegenüber milderem nationalen Kartellrecht . . . . . . . . . . . b) Vorrang gegenüber strengerem nationalen Kartellrecht . . . . . . . . . 3. Ausschließliche Anwendung des nationalen Kartellrechts bei rein nationalen Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Regelungen in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen vor der 7. GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung zwischen vertikalen und horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Kriterium „anzuerkennendes Interesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Missbrauchsaufsicht über vertikale Wettbewerbsbeschränkungen gemäß § 16 GWB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Notwendigkeit zur einer Harmonisierung zwischen dem nationalen Kartellrecht und dem Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Regelungen in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen nach der 7. GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 1. Harmonisierung zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbeziehung der vertikalen Wettbewerbsbeschränkung in das Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Generalklauselprinzip, Systemwechsel in die Legalausnahme und Verweisung auf die europäischen GVOen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fakultative parallele Anwendung und Vorrang des Gemeinschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnung der Kodifizierung der Verpflichtung zur europafreundlichen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folge der 7. GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einheitliche Kriterien zwischen GWB und Gemeinschaftsrecht . . b) Auflösung der Abgrenzungsprobleme zwischen § 1 und §§ 14 ff. GWB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Beurteilung der englischen Klausel nach deutschem Kartellrecht . . . 1. Die Beurteilung nach § 16 GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle . . . . . 2. Die Beurteilung nach § 1 und 2 GWB in der Fassung der 7. GWBNovelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragbarkeit der nach dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Beurteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Beurteilung nach §§ 1 und 2 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel und andere ähnliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Praxis des Bundeskartellamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tätigkeitsbericht 1979/80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Preisklausel im Tätigkeitsbericht 1979/80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auffassung des Bundeskartellamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Analyse: Veranlassung der Gewährung von Vorteilen durch die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskussionspapier des Bundeskartellamts vom 25. 1. 2005 und Tätigkeitsbericht 2003/2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund des Diskussionspapiers „kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“ . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auffassung des Bundeskartellamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kombination von Vertragsdauer und Grad der Bedarfsdeckung als Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unzulässigkeit der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gerichtliche Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eintrittsrecht nach der Vertragsbeendigung im Fall Eintrittsklausel des BGH (1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eintrittspflicht des Lieferanten im Fall Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen des OLG Düsseldorf (2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zur Anwendbarkeit des § 1 GWB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur „Wettbewerbsklausel“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die englische Klausel im Fall Stadtwerke Krefeld des OLG Düsseldorf (2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesamtschau der vorliegenden Abreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum wettbewerbsbeschränkenden Charakter der englischen Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analyse der gerichtlichen Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Ausübung des Eintrittsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Marktöffnung durch die englische Klausel . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Abkürzungsverzeichnis AVBEltV
BIAC BKartA BT-Drucks. EGABl. FTC GVO GWF KOM ÖBL OECD RdE R+S TB VO WRP WuW ZNER ZWeR
Erläuterung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, vom 12. 6. 1979 (BGBl I. S. 684) The Business and Industry Advisory Committee to the OECD Bundeskartellamt Drucksache des Bundestages Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Federal Trade Commission (U.S.A.) Gruppenfreistellungsverordnung Gas- und Wasserfach Kommission Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Organisation for Economic Co-operation and Development Recht der Elektrizitätswirtschaft; Recht der Energiewirtschaft Recht und Steuern, Beilage zu GWF Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes Verordnung Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für neues Energierecht Zeitschrift für Wettbewerbsrecht
Einleitung A. Einführung in die Problemstellung I. Problemstellung Nach der Liberalisierung der deutschen Energiemärkte in den letzten Jahren ist die kartellrechtliche Behandlung der langfristigen Liefer- und Bezugsverträge von Energien wieder der Schwerpunkt der Kartellrechtspraxis geworden. Denn die durch eine Liberalisierung anzustrebende Marktöffnung wird dadurch unterlaufen, dass die bestehenden Lieferanten ihre Kunden durch die vertraglichen Vereinbarungen weiter an sich binden. Dabei ist bei den vom Lieferanten häufig verwendeten vertraglichen Bestimmungen zu prüfen, ob durch sie die Position des Abnehmers und des konkurrierenden Lieferanten verschlechtert werden kann. In der Vergangenheit bestand eine große Diskussion über die kartellrechtliche Behandlung der langfristigen Bezugsbindungen, der Ausschließlichkeit in der Bezugsvereinbarung und der stillschweigenden Verlängerungsklausel. Eine in der Liefer- und Bezugsbeziehung häufig verwendete Bestimmung ist die sog. „englische Klausel“. Nach der Grundgestaltung der englischen Klausel kann der Abnehmer dem Lieferanten die anderen günstigeren Konkurrenzangebote mitteilen und verlangen, in diese einzutreten. Beim Nichteintritt des Lieferanten ist der Abnehmer nicht mehr an die bestehende Bezugsbindung gebunden, so dass es dem Abnehmer frei steht, vom dritten Lieferanten zu beziehen. Die englische Klausel wurde in der vergangenen Praxis häufig in Verbindung mit der Alleinbezugsbindung häufig verwendet. Im Schrifttum ist die kartellrechtliche Beurteilung der englischen Klausel im Zusammenhang mit Bezugsbindungen bisher noch umstritten. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Alleinbezugsvereinbarung wegen der zusätzlichen Vereinbarung einer englischen Klausel als nicht wettbewerbsbeschränkend bewertet wird, da die englische Klausel den Fremdbezug ermöglicht. Demgegenüber ist es dem eine englische Klausel verwendenden Lieferanten selbst überlassen, ob er die Konkurrenzangebote zulässt. Darüber hinaus erhält der Lieferant den Einblick in die Einzelheiten der Konkurrenzangebote. Die Markttransparenz ist dadurch erhöht. Aus diesem Grund kann die englische Klausel wettbewerbsschädlich sein.
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Einleitung
II. Die bisherige deutsche und europäische Praxis Die kartellrechtliche Behandlung der englischen Klausel ist ein fremdes und neues Thema auf der deutschen kartellrechtlichen Ebene. Die kartellrechtliche Behandlung der englischen Klausel wird bis zum Fall Stadtwerke Krefeld 1 im Jahr 1999 in der deutschen kartellrechtlichen Literatur und Praxis selten erwähnt.2 Dieser Fall ist bisher noch der einzigste Fall in Bezug auf die englische Klausel in der deutschen kartellrechtlichen Praxis.3 Im Jahre 2005 bewertete das Bundeskartellamt in seinem Diskussionspapier „Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“ die Verwendung einer englischen Klausel im Gassektor ausnahmslos als nicht zulässig.4 Im Tätigkeitsbericht 2003/2004 vom 22. 6. 2005 wiederholt das Bundeskartellamt dieselbe Auffassung.5 Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel wird in der deutschen kartellrechtlichen Praxis allmählich erkannt. Aber es fehlt noch an eingehenden und grundlegenden Diskussionen über die kartellrechtliche Behandlung der englischen Klausel, die außerhalb des Energiesektors verwendet wird. Demgegenüber gibt es auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene mehrere lebhafte Diskussionen in Bezug auf die Behandlung der englischen Klausel. Im Jahr 1976 tauchte in der Entscheidung der Kommission Hoffmann-La Roche (Vitamine) die englische Klausel zum ersten Mal in der europäischen Praxis auf.6 Anschließend beschäftigten sich die Gemeinschaftsorgane mit der engli1 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF – Wasser/Abwasser, 2004, S. 2 Stadtwerke Krefeld, abrufbar auch unter oder . Berichtet auch in: Hossenfelder/Töllner/Ost, Kartellrechtspraxis und Kartellrechtsprechung 2004/05, 20. Aufl. 2005, S. 179 f. Vorinstanzlich: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., RdE 2000, S. 83 = ZNER 2000, S. 136 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182. 2 Bis Ende der 90er Jahre wurde die Behandlung der englischen Klausel nach dem deutschen GWB diskutiert nur unter: Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 423 ff.; BKartA, TB 1979/1980 vom 25. 6. 1981, BT-Brucks. 9/565, S. 37 f. 3 In Italien wurde die Verwendung der englischen Klausel durch das Stromversorgungsunternehmen bereits im Jahr 1999 im Fall Unapace/Enel wegen des Verstoßes gegen Art. 82 EGV von der nationalen Kartellbehörde untersagt. Siehe die englischsprachigen Pressemitteilungen der italienischen Kartellbehörde: Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato, Press Release Nr. 17 vom 19. 04. 1999, unter „the Britisch clause“ („clausola inglese“); Press Release Nr. 95 vom 20. 11. 1998, abrufbar unter . Berichtet auch in: OECD, Annual Report on Competition Policy Developments in Italy (1999), S. 1, 8 Tz. 31 f., abrufbar unter . 4 BKartA, Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen, Diskussionspapier vom 25. 1. 2005, S. 15, abrufbar unter . Siehe auch: BKartA, Pressemeldung vom 28. 1. 05, abrufbar unter . 5 BKartA, TB 2003/2004 vom 21. 6. 2005, BT-Brucks. 15/5970, S. 138.
A. Einführung in die Problemstellung
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schen Klausel in den Fällen BP-Kemi/DDSF7, Natriumkarbonat/Solvay8 und Industriegase9. Die durch die englische Klausel entstehenden wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen werden in diesen Rechtssachen aufgrund ihrer spezifischen Sachverhalte ausführlich erläutert. Im Jahr 1972 schrieb die Kommission zum ersten Mal in Art. 2 Abs. 1 (c) der GVO Nr. 2779/72 für Spezialisierungsvereinbarungen vor, dass die Vereinbarung einer englischen Klausel als Anwendbarkeitserfordernis zur Gruppenfreistellungsverordnung gilt, falls die Vertragsparteien einen Alleinbezugsvertrag über die Gegenstände der Spezialisierung vereinbaren wollten.10 Die Kommission führte in ihrer Bekanntmachung zur GVO Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen ausdrücklich aus, dass die Vereinbarung einer englischen Klausel der Gruppenfreistellung nicht entgegenstehe. Die englische Klausel wurde schlechthin von der GVO Nr. 1984/83 erfasst.11 Aber die erwähnte positive Bewertung in Bezug auf die englische Klausel wandelt sich erheblich ab dem Jahr 2000. Denn die Kommission führt in ihren neuen Leitlinien für vertikale Beschränkungen aus, dass die Verwendung einer englischen Klausel eine Erleichterungsmaßnahme für die Kollusion zwischen den Lieferanten darstellen kann.12 Darüber hinaus verzichtet die Kommission in der geltenden GVO Nr. 2658/ 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen darauf, die Vereinbarung einer englischen Klausel als Freistellungsvoraussetzung für die ausschließliche Bezugsbindung vorzuschreiben.13 Solch ein Wandel der Regelungen und des Standpunkts
6 KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Hoffmann-La Roche. 7 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 BP-Kemi/DDSF. 8 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Natriumkarbonat/Solvay. 9 KOM vom 7. 6. 1989, Pressemitteilung IP/89/426, Air Liquide ect., abrufbar unter = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. Siehe auch: KOM vom 18. 1. 2000, EGABl. 2004 L 92/1 Tz. 86 Fn. 26 Air Liquide/BOC. 10 Die EG-Verordnung Nr. 2779/72 vom 21. 12. 1972 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1972 L 292/23. Siehe auch: Art. 2 Abs. 1 (c) der EG-Verordnung Nr. 3604/82 vom 23. 12. 1982 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 376/33; Art. 2 Abs. 1 (b) 2. Halbsatz der EG-Verordnung Nr. 417/85 vom 19. 12. 1984 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1985 L 53/1. 11 Die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 35. Wiederholt in: Kommission, Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, 1997, S. 47 f., Fn. 53, abrufbar unter . 12 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152. 13 EG-Verordnung Nr. 2658/2000 vom 29. 11. 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 304/3.
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Einleitung
der Kommission zeigt, dass nunmehr die Verwendung der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht sorgfältiger geprüft wird.
B. Gegenstand und Ziel der Arbeit Seit der 7. GWB-Novelle im Jahr 2005 unterliegen die Vertikalvereinbarungen dem Kartellverbot sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch im nationalen Kartellrecht. Diese Arbeit beschäftigt sich allein mit der Frage, ob die Verwendung einer englischen Klausel im Bezugsbindungsvertrag durch den Lieferanten gegen das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV und § 1 GWB verstößt und wie sie davon freigestellt werden kann. Diese Arbeit befasst sich nicht mit der Problematik, ob und wie durch die Verwendung einer englischen Klausel in Alleinbezugsvereinbarungen eine Missbräuchlichkeit i. S. d. Art. 82 EGV oder §§ 19 ff. GWB entsteht, so dass sie im Einzelfall untersagt werden könnte. Denn der Normadressat des Art. 82 EGV oder des §§ 19 ff. GWB muss eine marktbeherrschende Stellung innehaben, so dass diese Normen nicht als allgemein anwendbar für alle Unternehmen gelten. Ebenso beschäftigt sich diese Arbeit nicht mit dem Untersagen oder der Genehmigung von Unternehmenszusammenschlüssen in der Fusionskontrolle, falls der an dem Zusammenschluss teilnehmende Lieferant bereits mit seinen Kunden eine englische Klausel vereinbart hat.14 Denn es fehlt begrifflich an einem engen Zusammenhang zwischen dem Unternehmenszusammenschluss und der Vereinbarung einer englischen Klausel. Darüber hinaus wird die Auswirkung einer bestehenden englischen Klausel in dieser Fallkonstellation nur dann geprüft, wenn sich das verwendende Unternehmen mit einem anderen Unternehmen zusammenschließt. Nach dem Inkrafttreten der neuen Durchführungsverordnung VO Nr. 1/2003 im Jahr 2004 wird Art. 81 Abs. 3 EGV in ein System der Legalausnahme umgestaltet. Das Kartellverbot im GWB geht nach der 7. GWB-Novelle auch in ein Legalausnahmesystem über. Die Prüfung der Erfüllung von Freistellungsvoraussetzungen i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV oder § 2 GWB wird den Vertragsparteien überlassen. Bei der Auslegung der entsprechenden Regelungen kann
14 Die Verwendung der englischen Klausel bzw. „meet-or-release clause“ durch einen an dem Zusammenschluss teilnehmenden Lieferanten mit seinen Kunden trat auf im europäischen Fall: KOM EGABl. 2004 L 92/1 Tz. 86 Fn. 26 Air Liquide/BOC und im US-amerikanischen Fall: Degussa Aktiengesellschaft, FTC Dkt. No. C-3813 (19. 6. 1998) (consent order), unter: Complaint, Tz. 19 c, abrufbar unter . Kurzdarstellung zum US-amerikanischen Fall Degussa Aktiengesellschaft siehe: Parker, Trends in Merger Enforcement and Litigation, 1998, unter dem Untertitel , abrufbar unter .
B. Gegenstand und Ziel der Arbeit
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eine Unsicherheit für die Unternehmen dadurch entstehen, dass in Art. 81 EGV oder §§ 1, 2 GWB unbestimmte Begriffe verwendet werden. Ziel der Arbeit ist die Beseitigung von Auslegungsschwierigkeiten und Unklarheiten bei der Verwendung der Verbotsnormen i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder § 1 GWB und der Ausnahmeregelungen i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV oder § 2 GWB, wenn zwischen dem Lieferanten und seinem Abnehmer eine englische Klausel in der Liefer- und Bezugsbeziehung vereinbart wird. Die zu untersuchenden Gegenstände der Rechtsnorm und Praxis sind die europäischen und deutschen Kartellrechte. Nach der Harmonisierung des deutschen Kartellrechts mit dem Gemeinschaftsrecht sind die Tatbestandesmerkmale der Kartellverbotsnorm und der Freistellungsvoraussetzungen in beiden Rechtsnormen fast identisch. Daher ist die vom Gemeinschaftsrecht entwickelte Auslegung für die Anwendung des deutschen Kartellrechts von Bedeutung und unter Umständen auf das deutsche Kartellrecht übertragbar. Eine ähnliche Vertragsgestaltung wie die einer englischen Klausel ist nicht fremd in unserem alltäglichen Leben. Die häufig von Einzelhändlern z. B. Supermärkten verwendete Absatzstrategie „best price policy“ (Bestpreis-Garantie) bzw. „price-matching policy“ (Preiseintritt) ist solch ein Fall.15 Nach dieser Strategie tritt der Einzelhändler in die günstigeren Konkurrenzpreise ein, solange sein Kunde den Prospekt oder Kassenbon des konkurrierenden Einzelhändlers vorlegt. Die Verwendung solch einer Absatzstrategie im Einzelhandelsmarkt löste in den U.S.A. in den 80er Jahren auf der wirtschaftswissenschaftlichen Ebene auch zahlreiche Diskussionen darüber aus, ob sie als Erleichterungsmaßnahme für die Kollusion zwischen den Einzelhändlern bewertet werden soll. Diese Arbeit beschäftigt sich jedoch nicht mit der erwähnten Absatzstrategie durch die Einzelhändler. Einerseits ist der Kunde eines Einzelhändlers norma15 Beispielhaft dafür ist die vom Supermarkt Wal-Mart verwendete Strategie. Im wöchentlichen Katalog vom Supermarkt Wal-Mart Germany findet sich immer solch ein Text: „Preisgarantie: Markenartikel woanders günstiger? Wir geben Ihnen den gleichen Preis! Ausgenommen sind Internetpreise.“ Siehe: Wal-Mart Katalog, 22. 8. 05 – 27. 8. 05, S. 1, oder . Das Beispiel vom Supermarkt Wal-Mart wird auch erwähnt in: Hovenkamp, Federal Antitrust Policy: the law of competition and its practice, 2. Aufl. 1999 (St. Paul, West Group), S. 184. Dies wird auch als „We will not be undersold“ advertising („wir werden nicht unterboten werden“-Werbung) oder „advertised offers to meet or beat any competitor’s price“ bezeichnet. Andere häufig erschienene Beispiele in Deutschland sind die Verwendung solch einer Strategie durch Online-Reisebüros, z. B. , oder Online-Buchung des Hotels, z. B. ; .
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Einleitung
lerweise ein Endverbraucher und daher kein Unternehmen i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder § 1 GWB, so dass keine dem Kartellverbot unterliegende Vereinbarung zwischen diesem Einzelhändler und seinem Kunden vorliegt. Andererseits ist die Geschäftsbeziehung zwischen dem Einzelhändler und seinem Kunden nur ein einmaliges Geschäft. Eine Bezugsbindung zwischen dem Einzelhändler und seinem Kunden liegt nicht vor. Solch eine Absatzstrategie gegenüber dem Endverbraucher unterscheidet sich begrifflich von der englischen Klausel.
C. Gang der Darstellung Die Arbeit gliedert sich in 6 Teile. In Teil 1 wird zunächst der Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre betriebswirtschaftlichen und wettbewerbspolitischen Vorteile dargestellt, da die Vereinbarung einer englischen Klausel in der Praxis eine Bezugsbindung – häufig in Form einer ausschließlichen Bezugsbindung – voraussetzt. Anschließend werden der Begriff „englische Klausel“, ihre Merkmale, Rechtsfolgen, Erscheinungsformen und die Abgrenzung von ähnlichen Begriffen dargestellt. Der Ursprung der Bezeichnung „englische Klausel“ und die anderen Bezeichnungen in den Wirtschaftswissenschaften werden auch dargestellt. In Teil 2 erfolgt zuerst die Darstellung der aus der englischen Klausel entstehenden Vorteile aus der Sicht des Abnehmers und der des Lieferanten. Anschließend werden die wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegen die englische Klausel präzisiert. Der funktionelle Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag wird auch dargestellt. Teil 3 wendet sich zuerst der Entwicklung der betreffenden wettbewerbsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die englische Klausel im Gemeinschaftsrecht zu. Sowohl die außer Kraft gesetzten als auch die geltenden GVOen und ihre Leitlinien oder Bekanntmachungen werden einbezogen. Anschließend werden ein Überblick und eine Analyse über die vergangene Spruchpraxis der englischen Klausel in den Gemeinschaftsorganen gegeben, um dadurch eine Untersuchung ihres wettbewerbsbeschränkenden Charakters und ihrer Freistellungsmöglichkeit in den folgenden Teilen zu ermöglichen. In Teil 4 beginnen die Analyse und die wettbewerbsrechtliche Behandlung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV. Zunächst wird die Frage behandelt, ob die Vereinbarung einer Bezugsbindung und einer englischen Klausel zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer als eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bewertet werden kann. Bei der Beurteilung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters einer englischen Klausel werden das Eintrittsrecht des Lieferanten, die Auflockerungswirkung und die Offenlegungspflicht des Abnehmers einbezogen. Die Anwendbarkeit der engli-
C. Gang der Darstellung
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schen Klausel auf das Kartellverbot wird anschließend auch unter Einbeziehung der Spürbarkeit, der Bündeltheorie und der Tatbestandsrestriktion geprüft. In Teil 5 wird untersucht, ob die Vereinbarung einer englischen Klausel vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV freigestellt werden kann. Zuerst werden der Einfluss des Systemwechsels des Art. 81 Abs. 3 EGV durch die VO Nr. 1/2003 und das Verhältnis der Gruppenfreistellung zur Legalausnahme dargestellt. Daran schließt sich die Untersuchung an, ob die englische Klausel die einzelnen Freistellungsvoraussetzungen in der GVO 2790/1999 und im Art. 81 Abs. 3 EGV erfüllen kann. Die Freistellungsmöglichkeit gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV wird nach den Voraussetzungen „Herbeiführung der Effizienzgewinne“, „angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn“, „Unerlässlichkeit“ und „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ präzisiert. In Teil 6 ist zunächst den Regelungen des deutschen Kartellrechts über vertikale Vereinbarungen vor und nach der 7. GWB-Novelle vergleichend nachzugehen. Das Verhältnis des nationalen Kartellrechts zum Gemeinschaftsrecht, der Hintergrund und die Folge der 7. GWB-Novelle werden dargestellt. Anschließend erfolgt die Darstellung der Beurteilung der englischen Klausel nach dem deutschen Kartellrecht vor und nach der 7. GWB-Novelle. Weiterhin wird die Übertragbarkeit der nach den Voraussetzungen im Gemeinschaftsrecht ergebenden Beurteilungskriterien auf das deutsche Recht erarbeitet. Am Ende erfolgen der Blick und die Analyse auf die bisherige deutsche Praxis bezüglich der Verwendung der englischen Klausel in den Liefer- und Bezugsbeziehungen. Sowohl die junge Stellungnahme des Bundeskartellamts im Diskussionspapier „kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“ im Jahr 2005 als auch die bisher einzige gerichtliche Praxis Stadtwerke Krefeld im Jahr 2003 werden in diesen Teil mit einbezogen. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst.
Teil 1
Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel Die englische Klausel wird häufig mit einer Alleinbezugsbindung verbunden. Damit die Alleinbezugsbindung kein leerer Begriff bleibt, sind zunächst die Charakteristik der Alleinbezugsbindung, ihre Abgrenzung von anderen ähnlichen ausschließlichen Bindungen und die dadurch entstehenden Vorteile voranzustellen. Anschließend werden der Begriff „englische Klausel“, ihre Merkmale, Erscheinungsformen und die Abgrenzung von ähnlichen Begriffen dargestellt.
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile I. Charakteristik der Alleinbezugsbindung 1. Ausschließlichkeitsbindung Die Alleinbezugsbindung ist eine der typischen Erscheinungsformen der Bezugsbindung. Der Begriff „Alleinbezugsbindung“ wird dadurch gekennzeichnet, dass der Abnehmer verpflichtet ist, die Vertragsgegenstände nur von seinem Vertragspartner, d.h. Lieferanten, zu beziehen.1 Nach dieser Definition hat der Begriff „Alleinbezug“ die absolute Ausschließlichkeitsbindung eines Abnehmers zum Inhalt. Häufig wird die Alleinbezugsbindung auch als „ausschließliche Bezugsbindung“ oder „Exklusivbezug“ bezeichnet. In der EG-GVO Nr. 2790/1999 für die vertikalen Vereinbarungen und ihren Leitlinien wird der Begriff „Alleinbezugsbindung“ dem Oberbegriff „Wettbewerbsverbot“ oder „Markenzwang“ („single branding“) untergeordnet.2
1 Art. 1 der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum europäischen Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 2003, Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 140. 2 Art. 1 (b) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. 2000 C 291/1, Tz. 106.
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile
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Die Ausschließlichkeit kann in den Bezugsverträgen positiv (Alleinbezugspflicht; Gesamtbedarfsdeckungsverpflichtung) oder negativ (Fremdbezugsverbot) formuliert werden.3 Selbst wenn die Ausschließlichkeit nicht in Form der rechtlichen Verpflichtung erscheint, kann diese durch die Schaffung des wirtschaftlichen Anreizes erzielt werden. Zur Durchsetzung einer solchen ausschließlichen Bezugsbindung können wirtschaftliche Vor- oder Nachteile wie Erteilung oder Entzug von Treuerabatten, Auferlegung einer Vertragsstrafe, Lieferungsbruch u.s.w., vereinbart werden. 2. Wettbewerbsverbot Der Begriff „Wettbewerbsverbot“ zeichnet sich ursprünglich dadurch aus, dass sich der Abnehmer verpflichtet, Vertragsgegenstände oder mit diesen im Wettbewerb stehende Waren nicht selbst herzustellen, zu verwenden oder zu vertreiben.4 Solche Verpflichtungen können faktisch wie ein Fremdbezugsverbot wirken, selbst wenn sie nur die Herstellung und den Vertrieb der konkurrierenden Waren verbieten.5 Daher kann das Wettbewerbsverbot nach dem im Wirtschaftsleben üblichen Verständnis auch zur Alleinbezugspflicht gehören.6
II. Abgrenzungsfragen Die Alleinbezugspflicht ist begrifflich von anderen ausschließlichen Bindungen zu unterscheiden. Dies schließt nicht aus, dass in einer Liefer- und Bezugsbeziehung gleichzeitig eine Alleinbezugspflicht und eine Alleinbelieferungsoder Alleinvertriebspflicht von den Vertragsparteien vereinbart werden. 1. Die Abgrenzung zur Alleinbelieferungspflicht Die Alleinbelieferungspflicht zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Lieferant verpflichtet, nur an einen Abnehmer zu liefern.7 Die Alleinbelieferungs3 Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 66; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GWB, Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl. 2001, § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 45. 4 Art. 2 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen; Art. 1 (b) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 5 Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 1458. 6 KOM EGABl. 1983 L 351/20 Tz. 15 Schlegel/CPIO; EuGH Slg. 1981, S. 851, Tz. 12 Lab; KOM EGABl. 1978 L 53/20 Tz. 12 Gewürze. 7 Schultze/Pautke/Wagener, Die GVO für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 1 Rdnr. 80; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 140.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
pflicht kann sowohl in industriellen Lieferverträgen (industrial supply) als auch in Vertriebsverträgen gefunden werden.8 Daher unterliegt der Lieferant einer Ausschließlichkeitsbindung in der Alleinbelieferungsvereinbarung. Hingegen unterliegt der Abnehmer einer Ausschließlichkeitsbindung in den Alleinbezugsvereinbarungen. 2. Die Abgrenzung zur Alleinvertriebsvereinbarung a) Absolute Ausschließlichkeit der Alleinbezugsvereinbarung Wenn die Alleinbelieferungspflicht des Lieferanten zum Zweck des Weiterverkaufs vereinbart wird, wird sie als Alleinvertriebsvereinbarung bezeichnet.9 Unter der Alleinvertriebsvereinbarung beschränkt sich die Alleinbelieferungspflicht des Lieferanten üblicherweise nur auf das Vertragsgebiet, solange die Vertragsparteien keine absolute Ausschließlichkeit (wie Weltvertriebsrechte) in Lieferverträgen vereinbart haben.10 Daher kann der Lieferant unter der Alleinvertriebsvereinbarung außerhalb des Vertragsgebiets einen anderen Vertriebshändler beliefern. Demgegenüber ist die Alleinbezugspflicht regelmäßig absolut vereinbart. Der Abnehmer darf unter der Alleinbezugspflicht nur bei seinem Vertragspartner bzw. Lieferanten beziehen, so dass sich die Bezugsbindung des Abnehmers nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt. Trotzdem kann von den Vertragsparteien vereinbart werden, dass sich der Abnehmer nur für bestimmte Standorte verpflichtet, ausschließlich bei einem bestimmten Lieferanten zu beziehen, so dass die Alleinbezugspflicht territorial gestaltet werden kann.11 b) Kein Schutz vor intra-brand-Wettbewerb für den Alleinbezugsabnehmer Da der Lieferant der Alleinvertriebsvereinbarung die Vertragsgegenstände im Vertragsgebiet nicht an die anderen Wettbewerber des Abnehmers liefern darf, wird der Abnehmer vor dem intra-brand-Wettbewerb, d.h. dem markeninternen Wettbewerb seitens derselben Vertragsgegenstände, geschützt.12 Im Gegensatz 8 Art. 1 (c) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. 2000 C 291/1, Tz. 202. 9 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, 1997, Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 160 f.; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. 2000 C 291/1, Tz. 161. 10 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 128; Schultze/Pautke/Wagener, Art. 1 Rdnr. 82. 11 Schultze/Pautke/Wagener, Art. 1 Rdnr. 82. 12 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 128, 142.
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile
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dazu bleibt der Lieferant in den Alleinbezugsvereinbarungen berechtigt, die Vertragsgegenstände an andere Abnehmer zu liefern, solange nicht gleichzeitig eine Alleinbelieferungspflicht vereinbart wird. In den Alleinbezugsvereinbarungen ist der Abnehmer grundsätzlich nicht vor dem Wettbewerb anderer Abnehmer geschützt, wenn dem Abnehmer kein exklusives Vertriebsgebiet zugewiesen wird.13 c) Keine räumliche Beschränkung für den Alleinbezugsabnehmer in Bezug auf den Weiterverkauf Außerdem wird die Absatzaktivität des Abnehmers in den Alleinvertriebsvereinbarungen häufig dadurch beschränkt, dass er sich zudem verpflichtet, außerhalb seines Vertragsgebiets keinen aktiven Verkauf zu betreiben.14 Im Gegensatz dazu wird die Absatzaktivität des Abnehmers in den Alleinbezugsvereinbarungen nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt. Der Abnehmer unterliegt keinen räumlichen Beschränkungen für den Weiterverkauf.15
III. Erscheinungsformen der Bezugsbindung 1. Die Teilbedarfsdeckungspflicht Der Kern einer Alleinbezugspflicht ist die Gesamtbedarfsdeckungspflicht oder das Fremdbezugsverbot. Der Abnehmer verpflichtet sich, 100% seines Bedarfs nur bei seinem Vertragspartner zu decken, so dass ein Fremdbezug ausgeschlossen ist. Demgegenüber zeichnet sich die Teilbedarfsdeckungspflicht dadurch aus, dass der Abnehmer nur einen Teil seines Gesamtsbedarfs bei dem Lieferanten beziehen muss. Eine Teilbedarfsdeckungspflicht kann positiv – wie die Festsetzung eines Mindestbezugteils – oder negativ – wie die Festsetzung einer prozentualen Beschränkung für den Fremdbezug – formuliert werden. Daher ist der Kern einer Teilbedarfsdeckungspflicht eine Fremdbezugsbeschränkung. Die Bezugspflicht des Abnehmers besteht nur in dem vereinbarten Teil, so dass der Abnehmer noch mehr oder weniger bei dritten Lieferanten beziehen kann.16
13 Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 117; Rahlmeyer in: Martinek/Semler (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts, 1. Aufl. 1996, § 30 Rdnr. 10. 14 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 138; Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 114; Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. 2000 C 291/1, Tz. 161. 15 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 141; Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 117. 16 KOM EGABl. 1980 L 260/24 Tz. 50 National Sulphuric Acid Association.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
Begrifflich unterscheidet sich die Teilbedarfsdeckungspflicht von der Alleinbezugspflicht. Trotzdem kann die Teilbedarfsdeckungspflicht des Abnehmers kartellrechtlich der Alleinbezugspflicht gleichgestellt werden, wenn der wesentliche Teil seines Bedarfs an bestimmten Vertragsgegenständen bei einem Lieferanten gedeckt werden muss, so dass der verbleibende mögliche Fremdbezug nicht ins Gewicht fällt.17 Solch eine Teilbedarfsdeckungspflicht wird in der Literatur auch als „Quasi-Alleinbezugspflicht“ oder „faktisches Wettbewerbsverbot“ bezeichnet.18 2. Mindestabnahmeverpflichtung Die Mindestabnahmeverpflichtung zeichnet sich dadurch aus, dass der Abnehmer sich verpflichtet, zumindest eine bestimmte Menge beim Lieferanten zu beziehen. Sie lässt dem Abnehmer einen gewissen Raum, bei einem dritten Lieferanten zu beziehen. Der Charakter des Markenzwangs zeichnet sich sowohl durch die Alleinbezugspflicht als auch durch die Mindestabnahmeverpflichtung aus, da die Bestellungen des Abnehmers auf einen Lieferanten konzentriert werden.19 Daher konstituiert die Pflicht zur Mindestabnahme auch eine wettbewerbsbeschränkende Bezugsbindung.20 Sie stellt eine schwächere Form der Ausschließlichkeit dar. Eine Mindestabnahmeverpflichtung des Abnehmers kann sich im Einzelfall wie eine Alleinbezugspflicht auswirken, wenn die festgesetzte Menge an den Gesamtbedarf oder dessen wesentlichen Teil anknüpft.21 Dies führt dazu, dass der Abnehmer ganz auf die Waren von anderen Lieferanten verzichten muss. Daher ist die Mindestabnahmeverpflichtung unter diesen Umständen einer Alleinbezugspflicht gleichgestellt.22
17 Grundlegend ebenso: Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 13, 15; Gleiss/Hirsch, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 1477; Rahlmeyer in: Martinek/Semler (Hrsg.), § 30 Rdnr. 13, 216; siehe auch: KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 68 BPKemi/DDSF. 18 Gleiss/Hirsch, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 1477; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 14 Rdnr. 50. 19 EG-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 106. 20 EG-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 106 f.; KOM EGABl. 1984 L 207/26 Tz. 3.1 Carlsberg; KOM EGABl. 1994 L 309/24 Tz. 21 Olivetti-Digital; siehe auch: Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 143. 21 Gleiss/Hirsch, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 1482; Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 19. 22 In der GVO Nr. 1270/99 für vertikale Vereinbarungen werden die Mindestabnahmeverpflichtung und die Alleinbezugspflicht gemeinsam in der GVO geregelt, wenn die vereinbarte Abnahmemenge des Abnehmers 80% seines Einkaufswerts des vorhe-
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile
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3. Langfristige Bezugsbindung Durch den Abschluss eines langfristigen Bezugsbindungsvertrages verpflichtet sich der Abnehmer, für einen langen Zeitraum bei demselben Lieferanten zu beziehen. Solange die langfristigen Bezugsverträge keine Ausschließlichkeit zum Gegenstand haben, fallen sie nicht unter den Begriff „Alleinbezug“. Der Abnehmer ist noch in der Lage, die mit dem Vertragsgegenstand im Wettbewerb stehenden Waren bei dritten Lieferanten zu beziehen. Bei jedem einmaligen oder kurzfristigen Bezugsvertrag tritt ein Verdrängungseffekt auf, da der Abnehmer durch die Deckung seines Bedarfs nicht auf dem Markt als Nachfrager tätig sein kann. Aber der Markt bleibt noch offen, da ein dritter Lieferant immer wieder die Chance hat, sein Angebot vor Abschluss solch eines Vertrags abzugeben. Demgegenüber kann eine Bezugsbindung kartellrechtlich relevant sein, wenn sich der Abnehmer einer unverhältnismäßig langen Bezugsbindung unterwirft.23 Denn solch eine langfristige Bezugsbindung führt zu einer Beeinträchtigung der Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten und einer Verhinderung der Fremdbezugsmöglichkeit des Abnehmers.24 Sie kann sich sogar wie eine Ausschließlichkeitsbindung auswirken.25 Daher kann die langfristige Bezugsbindung als Einschränkung des Absatzes i. S. d. Art. 81 Abs. 1 lit. b EGV angesehen werden, insbesondere wenn sie zu einer Marktsperrwirkung durch die Verpflichtung der Mindestabnahmemenge oder Teilbedarfsdeckung führt.26 4. Verwendungsbeschränkung Der Begriff „Verwendungsbeschränkung“ zeichnet sich dadurch aus, dass in Bezug auf die Verwendung der gelieferten Vertragsgegenstände Beschränkungen
rigen Kalenderjahres überschreitet. Siehe: Art. 1 (b) der EG-Verordnung Nr. 2790/ 1999 vom 22. 11. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 23 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 111; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 60 BP-Kemi/DDSF. 24 KOM EGABl. 1986 L 348/50 Tz. 64 MELDOC; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 60 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 7. 12. 1979, EGABl. 1980 L 39/64 Tz. 21 f. Rohrzuckerlieferungen; siehe auch: von Stoephasius in: Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 338; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.) Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 142; Roth/Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 232. 25 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 111; Emmerich, Langfristige Liefer- und Bezugsverträge im europäischen Kartellrecht, in: FS Koppensteiner, 2001, S. 351, 362. 26 von Stoephasius in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 336; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 143.
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vereinbart werden.27 Daher ist eine Ausschließlichkeit begrifflich nicht von vornherein erforderlich.28 Trotzdem überschneidet sich eine Verwendungsbeschränkung mit der Alleinbezugspflicht, wenn sich der Abnehmer beim Einkauf der Vertragswaren verpflichtet, nur die Ersatzteile von bestimmten Lieferanten (Originalersatzteile) zu verwenden.29 Unter diesen Umständen ist die Fremdbezugsmöglichkeit ausgeschlossen. Eine so geartete Verwendungsbeschränkung tritt insbesondere in der KfzBranche auf. Ein Kraftfahrtzeuglieferant verpflichtet häufig die Händler, dass sie bei der Reparatur nur die von ihm gelieferten Originalersatzteile verwenden dürfen.30 Sowohl die Verwendung der aus anderen Quellen bezogenen Originalersatzteile als auch die Verwendung von qualitativ gleichwertigen Ersatzteilen werden dadurch verhindert.31 Daher ist es für die Händler unvermeidbar, die Ersatzteile ausschließlich beim Kraftfahrtzeuglieferanten zu beziehen.
IV. Betriebswirtschaftliche und wettbewerbspolitische Vorteile einer Alleinbezugsbindung Auf den ersten Blick scheint eine Alleinbezugsbindung wettbewerbsschädlich zu sein, da sie die Fremdbezugsmöglichkeit des Abnehmers ganz oder überwiegend ausschließt und seine Handlungsfreiheit einschränkt. Der Abnehmer ist dadurch an den Lieferanten gebunden. Damit werden auch die Marktzutrittsschranken für dritte Lieferanten künstlich errichtet. Trotzdem ergeben sich aus der Alleinbezugsbindung auch Vorteile, da sich solch eine Alleinbezugsbindung effizienzfördernd auswirken kann.32 Mit den daraus resultierenden Rationalisierungsvorteilen ermöglicht die Alleinbezugsvereinbarung dem Markteintrittswilligen auf dem neuen Markt Fuß zu fassen. Daher ist eine Alleinbezugsbindung auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht begrüßenswert und wettbewerbspolitisch positiv zu beurteilen.
27 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 59. 28 Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 128; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 38. 29 Zum GWB siehe: Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 41. 30 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 40; Bechtold, GWB, 3. Aufl. 2002, § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 9. 31 Art. 4 Abs. 1 (k) der EG-Verordnung Nr. 1400/2002 vom 31. 7. 2002 für die vertikalen Vereinbarungen im Kraftfahrzeugsektor, EGABl. L 203/30. 32 Im Einzelnen: Mitteilung der Kommission über die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf vertikale Beschränkungen (Konkrete Vorschläge im Anschluss an das Grünbuch), EGABl. 1998 C 365/3, 12 f. Tz. 3.1., 3.4.; EG-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 115 ff.
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1. Rationalisierungsvorteil: Verringerung der Transaktionskosten; Skalenvorteile Ein Rationalisierungsvorteil entsteht dadurch, dass die Vertragspartner durch Alleinbezugsbindungen die Vertriebskosten senken.33 Denn eine über einen einmaligen Kaufvorgang hinausgehende Bezugsbeziehung verringert die Transaktionskosten zwischen Vertragspartnern.34 Diese Wirkung verstärkt sich durch die ausschließliche Bezugsbindung, da die Ausschließlichkeit zur quantitativen Vergrößerung der Bestellung führen kann. Skalenvorteile (Größenvorteile; economies of scale) ergeben sich daraus, dass sich mit steigender Bestellung die Durchschnittskosten verringern. Auch werden Einsparungen durch den Lernprozess (learning ecomomies) erzielt. Mit der vorher gewonnenen Erfahrung wird der Produktionsprozess effizienter gestaltet.35 Eine dauerhafte Liefer- und Bezugsbeziehung dient dem Erreichen dieser Vorteile. Diese Kostenersparnisse und die entsprechenden Effizienzgewinne können an nachgelagerte Händler und Verbraucher weitergegeben werden. 2. Sicherung der Absatzkanäle Mit der Alleinbezugsbindung ist der Abnehmer verpflichtet, seinen gesamten oder überwiegenden Bedarf am Vertragsgegenstand für eine bestimmte Zeit beim Vertragspartner zu decken. Dadurch kann der Lieferant seine Absatzwege dauerhaft sichern.36 Mit Hilfe der Ausschließlichkeit ist er vor dem Wettbewerb seitens des dritten Lieferanten geschützt. Daher gewährleistet die Alleinbezugsbindung dem Lieferanten eine Mindestexistenzgrundlage, so dass die wettbewerbliche Marktstruktur verstärkt wird. 3. Zukünftige Absatzplanung und logistische Einsparung Durch die Schaffung eines stabilen Absatzes aufgrund der Alleinbezugsbindungen kann der Lieferant für zukünftige Beschaffung, Herstellung oder Absatz präzise im voraus rechnen und planen. Die Risiken von Marktschwankungen werden dadurch begrenzt.37 Die logistische Ungewissheit und der Druck des Lagerbestandes werden dadurch auch reduziert. Denn mit Hilfe eines stabilen 33 Kommission, Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, 1997, Tz. 125; Erwägungsgrund (5) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 34 Kommission, Grünbuch, 1997, Tz. 56. 35 Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, EUABl. C 101/97 Tz. 66. 36 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Fallgruppen Rdnr. 141.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
Absatzes ist der Lieferant in der Lage zu kalkulieren, wann die Vorprodukte zu bestellen oder Vertragsprodukte herzustellen sind. Dadurch werden die Lagerkosten erheblich eingespart. 4. Eindringen in neue Märkte Die Alleinbezugsbindung kann für einen Lieferanten marktzutrittsrelevant sein. Keine der Vertragsparteien der vertikalen Vereinbarungen hat eine umfassende Kenntnis von der Tätigkeit der anderen Partei. Daher ist es notwendig, diese Aufgabe zwischen Lieferanten und Abnehmern aufzuteilen.38 Eine Alleinbezugsvereinbarung dient solch einer Zusammenarbeit. Denn eine Alleinbezugspflicht zwingt den Abnehmer, seine Vertriebsbemühung auf den Vertragsgegenstand zu konzentrieren.39 Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Marken wird dadurch gestärkt. Der Abnehmer übernimmt auch Kundendienst und Lagerhaltung für seine Lieferanten. Der Lieferant konzentriert sich daher auf die Herstellung und Verteilung der Waren. Dies ermöglicht dem Lieferanten, in die neuen Märkte einzudringen.40 5. Verstärkung der Investitionen des Lieferanten Als Gegenleistung für eine Alleinbezugspflicht verpflichtet sich der Lieferant, auf eigene Kosten in die Struktur des Vertriebsnetzes zu investieren und die Vermarktungsaktivität zu fördern. Daher erleichtert die Alleinbezugsvereinbarung die Absatzförderungspflicht des Abnehmers und führt zu einer intensiven Pflege des Marktes.41 Von einem daraus resultierenden rascheren und bequemeren Bezug profitieren auch die Verbraucher.42 Darüber hinaus investiert der Lieferant auch in vertragsspezifische Spezialausrüstungen oder Schulungen für sich selbst oder für seine Abnehmer. Wegen der Irreversibilität der Investitionen werden solche Aufwendungen als „sunk costs“ (versunkene Kosten) oder „hold-up-Probleme“ (Geiselnahme) bezeichnet. Eine ausschließliche Bezugsvereinbarung ist daher erforderlich, da der Lieferant 37 Erwägungsgrund (5) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 38 Kommission, Grünbuch, 1997, Tz. 56. 39 Erwägungsgrund (7) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 40 Kommission, Grünbuch, 1997, Tz. 125; Erwägungsgrund (6) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 41 Erwägungsgrund (6) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 42 Erwägungsgrund (7) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983, EGABl. L 173/5; Kommission, Grünbuch, 1997, Tz. 56.
A. Zum Begriff der Alleinbezugsbindung und ihre Vorteile
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damit seine Investitionen durch die Bezugsbindung über den Verkaufspreis amortisieren kann.43 Eine Ausschließlichkeit verstärkt den Investitionsanreiz des Lieferanten, da sie eine schnellere Amortisation ermöglicht. 6. Lösung der Trittbrettfahrerprobleme Die Investitionen in Verkaufsstätte ist für den Abnehmer von Bedeutung, da diese der Sicherung der Attraktivität für seine Kunden dienen. Ein Lieferant nimmt für den Abnehmer auch Investitionen in seiner Räumlichkeit vor. Der Lieferant fördert finanziell oder materiell die Errichtung, die Modernisierung, die Erhaltung und sogar den Betrieb von Verkaufsstätten. Aber solche Verkaufsförderungen sind häufig allgemein und nicht markenspezifisch, so dass ein Trittbrettfahrerphänomen (free-rider) zwischen verschiedenen Lieferanten auftreten kann, falls der Abnehmer mit diesen ihm zur Verfügung stehenden Förderungen auch für dritte im Wettbewerb stehende Lieferanten vertreibt. Dies führt dazu, dass der Einsatz des Lieferanten zugunsten seiner Wettbewerber genutzt wird, so dass sein Anreiz zur Investition gemindert würde. Die Alleinbezugsbindung kann ein solches Problem lösen oder zumindest begrenzen.44
V. Zusammenfassung Durch die Vereinbarung einer Alleinbezugsbindung, einer Teilbedarfsdeckungspflicht oder einer Mindestabnahmeverpflichtung wird der Abnehmer im gewissen Ausmaß davon abgehalten, seinen Bedarf beim dritten Lieferanten zu decken. Demgegenüber ermöglichen solche Bezugsbindungen auch die Entstehung der Skalenvorteile und der Absatzplanung. Der Abnehmer wird gezwungen, sich um die Absatzaktivität zu bemühen. Der Anreiz des Lieferanten zur kundenspezifischen Investition wird auch verstärkt, da die Trittbrettfahrerprobleme und hold-up-Probleme durch die Bezugsbindung gelöscht oder begrenzt werden. Dadurch können die Effizienzgewinne entstehen, so dass die Bezugs-
43 EG-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 116 (4); Mitteilung der Kommission über die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf vertikale Beschränkungen (Konkrete Vorschläge im Anschluss an das Grünbuch), EGABL 1998 C 365/3, 13 Tz. 3.4. 44 Erwägungsgrund (15) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983, EGABl. L 173/5; EG-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 116 (1); Mitteilung der Kommission über die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf vertikale Beschränkungen (Konkrete Vorschläge im Anschluss an das Grünbuch), EGABL 1998 C 365/3, 12 Tz. 3.1. In diesem Sinne auch: BKartA, Wettbewerbsschutz und Verbraucherinteressen im Lichte neuerer ökonomischer Methoden, Diskussionspapier vom 27. 9. 2004, S. 16 f., abrufbar unter .
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
bindungen betriebswirtschaftlich und wettbewerbspolitisch auch positiv bewertet werden können.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale I. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Bezeichnungen 1. Zum Begriff der englischen Klausel Wie erwähnt, wird im Zusammenhang mit einer Alleinbezugsvereinbarung häufig auch eine sog. englische Klausel, die dem Wirtschaftsleben geläufig ist, zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Nach der englischen Klausel kann der Abnehmer günstigere Angebote anderer konkurrierender Lieferanten seinem Lieferanten mitteilen und ihn auffordern, in dieselbe Bedingung einzutreten. Wenn der Lieferant dieser Aufforderung nicht nachkommt, steht es dem Abnehmer frei, in Abweichung von der ausschließlichen Bezugspflicht bei anderen Lieferanten zu beziehen, ohne Treuerabatte zu verlieren oder andere Nachteile wie einen Lieferungsabbruch zu erleiden.45 Mit anderen Worten führt eine Verweigerung des Eintritts in das konkurrierende Angebot dazu, dass dem Abnehmer ein Fremdbezug zusteht. Dadurch wird der Abnehmer nicht mehr abnahmepflichtig.46 Der Kern der englischen Klausel in den Bezugsverträgen ist eine Sonderform der Anpassungsklausel, die an eine Ausstiegsklausel angeknüpft wird. Die Vertragsanpassungs- oder Ausstiegsmöglichkeit entsteht nur dann, wenn ein günsti-
45 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 102 Hoffmann-La Roche; die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 35; Art. 8 Abs. 2 (b) Alt. 1 der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. Kommission, Definition, in: Glossary of Terms used in Competition related matters, 2003, abrufbar unter . Im extremen Fall kann der Lieferant den Vertrag kündigen, wenn er nicht in die günstigeren Preise eintreten will. Siehe: KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 28 f) BPKemi/DDSF; KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 14 Natriumkarbonat/Solvay. 46 Der Beispieltext findet sich in: Tietz, Der Gruppenwettbewerb als Element der Wettbewerbspolitik – Das Beispiel der Automobilwirtschaft, 1981, S. 336, Nr. 2; Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 423; Salop, Practices that (Credibly) Facilitate Oligopoly Co-ordination, in: Stiglitz/Mathewson (Hrsg.), New Developments in the Analysis of Market Structure – Proceedings of a conference held by the International Economic Association in Ottawa, Canada, 1986 (London, Macmillan), S. 265, 280.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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geres Konkurrenzangebot nachträglich auf dem Markt auftritt. Dadurch grenzt sich die englische Klausel von den meisten ähnlichen Begriffen ab. 2. Zur Bezeichnung „englische Klausel“ a) Der Ursprung der Bezeichnung „englische Klausel“ im Gemeinschaftsrecht aa) Der Fall Vitamine (1976) der Kommission Die Fallkonstellation von englischen Klauseln im Gemeinschaftsrecht kann auf die Spruchpraxis Vitamine der Kommission im Jahr 1976 (später HoffmannLa Roche des EuGH im Jahr 1979) zurückgeführt werden. Die Bezeichnung „englische Klausel“ (the English clause; la clause anglaise) findet ihre Wurzel auch in diesem Fall, da dort diese Bezeichnung zum ersten Mal in der europäischen Rechtspraxis auftrat.47 Ein früherer Auftritt der Bezeichnung „englische Klausel“ ist in der juristischen Literatur und Praxis nicht gefunden worden. Nachdem die Bezeichnung „englische Klausel“ im Fall Vitamine im Jahr 1976 zum ersten Mal auftrat, ist eine solche Bezeichnung ständig von der Kommission, dem EuG und EuGH verwendet worden.48 Seitdem übernimmt die deutschsprachige49 und englischsprachige50 Literatur bezüglich des Gemeinschaftsrechts auch solch eine Bezeichnung. Der dritte konkurrierende Lieferant 47 KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. L 223/27 Tz. 11, 22 ff. Vitamine; später: EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461, 468 unter D. 3. Hoffmann-La Roche. 48 EuGH Slg. 1979, S. 461, 468, 544 ff. Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 28, 62 ff. BP-Kemi/DDSF; Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1989, Tz. 62 Industriegase; KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/ Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 1991 L 152/40 Tz. 13 Soda/ICI (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901); EuG Slg. 1995 II, 1847, Tz. 16 ICI; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 112 Natriumkarbonat/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/33 Tz. 56 Natriumkarbonat/ICI; KOM EGABl. 2004 L 92/1 Tz. 86 Fn. 26 Air Liquide/BOC. 49 Mailänder in: GK, 3. Aufl. 1978, Art. 86 EGV (a. F.) Tz. 61; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 3. Aufl. 1978, Art. 86 EGV (a. F.) Rdnr. 79; Langen/Niederleithinger/Ritter/Schmidt, Kommentar zum Kartellgesetz, 6. Aufl. 1982, § 18 GWB (a. F.) Rdnr. EG 207, § 22 GWB (a. F.) Rdnr. EG 148; Schröter in: von der Groeben/von Boeckh/Thiesing/Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EGW-Vertrag, 3. Aufl. 1983, Art. 86 EGV (a. F.) Rdnr. 56; Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. I., 1983, S. 654; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 177; Möschel in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 86 EGV (a. F.) Rdnr. 197. Siehe auch: Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 423. 50 Bellamy/Child, Common Market Law of Competition, 4. Aufl. 1993 (London, Sweet & Maxwell), S. 456 Fn. 25, 485, 626; Godyer, EC Competition Law, 3 Aufl. 1998 (Oxford, Oxford University Press), S. 206 Fn. 43; Faull/Nikpay, The EC Law of Competition, 1999 (Oxford, Oxford University Press), S. 164 Tz. 3.192, S. 491 Tz. 7.170; Coleman/Grenfell, The Competition Act 1998, law and practice, 1999 (Oxford,
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
in dieser Fallkonstellation wird auch in der Literatur als „englische Partei“ bezeichnet.51 bb) Andere Bezeichnung in der gemeinschaftsrechtlichen Rechtspraxis – „Wettbewerbsklausel“ und „Vorzugsklausel“ Andere Bezeichnungen für dieselbe Fallgestaltung sind auch in der Praxis der Gemeinschaftsorgane vorhanden. Die Bezeichnungen wie „Wettbewerbsklausel“ (the competition clause; la clause de concurrence)52 und „Vorzugsklausel“ (the preference clause; la clause de préférence)53 erschienen später auch in anderen Fällen der Kommission gemeinsam mit der Bezeichnung „englische Klausel“ oder „Englandklausel“54. Im englischsprachigen Schrifttum zum Gemeinschaftsrecht wird solch eine Fallgestaltung auch als „most-favored supplier clause“ (die Klausel des Meistbegünstigungslieferanten) bezeichnet.55 Denn gemäß den englischen Klauseln wird dem Lieferanten die Möglichkeit eingeräumt, in die konkurrierenden Angebote einzutreten.56 b) Die Bezeichnung in der deutschen Gerichtspraxis Eine ähnlich wie eine englische Klausel gestaltete Vertragsklausel, die auch durch eine Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten in die Konkurrenzpreise und durch ein Rücktrittsrecht (richtig: Kündigungsrecht) des Abnehmers während der Vertragslaufzeit charakterisiert ist, wurde schon im Tätigkeitsbericht des Oxford University Press), Tz. 7.76; Ritter/Braun, European Competition Law: a practitioner’s guide, 3. Aufl. 2004 (The Hague, Kluwer), S. 293, 464. 51 Ritter, Langfristige Liefer- und Bezugsverträge im Energierecht und ihre Beurteilung nach den EG-Wettbewerbsregeln, RdE, 1995, S. 50, 56. 52 KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35, 60 ff. Soda/Solvay; KOM, EGABl. 1991 L 152/40 Tz. 13 Soda/ICI; EuG Slg. 1995 II, 1847, Tz. 16 ICI; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 112, 177 ff. Natriumkarbonat/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/33 Tz. 56 Natriumkarbonat/ICI. 53 KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 32, 132 Tetra Pak II. 54 Die deutsche Bezeichnung „Englandklausel“ erschien nur in: KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 32, 132 Tetra Pak II. 55 Ritter/Braun/Rawlinson, European Competition Law: a practitioner’s guide, 2. Aufl. 2000 (The Hague, Kluwer), S. 241. 56 Unrichtig wird die englische Klausel teilweise in der Literatur mit der „most favoured customer (client) clause“ (Meistbegünstigungsklausel) verwechselt und auch als die Letztere bezeichnet wie in: Faull/Nikpay, The EC Law of Competition, 1999 (Oxford, Oxford University Press), S. 164 Tz. 3.192, in: Niederleithinger/Ritter, Die kartellrechtliche Entscheidungspraxis zu Liefer-, Vertriebs- und Franchiseverträgen, 2. Aufl. 1989, S. 49 f., in: Ritter/Braun/Rawlinson, European Competition Law: a practitioner’s guide, 1. Aufl. 1991 (The Hague, Kluwer), S. 192 und in: Nolte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl. 2006, Bd. 2, Europäisches Kartellrecht, Art. 81 EGV Fallgruppen Tz. 674.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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Bundeskartellamts 1979/1980 diskutiert. Dort wurde solch eine Klausel als „Preisklausel“ bezeichnet.57 Im Jahr 1999 erschien die Fallgestaltung der „englischen Klausel“ zum ersten Mal in der deutschen Gerichtspraxis Stadtwerke Krefeld.58 Die Bezeichnung „englische Klausel“ wird auch in den deutschen Rechtsprechungen von LG und OLG Düsseldorf übernommen.59 c) Die Bezeichnung in den Wirtschaftswissenschaften – „meet-or-release clause“ Im Gegensatz dazu ist der Ausdruck „the English clause“ in den englischsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Literaturen nicht bekannt. In derselben Fallkonstellation wird von einer „meet-or-release clause“ (MOR clause) oder „meet-the-competition clause“ (MTC clause; meeting competition clause; MCC) gesprochen.60, 61 Denn bei dem Auftritt eines günstigeren Angebotes muss der Lieferant entweder in dieses Konkurrenzangebot „eintreten“ („meet“) oder den Abnehmer aus der Bezugsbindung „entlassen“ („release“). Solcherart Bezeichnungen (MOR; MTC; MCC) sind aber fremd in der deutschen juristischen Literatur und Rechtspraxis.62
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BKartA, TB 1979/1980, BT-Drucks. 9/565, S. 37 f. LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, 137 Stadtwerke Krefeld = RdE 2000, S. 83, 84 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182, 183. 59 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF – Wasser/Abwasser, 2004, S. 2, 4 Stadtwerke Krefeld. Vorinstanzlich: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136 = RdE 2000, S. 83 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182, 183. 60 Die englischsprachige Literatur in Deutschland, Kanada, U.K. und USA: Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996 (New York, Doubleday), S. 170 ff.; Schnitzer, Dynamic Duopoly with Best-Price Clauses, in: RAND Journal of Economics, 1994, Vol. 25 Nr. 1, S. 186 ff.; Schnitzer, Takeover and Tacit Collusion – the impact of incomplete contracts on product markets and market for corporate control, Diss. Bonn, 1991, S. 15, 21 ff.; Butz, Durable-Good Monopoly and Best-Price Provisions, The American Economic Review, 1990, Vol. 80 Nr. 5, S. 1062 f., 1066 ff.; Oster, Modern Competitive Analysis, 1990 (New York, Oxford University Press), S. 217, 365; Holt/Scheffman, Facilitating Practices: the effect of advance notice and best-price policies, in: RAND Journal of Economics, 1987, Vol. 18 Nr. 2, S. 187 ff.; Png/Hirshleifer, Price Discrimination through Offers to Match Price, The Journal of Business, Vol. 60 Nr. 3, 1987, S. 365; Salop, Practices that (Credibly) Facilitate Oligopoly Co-ordination, in: Stiglitz/Mathewson (Hrsg.), S. 265, 279 ff. Unrichtig wird die Meistbegünstigungsklausel (MFN) als „meeting competition clause“ (MCC) bezeichnet in: Krouse, Theory of Industrial Economics, 1990 (Cambridge, MA, Basil Blackwell), S. 447 ff. 61 In der deutschen Ausgabe von Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl., 1996 (New York, Doubleday): Coopetition – kooperativ konkurrieren, übersetzt von Rastalsky, 1996, S. 186 ff., wird die Bezeichnung „meet-the-competition clause“ als „Konkurrenzklausel“ übersetzt. 58
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
Darüber hinaus wird die „meet-or-release clause“ in der Literatur auch als „competitor-based pricing policy“ bezeichnet, da sich die Vertragsanpassung durch diese Klausel an der Preissetzung des konkurrierenden Lieferanten orientiert.63 Die „meet-or-release clause“ wird in der Literatur gemeinsam mit der Meistbegünstigungsklausel (most-favored-customer clause; MFC clause; mostfavored-nation clause; MFN clause) unter dem Obergriff „best-price clause“ (BP) eingeordnet.64 Durch die „meet-or-release clause“ gewährleistet der Lieferant dem Abnehmer im Vergleich zu jeglichen anderen Konkurrenzangeboten den „besten Preis“ auf dem Markt. In diesem Zusammenhang wird die „meet-or-release clause“ in der Literatur auch als „three-party best-price provision“ und „three-party most-favored-nation guarantee“ bezeichnet.65 Denn die „meet-or-release clause“ bezieht sich auf den Eintritt in ein günstigeres Angebot von einem „dritten“ Lieferanten. Der Abnehmer wird daher nicht wegen des Abschlusses einer langfristigen Bezugsbindung dadurch benachteiligt, dass er auf das günstigere dritte Angebot verzichten muss. Er wird wegen des Auftritts eines günstigeren dritten Angebotes „begünstigt“. 62 In der deutschen juristischen Literatur wird die Verwendung der Bezeichnungen „meet-or-release clause“ und „meet-the-competition clause“ gefunden in: Wagner-von Papp, Marktinformationsverfahren: Grenzen der Information im Wettbewerb, 2004, S. 278 Fn. 1085. 63 Belton, A Model of Duopoly and Meeting or Beating Competition, International Journal of Industrial Organization, Vol. 5, 1987, S. 399, 400; Corts, On the Competitive Effects of Price-matching Policies, International Journal of Industrial Organization, Vol. 15, 1996, S. 283. Begrifflich umfasst die „competitor-based pricing policy“ sowohl die „meet-or-release clause“ als auch die Meistbegünstigungsklausel. Denn unter der Meistbegünstigungsklausel orientiert sich die Vertragsanpassung an dem zwischen dem Lieferanten und dem dritten konkurrierenden Abnehmer vereinbarten Vertragspreis. Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with Competitor-Based Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 605 ff. 64 Coleman/Grenfell, The Competition Act 1998, law and practice, 1999 (Oxford, Oxford University Press), Tz. 7.76; Schnitzer, Dynamic Duopoly with Best-Price Clauses, in: RAND Journal of Economics, 1994, Vol. 25 Nr. 1, S. 186; Schnitzer, Takeover and Tacit Collusion, Diss. Bonn, 1991, S. 15, 21; Holt/Scheffman, Facilitating Practices: the effect of advance notice and best-price policies, in: RAND Journal of Economics, 1987, Vol. 18 Nr. 2, S. 187; Butz, Durable-Good Monopoly and Best-Price Provisions, The American Economic Review, 1990, Vol. 80 Nr. 5, S. 1062, 1063; Baye/Kovenock, How to Sell a Pickup Truck: „beat-or-pay“ advertisements as facilitating devices, International Journal of Industrial Organization, Vol. 12, 1994, S. 21, 23 Fn. 6. 65 Butz, Durable-Good Monopoly and Best-Price Provisions, The American Economic Review, 1990, Vol. 80 Nr. 5, S. 1062, 1063; Crocker/Lyon, What Do „Facilitating Practices“ Facilitate? An Empirical Investigation of Most-Favored-Nation Clauses In Natural Gas Contracts, Journal of Law and Economics, Vol. 37, 1992, S. 297, 299; Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with CompetitorBased Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 609 Fn. 55.
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Durch die englische Klausel kann der Lieferant stets seine Kunden und bestehenden Liefer- und Bezugsbeziehungen behalten, solange er später in die Konkurrenzangebote einsteigt. Demgegenüber hat der konkurrierende Lieferant mit denselben Preisen oder Konditionen keine Chance, in diese Bezugsbeziehung einzubrechen. Aufgrund des Charakters des „letzten Gebotes“ („last call“66 oder „last-bid“) wird die englische Klausel in der Literatur auch als „last-look provision“67 (die Klausel der letzten Entscheidung) bezeichnet. d) Die Bezeichnung im juristischen Schrifttum in den USA und Kanada Die US-amerikanische und kanadische juristische Literatur verwendet ebenfalls die Bezeichnung „meet-or-release clause“. Der Ausdruck „the English clause“ ist fremd. Die Bezeichnung „meet-or-release clause“ wird statt der Bezeichnung „englische Klausel“ in der US-amerikanischen und kanadischen Literatur verwendet, die sich auf das EU-Kartellrecht bezieht.68 In den USA trat die Fallgestaltung der englischen Klausel erst im Fall International Salt (1947) des Obersten Gerichtshofs Supreme Court auf.69 Aber weder die Bezeichnung „the English clause“ noch die Bezeichnung „meet-or-release clause“ wurde in diesen Rechtsprechungen verwendet. Im Fall US v. FMC Corp. des District Court E. D. Pennsylvania (1969)70, Great Lakes Carbon der Federal Trade Commission (1973)71 und in den Leitlinien für die Zusammenschlüsse des Justizministeriums72 wurde solch eine Klausel unter dem Begriff 66 Zander/Riedel/Held/Ritzau/Tomerius, Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 144 f. 67 Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996, S. 170. 68 USA: Tancs, Competition Laws in the European Union, in: 160 New Jersey Law Journal, vom 19. 5. 2000, S. 824, unter dem Untertitel , abrufbar unter . Kanada: Gillman, The Effect of European Competition Law on International Distribution and Licensing Agreement, unter dem Untertitel , in: Connections, Vol. 19. Nr. 3, 1998, abrufbar unter . 69 International Salt Co. v. United States, 332 U.S. 392, 394 f. Fn. 5, 396 f. (1947) unter „Lixator provision“, abrufbar auch unter . Siehe auch: Peterman, The International Salt Case, The Journal of Law and Economics, Vol. 22, 1979, S. 351, 354; Goldberg, The International Salt Puzzle, in: Zerba/Goldberg, Research in Law and Economics, Vol. 14, 1991, S. 31, 33 f. 70 United States v. FMC Corp., 306 F. Supp. 1106, 1112 Tz. 15 (E. D. Pa. 1969). 71 Great Lakes Carbon Co. et al., 82 FTC 1529 (1973). Der Sachverhalt in Bezug auf die „meet-or-release clause“ siehe: Goldberg/Erickson, Quantity and Price Adjustment in Long-Term Contracts: A Case Study of Petroleum Coke, The Journal of Law and Economics, Vol. 30, 1987, S. 369, 386 Fn. 67. 72 U.S. Department of Justice, 1982 Merger Guidelines, unter III.C.3.b)iv. In der aktuellen Fassung, 1997 Merger Guidelines, wird solch eine Bezeichnung nicht mehr
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
„price protection clause“ eingeordnet.73 In dem bekannten Fall Ethyl (1984) wurde diese Fallgestaltung von den Courts of Appeals unter dem Begriff „best price“ eingeordnet.74 Im Gegensatz dazu wird die Bezeichnung „meet-or-release clauses“ (les clauses de „l’offre concurrente“) vom kanadischen Kartellamt Competition Bureau in seinen Durchführungsleitlinien „Enforcement Guidelines on the Abuse of Dominance Provisions“ verwendet.75 Das kanadische Fachgericht Competition Tribunal machte in seiner Leitrechtsprechung NutraSweet (1990) schon von dem Ausdruck „meet-or-release clauses“ Gebrauch.76
gefunden. Beide Guidelines sind abrufbar unter . 73 Demgegenüber meint der Begriff „price protection clause“ meistens in der Literatur aber die Fallkonstellation „Meistbegünstigungsklausel“. Siehe: Hay, Oligopoly, Shared Monopoly, and Antitrust Law, Cornell Law Review, Vol. 67, 1982, S. 439, 455 f.; Cooper, Most-Favoured-Customer Pricing and Tacit Collusion, RAND Journal of Economics, Vol. 18, 1987, S. 377, 378; Scherer/Ross, Industrial Market Structure and Economic Performance, 3. Aufl. 1990, S. 212 (Boston, Houghton Mifflin); Hovenkamp, Antitrust, 2. Aufl. 1993 (St. Paul, West Group), S. 83 f.; Hovenkamp, Federal Antitrust Policy: the law of competition and its practice, 2. Aufl. 1999 (St. Paul, West Group), S. 183 f.; Areeda/Hovenkamp, Antitrust Law, An Analysis of Antitrust Principles and Their Application, Vol. VI, 2. Aufl. 2003 (New York, Aspen), } 1435e, S. 259. 74 E. I. DuPont DeNememours & Co. v. FTC, Ethyl Co. v. FTC, 729 F. 2d 128, 134 (2d Cir. 1984) = 1984-1 Trade Case (CCH) } 65, 881 at 67,704. Kurzdarstellung in: Hay, Facilitating Practices: The Ethyl Case (1984), in: Kwoka, Jr./White, The Antitrust Revolution: Economics, Competition, and Policy, 3. Aufl. 1999 (New York, Oxford University Press), S. 182 ff. Im Fall Ethyl wurde die Vereinbarung einer „meet-or-release clause“ aber nicht in die Gegenstände des Prozesses eingeschlossen. Siehe: Ethyl Corp. et al., 101 FTC 425 (1983), unter der Einleitung der Final Order, S. 425. Siehe auch: Grether/Plott, The Effects of Market Practices in Oligopolistic Markets: An Experimental Examination of the Ethyl Case, Economic Inquiry, Vol. 22, 1984, S. 479, 481 Fn. 3; Salop in: Stiglitz/ Mathewson (Hrsg.), S. 265, 287 Fn. 35; Holt/Scheffman, Facilitating Practices: the effect of advance notice and best-price policies, in: RAND Journal of Economics, 1987, Vol. 18 Nr. 2, S. 187, 188 Fn. 1. 75 Competition Bureau, Enforcement Guidelines on the Abuse of Dominance Provisions (Sections 78 and 79 of the Competition Act), Juli 2001, S. 25 Tz. 4.4., abrufbar unter . Siehe auch: Draft of Enforcement Guidelines: The Abuse of Dominance Provisions (Sections 78 and 79 of the Competition Act) as Applied to the Retail Grocery Industry, 17. 12. 2001, Tz. 5.2.3, abrufbar unter . 76 Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 66, 71 f., abrufbar unter . Kurzdarstellung dieser Rechtsache in: BIAC (Goldman/Witterick), Abuse of Dominant Position under the Canadian Competition Act, in: OECD, Abuse of Dominance and Monopolisation, 1996, S. 233, 238 f., abrufbar unter . Die Bezeichnung „the English clause“ wurde gemeinsam mit der Bezeichnung „meet-or-release clause“ nur in dem Antrag dieses Falls von Director of Investigation
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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II. Die Merkmale und Rechtsfolgen einer englischen Klausel 1. Merkmale einer englischen Klausel a) Vorhandensein einer Bezugsbindung Der Begriff „englische Klausel“ setzt voraus, dass eine Bezugsbindung zwischen den Vertragsparteien besteht. Denn ohne das Vorhandensein einer Bezugsbindung ist es für die Vertragsparteien überflüssig, eine Möglichkeit für den abweichenden Bezug bei dritten Lieferanten zu vereinbaren. Meistens besteht in der Praxis eine englische Klausel in den Alleinbezugsvereinbarungen.77 Aber sie kann auch an den Prozentsatz des Bedarfs oder an die Abnahmemenge angeknüpft werden.78 Es handelt sich nicht um die Fallgestaltung einer englischen Klausel, wenn der Lieferant bei der Vertragsverhandlung die Einzelheiten der Konkurrenzangebote von den Kunden der Konkurrenten verlangt und sich damit in die Lage versetzt, einen niedrigeren Preis festzusetzen, um diesen Kunden abzuwerben.79 Unter diesen Umständen liegt noch keine Bezugsbindung zwischen diesem Kunden und dem Lieferanten vor. Dementsprechend handelt es sich auch nicht um die typische Fallkonstellation der englischen Klausel, wenn die Vertragsparteien vereinbaren, dass einer Vertragspartei das Eintrittsrecht nach Beendigung der Bezugsbindung eingeräumt wird, um den abgelaufenen Vertrag zu verlängern.80 Denn die Vertragspartei ist nach der Vertragsbeendigung von der Lieferand Research verwendet. Siehe: Application, S. 5 Tz. (d), S. 21 Tz. 56, S. 22 Tz. 58, S. 25 Tz. 67, abrufbar unter . 77 Die Kombination von englischer Klausel und Alleinbezugsvereinbarung wie in: KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 26 a), f), 57 ff. BP-Kemi/DDSF; KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 32 Tetra Pak II. Im Fall Hoffmann-La Roche stellt der EuGH der Alleinbezugsvereinbarung die Gewährung der Treuerabatte gleich. EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 89 Hoffmann-La Roche. Die deutsche Rechtspraxis wie: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF, 2004, S. 2, 3 Stadtwerke Krefeld; vorinstanzlich: LG Düsseldorf, Beschluss vom 29. 9. 1999, 12 O 412/ 99, ZNER 2000, S. 136, 137 = RdE 2000, S. 83, 84. 78 Die Kombination von englischer Klausel und Mindestabnahmevereinbarung wie in: KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 111 ff. Natriumkarbonat/Solvay. 79 Wie im Fall AKZO: EuGH Slg. 1991 I, S. 3359, 3373 unter f), 3390 Tz. 5, 3473 Tz. 147 f. AKZO; KOM EGABl. 1985 L 374/1 Tz. 37, 82 iv., 83 AKZO. 80 In der Literatur wird solch ein Eintrittsrecht nach der Vertragsbeendigung sowohl als „preferential renewal clause“ als auch als „English clause“ bezeichnet. Dazu siehe: Schaub, Sport and Competition: Broadcasting Rights of Sports Events, 2002, S. 7 f., abrufbar unter ; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 219 Fn. 660. Es handelt sich um den gemeinschaftsrechtlichen Fall Sport 7/KNVB, dessen Sachverhalt sich auf das Recht des Lizenznehmers bezieht, bei der Verlängerung des
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
oder Abnahmepflicht befreit. Bei der Ausübung des Eintrittsrechts geht es nicht um die Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung unter diesen Umständen, sondern um die Herbeiführung einer neuen Bezugsbindung. b) Dauerschuldverhältnis Eine englische Klausel wird dadurch charakterisiert, dass sie dem Abnehmer die Fremdbezugs- oder Anpassungsmöglichkeit während der Laufzeit des Vertrags einräumt. Daher wird eine dauerhafte Liefer- und Bezugsbeziehung bzw. eine über einen einmaligen Kaufvorgang hinausgehende Bezugsbeziehung vorausgesetzt. Begrifflich ist es daher ausgeschlossen, in einer einmaligen Bezugsbeziehung bzw. einem Fixgeschäft eine englische Klausel zu vereinbaren. Solange die zukünftige Handlungsfreiheit des Abnehmers bezüglich seiner Bedarfsdeckung nicht eingeschränkt ist, besteht keine Bezugsbindung. Eine Freilassung von der Bezugsbindung durch die englische Klausel ist daher nicht erforderlich. Die Eigenschaft der „dauerhaften Liefer- und Bezugsbeziehung“ in der englischen Klausel dient der Abgrenzung von anderen Fallgestaltungen, bei denen es ebenfalls um die Erlangung der Strategie von Konkurrenten und um den Eintritt in das Konkurrenzangebot geht. Denn es ist unter der Fallkonstellation der einmaligen Bezugsbeziehung („one-shot games“) möglich, dass der Lieferant während der Phase der Vertragsverhandlung vom Abnehmer fordert, die Einzelheiten der Konkurrenzangebote preiszugeben, so dass der Lieferant in dieses Angebot eintreten kann. Es ist gleichfalls unter der Fallkonstellation der einmaligen Bezugsbeziehung vorstellbar, dass der Lieferant dem Abnehmer verspricht, nach Vertragsabschluss entweder rückwirkend in die Konkurrenzangebote einzutreten oder den Vertragsrücktritt durch den Abnehmer zu akzeptieren, wenn der Abnehmer das Bestehen eines günstigeren Angebots nachweist. Solch ähnliche Konstellationen werden nicht in der Fallgestaltung der englischen Klausel behandelt.
Lizenzvertrags in das höchste Konkurrenzangebot einzutreten. Die Anmeldung wurde veröffentlicht in: EGABl. 1996 C 228/4, Tz. 4 Sport 7/KNVB = Kommission, 27. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1997, S. 163 f. Sport 7/KNVB. Darüber hinaus findet sich im brasilianischen Fall Globosat/ESPN Brasil und spanischen Fall Sogecable I via Digital ein ähnliches Eintrittsrecht bei der Verlängerungsverhandlung der Lizenzierung von Sportübertragungsrechten. Im Länderbericht der OECD wird dies auch als „English clause“ bezeichnet. Siehe: OECD, Media Mergers, 2003, S. 196, 198, 202 (Brazil), 269, 271 (Spain), abrufbar unter .
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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c) Anspruch des Abnehmers auf Vertragsanpassung Der Kerngedanke einer englischen Klausel besteht auch darin, dass der Abnehmer nach Vertragsabschluss mittels des Auftritts eines günstigeren Konkurrenzangebots den Lieferanten auffordern kann, Verhandlungen aufzunehmen und den Vertrag an die Konkurrenzangebote anzupassen. Diesem Anspruch auf Vertragsanpassung kommt eine große Bedeutung zu, insbesondere wenn der Liefervertrag sich auf eine langfristige Bezugsbindung bezieht. Die Anpassungsmöglichkeit ermöglicht dem Abnehmer, dass er während der Laufzeit des Vertrags nicht die Chance auf günstigere Preise oder bessere Bedingungen verpasst. Der Anspruch des Abnehmers auf Vertragsanpassung unter einer englischen Klausel besteht nicht nur in der Verpflichtung des Lieferanten, die Verhandlungen bezüglich eines geänderten Marktverhältnisses aufzunehmen. Darüber hinaus muss eine Einigung über die Vertragsanpassung zwischen den Vertragspartnern erreicht werden. Sonst muss der Lieferant tolerieren, dass sein Abnehmer parallel beim Dritten bezieht oder sich an den Dritten wendet, um ein günstigeres Konkurrenzangebot einzuholen. Der Grundtyp der englischen Klausel verlangt vom Lieferanten einen Eintritt in die günstigeren Konkurrenzpreise oder -konditionen, um die bestehende Bezugsbindung aufrechtzuerhalten. Abweichend von der Grundtype können die Varianten der englischen Klausel eine strengere oder mildere Bedingung fordern. Wenn eine Unterbietung des Konkurrenzpreises erforderlich ist, wird solch eine Vereinbarung in der Literatur als „beat-the-competition clause“ (beating competition clause; beat-or-release clause; price matching plus) bezeichnet.81 Eine lockere Bedingung für die Aufrechterhaltung der Vertragsbindung kann dadurch gestaltet werden, dass nur eine Einigung über die Vertragsanpassung verlangt wird.82 Unter diesen Umständen kann eine Einigung über den Preis, der tatsächlich noch höher als der Konkurrenzpreis ist, zur Aufrechterhaltung der Bezugsbindung führen. Die Anpassungsmöglichkeit durch eine englische Klausel macht eine Ausschließlichkeit oder eine langfristige Bezugsbeziehung für den Abnehmer akzeptabler. Dies dient auch als „Anreiz“ für den Abnehmer und verstärkt seinen Willen, einen langfristigen oder ausschließlichen Bezugsvertrag abzuschlie-
81 Belton, A Model of Duopoly and Meeting or Beating Competition, International Journal of Industrial Organization, Vol. 5, 1987, S. 399; Salop, Practices that (Credibly) Facilitate Oligopoly Co-ordination, in: Stiglitz/Mathewson (Hrsg.), S. 265, 288 Fn. 50; Y. Joseph Lin, Price Matching in a Model of Equilibrium Price Dispersion, Southern Economic Journal, Vol. 55, 1988, S. 57, 65. 82 Wie in: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136 Stadtwerke Krefeld.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
ßen.83 In der österreichischen Literatur wird die englische Klausel sogar als ein an den Kunden gebrachtes „Zuckerl“ bezeichnet.84 d) Offenlegungspflicht des Abnehmers Die englische Klausel verbindet sich mit einer Offenlegungspflicht des Abnehmers. Wenn der Abnehmer von der englischen Klausel Gebrauch macht, muss er den Lieferanten über die konkurrierende Kondition unterrichten. Ohne eine Mitteilung über die Existenz eines Konkurrenzangebots kann der Abnehmer nicht von seiner Abnahmepflicht befreit werden. Unter einer Gesamtbedarfsdeckungsverpflichtung ist ein Fremdbezug nicht erlaubt, ausgenommen der Abnehmer macht von der englischen Klausel Gebrauch. Daher ist eine Mitteilung des Abnehmers an den Lieferanten immer dann erforderlich, wenn er beim Dritten beziehen will. Unter den Fallgestaltungen der Mindestabnahmeverpflichtung und der Teilbedarfsdeckungspflicht steht dem Abnehmer ein Fremdbezug neben dem Pflichtteil oder neben der Pflichtmenge zu, solange er bereits seine bestehende Abnahmepflicht erfüllt. Unter diesen Umständen hängt die Bedürftigkeit einer Mitteilung an den Lieferanten davon ab, ob der Abnehmer noch seine Abnahmepflicht einhalten will, wenn ihm ein günstigeres Angebot vorgelegt wird. e) Eintrittsrecht des Lieferanten Nach der englischen Klausel erhält der Lieferant die Option, in die Konkurrenzangebote einzutreten. Im Gegensatz dazu kann er auch beim Verhandlungsverfahren auf die Vertragspreise oder -konditionen bestehen. Der Lieferant ist nicht verpflichtet, in den günstigeren Konkurrenzpreis einzusteigen. Gemäß der englischen Klausel kann der Lieferant nach seinem Ermessen entscheiden, ob er durch Eintritt bzw. Einstieg in die Konkurrenzangebote die Bezugsbindung des Abnehmers aufrechterhalten und seinen Kunden behalten will. Der Gestaltung solch eines Eintrittsrechts kommt eine große Bedeutung für den Lieferanten zu. Einerseits ermöglicht das Eintrittsrecht dem Lieferanten, im Einzelfall nach seiner Fähigkeit zu entscheiden, ob er den Preis herabsetzt oder die Bedingung anpasst. Andererseits räumt das Eintrittsrecht dem Lieferanten erneut die Chance während der Laufzeit des Vertrages ein zu überlegen, ob er den Kunden behalten will, falls der Kunde von der englischen Klausel Gebrauch macht. 83 Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 71 f., abrufbar unter . 84 Havranek, Die englische Klausel, ÖBL 2003, S. 11.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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Wenn der Lieferant damit rechnet, dass das dritte günstigere Konkurrenzangebot überhaupt nicht zum Bedarf des Kunden passt, nimmt er an, dass der Kunde nicht ernsthaft beim Dritten beziehen will. Aus Sicht des Lieferanten ist die Mitteilung des günstigeren Angebots vielmehr ein Mittel des Kunden zur Preissenkung. Unter diesen Umständen ist ein Eintritt in die Konkurrenzangebote für den Lieferanten nicht erforderlich. 2. Rechtsfolge der englischen Klausel a) Beim Eintritt des Lieferanten: Vertragsanpassung und Aufrechterhaltung der Bezugsbindung; Pflicht des Abnehmers zum Vorzugsbezug Falls der Lieferant in die Konkurrenzangebote eintritt, diese unterbietet oder neue Liefer- und Bezugskonditionen mit dem Abnehmer vereinbart, wird der Liefer- und Bezugsvertrag dadurch angepasst. Im Einzelfall kann die englische Klausel auch so gestaltet werden, dass die Vertragsanpassungsfolge durch den Eintritt rückwirkend ab einem vorherigen Zeitpunkt in Kraft tritt.85 Die bestehende Bezugsbindung wird durch die Ausübung des Eintrittsrechts des Lieferanten aufrechterhalten. Selbst wenn die angepasste Vertragskondition mit der Konkurrenzkondition übereinstimmt, ist der Abnehmer noch an die Abnahmepflicht gebunden. Aus der Sicht des Abnehmers ist dies eine Pflicht zum Vorzugsbezug beim Lieferanten. Daher wird der Lieferant durch die englische Klausel gegenüber anderen Konkurrenten bevorzugt. Durch bloßen Eintritt in dieselben Preise und Konditionen von Konkurrenten erhält der Lieferant den Vorrang, den Abnehmer zu beliefern.86 Mit anderen Worten steht der englischen Klausel eine Präferenzvereinbarung gleich. b) Beim Nichteintritt des Lieferanten: Erlöschen der Abnahmepflichten aa) Kündigungsrecht des Abnehmers Wenn der Lieferant den Eintritt in das Konkurrenzangebot verweigert, entfällt die Abnahmepflicht des Abnehmers ex nunc. Der Abnehmer wird von der Bezugsbindung befreit. Mit anderen Worten gewährt die englische Klausel dem 85 Zur „retroactive meet-or-release clause“ siehe: Belton, A Model of Duopoly and Meeting or Beating Competition, International Journal of Industrial Organization, Vol. 5, 1987, S. 399, 401; Sargent, Economics Upside-Down: Low Price Guarantees as Mechanisms for Facilitating Tacit Collusion, University of Pennsylvania Law Review, Vol. 141, 1993, S. 2055, 2070; OECD, Background Note, in: Oligopoly, S. 17, 28 Tz. 7, 1999, abrufbar unter . 86 In diesem Sinne: International Salt Co. v. United States, 332 U.S. 392, 397 (1947), abrufbar auch unter: .
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
Kunden während der Vertragslaufzeit zivilrechtlich ein Kündigungsrecht.87 Es steht dem Abnehmer frei, die Liefer- und Bezugsbeziehung zu kündigen. In der Fallgestaltung einer Alleinbezugsvereinbarung ermöglicht die englische Klausel dem Abnehmer, während der Vertragslaufzeit gleichzeitig von dem bestehenden und dem dritten Lieferanten zu beziehen oder die ganze Bezugsquelle zu wechseln. Die englische Klausel eröffnet die Möglichkeit, dass auch ein dritter Lieferant den Abnehmer beliefern kann. Dadurch wird der Bindungsgrad der Ausschließlichkeit in der Bezugsvereinbarung gemindert. Solch ein möglicher Auflockerungseffekt charakterisiert eine englische Klausel. In der Praxis, wie im kanadischen Fall NutraSweet (1990), können die Vertragsparteien vereinbaren, dass sich der entfallende Teil der Bezugsmenge nur auf die Menge des Konkurrenzangebotes beschränkt.88 Nach Abrechnung der Bezugsmenge bei Dritten bleibt der Abnehmer noch abnahmepflichtig. Das Erlöschen einer Abnahmepflicht kann nur vorläufig sein bzw. durch eine auflösende Bedingung gestaltet werden. Im US-amerikanischen Fall International Salt (1947) wurde vereinbart, dass der Abnehmer wegen der Eintrittsunfähigkeit des Lieferanten beim dritten Lieferanten nur solange beziehen darf, bis der Lieferant die Konkurrenzpreise wieder anbieten kann.89 Unter diesen Umständen ermöglicht ein nachträglicher Eintritt eine Wiederherstellung der vorläufig entfallenden Vertragsbindung. bb) Die „extended release clause“ In der kanadischen Praxis NutraSweet (1990) findet sich auch eine „extended release clause“ (erweiterte Freilassungsklausel), die als ergänzende Vereinbarung zur englischen Klausel dient. Nach dieser „extended release clause“ wird ein Kunde auch von der Abnahmepflicht befreit, wenn der dritte Kunde desselben Lieferanten bereits von seiner eigenen englischen Klausel Gebrauch macht und dadurch schon von der Vertragsbindung befreit ist. Die entfallende Abnahmepflicht beschränkt sich nur auf die entsprechende Menge, von der der dritte Kunde befreit wird.90 Mit anderen Worten kann sich der Abnehmer nach einer „extended release clause“ auf den durch eine englische Klausel des dritten kon87 Wie in: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136 Stadtwerke Krefeld. 88 Director of Investigation and Research, Application, vom 1. 6. 1989, S. 5 Nr. d, in: Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, abrufbar unter . 89 International Salt Co. v. United States, 332 U.S. 392, 394 Fn. 5 (1947), abrufbar unter . 90 Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Application, S. 5, 21, Reasons and Order, S. 66, 71 f., abrufbar unter .
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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kurrierenden Abnehmers entstehenden Freilassungseffekt berufen. Der Kerngedanke der „extended release clause“ ist aber eine Meistbegünstigungsklausel, die die Befreiung des dritten Abnehmers von der Vertragsbindung zum Gegenstand hat.
III. Die Erscheinungsformen der englischen Klausel Die englische Klausel kommt in verschiedenen Varianten vor. Sie kann für verschiedene Bezugszwecke vereinbart werden. Der Bezugszweck, dem die englische Klausel dient, kann sowohl industrieller oder gewerblicher Gebrauch91 für die Verarbeitung als auch Weiterverkauf92 im Vertriebssystem sein. Darüber hinaus sind die Erscheinungsformen einer englischen Klausel mannigfaltig. Das Einschalten eines Wirtschaftsprüfers kann im Vertrag vereinbart werden. Die Vertragsparteien können weiter vereinbaren, dass sich die in Betracht zu ziehenden Konkurrenzangebote nur auf bestimmte Mengen, Qualität, Herkunft u.s.w. beschränken. Das Ausmaß für die Anwendung einer englischen Klausel wird dadurch im Einzelfall vertraglich eingeschränkt. 1. Unterscheidung nach der Identifizierbarkeit der einzelnen Konkurrenzangebote a) Die identifizierende englische Klausel In der typischen Fallgestaltung der englischen Klausel verpflichtet sich der Abnehmer, dem Lieferanten die günstigeren Angebote mit näheren Angaben offen zu legen, so dass der Lieferant über die Einzelheiten des Konkurrenzangebots wie Preise, Konditionen und Mengen informiert wird und auch die Identität des Wettbewerbers identifizieren kann.93 Die Offenlegung der Konkurrenzangebote kann auch dadurch erfolgen, dass der Lieferant und der Abnehmer
91 Wie in: EuGH Slg. 1979, S. 461, 465 Hoffmann-La Roche; KOM vom 7. 6. 1989, IP/89/426, Air Liquide ect., der englische Text abrufbar unter = 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase; KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 5, 35 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 1991 L 152/40 Tz. 9, 13 Soda/ICI (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 40 ff., 112 Natriumkarbonat/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/33 Tz. 46 ff., 56 Natriumkarbonat/ ICI. 92 Ebenso in: EuGH Slg. 1979, S. 461, 465 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 10 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 7. 6. 1989, IP/89/426, unter 4, Air Liquide ect., abrufbar unter = 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 93 Wie in: EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 102 Hoffmann-La Roche.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
gemeinsam die Einzelheiten der Konkurrenzangebote prüfen.94 Grundsätzlich ist eine englische Klausel als identifizierend gestaltet. b) Die nicht-identifizierende englische Klausel Durch die englische Klausel erhält der Lieferant Kenntnis von Wettbewerbsangeboten. Aber der Abnehmer kann ein Geschäftinteresse daran haben, nicht alle Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen zu legen.95 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Lieferant durch die erlangten Einzelheiten der Konkurrenzangebote den bestimmten vorstoßenden Wettbewerber gezielt hindern kann. Der Wettbewerber wird vor dem Erbringen eines günstigeren Konkurrenzangebotes auf dem Markt abgeschreckt, so dass der Abnehmer keine günstigeren Konkurrenzangebote mehr erlangen kann. Um eine identifizierbare Angabe zu vermeiden, kann ein zur Verschwiegenheit verpflichteter unabhängiger Wirtschaftsprüfer eingeschaltet werden, der über alle Einzelheiten der Konkurrenzangebote informiert wird.96,97 Wenn der Wirtschaftprüfer die Einzelheiten der Konkurrenzangebote nur in anonymisierter Form an den Lieferanten weitergibt, wird die Identifizierung der Identität des vorstoßenden Wettbewerbers vermieden. Falls der Wirtschaftprüfer auch befugt ist, zu prüfen, ob die Konkurrenzangebote günstiger sind und ob die durch den Lieferanten angepassten Vertragspreise mit den Konkurrenzpreisen übereinstimmen oder niedriger sind, ist die Offenlegung der Einzelheiten der Konkurrenzangebote gegenüber dem Lieferanten auch nicht mehr erforderlich. Dadurch ist die Geheimhaltung der Identität des dritten Lieferanten und der Einzelheiten der Konkurrenzangebote möglich, da der Lieferant nicht selbst Einsicht in die Konkurrenzangebote nimmt. Solche Vertragsgestaltungen werden in der Literatur als nicht-identifizierende englische Klauseln bezeichnet.98
94 Diese Gestaltung wird erwähnt in: KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 37 unter dem St-Gobain-Protokoll Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 120 Natriumkarbonat/Solvay. 95 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 107 Hoffmann-La Roche. 96 Kirchhoff, Die Beurteilungen von Bezugsverträgen nach europäischem Kartellrecht, WuW 1995, S. 361, 370; Ritter, Langfristige Liefer- und Bezugsverträge im Energierecht und ihre Beurteilung nach den EG-Wettbewerbsregeln, RdE, 1995, S. 50, 56; Ritter, Die EG-kartellrechtliche Beurteilung ausschließlicher Bezugsbindungen in Lieferverträgen mit Weiterverarbeitern, in: FS Lieberknecht, 1997, S. 495, 499; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rdnr. 276; Zander/ Riedel/Held/Ritzau/Tomerius, Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 145; de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rdnr. 415. 97 Solch ein Wirtschaftsprüfer trat auf in: KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/ 10 Tz. 114 Natriumkarbonat/Solvay.
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Konzeptionell ist weiterhin nach dem Ausmaß der Nichtidentifizierbarkeit zu unterscheiden. Wenn sich der Abnehmer nicht verpflichtet, dem Lieferanten die Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen zu legen, sind sowohl die Konkurrenzpreise und -konditionen als auch die Identität des vorstoßenden Wettbewerbers nicht identifizierbar. Falls sich der Abnehmer verpflichtet, die Einzelheiten der Konkurrenzangebote in anonymisierter Form an den Lieferanten mitzuteilen, mangelt es der englischen Klausel nur an der Identifizierbarkeit der Identität des Wettbewerbers.99 Der Lieferant wird noch über die anderen Einzelheiten der Konkurrenzangebote wie Preise, Konditionen oder Mengen unterrichtet. Dies kann als „unechte“ oder „teilweise“ nicht-identifizierende englische Klausel verstanden werden. Die englische Klausel, die nur die Anonymität des Wettbewerbers wahrt, wird in der deutschsprachigen Literatur als „offene englische Klausel“ bezeichnet.100 2. Unterscheidung nach der Art des zu berücksichtigenden Fremdbezuges Die Tragweite einer englischen Klausel kann sich von Fall zu Fall unterscheiden. Im Einzelfall können die Vertragsparteien vereinbaren, dass bei dem Verlangen eines Eintritts in die Konkurrenzangebote die Eigenschaft des in Betracht gezogenen dritten Lieferanten, der Stammort der konkurrierenden Waren, die Dauer des Fremdbezugs, die Qualität des Konkurrenzangebots und dessen Menge andere Bedingungen erfüllen müssen. Solche Einschränkungen lassen die Berücksichtigung eines Konkurrenzangebotes nur unter restriktiven Bedingungen zu. Die durch die englische Klausel geöffnete Vertragsanpassungs- oder Fremdbezugsmöglichkeit kann unter diesen Umständen wieder eingeengt werden.101 98 Diese Bezeichnung wird verwendet in: Kirchhoff, Die Beurteilungen von Bezugsverträgen nach europäischem Kartellrecht, WuW 1995, S. 361, 370. 99 Die Gestaltung einer englischen Klausel, die die Geheimhaltung der Anonymität des Wettbewerbers ermöglicht, trat in der vergangenen Praxis auf in: KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 37 unter dem BSN-Liefervertrag Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 122 Natriumkarbonat/ Solvay; KOM Pressemitteilung vom 7. 6. 1989, IP/89/426, unter 5, Air Liquide ect., der englische Text ist abrufbar unter = 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. Siehe auch: Klaue, Europäisches Kartellrecht für die Energiewirtschaft: zu den neueren Entwicklungen, in: Becker/Held/Riedel/Theobald (Hrsg.), Energiewirtschaft im Aufbruch, 2001, S. 125, 130. 100 Nolte, Reform des EG-Kartellrechts für Vertriebs- und Zulieferverträge, BB 1998, S. 2429, 2438; Petsche in: Liebscher/Flohr/Petsche (Hrsg.), Handbuch der EUGruppenfreistellungsverordnungen, 2003, § 7 Rdnr. 192; Nolte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl. 2006, Bd. 2, Europäisches Kartellrecht, Art. 81 EGV Fallgruppen Tz. 674. 101 In diesem Sinne zur Fremdbezugsmöglichkeit: EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 104 f. Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25 Vitamine.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
a) Forderung eines qualifizierten Wettbewerbers aa) Ernsthafter und bedeutender Wettbewerber In manchen Fällen wird vereinbart, dass das in Betracht gezogene Konkurrenzangebot von qualifizierten bekannten Wettbewerbern stammen muss, wenn sich der Abnehmer auf die englische Klausel beruft. Der nicht vom Lieferanten zugelassene Wettbewerber wird dadurch von Anfang an ausgeschlossen, so dass weder die Vertragsanpassung an dieses Konkurrenzangebot noch der Bezug von diesem Wettbewerber möglich ist. In den Fällen Hoffmann-La Roche und BPKemi/DDSF sah die Vertragsklausel vor, dass das Konkurrenzangebot von dem ernsthaften und bedeutenden Wettbewerber, der das gleiche Niveau wie der Lieferant hat, stammen müsse.102 Das Konkurrenzangebot von kleinen und mittleren Wettbewerbern bleibt außer Betracht. bb) Ausschluss eines Händlers oder Vermittlers Das in Betracht gezogene Konkurrenzangebot kann auch nach der Form der gewerblichen Tätigkeit des dritten Lieferanten eingeschränkt werden. In der Praxis kann vereinbart werden, dass sich der in Betracht gezogene dritte Lieferant nur auf einen Hersteller beschränkt. Dadurch sind die Konkurrenzangebote von dem dritten Händler oder Vermittler ausgeschlossen.103 b) Forderung eines dauerhaften oder inländischen Konkurrenzangebotes Die vertragliche Einschränkung der Tragweite einer englischen Klausel kann auch zeitlich oder räumlich relevant sein. Die zeitliche Einschränkung kann im Ausschluss des gelegentlichen Konkurrenzangebots104 oder in der Forderung nach Kontinuität des Konkurrenzangebots bestehen, die derselben Vertragsdauer wie der Dauer des bestehenden Liefervertrags entspricht.105 Die räumliche Einschränkung kann in der Form gestaltet werden, dass ausländische Konkurrenzangebote ausgeschlossen werden. Im Einzelfall kann auch vorgesehen werden, dass das Konkurrenzangebot aus dem Gebiet des Abnehmers stammen muss. Dadurch gewährleistet der Lieferant dem Abnehmer die 102 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11, 22 d, 25 Vitamine; KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 33 BP-Kemi/ DDSF. 103 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11, 22 d, 25 Vitamine. 104 KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 33, 63 BP-Kemi/DDSF. 105 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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günstigeren Preise und Konditionen nur auf dem örtlichen Markt.106 Solch eine räumliche Einschränkung kann auch durch den Ausschluss der Makler oder Händler des Konkurrenten mittelbar formuliert werden. Denn diejenigen ausländischen günstigeren Konkurrenzangebote, die nur durch Händler auf dem Markt vertrieben werden können, bleiben dadurch außer Betracht.107 c) Qualitative oder quantitative Einschränkung der Konkurrenzangebote Außerdem kann die Einschränkung der Tragweite der englischen Klausel in manchen Fällen qualitativ und quantitativ relevant sein. Der Lieferant kann verlangen, dass die Qualität des Konkurrenzangebots die festgelegten Voraussetzungen erfüllen oder der Qualität der vom Lieferanten gelieferten Waren entsprechen muss.108 Er kann auch festlegen, dass die Menge des Konkurrenzangebotes dem Gesamtbedarf des Abnehmers entspricht, die bestimmten Mindestmengen erreichen oder zumindest der Bezugsmenge bei dem Lieferanten entsprechen muss.109 Die quantitative Forderung wie Mindestbezugsmenge bei dem dritten Lieferanten führt auch zum Ausschluss des Bezugs eines Gelegenheitsangebots mit einer kleinen Menge auf dem Spot-Markt.110
IV. Begriffsabgrenzung zu ähnlichen Vereinbarungen Der Kern der englischen Klausel in den Bezugsverträgen ist eine Anpassungsklausel in der Erscheinungsform, dass eine Kündigungsklausel daran angeknüpft wird. Die Vertragsanpassungs- oder Kündigungsmöglichkeit entsteht, wenn günstigere Konkurrenzangebote nachträglich auf dem Markt auftreten. Dadurch grenzt sich die englische Klausel von den meisten ähnlichen Begriffen ab.
106 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25 Vitamine; KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 33 BP-Kemi/DDSF. 107 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11, 22 d Vitamine. 108 KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 28 f) BP-Kemi/DDSF; EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; International Salt Co. v. United States, 332 U.S. 392, 394 Fn. 5 (1947), abrufbar unter . 109 KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 28 f), 33 BP-Kemi/DDSF. 110 KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 33, 63, 66 BP-Kemi/DDSF.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
1. Öffnungsklausel (access clause); Ausstiegsklausel (escape Klausel) a) Der Begriff Durch die Vereinbarung einer „Öffnungsklausel“ („access clause“) wird der Geltungsumfang der Alleinbezugspflicht eingeschränkt. Dem Abnehmer wird trotz der Alleinbezugspflicht gestattet, unter bestimmten Bedingungen bei dritten Lieferanten zu beziehen.111 Dadurch wird der Absatzkanal geöffnet. Wenn die Vereinbarung auch eine vorzeitige Vertragsbeendigung ermöglicht, kann sie auch als „Ausstiegsklausel“ oder „escape Klausel“ bezeichnet werden.112 Die Spruchpraxis der Öffnungsklausel, der Fall vom EuGH Delimitis/Henninger Bräu, bezieht sich auf die vertragliche Vereinbarung, die den Bezug von Produkten aus anderen EG-Mitgliedstaaten gestattet.113 Die Öffnungsklausel ist hier nur herkunftsbezogen. Der Abnehmer wird teilweise von der Bezugsbindung bzw. Annahmepflicht befreit. Dadurch wird auch der Zugang zu den Absatzkanälen wieder geöffnet und dem dritten Lieferanten automatisch eingeräumt. b) Marktorientierte Öffnungsklausel und ihr Vergleich zur englischen Klausel Die Öffnungsklausel kann marktorientiert bzw. preis- oder konditionsbezogen gestaltet werden. Sie ist u. U. mit einer Verhandlungspflicht der Vertragsparteien verknüpft.114 Die Fremdbezugs- bzw. Kündigungsmöglichkeit wird eingeräumt, wenn die konkurrierenden Konditionen günstiger sind und keine Einigung im Verhandlungsverfahren innerhalb eines bestimmten Zeitraums zustande kommt. Im Verhandlungsverfahren erhält der Lieferant in der Tat eine Einstiegsmöglichkeit in die Konkurrenzangebote, so dass sich die Öffnungsklausel unter dieser Vertragsgestaltung mit der englischen Klausel überschneiden kann. 111 Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 176. 112 Hempel in: Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke (Hrsg.), Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Lfg. 62, 2000, AVBEltV § 1 Rdnr. 149; de Wyl/Essig/ Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rdnr. 344, 448; Zander/Riedel/Held/Ritzau/Tomerius, Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 144. 113 EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 942, 971 Tz. 24, 988 Tz. 28 ff. Delimitis/Henninger Bräu; Vorlagebeschluss des OLG Frankfurt am Main, EGABl. 1989 C 238/4, unter A. 4. Delimitis/Henninger Bräu. 114 Hempel in: Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke (Hrsg.), Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, AVBEltV § 1 Rdnr. 147 Fn. 1; de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 10 Rdnr. 409; Zander/Riedel/Held/Ritzau/Tomerius, Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 144 f.
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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Wenn keine Verhandlungspflicht oder kein Eintrittsrecht des Lieferanten in der Öffnungsklausel vereinbart wird, kann der Abnehmer beim Auftritt der günstigeren Konkurrenzangebote diese unmittelbar annehmen.115 Der Abnehmer wird aufgrund des Vorhandenseins der günstigeren Konkurrenzangebote von der Bezugsbindung unmittelbar entbunden, ohne auf den Nichteintritt des Lieferanten zu warten, so dass sich eine solche Gestaltung der Öffnungsklausel von der englischen Klausel unterscheidet. Aber die Offenlegungspflicht des Abnehmers bezüglich der Konkurrenzangebote ist noch notwendig, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Befreiung von der Annahmepflicht des Abnehmers tatsächlich bestehen. Dadurch erhält der Lieferant die Möglichkeit, die Einzelheiten der Konkurrenzangebote zu erfahren.116 2. Eintritt in die Konkurrenzangebote ohne Vertragsbeendigungsmöglichkeit a) Eintrittspflicht des Lieferanten: price-matching guarantee Bei der Gestaltung einer Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten in die Konkurrenzangebote kann solch ein Eintritt vertraglich als Verpflichtung oder als Recht vorgesehen werden. Eine Eintrittsgarantie (price-matching guarantee; pricematching policy; guarenteed lowest price) zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Lieferant dazu verpflichtet, in die günstigeren Konkurrenzangebote einzutreten. Dadurch wird dem Abnehmer stets ein niedrigster Preis auf dem Markt gewährleistet. Statt eines Kündigungsrechts des Abnehmers wird lediglich eine Anpassungspflicht des Lieferanten vorgesehen, so dass die Befreiungsmöglichkeit des Abnehmers von der Bezugsbindung ausgeschlossen ist. Die Gestaltung dieser Klausel erfolgt durch die Streichung der Befreiungsmöglichkeit in der englischen Klausel. Sie wird in der Literatur auch als „no-release meet-the-competition clause“ bezeichnet.117 Die dritten Lieferanten werden stets daran gehindert, die Kunden des Lieferanten zu beliefern. 115 Wie der US-amerikanische Fall: Northern Pacific Railway Co. et. al. v. United States, 356 U.S. 1, 3 (1958), unter „preferential routing clauses“. Der Kunde ist nur verpflichtet, bei gleichen Tarifen oder Konditionen den Schiffsfrachtdienst des Vertragspartners vorzuziehen. Abrufbar auch unter . Vorinstanzlich: United States v. Northern Pacific Railway Co. et al., 142 F. Supp. 679, 681 f. Fn. 3 (W. D. Wa. 1956), unter „traffic clauses“. 116 Cummings/Ruhters, The Northern Pacific Case, Journal of Law and Economics, Vol. 22, Nr. 2, 1979, S. 329, 342; Phlips, Information and Collusion, in: Hay/Vickers (Hrsg.), The Economics of Market Dominance, 1987 (Brasil Blackwell, Oxford), S. 89, 101; Phlips, Competition policy: a game-theoretic perspective, 1. Aufl. 1995 (Cambridge University Press, Cambridge ), S. 89 f. 117 Salop, Practices that (Credibly) Facilitate Oligopoly Co-ordination, in: Stiglitz/ Mathewson (Hrsg.), S. 265, 280; Clark, Price Fixing without Collusion: An Antitrust
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
b) Eintrittsrecht des Lieferanten: Eintrittsklausel Wenn der Lieferant befugt statt verpflichtet ist, in konkurrierende günstigere Angebote einzusteigen, wird solch eine Klausel als Eintrittsklausel bezeichnet. Der Lieferant kann unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten entscheiden, ob er in die Konkurrenzangebote eintreten will. Beim Nichteintritt des Lieferanten bleibt der Abnehmer noch abnahmepflichtig, da ihm kein Kündigungsrecht eingeräumt wird.118 c) Vergleich zur englischen Klausel Nach der englischen Klausel hat der Lieferant keine Eintrittspflicht, sondern ein Eintrittsrecht. Der Unterschied zur Eintrittspflicht des Lieferanten und zur Eintrittsklausel liegt auch darin, dass dem Abnehmer unter der englischen Klausel beim Nichteintritt des Lieferanten ein Ausstiegsrecht eingeräumt wird, so dass der Vertrag dadurch beendet werden kann. 3. Vorrecht bei dem Vertragsabschluss oder bei der Vertragsverlängerung a) Der Begriff Der Lieferant kann mit dem Abnehmer vor dem Abschluss eines Liefer- und Bezugsvertrages vereinbaren, dass sich der Abnehmer verpflichtet, bei gleichen Konditionen diesen Lieferanten vorzuziehen.119 In der Praxis wird solch ein Vorrecht zum Verkauf häufig in Form eines Eintrittsrechts vereinbart.120 Eine Variante ist die Einräumung eines Vorrechts an den Lieferanten für die Zeit nach Ablauf des Vertrags, um die bereits abgelaufene oder voraussichtlich abzulaufende Liefer- und Bezugsbeziehung fortzusetzen.121 Ein Vorrang zum VerAnalysis of Facilitating Practices after Ethyl Corp., Wisconsin Law Review, 1983, S. 887, 934 Fn. 172. 118 De Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 10 Rdnr. 414. 119 KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 32, 132 Tetra Pak II. 120 Wie der Geschäftsverkehr in der Börse. Ein Beispiel in der Nasdaq’s Preference Trade Rule siehe: Dutta/Madhaven, Competition and Collusion in Dealer Markets, The Journal of Finance, Vol. 52, 1997, S. 245, 261 f.; Edlin, Do Guaranteed-LowPrice Policies Guarantee High Prices, and Can Antitrust Rise to the Challenge?, Harvard Law Review, Vol. 111, 1997, S. 528, 531, 572 Fn. 165; Pepall/Richards/Norman, Industrial Organization: contemporary theory and practice, 2. Aufl. 2002 (Mason, South-Western), S. 391. 121 Däuper in: Zander/Riedel/Klaus (Hrsg.), Praxishandbuch Energiebeschaffung, EL Juli 2002, III.2.4.4.2; Büttner/Däuper, Weitere typische Klauseln in Gaslieferverträgen, Teil 3, ZNER 2003, 205, 206; Hempel in: Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
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tragsabschluss oder zur Vertragsverlängerung mit dem Abnehmer wird dem Lieferanten eingeräumt. Solch eine Verpflichtung des Vorzugskaufs des Abnehmers bezieht sich auf die Verhandlungsphase oder auf die Verlängerungsverhandlung einer Liefer- und Bezugsbeziehung. b) Die Abgrenzung von der englischen Klausel Nach der englischen Klausel hat der Lieferant während der vertraglichen Laufzeit das Vorrecht, seinen Abnehmer weiter zu beliefern, wenn der Lieferant in die Konkurrenzangebote eintritt. Der Abnehmer ist daher verpflichtet, vorzugsweise die bestehende Bezugsbindung einzuhalten. Die englische Klausel bezieht sich nur auf die Vertragsanpassung in der Leistungsphase, um die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung aufrechtzuerhalten. Dadurch unterscheidet sich die englische Klausel von dem erwähnten Vorrecht bei dem Vertragsabschluss oder bei der Vertragsverlängerung. 4. Die „meet-the-competition clause“ beim Nachfragewettbewerb: right of first refusal Zur „englischen Klausel“ für den Anbieterwettbewerb zwischen Lieferanten gibt es ein Gegenstück für den Nachfragewettbewerb zwischen Abnehmern, da ein Eintrittsrecht sowohl für den Lieferanten als auch umgekehrt für den Abnehmer vertraglich gestaltet werden kann. Nach dieser Vertragsgestaltung kann der Abnehmer seine Bezugsquelle durch die Ausübung seines Eintrittsrechts behalten, wenn der dritte Abnehmer zu höheren Preisen oder besseren Bedingungen beim Lieferanten beziehen will. Tritt der Abnehmer in diese konkurrierenden Preise oder Konditionen nicht ein, wird der Lieferant von der Belieferungspflicht befreit. Solch ein Eintrittsrecht für den Abnehmer wird als „Vorkaufsrecht“ verstanden und als „right of first refusal“ in der englischen Literatur bezeichnet.122 5. Meistbegünstigungsklausel a) Der Begriff Durch die Vereinbarung einer Meistbegünstigungsklausel (most-favored-customer clause; MFC clause; most-favored-nation clause; MFN clause) verpflichtet sich der Lieferant, seinen anderen Abnehmern keine günstigeren Preise oder (Hrsg.), Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Lfg. 62, 2000, AVBEltV § 1 Rdnr. 147. 122 Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996, S. 174, 176 f.; ders. Coopetition – kooperativ konkurrieren, übersetzt von Rastalsky, 1996, S. 190, 193.
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Teil 1: Begriff der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel
Konditionen einzuräumen als diejenigen, die seinem ursprünglichen Abnehmer eingeräumt werden. Sonst muss der Lieferant auch dem Abnehmer dieselben günstigeren Preise oder Bedingungen nachträglich einräumen.123 Unter der Meistbegünstigungsklausel wird die Einräumung günstigerer Preise oder Konditionen an Dritte ausgeschlossen. Der Spielraum des Lieferanten für die Vertragsgestaltung mit dem dritten Abnehmer wird eingeschränkt.124 Daher wird die Meistbegünstigungsklausel in der englischsprachigen Literatur auch als „price protection clause“ oder „antidiscrimination clause“ bezeichnet.125 b) Die Abgrenzung zur englischen Klausel Die englische Klausel und die Meistbegünstigungsklausel verfolgen dasselbe Ziel, die Vertragsbedingung an die vereinbarten günstigeren Preise oder Konditionen auf dem Markt anzubinden. Daher werden die beiden Klauseln gemeinsam unter dem Begriff „best price policy“ eingeordnet. Trotzdem besteht ein Unterschied zwischen der englischen Klausel und der Meistbegünstigungsklausel. Die Meistbegünstigungsklausel bezieht sich auf die Vertragsanpassung an das günstigere Angebot des Lieferanten für den dritten Abnehmer, während sich die englische Klausel auf die Vertragsanpassung an das günstigere Angebot des dritten Lieferanten für den Abnehmer bezieht. Darüber hinaus verpflichtet sich der Lieferant in der Fallkonstellation der Meistbegünstigungsklausel, auch dem Abnehmer die den dritten Abnehmern gewährten günstigeren Konditionen zu berechnen (Anpassungszwang), während der Lieferant in der englischen Klausel nicht gezwungen wird, mit den dritten günstigeren Konkurrenzangeboten gleichzuziehen. Nach der englischen Klausel erhält der Lieferant die Option, die Kunden durch den Eintritt in die Konkurrenzangebote zu halten oder sie durch Verzicht aus der Vertragsbindung zu entlassen. Wenn sich der Lieferant unter der Fallgestaltung der Meistbegünstigungsklausel weigert, dem Abnehmer dieselben günstigen Angebote zu gewähren, führt 123
Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 413. Daher gilt die Meistbegünstigungsklausel als Verstoß gegen das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV und das Verbot von der Inhaltsbindung der Zweitvereinbarung i. S. d. § 14 GWB a. F. Siehe: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 166; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, S. 222 f.; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 14 GWB (a. F.) Rdnr. 53; BGH vom 27. 1. 1981, BGHZ 80, S. 43, 46 f., 49 f. = WuW/E BGH 1787, 1788, 1790 Garant. 125 Sullivan/Grimes, The Law of Antitrust: An Integrated Handbook, 2000 (St. Paul, West Group), S. 178, 446; Hovenkamp, Antitrust, 2. Aufl. 1993 (St. Paul, West Group), S. 83; Baker, Vertical Restraints with Horizontal Consequences: competitive effects of „most-favored-customer“ clauses, Antitrust Law Journal, Vol. 64, 1996, S. 517, 519. 124
B. Der Begriff der englischen Klausel und ihre Merkmale
67
dies zum Vertragsbruch. Der Abnehmer kann nur dann von der Abnahmepflicht befreit werden, wenn er nach der Vertragsklausel oder nach § 314 Abs. 2 BGB den Vertrag kündigt. Demgegenüber führt eine Verweigerung des Eintritts in die Konkurrenzangebote unter der englischen Klausel unmittelbar zur Befreiung von der Abnahmepflicht.
V. Zusammenfassung Die Grundstruktur der englischen Klausel charakterisiert sich durch die Kombination der Offenlegungspflicht des Abnehmers beim Verlangen der Vertragsanpassung, des Eintrittsrechts des Lieferanten und des Ausstiegsrechts des Abnehmers beim Nichteintritt des Lieferanten. Der Begriff „englische Klausel“ setzt daher eine bestehende Bezugsbindung zwischen den Vertragsparteien voraus. Eine Anpassungs- oder Fremdbezugsmöglichkeit während der Laufzeit der Bezugsbindung wird dem Abnehmer eingeräumt. Dadurch grenzt sich die englische Klausel von ähnlichen Begriffen ab. Die Bezeichnung „englische Klausel“ wird nur in der Praxis und Literatur des Gemeinschaftsrechts und in den letzten Jahren auch im deutschen Recht verwendet. Derselbe Begriff wird in der englischsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur meistens als „meet-or-release clause“ oder „meet-thecompetition clause“ bezeichnet. In der rechtlichen Praxis wird die englische Klausel in Kanada auch als „meet-or-release clause“ bezeichnet oder in den U.S.A. unter dem Begriff „price protection clause“ eingeordnet.126 Abgesehen vom europäischen und deutschen Recht ist der Ausdruck „English clause“ in anderen Rechtsgebieten fremd.
126
Unter: B. I. 2. c) und d).
Teil 2
Die Vorteile der englischen Klausel und ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken Um die Funktionen einer englischen Klausel in der Bezugsbindung richtig einordnen zu können, ist zu klären, wieso eine englische Klausel in der Lieferund Bezugsbeziehung auftritt. Eine Vertragsklausel wird nur dann von vernünftigen Vertragsparteien angenommen, wenn sie aus der Sicht der beiden Vertragsparteien vorteilhaft ist. Daher werden in diesem Teil zuerst die aus der Sicht der Vertragsparteien vorliegenden Vorteile, die aus der Verwendung einer englischen Klausel in der Bezugsbindung entstehen können, dargestellt. Anschließend werden auch die durch die englische Klausel entstehenden wettbewerbsschädlichen Effekte analysiert. Bei der kartellrechtlichen Behandlung einer englischen Klausel ist es auch von Bedeutung, inwieweit wettbewerbliche Bedenken durch die Verwendung einer englischen Klausel entstehen.
A. Die Vorteile der englischen Klausel aus der Sicht der Vertragsparteien I. Die Vorteile der englischen Klausel aus der Sicht des Abnehmers 1. Auflockerung einer Bezugsbindung a) Auflockerungswirkung beim Nichteintritt des Lieferanten Die Vereinbarung einer englischen Klausel gilt nur in Anknüpfung an eine Bezugsbindung des Abnehmers in der Liefer- und Bezugsbeziehung. Diese Bezugsbindung kann in Form einer Mindestabnahmeverpflichtung, Teilbedarfsdeckungspflicht oder ausschließlichen Bezugsbindung auftreten.1 Im Rahmen der Bezugsbindungen solcherart ist ein Fremdbezug ursprünglich eingeschränkt oder ausgeschlossen. Ein Fremdbezug ist nur außerhalb des Umfangs der Teilbedarfsdeckungspflicht möglich. Durch eine englische Klausel wird der Abnehmer beim Nichteintritt des Lieferanten von der vertraglichen Abnahmepflicht 1
Siehe oben Teil 1, B. II. 1. a).
A. Vorteile der englischen Klausel aus Sicht der Vertragsparteien
69
befreit. Aus der Sicht des Abnehmers wird die Fremdbezugsmöglichkeit durch die englische Klausel bedingt geschaffen. Die bestehende Bezugsbindung ist dadurch aufgelockert.2 Die durch eine englische Klausel entstehende Auflockerungswirkung zeigt sich insbesondere deutlich, wenn die bestehende Bezugsbindung in Form einer Ausschließlichkeit erscheint. Denn unter einer ausschließlichen Bezugsbindung darf der Abnehmer seinen Bedarf während der Vertragslaufzeit nicht parallel oder abweichend beim dritten Lieferanten decken. Aber die englische Klausel ermöglicht es dem Abnehmer, trotz der vereinbarten ausschließlichen Bezugsbindung vom dritten Lieferanten zu beziehen, falls der Lieferant nicht in die günstigeren Konkurrenzpreise oder -konditionen einsteigt. Der Bindungsgrad wird relativiert. Der Abnehmer kann dadurch die Abhängigkeit vom Lieferanten verringern.3 Trotz des Vorliegens einer Auflockerungswirkung wird die Bezugsbindung durch die englische Klausel nur abgeschwächt, aber nicht ganz aufgehoben.4 Denn der Abnehmer bleibt der Bezugsbindung noch ausgesetzt, wenn der Lieferant die bestehende Bezugsbindung aufrechterhalten will und von seinem Eintrittsrecht Gebrauch macht. b) Minderung der durch die Bezugsbindungsdauer entstehenden Nachteile Die Alleinbezugsvereinbarungen verhindern den Vertragsabschluss zwischen dem Abnehmer und einem dritten Lieferanten während der Laufzeit des Vertrages. Der Wettbewerb zwischen den Lieferanten wird in diesem vereinbarten Zeitraum ausgeschlossen.5 Diese wettbewerbsbeschränkende Folge kann durch die Verwendung einer englischen Klausel teilweise gemindert werden, insbesondere wenn die Vertragsdauer der Bezugspflichten relativ lang vereinbart wird.6 2 Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16; Kirchhoff, WuW 1995, S. 361, 368, 370; Ritter/Braun, European competition Law: A practitioner’s guide, 3. Aufl. 2004 (The Hague, Kluwer), S. 464; Ritter/Braun/Rawlinson, Supplement to European Competition Law (2. Aufl. 2000), 2003, S. 33 f., 44 f.; Clark, Price Fixing without Collusion: An Antitrust Analysis of Facilitating Practices after Ethyl Corp., Wisconsin Law Review, 1983, S. 887, 935. Grundlegend: Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 71, abrufbar unter . 3 Ritter, Langfristige Liefer- und Bezugsverträge im Energierecht und ihre Beurteilung nach den EG-Wettbewerbsregeln, RdE, 1995, S. 50, 56. 4 Rahlmeyer in: Martinek/Semler (Hrsg.), § 30 Rdnr. 14; Köhler, Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen beim Energievertrieb, WuW 1999, S. 445, 452. Grundlegend auch: Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 2005, VO 2790/1999 Art. 1 Rdnr. 4. 5 KOM EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 59 BP-Kemi/DDSF.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
Denn dem Abnehmer wird beim Nichteintritt des Lieferanten ein Kündigungsrecht eingeräumt. Der Abnehmer wird vor Ablauf der Vertragslaufzeit von der Abnahmepflicht befreit. Infolgedessen ist er berechtigt, die günstigeren Konkurrenzangebote einzuholen, ohne einen Geschäftsabbruch oder andere Wirtschaftsnachteile zu erleiden. Unter diesem Umstand wird die Vertragsdauer eines langfristigen Bezugsvertrages aus der Sicht des Abnehmers in der Tat abgekürzt. Die Gewährung einer Ausstiegsmöglichkeit aus der Bezugsbindung vor Ablauf der Vertragslaufzeit verstärkt den Anreiz des Abnehmers, in eine langfristige Liefer- und Bezugsbeziehung einzutreten. 2. Gewährleistung der marktgerechten Vertragspreise oder -konditionen für den Abnehmer a) Interessenlage beim Abnehmer Unter der Liefer- und Bezugsbeziehung ist der Abnehmer vor Ablauf der Festlaufzeit an Vertragspreise und -konditionen gebunden. Aber der Lieferant kann während der Vertragslaufzeit nicht stets bereit oder in der Lage sein, seine Angebote nach den aktuellen Marktentwicklungen entsprechend zu gestalten. Die vereinbarte Bezugsbindung könnte nachträglich für den Abnehmer unakzeptabel sein, wenn der Abstand zwischen Vertrags- und Marktpreis zu groß ist. Der Abnehmer wird wettbewerblich insbesondere dann benachteiligt, wenn sein Konkurrent auf dem Markt eine günstigere Bezugsquelle erhält. Unter diesen Umständen will der Abnehmer nicht weiterhin an die ungünstigen vorliegenden Vertragspreise oder -konditionen gebunden sein, selbst wenn diese von den Vertragsparteien einvernehmlich im Vertrag festgelegt worden sind. b) Preisgewährleistung durch die englische Klausel Beim Nichteintritt des Lieferanten ist der Abnehmer unter der englischen Klausel nicht mehr an die bestehende Bezugsbindung gebunden. Der Abnehmer darf seinen Bedarf anderweitig decken, ohne günstigere Konkurrenzangebote zu verpassen. Wenn der Lieferant demgegenüber in die Konkurrenzpreise oder -konditionen einsteigen will, kann der Abnehmer beim Lieferanten aber mit den Konditionen des dritten Lieferanten beziehen, ohne günstigere aktuelle Marktpreise zu verpassen. Durch die Vertragsanpassung wird der Abnehmer nicht mehr durch den ungünstigen Vertragspreis benachteiligt. Der Vorteil eines langfristigen Liefervertrags, eine stabile Bezugsquelle zu sichern, bleibt noch erhalten.
6
EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 104 Hoffmann-La Roche.
A. Vorteile der englischen Klausel aus Sicht der Vertragsparteien
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Daher gewährleistet die englische Klausel dem Abnehmer, dass er jederzeit auf dem Markt entweder vom Lieferanten oder vom dritten Lieferanten zu marktgerechten günstigeren Preisen oder Konditionen beliefert wird.7 Im Vergleich zu einem Liefervertrag mit Fixpreis sind solche durch die englische Klausel eingeführten Vertragsanpassungs- und Ausstiegsmöglichkeiten begrüßenswert für den Abnehmer, um einen langfristigen und ausschließlichen Bezugsvertrag abzuschließen. c) Risikoabwälzung bei der Preissenkung Die englische Klausel schützt den Abnehmer vor einem ungünstigeren Vertragspreis im Vergleich zum aktuellen Marktpreis. Daher dient die englische Klausel der Abwälzung des Risikos der Marktpreissenkung auf den Lieferanten.8 Davon profitiert nur der Abnehmer einseitig, da der Lieferant unter der englischen Klausel keine Chance hat, seinen Vertragspreis beim Marktpreisanstieg auf den höheren Marktpreis abzustimmen, solange keine andere Anpassungsmöglichkeit vereinbart wird. Da der Lieferant unter der englischen Klausel allein das Risiko von Preisschwankungen trägt, wird das Gleichgewicht des Interessenstandes zwischen dem Abnehmer und dem Lieferanten grundlegend verändert. d) Anreiz zum früheren Eintritt in die langfristige Bezugsbeziehung Wenn der Marktpreis schwankt, wartet der Abnehmer auf eine Preissenkung am Markt. Daher würde er nicht sofort mit dem Lieferanten in eine Liefer- und Bezugsbeziehung eintreten. Der Abnehmer deckt seinen Bedarf eher durch eine Reihe von einmaligen Geschäften auf dem Spot-Markt als durch eine langfristige Bezugsbindung. Durch die Vereinbarung einer englischen Klausel im langfristigen Bezugsvertrag wird dem Abnehmer gewährleistet, dass er den Vorteil der Preissenkung auf dem Markt durch den Preiseintritt des Lieferanten erhalten kann. Die Unsicherheit des Abnehmers für die Entwicklung des Marktpreises wird gemindert. Darüber hinaus kann der Abnehmer davon überzeugt werden, dass der vom Lie7 Kirchhoff, WuW 1995, S. 361, 368, 370; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rdnr. 274; Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with Competitor-Based Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 609 f. 8 Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with Competitor-Based Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 625; Sargent, Economics Upside-Down: Low Price Guarantees as Mechanisms for Facilitating Tacit Collusion, University of Pennsylvania Law Review, Vol. 141, 1993, S. 2055, 2085.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
feranten abgegebene Preis der niedrigste auf dem Markt ist, da der Lieferant eintrittswillig und -bereit ist.9 Die Absatzstrategie des Lieferanten, die die Bereitschaft eines Eintritts in die günstigeren Konkurrenzangebote zeigt, macht einerseits die Konkurrenzangebote weniger attraktiv.10 Der Abnehmer wird nicht auf die günstigeren Gelegenheitsangebote auf dem Spot-Markt warten. Andererseits führt solch eine Preisgewährleistung dazu, dass der Abnehmer die Vertragsgegenstände früher beziehen11 und in die Liefer- und Bezugsbeziehung eintreten will. Aber der gesamte Bedarf des Abnehmers vermehrt sich nicht durch die Vereinbarung einer solchen Eintrittsklausel.12 3. Beschleunigung der Preissenkung In einer wettbewerblichen Marktstruktur führt die englische Klausel zur Preissenkung. Die Mitteilung seitens des Abnehmers ermöglicht dem Lieferanten eine ständige und dauerhafte Beobachtung der Preisentwicklung auf dem Markt. Der Einblick in die Konkurrenzpreise oder -konditionen in der wettbewerblichen Marktstruktur ermöglicht eine sofortige Reaktion des Wettbewerbers, so dass dadurch der Wettbewerb zwischen den Lieferanten verstärkt wird. Wenn auf dem Markt keine Kollusion zwischen den Lieferanten vorhanden ist oder solch eine Kollusion bereits ausscheidet, beschleunigt die englische Klausel die Senkung der ursprünglich höheren Preissetzung auf ein niedrigeres Niveau.13 Dadurch wird der Abnehmer begünstigt.
9 Hess/Gerstner, Price-matching Policies: An Empirical Case, Managerial and Decision Economics, Vol. 12, 1991, S. 305. 10 Grundlegend: Hovenkamp, Federal Antitrust Policy: the law of competition and its practice, 2. Aufl. 1999 (St. Paul, West Group), S. 184. 11 Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with Competitor-Based Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 611; Sargent, Economics Upside-Down: Low Price Guarantees as Mechanisms for Facilitating Tacit Collusion, University of Pennsylvania Law Review, Vol. 141, 1993, S. 2055, 2075. 12 Hess/Gerstner, Price-matching Policies: An Empirical Case, Managerial and Decision Economics, Vol. 12, 1991, S. 305, 306. 13 Clark, Price Fixing without Collusion: An Antitrust Analysis of Facilitating Practices after Ethyl Corp., Wisconsin Law Review, 1983, S. 887, 935; Sargent, Economics Upside-Down: Low Price Guarantees as Mechanisms for Facilitating Tacit Collusion, University of Pennsylvania Law Review, Vol. 141, 1993, S. 2054, 2071. Grundlegend auch: Corts, On the Competitive Effects of Price-matching Policies, International Journal of Industrial Organization, Vol. 15, 1996, S. 283, 298; Jain/Srivastava, An Experimental and Theoretical Analysis of Price-Matching Refund Policies, Journal of Marketing Research, Vol. 37, Nr. 3, 2000, S. 351, 361 f.; Hviid/Shaffer, Hassle Costs: The Achilles’ Heel of Price-Matching Guarantees, Journal of Economics & Management Strategy, Vol. 8, 1999, S. 489, 515. A. A.: Kaplan, Effective Price-matching: a comment, International Journal of Industrial Organization, Vol. 18, 2000, S. 1291, 12912 f.
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4. Vermeidung der Kosten für den Wechsel der Bezugsquelle Selbst wenn keine englische Klausel in der Bezugsbindung vereinbart wird, ist es in der Praxis auch üblich, dass der Abnehmer dem Lieferanten eine letzte Chance in Form einer Preiseintrittsmöglichkeit aktiv einräumen will, bevor der Abnehmer die Bezugsquelle wechselt.14 Die Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbeziehung kann beim Abnehmer beliebt sein. Denn ein Wechsel der Bezugsquelle bedeutet für den Abnehmer, dass die Verwaltungskosten steigen und seine vorherigen Erfahrungen aufgegeben werden müssen. Ein vernünftiger Abnehmer wird den Aufwand für den Wechsel des Lieferanten nicht auf sich nehmen.15 Es entspricht dem Interesse des Abnehmers, die Liefer- und Bezugsbeziehung mit dem gegenwärtigen Lieferanten weiter aufrechtzuerhalten, falls er mit dem Konkurrenzangebot gleichziehen will. Nach der englischen Klausel verpflichtet sich der Abnehmer, dem Lieferanten eine letzte Chance zu geben, um die Vertragskonditionen zu verbessern. Wenn der Lieferant das Zugeständnis machen will, an die Konkurrenzangebote anzupassen, kann der Abnehmer sowohl den marktgerechten Einkaufspreis erhalten als auch den Aufwand für den Wechsel der Lieferquelle vermeiden. Aus dieser Sicht entspricht die Aufrechterhaltung der Bezugsbindung durch die englische Klausel dem Interesse des Abnehmers.
II. Die Vorteile der englischen Klauseln aus der Sicht des Lieferanten 1. Aufrechterhaltung der bestehenden Liefer- und Bezugsbeziehung a) Vermeidung der Herausdrängung aus der bestehenden Vertragsbeziehung Der konkurrierende Lieferant initiiert den Wettbewerbsvorstoß durch eine Preissenkung, um in die vorliegende Liefer- und Bezugsbeziehung zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer einzubrechen. Die englische Klausel räumt dem Lieferanten die Möglichkeit ein, die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung aufrechtzuerhalten. Die englische Klausel ermöglicht es dem Lieferanten, rechtzeitig auf das Konkurrenzangebot zu reagieren, ohne Gefahr zu laufen, seinen Kunden zu ver14 Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996, S. 172; ders. Coopetition – kooperativ konkurrieren, übersetzt von Rastalsky, 1996, S. 188. 15 In diesem Sinne: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, 137 Stadtwerke Krefeld = RdE 2000, S. 83, 84 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182, 183.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
lieren. Wegen der Vorrangigkeit des Lieferanten bei der Ausübung seines Eintrittsrechts ist der Abnehmer weiter an den vorliegenden Bezugsvertrag gebunden und muss sich daran halten. Dem Lieferanten wird gewährleistet, dass sein Kunde nicht einfach durch ein günstigeres Konkurrenzangebot vom konkurrierenden Lieferanten abgeworben werden kann. Mit Hilfe des Eintrittsrechts holt der Lieferant den Zeitvorsprung des konkurrierenden Lieferanten auf und behält den Marktanteil weiter.16 Daher kann der Lieferant durch die Verwendung einer englischen Klausel in den Bezugsbindungsverträgen vermeiden, dass er passiv aus der vorliegenden Vertragsbeziehung herausgedrängt wird.17 Darüber hinaus wird der Versuch des Wettbewerbers, mit dem Lieferanten um den potenziellen Kunden zu konkurrieren, auch zum Scheitern gebracht, da durch die Mitteilung des Abnehmers die Verzögerung zwischen dem Wettbewerbsvorstoß des konkurrierenden Lieferanten und der Entdeckung und der Reaktion durch den Lieferanten verringert wird.18 Der Lieferant kann sofort seine marktweite Absatzstrategie auf die durch die englische Klausel erlangten Informationen einstellen. b) Strategische Behinderung der bestimmten Kundenabwerbung Nach der englischen Klausel kann der Abnehmer unter dem Alleinbezugsvertrag nur dann den Bezugsvertrag mit dem konkurrierenden Lieferanten abschließen, wenn die bestehenden Vertragskonditionen weniger günstig sind und der Lieferant nicht an sie anpassen will. Daher steht die Ausübung eines Eintrittsrechts einem Vetorecht bzw. einem Zustimmungsrecht hinsichtlich des Fremdbezugs gleich. Der Lieferant kann entscheiden, bei welchen Abnehmern es sich lohnt, die Ressourcen konzentriert einzusetzen und die bestehende Vertragsbeziehung durch die Preisherabsetzung aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten bleibt der Lieferant in seiner Entscheidung völlig frei, ob er den Vertragsabschluss zwischen seinem Kunden und dem dritten Wettbewerber strategisch behindern will.19
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Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 426. Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16. 18 Salop, Practices that (Credibly) Facilitate Oligopoly Co-ordination, in: Stiglitz/ Mathewson (Hrsg.), New Developments in the Analysis of Market Structure – Proceedings of a conference held by the International Economic Association in Ottawa, Canada, 1986 (London, Macmillan), S. 265, 280. 19 Jung in: Grabitz/Hilf, Art. 82 EGV Rdnr. 176; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 82 EGV Rdnr. 217; Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996, S. 174; ders. Coopetition – kooperativ konkurrieren, übersetzt von Rastalsky, 1996, S. 190. Grundlegend: EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 107 Hoffmann-La Roche. 17
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c) Vermeidung einer marktweiten Vertragsanpassung Durch die Ausübung eines Eintritts braucht der Lieferant nur auf das bestimmte einzelne Abwerbungsverhalten seitens des Wettbewerbers zu reagieren. Die automatische Gewährung einer marktweiten Vertragsanpassung mit allen Kunden ist für ihn nicht nötig. Der Verlust durch eine marktweite Preissenkung wird dadurch vermieden. Selbst wenn der Wettbewerber marktweit günstigere Angebote gewährt, braucht der Lieferant den Vertrag auch nur mit demjenigen Kunden anzupassen, der sich der günstigeren Konkurrenzangebote bewusst ist und den Eintritt in diese begehrt. 2. Minderung des Anreizes zum opportunistischen Verhalten und Vermeidung eines Vertragsbruchs des Abnehmers Selbst wenn eine Bezugsbindung und eine Vertragsstrafe in dem Liefer- und Bezugsvertrag vorgeschrieben werden, kann der Abnehmer bei der Abwesenheit einer englischen Klausel den Anreiz haben, seine Annahmepflicht opportunistisch zu verletzen und seinen Bedarf beim dritten Lieferanten zu decken, falls der Vertragspreis vom Marktpreis abweicht und die durch den Fremdbezug entstehenden Vorteile die durch Vertragsbruch entstehenden Nachteile ausgleichen kann. Solch eine Vertragsverletzung des Abnehmers kann für den Lieferanten eine Erhöhung der Verwaltungskonten bedeuten. Die Vertragsanpassungsmöglichkeit durch den Eintritt in die Konkurrenzangebote reduziert den Anreiz des Abnehmers, die bestehende Abnahmepflicht wegen des Auftritts eines günstigeren Konkurrenzangebotes während der Vertragslaufzeit nicht mehr einzuhalten, um die Bezugsquelle zu wechseln.20 Ein Vertragsbruch seitens des Abnehmers wird dadurch vermieden. Denn die durch den Fremdbezug entstehenden Vorteile werden in den bestehenden Bezugsvertrag übertragen, wenn dieser an die Konkurrenzangebote angepasst wird. Die Vereinbarung einer Anpassungsmöglichkeit in Form einer englischen Klausel dient dazu, dass der Abnehmer die Abnahmepflicht einhalten will. Der Lieferant kann davon profitieren. 20 Zur Eintrittsklausel siehe: Goldberg/Erickson, Quantity and Price Adjustment in Long-Term Contracts: A Case Study of Petroleum Coke, The Journal of Law and Economics, Vol. 30, 1987, S. 369, 387 f.; Crocker/Lyon, What Do „Facilitating Practices“ Facilitate? An Empirical Investigation of Most-Favored-Nation Clauses in Natural Gas Contracts, Journal of Law and Economics, Vol. 37, 1992, S. 297, 303. Zur Anpassungsklausel siehe: Goldberg, Price Adjustment in Long-Term Contracts, Wisconsin Law Review, 1985, S. 527, 532; Joskow, Price Adjustment in Long-term Contract: The Case of Coal, Journal of Law and Economics, Vol. 31, 1988, S. 47, 51; Masten, Equity, Opportunism, and the Design of Contractual Relations, Journal of Institutional and Theoretical Economies (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft), Vol. 144, 1988, S. 180, 187.
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3. Erleichterung der Festlegung der eigenen Absatzstrategie Ursprünglich muss sich der Lieferant bemühen, seine Absatzpolitik oder -strategie nach den Kosten, erwünschten Gewinnen und Marktentwicklungen wie Vertragspreise oder Konditionen zu finden, festzulegen und diese ständig zu korrigieren. Die englische Klausel ermöglicht es dem Lieferanten, seine Absatzpolitik oder -strategie auf die des Wettbewerbers einzustellen.21 Der Lieferant kann auf die Mitteilung der Einzelheiten der günstigeren Konkurrenzangebote durch den Abnehmer warten, da sich der Abnehmer unter der englischen Klausel verpflichtet, die Einzelheiten der günstigeren Konkurrenzangebote offen zu legen, bevor er eine Vertragsanpassung verlangt oder ein Kündigungsrecht erhält. Der Eintritt in die Konkurrenzangebote führt dazu, dass sich die Marktstrategie des Lieferanten an der des Wettbewerbers orientiert, so dass sich der Lieferant die Bemühung um die Festlegung seiner eigenen Marktstrategie ersparen kann. 4. Vermehrung des Umsatzes und Steigerung des Gewinns Die Verwendung einer englischen Klausel kann zur Vermehrung des Umsatzes eines Lieferanten führen, da die Gewährung einer Anpassungsmöglichkeit für den Abnehmer attraktiv ist, um seinen Bedarf beim Lieferanten zu decken. Der Lieferant kann seinen Gewinn mit Hilfe der englischen Klausel noch weiter steigern. In der Wettbewerbsstruktur sollen die Vertragspreise auf ein Wettbewerbsniveau gesetzt werden. Aber unter der englischen Klausel kann der Lieferant auch einen Anreiz haben, die Verkaufspreise beim Vertragsabschluss höher zu setzen, da eine Zusicherung der Anpassung an die Konkurrenzpreise schon ausreichend sein kann, um einen langfristigen Bezugsvertrag zu erhalten. Der Lieferant braucht nicht von Anfang an einen konkurrenzfähigen niedrigeren Preis zu setzen, um Kunden zu gewinnen.22 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Abnehmer keine ausreichenden Informationen über die Kostenstruktur und die Marktpreise der Vertragsgegenstände hat, so dass die Kenntnisse zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer nicht symmetrisch sind. Der Lieferant braucht den Vertragspreis erst dann auf ein marktgerechtes Niveau herabzusetzen, wenn ein günstigeres Angebot für seinen Abnehmer auf dem Markt auftritt. Vor der Entdeckung eines günstigeren Konkurrenzangebotes durch den Abnehmers kann der Lieferant seinen Gewinn durch erhöhte Preissetzungen noch weiter steigern. 21 In diesem Sinne: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 82 EGV Rdnr. 217. 22 Grundlegend zur Eintrittsklausel: Edlin, Do Guaranteed-Low-Price Policies Guarantee High Prices, and Can Antitrust Rise to the Challenge?, Harvard Law Review, Vol. 111, 1997, S. 528, 531.
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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III. Zusammenfassung Die Vereinbarung einer englischen Klausel im Bindungsvertrag ist in erster Linie für den Abnehmer vorteilhaft. Die Vorteile für den Abnehmer liegen hauptsächlich in der Auflockerung der Bezugsbindung und in der Gewährleistung der marktgerechten Vertragspreise oder -konditionen. Gleichwohl entstehen auch die Vorteile für den Lieferanten durch die Verwendung einer englischen Klausel. Sie verhindert, dass seine Kunden von dritten Lieferanten abgeworben werden. Der Anreiz eines Vertragsbruchs durch den Abnehmer wird dadurch gemindert, so dass der Lieferant auch in die günstigeren Konkurrenzangebote einsteigt. Daher wird die englische Klausel vom Abnehmer und vom Lieferanten angenommen und in der Liefer- und Bezugsbeziehung verwendet.
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel Obwohl die erwähnten Vorteile aus der Sicht des Abnehmer oder Lieferanten durch die englische Klausel entstehen können, bleibt deren Verwendung wettbewerbspolitisch und -rechtlich umstritten. Folgend werden zuerst der wettbewerbsrechtliche Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag dargestellt, so dass die durch eine englische Klausel entstehende wettbewerbsfreundliche und -schädliche Auswirkung beherrscht und richtig beurteilt werden kann. Anschließend werden die durch die englische Klausel entstehenden Bedenken dargestellt.
I. Wettbewerbsrechtlicher Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag 1. Funktioneller Zusammenhang mit dem Bezugsbindungsvertrag Der funktionelle Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag kann wettbewerbsrechtlich relevant sein, wenn es um die Feststellung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkung und der Rationalisierungsgrundlage einer englischen Klausel geht. Einerseits dient die Vereinbarung einer englischen Klausel dazu, dass der Abnehmer angesichts der Vertragsanpassungs- oder Ausstiegsmöglichkeit eine wettbewerbsbeschränkende Bezugsbindung in der Liefer- und Bezugsbeziehung annehmen und einhalten will. Andererseits bezweckt oder bewirkt die Ausübung des Eintrittsrechts des Lieferanten, die vorliegende Bezugsbindung aufrechtzuerhalten und den Vertragsabschluss zwischen dem Abnehmer und dem dritten Lieferanten zu behindern. Somit liegt ein wettbewerbsrechtlicher Zusammenhang zwischen der englischen Klausel und dem Bezugsbindungsvertrag vor.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
Daher ist die englische Klausel strukturell und funktionell ein Teil der ausschließlichen Bezugsvereinbarung, deren wettbewerbsbeschränkender Charakter aufgrund der Behinderung des konkurrierenden Lieferanten und deren Rationalisierungseffekt23 wettbewerbsrechtlich bekannt sind. Die Funktionen und Auswirkungen der englischen Klausel werden verkannt, falls sie von der Bezugsbindung des bestehenden Bezugsvertrages isoliert betrachtet werden. 2. Gesamtbetrachtung der Bezugsvereinbarung In diesem Zusammenhang liegt der wettbewerbsbeschränkende Charakter einer englischen Klausel bereits in der Einräumung eines Eintrittsrechts an den Lieferanten.24 Mit anderen Worten folgt die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung einer englischen Klausel aus der Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung. Daher ist es notwendig, die englische Klausel mit den anderen Einzelheiten im bestehenden Bezugsbindungsvertrag, insbesondere mit dem Bindungsgrad und der Vertragsdauer, einheitlich zu betrachten, um den Charakter und das Ausmaß der wettbewerbsbeschränkenden Auswirkung einer englischen Klausel im Einzelfall festzustellen. Aufgrund des funktionellen Zusammenhangs zwischen der englischen Klausel und der Bezugsvereinbarung ist es auch notwendig, die beiden Abreden bei der Festlegung des Rationalisierungseffekts einer englischen Klausel einheitlich zu betrachten.25 Daher ist bei Feststellung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters einer englischen Klausel nicht entscheidend, ob die auf die Offenlegungspflicht zurückzuführende Beseitigung des Geheimwettbewerbs vorliegt. Überdies wird der erwähnte wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel nicht dadurch verneint, selbst wenn der Abnehmer durch die Vertragsanpassung Vorteile wie günstigere Vertragspreise oder -konditionen erhalten kann. Die Methode einer Gesamtbetrachtung bzw. Gesamtschau der ausschließlichen Bezugsbindung mit der langfristigen Vertragsdauer und der englischen Klausel wurde vom OLG Düsseldorf in Bezug auf den nationalen Fall Stadtwerke Krefeld im Jahr 2003 verwendet, um den wettbewerbsbeschränkenden Charakter der genannten Abreden festzustellen. Die englische Klausel und die Alleinbezugspflicht stehen in einer Beziehungseinheit infolge ihres gemeinsa23
Siehe Teil 1, A. IV. In diesem Sinne: Köhler, Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen beim Energievertrieb, WuW 1999, S. 445, 452 f.; de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/ Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rdnr. 344; grundlegend auch: Säcker/Jaecks, Langfristige Energielieferverträge und Wettbewerbsrecht – Zur Leitbildfunktion der Schirm-GFVO für das deutsche Kartellverbot, 2002, S. 25; Säcker/Jaecks in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Energierecht, 2004, § 1 GWB (a. F.) Rdnr. 103. 25 Siehe Teil 5, C. II. 2. b) cc). 24
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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men Zwecks, den Abnehmer an sich zu binden.26 Dementsprechend betrachtet auch die Kommission im Fall BP-Kemi/DDSF die Wechselwirkungen zwischen Gesamtbedarfsdeckungsverpflichtung, Vertragsdauer und Eintrittsrecht im Bezugsvertrag einheitlich27, obwohl die Kommission den wettbewerbsbeschränkenden Charakter der englischen Klausel in der Offenlegungspflicht des Abnehmers betont28. 3. Die Lehre der akzessorischen Wettbewerbsbeschränkungen Die Lehre der akzessorischen Wettbewerbsbeschränkungen wird dadurch gekennzeichnet, dass eine als nicht-wettbewerbsbeschränkend abgefasste Vereinbarung auch vom Kartellverbot erfasst werden kann, falls sie die Durchsetzung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung ermöglicht, erleichtert oder sichert. Ein typischer Fall ist die Informationspflicht der zugelassenen Händler im selektiven Vertriebssystem, um die Einhaltung der Vertriebsbindung zu überwachen.29 Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel wird ebenso durch die Lehre der akzessorischen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegt, da die englische Klausel der Aufrechterhaltung der Ausschließlichkeit der Liefer- und Bezugsbeziehungen dient.
II. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klauseln 1. Aufrechterhaltung einer bestehenden Bezugsbindung durch die Ausübung eines Eintrittsrechts a) Zur Essenz des Eintrittsrechts in der einmaligen Geschäftsbeziehung Die Essenz eines Eintritts in die Konkurrenzangebote ist eine Preissenkung, die auf das Preisverhalten des Wettbewerbers reagiert.30 Solch ein Eintritt in die 26 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF – Wasser/Abwasser, 2004, S. 2, 5 unter aa) Stadtwerke Krefeld. Die Methode einer Gesamtschau aller wettbewerbsbeschränkenden Abreden findet seine Wurzel in: LG Mannheim, Urteil vom 16. 4. 1999, WuW/E DE-R 298, 300 Stromversorgung = ZNER 1999, S. 34, 35 = RdE 1999, 158, 159; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, WuW/E DE-R 854, 857 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = RdE 2002, S. 44, 45 f. 27 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 68 BP-Kemi/DDSF. 28 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF. 29 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 153 f.; Roth/Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 266, 268, Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 170, 172; Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 2005, Art. 81 EGV Rdnr. 77.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
Konkurrenzangebote selbst ist in der einmaligen Geschäftsbeziehung ein typisches Mittel für den Verkäufer, um den potentiellen Kunden zu gewinnen. Obwohl der Verkäufer durch den Eintritt dem Abnehmer eine Abnahmepflicht auferlegt, erhält der Verkäufer nur dieses einmalige Geschäft. Der Abnehmer ist nur bei diesem einmaligen Geschäft gebunden. Er kann noch bei einem anderen Geschäft nach seiner Entscheidung zwischen verschiedenen Quellen frei wählen. Im einmaligen Geschäftsverfahren ist es auch üblich, dass der Abnehmer im Verhandlungsverfahren dem Verkäufer die Einzelheiten der Konkurrenzangebote mitteilt, um einen möglichen Eintritt darin zu verlangen. Der Abnehmer will aufgrund seiner eigenen Geschäftsüberlegung (z. B. Zuverlässigkeit des Verkäufers) den Bedarf noch bei diesem Verkäufer decken, solange der Verkäufer in die Konkurrenzangebote eintritt. Daher wird der Verkäufer dem Abnehmer häufig bei der Verhandlung auch eine Eintrittsmöglichkeit versprechen, um die Chance eines Vertragsabschlusses mit dem potentiellen Kunden zu erhöhen. b) Eintrittsrecht zur Aufrechterhaltung einer Bezugsbindung Demgegenüber wirkt der Eintritt in die Konkurrenzangebote wettbewerbsbeschränkend, wenn das Eintrittsrecht mit einer über das einmalige Geschäft hinausgehenden Liefer- und Bezugsbeziehung verbunden ist. Unter dieser Fallkonstellation dient der Eintritt in die Konkurrenzangebote zur Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung. Dadurch bleibt der Absatz auf dem Markt weiter eingeschränkt, da die Absatzkanäle dem dritten konkurrierenden Lieferanten nicht mehr zur Verfügung stehen. Die erwähnte Auflockerung der Bezugsbindung durch die englische Klausel31 entsteht nur dann, wenn der Lieferant nicht in die Konkurrenzpreise oder -konditionen eintritt. Nicht zu übersehen konstituiert solch eine Ausstiegsmöglichkeit des Abnehmers unter der englischen Klausel den wichtigen Unterschied zu einer reinen Eintrittsklausel, die dem Abnehmer beim Nichteintritt des Lieferanten überhaupt kein Kündigungsrecht gewährt.32 Aber der Eintritt oder Nichteintritt in die Konkurrenzangebote liegt in der Hand des Lieferanten. Der Abnehmer ist nicht wegen des Auftritts eines günstigeren Angebotes automatisch von der Abnahmepflicht befreit. Solange der Lieferant im Einzelfall immer eintrittswillig ist, ist der Abnehmer stets an die bestehende Bezugsbindung gebunden. Daher existiert die Ausstiegsmöglichkeit nur scheinbar, so dass die Auflocke30 Temple Lang/O’Donoghue, Defining Legitimate Competition: How to Clarify Pricing Abuses under Article 82 EC, Fordham International Law Journal, Vol. 26, 2002, S. 83, 103. 31 Siehe oben A. I. 1. a). 32 Siehe oben Teil 1, B. IV. 2. b).
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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rungswirkung der englischen Klausel überschätzt sein kann. Unter diesen Umständen dient die englische Klausel nur dem Mechanismus der Vertragsanpassung und Aufrechterhaltung der vorliegenden Bezugsbindung. c) Kundenaufteilung zwischen Lieferanten Die englische Klausel verhindert die Kundenabwerbung seitens des Wettbewerbers. Falls die englische Klausel branchenweit verwendet wird, kann der einzelne Lieferant auf dem Markt nur seinen eigenen bestehenden Kunden beliefern, da eine gegenseitige Kundenabwerbung ausgeschlossen ist. Eine gegenseitige Kundenaufteilung entsteht durch die parallele Verwendung einer englischen Klausel zwischen den Lieferanten, so dass der Markt aufgeteilt wird, selbst wenn die Lieferanten darüber nichts vereinbart haben. d) Abschreckungswirkung durch die Ausübung des Eintrittsrechts und den marktweiten Eintritt Ein Abschreckungseffekt kann aus dem Eintrittsrecht der englischen Klausel entstehen. Denn durch den Eintritt in die Konkurrenzangebote erhält der eine englische Klausel verwendende Lieferant gegenüber dem konkurrierenden Lieferanten das Vorrecht, den Abnehmer zu beliefern, so dass die Kundenabwerbung seitens des Wettbewerbers behindert wird. Die Mühe des konkurrierenden Lieferanten könnte vergeblich sein, selbst wenn ein Nichteintritt des Lieferanten nicht ausgeschlossen ist. Daher muss der konkurrierende Lieferant stets mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, dass der Lieferant um jeden Preis in jegliche Konkurrenzpreise und -konditionen einsteigen will. Der konkurrierende Lieferant kann daher im Einzelfall entmutigt werden, ein günstigeres Angebot an die Kunden des Lieferanten abzugeben, wenn der konkurrierende Lieferant Kenntnis davon bekommt, dass der Lieferant eine englische Klausel im Liefervertrag verwendet.33 Obwohl sich die Ausübung des Eintrittsrechts nur auf die Aufrechterhaltung der einzelnen bestehenden Liefer- und Bezugsbeziehungen bezieht, kann die Abschreckungswirkung über dieses Maß hinausgehen. Denn die Verwendung der englischen Klausel dient auch dem Zweck, dass der Lieferant ständig Kenntnis von den Einzelheiten der Konkurrenzangebote nehmen kann. Aufgrund der erlangten Information über die Konkurrenzangebote versetzt sich der eine englische Klausel verwendende Lieferant auch in die Lage, seine Absatz33 Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 72, erhältlich unter . In diesem Sinne zur Abschreckungswirkung: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 65 BP-Kemi/DDSF.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
politik marktweit an die Konkurrenzangebote anzupassen, so dass der wettbewerbliche Vorsprung des Wettbewerbers marktweit erlischt. Die Drohung solch eines marktweiten Eintritts seitens des Lieferanten kann im Einzelfall den Anreiz des Wettbewerbers mindern, als Erster günstigere Konkurrenzangebote auf den Markt zu bringen. Dadurch wird die Wettbewerbsintensität gemindert. e) Freie Entscheidung des Lieferanten über die Zulassung des Wettbewerbs Nach der englischen Klausel bleibt es dem Lieferanten strategisch völlig frei, nach seiner Wahl zu entscheiden, ob er sich auf den Wettbewerb einlassen will oder nicht.34 Denn bei der Wahrnehmung eines Fremdbezugs des Abnehmers kommt es darauf an, ob der Lieferant sein Eintrittsrecht ausüben will. Einerseits ermöglicht die englische Klausel dem Lieferanten seine begrenzten Ressourcen auf wichtige Kunden zu konzentrieren, um zu verhindern, dass er selbst von der bedeutenden Geschäftsbeziehung herausgedrängt wird.35 Andererseits ist der Lieferant auch in seiner Entscheidung frei, zu wählen, welche Abnehmer er gefahrlos der Konkurrenz überlässt.36 Der Zugang zu den Märkten für die Konkurrenten hängt von der Entscheidung des Lieferanten ab. Darüber hinaus können die wettbewerbsrechtlichen Bedenken in der Ausgestaltung der englischen Klausel liegen, wenn das Ausmaß der zu berücksichtigenden Fremdangebote zu gering ist.37 Der Zugang zu den Märkten oder Absatzkanälen wird für den dritten Lieferanten oftmals nur scheinbar möglich, falls eine solche Fremdbezugsmöglichkeit des Abnehmers nach Qualität, Menge, Dauer oder Herkunft übermäßig eingeschränkt ist. 2. Ungleichbehandlung des Abnehmers ohne Besitz von Marktinformationen Nach der englischen Klausel erhält nur derjenige Abnehmer die Anpassungsmöglichkeit, der ein günstigeres Konkurrenzangebot erhält und den Lieferanten darüber informiert. Daher dient eine englische Klausel als Anreiz für den Ab34 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 107 Hoffmann-La Roche; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF; Möschel in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 86 EGV Rdnr. 197. 35 Das Beispiel wie in: KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25. Vitamine; KOM EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 37 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1825); KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 120 f. Natriumkarbonat/Solvay. 36 Jung in: Grabitz/Hilf, Das Recht der europäischen Union, EL 17 2001, Art. 82 Rdnr. 176; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 82 EGV Rdnr. 217. 37 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 105 Hoffmann-La Roche; Schröter in: Schröter/ Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 82 EGV Rdnr. 218.
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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nehmer, ein Konkurrenzangebot auf dem Markt weiter zu suchen und zu vergleichen. Der Abnehmer kann dieses nach mühevoller Suche oder zufällig auf dem Markt finden und den Eintritt in dieses verlangen. Demgegenüber kann es auch möglich sein, dass einige Abnehmer nicht nach günstigeren Konkurrenzangeboten auf dem Markt gesucht haben. Dies kann auf die irrige Vorstellung des Abnehmers zurückzuführen sein, dass die Existenz einer Eintrittsklausel im Bezugsvertrag andeuten könnte, dass der Vertragspreis der günstigste auf dem Markt sei.38 Im Ergebnis können die Abnehmer in zwei Gruppen gegliedert werden – die Abnehmer, die im Besitz von Informationen bezüglich des bestehenden günstigeren Angebotes sind und die Abnehmer, die keine Kenntnis über diese Informationen erlangt haben. Dies führt dazu, dass durch die Verwendung der englischen Klausel die Abnehmer mit Informationen und die ohne Informationen unterschiedlich behandelt werden können.39 Unter der englischen Klausel kann ein Abnehmer dadurch benachteiligt werden, dass er womöglich keine Informationen bezüglich des günstigeren Konkurrenzangebots erhält, während der andere Abnehmer mit diesen Informationen durch die Vertragsanpassung begünstigt werden kann. Im Ergebnis ermöglicht die englische Klausel dem Lieferanten eine Unterscheidung zwischen seinen Abnehmern, um mehr vom Abnehmer ohne Marktinformationen zu profitieren.40 Solch eine unterschiedliche Behandlung ist nur dem Besitz der Marktinformationen zugrunde zu legen und nicht kostenbezogen, so dass ein kartellrechtliches Bedenken insbesondere dann vorliegt, wenn die unterschiedliche Behandlung von einem marktbeherrschenden Lieferanten ausgeübt wird.
38 Belton, A Model of Duopoly and Meeting or Beating Competition, International Journal of Industrial Organization, Vol. 5, 1987, S. 399, 401. 39 Belton, A Model of Duopoly and Meeting or Beating Competition, International Journal of Industrial Organization, Vol. 5, 1987, S. 399, 401; Png/Hirshleifer, Price Discrimination through Offers to Match Price, The Journal of Business, Vol. 60 Nr. 3, 1987, S. 365, 366; Hess/Gerstner, Price-matching Policies: An Empirical Case, Managerial and Decision Economics, Vol. 12, 1991, S. 305, 306; Levy/Gerlowski, Competition, Advertising and Meeting Competition Clauses, Economics Letters, Vol. 37, 1991, S. 217, 219; Edlin, Do Guaranteed-Low-Price Policies Guarantee High Prices, and Can Antitrust Rise to the Challenge?, Harvard Law Review, Vol. 111, 1997, S. 528, 537; Baye, Managerial Economics & Business Strategy, 3. Aufl. 2000 (Boston, McGraw-Hill), S. 428 f.; OECD, Background Note: will a greater degree of price transparency help or harm buyers?, in: Price Transparency, 2001, S. 36, abrufbar unter . 40 Edlin, Do Guaranteed-Low-Price Policies Guarantee High Prices, and Can Antitrust Rise to the Challenge?, Harvard Law Review, Vol. 111, 1997, S. 528, 537.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
3. Künstliche Erhöhung der Markttransparenz durch die Offenlegungspflicht des Abnehmers a) Offenlegungspflicht des Abnehmers Durch die Vereinbarung der englischen Klausel wird der Abnehmer gezwungen, die Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen zu legen, bevor er vom Lieferanten eine Vertragsanpassung durch den Eintritt in die Konkurrenzangebote verlangt. Der Abnehmer ist verpflichtet, den Lieferanten über die Einzelheiten der Konkurrenzangebote – wie Preis, Menge und Namen des Konkurrenten – zu unterrichten. Unter dieser Offenlegungspflicht wird der Abnehmer veranlasst, für den Lieferanten die Marktinformationen zu sammeln und das Verhalten des konkurrierenden Lieferanten zu überwachen, um die Gegenleistungen dafür, wie die Vertragsanpassung oder die Befreiung von der Bezugsbindung, zu erlangen. Die Auferlegung solch einer Mitteilungspflicht neben der Bezugspflicht an den Abnehmer kann im Einzelfall als übermäßig angesehen werden.41 Wie der EuGH im Fall Hoffmann-La Roche betont, kann der Abnehmer ein Geschäftsinteresse daran haben, die Einzelheiten der Konkurrenzangebote nicht offen zu legen.42 Dieses Interesse kann aus der Vorvertragspflicht oder aus der vereinbarten Schweigepflicht zwischen dem Abnehmer und dem dritten Lieferanten abgeleitet werden, wenn der dritte Lieferant seine Geschäftskonditionen geheim halten will. Der Ruf des Abnehmers wird geschädigt, wenn der Abnehmer die Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen legt, so dass er in Zukunft nicht mehr die günstigeren Konkurrenzangebote erhält.43 Darüber hinaus kann der Abnehmer gegenüber dem Lieferanten eine größere Preisherabsetzung erzielen, wenn der Abnehmer die Einzelheiten der Konkurrenzangebote im Geheimen hält. Die Handlungsfreiheit des Abnehmers durch die englische Klausel wird dadurch eingeschränkt. Ein wettbewerbsrechtliches Bedenken liegt daher vor. b) Erhöhung der Markttransparenz Die Offenlegungspflicht des Abnehmers in der englische Klausel ermöglicht dem Lieferanten, die Informationen über die ganze Marktlage und das Vorgehen des dritten Lieferanten ohne weiteres zu erhalten.44 Die Markttransparenz wird 41 In diesem Sinne: Gegenerwiderung der Kommission, in: EuGH Slg. 1979, S. 461, 496 Hoffmann-La Roche. 42 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 107 Hoffmann-La Roche. 43 Cummings/Ruhters, The Northern Pacific Case, Journal of Law and Economics, Vol. 22, Nr. 2, 1979, S. 329, 344. 44 EuGH Slg. 1979, S. 461, Tz. 107 Hoffmann-La Roche; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF.
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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für den Lieferanten einseitig künstlich erhöht.45 Dadurch gewinnt der Lieferant einen Einblick in Konkurrenzkonditionen, die er sonst unter normalem Marktverfahren nicht erhalten hätte.46 Selbst wenn der Lieferant nicht in die Konkurrenzangebote eintritt, erhält er trotzdem Kenntnis über das vertrauliche Geschäftsgeheimnis und die Marktstrategie des konkurrierenden Lieferanten. Mit anderen Worten liegt eines der Ziele der englischen Klausel für den Lieferanten darin, die Einzelheiten über die Konkurrenzangebote in Erfahrung zu bringen. Die Erlangung der Marktstrategie des Wettbewerbers ermöglicht es, dass der Lieferant seine Marktstrategie alsbald marktweit an diese anpasst. Demgegenüber wird der Wettbewerber nur die Mitteilung erhalten, ob der Lieferant sein Eintrittsrecht ausgeübt hat. Selbst wenn die Anonymität des dritten Lieferanten im Einzelfall gewährleistetet wird, sind die Konkurrenzpreise und -konditionen schon offengelegt worden. Der Geheimwettbewerb zwischen den Lieferanten wird dadurch aufgehoben.47 Ein wettbewerbsrechtliches Bedenken gegen die englische Klausel liegt daher vor. c) Motivverstärkung eines parallelen Preisverhaltens und Erleichterung der Kollusion zwischen den Lieferanten aa) Parallele Preisverhalten zwischen Lieferanten in der geschwächten Marktstruktur In dem Markt mit einer geschwächten Marktstruktur tendiert der Lieferant dazu, sich an den höheren Preis anzupassen, ohne eine Vereinbarung zwischen den Lieferanten eingehen zu müssen.48 Denn wenn ein Lieferant dies nicht tut, könnten die anderen Wettbewerber durch den Eintritt in dessen Preis oder sogar durch eine Unterbietung reagieren. Ähnlich führt das Initiieren eines Preisvorstoßes in solch einer geschwächten Marktstruktur dazu, dass der Gewinn branchenweit erheblich reduziert wird, während der vorstoßende Wettbewerber seinen Marktanteil nicht erweitern kann. Um die Vergeltungsmaßnahmen seitens anderer Wettbewerber und das Erleiden der reduzierten Gewinne zu vermeiden, folgt ein Lieferant vielmehr gerne parallel der höheren Preisentwicklung auf dem Markt. Mit anderen Worten tritt der Wettbewerber in die höhere Preisbestimmung des Preisführers ein. Die Markttransparenz in solch einer geschwäch-
45 Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 425; Möschel in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Art. 86 EGV (a. F.) Rdnr. 197. 46 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF. 47 Siehe Teil 4, C. III. 48 Kommission, Leitlinien vom 5. 2. 2004 zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, EUABl. C 31/5, Tz. 39.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
ten Marktstruktur erleichtert solch ein paralleles Preisverhalten zwischen Lieferanten, da jegliches Preisverhalten allen Marktteilnehmern bekannt ist. bb) Motivverstärkung eines parallelen Preisverhaltens durch die englische Klausel Wie erwähnt, wird die Markttransparenz durch die englische Klausel erhöht. Die Verbindung aus Eintrittsklausel und Offenlegungspflicht in der englischen Klausel ermöglicht dem Lieferanten, die aktuellen günstigeren Konkurrenzpreise und Konditionen auf dem Markt ständig zu überwachen und darin rechtzeitig einzutreten, so dass eine abweichende Preisbestimmung auf dem Markt verhindert wird. Die Verwendung einer englischen Klausel verstärkt das Motiv eines Wettbewerbers, in einem geschwächten Markt der höheren Preissetzung des Preisführers zu folgen, falls ein Preisführer seine Verwendung der englischen Klausel bekannt gibt.49 Daher führt die englische Klausel in der hoch konzentrierten Marktstruktur zum parallelen Verhalten zwischen den konkurrierenden Lieferanten.50 cc) Stabilisierung der Kartellvereinbarung und Erleichterung der Kollusion zwischen den Lieferanten Wenn eine Kartellvereinbarung zwischen den Lieferanten bereits besteht, kann diese durch die englische Klausel stabilisiert werden.51 Die Mitteilungspflicht des Abnehmers in der englischen Klausel kann als Überwachungsmittel dienen, um zu überprüfen, ob ein Kartellmitglied den vereinbarten Kartellpreis einhält oder demgegenüber einen geheimen Rabatt auf den Markt bringt.52 Der Eintritt in die Konkurrenzangebote, der auf die Aufrechterhaltung der bestimmten Bezugsbeziehung gerichtet wird oder marktweit durchgeführt wird, dient als 49 In diesem Sinne: Sargent, Economics Upside-Down: Low Price Guarantees as Mechanisms for Facilitating Tacit Collusion, University of Pennsylvania Law Review, Vol. 141, 1993, S. 2055, 2070 f. 50 Faull/Nikpay, The EC Law of Competition, 1999, Tz. 3.193. 51 Ayres, How Cartels Punish: A Structural Theory of Self-Enforcing Collusion, Columbia Law Review, Vol. 87, 1987, S. 295, 316 f.; Corts, On the Robustness of the Argument that Price-Matching is Anti-competitive, Economics Letters, Vol. 47, 1995, S. 417. In diesem Sinne zur öffentlich bekannt gegebenen Politik eines Lieferanten zum Eintritt in die Konkurrenzangebote: Posner, Antitrust Law, 2. Aufl. 2001 (The University of Chicago Press, Chicago), S. 92 f. 52 In diesem Sinne: Competition Bureau (Canada), Enforcement Guidelines on the Abuse of Dominance Provisions (Sections 78 and 79 of the Competition Act), Juli 2001, S. 25 Tz. 4.4., abrufbar unter . Siehe auch: Draft of Enforcement Guidelines: The Abuse of Dominance Provisions (Sections 78 and 79 of the Competition Act) as Applied to the Retail Grocery Industry, 17. 12. 2001, Tz. 5.2.3, abrufbar unter .
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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Sanktionsmittel gegen die Kartellmitglieder, da dadurch die durch die Preisherabsetzung entstehenden Vorteile dem Kartellmitglied entzogen werden können. Dadurch wird der Anreiz der Kartellmitglieder, die Kartellvereinbarung zu brechen, erheblich reduziert. Diese Stabilisierungsmechanismen erleichtern auch die Koordinierung zwischen konkurrierenden Lieferanten. Daher kann die Verwendung einer englischen Klausel die Kollusion zwischen den Lieferanten erleichtern, so dass sie als Erleichterungsmaßnahme angesehen wird.53 Daher kann die Vereinbarung einer englischen Klausel mit dem Abnehmer auch als Mittel zur Wettbewerbsbeschränkung zwischen den Lieferanten auf der horizontalen Ebene dienen. Die Verwendung einer englischen Klausel als Mechanismus des Marktinformationsaustausches kann effektiver sein als die Einrichtung einer Preismeldestelle, um das Marktverhalten zwischen den Lieferanten zu koordinieren. Denn es fehlt dem Mechanismus der Preismeldestelle an einem Eintrittsrecht des Lieferanten in Bezug auf die Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung.54 4. Entstehung eines überhöhten Preisniveaus a) Überhöhter Vertragspreis beim Vertragsabschluss und nach der Vertragsanpassung Wie erwähnt, kann die Vereinbarung einer englischen Klausel zwischen Lieferanten und Abnehmern im Einzelfall zu einem überhöhten Vertragspreis führen, da vor dem Auftritt eines günstigeren Angebotes eine Preissetzung auf ein niedriges Niveau für den Lieferanten nicht notwendig ist.55 Dementsprechend deutet das Bestehen einer Eintrittsklausel in der englischen Klausel in der Tat an, dass es im Einzelfall noch Raum für eine Preisherabsetzung gibt.
53 Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, EGABl. vom 13. 10. 2000 C 291/1, Tz. 152; Competition Bureau (Canada), Enforcement Guidelines on the Abuse of Dominance Provisions (Sections 78 and 79 of the Competition Act), Juli 2001, S. 24 f. Tz. 4.4.; Simons, Fixing Price With Your Victim: Efficiency and Collusion with Competitor-Based Formula Pricing Clauses, Hofstra Law Review, Vol. 17, 1989, S. 599, 617 f.; Rees, Tatic Collusion, Oxford Review of Economic Policy, Vol. 9 Nr. 2, 1993, S. 27, 36. 54 In diesem Sinne: Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 426. 55 Siehe oben A. II. 4. Grundlegend zur Verwendung einer Eintrittsklausel: Edlin, Do Guaranteed-Low-Price Policies Guarantee High Prices, and Can Antitrust Rise to the Challenge?, Harvard Law Review, Vol. 111, 1997, S. 528, 536; Edlin/Emch, The Welfare Losses from Price-Matching Policies, Journal of Industrial Economics, Vol 47, 1999, S. 145 f. Grundlegend in Bezug auf die Verwendung der Eintrittsklausel in den oligopolistischen Märkten: Doyle, Different Selling Strategies in Bertrand Oligopoly, Economics Letters, Vol. 28, 1988, 387, 390.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
Für den Wettbewerber sollte die Existenz höherer Vertragspreise als Anreiz dienen, dem Abnehmer konkurrenzfähige günstigere Angebote vorzulegen. Aber in einer geschwächten Marktstruktur kann der Wettbewerber wegen der Existenz einer englischen Klausel im bestehenden Liefervertrag von der Abgabe eines wettbewerbsfähigen Konkurrenzangebotes abgeschreckt werden und darauf verzichten, mit dem Lieferanten in Wettbewerb zu treten.56 Daher kann es sein, dass ein günstigeres Angebot selten oder nie auf dem Markt erscheint. Der Wettbewerb wird dadurch geschwächt, so dass der Marktpreis noch auf einem höheren Niveau aufrechterhalten wird.57 Die Chance für den Abnehmer, gemäß der englischen Klausel eine Vertragsanpassung an den günstigeren Konkurrenzpreis zu verlangen, kann in einer geschwächten Marktstruktur faktisch geringer sein. Mit anderen Worten zahlt der Abnehmer mehr, wenn er mit dem Lieferanten in der Liefer- und Bezugsbeziehung eine englische Klausel vereinbart.58 Bei der Vertragsanpassung braucht der eine englische Klausel verwendende Lieferant bloß in die Konkurrenzpreise einzutreten, wenn ihm diese vom Abnehmer mitgeteilt werden. Eine weitere Preisherabsetzung ist auch für den Lieferanten nicht notwendig, da der Eintritt in die Konkurrenzpreise für die Aufrechterhaltung der Bezugsbindung ausreicht.59 Der Lieferant braucht seine Preise nicht zu unterbieten, während der vorstoßende konkurrierende Lieferant auch nicht versucht, seine abgegebenen Konkurrenzpreise sinnlos weiter herabzusetzen.60 Obwohl die englische Klausel eine Preissenkung beschleunigen kann61, steht der angepasste Vertragspreis aber noch auf einem Niveau oberhalb des Wettbewerbsniveaus. Falls bereits eine unzulässige Preiskoordinierung zwischen Lieferanten besteht, kann dieser koordinierte überhöhte Preis (Kartellpreis) durch die englische Klausel gestützt oder gesichert werden, so dass der Marktpreis auf dem höheren Niveau bleibt. Denn der durch ein Kartellmitglied gewährte geheime Rabatt, der eine Kartellvereinbarung brechen kann, wird durch die Mitteilungspflicht des Abnehmers entdeckt, so dass solch ein Verhalten angesichts der geringen Erfolgsaussichten aufgegeben wird.
56 Siehe oben B. II. 1. d); a. A.: Kirchhoff, WuW 1995, S. 361, 368, 370; grundlegend auch Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16. 57 Hess/Gerstner, Price-matching Policies: An Empirical Case, Managerial and Decision Economics, Vol. 12, 1991, S. 305, 311. 58 Brandenburger/Nalebuff, Co-opetition, 1. Aufl. 1996, S. 170, 177; ders. Coopetition – kooperativ konkurrieren, übersetzt von Rastalsky, 1996, S. 186, 193. 59 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF. 60 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 65 BP-Kemi/DDSF. 61 Siehe oben A. I. 3.
B. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der englischen Klausel
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b) Annahme der englischen Klausel durch den Abnehmer Wie erwähnt, kann die Verwendung einer englischen Klausel im Einzelfall zum höheren Preisniveau führen. Ein vernünftiger Abnehmer sollte die Vereinbarung einer englische Klausel in seinem Liefer- und Bezugsvertrag ablehnen, um die Wettbewerbsintensität auf dem Markt aufrechtzuerhalten und die Folge eines überhöhten Vertragspreises zu vermeiden. Selbst wenn sich der Abnehmer genau des aus der englischen Klausel resultierenden Effekts einer Preiserhöhung bewusst ist, ist es unzumutbar für ihn, auf einen durch die englische Klausel entstehenden Preisschutz zu verzichten. Denn der Abnehmer würde wegen des Verzichts auf die Annahme einer englischen Klausel gegenüber seinen Wettbewerbern in seiner Wettbewerbsfähigkeit insbesondere dann benachteiligt, wenn sein Wettbewerber möglicherweise bei einer günstigeren Bezugsquelle bezieht oder eine englische Klausel verwendet. Statt dass der Abnehmer die englische Klausel ablehnt, nimmt er sie gerne an, falls der Lieferant solch eine Vertragsanpassungsmöglichkeit in Form der englischen Klausel bietet. Im Ergebnis bezahlt der Abnehmer für die Vertragsgegenstände unter der englischen Klausel zunächst mehr, um nachträgliche Anpassungs- oder Kündigungsmöglichkeiten zu erlangen, so dass er in der Lage ist, die wettbewerblichen Nachteile gegenüber seinen Wettbewerbern zu vermeiden. 5. Minderung der Investition des Lieferanten Eine erfolgreiche Einführung der englischen Klausel setzt zumindest voraus, dass der Lieferant entweder eintrittsfähig oder mindestens in der Lage ist, die Folgen des Kundenverlustes zu tragen. Denn bei Nichteintritt wird dem Abnehmer ein Kündigungsrecht gewährt.62 Die langfristige Bezugsbindung schützt den Lieferanten vor dem Verhalten des Abnehmers, plötzlich die Bezugsbeziehung abzubrechen.63 Dies ermöglicht dem Lieferanten die dauerhaften irreversiblen Investitionen für den Abnehmer und gewährleistet die Amortisierungsmöglichkeit. Aber die Amortisierungsmöglichkeit der Investitionen wird unter der englischen Klausel durch die Ausübung des Kündigungsrechts des Abnehmers genommen, wenn der Lieferant nicht in die Konkurrenzangebote eintreten kann. Falls der Lieferant damit rechnet, dass 62 Zur Eintrittsfähigkeit darf die Differenz der Kosten zwischen dem Lieferanten und dem Wettbewerber nicht zu groß sein, so dass die englische Klausel vom Lieferanten angenommen werden kann. Logan/Lutter, Guaranteed Lowest Prices: Do They Facilitate Collusion?, Economics Letters, Vol. 31, 1989, 189, 192. 63 Goldberg, The International Salt Puzzle, in: Zerba/Goldberg, Research in Law and Economics, Vol. 14, 1991, S. 31, 34; Crocker/Lyon, What Do „Facilitating Practices“ Facilitate? An Empirical Investigation of Most-Favored-Nation Clauses In Natural Gas Contracts, Journal of Law and Economics, Vol. 37, 1992, S. 297, 304.
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Teil 2: Die Vorteile der englischen Klausel und ihre Bedenken
er in Zukunft möglicherweise nicht eintrittsfähig ist, werden die kundenspezifischen Investitionen unter diesen Umständen reduziert, um die Folgen des Kundenverlustes tragen zu können. Mit anderen Worten kann die Vereinbarung einer englischen Klausel im Einzelfall zur Minderung der Rationalisierungsgrundlage einer Bezugsbindung führen.
III. Zusammenfassung Die englische Klausel ist strukturell und funktionell ein Teil der ausschließlichen Bezugsvereinbarung. Die Vereinbarung der englischen Klausel dient dazu, dass der Abnehmer angesichts der Vertragsanpassungs- und Ausstiegsmöglichkeit in die Liefer- und Bezugsbeziehung eintreten will. Die Ausübung des Eintrittsrechts erhält die bestehende Liefer- und Bezugsbindung aufrecht. Daher ist es notwendig, bei der Festlegung der wettbewerbsbeschränkenden Auswirkung und des Rationalisierungseffekts die englische Klausel und den Bezugsbindungsvertrag einheitlich zu betrachten. Durch die Ausübung des Eintrittsrechts in der englischen Klausel wird die bestehende Bezugsbindung aufrechterhalten. Der Wettbewerber wird dadurch von den Absatzkanälen ferngehalten. Falls der Wettbewerber im Einzelfall von diesem Eintrittsrecht abgeschreckt wird, werden keine günstigeren Konkurrenzangebote auf dem Markt erbracht. Dadurch wird die Wettbewerbsintensität auf dem Markt gemindert. Darüber hinaus ermöglicht eine Offenlegungspflicht des Abnehmers dem Lieferant das Marktverhalten seiner Wettbewerber ständig zu überwachen. Solch eine künstliche Erhöhung der Markttransparenz führt unter Umständen zu parallelen Verhalten und zur Erleichterung der Kollusion zwischen den Lieferanten. Zuletzt kann die Annahme einer englischen Klausel im Vertrag zum überhöhten Preisniveau führen. Der Lieferant braucht vor Auftritt eines günstigeren Angebotes den Vertragspreis nicht niedriger zu setzen. Bei der Vertragsanpassung braucht er nur in die Konkurrenzpreise einzutreten, ohne sie zu unterbieten. Die englische Klausel löst also wettbewerbliche Bedenken aus, auch wenn mit ihr durchaus Vorteile verbunden sein können.
Teil 3
Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht und ihre Praxis In diesem Teil werden zuerst die wettbewerbsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die englische Klausel im Gemeinschaftsrecht dargestellt. Sowohl die außer Kraft gesetzten als auch die geltenden GVOen und ihre Leitlinien oder Bekanntmachungen werden einbezogen. Im Anschluss daran werden die vergangenen Fälle in den Gemeinschaftsorganen in Bezug auf die englische Klausel behandelt, um die Verwendung der englischen Klausel in der Praxis und die Beurteilung durch die Gemeinschaftsorgane näher kennen zu lernen.
A. Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht I. Die englische Klausel in den nicht mehr geltenden GVOen 1. Die GVO Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen und ihre Bekanntmachung a) Allgemeine Vorschriften der GVO Nr. 1984/83 Der Titel I „allgemeine Vorschriften“ der nicht mehr gültigen EG-GVO Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen schrieb nichts besonderes bezüglich der Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV vor.1 Die GVO Nr. 67/67/EWG für die Alleinvertriebsvereinbarungen2, die die Vorläufer-GVO der GVO Nr. 1984/83 war, enthielt auch keine entsprechenden Vorschriften in Bezug auf eine englische Klausel.
1 Die EG-Verordnung Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 2 Art. 1 Abs. 1 lit. b und c der Verordnung Nr. 67/67/EWG der Kommission vom 22. 3. 1967 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. 57/849.
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
Demgegenüber wurde im nicht veröffentlichten Entwurf3 der GVO Nr. 1984/ 83 vorgeschrieben, dass die Anwendbarkeit der GVO für die Alleinbezugsvereinbarung ausgeschlossen sei, wenn der Lieferant den Abnehmer am Bezug der günstigeren Konkurrenzangebote Dritter hindere und nicht in diese eintrete.4 Die Übernahme einer englischen Klausel in die Liefer- und Bezugsbeziehung wurde ursprünglich als Freistellungsvoraussetzung für Alleinbezugsvereinbarungen ausgestaltet. Diese Vorschrift wurde aber sowohl vom späteren im Amtsblatt veröffentlichten Entwurf5 als auch von der endgültigen Fassung der GVO Nr. 1984/836 gestrichen. Trotzdem führte die Kommission in Tz. 35 ihrer Bekanntmachung zur GVO Nr. 1984/83 auf, dass diejenige Vertragsklausel der Gruppenfreistellung nicht entgegenstehe, die es dem Wiederverkäufer ermögliche, die betreffenden Waren von dem dritten Lieferanten zu beziehen, falls der dritte Lieferant die betreffenden Waren günstiger anbiete.7 Obwohl sich die wichtigen Merkmale der englischen Klausel wie Eintrittsrecht des Lieferanten und Offenlegungspflicht des Abnehmers in diesem Text nicht ausdrücklich zeigten8, wurde dieser unklare Text in der Literatur9 überwiegend als Anwendbarkeit der GVO Nr. 1984/83 auf die englische Klausel ausgelegt. Daher konnte die Alleinbezugsvereinbarung, die eine englische Klausel enthielt, gemäß der Auffassung der Kommis3
Berichtet in: WuW 1982, S. 260. Dok. Nr. IV/128/82-DE, zitiert von: Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, GFVO C Rdnr. 21. 5 E Art. 3 des Entwurfs der GVO für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. vom 10. 7. 1982 C 172/7. 6 Art. 3 der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 7 Die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 35. 8 Demgegenüber wurde das Merkmal des Eintrittsrechts in der Vorschrift der GVO Nr. 1984/83 und ihrer Bekanntmachtung in Bezug auf die Freistellung der Alleinbezugspflicht in den Bierlieferungsverträgen gezeigt. Art. 8 Abs. 2 (b) 1. Spiegelstrich der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5; die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 55. 9 Niederleithinger/Ritter, Die kartellrechtliche Entscheidungspraxis zu Liefer-, Vertriebs- und Franchiseverträgen, 2. Aufl, 1989, S. 49 f.; Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 1480; Rahlmeyer in: Martinek/Semler (Hrsg.), § 30 Rdnr. 218; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GFVO C Rdnr. 21; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rdnr. 275; Faull/Nikpay, The EC Law of Competition, 1999 (Oxford, Oxford University Press), S. 491 Tz. 7.170; Ritter/Braun/Rawlinson, European competition Law: a practitioner’s guide, 2. Aufl. 2000 (The Hague, Kluwer), S. 241 f.; Schultze/Pautke/Wagener, Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 1 Rdnr. 77. 4
A. Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht
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sion in dieser Bekanntmachung noch nach der GVO Nr. 1984/83 gruppenweise freigestellt werden. Einer Einzelfreistellung bedurfte solch eine Vereinbarung nicht. Das Grünbuch der Kommission zur Wettbewerbspolitik in Bezug auf vertikale Wettbewerbsbeschränkungen im Jahr 1997 bestätigte auch diese Grundregel.10 Aus der erwähnten Entstehungsgeschichte heraus und der Erläuterung in der Bekanntmachung wurde die Ansicht in der Literatur vertreten, dass die englische Klausel von der Kommission wettbewerbsrechtlich positiv gewürdigt wird.11 b) Besondere Vorschriften für Bierlieferungsverträge In den besonderen Vorschriften für Bierlieferungsverträge der GVO Nr. 1984/ 83 wurde die Vereinbarung einer englischen Klausel als Freistellungsvoraussetzung vorgeschrieben. Die Vereinbarung einer englischen Klausel für den Bezug der Getränke außer Bier ist für die Freistellung der Alleinbezugspflicht bezüglich des Bezuges der Biere und der anderen Getränke erforderlich, falls sich die Liefervereinbarung darauf bezog, dass der Lieferant dem Wiederverkäufer eine Gaststätte durch Pacht- oder Benutzungsverhältnisse überlassen hatte. Nach Art. 8 Abs. 2 (b) 1. Spiegelstrich GVO Nr. 1984/83 musste im Bierlieferungsvertrag für das Recht des Wiederverkäufers vorgesehen werden, dass er die aufgrund der Vereinbarung gelieferten anderen Getränke als Bier (wie Apfelwein mit der Marke Possmann) beim dritten Lieferanten beziehen könne, falls der dritte Lieferant diese günstiger anbiete und der Lieferant nicht in die Konkurrenzangebote eintrete.12 Unter diesen Umständen durfte die Laufzeit der Alleinbezugsbindung nach Art. 8 Abs. 2 (a) GVO 1984/83 dem Zeitraum für den Betrieb der Gaststätte gleichgestellt sein. 2. GVOen Nr. 2779/72, 3604/82 und Nr. 417/85 für Spezialisierungsvereinbarungen In der nicht mehr geltenden GVO Nr. 2779/7213 für Spezialisierungsvereinbarungen aus dem Jahr 1972 wurde die Vereinbarung einer englischen Klausel 10 Kommission, Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, 1997, S. 47 f., Fn. 53, abrufbar unter . 11 Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16; Kirchhoff, Die Beurteilungen von Bezugsverträgen nach europäischem Kartellrecht, WuW 1995, S. 361, 369; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rdnr. 275. 12 Art. 8 Abs. 2 (b) 2. Spiegelstrich der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5; Die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 55. Zum Apfelwein siehe: Mitteilungen betreffend die Anmeldung, EGABl. 1988 C 285/5, Tz. 6 Bass Standard Tenancy Agreement.
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
schon als Anwendbarkeitserfordernis der Gruppenfreistellung für die Alleinbezugsvereinbarung über Erzeugnisse vorgeschrieben, die die Gegenstände der Spezialisierung waren. Die Gestaltung der englischen Klausel erschien zum ersten Mal in den gemeinschaftlichen Regelungen. Die Nachfolger der GVO Nr. 2779/72, die nicht mehr gültigen GVOen Nr. 3604/8214 und Nr. 417/8515, übernahmen dieselbe Vorschrift. Nach Art. 2 Abs. 1 (c) der GVO Nr. 2779/72, Art. 2 Abs. 1 (c) der GVO Nr. 3604/82 und Art. 2 Abs. 1 (b) der GVO Nr. 417/85 durfte in der Spezialisierungsvereinbarung eine ausschließliche Bezugsbindung vereinbart werden. Aber es war für die Alleinbezugspflicht notwendig, dass eine anderweitige günstigere Bezugsbedingung besteht und der produzierende Vertragspartner oder das mit der Herstellung beauftragte Unternehmen nicht in dieses Konkurrenzangebot eintritt.16 Beim Nichteintritt des Lieferanten musste der zum ausschließlichen Bezug verpflichtete Vertragspartner nicht daran gehindert werden, vom Dritten zu beziehen. Diese Bestimmung bezweckte einen Wettbewerbsschutz.17 In der Literatur wurde angenommen, dass die Kommission durch die englische Klausel die im allgemeinen langfristige Spezialisierungs- und Alleinbezugsvereinbarung auflockern wollte.18 Die Bestimmung, die Gruppenfreistellung von der Vereinbarung einer englischen Klausel abhängig zu machen, war wettbewerbspolitisch umstritten. In der Literatur wird vertreten, dass die Vereinbarung einer englischen Klausel als Freistellungserfordernis notwendig ist, da der Teilnehmer der Spezialisierung ein berechtigtes Interesse daran hat, zum wettbewerbsfähigen Preis beliefert zu werden.19 Demgegenüber wird auch die Ansicht vertreten, dass das Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten in der Spezialisierungsvereinbarung durch das Erfordernis einer englischen Klausel beseitigt wird. Denn der zur 13 Die EG-Verordnung Nr. 2779/72 der Kommission vom 21. 12. 1972 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1972 L 292/23. 14 Die EG-Verordnung Nr. 3604/82 der Kommission vom 23. 12. 1982 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 376/33. 15 Die EG-Verordnung Nr. 417/85 der Kommission vom 19. 12. 1984 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1985 L 53/1. 16 Art. 2 Abs. 1 (c) 2. Halbsatz der EG-Verordnung Nr. 2779/72 vom 21. 12. 1972 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1972 L 292/23; Art. 2 Abs. 1 (c) 2. Halbsatz der EG-Verordnung Nr. 3604/82 vom 23. 12. 1982 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 376/33; Art. 2 Abs. 1 (b) 2. Halbsatz der EG-Verordnung Nr. 417/ 85 vom 19. 12. 1984 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. 1985 L 53/1. 17 Zur GVO Nr. 417/85: Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GFVO 417/85 G Rdnr. 23. 18 Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, VO Nr. 417/85, Rdnr. 16. 19 Zur GVO Nr. 2779/72: Spormann, Förderung europäischer Spezialisierungskartelle, WuW 1973, S. 165, 169. Zur GVO Nr. 417/85: Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), GFVO 417/85 G Rdnr. 23.
A. Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht
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Spezialisierung verpflichtete Lieferant ist darauf angewiesen, seine Produkte von seinem Vertragspartner zu beziehen, da der Lieferant bereits die Investitionen für bestimmte Produktionen vornimmt und damit auf die Herstellung anderer Produkte verzichtet. Es sei für ihn unzumutbar, dass der Abnehmer auf den dritten Lieferanten ausweichen kann.20 3. GVO Nr. 418/85 für Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung Im Gegensatz zur GVO Nr. 417/85 verlangte die nicht mehr gültige GVO Nr. 418/85 für Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung (F & E) nicht die Vereinbarung einer englischen Klausel als Anwendungsvoraussetzung der Gruppenfreistellung, wenn die Vertragsparteien eine Alleinbezugspflicht vereinbaren wollten.21 Im früheren im Amtsblatt veröffentlichten Entwurf wurde vorgeschrieben, dass die Freistellung einer Alleinbezugsvereinbarung bezüglich der aus der F & E hervorgegangenen Vertragserzeugnisse von der Vereinbarung einer englischen Klausel abhängig zu machen war.22 In der endgültigen Fassung des Art. 4 Abs. 1 (c) der GVO Nr. 418/85 verzichtete die Kommission auf die Anknüpfung der Alleinbezugspflicht an eine englische Klausel. Daher konnte gemäß der GVO Nr. 418/85 die Alleinbezugspflicht freistellungsfähig sein, selbst wenn günstigere Konkurrenzangebote bestanden und der Lieferant nicht in diese eintrat. Der Wende an dem Verzicht auf die Vereinbarung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung kommt eine wichtige Bedeutung zu. Solch eine Entstehungsgeschichte deutet an, dass die englische Klausel von der Kommission nicht mehr als Allheilmittel angesehen wurde, die Ausschließlichkeit aufzulockern. Der Verzicht auf die englische Klausel als Freistellungsvoraussetzung der GVO Nr. 417/85 wird in der Literatur begrüßt. Der hohe Stellenwert des Partnerschaftsverhältnisses wird dadurch verdeutlicht, dass die Ausschließlichkeit ohne die Relativierung durch die englische Klausel auskommt.23 Darüber hinaus wird der Abnehmer nicht benachteiligt, wenn die Vertragspartner keine englische Klausel vereinbart haben. Weil
20 Wiedemann, Bd. I, GVO 417/85 Art. 2 Rdnr. 9 f.; Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, VO Nr. 417/85, Rdnr. 16; Schödermeier/Wagner in: GK, 4. Aufl. 20. Lieferung 1997, VO EWG Nr. 417/85 Art. 2 Rdnr. 9. Kritisch auch: Polley/Seeliger in: Liebscher/Flohr/Petsche (Hrsg.), Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, 2003, § 10 Rdnr. 81. 21 Art. 4 Abs. 1 (c) der EG-Verordnung Nr. 418/85 der Kommission vom 19. 12. 1984 über F & E-Vereinbarungen, EGABl. 1985 L 53/5. 22 E Art. 2 Abs. 2 (f) 2. Halbsatz des Entwurfs der GVO zu F & E-Vereinbarungen, EGABl. 1984 C 16/3. 23 Ziegler, Die Zulässigkeit der Forschungskooperation im Kartellrecht der EG und der USA, 1991, S. 97.
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
die durch die F & E-Zusammenarbeit erfolgten Erzeugnisse zuerst auf den Markt gebracht werden, bestehen oftmals keine Konkurrenzangebote.24
II. Die englische Klausel in den geltenden GVOen 1. GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Beschränkungen und ihre Leitlinien a) Verzicht auf die englische Klausel als Freistellungserfordernis Die Freistellung der Bezugs- und Vertriebsvereinbarungen wird in der GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Beschränkungen einheitlich geregelt.25 Im Gegensatz zur Vorläufer-GVO Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen werden die Bierlieferungsverträge in der GVO Nr. 2790/1999 nicht mehr gesondert geregelt. Die Vereinbarung einer englischen Klausel als Freistellungsvoraussetzung für Alleinbezugsvereinbarungen, die in der GVO Nr. 1984/83 für Bierlieferungsverträge vorgesehen war, wird in der GVO Nr. 2790/1999 nicht mehr gefordert. Die Kommission verzichtet auf den Vorbehalt der englischen Klausel für die Bezugsbindung als Anwendungsvoraussetzung für die Gruppenfreistellung. b) Kein Ausschluss der Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel In der GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Beschränkungen wird die Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Wenn die ausschließliche Bezugsbindung vorbehaltlich einer englischen Klausel keine Vereinbarung der Kernbeschränkungen i. S. d. Art. 4 GVO Nr. 2790/1999 enthält, ist die englische Klausel nicht von der Gruppenfreistellungsmöglichkeit i. S. d. Art. 2 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 ausgeschlossen, sofern der Marktanteil des Lieferanten nicht die 30%-Schwelle i. S. d. Art. 3 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 überschreitet und die Vertragsdauer der Bezugsbindung nicht mehr als 5 Jahre i. S. d. Art. 5 lit. a der GVO Nr. 2790/1999 gilt.26
24 Schödermeier/Wagner in: GK, 4. Aufl. 20 Lieferung 1997, VO EWG Nr. 418/85 Art. 4 Rdnr. 13; Wiedemann, Bd. I, GVO 418/85 Art. 4 Rdnr. 13; Ritter/Braun/Rawlinson, European competition Law: a practitioner’s guide, 2. Aufl. 2000 (The Hague, Kluwer), S. 682 Fn. 668. 25 Art. 1 lit. b und c der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 26 In diesem Sinne: Ritter/Braun/Rawlinson, Supplement to European Competition Law (2. Aufl. 2000), 2003, S. 17.
A. Regelungen der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht
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c) Die Grundsätze in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen der Kommission Nachdem die GVO Nr. 1984/83 durch die GVO Nr. 2790/1999 ersetzt worden ist, erläutert die Kommission in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen die Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nicht mehr ausdrücklich. Die Leitlinien für vertikale Beschränkungen erläutern nunmehr nur die zu berücksichtigenden Faktoren bei der Beurteilung der einzelnen vertikalen Vereinbarungen. Nach der Schlussfolgerung der Kommission hängt die Bewertung einer englischen Klausel, wie die Bewertung anderer Erscheinungsformen der Bezugsbindungen, von ihrer Auswirkung auf den Markt ab.27 Nach Ansicht der Kommission in den Leitlinien ist nur die Verwendung von englischen Klauseln durch marktbeherrschende Unternehmen gemäß Art. 82 EGV ausdrücklich ausgeschlossen.28 Die Kommission führt in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen zuerst aus, dass die englische Klausel dieselbe Wirkung wie ein Wettbewerbsverbot haben könne, d.h. Verbot des Bezuges der mit den Vertragsgegenständen im Wettbewerb stehenden Waren (Art. 1 lit. b der GVO Nr. 2790/1999), insbesondere wenn der Abnehmer den Namen des dritten Lieferanten offen legen müsse.29 Anschließend erwähnt die Kommission auch, dass die englische Klausel auch wie eine „Mengenvorgabe“ funktionieren könne.30 Am augenfälligsten betont die Kommission in Tz. 152 der Leitlinien für vertikale Beschränkungen, dass die englische Klausel die Kollusion zwischen den Lieferanten durch die Erhöhung der Markttransparenz erleichtern könne.31 Im Entwurf der Leitlinien fehlte es jedoch noch an solch einer Bewertung für die englische Klausel.32 Solch eine Ergänzung in der endgültigen Fassung der Leitlinien ist von Bedeutung, da die Kommission den wettbewerbsbeschränkenden 27
Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152 Satz 7. 28 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152 Satz 8. 29 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152 Satz 1. Im Schrifttum wurde die Frage aufgeworfen, wieso die Identifizierbarkeit der Identität des Wettbewerbers durch die englische Klausel von der Kommission das Vorliegen eines Wettbewerbsverbots besonders wahrscheinlich macht. Bauer in: Bauer/de Bronett, Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rdnr. 155. 30 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152 Satz 3. Die Begründung der Kommission, dass die englische Klausel wie eine Mengenvorgabe funktioniere, ist nicht klar. Diese Ansicht lässt sich mit dem Argument begründen, dass beim Eintritt des Lieferanten in die Konkurrenzangebote der Abnehmer noch zur Vertragsmenge abnahmepflichtig ist. 31 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152 Satz 2.
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Charakter der englischen Klausel zum ersten Mal in den betreffenden Bestimmungen im Allgemeinen zur Kenntnis nimmt. Im Gegensatz zur allgemeinen Anerkennung der Freistellungsmöglichkeit in der Bekanntmachung zur GVO Nr. 1984/83 ändert die Kommission ihre Bewertung der englischen Klausel unter der Norm der GVO Nr. 2790/1999 grundlegend. Vielmehr nimmt die Kommission jetzt eine zurückhaltende Haltung zur englischen Klausel an. 2. GVO Nr. 2658/2000 für Spezialisierungsvereinbarungen Die andere bemerkenswerte Wende bezüglich der englischen Klausel in den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen liegt in der geltenden GVO Nr. 2658/ 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen.33 Nach Art. 3 lit. a der GVO Nr. 2658/2000 wird eine Alleinbezugsverpflichtung auch in der Spezialisierungsvereinbarung freigestellt. Im Gegensatz zu den Vorläufer-GVOen, d.h. GVOen Nr. 2779/72, 3604/82 und Nr. 417/85, fordert Art. 3 lit. a der GVO Nr. 2658/2000 keine Vereinbarung einer englischen Klausel als Freistellungsvoraussetzung für die ausschließliche Bezugsbindung.
III. Zusammenfassung 1. Zur Vereinbarung einer englischen Klausel als Gruppenfreistellungserfordernis Die Bestimmung bezüglich der englischen Klausel trat in den GVOen Nr. 2779/72, 3604/82 und Nr. 417/85 für Spezialisierungsvereinbarungen und in Bezug auf Bierlieferungsverträge in der GVO Nr. 1984/83 für die Alleinbezugsvereinbarungen auf. Sie diente als Freistellungserfordernis für die Gruppenfreistellung. Nachdem die erwähnten Gruppenfreistellungsverordnungen durch die GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Beschränkungen und die GVO Nr. 2658/ 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen ersetzt wurden, dient die Vereinbarung einer englischen Klausel in entsprechenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht mehr als Freistellungserfordernis. Solch eine Wende verdeutlicht wettbewerbspolitisch, dass die Kommission das Ausmaß für die Anwendung einer Gruppenfreistellung nicht mehr durch das Erfordernis einer englischen Klausel beschränkt. Dadurch können die an Spezialisierungsvereinbarungen oder Liefer- und Bezugsbeziehungen beteiligten
32 Kommission, Entwurf vom 24. 9. 1999 von Leitlinien zur Beurteilung vertikaler Beschränkungen, EGABl. C 270/12, Tz. 144. 33 EG-Verordnung Nr. 2658/2000 vom 29. 11. 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 304/3.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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Unternehmen nunmehr frei entscheiden, ob sie eine englische Klausel in der Bezugsbindung vereinbaren wollen. 2. Zur Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nach der GVO Bemerkenswert ist auch die Wende der englischen Klausel in Bezug auf die Freistellungsmöglichkeit nach der Gruppenfreistellungsverordnung. In der Tz. 35 der Bekanntmachung zur GVO Nr. 1984/83 und im Grünbuch wurde die englische Klausel von der Kommission als begrüßenswert und nach der GVO Nr. 1984/83 als freistellbar angesehen. Nachdem die GVO Nr. 2790/1999 am 1. 1. 2000 die GVO Nr. 1984/83 abgelöst hat, wird die Anwendbarkeit der englischen Klausel auf die Gruppenfreistellungsverordnung in den Leitlinien der Kommission nicht mehr ausdrücklich positiv bewertet. Nunmehr hängt die Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nach der GVO von den Umständen des Einzelfalls ab. In den Leitlinien kennt die Kommission die Auswirkung der englischen Klausel, die Markttransparenz zu erhöhen und die Kollusion zwischen Lieferanten zu erleichtern. Die englische Klausel, die die Identifizierung der Identität des Wettbewerbers ermöglichen kann, wird von der Kommission auch in den Leitlinien als besonders bedenklich angesehen.
B. Die Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis I. Der Fall Hoffmann-La Roche34 Die Spruchpraxis bezüglich der Fallgruppe der englischen Klausel im Gemeinschaftsrecht beginnt mit der Rechtssache Hoffmann-La Roche (Vitamine) des EuGH im Jahre 1979. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 86 EGV durch die Verwendung der englischen Klausel. Die Gesichtspunkte der Kommission für die Beurteilung einer englischen Klausel in ihrer Entscheidung im Jahre 1976 wurden größtenteils vom EuGH und auch in der späteren Praxis von der Kommission übernommen.
34 KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Hoffmann-La Roche.
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
1. Sachverhalt a) Ausschließliche Bezugspflicht und Treuerabatt Der Lieferant, Roche, trat als Hersteller für 8 verschiedene nicht abgepackte Vitamine und gleichzeitig als Wiederverkäufer für andere 5 Vitamine auf dem Markt auf. Der Fall betraf 7 der 8 von Roche hergestellten Vitamingruppen. Auf allen sachlichen Märkten hatte Roche eine beherrschende Stellung inne.35 Die Abnehmer von Roche waren als Hersteller oder Wiederverkäufer zur industriellen Verwendung auf dem nachgelagerten Markt tätig.36 In der Lieferund Bezugsbeziehung wurde die ausschließliche Bezugspflicht vereinbart, nach der die Abnehmer ausschließlich oder den wesentlichen Teil des Bedarfs an Vitaminen beim Lieferanten, d.h. Roche, decken mussten. Darüber hinaus gewährte Roche nur den an die ausschließliche Bezugspflicht gebundenen Abnehmern einen Treuerabatt, dem die Gesamtkäufe zugrunde lagen.37 b) Die englische Klausel Der Lieferant Roche versprach seinen Abnehmern den günstigeren Preis auf dem nationalen Markt. In einer englischen Klausel wurde vorgesehen, dass die Abnehmer Roche über die günstigeren Angebote der anderen Hersteller unterrichten können. Falls Roche seinen Vertragspreis nicht auf den Preis des Konkurrenzangebotes herabsetze, seien die Abnehmer frei, bei anderen Herstellern zu beziehen, ohne den Treuerabatt zu verlieren.38 Um sich auf die englische Klausel zu berufen, mussten die Konkurrenzangebote von bekannten Herstellern des gleichen Niveaus wie das von Roche und aus dem Gebiet des Abnehmers stammen. Gelegenheitsangebote, Konkurrenzangebote von Händlern und Vermittlern und ausländische Konkurrenzangebote wurden in diesem Fall außer Betracht gelassen.39 2. Entscheidung Der EuGH folgte der Ansicht der Kommission, dass die Verwendung einer englischen Klausel in der ausschließlichen Bezugsvereinbarung die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV darstelle.40 35
KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 20 f. Vitamine. EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461, 465 Hoffmann-La Roche. 37 KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11 f. Vitamine. 38 KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11 f. Vitamine. 39 KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11, 22 d), 25 Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461, 467, 545 Tz. 105 Hoffmann-La Roche. 36
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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a) Beschränkte Anwendungsmöglichkeit der englischen Klausel Wegen der Beschränkung auf inländische Konkurrenzangebote und des Ausschlusses von Konkurrenzangeboten von Händlern und Vermittlern werde in diesem Fall die Tragweite der englischen Klausel beengt. Daher habe der Abnehmer nur eine geringe Möglichkeit, in Berufung auf die englische Klausel den Wettbewerb auszunutzen, d.h. eine Preissenkung zu bekommen oder bei einem Dritten zu beziehen.41 b) Begrenzte Lockerung der Ausschließlichkeit Obwohl der EuGH ausdrücklich anerkannte, dass eine englische Klausel die aus einer langfristigen ausschließlichen Bezugsbindung ergebenen unbilligen Folgen beseitigen könne42, bewertete der EuGH die englische Klausel unter einer durch die Tätigkeit eines marktbeherrschenden Unternehmens geschwächten Wettbewerbsstruktur anders.43 Es wurde vom EuGH und auch von der Kommission die Ansicht vertreten, dass die Verwendung einer englischen Klausel durch einen marktbeherrschenden Lieferanten nicht zur merklichen Milderung der durch die ausschließlichen Bezugspflichten und Treuerabatte geschaffenen Wettbewerbsverzerrung führe, selbst wenn günstigste Umstände vorliegen würden.44 c) Erlangen der Einsicht in das Vorgehen der Wettbewerber Der EuGH führte in seinem Urteil aus, dass die englische Klausel durch Verbindung von Offenlegungspflicht und Vertragsanpassung die Identifizierung des Wettbewerbers erleichtere. Damit könne der Lieferant Einsicht in das Vorgehen der Wettbewerber und die Marktlage erlangen, um die Marktstrategie gegenüber Wettbewerbern zu variieren.45 Daher folgte der EuGH der Ansicht der Kommission, dass der Lieferant mit Hilfe der erlangten Informationen über Wettbewerber und Konkurrenzpreise von Fall zu Fall entscheiden könne, ob er die Ausschließlichkeit durch die Vertragsanpassung aufrechterhalten wolle, wenn es um die große Konkurrenzmenge, den wichtigen Produktmarkt oder den bekannten
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EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 108 Hoffmann-La Roche. EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 104 f. Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25 Vitamine. 42 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 104 Hoffmann-La Roche. 43 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche. 44 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25 Vitamine. 45 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 f. Hoffmann-La Roche. 41
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
Wettbewerber gehe. Daher ermögliche die englische Klausel dem Lieferanten, nach seinem Ermessen den Wettbewerb zuzulassen oder nicht.46 Darüber hinaus kam der EuGH auch zu dem Ergebnis, dass sich der missbräuchliche Charakter einer englischen Klausel dadurch verstärke, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen demjenigen Abnehmer, der aufgrund eines offenkundigen Geschäftsinteresses die Konkurrenzangebote nicht offen legen wolle, eine Mitteilungspflicht auferlege.47
II. Der Fall BP-Kemi/DDSF 48 1. Sachverhalt Ausgangspunkt dieses Verfahrens war die Beschränkung des Wettbewerbs sowohl im Verhältnis zum dritten Lieferanten durch die Alleinbezugsvereinbarung als auch zwischen Vertragsparteien durch die Quotenvereinbarung. a) Quoten- und Alleinbezugsvereinbarung zwischen Wettbewerbern BP-Kemi und DDSF waren Hersteller von synthetischem Äthanol und standen im Wettbewerb im Vertriebsmarkt in Dänemark. DDSF vereinbarte mit BPKemi, dass DDSF nach seiner Einstellung der Herstellung seinen Gesamtbedarf an synthetischem Äthanol bei BP-Kemi decke, um weiterzuverkaufen.49 Nach der vereinbarten Quotenregelung setzte der BP-Kemi die Verkaufsmengen auf dem nachgelagerten Vertriebsmarkt bis zu einem bestimmten Prozentsatz herab.50 Darüber hinaus tauschten die beiden Unternehmen Informationen über die an jeden Abnehmer verkauften Mengen aus.51 b) Die englische Klausel Eine englische Klausel wurde auch im Alleinbezugsvertrag vorgeschrieben. Wenn DDSF einen niedrigeren Preis von dritten Lieferanten nachweisen könne, sei BP-Kemi berechtigt, in denselben Preis einzutreten, die Liefermenge zu reduzieren oder sogar die ganze Liefervereinbarung zu beenden. Wenn DDSF von der englischen Klausel Gebrauch machen wollte, mussten die Konkurrenzange46 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 f. Hoffmann-La Roche; KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 25 Vitamine. 47 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche. 48 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 BP-Kemi/DDSF. 49 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 10, 26 BP-Kemi/DDSF. 50 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 28 a) BP-Kemi/DDSF. 51 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 28 c), 38 BP-Kemi/DDSF.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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bote eine Mindestabnahmemenge innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreichen. Darüber hinaus mussten die Konkurrenzangebote von einem ernsthaften westeuropäischen Lieferanten stammen.52 2. Entscheidung a) Die Argumentation der Kommission Die Kommission sah in der Verwendung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81. Abs. 1 EGV. Aufgrund der Ermittlung des konkurrierenden Marktverhaltens und der Abschreckung des Wettbewerbers wurde die englische Klausel allein als wettbewerbsbeschränkend beurteilt.53 Darüber hinaus leitete die Kommission auch den wettbewerbsbeschränkenden Charakter der englischen Klausel aus der Gesamtbetrachtung in Verbindung mit der durch die englische Klausel ergänzten ausschließlichen Bezugsbindung und der langfristigen Bezugsbeziehung ab. Durch die Bezugsbindung wurde der Abnehmer gezwungen, auf eine andere Bezugsquelle zu verzichten.54 Sowohl die Marktstellung des Lieferanten und des Abnehmers als auch die Absatzmöglichkeiten des dritten Lieferanten wurden bei der Beurteilung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkung berücksichtigt.55 b) Unwesentliche Auflockerungswirkung Vielmehr ist die Gestaltung der englischen Klausel im vorliegenden Fall ein Extremfall. Zum einen war ihre Tragweite schon weitgehend eingeschränkt. Durch die Forderung der Mindestbezugsmengen beim Dritten und des Herkunftsortes wurden der Fremdbezug kleinerer Mengen und Gelegenheitsangebote aus dem Spot-Markt ausgeschlossen.56 Zum anderen erhielt der Lieferant BP-Kemi neben dem Eintrittsrecht auch ein Rücktrittsrecht (richtig: Kündigungsrecht) beim Nichteintritt57, so dass ein Geschäftsabbruch entstehen konnte. Obwohl die Abnahmepflicht des Abnehmers beim Nichteintritt des Lieferanten reduziert wurde, könnte der Abnehmer befürchten, durch das Verlangen einer Vertragsanpassung die ganze bestehende Bezugsquelle zu verlieren. Daher verwies die 52
KOM KOM DDSF. 54 KOM 55 KOM 56 KOM 57 KOM 53
vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 28 f), 33 BP-Kemi/DDSF. vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 62 ff., insb. 64 u. 65 BP-Kemi/ vom vom vom vom
5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979,
EGABl. EGABl. EGABl. EGABl.
L L L L
286/32 286/32 286/32 286/32
Tz. Tz. Tz. Tz.
66 67 62 28
ff. insb. 68 BP-Kemi/DDSF. f. BP-Kemi/DDSF. f., 66 BP-Kemi/DDSF. f), 33 BP-Kemi/DDSF.
104
Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
Kommission darauf, dass der Abnehmer zögern würde, sich auf die englische Klausel zu berufen, selbst wenn er ein günstigeres Angebot erhielt. Deswegen werde die Bezugsbindung im vorliegenden Fall durch die englische Klausel nur unwesentlich gelockert.58 c) Erlangen von Einzelheiten über Konkurrenzangebote Darüber hinaus führte die Kommission aus, dass der Lieferant durch die englische Klausel über die Einzelheiten der Konkurrenzangebote unterrichtet werde. Die Klausel schränke den Wettbewerb zwischen dem Lieferanten BPKemi und seinen Wettbewerbern dadurch ein, dass er Informationen über den Konkurrenzpreis erhalte, die er sonst nicht erhalten hätte, so dass er unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden in der Lage sei, ob sein Wettbewerber seinen Kunden beliefern dürfe oder nicht.59 Hier führt die Kommission dieselben Gesichtspunkte aus wie im Fall Hoffmann-La Roche. d) Zweifel am Beitrag zum wettbewerblichen Preisniveau Als neues Argument gegen die englische Klausel wurde angeführt, dass es zweifelhaft sei, ob der Vertragspreis durch die englische Klausel auf Wettbewerbsniveau gebracht werden könne. Denn der Wettbewerber würde es bei Kenntnis des Bestehens einer englischen Klausel angesichts der Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten für sinnlos halten, den Konkurrenzpreis herabzusetzen.60 Darüber hinaus ist es für den Lieferanten bei Kenntnis des Konkurrenzpreises nicht notwendig, den Wettbewerber zu unterbieten.61 e) Geschwächte Marktstruktur Die Kommission sah in der englischen Klausel einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. l EGV auch besonders aus dem Gesichtspunkt der Marktstruktur und der Gesamtbetrachtung mit der langfristigen und ausschließlichen Bezugspflicht. Denn die Vertragsparteien der Bezugsvereinbarung seien der wichtigste Lieferant und der wichtigste Abnehmer auf dem Markt.62 Durch die sechsjährige Bezugsbindung des Abnehmers DDSF63 wurde den ausländischen Anbietern die wichtigste Absatzmöglichkeit in Dänemark genommen. Die Absatzmöglichkeit 58 59 60 61 62 63
KOM KOM KOM KOM KOM KOM
vom vom vom vom vom vom
5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979, 5. 9. 1979,
EGABl. EGABl. EGABl. EGABl. EGABl. EGABl.
L L L L L L
286/32 286/32 286/32 286/32 286/32 286/32
Tz. Tz. Tz. Tz. Tz. Tz.
62 64 65 64 68 26
f. BP-Kemi/DDSF. BP-Kemi/DDSF. BP-Kemi/DDSF. BP-Kemi/DDSF. BP-Kemi/DDSF. d) BP-Kemi/DDSF.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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anderer Lieferanten wurde durch die Bezugsbindung, die durch die englische Klausel ergänzt wurde, spürbar eingeschränkt.64 Trotz des Interesses an der Absatzstabilität oder der Versorgungssicherheit der Vertragsparteien gehe die langfristige Gesamtbedarfsdeckungspflicht in solch einer Marktstruktur über das Maß dessen hinaus, was nach dem Wesen der Beziehung zwischen Vertragsparteien wettbewerbsrechtlich zulässig sei.65
III. Der Fall Natriumkarbonat/Solvay Ausgangspunkt dieses Verfahrens war die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV durch die Verwendung der variierten englischen Klauseln in den Ausschließlichkeitsvereinbarungen. Die Kommission sah in der nicht-identifizierenden englischen Klausel auch einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung. Im Jahre 1990 hatte die Kommission schon ihre Entscheidung erlassen. Wegen fehlender Unterschrift des Präsidenten und des Generalsekretärs in der verbindlichen Sprachfassung wurde die Entscheidung später vom EuG für nichtig erklärt. Im Jahr 2000 erließ die Kommission die Entscheidung neu.66 1. Sachverhalt a) Ausschließlichkeitsbindung Solvay war der größte Sodahersteller in Europa. Er vereinbarte mit seinen wichtigen Abnehmern, dass sie bei ihm den Gesamtbedarf an Soda decken oder die jährliche Mindestabnahmemenge beziehen mussten. Neben den üblichen Mengenrabatten gewährte Solvay seinen Abnehmern auch Treuerabatte. Der wichtigste Bezugszweck der Abnehmer war die Glasherstellung.67
64
KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 61, 66 BP-Kemi/DDSF. KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 68 BP-Kemi/DDSF. 66 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Natriumkarbonat/Solvay. 67 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 5, 8, 12, 14, 56 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 40 f., 44 f., 53, 57, 167 f. Natriumkarbonat/ Solvay. 65
106
Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
b) Die englische Klausel ohne die Identifizierbarkeit der Identität des Wettbewerbers Die meisten Liefervereinbarungen mit unbestimmter Laufzeit enthielten englische Klauseln. Die Abnehmer waren verpflichtet, Solvay die günstigeren Preise von konkurrierenden Angeboten mitzuteilen. Wenn Solvay nicht in diese durch den Wirtschaftsprüfer nachgewiesenen Preise eintrat, konnten die Abnehmer beim konkurrierenden Lieferanten beziehen.68 Daher wurden die englischen Klauseln grundsätzlich in der Form der Nichtidentifizierbarkeit der Identität des Wettbewerbers ausgestaltet. Aber der Lieferant erhielt noch die Einzelheiten der Konkurrenzangebote.69 Demgegenüber durfte der Lieferant Solvay in einem Fall mit seinem Abnehmer die Konkurrenzangebote gemeinsam überprüfen. Dadurch wurde die vorher schon begrenzte Anonymität des Wettbewerbers vollständig beseitigt.70 c) Kündigungsrecht des Lieferanten Wie im Fall BP-Kemi/DDSF konnte der Lieferant Solvay den ganzen Liefervertrag bei dem Fremdbezug des Abnehmers sofort kündigen und die weiteren Lieferungen verweigern, selbst wenn die Fremdbezugsmenge gering war.71 Eine drakonische Variante der englischen Klausel sah sogar vor, dass der Lieferant auch den Vertrag kündigen konnte, selbst wenn der Lieferant nicht beim Dritten bezogen hatte.72 2. Entscheidung Die Kommission sah in der Verwendung einer englischen Klausel in der ausschließlichen Bezugsvereinbarung in Verbindung mit Treuerabatten einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV. Entweder jedes der Verhalten für sich allein oder ihr Zusammenwirken führe zum Ausschluss des Wettbewerbs.73 68 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 f. Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 112 ff. Natriumkarbonat/Solvay. 69 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 36 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 116, 118 Natriumkarbonat/Solvay. 70 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 37 unter St-Gobain-Protokoll Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 120 Natriumkarbonat/Solvay. 71 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 f. Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 114 ff. Natriumkarbonat/Solvay. 72 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 37 unter Albi-Vertrag Soda/ Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 119 Natriumkarbonat/Solvay. 73 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 61 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 179 f. Natriumkarbonat/Solvay.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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a) Wettbewerbsbeschränkender Charakter der englischen Klausel Ähnlich wie die Auffassung in den Fällen Hoffmann-La Roche und BP-Kemi/ DDSF stellte die Kommission fest, dass die englische Klausel den wettbewerbsfeindlichen Effekt der langfristigen Liefervereinbarungen oder Treuerabatte nicht mildere, sondern die Bindung des Abnehmers an den Lieferanten verstärke. Denn durch die englische Klausel erhalte der Lieferant Kenntnis über die Absichten seiner Wettbewerber. Der Vorteil des Lieferanten gegenüber seinen Wettbewerbern werde dadurch festgeschrieben.74 b) Zum Kündigungsrecht des Lieferanten Außerdem stellte die Kommission fest, dass das Kündigungsrecht des Lieferanten in der englischen Klausel bereits wettbewerbsabschreckend und wettbewerbsbeschränkend wirke, weil kein Abnehmer für ein geringfügig günstigeres Konkurrenzangebot seine Versorgungssicherheit aufs Spiel setzen wolle.75
IV. Der Fall Industriegase76 1. Sachverhalt Die sechs in Europa bedeutendsten Industriegashersteller hatten einen Anteil von 95% auf dem Pipeline-Gas-Markt und 75% auf dem Markt für Flüssiggas als lose Ware. Sie vereinbarten mit ihren Kunden die Ausschließlichkeitsklausel, die langfristige Bezugsbindung und die englische Klausel in den Liefer- und Bezugsverträgen.77 2. Entscheidung Die Kommission stellte fest, dass die Verwendung dieser Klauseln einen Verstoß gegen Art. 81 EGV und in Bezug auf die Hersteller Air Liguide und BOC einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV darstelle. 74 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35, 37, 60 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 111, 122 177 f. Natriumkarbonat/Solvay. 75 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 36, 60 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 116, 178 Natriumkarbonat/Solvay. 76 KOM vom 7. 6. 1989, Pressemitteilung IP/89/426, Air Liquide ect., abrufbar unter = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 77 KOM vom 7. 6. 1989, Pressemitteilung IP/89/426, Air Liquide ect. Siehe auch: KOM vom 18. 1. 2000, EGABl. 2004 L 92/1 Tz. 86 Fn. 26 Air Liquide/BOC.
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Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
a) Zur Bezugspflicht Nach der Untersuchung forderte die Kommission von den Herstellern, die Verträge zu ändern. Die Alleinbezugspflicht oder Teilbedarfdeckungspflicht wurde untersagt. Die Bezugspflicht dürfe sich auf die festgelegte Reichweite zwischen einer Höchst- und einer Mindestmenge oder auf eine bestimmte Höchstmenge beziehen. Mit Rücksicht auf die Kosten der notwendigen Investitionen wurde die Laufzeit auf 15 Jahre oder 3 bis 5 Jahre begrenzt. Die englische Klausel, die den Abnehmer zur Mitteilung über günstigere Konkurrenzangebote verpflichtete, war zu streichen78 b) Zur Zulässigkeit einer englischen Klausel Durch Verhandlungen zwischen der Kommission und den Herstellern wurden die Prinzipien zur Änderung der englischen Klausel aufgestellt. Die Klausel, die dem Lieferanten genaue Informationen über seinen Wettbewerber zu erhalten ermöglicht, sei nicht mehr zu verwenden. Trotz der grundsätzlichen Einstellung ihrer Verwendung ließ die Kommission eine Ausnahme zu.79 Die englische Klausel könne nach Ansicht der Kommission nur dann weiterhin verwendet werden, wenn der Abnehmer (aber nicht der Lieferant) die Einbeziehung einer englischen Klausel in den Vertrag fordere und wenn die notwendige Vorsorgemaßnahme ergriffen werde, die gewährleiste, dass der Lieferant nicht den günstiger anbietenden Wettbewerber identifizieren könne.80
V. Der Fall Tetra Pak II 81 1. Sachverhalt Der Lieferant Tetra Pak war weltweit führender Hersteller in der Herstellung der Kartonverpackungen für flüssige und halbflüssige Nahrungsmittel. Für die aseptische und die nicht-aseptische Abfüllung besaß er praktisch ein Monopol bei Kartons und Abfüllanlagen.82 Für die Verkaufs- oder Mietbedingungen der Abfüllanlagen des Tetra Pak durfte der Kunde nur die Kartons des Tetra Pak
78 KOM vom 7. 6. 1989, IP/89/426, unter 1., 2., 5, Air Liquide ect. = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 79 KOM vom 7. 6. 1989, IP/89/426, unter 5 Air Liquide ect. = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 80 KOM vom 7. 6. 1989, IP/89/426, unter 4 Air Liquide ect. = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 81 KOM vom 24. 7. 1991, EGABl. 1992 L 72/1 Tetra Pak II. 82 KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 1, 12 f. Tetra Pak II.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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mit den Abfüllanlagen füllen.83 Eine zusätzliche Klausel verpflichtete die Mieter, beim Bezug der Kartons auch nur die Transportbehälter des Tetra Pak zu benutzen oder nach einer englischen Klausel vorzugsweise zu gleichen Bedingungen von Tetra Pak zu kaufen.84 2. Entscheidung Die missbräuchlich beanstandeten Verhaltensweisen in diesem Fall lagen bereits in der Koppelung des Kaufs der Kartons an den Kauf oder die Miete einer Abfüllanlage.85 In Bezug auf die ausschließliche Verwendung der Transportbehälter für den Bezug der Kartons sah die Kommission sowohl in der Ausschließlichkeit als auch in der Vorzugsklausel bzw. englischen Klausel keinen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Vertrags, d.h. Miete der Abfüllanlagen. Unter Berufung auf das Urteil des EuGH Hoffmann-La Roche befand die Kommission, dass die Verwendung der englischen Klausel einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV darstelle.86
VI. Zusammenfassung 1. Zum Bezugszweck In den erwähnten Fällen sahen die Gemeinschaftsorgane, d.h., die Kommission und der EuGH, in der Verwendung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung entweder eine Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder eine missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV. Der Bezugszweck in den erwähnten Fällen bezog sich meistens auf den Zweck des industriellen oder gewerblichen Gebrauchs. Daher bleibt es noch offen, ob eine andere Bewertung im Einzelfall erlaubt wird, falls die englische Klausel in Verbindung mit den Bezugsbindungen zum Zweck des Weiterverkaufs in Vertriebsfällen verwendet wird.87 Die Bezugsbindung zum Zweck des Weiterverkaufs bezieht sich noch auf die Aufrechterhaltung eines Vertriebssystems. Die Rationalisierungsgrundlage kann unter diesen Umständen breiter sein, so dass die Verwendung der englischen Klausel zur Aufrechterhaltung der Bezugsbindung bei der Beurteilung der Freistellungsmöglichkeit vom Kartellverbot großzügiger behandelt werden kann. 83
KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 27, 31 Tetra Pak II. KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 32, 132 Tetra Pak II. 85 KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 117, 119 Tetra Pak II. 86 KOM EGABl. 1992 L 72/1 Tz. 132 u. Fn. 2 Tetra Pak II. 87 In diesem Sinne zum Fall Industriegase: Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 17. 84
110
Teil 3: Wettbewerbsrechtliche Regelungen der englischen Klausel
2. Zu vorhandenen Marktstrukturen und entsprechenden wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen Darüber hinaus hatte jeder der Lieferanten in der erwähnten Praxis auf den Märkten eine überwiegend beherrschende Marktstellung inne. Die vorhandenen Marktstrukturen seitens des Lieferanten oder auch seitens des Abnehmers (wie in BP-Kemi/DDSF) waren schon geschwächt. Überdies bildete die englische Klausel in den bisher entschiedenen Fällen nur einen Teil der umfassenden wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen wie Treuerabatt (wie in HoffmannLa Roche und Natriumkarbonat/Solvay), Quotenvereinbarung (wie in BP-Kemi/ DDSF), Marktinformationsaustausch (wie in BP-Kemi/DDSF) oder Koppelung (wie in Tetra Pak II). In der erwähnten Praxis handelt es sich auch um eine langfristige Bezugsdauer (wie in BP-Kemi/DDSF, Industriegase und Natriumkarbonat/Solvay). 3. Zur Ausgestaltung der englischen Klausel In einigen Fällen wie Hoffmann-La Roche und BP-Kemi/DDSF hatte der Abnehmer sehr begrenzte Möglichkeiten, sich auf die englische Klausel zu berufen, da das Ausmaß der zugelassenen Konkurrenzangebote nach Qualität, Vertragsdauer, Menge oder Herkunft weitgehend beschränkt war. In Fällen BPKemi/DDSF und Natriumkarbonat/Solvay war die englische Klausel dadurch atypisch ausgestaltet, dass der Lieferant ein sofortiges Kündigungsrecht eingeräumt hatte, falls der Abnehmer eine Vertragsanpassung verlangte.88 Die Beurteilungen der englischen Klausel in diesen Fällen sind in ihren besonderen Marktverhältnissen und Vertragsgestaltungen zu sehen. Vor diesem Hintergrund kann man nicht zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Verwendung einer englischen Klausel selbstverständlich als wettbewerbsrechtlich unzulässig bewertet werde. Im Einzelfall kann es sein, dass die Verwendung einer englischen Klausel keine spürbare Wirkung auf den Markt hat, dass die Bezugsbindung für eine angemessene Dauer vereinbart wird oder dass die englische Klausel von einem Lieferanten verwendet wird, der keine marktbeherrschende Stellung innehat. Die Frage, ob die englische Klausel dem Kartellverbot unterliegt oder vom Kartellverbot freigestellt werden kann, bleibt noch offen. Eine Einzelfallprüfung ist notwendig.
88 In diesem Sinne zum Fall BP-Kemi/DDSF: Wiedemann, Bd. II, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16; grundlegend auch zum Fall BP-Kemi/DDSF: Kommission, Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, 1997, S. 47 f., Fn. 53.
B. Fälle in Bezug auf die englische Klausel in der europäischen Praxis
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4. Die Wende in der Praxis Der Fall Industriegase bedeutet eine Wende für die Beurteilung der Zulässigkeit der englischen Klausel in der europäischen Praxis. Selbst wenn eine englische Klausel von einem marktbeherrschenden Lieferanten verwendet wird und die Einzelheiten der konkurrierenden Angebote offengelegt werden, kann sie nach Ansicht der Kommission als wettbewerblich zulässig angesehen werden, solange die Anonymität des Wettbewerbers gewährleistet wird. Daher kann die englische Klausel unter Geheimhaltung der Identität des vorstoßenden Wettbewerbers wettbewerbsrechtlich großzügig behandelt werden. Für diese Behandlung ist eine angemessene Laufzeit des Liefer- und Bezugsvertrags ohne Alleinbezugspflicht oder ohne Teilbedarfsdeckungsverpflichtung Voraussetzung. Diese Ansicht der Kommission in ihrer Pressemitteilung wird in der Literatur weitgehend zitiert und übernommen.89
89 Kirchhoff, WuW 1995, S. 361, 369 f.; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rdnr. 276; Däuper in: Zander/Riedel/Klaus (Hrsg.), Praxishandbuch Energiebeschaffung, EL Juli 2002, III.2.4.4.3.; Büttner/Däuper, Weitere typische Klauseln in Gaslieferverträgen, Teil 3, ZNER 2003, 205, 205, 206; Ritter/ Braun/Rawlinson, Supplement to European Competition Law (2. Aufl. 2000), 2003, S. 45 Fn 383; Schultze/Pautke/Wagener, Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 1 Rdnr. 77 f. A. A.: Köhler, Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen beim Energievertrieb, WuW 1999, S. 445, 452; de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 10 Rdnr. 344.
Teil 4
Wettbewerbsrechtliche Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV In diesem Teil wird die Vereinbarkeit der Verwendung einer englischen Klausel mit dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV nach dessen Tatbestandsmerkmalen geprüft. Art. 81 Abs. 1 EGV verbietet unter bestimmten Voraussetzungen die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen zwischen Unternehmen. Daher ist es bei der kartellrechtlichen Behandlung der englischen Klausel erforderlich, erst zu prüfen, ob die Verwendung einer englischen Klausel im Bezugsbindungsvertrag als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung angesehen wird und die anderen Voraussetzungen im Art. 81 Abs. 1 EGV erfüllt. Die Untersuchung der Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel gemäß GVO Nr. 2790/1999 oder Art. 81 Abs. 3 EGV ist nur dann erforderlich, wenn im Einzelfall bereits ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EGV vorliegt.
A. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der Bezugsbindung I. Die Regelung in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen im Gemeinschaftsrecht 1. Das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV Das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV findet Anwendung auf Vereinbarungen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen und die bezwecken oder bewirken, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Nach der Bekanntmachung der Kommission muss die dem Kartellverbot unterliegende Vereinbarung den Wettbewerb auf dem relevanten Markt spürbar beeinträchtigen.1
1 Die Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Absatz 1 EGV nicht spürbar beschränken (de minimis), EGABl. vom 22. 12. 2001 C 368/13, Tz. 7 f.
A. Wettbewerbsbeschränkender Charakter der Bezugsbindung
113
2. Einbeziehung der vertikalen Vereinbarungen in das Kartellverbot Während das nationale deutsche Recht, § 16 GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle, lediglich eine Missbrauchsaufsicht für die Vertikalvereinbarungen vorsah, ausgenommen der Preisbindungen i. S. d. § 14 GWB a. F., unterliegen die Vertikalvereinbarungen dem Verbotsprinzip i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV. Denn Art. 81 Abs. 1 EGV fordert kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Vertragsparteien, während § 1 GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle dieses forderte. Wie der EuGH in seiner Spruchpraxis Consten und Grundig im Jahr 1966 festgestellt hat, erfasst der in Art. 81 Abs. 1 EGV geschützte Wettbewerb sowohl den Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien als auch den Wettbewerb zwischen einer der Vertragsparteien (wie dem Lieferanten) und einem Dritten (wie dem dritten Lieferanten). Daher gilt das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV auch für die vertikale Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, die auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig sind und nicht im Wettbewerb stehen, falls diese Vereinbarung den Wettbewerb auf dem Markt einschränkt.2
II. Die Bezugsbindung unter Art. 81 Abs. 1 EGV 1. Wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen auf den dritten Lieferanten Die Bezugsbindung hat zum Inhalt, dass sich der gebundene Abnehmer verpflichtet, bestimmte Gegenstände oder die mit ihnen im Wettbewerb stehenden Waren während eines bestimmten Zeitraums bei dem bindenden Lieferanten zu beziehen. Die Handlungsfreiheit des Abnehmers für die Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich weiterer zukünftiger Verträge mit dem dritten Lieferanten wird beeinflusst. Da dadurch der Absatz des dritten Lieferanten an den gebundenen Abnehmer eingeschränkt wird, ist das Tatbestandsmerkmal „Wettbewerbsbeschränkung“ unter Art. 81 Abs. 1 EGV gegeben.3 Mit anderen Worten ist der 2 EuGH vom 13. 7. 1965, Slg. 1965, S. 321, 387 Costen und Grundig. Siehe auch: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 109; Roth/ Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 165; Kulka in: FK, Lfg. 49, 2001, Art. 81 Abs. 1, 3 EGV Fallgruppen I., Tz. 1; von Stoephasius in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Fallgruppen Tz. 313; Emmerich in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 1 EGV A Rdnr. 73 f.; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 EGV Rdnr. 128; Habermeier in: Martinek/Semler/ Habermeier (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 30 Rdnr. 35. 3 In diesem Sinne zur ausschließlichen Bezugsbindung: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 138; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 59 BP-Kemi/DDSF. Siehe auch: Rahlmeyer in: Martinek/Semler (Hrsg.), § 30 Rdnr. 10; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EGWettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 48, 173; von Stoephasius in:
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Teil 4: Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot
eingeschränkte Absatz in dem Beispielstatbestand i. S. d. Art. 81 Abs. 1 lit. b derjenige des dritten Lieferanten.4 Die Kartellverbotsvorschrift i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV stellt nicht auf einen vollständigen Ausschluss der Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten an den Kunden des Lieferanten ab. Eine Einschränkung reicht aus. Daher sind die Bezugsbindungen in allen Formen wie Alleinbezugsbindung, Teilbezugsverpflichtung oder Mindestabnahmeverpflichtung geeignet, das Tatbestandsmerkmal „Wettbewerbsbeschränkung“ zu qualifizieren. Gleich zu behandeln ist der Zustimmungsvorbehalt.5 2. Vertragsimmanente Bezugseinschränkung Anders zu behandeln ist die vertragsimmanente Bezugseinschränkung. Diese „Einschränkung“ der Abschlussfreiheit des Abnehmers kann sich aus jedem Vertragsabschluß ergeben, weil der Abnehmer seinen Bedarf schon gedeckt hat und wirtschaftlich in einem bestimmten Zeitraum nicht mehr in der Lage ist, als Nachfrager auf dem Markt aufzutreten. Solch eine „Einschränkung“ fällt aber nicht unter das Kartellverbot, solange sie nicht über die Notwendigkeit der Vertragserfüllung hinausgeht.6
III. Zusammenfassung Die Bezugsbindungen aller Formen unterliegen dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV, wenn sie den Wettbewerb auf dem relevanten Markt spürLangen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Fallgruppen Tz. 334, 348; Schröter in: Schröter/ Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 141; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 142; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 10 Rdnr. 21, § 11 Rdnr. 65. 4 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 180. 5 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 5 f. Fn. 7, Rdnr. 143; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 175. Zur Teilbezugsverpflichtung: KOM EGABl. 1980 L 260/24 Tz. 33, 35 National Sulphuric Acid Association I ; zur Mindestabnahmeverpflichtung: KOM EGABl. 1984 L 207/26, 33 Tz. 3.1 Carlsberg; zum Zustimmungsvorbehalt: KOM EGABl. 1988 L 262/27, Tz. 102, 111 Bloemenveilingen Aalsmeer. Zum § 16 GWB a. F.: Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 35, 49; Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 66, 70; Klosterfelde/Metzlaff in: Langen/Bunte, § 16 GWB (a. F.) Tz. 59; Fikentscher/Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 18 GWB (a. F.) Rdnr. 132. 6 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Fallgruppen Rdnr. 5. Zum GWB: Klosterfelde/Metzlaff in: Langen/Bunte, § 16 GWB (a. F.) Tz. 30, 58, 60; Wolter in: FK, § 16 GWB (a. F.) Tz. 68 f.; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 47, 50; Bechtold, § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 9. Grundlegend: BGH 14. 3. 1990 WuW/E BGH 2627, 2635 Globalvertrag = BGHZ 110, 371, 385; OLG Hamburg vom 24. 3. 1983, WuW/E OLG 3147, 3148 f. Cinema.
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bar beeinträchtigen können. Der Absatz des dritten Lieferanten wird dadurch eingeschränkt, so dass das Tatbestandsmerkmal i. S. d. Art. 81 Abs. 1 lit. b erfüllt wird. Die sich aus jedem Vertragsabschluss ergebende Einschränkung, dass der Abnehmer wegen seines gedeckten Bedarfs nicht mehr als Nachfrager auf dem Markt auftreten kann, unterliegt nicht dem Kartellverbot.
B. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel I. Zur Bewertung des Eintrittsrechts des Lieferanten 1. Vertragsanpassung während der Laufzeit des Vertrags Die englische Klausel wird an die Bezugsbindung, häufig die ausschließliche Bezugsbindung, angeknüpft. Der Anspruch des Abnehmers auf Eintritt in die Konkurrenzangebote ermöglicht, dass sich der Vertragsinhalt der langfristigen Bezugsbindung zugunsten des Abnehmers an den Marktkonditionen und -entwicklungen orientiert. Aus dieser Sicht lässt sich das Eintrittsrecht des Lieferanten als Mechanismus für die Vertragsanpassung während der Laufzeit des Vertrags verstehen. Darüber hinaus wird die Kundenabwerbung seitens des dritten Lieferanten behindert, so dass die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung und der Absatz gesichert werden. Der gezielte Eintritt in die einzelnen Konkurrenzangebote ist damit ein effektives Mittel für den Lieferanten, den Kunden zu behalten. Dadurch ist eine marktweite Vertragsanpassung mit allen Kunden für den Lieferanten nicht mehr notwendig. 2. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter Obwohl der Eintritt in die Konkurrenzangebote wie der Mechanismus einer Vertragsanpassung funktioniert, führt das Eintrittsrecht auch zur wettbewerbsbeschränkenden Wirkung, da das Eintrittsrecht in der englischen Klausel mit einer bestehenden Bezugsbindung verbunden wird. Die Ausübung eines Eintrittsrechts dient zur Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung. Der Wettbewerber wird weiterhin an der Belieferung des Abnehmers des Lieferanten gehindert, so dass der Absatz auf dem Markt eingeschränkt wird. Aufgrund dieses funktionellen Zusammenhangs zwischen dem Eintrittsrecht und der bestehenden Bezugsbindung ist die englische Klausel als wettbewerbsbeschränkend anzusehen, solange ein Eintrittsrecht vereinbart wird. Mit anderen Worten wird der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel durch die Gesamtbetrachtung des bestehenden Bezugsvertrages aus der bestehenden Bezugsbindung abgeleitet.7 Eine Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV durch
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die Verwendung einer englischen Klausel entsteht bereits bei dem Abschluss eines Bezugsbindungsvertrages.
II. Zur Bewertung der Auflockerungswirkung durch die englische Klausel 1. Die Fremdbezugsmöglichkeit beim Nichteintritt des Lieferanten Die Ausschließlichkeit in der Bezugsbindung kann durch die englische Klausel unter bestimmten Bedingungen aufgelockert werden. Beim Nichteintritt des Lieferanten wird der Abnehmer von seiner Abnahmepflicht befreit und ihm das Recht eingeräumt, die Konkurrenzangebote einzuholen.8 Der Abnehmer ist daher berechtigt, seinen Gesamtbedarf oder einen Teil davon beim dritten Lieferanten zu decken. Eine Variante liegt darin, dass es nur im Rahmen der Menge des Konkurrenzangebots dem Abnehmer freisteht, beim dritten Lieferanten zu beziehen.9 Die Befreiung von der Abnahmepflicht und die Zulassung eines Fremdbezugs werden unter dem ausschließlichen Bezugsvertrag so verstanden, dass die vorgesehene Dauer für die Ausschließlichkeit abgekürzt wird. 2. Art der Zulassung eines Fremdbezugs a) Typischer Fall: parallele Bezugsbeziehungen mit dem dritten Lieferanten In der typischen Fallkonstellation darf der Abnehmer neben dem Fremdbezug die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung mit den bestehenden Vertragspreisen oder -konditionen auch weiter behalten, ohne an die Ausschließlichkeit gebunden zu werden und einen Geschäftsabbruch zu erleiden. Dies ermöglicht dem Abnehmer, parallele Bezugsbeziehungen mit den gegenwärtigen und konkurrierenden Lieferanten zu haben.10 Mit anderen Worten wird nur die Aus7
Siehe oben Teil 2, B. I. Wie in: KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11 Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 102 Hoffmann-La Roche. 9 Wie in: KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 12 unter dem Rundschreiben vom Dez. 1970 Vitamine; KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 114 Natriumkarbonat/Solvay. Auch in der kanadischen Praxis Canada v. NutraSweet Co. vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.): Director of Investigation and Research, Application, Antrag vom 1. 6. 1989, S. 5 unter d., S. 21 Tz. 56, abrufbar unter . Unklar in: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 33 BP-Kemi/DDSF. 10 Wie in: KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 zum Fall „Granus“ Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 115 zum Fall „Granus“ Natriumkarbonat/Solvay. 8
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schließlichkeit im Bezugsvertrag gekündigt. Selbstverständlich kann der Abnehmer den ganzen Bezugsvertrag kündigen, um seinen Gesamtbedarf vom konkurrierenden Lieferanten decken zu lassen. b) Extremfall: Verzicht auf die bestehende Lieferbeziehung als Voraussetzung des Fremdbezugs Im Extremfall der englischen Klausel ist die Beibehaltung der parallelen Bezugsbeziehungen ausgeschlossen. Wie die Fälle BP-Kemi/DDSF und Natriumkarbonat/Solvay gezeigt haben, wird die englische Klausel durch die Einräumung eines Kündigungsrechts an den Lieferanten beim Parallelbezug des Abnehmers ergänzt.11 In einer anderen Gestaltungsform ist der Fremdbezug erst dann möglich, wenn der Abnehmer die bestehende Bezugsbeziehung kündigt.12 Die Forderung, dass die Menge des Fremdbezugs dem Gesamtbedarf des Abnehmers entspricht13, hat auch dieselbe Wirkung. Trotz des Erlangens einer Fremdbezugsmöglichkeit oder eines Kündigungsrechts zum bestehenden Bezugsvertrag befindet sich der Abnehmer unter diesen Umständen in der Zwickmühle, zwischen dem Lieferanten und dem konkurrierenden Lieferanten wählen zu müssen, da die parallelen Bezugsbeziehungen nicht möglich sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der totale Wechsel der Lieferquelle für den Abnehmer noch unzumutbar ist. Der Abnehmer kann auch ein Interesse daran haben, nicht ganz auf die bestehende Bezugsbeziehung zu verzichten, falls die Konkurrenzangebote nur gelegentlich oder ganz gering sind.14 Unter diesen Umständen wird die Ausschließlichkeit der Bezugsbindung nicht wirklich aufgelockert. Die Absatzkanäle sind dadurch nicht tatsächlich geöffnet.
11 Wie in: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl L 286/32 Tz. 28 f), 33 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 f. Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 114 ff. Natriumkarbonat/Solvay. 12 Wie in: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF – Wasser/Abwasser, 2004, S. 2, 3 Stadtwerke Krefeld; vorinstanzlich: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136 = RdE 2000, S. 83 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182. 13 Wie in: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl L 286/32 Tz. 28 f) BP-Kemi/DDSF. 14 Grundlegend: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl L 286/32 Tz. 63 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 36 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 116 Natriumkarbonat/Solvay.
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3. Beurteilung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters der Bezugsbindung in Berücksichtigung auf die Auflockerungswirkung der englischen Klausel Es stellt sich die Frage, ob die ausschließliche Bezugsbindung noch als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden kann, falls an sie eine englische Klausel angeknüpft wird. a) Ansicht in der Literatur In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die ausschließliche Bezugsbindung im Einzelfall nach der Anknüpfung an eine englische Klausel nicht als wettbewerbsbeschränkend angesehen und daher nicht von Art. 81 Abs. 1 EGV erfasst werden könne.15 Denn die englische Klausel könne dem dritten Lieferanten die Möglichkeit eröffnen, den Abnehmer des Lieferanten bei dessen Nichteintritt zu beliefern. Sonst hätte der Abnehmer aufgrund der ausschließlichen Bezugsbindung keinerlei Möglichkeit, bei dritten Lieferanten zu beziehen.16 Der Wettbewerb sei durch solch einen Auflockerungseffekt wirksam geworden, selbst wenn der konkurrierende Lieferant im Ergebnis wegen des Eintritts des Lieferanten nicht zum Zuge komme. Der Verhaltensspielraum des Lieferanten werde dadurch kontrolliert.17 b) Begrenzter und bedingter Auflockerungseffekt durch die englische Klausel Den erwähnten Auffassungen und ihren Begründungen ist nicht zuzustimmen. Zum einen ist der aus der englischen Klausel entstehende Auflockerungseffekt nur begrenzt und durch den Nichteintritt des Lieferanten bedingt. Wie der EuGH im Fall Hoffmann-La Roche ausgeführt hat, hat der Abnehmer geringere Möglichkeiten zum Fremdbezug, als es scheint.18 Dem Abnehmer steht es beim Auftritt eines günstigeren Angebots auf dem Markt noch nicht zu, vom dritten Lieferanten zu beziehen. Der Marktzutritt für den dritten Lieferanten ist nur beim Nichteintritt des Lieferanten möglich. In Wirklichkeit kann das Kündigungsrecht des Abnehmers unter der englischen Klausel illusorisch sein, solange der Lieferant stets eintrittswillig ist.19 Die Fremdbezugsmöglichkeit des Abnehmers bleibt weiterhin eingeschränkt. 15
Wiedemann, Bd. Il, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16. Kirchhoff, Die Beurteilungen von Bezugsverträgen nach europäischem Kartellrecht, WuW 1995, S. 361, 370. 17 Wiedemann, Bd. Il, GVO 1984/83 Art. 1 Rdnr. 16. 18 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 104 Hoffmann-La Roche. 16
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Die durch die Bezugsbindung ausgeschlossene Absatzmöglichkeit für den dritten Lieferanten wird durch die englische Klausel nicht tatsächlich wiederhergestellt. Darüber hinaus steht das Kündigungsrecht des Abnehmers der effektiven Durchführung der ausschließlichen Bezugsbindung des Lieferanten eigentlich nicht entgegen, solange vom Kündigungsrecht kein Gebrauch gemacht worden ist.20 Daher bleibt die Auflockerungswirkung bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit der „Wettbewerbsbeschränkung“ i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV außer Betracht. 4. Zwischenergebnis Die durch die englische Klausel entstehende Auflockerungswirkung ändert nicht den wettbewerbsbeschränkenden Charakter einer Bezugsbindung. Die Ausschließlichkeit in der Bezugsbindung wird nicht tatsächlich durch die Anknüpfung an eine englische Klausel geschwächt. Der Wettbewerber kann nur dann nicht vom Markt abgehalten werden, wenn dem Abnehmer aufgrund des Auftretens eines günstigeren Angebots ein Kündigungsrecht eingeräumt wird, ohne dem Lieferanten ein Eintrittsrecht einzuräumen. Der wahrscheinliche Auflockerungseffekt einer englischen Klausel ist nur bei der Feststellung der Freistellungsmöglichkeit i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV in Betracht zu ziehen.
III. Zur Bewertung der Offenlegungspflicht des Abnehmers 1. Erscheinungsform der Offenlegungspflicht Die Verwendung einer englischen Klausel setzt voraus, dass der Abnehmer das Vorhandensein eines günstigeren Angebotes auf dem Markt beweisen muss, bevor der Abnehmer eine Vertragsanpassung oder ein Kündigungsrecht vor Ablauf der Vertragsdauer erlangt. Daran wird eine Offenlegungspflicht des Abnehmers gegenüber dem Lieferanten angeknüpft. Der Lieferant erhält die Einzelheiten der Konkurrenzangebote direkt vom Abnehmer.21 Eine andere Variante ist 19 Ähnlich im US-amerikanischen Fall International Salt. Der Oberste Gerichtshof Supreme Court sah in der Befreiungsmöglichkeit von der ausschließlichen Bezugspflicht beim Nichteintritt des Lieferanten keine Befreiung von der Tatbestandsmäßigkeit „Handelsbeschränkung“ („restraint of trade“) i. S. d. § 1 Sherman Act, selbst wenn unter diesen Umständen die Beschränkung weniger streng ist. International Salt Co. v. United States, 332 U.S. 392, 397 (1947) unter „Lixator provision“, abrufbar auch unter ; wiederholt in: Northern Pacific Railway Co. et al. v. United States, 356 U.S. 1, 12 (1958), unter „preferential routing clauses“. 20 In diesem Sinne zu Art. 82 EGV: de Bronett in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 22 Rdnr. 91; EuG vom 1. 4. 1993, Slg. 1993 II, S. 389 Tz. 73 BPB Industries und British Gypsum.
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die Offenlegungspflicht gegenüber einem selbstständigen Prüfer, der sich über die Einzelheiten der Konkurrenzangebote und/oder die Identität des dritten Lieferanten zur Verschwiegenheit verpflichtet.22 Dadurch können die Einzelheiten der Konkurrenzangebote und/oder die Identität des dritten Lieferanten im gewissen Maß geheim gehalten werden. 2. Offenlegungspflicht als Hilfsmittel der Eintrittsklausel Die Offenlegungspflicht des Abnehmers ermöglicht, dass der Lieferant präzise in die Konkurrenzpreise oder -konditionen eintreten oder sie unterbieten kann. Falls die Offenlegung auch die Identifizierung des Wettbewerbers ermöglicht, wird der Lieferant in die Lage versetzt, den Wettbewerber „gezielt“ vom Markt abzuhalten.23 Ein zielloser Eintritt in alle Konkurrenzangebote und die übermäßige Preisherabsetzung werden dadurch vermieden. Aus diesem Hintergrund ist die Offenlegungspflicht hauptsächlich ein Hilfsmittel für den Lieferanten, sein Eintrittsrecht auszuüben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Lieferant aufgrund der erlangten Informationen marktweit auch entsprechende Maßnahmen ergreift, um den Vorsprung der Wettbewerber marktweit aufzuholen. 3. Beschränkung des Geheimwettbewerbs durch die Auferlegung einer Offenlegungspflicht a) Geheimwettbewerb als geschützter Wettbewerb In einem unverfälschten wettbewerblichen Markt ist zu erwarten, dass ein Lieferant stets versucht, seine Preise zu senken, um einen Kunden zu gewinnen oder zu behalten.24 Die Initiativen eines Lieferanten für Wettbewerbsvorstöße liegen insbesondere dann vor, wenn seine Absatzpolitik, Preisgestaltung oder Geheimrabatte den Wettbewerbern für einige Zeit nicht bekannt sind, da sich seine Wettbewerber nicht sofort in ihrem Marktverhalten auf diese Vorstöße einstellen können. Daher werden die Einzelheiten der abgegebenen Angebote oder abgeschlossenen Geschäfte des Lieferanten als streng vertraulich behandelt. In
21 Wie in: KOM EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 11 Vitamine; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 28 f), 33, 64 BP-Kemi/DDSF. 22 Wie in: KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21, Tz. 35, 37 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 114, 122 Natriumkarbonat/Solvay. 23 In diesem Sinne: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, 137 Stadtwerke Krefeld = RdE 2000, S. 83, 84 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182, 183. 24 In diesem Sinne: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 65 BP-Kemi/ DDSF.
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der Literatur zum GWB und zur nationalen deutschen Praxis wird eine derartige Geheimhaltung des Marktverhaltens als „Geheimwettbewerb“ bezeichnet.25 Falls die Konkurrenzpreise oder -konditionen des Wettbewerbers nicht mehr geheim gehalten werden, ist ein Lieferant aufgrund der erlangten Marktinformationen zukünftig in der Lage, sofort marktweit zu reagieren, z. B. die Verträge mit allen Kunden an diese Konkurrenzangebote anzupassen, um den Vorsprung seiner Wettbewerber zu verhindern. Angesichts dieser sofortigen Reaktion hat sein Wettbewerber keinen Anreiz, die Wettbewerbsvorstöße auf dem Markt zu initiieren.26 Die Wettbewerbsintensität zwischen den Lieferanten wird durch solch eine künstlich geprägte Markttransparenz reduziert. Daraus wird der Schluss gezogen, dass der Geheimwettbewerb auch ein geschütztes Wettbewerbsverhalten unter Art. 81 Abs. 1 EGV ist. Die künstliche Beseitigung eines Geheimwettbewerbs durch die Erhöhung der Markttransparenz hat deswegen einen wettbewerbsbeschränkenden Charakter inne.27 b) Auferlegung einer Offenlegungspflicht als Wettbewerbsbeschränkung Obwohl der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel bereits in der Aufrechterhaltung der bestehenden Bezugsbindung liegt, verstärkt sich dieser durch die Offenlegung der Einzelheiten des Konkurrenzangebotes. Denn die Mitteilung über die Einzelheiten der Konkurrenzangebote durch den Abnehmer verringert die Ungewissheit über das Marktverhalten des dritten Lieferanten erheblich. Eine künstliche Markttransparenz wird dadurch einseitig für den Lieferanten geschaffen.28 Eine Einschränkung des Geheimwettbewerbs liegt vor. Daher wird die Auferlegung einer Offenlegungspflicht als Wettbewerbsbeschränkung bewertet. Dies dient dem EuGH und der Kommission als grundlegender Anhaltspunkt für ihre Praxis, den wettbewerbsbeschränkenden Charakter einer englischen Klausel festzustellen.29 25 Zum GWB siehe: Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB (a. F.) Rdnr. 392. Zur nationalen deutschen Praxis siehe: BGH, Beschluss vom 29. 1. 1975, BGHSt 26, S. 56, 59 ff. Aluminium-Halbzeug = WuW/E BGH 1337, 1339 ff.; BGH, Beschluss vom 18. 6. 1986, WuW/E BGH 2313, 2315 f. Baumarkt-Statistik. Zur Entstehungsgeschichte des Begriffs „Geheimwettbewerb“ siehe: Sedemund, Entwicklung der kartellrechtlichen Bewertung von Marktinformationsverfahren, in: FS Lieberknecht, 1997, S. 571, 576. 26 In diesem Sinne: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 162; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB (a. F.) Rdnr. 391 f. 27 Zum GWB siehe: BGH, Beschluss vom 29. 1. 1975, BGHSt 26, S. 56, 65 Aluminium-Halbzeug = WuW/E BGH 1337, 1342; BGH, Beschluss vom 18. 6. 1986, WuW/ E BGH 2313, 2316 Baumarkt-Statistik. 28 Siehe oben Teil 2, B. II. 3. b). 29 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 19. 12.
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c) Abgrenzung von der Erwähnung der Konkurrenzangebote durch den Abnehmer Es entspricht dem normalen Marktverhalten, dass der Abnehmer bei Verhandlungen die günstigeren Konkurrenzangebote erwähnt, um ein Zugeständnis wie einen Preisnachlass oder eine günstigere Bedingung zu fordern.30 Es steht dem Abnehmer nach dem Vertragsabschluss auch frei, dem Lieferanten die Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen zu legen, um ihn zur Vertragsanpassung aufzufordern. Kartellrechtlich ist solch ein zufälliger Einblick in die Konkurrenzangebote unbedenklich, da es nicht um eine Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer oder um eine Koordinierung zwischen konkurrierenden Lieferanten geht. Demgegenüber ist die Auferlegung einer Offenlegungspflicht an den Abnehmer durch die Vereinbarung einer englischen Klausel kartellrechtlich bedenklich. Solch eine Einschränkung der Handlungsfreiheit des Abnehmers ist wettbewerbsbeschränkend relevant, da dadurch die Markttransparenz künstlich erhöht wird.31 Entweder im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Geheimwettbewerbs zwischen den Lieferanten oder im Hinblick auf den Schutz der Marktzutrittsmöglichkeit des Dritten ist die Offenlegungspflicht in der englischen Klausel als Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV anzusehen. d) Die englische Klausel im Vergleich zum Marktinformationsverfahren aa) Der Begriff des Marktinformationsverfahrens Typische Fallkonstellation bezüglich einer Beschränkung des Geheimwettbewerbs ist der Informationsaustausch zwischen den Lieferanten durch das sog. Marktinformationsverfahren bzw. Preismeldesystem, in dem die im Wettbewerb stehenden Lieferanten gegenüber einer Meldestelle zur Offenlegung der Preise, Konditionen oder Mengen in ihrem abgeschlossenen Geschäft verpflichtet sind. Die angemeldeten Daten werden in der ursprünglichen oder statistischen Form an die anderen Wettbewerber weitergegeben.32 Falls derartiger gegenseitiger In1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 60 Soda/Solvay; KOM EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 178 Natriumkarbonat/Solvay. Siehe auch: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152. 30 In diesem Sinne: KOM vom 7. 12. 1988, EGABl. 1988 L 33/44 Tz. 51 (iii) Flachgas; Gleiss/Hirsch, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 371. 31 Siehe oben Teil 2, B. II. 3. a). 32 Zum Begriff Marktinformationsverfahren bzw. Preismeldesystem siehe: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 162; Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 EGV Rdnr. 156; Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB (a. F.) Rdnr. 390 f.; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 GWB Tz. 285.
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formationsaustausch zum Rückschluss der individualisierten Daten führt, erleichtert er den Wettbewerbern eine Koordinierung des Marktverhaltens. Solch ein Informationsaustausch wird in der gemeinschaftsrechtlichen Praxis als Verstoß gegen das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV angesehen.33 bb) Die englische Klausel im Vergleich zum Marktinformationsverfahren Eine ähnliche Fallkonstellation in Bezug auf die Beschränkung des Geheimwettbewerbs ist die englische Klausel. Der Abnehmer funktioniert unter der englischen Klausel in der Tat wie eine Meldestelle im Marktinformationsverfahren, da er die erlangten Einzelheiten des Marktverhaltens und das Geschäftsgeheimnis des konkurrierenden Lieferanten an seinen Lieferanten weitergibt. In beiden Fallskonstellationen kann der Lieferant den Anreiz seiner Wettbewerber verringern, ein Wettbewerbsvorstoß zu initiieren, da der Lieferant aufgrund der erlangten Information marktweit seine Preise oder Konditionen an die der Konkurrenzangebote anpassen kann. Aus dieser Sicht dient die Verwendung der englischen Klausel als Substitut für die Vereinbarung über das Marktinformationsverfahren mit den Wettbewerbern. Trotz der erwähnten Gemeinsamkeit unterscheidet sich die englische Klausel vom Marktinformationsverfahren. Der Lieferant verfügt unter der englischen Klausel über ein effektiveres Behinderungsmittel, d.h. ein Eintrittsrecht, um den bestimmten Geschäftsabschluss zu behindern, während der Teilnehmer im Marktinformationsverfahren nur einen marktweiten Eintritt durchsetzen kann.34 Der Lieferant kann unter der englischen Klausel die Einzelheiten der günstigeren Konkurrenzangebote nur dann erhalten, wenn der konkurrierende Lieferant den Kunden des Lieferanten abwirbt und der Abnehmer den Vertrag anpassen oder die Konkurrenzangebote einholen will. Die Markttransparenz wird durch die englische Klausel nur einseitig erhöht, so dass die anderen Lieferanten auf dem Markt nichts über die Einzelheiten der Konkurrenzangebote erfahren, falls sie keine englische Klausel verwenden. Demgegenüber tauschen die Teilnehmer unter dem Marktinformationsverfahren die Einzelheiten ihrer Angebote gegenseitig aus. Aber die durch die englische Klausel erlangten Einzelheiten sind glaubwürdiger als die durch die Meldestelle weitergegebenen Informationen, da die durch den Abnehmer mitgeteilten Informationen die aktuellen Marktverhalten des Wettbewerbers darstellen und nicht durch den Wettbewerber möglicherweise verfälscht worden sind. 33 KOM vom 15. 6. 1974, EGABl. L 160/1 Tz. 43 IFTRA Verpackungsglas; KOM vom 8. 9. 1977, EGABl. L 242/10 Tz. 27, 29 Cobelpa/VNP; KOM vom 23. 12. 1977, EGABl. L 70/54 Tz. 65 Pergamentpapier. 34 In diesem Sinne: Straub in: GK, 4. Aufl. 1987, § 15 GWB (a. F.) Tz. 424.
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Teil 4: Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot
4. Die Beurteilung der nicht-identifizierenden englischen Klausel a) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die englische Klausel entweder nicht in den Anwendungsbereich des Kartellverbots fällt oder stets zulässig sei, insbesondere wenn sie die Anonymität des Wettbewerbers gewährleisten könne.35 Die Argumentation, die Zulässigkeit einer englischen Klausel nach der Identifizierbarkeit zu beurteilen, ist ähnlich wie die Beurteilung der Zulässigkeit in Bezug auf das Marktinformationsverfahren in der Praxis des § 1 GWB a. F. In der Praxis des Bundeskartellamts und in der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass ein nicht-identifizierendes Marktinformationsverfahren kartellrechtlich grundsätzlich unbedenklich sei. Denn ein Rückschluss auf Einzelgeschäfte ist unter einem nicht-identifizierenden Marktinformationsverfahren ausgeschlossen, so dass der Geheimwettbewerb dadurch nicht beeinträchtigt wird.36 b) Bewertung Die erwähnte Auffassung in Bezug auf die englische Klausel ist jedoch bedenklich. Zum einen wird die englische Klausel unter dem erwähnten Umstand nur teilweise nicht-identifizierend ausgestaltet. Der Lieferant erlangt noch die Einzelheiten der Konkurrenzangebote wie Preise und Konditionen, während nur die Identität des vorstoßenden Wettbewerbers geheim gehalten wird. Die Markttransparenz wird schon erhöht. Der Geheimwettbewerb bleibt noch eingeschränkt. Zum anderen wirkt sich die Einräumung eines Eintrittsrechts an den Lieferanten bereits wettbewerbsbeschränkend aus. Die Nichtidentifizierung der Identität eines dritten Wettbewerbers führt zu keiner anderen Beurteilung.37 35 Schultze/Pautke/Wagener, Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 1 Rdnr. 78; Kirchhoff, Die Beurteilungen von Bezugsverträgen nach europäischem Kartellrecht, WuW 1995, S. 361, 369 f.; Kirchhoff in: Wiedemann (Hrsg.), § 10 Rdnr. 276. Teilweise Abweichung: die englische Klausel dürfe durch die GVO freigestellt werden, wenn die Anonymität des Wettbewerbers gewahrt werde. Nolte, Reform des EG-Kartellrechts für Vertriebs- und Zulieferverträge, BB 1998, S. 2429, 2438. Petsche in: Liebscher/Flohr/Petsche (Hrsg.), Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, 2003, § 7 Rdnr. 192. 36 BKartA, Kartellrechtliche Behandlung von Preismeldestellen, Presseinformation des BKartA Nr. 8/77 vom 24. l. 1977, S. 8, unter Nr. 1, abgedruckt in: WuW 1977, S. 248; BKartA, TB 1995/1996, BT-Drucks. 13/7900, S. 126; Zimmer in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB a. F. Rdnr. 394; Bunte in: Langen/Bunte, § 1 GWB Tz. 286. A. A.: Wagner-von Papp, Wie „identifizierend“ dürfen Marktinformationsverfahren sein?, WuW 2005, S. 733, 736, 739. 37 In diesem Sinne: Köhler, Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen beim Energievertrieb, WuW 1999, S. 445, 452; de Wyl/Essig/Holtmeier in: Schneider/Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rdnr. 344.
B. Wettbewerbsbeschränkender Charakter der englischen Klausel
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Selbst wenn der Lieferant auch keine Kenntnis von den Einzelheiten der Konkurrenzangebote in Bezug auf die Preise, Mengen oder Konditionen erhalten kann, ist solch eine englische Klausel stets als wettbewerbsbeschränkend zu beurteilen.38 Denn die Ausübung eines Eintrittsrechts versetzt den Lieferanten in die Lage, den Abnehmer weiter an sich zu binden. Solch eine Behinderung des Fremdbezugs charakterisiert die Wettbewerbsbeschränkung der englischen Klausel. Vielmehr liegt die Unzulässigkeit einer englischen Klausel bereits in der Bezugsbindung. Die Offenlegung der Konkurrenzangebote oder die Identifizierbarkeit der Konkurrenzangebote ist nicht entscheidend.39 Eine nicht-identifizierende englische Klausel kann nicht bei der Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit der Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV vom gesamten Bezugsbindungsvertrag isoliert betracht werden40, so dass sie als nicht-wettbewerbsbeschränkend bewertet würde. Eine als nicht-identifizierend ausgestaltete englische Klausel unterliegt jedoch dem Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EGV und kann nur bei der Beurteilung der Freistellungsfähigkeit eine großzügigere Behandlung nach Art. 81 Abs. 3 EGV erhalten. Die wichtigen Merkmale in der englischen Klausel, wie das Eintrittsrecht des Lieferanten und die bestehende Bezugsbindung, fehlen in der Fallkonstellation eines Marktinformationsverfahrens. Daher ist der aus der Fallkonstellation des Marktinformationsverfahrens entwickelte Maßstab, die kartellrechtliche Zulässigkeit nach der Identifizierbarkeit zu beurteilen, nicht auf die Beurteilung der Zulässigkeit der englischen Klausel übertragbar. c) Interpretation der Fälle Hoffmann-La Roche und Industriegase Im Fall Hoffmann-La Roche stellte der EuGH fest, dass die Offenlegungspflicht in der englischen Klausel die Identifizierung des Wettbewerbers erleichterte und eine missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung darstellte.41 Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine die Identität des Wettbewerbers nicht identifizierende englische Klausel unbedenklich sei und als nicht wettbewerbsbeschränkend angesehen werden könne. Die Kommission forderte in der Pressemitteilung im Fall Industriegase, dass die getroffene Vorbeugungsmaßnahme in Bezug auf die Aufnahme einer englischen Klausel in die Alleinbezugsvereinbarung sicherstellen müsse, dass der Lieferant den günstiger bietenden Wettbewerber nicht identifizieren kann.42 Solch eine 38 A. A.: Art. 81 Abs. 1 EGV greife erst recht ein, wenn die englische Klausel durch die Mitteilungspflicht zusätzlich eine künstliche Markttransparenz schaffe. Siehe: Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) B Rdnr. 177. 39 Ebenso grundlegend: Gleiss/Hirsch, Art. 85 (1) EGV (a. F.) Rdnr. 371. 40 Zur Gesamtbetrachtung der Bezugsvereinbarung siehe oben: Teil 2, B. II. 1. und 2. 41 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche.
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Auffassung der Kommission kann nicht so interpretiert werden, dass die nichtidentifizierende englische Klausel als nicht-wettbewerbsbeschränkend bewertet werde. Eine nicht-identifizierende englische Klausel ist wettbewerbsbeschränkend, aber sie kann freistellungsfähig sein, so dass die Kommission im Einzelfall nichts gegen sie einwendet.
IV. Zusammenfassung Die englische Klausel ist mit dem bestehenden Bezugsbindungsvertrag einheitlich zu betrachten. Durch den Eintritt in die Konkurrenzangebote kann der Lieferant die bestehende Bezugsbindung mit dem Abnehmer aufrechterhalten. Daher liegt der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel bereits in der Einräumung des Eintrittsrechts an den Lieferanten. Selbst wenn die bestehende Bezugsbindung beim Nichteintritt des Lieferanten teilweise abgeschwächt wird, liegt der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel noch vor. Der wahrscheinliche Auflockerungseffekt durch die englische Klausel ist nur bei der Feststellung der Freistellungsmöglichkeit i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV in Betracht zu ziehen. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel verstärkt sich durch die Auferlegung einer Offenlegungspflicht an den Abnehmer. Dadurch wird die Markttransparenz künstlich erhöht, so dass der Geheimwettbewerb zwischen den Lieferanten beschränkt wird. Aber bei der Prüfung der Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV hat dies nur eine ergänzende Bedeutung. Es ist auch nicht entscheidend, ob die englische Klausel nicht-identifizierend oder identifizierend ausgestaltet wird. Selbst wenn der Lieferant die Einzelheiten der Konkurrenzpreise oder -konditionen nicht erfahren kann, ist die Verwendung einer englischen Klausel als wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu bewerten.
C. Spürbarkeit und Zwischenstaatlichkeitsklausel I. Spürbarkeit 1. Der Begriff Die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EGV erfordert auch, dass die Wettbewerbsbeeinträchtigung spürbar ist. Falls die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung keine spürbare Auswirkung auf den Markt oder auf den innergemein42 KOM vom 7. 6. 1989, Pressmitteilung IP/89/426, Air Liquide ect., unter 5, abrufbar unter = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase.
C. Spürbarkeit und Zwischenstaatlichkeitsklausel
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schaftlichen Handel hat, wird sie nicht vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV erfasst.43 Die Spürbarkeit ist daher ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Art. 81 Abs. 1 EGV.44 2. Bagatellbekanntmachung der Kommission In der neuen Fassung der Bagatellbekanntmachung aus dem Jahr 2001 lässt die Kommission bei der vertikalen Vereinbarung den Marktanteil jeder einzelnen beteiligten Vertragspartei von höchstens 15% zu, da die Spürbarkeit regelmäßig fehlt.45 Die 15%-Schwelle ist auf den Bezugsbindungsvertrag anwendbar, solange er keine schwerwiegende Beschränkung bzw. Kernbeschränkung i. S. d. Ziffer 7 Nr. 2 der Bagatellbekanntmachung, wie die Beschränkung des Wiederverkaufspreises oder Absatzgebietes, beinhaltet. Selbst wenn der Bezugsbindungsvertrag eine englische Klausel enthält, hindert dies nicht daran, die 15%Schwelle anzuwenden, da die englische Klausel selbst nicht im Zusammenhang mit der Kernbeschränkung steht. 3. Die Verwendung einer englische Klausel und die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung Die Spürbarkeit eines Bezugsbindungsvertrages ist im Einzelfall in Berücksichtigung auf die bestehende Marktstruktur, den Marktanteil der Vertragsparteien, die Vertragsdauer und den Bindungsgrad abzustellen.46 Wenn die Bezugsbindung mit der an sie angeknüpften englischen Klausel in ihrer Gesamtheit den relevanten Markt nur geringfügig beeinträchtigt, z. B. wenn die Marktanteile der Vertragsparteien zu gering sind, unterfällt die Vereinbarung nicht dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV. Die Verwendung einer englischen Klausel im Bezugsbindungsvertrag kann u. U. dazu führen, dass die durch die Bezugsbindung entstehende Wettbewerbsbeschränkung ihre Spürbarkeit verliert, da die englische Klausel die bestehende Bezugsbindung beim Nichteintritt des Lieferanten auflockern kann. Demgegen43 EuGH vom 9. 7. 1969, Slg. 1969, S. 295, 302 Tz. 5, 7 Völk/Vervaecke; Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis), EGABl. 2001 C 368/13, Tz. 1; Kommission, Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, EGABl. 2004 C 101/81, Tz. 44. 44 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 209; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 10 Rdnr. 80. 45 Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, EGABl. 2001 C 368/13, Zi. 7 lit. b. 46 Wie im Fall BP-Kemi/DDSF, KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 68 BP-Kemi/DDSF.
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über kann die Verwendung einer englischen Klausel auch die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung des Bezugsbindungsvertrages insbesondere dann verstärken, wenn die englische Klausel im Einzelfall identifizierend ausgestaltet wird. Denn neben der Aufrechterhaltung der Bezugsbindung durch das Eintrittsrecht des Lieferanten entsteht zusätzlich eine künstliche Markttransparenz durch die Offenlegungspflicht des Abnehmers. Unter diesen Umständen ist daher die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung mit größerer Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
II. Bündeltheorie 1. Der Begriff Die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung eines Bezugsbindungsvertrages verstärkt sich insbesondere dann, wenn der Lieferant die Bezugsbindungsverträge mit zahlreichen Abnehmern gleichzeitig abgeschlossen hat. Die Auswirkung der Alleinbezugsverpflichtung kann daher nicht allein auf den einzelnen Alleinbezugsvertrag abgestellt werden. Denn diese gleichartigen Verträge, die von demselben Lieferanten und mehreren Abnehmern abgeschlossen werden, sind aufgrund ihres wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs in ihrer Gesamtheit als ein Vertragsbündel zu betrachten.47 Die Beurteilung der Auswirkung dieses Vertragsbündels eines Lieferanten auf den Wettbewerb gilt daher für die Gesamtheit der einzelnen Verträge, die dieses Bündel bilden.48 2. Der Delimitis-Test Darüber hinaus kann die ausschließliche Bezugsbindung branchenweit von den voneinander unabhängigen Lieferanten verwendet werden. Diese nebeneinander bestehenden gleichartigen Bezugsvereinbarungen können auf dem Markt auch kumulativ zusammenwirken und zu einer spürbaren Marktbeeinträchtigung führen, selbst wenn die einzelne Vereinbarung harmlos ist. Aufgrund der von der Spruchpraxis des EuGH Delimitis/Henninger Bräu erweiterten Bündeltheorie ist das Bestehen der zwischen dritten Lieferanten und Abnehmern abgeschlossenen Bezugsverträgen auch bei der Beurteilung der Spürbarkeit des einzelnen Vertrages zu berücksichtigen.49 Zuerst ist das Vorhan47
EuGH vom 12. 12. 1967, Slg. 1967, S. 543, 555 f. Brasserie de Haecht. EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1611, Tz. 95 Schöller; EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1533, Tz. 129 Langnese-Iglo. 49 EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 977, Tz. 15, 19 ff. Delimitis/Henninger Bräu; EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1611, Tz. 95 Schöller; EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1533, Tz. 129 Langnese-Iglo; EuG vom 14. 5. 1997, Slg. 48
C. Spürbarkeit und Zwischenstaatlichkeitsklausel
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densein einer kumulativen Wirkung der gleichartigen Verträge festzustellen. Falls der einzelne Vertrag in erheblichem Maße zu dieser kumulativen Wirkung beiträgt, wird er vom Kartellverbot erfasst.50 Der Beitrag des einzelnen Vertrags zur kumulativen Wirkung hängt von dem Marktanteil des bindenden Lieferanten, von dem durch seine Bezugsbindung gebundenen Marktanteil und von der Vertragsdauer ab.51 Diese Zwei-Schritte-Prüfung wird als Delimitis-Test oder als Delimitis-Kriterien bezeichnet.52 3. Bündeltheorie in der Bagatellbekanntmachung In der neuen Fassung der Bagatellbekanntmachung wendet die Kommission auch die Bündeltheorie an. Wenn weniger als 30% des Marktes durch die nebeneinander bestehenden Vereinbarungen gebunden sind, liegt keine kumulative Auswirkung vor.53 Falls der Wettbewerb durch die kumulative Auswirkung der nebeneinander bestehenden Vereinbarungen beschränkt wird, wird die Marktanteilsschwelle der einzelnen Vertragsparteien für die Spürbarkeit auf 5% herabgesetzt.54 Daher wird die ausschließliche Bezugsbindung nicht als Beitrag zum 1997, S. 759, Tz. 140 VGB. Siehe auch: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 142. 50 EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 977, Tz. 15, 24 Delimitis/Henninger Bräu; Kommission, Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, EUABl. 2004 C 101/81, Tz. 49. 51 EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 977, Tz. 25 f. Delimitis/Henninger Bräu. 52 KOM vom 24. 2. 1999, EGABl. L 88/26 Tz. 127 Whitbread; KOM vom 16. 6. 1999, EGABl. L 186/28 Tz. 114 Scottish and New Castle; KOM vom 1. 8. 2000, EGABl. L 195/49Tz. 51 Inntrepreneur/Spring. 53 Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, EGABl. 2001 C 368/13, Tz. 8. In Bezug auf die Schwelle der kumulativen Auswirkung unterscheiden die Leitlinien der Kommission für vertikale Beschränkungen zwischen dem Zwischenprodukt, dem Endprodukt auf der Großhandelsstufe und dem Endprodukt auf der Einzelhandelsebene. In der Fallkonstellation bezüglich der Lieferung eines Zwischenprodukts liegt die kumulative Auswirkung nicht vor, wenn weniger als 50% des Marktanteils durch die Bezugsvereinbarungen gebunden sind. In der Fallkonstellation bezüglich der Lieferung eines Endprodukts auf der Einzelhandelsebene liegt die kumulative Auswirkung nicht vor, wenn weniger als 40% des Marktanteils durch die Bezugsvereinbarungen gebunden sind und der Marktanteil jedes Lieferanten unter 30% liegt. Siehe: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 146 ff. 54 Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, EGABl. 2001, C 368/13, Tz. 8. Demgegenüber wird die 5%-Schwelle in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen auf den gebundenen Marktanteil abgestellt. Siehe: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 142. Nach dem Urteil Delimitis/Henninger Bräu des EuGH wurde die Marktanteilsschwelle der Brauerei für den Bierlieferungsvertrag sogar von der Kom-
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kumulativen Marktabschottungseffekt angesehen, wenn der einzelne Lieferant oder Abnehmer die 5% des Marktanteils nicht überschreitet. 4. Kumulative Wirkung und die englische Klausel a) Bündel der Bezugsbindungen auf dem Markt Durch die englische Klausel wird die bestehende Bezugsbindung aufrechterhalten. Diese Auswirkung der englischen Klausel ist nicht getrennt vom bestehenden Bündel der Bezugsbindungen auf dem Markt zu betrachten. Durch die Verwendung der Bezugsbindungen mit den Abnehmern durch denselben Lieferanten kann bereits eine kumulative Wirkung entstehen. Die Tatsache, dass die Bezugsbindung branchenweit gleichzeitig von mehren konkurrierenden Lieferanten in ihre Verträge aufgenommen wird, ist auch bei der Beurteilung der Auswirkung des einzelnen Bezugsbindungsvertrages zu berücksichtigen. Selbst wenn die einzelne Bezugsbindung zusammen mit der an sie angeknüpften einzelnen englischen Klausel keine spürbare Auswirkung auf den Markt hat, kann sie zusammen mit der Gesamtheit der auf dem Markt vorhandenen Bezugsbindungen den Wettbewerb spürbar beeinträchtigen. Vielmehr hängt die Auswirkung des einzelnen Bezugsbindungsvertrages auch von der kumulativen Wirkung der Bezugsbindungen ab. b) Bündelung von englischen Klauseln auf dem Markt Darüber hinaus ist das Vorhandensein der zahlreichen nebenander bestehenden englischen Klauseln auf dem Markt auch bei der Beurteilung der Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung des einzelnen Bezugsbindungsvertrages zu berücksichtigen. Denn durch die Offenlegungspflicht des Abnehmers in der einzelnen englischen Klausel wird die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung des Bezugsvertrages hinzugefügt, indem sie die Markttransparenz erhöht und die Wettbewerber von den Wettbewerbsvorstößen abschreckt. Der Lieferant kann durch die Einrichtung eines Bündels der englischen Klauseln mit mehreren Abnehmern die Informationsquellen erweitern und dadurch eine vollständigere Übersicht über die Marktlage erhalten, so dass der Markt transparenter wird.55 Ähnlich kann die englische Klausel von den verschiedenen Lieferanten parallel in deren Bezugsbindungsverträgen verwendet werden.56 Dieses parallele Vorhandensein der englischen Klauseln auf dem Markt hat größere Abschremission auf 1% herabgesetzt. Kommission, Bekanntmachung, zur Änderung der Bekanntmachung zu VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. 1992 C 121/2, Tz. 40. 55 Wie der Sachverhalt in den Fällen Hoffmann-La Roche und Natriumkarbonat/ Solvay. 56 Wie der Sachverhalt im Fall Industriegase.
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV
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ckungswirkung als die einzelne englische Klausel, da alle die englische Klausel verwendenden Lieferanten in der Lage sind, den Vorsprung ihres Wettbewerbers durch die Ausübung des Eintrittsrechts gegenseitig einzuholen und die bestehenden Bezugsbindungen aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus entsteht eine gegenseitige Markttransparenz. Daher sind bei der Beurteilung der Auswirkung des einzelnen Bezugsbindungsvertrages das Bündel der englischen Klauseln von demselben Lieferanten und nebeneinander bestehende englische Klauseln von verschiedenen Lieferanten auf dem Markt in Betracht zu ziehen. Selbst wenn der einzelne Bezugsbindungsvertrag den Markt nicht spürbar beeinträchtigt, unterfällt dieser Bezugsbindungsvertrag mit der verbundenen englischen Klausel dennoch dem Art. 81 Abs. 1 EGV, wenn er sich mit den nebeneinander bestehenden Bezugsbindungen und den daran angeknüpften englischen Klauseln kumulativ spürbar auswirken kann.
III. Zwischenstaatlichkeitsklausel Durch das Tatbestandsmerkmal der Zwischenstaatlichkeit wird der Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des nationalen Kartellrechts abgegrenzt. Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung unterfällt nur dann dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV, wenn die Vereinbarung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigen kann.57 Daher greift Art. 81 Abs. 1 EGV nur dann ein, wenn sich die Auswirkung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung über das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates erstreckt. Fehlt es der Vereinbarung der englischen Klausel an dem Merkmal einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten, so ist nur die Anwendung des nationalen Kartellrechts zu prüfen.
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV I. Funktionsnotwendigkeit als Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV 1. Der Begriff der funktionsnotwendigen Nebenabreden („ancillary restraints“) a) Der Begriff Die Reichweite der Wettbewerbsbeschränkung in Art. 81 Abs.1 EGV erfasst jegliche Beschränkung in Bezug auf den Wettbewerbsparameter, selbst wenn 57 Kommission, Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, EUABl. 2004 C 101/81, Tz. 3.
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solch eine Wettbewerbsbeschränkung für die Verwirklichung des erlaubten Zwecks des EGV wie wirtschaftliche Transaktion, Vertragsfreiheit oder Privatautonomie notwendig ist. Der typischer Fall für solch eine „notwendige“ Wettbewerbsbeschränkung ist das Wettbewerbsverbot im Unternehmensveräußerungsvertrag, das den Veräußerer an dem neuerlichen Markteintritt hindert, um die Übertragung der vollen Unternehmenswerte wie Kundenbeziehung, goodwill und Know-how zu gewährleisten. Ohne solch eine wettbewerbsbeschränkende Abrede wäre ein Unternehmensveräußerungsvertrag nicht abgeschlossen worden.58 Daher wird die Auffassung in der Literatur und Praxis vertreten, dass eine immanente Schranke in den Sonderfallkonstellationen vorliegt, um diejenige Wettbewerbsbeschränkung vom Kartellverbot auszuklammern, die nur einen Teil der Durchführung der vom EGV anerkannten unbedenklichen Geschäfte oder Rechtsinstitute (Hauptvereinbarungen) darstellt und für diese objektiv funktionsnotwendig und angemessen ist. Diese Hauptvereinbarung muss den Wettbewerb nicht beschränken.59 Solche dem Kartellverbot entgehenden Vereinbarungen werden als „Nebenabreden“ bezeichnet. Durch diese sog. „Nebenabreden-Doktrin“ wird der Anwendungsbereich des Kartellverbotes i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV eingeschränkt. b) Objektive Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit Eine objektive Notwendigkeit einer Wettbewerbsbeschränkung liegt vor, falls die Hauptvereinbarung ohne diese Beschränkung nur schwer oder gar nicht verwirklicht würde. Bei der Feststellung einer Notwendigkeit wird die Wettbewerbssituation auf dem relevanten Markt außer Betracht gelassen.60 Darüber hinaus müssen die Dauer und der Geltungsbereich der funktionsnotwendigen 58 Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 EGV Rdnr. 147, 150; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 107; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 81 EGV Rdnr. 118. 59 Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Art. 81 EGV Rdnr. 149; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 9. EL, H.I. § 1 Rdnr. 144, 146; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) A. Rdnr. 276, Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 107, Roth/ Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 257; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 81 EGV Rdnr. 116; Amato/Gonzalez Diaz in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 140; Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 2005, Art. 81 EGV Rdnr. 120. Zum Wettbewerbsverbot im Unternehmensveräußerungsvertrag: KOM vom 26. 7. 1976, EGABl. L 254/40 unter II. 3. a. Reuter/BASF; EuGH vom 11. 7. 1985, Slg. 1985, S. 2545, Tz. 19 f. Remia/Nutricia; EuG vom 18. 9. 2001, Slg. 2001 II, S. 2459, Tz. 106, 116 Métropole télévision (M6). 60 EuG vom 18. 9. 2001, Slg. 2001 II, S. 2459, Tz. 109 Métropole télévision (M6).
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV
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Nebenabrede strikt auf diese legitimen Zwecke beschränkt sein.61 Mit anderen Worten muss die Beschränkung im angemessenen Verhältnis zur Durchführung der Hauptvereinbarung stehen.62 c) Entsprechende Regelungen in Bezug auf die Nebenabreden In Anlehnung an die europäische gerichtliche Spruchpraxis wird der Ausschluss der funktionsnotwendigen Nebenabrede vom Abwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EGV in den Leitlinien der Kommission aus dem Jahr 2004 ausdrücklich vorgeschrieben.63 In der GVO Nr. 2658/2000 für Spezialisierungsvereinbarungen und GVO Nr. 2659/2000 für Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung finden sich ähnliche Regelungen, nach denen die Nebenabreden auch nach der GVO freigestellt werden können.64 Darüber hinaus befindet sich die Kartellrechtsimmunität einer funktionsnotwendigen Nebenabrede auch im Bereich der Fusionskontrolle im Gemeinschaftsrecht.65 2. Die Bezugsbindung und die englische Klausel unter dem Funktionsnotwendigkeitserfordernis Die Auferlegung einer Bezugsbindung und deren Aufrechterhaltung durch die englische Klausel sind nicht funktionsnotwendig für einen Liefer- und Bezugsvertrag. Ein nicht wettbewerbsbeschränkender Bezugsvertrag kann abgeschlossen werden, ohne dem Abnehmer eine Bezugsbindung und Offenlegungspflicht aufzuerlegen oder ohne dem Lieferanten ein Eintrittsrecht zu gewähren.66 Ohne die Bezugsbindung oder die Vertragsanpassungsmöglichkeit in Form der englischen Klausel ist ein Liefer- und Bezugsvertrag für die Vertragsparteien weniger 61 EuGH vom 11. 7. 1985, Slg. 1985, S. 2545, Tz. 20 Remia/Nutricia; KOM vom 26. 7. 1976, EGABl. L 254/40 unter II. 3. a. Reuter/BASF. 62 EuG vom 18. 9. 2001, Slg. 2001 II, S. 2459, Tz. 106 Métropole télévision (M6); Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 29. 63 Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 18 unter 2 und Tz. 28 ff. 64 Art. 1 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 2658/2000 vom 29. 11. 2000 für Spezialisierungsvereinbarungen, EGABl. L 304/3; Art. 1 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 2659/ 2000 vom 29. 11. 2000 für Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung, EGABl. L 304/7. 65 Verordnung Nr. 139/2004 des Rates vom 20. 1. 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (EG-Fusionskontrollverordnung), EUABl. 2004 L 24/ 1, Erwägungsgrund 21; Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, EUABl. 2005 C 56/24. 66 In diesem Sinne: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. L 286/32 Tz. 68 BP-Kemi/ DDSF.
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Teil 4: Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot
attraktiv, aber noch durchsetzbar. Daher finden die Vereinbarungen einer Bezugsbindung und der an sie angeknüpften englischen Klausel keine Anwendung auf die Nebenabreden-Doktrin, so dass diese noch unter das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV fallen.
II. Die weiteren Einschränkungen für den Art. 81 Abs. 1 EGV 1. Problemstellung Wenn die englische Klausel im Einzelfall als ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EGV angesehen wird, stellt sich die Frage, ob die englische Klausel durch die Abwägung ihrer wettbewerbsfördernden und -widrigen Auswirkungen aus dem Anwendungsbereich des Kartellverbots i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV ausgeklammert werden kann. Mit anderen Worten geht es um die Frage, ob eine Einschränkung des Kartellverbotes in Form einer rein wettbewerblichen Bilanz anerkannt werden kann. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten aufgrund der Verfolgung eines im außerwettbewerblichen Allgemeininteresse liegenden Zieles auch aus dem Anwendungsbereich des Kartellverbots ausgeklammert werden kann. 2. Der Begriff „rule of reason“ Nach dem Vorbild der im US-amerikanischen Kartellrecht entwickelten sog. „rule of reason“ ist bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 1 EGV auch eine Abwägung zwischen den Vor- und Nachteilen eines wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens notwendig. Eine deutlich überwiegende wettbewerbsgünstige Vereinbarung kann daher zur Unanwendbarkeit des Kartellverbots führen. In diesem Sinne bildet die „rule of reason“ eine Einschränkung des Kartellverbots. Der Begriff „rule of reason“ bezieht sich nur auf die Rechtfertigung der wettbewerblichen Art.67 In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV kaum ein Standpunkt für eine weitere Ausnahme in Bezug auf eine wettbewerbliche Bilanz oder ein Allgemeininteresse gefunden wird, da Art. 81 Abs. 1 EGV gegenüber Art. 81 Abs. 3 und Art. 86 Abs. 2 EGV schon ein Regel-Ausnahme Verhältnis bildet. Überdies bietet Art. 81 Abs. 3 EGV bereits eine ausreichende Möglichkeit, die positive wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vom Kartellverbot freizustellen. In der Literatur wird daher die Einfüh67 Im Einzelnen siehe: Roth/Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 254; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) Rdnr. A. 193 f., 258; Schlussanträge des Generalanwalts Léger, in: EuGH vom 19. 2. 2002, Slg. 2002 I S. 1577, 1582 Rdnr. 101 Wouters.
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV
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rung der „rule of reason“ bei der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EGV grundsätzlich angezweifelt.68 3. Entsprechende Praxis der Gemeinschaftsorgane a) Keine wettbewerbliche Bilanz als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV Bei der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EGV lehnt die Kommission ausdrücklich in ihren Leitlinien die Prüfung ab, ob die wettbewerbsfördernden Wirkungen die wettbewerbswidrigen Auswirkungen aufwiegen können, da solch eine Abwägung ausschließlich nach Art. 81 Abs. 3 EGV durchgeführt wird.69 Dies entspricht der ständigen Auffassung des EuG und EuGH.70 Das EuG hebt im Fall Van den Bergh Foods die Gefahr hervor, dass Art. 81 Abs. 3 EGV seine praktische Wirksamkeit weitgehend verlieren würde, falls eine Abwägung im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV vorgenommen werden könnte.71 b) Die Erforderlichkeit für eine Markterschließung als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV Demgegenüber wird von der Kommission in ihren Leitlinien anerkannt, dass eine objektiv erforderliche Wettbewerbsbeschränkungsvereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Vertriebshändler, z. B. Gebietsbeschränkung, nicht dem Art. 81 Abs. 1 EGV unterfällt, falls sie das Eindringen in einen neuen Markt ermöglichen kann und für die Markterschließung erforderlich ist.72 Ein anderer Durchbruch der Kommission liegt in den Leitlinien für vertikale Be68 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 108; Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Art. 85 Abs. 1 EGV (a. F.) A. Rdnr. 198, 259; Roth/Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 262; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 Rdnr. 51, 57, 62 f.; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 42; Amato/Gonzalez Diaz in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 138. A. A.: Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 65. 69 Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl 2004 C 101/97, Tz. 11. 70 EuG vom 18. 9. 2001, Slg. 2001 II, S. 2459, Tz. 72, 74, 77 Métropole télévision (M6); EuG vom 23. 10. 2003, Rs. T-65/98, Tz. 106 f. Van den Bergh Foods, abrufbar unter , insoweit nicht abgedruckt in: WuW/E Eu-R 765. In diesem Sinne siehe auch: EuGH vom 8. 7. 1999, Slg. 1999 I, S. 4539, Tz. 133 Montecatini; EuG vom 10. 3. 1992, Slg. 1992 II, S. 1155, Tz. 265 Montedipe; EuG vom 6. 4. 1995, Slg. 1995 II, S. 1063, Tz. 109 Tréfilunion. 71 EuG vom 23. 10. 2003, Rs. T-65/98, Tz. 107 Van den Bergh Foods, abrufbar unter . Ebenso: Kommission, Weißbuch über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag, EGABl. 1999, C 132/1, Tz. 57.
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Teil 4: Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot
schränkungen. Die Beschränkung des passiven Verkaufs, die gemäß GVO Nr. 2790/1999 sogar als eine Kernbeschränkung angesehen wird73, soll für die Dauer von 2 Jahren nicht vom Art. 81 Abs. 1 EGV erfasst werden.74 Mit anderen Worten, obwohl die Kommission im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV die Prüfung der wettbewerblichen Bilanz ablehnt, prüft die Kommission im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV dennoch die Erforderlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung in bestimmten Fallkonstellationen, wie Erschließung neuer räumlicher Märkte, um eine zusätzliche Ausnahme für das Kartellverbot zu schaffen. Dies wird in der Literatur als „Markterschließungsgedanke“ bezeichnet.75 c) Die Verfolgung eines Allgemeininteresses als Einschränkung des Art. 81 Abs. 1 EGV Die Verfolgung eines außerwettbewerblichen Interesses dient in der Praxis der Gemeinschaftsorgane auch in bestimmten Fallkonstellationen als Grund, wettbewerbsbeschränkendes Verhalten vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV auszuschließen. In den Leitlinien der Kommission werden die Gründe der Sicherheit oder der Gesundheit anerkannt, so dass das dem Abnehmer auferlegte Verbot, nicht an bestimmte Endabnehmergruppen weiterzuverkaufen, nicht von Art. 81 Abs. 1 EGV erfasst wird.76 Ähnlich ist die Auffassung des EuGH im Fall Wouters. Wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen, die die gemischten Sozietäten zwischen Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verbieten, bieten dem Empfänger der juristischen Dienstleistung eine erforderliche Gewähr für Integrität und Erfahrung und werden nach Ansicht des EuGH nicht von Art. 81 Abs. 1 EGV erfasst.77 Das Allgemeininteresse dient unter diesen Umständen als Einschränkung des Anwendungsbereiches des Art. 81 Abs. 1 EGV. 72 Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 18 unter 2; Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 119 unter 10. 73 Art. 4 lit. b der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 74 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 119 unter 10; Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 18 unter 2 Fn. 24. 75 Roth/Ackermann in: FK, Lfg. 44, 1999, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen Tz. 243, 246, 258. 76 Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 18 unter 2. 77 EuGH vom 19. 2. 2002, Slg. 2002 I S. 1577, 1582 Rdnr. 97, 109 f. Wouters. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass der EuGH im Fall Wouters in der Tat die rule of reason verwendet. Siehe: Amato/Gonzalez Diaz in: Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 139.
D. Tatbestandsrestriktion des Art. 81 Abs. 1 EGV
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4. Die Prüfung der Nichtanwendbarkeit des Kartellverbots auf die Bezugsbindung und die englische Klausel aufgrund der weiteren Einschränkungen des Art. 81 Abs. 1 EGV a) Die Prüfung nach der wettbewerblichen Bilanz Wie erwähnt, soll die Abwägung der wettbewerbsfördernden und -beschränkenden Auswirkung einer Vereinbarung nicht im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV stattfinden. Die englische Klausel kann daher nicht durch solch eine „rule of reason“ gerechtfertigt werden. Selbst wenn die „rule of reason“ einen Platz im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV haben könnte, steht eine offenkundige Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EGV nach Ansicht des EuG der Anwendung der „rule of reason“ entgegen.78 Die Vereinbarungen der Bezugsbindung und deren Aufrechterhaltung durch die englische Klausel im Bezugsvertrag führen offenkundig zu einer Einschränkung des Absatzes i. S. d. Art. 81 Abs. 1 lit. b EGV. Daher ist es zweifelhaft, ob solch ein offenkundiger Verstoß gegen das Kartellverbot noch unter Berufung auf die „rule of reason“ vom Art. 81 Abs. 1 EGV ausgeklammert werden kann. Darüber hinaus ist es auch zweifelhaft, ob die durch die englische Klausel entstehenden Vorteile für den Wettbewerb die Nachteile der Bezugsbindung aufwiegen können, da die Auflockungswirkung aus der englischen Klausel durch den Nichteintritt des Lieferanten bedingt ist, während noch eine künstliche Markttransparenz durch die Offenlegungspflicht des Abnehmers entsteht. Selbst wenn eine „rule of reason“ auf der Ebene von Art. 81 Abs. 1 EGV anerkannt würde, wäre die englische Klausel nicht durch eine „rule of reason“ gedeckt. b) Die Prüfung nach dem Markterschließungsgedanken Die Alleinbezugsvereinbarung zum Zweck des Weiterverkaufs dient den Vertragspartnern zu einer intensiven Bearbeitung des Marktes und zum Eindringen in einen neuen Markt.79 Denn der Lieferant muss als Gegenleistung für die Ausschließlichkeit dazu beitragen, den Absatz zu fördern. Darüber hinaus muss sich der Abnehmer wegen der Ausschließlichkeit im Bezugsvertrag darauf konzentrieren, nur eine Marke auf dem Markt zu vertreiben.80 Die Einrichtung der-
78 In diesem Sinne siehe auch: EuGH vom 8. 7. 1999, Slg. 1999 I, S. 4539, Tz. 132 f. Montecatini; EuG vom 10. 3. 1992, Slg. 1992 II, S. 1155, Tz. 265 Montedipe; EuG vom 6. 4. 1995, Slg. 1995 II, S. 1063, Tz. 109 Tréfilunion. 79 Erwägungsgrund (6) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 80 Erwägungsgründe (6), (8) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5; EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 977, Tz. 10 ff. Delimitis/Henninger Bräu.
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Teil 4: Beurteilung der englischen Klausel nach dem Kartellverbot
artiger Absatzwege, die Aufgabenverteilungen zwischen den Vertragsparteien und die dadurch entstehenden Effizienzgewinne dienen dazu, dass sowohl der Lieferant als auch der Abnehmer auf dem neuen Markt Fuß fassen können. Aber die Vereinbarung der englischen Klausel im Bezugsvertrag geht über die Erforderlichkeit für eine Markterschließung hinaus, da ohne die Offenlegungspflicht des Abnehmers und das Eintrittsrecht des Lieferanten das Ziel der Markterschließung noch erreichbar ist. Mit anderen Worten entsteht der Markterschließungseffekt aus der ausschließlichen Bezugsbindung, aber nicht aus der englischen Klausel. Die englische Klausel ist vielmehr nur ein Mechanismus für die Preisanpassung und kann nicht durch den Markterschließungsgedanken vom Kartellverbot ausgeklammert werden. c) Die Prüfung des Allgemeininteresses Der Durchbruch des EuGH im Fall Wouters, dass ein Allgemeininteresse als Rechtfertigungsgrund im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV dienen kann, eröffnet weitere Möglichkeiten, um eine wettbewerbesbeschränkende Vereinbarung vom Kartellverbot ausklammern zu können. Durch die Vereinbarung einer englischen Klausel entstehen die Vorteile für den Abnehmer, günstigere Preise oder Konditionen zu erhalten, da der Vertragspreis durch Eintritt in die Konkurrenzangebote herabgesetzt wird. Aber dies stellt keinen Vorteil für das Allgemeininteresse dar. Einerseits ist der Vorteil einer Preissenkung nur demjenigen Abnehmer gewährt, der ein günstigeres Konkurrenzangebot erfährt und eine Vertragsanpassung verlangt. Die Vertragsanpassung findet keine automatische Geltung für alle Abnehmer des Lieferanten, wenn keine Meistbegünstigungsklausel zwischen dem Lieferanten und dem dritten Abnehmer vereinbart wird. Andererseits wird der Vorteil der Preisreduzierung zwischen den Vertragsparteien nicht unbedingt an den Endverbraucher weitergegeben. Der Abnehmer kann seine Weiterverkaufspreise weiter auf dasselbe Niveau setzen. Darüber hinaus kann der Preis in einem höheren Niveau bleiben, da angesichts der Eintrittsmöglichkeit der Wettbewerber von der Herabsetzung seines Preises abgeschreckt wird. Daher ist es nicht anzunehmen, dass ein offenkundiges Allgemeininteresse durch die englische Klausel entsteht, damit die englische Klausel vom Kartellverbot ausgeklammert werden kann.
E. Zusammenfassung Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel besteht bereits in der Einräumung eines Eintrittsrechts an den Lieferanten, da dadurch die bestehende Bezugsbindung aufrechterhalten wird. Die bestehende Ausschließ-
E. Zusammenfassung
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lichkeit der Bezugsbindung wird durch die Anknüpfung der englischen Klausel nicht ganz aufgehoben, solange dem Lieferanten ein Eintrittsrecht gewährt wird. Die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung einer englischen Klausel ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung des Bezugbindungsvertrages. Die dem Abnehmer eingeräumte Kündigungsmöglichkeit unter der englischen Klausel bleibt bei der Beurteilung der Wettbewerbsbeschränkung i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV außer Betracht. Denn der Auflockerungseffekt aufgrund des möglichen Nichteintritts des Lieferanten ändert nicht die wettbewerbsbeschränkende Essenz einer englischen Klausel. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel wird durch die künstliche Erhöhung der Markttransparenz nur ergänzt. Selbst wenn sowohl die Identität des dritten Lieferanten als auch die Einzelheiten der Konkurrenzangebote im Einzelfall durch das Einschalten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers geheim gehalten werden, ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Abnehmer wegen des Eintrittsrechts des Lieferanten noch an die Alleinbezugsvereinbarungen gebunden ist, und dass dadurch der Marktzutritt des dritten Lieferanten behindert wird. Obwohl die Gestaltung der Offenlegungspflicht des Abnehmers bei der Feststellung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters des Bezugsbindungsvertrages nicht entscheidend ist, kann die dadurch erhöhte Markttransparenz bei der Beurteilung der Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung von Bedeutung sein. Wenn die Offenlegungspflicht des Abnehmers im Einzelfall zur Identifizierung der Einzelheiten der Konkurrenzangebote führt, ist eine Spürbarkeit anzunehmen. Der Bezugsbindungsvertrag kann durch die Verwendung einer englischen Klausel nicht aus dem Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EGV aufgrund der weiteren Einschränkungen des Art. 81 Abs. 1 EGV von diesem ausgeklammert werden. Selbst wenn die sog. „rule of reason“ einen Platz bei der Auslegung der Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 1 EGV finden könnte, entsteht eine offenkundige Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EGV durch die Bezugsbindung und die englische Klausel, so dass deren Ausklammerung von Art. 81 Abs. 1 EGV durch eine wettbewerbliche Bilanz ausgeschlossen ist.
Teil 5
Die Freistellung der englischen Klausel gemäß der GVO 2790/1999 und der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV In diesem Teil wird zunächst der Einfluss des Systemwechsels des Art. 81 Abs. 3 EGV durch die VO Nr. 1/2003 auf die Freistellung der Bezugsbindung dargestellt. Im Anschluss daran wird die Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel nach den einzelnen Voraussetzungen in der GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Vereinbarungen und in Art. 81 Abs. 3 EGV näher untersucht.
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV und sein Einfluss auf die Freistellung der Bezugsbindung I. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV in eine Legalausnahme 1. Freistellung gemäß VO Nr. 17/62 vor dem Systemwechsel Vor dem Inkrafttreten der neuen Durchführungsverordnung VO Nr. 1/2003 waren alle von Art. 81 Abs. 1 EGV erfassten wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen per se verboten. Sie wurden nur dann vom Kartellverbot freigestellt, wenn sie die Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV erfüllten. Aber die Freistellungsmöglichkeit i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV war vor dem Inkrafttreten der VO Nr. 1/2003 für die Vertragsparteien nicht unmittelbar anwendbar, da eine Nichtanwendbarkeitserklärung der Kommission in Art. 81 Abs. 3 EGV vorausgesetzt war. Die Freistellung war daher nur mittels einer vorherigen Entscheidung der Kommission anhand Artt. 4 bis 8 der VO Nr. 17/62 im Einzelfall oder durch den Erlass einer Gruppenfreistellungsverordnung möglich. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der VO Nr. 17/62 war grundsätzlich eine Anmeldung bei der Kommission für die Freistellung notwendig. Ausgenommen waren die Fälle, in denen die Vereinbarungen nach Art. 4 Abs. 2 VO Nr. 17/62 nicht anmeldebedürftig waren.1 1 Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. 2. 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrages, EGABl. 204.
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV
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Nach Art. 9 Abs. 1 der VO Nr. 17/62 stand die Freistellungsentscheidung ausschließlich der Kommission zu. Durch die konstitutive Wirkung der Entscheidung wurde die gegen Art. 81 Abs. 1 EGV verstoßende Vereinbarung aus dem Kartellverbot herausgelöst.2 Daher wurde Art. 81 EGV als Genehmigungssystem bzw. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verstanden. 2. Wechsel zum Legalausnahmesystem gemäß VO Nr. 1/2003 a) Abschaffung des Anmelde- und Genehmigungssystems Nach dem Inkrafttreten der neuen Durchführungsverordnung VO Nr. 1/2003 wird Art. 81 Abs. 3 EGV in ein System der Legalausnahme umgestaltet. Art. 81 Abs. 3 EG ist daher unmittelbar anwendbar, wenn die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV erfüllt. Gemäß Art. 1 Abs. 2 der VO Nr. 1/2003 ist die Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EGV nicht mehr von einer vorherigen Entscheidung der Kommission abhängig.3 Daher ist einerseits für die Legalisierung gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV eine Anmeldung unter der VO Nr. 1/2003 nicht mehr erforderlich. Andererseits entfällt das Freistellungsmonopol der Kommission. Eine gegen Art. 81 Abs. 1 EGV verstoßende wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung ist nur dann verboten, wenn sie nicht nach Art. 81 Abs. 3 EGV gerechtfertigt ist. Dadurch wird Abs. 3 in Abs. 1 des Art. 81 EGV integriert, so dass sich die Grenze zwischen Abs. 1 und Abs. 3 des Art. 81 EGV verwischt. b) Rechtspolitische Einwände In Bezug auf den Systemwechsel in eine Legalausnahme ist es rechtspolitisch noch umstritten, ob die Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit des Art. 81 Abs. 3 EGV den Parteien überlassen werden soll, da die Tatbestandsmerkmale in Art. 81 Abs. 3 EGV unbestimmte Begriffe verwenden.4 Übrigens steht das Entfallen eines vorherigen behördlichen Eingriffs nicht im Einklang mit dem Wortlaut „für nicht anwendbar erklärt werden“ des Art. 81 Abs. 3 EGV, da solch eine Erklärung nur durch die Einzelentscheidung folgt.5 Nach solch einem Systemwechsel ist nur eine ex-post-Kontrolle der Kommission möglich, falls die 2 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 277, 280; Koch in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 1. Grdlfg. 1983, Art. 85 EGV (a. F.) Rdnr. 155. 3 Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16. 12. 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, EGABl. 2003 L 1/1. 4 Emmerich in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 9. EL, H.I. § 1 Rdnr. 21; grundlegend: Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 Rdnr. 53.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV im Einzelfall nicht erfüllt werden. Dies führt dazu, dass die Norm bezüglich horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen vom Verbotsprinzip zur Missbrauchsaufsicht übergeht.6
II. Gruppenfreistellung im Verhältnis zur Legalausnahme 1. Gruppenfreistellung vor dem Systemwechsel a) Konstitutive Wirkung Gestützt auf Art. 83 Abs. 2 lit. b EGV und die Verordnungen Nr. 19/657 und Nr. 2821/718 des Rates war die Kommission ermächtigt, die Gruppenfreistellungsverordnungen zu erlassen, um Art. 81 Abs. 1 EGV auf bestimmte Gruppen der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen für nicht anwendbar zu erklären. Die Gruppenfreistellungsverordnung war vielmehr eine besondere Form der Nichtanwendbarkeitserklärung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV. Es wurde auch von einer „Vorausgenehmigung“ gesprochen.9 Die unter die Gruppen fallende Vereinbarung wurde im Voraus durch eine generelle und abstrakte Norm vom Kartellverbot freigestellt. Insofern hatte die Gruppenfreistellung dieselbe konstitutive Wirkung wie eine individuelle Nichtanwendbarkeitserklärung.10 Vor dem Systemwechsel schöpfte die Gruppenfreistellungsverordnung den Art. 81 Abs. 3
5 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Einführung Rdnr. 62; Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Einführung Rdnr. 37; Hossenfelder/Lutz, Die neue Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag, WuW 2003, S. 118, 119; Monopolkommission, Kartellpolitische Wende in der Europäischen Union? – Zum Weißbuch der Kommission vom 28. April 1999, 28. Sondergutachten, 1999, Tz. 16, abrufbar unter . 6 Rittner, Zurück zum Missbrauchsprinzip im EG-Kartellrecht? – Zum Weißbuch der EG-Kommission, DB 1999, S. 1485; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 9. EL, H.I. § 1 Rdnr. 21; ders. Anmerkung zu der „neuen“ Wettbewerbspolitik der Europäischen Kommission, WRP 2000, S. 858, 861; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 EGV Einführung Rdnr. 63. Im diesen Sinne: Mestmäcker, Versuch einer kartellpolitischen Wende in der EU, EuZW 1999, S. 523, 525, 529; Fikentscher, Das Unrecht einer Wettbewerbsbeschränkung: Kritik an Weißbuch und VO-Entwurf zu Art. 81, 82 EG-Vertrag, WuW 2001, 446, 452; Möschel, Systemwechsel im europäischen Wettbewerbsrecht?, JZ 2000, S. 61, 67. 7 Verordnung Nr. 19/65/EWG des Rates vom 2. 3. 1965 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, EGABl. 533. 8 Verordnung Nr. 2821/71/EWG des Rates vom 20. 12. 1971 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, EGABl. L 285/46. 9 Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, Einführung Rdnr. 40. 10 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 327; Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, Einführung Rdnr. 39.
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV
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EGV aus, so dass es keiner weiteren Prüfung anhand der Kriterien des Art. 81 Abs. 3 EGV bedurfte.11 b) Annäherung an die Legalausnahme Die Gruppenfreistellungsverordnung wirkt gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV unmittelbar, ohne dass es einer Anmeldung der Vertragsparteien oder einer einzelfallbezogenen Entscheidung der Kommission bedarf, um die unter die Gruppenfreistellungsverordnung fallenden Vereinbarungen freizustellen.12 Dies wurde als automatische Freistellung bezeichnet.13 Der Charakter der unmittelbaren Anwendbarkeit der Gruppenfreistellung zeigte bereits eine Annäherung an den Gedanken der Legalausnahme vor dem Systemwechsel14, so dass sich die Gruppenfreistellung vom bisherigen Genehmigungssystem für die Einzelfreistellung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV unterschied. 2. Gruppenfreistellung nach dem Systemwechsel a) Beibehaltung der Gruppenfreistellung Gemäß Tz. 2 der Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EG-Vertrag berührt der Systemwechsel in die Legalausnahme durch Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 1/2003 die Wirksamkeit und die Rechtsnatur der Gruppenfreistellungsverordnungen nicht.15 Aber der erwähnte Unterschied zwischen 11 In diesem Sinne: EuG vom 10. 7. 1990, Slg. 1990 II, S. 309, Tz. 29 Tetra Pak I; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 20; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Bd. I GFVO A Rdnr. 11, 51; Koch in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 1. Grdlfg. 1983, Art. 85 EGV (a. F.) Rdnr. 192; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (3) EGV (a. F.) Rdnr. 1792; Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, Einführung Rdnr. 39. 12 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 326; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) B Rdnr. 28; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Bd. I GFVO A Rdnr. 11; Roniger, Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, Rdnr. E. 13; Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 1974, S. 310; EuGH vom 3. 2. 1976, Slg. 1976, S. 309, Tz. 12 Roubaix/Roux. 13 Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 200; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Bd. I GFVO A Rdnr. 11; Jones/Surfrin, EC Competition Law, 2. Aufl. 2004, S. 248. 14 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 275; Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Bd. I GFVO A Rdnr. 11; Koch in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 1. Grdlfg. 1983, Art. 85 EGV (a. F.) Rdnr. 192; Bunte/Sauter, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen, 1988, Einführung Rdnr. 40; Heutz, Legalausnahme und Gruppenfreistellungsverordnungen im System der VO (EG) Nr. 1/2003, WuW 2004, S. 1255, 1263.
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einer einzelfallbezogenen Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Art. 3 EGV und einer Gruppenfreistellung verringert sich, da nunmehr auch keine Anmeldepflicht und kein Freistellungsverfahren für eine Legalausnahme gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV vorausgesetzt sind. b) Deklaratorische Wirkung der Gruppenfreistellungsverordnung und ihre Vermutungswirkung Da Art. 81 Abs. 3 EGV nunmehr unmittelbar anwendbar ist, können die den Gruppenfreistellungsverordnungen unterliegenden Vereinbarungen auch nach Art. 81 Abs. 3 EGV automatisch ipso jure als freigestellt gelten, ohne dass es hierzu eines konstitutiven Aktes bedarf. Obwohl das Instrument der Gruppenfreistellung nach dem Systemwechsel beibehalten wird, haben die Gruppenfreistellungsverordnungen keine rechtsgestaltende bzw. konstitutive Wirkung, sondern nur eine feststellende bzw. deklaratorische Wirkung.16 Selbst wenn die Vereinbarung die Voraussetzungen einer bestimmten Gruppenfreistellungsverordnung erfüllt, muss das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV stets geprüft werden17, da die Freistellungsgrundlage 15 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 2. Rechtspolitisch kritisch zum Behalten der Gruppenfreistellung im Rechtsystem der VO Nr. 1/2003: de Bronett, Kommentar zum europäischen Kartellverfahrensrecht, 2005, Art. 29 Rdnr. 1. 16 Die Vertreter für die deklaratorische Wirkung sind wie: Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 29 Rdnr. 9; Sauter in: Dauses (Hrsg.), EL. 13, H.I. § 3 Rdnr. 11; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 81 EGV Rdnr. 150; Bechtold, Maßstäbe der „Selbstveranlagung“ nach Art. 81 Abs. 3 EG, WuW 2003, S. 343; Hirsch, Anwendung der Kartellverfahrensordnung (EG) Nr. 1/ 2003 durch nationale Gerichte, ZWeR 2003, S. 233, 246 f.; Koenigs, Die VO Nr. 1/ 2003: Wende im EG-Kartellrecht, DB 2003, S. 755, 756; Bechtold, EG-Gruppenfreistellungsverordnungen – eine Zwischenbilanz, EWS 2001, S. 49, 54; Bechtold, Modernisierung des EG-Wettbewerbsrechts: Der Verordnungsentwurf der Kommission zur Umsetzung des Weißbuchs, BB 2000, S. 2425, 2426 f.; Gröning, Die dezentrale Anwendung des EG-Kartellrechts gemäß dem Vorschlag der Kommission zur Ersetzung der VO 17/62, WRP 2001, S. 83, 85; Röhling, Die Zukunft des Kartellverbots in Deutschland nach In-Kraft-Treten der neuen Verfahrensrechtsordnung, GRUR 2003, S. 1019, 1023. Für die konstitutive Wirkung wie: Heutz, Legalausnahme und Gruppenfreistellungsverordnungen im System der VO (EG) Nr. 1/2003, WuW 2004, S. 1255, 1263 f.; K. Schmidt, Umdenken im Kartellverfahrensrecht!, BB 2003, S. 1237, 1241; Jaeger, Die mögliche Auswirkung einer Reform des EG-Wettbewerbsrechts für die nationalen Gerichte, WuW 2000, S. 1062, 1066; Wagner, Der Systemwechsel im EG-Kartellrecht – Gruppenfreistellungen und Übergangsproblematik, WRP 2003, S. 1369, 1375; Fuchs, Die Gruppenfreistellungsverordnung als Instrument der europäischen Wettbewerbspolitik im System der Legalausnahme, ZWeR 2005, S. 1, 11; Veelken in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, 2. Erg. 2000, GFVO Rdnr. 55; Dalheimer in: Dalheimer/Feddersen/Miersch, EU-Kartellverfahrensverordnung, 2005, Art. 29 Rdnr. 3.
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV
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Art. 81 Abs. 3 EGV ist. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Erfüllung der Voraussetzungen in der Gruppenfreistellungsverordnung noch eine Vermutungswirkung hat. Mit anderen Worten wird vermutet, dass die einer Gruppenfreistellungsverordnung unterliegende Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV erfüllt. Die an der Vereinbarung teilnehmenden Vertragsparteien sind dadurch von der Beweislast i. S. d. Art. 2 S. 2 VO Nr. 1/ 2003 befreit.18 Dementsprechend ist der Entzug der Vorteile der Anwendung der Gruppenfreistellungsverordnung gemäß Art. 29 VO Nr. 1/2003 in den Fällen, in denen die Vereinbarungen mit Art. 81 Abs. 3 EGV unvereinbar sind, auch nur deklaratorisch.19 Die Freistellung besteht von Anfang an nicht oder entfällt automatisch, wenn die Voraussetzung in Art. 81 Abs. 3 EGV nicht oder nicht mehr vorliegt.20
III. Die Freistellung der Bezugsbindung vor dem Systemwechsel 1. Befreiung von der Anmeldepflicht nach der Änderung der VO Nr. 17/62 durch die Verordnung Nr. 1216/1999 Die meisten vertikalen Vereinbarungen einschließlich der Bezugsbindungsvereinbarungen wurden im Jahr 1999 durch die Verordnung Nr. 1216/199921 mittels der Änderung des Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 lit. a der VO Nr. 17/62 schon weitgehend von der Anmeldepflicht befreit.22 Eine nicht anmeldebedürftige Vereinbarung konnte ohne Vorliegen einer Anmeldung in den Genuss der Freistellung 17 In diesem Sinne: Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 29 Rdnr. 10. A. A.: Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 20, 23; Dalheimer in: Dalheimer/Feddersen/Miersch, EU-Kartellverfahrensverordnung, 2005, Art. 1 Rdnr. 6; Lampert/Niejahr/Kübler/Weidenbach, EG-KartellVO, 2004, Art. 29 Rdnr. 573. 18 Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 29 Rdnr. 11; in diesem Sinne auch: Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 35. 19 Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 29 Rdnr. 14; Nolte in: Langen/ Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl. 2006, Bd. 2, Europäisches Kartellrecht, Art. 81 EGV Fallgruppen Tz. 437 ff. 20 In diesem Sinne auch: Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. 2004 C 101/97, Tz. 44. 21 Verordnung Nr. 1216/1999 des Rates vom 10. 6. 1999 zur Änderung der Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrages, EGABl. L 148/5. 22 Kritisch: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 292; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 19 f.; ders. Anmerkung zu der „neuen“ Wettbewerbspolitik der Europäischen Kommission, WRP 2000, S. 858, 861; Paulweber/Kögel, Das europäische Wettbewerbsrecht am Scheideweg, AG 1999, S. 500, 508 f.
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kommen. Mit anderen Worten war das Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV bei der nicht anmeldebedürftigen Vereinbarung durch die Kommission von Amts wegen zu prüfen, bevor eine Verbotsentscheidung erging.23 Die vertikale Vereinbarung war gemäß Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 lit. a der VO Nr. 17/62 stets nicht anmeldebedürftig, auch wenn sie nicht nach GVO Nr. 2790/1999 freigestellt werden konnte. Dadurch wurde für den Bereich der vertikalen Vereinbarung die Abschaffung des Anmeldesystems bereits vor dem Systemwechsel vorweggenommen.24 2. Erweiterter Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 Der Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 für die vertikalen Vereinbarungen ist im Vergleich zu den Vorläufer-GVOen Nr. 1983/83 für Alleinvertriebsvereinbarungen, Nr. 1984/83 für Alleinbezugsvereinbarungen und Nr. 4087/88 für die Franchisevereinbarungen weit gefasst. Durch die Verordnung Nr. 1215/1999 des Rates mittels der Änderung des Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a der VO Nr. 19/65 war die Kommission ermächtigt, die Gruppenfreistellungsverordnung bezüglich der vertikalen Liefer- und Bezugsbeziehungen aller Arten zu erlassen.25 Nach der Erweiterung des Anwendungsbereiches der Ermächtigungsverordnung VO Nr. 19/65 ist der Erlass einer die meisten vertikalen Vereinbarungen erfassenden GVO Nr. 2790/1999 erst möglich. Im Gegensatz zu den VorläuferGVOen beschränkt sich Art. 2 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 nicht auf die Liefer- und Bezugsbeziehung zum Zweck des Wiederverkaufs, so dass die industriellen Liefer- und Bezugsbeziehungen zum Zweck der Verarbeitung oder des Einbaus, die Vereinbarung über den selektiven Vertrieb und die vertikalen Vereinbarungen über Dienstleistungen nunmehr auch gruppenweise freigestellt werden können.26
23 EuGH vom 10. 12. 1985, Slg. 1985 I, S. 3831, Tz. 75 SSI; Ritter in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, VO 17 B Art. 4 Rdnr. 8; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 284. 24 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 292; Paulweber/Kögel, Das europäische Wettbewerbsrecht am Scheideweg, AG 1999, S. 500, 509. 25 Verordnung Nr. 1215/1999 des Rates vom 10. 6. 1999 zur Änderung der Verordnung Nr. 19/65/EGW über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, EGABl. L 148/1. 26 Erwägungsgründe (7) und (10) der Verordnung Nr. 1215/1999 vom 10. 6. 1999 zur Änderung der Verordnung Nr. 19/65/EGW, EGABl. L 148/1.
A. Der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV
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IV. Der Einfluss des Systemwechsels auf die Freistellung der Bezugsbindung 1. Aus der Sicht der Gruppenfreistellung a) Legalausnahme als bereits bestehendes System vor dem Systemwechsel Die vertikalen Bezugsbindungen aller Arten werden weitgehend von der GVO Nr. 2790/1999 erfasst, da die Beschränkung des Anwendungsbereiches auf den bestimmten Bezugszweck wie in der Vorläufer-GVO nicht mehr besteht. Vor dem Systemwechsel stellte die Gruppenfreistellung in der Tat schon eine Legalausnahme dar, da keine vorherige Anmeldung und individuelle Entscheidung erforderlich war, um die unter das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV fallende vertikale Bezugsbindung freizustellen. Daraus folgt, dass die vertikale Bezugsbindung bereits schon vor dem Systemwechsel dem System der Legalausnahme unterlag. Auf den Bereich der vertikalen Bezugsbindung hat der Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV in die Legalausnahme gemäß VO Nr. 1/ 2003 daher eigentlich nur begrenzten Einfluss. b) Prüfung anhand der Kriterien des Art. 81 Abs. 3 EGV Der Einfluss des Systemwechsels für die Freistellung der vertikalen Bezugsbindungen liegt vielmehr in dem Wechsel der zu prüfenden Normen. Vor dem Systemwechsel waren die Voraussetzungen in der GVO Nr. 2790/1999 zu prüfen. Nach dem Systemwechsel sind die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV zu prüfen, da die konstitutive Wirkung der Gruppenfreistellungsverordnung wegfällt. Selbst wenn die vertikale Bezugsbindung die Voraussetzungen in der GVO Nr. 2790/1999 erfüllen kann, ist die Prüfung anhand der Kriterien des Art. 81 Abs. 3 EGV noch notwendig. 2. Aus der Sicht der Nichtanmeldebedürftigkeit Darüber hinaus wurde die vertikale Bezugsbindung gemäß Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 lit. a der nicht mehr rechtskräftigen VO Nr. 17/62 als nicht anmeldebedürftig angesehen. Gemäß GVO Nr. 2790/1999 ist eine vertikale Bezugsbindung auch nicht anmeldebedürftig. Die Abschaffung des Anmeldesystems durch die VO Nr. 1/2003 hat daher keinen großen Einfluss auf die vertikale Bezugsbindung.
V. Zusammenfassung Für die Legalisierung einer vertikalen Vereinbarung vor dem Systemwechsel schon gemäß VO Nr. 17/62 und GVO Nr. 2790/1999 bedurfte es keiner vorhe-
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
rigen Anmeldung und behördlichen Entscheidung. Mit anderen Worten bestand die Legalausnahme im Bereich der vertikalen Vereinbarungen schon vor dem Systemwechsel. Die Einführung des Legalausnahmesystems mittels der Abschaffung des Anmelde- und Genehmigungssystems durch die VO Nr. 1/2003 ist damit keine große Wende im Bereich der vertikalen Bezugsbindungsvereinbarungen. Demgegenüber ist der Wegfall der konstitutiven Wirkung der Gruppenfreistellung aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 3 EGV von Bedeutung. Dies führt dazu, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV immer geprüft werden muss, selbst wenn die vertikale Bezugsbindungsvereinbarung die Voraussetzungen in der Gruppenfreistellungsverordnung bereits erfüllt hat.
B. Die Freistellung der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 I. Die Voraussetzungen der Freistellung nach der GVO Nr. 2790/1999 1. Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 Der Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/199927 ist im Gegensatz zu den Vorläufer-GVOen erheblich erweitert. In der GVO Nr. 2790/1999 werden alle vertikalen Vereinbarungen wie die industriellen Zuliefervereinbarungen, Alleinvertriebs-, Alleinbezugsvereinbarungen, Vereinbarungen in Bezug auf selektive Vertriebssysteme und Franchiseverträge einheitlich einbezogen. Daher wird die GVO Nr. 2790/1999 als „Schirm-Gruppenfreistellungsverordnung“ bezeichnet. Ausgeschlossen sind die Vereinbarungen über den Kfz-Vertrieb und über den Technologietransfer. Sie sind in anderen Gruppenfreistellungsverordnungen geregelt28 und nach dem Subsidiaritätsprinzip i. S. d. Art. 2 Abs. 5 der GVO Nr. 2790/1999 vom Anwendungsbereich der GVO Nr. 2790/1999 ausgeklammert. Darüber hinaus sind die freistellbaren vertikalen Vereinbarungen in der GVO Nr. 2790/1999 auch weit gefasst, da im Gegensatz zu den Vorläufer-GVOen 27 Verordnung Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. 12. 1999 über vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 28 Verordnung Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. 4. 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen, EUABl. L 123/11; Verordnung Nr. 1400/2002 der Kommission vom 31. 7. 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, EGABl. L 203/30.
B. Freistellung der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999
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keine sog. „weiße Klausel“, die die bestimmten freistellbaren Wettbewerbsbeschränkungen vorsieht, in der GVO Nr. 2790/1999 definiert wird. Der Verzicht auf die sog. „weiße Klausel“ hat zur Folge, dass die Unternehmen unter der GVO Nr. 2790/1999 die vertikalen Vereinbarungen nach ihrem Bedarf in der gemischten Form vereinbaren können, ohne dass die Vertragsparteien faktisch gezwungen werden, ihre Vertragsgestaltung an die Klauseln in der GVO anzupassen (sog. Zwangsjackeneffekt). 2. Ausklammern der Kernbeschränkungen und die 30%-Marktanteilsschwelle Sämtliche vertikale Vereinbarungen einschließlich der Bezugsbindungsvereinbarungen sind grundsätzlich nach Art. 2 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 freistellungsfähig, solange sie keine sog. Kernbeschränkungen i. S. d. Art. 4, keine von der Freistellung ausgeschlossenen Verpflichtungen i. S. d. Art. 5 enthalten und die 30%-Marktanteilsschwelle i. S. d. Art. 3 der GVO Nr. 2790/1999 nicht überschreiten. Denn nach dem Zweck der GVO Nr. 2790/1999 sind die vertikalen Vereinbarungen mit schwerwiegenden wettbewerbsschädlichen Beschränkungen von der Freistellung auszuschließen.29 Daher sind zum einen die bestimmten Verhalten durch die Vorschrift der Kernbeschränkung i. S. d. Art. 4 der GVO Nr. 2790/1999 von der Freistellungsfähigkeit auszuklammern. Die gemäß Art. 4 der GVO Nr. 2790/1999 als nicht freistellbar angesehenen Vereinbarungen sind hauptsächlich Preisbindungen (Art. 4 lit. a) und Beschränkungen des passiven Verkaufs des Abnehmers außerhalb des ihm zugewiesenen Gebietes oder Kundenkreises (Art. 4 lit. b i.V. m. 1. Spiegelstrich). Darüber hinaus ist die dem Begriff „Wettbewerbsverbot“ i. S. d. Art. 1 lit. b untergeordnete Bezugsbindung, die für eine Dauer von über 5 Jahren vereinbart wird, gemäß Art. 5 lit. a der GVO Nr. 2790/1999 grundsätzlich nicht freistellbar. Zum anderen sind die eine Gruppenfreistellungsverordnung anwendenden Unternehmen auch einzuschränken. Einerseits werden die vertikalen Vereinbarungen zwischen den Wettbewerbern i. S. d. Art. 2 Abs. 4 GVO Nr. 2790/1999 grundsätzlich ausgeschlossen, damit dadurch die Gefahr der horizontalen Marktaufteilung zwischen den Lieferanten vermieden wird.30 Andererseits gilt die 29 Erwägungsgründe (8) und (10) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 über vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 30 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, GVO-Vertikal Art. 2 Rdnr. 87; Schultze/Pautke/Wagener, Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 2 Rdnr. 316. Siehe auch: Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, EGABl. 2001, C 3/2, Tz. 147.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
Freistellung i. S. d. Art. 2 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 für die vertikalen Vereinbarungen z. B. für einen Bezugsbindungsvertrag gemäß Art. 3 Abs. 1 nur dann, wenn der Marktanteil des Lieferanten am relevanten Markt 30% nicht überschreitet. Dadurch werden die vertikalen Vereinbarungen von der Anwendbarkeit der GVO Nr. 2790/1999 ausgeklammert, wenn der Marktanteil des Lieferanten oberhalb der Marktanteilsschwelle von 30% liegt. Vielmehr überlässt die GVO Nr. 2790/1999 der Marktanteilschwelle i. S. d. Art. 3 Abs. 1 die Aufgabe, einen wirksamen Wettbewerb zwischen den Lieferanten aufrechtzuerhalten.
II. Die Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 1. Die englische Klausel und die Kernbeschränkung a) Bezwecken einer Kernbeschränkung Nach dem Wortlaut des Art. 4 S. 1 der GVO Nr. 2790/1999 sind nur die vertikalen Vereinbarungen von der Freistellung ausgeschlossen, die eine Kernbeschränkung i. S. d. Art. 4 lit. a bis e „bezwecken“. Der Wortlaut „bewirkt“ wird nicht in Art. 4 S. 1 der GVO Nr. 2790/1999 verwendet. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, dass ein bloßes „Bewirken“ einer Kernbeschränkung nicht ausreichend sei, die vertikale Vereinbarung von der Freistellung auszuschließen.31 Demgegenüber unterscheidet die Kommission in ihren Leitlinien nicht so klar zwischen den Formulierungen „Bezwecken“ und „Bewirken“ und verwendet die beiden Begriffe wechselseitig.32 Die vertikale Vereinbarung, die eine Kernbeschränkung bewirken kann, wird häufig zum Zweck dieser Kernbeschränkung vereinbart. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. b) Zu den Gegenständen der englischen Klausel Dogmatisch entspricht die englische Klausel keinen Kernbeschränkungen i. S. d. Art. 4 der GVO Nr. 2790/1999. Die englische Klausel in ihrer Essenz beinhaltet keine Preisbindung i. S. d. Art. 4 lit. a oder Beschränkung des passi31 Bauer in: Bauer/de Bronett, Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rdnr. 92; Schultze/Pautke/Wagener, Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Art. 4 Rdnr. 392; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 14 Rdnr. 31. 32 Wie in: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 48.
B. Freistellung der englischen Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999
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ven Verkaufs i. S. d. Art. 4 lit. b der GVO Nr. 2790/1999. Die wichtigsten Merkmale der englischen Klausel wie Eintrittsrecht des Lieferanten und Offenlegungspflicht des Abnehmers treten nicht im Katalog der Kernbeschränkungen auf. c) Zur Auswirkung der englischen Klausel Die Vereinbarung der englischen Klausel hat zur Folge, dass die Motivation des konkurrierenden Lieferanten, den Kunden des Lieferanten abzuwerben, angesichts der Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten erheblicht reduziert wird. Dies kann zur Marktaufteilung zwischen den Lieferanten führen. Demgegenüber beziehen sich die Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen in Form der Beschränkung des passiven Verkaufs i. S. d. Art. 4 lit. b der GVO Nr. 2790/1999 aber auf die Marktaufteilung zwischen den Abnehmern durch die Zuweisung des Lieferanten.33 Ein erheblicher tatbestandlicher Unterschied besteht zwischen der englischen Klausel und der Kernbeschränkung, so dass der Ausschluss der Freistellungsmöglichkeit der englischen Klausel durch Art. 4 lit. b der GVO Nr. 2790/1999 nicht gegeben ist. d) Zwischenergebnis Selbst wenn der Wortlaut des Art. 4 S. 1 der GVO Nr. 2790/1999 so weit ausgelegt wird, dass das „Bewirken“ einer Kernbeschränkung zum Freistellungsausschluss führen kann, ist die englische Klausel nicht von der Freistellungsmöglichkeit ausgeschlossen. Die englische Klausel entspricht nicht den Merkmalen der Kernbeschränkungen i. S. d. Art. 4 der GVO Nr. 2790/1999, so dass sie unter der GVO Nr. 2790/1999 freistellungsfähig bleibt, solange die Marktanteilsschwelle des Art. 3 nicht überschritten wird. 2. Die englische Klausel und die 30%-Marktanteilsschwelle Art. 3 Abs. 1 der GVO Nr. 2790/1999 ist nur auf den Marktanteil des Lieferanten abzustellen. Der Konzentrationsgrad des Marktes und die kumulative Wirkung gleichartiger Vereinbarungen auf dem Markt werden nicht in Art. 3 der GVO Nr. 2790/1999 mit einbezogen.34 Dies hat zur Folge, dass die unterhalb der 30%-Marktanteilsschwelle liegenden vertikalen Vereinbarungen bei Abwesenheit der Kernbeschränkung stets als freistellbar angesehen werden, 33 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 49. 34 Veelken in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, 2. Erg. 2000, GFVO Rdnr. 307.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
selbst wenn der Wettbewerb auf dem Markt durch die vertikalen Vereinbarungen im Einzelfall wesentlich beeinträchtigt werden kann. Die durch die englische Klausel erhöhte Markttransparenz kann in der hoch konzentrierten Marktstruktur besonders wettbewerbsschädlich sein, da dadurch die Gefahr einer Kollusion zwischen den Lieferanten entsteht. Darüber hinaus kann die parallele Verwendung der Bezugsbindung, an die eine englische Klausel angeknüpft wird oder nicht, durch eine Mehrzahl von Lieferanten den Marktzutritt versperren. Aber solange der Marktanteil des einzelnen eine Bezugsbindung verwendenden Lieferanten 30% nicht überschreitet, bleiben sowohl die Bezugsbindung als auch die an sie angeknüpfte englische Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 freistellbar. 3. Entzug der Gruppenfreistellungsvorteile und Nichtanwendbarkeitserklärung Ein nachträglicher Entzug der Vorteile der Gruppenfreistellung kommt gemäß Art. 6 GVO Nr. 2790/1999 oder Art. 29 der VO Nr. 1/2003 in Betracht, wenn die Freistellungsvoraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV, insbesondere die Voraussetzung „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“, nicht erfüllt werden können. Falls mehr als 50% des relevanten Marktes von Netzen gleichartiger Bezugsbindungen erfasst werden, die sowohl eine englische Klausel enthalten als auch diese nicht enthalten, ist gemäß Art. 8 der GVO Nr. 2790/1999 eine Erklärung der Kommission durch Verordnung möglich, worin festgelegt wird, dass die GVO Nr. 2790/1999 auf bestimmte Vereinbarungen auf dem betroffenen Markt nicht anwendbar ist.
III. Zusammenfassung Die Vereinbarung einer englischen Klausel im Bezugsbindungsvertrag stellt keine Kernbeschränkung i. S. d. Art. 4 der GVO Nr. 2790/1999 dar. Solange der Marktanteil des eine Bezugsbindung verwendenden Lieferanten 30% nicht überschreitet, sind die Bezugsbindung und die an sie angeknüpfte englische Klausel nach der GVO Nr. 2790/1999 freistellbar. Ein Entzug der Gruppenfreistellungsvorteile kommt in Betracht, wenn im Einzelfall die Freistellungsvoraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV, insbesondere das Tatbestandsmerkmal „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“, nicht erfüllt werden können.
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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C. Die Freistellung des Bezugsbindungsvertrages und der verbundenen englischen Klausel gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV I. Die Notwendigkeit der weiteren Prüfung anhand von Art. 81 Abs. 3 EGV 1. Die Notwendigkeit der Prüfung vor dem Systemwechsel Der Bezugsbindungsvertrag und die mit ihm verbundene englische Klausel waren anhand der Kriterien der GVO Nr. 2790/1999 vor dem Systemwechsel des Art. 81 Abs. 3 EGV freistellungsfähig, selbst wenn sie im Einzelfall eine schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung auf der horizontalen Ebene auslösen konnten und mit den in Art. 81 Abs. 3 EGV vorgesehenen Voraussetzungen unvereinbar waren. Trotzdem war vor dem Systemwechsel eine weitere Prüfung des Bezugsvertrages und der mit ihm verbundenen englischen Klausel anhand der Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV notwendig, da die Unvereinbarkeit mit Art. 81 Abs. 3 EGV dazu führte, dass die Vorteile der Gruppenfreistellung gemäß Art. 6 GVO Nr. 2790/1999 von der Kommission entzogen werden konnten. Solch eine weitere Prüfung entsprach auch dem Gedanken im Erwägungsgrund der GVO Nr. 2790/1999, dass die Gruppenfreistellung nur denjenigen vertikalen Vereinbarungen zugute kommen solle, die mit hinreichender Sicherheit die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV erfüllen.35 Darüber hinaus kam die Einzelfreistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV in Betracht, wenn die vertikale Vereinbarung im Einzelfall nicht die Voraussetzungen in der Gruppenfreistellungsverordnung, wie die Marktanteilsschwelle, erfüllen konnte.36 Daher war die Prüfung der Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 3 EGV auf die Bezugsbindungsvereinbarung und die verbundene englische Klausel notwendig, um sie von Art. 81 Abs. 1 EGV freizustellen, wenn sie im Einzelfall nach der GVO Nr. 2790/1999 nicht freistellbar waren. 2. Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EGV nach dem Systemwechsel Art. 81 Abs. 3 EGV ist nach dessen Systemwechsel in die Legalausnahme gemäß VO Nr. 1/2003 unmittelbar anwendbar. Die Gruppenfreistellungsverordnung hat keine konstitutive Wirkung mehr.37 Dies führt dazu, dass die Erfül35 Erwägungsgrund (5) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 über vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21. 36 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 328; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) B Rdnr. 32.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
lung der Voraussetzungen in der Gruppenfreistellungsverordnung für eine Freistellung von Art. 81 Abs. 1 EGV nicht ausreicht, falls die vertikale Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EGV nicht erfüllen kann. Daher sind die Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV stets zu prüfen, um den Bezugsbindungsvertrag und die mit ihm verbundene englische Klausel vom Kartellverbot freizustellen. 3. Voraussetzungen der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV Die Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV hat zwei positive und zwei negative Voraussetzungen. Die erste Voraussetzung ist der Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts. Die anderen Voraussetzungen sind angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher, Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung und keine Wettbewerbsausschaltung. Die Unanwendbarkeit des Art. 81 Abs. 1 EGV erfolgt nur dann, wenn die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen diese vier Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV kumulativ erfüllen.38
II. Erste Voraussetzung: Herbeiführung der Effizienzgewinne 1. Der Begriff „Effizienzgewinne“ Die erste in Art. 81 Abs. 3 EGV liegende Voraussetzung ist der Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung. Für die Freistellung eines Bezugsbindungsvertrages kommt das Tatbestandsmerkmal „Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung“ häufiger in Betracht als „Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts“, da sich der Begriff „Warenverteilung“ auf den Bezug und den Vertrieb beziehen kann. Die Verbesserung der Warenerzeugung kann durch den Begriff des Rationalisierungseffekts charakterisiert werden. Die Rationalisierung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Kosteneinsparungen, die Verbesserung des Warenangebots oder der Wahlmöglichkeit und die Optimierung des Herstellungsverfahrens vorliegen. Die Voraussetzung „Verbesserung der Warenverteilung“ liegt vor, wenn die Vereinbarungen zur gegenseitigen Durchdringung der Märkte oder zur Erhöhung der Zahl der Verkaufsstellen beitragen.39 Diese wer37
Siehe oben A. II. 2. b). Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 34, 42. 38
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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den als „Effizienzgewinne“ bezeichnet.40 Solche Effizienzgewinne werden durch die Integration der Vermögenswerte und wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielt. Es ermöglicht eine Wertschöpfung, die ein Unternehmen alleine nicht ebenso effizient verwirklichen kann.41 Unter dem Begriff „Beitrag“ i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV muss der Zustand der Effizienz infolge der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung den Zustand ohne diese Vereinbarung übertreffen.42 Der Kausalzusammenhang ist zu prüfen. Darüber hinaus muss die Vereinbarung die spürbaren Vorteile mit sich bringen, die die gebundenen Nachteile überwiegen.43 Nach der Auffassung der Kommission reicht eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der erwarteten Vorteile aus.44 Die Vorteile, die nur den Parteien selbst zugute kommen, reichen nicht aus. Sie müssen für den Markt notwendig sein.45 2. Rationalisierungsgrundlage der englischen Klausel a) Kein Rationalisierungseffekt durch die englische Klausel Die englische Klausel ermöglicht eine Preissenkung oder Vertragsanpassung zugunsten des Abnehmers nach dem Vertragsabschluss. Aber die Preissenkung durch die englische Klausel ist die Folge der Ausübung des Eintrittsrechts und 39 Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 193 f.; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 81 EGV Rdnr. 155; Grill in: Lenz/Borchardt, Kommentar zum EU- und EG-Vertrag, 3. Aufl. 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 45 f. 40 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, unter 3.2. 41 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 49, 53, 60. 42 Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 192; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 45; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 150. 43 EuGH vom 13. 7. 1966, Slg. 1966 S. 322, 396 f. Grundig/Consten; EuGH vom 17. 9. 1985, Slg. 1985 S. 2725, Tz. 33 Ford. Siehe auch: Erwägungsgründe (7), (9) der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 über vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 343, 345; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 131; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 18. 44 KOM vom 17. 7. 1968, EGABl. 1968 L 201/7 S. 9 III Tz. 1 ACEC/Berliet; KOM vom 13. 7. 1983, EGABl. 1983 L 224/19 Tz. 8 Rockwell/Iveco; Schröter in: Schröter/ Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 343. 45 KOM vom 29. 12. 1970, EGABl. 1971 L 10/15 S. 22 Wand- und Bodenfliesen; KOM vom 8. 9. 1977, EGABl. 1977 L 242/10 Tz. 41 Cobelpa/VNP; EuGH vom 10. 12. 1985, Slg. 1985 S. 831, Tz. 85 SSI; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 81 EGV Rdnr. 158; Grill in: Lenz/Borchardt, Kommentar zum EU- und EG-Vertrag, 3. Aufl. 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 44; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EGWettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 6.
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bezieht sich nicht auf ein verbessertes Herstellungs- oder Verteilungsverfahren. Diese Vertragsanpassung ist nicht leistungs- oder kostenbezogen. Dementsprechend ist die Auswirkung der englischen Klausel in Bezug auf die Abschwächung der Ausschließlichkeit. Diese Auflockerungswirkung könnte zur Erweiterung der Warenverteilung des dritten Lieferanten führen. Auf den ersten Blick scheint es, dass die Effizienzgewinne aus der englischen Klausel entstehen würden. Aber einerseits entsteht das Einbrechen in die bestehende Bezugsbeziehung nicht durch das betriebswirtschaftlich verbesserte Warenverteilungsverfahren des dritten Lieferanten. Andererseits entsteht der Auflockerungseffekt nur dann, wenn der Lieferant sein Eintrittsrecht nicht ausübt. Die Auflockerungswirkung ist durch den Nichteintritt des Lieferanten bedingt, so dass dadurch kein echter Rationalisierungseffekt entsteht. Die englische Klausel ist in ihrer Essenz ein Preisbestimmungsmechanismus in der Bezugsbindungsvereinbarung. Die englische Klausel trägt nicht selbst zum Effizienzgewinn bei, so dass sie allein die Freistellungsvoraussetzung nicht erfüllen kann. Daher ist die Suche nach einer anderen Rationalisierungsgrundlage erforderlich, um die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile wie Abschreckungseffekt durch die Erhöhung der Markttransparenz auszugleichen. b) Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung als Rationalisierungsgrundlage der englischen Klausel aa) Effizienzgewinne durch die Bezugsbindungsvereinbarung Die Rationalisierungseffekte der ausschließlichen Bezugsbindungsvereinbarung ergeben sich aus der Reduzierung der Transaktions- und Distributionskosten, der vorherigen Planung des Absatzes, der Vermeidung der Risiken der Marktschwankung oder der Optimierung der Investition und ihrer Amortisation, da die Preise, Mengen und Dauer vorher festgelegt werden.46 Aufgrund des Fremdbezugsverbotes des Abnehmers wird das Trittbrettfahrerproblem vermieden, so dass der Lieferant einen Anreiz zur Investition für seine Abnehmer hat.47 In Anbetracht dieser Effizienzgewinne wird die Alleinbezugsvereinbarung als eine anerkannte freistellungsfähige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung angesehen, wenn die Effizienzgewinne im Einzelfall die damit verbundenen Nachteile, wie Sperrung der Absatzkanäle, überwiegen können. Die Freistel-
46 Erwägungsgrund (5) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5. 47 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 116 Nr. 1.
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lungsfähigkeit einer Alleinbezugsvereinbarung wird auch durch den Erlass der entsprechenden Gruppenfreistellungsverordnungen bestätigt.48 bb) Notwendigkeit einer englischen Klausel zum Vertragsabschluss einer Alleinbezugsvereinbarung Ursprünglich können die erwähnten Effizienzgewinne allein durch die Alleinbezugsvereinbarung entstehen, ohne dem Bezugsbindungsvertrag zusätzlich eine Vereinbarung über eine englische Klausel hinzuzufügen. Aber angesichts der Vertragsdauer und der Ausschließlichkeit will der Abnehmer im Einzelfall überhaupt nicht in eine ausschließliche Liefer- und Bezugsbeziehung eintreten, insbesondere wenn der Marktpreis zum Sinken tendieren könnte. Unter diesem Umstand deckt der Abnehmer seinen Bedarf vielmehr aus dem Spot-Markt. Dies führt dazu, dass kein Alleinbezugsvertrag abgeschlossen würde, so dass sich auf dem Markt keine Effizienzgewinne vermehren. Daher stellt die Vereinbarung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung gegenseitige Zugeständnisse zwischen den Interessen des Abnehmers und denen des Lieferanten dar. Einerseits können die Vertragsparteien in den Genuss des durch die Ausschließlichkeit entstehenden Rationalisierungseffektes kommen, der auch eine positive Auswirkung auf den Markt hat. Andererseits wird dem Abnehmer durch die englische Klausel gewährleistet, dass er entweder die marktgerechten Preise erhalten oder günstigere Konkurrenzangebote einholen kann. Die englische Klausel ist daher insbesondere funktionsnotwendig für den Abschluss der Alleinbezugsvereinbarung in den Fällen, in denen eine Schwankung des Marktpreises vorliegt. cc) Das Verhältnis zwischen der englischen Klausel und dem Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung Darüber hinaus hat die Einräumung eines Eintrittsrechts an den Lieferanten durch die englische Klausel den Zweck, die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung aufrechtzuerhalten. Daher ist es auch bei der Feststellung des Vorliegens der Effizienzgewinne notwendig, die englische Klausel und die Alleinbezugsvereinbarung einheitlich zu betrachten. Dies führt dazu, dass die Grundlage der Effizienzgewinne einer englischen Klausel vom Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung abgeleitet werden kann. Die Freistellungsgrundlage der englischen Klausel liegt deswegen im Rationalisierungseffekt der Bezugsbindungsvereinbarung, solange die durch die Alleinbezugsvereinbarung entste48 Wie: EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983 für Alleinbezugsvereinbarungen, EGABl. L 173/5; EG-Verordnung Nr. 2790/1999 vom 22. 12. 1999 für vertikale Vereinbarungen, EGABl. L 336/21.
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henden Vorteile im Einzelfall auch die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile aufwiegen können. c) Ausgleich der Nachteile der englischen Klausel durch die Vorteile der Alleinbezugsvereinbarung Die Bedenken gegen die englische Klausel liegen einerseits in der Ausübung des Eintrittsrechts, andererseits in dem Nachteil, dass die Markttransparenz durch die Beseitigung des Geheimwettbewerbs einseitig erhöht wird. Dadurch kann der Anreiz zum Preisvorstoß des Wettbewerbers vermindert werden, so dass die Wettbewerbsintensität reduziert wird. In der Literatur wird die Erhöhung der Markttransparenz nur in den oligopolistischen Märkten kritisiert, da solch eine Markttransparenz keinen Vorteil darstelle, der die durch die Beseitigung des Geheimwettbewerbs entstehenden Nachteile ausgleichen könne.49 In der vergangenen Praxis der Gemeinschaftsorgane sind nur die englischen Klauseln gemäß Art. 81 oder 82 EGV untersagt, die entweder vom marktstarken Lieferanten oder in den oligopolistischen Märkten verwendet werden.50 Unter solch einer Marktstruktur können die durch die Alleinbezugsvereinbarung entstehenden Vorteile die gebundenen Nachteile nicht überwiegen, so dass kein Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung besteht, um die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile auszugleichen. Anders zu beurteilen ist die Verwendung der englischen Klausel in der wettbewerblichen Marktstruktur. Eine erhöhte Markttransparenz kann in einer wettbewerblichen Marktstruktur den Wettbewerb zwischen den Lieferanten verstärken.51 Die Preisänderung eines Lieferanten kann unter diesen Umständen die 49 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 345; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 8. 50 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461, 467 Hoffmann-La Roche; KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 34, 67 BP-Kemi/DDSF; KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 3 f., 44, Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Natriumkarbonat/Solvay Tz. 36, 137; KOM vom 7. 6. 1989, Pressemitteilung IP/89/426, Air Liquide ect., abrufbar unter = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 51 Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 9 Rdnr. 45; Amato/Gonzalez Diaz in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 1 EGV Rdnr. 133; EuG vom 27. 10. 1994, Slg. 1994 II, S. 957 Tz. 51 John Deere; EuG vom 27. 10. 1994, Slg. 1994 II, S. 905 Tz. 91 Fiatagri und New Holland Ford. In diesem Sinne: Lange in: Lange (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 2001, S. 194 Tz. 152; Peeperkorn, Competition Policy Implications from Game Theory: an Evaluation of the Commis-
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Reaktionen eines anderen Lieferanten sofort auslösen. Wenn sich die Kunden nicht auf eine geringe Zahl von Lieferanten konzentrieren, entsteht durch diese erhöhte Markttransparenz und die Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten nur ein relativ kleiner Abschreckungseffekt, da der dritte Lieferant durch den Wettbewerbsvorstoß seine Kunden anderweitig finden kann. Die Wettbewerbsintensität wird dadurch nicht erheblich gemindert. Daher können die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile durch den Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung ausgeglichen werden, solange die Marktstruktur nicht durch einen hohen Konzentrationsgrad geprägt ist. Daher ist die Verwendung einer englischen Klausel nicht von vornherein wegen der Beseitigung des Geheimwettbewerbs von der Freistellungsmöglichkeit ausgeschlossen. Im Einzelfall besteht die Möglichkeit, dass die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile durch die Vorteile der Alleinbezugsvereinbarung ausgeglichen werden können, wenn die englische Klausel in der wettbewerblichen Marktstruktur verwendet wird. Bei der Freistellbarkeit der Alleinbezugsvereinbarung teilt die englische Klausel im Einzelfall auch dasselbe Schicksal. 3. Zwischenergebnis Die Vereinbarung einer englischen Klausel kann auch als Beitrag zum Effizienzgewinn angesehen werden, wenn die ausschließliche Bezugsbindung im Einzelfall zum Rationalisierungseffekt führen kann. Denn die englische Klausel dient dem Abschluss des Alleinbezugsvertrages, der im Gemeinschaftsrecht einen anerkannten freistellbaren Vertragstyp darstellt. Die Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel ergibt sich vielmehr aus dem Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung in Berücksichtigung der Besonderheit der Marktstruktur. Die Vereinbarung einer englischen Klausel führt zu keiner überschießenden Auswirkung, die über die durch die Alleinbezugsbindung beeinträchtigten Wettbewerbsverhältnisse hinausgeht, wenn die englische Klausel allein in der wettbewerblichen Marktstruktur verwendet wird. Eine Untersuchung im Einzelfall, ob die Vorteile der Alleinbezugsvereinbarung die durch die englische Klausel entstehenden Nachteile tatsächlich ausgleichen können, ist erforderlich.
sion’s Policy on Information Exchange, 1996, S. 5 Fn. 12, abrufbar unter .
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III. Zweite Voraussetzung: Angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher 1. Der Begriff des Verbrauchers und des Gewinns a) Der Begriff „Verbraucher“ Nach der zweiten Voraussetzung müssen die Verbraucher an dem durch die Vereinbarung entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden. Die „Verbraucher“ sind nicht nur die Endverbraucher, sondern auch diejenigen, die als Nachfrager den Vertragsparteien der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung gegenübertreten. Sowohl die industriellen Verbraucher als auch die Groß- und Einzelhändler werden vom Begriff „Verbraucher“ erfasst.52 b) Die Begriffe „Gewinn“ und „Angemessenheit“ Unter dem Begriff „Gewinn“ wird ein wirtschaftlicher Vorteil verstanden. Die Beteiligung am Gewinn kann bei der Preissenkung, der Qualitätsverbesserung oder der Vergrößerung der Auswahl vorliegen.53 Begrifflich hat das Merkmal „Gewinn“ viele Überschneidungen mit der ersten Freistellungsvoraussetzung „Beitrag zur Rationalisierung“.54 Daher ist eine eigenständige Bedeutung für diese Voraussetzung „Gewinn“ in der Tat nicht zu erkennen.55 Vielmehr liegt der Schwerpunkt dieser zweiten Freistellungsvoraussetzung darin, dass die Rationalisierungsgewinne nicht von den Vertragsparteien behalten werden, sondern an die Verbraucher weitergegeben werden. Daher ist zu ermitteln, ob die beteiligten Vertragsparteien dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind.56 Darüber hinaus muss ihre Beteiligung angemessen sein. Die Angemes52 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97 Tz. 84; KOM vom 13. 7. 1983, EGABl. 1983 L 224/19 Tz. 9 Rockwell/Iveco; KOM vom 22. 12. 1987, EGABl. 1988 L 50/18 Tz. 38 Enichem/ICI; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 353; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 19; Müller-Graff in: Hailbronner (Hrsg.), Handkommentar zum Vertrag über die Europäische Union, 2. Lieferung 1994, Art. 85 EGV (a. F.) Rdnr. 161; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 25. 53 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 353; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 19; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 157. 54 In diesem Sinne: Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 195. 55 Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 81 EGV Rdnr. 159; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 195. 56 Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV C Rdnr. 21; Lange in: Lange (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäi-
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senheit ist gegeben, wenn die Vorteile für die Verbraucher die Nachteile mindestens ausgleichen können.57 2. Beteiligung der Verbraucher an dem durch die englische Klausel entstehenden Gewinn a) Die durch die englische Klausel entstehenden Gewinne Die englische Klausel gewährleistet dem Abnehmer entweder vom Lieferanten oder vom dritten Lieferanten den günstigsten Preis auf dem Markt zu erhalten. Daher ist der Abnehmer in der Lage, beim Weiterverkauf oder nach der Weiterverarbeitung diesen Vorteil an seine Kunden weiterzugeben. Ebenso ermöglicht die englische Klausel dem Abnehmer die Befreiung von der bestehenden Bezugspflicht, so dass sowohl der Abnehmer als auch seine Verbraucher eine erweiterte Bezugsmöglichkeit haben können. Darüber hinaus dient die englische Klausel dem Vertragsabschluss der Alleinbezugsvereinbarung, so dass die durch die Alleinbezugsvereinbarung entstehenden Gewinne auch mittelbar durch die englische Klausel entstehen. Der Abnehmer könnte aber u. U. nicht durch die englische Klausel begünstigt werden. Der Vertragspreis könnte wegen der englischen Klausel von Anfang an höher gesetzt werden, da ein opportunistischer Lieferant damit rechnet, dass er den überhöhten Preis mit hoher Wahrscheinlichkeit beibehalten kann, solange keine günstigeren Angebote auf dem Markt auftreten oder der Abnehmer nicht vom dritten Lieferanten abgeworben wird.58 Der durch die englische Klausel herabgesetzte Vertragspreis wird auf das Niveau abgestellt, auf das er bei der Abwesenheit der englischen Klausel abgestellt werden sollte. Unter diesen Umständen erhalten der eine englische Klausel vereinbarende Abnehmer und seine
schen Kartellrecht, 2001, S. 195 Tz. 156; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 61; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 81 EGV Rdnr. 160; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 158; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 136; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 25. In diesem Sinne: Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 97; Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, EGABl. 2001 C 3/2, Tz. 34. 57 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 85; Schröter in: Schröter/ Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 354; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 20; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 60. 58 Siehe oben Teil 2, B. II. 4. a).
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Kunden keine echten Vorteile. Demgegenüber profitiert nur der eine englische Klausel vereinbarende Lieferant davon. In der wettbewerblichen Marktstruktur zwischen den Lieferanten liegen geringere Möglichkeiten als in der oligopolistischen Marktstruktur vor, dass der Lieferant von Anfang an seine Vertragspreise auf das überhöhte Niveau ansetzt. Denn die günstigeren Konkurrenzangebote können auf dem Markt sofort auftreten, falls der Lieferant die Preise bei dem Vertragsabschluss überhöht angesetzt hat. Dadurch ist die durch die englische Klausel entstehende Preisherabbesetzung ein echter Gewinn. Der Abnehmer und sein Kunde können davon begünstigt werden. b) Gewinnbeteiligung der Verbraucher Die wettbewerbliche Marktstruktur zwischen den Abnehmern führt zur Weitergabe der durch die englische Klausel entstehenden Gewinne an den Kunden des Abnehmers. Falls eine geschwächte Marktstruktur zwischen den Abnehmern vorliegt, besteht kein ausreichender Wettbewerbsdruck zwischen ihnen, so dass der Abnehmer nicht unbedingt die Vorteile an seine Kunden weitergibt, die er durch die Vertragsanpassung des Lieferanten gemäß der englischen Klausel erhält. Unter diesen Umständen ist die zweite Freistellungsvoraussetzung nicht gegeben. 3. Zwischenergebnis Die bestehende Marktstruktur beeinflusst die Weitergabe der durch die englische Klausel entstehenden Vorteile an die Verbraucher. Wenn auf der Stufe der Lieferanten kein hinreichender Wettbewerb besteht, sind die durch die englische Klausel weitergegebenen Vorteile der Preissenkung begrenzt, da der Vertragspreis von Anfang an wegen der Verwendung der englischen Klausel überhöht angesetzt wird. Wenn kein ausreichender Wettbewerbsdruck zwischen den Abnehmern vorliegt, behält der Abnehmer die Vorteile der Preissetzung und gibt sie nicht an die Verbraucher weiter. Die zweite Freistellungsvoraussetzung kann unter diesen Umständen nicht gegeben sein.
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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IV. Dritte Voraussetzung: Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung 1. Der Begriff „Unerlässlichkeit“ a) Keine zumutbare Alternative Nach Art. 81 Abs. 3 lit. a EGV muss die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung für die Verwirklichung der Effizienzgewinne unerlässlich sein. Zu ermitteln ist der Zusammenhang zwischen der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung und der von ihr ausgehenden positiven Wirkung. Unerlässlichkeit bedeutet, dass es keine wirtschaftlich zumutbaren wettbewerbskonformen oder weniger wettbewerbsbeschränkenden Alternativen gibt, um die Effizienzgewinne zu erreichen.59 Eine Unerlässlichkeit ist dann gegeben, wenn ohne die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung die aus ihr entstehenden Effizienzgewinne nicht in demselben Ausmaß erreichbar wären oder erheblich geschmälert würden.60 b) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Die Unerlässlichkeit kann durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit umschrieben werden.61 Die den Vertragsparteien auferlegte wettbewerbsbeschränkende Beschränkung darf nicht über das für die Verwirklichung der Ziele erforderliche Maß hinausgehen.62 Eine Unerlässlichkeit ist nicht gegeben, falls der unbeschränkte Wettbewerb selbst zu demselben Rationalisierungseffekt beitragen kann.63 Das Ergebnis der Unerlässlichkeitsprüfung hängt auch von der Vertragsdauer und den Marktbedingungen ab.64 59 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 75; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 197; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 62 f.; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 161, 163; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 25. 60 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 79; EuGH vom 25. 10. 1977, Slg. 1977, S. 1875, Tz. 45 Metro I; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 63; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 163; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 356; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EGWettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 25. 61 Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 197; Weiß in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Art. 81 EGV Rdnr. 161; Grill in: Lenz/Borchardt, Art. 81 EGV Rdnr. 48; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 161; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 137. 62 EuGH vom 27. 1. 1987, Slg. 1987, S. 405, Tz. 58 Verband der Sachversicherer e. V.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
2. Unerlässlichkeit der englischen Klausel a) Die durch die Vereinbarung der englischen Klausel entstehenden Vorteile Die durch die englische Klausel entstehenden möglichen Vorteile können in zwei Gruppen eingeordnet werden. Zum einen sind die Preissenkung und die Entbindung von der ausschließlichen Vertragspflicht vor dem Ablauf der Vertragslaufzeit zu nennen. Diese entstehen direkt durch den Eintritt oder Nichteintritt des Lieferanten in die Konkurrenzangebote. Zum anderen sind die durch die Alleinbezugsbindung entstehenden Effizienzgewinne zu nennen, da die Vereinbarung einer englischen Klausel dem Abschluss eines Alleinbezugsvertrages dient.65 b) Zur Unerlässlichkeit der englischen Klausel aa) Die Verwendung einer Preisgleitklausel, einer Eintrittspflicht des Lieferanten oder einer kürzeren Vertragsdauer als Alternative Durch die Vereinbarung einer Preisgleitklausel in dem Alleinbezugsvertrag ist es möglich, dass sich die Vertragspreise an der Preisentwicklung des Markts orientieren, so dass dem Abnehmer auch der marktgerechte Vertragspreis gewährleistet wird. Falls die Vertragspreise nach einem bestimmten Index anzupassen sind, ist der Abnehmer nicht verpflichtet, bestimmte Einzelheiten der Konkurrenzangebote offen zu legen. Daher kann die Preisgleitklausel u. U. weniger wettbewerbsbeschränkend als die englische Klausel sein. Aber die Annahme der Preisgleitklausel führt dazu, dass der Abnehmer auf die Vorteile verzichten muss, die durch den Fixpreis in der Alleinbezugsvereinbarung entstehen. Denn unter der Preisgleitklausel muss der Abnehmer auch das Risiko der möglichen Preissteigerung auf dem Markt tragen. Demgegenüber kommt der die englische Klausel verwendende Abnehmer nur in den Genuss der Preissenkung auf dem Markt, ohne das Risiko der Marktpreissenkung zu tragen. Im Vergleich zur englischen Klausel ist die Preisgleitklausel keine zumutbare Alternative. 63 Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 355; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 23, 27. 64 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, EGABl. 2001 C 3/ 2, Tz. 35; Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 75, 80; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 63. 65 Siehe oben C. II. 2. b).
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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Die Vereinbarung einer Eintrittspflicht des Lieferanten (price-matching guarantee), nach der der Lieferant zur Vertragsanpassung an die günstigeren Konkurrenzangebote verpflichtet ist,66 kann auch im Einzelfall keine Alternative für die Vertragspartner sein. Denn unter dieser Vertragsgestaltung ist der Lieferant nicht berechtigt, beim Marktpreisanstieg den Vertragspreis nach oben zu korrigieren, während er bei der Marktpreissenkung stets zum Eintritt verpflichtet ist. Das Gegengewicht zwischen dem Interesse des Abnehmer und dem des Lieferanten wird dadurch aufgehoben. Der Lieferant kann u. U. nicht in solch eine Liefer- und Bezugsbeziehung eintreten. Die Ausschließlichkeit in der Bezugsbeziehung dient der Amortisation der kundenspezifischen Investitionen und der Verhinderung der Trittbrettfahrereffekte.67 Aber sie führt auch zur Einschränkung der Wahlmöglichkeit des Abnehmers zwischen den konkurrierenden Waren und dadurch zur Behinderung des Marktzutritts des Wettbewerbers. Die grundlegende Maßnahme zur Beseitigung solch eines Nachteils der Ausschließlichkeit ist die Nichtverwendung der Ausschließlichkeit in der Liefer- und Bezugsbeziehung. Dies führt dazu, dass der Anreiz des Lieferanten zur kundenspezifischen Investition gemindert würde. Die Vereinbarung einer kurzfristigen Dauer der Ausschließlichkeit, ohne die englische Klausel zu verwenden, kann unter der zeitlichen Dimension auch die Nachteile der Ausschließlichkeit mindern. Aber ähnlich führt dies auch im Einzelfall zur Minderung des Anreizes zu Investitionen, wenn die Investition des Lieferanten nicht innerhalb der gekürzten Dauer vollständig amortisiert werden kann. Daher ist die kürzere Dauer der Ausschließlichkeit im Einzelfall nicht die wirtschaftlich zumutbare Alternative, um die Investitionen des Lieferanten zu ermöglichen. bb) Unerlässlichkeit der englischen Klausel für die Effizienzgewinne Die Verbindung einer Alleinbezugsvereinbarung mit einer englischen Klausel kann den Konflikt zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer beim Abschluss eines Bezugsbindungsvertrages lösen. Einerseits kann der Lieferant seine Amortisierungsmöglichkeit durch die Aufrechterhaltung der Bezugsbindung mittels der Ausübung des Eintrittsrechts bis zum Vertragsende sichern, so dass die englische Klausel die Effizienzgewinne in Form der verstärkten Investitionen mittelbar erzielt, die die Rationalisierungsgrundlage der Alleinbezugsvereinbarung darstellt.68 Andererseits werden dem Abnehmer eine Vertragsanpassungs- oder Ausstiegsmöglichkeit vor Ablauf der Vertragsdauer gewährt. Ob66
Siehe oben Teil 1, B. IV. 2. a). In diesem Sinne: Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 80. 68 Siehe oben Teil 1, A. IV. 5. und Teil 5, C. II. 2. cc). 67
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
wohl die Vereinbarung einer englischen Klausel zur Erhöhung der Markttransparenz führt, wird sie als unerlässlich angesehen, um die Vorteile der Preissenkung oder der durch die Alleinbezugsbindung entstehenden Effizienzgewinne zu erzielen. Denn es liegt keine andere zumutbare Alternative vor, die in demselben Ausmaß die durch die englische Klausel entstehenden Vorteile erreicht. In der wettbewerblichen Marktstruktur ist die Einräumung einer Vertragsanpassungs- oder einer Fremdbezugsmöglichkeit durch die englische Klausel insbesondere für den eine ausschließliche Bezugsbindung verwendenden Lieferanten notwendig, um den Kunden zu gewinnen und den Abschluss eines Alleinbezugsvertrages zu erreichen. Denn in solch einer Marktstruktur sind eine ausreichende Anzahl von Lieferanten auf dem Markt tätig, so dass der Abnehmer immer einen niedrigeren Preis auf dem Spot-Markt erwarten kann. Dies führt dazu, dass die Einigung über eine ausschließliche Bezugsbindung schwerer erreicht wird. Ein wirtschaftlich vernünftiger Abnehmer könnte in Anbetracht der erwarteten günstigeren Konkurrenzangebote auf dem Markt nicht in eine ausschließliche Bezugsbeziehung eintreten, falls keine Vertragsanpassungsoder Ausstiegsmöglichkeit im Vertrag vorgesehen würde. Die englische Klausel ist daher für den Abschluss einer Alleinbezugsvereinbarung funktionell unerlässlich. Das Vorhandensein einer englischen Klausel im Alleinbezugsvertrag verstärkt den Anreiz des Abnehmers, eine Bezugsbindung zu akzeptieren, insbesondere wenn die Vertragsdauer wegen der Amortisierung der kundenspezifischen Investitionen relativ lang vereinbart werden muss. Solange die zugrunde liegende Alleinbezugsvereinbarung als unerlässlich für die Verwirklichung der von ihr entstehenden Effizienzgewinne angesehen wird, teilt die englische Klausel dasselbe Schicksal.69 Die Frage, ob durch die Verbindung der Alleinbezugspflicht mit der englischen Klausel im Einzelfall eine stärkere Wettbewerbsbeschränkung entstehen kann, ist der vierten Voraussetzung „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ zu überlassen.
69 Im Fall BP-Kemi/DDSF geht eine auf 6 Jahre vereinbarte ausschließliche Bezugsbindung nach der Auffassung der Kommission über das Maß dessen hinaus, was nach dem Wesen der rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Die Kommission ist der Auffassung, dass den Interessen der Liefer- und Absatzstabilität im vorliegenden Fall der Abschluss eines Liefervertrages gerecht werde, der ohne Anknüpfung an eine Gesamtbezugspflicht und ohne eine englische Klausel abgeschlossen und in regelmäßigen Abständen erneuert werde. KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 68 BPKemi/DDSF. Im diesem Fall wurde sowohl die ausschließliche Bezugsbindung als auch die englische Klausel von der Kommission als nicht notwendig bewertet. Die englische Klausel teilt das Schicksal der Bezugsbindung.
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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3. Zwischenergebnis Die Vereinbarung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung wird als unerlässlich für die Verwirklichung der Effizienzgewinne angesehen, da keine anderen zumutbaren Alternativen vorliegen, die in demselben Ausmaß die durch die englische Klausel entstehenden Vorteile erreichen können. Die Vereinbarung einer englischen Klausel ist für den Abschluss einer Alleinbezugsvereinbarung unerlässlich, insbesondere wenn die ausschließliche Bezugsbindung in der wettbewerblichen Marktstruktur verwendet wird, da die englische Klausel den Konflikt zwischen dem Abnehmer und dem Lieferanten löst. Wenn die Alleinbezugsvereinbarung im Einzelfall als unerlässlich für die Verwirklichung der von ihr entstehenden Effizienzgewinne angesehen wird, teilt die englische Klausel dasselbe Schicksal.
V. Vierte Voraussetzung: Keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung 1. Zielsetzung des Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV Nach Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV setzt die Freistellung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung voraus, dass die Vereinbarung nicht die Möglichkeiten eröffnen darf, den Wettbewerb für den wesentlichen Teil der betreffenden Waren auszuschalten. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV strebt das Ziel an, mindestens einen tatsächlich oder potentiell wirksamen Wettbewerb auf dem Markt aufrechtzuerhalten.70 Der Vorrang wird dem Schutz der Konkurrenz und dem Wettbewerbsprozess vor den aus der Wettbewerbsbeschränkung entstehenden Effizienzgewinnen eingeräumt, da eine Rivalität zwischen den Wettbewerbern die Antriebskraft für langfristige Effizienzsteigerungen ist.71 2. Die Kriterien zur Beurteilung der Wettbewerbsausschaltung a) Marktverhältnisse und die kumulative Wirkung Bei der Beurteilung, ob eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zu einer wesentlichen Wettbewerbsausschaltung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV führt, sind die Marktverhältnisse vor und nach der Vereinbarung zu vergleichen. Zu berücksichtigen ist zuerst die Marktposition der beteiligten Unternehmen, der verbleibenden Konkurrenten und der Marktgegenseite. Daher werden so70
EuGH vom 21. 2. 1973, Slg. 1973, S. 215 Tz. 25 Continental Can. Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 105. 71
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
wohl die Marktanteile der beteiligten Unternehmen als auch der Konzentrationsgrad auf dem Markt bzw. die Marktstruktur einbezogen.72 Ebenfalls in Betracht zu ziehen ist der potentielle Wettbewerb.73 Wenn eine der wichtigsten Formen des Wettbewerbs wie Preiswettbewerb durch die Vereinbarung beseitigt wird, ist die vierte Freistellungsvoraussetzung des Art. 81 Abs. 3 EGV nicht erfüllt.74 Es fehlt am Fortbestand eines wirksamen Wettbewerbs, wenn es auf dem Markt keine andere Vertriebsform als die der Vereinbarung gibt.75 Das Bestehen ähnlicher Vereinbarungen Dritter und ihre kumulative Wirkung können auch zur Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt führen und sind daher zu berücksichtigen.76 b) Kompensation durch den Außenwettbewerb und inter-brand-Wettbewerb Der durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung eingeschränkte oder sogar ausgeschaltete Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien (sog. „Innenwettbewerb“) kann durch den Wettbewerb vom konkurrierenden Dritten (sog. „Außenwettbewerb“) kompensiert werden.77 Ähnlich kann das Vorhandensein 72 EuGH vom 22. 10. 1986, Slg. 1986, S. 3021 Tz. 86, 88 Metro II; Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 107, 109; Grill in: Lenz/Borchardt, Art. 81 EGV Rdnr. 49; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 199 f. Lange in: Lange (Hrsg.), Handbuch zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 2001, S. 198 Tz. 161; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 29; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 367; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 142. 73 Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (3) EGV (a. F.) Rdnr. 1954; EuG vom 28. 2. 2002, Slg. 2002 II, S. 875 Tz. 300, 330, 333 Atlantic Container Line AB; EuGH vom 21. 2. 1973, Slg. 1973, S. 215 Tz. 25 Continental Can. 74 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 110; EuGH vom 25. 10. 1977, Slg. 1977, S. 1875 Tz. 21 Metro I. Zur Ausschaltung des Preiswettbewerbs: Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 368; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 30; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (3) EGV (a. F.) Rdnr. 1959; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004, § 13 Rdnr. 70. 75 EuGH vom 22. 10. 1986, Slg. 1986, S. 3021 Tz. 65 f. Metro II; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 167; Emmerich in: Dauses (Hrsg.), H.I. § 1 Rdnr. 200. 76 Grill in: Lenz/Borchardt, Art. 81 EGV Rdnr. 49; Eilmansberger in: Streinz (Hrsg.), EUG/EGV, 2003, Art. 81 EGV Rdnr. 142. 77 EuG vom 28. 2. 2002, Slg. 2002 II, S. 875 Tz. 299 f., 344 Atlantic Container Line AB; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 28; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 367; Müller-Graff in: Hailbronner (Hrsg.), Handkommentar zum
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eines wirksamen inter-brand-Wettbewerbs auf dem relevanten Markt den Ausschluss des Wettbewerbs verhindern, selbst wenn der intra-brand-Wettbewerb bereits durch die Vereinbarung eingeschränkt ist.78 Nach der Auffassung des EuGH ist ein vertikales Vertriebssystem nur dann freistellungsfähig, wenn noch ein wirksamer intra-brand-Wettbewerb auf dem Markt vorliegt.79 Daher ist die Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EGV auf die Vereinbarungen ausgeschlossen, die den intra-brand-Wettbewerb ausschalten. c) Das Verhältnis zum Art. 82 EGV Das Verbot der Ausschaltung des Wettbewerbs i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV ist ein engerer Begriff als die Existenz oder Erlangung einer marktbeherrschenden Stellung.80 Daher wäre es begrifflich möglich, dass eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung freistellbar bleiben könnte, wenn an ihr ein marktbeherrschendes Unternehmen beteiligt wäre und keine missbräuchliche Ausnutzung dieser marktbeherrschenden Stellung vorläge.81 Nach der Auffassung der Kommission in ihren Leitlinien wird die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, grundsätzlich nicht nach Art. 81 Abs. 3 EGV freigestellt, wenn die Vertragspartei bereits eine marktbeherrschende Stellung innehat oder durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung erlangt.82 Die Vereinbarung, die den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 82 EGV darstellt, ist von der Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV ausgeschlossen.83
Vertrag über die Europäische Union, 2. Lieferung 1994, Art. 85 EGV (a. F.) Rdnr. 173; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. I, 2005, Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 28. 78 EuGH vom 25. 10. 1977, Slg. 1977, S. 1875 Tz. 22 Metro I. 79 Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 30; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 1634; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 167; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (3) EGV (a. F.) Rdnr. 1960. 80 EuG vom 28. 2. 2002, Slg. 2002 II, S. 875 Tz. 330 Atlantic Container Line AB. 81 EuG vom 28. 2. 2002, Slg. 2002 II, S. 875 Tz. 330 Atlantic Container Line AB; EuG vom 15. 7. 1994, Slg. 1994 II, S. 595 Tz. 153 Matra Hachette SA; Sauter in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 33; Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 106. 82 Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, EGABl. 2001, C 3/2, Tz. 36; Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 135; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Art. 81 Abs. 3 EGV Rdnr. 366; Bunte in: Langen/Bunte (Hrsg.), Art. 81 EGV, Generelle Prinzipien Tz. 165.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
3. Zur Beurteilung der Auswirkung der Wettbewerbsausschaltung durch die englische Klausel im Einzelfall a) Nach der Marktstellung des Lieferanten aa) Verwendung der englischen Klausel durch den marktbeherrschenden Lieferanten Bei der Beurteilung der Auswirkung der englischen Klausel auf den Markt ist in erster Linie die Marktposition der Lieferanten zu prüfen. In den vergangenen Fällen Hoffmann-La Roche (Vitamine) und Natriumkarbonat/Solvay ist die Verwendung der englischen Klausel als missbräuchliche Ausnutzung i. S. d. Art. 82 EGV angesehen worden, solange der Lieferant eine marktbeherrschende Stellung innehat. Im Fall Hoffmann-La Roche (Vitamine) hatte der die englische Klausel verwendende Lieferant die Marktanteile von 47% bis zu 95% auf den einzelnen Produktmärkten inne.84 Im Fall Natriumkarbonat/Solvay hatte der Lieferant den Marktanteil von 70%.85 In beidem Fällen liegen die Bedenken gegen die Verwendung einer englischen Klausel durch einen marktbeherrschenden Lieferanten darin, dass der Lieferant durch die Ausübung des Eintrittsrechts den Kunden weiter an sich bindet und dass er durch die Auferlegung der Mitteilungspflicht an den Abnehmer einen Einblick in die Geschäftspolitik seiner Wettbewerber erhält.86 Unter diesen Umständen ist festzuhalten, dass die Verwendung der englischen Klausel durch den marktbeherrschenden Lieferanten nicht mehr durch Art. 81 Abs. 3 EGV legalisiert werden kann, um eine Kohärenz zwischen Art. 82 und Art. 81 EGV zu schaffen.87 Der marktbeherrschende Lieferant ist daher von 83 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 106; Sauter in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Art. 85 Abs. 3 EGV (a. F.) C Rdnr. 35; Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 2005, Art. 81 EGV Rdnr. 157. 84 KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 5, 21 Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 50 ff. Hoffmann-La Roche. 85 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 3, 44 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 36, 137 Natriumkarbonat/Solvay. 86 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 107 Hoffmann-La Roche. KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 36 zum Fall Vegla, 60 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 118, 178 Natriumkarbonat/Solvay. 87 Bekanntmachung der Kommission vom 27. 4. 2004, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, EUABl. C 101/97, Tz. 106. Nach den Leitlinien der Kommission für vertikale Beschränkungen kann das marktbeherrschende Unternehmen grundsätzlich keine Freistellung erhalten. Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 135.
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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vornherein von einer Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EGV ausgeschlossen. Eine wesentliche Wettbewerbsausschaltung ist anzunehmen. bb) Verwendung der englischen Klausel durch den nicht-marktbeherrschenden Lieferanten Die Erfüllung der Freistellungsvoraussetzung „keine Wettbewerbsausschaltung“ ist erst dann möglich, wenn der eine englische Klausel verwendende Lieferant keine marktbeherrschende Stellung innehat. Dementsprechend ist die Verwendung der englischen Klausel für den kleinen und mittleren Lieferanten von Bedeutung, da sie die Abwerbung des Kunden seitens des Wettbewerbers verhindern kann, insbesondere wenn der Wettbewerber eine marktstarke Stellung innehat. Dadurch wird die ausschließliche Bezugsbindung effektiv aufrechterhalten, die dem kleinen und mittleren Lieferanten als wichtiges Mittel dient, um in einem Markt Fuß zu fassen.88 Ein Markterschließungseffekt für den kleinen und mittleren Lieferanten liegt daher vor. Darüber hinaus wird ein Wettbewerber nicht entmutigt, weiterhin die Wettbewerbsvorstöße auf dem Markt zu initiieren, wenn der kleine und mittlere Lieferant von der Geschäftspolitik dieses Wettbewerbers in Kenntnis gesetzt wird. Eine Wettbewerbsausschaltung kann im Einzelfall nicht gegeben sein. Bei der Beurteilung der Auswirkung der Verwendung einer englischen Klausel ist daher zu berücksichtigen, dass durch die Verwendung der englischen Klausel die Existenzgrundlage der kleinen und mittleren Lieferanten gewährleistet wird, so dass dadurch eine wettbewerbliche Marktstruktur gefördert wird. b) Nach der Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten aa) Sperrung der Absatzkanäle durch die bestehende Bezugsbindung Bei der Beurteilung der Auswirkung der englischen Klausel ist die Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten, die nach der Vereinbarung der Bezugsbindung verbleibt, zu berücksichtigen. Mit anderen Worten ist die Auswirkung der vereinbarten ausschließlichen Bezugsbindung zu prüfen, da bei Ausübung eines Eintrittsrechts in der englischen Klausel die Bezugsbindung bis zum Ende der Vertragsdauer aufrechterhalten werden muss. In diesem Zusammenhang sind der Bindungsgrad und die Laufzeit des bestehenden Bezugsbindungsvertrages von Bedeutung und mit einbezogen.89 Je stärker der Bindungsgrad und je länger die Vertragslaufzeit sind, desto größer ist der Einfluss der englischen Klau88 Erwägungsgrund (6) der EG-Verordnung Nr. 1984/83 vom 22. 6. 1983, EGABl. L 173/5. 89 Siehe oben Teil 2, B. I. 2.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
sel und des Bezugsbindungsvertrages auf die Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten. Falls eine ausschließliche Bezugsbindung selbst wegen der wesentlichen Wettbewerbsausschaltung von der Freistellung ausgeschlossen ist, ist es nicht notwendig, die andere durch die englische Klausel entstehende wettbewerbsbeschränkende Auswirkung in Betracht zu ziehen. Die englische Klausel ist nur dann freistellbar, wenn die ausschließliche Bezugsbindung schon als freistellungsfähig bewertet wird. Der Marktzugang für den konkurrierenden Lieferanten wird dann erschwert, falls die Bezugsbindung die Absatzkanäle erheblich sperren kann. Eine wesentliche Wettbewerbsausschaltung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV ist dann gegeben. Im Fall BP-Kemi/DDSF war der durch die englische Klausel gebundene Abnehmer der größte auf dem nationalen Markt mit dem Marktanteil von 56%. Die durch die englische Klausel aufrechterhaltene Bezugsbindung beeinflusste die Absatzmöglichkeit im vorliegenden Fall besonders deutlich.90 Demgegenüber bleibt der Absatzmarkt für die anderen Lieferanten noch offen, solange sich die Absatzkanäle nicht auf die begrenzte Zahl der Lieferanten konzentrieren. Selbst wenn der Lieferant seine Kunden unter solch einer Marktstruktur durch die englische Klausel stärker an sich bindet, wird ein wirksamer Wettbewerb dadurch nicht beseitigt. Der konkurrierende Lieferant kann stets anderweitig durch wettbewerbsfähige Preise oder Konditionen die Chance eines Vertragsabschlusses mit anderen Abnehmern gewinnen, während er an der Abwerbung des Kunden vom Lieferanten, der eine englische Klausel verwendet, gehindert wird. Die Verwendung der englischen Klausel war in der vergangenen gemeinschaftsrechtlichen Praxis nach der GVO Nr. 1984/83 freistellbar.91 Die von den Gemeinschaftsorganen nach Art. 85 oder Art. 86 EGV als unzulässig eingestuften englischen Klauseln befanden sich durchaus nur in der hoch konzentrierten Marktstruktur. Keine Praxis zeigt, dass die Verwendung einer englischen Klausel in einer wettbewerblichen Marktstruktur von den Gemeinschaftsorganen verboten wird, wenn die Absatzkanäle für die konkurrierenden Lieferanten offen bleiben. Die Verwendung einer englischen Klausel kann in einer wettbewerblichen Marktstruktur gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV freigestellt werden, wenn die Marktzutrittsmöglichkeit der konkurrierenden Lieferanten nicht erheblich beeinträchtigt wird.
90
KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 67 BP-Kemi/DDSF. Die EG-Bekanntmachung zu den VOen Nr. 1983/83 u. Nr. 1984/83, EGABl. vom 13. 4. 1984 C 101/2, Tz. 35; Kommission, Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, 1997, S. 47 f., Fn. 53, abrufbar unter . 91
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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bb) Auflockerungswirkung der englischen Klausel Bei Nichteintritt des Lieferanten ist der Abnehmer nicht mehr an die Abnahmeverpflichtung gebunden, so dass die Ausschließlichkeit in der Bezugsbindung aufgelockert wird. Denn die Auflockerungsmöglichkeit ist vom Nichteintritt des Lieferanten abhängig.92 Die Befreiung des Abnehmers von der Bezugsbindung wird nicht automatisch beim Auftritt eines günstigeren Angebotes durchgeführt. Daher ist die durch die englische Klausel entstehende Auflockerungswirkung nur begrenzt. Wenn die ausschließliche Bezugsbindung im Einzelfall bereits zur wesentlichen Wettbewerbsausschaltung führt, ist der durch die englische Klausel entstehende Auflockerungseffekt nur im begrenzten Umfang mit einbezogen, um die Freistellungsvoraussetzung „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ zu erfüllen. Im Fall Hoffmann-La Roche (Vitamine) wurde die Milderung der Ausschließlichkeit durch die englische Klausel unter dem Sachverhalt als nicht merklich angesehen, da sie in der monopolistischen Marktstruktur verwendet wurde.93 Im Fall BP-Kemi/DDSF wurde die Auflockerungswirkung unter dem Sachverhalt als unwesentlich beurteilt, da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für den Abnehmer zu streng waren, um sich auf eine englische Klausel zu berufen.94 Im Fall Natriumkarbonat/Solvay wurde die Auflockerungswirkung mit der Begründung verneint, dass dem Lieferanten im vorliegenden Fall noch ein Kündigungsrecht eingeräumt wurde, so dass die Versorgungssicherheit des Abnehmers gefährdet war.95 Aus der vergangenen Praxis ergibt sich das Bild, dass eine durch die englische Klausel entstehende Auflockerungswirkung nicht grundlegend verneint, sondern begrenzt anerkannt wird. Aber diese begrenzte Auflockerungswirkung kann nur berücksichtigt werden, falls die Alleinbezugsbindung im Einzelfall bei der Beurteilung der Freistellungsmöglichkeit im Grenzbereich liegt.
92 In diesem Sinne: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 64 BP-Kemi/ DDSF . 93 EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461 Tz. 50 ff. Hoffmann-La Roche. Die Auflockerungswirkung wurde verneint in: Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 72, abrufbar unter . 94 KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 63 BP-Kemi/DDSF. 95 KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 61 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 178 Natriumkarbonat/Solvay.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
c) Nach der bestehenden Wettbewerbsintensität zwischen Lieferanten aa) Kollusionsrisiko in der oligopolistischen Marktstruktur Bei der Beurteilung der Auswirkung der englischen Klausel auf den Markt ist die bestehende Wettbewerbsintensität zwischen den Lieferanten zu berücksichtigen. Falls die Wettbewerber auf dem Markt nicht bereits miteinander konkurrieren, kann die Verwendung einer englischen Klausel diese Wettbewerbssituation verschlechtern. Eine wesentliche Wettbewerbsausschaltung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV ist dann gegeben. Wie die Kommission in den Leitlinien erwähnt, liegt ein höheres Kollusionsrisiko in der Marktstruktur vor, in der die Konkurrenz nur aus verhältnismäßig wenigen Wettbewerbern besteht, die in Bezug auf Größe, Kostenaufwand u.s.w. etwa gleich stark sind.96 Denn jeglicher Preisvorstoß in solch einer Marktstruktur löst eine sofortige Reaktion der anderen Wettbewerber aus, so dass der durch den Wettbewerbsvorstoß gewonnene Vorsprung nicht lang aufrechterhalten wird. Angesichts solch einer sofortigen Reaktion seitens der Wettbewerber und der Folge der branchenweiten Gewinnreduzierung tendiert ein Lieferant in der oligopolistischen Marktstruktur nicht dazu, als Erster einen Wettbewerbsvorstoß zu initiieren. Dies führt dazu, dass sich die Wettbewerber in Form der bewussten Parallelität auf dem Markt in gleicher Weise verhalten, ohne eine vorherige Koordinierung eingehen zu müssen, so dass die Wettbewerbsintensität verringert wird. bb) Die englische Klausel als Mechanismus für die Erleichterung der Kollusion In einer schwächeren Marktstruktur zeigt sich die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung einer englischen Klausel besonders deutlich. Wie die Kommission in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen ausdrücklich feststellt, erleichtert die englische Klausel durch die Erhöhung der Markttransparenz eine Kollusion zwischen den Lieferanten.97 Eine nachhaltige Kollusion bzw. Verhaltenskoordinierung zwischen den Wettbewerbern setzt voraus, dass ein Überwachungsmechanismus vorliegt.98 Die dem Abnehmer auferlegte Mitteilungspflicht ermöglicht es mindestens, dass der Lieferant ständig das Verhalten des dritten Liefe96 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 124. 97 Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 152. 98 Kommission, Leitlinien vom 5. 2. 2004 zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, EUABl. C 31/5, Tz. 41, 49.
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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ranten einseitig überwacht, selbst wenn dies nicht wie ein gegenseitiger Marktinformationsaustausch zwischen den Lieferanten ausgestaltet wird. Dadurch verstärkt die Verwendung der englischen Klausel die Fähigkeit des Lieferanten einer sofortigen Reaktion, so dass eine Abschreckungswirkung entsteht. Die erwähnte Starrheit des Wettbewerbs wird in der oligopolistischen Marktstruktur aufrechterhalten. d) Nach der kumulativen Wirkung der englischen Klauseln aa) Zur Einrichtung der Bündelung der englischen Klauseln durch einen Lieferanten Der Lieferant kann die englische Klausel neben der Vereinbarung mit nur einem Abnehmer99 auch marktweit als seine übliche Absatzstrategie verwenden. Wie die Fälle Hoffmann-La Roche (Vitamine) und Natriumkarbonat/Solvay zeigen, wird ein Bündel der englischen Klauseln dadurch eingerichtet, dass zahlreiche Liefer- und Bezugsbindungen mit einer englischen Klausel verbunden sind.100 Bei der Beurteilung der Auswirkung von der einzelnen englischen Klausel wird zuerst die kumulative Wirkung der nebeneinander bestehenden englischen Klauseln von demselben Lieferanten einbezogen. Die von der Praxis des EuGH Brasserie de Haecht in Bezug auf die Alleinbezugsvereinbarung entwickelte Bündeltheorie101 ist auf die Beurteilung der englischen Klausel übertragbar, da die englische Klausel zur Aufrechterhaltung der Bezugsbindung beiträgt. Je mehr die Abnehmer zum Bündel der englischen Klauseln gehören, desto vollständiger ist der Überblick, den der Lieferant über das Marktverhalten seiner Wettbewerber bekommen kann. In diesem Zusammenhang ist das Bündel der englischen Klauseln als Gesamtheit zu betrachten. Im Vergleich zur Verwendung mit einem Abnehmer entsteht eine größere Auswirkung auf den Markt durch das Bündel der englischen Klauseln, da eine größere Abschreckungswirkung vorliegt. Eine wesentliche Wettbewerbsausschaltung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV kann u. U. gegeben sein.
99 Die Vereinbarung der englischen Klausel nur mit einem Abnehmer wie in: KOM vom 5. 9. 1979, EGABl. 1979 L 286/32 Tz. 28, 33 BP-Kemi/DDSF. 100 KOM vom 9. 6. 1976, EGABl. 1976 L 223/27 Tz. 14 ff. Vitamine; EuGH vom 13. 2. 1979, Slg. 1979, S. 461, 466 Hoffmann-La Roche; KOM vom 19. 12. 1990, EGABl. 1991 L 152/21 Tz. 35 Soda/Solvay (aufgehoben durch EuG Slg. 1995 II, 1901, bestätigt durch EuGH Slg. 2000 I, 2319); KOM vom 13. 12. 2000, EGABl. 2003 L 10/10 Tz. 111 Natriumkarbonat/Solvay. 101 EuGH vom 12. 12. 1967, Slg. 1967, S. 543, 555 f. Brasserie de Haecht.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
bb) Zur parallelen Verwendung durch die Lieferanten Bei der Beurteilung der Auswirkung von der einzelnen englischen Klausel ist auch zu berücksichtigen, ob sie schon auf dem betreffenden Markt von konkurrierenden Lieferanten parallel verwendet wird. Die durch die Praxis des EuGH Delimitis/Henninger Bräu erweiterte Bündeltheorie102 ist auch auf die Beurteilung der englischen Klausel übertragbar. Ein kumulativer Effekt der englischen Klausel liegt vor, wenn die Marktstruktur schon durch die nebeneinander bestehenden Vereinbarungen der englischen Klauseln geprägt wird. Im Fall Industriegase ist solch eine parallele Verwendung zwischen den Lieferanten von der Kommission nicht zugelassen.103 Die parallele Verwendung der englischen Klauseln zwischen den konkurrierenden Lieferanten ermöglicht eine gegenseitige Überwachung und erhöht die gegenseitige Markttransparenz. Unter diesen Unständen wirkt eine parallele Verwendung der englischen Klauseln in der Tat wie ein Marktinformationsaustausch zwischen den Wettbewerbern.104 Darüber hinaus wirkt die Abschreckungswirkung unter diesen Unständen gegenseitig, so dass sich die Wirkung der Kundenaufteilung verstärkt. Dadurch kann die Gefahr der Kollusion zwischen den Lieferanten bei einer branchenweiten parallelen Verwendung von englischen Klauseln erheblich erhöht werden. Eine wesentliche Wettbewerbsausschaltung kann gegeben sein, wenn eine beträchtliche Zahl der bedeutenden Lieferanten auf dem Markt schon die englische Klausel verwendet haben. Falls das Phänomen der parallelen Verwendung nachträglich auf dem Markt auftritt und zur wesentlichen Wettbewerbsausschaltung führt, ist die Freistellungsvoraussetzung gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV nicht mehr erfüllt. Die Kommission kann eine Feststellung der Zuwiderhandlung mit einer Abstellungsverfügung gemäß Art. 7 VO 1/2003 treffen.
102 EuGH vom 28. 2. 1991, Slg. 1991 I, S. 935, 977, Tz. 15, 19 ff. Delimitis/Henninger Bräu; EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1611, Tz. 95 Schöller; EuG vom 8. 6. 1995, Slg. 1995 II, S. 1533, Tz. 129 Langnese-Iglo; EuG vom 14. 5. 1997, Slg. 1997, S. 759, Tz. 140 VGB. Siehe auch: Kommission, Leitlinien vom 13. 10. 2000 für vertikale Beschränkungen, EGABl. C 291/1, Tz. 142. 103 Die parallele Verwendung der englischen Klausel zwischen den Lieferanten wie in: KOM vom 7. 6. 1989, Pressemitteilung IP/89/426, Air Liquide ect., abrufbar unter = Kommission, 19. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1989, Tz. 62 Industriegase. 104 In diesem Sinne: die vom kanadischen Gericht zitierte beschworene Erklärung von Donald N. Thompson in Canada (Director of Investigation and Research) v. NutraSweet Co., vom 4. 10. 1990 (Comp. Trib.), CT – 89/2, Reasons and Order, S. 71, abrufbar unter .
C. Freistellung gemäß der Legalausnahme i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV
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4. Zwischenergebnis zur vierten Voraussetzung „keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ Die Freistellungsvoraussetzung „keine Wettbewerbsausschaltung“ i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV hat die Funktion, dass die Marktstruktur trotz der Freistellung der englischen Klausel noch wettbewerblich gewährleistet wird. Die durch die englische Klausel entstehende Aufrechterhaltung der Bezugsbindung, Abschreckungswirkung und Erhöhung der Markttransparenz wirken unterschiedlich unter verschiedenen Marktsituationen. Bei der Beurteilung der Auswirkung der englischen Klausel auf den Markt sind daher auf die Marktstellung des Lieferanten, auf die verbleibende Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten, auf die bestehende Wettbewerbsintensität zwischen Lieferanten und auf die kumulative Wirkung der englischen Klauseln abzustellen. In der oligopolistischen Marktstruktur verursacht die Verwendung einer englischen Klausel eine größere Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf den Markt als in der wettbewerblichen Marktstruktur. Die Wahrscheinlichkeit einer Wettbewerbsausschaltung durch die Verwendung eines marktstarken Lieferanten ist größer als durch die des kleinen und mittleren Lieferanten. Die Erhöhung einer gegenseitigen Markttransparenz durch die branchenweit nebeneinander bestehenden englischen Klauseln funktioniert wie ein Marktinformationsaustausch zwischen den konkurrierenden Lieferanten und erleichtert deren Kollusion. Unter diesen Umständen verdient die englische Klausel eine strengere Behandlung bei der Beurteilung, ob sie die Voraussetzung „keine Wettbewerbsausschaltung“ erfüllt.
VI. Zusammenfassung zur Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV Eine Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV setzt zwei positive und zwei negative Voraussetzungen voraus. Die Verwendung einer englischen Klausel kann im Einzelfall die Voraussetzungen in der Ausnahmeregelung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV kumulativ erfüllen. Die Effizienzgewinne einer englischen Klausel ergeben sich aus dem Rationalisierungseffekt der Alleinbezugsvereinbarung, da die englische Klausel dem Abschluss des Alleinbezugsvertrages dient, der im Gemeinschaftsrecht eine anerkannte freistellbare Rationalisierungsvereinbarung darstellt. Wenn die bestehende Marktstruktur wettbewerblich geprägt wird, werden die durch die englische Klausel entstehenden Vorteile an die Verbraucher weitergegeben. Die Verwendung einer englischen Klausel in der Alleinbezugsvereinbarung wird als unerlässlich für die Verwirklichung der Preissenkung oder der Auflockerung der Ausschließlichkeit angesehen, da keine anderen zumutbaren Alternativen vorliegen.
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Teil 5: Freistellung der englischen Klausel und Ausnahmeregelung
Die Verwendung einer englischen Klausel wird auch als unerlässlich für den Abschluss einer Alleinbezugsvereinbarung in der wettbewerblichen Marktstruktur angesehen, da es in solch einer Marktstruktur schwierig ist, eine Einigung über eine Alleinbezugsvereinbarung zu erreichen. Bei der Beurteilung der Voraussetzung „keine Wettbewerbsausschaltung“ ist die Marktstellung des Lieferanten, die verbleibende Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten, die bestehende Wettbewerbsintensität zwischen Lieferanten und die kumulative Wirkung der englischen Klauseln zu berücksichtigen.
Teil 6
Die Beurteilung der englischen Klausel nach dem deutschen Kartellrecht In diesem Teil werden zunächst die nationalen Regelungen im GWB in Bezug auf die Alleinbezugsvereinbarung dargestellt. Die Beurteilung der englischen Klausel nach der 7. GWB-Novelle wird näher untersucht. Im Anschluss daran wird auf die deutschen Entscheidungen eingegangen, die sich auf die kartellrechtliche Behandlung der englischen Klausel oder einer ähnlichen Vereinbarung beziehen.
A. Die Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen im deutschen Kartellrecht I. Anwendungsbereich des nationalen Kartellrechts 1. Parallele Anwendung von nationalen und europäischen Rechten bei zwischenstaatlichen Sachverhalten In zwischenstaatlich relevanten Fällen kann allein das zwingend anzuwendende Gemeinschaftsrecht von Wettbewerbsbehörden und Gerichten angewendet werden, ohne das nationale Kartellrecht zusätzlich zu berücksichtigen.1 Trotzdem vertritt der EuGH die Auffassung, dass bei zwischenstaatlichen Sachverhalten das nationale Kartellrecht grundsätzlich gleichzeitig neben dem Gemeinschaftsrecht angewendet werden kann.2 Die Anwendung des nationalen Kartellrechts ist in diesen Fällen nicht obligatorisch, sondern fakultativ. Bei der Anwendung des nationalen Kartellrechts auf die zwischenstaatlichen Sachverhalte werden die Wettbewerbsbehörde und die Gerichte nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1/2003 verpflichtet, das nationale Kartellrecht gemeinsam mit dem Gemeinschaftsrecht anzuwenden.3 Die im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehene Verpflichtung, das Gemeinschaftsrecht ausschließlich anzu1 Grundlegend auch: Begründung des Regierungsentwurfs zur 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 22, 31, 46. 2 EuGH vom 13. 2. 1969, Slg. 1969 S. 1 Tz. 3 f. Walt Wilheim; EuGH vom 10. 7. 1980, Slg. 1980 S. 2327 Tz. 16 Giry und Guerlain.
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Teil 6: Beurteilung der englischen Klausel nach deutschem Kartellrecht
wenden4, wurde nicht vom Gemeinschaftsgesetzgeber, d.h. dem Rat, angenommen. Das nationale Kartellrecht ist von der Anwendbarkeit nicht ausgeschlossen. Dadurch wird dem nationalen Gesetzgeber bei zwischenstaatlichen Sachverhalten die Möglichkeit eingeräumt, im nationalen Kartellrecht eine parallele Anwendung vorzuschreiben. 2. Vorrangregelung des Gemeinschaftsrechts in der VO Nr. 1/2003 a) Vorrang gegenüber milderem nationalen Kartellrecht Nach der Auffassung des EuGH kann die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht durch die Anwendung des nationalen Rechts beeinträchtigt werden.5 Dies stellt eine wesentliche Einschränkung für die parallele Anwendung der nationalen und europäischen Rechte bei zwischenstaatlichen Sachverhalten dar. Daher hat das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor abweichendem nationalem Kartellrecht. Aufgrund des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts kann die Verwendung des nationalen Kartellrechts nicht dazu führen, dass die nach Art. 81 Abs. 1 EGV verbotene Vereinbarung durch das nationale Kartellrecht legalisiert wird.6 Solch ein Vorrang des strengeren Gemeinschaftsrechts gegenüber milderem nationalem Kartellrecht ist selbstverständlich, so dass es keiner Kodifikation in der VO Nr. 1/2003 bedarf. b) Vorrang gegenüber strengerem nationalen Kartellrecht Art. 3 VO Nr. 1/2003 erhält eine erweiterte Vorrangregelung für das mildere Gemeinschaftsrecht. Nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 1/2003 darf das nationale Kar3 Siehe auch: Erwägungsgrund (8) der Verordnung Nr. 1/2003 vom 16. 12. 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, EGABl. 2003 L 1/1. 4 Art. 3 des Vorschlages vom 28. 9. 2000 für eine Verordnung des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsregeln („Durchführungsverordnung zu den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag“), EGABl. 2000 C 365 E/284. Kritisch: Monopolkommission, Folgeprobleme der europäischen Kartellverfahrensreform, 32. Sondergutachten, 2001, Tz. 24 ff., abrufbar unter . 5 EuGH vom 13. 2. 1969, Slg. 1969 S. 1 Tz. 4 Walt Wilheim; EuGH vom 10. 7. 1980, Slg. 1980 S. 2327 Tz. 16 Giry und Guerlain. Grundlegend: Begründung des Regierungsentwurfs zur 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 31. 6 Dalheimer in: Dalheimer/Feddersen/Miersch, EU-Kartellverfahrensverordnung, 2005, Art. 3 Rdnr. 19; Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 3 Rdnr. 8; Lampert/Niejahr/Kübler/Weidenbach, EG-KartellVO, 2004, Art. 3 Rdnr. 103; Rehbinder in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EG-Wettbewerbsrecht, Einleitung Bd. I Rdnr. 14; Schröter in: Schröter/Jakob/Mederer (Hrsg.), Vorbemerkung zu den Art. 81 bis 85 EGV Rdnr. 122. Siehe auch: Begründung des Regierungsentwurfs zur 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 31, 47.
A. Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen
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tellrecht die Vereinbarungen nicht verbieten, die nicht nach Art. 81 Abs. 1 EGV verboten sind oder die nach Art. 81 Abs. 3 EGV oder der Gruppenfreistellungsverordnung freigestellt sind.7 Daher wird das nationale Kartellrecht bei zwischenstaatlichen Sachverhalten insoweit verdrängt, wenn es nicht mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmt. Das Gemeinschaftsrecht setzt sich durch und hat Vorrang vor dem abweichenden nationalen Kartellrecht. 3. Ausschließliche Anwendung des nationalen Kartellrechts bei rein nationalen Sachverhalten Das Gemeinschaftsrecht ist bei rein nationalen Sachverhalten nicht anwendbar, da die Zwischenstaatlichkeitsklausel in Art. 81 Abs. 1 EGV nicht erfüllt ist. Weder liegt eine parallele Anwendung noch eine Kollision zwischen dem nationalen und europäischen Kartellrecht vor. Daher greift die Vorrangregelung nicht ein.8 Unter diesen Umständen ist nur das nationale Kartellrecht anwendbar, so dass ihm eine eigenständige Bedeutung zukommt. Ein vom Gemeinschaftsrecht abweichendes nationales Kartellrecht findet immer Anwendung, selbst wenn es strenger oder großzügiger als das Gemeinschaftsrecht ist.
II. Die Regelungen in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen vor der 7. GWB-Novelle 1. Unterscheidung zwischen vertikalen und horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen Das GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle trennte zwischen Austauschverträgen und Kartellvereinbarungen. In der 6. GWB-Novelle im Jahr 1998 wurde die Voraussetzung eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen in § 1 GWB a. F. vorgeschrieben. Dadurch wurde das damalige Tatbestandenmerkmal „zu einem gemeinsamen Zweck“ ersetzt. Dies verdeutlichte, dass sich die §§ 1 ff. GWB a. F. nur auf die horizontale wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bezogen, die zwischen Unternehmen auf derselben Marktstufe geschlossen wurde. Dadurch grenzte sich § 1 GWB a. F. von §§ 14 ff. GWB a. F. ab. Der deutsche Gesetzgeber lehnte ausdrücklich die in Art. 81 Abs. 1 EGV niedergelegte Systematik der Gleichbehandlung von horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen ab.9 7 Grundlegend auch: EuGH vom 10. 7. 1980, Slg. 1980 S. 2327 Tz. 17 Giry und Guerlain. 8 Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 3 Rdnr. 3, 12. 9 Begründung des Regierungsentwurfs zur 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 31 unter bb, S. 35 unter cc.
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Teil 6: Beurteilung der englischen Klausel nach deutschem Kartellrecht
Darüber hinaus musste die Vereinbarung zwischen den Unternehmen i. S. d. § 1 GWB a. F. das zwischen ihnen bestehende Wettbewerbsverhältnis einschränken.10 Die zwischen Unternehmen auf verschiedenen Marktstufen abgeschlossene vertikale Vereinbarung, nach der zwischen den Vertragsparteien kein Wettbewerbsverhältnis bestand, wurde daher nicht in das allgemeine Kartellverbot mit Erlaubnisvorbehalt i. S. d. §§ 1 ff. GWB a. F. mit einbezogen. Sie war anderweitig speziell in den §§ 14 ff. GWB a. F. vorgesehen. 2. Das Kriterium „anzuerkennendes Interesse“ Zur Abgrenzung des Anwendungsbereiches zwischen § 1 und §§ 14 ff. GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle entwickelte die gerichtliche Praxis das Kriterium „anzuerkennendes Interesse“. Die Vertikalvereinbarungen zwischen Wettbewerbern fielen nicht unter §§ 14 ff. GWB a. F., sondern unter § 1 GWB a. F., wenn für die vereinbarte Beschränkung im Hinblick auf die Freiheit des Wettbewerbs „kein das Austauschverhältnis förderndes anzuerkennendes Interesse“ bestand. Für die Anwendung der §§ 14 ff. GWB a. F. war dann kein Raum.11 Mit anderen Worten unterfielen die Austauschverträge zwischen Wettbewerbern nur dann den Vorschriften der Vertikalvereinbarung i. S. d. §§ 14 ff. GWB a. F., wenn ein anzuerkennendes Interesse vorlag.12 Dadurch war der Anwendungsbereich des Kartellverbotes i. S. d. § 1 GWB a. F. in der Fallkonstellation der Vertikalvereinbarungen zwischen Wettbewerbern von dem Anwendungsbereich der §§ 14 ff. GWB a. F. abzugrenzen.
10 Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB Rdnr. 177. Die Beschränkung von Drittwettbewerb, d.h. die Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt, auf dem die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen nicht miteinander im Wettbewerb standen, wurde auch nicht von § 1 GWB a. F. in der Fassung der 6. GWB-Novelle erfasst. Siehe: Zimmer in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 1 GWB Rdnr. 181. 11 BGH, Beschluss vom 18. 2. 2003, KVR 24/01, S. 11 ff. Verbundnetz II, abrufbar unter = WuW/E DE-R 1119, 1122 f. Die im Liefervertrag zwischen Wettbewerbern vereinbarte Gebietsschutzabsprache, nach der der Lieferant auf die Belieferung im Versorgungsgebiet des Abnehmers verzichten musste, führte zur Marktaufteilung und fiel daher unter § 1 GWB a. F. BGH, Beschluss vom 18. 2. 2003, KVR 24/01, S. 13 f. Verbundnetz II, = WuW/E DE-R 1119, 1123 f. 12 Beispielweise stellte das dem Verkäufer auferlegte Wettbewerbsverbot bei der Unternehmensveräußerung ein anzuerkennendes Interesse dar, so dass § 1 GWB a. F. nicht anwendbar war, selbst wenn Käufer und Verkäufer im Wettbewerb standen. Unter dem Tatbestand des § 1 GWB a. F. i. d. F. nach der 6. GWB-Novelle: BGH, Beschluss vom 18. 2. 2003, KVR 24/01, S. 12 Verbundnetz II = WuW/E DE-R 1119, 1123. Unter dem Tatbestand des § 1 GWB a. F. i. d. F. vor der 6. GWB-Novelle, BGH, Urteil vom 14. 1. 1997, KZR 41/95, WuW/E 3115, 3118 Druckgussteile.
A. Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen
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3. Missbrauchsaufsicht über vertikale Wettbewerbsbeschränkungen gemäß § 16 GWB a. F. Nach dem deutschen Kartellrecht, § 16 GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle, waren die vertikalen wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen nicht per se verboten. Die vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen waren grundsätzlich erlaubt und unterlagen nur einer mit hohen Eingriffsschwellen verbundenen Missbrauchsaufsicht, während sie im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EGV doch verboten sind.13 Anders zu behandeln waren die vertikalen Inhaltsbindungen für die Preise und Geschäftsbedingungen. Sie unterlagen einer Verbotsregelung i. S. d. § 14 GWB a. F. Die Voraussetzungen in § 16 GWB a. F. waren die in § 16 Nr. 1 bis 4 GWB a. F. genannten Beschränkungen und die Eingriffsschwelle, d.h. die Wesentlichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung. Die Missbrauchsaufsicht beschränkte sich nur auf die in § 16 Nr. 1 bis 4 GWB a. F. niedergelegten Fallkonstellationen. Die Vereinbarung einer Bezugsbindung wurde in § 16 Nr. 2 GWB a. F. geregelt. Eine vertikale Vereinbarung wurde nur dann von der Kartellbehörde für unwirksam erklärt und ex nunc verboten, wenn sie die Voraussetzungen in § 16 GWB a. F. erfüllte.
III. Notwendigkeit zur einer Harmonisierung zwischen dem nationalen Kartellrecht und dem Gemeinschaftsrecht Rechtlich ist es nicht zwingend, das nationale Kartellrecht an das Gemeinschaftsrecht anzupassen, falls das nationale Kartellrecht vom Gemeinschaftsrecht abweicht. Denn bei zwischenstaatlichen Sachverhalten reicht eine Vorrangregelung aus, um im Konfliktfall über die anzuwendenden Regelungen zwischen nationalem und europäischem Kartellrecht zu entscheiden. Daher ist es möglich, die vom Gemeinschaftsrecht abweichenden nationalen Regelungen beizubehalten. Aber die Divergenz zwischen nationalem und europäischem Kartellrecht führt dazu, dass die rein nationalen Vereinbarungen und die grenzüberschreitenden Vereinbarungen unterschiedlichen Kriterien unterworfen sind. Beispielweise unterliegt die grenzüberschreitende Alleinbezugsvereinbarung dem Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs.1 EGV, während die nicht grenzüberschreitende Alleinbezugsvereinbarung nur der Missbrauchsaufsicht i. S. d. § 16 GWB a. F. unterlag. Die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen mit demselben Inhalt werden nur aufgrund der zwischenstaatlichen Relevanz unterschiedlich behandelt.14
13 Begründung des Regierungsentwurfs zur 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 31 unter bb. Kritisch zum bisherigen Missbrauchsprinzip bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen: Emmerich in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), § 14 GWB (a. F.) Rdnr. 3, § 16 GWB (a. F.) Rdnr. 14; Emmerich, Kartellrecht, 9 Aufl. 2001, S. 125 f.
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Teil 6: Beurteilung der englischen Klausel nach deutschem Kartellrecht
Wegen der fehlenden begrifflichen Schärfe der Zwischenstaatlichkeitsklausel kann es übrigens im Einzelfall streitig sein, ob die betreffende Vereinbarung eine Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel hat.15 In Anbetracht solch einer Rechtsunsicherheit liegt daher ein Bedarf an einer Anpassung des nationalen Kartellrechts an das Gemeinschaftsrecht vor, um die Schwierigkeit der Rechtsanwendung zu erleichtern.
IV. Die Regelungen in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen nach der 7. GWB-Novelle 1. Harmonisierung zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Kartellrecht a) Einbeziehung der vertikalen Wettbewerbsbeschränkung in das Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB Am 1. 7. 2005 ist die 7. GWB-Novelle in Kraft getreten.16 Nach dem neu gefassten § 1 GWB fällt die vertikale Wettbewerbsbeschränkung auch unter das allgemeine Kartellverbot, indem die bisherige Voraussetzung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen den an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen vom § 1 GWB a. F. gestrichen wird.17 In Übereinstimmung mit Art. 81 Abs. 1 EGV verbietet § 1 GWB sowohl horizontale als auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen gleichermaßen, so dass die Regelung in Bezug auf die vertikalen Vereinbarungen von der bisherigen Missbrauchsaufsicht zum Verbotsprinzip übergeht.18
14 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Entwurf von Eckwerten einer 7. GWB-Novelle vom 24. 2. 2003, S. 1, abrufbar unter , auch abgedruckt in: WuW 2003, S. 379; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640, S. 21; grundlegend: Polmann, 7. GWB-Novelle: Eine neue Chance für die Europäisierung des GWB, WuW 2003, S. 1007; Lutz, Schwerpunkte der 7. GWB-Novelle, WuW 2005, S. 718, 719. 15 Weitbrecht, Das neue EG-Kartellverfahrensrecht, EuZW 2003, S. 69, 73; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640, S. 22 f.; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, 41. Sondergutachten, 2004, Tz. 12, abrufbar unter . 16 Art. 4 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. 7. 2005, BGBl., S. I 1954, 1969. 17 Lettl, Kartellrecht, 2005, Rdnr. 480. 18 Zustimmend: Bechtold, Grundlegende Umgestaltung des Kartellrechts: zum Referentenentwurf der 7. GWB-Novelle, DB 2004, S. 235. Kritisch zum Verbotsprinzip bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen: Schütz in: GK, 5. Aufl. 2004, VO 1/2003 Art. 45 Rdnr. 5; Rittner, Vertikalvereinbarung und Kartellverbot in der 7. GWB-Novelle, WuW 2003, S. 451; Möschel, Die 7. GWB-Novelle ante portas, WuW 2003,
A. Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen
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Nach der Einbeziehung der vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen in das Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB werden bisherige Regelungen für vertikale Vereinbarungen i. S. d. §§ 14 bis 18 GWB a. F. ersatzlos aufgehoben. Die im Regierungsentwurf ausnahmsweise vorbehaltene eigenständige Sonderregelung für das absolute Verbot der vertikalen Preisbindung i. S. d. § 4 GWB-E19 wird im Gesetzgebungsverfahren gestrichen.20 b) Generalklauselprinzip, Systemwechsel in die Legalausnahme und Verweisung auf die europäischen GVOen Sowohl horizontale als auch vertikale Vereinbarungen können durch § 2 GWB vom Kartellverbot freigestellt werden. Im Gegensatz zum bisherigen Kombinationsmodell zwischen Auffangklausel (§ 7 GWB a. F.) und Kasuistik21 wird die Freistellungsvoraussetzung i. S. d. § 2 Abs. 1 GWB nunmehr generalklauselartig neu gefasst. Rechtstechnisch übernimmt § 2 Abs. 1 GWB die materiellen Voraussetzungen in Art. 81 Abs. 3 EGV. Mit Ausnahme der Regelung für Mittelstandskartelle werden die bisherigen Freistellungstatbestände i. S. d. §§ 2 bis 8 GWB a. F. aufgehoben.22 Außerdem werden die bisherigen Anmelde- und Genehmigungssysteme i. S. d. §§ 9 bis 13 GWB a. F. abgeschafft, so dass das Kartellverbot in ein Legalausnahmesystem übergeht.23 Die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen sind ex lege vom Kartellverbot freigestellt, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GWB – d.h. Herbeiführung der Effizienzgewinne, angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn, Unerlässlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung und keine wesentliche Wettbewerbsausschaltung – erfüllen. Es bedarf keiner konstitutiven Freistellungsentscheidung der Kartellbehörden.24 Darüber hinaus gelten die Gruppenfreistellungsverordnungen des Gemeinschaftsrechts gemäß § 2 Abs. 2 GWB auch für rein nationale Sachverhalte.25 Die gemein571; Röhling, Die Zukunft des Kartellverbots in Deutschland nach In-Kraft-Treten der neuen Verfahrensrechtsordnung, GRUR 2003, S. 1019, 1025. 19 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/3640, S. 8, 45. Kritisch zum § 4 GWB-E: Bahr, Die Behandlung von Vertikalvereinbarungen nach der 7. GWB-Novelle, WuW 2004, S. 259, 266. 20 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit, BT-Drucks. 15/5049, S. 47 zu Art. 1 Nr. 4. Siehe auch: Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 15/3640, S. 74 Nr. 3. 21 Begründung des Regierungsentwurfs zur 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 31 unter cc. 22 Kritisch: Röhling, Die Zukunft des Kartellverbots in Deutschland nach In-KraftTreten der neuen Verfahrensrechtsordnung, GRUR 2003, S. 1019, 1025. 23 Kritisch: Möschel, Die 7. GWB-Novelle ante portas, WuW 2003, 571; Zimmer, Ende gut, alles gut? – Bemerkungen zur 7. GWB-Novelle, WuW 2005, S. 715. 24 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640, S. 44.
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schaftsrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen werden durch solch eine dynamische Verweisung in das GWB übernommen.26 2. Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht a) Fakultative parallele Anwendung und Vorrang des Gemeinschaftsrechts § 22 GWB sieht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine fakultative parallele Anwendung von GWB und Gemeinschaftsrecht und eine Vorrangregel des Gemeinschaftsrechts vor. § 22 GWB wiederholt den Wortlaut des Art. 3 VO Nr. 1/2003. Falls das Vorliegen der Zwischenstaatlichkeit im Einzelfall in Zweifel gestellt ist, kann die parallele Anwendung die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung sicherstellen.27 b) Ablehnung der Kodifizierung der Verpflichtung zur europafreundlichen Anwendung Die im § 23 GWB-E vorgesehene Verpflichtung der Kartellbehörden und Gerichte zur europafreundlichen Anwendung bzw. Auslegung28 – d.h. die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts seien bei der Anwendung der §§ 1 ff. und 19 GWB maßgeblich zugrunde zu legen – wurde im Vermittlungsverfahren des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen.29 Bei der Anwendung des Kartellverbots und der Legalausnahme für rein nationale Sachverhalte sollen die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts nicht normativ bindend sein, selbst wenn § 23 GWB-E in das Gesetzgebungsverfahren übernommen würde.30
25 Kritisch: Rittner, Vertikalvereinbarung und Kartellverbot in der 7. GWB-Novelle, WuW 2003, S. 451; Möschel, Die 7. GWB-Novelle ante portas, WuW 2003, 571. 26 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640, S. 25, 44. Kritisch: Ehricke/Blask, Dynamischer Verweis auf Gruppenfreistellungsverordnungen im neuen GWB?, JZ 2003, S. 722, 725 ff. 27 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/3640, S. 22 unter 4 a. 28 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/3640, S. 9, 47. Kritisch: Dreher, Die europäische Anwendung des GWB – Zwang schadet!, WuW 2005, 251; Wagner-von Papp in: Langenbucher (Hrsg.), Europäische Bezüge des Privatrechts, 1. Aufl. 2005, § 9 Rdnr. 13; Fetsch in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 1. Aufl. 2005, S. 1012. 29 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 15/5735, S. 2 zu Art. 1 Nr. 1 a, Nr. 5 b. Siehe auch: Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 15/ 3640, S. 74 f. Nr. 5. 30 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/3640, S. 32 unter bb, S. 47 zu § 23; Wagnervon Papp in: Langenbucher (Hrsg.), Europäische Bezüge des Privatrechts, 1. Aufl. 2005, § 9 Rdnr. 13; Fetsch in: Gebauer (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 1. Aufl. 2005, S. 1011 f.
A. Regelungen in Bezug auf vertikale Vereinbarungen
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3. Folge der 7. GWB-Novelle a) Einheitliche Kriterien zwischen GWB und Gemeinschaftsrecht Durch die 7. GWB-Novelle wird das System des Art. 81 EGV und der VO Nr. 1/2003 in das deutsche Kartellrecht übernommen. Sowohl die Übernahme der Tatbestände des Art. 81 EGV als auch die Verweisung auf die Gruppenfreistellungsverordnungen des Gemeinschaftsrechts verringern den Unterschied zwischen nationalem und europäischem Kartellrecht. Die Beurteilung des Vorliegens einer Zwischenstaatlichkeit ist weniger von Bedeutung geworden als zuvor. Denn die beiden Normen sehen nunmehr gleichermaßen das Verbotsprinzip in Bezug auf die vertikalen Beschränkungen, das Generalklauselprinzip bei der Freistellung und die Legalausnahme vor. Nach der Angleichung der nationalen Kartellrechte an die europäischen Kartellrechte führt die Anwendung der beiden Normen zum gleichen Ergebnis. b) Auflösung der Abgrenzungsprobleme zwischen § 1 und §§ 14 ff. GWB a. F. Nach dem durch die gerichtliche Praxis entwickelten Kriterium konnten die Vertikalvereinbarungen zwischen Wettbewerbern dem Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB a. F. unterfallen, wenn kein „anzuerkennendes Interesse“ für die vereinbarte Beschränkung bestand.31 Dadurch war der Anwendungsbereich des Kartellverbotes i. S. d. § 1 GWB a. F. von dem der §§ 14 ff. GWB a. F. abzugrenzen. In Anlehnung an Art. 81 Abs. 1 EGV unterliegen nach der 7. GWBNovelle sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen dem Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB. Durch die Einbeziehung der vertikalen Vereinbarung in § 1 GWB ist es nicht mehr notwendig, den Anwendungsbereich der Vorschriften für die vertikalen Vereinbarungen von dem des Kartellverbots abzugrenzen.32 Die schwierigen Abgrenzungsprobleme aus der Vergangenheit33 werden dadurch aufgelöst.
31 BGH, Beschluss vom 18. 2. 2003, KVR 24/01, S. 12 f. Verbundnetz II = WuW/E DE-R 1119, 1123. 32 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640, S. 24. 33 Im Einzelnen: Dreher, Langfristige Verträge marktbeherrschender und marktmächtiger Unternehmen im Energiebereich, ZWeR 2003, S. 3, 6 ff.
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VI. Die Beurteilung der englischen Klausel nach deutschem Kartellrecht 1. Die Beurteilung nach § 16 GWB a. F. vor der 7. GWB-Novelle Vor der 7. GWB-Novelle war die vertikale wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung grundsätzlich erlaubt und sie unterlag nur der Missbrauchsaufsicht i. S. d. § 16 GWB a. F. Die Vereinbarung der Alleinbezugsbindung und der englischen Klausel wurde unter der Norm des Missbrauchsprinzips großzügiger behandelt als unter der Norm des per-se-Verbots. Die mit der Alleinbezugsvereinbarung verbundene englische Klausel bezweckt, durch die Ausübung des Eintrittsrechts die vereinbarte ausschließliche Bezugsbindung im Rahmen der Vertragsdauer aufrechtzuerhalten. Daher beschränkt sie die Möglichkeit, dass der Abnehmer die Vertragsgegenstände von dritten Lieferanten bezieht. Dies erfüllte die Eingriffsvoraussetzung i. S. d. § 16 Nr. 2 GWB a. F. Nach § 16 GWB a. F. konnte die Verwendung einer englischen Klausel nur dann für unwirksam erklärt werden, wenn sie den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich beeinträchtigen konnte und durch den Erlass der Missbrauchsverfügung der Kartellbehörde untersagt wurde. Ohne die Überschreitung der Eingriffsschwelle, – d.h. die Wesentlichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung i. S. d. § 16 Halbs. 2 GWB a. F., – blieb die Vereinbarung der englischen Klausel erlaubt, solange sie nicht den Sachverhalt einer missbräuchlichen Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung betraf und von der Kartellbehörde durch § 19 GWB untersagt wurde. 2. Die Beurteilung nach § 1 und 2 GWB in der Fassung der 7. GWB-Novelle a) Übertragbarkeit der nach dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Beurteilungskriterien Die Harmonisierung des GWB mit dem Gemeinschaftsrecht ermöglicht es, bei der Auslegung des nationalen Rechts auch die Praxis des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen. Abgesehen von der Zwischenstaatlichkeitsklausel und dem Beispielkatalog in Art. 81 Abs. 1 sind die Tatbestände zwischen §§ 1, 2 GWB und Art. 81 Abs. 1, 3 EGV fast identisch. Durch die Verweisung gemäß § 2 Abs. 2 GWB ist die GVO Nr. 2790/1999 ein Teil des GWB. Daher lassen sich auch die nach dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Beurteilungskriterien und -ergebnisse über die englische Klausel bezüglich des Verstoßes gegen das Kartellverbot und bezüglich der Freistellungsmöglichkeit in den Teilen 4 und 5 auf die Auslegung des GWB übertragen.
B. Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel
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b) Die Beurteilung nach §§ 1 und 2 GWB Wie die Auslegung unter Art. 81 Abs. 1 EGV zeigt, unterliegt die Vereinbarung einer englischen Klausel nunmehr auch dem Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB. Trotzdem kann die englische Klausel nach § 2 GWB im Einzelfall vom Kartellverbot freigestellt werden, wenn die dadurch entstehende wettbewerbsbeschränkende Auswirkung die Obergrenze für eine Freistellung – d.h. „wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 GWB – nicht erreicht. Gleichzeitig müssen die anderen drei Freistellungsvoraussetzungen erfüllt werden. Wenn die englische Klausel vom marktstarken Lieferanten praktiziert wird, ist eine „wesentliche Wettbewerbsausschaltung“ anzunehmen, so dass die englische Klausel nicht gemäß § 2 GWB freigestellt werden kann.
B. Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel und andere ähnliche Vereinbarungen I. Die Praxis des Bundeskartellamts 1. Tätigkeitsbericht 1979/80 a) Preisklausel im Tätigkeitsbericht 1979/80 In der vergangenen deutschen kartellrechtlichen Praxis wurde die Zulässigkeit in Bezug auf die Verwendung einer englischen Klausel zuerst im TB 1979/80 des Bundeskartellamts erwähnt.34 Es handelte sich um die Vertragsklausel, nach der dem Abnehmer gegenüber dem Lieferanten während der Vertragslaufzeit ein Rücktrittsrecht (richtig: Kündigungsrecht) eingeräumt wurde, wenn dem Abnehmer von Dritten günstigere Einkaufspreise angeboten wurden und der Lieferant es ablehnte, in diese Konkurrenzpreise einzutreten. Diese Klausel, die damals häufig in den Einkaufsbedingungen großer industrieller Nachfrager auftrat, wurde vom Bundeskartellamt im Tätigkeitsbericht als „Preisklausel“ bezeichnet.35 In der Tat entspricht sie dem Charakter der englischen Klausel. b) Auffassung des Bundeskartellamts Nach der Auffassung des Bundeskartellamts begünstigt eine englische Klausel nur den Abnehmer einseitig. Denn der Lieferant sei unter solch einer „Preisklausel“ regelmäßig nicht berechtigt, aufgrund einer veränderten Kosten34 35
BKartA, TB 1979/1980 vom 25. 6. 1981, BT-Drucks. 9/565, S. 37 f. BKartA, TB 1979/1980 vom 25. 6. 1981, BT-Drucks. 9/565, S. 37.
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situation bzw. anderer Gründe vom Vertrag zurückzutreten (richtig: zu kündigen), während der Abnehmer beim Nichteintritt des Lieferanten den Vertrag kündigen könne. Wenn der marktbeherrschende oder marktstarke Abnehmer gegenüber dem marktschwächeren oder mittelständischen Lieferanten von solch einer „Preisklausel“ Gebrauch mache, bestünden erhebliche Bedenken gegen solch eine Klausel nach § 26 Abs. 2 u. 3 GWB a. F. in der Fassung der 4. GWB-Novelle (§ 20 Abs. 1 bis 3 GWB).36 c) Analyse: Veranlassung der Gewährung von Vorteilen durch die englische Klausel Im Tätigkeitsbericht 1979/80 ging das Bundeskartellamt von der missbräuchlichen Ausnutzung der Nachfragemacht vom Großabnehmer durch die Verwendung einer englischen Klausel aus. Die Vereinbarung einer englischen Klausel stellt nach der Auffassung des Bundeskartellamtes dar, dass der Abnehmer eine Einräumung von Vorzugsbedingungen bzw. Vorteilen, die in Formen der Vertragsanpassungs- oder Kündigungsmöglichkeiten in Erscheinung treten, veranlasst. Falls der Abnehmer eine marktbeherrschende Stellung innehat oder von ihm der mittelständische Lieferant in der Weise abhängig ist, dass keine zumutbare Ausweichmöglichkeit besteht, unterliegt die Aufforderung der Gewährung von Vorteilen durch die englische Klausel einer Missbrauchskontrolle i. S. d. § 20 Abs. 3 GWB. Die Prüfung, ob ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt, ist daher im Einzelfall notwendig. 2. Diskussionspapier des Bundeskartellamts vom 25. 1. 2005 und Tätigkeitsbericht 2003/2004 a) Hintergrund des Diskussionspapiers „kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“ In Deutschland kommt die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Gassektor nach seiner Liberalisierung nur schleppend voran. Die Ferngasunternehmen, die vor der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahr 1998 durchweg Monopolisten waren, verfügen noch über eine überragende Marktstellung in ihrem Netzgebiet, weil sie das Eigentum an den Leitungen und den guten Zugang zu den Kunden haben, so dass sie nach wie vor den hohen Marktanteil behalten.37 Nach der Ermittlung des Bundeskartellamts besteht eine branchenweite Verwen36
BKartA, TB 1979/1980 vom 25. 6. 1981, BT-Drucks. 9/565, S. 37 f. OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 47 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = WuW/E DE-R 854, 860 = ZNER 2001, S. 255, 257 f. 37
B. Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel
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dung der Gesamt- oder Quasi-Gesamtbedarfsdeckungsverträge mit Laufzeiten von über 4 Jahren.38 Nach der Revisionsrücknahme beim BGH im Kartellzivilverfahren Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen im Jahr 200339 entschloss sich das Bundeskartellamt, die Problematik der langfristigen Bezugsbindung im Gassektor aufzugreifen. b) Auffassung des Bundeskartellamts aa) Kombination von Vertragsdauer und Grad der Bedarfsdeckung als Kriterium Das Bundeskartellamt veröffentlichte am 28. 1. 2005 ein Diskussionspapier „kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“. Nach der Auffassung des Bundeskartellamts setzt die Öffnung der Gasmärkte voraus, dass ausreichende Nachfragemengen im Wettbewerb zur Verfügung stehen, so dass eine Lockerung der langfristigen Bezugsbindungen der Weiterverteiler (insbesondere der kommunalen Energieversorger bzw. Stadtwerke) an die Ferngasunternehmen notwendig ist.40 Nach der Ansicht des Bundeskartellamts werden die Lieferverträge mit einer Vertragsdauer von mehr als 2 Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 80% als unzulässig bewertet. Ebenfalls sind die Lieferverträge mit einer Vertragsdauer von mehr als 4 Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 50% auch unzulässig.41
38 BKartA, Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen, Diskussionspapier vom 25. 1. 2005, S. 3, abrufbar unter . 39 BGH, Mitteilung der Presssestelle Nr. 129/2003 vom 4. 11. 2003, abrufbar unter . Vorinstanzlich: OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = WuW/E DE-R 854 = ZNER 2001, S. 255 = DB 2002, S. 943 = Versorgungswirtschaft 2004, S. 40; LG Köln, Urteil vom 7. 6. 2000, 28 O (Kart.) 559/99, ZNER 2000, S. 132 = RdE 2000, S. 233. 40 BKartA, Pressemeldung vom 28. 1. 05, abrufbar unter . 41 BKartA, Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen, Diskussionspapier vom 25. 1. 2005, S. 10 f. Siehe auch: BKartA, Pressemeldung vom 13. 9. 05, abrufbar unter . Kritisch dazu: Boerner, Langfristige Gasverträge nicht kartellrechtswidrig – Eine kritische Stellungnahme zu den „Kartellrechtlichen Beurteilungsgrundsätzen zu langfristigen Gasverträgen“ des Bundeskartellamts vom 25. 1. 2005, Versorgungswirtschaft 2005, S. 101 f.
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bb) Unzulässigkeit der englischen Klausel Die englische Klausel wird nach dem Diskussionspapier des Bundeskartellamts dadurch charakterisiert, dass die Kunden verpflichtet sind, dem Lieferanten die unter den Vertragspreisen liegenden Konkurrenzangebote mitzuteilen und ihm die Wahl einzuräumen, entweder seine Preise entsprechend zu ermäßigen oder die fragliche Menge freizugeben. Nach der Auffassung des Bundeskartellamts steht die Verwendung einer englischen Klausel einer Öffnung der abgeschotteten Märkte entgegen. Sie wird daher kartellrechtlich für nicht zulässig erachtet.42 Im später veröffentlichten Tätigkeitsbericht 2003/2004 vom 22. 6. 2005 wiederholt das Bundeskartellamt dieselbe Auffassung.43 c) Analyse Im Diskussionspapier unterscheidet das Bundeskartellamt bei der Zulässigkeit der englischen Klausel nicht zwischen den verschiedenen Sachverhalten von Vertragsdauer und Bindungsgrad. Die Verwendung der englischen Klausel im Gassektor wird vom Bundeskartellamt allgemein als unzulässig bewertet. Angesichts der monopolistischen Marktstruktur seitens der Ferngasunternehmen im deutschen Gassektor kann die erwähnte strenge Beurteilung des Bundeskartellamts über die englische Klausel gerechtfertigt sein. Die Auffassung des Bundeskartellamtes, die Verwendung der englischen Klausel allgemein zu verbieten, ist zusammen mit der besonderen Marktstruktur im Gassektor zu betrachten. Die englische Klausel bleibt gemäß § 2 GWB freistellbar, solange die englische Klausel im Einzelfall die Freistellungsvoraussetzungen erfüllt. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer englischen Klausel sind alle Einzelheiten im Bezugsbindungsvertrag und die konkrete Marktstruktur mit einbezogen.
II. Gerichtliche Praxis 1. Eintrittsrecht nach der Vertragsbeendigung im Fall Eintrittsklausel des BGH (1986)44 a) Sachverhalt Mit der Stadtgemeinde Gemünden a. Main schloss das Regionalversorgungsunternehmen einen Konzessionsvertrag mit einem 20-jährigen ausschließlichen Wegerecht und anschließend mit einem 10-jährigen einfachen Wegerecht (sog. 42 BKartA, Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen, Diskussionspapier vom 25. 1. 2005, S. 15. 43 BKartA, TB 2003/2004 vom 21. 6. 2005, BT-Drucks. 15/5970, S. 138.
B. Die deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel
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gespaltenes Wegerecht) ab, um seine Kunden in bestimmten Stadtteilen zu beliefern. Während der Vertragsdauer verzichtete die Stadtgemeinde auch auf eine eigene Energieversorgung. Ein Eintrittsrecht wurde auch vereinbart, nach dem nach der Beendigung des Vertrags das Regionalversorgungsunternehmen das Vorrecht genoss, bei gleichwertigen Bedingungen und Preisen den Vertrag fortzuführen.45 b) Entscheidung Die Gerichte und die Landeskartellbehörde bejahten im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit des § 1 GWB a. F. auf die Vereinbarung solch eines Wegerechts, da die Stadtgemeinde und das Regionalversorgungsunternehmen den gemeinsamen Zweck verfolgten, die anderen Versorgungsunternehmen und die Stadtgemeinde selbst von der Beteiligung der Kundenversorgung auszuschließen.46 Nach der Auffassung des OLG München stellte die Vereinbarung eines Eintrittsrechts nach Vertragsbeendigung einen doppelt bedingten Konzessionsvertrag dar. Der Vertrag war bedingt durch den Vertragsabschluss zwischen der Gemeinde und Dritten und durch die Ausübung des Eintrittsrechts durch das Versorgungsunternehmen.47 Nach der Auffassung des OLG München wurde der ausschließliche Konzessionsvertrag bereits beim Vertragsabschluss über den Zeitraum von 20 Jahren hinaus verlängert. Die Voraussetzung in den Ausnahmeregelungen i. S. d. § 103 Abs. 1 Nr. 2 und §103 a Abs. 1 S. 1 GWB a. F. in der Fassung der 4. GWB-Novelle, nach denen der ausschließliche Konzessionsvertrag 20 Jahre nicht überschreiten dürfe, wurde nicht erfüllt, so dass der Vertrag nach § 1 GWB a. F. nichtig war. Diese Eintrittsklausel sah also während der Vertragsdauer kein Eintrittsrecht vor, sondern erst nach Vertragsbeendigung, so dass diese Eintrittsklausel dem Merkmal der englischen Klausel nicht entsprach. Aber im vorliegenden Fall wurde der wettbewerbsbeschränkende Charakter eines Eintrittsrechts vom OLG München und der Landeskartellbehörde hervorgehoben. Nach der Auffassung des OLG München führte die Einräumung einer Eintrittsklausel an das bestehende Versorgungsunternehmen dazu, dass sich kein anderer konkurrierender 44 BGH, Beschluss vom 15. 4. 1986, KVR 5/85, RdE 1986, S. 118 = TB 1985/86, BT-Drucks. 11/554, S. 99 Eintrittsklausel. Vorinstanzlich: OLG München, Beschluss vom 28. 2. 1985, WuW/E OLG 3437; LKartB Bayern, Verfügung vom 2. 2. 1984, WuW/E LKartB 249. 45 BGH, Beschluss vom 15. 4. 1986, KVR 5/85, RdE 1986, S. 118; Verfügung der LKartB Bayern vom 2. 2. 1984, WuW/E LKartB 249 Eintrittsklausel. 46 BGH, Beschluss vom 15. 4. 1986, KVR 5/85, RdE 1986, S. 118, 119; OLG München, Beschluss vom 28. 2. 1985, WuW/E OLG 3437, 3439, LKartB Bayern, Verfügung vom 2. 2. 1984, WuW/E LKartB 249, 250 f. Eintrittsklausel. 47 OLG München, Beschluss vom 28. 2. 1985, WuW/E OLG 3437, 3441 f. Eintrittsklausel.
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Versorger im Vertragsgebiet engagieren wollte. Denn der konkurrierende Versorger musste mit der Möglichkeit rechnen, dass der Konzessionsvertrag zum späteren Zeitpunkt durch die Ausübung des Eintrittsrechts seitens des Versorgungsunternehmens wieder zustande kommen könnte.48 Dies wurde von der Landeskartellbehörde als „Abschreckungseffekt“ oder „wirtschaftliche Bindung“ bezeichnet.49 2. Eintrittspflicht des Lieferanten im Fall Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen des OLG Düsseldorf (2001)50 a) Sachverhalt Im Fall Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen des OLG Düsseldorf hatte ein Ferngasunternehmen vor der Liberalisierung der Energiemärkte mit einem kommunalen Energieunternehmen den Liefervertrag über die Lieferung von Erdgas mit der Laufzeit von 19 Jahren abgeschlossen. Der Liefervertrag enthielt eine Gesamtbedarfsdeckungsklausel, die später durch die Vereinbarung einer Abnahmeverpflichtung mit einer festen Menge ersetzt wurde.51 Eine wechselseitige Gebietsschutzvereinbarung wurde auch abgeschlossen, nach der der Lieferant im Versorgungsgebiet des Abnehmers kein Gas an Dritte abgebe und nicht selbst in diesen Markt eintrete, während der Abnehmer außerhalb seines Versorgungsgebietes kein vom Lieferanten geliefertes Gas an Dritte abgeben dürfe.52 Das Urteil des OLG Düsseldorf erwähnte im Sachverhalt auch eine „Wettbewerbsklausel für Industriemengen“, die auch als „Sonderrevisionsbestimmung“ bezeichnet wurde. Nach deren Ergänzung in den Liefervertrag kann der Abnehmer eine Anpassung der Gaspreise und ggf. sonstiger Bestimmungen des Liefervertrages für die vom dritten Lieferanten angebotenen Mengen verlangen, wenn der Abnehmer dadurch verbesserte Konditionen zur Sicherung seiner Industriekunden anbieten kann.53 48 OLG München, Beschluss vom 28. 2. 1985, WuW/E OLG 3437, 3443 Eintrittsklausel. 49 LKartB Bayern, Verfügung vom 2. 2. 1984, WuW/E LKartB 249, 253 Eintrittsklausel. 50 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = WuW/E DE-R 854 = ZNER 2001, S. 255 = DB 2002, S. 943 = Versorgungswirtschaft 2004, S. 40. 51 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen, teilweise nicht in WuW/E DE-R 854 f. abgedruckt. Vorinstanzlich: LG Köln, Urteil vom 7. 6. 2000, 28 O (Kart.) 559/99, ZNER 2000, S. 132= RdE 2000, S. 233. 52 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 45 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = teilweise nicht in WuW/E DE-R 854, 855, 857 abgedruckt = ZNER 2001, S. 255.
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Diese „Wettbewerbsklausel“ sah also nur eine Eintrittspflicht des Lieferanten vor. Es fehlte noch an den eine englische Klausel charakterisierenden Merkmalen der Nichteintrittsmöglichkeit des Lieferanten und des gebundenen Ausstiegsrechts des Abnehmers.54 Aber diese „Wettbewerbsklausel“ enthält einen wichtigen Tatbestand der englischen Klausel, nämlich die Eintrittsmöglichkeit des Lieferanten. b) Entscheidung aa) Zur Anwendbarkeit des § 1 GWB a. F. Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf fiel der Liefervertrag in den Anwendungsbereich des § 1 GWB a. F. statt § 18 GWB a. F. in der Fassung vor der 6. GWB-Novelle. Die vier wettbewerbsbeschränkenden Abreden im vorliegenden Fall – nämlich Gesamtbedarfdeckungspflicht, langfristige Vertragsdauer, Gebietsschutzvereinbarung und „Wettbewerbsklausel“ – stehen im Vertragsgefüge untereinander in einem engen Beziehungszusammenhang.55 Mit der Gesamtschau aller vier wettbewerbsbeschränkenden Abreden wurde aufgezeigt, dass diese Abreden die Mittel zur Aufrechterhaltung des Systems der geschlossenen Versorgungsgebiete darstellen. Übrigens hatten diese Abreden zum Zweck, allein den Absatz des Lieferanten zu sichern. Daraus ergab sich kein anzuerkennendes Interesse, um den betroffenen Austauschvertrag vom Anwendungsbereich des § 1 GWB a. F. auszuschließen.56 bb) Zur „Wettbewerbsklausel“ Die aus der „Wettbewerbsklausel“ abgeleitete Zusage des Lieferanten, beim Aufkommen des Drittwettbewerbs die Vertragspreise oder -konditionen anzu53 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 45 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen, insoweit nicht in WuW/E DE-R 854 und ZNER 2001, S. 255 abgedruckt. Abgedruckt auch in der Vorinstanz: LG Köln, Urteil vom 7. 6. 2000, RdE 2000, S. 233. 54 Beim Auftritt des dritten Angebotes im Jahre 1999 bezog der Abnehmer seinen Bedarf teilweise von Dritten und verlangte keine Vertragsanpassung. Der Lieferant trat nicht in das Konkurrenzangebot ein und bot trotzdem eine Vertragsänderung an, wonach der Abnehmer im Umfang des Fremdbezugs von der Abnahmepflicht befreit werden könne aber sich zu einer Verlängerung für fünf Jahre verpflichte. Dieses Angebot nahm der Abnehmer nicht an. Insoweit nur in WuW/E DE-R 854, 855 abgedruckt. 55 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 45 f. Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255 f. = WuW/E DE-R 854, 857. 56 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 45 f. Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255 f. = WuW/E DE-R 854, 857 f.
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passen, wurde vom OLG Düsseldorf in den Entscheidungsgründen unrichtig auch als „Meistbegünstigungsklausel“ bezeichnet.57,58 Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf verstärke die „Wettbewerbsklausel“ eine durch die wechselseitige Gebietsschutzvereinbarung entstehende räumliche Marktaufteilung. Die Verwendung einer englischen Klausel wird daher als besonders wettbewerbsschädlich bewertet und verstößt gegen das Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB a. F.59 Darüber hinaus wird die Vereinbarung der langfristigen Bezugsbindung auch als Verstoß gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB angesehen.60 3. Die englische Klausel im Fall Stadtwerke Krefeld des OLG Düsseldorf (2003)61 a) Sachverhalt Im Fall Stadtwerke Krefeld des OLG Düsseldorf schloss der Energielieferant, der als ein kommunales Elektrizitätsversorgungsunternehmen tätig ist, mit seinen großen gewerblichen Stromabnehmern Elektrizitätslieferungsverträge ab. In ihnen wurden die ausschließliche Bezugsbindung, die Festlaufzeit von zwei bis vier Jahren und eine Preisanpassungsabrede vereinbart.62 Die Preisanpassungsabrede sah vor, dass die Vertragspartner unverzüglich eine Verhandlung für eine Preisanpassung aufnehmen würden, wenn der Abneh57 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 45 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255, 256, insoweit nicht in WuW/E DE-R 854 abgedruckt. 58 Demgegenüber erklärte sich der Abnehmer einverstanden, dass die Aufnahme der „Wettbewerbsklausel“ den Zweck verfolge, zu verhindern, dass „die Kunden“ des Abnehmers zu einem Dritten wechseln würden. LG Köln, Urteil vom 7. 6. 2000, 28 O (Kart.) 559/99, RdE 2000, S. 233 = insoweit nicht in ZNER 2000, S. 132 abgedruckt. In der Tat verfolgt die „Wettbewerbsklausel“ den Zweck, zu verhindern, dass der Abnehmer zu einem dritten Ferngasunternehmen wechselt. 59 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 46 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255, 256 = WuW/E DE-R 854, 857 f. 60 OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 47 f. Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255, 257 f. = WuW/E DE-R 854, 859 ff. 61 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S, Beilage zu GWF – Wasser/Abwasser, 2004, S. 2, Stadtwerke Krefeld, mit Anmerkung Voss, der Text des Beschlusses abrufbar auch unter und . Berichtet auch in: Hossenfelder/Töllner/Ost, Kartellrechtspraxis und Kartellrechtsprechung 2004/05, 20. Aufl. 2005, S. 179 f. Vorinstanzlich: LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, mit Anmerkung Falk, S. 138 = RdE 2000, S. 83 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182. 62 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2 f. Stadtwerke Krefeld.
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mer während der Vertragslaufzeit ein ausgehandeltes Konkurrenzangebot nachweisen könne, das bei gleichen Abnahmeverhältnissen und bei gleicher technischer Qualität mehr als 5% günstiger sei. Falls innerhalb von drei Monaten keine Einigung über die Vertragsanpassung zustande komme, werde dem Abnehmer ein Kündigungsrecht eingeräumt.63 Diese „Preisanpassungsabrede“ entspricht den Merkmalen einer englischen Klausel. b) Entscheidung aa) Gesamtschau der vorliegenden Abreden Mit der Methode der Gesamtschau von den drei Abreden – d.h. der Gesamtbedarfdeckungsklausel, der Vertragsdauer und der Vertragsanpassungsklausel – stellte das OLG Düsseldorf den wettbewerbsbeschränkenden Charakter der einzelnen Abreden im vorliegenden Fall fest. Die Anwendung solch einer Gesamtschau sei geboten, da diese drei Abreden infolge ihres gemeinsamen Zwecks, Kunden an den Lieferanten zu binden, untereinander in einer Beziehungseinheit stünden.64 bb) Zum wettbewerbsbeschränkenden Charakter der englischen Klausel Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf wird die englische Klausel in der Form der Vertragsanpassungsklausel im vorliegenden Fall als Mittel angesehen, den Verlust eines Kunden an einen anderen Wettbewerber abzuwenden. Darüber hinaus bedurfte es im vorliegenden Fall keiner Verwendung der englischen Klausel und der anderen wettbewerbsbeschränkenden Abreden, um den betrieblichen Aufgaben des Lieferanten, jedermann in seinem Netzgebiet zu beliefern, wirtschaftlich sinnvoll und effektiv nachkommen zu können.65 Selbst wenn der Lieferant beim Bezug aus fremden Quellen auch an eine andere langfristige Bezugspflicht gebunden sei, sei es nach der Auffassung des
63 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2 f. Stadtwerke Krefeld. 64 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2, 5 Stadtwerke Krefeld. 65 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2, 5 Stadtwerke Krefeld. In der Literatur wird die Auffassung des OLG Düsseldorf so interpretiert, dass diese Klauseln noch gerechtfertigt sein könnten, wenn der Verwender nachweisen könne, dass für ihn die langfristige Bindung unerlässlich sei, um seiner rechtlichen Verpflichtung, jedermann an sein Versorgungsnetz anzuschließen, nachzukommen. Voss, Anmerkung zum Beschluss des OLG Düsseldorf vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 5, 6.
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OLG Düsseldorf nicht die Aufgabe der bei der Anwendung des § 19 GWB gebotenen Interessenabwägung, den marktbeherrschenden Lieferanten von seinen unternehmerischen Risiken freizustellen.66 Daher besteht keine sachliche Rechtfertigung für die Verwendung einer englischen Klausel in Kombination mit anderen Abreden, so dass diese Verwendung als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung i. S. d. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB angesehen wird.67 4. Analyse der gerichtlichen Praxis a) Zur Ausübung des Eintrittsrechts Die einzige deutsche Praxis in Bezug auf die englische Klausel ist der Fall Stadtwerke Krefeld des OLG Düsseldorf. Vor diesem Fall waren der wettbewerbsbeschränkende Charakter und der Abschreckungseffekt eines Eintrittsrechts, das ein wichtiges Merkmal in der englischen Klausel darstellt, schon im Fall Eintrittsklausel des BGH bekannt. Die Verwendung eines Eintrittsrechts tritt meistens im Energiesektor auf, in dem ein brancheninterner Wettbewerb nach der Liberalisierung noch begrenzt ist. Eine monopolistische oder oligopolistische Marktstruktur liegt weiterhin in diesem Energiesektor vor. Sowohl das Ferngasunternehmen als auch der Weiterverteiler tritt auf seiner Marktstufe häufig als marktbeherrschendes Unternehmen auf. Die Einräumung eines Eintrittsrechts für den Lieferanten in solch einer Marktstruktur wird oft als Behinderungsstrategie und als missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung bewertet und verstößt gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB, wie im Fall SWK Stadtwerke Krefeld.68 Falls ein potenzielles Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer besteht – wie im Fall Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen –, trägt die Vereinbarung eines Eintrittsrechts zur Aufrechterhaltung der Bezugsbindung bei, um die Marktaufteilungsvereinbarung zwischen ihnen zu unterstützen. Dies verstößt gegen das Kartellverbot i. S. d. § 1 GWB. 66 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2, 5 Stadtwerke Krefeld. Ebenso: OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. 11. 2001, U (Kart) 31/00, RdE 2002 S. 44, 48 Thyssengas/STAWAG Stadtwerke Aachen = ZNER 2001, S. 255, 258 = WuW/E DE-R 854, 861. 67 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2, 5 Stadtwerke Krefeld. Die Vorinstanz sieht die Festlaufzeit des Vertrages von mehr als 2 Jahren als unbillige Behinderung i. S. d. § 20 Abs. 1 GWB an und verneint die Möglichkeit einer Marktöffnung durch die englische Klausel. LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, 137 = RdE 2000, S. 83 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182. 68 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. 7. 2003, U (Kart) 24/99, R+S 2004, S. 2, 5 Stadtwerke Krefeld.
C. Zusammenfassung
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b) Zur Marktöffnung durch die englische Klausel Eine Marktöffnung durch die Vereinbarung einer englischen Klausel wird im Fall SWK Stadtwerke Krefeld ausdrücklich von der Vorinstanz LG Düsseldorf verneint. Stattdessen erschwert nach der Ansicht des LG Düsseldorf die englische Klausel den Marktzutritt weiter.69 In der erwähnten nationalen gerichtlichen Praxis liegt die negative Beurteilung der englischen Klausel oder des Eintrittsrechts schlechthin einer monopolistischen oder oligopolistischen Marktstruktur im Energiesektor zugrunde. Die Vereinbarung der englischen Klausel und die Ausübung des Eintrittsrechts erlauben eine andere Beurteilung, wenn der Lieferant keine marktbeherrschende Stellung innehat und er die englische Klausel in der wettbewerblichen Marktstruktur verwendet. Eine Freistellungsmöglichkeit gemäß § 2 GWB ist nicht ausgeschlossen.
C. Zusammenfassung Die Beurteilung der englischen Klausel nach dem nationalen deutschen GWB ist ein relativ neues Thema im deutschen Kartellrecht. Vor der 7. GWB-Novelle ist der Fall Stadtwerke Krefeld des OLG Düsseldorf im Jahre 2003 die einzige deutsche gerichtliche Praxis, die sich aber auf die missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung und auf die Elektrizitätslieferungsverträge bezieht. Die Verwendung der englischen Klausel im Gassektor wird vom Bundeskartellamt allgemein als unzulässig bewertet und verboten. Angesichts der Besonderheit der hoch konzentrierten Marktstruktur im deutschen Energiesektor ist solch ein allgemeines Verbot gegen die Verwendung einer englischen Klausel gerechtfertigt. Solch eine Beurteilung kann nicht auf die Marktstrukturen übertragen werden, in denen noch ein wirksamer Wettbewerb vorliegt. Nach der Anpassung der §§ 1 und 2 GWB an den Art. 81 EGV sind die Tatbestände des Kartellverbotes und dessen Freistellungsvoraussetzungen fast identisch. Unter dem Gemeinschaftsrecht ist die Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel nach Art. 81 Abs. 3 EGV nicht ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer englischen Klausel ist auch nach dem GWB freistellbar, wenn sie im Einzelfall die Voraussetzungen in § 2 GWB erfüllen kann.
69 LG Düsseldorf, Urteil vom 29. 9. 1999, 12 O 412/99 Kart., ZNER 2000, S. 136, 137 Stadtwerke Krefeld = RdE 2000, S. 83, 84 = Versorgungswirtschaft, 2000, S. 182, 183. Zustimmend: Falk, Anmerkung zum Urteil des LG Düsseldorf vom 29. 9. 1999, ZNER 2000, S. 138.
Zusammenfassung Der Kerngedanke einer englischen Klausel kann durch ihre wirtschaftswissenschaftliche Bezeichnung „meet-or-release clause“ verdeutlicht werden: beim Begehren einer Vertragsanpassung durch den Abnehmer muss der Lieferant entweder in die günstigeren Konkurrenzangebote eintreten oder den Abnehmer von der Abnahmeverpflichtung befreien. Solch eine Vertragsgestaltung schafft ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Vertragsparteien während der Laufzeit des Bezugsvertrags. Der Abnehmer ist angesichts der Vertragsanpassungsoder der Ausstiegsmöglichkeit bereit, in eine langfristige Bezugsbeziehung einzutreten, während ein Anreiz zum Vertragsbruch wegen des Auftritts eines günstigeren Angebots vermieden wird. Der Lieferant kann durch die Ausübung des Eintrittsrechts ein Vorrecht erhalten, um die Kundenabwerbung seitens seiner Wettbewerber zu verhindern. Die englische Klausel dient sowohl der Vertragseinigung über die Liefer- und Bezugsbeziehung als auch der Aufrechterhaltung ihrer Stabilität. Demgegenüber hat die englische Klausel eine Behinderungswirkung gegenüber dem dritten Lieferanten. Einerseits dient die Vereinbarung einer englischen Klausel dem Abschluss und der Aufrechterhaltung eines Bezugsbindungsvertrages, so dass die Konkurrenzangebote nicht in die bestehende Liefer- und Bezugsbeziehung einbrechen. Andererseits kann die Abschreckungswirkung sowohl durch den Überwachungsmechanismus in Form der Auferlegung der Offenlegungspflicht als auch durch die Ausübung des Eintrittsrechts entstehen, so dass die Wettbewerbsintensität im Einzelfall weiterhin gemindert wird. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel wird in der Literatur dadurch übersehen, dass die Offenlegungspflicht und die durch die Nichteintrittsmöglichkeit entstehende Auflockerungswirkung von den gesamten Vertragsgefügen isoliert betrachtet werden. Funktionell ist die englische Klausel ein Mechanismus im Bezugsvertrag, um die Bezugsbindung aufrechtzuerhalten. Der wettbewerbsbeschränkende Charakter der englischen Klausel liegt bereits in der Vereinbarung der ausschließlichen Bezugsbindung und der Einräumung eines Eintrittsrechts. Ob der Geheimwettbewerb durch die Offenlegungspflicht beseitigt würde, ist nicht entscheidend bei der Feststellung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters. Selbst wenn die Identität des vorstoßenden Wettbewerbers und die Einzelheiten der Konkurrenzangebote im Einzelfall geheim gehalten werden, ist die englische Klausel unter solch einer Gestaltung noch stets als wettbewerbsbeschränkend anzusehen. Obwohl die englische Klausel eine be-
Zusammenfassung
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grenzte Auflockerungswirkung innehat, beeinflusst dies nicht die Erfüllung des Tatbestandes „Wettbewerbsbeschränkung“. Die Verwendung einer englischen Klausel fällt unter das Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder i. S. d. § 1 GWB, solange sie eine spürbare Auswirkung auf den Markt hat. Die Verwendung einer englische Klausel im Bezugsbindungsvertrag kann vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder i. S. d. § 1 GWB freigestellt sein, solange sie im Einzelfall die Voraussetzungen i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGV oder § 2 GWB erfüllt. Die Rationalisierungsgrundlage einer englischen Klausel wird aus dem Rationalisierungseffekt des Bezugsbindungsvertrages abgeleitet. Eine einheitliche Betrachtung des Rationalisierungseffekts von der Bezugsbindung und der englischen Klausel ist erforderlich, da die Verwendung einer englischen Klausel die Aufrechterhaltung der Bezugsbindung bezweckt. Die Vereinbarung einer englischen Klausel ist auch unerlässlich für die Verwirklichung der Effizienzgewinne, da im Einzelfall die Vereinbarung einer kürzeren Vertragsdauer als Alternative den Anreiz für die kundenspezifische Investition mindert, so dass die durch die Alleinbezugsvereinbarung entstehenden Effizienzgewinne geschmälert werden. Bei der Beurteilung der Freistellungsmöglichkeit einer englischen Klausel liegt der Schwerpunkt darin, ob sie im Einzelfall zur wesentlichen Wettbewerbsausschaltung i. S. d. Art. 81 Abs. 3 lit. b EGV oder § 2 Abs. 1 Nr. 2 GWB führt. Bei der Feststellung der Auswirkung der englischen Klausel auf den Markt sind die Marktstellung des Lieferanten, die verbleibende Absatzmöglichkeit des dritten Lieferanten, die bestehende Wettbewerbsintensität zwischen Lieferanten und die kumulative Wirkung von nebeneinander bestehenden Bezugsbindungen auf dem Markt zu untersuchen. In diesem Zusammenhang sind der Bindungsgrad und die Laufzeit des bestehenden Bezugsbindungsvertrages von Bedeutung und mit einbezogen. In einer wettbewerblichen Marktstruktur verstärkt die durch die englische Klausel erhöhte Markttransparenz den Wettbewerb zwischen Lieferanten. Darüber hinaus wird der vorstoßende Wettbewerber in der Wettbewerbsstruktur nicht vom Eintrittsrecht des Lieferanten abgeschreckt, da der Wettbewerber die Kunden stets durch günstigere Angebote anderweitig finden kann. Demgegenüber zeigt sich die wettbewerbsbeschränkende Auswirkung der englischen Klausel in einer geschwächten Marktstruktur besonders deutlich. Die Auferlegung einer Offenlegungspflicht an den Abnehmer kann unter Umständen dem Mechanismus des Informationsaustausches zwischen den Lieferanten dienen, insbesondere wenn die englische Klausel branchenweit verwendet wird. Die Kollusion zwischen den Wettbewerbern wird dadurch erleichtert oder aufrechterhalten. Die Wettbewerbsintensität wird unter diesen Umständen erheblich gemindert, so dass eine Wettbewerbsausschaltung im Einzelfall gegeben sein kann.
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Zusammenfassung
Im Ergebnis kann die Verwendung einer englischen Klausel einerseits durch die Gewährung der Vertragsanpassungs- oder Ausstiegsmöglichkeit an den Abnehmer den Anreiz verstärken, einen Alleinbezugsvertrag abzuschließen, der im Kartellrecht eine positiv anerkannte und freistellbare wettbewerbsbeschränkende Vertikalvereinbarung darstellt. Andererseits kann die englische Klausel unter Umständen das Motiv des Wettbewerbers effektiv ändern, so dass er weder die Kunden des Lieferanten abwerben noch die günstigeren Angebote auf dem Markt erbringen will. Die Freistellung der englischen Klausel vom Kartellverbot i. S. d. Art. 81 Abs. 1 EGV oder § 1 GWB ist im Allgemeinen nicht ausgeschlossen. Sie bedarf einer sorgfältigen Einzelfallprüfung.
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