Die slavischen Sprachen / The Slavic Languages: Halbband 1 9783110214475, 9783110156607

Tilman Berger, University of Tübingen, Germany; Karl Gutschmidt, Humboldt University Berlin, Germany; Sebastian Kempgen,

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German Pages 1151 [1194] Year 2009

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Inhaltsverzeichnis / Contents
1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie
2. Artikulatorische Phonetik
3. Accommodation (Assimilation, Dissimilation, Reduction)
4. Segmental Clusters in the Slavic Languages
5. Moscow and St. Petersburg Schools in Phonology
6. The Orthographic Principles in the Slavic Languages: Phonetic/Phonological
7. Fester Akzent (Formen und Funktionen)
8. Freier Akzent (Flexion)
9. Melodischer Akzent (Flexion)
10. Sentence and Phrase Intonation
11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen
12. Nominale Kategorien: Genus
13. Animacy, Personhood
14. Nominale Kategorien: Kasus
15. Definiteness (synchrony)
16. Nominale Kategorien: Steigerung
17. Periphrastic Constructions
18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart
19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen
20. Imperative Mood
21. Der sogenannte Renarrativ
22. Der Resultativ in den slavischen Sprachen
23. The Conditional
24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax: Minimalism, Negation and Clitics
25. Gegenstände der funktionalen Syntax
26. Principles of Generative Syntax
27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas
28. Agreement
29. Case Assignment in Quantified Phrases
30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate
31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen
32. Unaccusativity
33. Negation and Clause Structure
34. Modals (Modalauxiliare)
35. Satzmodus
36. Imperativsatz
37. The Conjunctive (Conditional)
38. Aspekt und Tempus im Slavischen
39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch
40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus
41. Argument − Prädikat − Struktur und Dezentrierung
42. Komplexe Satzmuster
43. Zur Syntax der Koordination
44. Juxtaposition
45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction
46. Sentence Equivalents
47. Word Order in Slavic
48. Grammatik und Informationsstruktur
49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order
50. Scrambling
51. Clitics in Slavic
52. Struktur des Lexikons
53. Verfahren und Mittel der Nomination
54. Wortbildungsbedeutung
55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva
56. Phraseologie
57. Phraseologische Einheiten
58. Word Frequency in Slavic (with an Emphasis on Russian)
59. Moscow Semantic School
60. Prototypensemantik und Stereotypen
61. The Theory of the Mental Lexicon
62. Semantik der Eigennamen
63. Connotation (in Linguistic Semantics)
64. Die Beziehung von lexikalischer Bedeutungund innerer Form
65. Die Semantik der Partikeln und derso genannten Diskurswörter
66. Die Semantik der logischen Wörter
67. Typen semantischer Relationen
68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur
69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik
70. Textkohärenz
71. Anaphorische Mittel
72. Anaphorische Mittel: Konnexion
73. Funktionalstile
74. Textsorten
75. Lokaldeixis
76. Anredesysteme
77. Gesprächsanalyse
78. Höflichkeit
79. Speech Acts in Slavic Languages
80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch
81. Der institutionell determinierte politische Diskurs in (post)kommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas
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Die slavischen Sprachen / The Slavic Languages: Halbband 1
 9783110214475, 9783110156607

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Die slavischen Sprachen The Slavic Languages HSK 32.1

Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft Handbooks of Linguistics and Communication Science Manuels de linguistique et des sciences de communication Mitbegründet von Gerold Ungeheuer (†) Mitherausgegeben 1985−2001 von Hugo Steger

Herausgegeben von / Edited by / Edités par Herbert Ernst Wiegand Band 32.1

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Die slavischen Sprachen The Slavic Languages Ein internationales Handbuch zu ihrer Struktur, ihrer Geschichte und ihrer Erforschung An International Handbook of their Structure, their History and their Investigation Herausgegeben von / Edited by Sebastian Kempgen, Peter Kosta, Tilman Berger, Karl Gutschmidt Band 1 / Volume 1

Walter de Gruyter · Berlin · New York

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. 앪 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Die slavischen Sprachen : Ein internationales Handbuch zu ihrer Struktur, ihrer Geschichte und ihrer Erforschung = The Slavic languages : an international handbook of their structure, their history and their investigation / edited by Sebastian Kempgen … [et al.]. p. cm. ⫺ (Handbooks of linguistics and communication science ; 32.1) Includes bibliographical references. ISBN 978-3-11-015660-7 (hardcover : alk. paper) 1. Slavic languages. I. Kempgen, Sebastian. II. Title: Slavic languages. PG43.S53 2009 491.7⫺dc22 2009034542

ISBN 978-3-11-015660-7 ISSN 1861-5090 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin, Germany. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: META-Systems GmbH, Wustermark Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen

Vorwort Mit dem vorliegenden Handbuch „Die slavischen Sprachen ⫺ The Slavic languages. Ein internationales Handbuch zu ihrer Struktur, ihrer Geschichte und ihrer Erforschung. An International Handbook of their History, their Structure and their Investigation“ wird beabsichtigt, den derzeitigen Wissens- und Problemstand der slavischen Sprachwissenschaft hinsichtlich der Beschreibung der Strukturen und Funktionen der slavischen Sprachen in synchroner und diachroner Sicht überblicksartig und ausgewogen darzustellen. Die Konzeption zielt dabei auf eine möglichst vollständige und ausgewogene Darstellung des Forschungsstandes bei der Beschreibung der slavischen Sprachen ab. Im Gegensatz zu den bisherigen Darstellungen mit Handbuchcharakter ist das vorliegende Handbuch keine Sammlung von Einzelgrammatiken bzw. Beschreibungen, es unterscheidet sich ferner durch den Umfang, die Weite des thematischen Spektrums und die Beschreibungsmethode. Was den Umfang des Handbuchs angeht, so liegen im ersten, synchronen Teilband in den Kapiteln I⫺XIV insgesamt 81 Artikel vor. Der zweite, diachrone Teilband, der sich auf Fragen der inneren und äußeren Sprachgeschichte sowie auf Probleme der Soziolinguistik, Kontaktlinguistik, Standardologie und Sprachtypologie konzentrieren wird, umfasst die Kapitel XV⫺XXVIII mit Artikeln, auf die das Inhaltsverzeichnis bereits einen Ausblick erlaubt. Mit dem Abschluss des zweiten Teilbandes im nächsten Jahr wird dann auf mehr als 2000 Druckseiten die bis dato umfangreichste Darstellung der slavischen Sprachen vorliegen. Was die Weite des thematischen Spektrums der zu beschreibenden Problembereiche und sprachlichen Daten angeht, so wird diese gegenüber den erwähnten Darstellungen dadurch erreicht, dass neben traditionellen Arbeitsgebieten und Forschungszweigen der slavischen Sprachwissenschaft (vgl. die Darstellungen nach den Sprachebenen Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax und Lexikon in den Kapiteln I⫺X) auch die in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses gerückten Fragestellungen ‚neuerer‘ Disziplinen und Nachbardisziplinen berücksichtigt werden. Genannt seien die semantischen Theorien in Kapitel XI sowie neuere Ansätze zur Textlinguistik, Sprechhandlungstheorie und Diskursanalyse in den Kapiteln XII⫺XIV. Eine inhaltliche Doppelung bzw. Redundanz gegenüber vorliegenden Bänden der HSK-Reihe wurde dadurch vermieden, dass in bestimmten Bereichen das Prinzip der Komplementarität befolgt wurde. Verzichtet wurde also auf jene Gegenstände, die in bereits erschienenen Bänden der HSK-Reihe behandelt worden sind. Diese Einschränkungen betreffen u.a. die Namensforschung sowie die Kapitel zu Spracherwerb/Sprachpathologie, Sprachkontakt, Lexikographie sowie Sprachtypologie und Universalienforschung, in denen bereits erschöpfende neuere Darstellungen dieser Reihe vorliegen, sodass in unserem Handbuch nur die aus der Sicht der slavischen Linguistik offen gebliebenen Fragen zu behandeln und entstandene Lücke zu füllen sind. Die erwähnten relevanten Darstellungen sind in der Literaturliste im Anhang an das Vorwort beigefügt. Was die Beschreibungsmethode betrifft, so sahen sich die Herausgeber den Grundsätzen einer exemplarischen und einer konfrontativ-typologischen (diachronen und synchronen) Darstellung verpflichtet: Unter exemplarisch ist zu verstehen, dass die einzel-

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Vorwort nen sprachlichen Daten, Kategorien und Problembereiche in Abhängigkeit von ihrer typologischen Relevanz, funktionalen Auslastung bzw. Entwicklungsdynamik in der jeweiligen slavischen Sprache bzw. im jeweiligen Forschungsparadigma der einzelnen slavischen Länder dargestellt werden sollten, nicht aber jedes Phänomen in jeder einzelnen slavischen Sprache bzw. in jedem denkbaren Forschungsparadigma. Der exemplarische (und selektive) Charakter des Handbuchs implizierte die Zielvorgabe, dass es weder möglich noch notwendig war, alle Gegenstände und Aspekte der slavischen Sprachwissenschaft bzw. Linguistik zu berücksichtigen. Was die Behandlung der einzelnen Gegenstände nach slavischen Einzelsprachen anging, so wurde davon ausgegangen, dass zu jedem Phänomen nur so viele slavische Sprachen herangezogen worden sind, wie relevante einzelsprachliche oder übereinzelsprachliche Fakten vorgelegen haben (etwa idiosynkratische Spezifika oder umgekehrt vom Standpunkt der Universalienforschung interessante grammatische Prinzipien der Universalgrammatik). Die Beschränkung auf eine einzige slavische Sprache erfolgte daher nur in gut begründeten Ausnahmefällen. Der gewählte konfrontativ-typologische Ansatz verzichtete bewusst auf eine vollständige Beschreibung aller Sprachebenen bzw. Kategorien in allen einzelnen slavischen Sprachen. Zum einen daher, weil genügend entsprechende Darstellungen vorliegen, die die einzelnen Sprachebenen nach Einzelsprachen behandeln. Zum anderen beruht der konfrontative Ansatz auf der Überzeugung, dass die funktionale Auslastung der sprachlichen Besonderheiten, die Dynamik bestimmter Kategorien bzw. die theoretische Relevanz der Forschungsbereiche in den Einzelsprachen am ehesten durch den typologischen Vergleich von zwei oder mehreren slavischen Sprachen ermittelt werden können. Zielsetzung dieses Handbuchs ist die Darstellung der Strukturen, der Geschichte und der Erforschung sämtlicher slavischer Sprachen. Die Herausgeber beabsichtigen damit, die oftmals festzustellende Dominanz des Russischen durch eine ausgewogenere Behandlung aller slavischen Sprachen zu überwinden. Ein besonderes Anliegen war es, den Beitrag der slavistischen Linguistik zur Theorie und den Methoden der Sprachwissenschaft sichtbar zu machen, beispielsweise zur Herausbildung des strukturalistischen Paradigmas, u.a. durch die Begründung der Phonologie, weiterhin in der funktionalen Sprachbetrachtung, zur Konstituierung einer linguistisch orientierten Phraseologie oder zur Theorie der Standardsprachen. Die Anlage des Handbuchs orientiert sich an den Prinzipien der HSK-Reihe, indem die Explizitheit in der Begründung der Fakten, die Verlässlichkeit von sprachlichen Daten und wissenschaftlichen Ergebnissen bzw. Erkenntnisse sowie Aktualität in der methodischen und theoretischen Auseinandersetzung an erster Stelle stehen sollen. Daran schließt sich auch der Grundsatz an, nur möglichst gesichertes Wissen einzubeziehen und auf alternative Lösungen in der Literatur bzw. auf umstrittene Problemdarstellungen möglichst zu verzichten. Es ist eine feste Absicht des vorliegenden Handbuchs, die Ergebnisse der internationalen linguistischen Slavistikforschung möglichst repräsentativ und problemorientiert zusammenzutragen. Diese Zielsetzung steht im Einklang mit der zentralen Idee der HSK-Reihe, die aktuelle Forschung in der gesamten thematischen Breite und theoretisch-methodischen Tiefe zu präsentieren. Dennoch sind wir uns aller Verschiedenartigkeit der Herangehensweisen bewußt, die die Autoren für ihre Beiträge gewählt haben. Diese konnten und wollten wir nicht vollständig vereinheitlichen, zumal sich das Hand-

Vorwort

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buch ja insgesamt auch an ein unterschiedlich vorinformiertes Publikum richtet: an Studierende wie Lehrende der Slavischen Sprachwissenschaft ebenso wie an Sprachwissenschaftler anderer Disziplin oder Vertreter der Allgemeinen Sprachwissenschaft, die Informationen über die slavischen Sprachen und bestimmte ihrer Erscheinungen suchen. Für Satz und Druck stellen slavische Sprachen mit ihren unterschiedlichen Schriften in Geschichte und Gegenwart immer ein besonderes Problem dar, insbesondere aber dann, wenn sich das Handbuch zugleich auch an ein nichtslavistisches Publikum richtet. Die Herausgeber haben sich deshalb entschlossen, alle kyrillischen Beispiele und auch die umfangreichen Literaturangaben konsequent lateinisch zu transliterieren, um sie so für jeden lesbar zu machen. Hinzu kommen, wo die Autoren dies für nötig hielten, Übersetzungen und Erläuterungen der Beispiele. Die Artikel sind das Werk von renommierten Linguisten und Philologen aus slavischen und nichtslavischen Ländern, aber auch von Slavisten der mittleren und jungen Generation. Am Zustandekommen des Handbuches haben darüber hinaus einen beachtenswerten Anteil einige wissenschaftliche Hilfskräfte, die hier namentlich genannt werden: Agnieszka Eichmann und Anna-Maria Meyer, Otto-Friedrich-Universität Bamberg Mareike Bode, Sophie Friedrichs und Svetlana Friedrich (geb. Ermolenko), Universität Potsdam Edmée Brell, Sarah Löhmann und Martin Mutschler, Eberhard-Karls-Universität Tübingen Maryna Zühlke, Humboldt-Universität Berlin Ihre Hilfe beschränkte sich nicht nur auf die technische Seite der Herstellung von Beiträgen, sondern schloss z.T. auch die inhaltliche Seite ein. Ihnen allen ⫺ und ebenso denjenigen, die wir hier nicht nennen können, die aber gleichfalls zum Zustandekommen des Bandes beigetragen haben ⫺, möchten wir an dieser Stelle herzlich danken. Unser Dank gilt ferner Herbert Ernst Wiegand, der sich hat überzeugen lassen, dass die slavischen Sprachen eigene Bände innerhalb der Reihe verdienen, und im Verlag insbesondere Barbara Karlson, die die Realisierung in allen Phasen kompetent und konstruktiv begleitet hat. Die Herausgeber

Preface The objective of Die slavischen Sprachen ⫺ The Slavic Languages. Ein internationales Handbuch zu ihrer Struktur, ihrer Geschichte und ihre Erforschung. An International Handbook of Their History, Their Structure, and Their Investigation is to present a balanced conspectus of the current state of scientific knowledge and problems of Slavic linguistics regarding synchronic and diachronic descriptions of the structures and functions of the Slavic languages. The concept of this handbook is designed to address the current state of research in Slavic linguistics with as much balance and thoroughness as possible. As opposed to previous works of a similar nature, this handbook is not intended to be a collection of individual grammars or language descriptions. This handbook further differentiates itself from its predecessors with the extensive scope of its subject matter and its method of description. With regards to its length, the first volume of the handbook (Chapters I⫺XIV), which deals with synchronic linguistics, is comprised of fourteen/14 chapters and a total of 81 articles. The second volume (Chapters XV⫺XXVIII) concentrates on diachronic linguistics, including questions of inner and outer histories of languages as well as social linguistics, contact linguistics, standardology and linguistic typology; the titles of the articles comprising the second volume provide some insight to their contents. The second volume, which will be completed next year, will increase this handbook’s number of pages to over 2000, making it the most extensive description of the Slavic languages available. The scope of the subject matter of the problem areas and linguistic data discussed in this handbook, in contrast to previous works of this nature, is achieved by considering the traditional fields of work and branches of research in Slavic linguistics (cf. investigations in the linguistic subjects of phonetics, phonology, morphology, syntax and lexicon in chapters I⫺X) in addition to addressing “modern” disciplines and neighboring fields, which, in recent years, have gained the interest of many researchers. Among the “modern” disciplines included in this handbook are semantic theory in Chapter XI as well as new approaches to textual linguistics, speech act theory, and discourse analysis in Chapters XII⫺XIV. To avoid redundancy with respect to previous HSK (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft ⫺ Handbooks of Linguistics and Communications Science) volumes, this handbook will follow the principle of complementarity in certain areas, meaning that areas which have been presented in previous publications of the HSK series will not be presented again in this handbook. These limitations apply to onomastics and the chapters on language acquisition/language pathology (Chapter XIV), language contact (XXV), lexicography (XXXVI), and language typology and research in language universals (XL). Exhaustive newer descriptions in these areas already exist within the HSK series; therefore, in our handbook, we must only be concerned with addressing open questions from the viewpoint of Slavic linguistics and striving to fill any gaps in knowledge. The aforementioned works of a similar nature have been included in the Preface’s appendix. With regards to the method of description, the editors of the handbook have committed themselves to following the principles of an exemplary and contrastive-typologi-

Preface cal (diachronic and synchronic) description. The description should be exemplary in the sense that the language categories, problem areas, and collected data should be described independently from their typological relevance, functional capacity, and/or developmental dynamics in the respective Slavic language or within the respective research paradigm of individual Slavic countries. The handbook, however, should not describe every phenomenon in each Slavic language or in every conceivable research paradigm. The exemplary (and selective) nature of the handbook reflects the handbook’s goals; it is neither possible nor necessary to consider all subjects and aspects of Slavic linguistics. Regarding the assessment of single subjects according to individual Slavic languages, it is assumed that, for every phenomenon, only those Slavic languages can be considered for which relevant language-specific or cross-linguistic facts are available (for instance, idiosyncratic specifics or, conversely, grammatical principles of universal grammar which are interesting from the viewpoint of research in language universals). A description limited to a single Slavic language, therefore, only occurs in well-founded and exceptional cases. The editors’ choice of the contrastive-typological approach intentionally refrains from a complete description of all levels of linguistic description or categories in all individual Slavic languages. This is due to the fact that sufficient corresponding descriptions analyzing the individual levels of linguistic description according to individual languages already exist. Furthermore, the contrastive approach is based on the conviction that the functional capacity of linguistic peculiarities, the dynamics of certain categories, and the theoretical relevance of research areas in the individual languages can be best determined via the typological comparison of two or more Slavic languages. The aim of this handbook is to describe the structures, the history, and the investigation of all Slavic languages. In this sense, the editors intend to overcome the often noticeable dominance of Russian with a more balanced treatment of all Slavic languages. The editors strive to draw attention to the contribution Slavic linguistics has made to linguistic theory and methods. We will attempt to demonstrate, for example, Slavic linguistics’ contribution to the development of a structuralistic paradigm, in part, through the foundation of phonology; we will also highlight Slavic linguistics’ contribution, from a functional linguistics viewpoint, to the establishment of linguisticallyoriented phraseology and to standard language theory. The structure of the handbook is based upon the principles of the HSK series, in which importance is placed on explicitness in establishing the facts, the reliability of the linguistic data, the scientific results and findings, as well as the relevance of the method and theory used in the analysis. This also includes the principles of only including reliable facts and avoiding controversial discussions and alternative solutions provided in other literature. The intention of this handbook is to compile the results of international research on Slavic linguistics in as representative and problem-oriented a way as possible. This goal is consistent with the fundamental idea of the HSK series, which strives to present the entirety of the thematic breadth and depth of the theories and methods used in current research. Nevertheless, we are aware of the heterogeneity of the approaches the contributing authors have chosen for their articles. We could not and did not desire to completely standardize these approaches, especially because this handbook is specifically designed for readers of various scientific backgrounds; it is intended to assist

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Preface all people who are searching for specific information on the Slavic languages or aspects thereof, including students and instructors of Slavic linguistics as well as researchers of other disciplines and of linguistics in general. Regarding typesetting, the Slavic languages, with their differing scripts throughout the past and the present, always present a special problem, especially when one considers that this handbook is also intended for a non-Slavic audience. The editors have, therefore, decided to transliterate all Cyrillic examples and also the voluminous bibliographical references to Latin in order to make them intelligible to all readers. Furthermore, where authors deem it necessary, they provide translations and explanations of their examples. These articles are the work of noted linguists and philologists from Slavic and nonSlavic speaking countries and also from Slavic speakers of various generations. During the compilation, several graduate assistants contributed a significant portion of the handbook and are listed here: Agnieszka Eichmann and Anna-Maria Meyer, University of Bamberg Mareike Bode, Sophie Friedrichs, and Svetlana Friedrich (born Ermolenko), University of Potsdam Edmée Brell, Sarah Löhmann, and Martin Mutschler, Tübingen University Maryna Zühlke, Humboldt-Universität zu Berlin Their assistance was not limited to only the technical aspects of the shaping of the articles, but also included, in part, the articles’ content. To them all, and similarly, to those who we cannot name here but who likewise contributed to the creation of this work, we would like to extend our heartfelt thanks. Our gratitude extends to Herbert Ernst Wiegand, who allowed himself to be persuaded that the Slavic languages deserved to be included in the HSK series, and to Barbara Karlson in the publishing house, who proficiently and constructively attended to all the phases of this handbook’s creation. The editors

Artikel mit Bezug zu den Slaven, den slavischen Sprachen, dem slavischen Sprachraum etc. in früheren HSK-Bänden Contributions related to the Slavs, the Slavic Languages, and the Slavic Linguistic Area in other handbooks of the series

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xxiii

xxiv

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Relevante Artikel in früheren HSK-Bänden Udolph, Jürgen (1996): „Slavische Gewässernamengebung / Slavic Hydronyms / Hydronymes: domaine slave“. // Eichler, Ernst/Hilty, Gerold/Löffler, Heinrich/Steger, Hugo/Zgusta, Ladislav (eds.). Namenforschung / Name Studies / Les noms propres. Ein internationales Handbuch zur Onomastik / An International Handbook of Onomastics / Manuel international d’onomastique. Band 11,2. Berlin/New York. 1539⫺1547. Uhlířová, Ludmila (2005): „Quantitative linguistics in the Czech Republic / Quantitative Linguistik in Tschechien“. // Köhler, Reinhard/Altmann, Gabriel/Piotrowski, R. G. (eds.). Quantitative Linguistik / Quantitative Linguistics. Ein internationales Handbuch / An International Handbook. Band 27. Berlin/New York. 129⫺135. Urbańczyk, Stanisław (1991): „Polnische Lexikographie. Polabische Lexikographie / Polish and Polabic Lexicography / Lexicographie polonaise et polabe“. // Hausmann, F. J./Reichmann, Oskar/Wiegand, H. E./Zgusta, Ladislav (eds.). Wörterbücher / Dictionaries / Dictionnaires. Ein internationales Handbuch zur Lexikographie / An International Encyclopedia of Lexicography / Encyclopédie internationale de lexicographie. Band 5,2. Berlin/New York. 2268⫺2273. Wenzel, Walter (1996): „Morphologie und Wortbildung der Familiennamen: Slavisch / Morphology and Word-Formation of Surnames: Slavic / Morphologie et système de formation des patronymes: domaine slave“. // Eichler, Ernst/Hilty, Gerold/Löffler, Heinrich/Steger, Hugo/ Zgusta, Ladislav (eds.). Namenforschung / Name Studies / Les noms propres. Ein internationales Handbuch zur Onomastik / An International Handbook of Onomastics / Manuel international d’onomastique. Band 11,2. Berlin/New York. 1275⫺1279. Wiesinger, Peter (1983): „Deutsche Dialektgebiete außerhalb des deutschen Sprachgebiets: Mittel-, Südost- und Osteuropa“. // Besch, Werner/Knoop, Ulrich/Putschke, Wolfgang/Wiegand, H. E. (eds.). Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Band 1,2. Berlin/New York. 900⫺929. Wiktorowicz, Józef (1997): „Polnisch⫺Deutsch / Polish⫺German / Polonais⫺allemand“. // Goebl, Hans/Nelde, P. H./Starý, Zdeněk/Wölck, Wolfgang (eds.). Kontaktlinguistik / Contact Linguistics / Linguistique de contact. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung / An International Handbook of Contemporary Research / Manuel international des recherches contemporaines. Band 12,2. Berlin/New York. 1594⫺1599. Winner, T. G. (1998): „Prague Functionalism / Der Prager Funktionalismus“. // Posner, Roland/ Robering, Klaus/Sebeok, T. A. (eds.). Semiotik / Semiotics. Ein Handbuch zu den zeichentheoretischen Grundlagen von Natur und Kultur / A Handbook on the Sign-Theoretic Foundations of Nature and Culture. Band 13,2. Berlin/New York. 2248⫺2255. Zeman, Jiří (1997): „Tschechisch⫺Slovakisch / Czech⫺Slovak / Tchèque⫺slovaque“. // Goebl, Hans/Nelde, P. H./Starý, Zdeněk/Wölck, Wolfgang (eds.). Kontaktlinguistik / Contact Linguistics / Linguistique de contact. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung / An International Handbook of Contemporary Research / Manuel international des recherches contemporaines. Band 12,2. Berlin/New York. 1650⫺1655. Žepić, Stanko (2001): „Deutschunterricht und Germanistikstudium in Kroatien“. // Helbig, Gerhard/Götze, Lutz/Henrici, Gert/Krumm, H.-J. (eds.). Deutsch als Fremdsprache. Ein internationales Handbuch. Band 19,2. Berlin/New York. 1677⫺1682.

xxv

Inhaltsverzeichnis / Contents

Band 1 / Volume 1 I.

1.

2. 3. 4. 5. 6.

II. 7. 8. 9. 10.

Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen The Writing Systems and the Phonological Structure of the Slavic Languages Sebastian Kempgen, Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie / Phonetics, Phonology, Orthography, and Inflectional Morphology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elena Stadnik-Holzer, Artikulatorische Phonetik / Articulatory Phonetics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liya V. Bondarko, Accomodation (Assimilation, Dissimilation, Reduction) / Akkomodationserscheinungen in den slavischen Sprachen Irena Sawicka, Segmental Clusters in the Slavic Languages / Segmentale Cluster in den slavischen Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liya V. Bondarko, Moscow and St. Petersburg Schools in Phonology / Die Moskauer und die Petersburger phonologische Schule . . Karel Kučera, The Orthographic Principles in the Slavic Languages: Phonetic/Phonological / Orthographische Prinzizpien den slavischen Sprachen: phonetische bzw. phonologische . . . . . . . . . . . . . . . .

Robert Hammel, Fester Akzent (Formen und Funktionen) / Fixed Stress (Forms and Functions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kersten Krüger, Freier Akzent (Flexion) / Free Inflectional Accent Jadranka Gvozdanović, Melodischer Akzent (Flexion) / Melodic Inflectional Accent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olga T. Yokoyama, Sentence and Phrase Intonation / Satz- und Phrasenintonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Die Morphologie des slavischen Nomens Morphology of Slavic Nouns

11.

Jadranka Gvozdanović, Synthetizismuns und Analytismus im Slavischen / Synthetical and Analytical Elements in Slavic . . . . . . . . . Ursula Doleschal, Nominale Kategorien: Genus / Nominal Categories: Gender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Emily Klenin, Animacy, Personhood / Belebtheit, Personalität . . . .

13.

14 49 52 67

70

Akzentologie der slavischen Sprachen Stress in the Slavic Languages

III.

12.

1

76 86 100 115

129 143 152

xxviii 14. 15. 16.

Inhaltsverzeichnis / Contents Gerd Hentschel/Thomas Menzel, Nominale Kategorien: Kasus / Nominal Categories: Case . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuzanna Topolinjska, Definiteness (Synchrony) / Nominale Kategorien: Determiniertheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Mannewitz, Nominale Kategorien: Steigerung / Nominal Categories: Comparison . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IV.

Morphologie des Verbs Morphology of the Slavic Verb

17.

Francesca Fici, Periphrastic Constructions / Periphrastische Konstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Breu, Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart / Verbal Categories: Aspect and ‘Aktionsarten’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Wingender, Die Kategorien Tempus, Person und Numerus / The Categories of Tense, Person, and Number . . . . . . . . . . . . . . Leonid Birjulin, Imperative Mood / Die Kategorie des Imperativs im Slavischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anke Levin-Steinmann, Der sogenannte Renarrativ / The so-called ‘Quotational’ Category . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Giger, Der Resultativ in den slavischen Sprachen / Resultative Constructions in Slavic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viktor S. Xrakovskij, The Conditional / Der Konditional . . . . . . .

18. 19. 20. 21. 22. 23.

V.

Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen General Problems of Syntax in Slavic Languages

24.

Peter Kosta, Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax: Minimalism, Negation, and Clitics / Ziele, Theorie und Methoden der slavischen generativen Syntax: Minimalismus, Negation and Klitika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gladrow, Gegenstände der funktionalen Syntax / Object of Functional Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steven Franks, Principles of Generative Syntax / Prinzipien der generativen Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25. 26.

VI.

Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Morphosyntactic Relations and Elementary Sentence Patterns

27.

Wolfgang Gladrow, Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas / Morphosyntactic Relations and Phrase Structure . . Greville G. Corbett, Agreement / Kongruenz . . . . . . . . . . . . . . . Steven Franks, Case Assignment in Quantified Phrases / Kasuszuweisung in quantifizierten Phrasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28. 29.

161 176 188

200 209 225 237 262 269 275

282 317 324

334 342 355

Inhaltsverzeichnis / Contents 30. 31. 32.

xxix

Gerd Hentschel, Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate / The Morphosyntactic Marking of Secondary Predicates . . . . Peter Kosta, Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen / Parts of the Speech and Impersonal Constructions in Slavic Stephanie Harves, Unaccusativity / Unakkusativität . . . . . . . . . .

VII.

Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz The Modification of the Proposition and Grammatical Categories in Slavic Sentence

33.

Joanna Błaszczak, Negation and Clause Structure / Negation Satzstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bjørn Hansen, Modals / Modalauxiliare . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Zimmermann, Satzmodus / Sentence Mood . . . . . . . . . . Andreas Späth, Imperativsatz / The Imperative Sentence . . . .

34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.

und . . . . . . . . . . . .

Viktor S. Xrakovskij, The Conjunctive (Conditional) / Der Konjunktiv (Konditional) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Lehmann, Aspekt und Tempus im Slavischen / Aspect and Tense in Slavic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karel Šenkeřík, Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch / Aspect and Tense in Czech Sentences . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Madlena Norberg, L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus / L1- vs. L2-Acquisition/Bilingualism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . František Štícha, Argument-Prädikat-Struktur und Dezentrierung / Argument-Predicate-Structure and Decentralization . . . . . . . . . .

VIII.

Der komplexe Satz im Slavischen The Complex Sentence in Slavic

42.

Snježana Kordić, Komplexe Satzmuster / Patterns of Complex Sentence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Kuße, Zur Syntax der Koordination / On Syntax of Coordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barbara Kunzmann-Müller, Juxtaposition / Juxtaposition . . . . . . . Lilia Schürcks, On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction / Zur Syntax der Ellipse und Konjunktionsreduktion . . . . . . . . . . . Otakar Šoltys/Marie Těšitelová, Sentence Equivalents / Satzäquivalente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43. 44. 45. 46.

IX.

Wortstellung im Slavischen Word Order in Slavic

47.

Peter Kosta/Lilia Schürcks, Word Order in Slavic / Wortstellung im Slavischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

369 391 415

431 468 484 509 520 526 556 556 582

592 608 618 628 639

654

xxx

Inhaltsverzeichnis / Contents 48. 49. 50. 51.

Uwe Junghanns/Gerhild Zybatow, Grammatik und Informationsstruktur / Grammar and Information Structure . . . . . . . . . . . . . Olga T. Yokoyama, Discourse, Sentence Intonation, and Word Order / Diskurs, Satzintonation und Wortstellung . . . . . . . . . . . . . . Željko Bošković, Scrambling / Scrambling . . . . . . . . . . . . . . . . Steven Franks, Clitics in Slavic / Klitika im Slavischen . . . . . . . . .

X.

Das Lexikon der slavischen Sprachen The Lexicon of the Slavic Languages

52.

Alicja Nagórko, Struktur des Lexikons / The Structure of the Lexicon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingeborg Ohnheiser, Verfahren und Mittel der Nomination / Methods (Procedures) and Means of Nominalization . . . . . . . . . . Swetlana Mengel, Wortbildungsbedeutung / Word Formation Meaning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alicja Nagórko, Diminutiva / Augmentativa und Kollektiva / Diminutives / Augmentatives and Collectives . . . . . . . . . . . . . . . . Valerij Mokienko, Phraseologie / Phraseology . . . . . . . . . . . . . . Valerij Mokienko, Phraseologische Einheiten / Phraseological Units Lennart Lönngren, Word Frequency in Slavic (with an Emphasis on Russian) / Wortfrequenzen im Slavischen (mit einem speziellen Schwerpunkt auf dem Russischen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53. 54. 55. 56. 57. 58.

XI.

Semantik der slavischen Sprachen Semantics of the Slavic Languages

59.

Igor M. Boguslavskij/Leonid L. Iomdin, Moscow Semantic School / Die Moskauer semantische Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Kosta, Prototypensemantik und Stereotypen / Prototype Semantics and the Notion of Stereotypes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Wierzbicka, The Theory of the Mental Lexicon / Theorie des mentalen Lexikons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Šrámek, Semantik der Eigennamen / Semantics of Proper Nouns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lidia Iordanskaja/Igor Mel’čuk, Connotation (in Linguistic Semantics) / Konnotation in der linguistischen Semantik . . . . . . . . . . . . Brigitte Bartschat, Die Beziehung von lexikalischer Bedeutung und innerer Form / The Relation between Word Meaning and Inner Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Rathmayr, Die Semantik der Partikeln und der sogenannten Diskurswörter / The Semantics of Particles and ‘Discourse Words’ Alexander Kiklevič, Die Semantik der logischen Wörter / The Semantics of Logical Words . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60. 61. 62. 63. 64.

65. 66.

684 707 714 725

739 758 775 782 792 802

809

813 828 848 863 875

883 889 902

Inhaltsverzeichnis / Contents 67. 68.

69.

Tanja Anstatt, Typen semantischer Relationen / Types of Semantic Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Frasek, Das Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur / The Relationship between Lexical Semantics and Syntactic Structure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Kuße, Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik / The Relationship between Semantics and Pragmatics . . . . . . . . . . . .

XII.

Textlinguistik der slavischen Sprachen Slavic Text Linguistics

70. 71. 72. 73. 74.

Daniel Weiss, Textkohärenz / Coherence of Texts . . . . . . . . . . . . Doris Burkhardt, Anaphorische Mittel / Anaphorical Means . . . . . Imke Mendoza, Anaphorische Mittel: Konnexion / Anaphorical Means: Connection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingeborg Ohnheiser, Funktionalstile / Functional Styles . . . . . . . . Rolf-Rainer Lamprecht, Textsorten / Types of Texts . . . . . . . . . .

XIII.

Deixis in den slavischen Sprachen / Deixis in Slavic

75. 76.

Imke Mendoza, Lokaldeixis / Local Deixis . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Betsch/Tilman Berger, Anredesysteme / Address Systems .

XIV.

Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen Dialog Theory, Discourse Analysis, and Speech Act Theory in the Slavic Languages

77.

Peter Kosta/Nadine Thielemann, Gesprächsanalyse / Discourse Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Brehmer, Höflichkeit / Politeness . . . . . . . . . . . . . . . . Milada Hirschová, Speech Acts in Slavic Languages / Sprechakttheorie in den slavischen Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Thielemann, Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch / Gender-Specific Usage of Language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Guttke, Der institutionell determinierte politische Diskurs in (post)kommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas / Institutionally Determined Political Discourse in Post-Communist Middle and Eastern European Countries . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78. 79. 80. 81.

xxxi

906

916 924

942 962 982 991 1000

1011 1019

1029 1047 1055 1091

1106

xxxii

Inhaltsverzeichnis / Contents

Band 2 / Volume 2 XV. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90.

XVI. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99.

Vorgeschichte der slavischen Sprachen und Sprachkontakt Vorhistorische Periode Ethnogenese und Urheimat der Slaven Baltoslavisch Älteste Zeugnisse aus der vorschriftlichen Periode Zerfall der Spracheinheit Ethnolinguistische Forschungsansätze Substrate auf slavischem Sprachgebiet: Südslavisch Finnougrisch-slavische Sprachkontakte Turksprachlich-slavische Sprachkontakte

Altkirchenslavisch und Kirchenslavisch Kirchenslavisch Die Struktur des Altkirchenslavischen Ostslavisch-russische Tradition Serbische Tradition Kroatische Tradition Slavia orthodoxa und Slavia romana im Vergleich Modernes Kirchenslavisch (Neukirchenslavisch) Wirkungsgeschichte des Kirchenslavischen Äußerungen des Sprachbewusstseins bei den orth. Slaven

XVII.

Frühe volkssprachliche Überlieferungen

100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108.

Frühe volkssprachliche Überlieferung Das Altostslavische Russische Kanzleisprache des 16. und 17. Jhs. Das Altwestrussische Tschechisch Polnisch Kroatisch Slovenisch Nichtverschriftete slavische Sprachen: Das Polabische

XVIII. Slavische Standardsprachen 109. 110. 111.

Herausbildung der slavischen Standardsprachen Herausbildung der Standardsprache: Russisch Herausbildung der Standardsprache: Ukrainisch und Weißrussisch

Inhaltsverzeichnis / Contents 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119.

Herausbildung der Standardsprache: Polnisch Herausbildung der Standardsprache: Tschechisch und Slovakisch Herausbildung der Standardsprache: Slovenisch Herausbildung der serbischen und der kroatischen Standardsprache Herausbildung der Standardsprache: Bulgarisch Formation of the Standard Language: Macedonian Herausbildung der Standardsprache: Sorbisch Projekte einer gesamtslavischen Standardsprache

XIX.

Schrift- und Lautgeschichte der slavischen Sprachen

120. 121. 122. 123. 124.

Zur Geschichte der Schriftsysteme bei den Slaven Geschichte und Entwicklung der Glagolica Geschichte und Entwicklung der Kyrillica History and Development of the Latin Writing System in the Slavic Languages Zur diachronen Phonologie der slavischen Sprachen

XX.

Historische Morphologie der slavischen Sprachen

125. 126. 127.

Slavic Historical Morphology: Slavic Noun Classes / Die Entwicklung der Morphologie (Nominalklassen) im Slavischen Die Entwicklung der Verbalklassen im Slavischen Die hist. Entw. des slav. Flexionsakzentes

XXI.

Entwicklung der slavischen Morphologie

128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135.

Entwicklung grammatischer Kategorien Entstehung der Kategorie der Belebtheit/Personalität Entstehung der Kategorie der Determiniertheit Entstehung des Verbalaspekts Umbau des Tempussystems Umbau des Partizipialsystems Modi Modus: Narrativ

XXII.

Historische Syntax der slavischen Sprachen

136. 137. 138. 139. 140.

Ziele und Aufgaben der historischen Syntax Der einfache Satz Erweiterung des einfachen Satzes Zusammengesetzter Satz: Parataxe Zusammengesetzter Satz: Hypotaxe

xxxiii

xxxiv 141. 142.

Inhaltsverzeichnis / Contents Griechische Einflüsse auf die slavische Syntax Lateinische Einflüsse auf die slavische Syntax

XXIII. Historische Lexikologie der slavischen Sprachen 143. 144. 145. 146. 147.

Grundfragen der historischen Lexikologie der slavischen Sprachen Jüngere Lehnwortschatzschichten der slavischen Sprachen Westeuropäische Einflüsse in der Wortbildung Ausgewählte lexikalisch-semantische Gruppen / Selected lexicalsemantic groups (Colour Terms, Kinship Terms) Phänomene der historischen Phraseologie der slavischen Sprachen

XXIV. Grammatikschreibung bei den Slaven 148. 149. 150.

158.

Slavische Grammatikschreibung Grammatikschreibung in der Slavia orthodoxa Grammatikschreibung bei den Tschechen und Slovaken bis zur Aufklärung Grammatikschreibung bei den Slovenen Grammatikschreibung bei den Sorben (bis zum Ende d. 19. Jh.) Grammatikschreibung bei den Südslaven bis zur Aufklärung Die Universalgrammatik in der Slavia Grammatiken der russischen Standardsprache Grammatiken der ukrainischen und der weißrussischen Standardsprache Grammatiken der tschechischen und der slovakischen Standardsprache Grammatiken der südslavischen Standardsprachen

XXV.

Slavische Lexikographie

159. 160.

Dialektlexikographie Phraseographie

151. 152. 153. 154. 155. 156. 157.

XXVI. Standardologie 161. 162. 163. 164. 165. 166.

Die sprachliche Situation in der Slavia heute Typen slavischer Standardsprachen Rechtlicher und faktischer Status slavischer Standardsprachen und Sprachenkonflikte Sprachenpolitik in Staaten mit slavischen Mehrheitssprachen Sprachenpolitik in Staaten mit slavischen Minderheitssprachen The System of Norms, Language Codification and Usage (Polish) Norm, Kodifikation und Usus am Beispiel des Polnischen

Inhaltsverzeichnis / Contents 167. 168. 169.

New Approaches to Standardization in the South Slavic Language Area Slav. Kleinschriftsprachen mit komplementärer Funktion zu slavischen Standardsprachen Slavische Sprachen in der sakralen Sphäre

XXVII. Varietäten slavischer Sprachen 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187.

Territoriale Dialekte Zustand und Perspektiven der Dialekte Theorie des Dialekts (deskriptiv) Theorie des Dialekts (historisch vergleichend) Dialect Atlases (East Slavic) Dialektatlanten (westslavisch) Dialektatlanten (südslavisch) Regionale Dialektatlanten (ostslavisch) Regionale Dialektatlanten (westslavisch) Gesamtslavischer Sprachatlas Sprachatlas des Karpatenraums Sprachinseln (russisch) Sprachinseln (kroatisch) The Slavonic Languages in Émigré Communities Stadtsprache (tschechisch) Soziolekte in der Slavia Soziolekte (serbisch/kroatisch) Soziolekte (bulgarisch) / Bulgarian Sociolects

XXVIII. Typologische Aspekte der slavischen Sprachen 188. 189. 190.

Gesamtansätze zur Typologie der slavischen Sprachen Morphologische Typologie der slavischen Sprachen Wortstellungstypologie der slavischen Sprachen

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen 1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie 1. 2. 3. 4. 5.

Einleitung Phonetik und Phonologie Orthographie und Schrift Flexionsmorphologie Literatur (in Auswahl)

Abstract The present article serves as an introduction to the first chapters of the present handbook, which are devoted to the phonetic and phonological as well as the written representation of the Slavic languages, and to the paradigmatic structure of their grammar, i. e. to word classes, grammatical categories, inflectional types etc.

1.

Einleitung

Im Folgenden wollen wir versuchen, zunächst einen Überblick über die im Titel des Beitrages genannten Sprachebenen mit Bezug auf die slavischen Sprachen zu geben, indem wir wichtige Phänomene und Probleme benennen, Ansätze und bisherige Erkenntnisse skizzieren, um auf diese Weise die nachfolgenden Artikel, die einzelnen Fragen gewidmet sind, in einen größeren Kontext zu setzen. Entsprechend der Konzeption der beiden Bände zu den slavischen Sprachen, bei denen der erste im wesentlichen der Synchronie gewidmet ist, während der zweite diachrone Darstellungen, aber auch Kapitel zur sozialen und geographischen Variation sowie zu typologischen Betrachtungen zu den slavischen Sprachen enthält, nimmt dieser einleitende Beitrag vor allem einen synchronen Standpunkt ein, methodisch verfolgt er einen strukturalistischen Beschreibungsansatz, der das System der jeweiligen Ebene, d. h. die Elemente sowie ihre Kombinatorik oder zu beobachtende Prozesse im Blick hat.

2. Phonetik und Phonologie 2.1. Phonemzahl und Konsonantenhaltigkeit Phonologisch sind die slavischen Sprachen zunächst dadurch gekennzeichnet, dass sie fast durchweg eine „normale“ Phonemzahl ⫺ nach der Klassifikation von Lehfeldt

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen (1975) ⫺ aufweisen. ‚Normal‘ in diesem Sinne sind alle Sprachen mit einem Phoneminventar von 19 bis 47 Phonemen. Die slavischen Sprachen liegen mit ihren Systemen alle in diesem Bereich. Die genauen Zahlen schwanken und hängen natürlich von bestimmten Deskriptionsentscheidungen ab. Im Russischen z. B. beeinflusst die Frage, ob die Phone [i] und [y] als Allophone eines einzigen Phonems oder als zwei getrennte Phoneme betrachtet werden, die Gesamtzahl der angesetzten Phoneme ebenso wie die Frage, ob die palatalen verlaren Laute [g’, k’, x’] als Phoneme betrachtet werden usw. Im Serbischen und im Kroatischen kann analog die Frage, ob die dort existierenden vier Töne (langfallend, kurzfallend, langsteigend, kurzsteigend) eigene Phoneme sind oder womöglich die Zahl der Vokale, auf denen sie auftreten, vervielfachen, die Frage des Phoneminventars. Die Frage der Phonemzahl hat, wie man weiß (vgl. Köhler 1986) u. a. einen Einfluss auf die durchschnittliche Wortlänge der betreffenden Sprache. Dass der Einfluss dieser Größe u. U. schwierig nachzuweisen ist, zeigt u. a. die Arbeit von Kempgen (1990), in der es um die Frage geht, ob sich das Bulgarische und das Makedonische, die sich im Wesentlichen phonologisch durch einen freien (Bulg.) bzw. festen (Mak.) Akzent auszeichnen, in Bezug auf ihre Wortlänge signifikant unterscheiden. Die slavischen Sprachen unterscheiden sich in ihrem Inventar aber auch danach, in welchem Verhältnis die Subsysteme der Vokale und der Konsonanten zueinander stehen. Einige Sprachen haben ⫺ neben der überall vertretenen Stimmhaftigkeitskorrelation ⫺ eine geringer ausgebaute Palatalitätskorrelation, dafür aber ein differenzierteres Vokalsystem (Beispiel: Kroatisch), während umgekehrt andere Sprachen die Palatalitätskorrelation sehr weit ausgebaut haben (Beispiel: Russisch), dagegen ein einfacheres Vokalsystem haben. Als erster hat Isačenko (1939/40) auf diese Gegensätze unter den slavischen Sprachen systematisch aufmerksam gemacht (zu einer kritischen Betrachtung aus heutiger Sicht und einem Vergleich mit neueren Arbeiten vgl. Kempgen 1991).

2.2. Phonemkombinatorik und Silbenstrukturen Die Phonemkombinatorik ist es, die einzelnen Sprachen ⫺ auch bei ansonsten gleichen Elementen im Inventar ⫺ ihr jeweils besonderes Gepräge gibt, wie schon Trubetzkoy erkannt hat. Die Phonemkombinatorik etlicher slavischer Sprachen ist näher untersucht worden, wobei nicht nur das Russische eine besondere Aufmerksamkeit erfahren hat. Zu untersuchen sind die Kombinatorik von Phonempaaren, von Dreierketten, Viererketten usw. Als Beispiele für entsprechende Untersuchungen seien etwa Rehder (1970 ⫺ Makedonisch), Kempgen (1995a ⫺ Russisch), Pilch (1967 ⫺ Russisch), Horecký (1966 ⫺ Slovakisch) genannt. Im vorliegenden Handbuch vertieft der Beitrag von I. Sawicka diesen Phänomenbereich. Eine Frage, die eng mit der Phonemkombinatorik zusammenhängt, ist die Untersuchung der Silbenstrukturen in den slavischen Sprachen. Sie realisieren ausnahmslos Ketten von offenen Silben (d. h. Silbenstrukturen des Type CV-CV-CV-CV), in der Regel auch Ketten mit Konsontenverbindungen (CCV, CCVC, CCCV, CCCVC usw.). Welche Silbenstrukturen im einzelnen existieren, wie lang solche Konsonantencluster im Silbenanlaut bzw. Silbenauslaut werden können, wie symmetrisch bzw. asymmetrisch solche Strukturtypen sind, wie sich der Wortanfang im Verhältnis zum Wortaus-

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie laut darstellt (spiegelbildlich?), dies sind alles Fragen, die auf dieser Ebene im einzelnen zu untersuchen sind. Mit etlichen dieser Fragen hat sich ⫺ und zwar in Bezug auf viele slavische Sprachen ⫺ Lekomceva (1968) beschäftigt. Ihre Studie ist immer noch aktuell. Offene Silben waren für die slavischen Sprachen in der Phase ihrer (gemeinsamen) Geschichte eine Zeitlang generell charakteristisch, bis durch die Weiterentwicklung der sog. „Halbvokale“ (Aufwertung zu Vollvokalen oder Ausfall) neue Silbenstrukturen entstanden sind. Wenn Silben untersucht werden sollen, so muss ⫺ außer bei einsilbigen Wörtern ⫺ vorher das Problem der Silbentrennung gelöst werden, d. h. die Frage, wie längere Konsonantencluster in einen Auslaut der ersten Silbe und einen Anlaut der zweiten Silbe zu segmentieren sind. Einen typologisch fundierten, phonologisch (auf der Phonemkombinatorik im Wortanlaut bzw. Wortauslaut) basierten Ansatz hat dazu Lehfeldt (1971) entwickelt; von Kempgen (2003) wurde er auf das Russische übertragen und präzisiert. Die Erkenntnisse zeigen allgemein, dass die slavischen Sprachen (anderen Sprachen hierin vermutlich nicht unähnlich) eher einen längeren Silbenanlaut kennen als einen langen Silbenauslaut. Ab einer bestimmten Komplexität (z. B. CCCV-) werden ausgewogenere Modelle (CCCVC, CCCVCC) statt noch extremerer Varianten (CCCCV) bevorzugt.

2.3. Assimilationen, Dissimilationen und Alternationen Auf phonetisch-phonologischer Ebene stellen sich etliche Fragen, auf die eine Beschreibung Antwort geben muss. Einige Merkmale sind trivial, andere, zumal distinktive, sollen hier genannt werden. Zu den distinktiven Merkmalen gehört z. B. die Frage, ob die betreffende slavische Sprache eine Auslautverhärtung hat (die meisten) oder nicht (Kroatisch). Die Wiedergabe (oder eben Nicht-Wiedergabe) dieses Phänomens in phonologischer Schreibweise hängt u. a. damit zusammen, wie lautnah bzw. wie schriftnah phonologische Notationen sind. In dieser Frage unterscheiden sich einige „Schulen“ in der slavischen Phonetik bzw. Phonologie, von denen wenigstens ein Teil im vorliegenden Handbuch auch vorgestellt wird ⫺ vgl. den Beitrag von L. Bondarko. Zu den Fragen, die in der Phonetik zu behandeln sind, gehören u. a. alle Phänomene Assimilationen bzw. Dissimilationen, einschließlich der Frage, in welcher Richtung sie ablaufen. Zu den typischen Erscheinungen in den slavischen Sprachen gehört vor allem die sehr regelmäßig anzutreffende progressive Stimmtonassimilation in Konsonantengruppen, vgl. etwa russ. sbornik ‚Sammelband‘ [zbornik]. Dass eine solche Assimilation nur beim Vergleich der lautlichen Ebene mit der Ebene der Orthographie überhaupt als Phänomen in den Blick kommen kann, sei an dieser Stelle noch einmal betont. Diese Art der Assimilation wirkt auch über die grammatische Wortgrenze hinaus, nämlich in sog. ‚phonologischen Wörtern‘ (die aus mehreren Wortformen, in der Regel zweien, bestehen können, wobei zwischen diesen Einheiten keine Pausen realisiert werden und die gesamte Einheit auch nur einen Akzent (oder Hauptakzent) trägt). Diese Assimilation erfolgt also ⫺ anders als z. B. im Deutschen ⫺ gegebenenfalls auch über Morphemgrenzen hinweg. Assimilationen nach der Palatalisierung kommen in Konsonantenclustern ebenfalls vor, vgl. etwa russ. stena ‚Wand‘ [s’t’en'a], doch bei weitem nicht so ausgeprägt wie die Stimmtonassimilation, außerdem ist sie, im Russischen wenigstens, teilweise auf dem Rückzug begriffen. (Zur sog. älteren ‚Moskauer

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Norm‘ des 19. Jhs. gehörte eine sehr viel umfangreiche Palatalisierungsassimilation als zur gegenwärtigen Hochlautung dieser Sprache.) Die regressive Stimmtonassimilation kommt demgegenüber sehr viel seltener vor ⫺ sie ist z. B. im Poln. anzutreffen. Auf der Ebene der Wortphonetik ist weiter die Frage der sog. Vokalreduktion zu untersuchen und für die slavischen Sprachen von einiger (jedoch unterschiedlicher) Wichtigkeit. Das Russische beispielsweise hat eine ausgeprägte quantitative wie qualitative Vokalreduktion in unbetonten Silben, wobei drei Positionen unterschieden werden: in der ersten Silbe vor dem Ton erfolgt eine schwächere Reduktion als in den übrigen Silben vor dem Ton bzw. als in allen Silben nach dem Ton. Der Zusammenfall der unbetonten Vokale [o] und [a] in unbetonter Stellung in einem [] ist das Phänomen, das ‚Akanje‘ genannt wird ⫺ es charakterisiert das Weißrussische gleichzeitig als orthographisches Prinzip. Der Zusammenfall der unbetonten Vokale [i] und [e] in einem [ı] wird im Russischen das ‚Ikanje‘ genannt. Im Bereich der Konsonanten gibt es dialektal Phänomene wie das Cokanje (Zusammenfall von [č] und [c]). Ein wichtiges phonetisches Thema ist auch die Quantität der Laute, ihre Koppelung an die Akzentstelle (so im Russ.) oder mehr oder weniger große Unabhängigkeit vom Akzent (Quantitäten in allen Silben, nur in einigen oder nur in einer unbetonten Silbe ⫺ Tschechisch, Slovakisch). Die Quantität kann also distinktives oder komitatives Merkmal sein. Zu den phonetischen bzw. phonologischen Erscheinungen, die in den slavischen Sprachen relativ schwach ausgeprägt sind, gehört beispielsweise die Silbenharmonie. Als typischer Vertreter einer Sprache mit diesem Merkmal wird gewöhnlich das Ungarische benannt, aber auch das Bulgarische kennt ⫺ ganz rudimentär ⫺ diese Erscheinung. In dieser Sprache weist der alte Laut Jat (transliteriert ě) zwei Entsprechungen auf (d. h. er hat sich aufgespalten und ist selbst weggefallen), die davon abhängen, ob in der Folgesilbe ein vorderer oder ein nichtvorderer Vokal steht. Diese beiden Varianten sind /ja/ und /e/. Vgl. etwa bjalo ‚weißes‘ (neutr.), jedoch beli ‚weiße‘ (Pl.). Die Pause ist gilt als nichtmarkierte Position, deshalb bei Nullendung /ja/: bjal ‚weißer‘ (masc.). Der Artikel von E. Stadnik-Holzer geht ausführlich auf die phonetischen Phänomene im einzelnen ein, so dass wir uns an dieser Stelle auf diesen kurzen Überblick beschränken können. Weiteres zu Arten der Assimilation und ihren Details finden sich in dem Beitrag von L. Bondarko in diesem Handbuch.

2.4. Akzent Zu den phonologisch relevanten Merkmalen der slavischen Sprachen gehört auch die Frage des Akzentes. Er kann in den slavischen Sprachen fest (d. h. an eine bestimmte Wortsilbe gebunden) oder frei (d. h. nicht an eine bestimmte, allgemein angebbare Wortsilbe gebunden) sein. Zu den Sprachen mit einem festen Wortakzent gehören das Tschechische (Initialakzent, d. h. Wortakzent auf der ersten Silbe), das Polnische (Akzent auf der Paenultima, d. h. auf der vorletzten Silbe) sowie das Makedonische (Antepaenultimaakzent, d. h. Akzent auf der drittletzten Silbe). Dieser feste Akzent, der in der Flexion, vor allem im Polnischen, durchaus auch ein beweglicher Akzent sein kann, erfüllt in diesen Sprachen vor allem in der Rede delimitative, abgrenzende Funktionen:

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie er signalisiert dem Hörer die Gliederung des Redestromes in Wortformen, hat also eine kommunikative Funktion. Der feste Akzent ist, historisch betrachtet, gegenüber dem freien Akzent die jüngere Erscheinungsform. Der feste Akzent ist dann zugleich ein unbeweglicher Akzent, wenn er ein Initialakzent ist und wenn ⫺ wie in flektierenden Sprachen üblich ⫺ der Wortanfang in der Paradigmatik unverändert bleibt. Der feste Akzent ist ein beweglicher Akzent, wenn ⫺ wie in flektierenden Sprachen üblich ⫺ der Wortauslaut verschiedene Endungen aufweist und diese Endungen eine verschiedene Silbenzahl aufweisen können. Dieses Modell finden wir beispielsweise im Polnischen. Für die grammatische Beschreibung ist der feste Wortakzent relativ unproblematisch, auch wenn eine kleinere (Polnisch) oder größere (Makedonisch) Zahl von Fremdwörtern, die sich der jeweils geltenden allgemeinen Regel entziehen, das hier mit einfachen Strichen gezeichnete Bild ‚in Wirklichkeit‘ etwas komplexer gestalten. Historisch dagegen ist es eine überaus interessante Frage, wie sich ein bestimmter fester Akzent aus einem freien Akzent entwickelt, warum sich ein bestimmter Typ entwickelt usw. Der freie Akzent, der ⫺ auf die ganze Sprache betrachtet ⫺ an keine feste Silbe gebunden ist (in jedem einzelnen Lexem jedoch sehr wohl eine genau festgelegte Silbenposition aufweist), ist für die slavischen Sprachen charakteristisch und stellt eine ihrer großen Schwierigkeiten beim Erlernen dieser Sprachen dar. Typisch ist für die slavischen Sprachen, dass sich das Merkmal ‚frei‘ eben auch noch mit dem Merkmal ‚beweglich‘ kombiniert, was eine empirische Beobachtung, keine logische Notwendigkeit ist. Mit diesem Phänomenbereich, insbesondere auch den Beschreibungsansätzen, mit denen man auch bei einem freien Akzent eine systematische Strukturierung nachweisen kann, beschäftigt sich der Beitrag von K. Krüger im vorliegenden Band, mit dem festen Akzent ausführlich der Beitrag von R. Hammel. Der melodische Akzent ist Gegenstand des Beitrages von J. Gvozdanović. Alle Fragen der phonetischen Ebene genauso wie natürlich auch diejenigen der phonologischen Ebene können und sind in etlichen Hinsichten mit statistischen Methoden untersucht worden. Ein Überblick zum Russischen findet sich beispielsweise in Kempgen (1995b), ein historischer Überblick jetzt bei Kehlich (2008).

3.

Orthographie und Schrift

3.1. Schriftsysteme und Schriftwechsel Im Bereich der Orthographie lassen sich mehrere große Phänomen- und Problembereich benennen, die für die slavischen Sprachen einschlägig sind. Auf der grundlegenden Ebene der Schriftsysteme selbst ist es die Frage, in oder mit welcher Schrift eigentlich eine bestimmte Sprache geschrieben wird: lateinisch oder kyrillisch? Dies wäre eine synchron formulierte Frage, die bei einer nur geringen Ausweitung des zeitlichen Horizontes auch mit drei Antwortmöglichkeiten gestellt werden könnte: lateinisch, glagolitisch oder kyrillisch? Arabisch und griechisch kommen bei einer historischen Perspektive ebenso in den Blick. Zu den Themen, die von der Schriftlinguistik behandelt und untersucht werden, gehören u. a. Fragen wie der Schriftwechsel (sollte man das Kyrillische zugunsten des

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Lateinischen aufgeben?), in systematischer (wie historischer Sicht) auch die Frage nach einem optimal an eine Sprache angepassten Schriftsystem (neue Zeichen erfinden? Diakritika verwenden?), nach der möglichen Weiterentwicklung von Schriftsystemen, nach der empfundenen bzw. tatsächlich vorhandenen Bedrohung des eigenen Schriftsystems (eine Erscheinung, die z. B. aktuell gerade in Makedonien, aber nicht nur dort, eine Rolle spielt und zu einer Kampagne zur Stärkung und Förderung der Kyrillica geführt hat), nach der inneren Struktur von Schriftsystemen und ihren Elementen (dazu vgl. zu slavischem Material Kempgen 1993) u. a. m. Für die slavischen Sprachen lässt sich die erste Frage zunächst so beantworten: lateinisch schreiben die westeuropäisch, von der katholischen Kirche beeinflussten Kulturräume (Polnisch, Sorbisch, Tschechisch, Slovakisch, Slovenisch, Kroatisch), kyrillisch schreiben die von Byzanz beeinflussten und von der orthodoxen Kirche geprägten Sprachen (alle drei ostslavischen Sprachen, d. h. Russ., Weißruss. und Ukr., dazu die Balkansprachen Bulg., Mak. und Serbisch). Einen Schriftwechsel hat es ⫺ historisch gesehen ⫺ im slavischen Raum mehrfach gegeben, allerdings nur einen wirklich bedeutenden, wenn wir die nicht-slavischen Völker der Sowjetunion einmal unberücksichtigt lassen: den Wechsel von der ursprünglichen glagolitischen Schrift zur neuentwickelten kyrillischen bei den Bulgaren und Makedoniern. Zu nennen wäre noch die Aufgabe des Kyrillischen und des Glagolitischen zugunsten des Lateinischen im kroatischen Sprachraum ⫺ eine Entwicklung, die sich über viele Jahrhunderte hingezogen hat und erst in der jüngeren Vergangenheit (Anfang des 20. Jh.) ihren Abschluss gefunden hat. Erwähnen kann man ebenfalls den ⫺ anders gearteten ⫺ Schriftwechsel vom Glagolitischen zum Lateinischen nach dem Ende der kyrillomethodianischen Mission in Böhmen, den Wechsel vom Griechischen zum Altkirchenslavischen (in seinen beiden Varianten, glagolitisch und kyrillisch) im bulgarischen Reich (was gleichzeitig auch einen Wechsel der Sprache bedeutete) und anderes mehr. Auf einen Teil dieser Phänomene wird in einem Beitrag im zweiten Band dieses Handbuches eingegangen. Thematisieren kann man auch die Frage der „Renaissance“ von Schriften ⫺ ein Phänomen, das man aktuell in zweifacher Hinsicht beobachten kann. Zum einen hat in Kroatien das Glagolitische eine spürbare Renaissance erlebt, die sich allerdings mehr in einer zitierenden Benutzung bei einzelnen Wörtern niederschlägt, nicht in einem echten Schriftgebrauch. Zu beobachten ist hier aber auch ein neues Bewusstsein, dass die kroatische Kulturgeschichte mit der (eckigen) Glagolica ein unverwechselbares, eigenes, sonst von keinem Land in diesem Umfang genutztes Schriftmedium aufweist. In allen kyrillisch schreibenden Ländern hat, zum zweiten, die kirchenslavische Schrift eine ungeheure neue Populärität erreicht, und zwar mit dem und seit dem Ende des Ostblocks, während dessen ganzer Existenz sie nicht öffentlich genutzt wurden, nicht genutzt werden konnte. Heute ist diese Schrift im ganzen ostslavischen wie südslavischen Raum wieder allgegenwärtig, allerdings häufig mit bestimmten Fehlern in der Anwendung. Konkrete Diskussionen zum Schriftwechsel hat es in den 20er Jahren des 20. Jhs. in Russland unter Lenin gegeben. Damals gab es durchaus ernsthafte Überlegungen, ob die kyrillische Schrift nicht aus praktischen Gründen zugunsten des Lateinischen aufgegeben werden sollte. Entsprechend war die Leninsche Sprachpolitik ursprünglich nicht auf eine Propagierung des Kyrillischen zum alleinigen Gebrauch in der Sowjetunion ausgerichtet. Eine ‚gefühlte‘ Bedrohung der Kyrillica gibt es aktuell etwa in Makedonien. Durch die Zweisprachigkeit in Teilen des Landes (Albanisch neben dem Makedo-Slavischen)

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie gibt es in den gleichen Landesteilen auch den regelmäßigen Gebrauch zweier Schriften ⫺ das Albanische wird stets lateinisch geschrieben, nie kyrillisch. Hinzu kommt ⫺ in verschiedenen Ländern in unterschiedlichem Maße ⫺ eine Anpassung an den internationalen Tourismus, der sich nun einmal faktisch mehr des lateinischen Alphabetes bedient. In Makedonien haben diese beiden Einflüsse aktuell gerade zu einer Kampagne zur Bewahrung der Kyrillica geführt (Go čuvam svoeto „Ich bewahre das Meinige“). Auch in Serbien fühlt man offenbar eine gewisse Bedrohung des Kyrillischen.

3.2. Prinzipien der Orthographie und Orthographiereformen Die slavischen Sprachen lassen sich im Hinblick auf das wichtigste Grundprinzip ihrer Orthographie danach einteilen, ob sie eine eher historisch-morphologische-etymologische Schreibung (z. B. das Russische) realisieren oder ob sie eher das Prinzip verfolgen „schreibe, wie Du sprichst“ (z. B. Kroatisch), das in der Geschichte der entsprechenden Orthographien dann auch als bewusstes Prinzip formuliert worden ist. Von den beiden genannten Prinzipien wird das zweite, das jüngere, als markiertes verstanden, während die historisierende Schreibung sozusagen als unmarkierter Fall gilt. (Historisch freilich ist Schrift immer eine Realisierung des hier als ‚jünger‘ bezeichneten Prinzips.) Von den beiden genannten Hauptprinzipien hat das eine, die phonetische Schreibung, im vorliegenden Handbuch einen eigenen Artikel. Zu Schriftsystemen und ihren orthographischen Prinzipien gehören fast zwangsläufig auch Orthographiereformen. Solche Reformen sind aus der Geschichte der slavischen Sprachen bekannt, aber auch die Gegenwart kennt entsprechende Diskussionen. Akut werden Fragen einer Orthographiereform immer dann, wenn die Schere zwischen der normierten Schreibung und der tatsächlichen Aussprache zu weit auseinanderklafft. Orthographien entwickeln sich prinzipiell langsamer als die Aussprache einer Sprache, weshalb im Laufe der Zeit die genannte Schere immer weiter aufgeht. Orthographiereformen bewirken deshalb einen Sägezahneffekt: sie nähern die Schreibung wieder der Lautung mit einem künstlichen und relativ plötzlich Eingriff wieder an, wonach die weitere Sprachentwicklung das Auseinanderklaffen beider Ebenen wieder von neuem beginnen lässt. Die einflussreichste und bedeutendste Orthographiereform der Neuzeit hat das Russische als unmittelbare Konsequenz der Oktoberrevolution von 1917 erlebt: mehrere Buchstaben wurden (als Dubletten zur Bezeichnung bestimmter Laute) abgeschafft, die Schreibung bestimmter Endungen neu normiert. Diese Schriftreform wurde in ihren wesentlichen Zügen vom Bulgarischen nach dem kommunistischen Putsch von 1945 nachgemacht und übernommen. (Das Makedonische wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg offiziell normiert, konnte also gleich die ‚neue‘ Orthographie verwenden.) Eine kleinere Orthographiereform geht auf die Stalin-Zeit zurück und betrifft die Verwendung des Graphems bei Weißrussen und Ukrainern. Nach seiner Abschaffung wurde es von Exilgruppen weiter benutzt und ist mit dem Ende der Sowjetunion wieder in seine ursprünglichen Alphabete reintegriert worden. So, wie es zu einer Renaissance bestimmter Schriften im slavischen Raum gekommen ist (siehe oben), so ist auch eine gewisse Renaissance einzelner durch Orthographiereformen abgeschaffter Buchstaben zu beobachten. In der russischen kyrillischen

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Schrift beispielsweise findet man gelegentlich wieder einen zitierenden Gebrauch des Jat (ѣ) sowie eine kontextgebundene Verwendung des auslautenden (stummen) Härtezeichens, z. B. im Titel des (schon vorrevolutionären) Börsen- und Wirtschaftsjournals Kommersantъ.

4. Flexionsmorphologie 4.1. Wortarten Ein grundlegendes Problem, das es vor jeder grammatischen Beschreibung zu lösen gilt, ist das der Einteilung der Wortarten. In der Slavistik wird fast durchgängig eine ganz traditionelle Wortartenklassifikation benutzt, die, so ist leider zu konstatieren, in sich inkonsistent ist und oftmals Pseudoprobleme schafft, zumal wenn wortartenbezogene Fragen ontologisch formuliert (und gedacht) werden. Wortarten sind eine grundlegende Klassifikation von Wörtern, die von ihrer Intention her spezieller oder allgemeiner aufgefasst werden kann. Für die slavischen Sprachen mit ihrer ausgeprägten Flexionsmorphologie sind morphologische Kriterien ohne Zweifel wichtig, ohne damit Wortklassifikationen nach syntaktischen, semantischen oder sonstigen Kriterien ausschließen zu wollen. Wichtig ist in jedem Falle die Überlegung, dass Wortarten zu einem bestimmten linguistischen Beschreibungszweck erstellt werden, nicht jedoch, um Antworten auf ontologische Fragen zu bekommen. In einer Sprache mit reicher Flexionsmorphologie braucht man ohne Zweifel eine Wortarteneinteilung, die als Grundlage der grammatischen Beschreibung dienen kann. Zu einem Ansatz, wie man Wortarten widerspruchsfrei ermitteln und konstruieren kann, die ausschließlich auf morphologischen Kriterien beruhen, vgl. Kempgen (1981). In dieser Arbeit werden die von den einzelnen Wortformen ausgedrückten grammatischen Kategorien zur Grundlage der Einteilung gemacht. Als nur ein Beispiel einer konsequent morphologischen Betrachtung sei angeführt, dass für eine grammatische Beschreibung einer Sprache der Unterschied zwischen Konjunktionen und Präpositionen irrelevant ist ⫺ im Hinblick auf ihre Flexion gibt es schlicht keinen Unterschied zwischen diesen beiden Wortgruppen, denn es ist ihnen ja gemeinsam, dass sie überhaupt nicht flektiert werden. Als Beispiel für eine traditionelle Wortart, die inkonsequent konstruiert ist, seien die Numeralia genannt. Zu ihnen gehören in den slavischen Sprachen Wörter, die historisch gesehen Adjektive sind (1⫺4), und solche, die Substantive sind (≥ 5). Ihre unterschiedliche Herkunft äußert sich synchron immer noch in einem verschiedenen Satz an grammatischen Kategorien, so dass ihre Gemeinsamkeit, ihre definierende Grundlage nur semantisch gedacht werden kann, nicht aber morphologisch. Eine morphologische Klassifikation von Wörtern zu Wortarten ist eine spezielle Klassifikation im Sinne von Altmann/Lehfeldt (1973), da sie auf einem Merkmal bzw. einer Merkmalsgruppe beruht. Würde man weitere Kriterien, wie z. B. syntaktische und semantische hinzunehmen, käme man zwangsläufig zu einer mindestens teilweise anderen Klassifikation, die zwar einerseits schon etwas allgemeiner wäre, jedoch dem spezifischen Zweck, als Grundlage der grammatischen Beschreibung im Sinne einer Flexionsmorphologie zu dienen, weniger gut dienen würde.

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie Mit der Hinzunahme von syntaktischen und/oder semantischen Kriterien würde sich z. B. die Klasse der nichtflektierten Wörter, die gar keine grammatischen Kategorien, ausdrücken, weiter zerlegen, z. B. in die traditionell als Präpositionen und Konjunktionen bezeichneten Klassen.

4.2. Grammatische Kategorien Aus dem Abschnitt über die Wortarten ist schon deutlich geworden, dass die Grundlage einer Flexionsmorphologie die Frage ist, über welche grammatischen Kategorien eine Sprache eigentlich verfügt, und das heißt: welche grammatischen Kategorien von den Wörtern dieser Sprache in der Flexion ausgedrückt werden. Zu den indogermanisch gut bekannten grammatischen Kategorien gehören dabei Kasus, Numerus, Genus, Person, Tempus, Genus Verbi und Modus, die in allen slavischen Sprachen vertreten sind, zu spezielleren Kategorien die Definitheit (die nur in einigen slavischen Sprachen grammatisch ausgedrückt wird, z. B. im Kirchenslavischen), zu den Neuentwicklungen der slavischen Sprachen gehört z. B. der Aspekt. Das Verständnis von grammatischen Kategorien, das hier zugrundegelegt wird, ist die von Mel’čuk (1961) ausgearbeitete Konzeption, nach der eine semantische Kategorie grammatisch in einer Sprache ist, wenn sie mehreren Bedingungen genügt: a) ihr Ausdruck ist obligatorisch (für bestimmte Wortklassen, die dadurch gerade definiert werden), b) ihr Ausdruck ist regelmäßig (wodurch sich Flexionsklassen bzw. Paradigmen ergeben), und c) die betreffenden Wortklassen sind groß oder, wenn die Klasse klein ist, so umfasst sie strukturell wichtige Wörter, was z. B. auf die Personalpronomina zutrifft. Grammatische Bedeutungen sind die speziellen Ausprägungen einer grammatischen Kategorie, etwa Singular und Plural als konkrete Werte der Variablen Numerus. In der Flexion müssen immer mindestens zwei grammatische Bedeutungen vorhanden sein, zwischen denen eine obligatorische Auswahl getroffen wird. Eine gewisse Einschränkung dieses Prinzips stellt nur das Genus der Substantive dar, das sie klassifiziert, nach dem sie aber nicht flektiert werden ⫺ anders als die Adjektive. Da das Genus der Substantive aber als funktionales Gegenstück zum Genus der Adjektive gebraucht wird (so ergibt sich das Phänomen der Kongruenz), gilt es ebenfalls als grammatisches Phänomen, zumal zwischen dem Genus und dem Flexionstyp eine Korrelation besteht, die außerdem auch historisch noch enger geworden ist, als sie ursprünglich war. Aufgabe der einzelsprachlichen Beschreibungen ist es demnach, genauere Auskunft darüber zu geben, mit welchen grammatischen Bedeutungen diese grammatischen Kategorien jeweils auftreten, und zwar in synchroner wie diachroner Perspektive, wann eine grammatische Kategorie gegebenenfalls entstanden ist, welches ihre Besonderheiten sind usw. Im vorliegenden Handbuch werden einige wichtige grammatische Kategorien in Einzelartikeln vertieft: im Nominalbereich sind es das Genus, die Definitheit und die Steigerung, im Verbalbereich sind es ⫺ natürlich ⫺ Aspekt und Aktionsart, weiter Tempus, Person und Numerus, ferner der Imperativ; mit dem Renarrativ wird eine in ihrem Status umstrittene Neuentwicklung genauer betrachtet, hinzu kommen der Resultativ und der Konditional. Da es neben dem synthetischen Ausdruck grammatischer Kategorien in den slavischen Sprachen auch einen analytischen gibt, wird auch dieser Bereich thematisiert.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Was die slavischen Sprachen betrifft, so lässt sich generell Folgendes sagen: wenn die Kategorie Kasus vorhanden ist, so ist sie erhalten geblieben ⫺ in einem Teil der Sprachen (Bulg., Mak.) ist sie ⫺ als Teil der Merkmale des Balkansprachbundes abgebaut worden. Ist die Kategorie vorhanden, so unterscheiden sich die slavischen Sprachen insbesondere darin, ob sie den Vokativ erhalten oder aufgegeben haben. Aufgegeben worden ist er im Russ. Erhalten geblieben ist er ⫺ in unterschiedlichem Maße ⫺ in südslavischen Sprachen. Gelegentlich sind erstarrte Restformen zu beobachten, wie russ. bože ‚Gott!‘. Der ursprüngliche Lokativ (so noch im Aksl.) hat sich zu einem Präpositiv gewandelt, da er nur mit Präpositionen verwendet wird. Die Kategorie Numerus, die synkretisch mit dem Kasus auftritt, hatte ursprünglich die ererbten grammatischen Bedeutungen Singular, Dual und Plural. Der Dual ist in den meisten slavischen Sprachen geschwunden und die Bedeutung wird heute entweder grammatisch vom Plural mit übernommen oder, sofern gewünscht, lexikalisch ausgedrückt (‚zwei‘, ‚beide‘). Die Kategorie Person, die mit den Bedeutungen 1. Person, 2. Person und 3. Person auftritt und damit ja nichts anders als die Elemente Sprecher, Hörer und Referenzmenge des Kommunikationsmodells realisiert, ist in allen slavischen Sprachen unverändert geblieben. Das Genus ist mit den drei Bedeutungen masculinum, feminimum und neutrum vertreten ⫺ flektierend bei den Adjektiven, klassifizierend bei den Substantiven. In Kombination mit der Bedeutung Plural ist die Genusunterscheidung oft aufgegeben worden. So wird bei den Adjektiven oder im (neuen) Präteritum der Verben im Plural in der Regel kein Genus mehr unterschieden. Die Definitheit tritt nur in einem Teil der slavischen Sprachen auf ⫺ im Aksl. wird sie in den Langformen (def.) bzw. Kurzformen (indef.) der Adjektive realisiert, im Bulg. und Mak. über den angehängten Artikel. Als „Ersatz“ dienen den slavischen Sprachen Möglichkeiten unterschiedlicher Wortstellung. Die indogermanische Kategorie des Tempus ist in allen slavischen Sprachen vertreten, jedoch oft in einer stark abgebauten Vertretung. Die grammatischen Bedeutungen Präsens und Präteritum gibt es überall als synthetische Formen, das Futur ist eine jüngere Entwicklung, die primär analytisch ausgedrückt wird (sekundär haben auch perfektive Verben eine futurische Bedeutung erlangt). Größere Umbauten hat vor allem das Subsystem der Vergangenheitstempora erfahren. Wiederum gilt: wenn eine Sprache Tempora wie das Imperfekt, den Aorist, Perfekt und Plusquamperfekt hat (z. B. das Aksl.), so hat sie sie bewahrt. Hat eine Sprache einfach nur ein Präteritum, so hat es sich ⫺ meist bei Aufgabe der alten Tempora ⫺ neu entwickelt, und zwar aus dem sog. l-Partizip (einem Partizip des Perfekts). Zu den Sprachen mit umstrukturiertem, vereinfachten Tempussystem im Präteritum gehören z. B. das Russische, die ostund westslavischen Sprachen generell, während die südslavischen Sprachen die alten Vergangenheitstempora eher bewahrt haben. Das Futur hat sich in seiner heutigen grammatikalisierten Form in den slavischen Sprachen erst relativ spät herausgebildet, im Russ. z. B. erst im 17. Jh. Man unterscheidet hier wollen- und werden-Sprachen, je nach dem verwendeten Hilfsverb (das oft nur in erstarrter Form erhalten ist, vgl. bulg. šte und mak. k´e, oder in verkürzter Form, wie z. B. kroat. ću, ćeš, će, ćemo, ćete, ću, alle von ‚wollen‘). Kennzeichnend für die slavischen Sprachen ist, dass das sog. Genus Verbi überall mit einem Aktiv vertreten ist, das eigentliche Passiv jedoch nur bei den Partizipien. In

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie den finiten Flexionsformen übernimmt ein reflexives Aktiv sowohl die Funtion eines Reflexivums wie die des Passivs. Der Modus ist in allen slavischen Sprachen mit dem Indikativ und dem Imperativ vertreten, wobei die Kombination des Imperativs mit der Kategorie Person, die ursprünglich breiter vertreten war (vgl. etwa im Aksl.) oft auf ein Minimum reduziert worden ist (Imp. 2. Sg. und Imp. 2. Pl.). Infinitive sind in den meisten slavischen Sprachen noch vorhanden (nicht im Bulg., Mak.), das Supinum kennt nur das Aksl., später ist es überall geschwunden. Konjunktiv und Optativ werden nicht mehr streng geschieden und sind zusammengefallen, wobei das Flexionsparadigma oft nur noch aus einer erstarrten Partikel, analytisch kombiniert mit dem Präteritum, besteht. Zu den Neuentwicklungen der slavischen Sprachen gehört der Aspekt, der alle Verbformen kennzeichnet, ebenso eine sog. Nacherzählform, die insbes. die südslavischen Sprachen Bulg. und Mak. kennen. Sie wird vom Sprecher verwendet, um den Bezug des Berichteten zur selbst gesehenen Realität zu charakterisieren: war der Sprecher selbst Augenzeuge oder weiß er einen Sachverhalt nur vom Hörensagen? Die Frage, inwieweit die betreffenden Formen vollständige oder defekte Paradigmen bilden, inwieweit sie überhaupt reguläre Bestandteile der Grammatik sind, ist noch nicht befriedigend gelöst. Der Aspekt ist nach einer üblichen Auffassung als funktionaler Ersatz für weggefallene Tempora entstanden. Konsequent ist seine Kombinatorik mit dem Tempus in den Sprachen strikt geregelt, in denen das Tempussystem besonders stark abgebaut wurde (etwas Russ.), während sie in anderen Sprachen (z. B. südslavisch) weniger strikt gehandhabt wird. Im Russischen beispielsweise wird die Kombination von perfektivem Aspekt und Präsens als Futur umgedeutet, während andere Sprachen, in denen der Aspekt noch näher an den Aktionsarten liegt, durchaus ein perfektives Präsens kennen. Generell kann man sagen, dass die Beschreibung des korrekten Gebrauches des Aspektes (nicht jedoch die seiner formalen Bildung) zu den schwierigsten Beschreibungsproblemen der Slavistik gehört. Hier sind entsprechend diverse Schulen und Ansätze zu finden.

4.3. Flexionsparadigmen Für die grammatische Beschreibung sind zunächst die sog. Flexionsparadigment zu bestimmen, d. h. möglichst homogene Gruppen von Wortformen (z. B. 1. Ps. Sg., 2. Ps. Sg., 3. Ps. Sg., 1. Ps. Pl., 2. Ps. Pl., 3. Ps. Pl.). Diese uns selbstverständlich scheinenden Grundlagen der grammatischen Beschreibung sind aber tatsächlich nicht in allen slavischen Sprachen ein triviales Problem. Im Bulg. z. B. weist das Substantiv eine Singularund eine Pluralform auf (Kasus fehlen), an die noch der Artikel angehängt werden kann. Der Artikel hat aber ⫺ mindestens im Masc. ⫺ jeweils eine Form für den Kasus rectus und eine Form für den Kasus obliquus. Das Bulg. kennt ferner eine sog. „Zählform“ (brojna forma), und manche Genera haben auch einen Vokativ. Die Frage, welche und wie viele Formen somit als Formen des substantivischen Flexionsparadigmas als generelles Muster anzusetzen sind, ist demnach gar nicht einfach zu lösen, da es im Grunde bei keinem Lexem ein vollständiges Paradigma gibt, sondern immer nur Untermengen realisiert werden (Namen haben ggfls. einen Vokativ, aber keine Zählform, andere Substantive evtl. eine Zählform, aber keinen Vokativ usw.).

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Zu den Grundfragen gehört auch diejenige, ob die Aspektbildung in die Morphologie oder in die Derivation gehört. Aus der Entscheidung, den Aspekt als grammatische Kategorie zu betrachten, folgt logisch die Zugehörigkeit zur Morphologie. De facto stellt jedoch jede deskriptive Grammatik der slavischen Sprachen die Aspektbildung separat dar und vermischt diese Darstellung nicht mit der Flexion nach Person, Numerus und Tempus.

4.4. Flexionsklassen Die konkreten Flexionsmuster, die ein gegebenes Flexionsparadigma realisieren, variieren in den slavischen Sprachen, sie weisen jedoch Grundmuster auf, die sich folgendermaßen resümieren lassen (etliche Muster zum Russischen finden sich bei Lehfeldt/ Kempgen (1999)). Die Verben haben eine ⫺ nach ihrem Themavokal so benannte ⫺ e-Konjugation und eine i-Konjugation. Diese beiden Konjugationen sind in allen slavischen Sprachen vorhanden und historisch ererbt. Die a-Konjugation hingegen ist eine südslavische Neuerung und nicht überall vertreten. Des Weiteren stellt sich eigentlich nur noch die Frage, inwieweit Reste der athematischen Verben des Indogermanischen in den einzelnen slavischen Sprachen erhalten sind und dabei die Regelmäßigkeit der übrigen Flexionsmuster „stören“. Die Substantive haben an die Genera gekoppelte Flexionsklassen, die ⫺ sofern diese Unterscheidung phonologisch relevant ist ⫺ gegebenenfalls noch nach hartem oder weichem Stammauslaut differenziert werden. Die ursprünglichen sog. konsonantischen Stammklassen sind im Aksl. noch erhalten (r-, s-, t-, m-, n-Stämme), später aber abgebaut worden und heute nur noch in Resten erhalten (Derivation oder als „Ausnahmen“ geltende Pluralformen). Historisch spricht man in den slavischen Sprachen neben den konsonantischen von o-Stämmen, u-Stämmen, i-Stämmen und a-Stämmen. Wobei von diesen synchron nur noch die a-Deklination und die i-Deklination (als typische Flexionsklasse der femininen Substantive) erhalten sind, während die o- und die uDeklination weitgehend verschmolzen und zur Deklinationsklasse der masculinen wie neutalen Substantive geworden sind.

4.5. Morphonologische Alternationen Als Resultat einer tausendjährigen Sprachgeschichte haben die slavischen Sprachen als ein besonderes Kennzeichen eine reiches Inventar an morphonologischen Alternationen, d. h. an Phonemwechseln, die synchron morphologisch bedingt sind, ursprünglich jedoch phonologisch bedingt waren. Die Reichhaltigkeit dieser Alternationen, die sich nach Substantiven und Verben, nach Flexion und Derivation etc. weiter systematisieren lassen, hat in der slavischen Sprachwissenschaft eine schon auf Trubetzkoy (1929, 1931) zurückgehende Diskussion dazu hervorgerufen, ob die Morphonologie eine eigene Disziplin zwischen Phonologie und Morphologie ist oder nicht (vgl. auch Kuryłowicz 1967, Axmanova 1971). Nach einigen Ansätzen in dieser Richtung, die nicht alle gleichermaßen überzeugt haben, wird eine Disziplin Morphonologie heute jedoch nicht mehr systematisch verfolgt.

1. Phonetik, Phonologie, Orthographie, Flexionsmorphologie

4.6. Flexionsakzent Als letzter relevanter Bereich sei hier nochmals der Flexionsakzent erwähnt. Als Gegenstand morphologischer Beschreibung ergibt er sich dann, wenn er frei und beweglich ist. Im Detail geht auf Beschreibungsansätze und Besonderheit im vorliegenden Handbuch ein eigener Beitrag ein. Herausgestrichen sei an dieser Stelle nur, dass aus der slavischen Sprachwissenschaft hierzu ein neuer Beschreibungsansatz stammt, der mit dem Namen A. A. Zaliznjak verknüpft ist ⫺ als ein Beitrag mit einer theoretischen Innovation sei Zaliznjak (1964) genannt. Die reiche Flexionsmorphologie der slavischen Sprachen hat hierfür natürlich den Hintergrund gebildet. Grundgedanke dieses Ansatzes ist es, den Akzent in den grammatisch definierten Flexionsparadigmen zu beschreiben, und zwar mit morphologischen Termini: der Akzent liegt charakteristischerweise auf der Endung oder auf dem Stamm, bleibt auf diesen Komponenten oder springt hin und her; in den letzten Fällen spricht man von Wechselbetonung. Deskriptive Aufgabe ist es, die verschiedenen Muster, die sich in den Einzelsprachen ergeben haben, zu ermitteln, ihren Zusammenhang mit Flexionsklassen und Wortarten zu untersuchen usw. Auch gibt es historisch natürlich Tendenzen zur Umbildung der Akzentmuster selbst (die Wechselbetonung ist u. U. z. B. ein Übergangsphänomen zwischen ursprünglicher Endungsbetonung und dem „Ziel“ einer Stammbetonung), einzelne Verben können ihre Zugehörigkeit zu einzelnen Typen ändern usw.

5. Literatur (in Auswahl) Altmann, Gabriel/Lehfeldt, Werner (1973): Allgemeine Sprachtypologie. Prinzipien und Messverfahren. München. Axmanova, Ol’ga (1971): Phonology, Morphonology, Morphology. The Hague/Paris. Horecký, Ján (1966): „Trexčlennye gruppy soglasnyx v načale slova v slovackom jazyke“. // Prague Studies in Mathematical Linguistics I. 45⫺50. Isačenko, A. V. (1939/40): „Versuch einer Typologie der slavischen Sprachen“. // Linguistica Slovaca I/II. 64⫺76. Kehlih, Emmerich (2008): Geschichte der Anwendung quantitativer Verfahren in der russischen Sprach- und Literaturwissenschaft. Hamburg. Kempgen, Sebastian (1981): „Wortarten“ als klassifikatorisches Problem der deskriptiven Grammatik. Historische und systematische Untersuchungen am Beispiel des Russischen. München. Kempgen, Sebastian (1990): „Akzent und Wortlänge: Überlegungen zu einem typologischen Zusammenhang“. // Linguistische Berichte 126. 115⫺134. Kempgen, Sebastian (1991): „Isačenkos Typologie der slavischen Sprachen aus heutiger Sicht“. // Hartenstein, Klaus/Jachnow, Helmut (eds.). Slavistische Linguistik. München. 146⫺163. Kempgen, Sebastian (1993): „Spezifika slavischer Schriften“. // Kempgen, Sebastian (ed.). Slavistische Linguistik 1992. München. 111⫺143. Kempgen, Sebastian (1995) (1995a): „Phonemcluster und Phonemdistanzen (im Russischen)“. // Weiss, Daniel (ed.). Slavistische Linguistik 1994. München. 197⫺221. Kempgen, Sebastian (1995) (1995b): Russische Sprachstatistik. Systematischer Überblick und Bibliographie. München. Kempgen, Sebastian (2003): „Phonologische Silbentrennung im Russischen“. // Kempgen, Sebastian/Schweier, Ulrich/Berger, Tilman (eds.). Rusistika, Slavistika, Lingvistika. Festschrift für Werner Lehfeldt zum 60. Geburtstag. München. 195⫺211.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Köhler, Reinhard (1986): Zur linguistischen Synergetik. Struktur und Dynamik der Lexik. Bochum. Kuryłowicz, Jerzy (1967): „Phonologie und Morphonologie“. // Hamm, Josef (ed.). Phonologie der Gegenwart. Graz. 158⫺172. Lehfeldt, Werner (1971): „Ein Algorithmus zur automatischen Silbentrennung“. // Phonetica 24. 212⫺237. Lehfeldt, Werner (1975): „Die Verteilung der Phonemanzahl in den natürlichen Sprachen“. // Phonetica 31. 274⫺287. Lehfeldt, Werner/Kempgen, Sebastian (1999): „Formenbildung“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 109⫺149. Lekomceva, M. I. (1968): Tipologija struktur sloga v slavjanskix jazykax. Moskva. Mel’čuk, I. A. (1961): „O nekotoryx tipax jazykovyx značenij“. // Axmanova, O.S/Mel’čuk, I. A/ Padučeva, E. V./Frumkina, R. M. O točnyx metodax issledovanija jazyka. Moskva. 33⫺39. Pilch, Herbert (1967): „Russische Konsonantengruppen im Silbenan- und auslaut“. // To Honor Roman Jakobson Vol. 2. The Hague. 1555⫺1584. Rehder, Peter (1970): Anlautende zweigliedrige Phonemgruppen des Mazedonischen und die Adaption griechischer Lehnwörter. // Beiträge zur Südeuropa-Forschung. München. 117⫺126. Trubetzkoy, N. S. (1929): „Sur la ‚Morphonologie‘“. // TCLP 1. Prague. 85⫺88. Trubetzkoy, N. S. (1931): „Gedanken über Morphonologie“. // TCLP 4. Prague. 160⫺163. Zaliznjak, A. A. (1964): „‚Uslovnoe udarenie‘ v russkom slovoizmenenii“. // Voprosy jazykoznanija. 1. 14⫺29.

Sebastian Kempgen, Bamberg (Germany)

2. Artikulatorische Phonetik 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Allgemeines Klassifikation der Vokale Klassifikation der Konsonanten Die suprasegmentalen Eigenschaften Einige Besonderheiten der slavischen Lautinventare Die slavischen Lautinventare: einige Beispiele Literatur (in Auswahl)

Abstract The present article offers a systematic introduction to articulatory phonetics as applied to the description of the Slavic Languages, including segmental as well as suprasegmental entities. An overview of features peculiar to the Slavic languages is being given, as well as samples of their phonetic inventories.

1. Allgemeines Nach einer berühmten Klassifikation von A. Isačenko (1939/1940) werden die slavischen Sprachen zwei phonologischen Typen zugeordnet: dem sog. konsonantischen und

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Köhler, Reinhard (1986): Zur linguistischen Synergetik. Struktur und Dynamik der Lexik. Bochum. Kuryłowicz, Jerzy (1967): „Phonologie und Morphonologie“. // Hamm, Josef (ed.). Phonologie der Gegenwart. Graz. 158⫺172. Lehfeldt, Werner (1971): „Ein Algorithmus zur automatischen Silbentrennung“. // Phonetica 24. 212⫺237. Lehfeldt, Werner (1975): „Die Verteilung der Phonemanzahl in den natürlichen Sprachen“. // Phonetica 31. 274⫺287. Lehfeldt, Werner/Kempgen, Sebastian (1999): „Formenbildung“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 109⫺149. Lekomceva, M. I. (1968): Tipologija struktur sloga v slavjanskix jazykax. Moskva. Mel’čuk, I. A. (1961): „O nekotoryx tipax jazykovyx značenij“. // Axmanova, O.S/Mel’čuk, I. A/ Padučeva, E. V./Frumkina, R. M. O točnyx metodax issledovanija jazyka. Moskva. 33⫺39. Pilch, Herbert (1967): „Russische Konsonantengruppen im Silbenan- und auslaut“. // To Honor Roman Jakobson Vol. 2. The Hague. 1555⫺1584. Rehder, Peter (1970): Anlautende zweigliedrige Phonemgruppen des Mazedonischen und die Adaption griechischer Lehnwörter. // Beiträge zur Südeuropa-Forschung. München. 117⫺126. Trubetzkoy, N. S. (1929): „Sur la ‚Morphonologie‘“. // TCLP 1. Prague. 85⫺88. Trubetzkoy, N. S. (1931): „Gedanken über Morphonologie“. // TCLP 4. Prague. 160⫺163. Zaliznjak, A. A. (1964): „‚Uslovnoe udarenie‘ v russkom slovoizmenenii“. // Voprosy jazykoznanija. 1. 14⫺29.

Sebastian Kempgen, Bamberg (Germany)

2. Artikulatorische Phonetik 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Allgemeines Klassifikation der Vokale Klassifikation der Konsonanten Die suprasegmentalen Eigenschaften Einige Besonderheiten der slavischen Lautinventare Die slavischen Lautinventare: einige Beispiele Literatur (in Auswahl)

Abstract The present article offers a systematic introduction to articulatory phonetics as applied to the description of the Slavic Languages, including segmental as well as suprasegmental entities. An overview of features peculiar to the Slavic languages is being given, as well as samples of their phonetic inventories.

1. Allgemeines Nach einer berühmten Klassifikation von A. Isačenko (1939/1940) werden die slavischen Sprachen zwei phonologischen Typen zugeordnet: dem sog. konsonantischen und

2. Artikulatorische Phonetik dem sog. vokalischen Sprachtyp. Diese Einteilung hat natürlich auch eine phonetische Aussage: Die Sprachen des ersten Typs sind durch bestimmte konsonantische Eigenschaften im Unterschied zu den Sprachen des zweiten Typs ausgewiesen; und, umgekehrt, die Sprachen des zweiten Typs weisen vokalische Eigenschaften auf, die für die Sprachen des ersten Typs nicht charakteristisch sind. Bei den betreffenden konsonantischen Eigenschaften handelt es sich in erster Linie um die Palatalisierung, wohl das markanteste phonetische Merkmal innerhalb des Slavischen überhaupt. Die Palatalisierung kann im Grunde von jedem Konsonanten (außer von einem palatalen) getragen werden und somit die Zahl der Konsonanten verdoppeln. Bedingt durch diese phonetische Eigenschaft haben die betreffenden Sprachen auch reichere Konsonanteninventare als jene des vokalischen Typs, weil ja viele (neutrale) Konsonanten ihre palatalisierten Gegenstücke haben. Umgekehrt ist für die slavischen Sprachen des vokalischen Typs eine erheblich höhere Anzahl von vokalischen Unterschieden charakteristisch. Dies verursachen allerdings keine segmentalen Eigenschaften ⫺ die Palatalisierung wird traditionell als eine solche Eigenschaft angesehen ⫺, sondern suprasegmentale Charakteristika: Vokalquantität, in einigen Sprachen zusätzlich noch Töne. ⫺ So in etwa können die slavischen Sprachen phonetisch in ganz groben Zügen charakterisiert werden. Verallgemeinernd wäre dem noch hinzuzufügen, dass die slavischen Sprachen aufgrund ihrer Verwandtschaft natürlich auch viele phonetische Gemeinsamkeiten aufweisen. Andererseits gibt es außer den genannten, sie differenzierenden Eigenschaften noch weitere phonetische Spezifika, die sie voneinander sowie auch von den sie umgebenden europäischen und asiatischen Sprachen unterscheiden.

2. Klassifikation der Vokale Vokale sind Sprachlaute, die ohne ein Hindernis im Ansatzrohr (Rachen-, Mund- und Nasenraum) gebildet werden. Die Qualität des Vokals hängt im Wesentlichen von der Position der Zunge auf der horizontalen und vertikalen Achse, von der Position des Gaumensegels (des weichen Gaumens) sowie der Lippen ab. Entsprechend werden die Vokale nach den Kriterien der vokalischen Reihe (auch: Vokalreihe), des Öffnungsgrades, der Nasalierung sowie der Lippenrundung klassifiziert. Je nach Spezifika der zu beschreibenden Sprache werden in der Phonetik natürlich noch weitere Klassifikationskriterien herangezogen. Beispielsweise kann die genaue Position der Zungenwurzel (eine vorverlagerte oder eine rückverlagerte) von Bedeutung sein; oder: Vokale können mit verengter Stimmlippenritze (glottalisiert) oder ohne deren Verengung (nicht glottalisiert) artikuliert werden. Im Falle der slavischen Sprachen sind jedoch außer den erstgenannten vier Kriterien keine weiteren relevant, da hier die entsprechenden Eigenschaften fehlen. Vokale sind entweder Monophthonge oder Diphthonge. Ein Monophthong ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Stellung der Artikulationsorgane während der gesamten Artikulation nicht verändert. Ein Diphthong ist hingegen eine Abfolge zwischen zwei qualitativ unterschiedlichen Monophthongen, weswegen sich die Stellung der Artikulationsorgane während der Artikulation eines Diphthonges ändert; dabei ist einer der Monophthonge eines Diphthongs unsilbisch. Ein Diphthong ist z. B. [ɔi] wie in dt. Mäuse [mɔizə]. Ist das zweite Element eines Diphthonges geschlossener als das

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen erste, wie z. B. das unsilbische [i] im Vergleich zu [ɔ], liegt ein steigender Diphthong vor: [ɔi]. Umgekehrt ist der Diphthong ein fallender (ausführlicher über Diphthonge s. Pompino-Marschall 1995, 218 f.). Einen steigenden Diphthong haben Tschechisch und Slovakisch: [ɔuı ] wie in tsch. moucha [mɔu xa] ‚Fliege‘ und slk. (s) knihou [kiɔu ], einen fallenden hat Slovakisch: [u ɔ] wie in slk. koˆň [ku ɔ] ‚Pferd‘ (zu Diphthongen in Fremdwörtern s. Král’ 1984). Zwar sind Diphthonge für die slavischen Sprachen eher untypisch; diejenigen Sprachen, die die Palatalisierung kennen, weisen jedoch viele leicht diphthongierte Vokalqualitäten auf, deren Artikulation durch die Palatalisierung der sie umgebenden Konsonanten hervorgerufen wird (vgl. Kap. 5.2).

2.1. Die vokalische Reihe Das Kriterium der vokalischen Reihe beinhaltet die Position der Zunge auf der horizontalen Achse. Je nachdem, ob sie eine vordere, eine zentrale oder eine hintere ist, werden die Vokale als vordere, zentrale bzw. hintere klassifiziert. Insgesamt existieren in den slavischen Sprachen in akzentuierten Stellungen (lange Vokale ungeachtet) die vorderen Vokale [i, e, ε, æ], die hinteren [u, o, ɤ, ɔ] und die zentralen [ , ə, a], wobei die fünf Vokale [i, u, ε, ɔ, a] in allen slavischen Sprachen bestehen (über mögliche Qualitätsunterschiede in Abhängigkeit von der Vokalquantität s. in 5.4). Im Slovakischen kann anstelle des offenen zentralen Vokals [a] ein weiter hinterer Vokal artikuliert werden (Král’ 1984, 53 f.), der mit dem Zeichen [ɑ] notiert werden könnte, vgl. slk. nadat’ [nadac] neben [nɑdɑc] ‚schimpfen‘. Weitere Beispiele für die genannten Vokale aus dem Russischen: il [ilɤ] ‚Schlamm‘, um [um] ‚Verstand‘, ėtot [εtət] ‚dieser‘, on [ɔn] ‚er‘, kak [kak] ‚wie‘. Die geschlossenen Vokale [i, u] werden wohl in allen slavischen Standardsprachen etwas offener als die Kardinalvokale [i, u] des IPA-Systems artikuliert (vgl. z. B. die Angaben für das Bulgarische in Ternes/VladimirovaBuhtz 1999, 56 und für das Kroatische in Landau/Lončaric´/Horga/Škaric´ 1999, 67). Die genannten slavischen Vokale lassen sich mit Hilfe des Vokalvierecks, einer Abstraktion des Mundraumes, folgendermaßen darstellen:

Abb. 2.1: Die akzentuierten Vokale der slavischen Sprachen

Der zentrale offene Vokal [a] wird hier mit dem Kapitälchen-a notiert, das genaugenommen kein IPA-Symbol ist (zu dieser Notation s. Pullum/Ladusaw 1996, 14; Stadnik 2002, 17 ff.). Das IPA-System enthält nämlich kein gesondertes Zeichen für diesen Vokal, sondern nur Symbole für vordere offene Vokale: [a] (ungerundet) und [æ] (etwas geschlossener, ungerundet) bzw. [ ] (gerundet) sowie für hintere offene Vokale: [ɑ] (ungerundet) bzw. [ɒ] (gerundet). Genaugenommen müsste der slavische offene zentrale Vokal ⫺ einen solchen gibt es übrigens auch in vielen anderen europäischen

2. Artikulatorische Phonetik Sprachen ⫺ mit einem diakritischen Zeichen transkribiert werden, entweder mit [ ], das die Bedeutung „weiter vorn“ hat: [ɑ ] oder mit [ß], das die Bedeutung „weiter hinten“ hat: [aß ]. Das Vorkommen der Vokale [ , e, æ, o, ɤ, ə] ist folgendes. Der zentrale Vokal [ ] besteht in den ostslavischen Sprachen sowie im Polnischen. Im Russischen und Weißrussischen (orth. y) ist er geschlossen und entspricht in etwa dem Kardinalvokal [ ] des IPA-Systems (vgl. Abb. 2.1). Im Ukrainischen und Polnischen wird das [ ] hingegen etwas offener und gleichzeitig etwas weiter vorn artikuliert, vgl. die Aussprache von russ. syr [s r] ‚Käse‘ und ukr. syr [s r] ‚Quark‘ (über die Artikulation des poln. [ ] s. Biedrzycki 1974, 28; vgl. Abb. 2.15 in 6.2). Um die phonetische Transkription möglichst einfach zu gestalten, wird hier jedoch einfach ukr., poln. [ ] notiert. Den vorderen Vokal [æ] gibt es nur im Standard-Slovakischen (orth. ä), z. B. slk. päta [pæta] ‚Ferse‘, mäso [mæsɔ] ‚Fleisch‘. Allerdings realisieren viele Sprecher des Slovakischen anstelle von [æ] das geschlossenere [ε]: [pεta], [mεsɔ]. Den hinteren halbgeschlossenen Vokal [ɤ] gibt es nur im Bulgarischen (dialektal wahrscheinlich auch im Makedonischen, vgl. Opisi 1981, 625 ff.), z. B. bulg. ăgăl [ɤɤlɤ] ‚Ecke‘. Der betreffende Vokal wird traditionell zur zentralen Klasse gerechnet und mit dem Zeichen [ə] notiert (s. z. B. Pianka/ Tokarz 2000, 67). Im Vergleich zum zentralen Vokal [ə] des IPA-Systems wird bulg. ă jedoch etwas geschlossener und weiter hinten artikuliert, so dass er eher dem IPAKardinalvokal [ɤ] entspricht (vgl. Abb. 2.1). Von der Position der Zunge her ist die Artikulation des [ɤ] dieselbe wie die des [o]; nur wird der Vokal [ɤ] im Unterschied zu [o] mit ungerundeten Lippen artikuliert. Die zentrale Vokalqualität [ə] ist eher für das Slowenische wie in pès [pəs] ‚Hund‘, sèn [sən] ‚Schlaf‘, véter [ve:tər] zu notieren. Auch im Serbischen und Kroatischen kann ein zentrales [ə] in Verbindung mit einem Vibranten ⫺ wie im Übrigen auch im Slovenischen ⫺ realisiert werden, z. B. kroat. pr ̏st [pəˆ rst] ‚Finger‘ (Landau/Lončaric´/Horga/Škaric´ 1999, 67). Für das Slovenische wird das zentrale [ə] vor dem Vibranten [r] angesetzt: br´do [bər:dɔ] ‚Hügel‘, r´ž [ər:ʃ] ‚Roggen‘ (vgl. z. B. Rehder 1998, 233; Pianka/Tokarz 2000, 67). Das [ə] gibt es ferner positionsbedingt auch im Russischen, und zwar in allen unbetonten Silben außer in der erstvortonigen Silbe und im Wortanlaut, z. B. russ. molokó [məlγkɔ], skázka [skaskə] ‚Märchen‘ (vgl. 5.3, 6.1). Schließlich besteht der vordere Vokal [e], der geschlossener als [ε] artikuliert wird (vgl. 2.2 und Abb. 2.1), im Slovenischen, Nieder- und Obersorbischen, z. B. sln. léto [le:tɔ] ‚Sommer‘, o.-sorb. pésk [peskh] ~ [pesk] ‚Sand‘, n.-sorb. lěs [ljes] ~ [les] ‚Wald‘; positionsbedingt, und zwar in der Umgebung palatalisierter Konsonanten, gibt es das [e] auch im Russischen (vgl. 5.2, 6.1), z. B. russ. ščel’ [ʃ jʃ jelj] ‚Spalt‘. Der hintere Vokal [o], der geschlossener als [ɔ] realisiert wird (vgl. 2.2 und Abb. 2.1), besteht im Slovenischen und Obersorbischen (das Niedersorbische kennt kein [o], vgl. 2.2), z. B. sln. róka [ro:ka] ‚Hand‘, o.-sorb. tón [thon] ~ [ton] ‚dieser‘; positionsbedingt gibt es diesen Vokal auch im Ukrainischen, und zwar in unakzentuierten Silben vor einem akzentuierten [u], z. B. zozúlja [zozulja] ‚Kuckuck‘. Zwischen [ɔ] und [o] besteht derselbe Öffnungsgradunterschied wie zwischen [ε] und [e] (s. Abb. 2.1).

2.2. Der Öffnungsgrad Das Kriterium des Öffnungsgrades beinhaltet die Position der Zunge auf der vertikalen Achse, wobei hier der Mundraum automatisch mehr oder weniger geöffnet wird, daher der Begriff „Öffnungsgrad“. Nimmt die Zunge eine hohe Position ein, werden ge-

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen schlossene Vokale artikuliert, z. B. [i, u]. Nimmt sie eine tiefe Position ein, werden offene Vokale artikuliert, z. B. [a]. Der Raum dazwischen wird in der Phonetik abstrakt in zwei gleiche Abstände eingeteilt, so dass halbgeschlossene und halboffene Vokale unterschieden werden (vgl. Abb. 2.1). Halbgeschlossene Vokale sind beispielsweise die langen [e:, o:] wie in dt. stehlen [ʃte:lən] und Ofen [ʔo:fən] (dieser Öffnungsgrad ist im Deutschen bekanntlich an die Vokallänge gebunden). Bei der Artikulation der halbgeschlossenen Vokale nimmt die Zunge eine tiefere Position als bei der Artikulation der geschlossenen Vokale ein, aber eine höhere Position als bei der Bildung halboffener Vokale (vgl. Abb. 2.1). Die halboffenen Vokale sind beispielsweise [ε, ɔ] wie in dt. stellen [stεlən] und offen [ʔɔfən]. Die meisten slavischen Sprachen kennen keinen Unterschied zwischen den halbgeschlossenen [e, o] und den halboffenen Vokalen [ε, ɔ]. Charakteristisch sind hauptsächlich die halboffenen [ε, ɔ] wie zum Beispiel in russ. ėtot [εtət] ‚dieser‘, on [ɔn] ‚er‘, bulg. tezi [tεzi] Pl. ‚diese‘, sok [sɔk] ‚Saft‘, poln. mech [mεx], nowy [nɔv ] ‚neu‘ usw. Halboffene und halbgeschlossene Vokale gibt es ⫺ und zwar nicht nur phonetisch, sondern auch phonologisch ⫺ im Slovenischen, Oberund Niedersorbischen (Beispiele s. in 2.1), wobei das Niedersorbische nur den Unterschied [e] gegenüber [ε] kennt, nicht jedoch [o] gegenüber [ɔ], da es nur ein halboffenes [ɔ] hat, welches allenfalls in der Umgebung des bilabialen Approximanten [w] etwas geschlossener artikuliert wird, z. B. n.-sorb. bydło [b dwɔ] ‚Unterkunft‘. In einigen slavischen Sprachen besteht der besagte Öffnungsgradunterschied nur positionsbedingt, z. B. das [e] im Russischen in der Umgebung palatalisierter Konsonanten gegenüber dem halboffenen [ε] in der Umgebung nicht-palatalisierter Konsonanten und im Wortanlaut (vgl. 5.2), z. B. russ. ščel’ [ʃ jʃ jelj] ‚Spalt‘, aber: ėtot [εtət] ‚dieser‘, mėr [mεr] ‚Bürgermeister‘. Ferner gibt es im Ukrainischen ein halbgeschlossenes [o] in unakzentuierten Silben vor einem akzentuierten [u], in anderen Silben hingegen [ɔ], vgl. ukr. zozúlja [zozulja ] ‚Kuckuck‘, aber: molokó [mɔlγɔkɔ] ‚Milch‘.

2.3. Die Lippenrundung Nach dem Kriterium der Lippenrundung werden Vokale als gerundete (artikuliert mit gerundeten Lippen) oder ungerundete (artikuliert mit ungerundeten Lippen) klassifiziert. Gerundete Vokale sind beispielsweise [u, o, ɔ], ungerundete wären [i, e, ε, a, , ɤ]. Die slavischen Standardsprachen kennen außer den hinteren [u, o, ɔ] keine weiteren gerundeten Vokale, etwa vordere gerundete Vokale wie beispielsweise in dt. üben [ʔy:bən], Lücke [lykhə], Öl [ʔø:l], öffnen [ʔœfnən]. Die Rundung vorderer Vokale, ein für das Slavische untypisches phonetisches Merkmal, hat es u. a. im bereits ausgestorbenen Polabischen gegeben (s. Suprun 2005, 405).

2.4. Die Nasalierung Wenn der Gaumensegel angehoben ist und mit der Rachenwand einen Verschluss bildet, kann die Luft nur durch den Mundraum und nicht durch den Nasenraum entweichen. Auf diese Weise werden u. a. orale Vokale artikuliert. Ist der Gaumensegel, umgekehrt, gesenkt, so dass die Luft durch den Nasenraum hinausströmen kann, können nasale Vokale artikuliert werden. (Vgl. denselben Unterschied in der Position des

2. Artikulatorische Phonetik Gaumensegels bei der Artikulation des Plosivs [t] und des Nasals [n], Abb. 2.5 und 2.6 in Abschnitt 3.2). In den slavischen Standardsprachen werden fast ausschließlich orale Vokale artikuliert. Leicht nasaliert werden Vokale positionsbedingt, in der unmittelbaren Umgebung nasaler Konsonanten. Die polnischen Vokalbuchstaben e˛, ą wiedergeben kaum noch nasale Vokale. Je nach Position im Wort werden sie als Verbindungen zwischen einem oralen [ε] bzw. [ɔ] und einem nasalen Konsonanten, einem [n], [m], [ŋ] oder [] realisiert, vgl. poln. piątek [pjɔntεk] ‚Freitag‘, ząb [zɔmp] ‚Zahn‘, re˛ka [rεŋka] ‚Hand, Arm‘, pie˛c´ [pjεt ] ‚fünf‘. Im Wortauslaut werden anstelle von e˛ und ą Verbindungen zwischen [ε] bzw. [ɔ] und dem nasalierten bilabialen Approximanten [w˜] artikuliert, z. B. droge˛ [drɔεw˜] Akk. ‚Weg‘, troche˛ [trɔxεw˜] ‚ein wenig‘. Möglich ist jedoch auch die orale Aussprache [drɔε], [trɔxε] (vgl. 6.2).

3. Klassifikation der Konsonanten Im Unterschied zu Vokalen sind Konsonanten Sprachlaute, bei deren Bildung zwischen zwei bestimmten Artikulationsorganen ein Hindernis aufgebaut wird; dieses wird durch den für die Artikulation benötigten Luftstrom gelöst. Je nachdem, an welcher Stelle im Ansatzrohr bzw. von welchen Artikulationsorganen das Hindernis gebildet wird, werden verschiedene Artikulationsstellen unterschieden. Je nachdem, auf welche Art und Weise das Hindernis gelöst wird bzw. der Luftrstom durch das Ansatzrohr entweicht, werden verschiedene Artikulationsarten differenziert. Für die Klassifikation der Konsonanten werden ferner die Kriterien der Beteiligung der Stimmlippen sowie der sekundären Modifikation herangezogen. Schließlich werden alle Konsonanten in vielen phonetischen Beschreibungen in Sonanten und Obstruenten eingeteilt. Letztere sind Konsonanten, deren Realisierung im Wesentlichen durch Friktionsgeräusch gekennzeichnet ist. Dazu gehören Plosive, Frikative und Affrikaten. Die Sonanten werden hingegen im Wesentlichen unter Einsatz von Stimmlippen produziert. Es sind dies: Nasale, Laterale, Vibranten und Approximanten.

3.1. Die Artikulationsstelle Die Artikulationsorgane sind entweder aktiv oder passiv. Das aktive Artikulationsorgan schlechthin ist die Zunge, die hauptsächlich aus Muskelgewebe besteht und außerordentlich beweglich ist. Mit ihren verschiedenen Teilen, zum Beispiel der Zungenspitze oder dem Zungenrücken, kann sie bestimmte Stellen im Mundraum erreichen und mit diesen entweder eine Enge oder einen Verschluss bilden. Mit der Zunge werden die meisten Konsonanten, die es in den Sprachen der Welt gibt, gebildet. Auch die Lippen sind aktive Artikulationsorgane. Sie können miteinander ebenso eine Enge oder einen Verschluss bilden. Aktiv beteiligt ist bei der Artikulation ferner das Velum (auch: weiches Gaumen, Gaumensegel) sowie die Spitze des Velums, die Uvula (auch: Zäpfchen). Beide Organe können gegen den hinteren Teil der Zunge artikulieren, indem sie mit diesem eine Enge oder einen Verschluss bilden. Aktive Artikulationsorgane sind auch die Stimmbänder. Sie können sich einander nähern und somit eine Enge bilden oder aber schließen. Der Spalt zwischen den Stimmbändern wird in der

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Phonetik Glottis (auch: Stimmlippenritze) genannt. Zu den passiven Artikulatiosorganen zählen die (oberen) Schneidezähne, die Alveolen (auch: Zahndamm) und das Palatum (auch: hartes Gaumen), wobei letzteres abstrakt in verschiedene Bereiche eingeteilt wird, so dass beispielsweise neben einem mittleren, dem eigentlichen palatalen Bereich, ein vorderer, postalveolarer Bereich unterschieden wird. Die passiven Artikulationsorgane sind ⫺ wie schon ihre Bezeichnung selbst zum Ausdruck bringt ⫺ nur passiv an der Artikulation beteiligt, insofern als sie eine Fläche mit sich darstellen, gegen die ein aktives Organ artikulieren kann. (Ausführlich über verschiedene Artikulationsorgane s. Ladefoged/Maddieson 1996, 9 ff.) Werden die Konsonanten nach dem Kriterium der Artikulationsstelle klassifiziert, so bezieht sich der Terminus, mit dem sie bezeichnet werden, entweder auf passive Artikulationsorgane (dental, alveolar, postalveolar, palatal) oder auf aktive Artikulationsorgane (velar, uvular, glottal, bilabial). Eine Ausnahme ist die Bezeichnung „labiodental“, die beides, sowohl ein aktives als auch passive Artikulationsorgane zum Ausdruck bringt: (untere) Lippe und (obere) Schneidezähne. Um die Konsonanteninventare der slavischen Sprachen beschreiben zu können, müssen folgende Konsonantenklassen nach dem Kriterium der Artikulationsstelle unterschieden werden: bilabial, labiodental, dental, alveolar, postalveolar, alveolopalatal, palatal, velar, uvular und glottal. Die für die slavischen Sprachen sonst untypische uvulare Klasse wird von dem uvularen Vibranten [r] vertreten, der von vielen Sprechern des Ober- und Niedersorbischen ⫺ zweifelsohne unter dem Einfluss des Deutschen ⫺ gesprochenen wird. Fakultativ kann anstelle des uvularen [r] ⫺ wiederum wie im Deutschen ⫺ auch der uvulare Frikativ [ʁ] artikuliert werden. Der uvulare Vibrant [r] wird artikuliert, indem das Uvula wiederholt gegen den hinteren Teil des Zungenrückens schlägt; der Frikativ [ʁ] wird artikuliert, indem das Uvula eine Enge mit dem hinteren Teil des Zungenrückens bildet. Möglich ist im Sorbischen allerdings auch der für die slavischen Sprachen typische dentale (oder alveolare) Vibrant [r], vgl. o.-sorb. ruka [rukha], [ʁukha] oder [rukha] ~ [ruka] ‚Hand, Arm‘, vgl. dt. Rad [rath] oder [ʁath]. Die Artikulation des dentalen [r] ist eher für ältere Sprecher des Ober- und Niedersorbischen charakteristisch. Die bilabialen Konsonanten werden mit Hilfe beider Lippen artikuliert. In den slavischen Sprachen bilden diese Klasse (von sekundär modifizierten Konsonanten wie die palatalisierten abgesehen, dazu s. 3.4): die bilabialen Plosive [p, b], z. B. russ. pot [pɔt] ‚Schweiß‘, boj [bɔj] ‚Kampf‘; der bilabiale Nasal [m], z. B. russ. molokó [məlγkɔ] ‚Milch‘; in vielen Sprachen auch der bilabiale Approximant [w], z. B. poln. ciało [tawɔ] ‚Körper‘, ukr. xodýv [xɔd w] m. Sg. Perf. ‚(er) ging‘, kroat. vuˆk [wuˆ:k] ‚Wolf‘, w.-russ. dau˘nó [dwnɔ] ‚lange her‘, o.-sorb. njedawno [njεdawnɔ] ‚neulich, unlängst‘, slk. pravda [prawda] ‚Wahrheit‘, sln. volk [vo´:wk] ‚Wolf‘ usw. Die labiodentalen Konsonanten werden mit der unteren Lippe an den oberen Schneidezähnen artikuliert. Zu diesen gehören die slavischen Frikative [f] und [v] sowie der Nasal [], der positionsbedingt vor [f] oder [v] auftritt, z. B. russ. flot [flγɔt] ‚Flotte‘, volk [vɔlγk] ‚Wolf‘, konfórka [kfɔrkə] ‚Herdring‘, tramváj [trvaj] ‚Straßenbahn‘. Die dentalen Konsonanten werden mit der Zungenspitze an den oberen Schneidezähnen artikuliert; dabei berührt die Zungenspitze normalerweise auch die Alveolen. Dentale Konsonanten sind beispielsweise die ostslavischen Plosive [t, d], Frikative [s, z], Affrikaten [ts, d z], Nasal [n], Lateral [lγ] und Vibrant [r] wie in russ. tam [tam]

2. Artikulatorische Phonetik ‚dort‘, dam [dam] pf. ‚(ich) gebe‘, sok [sɔk] ‚Saft‘, zola [zlγa] ‚Glut‘, car’ [tsarj] ‚Zar‘, dzot [d zɔt] ‚Feuernest‘, nos [nɔs] ‚Nase‘, luk [lγuk] ‚Zwiebel; Bogen‘, ruka [ruka] ‚Hand; Arm‘. In einigen slavischen Sprachen werden einige der betreffenden Konsonanten etwas weiter hinten, an den Alveolen artikuliert und sind daher alveolar. Im IPA-Zeichensystem stehen die graphisch unmarkierten Symbole [t, d, s, z, n, l, r] usw. für alveolare Konsonanten; die dentale Artikulation wird hingegen mit dem diakritischen Zeichen [  ] zum Ausdruck gebracht: [t, d , s, z , n , l, r ]. (Der Einfachheit halber wird hier auf den Gebrauch des diakritischen Zeichens [  ] verzichtet.) Der artikulatorische Abstand zwischen dentalen und alveolaren Konsonanten ist zwar gering; deren Verwechslung kann aber einen unüberhörbaren Akzent verursachen, mit dem beispielsweise viele russische Muttersprachler (mit gewohnten dentalen Konsonanten) Deutsch (dessen Norm alveolare Konsonanten sind) sprechen. Im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen sowie im Slovenischen werden die Sonanten [n, l, r] alveolar artikuliert, z. B. kroat. noˆs [nɔˆ :s] ‚Nase‘, lu ̏ k [luˆk] ‚Zwiebel‘, ru´ka [ruˇ:ka] ‚Hand; Arm‘; die Obstruenten [t, d, s, z, ts, d z] werden in diesen Sprachen hingegen dental artikuliert (vgl. Abb. 2.20 in 6.3). Ferner sind die Sonanten [l, r] im Tschechischen, Slovakischen und Polnischen alveolar im Unterschied etwa zu den eher dental artikulierten [t, d, n] (vgl. Sagittalschnitte bei Král’ 1984, 72 f.; 78 f.; Biedrzycki 1974, 18; 23; vgl. Abb. 2.17 in 6.2). Schließlich haben das Ober- und Niedersorbische kaum noch dentale, sondern eher alveolare Konsonanten, was ⫺ wie im Falle der uvularen Konsonanten [r, ʁ] ⫺ auf den Einfluss des Deutschen zurückzuführen ist. Vgl. als Beispiel die Artikulation des russischen dental artikulierten (und gleichzeitig velarisierten) Laterals [lγ] (Abb. 2.9 in 3.4) mit dem slovakischen alveolar artikulierten (sekundär nicht modifizierten) Lateral [l] wie in slk. laket’ [lakεc] ‚Ellbogen‘ (vgl. Král’ 1984, 79):

Abb. 2.2: Slk. [l]

Die postalveolaren Konsonanten werden noch weiter hinten als die alveolaren und wie diese mit der Zungenspitze gebildet. Zu den postalveolaren Konsonanten zählen die Frikative [ʃ, ] sowie die Afftikaten [tʃ , d], die es in allen slavischen Sprachen gibt, wenn auch die stimmhafte Affrikate [d] in vielen Slavinnen hauptsächlich nur in Fremdwörtern vorkommt, vgl. bulg. šest [ʃεst] ‚sechs‘, živót [ivɔt] ‚Leben‘, čist [tʃ ist] ‚sauber‘, džaz [das] ‚Jazz‘, vgl. o.-sorb. dz´en´ [dεjn] ‚Tag‘. Die Artikulationsstelle der alveolopalatalen Konsonanten ist im Grunde dieselbe wie die der postalveolaren Konsonanten, nur werden sie mit einer etwas größeren Zungenfläche, dem vorderen Teil der Zunge bzw. des Zungenrückens artikuliert. Auditiv sind die alveolopalatalen Frikative den palatalen Frikativen [ç, ] ähnlich, dürfen jedoch mit diesen nicht verwechselt werden, vgl. poln. siano [anɔ] ‚Heu‘ und dt. ich

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen [ʔiç]. Zu den slavischen alveolopalatalen Konsonanten zählen die Frikative [, ] und die Affrikaten [t, d], die alle vier im Polnischen bestehen, z. B. ziarno [arnɔ] ‚Korn‘, dziesie˛c´ [dεεt] ‚zehn‘. Die Affrikaten [t, d] gibt es sonst auch im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen sowie im Makedonischen, z. B. serb. nôć [nɔˆ :t], mak. nok´ [nɔt] ‚Nacht‘, serb. mèđa [mεˇ da], mak. meg´a [mεda] ~ [mεa]; die Frikative [, ] gibt es im Niedersorbischen, z. B. s´ichy [ix ] ‚still, leise‘, z´éd [eth] ~ [et] ‚Großvater‘. Die im Obersorbischen mit den Buchstaben c´ und dz´ geschriebenen Konsonanten sind kaum alveolopalatal, sondern eher postalveolar: [tʃ , d], z. B. c´ichi [tʃ ixi] ‚leise, still‘, dz´éd [deth] ‚Großvater‘. Sie werden mit einer etwas größeren Zungenfläche als beispielsweise die postalveolaren Konsonanten in russ. šest’ [ʃεsjtj] ‚sechs‘, živ [ f] Kurzf. m. ‚lebendig‘ und etwas kleineren Zungenfläche als z. B. die alveolopalatalen Konsonanten in poln. siano [anɔ] ‚Heu‘, ziarno [arnɔ] ‚Korn‘ ausgesprochen. Vgl. die Stellung der Artikulationsorgane beim Realisieren beispielsweise der russischen postalveolaren Frikative [ʃ, ] mit jener der polnischen alveolopalatalen Frikative [, ] auf den Abb. 2.3 und 2.4.

Abb. 2.3: Russ. [ʃ, ]

Abb. 2.4: Poln. [, ]

Es muss angemerkt werden, dass die Bezeichnung „alveolopalatal“ als Artikulationsstelle nicht unproblematisch ist, weswegen auch die Konsonantentabelle des IPASystems unter den sonstigen Spalten für Artikulationsstellen nicht eine gesonderte alveolopalatale Spalte enthält. Symbole für alveolopalatale Konsonanten werden im IPA-System unter „Other Symbols“ angeführt. Im Grunde sind [, , t, d] artikulatorisch mit den postalveolaren palatalisierten [ʃ j, j, tʃ j, dj] identisch (über die Palatali-

2. Artikulatorische Phonetik sierung s. 3.4). Die betreffenden Konsonanten können also ohne weiteres auch als sekundär modifizierte Postalveolare betrachtet werden (vgl. Ladefoged/Maddieson 1996, 153 f.). Wie sie nun phonetisch genau beschrieben werden, hängt oft vom Blickwinkel der jeweiligen Beschreibung ab, wobei phonologische sowie auch historische Überlegungen von Bedeutung sein können. Palatale Konsonanten werden mit dem mittleren Teil des Zungenrückens gegen den vorderen bis mittleren Teil des Palatums artikuliert. In den slavischen (Standard-)Sprachen bestehen: die palatalen Plosive [c, ] (im Tschechischen und Slovakischen), der palatale Nasal [] (im Tschechischen, Slovakischen, Polnischen, Niedersorbischen, Serbischen, Kroatischen, Slovenischen und Makedonischen) sowie der palatale Lateral [ʎ] (im Slovakischen, Serbischen, Kroatischen, Slovenischen und Makedonischen). Einige Beispiele: tsch. déti [εci] ‚Kinder‘, slk. denˇ [dε] ‚Tag‘, kroat. ko ̏ nj [kɔˆ ] ‚Pferd‘, mak. konj [kɔ], serb. ljúbiti [ʎuˇ:biti], sln. ljubiti [ʎubiti] ‚lieben‘. Im Obersorbischen kann man in der Aussprache älterer Sprecher noch den palatalen Nasal [] wie in dz´en´ [dε] ‚Tag‘, njedawno [εdawnɔ] ‚neulich‘ hören; in der Regel aber wird anstelle von [] die Sequenz [nj] oder aber [jn] artikuliert, z. B. o.-sorb. [dεjn] ‚Tag‘, [njεdawnɔ] ‚neulich‘; auch im Niedersorbischen kann anstelle von [] die Sequenz [jn] oder [nj] artikuliert werden, vgl. n.-sorb. kón´ [k ] neben [k jn] ‚Pferd‘ (vgl. 5.1; Stadnik 1998, 384 ff.; 2002, 90 ff.). Schließlich haben alle slavischen Sprachen den palatalen Approximanten [j] wie z. B. in russ. ja [ja] ‚ich‘, moj [mɔj] Nom. Sg. m. ‚meiner‘. Die palatalen Konsonanten sind von den palatalisierten zu unterscheiden. Letztere werden nur in Richtung Palatum sekundär modifiziert (vgl. 3.4). Velare Konsonanten werden mit dem hinteren Teil des Zungenrückens gegen das Velum (den weichen Gaumen) artikuliert. Zu diesen Konsonanten zählen: die Plosive [k, ], die Frikative [x, γ] sowie der Nasal [ŋ], wobei der stimmhafte Frikativ [γ] und der Nasal [ŋ] in den slavischen Sprachen nur positionsbedingt auftreten, [γ] vor einem stimmhaften Konsonanten wie in bulg. stráx go e [straγυε] ‚er hat Angst‘, sonst bulg. strax [strax] ‚Angst‘, [ŋ] in allen slavischen Sprachen außer den ostslavischen vor einem velaren Plosiv, z. B. bulg. malínka [mliŋkɤ] Dim. ‚Himbeere‘, poln. re˛ka [rεŋka] ‚Hand, Arm‘. Die Konsonanten [ŋ, γ] sind somit Ergebnisse von regressiven Assimilationen, das [ŋ] der Assimilation in Hinblick auf die velare Artikulationsstelle, das [γ] in Hinblick auf die Stimmhaftigkeit (vgl. 6.1, 6.2, 6.3). Der Frikativ [γ] kommt im Russischen sonst nur noch in bóga [bɔγə] Gen. Sg. ‚Gottes‘ vor (vgl. 3.3, 6.3). Beispiele für die velaren Plosive: russ. kak [kak] ‚wie‘, god [ɔt] ‚Jahr‘. Glottale Konsonanten werden mit den Stimmlippen artikuliert. In den slavischen Sprachen treten die glottalen Frikative [h, ] sowie der glottale stimmlose Plosiv [ʔ] auf. Der stimmlose Frikativ [h] besteht im Slovenischen, z. B. sln. hodíti [hɔdi:ti] ‚gehen‘, positionsbedingt, und zwar vor einem Sonanten, auch im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen, z. B. kroat. hme ̏lj [hmεˆ ʎ] ‚Hopfen‘, ferner auch im Tschechischen und Slowakischen im Wortauslaut, z. B. tsch. tah [tah] ‚Zug, Ziehen‘, dagegen Gen. Sg. tahu [tau]. Der stimmhafte Frikativ [] besteht im Tschechischen, Slowakischen und Ukrainischen, z. B. ukr. gorod [ɔrɔd] ‚Garten‘. Schließlich existiert der stimmlose Plosiv [ʔ] positionsbedingt im Tschechischen, Slovakischen, Ober- und Niedersorbischen, Serbischen und Kroatischen bzw. Bosnischen, und zwar in den genannten westslavischen Sprachen als Grenzsignal wie im Deutschen, d. h. vor wort- bzw. morphemanlautenden Vokalen, z. B. tsch. ovšem [ʔɔfʃεm] ‚natürlich‘, naučit [naʔutʃ it] pf.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen ‚lernen‘, im Serbischen und Kroatischen bzw. Bosnischen an Wortgrenzen zwischen zwei Vokalen, kroat. i o ̏ nda [i:ʔɔˆ nda] ‚und dann‘ (vgl. Král’ 1984, 98 f.; Landau/Lončaric´/Horga/Škaric´ 1999, 68).

3.2. Die Artikulationsart Die Artikulationsart (auch: Artikulationsmodus) ist die Art des Hindernisses bzw. die Art und Weise, auf welche die Luft durch das Ansatzrohr entweicht. Für eine phonetische Beschreibung der slavischen Sprachen müssen folgende Artikulationsarten unterschieden werden: Plosiv, Frikativ, Nasal, Vibrant, Lateral, Approximant. Plosive (auch: Verschlusslaute, Explosive, Okklusive) entstehen, indem zwei Artikulationsorgane einen Verschluss miteinander bilden; dieser wird von dem für die Artikulation benötigten Luftstrom gelöst. Die Lösung des Verschlusses ist als eine Explosion hörbar, daher die Bezeichnung „Plosiv“. Der Verschluss kann zwischen zwei aktiven Artikulationsorganen wie z. B. die obere und die untere Lippe oder aber zwischen einem aktiven und einem passiven Artikulationsorgan wie z. B. die Zungenspitze und die oberen Schneidezähne gebildet werden. Zu den slavischen Plosiven zählen (abgesehen von den sekundär modifizierten wie die palatalisierten Konsonanten, dazu s. 3.4): die bilabialen Plosive [p, b], die mit beiden Lippen artikuliert werden; die dentalen bzw. alveolaren Plosive [t, d], die mit der Zungenspitze gegen die oberen Schneidezähne bzw. gegen die Alveolen (vgl. 3.1) artikuliert werden; die palatalen Plosive des Tschechischen und Slovakischen [c, ], die mit dem Zungenrücken gegen das Palatum (den harten Gaumen) artikuliert werden; die velaren Plosive [k, ], die mit dem Velum (dem weichen Gaumen) und dem hinteren Teil der Zunge artikuliert werden; der glottale Plosiv [ʔ], der mit den Stimmlippen artikuliert wird (vgl. 3.1). Frikative entstehen, indem zwei Artikulationsorgane eine Enge miteinander bilden, die der für die Artikulation benötigte Luftstrom passiert. Da die Luft nicht frei entweichen kann, entsteht ein hörbarer Friktionsgeräusch, der auditiv unterschiedliche Qualitäten haben kann, je nachdem, an welcher Stelle und von welchen Artikulationsorganen die Enge gebildet wird und wie groß sie ist bzw. welche Form genau sie hat. Die Enge kann ⫺ wie auch der Verschluss im Falle der Plosive ⫺ zwischen zwei aktiven Artikulationsorganen oder aber zwischen einem aktiven und einem passiven Artikulationsorgan gebildet werden. Zu den slavischen Frikativen zählen: die labiodentalen Frikative [f, v], die dentalen bzw. alveolaren Frikative [s, z], die postalveolaren Frikative [ʃ, ], die alveolopalatalen Frikative [, ], die velaren Frikative [x, γ], die glottalen Frikative [h, ] (über das Vorkommen dieser Frikative und Beispiele s. in 3.1). Nasale werden wie Plosive mit einem Verschluss gebildet, anders ist nur die Position des Velums (des weichen Gaumens oder: des Gaumensegels) während der Bildung des Verschlusses und die damit zusammenhängende Art und Weise, wie die Luft durch das Ansatzrohr entweicht. Bei Plosiven ist das Velum während der Bildung des Verschlusses angehoben, so dass die Luft weder durch den Mundraum (gehindert durch den eigentlichen Verschluss) noch durch den Nasenraum (gehindert durch das angehobene Velum) entweichen kann. Die beiden Resonanzräume sind also verschlossen. Bei der Artikulation der Nasale ist das Velum hingegen gesenkt, so dass die Luft bereits während der Bildung des Verschlusses durch den Nasenraum entweichen kann, was einen „nasalen“ Ton verursacht. Innerhalb des Slavischen bestehen folgende Nasale: der bila-

2. Artikulatorische Phonetik biale Nasal [m], der labiodentale Nasal [], der dentale bzw. alveolare Nasal [n], der palatale Nasal [], der velare Nasal [ŋ] (vgl. 3.1). Vgl. die Stellung der Artikulationsorgane beim Realisieren eines dentalen Nasals [n] mit jener beim Realisieren eines dentalen Plosivs [t] (Abb. 2.6):

Abb. 2.5: Der dentale Nasal [n]

Abb. 2.6: Der dentale Plosiv [t]

Laterale sind Konsonanten, bei deren Artikulation ⫺ wiederum ähnlich wie im Falle der Plosive ⫺ zwischen zwei Artikulationsorganen ein Verschluss gebildet wird; dabei sind die Ränder der Zunge gesenkt, so dass die Luft durch die so gebildeten seitlichen Öffnungen relativ frei entweichen kann. Bedingt durch die Weite der seitlichen Öffnungen entsteht bei der Artikulation der Laterale bedeutend weniger Friktionsgeräusch als im Falle der Frikative, bei deren Artikulation die Luft eingeengt wird. Daher werden die Laterale auch laterale Approximanten (vgl. lat. approximare ‚sich annähern‘) genannt. Innerhalb des Slavischen besteht der dentale bzw. alveolare Lateral [l], in einigen Sprachen zusätzlich noch der palatale Lateral [ʎ] (vgl. 3.1). In den ostslavischen Sprachen ist der dentale Lateral immer sekundär modifiziert, entweder palatalisiert: [lj] oder velarisiert: [lγ] (vgl. 3.4), nie neutral wie z. B. poln. [l], vgl. russ. luk [lγuk] ‚Zwiebel; Bogen‘, úgol [uəlγ] ‚Ecke‘, ljudi [lju dji] ‚Leute‘, les [ljes] ‚Wald‘, úgol’ [uəlj] ‚Kohle‘, aber: poln. las [las] ‚Wald‘, lewo [lεvɔ] ‚links‘. Im Bulgarischen und Makedonischen gibt es einen velarisierten Lateral neben einem neutralen, z. B. bulg. ă´ gaˇl [ɤɤlγ] ‚Ecke‘, láskav [lγaskɤf] ‚zärtlich‘, ljáto [ljatυ] ‚Sommer‘, licé [litsε] ‚Gesicht‘. Vibranten (auch: gerollte Laute) sind Konsonanten, bei deren Artikulation mindestens ein aktives Artikulationsorgan gegen ein anderes rasch und wiederholt schlägt.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Genaugenommen handelt es sich dabei um mehrere aufeinanderfolgende kurze Verschlüsse zwischen zwei Artikulationsorganen. Charakteristisch für die slavischen Sprachen ist ein dentaler bzw. alveolarer Vibrant [r]. In den sorbischen Sprachen kann ein uvularer Vibrant artikuliert werden (vgl. 3.1). Zu Konsonanten zählen ferner Approximanten (auch: Halbvokale). Bei ihrer Realisierung nähern sich zwei Artikulationsorgane einander an, so dass keine Enge wie bei Frikativen, sondern eine relativ weite Öffnung gebildet wird, durch die die Luft entweicht. Bedingt durch die Weite der Öffnung entsteht ⫺ ähnlich wie im Falle der Laterale ⫺ wenig Friktionsgeräusch. Daher ähneln die Approximanten ihrer akkustischen Beschaffenheit nach Vokalen, nur sind sie im Unterschied zu diesen nicht silbenbildend. Innerhalb des Slavischen bestehen zwei Approximanten: In allen slavischen Sprachen gibt es den palatalen Approximanten [j], in vielen zusätzlich noch den bilabialen [w] (s. 3.1). In vielen phonetischen Beschreibungen wird schließlich auch die Kategorie der Affrikate zu den Artikulationsarten gezählt. Mit diesem Begriff wird aber genaugenommen kein weiterer Artikulationsmodus im Vergleich zu den bereits genannten Modi zum Ausdruck gebracht. Affrikate ist eine Verbindung zwischen einem Plosiv und einem homorganen Frikativ. Innerhalb der slavischen Sprachen bestehen folgende Affrikaten (von den palatalisierten abgesehen): die dentalen [ts], [d z], die postalveolaren [tʃ ], [d] und die alveolopalatalen Affrikaten [t], [d] (vgl. 3.1).

3.3. Die Stimmlippenbeteiligung An der Artikulation der Konsonanten können sich die Stimmbänder (auch: Stimmlippen) beteiligen, indem sie schwingen. So werden stimmhafte Konsonanten artikuliert, z. B. [b, d, , z, , d z, d] usw. Schwingen die Stimmlippen nicht, werden stimmlose Konsonanten artikuliert, z. B. [p, t, k, s, , ts, t] usw. In den slavischen Sprachen treten die meisten Konsonanten als stimmlose und stimmhafte auf. Ausnahmen sind die Sonanten, die ⫺ wie überhaupt in den meisten europäischen Sprachen ⫺ nur stimmhaft artikuliert werden. Im Wortauslaut und vor stimmlosen Konsonanten können sie allenfalls leicht entsonorisiert (entstimmlicht) werden. (In Europa sind übrigens auch Sprachen bekannt, in denen die Sonanten wie alle anderen Konsonanten sowohl als stimmhafte als auch als stimmlose existieren, beispielsweise im Mokscha-Mordwinischen, einer finnischen Sprache.) Unter den Obstruenten (zu den Begriffen „Obstruent“ und „Sonant“ s. 3) hat nur der glottale Plosiv [ʔ] (vgl. 3.1) kein stimmhaftes Gegenstück, was physiologisch bedingt ist, da die Stimmlippen nicht einen Verschluss bilden und gleichzeitig schwingen können. Sonst hat ein jeder Obstruent eine stimmlose und eine stimmhafte Variante, wenn auch in den einzelnen slavischen Sprachen auf der phonologischen Ebene gewisse Einschränkungen des Merkmals der Stimmlippenbeteiligung bestehen. Auf der phonetischen Ebene gewährleistet das Gesetz der regressiven Assimilation in Hinblick auf die Stimmlippenbeteiligung die vollständige Besetzung der stimmhaften und der stimmlosen Klasse von Obstruenten. So tritt beispielsweise der auf der phonologischen Ebene sonst abwesende Frikativ [γ], das stimmhafte Gegenstück zum stimmlosen [x], bedingt durch das Gesetz der regressiven Assimilation anstelle von [x] vor einem stimmhaften Konsonanten auf, z. B. bulg. stráx go e [straγυε] ‚er hat Angst‘, sonst bulg. strax [strax] ‚Angst‘, vgl. auch russ. dvux gorodóv [dvuγərdɔf] Gen. Pl. ‚(der) zwei Städte‘, sonst dvux [dvux] (vgl. 3.1).

2. Artikulatorische Phonetik

3.4. Sekundäre Modifikationen Die Artikulation der Konsonanten kann zusätzlich modifiziert werden, weswegen diese nach einem weiteren, für die Beschreibung speziell der slavischen Konsonanten wichtigen Merkmal zu klassifizieren sind: dem Merkmal der sekundären Modifikation. Eine sekundäre Modifikation wird durch eine bestimmte, zur primären Artikulation zusätzliche artikulatorische Bewegung erreicht. Für die slavischen Sprachen ⫺ wenn auch nicht für alle ⫺ sind zwei sekundäre Modifikationen charakteristisch: Die Palatalisierung und die Velarisierung. Die entsprechenden Konsonanten werden als palatalisierte bzw. velarisierte bezeichnet und im IPA-System mit den diakritischen Zeichen [j] bzw. [γ] notiert, z. B. russ. mat’ [matj] ‚Mutter‘, russ. luk [lγuk] ‚Zwiebel; Bogen‘. (Das in der Slavistik übliche Zeichen [’] für palatalisierte Konsonanten, z. B. [t’], ist zu vermeiden, da es nicht nur zur Transkription palatalisierter Konsonanten, sondern auch palataler sowie auch Konsonanten anderer Artikulationsklassen verwendet wird, vgl. Stadnik 1998, 377 f.) Konsonanten, die nicht auf irgendwelche Weise sekundär modifiziert sind, können als neutral bezeichnet werden, z. B. kroat. lu ̏ k [luˆk] ‚Zwiebel‘. Artikulatorisch ist die Palatalisierung eine Anhebung des Zungenrückens in Richtung Palatum und gleichzeitig nach vorn während einer primären Artikulation (vgl. Abb. 2.6 und Abb. 2.7). Die primäre Artikulation wird dabei durch eine bestimmte Artikulationsstelle und eine bestimmte Artikulationsart bestimmt (vgl. 3.1, 3.2). Palatalisierte Konsonanten sind von den palatalen streng zu unterscheiden; die Bezeichnung „palatal“ bezieht sich auf eine bestimmte Artikulationsstelle, das Palatum. So werden beispielsweise die tschechischen Plosive [c, ] wie in tsch. déti [εci] ‚Kinder‘ artikuliert, indem der Zungenrücken einen Verschluss mit dem Palatum bildet; im Falle der russischen palatalisierten Plosive [tj, dj] wie in russ. déti [djetji] ‚Kinder‘ nähert sich der Zungenrücken nur dem Palatum an, vgl. folgende Sagittalschnitte:

Abb. 2.7: Russ. [tj]

Unter den slavischen Standardsprachen weisen die Palatalisierung Russisch, Ukrainisch, Weißrussisch sowie die konservativen Varianten des Polnischen und des Niedersorbischen auf (Näheres s. bei Stadnik 1998, 382 ff.; 2002, 81 ff.). Diese Eigenschaft kennen darüber hinaus die ostbulgarischen Dialekte (s. Stadnik 2002, 92 ff.). Im Ukrainischen ist die Anhebung des Zungenrückens insbesondere bei labialen palatalisierten Konsonanten eine schwächere als beispielsweise im Russischen, weswegen die betreffenden Konsonanten in einigen Beschreibungen oft als „halbpalatalisierte“ oder „halbweiche“ bezeichnet werden.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

Abb. 2.8: Tsch. [c]

Im Unterschied zur Palatalisierung ist die Velarisierung durch eine Rückziehung des hinteren Teils der Zunge in Richtung Velum während einer primären Artikulation gekennzeichnet. Innerhalb des Slavischen tritt nur ein Konsonant als ein stark velarisierter auf, der Lateral [lγ]. Diesen gibt es in den ostslavischen Sprachen Russisch, Ukrainisch und Weißrussisch sowie in den ostsüdslavischen Sprachen Bulgarisch und Makedonisch, z. B. russ. dal [dalγ] m. Sg. Perf. ‚(er) hat gegeben‘, bulg. dal (e) [dalγ] m. Sg. Perf. ‚(er) hat gegeben‘ (vgl. 3.2). In den genannten Sprachen werden ferner die bilabialen Plosive [p, b] und der bilabiale Nasal [m] leicht velarisiert artikuliert (vgl. die Sagittalschnitte bei Avanesov 1972, 38 für die russischen Plosive). Keine Velarisierung gibt es in den west- und westsüdslavischen (Standard-)Sprachen. Vgl. die Stellung der Artikulationsorgane beim Realisieren des velarisierten russischen dentalen Laterals [lγ] mit jener beim Realisieren des slovakischen alveolaren neutralen Laterals [l] (s. Abb. 2.2 in 3.1):

Abb. 2.9: Russ. [lγ]

Im Grunde derselbe artikulatorische Unterschied besteht auch zwischen russ. [lγ] und dt. [l] wie z. B. in Lampe (vgl. Martens/Martens 1972, 26). Zu sekundären Modifikationen kann außer der Palatalisierung und Velarisierung auch die für das Slavische sonst untypische Aspiration gezählt werden, die es in der Aussprache vieler, besonders jüngerer Sprecher des Ober- und Niedersorbischen gibt, entstanden wiederum unter dem Einfluss des Deutschen. Die Aspiration ist hier für die stimmlosen Plosive charakteristisch ⫺ sie werden aspirierte (auch: behauchte) Kon-

2. Artikulatorische Phonetik sonanten genannt ⫺ und artikulatorisch dadurch gekennzeichnet, dass während der Lösung des Verschlusses die Stimmlippen eine Enge bilden, was auditiv als eine „Behauchung“ wahrgenommen wird, z. B. o.-sorb. tu [thu] ‚hier‘, pas [phas] ‚Gurt‘ (neben der konservativen Aussprache [tu], [pas]) gegenüber o.-sorb. dom [dj ɔm] ‚Haus‘, ból [bj ol] ‚Schmerz‘ mit den leicht entsonorisierten stimmhaften Konsonanten [dj , bj ] wie im Deutschen (neben der konservativen Aussprache [dɔm], [bol]), vgl. dt. Tee [the:] gegenüber du [dj u:].

4. Die suprasegmentalen Eigenschaften Zu den suprasegmentalen Eigenschaften zählen Vokalquantität, Töne und Wortakzent, die je nach Sprachsystem (einzeln oder in einer Kombination miteinander) phonologisch relevant (distinktiv) sein können.

4.1. Die Vokalquantität Der Begriff der Vokalquantität bezieht sich auf die Dauer der Vokale. Im Grunde hat jeder Vokal eine bestimmte, zum Beispiel in Millisekunden messbare Quantität. Deren alleinige Feststellung ist jedoch kaum von einem phonetischen Interesse. Interessant sind vielmehr quantitative Unterschiede, die Vokale einer Sprache aufweisen können, seien sie phonologisch relevant oder nicht. Sind sie vorhanden, handelt es sich in der Regel um kurze Vokale gegenüber den langen, wobei diese Bezeichnungen natürlich als relative Größen zu verstehen sind. Seltener kommen drei Quantitätsunterschiede vor, etwa kurze, lange und überlange Vokale. (Ausführlich über die Quantität s. Ternes 1999, 114 ff.) Innerhalb des Slavischen weisen die westslavischen Sprachen Tschechisch und Slovakisch sowie die südslavischen Sprachen Serbisch, Kroatisch bzw. Bosnisch, unter Vorbehalt auch Slovenisch vokalische Quantitätsunterschiede auf. In diesen Sprachen stehen (phonetisch und phonologisch) kurze Vokale (bzw. Vokalphoneme) den langen gegenüber. Einige Beispiele: tsch. pobyt [pɔbit] /pobit/ ‚Aufenthalt‘ gegenüber poby´t [pɔbi:t] /pobi:t/ pf. ‚bleiben‘, nadany´ [nadani:] /nadani:/ ‚begabt‘ gegenüber nadání [nada:ni:] /nada:ni:/ ‚Begabung‘; slk. muka [mukɑ] /mukɑ/ ‚Qual‘ gegenüber múka [mu:kɑ] /mu:kɑ/ ‚Mehl‘; serb. re ̏pa [rεˆ pa] /rêpa/ ‚Rübe‘ gegenüber Gen. Pl. rêpa [rê:pa] /rê:pa/, rúka [ruˇ:ka] /ruˇ:ka/ ‚Hand; Arm‘ gegenüber Gen. Pl. rúka¯ [ruˇ:ka:] /ruˇ:ka:/. Die verschiedenen Vokalquantitäten sind im Tschechischen, Slovakischen, Serbischen, Kroatischen und Bosnischen nicht an den Wortakzent gebunden und kommen auch außerhalb akzentuierter Silben vor. Anders verhält es sich mit dem Slovenischen. Zuvor sei aber angemerkt, dass hier zwei Systeme, ein progressives und ein konservatives unterschieden werden müssen. In dem weit verbreiteten progressiven System werden keine Vokalquantitäten, wie im Übrigen auch keine Töne, unterschieden (vgl. Stadnik 1998, 391). Das konservative System des Slovenischen ⫺ dieses liegt auch zentralen Dialekten zugrunde ⫺ unterscheidet jedoch kurze und lange Vokale (wie auch einen fallenden und einen steigenden Ton, vgl. 4.2). Das Auftreten der vokalischen Quantitätsunterschiede ist inso-

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen fern anderes als etwa im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen, als kurze und lange Vokale nur innerhalb akzentuierter Silben unterschieden werden, nicht innerhalb unakzentuierter Silben, wo nur kurze Vokale realisiert werden, z. B. sln. véliki [veˇ:liki] m. Nom. Sg. ‚groß‘. Folgende Vokale stehen im konservativen System des Slovenischen einander gegenüber: [ıˆ ⫺ ıˇ:], [uˆ ⫺ uˇ:], [aˆ ⫺ aˇ :] sowie [εˆ ⫺ εˇ :], [oˆ ⫺ ɔˆ :]. Die ersteren drei Vokalpaare unterscheiden sich außerdem durch die tonalen Bewegungen: Die kurzen Vokale sind immer fallend und die langen immer steigend intoniert. Die Vokalpaare [εˆ ⫺ εˆ :], [oˆ ⫺ ɔˆ :] weisen keine tonalen Unterschiede auf und sind immer fallend intoniert. Beispiele (vgl. Rehder 1998, 231 ff.): spì! [spıˆ] Imper. ‚schlafe!‘ gegenüber spí [spıˇ:] 3. Sg. ‚(er) schläft‘, bràt [braˆ t] ‚Bruder‘ gegenüber brát [braˇ :t] Supinum zu bráti ‚sammeln‘, kùp [kuˆp] ‚Haufen‘ gegenüber kúp [kuˇ:p] ‚Kauf‘, èn [εˆ n] ‚ein‘ gegenüber peˆti [pεˆ :ti] ‚der fünfte‘ usw. Außerdem besitzt das Slovenische noch die halbgeschlossenen, immer steigend intonierten langen Vokale [eˇ:, oˇ:], die keine kurzen Gegenstücke haben, sowie den zentralen immer fallend intonierten kurzen Vokal [əˆ ], z. B. péti [peˇ:ti] ‚singen‘, pót [poˇ:t] ‚Weg‘, pès [pəˆ s] ‚Hund‘, sèn [səˆ n] ‚Schlaf‘. Ein anschauliches Beispiel für den Vergleich des konservativen Systems mit dem progressiven ist das Wortpaar véliki Nom. Sg. m. ‚groß‘ ⫺ velìki Nom. Pl. m., n. ‚große‘. Im konservativen System wird es phonetisch als [veˇ:liki] ⫺ [velıˆki] realisiert (und ist phonologisch entweder als /veˆliki/ ⫺ /velıˆki/ oder als /ve:liki/ ⫺ /veliki/ zu interpretieren, je nachdem, ob die Töne oder die Vokalquantität als distinktiv angesehen werden). Im progressiven System des Slovenischen, in dem weder die tonalen Unterschiede noch die Vokalquantitäten in der Aussprache differenziert werden, wird das betreffende Wortpaar als [veliki] ⫺ [veliki] realisiert und ist somit ein echtes Minimalpaar für den distinktiven Wortakzent: /veliki/ ⫺ /veliki/ (vgl. Stadnik 1998, 391).

4.2. Töne In der allgemeinsprachwissenschaftlichen und sprachtypologischen Literatur werden zwei Typen von Tonsprachen unterschieden: Tonsprachen im strengen Sinn und gemäßigte Tonsprachen. Das klassische Beispiel für die Tonsprachen im strengen Sinn ist das Chinesische, in dem jede einzelne Silbe einen bestimmten Ton trägt. In den gemäßigten Tonsprachen ist hingegen nur eine Silbe pro Wort durch einen bestimmten Ton gekennzeichnet, die anderen Silben sind tonal unmarkiert. Die südslavischen Sprachen Serbisch, Kroatisch bzw. Bosnisch, je nach System auch Slovenisch repräsentieren diesen Tonsprachentyp. Es gibt aber auch nicht wenige andere indogermanische Sprachen dieses Typs (dazu s. Ternes 2001, 175 ff.; 2006 und den betreffenden Artikel in Band II des Handbuches). In der Phonetik werden ferner zwei Grundtypen von Tönen, Konturtöne und Registertöne unterschieden. Erstere sind solche, die sich durch bestimmte Bewegungsrichtungen, beispielsweise eine fallende und eine steigende, voneinander unterscheiden. Die Registertöne unterscheiden sich hingegen durch den relativen Abstand zwischen bestimmten Tonlagen voneinander, beispielsweise zwischen einer tiefen und einer hohen Lage (näheres s. bei Ternes 1999, 136 f.). Die betreffenden südslavischen Sprachen sind somit (gemäßigte) Konturtonsprachen, die je einen fallenden und einen steigenden Ton aufweisen. Gemäß den IPA-Konventionen wird hier der fallende Ton mit dem diakritischen Zeichen [ ˆ ] und der steigende mit [ ˇ ] notiert (s. auch Landau/Lončaric´/

2. Artikulatorische Phonetik Horga/Škaric´ 1999, 66 ff.); zusätzlich werden im Folgenden bei den orthographischen Formen auch die in der Slavistik üblichen Zeichen für Töne und Quantitäten zum Vergleich angegeben: im Falle des Serbischen und Kroatischen ̏ für kurze Vokale mit fallendem Ton, ˆ für lange Vokale mit fallendem Ton, ´ für kurze Vokale mit steigendem Ton, ´ für lange Vokale mit steigendem Ton, ¯ für lange tonal unmarkierte Vokale; im Falle des Slovenischen ´ für lange Vokale, die je nach Ausprache auch steigend intoniert sein können, ` für kurze Vokale, die je nach Aussprache auch fallend intoniert sein können, ˆ für lange Vokale, die je nach Aussprache fallend intoniert sein können. Im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen, ggf. auch im Slovenischen ist die Kategorie des Tons an die des Wortakzents gebunden, so dass die tonalen Unterschiede nur innerhalb akzentuierter Silben zum Tragen kommen, vgl. kroat. ljuˆdi [ʎuˆ:di] /ʎuˆ:di/ ‚Leute‘, ka ̏ me¯n [kaˆ mε:n] /kaˆ me:n/ ‚Stein‘, vra´ta [vraˇ :ta] /vraˇ :ta/ ‚Tür‘. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Besonderheit von nur diesen südslavischen Sprachen, sondern um eine Besonderheit der gemäßigten Tonsprachen überhaupt, weswegen sie auch als Tonakzentsprachen (engl. pitch accent languages) bezeichnet werden (s. Ternes 2001, 175 ff.). Anzumerken ist, dass die tonalen Unterschiede in den betreffenden südslavischen Sprachen verloren zu gehen scheinen, weil sie in der Aussprache vieler Sprecher nicht mehr unterschieden werden, wobei hier auch die dialektale Herkunft der Sprecher von Bedeutung ist. So werden in westlichen und östlichen Dialekten des Slovenischen keine Töne mehr unterschieden; in zentralen Dialekten werden sie hingegen noch realisiert (Garde 1976, 261). Stark verbreitet ist im Slovenischen eine ⫺ so Garde ⫺ vereinfachte Aussprachenorm des Slovenischen (norme simplifiée), in der keine tonalen Unterschiede mehr vorhanden sind (wie auch keine Vokalquantitätsunterschiede, vgl. Stadnik 1998, 391; s. 4.1). Der konservativen Aussprachenorm des Slovenischen liegt folgendes System zugrunde: Die langen akzentuierten Vokale [ıˇ:, uˇ:, aˇ :] sind immer steigend intoniert, die kurzen akzentuierten [ıˆ, uˆ, aˆ ] sind immer fallend intoniert; die halboffenen akzentuierten Vokalphoneme, seien sie kurz oder lang, sind immer fallend intoniert: [εˆ :, ɔˆ :, εˆ , ɔˆ ]; ferner bestehen in akzentuierten Silben die halbgeschlossenen immer steigend intonierten [eˇ:, oˇ:], die keine kurzen Gegenstücke haben, und (in akzentuierten wie in unakzentuierten Silben) ein zentrales immer fallend intoniertes kurzes [əˆ ], das kein langes Gegenstück hat (Beispiele s. in 4.1). Die unakzentuierten Vokale werden immer kurz realisiert und weisen keine tonalen Unterschiede auf. Diese auf der phonetischen Ebene bestehende Beziehung zwischen Vokalquantität und Tönen hat zwei Möglichkeiten der phonologischen Interpretation zur Folge: Entweder wird die Vokalquantität als distinktiv und die tonalen Unterschiede als allophonisch oder aber, umgekehrt, die tonalen Unterschiede als distinktiv und die Vokalquantität als allophonisch klassifiziert, z. B. spì [spıˆ] Imper. ‚schlafe!‘ gegenüber spí [spıˇ:] 3. Sg. ‚(er) schläft‘ ist phonologisch entweder /spıˆ/ ⫺ /spıˇ/ oder /spi/ ⫺ /spi:/ (vgl. 4.1). Etwas anders sehen die Verhältnisse im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen aus. Hier treten die tonalen Unterschiede und die vokalischen Quantitätsunterschiede unabhängig voneinander auf: Kurze wie lange Vokale können fallend wie steigend intoniert sein, so dass beide suprasegmentale Eigenschaften phonologisch relevant sind, vgl. kroat. luˆka [luˆ:ka] Gen. Sg. ‚(des) Bogens‘ gegenüber lu´ka [luˇ:ka] Gen. Pl. ‚(der) Häfen‘, sèla [seˇla] /seˇla/ Gen. Sg. ‚(des) Dorfes‘ gegenüber se ̏la [sεˆ la] /seˆla/ Nom. Pl. ‚Dörfer‘, vèdro [vεˇ drɔ] /veˇdro/ ‚Eimer‘ gegenüber ve ̏dro [vεˆ drɔ] n. ‚klar‘ (weitere Beispiele mit Kommentaren s. Ternes 1999, 144).

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

4.3. Der Wortakzent Der Wortakzent (in IPA: []) ist eine Hervorhebung einer bestimmten Wortsilbe gegenüber den anderen Silben, die mit verschiedenen phonetischen Mitteln realisiert wird: 1) Indem die akzentuierte Silbe die größere Lautstärke gegenüber den nicht akzentuierten Silben hat, 2) indem die akzentuierte Silbe einen anderen Ton (einen höheren oder einen tieferen) gegenüber den nicht akzentuierten Silben hat, 3) indem die akzentuierte Silbe eine längere Dauer hat (Ternes 2001, 171). Wenn auch diese drei phonetische Realisierungen in der Regel gemeinsam auftreten, kann eine von ihnen überwiegen (Ternes 2001, 171). Und so wird der Wortakzent in den slavischen Sprachen vor allem durch größere Lautstärke der akzentuierten Silben realisiert. Im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen sowie im konservativen System des Slovenischen (vgl. 4.1, 4.2) ist der Wortakzent an eine andere suprasegmentale Eigenschaft gebunden, den Ton, so dass hier eine akzentuierte Silbe gleichzeitig auch einen bestimmten Ton, einen fallenden oder einen steigenden, trägt (vgl. 4.2), z. B. kroat. vra´ta [vraˇ :ta] ‚Tür‘, ljuˆdi [ʎuˆ:di], sln. ve´liki [vεˇ :liki] m. Nom. Sg. ‚groß‘, peˆti [pεˆ :ti] m. Nom. Sg. ‚der fünfte‘ usw. In traditionellen Beschreibungen zu den slavischen wie auch zu anderen indogermanischen Sprachen werden die in der Indogermanistik seit dem 19. Jh. gängigen Begriffe dynamischer (auch: expiratorischer) Wortakzent gegenüber musikalischer (auch: melodischer) Wortakzent verwendet, wobei ersterer auf Sprachen wie die ostslavischen und letzterer auf gemäßigte Tonsprachen wie Serbisch, Kroatisch bzw. Bosnisch bezogen wird. Diese Begriffe erlauben jedoch keine „saubere“ Unterscheidung der Kategorien Wortakzent und Ton, zum einen, weil in der Bezeichnung „musikalischer“ Wortakzent beide genannten Kategorien gleichzeitig inbegriffen sind, zum anderen, weil es auch Sprachen gibt, die keine Tonsprachen sind, deren Wortakzent aber, wie eingangs erwähnt, durch eine bestimmte tonale Veränderung phonetisch realisiert wird. (Ausführlicher über die Geschichte der Begriffe „dynamischer“ und „musikalischer“ Wortakzent sowie über die Typologie der betreffenden Phänomene s. bei Ternes 2001, 170 f.) Die in den slavischen Sprachen jeweils möglichen Positionen des Wortakzents (bzw. sein phonologischer Stellenwert) werden in zwei separaten Artikeln in diesem Handbuch behandelt, weshalb wir an dieser Stelle auf weitere Details verzichten können.

5.

Einige Besonderheiten der slavischen Lautinventare

5.1. Sprachen mit Palatalisierung und Sprachen mit palatalen Konsonanten Generell lassen sich die slavischen Konsonanteninventare drei Typen zuordnen: 1) Inventare mit Palatalisierung, 2) Inventare mit palatalen Konsonanten und 3) solche, die weder eine Palatalisierung noch palatale Konsonanten aufweisen. Im Polnischen und Niedersorbischen lassen sich dabei je zwei Varianten von Lautinventaren unterscheiden, eine konservative und eine progressive. Die jeweils konservativen Varianten weisen sowohl die Kategorie „palatalisiert“ als auch die Kategorie „palatal“, die jeweils progressiven nur noch die Kategorie „palatal“ auf (vgl. Stadnik 1998, 382 ff.). Außer den konservativen Polnisch und Niedersorbisch kennen noch die ostslavischen Spra-

2. Artikulatorische Phonetik chen die Palatalisierung der Konsonanten (s. beispielsweise Russisch in 6.1). Die palatalen Konsonanten besitzen die westslavischen Sprachen Tschechisch, Slovakisch, Polnisch und Niedersorbisch sowie die südslavischen Sprachen Serbisch, Kroatisch bzw. Bosnisch, Slovenisch und Makedonisch (Beispiele s. in 6.2 und 6.3). Weder eine Palatalisierung noch palatale Konsonanten haben das Obersorbische und das (Standard-) Bulgarische (s. Stadnik 1998, 386 f., 380 f.; zum Bulgarischen s. auch Stadnik 2002, 92 ff.). Die Konsonanteninventare der Sprachen mit Palatalisierung sind reicher als jene der Sprachen mit Palatalen; und die Konsonanteninventare der Sprachen mit Palatalen sind ⫺ zumindest innerhalb des Slavischen ⫺ reicher als jene, die weder eine Palatalisierung noch palatale Konsonanten haben. Die hohe Konsonantenanzahl in den Sprachen mit Palatalisierung liegt an der Natur dieser phonetischen Eigenschaft. Wie bereits in den Abschnitten 1 und 3.4 festgehalten, kann sie generell von jedem Konsonanten außer von einem palatalen getragen werden und somit die Anzahl der Konsonanten potentiell verdoppeln. So haben auch die meisten Konsonanten der ostslavischen Sprachen ihre palatalisierten Gegenstücke. Im Russischen gibt es neben den Konsonanten [p, b, t, d, k, , f, v, s, z, ʃ, , x, γ, ts, d z, d, m, , n, lγ, r, j] die palatalisierten [pj, bj, tj, dj, kj, j, fj, vj, sj, zj, ʃ jʃj, jj, xj, d zj, tʃ j, dj, mj, j, nj, lj, rj]. Keine palatalisierten Gegenstücke haben der palatale Approximant [j] wie in ja [ja] ‚ich‘, die dentale Affrikate [ts] wie in cirk [ts rk] ‚Zirkus‘ und der stimmhafte velare Frikativ [γ], der nur vor stimmhaften Konsonanten vorkommt, z. B. dvux gorodóv [dvuγərdɔf] Gen. Pl. ‚(der) zwei Städte‘ (vgl. 3.3). Die palatalisierte postalveolare Affrikate [tʃ j] hat kein neutrales Gegenstück, z. B. čej [tʃ jej] ‚wessen‘, čaj [tʃ ja j] ‚Tee‘. Als palatalisierte Gegenstücke zu den neutralen postalveolaren Frikativen [ʃ, ] können die langen Frikative [ʃ jʃj, jj] angesehen werden, vgl. ščeká [ʃ jʃjika] ‚Wange‘, doždí [djji] Pl. ‚Regen‘ (vgl. 6.1). Einige palatalisierte Konsonanten sind Ergebnisse regressiver Assimilationen. So kommt die palatalisierte stimmhafte Affrikate [dj] nur vor stimmhaften Konsonanten an Wortgrenzen vor, wie z. B. in doč’ dóma [dɔdjdɔmə] ‚die Tochter ist zu Hause‘, und ist somit Ergebnis der regressiven Assimilation in Hinblick auf die Stimmhaftigkeit (vgl. 6.1). Weitere Beispiele für palatalisierte Konsonanten des Russischen: pës [pjɔ s] ‚Hund‘, sël [sjɔ lγ] Gen. Pl. ‚(der) Dörfer‘, xvaljú [xvlju ] 1. Sg. ‚(ich) lobe‘, brjúxo [brju xə] ‚Bauch, Wanst‘, tól’ko [tɔljkə] ‚nur‘, b’ët [bjjɔt] 3. Sg. ‚(er) schlägt‘. (Ausführlicher über die Palatalisierung im Russischen s. Stadnik 2002, 82 ff.; weitere Beispiele und graphische Darstellung des Konsonanteninventars s. in 6.1.) Im Ukrainischen bestehen zu den neutralen Konsonanten [p, b, t, d, k, , f, v, s, z, ʃ, , x, , ts, d z, tʃ , d, m, , n, lγ, r, w, j] die palatalisierten [pj, bj, tj, dj, kj, j, fj, vj, sj, zj, ʃ j, j, xj, j, tsj, tʃ j, dj, mj, nj, lj, rj]. Keine palatalisierten Gegenstücke haben die Approximanten [j, w] sowie der labiodentale Nasal []; das [w] ist auf Wort-, Silbenbzw. Morphemgrenzen, wie z. B. in movljáv [mɔwljaw] Adv. ‚sozusagen; nämlich‘, das [] an die Position vor [f, v], wie z. B. in tramváj [travaj] ‚Straßenbahn‘ beschränkt. Eine Besonderheit des Ukrainischen besteht darin, dass die palatalisierten labialen und velaren Konsonanten, der glottale Frikativ [j] und die postalveolare Affrikate [dj] nur vor [i] auftreten, z. B. pil [pjilγ] ‚Boden‘, bik [bjik] ‚Seite‘, bdžílon’ka [bdjilɔnjka] Dim. ‚Biene‘, kit [kjit] ‚Kater‘. Weitere Beispiele für palatalisierte Konsonanten des Ukrainischen: s’ómij [sjɔ m j] ‚(der) siebte‘, c’ógo [tsjɔ ɔ] Akk. Sg. m. ‚diesen‘, dz’ob [d zjɔ b] ‚Schnabel‘, rad’ [radj] Imper. ‚rate!‘, ljubíti [lju b t ] ‚lieben‘, žal’

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen [alj] ‚Mitleid‘, dón’ka [dɔnjka] Dim. ‚Tochter‘. (Ausführlicher zur Palatalisierung im Ukrainischen s. Stadnik 2001, 94 ff.; 2002, 85 ff.) Im Weißrussischen bestehen zu den neutralen Konsonanten [p, b, t, d, k, , f, v, s, z, ʃ, , x, , ts, d z, tʃ , d, m, , n, lγ, r, w, j] die palatalisierten Konsonanten [pj, bj, kj, j, fj, vj, sj, zj, xj, j, tsj, d zj, mj, nj, lj, rj]. Keine palatalisierten Gegenstücke haben die dentalen Plosive [t, d], die postalveolaren Frikative und Affrikaten [ʃ, , tʃ , d], die Approximanten [w, j] sowie der an die Position vor [f, v] gebundene bilabiale Nasal []. Die Positionierung der Palatalisierung im Wort ist ähnlich wie im Russischen. Einige Beispiele: pjasók [pj sɔk] ‚Sand‘, mëd [mjɔ t] ‚Honig‘, cëply [tsjɔ plγ] ‚warm‘, ljúdzi [lju d zji] ‚Leute‘, vúgal’ [vulj] ‚Ecke‘, vos’ [vɔsj] ‚Achse‘, kon’ [kɔnj] ‚Pferd‘. (Ausführlicher über die Palatalisierung im Weißrussischen s. Stadnik 2002, 87 ff.) In den konservativen Varianten der westslavischen Sprachen Polnisch und Niedersorbisch ist das Auftreten der Palatalisierung eingeschränkter als in den ostslavischen Sprachen. Dies betrifft die Verteilung der Palatalisierung über die einzelnen Konsonantenklassen sowie deren Positionierung im Wort. So bestehen im (konservativen) Polnischen zu den neutralen Konsonanten [p, b, t, d, k, , f, v, s, z, ʃ, , , , x, γ, ts, d z, tʃ , d, t, d, m, , n, , ŋ, l, r, w, w˜, j, ȷ˜] die palatalisierten [pj, bj, kj, j, fj, vj, xj, mj]. Der marginale Charakter der polnischen Palatalisierung hängt mit derem allmählichen Abbau zusammen (vgl. Abschnitt 7.2 des Artikels 153). Dasselbe gilt auch für das (konservative) Niedersorbische, das zu den neutralen Konsonanten [p, b, t, d, k, , f, v, s, z, ʃ, , , , x, h, ts, tʃ , m, n, , l, r, w, j] nur die palatalisierten [pj, bj, mj, lj, rj, wj] zählt (vgl. Abschnitt 7.2 des Artikels 153). Einige Beispiele: poln. (kons.) piasek [pja sεk] ‚Sand‘, biodro [bjɔ drɔ] ‚Hüfte‘, wiara [vja ra] ‚Glaube‘, miara [mja ra] ‚Maß‘, polskie [pɔlskje] n. ‚polnisch‘, drogie [drɔje] n. ‚teuer‘; n.-sorb. (kons.) bis´ [bji] ‚schlagen‘, bély [bjel ] ‚weiß‘, wjedro [wjε drɔ] ~ [wjedrɔ] ‚Wetter‘, rjac [rja ts] ‚sagen, behaupten‘, lod [ljɔ t] ‚Eis‘, kuchar´ [kuxarj] ‚Koch‘, ból [b lj] ‚Schmerz‘. Eine Besonderheit des Polnischen ist, dass die palatalisierten Konsonanten nicht im Wortauslaut und nicht vor anderen Konsonanten auftreten, wie dies in den ostslavischen Sprachen der Fall ist, sondern nur vor Vokalen. Eine Besonderheit des Niedersorbischen ist, dass die palatalisierten Konsonanten außer [lj, rj] nur vor vorderen Vokalen auftreten; vor hinteren Vokalen, wie z. B. in mjod [mjɔt] ‚Honig‘, werden die Lautfolgen [Kj] als historische Vertretungen für [Kj], die ursprünglichen palatalisierten Konsonanten, artikuliert (vgl. Abschnitt 7.2 des Artikels 153; ausführlicher über die Palatalisierung im Polnischen und Niedersorbischen s. Stadnik 1998, 382 ff.; 2002, 89 ff.). Die Anzahl der Konsonanten in den Sprachen mit Palatalen ist deswegen verhältnismäßig gering (vorausgesetzt natürlich, sie haben keine zusätzliche Palatalisierung wie etwa das konservative Polnische), weil „palatal“ eine bestimmte Artikulationsstelle beinhaltet, an welcher nur eine begrenzte Anzahl von Artikulationsarten realisiert werden kann: Plosive, Frikative, Affrikaten, ein Nasal, ein Lateral und ein Approximant. Ein palataler Vibrant, der mit dem Zungenrücken gebildet wäre, ist artikulatorisch nicht möglich. Abgesehen vom palatalen Approximanten [j], der in allen slavischen Sprachen existiert, bestehen in den betreffenden slavischen Sprachen folgende Palatale: tsch. [c, , ]; slk. [c, , , ʎ]; serb., kroat., bosn., mak., sln. [, ʎ]; poln., n.-sorb. (kons.) []. Beispiele: tsch. déti [εci] Pl. ‚Kinder‘, ku˚ň [ku:] ‚Pferd‘; slk. devät’ [dεvæc] ‚neun‘, diet’a [εca] ‚Kind‘, kl’úč [kʎu:tʃ ] ‚Schlüssel‘, koˆň [kuı ɔ] ‚Pferd‘; poln. kon´ [kɔ] ‚Pferd‘; n.-sorb. (kons.) kón´ [k ] ‚Pferd‘, njebjo [εbjɔ] ‚Himmel‘; kroat. ljuˆdi [ʎuˆ:di] ‚Leute‘, ko ̏ nj [kɔˆ ] ‚Pferd‘; mak. konj [kɔ] ‚Pferd‘, telj [tεʎ] ‚Saite‘; sln.

2. Artikulatorische Phonetik življeˆnje [iwʎε:ε] ‚Leben‘. Im Serbischen, Kroatischen bzw. Bosnischen, Makedonischen, Polnischen und Niedersorbischen bestehen zusätzlich alveolopalatale Konsonanten, deren Artikulationsstelle weiter vorn als die der Palatale liegt (vgl. 3.1): serb., kroat., bosn., mak. [t, d], poln. [t, d, , ], n.-sorb. [, ], z. B. kroat. noˆc´ [nɔˆ :t] ‚Nacht‘, mèđa [mεˇ da] ‚Grenze‘; mak. nok´ [nɔt] ‚Nacht‘, plák´a [plata] ‚bezahlen‘, gag´a [ada] ‚werfen‘; poln. ciepło [tεpwɔ] ‚Wärme‘, dzieci [dεti] Pl. ‚Kinder‘, siano [anɔ] ‚Heu‘, ziarno [arnɔ] ‚Korn‘; n.-sorb. z´ases´ [asε] ‚zehn‘. Im Makedonischen können anstelle der alveolopalatalen Affrikaten auch palatale Plosive artikuliert werden: mak. [nɔc] ‚Nacht‘, [placa] ‚bezahlen‘, [aa] ‚werfen‘. Im progressiven System des Niedersorbischen bestehen nur noch die alveolopalatalen Frikative [, ], kein palataler Nasal [] mehr. An dessen Stelle wird je nach Position im Wort entweder die Lautfolge [nj] oder die Lautfolge [jn] artikuliert, vgl. n.-sorb. (kons.) kón´ [k ], n.-sorb. (progr.) [k jn] ‚Pferd‘, n.-sorb. (kons.) njamoc [amɔts], n.sorb. (progr.) [njamɔts] (vgl. Stadnik 1998, 384 ff.; 2002, 90 ff.).

5.2. Vokale in der Umgebung palatalisierter Konsonanten Die Artikulation der Vokale in der Umgebung palatalisierter Konsonanten ist generell anders als in der Umgebung nicht-palatalisierter Konsonanten. Dies hängt mit den artikulatorischen Eigenschaften der Palatalisierung zusammen. Wie im Abschnitt 3.4 bereits festgehalten, wird sie realisiert, indem sich die Zungenmasse zusätzlich zu einer primären Artikulation nach oben in Richtung Palatum und gleichzeitig nach vorn verlagert. Diese Position der Zunge ähnelt jener bei der Artikulation des vorderen geschlossenen Vokals [i], weswegen es auch am „leichtesten“ ist, nach einem palatalisierten Konsonanten ein [i] auszusprechen. Und so folgt das [i] beispielsweise in den ostslavischen Sprachen stets einem palatalisierten Konsonanten nach (während der zentrale geschlossene Vokal [ ] stets einem nicht-palatalisierten Konsonanten nachfolgt), z. B. in russ. kit [kjit] ‚Wal‘, mir [mjir] ‚Frieden; Weltall‘, lit’ [ljitj] ‚gießen‘ usw. Nicht so „leicht“ wie das [i] lässt sich nach einem palatalisierten Konsonanten ein anderer Vokal artikulieren, etwa der offene zentrale Vokal [a]. In diesem Fall muss sich die Zunge aus der [i]-Lage rasch in die [a]-Lage versetzen. Und genau diese artikulatorische Bewegung macht sich auditiv bemerkbar, weil eine andere [a]-Qualität als in der Umgebung nicht-palatalisierter Konsonanten realisiert wird. Es handelt sich dabei um eine Erscheinung der Koartikulation: eine Beeinflussung der Artikulation eines Lautes (in diesem Fall eines Vokals) durch die Artikulation eines anderen Lautes (in diesem Fall eines vorangehenden Konsonanten). Auf einem Sonagramm ist die betreffende [a]-Qualität als ein diphthongartiger Vokal deutlich erkennbar; seiner akustischen Struktur nach ähnelt er einem fallenden Diphthong und könnte daher als [ia] wiedergegeben werden. Dieser Vokal ist aber kein echter Diphthong, da das Element [i] auditiv nicht als ein Segment wahrgenommen wird. Abstrahiert kann [ia] als ein etwas weiter vorderer und zugleich ein leicht geschlossenerer Vokal als [a] beschrieben werden, wenn es auch nicht möglich ist, seine Position innerhalb des Vokalvierecks als einen Punkt festzulegen, da er ja genaugenommen (leicht) diphthongiert ist. In Hinblick auf weitere Positionen bzw. auf eine Vereinfachung der Transkription, soll hier anstelle von [ia] das Zeichen [a ] verwendet werden, wobei das Diakri-

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen tikon [ ] ⫺ seine Bedeutung im IPA-System ist „weiter vorn“ ⫺ als eine Abstraktion zu betrachten ist, z. B. mjal [mja lγ] m. Sg. Perf. ‚(er) knetete‘. Dasselbe gilt auch für [ɔ], [u] und [ε] nach einem palatalisierten Konsonanten. Bedingt durch die Koartikulation sind auch diese Vokale diphthongartig, also etwa [iɔ], [iu] und [iε]. Sie werden hier als [ɔ ], [u ] und ⫺ anstelle von [ε ] bietet sich das IPAZeichen [e] an ⫺ als [e] notiert, z. B. russ. tëk [tjɔ k] m. Sg. Perf. ‚(er) floß‘, njux [nju x] ‚Geruchsinn‘, net [njet] ‚nein‘. Im Übrigen kommt dieses russische [e] dem IPA-Wert [e] recht nahe, insbesondere zwischen zwei palatalisierten Konsonanten, z. B. russ. pet’ [pjetj] ‚singen‘ (vgl. Abb. 2.12 in 6.1). Im Falle des (konservativen) Niedersorbischen, das ein halboffenes [ε] und ein halbgeschlossenes [e] positionsunabhängig unterscheidet und palatalisierte Konsonanten sowohl vor [ε] als auch vor [e] aufweist, wären beide Zeichen, [ε ] und [e], zur Transkription heranzuziehen, vgl. n.-sorb. wjedro [wjε drɔ] ‚Wetter‘, bély [bjel ] ‚weiß‘. Die Qualitäten [ε, e] fallen allerdings im Niedersorbischen in salopper Aussprache oft zusammen, so dass auch [wjedrɔ] anstelle von [wjε drɔ] notiert werden kann. Leicht diphthongartig sind ferner die Vokale (das [i] ausgenommen) auch in Position vor einem palatalisierten Konsonanten. Nur ist ihre akustische Struktur eine andere als bei jenen Vokalen, die einem palatalisierten Konsonanten nachfolgen, insofern als sie nicht fallenden, sondern, umgekehrt, steigenden Diphthongen ähneln. Denn die Bewegung der Zunge in die i-Lage erfolgt nicht vor ihrer Artikulation, sondern, umgekehrt, gegen das Ende der Artikulation. Im Unterschied etwa zu [ia] könnte daher [ai] transkribiert werden. Allerdings erscheint die Änderung der Vokalqualität vor einem palatalisierten Konsonanten auditiv schwächer als nach einem palatalisierten Konsonanten. Deswegen sowie auch der Einfachheit halber wird hier in den betreffenden Positionen bloß [a] bzw. [ɔ, u, ε] notiert, z. B. russ. mat’ [matj] ‚Mutter‘, bol’ [bɔlj] ‚Schmerz‘, Rus’ [rusj] ‚Rus‘’, cep’ [tsεpj] ‚Kette‘. Weniger diphthongartig sind die Vokale in der Position zwischen zwei palatalisierten Konsonanten. Abgesehen von den vorderen [i, e] wie in russ. lit’ [ljitj] ‚gießen‘, pet’ [pjetj] ‚singen‘ werden hier Vokalqualitäten realisiert, die den IPA-Werten [y, ø, æ] ähneln. Diese Realisierung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Zungenmasse sowohl vor der Artikulation des betreffenden Vokals als auch gegen das Ende seiner Artikulation eine vordere Lage einnimmt. Positionen wie z. B. in russ. borjús’ 1. Sg. ‚(ich) kämpfe‘, v polëte ‚im Flug, während des Fluges‘, mjat’ ‚kneten‘ könnten also als [brjysj], [fpljøtji] und [mjætj] notiert werden (vgl. beispielsweise die in der Russistik weit verbreitete Transkription [u¨, o¨, a¨] z. B. bei Kasatkin 2003, 36). Hier soll jedoch ⫺ nicht zuletzt der Einfachheit halber ⫺ [u , ɔ , a ] notiert werden: [brju sj], [fpljɔ tji], [mja tj]. Welche Vokale genau in der Umgebung palatalisierter Konsonanten bestehen, hängt natürlich vom Vokalbestand der jeweiligen Sprache sowie von den vokalischen Distributionsregeln ab. So weist das Russische in unbetonten Positionen den zentralen Vokal [ə] auf (vgl. 2.1), der nach palatalisierten Konsonanten etwas weiter vorn und etwas geschlossener realisiert wird, z. B. djádja [djadjə ] ‚Onkel‘ (zum Vokalinventar des Russischen s. in 6.1). Im Ukrainischen ⫺ um ein anderes Beispiel zu nennen ⫺ treten vor /e/ keine palatalisierten Konsonanten auf, weswegen hier die Vokalqualität [e] fehlt, vgl. ukr. den’ [dεnj] ‚Tag‘, russ. den’ [djenj]. Im Niedersorbischen können die bereits genannten Qualitäten [ε ] und [e] wie in wjedro [wjε drɔ] ‚Wetter‘ und bély [bjel ] ‚weiß‘ unterschieden werden. Generell gilt aber, dass Sprachen mit Palatalisie-

2. Artikulatorische Phonetik rung viel reichere Vokalinventare aufweisen als jene ohne diese phonetische Eigenschaft, was eben mit der Koartikulation benachbarter konsonantischer und vokalischer Segmente zusammenhängt.

5.3. Akzentuierte und unakzentuierte Vokale Generell werden die unakzentuierten (auch: unbetonten) Vokale leicht zentralisiert im Vergleich zu den akzentuierten (auch: betonten) artikuliert, wobei geschlossene Vokale gleichzeitig etwas offener und die offenen Vokale gleichzeitig etwas geschlossener ausgesprochen werden. Diese ⫺ im Übrigen sehr leichte und nur mit einem phonetisch geschulten „Ohr“ wahrnehmbare ⫺ Qualitätsveränderung hat physiologische Gründe. Unakzentuierte Vokale werden nämlich mit weniger Intensität und somit mit einer geringeren Muskelspannung der Artikulationsorgane als die akzentuierten realisiert. Und bei geringerer Muskelspannung nehmen die Artikulationsorgane automatisch eine Position ein, die näher zur Position der Ruhelage ist als im Falle einer stärkeren Muskelspannung. Die Position der Ruhelage ist dabei eine zentrale und entspricht ungefähr jener, die die Artikulationsorgane beim Realisieren des zentralen Vokals [ə] einnehmen (vgl. Abb. 2.1 im Abschnitt 2.1). Abgesehen von dieser physiologisch bedingten leichten Qualitätsveränderung weisen einige Sprachen ein Phänomen auf, das in vielen traditionellen Beschreibungen als vokalische Reduktion bezeichnet wird. Was sich dahinter verbirgt, ist eine verhältnismäßig starke Qualitätsänderung unakzentuierter Vokale gegenüber den akzentuierten, die speziell in den betreffenden slavischen Sprachen mit einer Reduzierung der Anzahl unakzentuierter Vokale gegenüber den akzentuierten einhergeht. Die betreffenden unakzentuierten Vokale werden traditionell reduzierte Vokale genannt, obwohl sie aus phonetischer Sicht genauso „vollwertig“ sind wie die nicht reduzierten (die akzentuierten) Vokale und sich nach denselben Kriterien der vokalischen Reihe, des Öffnungsgrades und der Lippenrundung beschreiben lassen. Überhaupt können Vokale, die in einer Sprache „reduziert“ sind, in einer anderen Sprache akzentuiert (und somit „nicht reduziert“) sein. Beispielsweise treten die im Russischen immer unakzentuierten [ə] und [] wie z. B. in russ. molokó [məlγkɔ] ‚Milch‘ in vielen Sprachen akzentuiert vor wie z. B. in sln. pès [pəˆ s] ‚Hund‘ und engl. sun [sn] ‚Sonne‘. Das Phänomen der Reduktion ⫺ so wie es aus den slavischen Sprachen bekannt ist ⫺ hat keine physiologischen, sondern sprachhistorische Gründe und wurde durch bestimmte Lautwandel, über deren Ursachen in der Fachliteratur kontrovers diskutiert wird, hervorgerufen. So wurde für das sog. Akan’e im Russischen, die Artikulation [ə, ] in unakzentuierten Silben, fremder Einfluss angenommen (eine ausführliche Diskussion s. bei Veenker 1967, 25 ff.). Das bekannteste Beispiel für eine slavische Sprache mit der sog. vokalischen Reduktion ist zweifelsohne das Russische. Es hat die akzentuierten Vokale [i, , u , u, e, ε, ɔ , ɔ, a , a] und die unakzentuierten [i, i-, u , u, , ə , ə] (beachte 5.2), wobei nur die Vokale [u] und [u ] in allen Positionen vorkommen. (Minimale Qualitätsänderungen, die physiologische Gründe haben, werden hier außer Acht gelassen.) Nicht unterschieden werden in unakzentuierten Silben [i] und [e], [ ] und [ε], [a] und [ɔ]. Die vorderen Vokale [i, e] fallen in einem [i] zusammen; dieses wird leicht zentralisiert und im Vergleich zu [i] gleichzeitig etwas offener, im Vergleich zu [e] etwas geschlossener artikuliert (s. Abb. 2.12 in 6.1). Beispiele: perepisát’ [pjirjipjisatj] ‘neu schreiben, ab-

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen schreiben’, milicionér [mjiljitsi-njer] ‚Milizionär‘, tjanút’ [tjinutj] ‚ziehen‘. Ferner fallen [ ] und [ε] in unakzentuierten Silben in einem unbetonten zentralen Vokal [i-] zusammen, der im Vergleich zum akzentuierten [ ] etwas offener und im Vergleich zu [ε] geschlossener und zentraler artikuliert wird (vgl. Abb. 2.12 in 6.1), z. B. bylína [bi-ljinə] ‚Sage‘, cirkáč [tsi-rkatʃ j] ‚Artist‘, žestjánka [i-sjtja nkə] ‚Blechbüchse‘. Das Zeichen [i-] ist genaugenommen kein IPA-Zeichen, wird aber von einigen Autoren analog zum IPA-Zeichen [i] verwendet und ist gut geeignet zur Wiedergabe des betreffenden unakzentuierten russischen Vokals (vgl. Pullum/Ladusaw 1996, 88; vgl. die avanesovsche Transkription [ыэ] und [ъы] in Avanesov 1972, 45). Schließlich fallen auch [a] und [ɔ] in unakzentuierten Silben je nach Position entweder in einem hinteren halboffenen ungerundeten Vokal [] oder in einem zentralen ungerundeten Vokal [ə] zusammen (vgl. Abb. 2.12 in 6.1), wobei [] nur im Wortanlaut bzw. unmittelbar vor dem Wortakzent auftritt, der Vokal [ə] hingegen in allen anderen unakzentuierten Positionen, z. B.: abažúr [bur] ‚Lampenschirm‘, molokó [məlγkɔ] ‚Milch‘. In den traditionellen Beschreibungen zur Phonetik des Russischen wird [] als Vokal der 1. Reduktionsstufe und [ə] als Vokal der 2. Reduktionsstufe bezeichnet. (Weitere Beispiele für die unbetonten Vokale mit Kommentaren s. 6.1.) Der bulgarische Vokalismus ⫺ um ein anderes Beispiel zu nennen ⫺ umfasst die akzentuierten Vokale [i, u, ε, ɤ, ɔ, a] und die unakzentuierten [i, υ, ε, ɤ, ]. Anders als im Russischen werden im Bulgarischen die vorderen Vokale [i] und [ε] in allen Positionen unterschieden, vgl. nebé [nεbε] ‚Himmel‘, licé [litsε] ‚Gesicht‘, ískam [iskɤm] 1. Sg. ‚(ich) will‘. Dahingegen fallen [ɔ] und [u] in unakzentuierten Silben in [υ], einem leicht zentralisierten und im Vergleich zu [u] etwas offener artikulierten gerundeten Vokal zusammen (vgl. Abb. 2.10), vgl. bulg. očí [υtʃ i] Pl. ‚Augen‘, učí [υtʃ i] Imper. ‚lerne!‘, aber: óčen [ɔtʃ εn] Adj. ‚Augen-‘, úči [utʃ i] 3. Sg. ‚(er) lernt‘. Das artikulatorische Verhältnis zwischen [υ] und [u] ist dasselbe wie jenes zwischen [i] und [i] (vgl. Abb. 2.12 in 6.1 und Abb. 2.10). Schließlich fallen [a] und [ɤ] in unakzentuierten Silben je nach Position entweder in [] oder in [ɤ] zusammen, wobei der hintere ungerundete halboffene Vokal [] ⫺ wie im Russischen ⫺ entweder im Wortanlaut oder unmittelbar vor der akzentuierten Silbe realisiert wird, der hintere halbgeschlossene ungerundete Vokal [ɤ] hingegen in allen anderen unakzentuierten Positionen, vgl. ajrán [jran] ‚ein Joghurtgetränk‘, naréd [nrεt] ‚der Reihe nach; in Ordnung‘, namaljávane [nɤmljavɤnε] ‚Minderung‘, dávam [davɤm] ‚(ich) gebe‘, vádja [vadjɤ] ‚(ich) ziehe heraus‘. Das gesamte Vokalinventar des Bulgarischen lässt sich mit Hilfe des Vokalvierecks folgendermaßen darstellen:

Abb. 2.10: Die bulgarischen Vokale

Zum Schluss sei angemerkt, dass Feststellungen bezüglich des Zusammenfalls bestimmter akzentuierter Vokale in unakzentuierten Silben, die in phonetischen Beschreibungen üblich sind und die auch hier gemacht wurden, streng genommen keine phonetischen sind, weil sie ⫺ wie im Grunde auch die traditionelle Bezeichnung „Re-

2. Artikulatorische Phonetik duktion“ ⫺ historische Prozesse beinhalten, die sich heute vor allem in morphologischen Paradigmen der betreffenden Sprache erkennen lassen, vgl. russ. górod [ɔrət] ‚Stadt‘, Pl. gorodá [ərda]. Streng phonetisch kann im Grunde nur festgestellt werden, welche Vokale als akzentuierte und welche als unakzentuierte bestehen. (Mehr zum Phänomen der Reduktion in den slavischen Sprachen s. Pianka/Tokarz 2000, 59 ff.)

5.4. Vokalische Qualitätsunterschiede in Abhängigkeit von der Vokalquantität Bei diesen Qualitätsunterschieden handelt es sich vor allem um eine Besonderheit des Tschechischen: Die kurzen geschlossenen [i, u] und die kurzen halboffenen [ε, ɔ] werden etwas offener als die langen [i:, u:, ε:, ɔ:] artikuliert; das offene kurze [a] wird im Unterschied zum langen [a:] etwas geschlossener artikuliert (vgl. Wodarz 1970, 62). Entsprechend den IPA-Konventionen wären diese Qualitätsunterschiede folgendermaßen zu notieren: [i, i:, u , a:], graphisch etwa: , u:, ε, ε:, ɔ, ɔ:, a

Abb. 2.11: Die tschechischen Vokale

Diese leichten Öffnungsgradunterschiede bestehen nur in akzentuierten Silben. Beispiele: tykat [tikat] ‚duzen‘ gegenüber ty´kat (se) [ti:kat] ‚betreffen‘; ubrat [ʔu brat] ‚(weg-, ab-)nehmen‘ gegenüber úl [ʔu:l] ‚Bienenstock‘; nese [nεsε] 3. Sg. ‚(er) trägt‘ gegenüber nést [nε:st] ‚tragen‘; bor [bɔr] ‚Wald‘ gegenüber bór [bɔ:r] chem. ‚Bor‘; našup ʃup] ‚sofort‘ gegenüber nášup [na:ʃup] ‚Nachschlag‘. [na Auch im Slovakischen bestehen solche vokalischen Qualitätsunterschiede in Abhängigkeit von der Quantität. Nach Stanislav (1977, 48) sind davon lediglich die geschlossenen Vokale betroffen: Die kurzen [i, u] werden etwas offener realisiert als die langen [i:, u:], z. B. vina [vina] ‚Schuld‘ gegenüber víno [vi:nɔ] ‚Wein‘, učenˇ [u tʃ ε] ‚Lehrling‘ gegenüber ústa [u:sta] ‚Mund‘. Nach Král’ (1984, 56 ff.) weisen auch die halboffenen Vokale, die langen [ε:, ɔ:] und die kurzen [ε, ɔ], geringe Öffnungsgradunterschiede auf. Im Folgenden wird auf den Gebrauch der Diakritika [, ] der Einfachheit halber verzichtet.

6. Die slavischen Lautinventare: einige Beispiele 6.1. Russisch Bedingt durch die konsonantische Eigenschaft der Palatalisierung und die sog. vokalische Reduktion (vgl. 5.2, 5.3), hat das Russische einen reichen Vokalismus, mit Hilfe des Vokalvierecks dargestellt:

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

Abb. 2.12: Die russischen Vokale

Die Vokalqualitäten [u , ɔ , ə , a ] sind dabei nicht als Punkte im Vokalviereck zu betrachten, da sie genaugenommen leicht diphthongiert sind (vgl. 5.2). Artikulatorisch lassen sich die russischen Vokale folgendermaßen klassifizieren: [i] ist ein vorderer geschlossener ungerundeter Vokal; [ ] ist ein zentraler geschlossener ungerundeter Vokal; [u] ist ein hinterer geschlossener gerundeter Vokal; [i] ist ein vorderer geschlossener ungerundeter Vokal, im Vergleich zu [i] etwas zentraler und etwas offener artikuliert; [i-] ist ein zentraler geschlossener ungerundeter Vokal, im Vergleich zu [ ] etwas offener artikuliert; [u ] ist ein hinterer geschlossener gerundeter Vokal, im Vergleich zu [u] insgesamt etwas weiter vorn artikuliert; [e] ist ein vorderer halbgeschlossener ungerundeter Vokal; [ε] ist ein vorderer halboffener ungerundeter Vokal; [ə] ist ein zentraler ungerundeter Vokal, dessen Öffnungsgrad zwischen [e] und [ε] ist; [ə ] ist ein zentraler ungerundeter Vokal, im Vergleich zu [ə] insgesamt etwas geschlossener und weiter vorn artikuliert; [] ist ein hinterer halboffener ungerundeter Vokal; [ɔ] ist ein hinterer halboffener gerundeter Vokal; [ɔ ] ist ein hinterer halboffener gerundeter Vokal, im Vergleich zu [ɔ] insgesamt etwas geschlossener und weiter vorn artikuliert; [a]: ein zentraler offener ungerundeter Vokal; [a ] ist ein zentraler offener ungerundeter Vokal, im Vergleich zu [a] insgesamt etwas geschlossener und weiter vorn artikuliert. Die hohe Anzahl an Vokalqualitäten bedingt auch die vielen Distributionsregeln: Vokale:

Position/ orthographische Wiedergabe:

Beispiele:

[i] [u] [ε] [ɔ] [a]

betonter Wort- bzw. Silbenanlaut; orth. i, u, ė ~ e, o ~ ë (e), a ~ ja

ímja [imjə ] ‚Name‘ úgol [uəlγ] ‚Ecke‘ ėtot [εtət] ‚dieser‘ éxat’ [jεxətj] ‚fahren‘ on [ɔn] ‚er‘ ëlka [jɔlγkə] ‚Tanne‘ ályj [alγi-j] ‚rot, blutrot‘ jáščik [jaʃ jʃjik] ‚Kiste‘

[ ] [u] [ε] [ɔ] [a]

betonter Inlaut oder Auslaut nach nichtpalatalisierten Konsonanten; orth. y ~ i, u, ė ~ e, o, a

ty [t ] ‚du‘ žit’ [ tj] ‚leben‘ tut [tut] ‚hier‘ mėr [mεr] ‚Bürgermeister‘ celyj [tsεlγi-j] m. ‚ganzer‘ kto [ktɔ] ‚wer‘ tam [tam] ‚dort‘

[i] [u ] [e] [ɔ ]

betonter Inlaut nach palatalisierten Konso- kit [kjit] ‚Wal‘ nanten; orth. i, ju ~ u, e, ë (bzw. e), ja ~ a darú [drju ] ‚(ich) schenke‘ čut’ [tʃ ju tj] ‚kaum; ein bißchen‘ léto [ljetə] ‚Sommer‘

2. Artikulatorische Phonetik

41 nës [njɔ s] m. Sg. Perf. ‚(er) trug‘ zjat’ [zja tj] ‚Schwiegersohn‘ čaj [tʃ ja j] ‚Tee‘

[a ]

[]

erstvortonige Silbe nach einem nicht-palatalisierten Konsonanten; im unbetonten Wort- und Silbenanlaut; orth. a, o

akadémija [kdjemjijə] ‚Akademie‘ poobédat’ [pəbjedətj] pf. ‚mittagessen‘

[ə]

vor- und nachtonige Silben nach einem nicht-palatalisierten Konsonanten und nach [j]; nicht in der erstvortonigen Silbe; orth. a, o, ja, e

molokó [məlγkɔ] ‚Milch‘ rabóta [rbɔtə] ‚Arbeit‘ obeščánie [bjiʃ jʃjanjijə] ‚Versprechung‘ obeščánija [bjiʃ jʃjanjijə] Gen. Sg. ‚(der) Versprechung‘

[ə ]

unbetonter Wortauslaut nach einem palata- djádja [dja djə ] ‚Onkel‘ lisierten Konsonanten; orth. ja

[i]

vor- und nachtonige Silben nach palatalisierten Konsonanten und [j]; orth. i, e, ja

[i-]

vor- und nachtonige Silben nach nicht-pala- bylína [bi-ljinə] ‚Sage‘ talisierten Konsonanten; orth. y ~ i, e ~ ė cirkáč [tsi-rkatʃ j] ‚Artist‘ cyplënok [tsi-pljɔ nək] ‚Küken‘ káši [kaʃi-] Gen. Sg. ‚(des) Breis‘ živót [i-vɔt] ‚Bauch‘ šestój [ʃi-stɔj] m. ‚sechster‘ žestjánka [i-sjtja nkə] ‚Blechbüchse‘ tože [tɔi-] ‚auch‘ celovát’ [tsi-l γvatj] ‚küssen‘ ėtáž [i-taʃ] ‚Etage‘

[u]

vor- und nachtonige Silben nach nichtpalatalisierten Konsonanten und [j]; orth. u ~ ju

uglá [ulγa] Gen. Sg. ‚(der) Ecke‘ gubá [uba] ‚Lippe‘ drúgu [druu] Dat. Sg.‚(dem) Freund‘ julá [julγa] ‚Kreisel‘

[u ]

vor- und nachtonige Silben nach palatalisierten Konsonanten; orth. ju

ljubít’ [lju bjitj] ‚lieben‘ výnjuxat’ [v nju xətj] ‚verschnupfen‘

perepisát’ [pjirjipjisatj] ‚neu schreiben, abschreiben‘ skátert’ [skatjirjtj] ‚Tischdecke‘ tjanút’ [tjinutj] ‚ziehen‘ výtjanut’ [v tjinutj] ‚hinausziehen‘ lájat’ [lγajitj] ‚bellen‘ erundá [jirunda] ‚Quatsch‘

Abb. 2.13: Die Distributionsregeln für die russischen Vokale

Im Bereich der Suprasegmentalia kennt das Russische einen beweglichen Wortakzent, dessen Träger Vokale sind, vgl. molokó [məlγkɔ] ‚Milch‘, górod [ɔrət] ‚Stadt‘, xoróšij [xrɔʃi-j] m. ‚gut‘. Die akzentuierten Vokale werden mit höherer Lautstärke im Vergleich zu den unakzentuierten ausgesprochen. Das Russische kennt weder vokalische Quantitäts- noch Tonunterschiede. Das Konsonanteninventar des Russischen ist:

42

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen bilabial Plosive

labiodental

p pj b bj

Affrikaten Nasale

m mj

postalveolar

palatal

t tj d dj f fj v vj

Frikative

dental

 j

k kj  j

s sj z zj

ʃ ʃ jʃj  jj

ts dz dzj

tʃ j d d j

x xj γ

n nj

Laterale

lγ lj

Vibranten

r rj

Approximant

velar

j

Abb. 2.14: Die russischen Konsonanten

Außer der Palatalisierung, die die meisten Konsonanten betrifft, kennt das Russische noch die Velarisierung, ebenso eine sekundäre Modifikation (vgl. 3.4), die hauptsächlich beim Lateral [lγ] besteht. Velarisiert ist im Russischen jeder Lateral, der nicht palatalisiert ist, z. B. lándyš [lγandi-ʃ] ‚Maiglöckchen‘, lókot’ [lγɔkətj] ‚Ellbogen‘, luk [lγuk] ‚Zwiebel; Bogen‘, ukól [ukɔlγ] ‚Stich‘. Leicht velarisiert sind ferner die bilabialen Konsonanten [p, b, m] (vgl. die Sagittalschnitte bei Avanesov 1972, 38). Wie in allen slavischen Sprachen besteht im Russischen der Gegensatz zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten wie [p ⫺ b], [t ⫺ d], [k ⫺ ] usw.; Ausnahmen sind die Sonanten [m, mj, , n, nj, lγ, lj, r, rj, j], die keine stimmlosen Gegenstücke haben. Die stimmhaften Affrikaten [d zj] und [d] kommen nur in Fremdwörtern vor, z. B. dzjudo [d zjudɔ] ‚Judo‘, džaz [das] ‚Jazz‘. Die palatalisierten Gegenstücke zu den postalveolaren Frikativen [ʃ, ] sind die langen [ʃ jʃj] und [jj], orth. šč, šč’, sč, zč, žd’, žd, žž, zž, z. B.: ščédryj [ʃ jʃ jedri-j] m. ‚großzügig‘, mošč’ [mɔʃ jʃj] ‚Kraft, Stärke‘, sčitát’ [ʃ jʃ jitatj] ‚zählen, rechnen‘, rézče [rjeʃ jʃji] Kompar. ‚schärfer‘, dožd’ [dɔʃ jʃj] ‚Regen‘, Gen. Pl. doždéj [djjej], dróžži [drɔjji] ‚Hefe‘, pózže [pɔjji] ‚später‘. Die Konsonantenquantität ist für das Russische zwar eher untypisch, außer den langen palatalisierten [ʃ jʃj, jj] bestehen jedoch noch einige andere lange Konsonanten, so beispielsweise die neutralen Gegenstücke [ʃʃ, ], orth. sš, zš, sž, zž, z. B. výsšij [v ʃʃi-j] Superl. ‚der höchste‘, nízšij [njiʃʃi-j] Superl. ‚der niedrigste‘, sžimát’ [i-matj] ‚(zusammen-)pressen‘, obezžírit’ [bji rjitj] ‚entfetten‘. Die Konsonantenlänge kommt hauptsächlich an Wort- und Morphemgrenzen vor, vgl. dvádcat’ [dvatt sətj] ‚zwanzig‘, rádovat’sja [radəvəttsə] ‚sich freuen‘, bezzemél’nyj [bjizjzjimjeljni-j] m. ‚landlos‘, rasséč’ [rsjsjetʃ j] ‚zerhauen, zerhacken‘, iz žurnála [iurnalγə] ‚aus der Zeitschrift‘, aber auch: s otcóm [stt sɔm] ‚mit dem Vater‘. Artikulatorisch ist eine lange Affrikate durch eine längere Verschlussphase im Vergleich zu einer kurzen Affrikate gekennzeichnet, daher die Transkription [tts]. In salopper Aussprache werden anstelle langer Konsonanten entsprechende kurze realisiert, z. B. [dvatsətj], [radəvətsə], [rsjetʃ j], [iurnalγə], [stsɔm]. Konsonantenlänge kommt ferner auch in Fremdwörtern vor, z. B. diffúzija [djiffuzjijə] ‚Diffusion‘, grúppa [ruppə] ‚Gruppe‘, salopp: [difuzijə], [rupə]. Das Russische kennt das Gesetz der sog. Auslautverhärtung, das im Wortauslaut nur stimmlose Konsonanten zulässt, vgl.: lob [lγɔp] ‚Stirn‘, górod [ɔrət] ‚Stadt‘, morž [mɔrʃ] ‚Walroß‘, sapóg [spɔk] ‚Stiefel‘, vgl. Pl. lby [lγb ], gorodá [ərda], moržý

2. Artikulatorische Phonetik [mr ], sapogí [səpji]. Dieses Gesetz erstreckt sich nicht auf die Sonanten: [m, mj, n, nj, l, lj, r, rj, j]. Darüber hinaus wirken verschiedene regressive Assimilationen, und zwar die konsonantischen Angleichungen: 1) in Bezug auf die Stimmlippenbeteiligung, z. B. v tom [ftɔm] ‚in jenem‘, vgl. v ėtom [vεtəm] ‚in diesem‘, pod stolóm [pətstlγɔm] ‚unter dem Tisch‘, vgl. pod oknóm [pədknɔm] ‚unter dem Fenster‘, ot detéj [djdjitjej] ‚von den Kindern‘, vgl. ot nas [tnas] ‚von uns‘; diesem Assimilationstyp unterliegen nicht Verbindungen mit einem Sonanten sowie [v], wie z. B. [tr] in travá [trva] ‚Gras‘, [sn] in sny [sn ] Pl. ‚Träume‘, [sv] in svoj [svɔj] m. ‚eigener‘; 2) in Bezug auf die Palatalisierung, z. B. s sestrój [sjsjistrɔj] ‚mit der Schwester‘, kost’ [kɔsjtj] ‚Knochen‘, v metró [vj mjitrɔ], aber auch [vmjitrɔ] ‚in die U-Bahn‘ (vgl. Panov 1990, 38 ff.) 3) in Bezug auf die Artikulationsstelle, z. B. s šúboj [ʃʃubəj] ‚mit dem Pelzmantel‘, vgl. s tobój [stbɔj] ‚mit dir‘; 4) in Bezug auf die Artikulationsart, z. B. ot carja [tt srja ] ‚vom Zaren‘, vgl. ot nas [tnas] ‚von uns‘. Ergebnisse regressiver Assimilationen sind u. a. 1) die stimmhaften Affrikaten [dj] und [d z] wie in doč’ dóma [dɔdjdɔmə] ‚die Tochter ist zu Hause‘, otéc dóma [tjed zdɔmə] ‚der Vater ist zu Hause‘, 2) die labiodentalen Nasale [, j] wie in tramváj [trvaj] ‚Straßenbahn‘, konfórka [kfɔrkə] ‚Herdring‘, amfíbija [jfjibijə] ‚Amphibie‘ sowie 3) der stimmhafte Frikativ [γ] wie in dvux gorodóv [dvuγərdɔf] Gen. Pl. ‚(der) zwei Städte‘. Das [γ] wird allerdings auch in bóga [bɔγə] Gen. Sg. ‚Gottes‘ artikuliert, und die Affrikate [d z] kommt außerdem marginal vor Vokalen vor, z. B. dzot [d zɔt] ‚Feuernest‘, ‚Feuerstellung‘ milit. Die Gesetze der regressiven Assimilationen sowie der Auslautverhärtung beinhalten bestimmte phonotaktische Regeln, d. h. Kombinationsmöglichkeiten bestimmter Laute innerhalb eines Syntagmas.

6.2. Polnisch Im Polnischen können zwei Laut- bzw. Phonemsysteme unterschieden werden, ein konservatives und ein progressives, je nachdem, ob die Palatalisierung der Konsonaten realisiert wird oder nicht (vgl. die Angaben im Aussprachewörterbuch von Karaś/Madejowa 1977; s. auch Stadnik 2002, 89 ff.). Jüngere Sprecher des Polnischen zeigen oft die Aussprache ohne Palatalisierung, Sprecher älterer Generation artikulieren hingegen noch oft palatalisierte Konsonanten. Mit dem Vorhandensein dieser konsonantischen Eigenschaft hängt, wie in 5.2 festgehalten, der Bestand der Vokale zusammen; und so lassen sich im Polnischen entsprechend diesen zwei Aussprachevarianten, mit und ohne Palatalisierung, zwei Vokalinventare unterscheiden. Im Gegensatz zum Russischen weisen beide Inventare aber auf jeden Fall eine geringere Anzahl von Vokalen auf, was mit dem Fehlen qualitativer Unterschiede zwischen akzentuierten und unakzentuierten Vokalen zusammenhängt (vgl. 6.1 und 5.3). Im konservativen System mit Palatalisierung wären folgende Vokalqualitäten zu unterscheiden:

I

Abb. 2.15: Die Vokale des konservativen Polnisch

43

44

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Die Klassifikation dieser Vokale ist wie die der entsprechenden russischen (s. 6.1). Die Vokale [i, u, ε, ɔ, a] bestehen im Wortanlaut, z. B. ile [ilε] ‚wieviel‘, ubic´ [ubit] ‚töten‘, era [εra] ‚Ära‘, osa [ɔs’a] ‚Wespe‘, ani [ani] ‚nicht einmal‘. Die Vokale [ε, ɔ, a, u] bestehen außerdem im Wortinlaut nach nicht-palatalisierten Konsonanten, z. B. bez [bεs] ‚ohne‘, podobac´ [pɔdɔbat] ‚gefallen‘, szum [ʃum] ‚Geräusch‘. Im Wortinlaut nach palatalisierten Konsonanten werden die Vokale [i, u , e, ɔ , a ] artikuliert, z. B. bic´ [bjit] ‚schlagen‘, fiukac´ [fju kat] ‚pfeifen‘, bies [bjes] ‚Teufel‘, miotac´ [mjɔ tat] ‚werfen‘, wiara [vja ra] ‚Glaube‘. Der Vokal [ ] folgt immer nicht-palatalisierten Konsonanten, z. B. byc´ [b t] ‚sein‘. Für das progressive System ohne Palatalisierung wäre folgender Vokalismus anzusetzen: [i, , u, ε, ɔ, a] (vgl. Abb. 2.16).

I

Abb. 2.16: Die Vokale des progressiven Polnisch

In diesem System werden Wörter wie bies ‚Teufel‘, miotac´ ‚werfen‘, wiara ‚Glaube‘ mit einem deutlich hörbaren zusätzlichen Segment, dem palatalen Approximanten [j] artikuliert: [bjεs], [mjɔtat], [vjara]. Wörter wie bic´ ‚schlagen‘ und byc´ ‚sein‘ werden als [bit] und [b t] realisiert. Im konservativen wie im progressiven System werden kaum noch echte nasalierte Vokale artikuliert. Die Vokalbuchstaben e˛, ą wiedergeben je nach Position im Wort Verbindungen zwischen einem Vokal, [ε] für orth. e˛ und [ɔ] für orth. ą, und einem nasalen Konsonanten [m] vor einem Labial, [n] vor einem Dental, [] vor einem Alveolopalatal und [ŋ] vor einem Velar; im Wortauslaut werden orth. e˛, ą als Verbindungen zwischen [ε, ɔ] und dem nasalierten bilabialen Approximanten [w˜] realisiert. In den genannten Lautverbindungen sind die vokale [ε, ɔ] allenfalls (positionsbedingt) leicht nasaliert. Beispiele: głe˛boki [wεmbɔkji] ~ [wεmbɔki] Adj. m. ‚tief‘, miesiąc [mjeɔnts] ~ [mjεɔnts] ‚Monat‘, che˛c´ [xεt] ‚Verlangen, Wunsch, Lust‘, me˛ka [mεŋka] ‚Qual‘, ramie˛ [ramjew˜] ~ [ramjεw˜], möglich ist aber auch: [ramje] ~ [ramjε] ‚Achsel, Schulter‘ (vgl. 2.4). Im Bereich der Suprasegmentalia weist das (konservative wie progressive) Polnische einen unbeweglichen, auf die zweitletzte Silbe fallenden Wortakzent auf, von einigen morphologisch bedingten Ausnahmen abgesehen; es bestehen weder vokalische Quantitäts- noch Tonunterschiede. Das Konsonanteninventar des konservativen Polnisch ist: bilabial Plosive Frikative Affrikaten

labiodental

p pj b bj

dental

alveolar

postalveolar

palatal

alveolopalatal

k kj  j

t d f fj v vj

velar

s z

ʃ 

 

ts dz

tʃ d

t d

x xj γ

2. Artikulatorische Phonetik

Nasale

45

bilabial

labiodental

dental

m mj



n

alveolar

palatal

alveolopalatal

velar ŋ



Laterale

l

Vibranten Approximanten

postalveolar

r j ȷ˜

w w˜

Abb. 2.17: Die Konsonanten des konservativen Polnisch

Das Merkmal der Palatalisierung betrifft nur labiale Konsonanten außer [w, w˜, ] (vgl. 5.1). Das Polnische weist wie alle anderen slavischen Sprachen den Gegensatz zwischen stimmlosen und stimmhaften Konsonanten auf: [p ⫺ b], [t ⫺ d], [s ⫺ z] usw. Ausnahmen sind die Sonanten [m, mj, , n, l, r, , ŋ, w, w˜, j, ȷ˜]. Die stimmhaften Affrikaten [d z, d] sind marginal und kommen in wenigen polnischen Wörtern sowie in Fremdwörtern vor, z. B. dz˙dz˙ownica [ddɔvitsa] ‚Regenwurm‘, dz˙yn [d n] ‚Gin‘, dzwon [d zvɔn] ‚Glocke‘. Marginal besteht eine Konsonantenquantität, die hauptsächlich an Morphemgrenzen zustande kommt, vgl. cenny [tsεnn ] m. ‚kostbar‘; vgl. dagegen innerhalb eines Morphems: panna [panna] ‚Mädchen‘. Wie im Russischen besteht das Gesetz der Auslautverhärtung, das keine stimmhaften Konsonanten (außer Sonanten) im Wortauslaut zulässt, vgl. głód [wut] ‚Hunger‘, Gen. Sg. głodu [wɔdu], dziw [dif] ‚Wunder‘, Gen. Sg. dziwu [divu], ład [wat] ‚Ordnung‘, Gen. Sg. ładu [wadu]. Ebenso wirken regressive Assimilationen: 1) in Bezug auf die Stimmlippenbeteiligung, vgl. gadka [atka] ‚Gespräch‘, Gen. Pl. gadek [adεk], vgl. dagegen kviat [kvja t] oder [kfja t] ‚Blüte‘ und 2) in Bezug auf die Artikulationsstelle, vgl. otrzec´ [ɔtʃ ʃεt] ‚abwischen‘, 3. Sg. otre˛ [ɔtrεw˜] ~ [ɔtrε]. Ergebnisse regressiver Assimilationen sind u. a.: der labiodentale Nasal [] wie in tramwaj [travaj] ‚Straßenbahn‘, der stimmhafte velare Frikativ [γ] wie in klechda [klεγda] ‚Volksmärchen, Sage‘ sowie der velare Nasal [ŋ] wie in szklanka [ʃklaŋka] ‚Tasse‘. Letzterer kommt sonst auch vor einem Velar in Verbindung mit einem [ε] oder [ɔ] vor, wobei die Lautfolgen [εŋ, ɔŋ] die ursprünglichen nasalierten Vokale, orth. e˛, ą, vertreten. Der bilabiale nasalierte Approximant [w ˜] kommt nur im Wortauslaut in Verbindung mit einem [ε] oder [ɔ], orth. e˛, ą, vor. Der palatale nasalierte Approximant [ȷ˜] wird vor [s] anstelle des palatalen Nasals [], orth. n´, artikuliert, z. B. kon´ski [kɔȷ˜skji], fakultativ auch im Wortauslaut, vgl. kon´ [kɔ] oder [kɔȷ˜]. Das Konsonanteninventar des progressiven Polnisch ist: bilabial Plosive

labiodental

pb

Frikative

fv

m

palatal

alveolopalatal



ʃ

ts dz

tʃ d

n l

Vibranten

r w w˜

Abb. 2.18: Die Konsonanten des progressiven Polnisch

velar k

sz

Laterale Approximanten

postalveolar

td

Affrikaten Nasale

dental



j ȷ˜



x

t d

γ ŋ

46

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Die Palatalisierung kann bei den labialen Konsonanten [p, b, m, f, v] und den velaren [k, , x] fakultativ vor [i] und [j] realisiert werden, z. B. wiara [vjara] ~ [vjjara] ‚Glaube‘, miotac´ [mjɔtat] ~ [mjjɔtat] ‚werfen‘, drogie [drɔjε] ~ [drɔjjε] n. ‚teuer‘, bic´ [bit] ~ [bjit] ‚schlagen‘ usw. Die Distribution der Konsonanten [γ, ŋ, w˜, ȷ˜] ist wie im konservativen System.

6.3. Kroatisch Zuallererst sei angemerkt, dass die Lautinventare des Kroatischen, Serbischen und Bosnischen identisch sind, da ihnen allen das sog. neuštokavische System zugrunde liegt. Das hier vorgestellte Inventar sowie die Regeln seiner Realisierung, die beispielsweise das suprasegmentale System oder die Distribution der Konsonanten betreffen, gelten daher für diese drei Slavinen gleichermaßen. Das Kroatische kennt weder eine Palatalisierung der Konsonanten, die Qualitätsunterschiede bei den Vokalen verursachen würde, noch eine vokalische Reduktion (vgl. 5.2, 5.3). Sein Vokalinventar besteht daher aus nur fünf Vokalqualitäten [i, u, ε, ɔ, a], wobei ihre Klassifikation wie die der entsprechenden russischen ist (vgl. 6.1), graphisch:

Abb. 2.19: Die kroatischen Vokale

Die kroatischen Vokale können kurz und lang artikuliert werden, ohne dass sich dabei qualitative Unterschiede zwischen kurzen und langen Vokalen wie etwa im Tschechischen (vgl. 5.4) ergeben, vgl. čìni [tʃ ıˇni] Imper. ‚mache!‘ gegenüber čìnī [tʃ ıˇni:] 3. Sg. ‚(er) macht‘, lu ̏ k [luˆk] ‚Zwiebel‘ gegenüber luˆk [luˆ:k] ‚Bogen‘, re ̏pa [rεˆ pa] ‚Rübe‘ gegenüber Gen. Pl. reˆpa [rεˆ :pa], ko ̏ s [kɔˆ s] m. ‚schräg‘ gegenüber koˆs [kɔˆ :s] ‚Amsel‘, ru´ka [ruˇ:ka] ‚Hand; Arm‘ gegenüber Gen. Pl. ru´ka¯ [ruˇ:ka:]. Die Vokale sind ferner Träger des fallenden [ ˆ ] und steigenden [ ˇ ] Tons (zu ihrer traditionellen slavistischen Notation s. in 4.2). Die tonalen Unterschiede sind an den Wortakzent gebunden (vgl. 4.2, 4.3). Das kroatische Konsonanteninventar ist: bilabial Plosive

labiodental

pb

Frikative

alveolar

fv

palatal

alveolopalatal

ʃ

sz

tʃ d

ts dz m

postalveolar

td

Affrikaten Nasale

dental



n

t d 

velar

glottal

k

ʔ

x

h

γ ŋ

2. Artikulatorische Phonetik bilabial

labiodental

47 dental

alveolar

Laterale

l

Vibranten

r

Approximanten

w

postalveolar

palatal

alveolopalatal

velar

glottal

ʎ j

Abb. 2.20: Die kroatischen Konsonanten

Die Affrikate [d] ist marginal, z. B. dže ̏p [dεˆ p] ‚Tasche‘. Die Konsonanten [w, , d z, γ, ŋ, ʔ, h] sind positionsbedingt: Der bilabiale Approximant [w] wird vor dem gerundeten Vokal [u] realisiert, z. B. vuˆk [wuˆ:k] ‚Wolf‘; der labiodentale Nasal [] ist an die Position vor [f] oder [v] gebunden, z. B. tràmvaj [traˇ vaj] ‚Straßenbahn‘; die stimmhafte dentale Affrikate [d z] und der stimmhafte velare Frikativ [γ] sind an die Position vor einem stimmhaften Konsonanten (außer einem Sonanten) gebunden, z. B. òtac bi [ɔˇ tat zbi] ‚Vater würde‘, òvih bi [ɔˇ viγbi] Gen. Pl. ‚dieser würden‘; der velare Nasal [ŋ] tritt vor velaren Plosiven [k, ] auf, z. B. staˆnka [staˆ :ŋka] ‚Pause‘; der glottale Plosiv [ʔ] wird an Wortgrenzen zwischen zwei Vokalen artikuliert, z. B. i o ̏ nda [i:ʔɔˆ nda] ‚und dann‘; der glottale Frikativ [h] tritt vor Sonanten auf, z. B. hme ̏lj [hmεˆ ʎ] ‚Hopfen‘ (s. Landau/Lončaric´/Horga/Škaric´ 1999, 67). Im Kroatischen werden alle stimmhaften Konsonanten im Wortauslaut stimmhaft ausgesprochen, d. h. hier fehlt das in vielen slavischen Sprachen wirkende Gesetz der Auslautverhärtung, z. B. ra ̏ d [raˆ d] ‚froh‘. Wie aus einigen der genannten Beispiele hevorgeht, wirken im Kroatischen regressive Assimilationen, die ⫺ sofern sie innerhalb eines Wortes stattfinden ⫺ auch in der Orthographie ihren Ausdruck haben: 1) in Bezug auf die Stimmlippenbeteiligung, vgl. ròpstvo [rɔˇ pstvɔ] ‚Sklaverei‘, dagegen ro ̏ b [rɔˆ b] ‚Sklave‘, 2) in Bezug auf die Artikulationsstelle, vgl. ìščistiti [ıˇʃtʃ istiti] ‚putzen‘, dagegen ìsteči [ıˇstεtʃ i] ‚ausfließen‘. Beispiele für die palatalen und alveolopalatalen Konsonanten s. in 5.1.

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Elena Stadnik-Holzer, Berlin (Deutschland)

3. Accomodation (Assimilation, Dissimilation, Reduction)

3. Accommodation (Assimilation, Dissimilation, Reduction) 1. 2. 3. 4. 5.

Assimilation Accomodation Dissimilation Reduction Literature (selected)

Abstract The article describes the mechanisms of the most important phonetic resp. phonological processes that occur in chains of sounds ⫺ progressive or regressive assimilation, dissimilation, and reduction, and illustrates all three types using typical examples from Slavic.

1. Assimilation “Assimilation” (lat. assimilatio ⫺ ‘similarity’) ⫺ changes in the articulation of adjacent sounds within a word or at word boundary, caused by continuous movements of the articulators in connected speech. This continuity leads to two types of phenomena: 1) As a result of the anticipatory articulation, the sound changes under the influence of the following sound ⫺ the preceding sound acquires similar articulation. The most common case is assimilation affecting the voicing of Russian consonants, for example, kos’it’ [kasjit’] (‘to mow’) ⫺ kos’ba [kazjba] (‘mowing’). This type of assimilation is called regressive, since the quality of the following consonant in the cluster determines the voicing parameter for the whole cluster. 2) The articulation characteristic for the first consonant in the cluster influences the following sound making it similar. This type is called progressive assimilation. It is not typical for Russian. Principal types of regressive assimilation in Russian: a) Assimilation in voicing: The consonant which is voiceless in a strong position is substituted by its voiced counterpart under the influence of the following voiced obstruent consonant: molo[tj]it’ (‘to thresh’) ⫺ molo[djb]a (‘threshing’); Assimilation in devoicing: the voiced consonant in the strong position is replaced by its voiceless counterpart before the following voiceless obstruent consonant ⫺ ska[z]at’ (‘to tell’) ⫺ ska[sk]a (‘fairy tale’). b) Assimilation affecting palatalization: The consonant which is hard in a strong position is substituted by its soft counterpart before a palatalized consonant, e.g.: vago[n] (‘carriage’) ⫺ vago[njč]ik (‘a small carriage’). c) Assimilation affecting the place of articulation of dental fricative consonants: A dental consonant is articulated as post-alveolar before a post-alveolar sound: ra[s]smeshit’ (‘to make sb. laugh’), but ra[šš]it’ (‘to embroider’), vo[z]nestis’ (‘to rise’), but vo[šš]estvovat’ (‘to come into power’). In such cases complete (or total)

49

50

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen assimilation is observed. Assimilation can be partial or complete depending on the feature specifications of the adjacent consonants. The types of assimilation are language-dependent. In Russian, for example, assimilation affecting voicing is obligatory for all the obstruent consonants except for the clusters with /v/ as the following sound. Then both voiced and voiceless consonants are permitted: /svoj/ (possessive pronoun ‘my’, ‘his’, ‘her’ etc. used depending on the person it belongs to), but /zval/ (‘called’). Assimilation processes which are obligatory for one language may be optional for another. The assimilation processes can be treated both from a phonetic and from a phonological point of view. The Leningrad Phonological School (School of L. Ščerba) treats assimilation as phoneme alternations, whereas according to the Moscow Phonological School, assimilation leads to the changes in variants of phonemes. Several acoustic and perceptual experiments have been made to find the traces of phonemic features, which are observed in strong positions, in the assimilated consonants both within a word and at word boundaries.

2. Accommodation “Accommodation” (lat. accomodatio ⫺ ‘adjustment’) can be characterized as a result of mutual adjustment of two neighboring sounds. Accommodation is also a feature of connected speech, but from the point of view of general phonetics, it is regarded as a more universal process compared to assimilation. It is regulated by the articulation mechanisms, which are indispensable for any normal speech. In pronunciation of the [tu] syllable, for example, the front part of the tongue blade is pressed against the teeth, at the same time the body of the tongue is retracted to the back of the mouth cavity. The latter articulation is necessary for the pronunciation of the back vowel; the rounded and protruded lips cause the labialization of the consonant in the syllable. When the closure is released, the beginning of the vowel is characterized by a more advanced articulation triggered by a fore-lingual consonant. Unlike assimilation, accommodation can be both regressive and progressive. Changes in the position of the articulator under the influence of the following vowel or consonant, as for example, in sud /sut/ (‘court’), zval /zval/ (‘called’) etc., can be regarded as cases of regressive accommodation. In progressive accommodation, the preceding sound exerts considerable influence on the following vowel or consonant, as for example in the case of palatalized consonants in Russian. There, all the vowels other than the front vowels in the beginning of the articulation retain a fronted and raised tongue position characteristic for palatalized consonants, which results in producing diphthongized vowel allophones specific for these sound combinations. Common to all languages is the influence of the consonant on the following vowel and the influence of the vowel on the preceding consonant.

3. Dissimilation “Dissimilation” (lat. dissimilis ⫺ ‘dissimilar’, ‘different’) ⫺ changes in the phonetic properties of one sound segment in a word under the influence of another, so that they

3. Accomodation (Assimilation, Dissimilation, Reduction) become less similar. The reasons why dissimilation takes place in some words, while it is not observed in other words ⫺ are difficult to explain. Compared to assimilation, dissimilation takes place less frequently. There exist two types of dissimilation: progressive and regressive. In progressive dissimilation, the following sound segment changes under the influence of the preceding one. Compare, for example, the modern literary form fevral’ (‘February’) compared with the old form fevrar’; or the dialectal prolub’ (‘ice-hole’) with the literary form prorub’. Regressive dissimilation is observed in a non-standard pronunciation bonba (‘bomb’) instead of the literary form bomba. The only regular case of dissimilation is observed in the combination of two velar plosives: for example, le[хk]а (‘easy’, ‘light’) compared to le[g]ok, m’a[хkj]ij (‘soft’) compared to m’a[g]on’kij. These dissimilations can be explained by the tendency to simplify the articulation of the plosive cluster.

4. Reduction “Reduction” (lat. reductio ⫺ ‘moving backwards’, ‘retraction’) ⫺ changes in the articulation and acoustic properties of the sound segments, which depend on their position in relation to stress. Russian is characterized by unstressed vowel reduction, with the degree of reduction defined by the distance to the stressed syllable (the first prestressed syllable, the second pre-stressed syllable etc; or the first post-stressed syllable, the second post-stressed syllable, etc.) as well as by the position of the unstressed vowel within the word: initial or final. Reduction can be quantitative or qualitative. In quantitative reduction, unstressed vowel duration is reduced, thus affecting the temporal pattern of the whole word form. The degrees of qualitative vowel reduction can be described by the formula proposed by A. A. Potebnya (the numeric values are given in the order from the longest to the shortest vowel): (3) the stressed vowel, (2) the first pre-stressed vowel, (1) the second pre-stressed and the post-stressed vowels. It should be mentioned, though, that these contrasts are observed only in the words with all the „a” vowels. All the other vowels demonstrate less regular temporal contrasts. Moreover, the unstressed [a]-s themselves are characterized by different degrees of reduction depending on the presence or absence of the preceding vowel in the wordinitial position or a following vowel in the word-final position. Qualitative reduction is conditioned by quantitative reduction, since the reduction in articulation time results in an incomplete pronunciation program: reduced vowel articulation differs from its corresponding stressed form: unstressed [a]-s are pronounced as closer vowels; at the same time, unstressed close vowels become more open. It is important to note that the reduction in the duration of the unstressed vowel results in the absence of the retention stage of articulation (and, consequently, in the absence of the stationary part in the acoustic picture); it can be described as a kind of transition from the preceding vowel to the following one. As a whole, the principal result of syllable reduction is a weakened consonant-vowel contrast, in other words, a more contracted pronunciation of the whole syllable.

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

5. Literature (selected) Avanesov, R. I. (1956). Fonetika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Moskva. Bondarko, L. V. (1960): “O xaraktere izmenenija formantnogo sostava russkix glasnyx pod vlijaniem mjagkosti sosednix soglasnyx”. // Učen. zapiski Leningr. un-ta (Ser. filol. nauk, vyp. 40). Vorposy fonetiki. 83⫺102. Bondarko, L. V. (1966): “O nekotoryx differencial’nyx priznakax russkix soglasnyx fonem”. // Voprosy jazykoznanija 1. 10⫺14. Bondarko, L. V. (1977): Zvukovoj stroi sovremennogo russkogo jazyka. Moskva. Bondarko, L. V. (1998). Fonetika sovremennogo russkogo jazyka. St. Petersburg. Daniels, William J. (1972⫺73): “Assimilation in Russian consonant clusters. I⫺II”. // Papers in Linguistics. V⫺VI. 366⫺380, 351⫺370. Halle, Morris (1959): The sound pattern of Russian. The Hague. Potebnja, A. A. (1874): Iz zapisok po russkoj grammatike. Tt. 1⫺2. Voronež/Char’kov. Ščerba, L. V. (1957): Izbrannye raboty po russkomu jazyku. Moskva. Thelin, Nils B. (1971): Stress Assignment and Vowel Reduction in Contemporary Standard Russian. Uppsala. Vygotskij, S. S. et al. (red.) (1971): Razvitie fonetiki sovremennogo russkogo jazyka. Moskva.

Editors’ note. The present article as well as article 5 are being realised as posthumous publications of the author (1932⫺2007). This should explain their relative briefness and the fragmentary character of the selected literature. L. V. Bondarko, St. Petersburg (Russia)

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction CV Clusters Vowel Clusters Consonantal Clusters Literature (selected)

Abstract Slavic languages are highly diversified with respect to the number and types of vocalic and consonantal combinations. The language of the ‘north pole’ (Polish) is characterized by the greatest number of consonantal clusters and there are no special restrictions on their structure. The languages of the ‘south pole’ (especially Serbian) have fewer consonantal clusters and they admit only the one-peak syllable pattern, which is connected with the restrictions on the order of the sonantic and obstruental segments in the consonantal cluster. Additionally, consonantal geminates do not occur in these languages. In opposition to North Slavic, the frequency of the occurrence of vowel clusters in South

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

5. Literature (selected) Avanesov, R. I. (1956). Fonetika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Moskva. Bondarko, L. V. (1960): “O xaraktere izmenenija formantnogo sostava russkix glasnyx pod vlijaniem mjagkosti sosednix soglasnyx”. // Učen. zapiski Leningr. un-ta (Ser. filol. nauk, vyp. 40). Vorposy fonetiki. 83⫺102. Bondarko, L. V. (1966): “O nekotoryx differencial’nyx priznakax russkix soglasnyx fonem”. // Voprosy jazykoznanija 1. 10⫺14. Bondarko, L. V. (1977): Zvukovoj stroi sovremennogo russkogo jazyka. Moskva. Bondarko, L. V. (1998). Fonetika sovremennogo russkogo jazyka. St. Petersburg. Daniels, William J. (1972⫺73): “Assimilation in Russian consonant clusters. I⫺II”. // Papers in Linguistics. V⫺VI. 366⫺380, 351⫺370. Halle, Morris (1959): The sound pattern of Russian. The Hague. Potebnja, A. A. (1874): Iz zapisok po russkoj grammatike. Tt. 1⫺2. Voronež/Char’kov. Ščerba, L. V. (1957): Izbrannye raboty po russkomu jazyku. Moskva. Thelin, Nils B. (1971): Stress Assignment and Vowel Reduction in Contemporary Standard Russian. Uppsala. Vygotskij, S. S. et al. (red.) (1971): Razvitie fonetiki sovremennogo russkogo jazyka. Moskva.

Editors’ note. The present article as well as article 5 are being realised as posthumous publications of the author (1932⫺2007). This should explain their relative briefness and the fragmentary character of the selected literature. L. V. Bondarko, St. Petersburg (Russia)

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction CV Clusters Vowel Clusters Consonantal Clusters Literature (selected)

Abstract Slavic languages are highly diversified with respect to the number and types of vocalic and consonantal combinations. The language of the ‘north pole’ (Polish) is characterized by the greatest number of consonantal clusters and there are no special restrictions on their structure. The languages of the ‘south pole’ (especially Serbian) have fewer consonantal clusters and they admit only the one-peak syllable pattern, which is connected with the restrictions on the order of the sonantic and obstruental segments in the consonantal cluster. Additionally, consonantal geminates do not occur in these languages. In opposition to North Slavic, the frequency of the occurrence of vowel clusters in South

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages Slavic is significantly greater than in other Slavic languages. Taking stock of the phonemic inventories as well as phonetic and phonological features of the remaining Slavic languages, their systems can be considered as transition formations between the two poles.

1. Introduction The quantitatively dominant types of clusters in Slavic languages are still those inherited from Proto-Slavic, i. e., CV clusters and consonantal clusters of fricatives C stops and combinations of obstruents with sonants in different order, depending on the position in the syllable. Differences between particular languages are both quantitative and qualitative and are directly connected with the features of the phonological systems and the syllable patterns. Taking stock of the differences between Slavic languages, two polarized groups can be identified. The north pole is characterised by a richer consonantal system, mostly thanks to a greater number of palatal and palatalized consonants and a greater number and frequency of the occurrence of consonantal clusters. Of all Slavic languages, Polish has the greatest number of consonantal clusters and the fewest restrictions on consonant combinations. The south-western pole has a more elaborate vowel system (mostly thanks to the presence of long and short vowels) and more restrictions on the structure of consonantal clusters. The transition from one system to another is gradual, mostly because the north pole is in retreat ⫺ assimilative palatalization of consonants, characteristic of earlier Slavic, is gradually disappearing in North Slavic and palatalized phonemes undergo decomposition or hardening, or their distribution becomes more limited. Two-peak syllables are also more and more often liquidated. These processes have long since been accomplished in the South. The Southern type is not homogeneous either. The language representative of this type is Serbian, which retained to the greatest extent polytony, and where assimilations are exceptional. If, however, a boarder line were to be drawn between these two phonotactic types, it would run today along the Carpathians. The fact that the Czecho-Slovak group joined the South type later than others can be traced in the frequency of consonant and vowel clusters. The extreme features are best represented in Serbian and Macedonian. Although in Macedonian there is neither politony nor phonological vowel length, it has the greatest frequency of vowel clusters. Bulgarian falls out of this division. In contrast to other South Slavic languages, it retained a degree of assimilative palatalization especially in Eastern dialects, and, more importantly, it has an exceptionally elaborate correlation of consonantal palatalization. Even though the occurrence of Bulgarian softened consonants is severely restricted and they may receive a biphonemic interpretation (as a hard consonant C iota), they, nevertheless, exist materially, unlike in other South Slavic languages. Moreover, Bulgarian has also other features typical of East Slavic phonetics, especially the so-called vowel reductions. On the other hand, the restrictions on the structure of consonantal clusters, connected with the syllable pattern obtaining in Bulgarian, are the same as in other South Slavic languages. The languages of the north pole, whose pronunciation is still more or less accommodative, are identified in the literature with the consonantal type (Issatschenko 1939/40, Stankiewicz 1958, Andersen 1978). The languages of the South group are vocalic, or,

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen in fact, less consonantal. These claims concern both the phonemic inventories and the frequencies of consonants and vowels in texts, as well as inventories and frequency of consonant and vowel clusters.

2. CV Clusters Differences between the two polarized types of Slavic are slightly more manifest in the frequencies of particular kinds of syllables (cf. Sawicka 2001) and very significant differences concern the number of consonantal and vowel clusters. In the combinations of consonantal and vowel elements, the main differences concern primarily the combinations of softened consonants (irrespective of their phonological qualification) with some vowels. The restrictions concern those languages which retained [ ] (again, irrespective of the present-day phonological value of this segment). In all the languages North of the Carpathians ⫺ East Slavic, Lechitic, and Sorbian ⫺ palatal and palatalized consonants do not occur before [ ], and hard consonants do not occur before [i]. In those languages which retained combinatory value of [ ], the C/⫺ palatalization value of the CV pair depends on the consonant. These are the languages which retained a wide range of consonantal palatal or palatalized phonemes. This feature is best manifested in Russian, where hard consonants do not occur before [ ] and, in the domestic lexicon, before [e]. In the languages where / / has become a separate phoneme, which is the case of Polish, only palatal or palatalized consonants occur before [i] and most of them are combinatory variants whose softness before [i] is expressed to various degrees. Also hard realizations before [i] have already started to appear in Polish (e.g., in sinus, Czile, list, etc.). South of the Carpathians, where [ ] is not used, both hard and soft consonants occur before [i]. Only velar consonants undergo softening before [i]. Czech, where velars are hard also in this position, constitutes an exception in this respect. Bulgarian, which conforms neither to the North, nor to the South type, requires a separate treatment. Unlike in other South Slavic, Bulgarian has an exceptionally elaborate consonantal correlation of palatalization. The occurrence of palatal consonants is considerably restricted and the restrictions are completely different from those in North Slavic. In literary Bulgarian, softened consonants can occur exclusively before back vowels ([a] [o] [u] i [ə]). As in Bulgarian there are no [Cj] clusters, Bulgarian soft phonemes may receive the phonological interpretation /Cj/. The norm states that hard consonants undergo minimal assimilation before front vowels, but this does not lead to the neutralization of the hard/soft consonant opposition. To the ear of a Slav from the North, Bulgarian consonants before [i] and [ε] sound hard (with the exception of velar consonants). This is different in Eastern Bulgarian, where softenings are distinct and lead to the neutralization of the /C/ vs /Cj/ opposition before a front vowel.

3. Vowel Clusters It can be said that with the exception of the Southern periphery ⫺ Macedonian and, to a lesser degree, Serbian, Croatian and Bulgarian ⫺ the clusters of two syllabic vowels are uncharacteristic of Slavic. The Common Slavic syllable pattern did not admit

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages vocalic onset. Consequently, vowel clusters are relatively rare in most Slavic languages nowadays and they occur mostly in loan words. When part of the Proto-Slavic consonantal prostheses disappeared, there emerged syllables (and morphemes) with vocalic onset, which made it possible for vowel clusters to occur on morphemic boundaries. Today almost all vowels combine into two-segment clusters in any order in all Slavic languages. In native words of most Slavic languages vowel clusters occur predominantly on strong morphemic boundaries i. e., those which often receive some phonetic exponents (boundaries after prefixes, prepositions, in compounds). Inside morphemes, VV clusters occur in loans from Western languages. The languages which retained ProtoSlavic prostheses, especially Sorbian and, to a lesser degree, Belorussian and Ukrainian, do not have a high frequency of VV clusters. This results from the fact that VV clusters are either absent (Sorbian) or restricted in native lexicons, not only within morphemes, but also on morphological boundaries. In Serbian and Croatian, on the other hand, VV occur with a high frequency. The frequency of VV is the highest in Macedonian, where such clusters appear in native words on weak morphological boundaries (i. e., such which normally do not have phonetic exponents) and even within morphemes. A number of historical processes contributed to this situation: the change of /l/ into /o/ in the syllable coda in Serbian and Croatian (Serb. video < *vidělъ, beo < *bělъ), the loss of iota before front vowels in Macedonian, the loss of intervocalic iota (bdее, brоеn), the loss of /x/ (dоаg´а), as well as lenitions of other consonants (/v/ , voiced stops) in Macedonian dialects. The frequency of VV in Serbian and Croatian is also affected by the inflection of foreign words ending in a stem vowel of the type kupe, nivo (gen. kupea, nivoa, dat. kupeu, nivou, instr. kupeom, nivoom, etc.). A separate group of languages ⫺ Balkan ⫺ can be isolated on the basis of the frequency of VV clusters, including Serbian, Croatian, Bulgarian, and Macedonian. Tab. 4.1: The occurrence of vocalic clusters in Slavic (six-page text, after Korytowska 2002) Sorbian

4

Ukrainian

4

Belorussian

9

Polish

8

Slovak

10

Slovene

10

Czech

18

Russian

17

Bulgarian

53

Serbian

85

Croatian Macedonian

84 172

Clusters longer than two segments are rare and occur exclusively on morphological boundaries in loans (e.g., Serbian maoizam, Russian vidеооptikа).

55

56

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen

3.1. Restrictions on Combinations The most important restrictions on the structure of VV clusters concern centralized vowels ([ ] or [ә]). In Bulgarian, clusters with /ә/ occur only on morphological boundaries (nеsăоbrаzitеlnоst, văоbrаžаем, оsmоăgălnik). The clusters /Vә/ and /әV/ are absent in Slovene. In the languages North of the Carpathians, where [ ] occurs either as a variant of /i/ or as a separate phoneme, clusters [ V] can only be found on morphological boundaries (e.g., Polish antyamerykański). The cluster [V ] occurs only in Polish and Sorbian in the word statuy (nom. pl. of statua, pronounced differently either with a glide or sometimes with laryngeal occlusion between the two vowels). Because of the [v]-[w]-[u] and [i]-[j] alternations, in Belorussian there are no [Vi] or [Vu] clusters (unless the second element carries the stress, e.g., ezuіt). Clusters [Vj] may be treated as realizations of /Vi/. The same alternation occurs in Ukrainian, however, it is not completely regular and these clusters have been observed on morphological boundaries in Ukrainian. In Slovene there also occurs the [v]-[w]-[u] alternation, but the combinations of vowels with syllabic [i] and [u] in any position within the word are present, too. Additionally, the high vowels [e] and [o] in Sorbian do not combine with other vowels. The same applies to [ä] in Slovak. Some restrictions concern also the long vowels. In Serbian and Croatian, a cluster containing a long vowel cannot occur before the stress and when the stress is on the second vowel in the cluster, the first vowel cannot be long. Exceptions in these languages are the combinations of two long vowels ⫺ they occur exclusively in foreign inflection (e.g., gen. pl. ragúa [ragu:a:], sakóa [sako:a:], biféa [bife:a:]). In Slovene, long vowels occur only in stressed positions. Consequently, there are no [V:V:] clusters in Slovene; there are [VV:] clusters and extremely rare [V:V]. In Slovak the combinations of two long vowels are excluded systemically. Also in Czech the combinations of two long vowels have not been observed and the [V:V] clusters are rare and occur only on morphological boundaries. Other restrictions are connected with the phenomenon of vowel reduction, in which the full neutralization of an opposition takes place. Because of akan’e in Belorussian clusters [ou] [ee] have not been noted within morphemes. The native lexicon also lacks the groups [Vo], [Ve], and [oV]. Akan’e in Russian does not affect the inventory of clusters because reduction phenomena are, to a greater degree than in Belorussian, inconsistent in the foreign lexicon which constitutes a significant source of vowel clusters. As far as the pronunciation of the unstressed [VV] clusters is concerned, some of them have optional realizations. If, on the other hand, the reduction patterns ([oa] > [әa], [oo] > [әa], [eo] > [io], [ea] or [ia]) possible in some words are implemented, then naturally the system used has a more limited inventory of vocalic clusters. When it comes to the position within a word, there are no restrictions on the combination of VV except those which result from the restrictions mentioned in this section. VV clusters occur most often in middle positions, but they are also present in initial and word-final positions. The lack of some combination in the initial or final positions in the word does not necessarily follow from systemic restrictions.

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages

3.2. VV Realization The phenomenon that more and more often accompanies the realization of VV clusters is laryngeal occlusion before the second vowel. Normative descriptions of Czech and Polish phonetics admitted such a realization of the vowel in the case of word-initial vowels or the second vowel of the vowel cluster in the initial position in the morpheme. However, in West Slavic, especially in Polish, the realization [VʔV] is becoming more and more widespread even inside morphemes. Laryngeal occlusion is also appearing in East and South Slavic, but it is exceptional there. In these regions, the prevailing realization is a fluent transition between vowels ⫺ before /e/ and especially before /i/ there occur more or less distinct glide-like transitions, the phonemic value of which is often difficult to determine. This problem concerns especially Macedonian, where there appear unmotivated insertions of glides into VV clusters or elisions of the intervocalic iota and other consonants too.

4. Consonantal Clusters Consonantal clusters have been a frequent subject of linguistic studies. Analyses concerning Slavic can be found in Tolstaja 1968, 1968a, 1974, Lekomceva 1968, Sawicka 1974. The most frequent are two-segment consonantal clusters, more rare are threesegment clusters, still less frequent are four-segment clusters, occurring mostly medially, and five-segment clusters are exceptional. They occur in Polish medially and word finally, e.g., następstwo [nastεmpstfɔ], gen. pl. następstw [nastεmpstf]. The length of the initial clusters will increase if the combinations with prepositions [v/f], [z/s] are added.

4.1. Quantitative Data The occurrence of consonantal clusters in Slavic is inversely correlated with the occurrence of vocalic clusters. The consonantal clusters inventories themselves are varied both qualitatively and quantitatively. Still greater differences concern the frequencies of consonantal clusters. As concerns the ratio of the initial clusters inventory to the inventory of final clusters, it oscillates around 6 : 4 or 7 : 3. In texts, however, final clusters are far less frequent. The language with the greatest number and the highest frequency of consonantal clusters is Polish; the language characterised by the lowest number of clusters is Serbian. The greatest difference concerns the token frequency of final clusters. Tab. 4.2: The inventory of initial clusters in Polish and Serbian, calculated on the basis of comparable dictionaries (Sawicka 1979) Polish

Serbian

CC-

245

124

CCC-

198

59

CCCCTotal

17

0

460

183

57

58

I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Tab. 4.3: The inventory of final clusters in Polish and Serbian (Sawicka 1979) Polish

Serbian

203

64

-CCC

53

9

-CCCC

14

0

-CC

-CCCCC Total

1

0

271

73

Tab. 4.4: The number of initial consonant clusters occurring on 6 pages of comparable texts (Anna Korytowska, unpublished materials) language

CC-

CCC-

CCCC-

total

Polish

254

62

7

323

Lower Sorbian

182

4

0

186

Upper Sorbian

175

5

0

180

Czech

197

11

0

208

Slovak

246

28

3

277

Russian

189

7

1

197

Belorussian

158

10

0

168

Ukrainian

146

16

0

162

Slovene

224

41

0

265

Macedonian

171

14

0

185

Bulgarian

106

5

0

111

Croatian

242

23

0

265

Serbian

166

9

0

175

Tab. 4.5: The number of medial consonant clusters occurring on 6 pages of comparable texts (Anna Korytowska, unpublished materials) language

-CC-

-CCC-

Polish

426

46

Lower Sorbian

303

Upper Sorbian

279

Czech Slovak

-CCCC-

total

7

479

31

1

335

42

10

331

371

34

0

405

414

43

1

458

Russian

405

26

6

437

Belorussian

360

15

2

377

Ukrainian

333

39

2

374

Slovene

380

73

14

467

Macedonian

425

71

6

502

Bulgarian

252

14

0

266

Croatian

370

26

3

399

Serbian

288

21

4

313

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages

59

Tab. 4.6: The number of final consonant clusters occurring on 6 pages of comparable texts (Anna Korytowska, unpublished materials) language

-CC

-CCC

total

Polish

34

1

35

Lower Sorbian

27

1

28

Upper Sorbian

20

0

20

Czech

13

0

13

Slovak

11

0

11

Russian

9

3

12

11

0

11

1

1

2

Slovene

10

0

10

Macedonian

24

0

24

Bulgarian

1

0

1

Croatian

7

0

7

Serbian

8

0

8

Belorussian Ukrainian

4.2. Restrictions on Sonants The distributional properties of sonants are among the most important typologically features of Slavic and depend on the syllable pattern obtaining in a given language. The decisive criterion is the opposition between the one-peak syllable pattern and twopeak syllable pattern. Similar to the palatalization of consonants, also the two-peak syllable pattern which appeared after the loss of the weak jers is gradually withdrawing. In those languages in which one-peak syllable patterns were formed, there are restrictions on the combinations of obstruents with sonants. In some of these languages the restrictions pertain to both the syllable onset and the syllable coda, in others they pertain only to the coda. There are also languages currently undergoing transformations which admit an option.

4.2.1. Initial position In all South Slavic, sonants in the word initial position cannot occur before obstruents. The only admissible order is an obstruent (O) C a sonant (S) (cf. Serb. and Croat. magla, lagati, Mac. maglа, Bulg. măgla, Slovene megla ⫺ Pol. mgła, łgać., Russ. mglа, lgat’). There are, in fact, onset rC- clusters in Serbian, Croatian, and Macedonian, but they are realized syllabically as [r! C-], e.g., Serbian rzati [r! zati], rđa [r! ʥa]. Thus, it is difficult to interpret these realizations as consonantal clusters sensu stricto. Slovak demonstrates an affinity to South Slavic, whereas Slovene defies this restriction to a degree. Although dictionaries of literary Slovak contain examples of words beginning with the consonantal cluster OS-, e.g., lkat’, rža, mdly, rty, l’stivy, they (cf. Král’ 1996)

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen admonish the user to pronounce them with a non-syllabic sonant. Practically, these words are either not used in this form, or they have become obsolete, e.g., instead of rtut’, the now common form is ortut’, instead of rvat’ ⫺ trhat’ is used, instead of lkat’ ⫺ plakat’. In Czech, on the other hand, SO- clusters with a non-syllabic sonant are a common phenomenon, e.g., lkát, lhát, rdesno, mšice, rtut’, etc. In Serbian and Croatian in initial consonant clusters there are no clusters composed of two sonants, where the stronger sonant precedes the weaker sonant. Clusters containing two sonants are limited to the combinations with [m] and [v] in the first position (mrak, vlak, vreme). There is not even the [nr-] cluster (narav ⫺ Bulgarian and Russian nrаv). Iota in South Slavic can occur exclusively directly neighboring a vowel. There occur maximally two sonants in an initial cluster. In Serbian, Croatian, and Slovene Proto-Slavic *w retained a sonantic character. Consequently, in Serbian and Croatian there are no onset /vO-/ clusters (instead, there are combinations /uO-/, e.g., uzeti, ući, and also ulaziti, uraditi, although there is vreme ⫺ in clusters *wS- the continuant *w depends on the origin (*wъC- > /uC-/). In the case of Slovene, there appears the alternation [v-w-u], connected with the ending of the preceding word. If the preceding word ends in a vowel, [w] occurs; if it ends in a consonant, [u] occurs, e.g., pred vsem [predusem]. However, this rule is not consistently observed and as a result there appear also realizations [wC-] after the consonantal coda or in the absolute onset, e.g., vdrugič [wdruio/udruio], v ledvici [vledviʦi/wledviʦi]. In Sorbian languages, SO- initial clusters are not found in pronunciation. This restriction is solved in a number of ways (simplifications, syllabification, V insertions, vowel prostheses, metatheses) which are not always manifested in spelling, e.g., Upper Sorbian mła (Pol. mgła) łhać [fao], łžeć [bƒ εoƒ ], Lower Sorbian lenišćo (*lńišćo), ržišćo [riʃtɔ]], ldžej [laεj/Dεj], łdgar [dgar], držaś [a]. Clusters wC- in Sorbian are realized exclusively after prepositions and prefixes ending in a vowel; in other contexts [w] disappears, e.g., Upper Sorbian wróćić [roo jo j], but zawróćić [zawroo jo j], wjes [wjεs] ⫺ gen. sing. [s ], but [zεws ], similar as mzda [zda] ⫺ but [wεmDje], jstwa [stwa] but [wɔjstwjε] Lower Sorbian wjas [jas], gen. [s ], [zεws ]. The alternation [v]-[w]-[u] obtains also in Belorussian, e.g., zabava, zabau˘ny, ёn uvоzic’, jana u˘vоzic#, pаехаlа u˘čоrа, pаехаu˘ učоrа. Belorussian does not admit also other SO- consonantal clusters or clusters of two sonants where the first segment is a glide or a liquid. Such clusters are preceded with a vocalic prosthesis: il’du ⫺ sа l’dоm, dа l’vа ⫺ аd il’vа, dа l’nu ⫺ il’nu. Vocalic prostheses do not appear regularly if the first segment of the cluster is [m]: mscic’ but imgla, irrespective of the context. Ukrainian bears some similarities to Belorussian, but the alternations, and even more so the vowel prostheses, do not have a regular character in this language. The shift [i] > [j] does not affect certain classes of the vocabulary (loans, terminology, proper nouns; also in Belorussian there are already certain departures connected with the foreign lexicon and proper nouns). Ukrainian words such as rtut’, mčaty, lžа usually occur without prostheses, initial vC- clusters are typically pronounced with a non-syllabic sonant [wC-]. The remaining Slavic languages: Polish, Russian, and Czech do not manifest restrictions on the combination of non-syllabic S and O segments in word initial position (cf. Pol. rwać, łgać, mdli, Czech lkát, rdesno, mšice, Russ. rtut#, lgun, mglа). Noncontextual initial jC- clusters are not present in any Slavic language (Ukrainian is the only exception with, rarely used, jnjaty, jmеnnja). In Bulgarian there are no Cj- combinations within morphemes, in Serbian no /tj/, /dj/ but they occur in Croatian and Macedonian.

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages It should be noted that there are no clusters with initial front nasal sonant before an obstruent in any Slavic languages (though there are nS clusters, e.g., Russian and Bulgarian nrav). Clusters with [m] and obstruents of the same place and manner of articulation do not occur either. Thus, in Polish there are mgła, mścić, mdlić, but there are no clusters mb-, mp-. Summing up, a group of languages can be isolated where in the word initial position there are no clusters ‘(non-syllabic) sonant C obstruent’: Serbian, Croatian, Bosnian, Macedonian, Bulgarian, Belorussian, and also Slovak and Sorbian languages. The only departure in Slovene is the non-contextual retention (inconsistent) of the sonantic [w] in the first position within the initial cluster. In order to realize the restriction on the SO- initial clusters in South Slavic, there is a regular insertion of an unmotivated vowel (formerly often identified with the reflex of the weak jer) and in Belorussian there occurs a vowel prosthesis. Only the Belorussian prostheses can be counted as live processes. South Slavic vowel insertions between S and O are a historical fact. Presentday derivation and loans do not provide the linguistic material which could confirm the status of vowel insertion as a current process. In Serbian and Croatian there are also initial SO- clusters in which the sonant is the syllabic /r! /, e.g., rđav, rzati, making it difficult to count them as consonantal clusters. In the case of initial [w/v] C C, the alternation [w] ⫺ [u] is a live process in Belorussian, less regularly in Slovene, and in Ukrainian there are only traces of this alternation. The same alternation occurs also in Slovak but it pertains to medial positions, whereas in initial clusters /v/ as the first segment of the group behaves as an obstruent (i. e., it alternates with [f]). The [wO-] / [vO-] are neither admitted in Sorbian, Serbian and Croatian. In other languages the reflex *w has the distributional properties of the obstruent. The group of languages without the restriction on SO- is constituted by Polish, Russian, Ukrainian, and Czech. Additionally, in Polish in the initial position appear words with a non-syllabic inter-obstruental sonant Brda, brwi, krwi, drgnąć, grdyka, krwawy, trwoga, plwać, płciowy, etc. Currently in other languages there are no such clusters in the initial position. Exceptional dictionary examples in Czech (zmdlelý) and Slovak (zmdliet’) have become obsolete (today: zemdlelý, zomdliet’). SO-clusters are marginal in every language and in those languages where there are no restrictions on the order of the S and O segments, there will be some examples in which these clusters have been eliminated in certain ways. Such examples are frequent in dialects, especially East Slavic ones, cf. Russ. legotа, lestiti. loba, moxom, etc.

4.2.2. Word final position The natural order of the S and O segments in clusters in the word final position is the reverse of that in the word initial position. This is observed in the languages South of the Carpathians, i. e., in South Slavic and in Czech and Slovak, and practically also in Sorbian and Kashubian. In East Slavic, the pronunciation option which respects this order is becoming more common. In South Slavic and in Slovak, the regular way of realizing the restriction on *-OS is the insertion of a vowel, whereas in Czech and East Slavic the final liquid occurs in its syllabic variant, e.g., Czech vítr [vi:tr! ], misl [misl!], padl [padl!] Russ. Petr [pjotr/pjotr! ], orkestr [arcestr/arcestr! ], Slovak vietor, cikel, vepor, teater, padol. Sorbian languages avoid -OS in various ways, e.g., mysl > [m s], or the

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen form used is plural: mysle, drozn > [drɔzna], bobr [bɔbεr], błazn [bwazεn] kitl [citl!/ citεl], *sydm > sydom, etc., Kashubian usually [v’jatr! ]. In the Czecho-Slovak group, inserted vowels appear before nasal sonants, and the North Slavic final -izm corresponds to Czech, Slovak, and Sorbian -ismus. In East Slavic, clusters /-Om/, /-On/, /-O/ are pronounced mostly with a non-syllabic sonant. Analogous clusters with a liquid are now almost universally pronounced with a syllabic sonant (cf. Zinovieva 1998), however the pronunciation with non-syllabic sonant still exists too. Characteristically, the former Russian norm discouraged the pronunciation of final -OS clusters with syllabic sonant or vowel insertion, which was identified with the ‘lower’ style (cf. Lomonosov 1952, vol.7, 634). As late as in the 18th C. the options of the kind vetr and veter could still be found. A greater number of words with the elimination of such clusters have been introduced into literary Belorussian than into Ukrainian and Russian, e.g., Belorussian rubel’, karabel’, bоjas’ ⫺ Russ. rubl’, korabl’, bоjazn’. A full vowel instead of syllabicity can often be heard in Belorussian words with final liquids after obstruents, e.g., spektakl’ [sjpjektakəʎ], ministr [mjiistər], and dialectally even metr [mjetar], litr [ʎitar] (Padluzhny 1969). Final clusters with an inter-obstruental sonant are not encountered in Slavic. In Polish, there is only the proper noun Dobrcz. There are no clusters -pm, -bm, or -kn, -gn, -tn, -dn, but there are homogeneous combinations with fricatives, e.g., Pol. blizn (theoretically, in Polish there are the genitive plural forms of tętno, piętno ⫺ [tentn], [pjjentn], but they are not used). Summing up, in general, South Slavic and Slovak are languages without final -OS clusters; languages in which such patterns are tolerated but where sonants occur as syllabic variants are Czech and Sorbian; languages in which these variants are facultative are East Slavic; and in Polish and facultatively in East Slavic the -OS clusters are pronounced with a non-syllabic sonant. However, not all sonants behave in the same way. These generalizations apply to liquids, except that in loan words in Serbian, Croatian, and Macedonian there appear also the syllabic variants of sonants, e.g., Serb. ansambl [ansambl!], bicikl [bicikl!]; in all South Slavic final *-tr and *-zm in loan words obey the transformation rules into -tVr and -zVm (Serb., Croat., Mac. [metar], [realizam], Bulgarian and Slovene [metər], [realizəm], following native patterns, e.g., Serb. dobar, Bulg. Dоbăr, etc.). In East Slavic, where there is a marked tendency to replace the pronunciation [-OS] by [-OəS] in the case of liquids, analogous clusters with nasal sonants are pronounced mostly as non-syllabic (e.g., in Russian ritm, bоjazn’). Sonantic /w/ in Belorussian does not occur in final positions after consonants, whereas in Ukrainian it is very frequent and may even occur in the voiceless form, e.g., bogactv, vidavnyctv (in Belorussian the gen. pl. ending is -аu˘, cf. bagactvаu˘). In Sorbian and Slovene, where the phoneme /w/ also occurs, clusters [-Ow] do not appear finally. There are, however, graphic -Cl (Slovene), -Cł (Sorbian). Such clusters are simplified in Sorbian, e.g., rosł [rɔs]; in Slovene they are broken up, or ł is pronounced as [u] in such a position, e.g., topel [tɔpəl/təpu], but after sonants the pronunciation with [w] can be retained, e.g., terl [terw/teru], derl [derw/deru]. Clusters -Cj do not occur in any Slavic language.

4.2.3. Medial position In medial position in words the order of the S and O segments is unconstrained. The only restriction concerns clusters OSO, which occur exclusively in Polish and vestigially

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages in Russian, e.g., Pol. ubrdać, bedłka [bedwka], piosnka, Russ. oktjabr’skij, letavrščik,. Pol. trwoga, brwi, mędrca, krwawy, grzbiet etc.whereas in Russ. trevoga, brovi, mudreca, krovavyj, хrеbеt; Belorussian tryvоgа, bryvi, kryvаvy, (similarly in Ukrainian). Two hundred years ago there were many more words with OSO clusters in Russian, e.g., registrcom, raznstvujut, nagl’skij, etc. (cf. Panov 1990). Today only three Russian examples with OSO cluster can be found. Kashubian data testify to the fact that forms of the kind [brəvji], [krəvji], [pləvaʦ], [trəvaʦ] are relatively late (17th C., cf. Stieber 1966). Also the data from South Slavic (cf. Ivić 1974) and especially Macedonian (Sawicka 2000) prove that initial SVC- clusters (e.g., Serbian magla, lagati), which correspond to SC- clusters in North Slavic, developed from earlier SC- clusters through the stage of the syllabicity of the sonant. These data suggest a long-term process leading to the domination of the one-peak syllable pattern, taking place through gradual introduction of distributional restrictions on sonants. The present-day state reflects the order in which this tendency manifested itself in Slavic languages. The earliest restrictions on the combination of O and S appeared in South Slavic, later in Czech (where there are restrictions in final positions but not initially); in Russian the process is currently taking place in final positions, and in Polish the state resulting from the loss of the weak jers can be observed (in local dialects even the interchange of OS- to SO- can be found, cf. [rudwɔ], [rɔda] ⫺ standard źródło, środa). Belorussian norm fixed vocalic prostheses which in other North Slavic can be found in dialects. Finally, Sorbian languages are characterised by similar restrictions as in the South, probably under the influence of German, but spelling and the way the restrictions are solved suggest that the processes involved are more recent. Contrary tendencies pertain to the functioning of [w], which occurs in positions atypical for sonants ⫺ initially in Slovene and initially and finally in Ukrainian.

4.3. Geminates Special restrictions pertain to consonantal gemination. The main sources of gemination in Slavic are morphemic boundaries, loans, and assimilations. Thus, geminates occur mostly in medial positions. However, geminates are not universally accepted. South of the Carpathians geminates do not occur or their occurrence is very restricted, cf., Polish willa, libretto, wanna, the same in Russian villa, libretto, vanna, whereas in Czech vila, libreto, vana, Serbian, vila, libreto, etc. Except for Bulgarian, geminates occur extremely rarely in the South and they appear only on strong morphological boundaries (after prefixes/prepositions, before articles, in compounds) where their occurrence can be considered as one of the phonetic exponents of such an intra-word boundary (cf. Serbian preddržavni, najjeftiniji, nuzzarada, poddijalekat, Macedonian oddelenie, ottamu, bessemeen, nајјunаk, sеdumminа, etc.). However, on strong morphological boundaries geminates are not tolerated as fragments of consonantal clusters: Serb. besmislen < *bezsmislen, Mac. starosta < *starostta. In other positions in these languages geminates were simplified, e.g., Serb. zadatak ⫺ pl. zadaci, bitka ⫺ dat., loc. bici instead of bitci or bicci. Simplifications occur even on strong morphological boundaries, e.g., Mac. isеčе < *izsеčе, оdаmnа < *оddаvnа, rаširi < *razširi and in allegro, e.g., Croat. bez šuma [bešuma]. The same situation as in South Slavic pertains to Czech,

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I. Die Schrift- und Lautsysteme der slavischen Sprachen Slovak, and Sorbian: Czech nejjiste˘jší, půllitr, bezzubý. The restriction holds in the orthotonic part of the word, cf. Czech kamenná [kamena:], mekký [meki:]. However, rarely, exceptions happen: Czech babiččin can be pronounced either [babio jin] or [babio jo jin]. In South Slavic geminates are very rarely formed as a result of assimilation, e.g., Mac. dzitčе, prеtci may be exceptionally pronounced as [dziooe] [preʦʦi]. The situation in Bulgarian is different from that in other South Slavic. In Bulgarian, the frequency of the occurrence of geminates is relatively high. They occur on various kinds of morphological boundaries and in loans they appear also within morphemes, cf. imenno, pijvvаm, strannik, vremenno, gjullе (though in loans also neto ⫺ Pol. netto). In East Slavic and in Polish geminates are relatively frequent. They occur on morphological boundaries of various phonetic values and in the foreign lexicon they are tolerated within morphemes, though the linguistic material suggest that in Polish geminates were often simplified in the past, cf. willa, but Wilanów, getto formerly [geto], Westerplatte until recently [vesterplate], today [getto], [vesterplatte], and even miękki more and more often [mjjeŋcci] instead of the correct [mjjeŋci]; see also alternative forms Violetta /Violeta, Izabela /Izabella. In North Slavic geminates are also tolerated as parts of consonantal clusters, cf. Pol. odtworzyć [ɔttfɔ ʨ], rozstrzelać [rɔʃʃoʃεlaʨ], although we Wrocławiu, despite w Wiedniu [vjvjjedu], w Warszawie. Belorussian and Ukrainian are characterised by an exceptionally high frequency of the occurrence of geminates. This is a result of the so-called second iotation (progressive assimilation of iota), cf. Belorussian kаlоssе, braccja, nоčču, Ukrainian zbižžа, kоlоssja, piddаššja. However, the fewest restrictions on gemination are found in Polish where geminates are pronounced even word-initially within morphemes: dżdżu, dżdżownica, czczy. Gemination occurs in this position also in Ukrainian: lljaty, lljanyj. These are, however, unique examples. Gemination is common word-initially on morphological boundaries in North Slavic: Russ. vvеsti, ssylkа, Pol. ssać, wwozić etc. In Bulgarian in order to avoid gemination in initial position, there are double prepositional forms, cf. văv Varna, săs srеštа (in Macedonian we have vо vоdа, vо vоz, in Serbian and Croatian u vodi, u vozu). Generally, geminates do not occur word-finally. They appear, however, in spelling, cf. Pol. mełł, less, miąższ, Russ. klass, gramm. As a rule, these forms are pronounced with a single consonant at the end. However, in Polish in special prosodic conditions at least some of these expressions can be realized with a final geminate. This applies perhaps to double sonants, especially in gen. pl. stall, fontann.

4.4. Other Consonantal Combinations In all Slavic, the clusters of two sonants most often observe the order from the less resonant to the more resonant in the syllable onset, and the reverse order in the coda. However, there are exceptions which pertain mainly to those languages and positions where there are no restrictions on the combination of sonants with obstruents. Thus, Polish, Russian, Ukrainian, and Czech have clusters /ln-/, /l-/. The cluster /l-/ appears also in Slovak and Lower Sorbian, but it has an alternative form /lε-/ in these languages. Additionally, there is the initial cluster /rm-/ in Czech. More combinations with an additional non-syllabic sonority peak are observed in final positions, but they, too, are individual examples. They occur in Polish and East Slavic. These are clusters /-ml/,

4. Segmental Clusters in the Slavic Languages /-mn/, /-nr/ (Pol. kreml, hymn, żanr). They do not occur in Czech, Slovak, Sorbian and South Slavic, except for Bulgarian, where there is хimn and žаnr. Additionally, groups wS- and -Sw occur in Ukrainian and (very rarely) in Slovene. In Polish analogical medial clusters are tolerated, cf. pomyślny, with the cluster ‘obstruent C stronger sonant C weaker sonant’. There are no special restrictions on the combination of obstruents except those pertaining to the voice-voiceless opposition of obstruents and gemination. Affricates combine into clusters with one another very infrequently. Within the syllable (i. e., in initial and final clusters), they do not combine in any Slavic except Polish, where there are initial geminates /DD/, /oo/ and clusters as /oʨ/ (czcić). Additionally, in Macedonian and Bulgarian there are no final clusters with affricates. Although there are no special restrictions on the combinations of obstruents, it should be noted that combinations of two stops are rare, and that the most frequent are the combinations of sibilants and stops. The latter clusters occur in the same order initially and finally (cf. Pol. stół ⫺ most). In some languages certain three-segment clusters containing two stops undergo obligatory reduction, cf. Serbian stn > sn (bolestan but bolesna), azbestni [azbesni]; in other languages such reductions are common in allegro pronunciation, e.g., Pol. porządny [pɔɔnn ], pielęgniarka [pjjelεarka]. It appears, however, that the rule does not apply to slow speech in any Slavic, except in morphologized (fixed by orthography) patterns. There is, however, one Slavic dialect ⫺ Čakavian ⫺ which consistently observes the restriction concerning the clusters of two stops (or two affricates, or an affricate and a stop in any order) and clusters stop C fricative, cf. maška < mačka, vnogi < mnogi, polpis < podpis, pojkova < potkova, vojka < voćka, kanica < tkanica, čela KәK

1-silbig langfallend

9.3b: Stammtypus und Akzentklassenzugehörigkeit in den slovenischen Konjugationsklassen Basisstamm

Infinitiv : Präsens

Stammakzent *a

Endungsakzent *b

Wechselakzent *c

-i-

-i- : -i-

Rest

2-silbig mit kurzer Wurzelsilbe

2-silbig mit langer Wurzelsilbe

-Ča-

-Ča- : -Či-

slíšati

Rest



--eø --

-eø - : -i-

vídeti : vidim

Rest



-ni-

-ni- : -ne-

nach Pleteršnik (1894) alle



*kreníti, *nagníti Lenček (1982)

-ova-

-ova- : -uje-

Rest

Sek. imperfektiv

kováti

-a-

-a- : -(j)e-

Rest



1-silbiger urspr. kurzer Stamm; iskáti, sijáti

-a-

-a- : -a-

Rest

Denominativa

1-silbig kons.

= : -e-

alle

1-silbig vokal., unsilbisch

(K)V/KK: -e-

alle

3. Die wichtigsten Flexionsregeln für den melodischen Akzent im Slovenischen Die slovenischen Flexionsregeln weisen ein relativ einheitliches Bild auf: ⫺ Fester Stammakzent (*a) tritt im Zusammenhang mit steigendem Ton auf. ⫺ Bestimmte Endungen sind systematisch von einer Tonzuordnung ausgeschlossen; die Aufzählung ist paradigmenspezifisch und nur in wenigen Fällen allgemein; zu den letzteren gehören: der Dativ Sg. aller Paradigmen, Lokativ Sg. außer bei den einsilbigen unbelebten Maskulina, Dual und Plural. Die übrigen Fälle sind paradigmenspezifisch. ⫺ Bestimmte Endungen sind systematisch lang; dies trifft z. B. in allen Deklinationsparadigmen auf den Genitiv Plural zu, wo ein Längenmerkmal sogar ohne Endungs-

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II. Akzentologie der slavischen Sprachen silbe beobachtet werden kann, da es sich auf den Ton vor der Nullendung auswirkt (vgl. líp C Gen.Pl. > lîp). ⫺ Bei einsilbigen Stämmen mit steigendem Ton (*a) kommt die (unbetonte) Quantität der Endung zum Tragen, indem sie eine Tonveränderung zustande bringt: líp C ō > lîpo (Instr.Sg.); dies zeigt, dass der steigende Ton nicht auf dem Tiefton basiert. Akzent Silbe

* σ

Mora Ton

μ μ μ H líp C ō

* σ

σ

>

σ

μ μ μ H lîp C o

⫺ Beim Wechselakzenttypus (Typus *c, z. B. grâd, gradû, grâdu usw.) bekommt eine lange (2-morige), tontragende Endung den Akzent innerhalb des 3-morigen Fensters: Akzent Silbe

* σ

σ

* σ

σ >

Mora Ton

μ) H grād C û (μ

μ

μ

μ >

μ

μ

grad C û ‚Stadt, Gen. Sg.‘

Diese Fälle sind systematischer Art und zeigen, dass ⫺ einsilbige Stämme mit Wechselbetonung lexikalisch als lang (d. h. zweimorig) markiert sind; ⫺ lange Endungen ein dreimoriges (Anfangs)Fenster hervorrufen (dies gilt für lange tonlose Endungen der Flexionsklassen *a sowie auch für lange, tonmarkierte Endungen der übrigen Klassen); ⫺ innerhalb des dreimorigen Fensters der erste Ton den Akzent gewinnt; ⫺ ohne Ton die Silbenlänge (soweit vorhanden) den Akzent gewinnt; ⫺ wenn eine tonmarkierte Silbe ohne distinktive Länge von einer 2-morigen Silbe innerhalb des 3-morigen Fensters gefolgt wird, der Prominenzkonflikt durch Verkürzung der zweiten Silbe und eine entsprechende Dehnung der erste Silbe gelöst wird (die erste Silbe bekommt durch die Dehnung den fallenden Tonakzent, vgl. líp C ō > lîp C o ‚Linde, Instr.Sg‘.); ⫺ ohne dreimoriges Fenster der erste Ton den Akzent gewinnt (vgl. lípovščina < líp C ov C šč C ín C a ‚Rihenberk‘); ⫺ ohne Ton und Länge die Mora an der Endgrenze prosodisch hervorgehoben wird. Die festgestellten Regeln gelten für alle Flexionsklassen. Aus den besprochenen Alternationen können wir schließen, dass Länge im Slovenischen primär ist und nicht allein der Tonrealisierung dient. In diesem Sinne erweist sich die Tonanalyse als alternative Zuordnung des hohen Tons (H) an Moren (im Sinne der ersten vorgeschlagenen Analyse) als berechtigt.

9. Melodischer Akzent (Flexion)

111

4. Melodischer Flexionsakzent im Kroatischen, Serbischen und Bosnischen Die prosodische Ausgangslage des Kroatischen, Serbischen und Bosnischen, die in den Standardvarietäten demselben Typus angehören, beinhaltet folgende Merkmale: ⫺ Vokallänge ist unter und nach dem Akzent distinktiv (obwohl ein Abschleifungsprozess der posttonischen Länge beobachtet werden kann). ⫺ Der hohe Ton wird lexikalisch und morphemabhängig einer Mora zugeordnet. ⫺ Im Ableitungsprozess bleibt der letzte Ton erhalten und die vorhergehenden werden annuliert (im Unterschied zum Slovenischen, wo der erste Ton erhalten bleibt), vgl. lipóvština < l’ip C ov C št C ìn C a ‚Rihenberk‘. ⫺ Der erhalten gebliebene Ton wird postlexikalisch, unter Beachtung umgebender Klitika, auf die vorangehende Mora im prosodischen Wort ausgebreitet. ⫺ Die erste Mora mit dem Ton wird akzentuiert, sie ist steigend, falls ihr eine hochtonige Mora folgt; falls sie die erste und einzige im Wort ist, wird der Ton als fallend realisiert. ⫺ Tonlose Wörter erhalten eine Markierung der Anfangsgrenze; diese gleicht phonetisch dem fallenden Akzent. ⫺ Der Unterschied zwischen dem Anfangston im Wort und der Anfangsgrenze kann am folgenden Beispiel illustriert werden: Anfangsgrenze Akzent Silbe

(#) * σ

(#) σ

Mora Ton

μ μ H brat C a

Anfangsgrenze Akzent Silbe

# (*) σ

Mora Ton

μ

σ μ

bog C a

σ μ

σ

(#) * σ

σ =

C

σ

σ

μ μ H za C brat C a >

μ μ μ H H zà-brata (kurzsteigend)

σ

# (*) σ

σ

σ

μ

μ

μ

μ

σ C

μ

σ μ

=

za C bog C a >

z’a-boga (kurzfallend)

Das Kroatisch/Serbisch/Bosnische unterscheidet sich insofern vom Slovenischen, als dass in ihm die ursprüngliche slavische ⫺ lexikalisch und grammatisch bedingte ⫺ Akzentklassenzugehörigkeit mit marginalen Ausnahmen erhalten geblieben ist. Die adjektivischen und pronominalen Bereiche des Kroatischen, Serbischen und Bosnischen sind dem Slovenischen im Wesentlichen ähnlich. Es treten nur marginale Unterschiede auf (vgl. bei den unbestimmten Adjektiven im Slovenischen den Typus mlâd, mláda, mladôø ‚jung‘, der mit dem Typus mlâd, mláda, mládo im Kroatischen, Serbischen und Bosnischen übereinstimmt). Diese Details können hier nicht weiter diskutiert werden.

112

II. Akzentologie der slavischen Sprachen Tabellensatz 9.4: Beispiele der Akzentklassen in der kroatischen, serbischen und bosnischen Deklination (Notation: ’ gibt den kurz fallenden Tonakzent an, ` den kurzsteigenden, ˆ den langfallenden und ´ den langsteigenden Tonakzent.) 9.4a: Maskulina und Neutra Kasus

Maskulin.*a

Maskulin.*b

Maskulin.*c

Neutrum *a Neutrum *b Neutrum *c

Nom.Sg.

.r’ak

krâlj

grâd

môre

dlijèto

sèlo

Gen.Sg.

.r’aka

králja

grâda

môra

dlijèta

sèla

Dat.Sg.

.r’aku

králju

grâdu

môru

dlijètu

sèlu

Akk.Sg.

.r’aka

králja

grâd

môre

dlijèto

sèlo

Lok.Sg.

.r’aku

králju

grádu

môru

dlijètu

sèlu

Instr.Sg.

.r’akom

králjem

grâdom

môrem

dlijètom

sèlom

Nom.Pl.

.r’akovi

králjevi

gr’adovi

môra

dlijèta

s’ela

Gen.Pl.

.r’akōvā

králjēvā

gradóvā

môrā

dlijétā

sêlā

Akk.Sg.

.r’akove

králjeve

gr’adove

môra

dlijèta

s’ela

D=L=I.Sg.

.r’akovima

králjevima/ kraljèvima

gradòvima

môrima

dlijètima

s’elima

9.4b: Feminina und konsonantische Stämme Kasus

Fem. *a

Fem. *b

Fem. *c.1

Fem. *c.2

Kons. *a

Kons. *c

Nom.Sg.

.l’ipa

slúga

gòra

žèna

zn’anōst

nôć

Gen.Sg.

.l’ipē

slúgē

gòrē

žènē

zn’anōsti

n’oći

Dat.Sg.

l’ipi

slúgi/slúzi

gòri

žèni

zn’anōsti

n’oći

Akk.Sg.

l’ipu

slúgu

g’oru

žènu

zn’anōst

n’oć

Lok.Sg.

l’ipi

slúgi/slúzi

gòri

žèni

zn’anōsti

nòći

Instr.Sg.

l’ipōm

slúgōm

gòrōm

žènōm

zn’anōšću

n’oći, n’oću

Nom.Pl.

l’ipe

slúge

g’ore

ž’ene

zn’anōsti

n’oći

Gen.Pl.

lîpā

slúgā

górā

žénā

zn’anōstī

nóćī

Akk.Sg.

l’ipe

slúge

g’ore

ž’ene

zn’anōsti

n’oći

D=L=I.Sg.

l’ipama

slúgama

gòrama

žènama

zn’anōstima

nòćima

Tabelle 9.5: Kroatische, serbische und bosnische Konjugationsklassen (nach Auburger 1988, 142 usw. sind nur die ersten fünf Klassen produktiv) Klasse

Formantien

Stammtypus

Akzentklasse *a

Akzentklasse *b

Akzentklasse *c

1

-a : -ā-

-K-a-ti : -K-ā-m

gl’edati : gl’edām

bàcati : bàcām

mórati : môrām

2

-i- : -ī-

-K-i-ti : -K-ī-m

m’isliti : m’islīm

lòmiti : lòmīm

brániti : brânīm

3

-nu- : -nē-



d’ignuti : d’ignēm



víknuti : vîknēm

9. Melodischer Akzent (Flexion)

113

Tabelle 9.5: (Fortsetzung) Klasse

Formantien

Stammtypus

Akzentklasse *a

Akzentklasse *b

Akzentklasse *c

4

-o/e/i-va : -ujē

-K-o/e/i-va-ti : -K-uj-ē-m

vj’erovati vj’erujēm

prepisívati : prepìsujēm

kòvati : k’ujēm

5

-je ⫺ : -ī

Kje/lje/nje/Kre -ti : -K/l/n/Krī-m

v’idjeti : v’idīm

žívjeti : žívīm

vòljeti : v’olīm

6

-a- : -ī-

-Č-a-ti : -Č-ī-m



kríčati : kríčīm

d`ržati : d`ržīm : d’rži (Imper.)

7

-a- : -ē-

-K/r/j/lj/nj/v-ati : -Č/r/j/lj/nj/ v/vlj-ē-m

br’isati : br’šēm



písati : pîšēm

8

-s- . ē

-s-ti : -K ⫺ē-m

j’esti : j’edēm

c´rpsti : c´rpēm

gr’isti : grízēm

9

=:ē

-V-ći : č/ž/š-ē-m

str’ići : str’ižēm

vúći : vúčēm

p’eći : p’ečēm : p’ekao

10

-i/je/u- : -i/u-jē



š’iti : š’ijēm





11

-r/lj-ije/e : r/lj-ē

.⫺

mlj’et : m’eljēm



mrijèti : mrêm

12

-e/a/u : -nē

-e/a/u-ti : -m/n/nj-ēm

st’ati : st’anē

13

-u/a-va : -u/aj-ē-







kljùvati : klj’ujēm

14

Isolierte ⫺ unregelmäßige Verben

b’iti : b’udēm

-nísam

sj’eći: sjéčēm

péti : p’enjēm

In allen produktiven Klassen (d. h. in den Klassen 1⫺5) ist feste Stammbetonung am häufigsten vertreten. Die Regeln für die weitere Verteilung sind jedoch nicht so morphologisch und phonologisch transparent wie im heutigen Slovenischen (für die Details sei verwiesen auf die Aufzählungen von Matešić 1970 und Auburger 1988).

5. Fazit Die prosodischen Systeme des Slovenischen und des Kroatischen, Serbischen und Bosnischen sind Spiegelbilder voneinander: ⫺ Im Slovenischen ist der erste lexikalische Ton prosodisch dominant, im Kroatischen, Serbischen und Bosnischen dagegen der letzte Ton; ⫺ Im Slovenischen gilt bei langen Endungen ein dreimoriges Fenster, das für das Kroatische, Serbische und Bosnische keine Geltung hat; ⫺ Ohne Ton wird im Slovenischen die Endgrenze, im Kroatischen, Serbischen und Bosnischen die Anfangsgrenze betont. Das allgemeinslavische Erbe in den beiden Sprachen führt jedoch zu einem hohen Grad an Ähnlichkeit:

114

II. Akzentologie der slavischen Sprachen ⫺ in den beweglichen und konstanten Akzentparadigmen, die den gemeinsamen, tradierten Mustern folgen, ⫺ in der Unakzentuierbarkeit derselben Endungen (z. B. im Vergangenheitspartizip und im Supinum), ⫺ in den Längenmarkierungen bei den Endungen, die im Slovenischen zum Teil nur indirekt erscheinen, ⫺ in der morphologischen und phonologischen Beschränkung der Klassenzugehörigkeit bei den unproduktiven Klassen. Diese Merkmale sind es, die den westlichen südslavischen Sprachen ihren unschätzbaren Wert für die Erforschung der slavischen historischen Phonologie und Morphologie verleihen.

6. Literatur (in Auswahl) Auburger, Leopold (1988): Verbmorphologie der kroatischen Standardsprache. Heidelberg. Bethin, Ch. V. (1998): Slavic Prosody. Cambridge. Greenberg, Marc L. (2003): „Word Prosody in Slovene from a Typological Perspective“. // Sprachtypologie und Universalienforschung 56, 3. 234⫺251. Gvozdanović, Jadranka (1980): Tone and Accent in Serbo-Croatian (with a Synopsis of SerboCroatian Phonology). Vienna. Gvozdanović, Jadranka (1999): „South Slavic“. // Hulst, Harry van der (ed.). Word Prosodic Systems in the Languages of Europe. Berlin. 639⫺876. Kempgen, Sebastian (1989): Grammatik der russischen Verben. Wiesbaden. Lehiste, Ilse/Ivić, Pavle (1986): Word and Sentence Prosody in Serbocroatian. Cambridge. Lenček, Rado L. (1982): The Structure and History of the Slovene Language. Ohio. Matešić, Josip (1970): Der Wortakzent in der serbokroatischen Schriftsprache. Heidelberg. Pleteršnik, Maks (1894; Nachdruck 1974): Slovensko-nemški slovar. Ljubljana. Toporišič, Jože (1967) „Pojmovanje tonemičnosti slovenskega jezika“. // Slavistična revija 15. 1⫺ 2, 64⫺108. Zaliznjak, A. A. (1985): Ot praslavjanskoj akcentuacii k russkoj. Moskva.

Jadranka Gvozdanović, Heidelberg (Deutschland)

10. Sentence and Phrase Intonation

10. Sentence and Phrase Intonation 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Introduction The Domain of Intonation The Components of Intonation The Function and Meaning of Intonation The Phonetics and Phonology of Intonation Examples Gaps and Challenges Literature (selected)

Abstract Based on Russian, the state of intonological research is discussed in historical perspective and with reference to Western theories. The following main phenomena are covered in some detail: intonational phrasing, pitch, and intensity. It is shown that a critical dilemma enters into every aspect of intonology: how to analyze an essentially spoken phenomenon characteristic of informal spontaneous speech resorting to formal, syntax-based categories, and often using samples belonging to formal speech prepared in laboratory conditions. The problem of intonational meaning is discussed, mainly to exemplify the difficulties associated with the usual form-meaning mapping when applied to intonation. The fundamental question of the relationship between phonetics and phonology in intonology remains as a key theoretical question. The chapter concludes with possible analyses of several sample graphs, pointing out alternative solutions and their dependence on intonological frameworks that have yet to be established.

1. Introduction The three basic issues commonly distinguished in the study of Slavic intonation are melody, intensity/stress, and phrasing mechanisms. This article will be concerned primarily with these issues. Additional segmental, suprasegmental, and phonation-based features are also sometimes considered as part of intonation. Although references to some features of the intonation of Slavic languages have regularly been made in acting manuals and sometimes in the analysis of poetry, a systematic study of the intonation of Slavic languages began for the practical reason of teaching these languages to foreign students. In the mid-1950s, more theoretical issues began to attract the attention of linguists throughout the Slavic world, most of the work being language-specific, or comparing two Slavic languages. Exceptions to this were Nikolaeva’s 1969 and 1977 monographs covering most of the Slavic languages; the latter work, in particular, using framework-internal parameters, describes a host of cross-Slavic as well as language-specific intonational features (see Nikolaeva (1977, 267⫺276) also for an extensive bibliography on Slavic intonational research up to the mid-1970s). With the advent of easily accessible technology, which has created

115

116

II. Akzentologie der slavischen Sprachen a somewhat exaggerated sense of scientific objectivity, interest in Slavic intonation continues to grow. In this article, the empirical focus is on the Russian material while more general issues are also covered.

2. The Domain of Intonation Intonation belongs to the sound structure of utterances, and these may range in size from one phonological word (fonetičeskoe slovo) to groups of several. Strictly speaking, even the so-called “citation intonation” of a word uttered as an isolated lexical token constitutes an utterance, and as such is subject to the rules of utterance intonation. Influenced by syntax, notions of “sentence intonation” or “phrase intonation” in Slavic languages came to be defined in a close parallel to syntactic structure. The parallel is, however, misleading, as can be seen from the fact that identical segmental material is segmented into syntagms differently depending on whether it is produced spontaneously or deliberately: the spontaneous production results in a greater number of phrases (cf. Svetozarova 1988, 147). Two intermediate domains longer than a phonological word but shorter than a sentence/utterance have been recognized in Russian: a “syntagm” and a “measure” (takt). “Syntagms” were proposed by Ščerba (1953, 80⫺81), who defined them as the simplest intonational units exhibiting syntactic, semantic and phonetic coherence. Koževnikova (1970, 32⫺33) and Rozanova (1983, 8⫺9) have shown that syntactic/semantic boundaries tend to, yet frequently do not coincide with intonational ones. Čeremisina (1982, 86) assesses the size of a possible syntagm as between one and seven phonological words, on the average 1⫺2 words in informal Russian and 2⫺3 words in the full register of spoken language. Svetozarova’s (1988, 148) figures are comparable. As numerous authors have pointed out, syntactic/semantic factors play a large role in delimiting a syntagm, as seen from the low eligibility of certain lexical classes (e.g. pronouns, auxiliaries, numerals, the copula, and most adjectives; note the close parallel of these classes to the list of typically deaccented lexical classes proposed by Mathesius 1947, 267) to form a syntagm all by themselves, or, conversely, the predisposition of certain discourse-semantically defined classes (e.g. parentheticals, vocatives, list members, and contrasted items) to form separate syntagms. The fact that syntagmatic boundaries do not require an objectively “visible” phonetic pause complicates the situation. A syntagm in colloquial Russian consists of one or more measures. The largest intonational domain usually considered is an utterance, which may consist of one or more syntagms. This is true, however, only in planned, formal speech, and not in informal spontaneous communication. In the former, an utterance ends in the phonetic equivalents of “.”, “?”, or “!”, whereas in the latter, identification of boundaries of a multisyntagmatic utterance has been notoriously difficult. Evidently, in colloquial language, an entirely different approach to intonational domains remains to be developed.

3. The Components of Intonation The hearer’s perception of intonation results from several independent phonetic variables. The main components of intonation are speech melody and intensity, for which

10. Sentence and Phrase Intonation there is ample evidence of a phonological structure at work. In addition to these, some scholars study length, rhythm, tempo, as well as certain segmental and suprasegmental features, which are employed in intonation in a non-phonological paralinguistic fashion.

3.1. Intensity/Stress Acoustically, intensity correlates with the amplitude of sound waves, while in terms of articulation it results from an interaction of articulatory organs leading to their increased tension. The average amplitude in normal speech ranges between 40 and 80 dB, and it universally decreases towards the end of an utterance. Low vowels are known to be several dB higher than high vowels (Lehiste 1970, 120 ff.). Increased amplitude often correlates with the lengthening of the syllable on which it falls. In the Slavic tradition, the word ‘stress’ is commonly used when describing the local effects of increased tension and amplitude on the sound shape of words and larger utterance units. Stress is a feature marking various chunks of segmental material, which can be and often have been defined with reference to it. A stress-based definition of a measure is provided by Rozanova (1983, 7) as a group of syllables with only one full lexical stress. While a phonological word consists at most of proclitics and/or enclitics flanking one fully stressed word, a measure can in addition include weakly stressed words, which are phonetically distinguished from clitics by the absence of vowel reduction. Notably, measures have been proposed only for colloquial Russian and not for the full register of spoken Russian, in which only fully-stressed words and clitics are generally recognized. Syntagmatic stress is the main feature delimiting the boundaries of a syntagm. Čeremisina’s and Svetozarova’s claims cited in section 2 regarding the average length of a syntagm fall within the range of Rozanova’s formal calculations (1983, 14), according to which, in 86% of the cases, the number of syllables between two adjacent stresses in colloquial Russian ranges between one and three. Rozanova (1983, 11⫺29) has argued that, in colloquial Russian, the accentual properties of content words are regulated by the interaction of two factors: the rhythm (i. e. the metrical properties of stress placement) and the cognitive status of the lexical components. The force of the metrical regularity is such that the accentuation of lexical items is adjusted so as to avoid both two adjacent stresses and stressless sequences longer than three syllables in a row. This is achieved through deaccentuation, vowel reduction and contractions (Rozanova 1983, 43⫺49). In Davaj kofemolku kupim / desjat’ rublej ona stoit ‘Let’s buy the coffeegrinder / it costs ten rubles’, Rozanova (1983, 24) marks davaj ‘let’s’, kofemolku ‘coffeegrinder’, kupim ‘buy’, and rublej ‘rubles’ as stressed, and ona stoit ‘it costs’ as unstressed, providing for the last two words a transcription of [nəstət] (no stress is indicated on desjat’ ‘ten’). In a full register these last two words would consist of four syllables [aná stóit], with two adjacent stressed syllables, and this would violate the metrical rule she suggests. While it is possible to reduce these four syllables to two for the sake of keeping the rhythm optimal, the obligatory syntagmatic stress on rublej ‘rubles’ is not removable, since this stress results from the discourse-cognitive status of this item, which exempts it from a metrically-conditioned deaccentuation.

117

118

II. Akzentologie der slavischen Sprachen The position of the so-called syntagmatic stress in Russian syntagms has been controversial. While some sweeping statements exist (e.g. Kasevič/Sabel’nikova/Rybin 1990, 102⫺103) maintaining that syntagmatic stress overlaps with the last lexical stress in a given utterance with nearly 100% probability, the actual picture is considerably subtler. Čeremisina (1982, 92) has found that in colloquial Russian syntagmatic stress falls on a non-final word in about half of all syntagms (as opposed to 10⫺25% for prose or poetic texts). The explanation for the great discrepancy in such accounts probably arises from different samples, since, as pointed out by Ščerba (1953, 81), the syntagm-final position of syntagmatic stress is normative and occurs in unaffected speech. Thus, in the formal Kogda byla zima ‘lit. when was winter’, the syntagmatic stress falls on the last word, but in the informal Kogda zima byla ‘lit. when winter was’, it falls on the penultimate word. Ščerba’s claim that the position of the syntagmatic stress in Russian depends on the speech mode (register) is consistent with that of Yokoyama (2001, 13), concerning the speech mode difference between the so-called neutral and non-neutral utterance intonations. The terms “sentential stress”, “logical stress”, “emphatic stress”, or “accentual prominence” have been used with reference to the main stress of an utterance which prosodically marks so-called new and/or unpredictable information items. Other discourse-semantic categories (e.g. contrastive themes; cf. Nikolaeva 1982, 33 ff.) have also occasionally been referred to using these terms, and when it comes to empirical decisions, there is considerable disagreement about the assignment of the main stress in any actual utterance. This stress, like the non-syntagm-final syntagmatic stress, is a feature of the informal proximal speech mode in Russian, and Yokoyama (1986, 182 ff.) suggests that it does not occur in the distant formal register. Svetozarova (1982, 113⫺ 115) provides some important characteristics of sentential stress: there is never more than one such stress per sentence; controlled experiments show that sentences with sentential stress are unnatural when the stress falls on the last word; and auditors refuse to locate sentential stress in synthesized utterances unless the stress is accompanied by a melodic change. So-called “phrasal stress” is another frequently mentioned term in Russian intonology. It is said to occur utterance-finally, i. e. in a spot where, rather counterintuitively, amplitude is at its lowest level. In all likelihood, the phonological event referred to by this term is comprised of the movement of the melody rather than an increase in amplitude; we return to it in 3.2. Amplitude is also used to single out certain items in an utterance, either by saying them extra loudly or by saying them extra quietly. It may mark chunks of any utterance as emphatic or, conversely, parenthetical. An increase in amplitude tends to be accompanied by melodic movement and a slower tempo, while the opposite is true for low amplitude material.

3.2. Speech Melody The acoustic correlate of speech melody is the change in time of the fundamental frequency (Fo), the lowest component of the sound spectrum, measured in Hz (the average Fo for men is about 130 Hz, for women 100 Hz higher, and for children 50 Hz higher than for women). In articulatory terms, melody is produced by the vibrations

10. Sentence and Phrase Intonation of the vocal cords and involves the interaction of physical, anatomical, and physiological factors. Linguistically relevant changes in Fo are local and relative within the utterance, e.g. the pitch change in the vicinity of the (syntagmatically) stressed first vowel in Zavtra? ‘Tomorrow?’ is what accounts for the interrogative meaning of what would be a statement or an exclamation, with a different direction of pitch. A rise or fall of one Hz in sequence within the bounds of a single utterance may constitute a perceptible and meaningful intonational change. Not all Fo shifts are phonologically significant. The vowel onset following a voiceless stop is always higher, resulting in a slight Fo curve on the graph, but this cross-linguistic melody change is not perceived as intonationally significant. It is also known that pitch is ⫺ perhaps universally ⫺ raised when the speaker intends to be polite, but this change in pitch is not local and is intonologically irrelevant. Likewise linguistically irrelevant are the differences in absolute values of pitch based on sex or age. The declination of all pitch towards the end of an utterance is another language-universal phenomenon that affects the absolute value of Fo readings without affecting the intonational meaning. The direction of the pitch can locally change upward or downward, or the level can stay the same for some stretch of the utterance. The most obvious tone movements tend to be tied to fully stressed syllables, but unstressed syllables can carry significant tones as well. In the declarative Zavtra. ‘Tomorrow.’ and the interrogative Zavtra? ‘Tomorrow?’, the difference between a falling and a rising tone of the stressed first syllable is quite striking and the meaning is clearly different. But a more subtle difference between a categorical finality and an unassertive open-ended answer in the otherwise equally declarative Zavtra. (with its falling tone on the first stressed syllable) is also linguistically significant, and this difference arises from a low and a high tone, respectively, on the unstressed second syllable, i. e. at the utterance end (“boundary tone”). A rising tone on the first syllable can also occur in combination with either a low or a high boundary tone, producing different meanings. Pitch movement associated with the stressed syllable is thus independent of that at the utterance end (although the two overlap in utterances ending in a lexically stressed syllable). Evidently, low boundary tone marking the end of a declarative statement has traditionally been understood in terms of amplitude/intensity and hence called “phrasal stress” (cf. sec. 3.1). In languages with lexical pitch accent, such as Serbian, there is an additional complication arising from the interaction between lexical and post-lexical, i. e. phrase-level pitch (Lehiste/Ivić 1984, 235⫺237).

3.3. Other Intonational Components Among other components of intonation known to affect the meaning of an utterance are rhythm, tempo, length, and certain segmental and suprasegmental features. Greater tempo, apart from its emotive significance, is known to correlate with parenthetical expressions, while the end of utterances is known to be marked with a slight slowing down of the tempo. Intonational lengthening usually accompanies other forms of prosodic prominence, with the added stretch of the segmental material making it possible to better discern the changes in the pitch or stress. Along with segmental and suprasegmental features, length also correlates with affect. Notably, emphatic lengthening in colloquial Russian utterances is realized not only in vocalic segments, where it is known

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II. Akzentologie der slavischen Sprachen to produce lengthened and/or diphthongized vowels (e.g., [uočin’] ‘very’) in female speech, but also in consonantal segments (e.g., d-d-d-ur-r-r-ak! ‘fool!’) in male speech (Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 106⫺107), while at the same time correlating with marked intonation. Another well-known case is the incorporation of the glottal stop into the pattern known as “intonational construction 7” (Bryzgunova 1980, 119). Articulatory features such as nasalization or labialization are known to apply (autosegmentally) in colloquial speech (Barinova 1973, 132⫺150) and they have been incorporated, along with creaky voice and other timbre variations, into a description of Russian intonation patterns by Kodzasov (1996, 103 ff.). Most of these features, though semiotically significant, are paralinguistic, which distinguishes them from stress and tone.

4. The Function and Meaning of Intonation Intonation is physically tangible, and the message it conveys is in most cases unambiguously decoded by the receiving party. Its contribution to the utterance meaning is nevertheless notoriously difficult to isolate from the semantic contribution of the segmental material. Daneš (1960, 34⫺54) saw the primary functions of Slavic intonation as utterance-forming and topic-comment articulation; its secondary functions, which he called modal, included distinguishing speech acts and expressing emotions. Daneš’s primary functions concern the boundary tones and the sentential stress, while his secondary functions are encoded in various melodic contours and paralinguistic means. To this basically valid list one may add the pragmatic function of characterizing the discourse situation (e.g. the interlocutor distance, as suggested in Yokoyama 2001, 8) and the speaker’s gender identity (e.g. the gendered use of intonation described in Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 108⫺109) An explicit theory of intonational meaning must define both the meaning and its linguistic manifestation. Both tasks are difficult. Even though it is unequivocal that the meaning difference between, say, Zavtra? ‘Tomorrow?’ and Zavtra. ‘Tomorrow.’ is that of question vs. statement, and that this is tied to the rising vs. falling tone on the stressed syllable, it is impossible to conclude that interrogatory meaning in Russian is uniquely associated with a rising tone on the stressed syllable of the word on which a Yes-No question is focused. A polite question Pridet li ona zavtra? ‘Will she come tomorrow?’ can be naturally uttered with a falling tone on the stressed syllable of zavtra ‘tomorrow’, and Ėto kogda? ‘When is it?’ is perfectly natural with a falling intonation on the utterance-final Wh-word. A one-to-one correspondence between a rising tone and what appears to be the fairly basic discourse meaning of interrogation is clearly impossible. Moreover, if Zavtra? ‘Tomorrow?’ with a low post-stress is a plain (“first instance”) Yes-No question, Zavtra? ‘Tomorrow?’ with a high post-pitch is an echo (“second instance”) Yes-No question (i. e. Did you say tomorrow?). Would the intonational “lexicon” then have to “gloss” the two composite tones (i. e., the sequence of “rising tone on the stressed syllable of the focus” C “low post-stress tone” and the sequence of “rising tone on the stressed syllable of the focus” C “high post-stress tone”) as two separate “lexical entries”, or should the meaning difference between the first instance and the second instance questions be somehow derived from the combi-

10. Sentence and Phrase Intonation nation of the meanings of the rising syntagmatic stress and the post-stress tones? And finally, how are pragmatic meanings like those just seen to be described when we don’t yet have a rigorous theory of pragmatic meanings to make use of? This is just a small fraction of the questions facing research on Slavic (and not only Slavic) intonation. Much of the existing work on Russian intonation has been devoted to the isolation and description of intonational curve types, accompanied by the identification of their usage and meaning. The curves are identified on the basis of instrumental and/or introspective observations of pitch changes in time, as well as stress, and, occasionally, some other features. Among the well articulated proposals are those by Nikolaeva (1977, 81⫺100), Čeremisina (1982, 137⫺152), Odé (1989, 46 ff.), and, especially, Bryzgunova (1980, 96⫺122). The number of basic intonational configurations varies between four and 13, and some systems allow transitional modifications. The more theoreticallyoriented approach by Nikolaeva is expressly tentative and open-ended in spirit; Čeremisina’s “melodic structures” are composed of two or more “melodemes”, and are oriented towards orthoepic reading; Bryzgunova’s configurations parallel the classical British division into the nucleus and pre-/post-nuclear components; Odé’s description is based on perceptually significant results of an instrumental analysis of a sample of empirical material. Kodzasov (1996, 87 ff.) presents an essentially unconstrained open set of intonational configurations, which includes some previously unreported intonational distinctions. The linguistic manifestations of meaning in the form-meaning pairs in these descriptions are complex, consisting of what amounts to composite tones like those of “rising tone on the stressed syllable of the focus” C “low post-stress tone” (though not in those exact terms). The meaning definitions range from relatively abstract (e.g. “list”) to being simply represented by utterance examples. The principled questions of the units composing the “lexical entries” of the “intonational lexicon” or of the level of abstraction of the definitions await serious attention.

5. The Phonetics and Phonology of Intonation Although the phonological status of intonation was recognized already by Trubetzkoy and Hjelmslev, the concept of intonational phonology in Russian has been accepted only to the extent of a general admission about the existence of minimal utterance pairs with identical lexical/segmental material, their meaning distinguished solely by intonation (a point well illustrated on intonational minimal pairs by Bryzgunova 1980, 97 ff.). The basic phonological stance that what we register and rely upon in decoding intonational meaning is not the absolute, measurable phonetic values but the phonological events that underlie and cause them has figured in the work of only one student of Russian intonation (cf. Yokoyama 1986, 181 ff., 2001, 5⫺19). More specifically, the concept of an abstract inventory of tones, of underlying phonological (tonological) structure, and of derivational rules and processes that connect it to the phonetic output is virtually nonexistent among studies of Slavic intonation. Focusing essentially on the “intonational lexicon”, existing descriptions of Russian intonation have produced an unconstrained set of ‘melodemes’, or ‘intonational constructions’ and their transitional variants. This alone should suggest that such units are contextually generated “allophonic” phonetic products of simpler and smaller pho-

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122

II. Akzentologie der slavischen Sprachen nemic/tonemic units. Similarly, researchers’ consensus that what is significant in intonation is not the absolute value of its various acoustic parameters but their relative local value essentially amounts to assuming the binary status of local oppositions in intonation: High vs. Low, [C Stress] vs. [⫺ Stress], etc. These may well be the minimal basic oppositions involved in tonological structures. As is evident from the facts discussed in 2, the phrasing mechanisms of colloquial Russian provide strong empirical evidence for the existence of intonational phonology with its own prosodic structure and mapping mechanisms. Beginning with Peškovskij (1938, 70), scholars have noted the dependence of “visible” intonational curves on the extent of the segmental material over which these curves are realized: what is perceived as the same intonation “looks” different because the segmental material is different. This is essentially an autosegmental insight to intonation, steadily developed in the West since Liberman 1975, suggesting that the material has been ripe for reanalysis in terms of non-linear phonology for quite some time.

6. Examples The graphs examined here illustrate the salient points made in 2⫺5. The discussion is articulated broadly in autosegmental terms, although it is geared away from purely theoretical or theory-internal issues. For more examples (and a less open-ended analysis), cf. Yokoyama (2001, 5⫺16) and (2003, 103⫺113). The sources of the sound files are given below each graph, and the analysis was performed by the author using PCquirer. Vowels and some sonorant consonants marked in the graphs follow a broad phonetic transcription. The utterance in graph 10.1 belongs to the official register of a radio announcer.

Fig. 10.1: Bryzgunova 1984, tape, illustr. No. 4

10. Sentence and Phrase Intonation 10.1: Govorit Moskva. speaks M. ‘This is Moscow.’ Of the three syllables which have clearly prominent pitch movements associated with them in 10.1, the first and the third ones are stressed. The first one has rising pitch and the second one falling pitch. The utterance consists of two measures constituting a single syntagm, and the second stress would be called both syntagmatic and phrasal. The slight upward curve at the end of the third curve suggests a high boundary tone, due probably to the incompleteness built into the formulaic continuation of this phrase: “Moscow time is …”. The pretonic syllable of Moskva has a rising curve (at least part of which is probably due to a phonetic increase in Fo when a nasal goes on to a vowel). In the Russian tradition, this anticipatory updrift is called zanos 'drift', an automatic high or rising pretonic pitch preceding a falling or low tone on the stressed syllable. The pretonic portion of the first measure is basically low and flat. The rising curve on the first measure must be caused by some upward push; otherwise, left to physiology alone, the pitch would simply decline after the initial level. The push in this case may come from a bitonal L(ow) H(igh) toneme or a single H toneme preceded by an L toneme that generates the pretonic low pitch. If the inventory of Russian intonemes can be shown to contain bitonal tonemes like LH and HL, then the curves in 10.1 are motivated by a sequence of LH LH HL. A monotonal H toneme must be posited to account for the utterance-final upward curve (and, possibly, an L must be posited before it, which is “invisible” due to the absence of post-tonic syllables in Moskva). If, on the other hand, no bitonal tonemes are posited for Russian, the curves may be generated automatically by interpolation between the tonemes. The rising curves would then be generated by implementation rules producing a graduated increase in Fo towards the target H tonemes. The difference in the absolute values of the peak H and the valley L result from the normal declination. Because pitch movements are to be viewed locally, the fact that the readout of the utterance-final H boundary tone is lower than the utterance-initial L boundary tone is of no phonological significance. Since the zanos appears to be an obligatory accompaniment to the following falling tone, it may not be an intonational event resulting from an intonational choice. In such a case, it is not motivated by a toneme, and thus the utterance contains only two tonemically generated pitch movements. Ultimately, the tonemic structure of 10.1 is to be determined within the whole phonological system of Russian intonation. The next utterance is taken from a mother’s story told to her small child. 10.2: A utrom prišla vesna i vse rastajalo. and morning came spring and all melted ‘And in the morning, spring came and everything melted.’ This utterance consists of two syntagms that have very similar tonemic structure. The juncture between the two has no pause, the last vowel a of the first syntagm continuing into the conjunction i. The first syntagm consists of three measures distinguished by the pitch curves on their respective stressed vowels, two rising ones and one falling one. The would-be zanos before na was not registered, but the third curve is almost flat, suggesting a single L toneme on na, rather than a bitonal HL. The second syntagm

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II. Akzentologie der slavischen Sprachen

Fig. 10.2: Sappok and Bondarko 1994, tape for p. 34

has two measures, very much like the utterance in 10.1. The pitch in the first and second measures of the first syntagm and in the first measure of the second syntagm suggests LH rather than H tonemes; this is especially so in the second measure: if it was motivated by a single H, the interpolational sagging between it and the preceding H would not sink as low as the starting point of the second rising curve. The analysis of the two syntagm boundaries involves many assumptions that need to be substantiated. The following utterances are laboratory produced versions of spontaneous exclamatory intonation, the second one with distinct lyrical overtones. 10.3: Smotrite! List’ja uže poželteli! look leaves already yellowed ‘Look! The leaves have already turned yellow!’ These two utterances are separated by a pause. The clear and long rise in the zanos of the first utterance suggests an intonational choice rather than an automatic anticipatory high pitch. If the pitch of the tonic syllable of the first utterance was generated by a single L, the decreasing slope would be unlikely. These considerations suggest an underlying structure LH HL L, the last single L tone being the boundary tone. The second utterance is monosyntagmatic, although it probably would be analyzed as having two measures. (The number of intervening syllables between the first and the last stressed is five, too long compared to the optimal three, but this is not exactly spontaneous speech, and a stretch of five syllables still falls within the admissible range.) The picture of the second utterance is very different from what was seen in 10.1 and 10.2. The only prominent pitch movement is seen on the stressed syllable of the first measure. It is rising or possibly rising-falling, and must be motivated either by a bitonal LH, a tritonal LHL, or a monotonal H preceded by a single utterance-initial L. The motivation of the rest of the syntagm must be different from that which brings about a turning

10. Sentence and Phrase Intonation

Fig. 10.3: Bryzgunova 1984, tape, illustr. No. 2

point in the Fo , since the pitch in the remainder of the utterance is suspended halfway in the speaker’s voice range, descending very gradually towards the end. Clearly tonemes that sustain this level for at least three syllables and that determine the height of the pitch at the boundary must be involved. (Note that a sustaining toneme may be present even when there is no segmental material to be mapped onto as in Moskva in 10.2; the question must be solved within the whole system.) Taking into account the effects of declination, the sustaining toneme in this case is likely to be H. The stressed syllable e of the second measure (at 2700 ms) may result from a falling HL or a single L; in the latter case, the downward curve is generated by implementation rules. The boundary tone has produced pitch that is considerably higher than that produced by the low boundary tone of the first utterance. This can be accounted for in two ways. If the second measure is not motivated by an HL or L toneme of its own, on the stressed vowel e, then the downward move on it may result from an L boundary tone associated with the last syllable i, which in turn undergoes surface uplifting by the preceding sustaining H tone. If the second measure’s downward curve on e is motivated by an independent toneme, then the boundary tone on the following syllable may be analyzable as H, its phonetic realization having undergone the effects of the preceding L and of declination. The ultimate answer again depends on the overall intonational system, including semantic considerations. What is already clear and important here, however, is the occurrence of the main stress on the first measure of the second utterance, followed by an absence of prominence in the rest of the segmental material. In utterances with this type of intonational structure, the main stress is associated with the lexical item representing informationally marked material (cf. 49), and this item tends to avoid utterance-final positions (cf. 3.1). This intonation type is associated with a proximal rather than a distant mode of communication. The last example is again from the official register of a radio announcer:

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II. Akzentologie der slavischen Sprachen 10.4: Snabženie mirovogo xozjajstva ėnergiej stanovitsja vse bolee trudnym supplying world economy with-energy becomes all more hard i dorogostojaščim. and costly.’ ‘Supplying the world economy with energy has become more difficult and costly.’

Fig. 10.4: Bryzgunova 1984, tape, illustr. No. 4

This is an utterance of three syntagms. Two features stand out in this graph. First, there are rising curves at the end of the first and second syntagm (at 2200 ms and 4600 ms, resp.), realized on the stressed syllable of the last word of each syntagm. The rises are followed by falls, the first syntagm-final fall being especially clear. As in 10.1⫺10.3, the rises must be motivated by LH or H tonemes. The falls suggest an L boundary tone, which is somewhat counterintuitive, given that the boundaries are intermediate. This is yet another question that remains to be solved only within the system as a whole. The other striking feature of this utterance consists in the “hills” realized on the fully stressed words in the first two syntagms: the second and the third “hill” in the first syntagm (at 1100 ms and 1600 ms, resp.) look like progressively compressed copies of the first “hill” (at 400 ms), and the second “hill” (at 3900 ms) in the second syntagm looks like a mini-copy of the fist “hill” of that syntagm (the perturbation near the first peak of the second syntagm is dismissible due to the intervening sonorant v). Examination of other long utterances of the same register ⫺ both declarative and interrogatory ⫺ indicate that this is a pattern regularly occurring in this official announcing style. The dependence of this pattern on a particular speech mode rather than on a speech act suggests that this is part of a formula that has its own pragmatic meaning, and that the speaker chooses it in an appropriate setting. The downstepping hills must be motivated by a series of recurring LH tonemes (a series of recurring H tonemes with the sagging generated by interpolation is unlikely for the reason suggested above for motivating the bitonal tonemes for rising curves in 10.2). If we indicate them by

10. Sentence and Phrase Intonation [LH]n, where n is the number of non-final measures, the first syntagm can be phonemically represented as [LH]3 LH L, and a multisyntagmatic utterance in this register would consist of a series of syntagms represented in this way. The result is this familiar recursive monotony that distinguishes planned deliveries of this register. Note that downstepping rising curves characterize the mother’s narrative intonation in 10.2 as well. This formula may well qualify as an entry in the Russian intonational “lexicon”, its meaning including “formal register” and possibly other meanings to be determined after all its usages are established.

7. Gaps and Challenges Intonation is one of the youngest areas of Slavic linguistics, and as such is one of the most rewarding subjects to address. Like any young field, however, it abounds in terminological confusion reflecting conceptual problems, it suffers from prejudicial analogies to better established areas, and research on it is hampered by its very nature ⫺ the fact that most natural intonation does not occur in laboratory speech but in spontaneous speech produced amidst noise, interruptions and overlaps in syntactic structures not quite similar to those traditionally examined in syntax. But even with the intonation of laboratory speech, problems arise already at the ostensibly trivial yet indispensable level of phonetic transcription. Since a prerequisite for a coherent phonetic transcription is a conceptualization of the larger picture, which, in the case of intonation, is only beginning to be painted, neither the inventory of the objects of transcription nor the levels of precision of intonational transcription have yet been agreed upon for Slavic languages. (In this respect, it is hoped that Odé’s forthcoming transcription of Russian intonation will help fill this gap; cf. Odé 2003, 279 ff.). At this point, however, the greatest gap and challenge for a theoretically sound analysis of the intonation of Slavic languages is the near-absence of theoretical work that addresses the phonology of intonation. The phenomenal impetus provided since the appearance thirty years ago of work by Liberman, Bruce, Pierrehumbert and Ladd has been virtually ignored by Slavic intonologists. At the present stage of intonational research in Slavic, the challenging task of the linguist is to continue tackling the wealth of material across Slavic languages, dialects, and registers, analyzing and describing it in ways informed by the general state of the field of intonology.

8. Literature (selected) Barinova, G. A. (1973): “Nekotorye osobennosti intonacii russkoj razgovornoj reči”. // E. A. Zemskaja (red.). Russkaja razgovornaja reč’. Moskva. 129⫺150. Bryzgunova, E. A. (1980): “Intonacija”. // N. Ju. Švedova et al. (red.). Russkaja grammatika. v. 1, Moskva. 96⫺122. Bryzgunova, E. A. (1984): Ėmocional’no-stilističeskie različija zvučaščej reči. Moskva. Čeremisina, N. V. (1982): Russkaja intonacija: poėzija, proza, razgovornaja reč’. Moskva. Daneš, František (1960): “Sentence intonation from functional point of view”. Word 16.1. 35⫺54. Kasevič, V. B./Sabel’nikova, E. M./Rybin, V. V. (1990): Udarenie i ton v jazyke i rečevoj dejatel’nosti. Leningrad.

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II. Akzentologie der slavischen Sprachen Kodzasov, S. V. (1991): “Urovni, edinicy i processy v intonacii”. // Problemy fonetiki 3: 197⫺216. Kodzasov, S. V. (1996): “Kombinatornaja model' frazovoj prosodii”. // Nikolaeva, T. M. (red.). Prosodičeskij stroj russkoj reči. Moskva. 85⫺123. Koževnikova, Kveta (1970): Spontannaja ustnaja reč’ v ėpičeskoj proze. Praha. Lehiste, Ilse (1970): Suprasegmentals. Cambridge, MA. Lehiste, Ilse/Pavle Ivić (1984): Word and Sentence Prosody in Serbocroatian. Cambridge, MA/ London. Liberman, M. (1975): The Intonation system of English. Ph. D. Dissertation. MIT. Mathesius, Vilém (1947): “Zesilení a zdoraznéní jako jevy jazykové”. // Čeština a obecný jazykozpyt. Praha. Nikolaeva, T. M. (1969): Intonacija složnogo predloženija v slavjanskix jazykax. Moskva. Nikolaeva, T. M. (1977): Frazovaja intonacija slavjanskix jazykov. Moskva. Nikolaeva, T. M. (1982): Semantika akcentnogo vydelenija. Moskva. Odé, Cecilia (1989): Russian Intonation: A Perceptual Description. Amsterdam/Atlanta, GA. Odé, Cecilia (2003): “Description and Transcription of Russian Intonation (ToRI)”. // Schaeken, J./Houtzagers, P./Kalsbeek, J. (eds.). Dutch Contributions to the XIII th International Congress of Slavists. Amsterdam. 279⫺288. Peškovskij, A. M. (1938) [1914]: Russkij sintaksis v naučnom osveščenii. Moskva. Rozanova, N. N. (1983): “Supersegmentnaja fonetika”. // Zemskaja, E. A. (red.), Russkaja razgovornaja reč’: fonetika, morfologija, leksika, žest. Moskva. 5⫺79. Rozanova, N. N. (1996): “Fonetika razgovornoj reči. Vzaimodejstvie segmentnyx i supersegmentnyx edinic”. // Šmelev, D. N./Glovinskaja, M. Ja. (red.). Russkij jazyk v ego funkcionirovanii. Moskva. 23⫺53. Sappok, Christian/Bondarko, L. V. (1994): “Reč’ russkogo rebenka”. // Bjulleten’ fonetičeskogo fonda russkogo jazyka. Priloženie (4): Fonetičeskij fond russkogo jazyka. Bochum/St. Petersburg. Ščerba, L. V. (1953) [1937]: Fonetika francuzskogo jazyka. Moskva. Svetozarova, N. D. (1982): Intonacionnaja sistema russkogo jazyka. Leningrad. Svetozarova, N. D. (1988): “Udarenie i intonacija v spontannoj reči”. // Svetozarova, N. D. (red.). Fonetika spontannoj reči. Leningrad. 140⫺195. Yokoyama, Olga T. (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam. Yokoyama, Olga T. (2001): “Neutral and non-neutral intonation in Russian: a reinterpretation of the IK system”. // Die Welt der Slaven XLVI.1. 1⫺26. Yokoyama, Olga T. (2003): “Nejtral’naja i nenejtral’naja intonacija v russkom jazyke: avtosegmentnaja interpretacija sistemy intonacionnyx konstrukcij”. // Voprosy jazykoznanija 5: 99⫺ 122. Zemskaja, E. A./Kitajgorodskaja, M. V./Rozanova, N. N. (1993): Osobennosti mužskoj i ženskoj reči. // Zemskaja, E. A./Šmelev, D. N. (red.), Russkij jazyk v ego funkcionirovanii. Moskva. 90⫺136.

Olga T. Yokoyama, Los Angeles (USA)

III. Die Morphologie des slavischen Nomens 11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Kasus und Präpositionalgefüge Synthetismus und Analytismus beim Graduierungsverfahren Zahlwörter und Zahlwortsyntagmen Der Infinitiv und der Imperativ Die Tempora in den slavischen Sprachen Fazit: sprachtypologische Bemerkungen über Morphologie und Syntax Literatur (in Auswahl)

Abstract The article discusses developments towards greater analyticity in case systems, comparison, numeral phrases, non-finite and modal forms, and tense systems, paying attention to syntactic compensation for the loss of morphology. These developments fit into a typologically coherent picture and contribute towards a typological differentiation of the Slavic area into North and South, and within each of these into West and East. Southeast Slavic has most analytic features in the nominal morphology and most synthetic features in the verbal morphology, thereby differing greatly from North Slavic, with least analytic features in the nominal morphology and most of them in the verbal morphology. Southwest Slavic is a transitional area between these extremes. The main focus of the article is on the principles underlying these developments.

Die Entwicklung von Synthetismus zu Analytismus gehört zu den aktuellen Tendenzen der Entwicklung der slavischen Sprachen, obwohl dies weder die einzige noch eine einheitliche Tendenz ist. Im Nachfolgenden werde ich auf die allgemeinen Prinzipien hinweisen, die diese Entwicklung beeinflussen, jedoch in unterschiedlichen Sprachen zu unterschiedlichen Auswirkungen führen. Gemeinsam für alle Entwicklungen in Richtung auf Analytismus ist eine Schwerpunktverschiebung von der Morphologie auf die Syntax, wobei das Wortgefüge zum primären Träger von grammatischen Merkmalen wird. Die Entwicklung zu größerem Analytismus betrifft die südöstlichen slavischen Sprachen in stärkerem Maße als die restlichen slavischen Sprachen. Diese südöstliche, primär bulgarische, mazedonische und östlich-serbische Entwicklung wurde durch Sprachkontakte mit dem Griechischen und später dem Türkischen hervorgerufen und akzeleriert. Es ist eine alte Entwicklung, die viel weiter in den syntaktischen Bereich hineinreicht als die wesentlich beschränkteren Entwicklungen in den anderen slavischen Sprachen.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens

1. Kasus und Präpositionalgefüge Kasus ist eine morphosyntaktische Kategorie, die in der Geschichte der slavischen Sprachen am deutlichsten an Entwicklungen von Morphologie zu Syntax und damit zu größerem Analytismus teilnimmt. Der Abbau der Kasusmorphologie kann im Südosten des slavischen Gebiets, d. h. im Bulgarischen und in den benachbarten slavischen Dialekten, seit dem Mittelalter beobachtet werden und ist dort auch am weitesten fortgeschritten. Im Zuge dieser Entwicklung findet ein Ersatz von reinen Kasus durch entsprechende Präpositionalgefüge statt. Die Präpositionalgefüge sind semantisch spezifischer als die reinen Kasus, ermöglichen aber eine weitere Entwicklung in Richtung der Kasusredundanz in eindeutigen Präposition-plus-Kasus-Kombinationen, die als Voraussetzung für Kasuszusammenfall (den funktional bedingten Synkretismus) und Abbau der Kasusmorphologie angesehen werden können. Im Südosten des slavischen Gebiets vollzog sich diese Entwicklung relativ vollständig. Auf der Skala der Entwicklungen zwischen Morphologie und Syntax im nominalen Bereich nehmen die unterschiedlichen slavischen Sprachen unterschiedliche Stellenwerte ein. In den westlichen slavischen Sprachen (d. h. in den westslavischen Sprachen und im südwestslavischen Slovenischen) ist die Kasusmorphologie und damit der Synthetismus im nominalen Bereich am besten erhalten geblieben. Schwächer ausgeprägt sind in diesem Sinne die ostslavischen Sprachen, während die zentralen südslavischen Sprachen eine Übergangsposition einnehmen. Das östliche Südslavisch (die südöstlichen Dialekte Serbiens, besonders das Torlakische, das Makedonische und am stärksten das Bulgarische) ist im nominalen Bereich überwiegend oder (im Falle des Bulgarischen) fast ausschließlich als analytisch einzustufen. In funktionaler Hinsicht dient die Kasuskategorie dem Ausdruck syntaktischer und semantischer Funktionen im Satz. Es handelt sich um folgende Funktionen (vgl. auch Dik 1989 usw.): ⫺ Semantische: Agens, Patiens, Recipiens, Instrument usw. (die von Dik erwähnte semantische Funktion Experiencer, hierarchisch zwischen Agens und Patiens einzustufen, wird im Slavischen prädikatspezifisch zwischen Agens, Patiens und Recipiens aufgelöst) ⫺ Syntaktische: Subjekt, Objekt Semantische Funktionen bestimmen die Rollen der Referenten in den propositionalen Sachverhalten. Syntaktische Funktionen bestimmen die Perspektive für die Präsentation der Sachverhalte: In einem aktiven Satz liegt der perspektivische Ausgangspunkt (der vom Subjekt zum Ausdruck gebracht wird) beim Agens, in einem passiven Satz beim Patiens. Die Möglichkeit, die syntaktische Funktion Subjekt unterschiedlichen semantischen Funktionen zuzuordnen, ist für die Feststellung der Subjektsrelevanz in einer gegebenen Sprache entscheidend. Soweit die Kasuskategorie vorhanden ist, gelten in den slavischen Sprachen für den Ausdruck syntaktischer und semantischer Funktionen relativ allgemeine Regeln. Für den syntaktischen Bereich lassen sich diese folgendermaßen generalisieren: (1a) Syntaktische Funktionen Subjekt Objekt Nominativ Akkusativ

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen

131

(1b) Syntaktische Strukturunterstützung von Funktionen Quantifizierung adnominale Ergänzung adverbiale Ergänzung Genitiv Genitiv Genitiv Semantische Funktionen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: (2a) die verpflichtenden, die durch Prädikatsvalenzen bestimmt werden und relativ einheitlichen Ausdrucksregeln unterliegen; zu diesen können neben dem Agens (d. h. dem Vorgangsbeherrscher) und dem Patiens (d. h. dem Vorgangsunterliegenden), die durch Subjekt und Objekt im oben genannten Sinne syntaktisch markiert werden, auch folgende weitere Funktionen mit dem entsprechenden Kasusausdruck gehören: Recipiens Instrument Bedingung/Betätigung Dativ Instrumental Instrumental (2b) die freien, die der Ausformulierung freier Angaben dienen: Dazu gehören unterschiedliche deiktische Angaben: Soziativ, Art und Weise sowie auch Zeit- und Ortsangaben; diese werden in den slavischen Sprachen durch Präpositionalgefüge zum Ausdruck gebracht. Die Ausdrucksregeln werden in folgender Reihenfolge angewandt: Die Kasuswahl wird primär syntaktisch und erst im zweiten Schritt semantisch bestimmt. Dies bedeutet, dass das Subjekt ⫺ ob Agens oder Patiens ⫺ im Nominativ steht. Falls das Agens kein Subjekt ist, wird es als Bedingung aufgefasst und im Instrumental zum Ausdruck gebracht. Wenn das Patiens kein Subjekt ist, wird es als Objekt in den Akkusativ gesetzt, oder ⫺ falls quantifiziert ⫺ in den Genitiv. Die weiteren Ausdrucksmöglichkeiten folgen den oben genannten Regeln. Die Eindeutigkeit der Kasuswahl (Priorität der Kasus) gehorcht folgenden Hierarchien, die übereinzelsprachlich, potentiell sogar universell sind (vgl. Dik 1989 usw.): ⫺ Hierarchie der syntaktischen Funktionen: Subjekt > Objekt ⫺ Hierarchie der semantischen Funktionen: Agens > Patiens > Recipiens > Instrument > Bedingung/Betätigung Die Hierarchie der syntaktischen Funktionen entspricht den universell belegten sprachlichen Variationsdaten (vgl. z. B. Dik 1989). Die Hierarchie der semantischen Funktionen basiert auf der Zugänglichkeit dieser Funktionen für Subjekts- (und Objekts-)Zuordnung und weicht für die slavischen Sprachen einigermaßen von der angenommenen generellen Hierarchie ab (präsentiert in Dik 1989, 226, oder in Plungjan 2000). (1)

Die angenommene Hierarchie semantischer Funktionen, bezogen auf syntaktische Funktionen (Dik 1989, 236) Agens > Patiens („Goal“) > Recipiens > Beneficiens > Instrument > Ort > Zeit

Subj. Obj.

C

>

C C

> >

C C

> >

C C

> >

C C

> C > C > C > C

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Diese Hierarchieaufstellung ist implikationeller Art: ⫺ Wenn in einer Sprache die syntaktische Funktion „Subjekt“ dem Patiens zugeordnet werden kann, kann sie auch dem Agens zugeordnet werden; es existieren jedoch auch Sprachen, in denen die Funktion Subjekt nur dem Agens zugeordnet werden kann (diese Sprachen haben nur aktive, keine passiven Sätze). ⫺ Ähnlich gilt für das Objekt, dass seine Zuordnungsmöglichkeit zum Recipiens eine vergleichbare Zuordnungsmöglichkeit zum Patiens impliziert, während es keine umgekehrte Implikation gibt. In den slavischen Sprachen gilt ⫺ nach den Feststellungsprinzipien der Zuordnungsmöglichkeit syntaktischer Funktionen zu semantischen Funktionen ⫺ eine relativ eingeschränkte Hierarchie. (2)

Die Hierarchie in den slavischen Sprachen Agens > Patiens > Recipiens > Instrument; Bedingung/Betätigung; Art/Weise

Subj. Obj.

C

>

C C

Genau betrachtet ist nur die Hierarchie von Agens und Patiens klar belegt. Die weiteren Hierarchien entsprechen einer Teilmenge derer, die von Dik (1989) unterschieden werden (Beneficiens, Orts- oder Zeitangaben gehören im Slavischen und in vielen weiteren Sprachen nicht zu Valenzen, sondern zu freien Angaben, die nicht in Hierarchien einzuordnen sind). Weitere sprachspezifische Variationsgründe liegen ebenfalls vor: So hat das westliche Südslavisch die Funktion der Bedingung/Betätigung durch weitere Spezialisierung teils aus der Hierarchie entfernt und den Ausdruck des passiven Agens durch reinen Instrumental unmöglich gemacht. Der Grund für die Aufnahme einer Funktion in die Hierarchie (2) beruht auf dem Bestehen von Prädikatsvalenzen, die das Auftreten dieser Funktionen bedingen (z. B. bei den Verben mit der Bedeutung „geben“ gehören das Agens, das Patiens und das Recipiens zu den verpflichtenden Ergänzungen des Verbs als Prädikat im Satz, bei den Verben mit der Bedeutung „schneiden“ usw. gehört die Funktion „Instrument“ dazu, bei den Verben mit der Bedeutung „werden“ die Funktion „Bedingung/Betätigung“). Wir sehen, dass im Bereich valenzbedingter Funktionen sprachspezifische Unterschiede auftreten, die als sprachtypologisch relevant anzusehen sind. Zusammenfassend gilt in den kasusunterscheidenden slavischen Sprachen die allgemeine Regel, dass valenzbedingte syntaktische und semantische Funktionen durch reine Kasus ausgedrückt werden. Auch strukturbedingte Funktionen werden durch reine Kasus zum Ausdruck gebracht, obwohl bei diesen Funktionen ein Ersatz durch Präpositionalgefüge zunehmend möglich erscheint, und zwar vom Ende der Hierarchie aufwärts. Andererseits gilt, dass deiktisch gestufte Zeitabschnitte (wie z. B. russisch prošlogo goda ‚vorigen Jahres‘) offenbar als Bedingung aufgefasst und durch reinen Genitiv ausgedrückt werden. Zusätzlich zu diesen eindeutigen Verhältnissen kommt dem Genitiv eine syntaktische Strukturrolle zu. Neben dem quantifizierenden Genitiv (s. 3a) unterscheiden die slavischen Sprachen zwischen dem adnominalen Genitiv für attributive Bestimmungen und dem adverbialen Genitiv für quantifizierte Objekte (s. 3b).

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen (3a) Russ.: vypit’ vody trinken-INF Wasser-GEN ‚vom Wasser trinken‘ (3b) Russ.: drug moego brata boitsja menja Freund-NOM mein-GEN Bruder-GEN hat Angst-REFL ich-GEN ‚Der Freund meines Bruders hat Angst vor mir‘ Die übrigen Funktionen werden im Prinzip durch Präpositionalgefüge zum Ausdruck gebracht. Dies bezieht sich auf die vielfältigen Orts- und Zeitangaben, die durch Präposition plus Kasus spezifischer als durch reine Kasus ausgedrückt werden. Als Beispiel der Unterschiede kann die Wahl zwischen dem reinen Instrumental und dem Instrumental mit den Sekundärpräpositionen (z. B. przy pomocy ‚mithilfe von‘) im Polnischen erwähnt werden. Wie die Forschung von Hentschel (1993) mit polnischen Informanten zeigt, wird für prototypische, unbelebte, konkrete Instrumente der reine Instrumental bevorzugt, während für unprototypische Instrumente eher die Umschreibung und Spezifizierung mit Präpositionen gebraucht wird. Man kann behaupten, dass damit die Existenz semantischer Funktionen auch unabhängig von den Verbvalenzen nachgewiesen ist. In der Entwicklung einzelner slavischer Sprachen fand seit dem Mittelalter eine deutliche Verschiebung im Kasusgebrauch statt: Ergänzungen, die nicht zu den Verbvalenzen gehören, wurden systematisch von reinen Kasus zu Präpositionalgefügen umgeformt (über das Russische vgl. Gvozdanović 1993). Die modernen slavischen Sprachen weisen damit eine klare Zweiteilung zwischen den sprachlichen Realisierungen der Verbvalenzen (die in der linguistischen Theorie auch mit dem Terminus „innere Argumente“ nach Grimshaw 1991 bezeichnet werden), die im reinen Kasus auftreten, und den zusätzlichen Ergänzungen (auch „externe Argumente“ genannt), die insbesondere Ort, Zeit, usw. bezeichnen und als Präpositionalgefüge erscheinen, auf. Im Vergleich zu den reinen Kasus sind Präpositionalgefüge als analytische Bildungen aufzufassen. Die Entwicklung in Richtung auf funktionsbedingten Ersatz von reinen Kasus durch Präpositionalgefüge kann dementsprechend als eine Entwicklung in Richtung auf Analytismus aufgefasst werden. Neben dieser wesentlichen Übereinstimmung zwischen den kasusunterscheidenden slavischen Sprachen gibt es auch interessante Unterschiede. Diese lassen sich anhand der unterschiedlichen Gebrauchsweisen des Instrumentals illustrieren. Für das Russische beschreibt Jakobson (1936, 21971, 47) die allgemeine Bedeutung des Instrumentals als Zuschreibung eines Begleitumstandes, mit den Varianten (a) Instrumental der Bedingung (wozu Jakobson rechnet: die Handlungsquelle ⫺ z. B. ubit vragami ‚von den Feinden erschlagen‘, die Triebkraft ⫺ z. B. uvleč’sja sportom ‚sich vom Sport hinreißen lassen‘, das Werkzeug ⫺ z. B. žat’ serpom ‚mit der Sichel ernten‘, den Modus ⫺ z. B. idti vojnoj ‚in den Krieg ziehen‘, den Bewegungsraum ⫺ z. B. idti lesom ‚durch den Wald gehen‘, die Zeit der Handlung ⫺ z. B. putešestvovat’ noč#ju ‚in der Nacht reisen‘) (b) Instrumental der Einschränkung (z. B. pomolodet’ dušoj ‚geistig jung werden‘) (c) Instrumental der Betätigung (z. B. budet sud’ej ‚wird Richter sein‘)

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Die westslavischen Sprachen haben im Prinzip dieselben Bedeutungsvarianten des Instrumentals (zum Tschechischen vgl. Uličný 2000), zum Teil mit weniger Fällen des Instrumentals der Bedingung. So wird z. B. im Polnischen das passive Agens mithilfe von przez plus Akkusativ zum Ausdruck gebracht, während es im Tschechischen ⫺ genauso wie im Russischen ⫺ mit dem Instrumental ausgedrückt wird. Im westlichen Südslavischen ist der Instrumental der Betätigung durch den Nominativ ersetzt worden, der Instrumental der Einschränkung ist erhalten geblieben und der Instrumental der Bedingung auf wesentlich weniger Varianten beschränkt (Instrument, Triebkraft und die Zeit der Handlung sind die einzig verbliebenen Möglichkeiten, während die übrigen durch Präpositionalgefüge ersetzt worden sind). Die Unterschiede zwischen den slavischen Sprachen können nicht ausschließlich funktional erklärt werden. Der zusätzliche Grund für die erwähnten, teils unterschiedlichen Entwicklungen liegt in der sprachspezifischen Gestaltung des morphologischen Teilsystems. So zeigen z. B. das Kroatische, Serbische und Bosnische einen Prozess der Komplementarisierung der (im Sinne von Jakobson 1936 peripheren) Fälle Dativ (ohne Präposition), Instrumental (zunehmend ausschließlich mit der Präposition s ‚mit‘, auch für den Ausdruck des Instruments), und Lokativ (ausschließlich mit den Präpositionen o ‚über‘, u ‚in‘, na ‚auf, an‘, po ‚nach, über‘, pri ‚bei‘, prema ‚nach [Richtung]‘), der von vollständigem Synkretismus im (markierten) Plural unterstützt wird. Der Abbau der Kasusunterschiede im Bereich Instrumental, Dativ und Lokativ und ihr allmählicher Ersatz durch Präpositionalgefüge breitet sich vom Ende der Hierarchie her aus und folgt dementsprechend den Funktionalitätsprinzipien (ohne von diesen hervorgerufen zu sein). Zusätzlich zu den Funktionalitätsprinzipien folgt morphologischer Abbau auch einem systemimmanenten Prinzip: dem Prinzip der Variationsreduktion im Kontext einer markierten Kategorie. Dieses Prinzip äußert sich, wie schon gesagt, im morphologischen Kasuszusammenfall im Kontext des markierten Numerus, z. B. des Plurals im Kroatischen, Serbischen und Bosnischen. Als Gegenprobe kann hier das Slovenische erwähnt werden, das neben dem Plural auch den ⫺ deutlich markierten ⫺ Dual hat (den die obenerwähnten Sprachen schon seit dem Mittelalter nicht mehr haben), und das nur im Kontext des Duals weitgehenden Synkretismus aufweist. Im Einzelnen lassen sich das Kroatische, Serbische und Bosnische (nach Jakobson 1936 und Ivić 1971) folgendermaßen analysieren (mit „M“ für „markiert“ und „U“ für „unmarkiert“). Für diese Synkretismen sind keine phonologischen Ursachen feststellbar. Es handelt sich um systemimmanent bedingte, funktional vereinfachende (oder optimalisierende) Synkretismen, die in redundanzbehafteten, durch Verbvalenzen und Präpositionalrektion vorgegebenen Fällen, zur Redundanzeliminierung und damit zur analytischen Optimierung geführt haben. Diese Synkretismen zeigen die relative Autonomie des mor-

Tab. 11.1a: Kasussynkretismus im Singular unbelebter Maskulina und Neutra im K/S/B Kasussemantik Kasusformen und Synkretismus

unmarkiert (U)

markiert (M)

markiert (M)

Richtung

Umfang

Nominativ = Akkusativ

Genitiv

zentral (U)

Instrumental

(Lokativ)

peripher (M)

Dativ

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen

135

Tab. 11.1b: Kasussynkretismus im Singular belebter Maskulina im K/S/B Kasussemantik

unmarkiert

markiert

markiert

Kasusformen und Synkretismus

Nominativ

Richtung

Akkusativ = Genitiv

Umfang zentral

unmarkiert

Instrumental

Dativ = (Lokativ)

peripher

markiert

zentral

unmarkiert

peripher

markiert

Tab. 11.1c: Kasussynkretismus im Singular femininum im K/S/B Kasussemantik Kasusformen und Synkretismus

unmarkiert

markiert

markiert

Richtung

Umfang

Nominativ

Akkusativ

Genitiv

Instrumental

Dativ = (Lokativ)

Tab. 11.1d: Kasussynkretismus im Singular konsonantischer Feminina im K/S/B Kasussemantik Kasusformen und Synkretismus

unmarkiert

markiert

markiert

Richtung

Umfang

Nominativ = Akkusativ Instrumental/ I=D

(Lokativ)

Genitiv = Dativ

zentral

unmarkiert

peripher

markiert

zentral

unmarkiert

peripher

markiert

Tab. 11.1e: Kasussynkretismus im Plural maskulinum im K/S/B Kasussemantik

unmarkiert

markiert

markiert

Richtung

Umfang

Kasusformen und Synkretismus

Nominativ

Akkusativ

Genitiv

Instrumental = Dativ = (Lokativ)

Tab. 11.1f: Kasussynkretismus im Plural der Feminina und Neutra im K/S/B Kasussemantik Kasusformen und Synkretismus

unmarkiert

markiert

markiert

Richtung

Umfang

Nominativ = Akkusativ

Genitiv

Instrumental = Dativ = (Lokativ)

zentral

unmarkiert

peripher

markiert

Tab. 11.2a: (Phonologischer) Kasussynkretismus im slovenischen Plural maskulinum Kasussemantik Kasusformen und Synkretismus

Unmarkiert

markiert

markiert

Richtung

Umfang

Nominativ

Akkusativ

Genitiv

zentral

unmarkiert

Instrumental

Dativ

(Lokativ)

peripher

markiert

136

III. Die Morphologie des slavischen Nomens Tab. 11.2b: Kasussynkretismus im slovenischen Plural der Feminina und Neutra Kasussemantik

Unmarkiert

markiert

Kasusformen und Synkretismus

Nominativ = Akkusativ

Genitiv

zentral

unmarkiert

Instrumental

(Lokativ)

peripher

markiert

Richtung Dativ

markiert Umfang

phologischen Systems, da sie unter Beachtung der paradigmeninhärenten Dimensionen zustande kommen. Gleichzeitig zeigen sie, dass Verlust der Kasusmorphologie durch inhärente Regelmäßigkeiten gesteuert wird.

1.2. Indeklinable Substantive im Russischen Seitdem das Französische im 17. Jahrhundert einen bedeutenden kulturellen Einfluss in Russland erlangte und viele Lehnwörter einfließen ließ, deren Einfluss auf die russische Sprachstruktur von deutschen Lehnwörtern aus dem wissenschaftlichen Bereich verstärkt wurde, kennt das Russische indeklinable Substantive, deren Zahl durch Abkürzungen und Fremdnamen seit der Oktoberrevolution im 20. Jahrhundert verstärkt anstieg. Im modernen Russischen zählen zu den indeklinablen Substantiven: ⫺ Fremdwörter, z. B. pal’to ‚Mantel‘, radio ‚Radio‘, miss ‚Miss‘, frejlen ‚Fräulein‘; ⫺ Fremde Eigennamen, z. B. Gete ‚Goethe‘, Gjugo ‚Hugo‘, besonders auch diejenigen, die der russischen Morphonologie nicht entsprechen, z. B. weibliche Namen, die auf einen nichtpalatalen Konsonanten enden, wie Karmen; ukrainische Eigennamen auf -kó, z. B. Jankó; ⫺ Eigennamen im (petrifizierten) Gen.Sg. (z. B. Durnovó) oder Gen.Pl. Pol’skix; ⫺ Geographische Eigennamen (neben den fremden geographischen Benennungen umgangssprachlich z. B. auch iz Vnukovo ‚vom Flugplatz Vnukovo‘); ⫺ Anfangsabbreviaturen (z. B. CK ‚Zentralkomitee‘, MID ‚Innenministerium‘); ⫺ Mischabbreviaturen auf -o (z. B. GORONO ‚Städtischer Volkssicherheitsdienst‘); ⫺ Abbreviaturen aus einem Anfangsteil und einem deklinierten Teil (z. B. zavkafedroj ‚geschäftsführender Direktor des Lehrstuhls‘). Im Gegensatz zu den indeklinablen Substantiven fremden Ursprungs werden fremdsprachige Adjektive bei der Übernahme an das russische Deklinationssystem angepasst (so wird z. B. aus dem französischen Wort beige durch Wortbildung auf Russisch beževyj, das dekliniert wird). Dies ergibt folgende Beispiele: beževoe pal’to (Nominativ Singular) ‚ein beigefarbener Mantel‘, beževogo pal’to (Genitiv Singular), beževye pal’to (Nominativ Plural) usw. Diese Beispiele zeigen, dass die Kategorien Numerus und Kasus nicht ⫺ wie traditionell angenommen ⫺ substantivische Kategorien sind, die am Attribut als Kongruenzkategorien erscheinen, sondern Kategorien von nominalen Wortgefügen in der syntaktischen Konstellation. Damit zeigen die russischen indeklinablen Substantive, die ein deutlicher Fall des Analytismus sind, dass der Analytismus durch Übertragung des Locus für die grammatischen Kategorien von der Morphologie auf die Syntax zustandekommen kann.

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen

1.3. Das Bulgarische und das Makedonische: Analytismus im nominalen Bereich Das Bulgarische und das Makedonische (letzteres in enger Anlehnung an die westbulgarischen Dialekte) haben die Deklination weitgehend verloren. Die beiden Sprachen haben nur noch den Nominativ und (bei den Maskulina und Feminina der Substantive sowie den Maskulina Singularis der Adjektive) den Vokativ (z. B. sine, ženo ‚SohnVOC‘, ‚Frau-VOC‘), im pronominalen System auch den Akkusativ und den Dativ der enklitischen Formen (z. B. me, mi ‚mich, mir‘), der bei den Vollformen durch na C Akkusativ (na mene) ersetzt wird. Die Maskulina haben auch eine eigene Zählform der Substantive (z. B. sina), und die Zahlwörter 2⫺6 haben eine spezielle maskulinpersönliche Form (z. B. dvama). Das Makedonische hat Reste eines Obliquus, der die Akkusativform hatte und jetzt weitgehend vom Nominativ ersetzt ist. Zur Vermeidung von Doppeldeutigkeit treten im Bulgarischen und Makedonischen die deklinierten Personalpronomina (im Dativ oder Akkusativ) auf, wenn a) entweder das Subjekt dem Objekt nachgestellt ist (in beiden Sprachen), oder b) wenn das Objekt mit dem bestimmten Artikel als definit markiert ist (regelmäßig im Makedonischen, vgl. Friedman 1993, 285, aber nicht so regelmäßig im Bulgarischen, vgl. Scatton 1993, 235). Aufgrund der Angaben in der Literatur kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Bestimmtheitshierarchie im Makedonischen einen höheren Stellenwert als im Bulgarischen hat. Dieser potentielle typologische Unterschied muss jedoch näher untersucht werden. Die Funktion der klitischen Objektverdoppelung zur Vermeidung potentieller Mehrdeutigkeit kann mit folgenden Beispielen (vgl. Scatton 1993, 235) illustriert werden. (4a) Majkata ja gleda deteto Mutter-NOM.SG-DEF sie-AKK.SG versorg-3.P.SG.PRÄS Kind-NOM.SG-DEF ‚Das Kind versorgt die Mutter, bzw. die Mutter wird von dem Kind versorgt‘ (4b) Deteto go gleda majkata Kind-NOM.SG-DEF es-AKK.SG versorg-3.P.SG.PRÄS Mutter-NOM.SG-DEF ‚Die Mutter versorgt das Kind, bzw. das Kind wird von der Mutter versorgt‘ (5a) Kazax novinite na Ivan (neutral) erzähl-1.P.SG.AOR Nachricht-NOM.PL-DEF an Johannes ‚Ich erzählte Johannes die Nachrichten‘ (5b) Novinite gi kazax Nachricht-NOM.PL-DEF sie-AKK.PL erzähl-1.P.SG.AOR na Ivan (Fokus auf novinite) an Johannes ‚Die Nachrichten erzählte ich Johannes‘ (5c) Na Ivan mu kazax novinite (Fokus auf na Ivan) an Johannes er-DAT erzähl-1.P.SG.AOR Nachricht-NOM.PL-DEF ‚Johannes erzählte ich die Nachrichten‘

137

138

III. Die Morphologie des slavischen Nomens Die Analyse von Scatton, nach der die Erstplatzierung z. B. in (56) mit dem Fokus zusammenhängt, muss jedoch ergänzt werden: Die Erstplatzierung deutet das Topik an; kombiniert mit der Fokusintonation wird kontrastiver Fokus zum Ausdruck gebracht, der in sich Bestimmtheit und Fokus vereinigt. Fokussierte Bestimmtheit des Objekts muss durch Objektverdoppelung unterstützt werden. Im Sinne dieser ergänzten Regel spielt im Bulgarischen die Bestimmtheitshierarchie auch eine, obwohl beschränktere, Rolle. Die obigen Beispiele zeigen, dass der Kasusverlust durch Wortfolge und Objektverdoppelung kompensiert wird. Der morphologische Analytismus entspricht größerer syntaktischer Komplexität. Sprachtypologisch ist im Bulgarischen und Makedonischen im Vergleich zu den anderen slavischen Sprachen im nominalen Bereich der Schwerpunkt von der Morphologie auf die Syntax verschoben. Damit kontrastiert das Bulgarische am stärksten mit den westlichsten slavischen Sprachen, dem Tschechischen, dem Slovakischen und dem Slovenischen. Besonders im Tschechischen kommt der starke Synthetismus im nominalen Bereich u. a. in der vollständigen deklinatorischen Anpassung von Lehnwörtern zum Tragen (vgl. dazu Lotko 1999, 27).

2. Synthetismus und Analytismus beim Graduierungsverfahren Im Bereich der Komparation haben alle slavischen Sprachen wenigstens zum Teil analytische Bildungen; das Bulgarische und das Makedonische können als auschließlich analytisch bezeichnet werden, da dort für den Komparativ das akzentuierte Präfix podem Positiv hinzugefügt wird, während für den Superlativ das akzentuierte lexikalische Morphem naj- dem Positiv präponiert wird (also pònòv „neuer“, nàjnòv „der Neueste“). Dieser Analytismus im Bereich der Komparation (mit nur wenigen Resten synthetischer Bildungen) ist Teil des allgemeinen Analytismus in den nominalen Bereichen dieser beiden Sprachen. In den übrigen slavischen Sprachen werden von den qualitativen Adjektiven und Adverbien, die keine absolute Eigenschaft bezeichnen, sowie auch von den qualitativ verwendeten Relationsadjektiven synthetische Komparative gebildet, die auch eine weitere Superlativbildung mit präponiertem naj- ermöglichen (z. B. Ru. muzykal#nee, Komparativ von „musikalisch“). Die synthetischen Komparative und synthetisch-analytischen Superlative sind sprachspezifisch entweder indeklinabel oder deklinierbar. Die indeklinablen Komparative sind in ihrem Gebrauch entsprechend beschränkt (im Russischen auf den prädikativen Gebrauch). Analytische Komparation ist im Prinzip bei allen Adjektiven und Adverbien zulässig, obwohl je nach Sprache mehr oder weniger üblich. Analytische Komparation erlaubt Deklinierbarkeit und verhält sich damit als kompensatorische Entlastung des morphologischen Systems (das damit die Kategorien Genus, Numerus und Kasus, nicht aber die Komparation zu tragen hat).

3. Zahlwörter und Zahlwortsyntagmen Relative Transparenz der Zahlwortsysteme, die alle ein bestimmtes Maß an Analytismus aufweisen, gehört zu den überraschenden Eigenschaften der Sprachen der Welt. In den slavischen Zahlwortsystemen gehören dazu:

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen ⫺ Die additive Bildung der Zahlen der zweiten Dekade basierend auf dem Syntagma na C Lokativ (z. B. russ. trinadcat’ < 3 C na C 10 ‚13‘); ⫺ Die multiplikative Bildung der höheren Zahlen nach dem Schema MultiplikatorMultiplikand (z. B. russ. tridcat’ < 3 C 10 = 3 ! 10 ‚30‘). Im Bereich der Kasuszuordnung in den Zahlwortsyntagmen teilt sich das slavische Sprachgebiet in einige Teilgebiete: ⫺ Das östliche Südslavisch (Bulgarisch und Makedonisch) hat Reste eines Zahlkasus (bei den Maskulina und Neutra) und der persönlichen Form der Zahlwörter 2⫺6; die quantifizierten Syntagmen werden nicht dekliniert. ⫺ Das westliche Südslavisch teilt sich in das Slovenische, das die Zahlwortsyntagmen (samt Zahlwörtern) in Abhängigkeit von der Funktion im Satz (Subjekt, Objekt, Adverbialergänzung) dekliniert und damit dem Westslavischen ähnlich ist; zudem bilden auch maskulin-persönliche Zahlwörter 2⫺4 (z. B. slov. štirje ‚vier-masc.pers.‘, štiri ‚vier, masc. unpers./fem./neutrum‘) eine typologische Brücke zwischen dem Slovenischen und dem Westslavischen, obwohl sie historisch gesehen vermutlich als allgemeinslavisch anzusehen sind. ⫺ Das zentrale Südslavisch (Kroatisch, Bosnisch, Serbisch) hat die Deklination im Bereich der Zahlwörter weitgehend abgebaut und durch Präpositionalgefüge mit den undeklinierten Zahlwörtern ersetzt; in diesem Bereich ist der Analytismus wesentlich weiter fortgeschritten als in der Deklination der nominalen Kategorien; das regierte Nomen hat bei den Zahlen 2⫺4 eine Sonderform, ab der Zahl 5 aber den festen Genitiv Plural, der von Franks (1995, 97) als ‚inhärenter Kasus‘ analysiert wurde, im Unterschied zum konfigurationellen Kasus z. B. im Russischen. ⫺ Im Ost- und Westslavischen stimmen die Zahlen 1⫺4 im Genus und Kasus mit dem Substantiv überein, wobei sie als Subjekt verwendet werden können (oder aber bei den persönlichen Substantiven als Objekt einer unpersönlichen Konstruktion benutzt werden können, z. B. poln. dwaj chlopcy przyszli, dwóch chlopców przyszło); die Zahlen ab 5 im Nominativ oder Akkusativ regieren den Genitiv Plural des Substantivs; in den übrigen Fällen stimmt das Substantiv mit dem Zahlwort im (syntaktisch-konfigurationellen) Kasus überein; aus diesem Anlass hat Franks (op. cit.) auch den regierten Genitiv in diesen Sprachen ‚konfigurationell‘ genannt. ⫺ Wenn das Zahlwortsyntagma von einem Demonstrativpronomen bestimmt wird, wird im Russischen der Kasus des Zahlwortes und der Numerus des regierten Substantivs am Demonstrativum abgebildet; dieses befindet sich außerhalb des Skopus des Zahlwortes (z. B. te pjat’ xorošix devoček ‚dies-NOM.PL fünf-NOM schönGEN.PL Mädchen-GEN.PL = diese fünf schönen Mädchen‘; bei ‚fünf dieser schönen Mädchen‘ würde das Demonstrativum jedoch im Skopus des Zahlwortes erscheinen); diese Verteilung der Numerus- und Kasusmerkmale über das Syntagma entspricht den oben besprochenen Erscheinungen im Kontext indeklinabler Substantive; im Westslavischen (mit Ausnahme belebter Maskulina im Polnischen) und im westlichen Südslavischen befindet sich das Demonstrativum grundsätzlich im Skopus des Zahlwortes, kann jedoch in der Platzierung variieren. Im Südslavischen sind die Zahlwortsyntagmen also von relativ starkem Analytismus geprägt.

139

140

III. Die Morphologie des slavischen Nomens

4. Der Infinitiv und der Imperativ Im Gegensatz zu den restlichen slavischen Sprachen haben das Bulgarische, das Makedonische und als Übergangsstadium das Serbische den Infinitiv durch die satzwertige Konstruktion da C Präsens (‚dass, damit, um zu C Präsens‘) ersetzt. Während diese Entwicklung im Bulgarischen und Makedonischen vollendet ist, sind im serbischen Futur Reste des Infinitivs erhalten geblieben (z. B. daću < dat ću < dati ću ‚ich werde geben‘). Im Bereich des Imperativs haben mehrere slavische Sprachen analytische Merkmale entwickelt. Allgemein ist die Einführung des umschriebenen Imperativs für die 3. Person. Auch die erste Person Singular wird üblicherweise umschrieben (z. B. kroat.: da čitam ‚lass mich lesen‘), die 1. und 2. Person Plural werden mit den morphologisch transparenten Endungen -mo/-me und -te gebildet. Dieser Analytismus ist allgemeiner Art. Interessant sind zudem negierte Imperative von perfektiven Verben. Diese werden im Ost- und Westslavischen sowie auch im südwestslavischen Slovenischen regelmäßig gebildet (vgl. z. B. tschech. nezabiješ! ‚du sollst nicht töten‘). Im Bulgarischen und Makedonischen wird der negierte Imperativ mit nedej(te) C (da C) Präsens umschrieben. Dies gilt für beide Aspekte, während imperfektive Imperative auch einfach (mit ne) negiert werden können. Im Serbischen wird die periphrastische Konstruktion mit nemoj(te) bei negierten Imperativen vergleichbar verwendet. Dieser Analytismus unterscheidet das Südostslavische von den anderen slavischen Sprachen.

5. Die Tempora in den slavischen Sprachen Im Bereich der Tempora und Modi gilt in Bezug auf das Südostslavische das umgekehrte Verhältnis wie bei den nominalen Kategorien. Hier erweisen sich das Bulgarische und das Makedonische als konservativ synthetisch. Zusätzlich zu den ursprünglichen Tempora haben diese Sprachen auch die relativen Tempora, besonders das präteritale Futur morphologisiert. Das System der Tempora wurde zudem durch die konjunktivischen Erzähltempora ergänzt und ergab damit das folgende System, in dem alle Zeitstufen mit den absoluten und relativen deiktischen Orientierungszentren morphologisiert wurden. Durch die konjunktivischen Formen werden zusätzlich epistemische Modalitäten (d. h. Evidentialität vs. Nonevidentialität) zum Ausdruck gebracht. Dies ergibt folgendes Schema (vgl. Scatton 1993, 212, 215): Tab. 11.3: Die bulgarischen Tempora (Scatton 1993, 212); z. B. „schreiben“, 1. P. Singular Nicht-Perfekt NichtVergangenheit

Perfekt

Nicht-Futur

Futur

Nicht-Futur

Futur

piša

šte piša

pisal săm

šte săm pisal

štjax da piša

bjax pisal

štjax da săm pisal

Vergangenheit Aorist

pisax

Imperfekt

pišex

11. Synthetismus und Analytismus im Slavischen

141

Tab. 11.4: Der sog. Narrativ (3. P. Singular) im Bulgarischen (Scatton 1993, 215) Nicht-Perfekt

Perfekt

Nicht-Futur

Futur

Nicht-Futur

Futur

NichtVergangenheit

pišel

štjal da piša

bil pisal

štjal da e pisal

Aorist

pisal

Während im Bulgarischen und im Makedonischen das Tempussystem durch relative futurische Tempora (d. h. durch das Vergangenheitsfutur und das futurische Perfekt sowie das präteritale futurische Perfekt) ergänzt ist, fanden in allen anderen slavischen Sprachen Vereinfachungen statt, die am stärksten in den westlichsten und östlichsten Sprachen zu einem minimalen Tempussystem geführt haben (z. B. im Westen im Tschechischen und im Osten im Russischen), basierend auf den Oppositionen Vergangenheit (perfektiv und imperfektiv) vs. Nichtvergangenheit (perfektiv ⫺ Präsens = Futur, imperfektiv ⫺ Präsens vs. Futur). Die slavischen Sprachen, die in den Gebieten zwischen dem tschechischen und dem russischen Sprachraum gesprochen werden, weisen Reste des alten Systems auf (so z. B. das Sorbische unter dem konservierenden deutschen Einfluss). Der Abbau des Tempussystems wurde von den flexibleren Regeln des Diskurssystems ermöglicht, die Verschiebungen des deiktischen Zentrums erlauben. Somit kann gesagt werden, dass das Bulgarische und das Makedonische im Tempusbereich den Synthetismus auf Kosten der Diskursflexibilität vergrößert haben, während die übrigen slavischen Sprachen im Tempusbereich den Analytismus vergrößert und die Diskursregeln liberalisiert haben.

6. Fazit: sprachtypologische Bemerkungen über Morphologie und Syntax Sprachtypologisch bilden die slavischen Sprachen zwei große Areale: A. das südliche Areal, das aus zwei Teilarealen besteht: ⫺ das südöstliche Areal mit Bulgarisch und Makedonisch (und Serbisch als Übergangsgebiet), in dem Entwicklungsprozesse in Richtung auf Analytismus des Nominalsystems weit fortgeschritten sind, während das Verbalsystem umgekehrt größeren Synthetismus aufgebaut hat, und ⫺ das südwestliche Areal, in dem im nominalen Bereich Synthetismus aufrechterhalten ist, während sich im verbalen Bereich weitgehender Analytismus entwickelt hat. B. der nördliche Bereich, ebenfalls mit zwei Teilarealen: ⫺ dem Westslavischen, das in seinen westlichsten Teilen (so z. B. im Tschechischen) starken nominalen Synthetismus aufweist (z. B. weiteren Ausbau der Instrumentalfunktionen, vgl. Úvodem ‚Zur Einführung‘), während das Verbalsystem (mit Ausnahme des Sorbischen und teils auch des Polnischen) starken Analytismus zeigt, und

142

III. Die Morphologie des slavischen Nomens ⫺ dem Ostslavischen, in dem sich der Analytismus im nominalen Bereich langsam ausbreitet (vgl. die russischen indeklinablen Substantiva), die Kategorien Kasus und Numerus syntagmatisch zugeordnet werden und in dem auch für den verbalen Bereich fortschreitender Analytismus prägend ist. Generell wird im Slavischen größerer Analytismus im nominalen Bereich von komplexeren syntaktischen Regeln begleitet, während verbaler Analytismus von komplexeren Diskursregeln begleitet wird.

Literatur (in Auswahl) Comrie, Bernard/Corbett,Grenville C. (1993): The Slavonic Languages. London/New York. Dik, Simon (1989): The Theory of Functional Grammar. Dordrecht. Franks, Steven (1993): Parameters of Slavic Morphosyntax. Oxford. Friedman, V. A. (1993): „Macedonian“ // Comrie, Bernard/Corbett, Grenville C. (eds.). The Slavonic Languages. London/New York. 249⫺305. Grepl, Miroslav/Karlík, Petr (1998): Skladba češtiny. Olomouc. Grimshaw, Jane (1991): Argument Structure. Cambridge, Mass. Gvozdanović, Jadranka (1993): „Language change: complex in its sources and directions, yet simple in systematicity“ // Marle, Jaap van (ed.). Historical Linguistics 1991. Papers from the 10 th International Conference on Historical Linguistics. Amsterdam. 135⫺152. Hentschel, Gerd (ed.) (1993): Studies in Polish Morphology and Syntax. München. Jakobson, Roman (1936; 21971): „Beitrag zur allgemeinen Kasuslehre: Gesamtbedeutungen der russischen Kasus“. // ders. Selected Writings II: Word and language. The Hague/Paris. 23⫺71. Jakobson, Roman (1958): „Morfologičeskie nabljudenija nad slavjanskim skloneniem“. // ders. Selected Writings II: Word and language. The Hague/Paris. 154⫺183. Lotko, Edvard (1999) „Ke konfrontaci přibuzných jazyků (na materiálu češtiny a polštiny)“. // Martincová, Olga (red.): Konfrontační stadium inovačních procesů ve slovanských jazycích. Praha. 75⫺82. Martincová, Olga (red.) (1999): Konfrontační stadium inovačních procesů ve slovanských jazycích. Praha. Plungjan, V. A. (2000): Obščaja morfologija. Moskva. Scatton, Ernest A. (1993): „Bulgarian“. // Comrie, Bernard/Corbett, Grenville C. (eds.). The Slavonic Languages. London/New York. 188⫺248. Uličný, Oldřich (2000): Instrumentál v struktuře české ve˘ty. Praha.

Jadranka Gvozdanović, Heidelberg (Deutschland)

12. Nominale Kategorien: Genus

12. Nominale Kategorien: Genus 1. 2. 3. 4. 5.

Abgrenzung und Definition Ausprägung des Genus in den slavischen Sprachen Beschreibungen von Genus Historische Entwicklungen Literatur (in Auswahl)

Abstract In this article, the category of gender in Slavonic is presented. Firstly, gender is defined as agreement class. Then the number of genders and their formal exponents in the Slavonic languages are described in an exemplary way. Finally, a short overview of research on gender in Slavonic is given.

1. Abgrenzung und Definition Genus ist eine Art der Nominalklassifikation, die semantische und formale Merkmale kombiniert. Die slavischen Sprachen haben die drei Genera des Indogermanischen ⫺ Maskulinum, Femininum und Neutrum ⫺ ererbt, vgl. kroat. otac m., majka f., dijete n., poln. ojciec m., matka f., dziecko n. ‚Vater‘, ‚Mutter‘, ‚Kind‘. Die Klassifikation ergibt sich bei diesen Beispielwörtern gewissermaßen natürlich, entsprechend der Bezeichnung der Genusklassen, auf Grund der semantischen Merkmale ‚männlich‘, ‚weiblich‘, ‚geschlechtsneutral‘. Die Klassifikation der folgenden Beispiele basiert hingegen auf den formalen Merkmalen ‚Auslaut‘ und ‚Deklinationsklasse‘: slovak. dub m. ‚Eiche‘, ulica f. ‚Straße‘, mesto n. ‚Stadt‘. Semantische und formale Merkmale stimmen jedoch nicht immer überein. So ist z. B. das russ. Substantiv vladyka ‚Herrscher‘ maskulin, weil es männliche Personen bezeichnet, endet aber genauso auf -a wie die Feminina mama ‚Mama‘ und ulica ‚Straße‘ und gehört derselben Deklination an wie diese. Umgekehrt bezeichnet das kroat. Substantiv babac ‚alte Schachtel‘ weibliche Personen, ist aber maskulin und wird genauso dekliniert wie die Maskulina otac ‚Vater‘ und stol ‚Tisch‘, mit denen es auch den Auslaut auf Konsonant teilt. Das bedeutet, dass semantische und formale Merkmale der Substantive zwar bei der Genuszuweisung eine wichtige Rolle spielen, jedoch keine verlässlichen Indikatoren des resultierenden Genusmerkmals sind. Das Genus eines Substantivs kann nur durch sein Kongruenzverhalten eindeutig bestimmt werden wie in folgenden kroat. Beispielen, die auf Grund der Formen des Demonstrativums (taj, ta, to) und des Prädikatsadjektivs (dobar, dobra, dobro) in drei Klassen unterteilt werden können: maskulin:

t-aj otac/vladika/babac/striko/stol/radio je dobar-0. ‚dies-m Vater/Bischof/alte Schachtel/Tisch/Onkel/Radio ist gut‘

143

144

III. Die Morphologie des slavischen Nomens feminin: neutral:

t-a majka/kći/soba/stvar je dobr-a. ‚dies-f Mutter/Tochter/Zimmer/Sache ist gut‘ t-o dijete/momče/selo je dobr-o. ‚dies-n Kind/Junge/Dorf ist gut‘

Genus als Kategorie des Substantivs (und des nicht kongruierenden substantivischen Pronomens) ist somit ein lexeminhärentes Merkmal, das nur durch die Kongruenzmarker der kongruierenden Wortarten (Adjektiv, Numerale, Partizip, Verb, kongruierendes Pronomen) eindeutig signalisiert wird. Zaliznjak, der diese theoretische Position konsequent ausgearbeitet hat, spricht daher auch von „Kongruenzklasse“. Wir folgen dieser in der Slavistik heute weitgehend akzeptierten Herangehensweise, weisen aber darauf hin, dass Genus in manchen Arbeiten anders definiert wird (z. B. bei Beard 1995). Zaliznjak (1964, 1967) kommt zu folgender Definition: „Eine Kongruenzklasse ist eine Menge von Substantiven derart, daß (i) (ii) (iii)

zwei beliebige in ihr enthaltene Glieder in einer beliebigen (aber jeweils identischen) grammatischen Form in einem beliebigen Typ einer Kongruenzrelation dieselbe Wortform eines beliebigen Kongruenzwortes fordern oder die Auswahl einer solchen aus derselben Menge von Wortformen zulassen.“ (Zaliznjak 1964, 30, zit. nach Hubenschmid 1993, 58).

Das bedeutet, dass Substantive genau dann zu ein und derselben Kongruenzklasse gehören, wenn sie durchgehend identische („konsistente“) Kongruenzmuster bei den mit ihnen kongruierenden Wortarten auslösen. Wenn wir Zaliznjaks Definition auf die Substantive der slavischen Sprachen anwenden, so ergeben sich allerdings mehr als drei Kongruenzklassen. Nicht alle dieser Klassen sind jedoch auf der gleichen Ebene anzusiedeln: So werden Kongruenzklassen, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden, als Subgenera zusammengefasst. Andere sind das Resultat überdifferenzierter kongruierender Elemente oder einer Kombination zweier konsistenter Kongruenzmuster. Corbett (1988) zeigt, wie sich die Kongruenzklassen in den slavischen Sprachen auf drei Genera und ein bis drei Subgenera zurückführen lassen. Die Subgenera sind im Wesentlichen semantisch bestimmt und beruhen auf dem Merkmal ‚Gbelebt‘ bzw. ‚Gpersonal‘, z. B. ukr. syn m.bel. ‚Sohn‘ vs. majdan m.unbel. ‚Platz‘. Das Genus des Substantivs ist also ein klassifikatorisches Merkmal, das die Zugehörigkeit eines Substantivs zu einer Kongruenzklasse signalisiert und für die syntaktische Kongruenz verantwortlich ist. Das durch die Kongruenz ausgelöste Genus der kongruierenden Wortarten ist hingegen eine syntaktische Kategorie, die je nach Kontext einen bestimmten Wert annimmt. Substantive sind also für ein bestimmtes Genus klassifiziert und wechseln dieses nicht in Abhängigkeit von Kontext oder außersprachlicher Wirklichkeit. (Erklärungsbedürftige) Ausnahmen von dieser generellen Regel stellen die Phänomene des Genus commune, der hybriden Kongruenz, des Genuswechsels im Plural sowie Fälle von Variation dar (s. u. 2.2).

12. Nominale Kategorien: Genus

2. Ausprägung des Genus in den slavischen Sprachen 2.1. Kongruenz Kongruenzauslöser sind in den slavischen Sprachen einerseits Substantive, andererseits substantivische Pronomina, z. B. Interrogativa wie tschech. kdo m. ‚wer‘, co n. ‚was‘, nikdo m. ‚niemand‘, nic n. ‚nichts‘. Sie kontrollieren die Genusformen der kongruierenden Wortarten Adjektiv, Pronomen, Artikel (im Bulgarischen und Makedonischen), Numerale und Verb (l-Partizip). In folgenden Kontexten tritt Genuskongruenz auf. Die kongruierenden Elemente kongruieren: 1) innerhalb der Nominalgruppe als Attribute mit dem Kopf der NP oder als Kopf einer elektiven Konstruktion mit dem Genitivattribut; 2) innerhalb des Satzes als Prädikatsnomen oder l-Partizip mit dem Subjekt sowie als adjektivisches Prädikativ mit dem Bezugswort; 3) über die Satzgrenze hinaus als anaphorisches oder deiktisches Pronomen, sowie als anaphorisch gebrauchtes Adjektiv, Possessiv, l-Partizip und die betroffenen Numeralien mit ihren Antezedentien. Die folgenden beiden russ. Sätze illustrieren eine Reihe dieser Kontexte: Moj-a byvš-aja studentka, kotor-aja mogl-a by pomoč’, uže priexal-a. On-a očen‘ umn-aja. ‚Meine-f ehemalige-f Studentin, die-f helfen könnte-f, ist schon angekommen-f. Sie-f ist sehr gescheit-f.‘ Eine umfassende Darstellung aller mit dem Genus verbundenen Kongruenzphänomene ist bei Corbett (1983) zu finden.

2.2. Anzahl der Genera Auf der Grundlage konsistenter Kongruenzmuster (vgl. Corbett 1988, 9) unterscheiden wir in den slavischen Sprachen drei Genera und zwei bis drei Subgenera. Nur drei Genusklassen finden wir in den modernen Sprachen lediglich bei Bulgarisch und Makedonisch, vgl. bulg. măž m. ‚Mann‘, žena f. ‚Frau‘, mjasto n. ‚Stadt‘. Wenn wir allerdings streng nach Zaliznjak vorgehen und alle kongruierenden Wortarten in Betracht ziehen, so unterscheidet das Bulgarische beim kongruierenden Numerale maskulin-belebte von maskulin-unbelebten Substantiven. Nach Corbett (1988, 1991, 168⫺170) betrachten wir diesen Fall jedoch als „overdifferentiated target“ und nicht als eigenes Genus (vgl. auch Kostadinova 1994). Alle anderen slavischen Sprachen besitzen wenigstens ein bel. und ein unbel. Subgenus. Dabei sind die südslavischen Sprachen am altertümlichsten: Bosnisch, Kroatisch und Serbisch sowie Slovenisch unterscheiden bei den Maskulina bel. und unbel. Substantive. So unterteilt sich z. B. im Slovenischen die maskuline Kongruenzklasse in zwei Subgenera, deren Kongruenzmuster sich in genau einer Kasus-Numerusform, dem

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Akk.Sg., unterscheiden, vgl. tist-ega sprejemnik-a m.bel. ‚diesen Empfänger‘ vs. tist-i (radijski) sprejemnik m.unbel. ‚diesen (Radio-)Empfänger‘. Das bel. Subgenus war auch im Altkirchenslavischen bereits angelegt, jedoch noch nicht vollständig grammatikalisiert. In den ostslavischen Sprachen hingegen verfügt jedes der drei Genera über ein bel. und ein unbel. Subgenus, deren Kongruenzmuster sich im Akk.Pl., bzw. beim Maskulinum auch im Akk.Sg., unterscheiden: ėt-ix mater-ej f.bel. ‚diese Mütter‘ vs. ėt-i knig-i f.unbel. ‚diese Bücher‘, ėt-ix čudovišč-0 n.bel. ‚diese Ungeheuer‘ vs. ėt-i okn-a n.unbel. ‚diese Fenster‘, ėt-ogo otc-a m.bel. ‚diesen Vater‘ vs. ėtot-0 stol-0 m.unbel. ‚diesen Tisch‘, ėt-ix otc-ov m.bel. ‚diese Väter‘ vs. ėt-i stol-y m.unbel. ‚diese Tische‘. Eine besondere Differenzierung liegt in den westslavischen Sprachen vor: Im Tschechischen besitzt das Maskulinum ein bel. und ein unbel. Subgenus. Im Polnischen und Sorbischen sowie im Slovakischen wird außerdem zwischen belebtem und personalem maskulinem Subgenus unterschieden. In den westslavischen Sprachen zeigt sich der Unterschied zwischen den Subgenera einerseits im Akk.Sg., andererseits im Nom.Pl., im Slovakischen, Polnischen und Niedersorbischen auch im Akk.Pl. bzw. Du., vgl. poln.: Akk.Sg. t-ego pana m.pers. ‚diesen Herrn‘, t-ego psa m.bel. ‚diesen Hund‘, ten stoł m.unbel. ‚diesen Tisch‘, Nom.Pl. c-i panowie m.pers. ‚diese Herren‘, t-e psy m.bel. ‚diese Hunde‘, t-e stoły m.unbel. ‚diese Tische‘, Akk.Pl. t-ych pan-ów ‚diese Herren‘, t-e psy ‚diese Hunde‘, t-e stoły ‚diese Tische‘. Wir finden daher folgende Ausprägungen von Genus in den slavischen Sprachen: 1) 3 Kongruenzklassen: m., f., n. (Bulgarisch, Makedonisch) 2) 4 Kongruenzklassen: m.bel., m.unbel., f., n. (Altkirchenslavisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Slovenisch, Tschechisch) 3) 5 Kongruenzklassen: m.pers., m.bel., m.unbel., f., n. (Polnisch, Slovakisch, Niedersorbisch, Obersorbisch) 4) 6 Kongruenzklassen: m.bel., m.unbel., f.bel., f.unbel., n.bel., n.unbel. (Russisch, Ukrainisch, Weißrussisch). Neben diesen unbestrittenen Kongruenzklassen gibt es aber eine Reihe von Kongruenzphänomenen, die diese Muster durchbrechen. Dabei werden allerdings keine gänzlich neuen Kongruenzmuster geschaffen, sondern es treten 1) entweder Kombinationen von Teilmustern auf oder 2) ein Kongruenzauslöser kann verschiedene Kongruenzmuster auslösen. Der erste Fall wird in der Regel als „Genuswechsel“ bezeichnet und tritt als Kombination eines Kongruenzmusters im Sg. und eines anderen im Pl. auf. Der zweite Fall umfasst einerseits a) Variation, andererseits semantisch bedingte Kongruenz wie bei b) Genus commune (ambigenen Substantiven) und c) hybrider oder semantischer Kongruenz oder d) bei der Kategorie der Pejorativität/ Depreziativität im Polnischen. (1) Genuswechsel (Ivić 1963, Corbett 1988, 1991 spricht von „inquorate gender“) ist besonders deutlich im Kroatischen ausgeprägt. Eine ganze Klasse von belebten männlichen Personenbezeichnungen kongruiert im Singular nach dem m.bel. Kongruenzmuster, im Plural hingegen nach dem femininen, vgl. ov-aj m. sluga ‚dieser Diener‘ vs. ov-e f. sluge ‚diese Diener‘. Dieses Phänomen betrifft im Bosnischen, Kroatischen und Serbischen auch andere Substantivklassen, sowie einzelne Lexeme in den meisten slavischen Sprachen, z. B. sloven. Nom.Sg. oko n. vs. Nom.pl. oči f. ‚Auge‘. (2) a. Wie in anderen Sprachen können substantivische Lexeme auch in den slavischen Sprachen bezüglich Genus Variation aufweisen, d. h. unterschiedliche Kongru-

12. Nominale Kategorien: Genus enzmuster auslösen, ohne dass dies mit einem Bedeutungsunterschied einhergeht. Diese Variation ist entweder diatopisch bzw. diastratisch bedingt, oder die Norm ist nicht eindeutig festgelegt, z. B. tschech. ten-ø esej m. / t-a esej f. ‚Essay‘, mak. večer-ot m. / večer-ta f. ‚der Abend‘. b. Von Genus commune spricht man hingegen bei Substantiven, die zwei verschiedene konsistente Kongruenzmuster besitzen. Es geht dabei um Personenbezeichnungen, die sowohl maskulin als auch feminin kongruieren. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um Variation, sondern die Kongruenzmuster korrelieren in der Regel mit dem Geschlecht der Denotate, vgl. bulg. edin-ø (m.) pijanica ‚ein Säufer‘ / edn-a (f.) pijanica ‚eine Säuferin‘. Genus commune tritt im Russischen, Weißrussischen, Ukrainischen, Bulgarischen und Bosnischen, Kroatischen, Serbischen auf. Die sprachwissenschaftliche Behandlung des Genus commune ist unterschiedlich und umstritten. Manche sehen die entsprechenden Substantive als ein eigenes Genus an (z. B. Kostadinova 1994), traditionell ist die Ansicht, dass das Substantiv zwei Genusmerkmale enthält und je nach Referenzobjekt das eine oder andere Kongruenzmuster auslöst (z. B. Vasčenko 1984, auch Doleschal 2004, wo diese Art der exophorischen Kongruenz formalisiert wird). In der dem Modell von Zaliznjak verpflichteten Richtung schließlich setzt man zwei unterschiedliche Lexeme mit unterschiedlicher Geschlechtsbedeutung an (Zaliznjak 1967; Iomdin 1980; Dalewska-Greń 1991; aus anderen Gründen Beard 1995). c. Hybride Substantive sind solche, die lexikalisch für ein Genus spezifiziert sind, jedoch in gewissen Fällen und in bestimmten syntaktischen Positionen eine von dieser Spezifikation abweichende Genuskongruenz auslösen. Die Kongruenzformen hängen somit u. a. von der Art der Kongruenzposition oder des kongruierenden Elements ab und widersprechen der Forderung nach einem konsistenten Kongruenzmuster. Typischerweise kommt es zu solch „semantischer“ Kongruenz, wenn das Genus des Substantivs nicht mit dem Geschlecht des außersprachlichen Referenzobjekts übereinstimmt, genauer gesagt, wenn der semantische Wert, den ein Genus annehmen kann, mit der semantischen Repräsentation des Referenzobjekts in Konflikt gerät. Dieser Konflikt kann auf der lexikalischen Ebene entstehen, wie z. B. im Slovenischen bei dekle n. ‚Mädchen‘, dessen lexikalische Semantik nur weibliche Referenzobjekte zulässt, dessen Genus aber das Neutrum ist ⫺ das typischerweise geschlechtslose Genus. Oder der Konflikt entsteht auf der pragmatischen Ebene, d. h., die lexikalische Semantik sagt nichts über das Geschlecht des Referenzobjekts aus, aber der semantische Wert des Genus indiziert eine andere semantische Repräsentation des Referenzobjekts als die gemeinte. Es kommt daher zu exophorischer Kongruenz wie in folgendem Beispiel: direktor sam-a vystupil-a (Direktor.m selbst-f auftrat-f) ‚Die Direktorin trat selbst auf‘ oder moj-a dekle (mein-f. Mädchen.n) ‚mein Mädchen‘. Hybride Substantive sind besonders für Russisch und Polnisch charakteristisch. d. Ein weiterer Fall der Signalisierung einer semantischen Unterscheidung durch Genuskongruenz, ist das Phänomen der Pejorativität bzw. „Depreziativität“ bei männlichen Personenbezeichnungen. Diese Erscheinung tritt nur im Polnischen auf und ist nicht so regelmäßig ausgeprägt wie Genus commune. Maskulin-persönliche Substantive können neben ihrer „normalen“ Kongruenz im Plural auch nicht-maskulin-persönlich kongruieren, d. h. wie alle anderen Substantive. Dabei nehmen die Substantive selbst auch die Endungen der nicht-persönlichen Maskulina an: c-i porucznic-y (m. pers.) vs. t-e porucznik-i ‚diese Oberleutnants‘. Eine solche „Entpersönlichung“ bedeutet in der Regel Pejoration.

147

148

III. Die Morphologie des slavischen Nomens

2.3. Formenbestand Die sprachliche Markierung von Genus erfolgt wie erwähnt konsequent an den kongruierenden Wortarten, vgl. sloven.: m. lep-ø stol/moški ‚schön-er Stuhl/Mann‘ ⫺ on-ø ‚er‘, f. lep-a roža/žena ‚schön-e Blume/Frau‘ ⫺ on-a ‚sie‘, n. lep-o srdce/dete schön-es Herz/Kind‘ ⫺ on-o ‚es‘. Am Substantiv werden die Genera hingegen lediglich defaultmäßig signalisiert, d. h., die Genussignalisierung am Substantiv ist zwar nicht völlig opak, aber auch nicht völlig overt bzw. eindeutig. Es besteht zwar eine hohe Korrelation zwischen Flexionsklassenzugehörigkeit und Genus und somit auch zwischen den für eine Flexionsklasse typischen Endungen und dem entsprechenden Genus, diese Korrelation wird jedoch durch verschiedene Synkretismen und Homonymien durchbrochen. So gehören der „a-Deklination“ (Grundform auf -a), die immer wieder auch als die „feminine Deklination“ bezeichnet wird, zwar überwiegend Feminina an, aber in allen slavischen Sprachen finden wir darin auch eine Reihe bel. Maskulina, z. B. Namen wie ukr. Mykyt-a m., im Russischen, Bulgarischen und B/K/S auch alle Substantive mit Genus commune wie russ. nedotrog-a ‚Rührmichnichtan‘, bulg. pijanic-a ‚Säufer‘ bzw. ‚Säuferin‘. Trotz dieser Uneindeutigkeit und der Produktivität der belebten Maskulina auf -a wird die a-Deklination und insbesondere die Nominativendung -a sehr stark mit dem femininen Genus assoziiert. Die Endung -a ist in gewisser Weise ein prototypischer Exponent des femininen Genus. Diese Assoziation wird durch homonyme Endungen bei Adjektiv und Verb gestützt und verstärkt. Ebenso werden Substantive, die im Nom.Sg. auf Konsonant enden, als prototypische Maskulina wahrgenommen, obwohl es auch konkurrierende feminine Deklinationen mit einer solchen Grundform gibt, und andererseits die weiteren Endungen der „maskulinen“ Deklination großteils mit jener der „neutralen“ homonym sind. Zudem können in den meisten slavischen Sprachen Maskulina im Nom.Sg. auf einen beliebigen Vokal enden. Was die Neutra betrifft, so wird die Nominativendung -o stark mit dem Neutrum assoziiert, obwohl eine Grundform auf /o/ in keiner slavischen Sprache eindeutig auf das neutrale Genus verweist. Weiterhin zeigen die belebten Subgenera eine Tendenz zur Signalisierung am Substantiv. So weisen etwa die westslavischen Sprachen spezielle Nominativendungen für m.bel. bzw. m.pers. Substantive auf. Aber auch diese Endungen gelten nicht für alle in Frage kommenden Substantive. Als durchgehende Signalisierung der belebten Subgenera am Substantiv kann lediglich der Gen.-Akk.-Synkretismus gelten. Die kongruierenden Wortarten, insbesondere das Adjektiv, weisen ihrerseits einen hohen Grad von Genussynkretismus in ihrem Endungsbestand auf. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, unterscheiden sich die Kongruenzmuster des Maskulinums und des Neutrums im Russischen nur im Nom. und Akk.Sg., alle anderen Endungen zeigen totalen Genussynkretismus. Im Pl. betrifft dieser Synkretismus alle drei Genera und alle Endungen außer jener des Akk. Das bedeutet, dass anhand der Pluralkongruenz nicht zwischen Maskulinum, Femininum und Neutrum unterschieden werden kann und nur durch eine einzige Form zwischen dem bel. und dem unbel. Subge-

12. Nominale Kategorien: Genus

149

Tab. 18.1: Kongruenzmuster des Adjektivs im Russischen (in phonologischer Form) Sg. Genus f.

m.

n.

bel. unbel. bel. unbel. bel. unbel.

Pl.

N

A

G

D

I

P

-aja

-uju

-oj

-oj

-oj

-oj

ij

-oje

-ovo -ij

N

-ij

-oje

-im

-om

G

D

I

P

-ix

-im

-imi

-ix

-ix -ije -ije

-omu

A

-ix -ije -ix -ije

nus. Pluralia tantum können somit im Russischen keinem der drei Genera zugeordnet werden. Zaliznjak erwägt daher eine eigene Kongruenzklasse. In der Regel werden diese Substantive aber als unterspezifiziert klassifiziert.

3. Beschreibungen von Genus Traditionell wird der Problematik der Bestimmung des Genus der Substantive viel Raum gewidmet, also der Frage, auf Grund welcher Eigenschaften Substantive einem bestimmten Genus angehören, ohne dass es dabei um Genuszuweisung im Sinne eines produktiven Prozesses ginge (z. B. Ivić 1963; Toporišič 1981 u. v. a.). Auch die Frage nach Entwicklungstendenzen im zahlenmäßigen Verhältnis der Genera zueinander sowie bei der Bildung von Neologismen oder der Eingliederung von Fremdwörtern ist häufig Gegenstand von Einzelforschungen (z. B. Mučnik 1971). Neuerdings werden auch Frequenzuntersuchungen zur Vorkommenshäufigkeit der Genusformen anhand von Korpora durchgeführt (z. B. Łaziński 2001). Theoretische Beschreibungen des Genus der slavischen Sprachen nehmen vor allem die folgenden Themen in den Blick: Die grammatiktheoretische Klärung der definitorischen Grundlagen der Kategorie (z. B. Zaliznjak 1964, 1967; Corbett 1982⫺1991; Beard 1995) betrifft vor allem die Frage, ob das Genus eines Substantivs auf Grund seiner Semantik und/oder Form bestimmt werden kann oder lediglich auf Grund seiner Kongruenz, sowie auch darum, ob Genus ein morphologisches Merkmal der Substantive ist oder auf andere Eigenschaften derselben reduziert werden kann. Unmittelbar verbunden mit der Definition von Genus ist die Frage nach der Zahl der Genera (Dalewska-Greń 1991) und ihres Verhältnisses zueinander (Stankiewicz 1968; Jakobson 1971; Rothstein 1973). Dabei stellt sich die Frage, wie viele Kongruenzklassen isoliert werden können, ob jede davon ein eigenes Genus darstellt und ob einige dieser Kongruenzklassen näher miteinander verbunden sind als andere. Insbesondere wird in diesem Zusammenhang seit Jakobsons Analyse des Russischen die Frage der Markiertheit der Genera diskutiert. Ein weiteres Thema, das mit der Abgrenzung von Genus als eigener grammatischer Kategorie zu tun hat ist die Frage

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens nach dem Zusammenhang von Genus und Flexionsklasse des jeweiligen Substantivs (Corbett 1982; Laskowski 1988). Eine relativ junge Fragestellung ist die Zuweisung des Genus an die Substantive (Corbett 1982; Doleschal 2004; Rice 2005). Diesem Thema wird vor allem in der westlichen Sprachwissenschaft nachgegangen. Die Frage nach dem Zusammenhang von Genus und Sexus ist zwar eine alte (Jakobson, Mučnik), sie wurde jedoch unter dem Einfluss der Feministischen Linguistik ab den siebziger Jahren des 20.Jh. neu gestellt (Rothstein 1980; Jaworski 1989; Weiss 1992; Krongauz 1993; Kunst-Gnamuš 1995; Tafel 1997, 1998, Beiträge in Hellinger/ Bußmann 2001, 2003 und Mills 1999 u. v. a.). Dabei geht es in der Regel um Bezeichnungen für weibliche Personen und um die Problematik der Referenz. Die umfassendsten theoretischen Beschreibungen all dieser Fragen mit Bezug auf die vorhandene Literatur sind im Werk von Greville Corbett zu finden (u. a. Corbett 1983, 1988, 1991).

4. Historische Entwicklungen In historischer Perspektive zeichnen sich in den slavischen Sprachen vor allem folgende Tendenzen ab: eine Ausrichtung der Deklinationsklassen nach dem Genus ⫺ in Abkehr vom ererbten indogermanischen und urslavischen Stammprinzip, die Herausbildung der verschiedenen belebten und persönlichen Subgenera, der Rückgang des Neutrums, das in manchen Dialekten vollständig verloren gegangen ist. Diese und weitere einzelsprachliche Entwicklungen sind Gegenstand zahlreicher Publikationen, von denen nur einige exemplarisch genannt werden können: Kucała 1978; Priestly 1983, 1984; Dmitriev 1986; Laskowski 1986.

5. Literatur (in Auswahl) Beard, Robert (1995): „The Gender-Animacy Hypothesis“. // Journal of Slavic Linguistics 3(1). 59⫺96. Corbett, Greville (1982): „Gender in Russian: an Account of Gender Specification and its Relationship to Declension“. // Russian Linguistics 6. 197⫺232. Corbett, Greville (1983): Hierarchies, Targets and Controllers. Agreement Patterns in Slavic. London. Corbett, Greville (1988): „Gender in Slavonic from the Standpoint of a General Typology of Gender Systems“. // The Slavonic and East European Review 66(1). 1⫺20. Corbett, Greville (1991): Gender. Cambridge. Dalewska-Greń, Hanna (1991): Selektywna kategoria rodzaju w języku polskim i serbsko-chorwackim. Analiza konfrontatywna. Warszawa. Dmitriev, P. A. (1986): „O tendencijax maskulinizacii v zarubežnyx slavjanskix jazykax“. // Slavjanskaja filologija. Mežvuzovskij zbornik. Vypusk 5. Leningrad. 117⫺128.

12. Nominale Kategorien: Genus Doleschal, Ursula (2004): Genus als grammatische und textlinguistische Kategorie. Eine kognitivfunktionalistische Untersuchung des Russischen. München. Hellinger, Marlis/Bußmann, Hadumod (eds.). (2001) & (2003): Gender Across Languages. Vol. 1 & (3): Amsterdam/Philadelphia. Iomdin, L. L. (1980): „O russkix suščestvitel’nyx tak nazyvaemogo obščego roda“. // Izvestija Akademii Nauk SSSR. Serija literatury i jazyka 39, 5. 456⫺461. Ivić, Milka (1963): „Relationship of Gender and Number in Serbocroatian Substantives“. International Journal of Slavic Linguistics and Poetics 6. 51⫺57. Jakobson, Roman (1971): „The Gender Pattern of Russian“. // ders. Selected Writings II. Den Haag. 185⫺186. Jaworski, Adam (1989): „On Gender and Sex in Polish“. // International Journal of the Sociology of Language 78. 83⫺92. Kostadinova, Petja (1994): „Subkategorizacijata na roda ⫺ formalni, semantični ili formalnosemantični kriterii“. // Bălgarski jezik 43/44. 465⫺473. Krongauz, M. A. (1993): „Sexus, ili problema pola v russkom jazyke“ // Rusistika, Slavistika, Indoevropeistika. Moskva. 510⫺525. Kucała, Marian (1978): Rodzaj gramatyczny w historii polszczyzny. Wrocław. Kunst-Gnamuš, Olga (1995): „Razmerje med spolom kot potezo reference in spolom kot slovnično kategorijo“. // Jezik in slovstvo 40. 255⫺261. Laskowski, Roman (1986): „The development of the category of gender in the Slavic languages“. // Kastovsky, Dieter/Szwedek, Aleksander (eds.). Linguistics across Historical and Geographical Boundaries. Vol. 1: Linguistic Theory and Historical Linguistics. Berlin. 459⫺ 472. Laskowski, Roman (1988): „The Systemic Prerequisites of the Development of the Declensional Patterns of the Slavic Languages (The Categoryof Gender)“ // Scando-Slavica 34. 111⫺125. Łaziński, Marek (2003): „Grammar and Gender in Polish Corpora“. // Lewandowska-Tomaszczyk, Barbara (ed.). PALC (2001): Practical Applications in Language Corpora. 309⫺327. Mills, Margaret H. (ed.) (1999): Slavic Gender Linguistics. Amsterdam/Philadelphia. Mučnik, I. P. (1971): Grammatičeskie kategorii glagola i imeni v sovremennom russkom literaturnom jazyke. Moskva. Priestly, Tom (1983): „On ‚drift‘ in Indo-European Gender Systems“. // Journal of Indo-European Studies 11. 339⫺365. Priestly, Tom (1984): „O popolni izgubi srednjega spola v selščini: raznodobna rekonstrukcija“. // Slavistična revija 32. 357⫺371. Rice, Curt (2005): „Optimizing Russian Gender“. // Franks, Steven/Gladney, Frank Y./TassevaKurktchieva, Mila (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics (13): The South Carolina Meeting. Ann Arbor. 265⫺275. Rothstein, Robert (1973): „O roli kategorii gramatycznych w ogólnej teorii języka“. // Matejka, Ladislav (ed.). American Contributions to the Seventh International Congress of Slavists. Vol. (1): Linguistics and Poetics. The Hague. 307⫺314. Rothstein, Robert (1980): „Gender and Reference in Polish and Russian“. // Chvany, Christine/ Brecht, Richard D. (eds). Morphosyntax in Slavic. Columbus, Ohio. 79⫺97. Stankiewicz, Edward (1968): „The Grammatical Genders of the Slavic Languages“. // International Journal of Slavic Linguistics and Poetics 11. 27⫺41. Tafel, Karin (1997): Die Frau im Spiegel der russischen Sprache. Wiesbaden. Tafel, Karin (1998): „Russische Sprache und Sexus“ // Jachnow, Helmut (ed.) Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 499⫺524. Toporišič, Jože (1981): „K teoriji spola v slovenskem (knjižnem) jeziku“. // Slavistična revija 29: 79⫺94. Vasčenko, V. (1984): „Grammatičeskaja kategorija obščego roda v russkom jazyke“. // Voprosy jazykoznanija 5. 60⫺68.

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152

III. Die Morphologie des slavischen Nomens Weiss, Daniel (1992): „How many sexes are there? Reflections on natural and grammatical gender in contemporary Polish and Russian” // Laskowski, Roman/Hentschel, Gerd (eds). Studies in Polish inflectional morphology and syntax. Synchronic and diachronic problems. München. 71⫺105. Zaliznjak, A. A. (1964): „K voprosu o grammatičeskix kategorijax roda i oduševlennosti v sovremennom russkom jazyke“. // Voprosy jazykoznanija 4. 25⫺4. Zaliznjak, A. A. (1967): Russkoe imennoe slovoizmenenie. Moskva.

Ursula Doleschal, Klagenfurt (Österreich)

13. Animacy, Personhood 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Animacy/Personhood and its Referential Correlates Interaction with Gender, Number, and Case Constraints on GA Syncretism Syntactic Animacy Modern Morphological Extensions of Animacy and Personhood The Modern Slavic Languages Literature (selected)

Abstract The grammaticalized expression of animacy and personhood correlates with such referential features as definiteness, and the strength of expression of animacy/personhood may correlate inversely with the strength of expression of definiteness. The correlation of animacy/personhood with sex-based gender and grammatical number may be complex and even counter-intuitive. The core expression of animacy in Slavic is GA case syncretism, which, in its core usage, occurs in the singular of certain paradigms of masculine-gender words. All Slavic languages that have retained a fully articulated case system have retained GA syncretism in the masculine singular of nouns referring to animate beings. The Eastern South Slavic languages (Macedonian, Bulgarian) fall outside the general Slavic pattern. Slavic GA syncretism has generally (with the partial exception of Slovak) arisen as a replacement for older NA syncretism. GA syncretism occurs in agreeing forms in the absence of GA syncretism in the head, if the head is eligible for animacy marking on grounds of (masculine) gender and (animate) reference but is morphologically ineligible for GA syncretism (a-stem noun paradigm). Different Slavic languages show a variety of extensions of animacy/personhood marking beyond the masculine singular, creating typologically diverse and sometimes complex morphosyntactic patterns.

1. Animacy/Personhood and its Referential Correlates In many languages including Slavic ones, special grammatical status attaches to words referring to living beings, especially humans (the category of personhood) but also humans together with other animals (the category of animacy). Animacy and person-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Weiss, Daniel (1992): „How many sexes are there? Reflections on natural and grammatical gender in contemporary Polish and Russian” // Laskowski, Roman/Hentschel, Gerd (eds). Studies in Polish inflectional morphology and syntax. Synchronic and diachronic problems. München. 71⫺105. Zaliznjak, A. A. (1964): „K voprosu o grammatičeskix kategorijax roda i oduševlennosti v sovremennom russkom jazyke“. // Voprosy jazykoznanija 4. 25⫺4. Zaliznjak, A. A. (1967): Russkoe imennoe slovoizmenenie. Moskva.

Ursula Doleschal, Klagenfurt (Österreich)

13. Animacy, Personhood 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Animacy/Personhood and its Referential Correlates Interaction with Gender, Number, and Case Constraints on GA Syncretism Syntactic Animacy Modern Morphological Extensions of Animacy and Personhood The Modern Slavic Languages Literature (selected)

Abstract The grammaticalized expression of animacy and personhood correlates with such referential features as definiteness, and the strength of expression of animacy/personhood may correlate inversely with the strength of expression of definiteness. The correlation of animacy/personhood with sex-based gender and grammatical number may be complex and even counter-intuitive. The core expression of animacy in Slavic is GA case syncretism, which, in its core usage, occurs in the singular of certain paradigms of masculine-gender words. All Slavic languages that have retained a fully articulated case system have retained GA syncretism in the masculine singular of nouns referring to animate beings. The Eastern South Slavic languages (Macedonian, Bulgarian) fall outside the general Slavic pattern. Slavic GA syncretism has generally (with the partial exception of Slovak) arisen as a replacement for older NA syncretism. GA syncretism occurs in agreeing forms in the absence of GA syncretism in the head, if the head is eligible for animacy marking on grounds of (masculine) gender and (animate) reference but is morphologically ineligible for GA syncretism (a-stem noun paradigm). Different Slavic languages show a variety of extensions of animacy/personhood marking beyond the masculine singular, creating typologically diverse and sometimes complex morphosyntactic patterns.

1. Animacy/Personhood and its Referential Correlates In many languages including Slavic ones, special grammatical status attaches to words referring to living beings, especially humans (the category of personhood) but also humans together with other animals (the category of animacy). Animacy and person-

13. Animacy, Personhood hood correlate with other referential features, in particular definiteness, and animacy/ personhood and definiteness correlate with referential individuation (Hopper/Thompson 1980): when speakers mention individuals, they typically mean human beings, and mentions of human beings are more likely to be used with definite reference than are mentions of things viewed as an undifferentiated mass. Some or all animals may be classed with human beings with respect to individuation, but the semantics of animacy/ personhood are labile: personhood, animacy, and inanimacy are “not an ordering of discrete categories”, in the words of Croft (1990, 113), “but rather a more or less continuous category ranging from ‘most animate’ to ‘least animate’”. Grammaticalized animacy/personhood in Slavic has developed most luxuriantly in languages with weak expression of definiteness. Interaction with other grammatical categories, especially number, also shows sensitivity to individuation.

2. Interaction with Gender, Number, and Case Correlations between grammaticalized personhood/animacy and other categories may differ from what may seem most natural according to real-world intuitions. 2.1. One might expect that a language with animacy and sex-based gender would subordinate the latter to the former, but the reverse often occurs: expression of animacy may be restricted by gender. This situation recurs in Slavic: animacy/personhood lacks gender constraints when (syntactic) gender is not expressed (for example, in the Russian plural) and is otherwise restricted to masculines. Because animacy is constrained by gender it is sometimes called a subgender. The gender/animacy correlation appears consistent for Russian feminine and neuter nouns only if singular and plural are separated, but there are obvious intuitive reasons for saying that the singular and plural of a noun are a single lexical item and should have the same inherent categories. These intuitions are grammaticalized in Slovak, which extended genitive-accusative (hereafter, GA) syncretism to masculine plurals (hereafter, MPls) at least partly as a strategy for unifying paradigms across number categories. The contrast between Russian and Slovak raises the classic problem of the relationship of the different numbers of a single lexical item. Slavic singular and plural gender systems may differ not only in the singular expressing distinctions absent from the plural but also in paradigms apparently shifting from one gender to another: Serbian/Croatian a-declension nouns referring to male persons and even some animals (Browne 1990, 321) take masculine agreement in the singular but feminine in the plural (Stankiewicz 1968, 33⫺34). Although number and gender should not be overemphasized in analyzing paradigms (Menzel 2003, 240), the special status of number is nonetheless important for the history and typology of animacy/personhood in Slavic. 2.2. Insofar as personhood/animacy interacts with other categories, it may promote differentiation within them. In some languages personal/animate-referential nominals express more numbers than do other nominals (Croft 1990, 111⫺12). The morphology of the Slavic noun category of number is not sensitive to animacy, but the syntax sometimes is. Verb agreement may be more likely to show marked numbers for personal/animate subjects, counted animate/personal subjects may occur in different cases

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens from non-personal subjects (in Polish) or choose different counting forms from nonpersonal subjects (Russian), and, within each number, case inflexion may be sensitive to human or animate reference. 2.3. Distinctive marking of case is the most characteristic expression of animacy in Slavic languages. Accusative (object) marking is the most typical form of differential animate case marking in the languages of the world, and it is also the most characteristic animate/non-animate marking in Slavic, the earliest records of which attest to the rise of such differential accusative-case marking. 2.3.1. The core expression of animacy in Slavic is GA syncretism, which, in its core usage, occurs in the singular of certain paradigms of masculine-gender words. All Slavic languages that have retained a fully articulated case system have retained GA syncretism in the masculine singular (hereafter, MSg) of nouns referring to animate beings. Extensions beyond the core occur in all Slavic languages. Noun GA syncretism is treated here as central to Slavic animacy, and neither other morphological correlates of the category nor its syntax are exhaustively catalogued. A detailed survey is Mindak (1990, 55⫺107). 2.3.2. The use of the genitive form in GA syncretism is a morphological assimilation to the form of genitive complements, widespread in early Slavic. However, verb complements in the genitive case are semantically distinct from the nominals that most readily innovate genitive-form accusatives: whereas genitive complements tend to be unindividuated, the referents of words with GAs are highly individuated. The distinction between (syntactic) genitives and accusative complements syncretic with genitives was established by Meillet (1897). Later work on the relevance of individuation to object marking (Timberlake 1975, Hopper/Thompson 1980, Klenin 1980) articulated the semantics of GA syncretism and its relationship to genitive objects.

3. Constraints on GA Syncretism The earliest Old Church Slavonic texts show genitive forms for the accusative case of some words in certain paradigms. The accusative of the (animate/personal MSg) pronoun kъto (‘who’) is always kogo, syncretic with the genitive. Other pronouns and adjectives used with animate/personal reference may also show GA syncretism, and some pronouns (in particular, demonstratives) often do so. Not only in our earliest records but also more generally, pronominal and adjectival forms innovate GA syncretism more readily than nouns (see sections 4; 5; 6.1; 6.3.4). In Old Church Slavonic, pronominal and adjectival paradigms offer the few persuasive examples of plural GA syncretism (cf. Krys’ko 2000, 192⫺93). MSg nouns originating in the o- and io-stem paradigms (that is, in the paradigms in which the largest stock of human-referential nouns occurred) show GA syncretism for personal/animate nouns, with accusative/ genitive form -a. This usage was probably recent at the time of writing of the earliest Old Church Slavonic texts. Old Church Slavonic GA usage is not uniform, and its referential constraints are not well defined. It is generally agreed that the early core of GA syncretism is represented by, first, kogo and, second, nominal forms referring to (free adult) male persons, but genitive-syncretism occurs with nominal forms that

13. Animacy, Personhood do not clearly meet these referential requirements. GA syncretic nouns may refer to animals or supernatural beings, or human reference may be metaphorical. Some instances of GA syncretism are difficult to assimilate to any principled semantic description. What is clearly marked by GA syncretism is that the given word appertains to a paradigm characterized by GA syncretism, and secondarily (since most nouns of these paradigms are not so marked) that the word appertains to a subset of nouns eligible for such marking. The paradigms characterized by GA syncretism in early Slavic are nominative-accusative (hereafter, NA) syncretic for all paradigm members not GA syncretic. GA syncretism is for this among other reasons often viewed as a remedial response to subject/object ambiguity (Andersen 1980 discusses this view), but it also increases paradigm differentiation (see 2.2 above): GA syncretism does not differentiate more than NA syncretism, but opposition of the two increases complexity correlating with animate reference in the paradigm. 3.1. The primacy of inflexional constraints on Slavic GA syncretism is suggested by the distribution of the syncretism: not only is it characteristic of the o-stems, in which NA syncretism occurs or occurred, but it also has been innovated in words that migrated to the o-stems from elsewhere. For example, in early Slavic the word synъ ‘son’ resists GA syncretism, and this is attributed to the recent migration of the word from the u-stem paradigm to the o-stems. The GA was also innovated in originally non-NA syncretic paradigms once NA syncretism had developed. The early Novgorod dialect shows -e instead of the general Slavic -ъ as the nominative singular of o-stem masculine nouns, and thus the o-stem accusative in -ъ was not syncretic with the nominative. GA syncretism did not appear in Novgorod except insofar as the native dialectal form was replaced by the more general Slavic variant (Krys’ko 1993, 69⫺74). In a different type of example, MPl nouns in East Slavic generalized GA syncretism after the rise of NA syncretism in the corresponding paradigm. Krys’ko (2000, 192⫺93) notes NA syncretism as the context of the Old Church Slavonic MPl GAs. 3.2. In spite of the importance of NA syncretism, evidence from later stages of Slavic (sections 5⫺6 and subsections) shows that it has been neither a necessary nor a sufficient condition for GA expansion. Slavic GA syncretism has expanded under different constraints from those under which it was innovated. 3.3. The GA was originally restricted to masculine nouns (see 2.1), and has so remained in much of Slavic. Neuter singular nouns do not show GA syncretism, and feminine plurals did not show GA syncretism in medieval Slavic, in spite of NA syncretism in the same paradigm. Since GA syncretism does not antedate neuter and feminine NA syncretism (Horálek 1962, 168⫺72), gender was relevant to the innovation of Slavic GA syncretism. It has remained relevant as the syncretism captured new paradigms. Although East Slavic extends the animate GA to all plurals, this extension occurred only when the plural lost gender specification.

4. Syntactic Animacy GA syncretism occurs in agreeing forms even when their head does not. This occurs when the head is morphologically ineligible for GA syncretism (a-stem nouns), but fits the gender and referential criteria (masculine animate). Although space limits discus-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens sion of the syntax of animacy/personhood (but see 2.2), it should be noted that agreeing forms have tended to adopt GA syncretism earlier than the syncretism has been expressed in nouns. Animacy has thus tended to be marked first on lexical items for which it is not an inherent category. On the syntax of animacy and gender in Russian, see Durnovo (1924).

5. Modern Morphological Extensions of Animacy and Personhood In spite of having some syntactic correlates (notably, preferential direct-object marking for accusatives in innovating paradigms), GA syncretism has expanded primarily along morphological lines. Some Slavic languages extend animacy/personhood marking from the singular to other numbers and some have distinctive animate/personal morphology in cases other than the accusative. Because of the lability of animacy/personhood semantics, GA syncretism is better defined morphologically than referentially. As a result, animacy sometimes puts itself out of business, when entire morphological classes have adopted GA syncretism without referential discrimination. Russian anaphoric and personal pronouns have done this, and all Slavic languages that have GA syncretism have extended it to at least a few nouns that do not refer to animate beings. In a few extreme cases, dialects have lost grammaticalized animacy by extending the GA to all masculine accusatives of the relevant declension class. Stankiewicz (1968, 32) states that this is the situation in Kajkavian and in Eastern Slovenian nursery speech. Because of the lability of the GA, Stankiewicz (1968, 30) argues that the category relevant to Slavic is not animacy but inanimacy. In Slavic languages where animacy flourishes, it may even separate personal reference from animal reference. (In such cases, grammatical personhood is innovatory, not a relic of early Slavic.) Speakers using human-referential nouns in Slavic languages that express both personhood and animacy may in some circumstances choose inflexional morphology that does not express human reference, even where such morphology is available. For example, Polish expresses animacy in the singular and (male) personhood in the plural, but it is possible and sometimes appropriate to use non-personal nominative plural forms for nouns that normally refer to male persons and that show GA syncretism in the same plural paradigm.

6. The Modern Slavic Languages The survey in this section is limited to modern standard languages, with only limited attention to language history and dialects. 6.1. Eastern South Slavic (Bulgarian, Macedonian) is not discussed here. The reduction of nominal inflexion in these languages makes the general Slavic treatment of animacy/personhood inapplicable to them; Stankiewicz (1968, 32) argues, however, that “[t]he loss of this opposition is … independent of the loss of the case system”. Western South Slavic languages have expanded the GA in the MSg, but have not otherwise extended it: Priestly (1993, 399) states that it is used in Slovene for nouns referring to “makes of car, kinds of illness, [and] names of wines”. The best-known use of the GA

13. Animacy, Personhood in Slovene is the “orphan accusative”, illustrated by Priestly (1993, 438) with the phrase hóčem navâdnega ‘I want (the) ordinary (one)’, where the GA headless adjective refers to a masculine inanimate (NA) antecedent (in Priestly’s example, a hat). 6.2. The East Slavic languages have extended the GA to some masculine inanimates and to the plural (unconstrained by gender), but the three languages differ in the extent to which these developments have been realized. Earlier stages of the East Slavic languages also showed the extension of the GA to the masculine dual, which was, however, lost by the beginning of the 15th century (Krys’ko 2001, 207⫺09). East Slavic also makes some use of inflexional doublets (for example, genitive singular -u) the appearance of which may be wholly or partly correlated with (in)animacy or personhood. Within East Slavic, the the development of GA syncretism was inhibited in the medieval Novgorod dialect by the absence of NA syncretism in the singular of ostem masculine nouns (Zalizniak 2004, 106⫺07, 150). Russian and Belorussian usage are apparently similar to each other, while Ukrainian usage is broader in the singular, more readily extending GA syncretism to inanimates, but is narrower in the plural, where nouns referring to animals do not always show GA syncretism (Shevelov 1993, 958). The Ukrainian extensions of GA syncretism are at least sometimes facultative. 6.3. The West Slavic languages, like Ukrainian and western South Slavic and unlike Russian and Belorussian, have generalized GA syncretism for masculine animate nouns in the singular but not the plural. Some of West Slavic also extends MSg GA syncretism to many inanimates. Plural GA syncretism in much of West Slavic is entirely restricted to, or tends to be applied only to, (male) human-referential accusatives. At the same time, West Slavic is especially inclined to mark animate or personal reference with distinct inflexional forms in other cases than just the accusative. West Slavic plural human-reference marking, unknown in the singular, may be compared with other number-differentiating innovations elsewhere in Slavic, such as East Slavic loss of plural gender distinctions and South Slavic gender-switching of nouns between singular and plural. In some West Slavic systems, animacy and personhood have acquired forms of expression covering much more of the singular and plural, respectively, than elsewhere in Slavic, while animacy and (male) personhood are more systematically distinguished from each other (and from inanimates and non-male-persons). 6.3.1. In the singular of Czech masculine nouns, animate reference is expressed not only in GA syncretism (which also extends to some inanimates [Oberpfalcer 1933, 92⫺ 94]) but also in the distinction of animate vs. inanimate genitive, dative, and locative case forms. The plural lacks animate GA syncretism; however, masculine animate nominative plurals are distinguished inflexionally from the corresponding accusatives and from inanimate MPl nominatives. (The inanimate MPls have NA syncretism, and the same ending is also used in the accusative plural of animates). Animacy marking in pronominal inflexion is roughly parallel to that in nouns. A recent systematic survey is Short (1993, 465⫺77). Some dialects differ from the system described here, and are more similar to the Slovak norm, showing GA syncretism of Mpls referring to male persons. Czech dialectal usage is described in Oberpfalcer (1933, 86). 6.3.2. Standard Slovak usage differs strikingly from that of Czech. (A concise summary is Short 1993, (544): For detailed comparative, dialectological, and historical informa-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens tion, see Stanislav 1958, 18⫺19.) On one hand, the plural largely restricts GA marking to human-referential masculine nouns (including a-stems), covering only a few animalreferential ones as well. On the other hand, this semantically restricted plural marking is inflexionally well articulated, since it includes both GA syncretism and a special nominative plural form. Animal-referential nouns show some variation conditioned by stylistic considerations and in dialects (Pauliny/Štolc/Ružička 1955, 135; 154; Stanislav 1958, 19). The pronominal and adjectival systems differ from Czech in roughly corresponding ways. The restriction of the plural GA to human reference, however, is of fairly recent origin and represents a narrowing of a category of animacy in the plural, marked through both special nominative forms and GA syncretism. The older system is evidently still alive in some (western) dialects. The Slovak animate plural GA is interesting because it seems to have arisen in the absence of NA syncretism and would seem to represent a tendency toward unification of the singular and plural paradigms of masculines with animate reference. A curiosity of the Slovak singular GA is that masculine a-stems show GA syncretism based on the accusative form, rather than the genitive. 6.3.3. Upper Sorbian shows MSg GA syncretism for animate nouns. In the dual and plural, GA syncretism is restricted to (male) human-referential nouns. In addition, the inflexion of MPl nouns reserves some (nominative) desinences for human-referential nouns and apparently also one (accusative) desinence for non-human-referential nouns (Stone 1993, 617). Personal and anaphoric pronouns generalize GA syncretism. 6.3.4. Lower Sorbian differs from Upper Sorbian in showing GA syncretism for animate dual and plural masculine nouns (including a-stems) and in lacking special nominative plural endings for nouns with male human reference (Janaš 1984, 73⫺121; Ermakova 1979, 56⫺60). The appearance of the plural GA is limited to constructions with numerals ‘3’ and ‘4’, and in apposition with (genitive-) accusative plural personal pronouns was and nas. The distribution of GA syncretism is one of the major isoglosses separating Lower from Upper Sorbian (see Map 2 [unnumbered insert page] in Lötzsch 1965). Janaš (1984, 74) states that, under the influence of Upper Sorbian, some grammars of Lower Sorbian show the GA plural as obligatory for male personal nouns but excluded for nouns referring to animals. The 1761 (west) Lower Sorbian grammar by Hauptmann (1984: 63⫺64) states that masculine animal-referential nouns show GA syncretism in the singular and dual but not the plural, whereas masculines referring to persons prefer but do not require the GA in the plural. The 3rd-person anaphoric pronoun ‘won’ in the plural makes no gender distinctions and shows GA syncretism for personal nouns only (Janaš 1984, 259). The lower Sorbian situation is of interest because it differs from not only Upper Sorbian but also Polish (to which it is sometimes allied as a Lekhitic language), and because of its GA syncretism constraints based on apposition with pronouns (known for their susceptibility to GA syncretism) and low numbers (suggesting influence from the dual). This last point is relevant for the situation in Polish, where the dual has been lost but exerted lasting influence on plural GA syncretism (see 6.3.5). 6.3.5. Polish and Kashubian (Cassubian) are similar in their expression of animacy/ personhood. In both languages, the modern situation is recent (late 17th century, according to Stone 1993, 769). GA syncretism applies to the usual class of MSg animatereferential nouns and their modifiers and some classes of MSg inanimates. The Polish

13. Animacy, Personhood inanimate GA is extensively used, normative for many nouns, and productive, whereas Stone (1993, 769) stresses the facultative status of the inanimate GA in Cassubian. In the plural, both languages restrict the nominal GA to male-person-referential masculines. Both languages use special nominative plural male-personal inflexional patterns, although in some northern Cassubian the relevant desinence (-owie) also occurs in nouns referring to animals. Masculine nouns in -a also borrow -ów endings in the genitive plural in both languages. The modern Polish and Cassubian systems are thus similar to each other and to Slovak and Upper Sorbian but are different from Czech and Lower Sorbian. The Polish situation also recalls Slovak in other ways. The differentiation of plural personhood, as distinct from animacy, is recent. Grappin (1956, 113) states that, contrary to the view that Polish did not develop animacy in the plural, “cette assertion est entièrement démentie par les textes”. According to Kucała (1978, 149), the 15th⫺16th centuries saw the plural GA spread into the declension of plural masculine nouns referring to animals as well as to persons. At that time NA syncretism was also spreading from inanimates to nouns with animal (but not human) reference. The GA was in full retreat from animal-noun declension by the 18th century (Grappin 1956, 113), but much later examples occur in stylistically meaningful functions and in dialect (Grappin 1956, 113⫺14; Kucała 1978, 149⫺50, 152). The Polish situation recalls Slovak not only in its results but in the circumstances that generated them: plural GA syncretism was not a response to NA syncretism, which was more a synchronic competitor than an historical feeder mechanism. The process by which the GA extended into the plural has thus fairly been characterized as a consequence of analogy to prior GA usage not only in the singular but also in the dual (Grappin 1956, 113; Kucała 1978, 156⫺57). The Polish plural GA expanded preferentially in number constructions, from the dual into constructions with the numerals ‘3’ and ‘4’. The link with low numbers has been noted in modern Lower Sorbian and may be compared with modern Polish genitive ersatz-subject constructions referring to counted male persons (Rothstein 1993, 749). In Polish, Cassubian, Lower Sorbian, and Slovak, plural GA syncretism evidently started as animacy marking analogous with previously existing animate GA syncretism in the dual. 6.4. The relevance of quantification to GA syncretism recalls not only the significance of now-lost morphology, notably the dual, but also the typological phenomenon underlying all the diverse Slavic expressions of person and animacy: a high level of individuation, as represented by single human individuals, is one end of a scale the opposite end of which is non-individuation, as represented by non-countable or mass objects. Plurals and counted items may be construed as non-individuated or as collections of individuals. NA syncretism eroded the old plural paradigms from the opposite end, as it were, from the one at which potentially eligible objects of NA syncretism were ‘removed’ by GA syncretism. The consequences of this referential competition were different, depending at least partly on their chronological ordering. The details of how the development of animacy and personhood were motivated in the different Slavic languages must thus depend on precise and detailed analysis of the history of each language system. Moreover, it is clear that the case syncretism at the core of Slavic animacy/ personhood may develop different semantic correlates depending on the system within which the syncretism grows. Thus, the semantics associated with personhood/animacy categories in Slavic may be regarded as open to definition and re-definition according

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens to the formal context. This is evident in the ill-defined semantics of the at first mainly human-referential Old Church Slavonic GA and in the reinvention of a narrower category of personhood in much of West Slavic, well after a broader category of animacy had evolved.

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14. Nominale Kategorien: Kasus

161

Short, David (1993): “Czech. Slovak” // Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (eds.). The Slavonic Languages. London. 455⫺532, 533⫺592. Stanislav, Ján (1958): Dejiny slovenského jazyka II. Tvaroslovie. Bratislava. Stankiewicz, Edward (1968): “The grammatical genders of the Slavic languages”. // International Journal of Slavic Linguistics and Poetics 11: 27⫺41. Stone, Gerald (1993): “Sorbian. Cassubian”. // Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (eds.). The Slavonic Languages. London. 593⫺685, 759⫺794. Timberlake, Alan (1975): “Hierarchies in the genitive of negation”. // Slavic and East European Journal 19: 123⫺139. Zaliznjak, A. A. (22004): Drevnenovgorodskij dialekt. Moskva.

Emily Klenin, Los Angeles (USA)

14. Nominale Kategorien: Kasus 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung Die prinzipielle Frage nach der Zahl der Kasus am Beispiel des Russischen Einige Fragen der Differenzierung von Einzelkasus Die Ausprägung der formalen Distinktionen in den Paradigmen Fazit Literatur (in Auswahl)

Abstract At issue in this paper is the morphology of the category of case. After an introduction, which apart from general considerations, pays some attention to specific phenomena such as the vocative „case” and the syntagmatic autonomy of case, the question of the number of cases is discussed first, taking Russian as a central example. A second major point of discussion is the problem of „incompleteness” of those cases that do not occur with all possible „case carriers” (gaps in the paradigm) and the problem of paradigmatic autonomy of cases. In the third place, several aspects of formal distinctions or nondistinctions of cases in different paradigms are discussed, in particular phenomena such as (a) inflectional classes, (b) common ground and differences in singular, plural and, possibly, dual paradigms, (c) morphonologically conditioned regularities, and (d) the role of the semantic features of animacy and person. The paper concentrates on nouns, but at the end some peculiarities of adjectives, participles and pronouns are hinted at.

1. Einleitung Neben den baltischen Sprachen sind es die slavischen, die die morphologischen Kasus des Indogermanischen am stärksten bewahrt haben. Eine Ausnahme bilden jedoch das Bulgarische und Makedonische, die den morphologischen Kasus bei den Nomen verlo-

14. Nominale Kategorien: Kasus

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Short, David (1993): “Czech. Slovak” // Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (eds.). The Slavonic Languages. London. 455⫺532, 533⫺592. Stanislav, Ján (1958): Dejiny slovenského jazyka II. Tvaroslovie. Bratislava. Stankiewicz, Edward (1968): “The grammatical genders of the Slavic languages”. // International Journal of Slavic Linguistics and Poetics 11: 27⫺41. Stone, Gerald (1993): “Sorbian. Cassubian”. // Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (eds.). The Slavonic Languages. London. 593⫺685, 759⫺794. Timberlake, Alan (1975): “Hierarchies in the genitive of negation”. // Slavic and East European Journal 19: 123⫺139. Zaliznjak, A. A. (22004): Drevnenovgorodskij dialekt. Moskva.

Emily Klenin, Los Angeles (USA)

14. Nominale Kategorien: Kasus 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung Die prinzipielle Frage nach der Zahl der Kasus am Beispiel des Russischen Einige Fragen der Differenzierung von Einzelkasus Die Ausprägung der formalen Distinktionen in den Paradigmen Fazit Literatur (in Auswahl)

Abstract At issue in this paper is the morphology of the category of case. After an introduction, which apart from general considerations, pays some attention to specific phenomena such as the vocative „case” and the syntagmatic autonomy of case, the question of the number of cases is discussed first, taking Russian as a central example. A second major point of discussion is the problem of „incompleteness” of those cases that do not occur with all possible „case carriers” (gaps in the paradigm) and the problem of paradigmatic autonomy of cases. In the third place, several aspects of formal distinctions or nondistinctions of cases in different paradigms are discussed, in particular phenomena such as (a) inflectional classes, (b) common ground and differences in singular, plural and, possibly, dual paradigms, (c) morphonologically conditioned regularities, and (d) the role of the semantic features of animacy and person. The paper concentrates on nouns, but at the end some peculiarities of adjectives, participles and pronouns are hinted at.

1. Einleitung Neben den baltischen Sprachen sind es die slavischen, die die morphologischen Kasus des Indogermanischen am stärksten bewahrt haben. Eine Ausnahme bilden jedoch das Bulgarische und Makedonische, die den morphologischen Kasus bei den Nomen verlo-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens ren haben und nur noch in gewissen Pronominalparadigmen Kasusreste zeigen, ähnlich wie das Englische. Sie bleiben aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Traditionell werden sechs ⫺ nämlich Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Instrumental und Lokativ ⫺ bzw., mit dem Vokativ, sieben Kasus angenommen, und zwar sowohl für das Altkirchenslavische (Altbulgarische), die am frühesten schriftlich belegte slavische Sprache aus der zweiten Hälfte des 9. Jhs. (somit eine südslavische Varietät), als auch für alle modernen „kasusbewahrenden“ slavischen Sprachen und natürlich alle zeitlich dazwischen liegenden Varietäten der letztgenannten (Altpolnisch, Alttschechisch, …). Der Vokativ war als morphologisch selbständiges Phänomen stets auf den Singular beschränkt; sonst hatten und haben Nominativformen vokativische Funktion. Das Russische, Weissrussische, Slovenische und Niedersorbische haben den „alten“, gemeinslavischen Vokativ abgesehen von einigen Reliktformen nicht bewahrt. Im Makedonischen besteht eine starke Tendenz, den Vokativ fakultativ zu verwenden, und auch im Slovakischen ist der Vokativ weithin auf formelhaften Gebrauch beschränkt. Allerdings treten in allen Sprachen Nominativformen im größeren oder kleineren Umfang alternativ zum Vokativ auf. Das Russische kennt im umgangssprachlichen Gebrauch einen endungslosen „neuen“ Vokativ, der fast ausschließlich bei Substantiven mit Nom.Sg. auf -a vorkommt (z. B. beim Eigennamen Maša: Maš; Mel’čuk 1986, 55), sporadisch gibt es auch pluralische Anredeformen wie rebjata, rebjat ‚Kinder, Leute‘. Terme im Vokativ stehen als Anredeform ausserhalb der Satzstruktur. Der Vokativ erfüllt somit nicht die Bedingungen einer syntaktisch bzw. syntaktosemantisch orientierten Kasusdefinition, gemäß welcher die Funktion der Kasus darin besteht, „das Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem Nomen und seinem lexikalischen Kopf (übergeordneten Element) mit morphologischen Mitteln zu kodieren“ (vgl. Blake 2001, 8), sondern er zeigt nur morphologische Affinität zu „echten“ Kasus. Er ist im folgenden nur am Rande zu berücksichtigen. Aber auch die Zahl der anzunehmenden Kasus mit „genuiner“ syntagmatischer Ausdrucksfunktion ist durchaus zu hinterfragen, denn die konsequente deskriptive Anwendung eines theoretisch explizierten Kasusbegriffs könnte zumindest für einige slavische Sprachen eine größere Zahl von Kasus ergeben (s. 2). Nicht alle der genannten Kasus sind heute im Gegensatz zu früheren Zeiten als Strukturanzeiger syntagmatisch selbständig. Der Lokativ tritt in allen slavischen Sprachen nur noch mit Präpositionen auf. (Als Sonderfall ist das Obersorbische zu vermerken, wo die Präposition w vor Substantiven im Lokativ nur graphisch, nicht aber lautlich realisiert wird; vgl. Stone 1993, 614.) Für das Russische der Gegenwart nennt man diesen Kasus Präpositiv (predložnyj padež). In manchen Sprachen (im neueren Kaschubischen, abgesehen vom substantivischen Prädikat, im Obersorbischen, wiederum mit Ausnahme des substantivischen Prädikats in explizit schriftsprachlichen Realisierungen, im Niedersorbischen und im Slovenischen) ist auch der Instrumental nur noch nach Präpositionen möglich. Abgesehen von den Nomen, d. h. hier Substantiven, Adjektiven, adjektivisch flektierten Partizipien und Pronomen sind die genannten morphologischen Kasus in den slavischen Sprachen auch bei Kardinalzahlwörtern anzutreffen. Im Serbischen und Kroatischen bleiben letztere jedoch ohne Kasusmarkierung; nur die Zahlwörter für 1 sowie 2, 3 und 4 verfügen hier über Kasusflexion, die allerdings nur in Kongruenzstrukuren auftritt. Mehr oder weniger deutliche Tendenzen, Kardinalia besonders umgangssprachlich ohne Kasusmarker (d. h. die entsprechende Nominativform in allen

14. Nominale Kategorien: Kasus syntaktischen Kontexten) zu verwenden, sind auch in den anderen slavischen Sprachen zu beobachten. Neben der Kasusflexion zählt zum nominalen und pronominalen Kategoriengefüge der slavischen Sprachen als Erbe des Indogermanischen erstens der Numerus, der in den meisten slavischen Sprachen aus der Opposition zwischen Singular und Plural besteht. Das Ober- und das Niedersorbische sowie das Slovenische haben außerdem den Dual bewahrt. Zweitens ist das Genus zu nennen mit der ererbten Differenzierung von Maskulinum, Femininum und Neutrum sowie den slavischen Neuerungen einer „Belebtheitskategorie“ und einer Kategorie der (männlichen) Personalität, die jeweils nur in gewissen Kasus-Numerus-Konstellationen differenziert werden (im Akk.Sg., aber auch Akk.Pl. sowie noch begrenzter im Nom.Pl.). Man versteht letztere als Subgenera, da sie wie traditionelle Genera ein Kongruenzklassenphänomen darstellen. Numerus und Genus werden (bei punktuellen agglutinierenden Tendenzen) kombiniert bzw. „flektierend“, d. h. in den jeweiligen Endungen morphologisch untrennbar symbolisiert.

2. Die prinzipielle Frage nach der Zahl der Kasus am Beispiel des Russischen Als morphologischer (Einzel-)Kasus wird eine Menge semantischer oder syntaktischer Relationen angenommen, die für eine gegebene Klasse von Lexemen über ein einheitliches morphologisches Kodierungsmuster verfügt. Dieses kann aus segmentalen Ausdrucksmitteln oder dem sog. „Nullmarker“ bestehen; ggf. müssen auch Akzentoppositionen in die Betrachtung einbezogen werden (vgl. z. B. Wurzel 1984, 67; Zaliznjak 1973, 77). Trotz dieser relativ eindeutigen formalen Anforderungen an die Konstitution von Kasusgrammemen wird der traditionelle Kanon von sechs Einzelkasus besonders für das Russische in Frage gestellt. Hier sind zunächst zwei weitere Kasus vorgeschlagen worden: zum einen ein „Partitiv“ (eher ein Kasus der unbestimmten Menge als ein echter Partitiv) und zum anderen ein Lokativ i. e. S. Der Lokativ findet sich in den russischen Singularparadigmen bei einigen hundert Substantiven nach den Präpositionen v ‚in‘ oder na ‚auf‘ in lokaler Funktion: v lesu ‚im Wald‘, na nosu ‚auf der Nase‘, v teni ‚im Schatten‘. Nach Präpositionen in nicht-lokaler Funktion stehen diese Substantive im Präpositiv (Lokativ i. w. S.): o lese ‚über den Wald‘, o nose ‚über die Nase‘, o teni ‚über den Schatten‘. Der Partitiv ist erkennbar bei maskulinen Substantiven wie čaj ‚Tee‘, wenn man Kontexte mit dem „gewöhnlichen“ Genitiv wie vkus čaja ‚der Geschmack des Tees‘ vergleicht mit Kontexten wie stakan čaju ‚ein Glas Tee‘ (aber mit attributiver Erweiterung eher stakan kitajskogo čaja ‚ein Glas chinesischen Tees‘). Diese Formen erfüllen Mel’čuks (1986, 53 ff.) „principle of external autonomy of case forms“: Zwei unterschiedlich kasusmarkierte Wortformen eines Lexems können nur dann als Kodierungen eines Kasusgrammems betrachtet werden, wenn sie nicht in freier Variation stehen und die Auswahl des Kasusmarkers auch nicht von weiteren syntaktisch abhängigen Wortformen abhängt (vgl. im Fall der Genitivmarkierung im Deutschen die Heimat Vergils vs. die Heimat seines Vergil), sondern die Auswahl der jeweiligen Kasusmarker auf unabhängig von der Kasussemantik bestehende Eigenschaften rekurriert (seien es morphonologische Gesetzmäßigkeiten, Numerus- oder

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Flexionsklassenkontraste; s. u.). Demgemäß müssen in den genannten Fällen jeweils zwei Kasus angenommen werden. Zaliznjak (1973, 76 ff.) führt den Lokativ und den Partitiv unter den morphologisch „schwach differenzierten“ Kasuspaaren an (s. 3.2): Die morphologisch vom Präpositiv verschiedene Kodierung des Lokativs tritt nur bei einem relativ kleinen Teil derjenigen Substantive auf, die in dem betreffenden funktionalen Kontext vorkommen können. Bei der großen Mehrheit der Substantive gibt es keine Kodierungsopposition zwischen echter lokativischer Funktion und anderen Kontexten des Präpositivs (v gorode ‚in der Stadt‘, o gorode ‚über die Stadt‘ usw.). Ebenso wird der Partitiv nur bei einer bestimmten Anzahl derjenigen Substantive, die in partitivischen Funktionen auftreten können, formal vom Genitiv unterschieden und ist darüber hinaus ⫺ im Gegensatz zum Lokativ i. e. S. im Verhältnis zum Präpositiv ⫺ gegenüber dem Genitiv fakultativ (vgl. Zaliznjak 1973, 80 f.). (Nur sporadisch alterniert der Lokativ i. e. S. mit dem Präpositiv fakultativ, z. B. in na dube / na dubu ‚auf der Eiche‘.) Die überwiegende Zahl der russischen Substantive, vgl. xleb ‚Brot‘, kennt die spezifische Form auf -u nicht: vkus xleba ‚der Geschmack des Brotes‘ und kusok xleba ‚ein Stück Brot‘. Ein weiterer Kandidat für den Status eines morphologischen Kasus im Russischen ist die sog. „Zählform“. Die Zahlwörter 2, 3 und 4 sowie 22, 23, 24 usw. im Nom. und Akk. „regieren“ regulär den Gen.Sg. (historisch gesehen eine Uminterpretation des Nom./Akk. Dl. nach 2 und deren Ausweitung auf 3 und 4), Zahlwörter von 5 bis 20, 25 bis 30 usw. den Gen.Pl. Einige wenige Substantive zeigen selbständige Formen, die eben nur nach Zahlwörtern auftreten. Für die Numeralia der Reihe 2, 3 und 4 sind dies einige wenige Substantive wie rjad ‚Reihe‘, šag ‚Schritt‘, čas ‚Stunde‘, šar ‚Kugel‘ und sled ‚Spur‘, die im Gen.Sg. Stammbetonung, in der Zählform Endungsbetonung aufweisen (značenie ėtogo šága ‚die Bedeutung dieses Schrittes‘ vs. dva šagá ‚zwei Schritte‘) sowie die deadjektivischen Substantive, die nach den betreffenden Numeralia im Gen.Pl. stehen (skazuemoe ‚Prädikat‘: dva skazuemyx) oder ⫺ bei femininem Genus ⫺ zwischen Nom.Pl. und Gen.Pl. variieren (stolovaja ‚Mensa, Garküche‘: dve stolovye / stolovyx). Nach den Numeralia der Reihe von 5 an aufwärts nehmen verschiedene maskuline Substantive mit zählbaren Denotaten und Maßeinheiten eine Sonderform an: Anstelle des Gen.Pl. treten sie in einer endungslosen Form auf, die mit dem Nom.Sg. formal identisch ist (apel’sin: pjat’ apel’sin ‚fünf Apfelsinen‘ vs. cvet apel’sinov ‚die Farbe der Apfelsinen‘; kilogramm: pjat’ kilogramm ‚fünf Kilogramm‘ vs. ne dosčitat’sja kilogrammov ‚die Kilogramme nicht zählen können‘). Auch in diesen Fällen sind die Voraussetzungen für die Annahme eines morphologisch schwach differenzierten Kasus gegeben, der bei bestimmten Lexemen in Kontexten nach 2, 3 und 4 vom Gen.Sg. und bei bestimmten anderen Lexemen in Kontexten nach 5 usw. vom Gen.Pl. abweicht. (Es gibt aber kein Lexem im Russischen, das vom Standard abweichende Realisierungen der Zählform in beiden genannten Kontexten aufweist.) Neben den bisher beschriebenen erörtert Zaliznjak (1967, 49 ff.) noch weitere formale Kodierungsrelationen, die als morphologische Kasus qualifiziert werden können. So kann man nach dem Verb ždat’ ‚warten‘ und seinen Ableitungen einen ždatel’nyj padež ‚Wartekasus‘ annehmen, da hier das direkte Objekt von Substantiven mit belebten Denotaten im Akk. steht (ždat’ sestru ‚auf die Schwester warten‘), von Substantiven mit unbelebten Denotaten aber im Gen. (ždat’ noči ‚die Nacht erwarten‘), wenn nicht freie Variation vorliegt (ždat’ poezd/poezda ‚auf den Zug warten‘). Die Formenvielfalt des direkten Objekts zu ždat’ lässt sich weder auf den Akk. noch auf den Gen.

14. Nominale Kategorien: Kasus zurückführen, sondern es kann ein eigenständiger morphologischer Kasus angenommen werden, der Formen der beiden genannten Kasus weitgehend komplementär vereint. (Eine andere, syntaktische Lösung liegt darin, für das Verb ždat’ „gespaltene Rektion“ anzusetzen, so dass dieses Verb in bestimmten Fällen den Gen. und in anderen den Akk. regiert, ggf. variativ.) Außerdem ist eine Reihe von Verben auszugliedern, die in gewissen Kontexten den Eingang einer Person in bestimmte soziale Gruppen ausdrücken. Diese Verben regieren die Präposition v, welche üblicherweise den Akkusativ oder Präpositiv der folgenden Nominalgruppe verlangt. Hier steht das Substantiv jedoch in einer Pluralform, welche formal mit dem Nom. übereinstimmt: idti v soldaty ‚zu den Soldaten gehen‘, prinjat’ v členy ‚als Mitglieder aufnehmen‘. (Historisch sind dies alte Akkusativformen, denen jüngere wie soldat, členov gegenüberstehen.) Will man das Postulat eines präpositional gebundenen Nominativs vermeiden, ist hier ein eigenständiger, auf bestimmte lexikalische Kontexte beschränkter morphologischer Kasus anzunehmen ⫺ der „Einschlusskasus“ (vključitel’nyj padež; Zaliznjak 1967, 50). Neben den traditionellen sechs Kasus ermittelt Zaliznjak (1967; 1973) für das Russische also zunächst fünf weitere, die aber nur bei einer relativ kleinen Gruppe von Substantiven formal markiert werden oder durch den lexikalischen Kontext eng beschränkt sind. Weitere sechs präpositional regierte Kasus betreffen das System der pronominalen Ausdrucksformen (vgl. ego als Gen.Sg. des Personalpronomens der 3. Person mask./neutr. vs. nego nach Präpositionen wie ot ‚von‘: ot nego ‚von ihm‘); sie sind hier nicht weiter zu berücksichtigen. Soweit nicht anders vermerkt, beschränken wir uns im weiteren auf die „kanonischen“ sechs Kasus.

3. Einige Fragen der Differenzierung von Einzelkasus Das Inventar der Kasusformen in den slavischen Sprachen verhält sich in typologischer Hinsicht uneinheitlich. Differenzierungen ergeben sich 1.) bezüglich des Umfangs des lexikalischen Materials, auf das die Kasusmarkierungen angewandt werden und 2.) hinsichtlich des Grades an formaler Distinktivität bzw. paradigmatischer, morphologischer Selbständigkeit der Kasusmarkierungen.

3.1. „Unvollständige“ Kasus Im Russischen können also ⫺ wie gesehen ⫺ neben den sechs morphologischen „Standardkasus“, deren Markierungen auf den gesamten für die betreffenden semantischen bzw. syntaktischen Relationen einschlägigen Wortbestand angewendet werden, weitere morphologisch „schwach differenzierte“ Kasus wie z. B. der Partitiv und der Lokativ i. e. S. (s. 2) angenommen werden. Wenn eine Kasusform nicht von allen Elementen einer Klasse von Lexemen gebildet werden kann, liegt ein „unvollständiger“ Kasus vor (Zaliznjak 1973, 84 ff.). Es sind drei Fälle zu unterscheiden: A) „Unvollständige Kasus“ können auf lexikalische Defektivität zurückgehen, die letztlich phonologisch-artikulatorisch bedingt ist. So bilden einige russische Substantive wie mgla ‚Finsternis‘ und mečta ‚Traum‘ nicht den Gen.Pl. Die entsprechenden Formen müssten regelmäßig mit einer Nullendung gebildet werden (*mgl-0Ⲑ , *mečt-0Ⲑ ). Diese Wortformen konfligieren

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens jedoch mehr oder weniger deutlich mit den russischen Silbenstrukturbedingungen. B) Die „Unvollständigkeit“ eines Kasus kann semantische Gründe haben. Das gilt, wenn ein Kasus nur solche semantischen Rollen kodiert, mit der bestimmte Substantive aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung inkompatibel sind. So ist der Lokativ i. e. S. des Russischen aufgrund seiner Semantik weitgehend auf Substantive mit lokaler Bedeutung beschränkt; von Substantiven, die nicht auf die räumliche Fixierung von Sachverhalten denotieren, kann er (zumindest typischerweise) nicht gebildet werden. Im Polnischen besteht eine Tendenz, den Funktionsbereich des Dativs einzuengen und insbesondere den präpositionalen Dativ in lokalen Funktionen zu beschränken (wbrew C Dat. ‚gegen, entgegen‘ und przeciw(ko) C Dat. ‚gegen, wider‘ werden noch verwendet; die lokale Präposition ku C Dat. ist archaisch). Damit konzentriert sich die Verwendung des „reinen“ Dativs tendenziell auf Substantive mit personalen Denotaten, die in die semantischen Rollen des Rezipienten, Benefizienten und Adressaten eintreten können. C) Schließlich können auch die o. g. „morphologisch schwach differenzierten Kasus“ als „unvollständige“ Kasus aufgefasst werden, wenn sie so beschrieben werden, dass z. B. der Partitiv im Russischen nur von den Substantiven saxar ‚Zucker‘, čaj ‚Tee‘ usw. gebildet wird, nicht jedoch von Substantiven wie xleb ‚Brot‘ usw. Anstatt einen bestimmten Kasus nur für eine ggf. kleine Untermenge Q der Substantive bzw. Paradigmen anzunehmen, kann derselbe Kasus jedoch auch durchgehend in allen Paradigmen, d. h. als voll differenzierter Kasus beschrieben werden, jedoch mit zwei verschiedenen Endungen: -u in Q und eine mit dem Gen. zusammenfallende Endung in der komplementären Teilmenge R.

3.2. „Morphologische Selbständigkeit“ von Kasusformen Die definitorische Bedingung eines morphologischen Kasus, er müsse über einen formal distinkten Ausdruck verfügen (s. 1.) kann auf zwei Arten erfüllt werden: A) Der betreffende Einzelkasus erhält eine Markierung, die nur ihm zukommt und keine Homonymien mit anderen Kasus eingeht. In diesem Fall spricht Zaliznjak (1973, 68 ff.) von einem „morphologisch selbständigen“ Kasus (im Paradigma). Ein Beispiel hierfür ist der Instr. bei Substantiven im Russischen, dessen Marker (-om, -oj/-oju, -#ju im Sg. und -ami, -#mi im Pl.) weder variativ noch obligatorisch in anderen Kasus der betreffenden Paradigmen auftreten. (Bei den Adjektiven, Partizipien sowie den adjektivisch flektierten Substantiven und Pronomina mit Genus Femininum ist die Kodierung des Instr. jedoch unselbständig; vgl. ėta xorošaja stolovaja ‚diese gute Mensa/Garküche‘ mit ėtoj xorošej stolovojGen./Dat./Instr./Präp.Sg..) Unter Berücksichtigung der suprasegmentalen Kodierungsverhältnisse ist (als schwach differenzierter Kasus) auch der russische Lokativ i. e. S. „morphologisch selbständig“: Er verfügt in allen Fällen über eine Endungsbetonung, die innerhalb des Paradigmas nur diesem Kasus zukommt (vgl. ten’, téniGen./ Dat./Präp.Sg. vs. v teníLok.Sg. ‚Schatten‘). B) Der formal vom Genitiv verschiedene Partitiv fällt hingegen im Russischen jeweils mit dem Dat.Sg. zusammen (čaj ‚Tee‘: čáju Partitiv = Dat.Sg.). Folglich ist dieser Kasus für die betroffenen Lexeme als morphologisch unselbständig zu bewerten; gleiches gilt für Zaliznjaks „Wartekasus“ und den „Einschlusskasus“ (s. 2). Im Fall der morphologisch unselbständigen Kasus liegt eine schwache Ausprägung des Kriteriums der „formalen Distinktivität“ vor (vgl. Wurzel 1984, 66): Der von anderen Einzelkasus formal verschiedene Ausdruck dieser „Kasuskandi-

14. Nominale Kategorien: Kasus daten“ ist nur aus der komplementären Verteilung der Markierungen bei Substantiven unterschiedlicher Flexionsklassen ersichtlich. So kann der semantische Kontext „Partitiv“ weder dem Kasus Genitiv noch dem Kasus Dativ zugeordnet werden, weil ein und dieselbe semantische Relation in stakan čaju formal wie ein Dativ, bei der Mehrzahl der Substantive jedoch formal wie ein Genitiv kodiert wird (vgl. kusok xleba). C) Ein dritter Typ ist mit dem Akk. im Russischen gegeben: Dieser Kasus fällt in vielen Flexionsklassen beider Numeri entweder mit dem Nom. oder mit dem Gen. formal zusammen (vgl. vračNom.Sg. vs. vračaGen./Akk.Sg. ‚Arzt‘; stolNom./Akk.Sg. vs. stolaGen.Sg. ‚Tisch‘; vgl. 4.4) und verfügt nur in der Flexionsklasse der Substantive auf -a im Singular über eine eigenständige Markierung -u (vgl. rybaNom.Sg., rybyGen.Sg. vs. rybuAkk.Sg. ‚Fisch‘). Derartige „schwach selbständige“ Kasus (Zaliznjak 1973, 74 ff.) werden frei von Homonymien nur bei einer kleineren Gruppe innerhalb des Lexembestands kodiert, für die meisten einschlägigen Lexeme bzw. die im Lexembestand verbreiteten Flexionsklassen gilt hingegen eine morphologisch unselbständige Kodierung. Aufgrund einer Vielzahl von Markerhomonymien ist die morphologische Selbständigkeit der „kanonischen“ sechs Kasus in den slavischen Sprachen tatsächlich eingeschränkt. Allerdings treten morphologisch selbständige, homonymiefreie Kasusmarker durchaus in produktiven Flexionsklassen auf, so dass „morphologisch schwach selbständige Kasus“ die Ausnahme sind. Vgl. die Verhältnisse im Polnischen, wo das Inventar der Kasusmarker für den Dat.Sg. in den verschiedenen Flexionsklassen (s. 4.1) vollständige, d. h. den gesamten Lexembestand der Flexionsklasse erfassende Homonymien mit dem Lok.Sg. (ryba ‚Fisch‘: rybie) bzw. mit dem Gen. und Lok.Sg. (ziemia ‚Land‘: ziemi ) sowie unvollständige Homonymien mit dem Gen.Sg. (dech ‚Atem‘: tchu) bzw. mit dem Lok.Sg. (ojciec ‚Vater‘: ojcu; pole ‚Feld‘: polu) bildet, in der Flexionsklasse der belebten Maskulina aber auch über einen produktiven morphologisch selbständigen Marker -owi verfügt (król ‚König‘: królowiDat.Sg. vs. królaGen.Sg. und króluLok.Sg.). Die einschlägigen Flexionsparadigmen widersprechen teilweise den universalen, „natürlichen“ Isomorphieprinzipien der „Uniformität“ und der „Transparenz“ (Mayerthaler 1981, 34 f.): Als „uniform“ wird ein allomorphiefreies Paradigma bezeichnet, das nach dem Prinzip „one function ⫺ one form“ strukturiert ist; ein „transparentes“ Paradigma enthält nur monofunktionale Elemente, ist also frei von Homonymien. In jedem Numerusteilparadigma funktionieren jedoch nur drei bis fünf formal verschiedene Marker für den Ausdruck der sechs Kasuspositionen (vgl. Jakobson 1958/ 1971, 164 f.). Entsprechend ergeben sich viele flexionsklassenspezifische Markerhomonymien. Das Prinzip der semiotisch uneindeutigen Kasuskodierung ist jedoch sehr ökonomisch, denn es hat den Vorzug, das Inventar der Kasusendungen beschränkt zu halten (vgl. Plank 1986).

4. Die Ausprägung der formalen Distinktionen in den Paradigmen In den kasusflektierenden slavischen Sprachen variiert die formale Differenzierung der Kasus in den verschiedenen Flexionsklassen. Das System der Flexionsklassen hat sich im Laufe der historischen Entwicklung stark an die Struktur der Genusunterschiede angelehnt, ohne mit ihr vollständig zusammenzufallen. Abweichungen von den universalen, „natürlichen“ semiotischen Kodierungsprinzipien der Uniformität und Transpa-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens renz (s. 3.2) lassen sich u. a. mit einer einzelsprachlichen Präferenz flexionsklassenspezifischer Muster der Kasusdifferenzierung begründen ⫺ „Paradigmenstrukturen“ i. S. v. Wurzel (1984, 82), die sich als einzelsprachlich Normales im Wandel verstärken können (Hentschel, Menzel 2002). Das System der Kasusdifferenzierung in den Flexionsklassen gestaltet sich weiterhin in Abhängigkeit von der Differenzierung der Numeri; darüber hinaus ist es teilweise wortartspezifisch.

4.1. Paradigmendifferenzierung nach Flexionsklassen Die Flexion der Substantive gliedert sich in den slavischen Sprachen in drei „Makroklassen“ ⫺ voneinander unabhängige Gruppen von Markersätzen, die nicht aufgrund außermorphologischer Parameter gegeneinander abzugrenzen sind (vgl. Carstairs 1987, 69) und auch nicht mit den drei traditionellen Genera „eineindeutig“ korrelieren. Innerhalb einer Makroklasse können einzelne paradigmatische Positionen in morphonologischer oder semantisch-lexikalischer Hinsicht korrelierende Markerkontraste enthalten, so dass ein komplexes System formal unterschiedener Flexionsklassen vorliegt (s. 4.3, 4.4). Hinzu kommen unproduktive, idiosynkratische Formen, die als lexikalische Phänomene für die Ermittlung flexivischer Systemstrukturen keine größere Relevanz besitzen und hier nicht näher besprochen werden (vgl. Dressler 1998; z. B. im Russischen eine geschlossene Klasse von nur wenigen Substantiven des Neutrums mit einem Nom.Sg. auf K’-a: vremja, vremeniGen.Sg. ‚Zeit‘). ⫺ Das vorrangige Kriterium für die Zuordnung von Substantiven zu Flexionsklassen ist die formale Struktur der Wortform des Nom.Sg. Diese stellt im Normalfall die Repräsentation des Lexems im mentalen Lexikon dar (vgl. Wurzel 1984, 53 ff.; Bybee 1985, 50 ff.). Substantive mit Nom.Sg. auf einen Konsonanten werden in Flexionsklassen mit Grundformflexion eingeordnet (d. h. segmentale Endungen treten an die Form des Nom.Sg. an, welche selbst den „Nullmarker“ trägt), Substantive mit Nom.Sg. auf -a oder -o/-e in Flexionsklassen mit Stammflexion (d. h. der auslautende Vokal wird durch andere Endungen substituiert). Im Fall der Substantive mit Grundformflexion ist das Genus für die Zuweisung der Makroklasse relevant: Maskulina werden der Makroklasse I zugeordnet („konsonantische Maskulina“: russisch stol, stolaGen.Sg. ‚Tisch‘; die Terminologie folgt Menzel 2000), Feminina der Makroklasse III („konsonantische Feminina“: russisch kost’, kostiGen.Sg. ‚Knochen‘; das Russische kennt in dieser Flexionsklasse ein singuläres Maskulinum put’, putiGen.Sg. ‚Weg‘). In die stammflektierende Makroklasse II („a-Deklination“) gehen alle Substantive auf -a ein, unabhängig von ihrer Genuszugehörigkeit (russ. Femininum: ryba, rybyGen.Sg. ‚Fisch‘; Maskulinum: voevoda, voevodyGen.Sg. ‚Heerführer‘). Bei diesen Maskulina auf -a ist jedoch mitunter eine Tendenz zum Übergang in die Makroklasse I zu beobachten, wie z. B. im Polnischen, wo das Pluralparadigma der Makroklasse I entspricht, das Singularparadigma konservativ der Makroklasse II. (Weiteres zum Verhältnis der numerusbasierten Teilparadigmen s. u.) Substantive mit Nom.Sg. auf -o/-e werden nach Makroklasse I flektiert; sie sind überwiegend Neutra und weichen im Nom. und Akk. von den Maskulina dieser Klasse ab. In den westslavischen Sprachen weitet sich die formale Unterscheidung zwischen Maskulina und Neutra der Makroklasse I allerdings auf weitere Kasusmarkierungen aus (vgl. 4.4). (Bei Personennamen und Augmentativa auf -o/-e sind überdies zahlreiche einzelsprachliche Besonderheiten zu beachten.)

14. Nominale Kategorien: Kasus Das System der Makroklassen bietet die grundlegenden Implikationsmuster für die Zuweisung von Kasusmarkern auf die einzelnen paradigmatischen Positionen. Dabei kommt es zu klassenspezifischen Distinktionsmustern: Kasushomonymien und -differenzierungen bilden in den verschiedenen Flexionsklassen jeweils eigenständige Strukturen aus. Für die Maskulina der Makroklasse I sind diese recht schwach ausgeprägt, da diese Klasse einen stark differenzierten Markersatz aufweist, in den mehrere urslavische Flexionsklassen (o-, u-Deklination und teilweise die Maskulina der i-Deklination) eingegangen sind. So wurden im Altkirchenslavischen bei den o-Maskulina Nom. und Akk. im Singular und Dual identisch kodiert und im Plural formal unterschieden; dieses Strukturprinzip wurde jedoch später durch die Einführung der Belebtheitskategorie modifiziert (s. 4.4). Eine alte Paradigmenstruktur der o-Deklination ist auch Nom.Sg. = Gen.Pl.; sie wurde (mit einer Reihe von Ausnahmen wie in russ. soldat, sapog ‚Stiefel‘) in eine obligatorische formale Unterscheidung dieser paradigmatischen Positionen umgekehrt. Die innovativen Formen genügen den Anforderungen des „konstruktionellen Ikonismus“, demgemäß inhaltlich merkmalhaltige Kategorien vorzugsweise auf der Ausdrucksseite merkmalhaltig kodiert werden (vgl. Mayerthaler 1981, 23 ff. in Anlehnung an das Prinzip der „Diagrammatizität“ von Charles S. Peirce). Im vorliegenden Fall gilt also für die inhaltlich minimal merkmalhaltige Kasuskategorie Nom. im minimal merkmalhaltigen Numerus Singular der Nullmarker (russ. stol0Ⲑ Nom.Sg. ‚Tisch‘); der relativ merkmalhaltigere Kasus Genitiv im merkmalhaltigen Numerus Plural wird entsprechend durch einen Marker kodiert, der zwei segmentale Elemente umfasst (stolovGen.Pl.). Nom.Sg. und Gen.Pl. befinden sich hier in einem „maximal ikonischen“ Verhältnis. Im Gen.Pl. weist die überwiegende Anzahl der Neutra sowie der Feminina und Maskulina der Makroklasse II (bei nicht-palatalem Stammauslaut) bis in die Gegenwart in verschiedenen Sprachen wie z. B. dem Russischen einen Nullmarker als Reflex der urslavischen Endung -ъ dieses Kasus auf, was zu „kontraikonischen“ Kodierungen führt: Die Pluralform des Genitivs ist hier die kürzeste Form im Paradigma, kürzer auch als die korrelierende Genitivform (vgl. russ. selo ‚Dorf‘: selaGen.Sg., selGen.Pl. ⫺ Neutrum der Makroklasse I; ryba ‚Fisch‘: rybyGen.Sg., rybGen.Pl. ⫺ Makroklasse II). Einige Sprachen wie das Obersorbische, das Serbische und Kroatische haben die Nullendung des Gen.Pl., die auch in der Makroklasse II stark verbreitet war, dagegen weitgehend bzw. (nahezu) völlig, d. h. in allen Makroklassen, zugunsten „substantieller“ Endungen aufgegeben; das Niedersorbische erhält die Nullendung nur als alternativen Marker bei Substantiven nach Zahlwörtern oder den Genitiv erfordernden Präpositionen. Verschiedentlich hält sich die Nullendung im Gen.Pl. auch dann, wenn sie im Nom.Sg. vorliegt, ohne dass es zur Homonymie der Formen kommt. In diesen Fällen liegen derivative Unterschiede zwischen den beiden Numerusparadigmen vor, vgl. russ. krest’jan-in-0Ⲑ Nom.Sg. aber krest’jan-0Ⲑ Gen.Pl. ‚Bauer‘. Gen.Sg. und Nom.Pl. sind bei den Neutra, soweit einzelsprachlich freie und bewegliche Akzentposition gegeben ist, nur suprasegmental unterschieden (vgl. russ. pole ‚Feld‘: póljaGen.Sg., poljáNom.Pl.). Die innovative Endung -á des Nom.Pl. der Maskulina aus Makroklasse I im Russischen (vgl. professor ‚Professor‘: proféssoraGen.Sg., professoráNom.Pl.) könnte zum Teil als Ausweitung dieser Paradigmenstruktur von den Neutra (und Feminina, s. u.) auf die Maskulina zu erklären sein (vgl. Hentschel 1991, 44). Neutra behalten weiterhin den Zusammenfall Nom. = Akk. der indogermanischen Sprachen in allen Numeri bei (vgl. russ. seloNom./Akk.Sg., selaNom./Akk.Pl. ‚Dorf‘), Maskulina der Makroklasse I und Feminina der Makroklasse III ebenso, aber erstere nur bei den unbeleb-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens ten, letztere auch bei unbelebten sowie bei belebten im Singular. Bei den Substantiven der Makroklasse II, Feminina wie Maskulina, ist der Zusammenfall von Nom. und Akk. auf den Plural der unbelebten beschränkt. Im Singular zeigen diese unabhängig vom Kriterium der Belebtheit einen morphologisch selbständigen Akk. (s. 3.2). Auch der Zusammenfall Gen.Sg. = Nom.Pl. ist in dieser Flexionsklasse verbreitet (vgl. russisch ruka ‚Hand‘: rukiGen.Sg./Nom.Pl.). Aus Makroklasse II stammt weiterhin die Homonymie von Dat. und Lok.Sg. bei distinktem Gen.Sg. (vgl. im Russischen ruka ‚Hand‘: rukeDat.Sg., (o) rukePräp.Sg., rukiGen.Sg.), die sich in einigen westslavischen Sprachen und im Ukrainischen und Weißrussischen sowie im Südslavischen auch in die Makroklasse I ausgedehnt hat (vgl. z. B. tschechisch bei belebten Maskulina: muž ‚Mann‘: muži/ mužoviDat./Lok.Sg., aber hrad ‚Burg‘: hraduDat.Sg., hraděLok.Sg.). Im Serbischen/Kroatischen werden Dativ und Lokativ systemweit nur mehr bei wenigen Substantiven mit suprasegmentalen Mitteln formal unterschieden. Ein distinktives Merkmal der Makroklasse III ist die Homonymie von Gen., Dat. und Lok.Sg. (bzw. Präpositiv Sg.; vgl. russisch kost’, kostiGen./Dat./Präp.Sg. ‚Knochen‘). Die Deklination von Substantiven der Makroklasse II auf palatalen Konsonanten (s. 4.3) wird in einigen Sprachen an diese Paradigmenstruktur angeglichen, so im Polnischen (vgl. ziemia, ziemiGen./Dat./Lok.Sg. ‚Land‘). Im Serbischen/Kroatischen wird der Instr.Sg. von Makroklasse III durch einen Variativmarker in diese homonymische Struktur einbezogen (kost, košću/kostiInstr.Sg. ‚Knochen‘; s. 2); im Tschechischen wird kostíInstr.Sg. nur quantitativ von kostiGen./Dat./ Lok.Sg. unterschieden. Jakobson (1958/1971) hat versucht, die im Flexionssystem auftretenden formalen Synkretismen und Differenzierungen der Kasusendungen im Sinne seines Systems der „Gesamtbedeutungen“ morphologischer Kasus zu interpretieren und eine Hierarchie der Kasusdistinktionen zu erstellen: Nahezu obligatorisch werden Nom. und Instr. unterschieden, dann folgen Dat. und Akk., dann Dat. und Instr. Kritischer zur funktionalen Motivation „obligatorischer“ Kasusdistinktionen verhält sich Plank (1980). Die Muster der Kasusdifferenzierung können als kontrastive Paradigmenstrukturen interpretiert werden, welche nicht zuletzt die Distinktivität der Flexionsklassen stärken. Solche Muster der Kasusdifferenzierung können sogar als innovatives Mittel zur Kodierung grammatischer Kategorien wie Genus und Belebtheit/Personalität aufgefasst werden (Šul#ga 2003, 217 ff.). Im Tschechischen funktionieren diese Strukturen relativ unspezifisch, da auch Maskulina und Neutra zahlreiche paradigmatische Eigenschaften der Feminina übernommen haben. Im Russischen oder im Slovakischen hingegen sind sie flexionsklassenspezifische Merkmale, die die Stabilität und Integrität der Flexionsklassenstruktur belegen.

4.2. Numerusteilparadigmen Das System der Flexionsklassen bildet vielfach numerusspezifische Strukturen (für den Singular vs. für den Plural und ggf. für den Dual) aus. Dies ist eine sprachgeschichtlich jüngere Entwicklung; noch das Altkirchenslavische verfügte über ein System von Flexionsklassen, das in Singular und Plural (und abgeschwächt auch im Dual) weitgehend konvergierte. Die formalen Differenzierungen der Genera haben sich in den einzelnen Numeri dann aber unabhängig weiterentwickelt, so dass die im Singular ermittelten Flexionsklassen im Plural (und ggf. im Dual) oft auf abweichende paradigmatische

14. Nominale Kategorien: Kasus Strukturen treffen. „Symmetrische“ Verhältnisse zwischen den Flexionsklassen in Sg. und Pl. haben sich nur in den südslavischen Sprachen und im Tschechischen erhalten. ⫺ Numerusspezifische Muster der Kasusdifferenzierung für den Singular sind die in (4.1) aufgeführten Kasushomonymien von Gen., Dat. und Lok. Die Distinktionsmuster über Nom. und Akk. wurden in der einzelsprachlichen Entwicklung durch die Etablierung von Personalitäts- und Belebtheitskategorien numerusspezifisch weiterentwickelt (s. 4.4). Mit Ausnahme des Serbischen/Kroatischen werden Dat., Instr. und Lok.Pl. in den Pluralparadigmen obligatorisch unterschieden, wobei in vielen Sprachen alle Flexionsklassenunterschiede in diesen drei Positionen aufgegeben worden sind (vgl. russisch -amDat.Pl., -amiInstr.Pl., -axPräp.Pl. bei relikthaftem -’miInstr.Pl. zu wenigen Substantiven, z. B. ljudi ‚Leute‘: ljud#mi ). Diese flexionsklassenübergreifenden Kasusmarker verfügen über das höchste Maß an morphologischer Selbständigkeit. Im Serbischen/Kroatischen liegt in diesen Positionen vollständige Markerhomonymie vor, jedoch werden zwei Flexionsklassen (die Makroklassen I und III zusammen gegenüber II) unterschieden: grad, gradovimaDat./Instr./Lok.Pl. ‚Stadt‘ und kost, kostima vs. ruka, rukama ‚Hand‘. Die formalen Strukturen zum Ausdruck der inhaltlich merkmalhaltigen „peripheren“ Kasus sind im merkmalhaltigen Numerus Plural gegenüber den Kodierungen der „zentralen“ Kasus Nominativ, Akkusativ und Genitiv (vgl. Jakobson 1936) maximal vereinfacht, sei es durch die Vereinheitlichung der Flexionsklassen oder durch den Schwund der Kasusdifferenzierung. Wenn in einer slavischen Einzelsprache wortartspezifischer Markervokalismus vorliegt, sind vorwiegend Dat., Instr. und Lok.Pl. in diese Regularität einbezogen (vgl. russ. t-e-m xoroš-i-m vrač-a-mDat.Pl. ‚jenen guten Ärzten‘). Kasusmarker sind in den slavischen Sprachen vorzugsweise „numerussensitiv“: Die Marker eines Kasus in Singular und Plural sind formal verschieden (punktuelle Abweichungen davon sind durch morphologisch insensitiven Lautwandel, wie z. B. durch den sog. tschechischen Umlaut bedingt: tsch. nůšeNom.Sg. = Nom.Pl. ‚Tragkorb‘); lediglich die erhaltenen Dualparadigmen weisen systemhafte Abweichungen von diesem Prinzip auf (s. u.). Allgemein haben sich in der einzelsprachlichen Entwicklung der Pluralparadigmen Markersätze ausgebildet, die fast ausnahmslos dem Prinzip des „konstruktionellen Ikonismus“ folgen, worauf schon Jakobson (1965/1971, 352) hingewiesen hat: Die Kasusendungen im Plural sind tendenziell länger als die entsprechenden Singularendungen oder zumindest genauso lang. Abweichungen vom ikonischen Prinzip finden sich lediglich mit dem Nullmarker des Gen.Pl. (s. 4.1), der „atypisch“ langen dreisegmentalen Endung -ovi/-owi des Dat.Sg. in den westslavischen Sprachen (vgl. polnisch król ‚König‘: królowiDat.Sg. vs. królomDat.Pl.) sowie der Endung -y des Instr.Pl. im Tschechischen (hrad ‚Burg‘: hrademInstr.Sg. vs. hradyInstr.Pl.). ⫺ Im Dual bestand bereits im Altkirchenslavischen die numerusspezifische Kasusdifferenzierung von Nom./Akk./Vok. vs. Gen./Lok. vs. Dat./Instr. Dieses Distinktionsmuster hat sich teilweise verändert: 1.) durch die Einführung mit dem Genitiv formal übereinstimmender Formen für den Akk.Dl. in den sorbischen Sprachen (s. 4.4); 2.) durch die Übernahme der formalen Kodierung des Gen.Pl. in den Gen.Dl. (im Obersorbischen; im Niedersorbischen gilt die formale Unterscheidung der Numeri gród ‚Burg‘: grodowGen.Pl. vs. grodowuGen.Dl.); 3.) durch die Einbeziehung des Lok.Dl. in die Kasushomonymie von Dat. und Instr.Dl. (ober- und niedersorbisch; vgl. niedersorbisch grod ‚Burg‘: grodomaDat.Dl., z grodomaInstr.Dl., wo grodomaLok.Dl.); 4.) durch den Eingang der pluralischen Flexionsmarker in den Gen. und Lok.Dl. im Slovenischen. Die ererbte Endung -u des Gen./Lok.Dl.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens ist diachron besonders instabil, was an ihrer mangelnden ikonischen Differenzierung gegenüber den singularischen Kasusmarkern liegen könnte; sie verfügt nur über ein Segment. Zudem wies sie schon im Altkirchenslavischen als systemweit einziger Kasusmarker keinerlei Differenzierung nach Flexionsklassen auf. Dieser Umstand ist im Sinne einzelsprachlicher morphologischer „Normalität“ nach Wurzel (1984) als atypische Flexionseigenschaft zu bewerten.

4.3. Morphonologisch motivierte Markeroppositionen Die Makroklassen I und II können in den slavischen Sprachen über morphonologisch unterschiedene Subklassen verfügen. Die Zuweisung der Kasusendungen richtet sich dann nach der Qualität des stammauslautenden Konsonanten ⫺ nicht-palatal vs. palatal; eine gesonderte Gruppe bilden oft die velaren Stammauslaute (g, k, x), weiterhin sind „historisch-palatale“ Konsonanten zu berücksichtigen. Unter letzeren sind solche Konsonanten zu verstehen, die diachron zunächst palatalisiert und dabei qualitativ hinsichtlich Artikulationsort und -art verändert, dann jedoch wieder entpalatalisiert worden sind, morphologisch aber noch zumindest teilweise die gleichen Markerzuweisungsregeln bedingen wie synchron palatale Konsonanten. Während in den südslavischen Sprachen die entsprechenden Paradigmenkorrelationen nahezu vollständig geschwunden sind (vgl. allenfalls noch morphonologische Allomorphie bei velaren Stammauslauten: serbisch/kroatisch ruka, ruciDat./Lok.Sg. ‚Hand‘ sowie die e/o-Umlautung wie in grad ‚Stadt‘ vs. muž ‚Ehemann‘: Instr.Sg. gradom vs. mužem), wurden sie in den westslavischen Sprachen zu morphonologischen Korrelationen formal verschiedener Marker ausgebaut (vgl. polnisch (nicht-palatal) ryba, rybieDat./Lok.Sg. ‚Fisch‘ vs. (palatal) ziemia, ziemiGen./Dat./Lok.Sg. ‚Land‘). Gestärkt wurden die Paradigmenkorrelationen hier auch durch die Einführung unterschiedlicher Muster der Kasusdifferenzierung, wie sie besonders in Makroklasse II ersichtlich sind (vgl. das obige Beispiel aus dem Polnischen). In den ostslavischen Sprachen wurden ursprünglich nach dem Kriterium des Stammauslauts kontrastierende Kasusmarker zu allophonischen Relationen umgewandelt (vgl. russisch ryba, rybyGen.Sg. ‚Fisch‘; zemlja, zemliGen.Sg. ‚Erde, Land‘).

4.4. Kasusdifferenzierung in spezifischen paradigmatischen Positionen Die bisher dargestellten Prinzipien der Differenzierung von Paradigmen beruhen auf formalen und/oder inhaltlichen Implikationsmustern, die sämtliche paradigmatische Positionen (also Kasus) erfassen können. Weiterhin liegen auch solche Strukturmuster vor, die nicht das gesamte Paradigma betreffen, sondern nur einzelne paradigmatische Positionen differenzieren. Sie beruhen vorwiegend auf den semantisch-lexikalischen Kategorien der „Belebtheit“ und der „Personalität“, die in der Regel durch kontrastierende Markerhomonymien im Akk. ausgedrückt werden (s. bereits 4.1): In den ostslavischen Sprachen besteht die Belebtheitskategorie im Akk.Sg. der Maskulina (bei denjenigen der Makroklasse II jedoch nur an kongruierenden Elementen, nicht an den Substantiven selbst sichtbar) und im Akk.Pl. aller Flexionsklassen. In den südslavischen Sprachen erfasst die Belebtheitskategorie nur den Akk.Sg., und zwar hier wie

14. Nominale Kategorien: Kasus im Ostslavischen. In den westslavischen Sprachen ist das Verhältnis komplexer. Im Akk.Sg. sind die Verhältnisse wie im Ost- und Südslavischen; das Polnische, das Slovakische (nicht aber das Tschechische) sowie das Ober- und (partiell) das Niedersorbische zeigen den formalen Zusammenfall mit dem Gen. auch im Akk.Pl. personaler maskuliner Substantive. Im Akk.Dl. kodiert das Niedersorbische eine Belebtheits-, das Obersorbische eine Personalitätskategorie. In mehreren westslavischen Sprachen verfügt die Personalitäts- (nur Tschechisch: Belebtheits-)kategorie auch über eigene Kasusmarker im Nom.Pl., z. T. verknüpft mit morphonologischen Alternationen (vgl. polnisch Polak, PolacyNom.Pl. ‚Pole‘ vs. bąk, bąkiNom.Pl. ‚Bremse, Bremsfliege‘). In einigen paradigmatischen Positionen der „konsonantischen Maskulina“ können Belebtheitsrelationen durch asymmetrische Oppositionen der Kasusmarker ausgedrückt werden: So lautet der Gen.Sg. bei Belebten in den westslavischen Sprachen nahezu ausschließlich auf -a (vgl. polnisch brat, brataGen.Sg. ‚Bruder‘, aber wół, wołuGen.Sg ,Ochse‘ als archaische Form), bei unbelebten Substantiven dieser Klasse auf -a oder -u (vgl. polnisch marzec, marcaGen.Sg. ‚März‘ vs. poniedziałek, poniedziałkuGen.Sg. ‚Montag‘); der Dat.Sg. geht im Tschechischen und im Polnischen bei Belebten auf -ovi (polnisch -owi ) oder -u (vgl. tschechisch pán, pánu/pánoviDat.Sg. ‚Herr‘; polnisch pan, panuDat.Sg. ‚dss.‘, -u allerdings nur noch relikthaft bei Wörtern mit hoher Gebrauchsfrequenz), bei Unbelebten ausschließlich auf -u (tschechisch: hrad, hraduDat.Sg. ‚Burg‘) bzw. ausschließlich auf -owi (polnisch gród, grodowiDat.Sg. ‚Burg, Ringwall‘). Die positionsspezifisch unterschiedliche Ausgestaltung von Personalitäts- und Belebtheitskategorien in den westslavischen Sprachen führt zu einem hohen Maß an Komplexität in der flexivischen Strukturbildung, wie sie in den süd- und ostslavischen Sprachen nicht gegeben ist. Historisch gesehen handelt es sich gemäß der verbreiten Lehrmeinung um eine Uminterpretation einer syntaktischen Kasusverwendungsregel, die der syntaktischen Transparenz dient und grob formuliert werden kann wie „für personale bzw. belebte Maskulina steht in der Position des direkten Objekts nicht der Akk. (= Nom.), sondern der Gen. (≠ Nom.)“. Sie galt noch vor ca. 1.100 Jahren, wie das Altkirchenslavische zeigt. Die Uminterpretation besteht zum einen in der Morphologisierung durch Wegfall der syntaktischen Restriktion auf das direkte Objekt. Da das Phänomen auch für kongruierende Elemente gilt, muss es als Genus- bzw. Kongruenzklassenphänomen beschrieben werden, das auf bestimmte Kasus (den Objekts-, ggf. auch den Subjektskasus) beschränkt ist.

4.5. Andere Wortarten Adjektive und Partizipien stimmen in ihrer Flexionsweise weitgehend überein. Sie unterscheiden nur sechs Kasus (und nie den Vokativ), die sprachspezifischen Numeri (Singular vs. Plural und ggf. Dual) sowie die Genera Maskulinum, Femininum und Neutrum. Überdies vollziehen sie durch ihr Kongruenzverhalten die jeweiligen Ausprägungen der Belebtheits- bzw. Personalitätskategorie im Akk.Sg. und (ggf.) Pl. sowie ⫺ in den westslavischen Sprachen ⫺ auch im Nom.Pl. nach. Das Altkirchenslavische kannte eine substantivisch flektierte Kurzform der Adjektive und Partizipien, deren Flexion den o. g. Makroklassen I (für Maskulina und Neutra) und II (für die Feminina) entsprach. Vollständig erhalten sind diese Paradigmen als „unbestimmte Formen der Adjektive“ nur mehr im Serbischen/Kroatischen und lexikalisch stark be-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens schränkt im Slovenischen, wobei ihr Gebrauch überall rückläufig ist. Das Russische benutzt adjektivische Kurzformen aller drei Genera als Markierungsoption für prädikative Adjektive (devuška molodaja (Langform) / devuška moloda (Kurzform) ‚das Mädchen ist jung‘). Diachron sind diese Kurzformen Nominative, synchron, angesichts des Fehlens anderer als der prädikativ gebrauchten Formen, sind sie kasusindifferent. Wortartspezifische Kasushomonymien bei den Langformen der Adjektive und bei allen genusflektierenden Pronomen (anaphorische, Demonstrativ-, Possessiv-, Relativsowie Personalpronomen der dritten Person) betreffen den Gen./Dat./Lok.Sg. (und Instr.Sg. im Russischen und Weissrussischen) der feminin kongruierenden Formen (dieses Muster findet sich ursprünglich bei den Substantiven der Makroklasse III; s. 4.1) sowie den Gen./Lok.Pl. Markerkontraste nach dem Prinzip des „konstruktionellen Ikonismus“ treten vorwiegend wortartübergreifend auf: Adjektivische und pronominale Kasusendungen sind meistens länger als die Endungen der Substantive, mit denen sie in Kongruenz stehen (vgl. russisch bol’šoj gorod, bol’šogo gorodaGen.Sg., bol’šie gorodaNom.Pl. ‚die große Stadt‘ ⫺ „maximal ikonisch“; bol’šimi gorodamiInstr.Pl. ⫺ „minimal ikonisch“ / modifikatorisch; vgl. Menzel 2000, 178 ff.). ⫺ Abweichungen im Inventar der morphologisch kodierten grammatischen Kategorien zeigen die übrigen Pronomen. Interrogativpronomen ⫺ z. B. russ. kto ‚wer‘, čto ‚was‘ ⫺ und ihre Ableitungen flektieren nur nach Kasus, ersteres mit Akk. = Gen., letzteres mit Akk. = Nom. Die Personalpronomen der 1. und 2. Person verfügen über irreguläre und teils suppletive Paradigmen, in denen nach Kasus und Numerus flektiert wird. Wie nach dem Kriterium der Belebtheit zu erwarten, zeigen die Pronomen der 1. und 2. Person durchgehend den Synkretismus Akk. = Gen. Auffällig ist die starke Verallgemeinerung dieser Kasushomonymie bei den Personalpronomen der 3. Person, unabhängig vom Kriterium der Belebtheit. Im Russischen z. B. ist dies für alle drei Genera im Singular und im „Einheitsgenus“ des Plurals der Fall; das Kroatische z. B. nimmt nur die Feminina im Singular aus, als „Pendant“ zur substantivischen Makroklasse II mit morphologisch selbständigem Akkusativ. Am wenigsten ist hier der „Genitivakkusativ“ im Polnischen entwickelt, wo die Feminina und Neutra im Singular sowie das nicht-männlich-personale Genus im Plural morphologisch selbständige Akkusative zeigen. Die Flexion der Numeralia ist sehr inhomogen und entzieht sich einer „übereinzelsprachlichen“ Erörterung (vgl. Suprun 1969).

5. Fazit Die morphologischen Eigenschaften der Kasuskodierung weisen in den slavischen Sprachen bedeutende Unterschiede auf. Insbesondere lässt sich ein hohes Maß an Komplexität der Nominalflexion für die westslavischen Sprachen Polnisch und Tschechisch feststellen. Hier werden faktisch sämtliche ererbten Flexionsmarker bis in die Gegenwart tradiert: In der Sprachgeschichte afunktional gewordene Variativmarker wurden nach solchen inhaltlichen und formalen Kriterien refunktionalisiert, die positionsspezifisch wirken, was die paradigmatischen Implikationsmuster äußerst komplex gestaltet hat. In den ost- und südslavischen Sprachen wurden ererbte Variativmarker in unterschiedlich großem Ausmaß abgebaut (das Slovenische und das Ukrainische

14. Nominale Kategorien: Kasus tradieren mehr von ihnen als das Serbische/Kroatische und das Russische). Über einem relativ einheitlichen Markersatz wird hier ein gewisses Maß an Komplexität mit suprasegmentalen Mitteln (der Akzentschemata) aufgebaut. Segmentaler morphologischer Komplexität in den Sprachen mit festem Akzent entspricht also in gewisser Weise suprasegmentale morphologische Komplexität in den Sprachen mit freiem und beweglichem Akzent. Tendenziell legen die formalen Kodierungseigenschaften eine morphologische Klassifizierung der „traditionellen“ sechs Kasus der slavischen Sprachen in die „direkten“ Kasus Nominativ und Akkusativ sowie die „indirekten“ Kasus Genitiv, Dativ, Instrumental und Lokativ nahe. Bei gewissen einzelsprachlichen Unterschieden gibt es formale und strukturelle Indikatoren für diese Gliederung, die sich numerusspezifisch verteilen (vgl. Menzel 2000, 189 ff.; 2002): z. B. die Distribution der Nullmarker (diachron stabil nur im Nom. und Akk.Sg.), die phonologische Merkmalhaltigkeit der Endungen, die Kodierung inhaltlicher Kategorien durch Kasusdistinktionsmuster (Belebtheit/Personalität), das Auftreten von morphonologischen Kontrasten (Markerkorrelation nach der Qualität des Stammauslauts ⫺ nur in den indirekten Kasus des Singulars sowie den direkten Kasus des Plurals). Nom. und Akk.Sg. zeichnen sich durch relativ einfache Kodierungsverhältnisse aus im Vergleich zu komplexen Strukturen und phonologisch stärker merkmalhaltigen Endungen in den anderen Kasus des Singulars. Die Endungen von Nom. und Akk.Pl. entsprechen in dieser Hinsicht denjenigen von Gen., Dat., Instr. und Lok.Sg. Hingegen folgen Dat., Instr. und Lok.Pl. als maximal merkmalhaltige Positionen der nominalen Flexionsparadigmen (vom Dualparadigma sehen wir ab) stark vereinfachten Kodierungsmustern (s. 4.2). Hier wirkt das Prinzip der „Kompensation“ inhaltlicher Komplexität durch die Rücknahme kategorieller Oppositionen in stark merkmalhaltigen Kontexten, wie es Brøndal (1935, 105 f.) beschrieben hat.

6. Literatur (in Auswahl) Blake, Barry J. (2001): Case. 2nd edition. Cambridge etc. Brøndal, Viggo (1935): Essais de linguistique générale. København. Bybee, Joan L. (1985): Morphology. A study of the relation between meaning and form. Amsterdam/Philadelphia. Carstairs, Andrew (1987): Allomorphy in inflexion. London etc. Dressler, Wolfgang U. (1998): „Produktivität als Zentralbegriff der grammatischen (bes. flexionsmorphologischen) Systemadäquatheit“. // Teržan-Kopecky, Karmen (ed.). Zbornik referatov II. mednarodnega simpozija o teoriji naravnosti 23. do 25. maj 1996. Maribor. 113⫺124. Hentschel, Gerd (1991): „Rol' sxem formal'noj differenciacii v istoričeskom razvitii flektivnoj sistemy russkogo suščestvitel'nogo“. // Russian Linguistics 15. 31⫺51. Hentschel, Gerd/Menzel, Thomas (2002): „Markerproductivity, structural preferences, and frequency“. // Indogermanische Forschungen 107, 1⫺46. Jakobson, Roman (1936): „Beitrag zur Allgemeinen Kasuslehre. Gesamtbedeutungen der russischen Kasus“. // Travaux du Cercle Linguistique de Prague 6. 240⫺288. Jakobson, Roman (1958/1971): „Morfologičeskie nabljudenija nad slavjanskim skloneniem“. // Ders. Selected writings II. The Hague/Paris, 154⫺183. Jakobson, Roman (1965/1971): „Quest for the essence of language“. // Selected writings II. The Hague/Paris, 345⫺359.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Mayerthaler, Wolfgang (1981): Morphologische Natürlichkeit. Wiesbaden. Mel’čuk, I. A. (1986): „Toward a definition of case“. // Brecht, Richard D./Levine, James S. (eds.). Case in Slavic. Columbus. 35⫺85. Menzel, Thomas (2000): Flexionsmorphologischer Wandel im Polnischen. Eine natürlichkeitstheoretische Untersuchung auf allgemeinslavischem Hintergrund. Oldenburg. Menzel, Thomas (2002): „ ‚Constructional‘ and ‚structural‘ iconicity of the noun vs. adjective / pronoun markers in the Slavic nominal inflection“. // Bendjaballah, Sabrina et al. (eds.). Morphology 2000: Selected Papers from the 9 th Morphology Meeting, Vienna 24⫺28 February 2000. Amsterdam/Philadelphia. 259⫺270. Plank, Frans (1980): „Encoding grammatical relations: acceptable and non-acceptable non-distinctness“. // Fisiak, Jacek (ed.). Historical Morphology. The Hague etc. 289⫺325. Plank, Frans (1986): „Paradigm size, morphological typology, and universal economy“. // Folia Linguistica 20. 29⫺48. Stone, Gerald (1993): „Sorbian (Upper and Lower)“. // Comrie, Bernard/Corbett, Greville (eds.). The Slavonic languages. London/New York. 593⫺685. Suprun, A. E. (1969): Slavjanskie čislitel#nye. Stanovlenie čislitel#nyx kak osoboj časti reči. Minsk. Šul’ga, M. V. 2003: Razvitie morfologičeskoj sistemy imeni v russkom jazyke. Moskva. Wurzel, Wolfgang U. (1984): Flexionsmorphologie und Natürlichkeit. Ein Beitrag zur morphologischen Theoriebildung. Berlin. Zaliznjak, A. A. (1967): Russkoe imennoe slovoizmenenie. Moskva. Zaliznjak, A. A. (1973): „O ponimanii termina ‚padež‘ v lingvističeskix opisanijax“. I. // Problemy grammatičeskogo modelirovanija. Moskva. 53⫺87.

Gerd Hentschel, Oldenburg (Deutschland) Thomas Menzel, Regensburg (Deutschland)

15. Definiteness (synchrony) 1. 2. 3. 4.

Functional Load Balkan Slavic Other Slavic Languages Literature (selected)

Abstract The article describes the functioning of the pragmatic category of definiteness in some Slavic languages, in which it happens to be grammaticalized. First, an overview of the functional load of the category is given, especially concerning the division between [C factive] and [⫺ factive]. Then the author presents the situation in Standard Macedonian and Standard Bulgarian and discusses the problem of the Macedonian clitic demonstratives, which resemble the definite article. After an overview of the situation in dialects the reduplication of the definite object is described, which serves as a secondary expres-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Mayerthaler, Wolfgang (1981): Morphologische Natürlichkeit. Wiesbaden. Mel’čuk, I. A. (1986): „Toward a definition of case“. // Brecht, Richard D./Levine, James S. (eds.). Case in Slavic. Columbus. 35⫺85. Menzel, Thomas (2000): Flexionsmorphologischer Wandel im Polnischen. Eine natürlichkeitstheoretische Untersuchung auf allgemeinslavischem Hintergrund. Oldenburg. Menzel, Thomas (2002): „ ‚Constructional‘ and ‚structural‘ iconicity of the noun vs. adjective / pronoun markers in the Slavic nominal inflection“. // Bendjaballah, Sabrina et al. (eds.). Morphology 2000: Selected Papers from the 9 th Morphology Meeting, Vienna 24⫺28 February 2000. Amsterdam/Philadelphia. 259⫺270. Plank, Frans (1980): „Encoding grammatical relations: acceptable and non-acceptable non-distinctness“. // Fisiak, Jacek (ed.). Historical Morphology. The Hague etc. 289⫺325. Plank, Frans (1986): „Paradigm size, morphological typology, and universal economy“. // Folia Linguistica 20. 29⫺48. Stone, Gerald (1993): „Sorbian (Upper and Lower)“. // Comrie, Bernard/Corbett, Greville (eds.). The Slavonic languages. London/New York. 593⫺685. Suprun, A. E. (1969): Slavjanskie čislitel#nye. Stanovlenie čislitel#nyx kak osoboj časti reči. Minsk. Šul’ga, M. V. 2003: Razvitie morfologičeskoj sistemy imeni v russkom jazyke. Moskva. Wurzel, Wolfgang U. (1984): Flexionsmorphologie und Natürlichkeit. Ein Beitrag zur morphologischen Theoriebildung. Berlin. Zaliznjak, A. A. (1967): Russkoe imennoe slovoizmenenie. Moskva. Zaliznjak, A. A. (1973): „O ponimanii termina ‚padež‘ v lingvističeskix opisanijax“. I. // Problemy grammatičeskogo modelirovanija. Moskva. 53⫺87.

Gerd Hentschel, Oldenburg (Deutschland) Thomas Menzel, Regensburg (Deutschland)

15. Definiteness (synchrony) 1. 2. 3. 4.

Functional Load Balkan Slavic Other Slavic Languages Literature (selected)

Abstract The article describes the functioning of the pragmatic category of definiteness in some Slavic languages, in which it happens to be grammaticalized. First, an overview of the functional load of the category is given, especially concerning the division between [C factive] and [⫺ factive]. Then the author presents the situation in Standard Macedonian and Standard Bulgarian and discusses the problem of the Macedonian clitic demonstratives, which resemble the definite article. After an overview of the situation in dialects the reduplication of the definite object is described, which serves as a secondary expres-

15. Definiteness (synchrony) sive marker for definiteness. The last chapter discusses the means by which other Slavic languages (in this case Polish) express definiteness by word order, by case relationships and by different linearization strategies.

1. Functional Load Definiteness is a pragmatic category enabling identification of the participants of the narrated events and of the events themselves. As such it has markers both at the sentential level and at the level of the noun phrase. It is a universal category, but its markers have to be more explicit and more regular, more strictly grammaticalized, in multilingual areas, where the interlocutors often don’t know each other’s languages fluently. The Balkan Peninsula is a classical example of such an area where definiteness is coded at the morphological, and not only at the syntactic and/or the lexical level. That is why we include the category of definiteness into the field of grammaticalized information when speaking about Balkan Slavic languages and ignore it in the description of the remaining Slavic linguistic world. The best known and most striking marker of definiteness is the article and consequently we accept tacitly the equation: languages with articles = languages with the grammatical category of definiteness. We shall discuss here, first, the Balkan Slavic situation, and then the less explicit and less regular exponents of definiteness in other Slavic languages. There are two basic syntactic units of the discourse ⫺ the sentence as a product of (the operation of) predication and the noun phrase as a product of (the operation of) nomination. Sentences conceptualize events, and noun phrases primarily conceptualize discrete parts of the world (including human beings) as protagonists of the events. Markers helping to identify the events appear at the sentential level. In so far as they are grammaticalized, they are categorized as exponents of factivity, of modality, of temporalization. The division between /C factive/ (i. e. possessing truth value) and /⫺ factive/ (i. e. modelling virtual worlds) sentences is usually clear-cut in Balkan Slavic languages, more so in Macedonian than in Bulgarian. In Macedonian the regular markers of nonfactivity are the modal adverbal particles da (formant of subjunctive), k´e (formant of conditional) and bi (formant of potential). They appear both in simple, free sentences and in subordinated clauses. In Bulgarian the past-conditional is still formed with a live auxiliary verb instead of a petrified particle. In Balkan Slavic there also exists a special verbal mood which implies suspension of the /C/⫺ factive/ opposition ⫺ the non-confirmative (imperceptive, inferential, mediative, dubitative …) mood. Virtual events reflected in sentences constituted by the /⫺ factive/ or /C/⫺ factive/ verb forms are exempt from the “real” time axis. The protagonists of these events are identified in the framework of a special, reduced system of definiteness distinctions. Hence, the /C/⫺ factive/ opposition is of primary importance for describing the category of definiteness. Noun phrases can be used in the discourse with or without reference to concrete discrete parts of the real world. In factive temporalized sentences they can be marked

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens (1) as /C definite, C identified/ if they denote unique objects involved in the narrated event and known as such to both the speaker and his addressees, (2) as /C specified/ if they denote objects individualized only through their involvement in the narrated event, or (3) as /C predicative/ if they are used without reference, as names of concepts, in whose extension they include some objects referred to in other, /C definite/ NPs. Cf. Mac. (1) Učitelot vleze v oddelenieto ‘The teacher came into the classroom’, (2) Eden učitel pominuvaše niz kancelarijata ‘A teacher was passing through the staff room’, (3) Mojot kolega e učitel ‘My colleague is a teacher’ … Special status have the aletic, atemporal sentences including the so-called generic NPs which refer to all the elements of the named set taken as a whole, cf. Mac. Učitelite vršat odgovorna opštestvena služba ‘Teachers do a responsible social service’, Muvata ima dve krila ‘A fly has two wings’, etc. In non-factive sentences, besides /C definite/, /C generic/ Nps, non-referentially used, can also appear, cf. Mac. Takvo nešto može da go napravi eden /koj bilo učitel (i. e. Nekoj/sekoj koj e učitel …) ‘Any teacher would do something like this’.

2. Balkan Slavic We shall present here the situation in the two standard languages, Macedonian and Bulgarian, as also in Macedonian, Bulgarian and South Eastern Serbian dialects. As starting point for the discussion will serve standard Macedonian constructions which are maximally “balkanized”, i. e. maximally polarized in relation to the remaining, non-Balkan, Slavic languages.

2.1.

Standard Languages

2.1.1. Morphosyntax There are several forms of the definite article which accommodate to the corresponding NPs ad formam or ad sensum. In Macedonian these are: -ot, -ta, -to, -te. Unifunctional are only the forms -ot and -te: the former has categorial characteristics of number and gender /C singular, C masculine/, the latter of number only; it is characterized as /C plural/. The form -ta accommodates (1) ad sensum to nouns of grammatical feminine gender, cf. ženata ‘the woman’, masta ‘the fat’, nok´ta the night’, pesokta ‘the sand’ etc. (The accommodation of the article form is here identical as that of adjectives and other lexemes inflected for gender.), but also (2) ad formam to some plural forms of neuter nouns which end in -a, cf. jajcata ‘the eggs’, trkalta ‘the wheels’, morinjata ‘the seas’, and to some masculine nouns which end in -a, e.g. slugata ‘the servant’, etc. The form -to accommodates always ad formam when the NP is reduced to its noun head (it appears with nouns ending in -e and -o), but if adjectives or other modifiers are present, the accommodation ad sensum takes place, cf. lug´eto ‘the people’ but mladite lug´e ‘the young people’, etc. The article forms are postpositive and morphologically bound. According to the universal principle that the information on definiteness of the referent opens the linear string of a NP, they are glued to the first element of the string, be it noun, adjective, numeral, etc., cf. Mac. Studentite ni pristapija ‘The students approached us’ / Novodoj-

15. Definiteness (synchrony) denite studenti ni pristapija ‘The newly arrived students approached us’ / Pette novodojdeni studenti ni pristapija ‘The five newly arrived students approached us’, etc. When the article form is glued to the adjectival form of masculine gender ending in a consonant, it is preceded by the intermorph -i-, cf. Mac. star-i-ot ‘(the) old’, drven-i-ot ‘(the) wooden’, etc. In Macedonian grammars you can find information that besides those founded on the pronominal root t- Macedonian has two other series of articles, founded respectively on the roots (o)v- and (o)n-, as in čovekov this man’, ženava ‘this woman’, detevo ‘this child’…, čovekon that man’, ženata ‘that woman’, deteno ‘that child’…, etc. However, from the functional point of view forms as -ov, -va, -vo, -on, -na, -no are not articles but shortened clitic forms of the demonstrative pronouns appearing in thematic position (= not under the so-called “rhetoric stress”); ovoj/-ov refer to objects near the speaker and onoj/-on to distant visible objects. In standard discourse they can appear also in expressive use, e.g. Srcevo me boli koga go gledam toa ‘My heart aches when I see that’, or Mi zdodea Skopjevo! ‘I am fed up with this Skopje’ (with a proper name ⫺ a position where also the definite article can appear solely in expressive use, cf. below), or Narodecon ne misli taka ‘Those people over there don’t think the same’, etc. In Standard Bulgarian there are no clitical demonstratives. The article forms are -ăt/-a (pronounced as [ă]), -jat/’а (pronounced as [’ă]), -ta, -to, -te. The twin forms -ăt/-a, -jat/-’а are characteristic of masculine nouns which end in a consonant; if the consonant is palatalized, the forms -jat/’а are chosen. Forms with the final -t are characteristic of the Nominative (subject) noun phrases, forms without -t ⫺ of noun phrases in oblique case relationships, but in the live discourse the distinction is not always maintained. The forms -ăt/-jat with the intermorph -i- are characteristic for adjectival masculine forms. The form -ta appears with all the noun or adjectival forms ending in -a independent of gender and number, and also with the feminine nouns ending in consonant; in this latter case it is always stressed. The form -to is characteristic of noun and adjectival forms ending in -o or -e. The form -te is marked as /C plural/ and appears with all the plural forms with the exclusion of neuter plural nouns which have the ending -a and take the article form -ta. The article forms can be stressed or unstressed. The pronouns Mac. eden, Bg. edin fulfill the function of the indefinite article. Their pronominal status is confined by their being by definition unstressed, and by the presence of the plural form. They open a nominal string and stand in complementary distribution with the definite article; almost independent of syntactic position they alternate freely with the zero article. Cf Mac. Ana mi donese (edna) kniga ‘Ann brought me a book’, Zapoznav včera (eden) interesen čovek ‘I got to know an interesting man yesterday’…

2.1.2. Distribution /C definite/ NPs whose referents are contextually identified take the definite article. I have in mind not only the literal language context of the discourse, but also the situational context in the broadest sense. E.g. when we are speaking about some identified person, the NPs referring to his or her body-parts are evaluated as /C definite/; when we are speaking about some identified building, the NPs referring to its parts (walls,

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens doors, windows …) are evaluated as /C definite/; also when we are alluding to some persons or to some historical events identified for the speaker and for his or her addressees, the corresponding NPs are evaluated as /C definite/, etc. etc. With NPs whose definiteness doesn’t derive from the context common to the participants of the speechevent, the presence of the article depends on the subjective choice of the speaker. It depends on whether he or she evaluates the respective concept as known and its referent (referents) as unique or not. Differences in subjective evaluation are most frequent with abstract nouns in context free messages, as titles, slogans, etc. Unlike in Greek, in Balkan Slavic the article does not usually appear with proper nouns. In the rare cases when it is present, it gives the name an expressive, intime nuance. On the other hand, in syntagms like Mac. profesor(ot) X ‘(the) professor X’, direktor(ot) Y ‘(the) director Y’, it is the absence of article that signals more intimate relationship with the referent. Unlike in West European languages the presence of the possessive pronoun doesn’t eliminate the article, cf. Mac. Mojot prijatel se vika Jane, lit. ‘The my friend is called Jane’, Ja vidov včera vašata nova kola, lit. ‘Yesterday I saw the your new car’, etc. In Macedonian NPs with kinship terms as heads have special status ⫺ the definiteness is expressed here by postpositive dative clitics which block the article, cf. majka mi ‘my mother’, lit. ‘mother to me’, sestra ti ‘your sister’, lit. ‘sister to you’ (unmarked) as opposed to mojata majka and/or majka mi moja (expressive, rhematic). In Bulgarian the postpositive dative clitics are universal markers of the so-called “grammatical possessiveness” and do not exclude articles, cf. očite ti ‘your eyes’, usmivkata i ‘her smile’, knigata mu ‘his book’, etc. The syntactic, both functional and linear, position is not without influence on the distribution of the article nor on the form that the exponents of definiteness take. I have in mind the correlation between the presence of the article and the case relationship. In Nominative NPs (i. e. NPs functioning as subject of the sentence) in preverbal position the definite and/or indefinite article is obligatory in Macedonian. In Accusative and Dative NPs (i. e. in NPs functioning as direct and/or as indirect objects) the presence of the article implies obligatory presence of the pronominal clitic accommodated in gender and number and preceding the predicative expression, cf. Go vidov čovekot lit. ‘him I saw the man’, Mu dadov na deteto lit. ‘to him I gave to the child’, etc. Consequently, we have an indiscrete, bound exponent of definiteness: go … -ot /-to, ja … -ta, gi … -te for the Accusative and mu … -ot/-to, i … -ta, im … -te for the Dative. The grammaticalization of the clitics accounts for the relatively free linearization of the sentence. Thus, the linear order of the syntagms serves primarily the topicalization of the text. In Bulgarian the reduplication is optional and the clitic, if present, has expressive value. Another Macedonian construction with twin definiteness markers deserves mentioning. I have in mind the Nominative and also some “prepositional” NPs with both a demonstrative and the definite article, as in Toj (,) trgovecot (,) mi reče … ‘He (,) the merchant told me …’, or So toj (,) trgovecot (,) dojdovme … ‘With him (,) the merchant we came’, i. e. ‘I came with the merchant’, etc. Open is the question whether we have here one nominal string with twin markers, as in Greek, or two strings with a pause after the demonstrative. In any case, those constructions testify to the live tendency for reduplication and reconstruction of the definiteness markers independent of the case relationship, and not only in the Accusative and Dative NPs.

15. Definiteness (synchrony) The distribution of article in /C/⫺ partitive/ constructions is also of relevant importance here. There are three types of semantic variants correlated with three types of surface solutions, all of them realized as object NPs, in the Accusative position. The first one is /⫺ partitive, C definite/, e.g. as in Mac. Daj mi go mlekoto/lebot … ‘Give me the milk / the bread’ i. e. ‘the milk, the bread that is here, on the table, before us’; it is opposed to the /C partitive, ⫺ definite/ construction as in Mac. Daj mi mleko/ leb … i. e. ‘some milk, some bread’, ‘milk and not something else, not tea or coffee …’; in the article1ess Slavic languages this distinction is realized as the Accusative vs Genitive opposition, cf. Polish Daj mi mleko (A) ‘Give me the milk’ as opposed to Daj mi mleka (G) ‘Give me some milk’. Finally, there is a special /C partitive, C definite/ construction, as in Mac. Daj mi od mlekoto/od lebot i. e. ‘some milk from the (container with the) milk that is here’, ‘slice of the bread that is here’, etc. It is a typical Balkan construction with no direct parallel in non-Balkan Slavic languages. As can be seen from the paraphrases, the two /C definite/ constructions could be used only in praesentia ⫺ they refer to objects present in the speech-event. One of the secondary functions of the article is that of substantivating adjectives, cf. Mac. Eden od vojnicite beše bolen. Lekarot mu se dobliži na bolniot, ‘One of the soldiers was sick. The doctor approached the sick’, etc. Apart from proper names there are no /C definite/ NPs without the definite article. The /C specified/ NPs, which appear only in /C factive/ sentences, can take optionally the indefinite article in all positions. The article is obligatory only with preverbal Nominative /C specified/ NPs. The presence of the indefinite article in a /C specified/ NP emphasizes the fact that its referent is individualized, distinct from all other elements of the set in question, due solely to its involvement in the narrated event. Some specialists still seethe question of the presence of the indefinite article in Balkan Slavic as open. A valid argument in favor of the positive answer is, to my thinking, the appearance of this lexeme in contexts where in languages without articles no indefinite pronoun is acceptable. Cf. Macedonian sentences such as (when describing a room) Na masata stoeše edna vazna ‘On the table stood a vase’, or Na zidot viseše edna slika ‘On the wall hang a picture’ cf. also: Togaš udrija edni doždovi kakvi što porano ne sme doživeale ‘Then came rains such as we had never experienced earlier’, etc. The indefinite article appears also in some non-referential /C generic/ NPs implying that any representative of the named set will fit as an argument to the respective predicate, cf. Mac. Ova treba da go napravi eden student ‘This should be done by a student’, or Bi možel da ì doneseš edna igračka ‘You could bring her a toy’, etc. In such contexts the indefinite article can often alternate with other indefinite pronouns, e.g. Mac. nekoj ‘someone’, koj bilo ‘anyone’, etc. Finally, the indefinite article can appear in /C predicative/ NPs in order to underline the expressive, usually negative, value of the predicative qualification, cf. Mac. Ti si eden mangup ‘You are a rascal!’, Toa beše edno golemo razočaruvanje ‘It was one big disappointment!’, etc. As can be seen from the foregoing short review, with the exclusion of those marked /C definite/, all other NPs can appear with zero article. However, both the definite and the indefinite article are in expansion, both in /C specified/ and in /C generic/ NPs. The definite article is more frequent with younger speakers and more frequent in the high styles than in the colloquial discourse, while the indefinite article expands mainly just in the every day communication.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens The correlation between the functional load of a NP and the presence of the articles is as follows:

Fig. 15.1

The detailed distribution of the articles and differences between the Macedonian and the Bulgarian standard usage should be subject to a thorough research. A project on the distribution of articles in Balkan languages is carried on in the Center for Areal Linguistics of the Macedonian Academy of Sciences and Arts.

2.2. Situation in Dialects We are speaking here about the “grammatically balkanized” southeastern Slavic dialects, which do have the postpositive definite article and/or some other morphological markers for definiteness, e.g. pronominal clitics (the so called reduplication of the object) in oblique cases. These are all the dialects of the Macedonian language (including those in Albania, in Greece, in Bulgaria and in Serbia), all the dialects of the Bulgarian language (including those in Greece and in Romania), and some Serbian dialects of the so-called Torlak-group along the Serbian-Bulgarian frontier. I shall mention here only the most striking differences in relation to the standard situation as described above, i. e. differences which are of some interest in connection with the typology and the origin of the category of definiteness.

2.2.1. Formal and functional differentiation of the article morphemes In some peripheral areas we still find the residua of the morphological case paradigm of the definite article. In 1936, Mazon registered the following forms in the Macedonian dialect of Korča (in Albania), in the village of Boboščica: Tab. 15.1. Nouns:

masculine singular

feminine

neuter

N A D

star#ec-o ‘the old man’ starca-t#ogo starcu-t#omu

sestr#a-ta ‘the sister’

sel#o-to ‘the village’

sestr#jä-tuj

selu-t#omu

N D

plural starc#i-ti starc#i-tim

sestr#jä-te sestr#jä-tem

sel#a-ta sel#a-tam

15. Definiteness (synchrony)

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As can be seen, the old dative form (which usually functions both as Dative and as Genitive) is best preserved. I should say that it is due to the primarily /C human/ character of the Dative NPs. If there is an adjective modifier, the article is glued to the adjective, cf. Tab. 15.2. masculine singular

feminine

neuter

N A D

gol#jäm-jo (-io) ‘the big’ goleme-t#ego goleme-t#emu

golem#a-ta golem#jä-tuj

golem#o-to goleme-t#ego goleme-t#emu

N A

plural golem#i-ti golem#i-tim

golem#jä-te golem#jä-tem

golem#jä-te golem#jä-tem

(Cf. Vidoeski 1999: 196⫺197. The monophonemic diphtong #jä is a regular reflex of the Common Slavic *ě when under stress; the phonetic transcription is simplified, as it is irrelevant for our problem.) Forms similar to those characteristic of the Boboščica dialect have been registered also in other southwestern Macedonian dialects of the Kostur region. Particularly frequent are the adnominal dative forms (i. e. dative forms in genitive use), e.g. Ristotomu čupeto, ‘Risto’s daughter’, Petrotomu čupeto ‘Petro’s daughter’, carutomu sarajo ‘the king’s castle’, vragotom rabota ‘the devil’s work’, etc. (ibid.) (note the intermorph -oin place of the dative ending of the head noun). The residual dative and/or genitive forms (i. e. forms of the type čovekutomu or čovekatoga are also found in northern Macedonian dialects along the Serbian frontier. In some Serbian Torlak dialects (where besides the postpositive article the postpositive demonstratives appear ⫺ cf. below) we also find feminine forms in the so called casus generalis (historical Accusative) of the type stoľicuvu ‘this chair’, šerpunu ‘that saucepan’, etc., but never with the genuine t-article. (cf Sobolev 1998, maps 97⫺107). Finally, oblique forms of the article and of the postpositive clitica1 demonstratives are preserved also in some Bulgarian dialects of the region Rupa, e.g. v#oli t#omu ‘to this ox’, na kos#ačatoga ‘to the mower’, dec#amnem ‘to those children’ … (cf. Stojkov 1993, 232). The postpositive demonstratives, marked respectively as /C near/ (root v- or s-) and /C distant/ (root n-) are characteristic of the western Macedonian dialects and of some peripheral territories, namely: some northeastern Macedonian dialects of the region of Kriva Palanka, some Serbian Torlak dialects, Bulgarian Rodopi dialect and some Bulgarian dialects of the Rupa region. The /C near/ demonstrative enclitics derived from the archaic s-root appear only in the Bulgarian Rodopi dialect. There are numerous formal differences in the phonemic shape of the basic article form, i. e. the masculine singular form as glued to the noun head and/or to the adjective modifier of the head. There are large territories in western and eastern Macedonia, and also in Bulgaria where the final -t is lost. The phenomenon is known also in some Serbian Torlak dialects. The major series of phonological differences concerns the vo-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens calism of the article form. The basic cause of the differentiation is the different development of the Common Slavic *ъ and *ь ; secondarily processes of partial morphologization and/or 1exicalization of the root vocalism appear.

2.2.2. Other markers The reduplication of the /C definite/ object NPs with the respective pronoun clitic appears in all the Balkan Slavic dialects and serves as secondary expressive marker for definiteness. It is most regular in western Macedonian dialects and becomes less frequent going from west to east. Its basic categorial function is signaling . the distinctions between the three central case-relationships: the Nominative, the Dative and the Accusative. It is worth mentioning in this connection that the pronominal reduplication of the subject NPs is also a frequent phenomenon. The postpositive possessive Dative pronominal clitics in Bulgarian dialects usually appear in combination with the article in constructions as s’elutu mu ‘his village’, volovete ti ‘your oxen’, etc. In the majority of Macedonian dialects they appear only with the kinship names and in complementary distribution with the article, cf. majka mi ‘my mother’ as opposed to majkata ‘the mother (generic concept)’.

3. Other Slavic Languages In languages without articles ⫺ and so is the case with the majority of the Slavic linguistic world ⫺ basic marker of definiteness is the linearization of the text. It functions both at the sentential level ⫺ as linearization of the syntagms, and at the level of the noun phrase ⫺ as linearization of the determiners and/or modifiers of the head noun. I accept here, as point of reference, my native Polish language. A Polish sentence of the type Nauczyciel wszedł do klasy has to be translated into Macedonian as Učitelot vleze vo oddelenieto ‘The teacher came into the classroom’ and this is the unique valid translation. Preverbal, i. e. unmarked position of the nominative NP signalizes that we are speaking about an identified teacher. Even at the absolute beginning of a literary text it would be perceived in this way, as a conscious move of the author in order to thrust the reader at once in medias res. If we want to present the teacher as unidentified, the sentence would run: Jakiś nauczyciel wszedł do klasy ~ Mac. Eden /Nekoj učitel vleze vo oddelenieto ‘A/Some teacher came in the classroom’, where the indefinite article and/or the so-called indefinite pronoun nekoj function as markers for the /⫺ definite/ use of the phrase. Finally, in a sentence of the type Do klasy wszedł jakiś nauczyciel lit. ‘In the classroom came a (some) teacher’ the postverbal, marked position of the nominative NP, even without the lexical determiner, signalizes the /⫺ definite/ use. Mutatis mutandis the mechanism is similar in case of the dative NPs. In a sentence of the type Anna podaje dziecku piłkę the postverbal, unmarked position of the dative NP signalizes /C definite/ use. If the dative NP stands in the marked, preverbal position, as in Dziecku Anna podaje piłkę … we are faced with an expressive linear order

15. Definiteness (synchrony) which implies contrast, e.g. Dziecku Anna podaje pilkę, a mężowi książkę. The dative NPs refer to identified protagonists of the event. The Macedonian translations would run respectively: Ana na deteto mu dava topka ‘Ann gives a ball to the child’ and Na deteto Ana mu dava topka, a na mažot kniga ‘To the child Ann gives a ball and to her husband a book’. In a sentence Dziecku /Dzieciom dajemy wszystko najlepsze we have expressive generic use of the collective type. The Macedonian parallel is: Na deteto / Na decata mu / im davame se najdobro ‘We give all the best to the child / to the children’. The /⫺ definite/ use must be additionally signalized by the presence of pronominal marker, e.g. (as a comentary to some scene of the television broadcast): Lekarz objaśnia coś jakiemuś dziecku ~ Mac. Lekarot (mu) objasnuva nešto na edno/ nekoe dete ‘The doctor is explaining something to a/some child’. As can be seen, the prototypical dative NP is /C definite/ and the exceptions from that rule are scarce. The remaining case relationships are governed by different rules. The definiteness of an accusative, an instrumental and/or a locative NP, if it is due to the context (i. e. if it is of anaphoric or cataphoric character), must be explicitly confirmed by the presence of the corresponding modifier (an anaphoric or a demonstrative pronoun, a relative clause …), cf. : (Accusative:) Anna dostała od ojca nową książkę. Czyta ją / tę książkę teraz z wielkim zainteresowaniem ~ Anna czyta z wielkim zainteresowaniem nową książkę, którą dostała od ojca ~ Mac. Ana dobi od tatko i nova kniga. (Knigata) ja čita sega so golem interes ‘Ann got a new book from her father. She is reading it (the book) with great interest’ ~ Ana ja čita so golem interes knigata kojašto ja dobi od tatko i … ‘Ann is reading with great interest the book which she got from her father’; (Instrumental:) Dzieci dostały wczoraj od ojca nową piłkę. Teraz bawią się tą piłką w ogrodzie. ~ Dzieci bawią się w ogrodzie piłką, którą dostały wczoraj od ojca ~ Mac. Decata včera dobija od tatko im nov topka. Sega si igraat so topkata vo gradinata ‘Yesterday the children got a new ball from their father. Now they are playing with the ball in the garden’ ~ Decata si igraat vo gradinata so topkata kojašto ja dobija včera od tatko im … ‘The children are plaing in the garden with the ball they got yesterday from their father’ (Locative:) Na trawniku za domem rośnie rozłożysta lipa. Anna ustawia sobie leżak pod tą lipą ~ Anna ustawia sobie leżak pod rozłożystą lipą (która rośnie) na trawniku za domem ~ Mac. Na trevnikot zad kuk´ata raste edna razgranata lipa. Ana si ja stava ležalkata pod lipata ‘On the lawn behind the house grows a branchy linden tree. Ann puts her sunlounger under the linden tree’ ~ Ana si ja stava ležalkata pod razgranatata lipa (kojašto raste) na trevnikot zad kuk´ata ‘Ann puts her sunlounger under the branchy linden tree which grows on the lawn behind the house … It is most interesting that besides the different behavior of the NPs involved in-sofar as the opposition /C/⫺ definite / is concerned, the formula: N D ~ A I L has also another categorial motivation: Nominative and Dative are the two syntactic functions reserved primarily for NPs with /C human/ referents, while the NPs standing in Accusative, Instrumental or Locative refer primarily to /⫺ human/ items implied as arguments of the constitutive verbal predicate. This double interpretation of our formula presents an important argument in favor of the interdependence between the two categories and the relevance of that interdependence for the origin of the present-day case markers and article distribution in Balkan Slavic (cf. Definiteness (diachrony), 244.). There exist numerous other rules of linearization of NPs which vary among the other Slavic languages, but those presented above seem to be universal. Thus, we can

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens conclude that the preverbal and/or postverbal position of a NP in articleless Slavic languages serves as basic marker of their /C/⫺ definite / character. At the level of a noun phrase, mutatis mutandis, we observe in the article-less languages the same strict, semantically motivated, linearization of determiners and modifiers as in the languages with articles. At the beginning of a NP, demonstrative pronouns or other pronominal lexemes that are in complementary distribution with the demonstratives appear, as in the Polish sentence Ten/Jakiś list przyszedł wczoraj (cf. Mac. Ova /Nekoe) pismo dojde včera ‘This/ Some letter arrived yesterday’ ⫺ deixis or expressively marked anaphora; Pismoto dojde včera ‘The letter arrived yesterday’ ⫺ unmarked anaphora; Neko(edno pismo dojde včera ‘Some / A letter arrived yesterday’ ⫺/⫺ definite/). At the absolute beginning (the “zero-position”) the “expressive determiners” of the type of all, every, any or the same can appear, cf Pol. Wszystkie te listy przechodzą przez moje ręce / Każdy list przechodzi przez moje ręce ~ Mac. Site tie pisma pominuvaat preku moi race (Sekoe pismo pominuva preku moi race ‘All those letters pass through my hands / Each letter pass through my hands’ vs Pol. Ten sam list widziałam w rękach Anny ~ Mac. Istoto toa pismo go vidov vo racete na Ana ‘I saw that very letter in Ann’s hands’, etc. The second position in the string is reserved for the quantitative determiners (numerals and para-numerals), as in the Polish sentence Te (jakieś) trzy listy przyszły wczoraj (cf. Mac. Tie tri … /Nekoi tri … / Trite pisma dojdoa včera ‘Those three … / Certain three … / The three letters arrived yesterday’). If the first position is not occupied (i. e. there are no specialized referential determiners), the numerals serve as markers for the specified /⫺ definite/ use of the NP (i. e. in the languages with articles they stand in complementary distribution with the indefinite article), cf. Pol. Trzy studentki zdecydowały się pisać prace dyplomowe z językoznawstwa ~ Mac. Tri studentki rešija deka k´e pišuvaat diplomski raboti od lingvistika ‘Three students decided that they are going to write their final paper in linguistics’, Pol. Tysiące ludzi wyległo na ulicę ~ Mac. Iljadnici lug´e izlegoa na ulici ‘Thousands of people got out to the streets’, etc. In order to emphasize the /C definite/ character of some closed countable set the numeral can be preceded by an expressive determiner, cf. Pol. Wszystkie trzy studentki świetnie zdały egzamin dyplomowy ~ Mac. Site tri studentki diplomiraa odlično ‘All three students graduated with excellent marks’. In Macedonian and in Bulgarian we have also an alternative solution ⫺ preposition of the conjunction i, cf. Mac. I trite studentki diplomiraa odlično. However, when the set has only two elments, we have a special determiner in Slavic with the meaning /C 2, C definite/. Thus we say in Polish obaj studenci, obie studentki, in Macedonian obajcata studenti / obata studenta, obete studentki ‘both students’, etc. (always with article, as in site). I insist on these details since I would like to mention here one characteristic Polish construction with the grammaticalized /C/⫺ definite / opposition. Namely, the form oboje ‘both’ ~ marked as /C definite/, used in anaphora, referring only to human beings and meaning ‘he and she’, imposes different conditions of grammatical congruence than the form dwoje ‘two’, /⫺ definite/, which can refer to any twin set of humans and/or young animals, cf. , e.g., Oboje przyszli ‘both came’ as opposed to Dwoje przyszło ‘two came’, etc. As can be seen, the difference in definiteness is reflected in the choice of the verbal form. The merit of detecting and diagnosing this difference goes to Etienne Decaux, a French slavist, one of the best connoisseurs of the Polish language. As additional argument in favor of the universal character of the linearization of prototypical noun phrases it should also be mentioned that, both in Slavic languages

15. Definiteness (synchrony) with articles and in articleless languages, in NPs whose heads are indefinite pronouns only right-side modifiers can appear, cf. Mac. nešto dobro ‘something good’, nekoj mlad ‘someone young’, Pol. coś dobrego, ktoś młody, etc. It is not only the linear order of determiners (i. e. demonstrative and indefinite pronouns and numerals), but also the order of modifiers that is identical in NPs both in article less languages as well as in languages with articles. In both cases it is a universal, semantically motivated order. The linearization of modifiers is out of scope of this text, still it seems worth pointing out that the third unmarked linear position (the first one in the sequence of modifiers) belongs to the possessive pronouns. It was mentioned above that in Balkan Slavic the definite marker and the possessive pronoun do not exclude one another, cf Pol. Te trzy jego artykuły stanowią podstawę teorii ~ Mac. Trite … / Tie tri negovi statii pretstavuvaat osnova na teorijata ‘The three / Those three papers of his represent the basis of the theory’, etc.

3.1. Between Articles and Demonstratives The so-called Balkan Slavic languages are situated at the southeastern periphery of the Slavic linguistic world, in a zone of strong multidirectional linguistic interference. The emerging of the morphological category of definiteness in these languages is due to the Slavic vs non-Slavic contact in that border zone. In this connection it is interesting to look at the situation in other Slavic ~ non-Slavic border zones along the SlavicGerman and also Slavic-Hungarian linguistic frontier. The framework of this text does not allow a more detailed review. Let us say only that ⫺ going from the North to the South ⫺ in the Kashubian, Lusatian and also in some Polish, Czech and Slovenian border dialects a specific broad use of demonstratives is observed in syntactic position where the German definite article occurs. Such a use is also characteristic of some regional variants of the colloquial Polish, Czech and Slovenian languages. From the semantic point of view in the majority of cases we are faced with the so-called deixis in absentia. A parallel phenomenon is to be seen in the Serbian colloquial use in the Serbian-Hungarian contact zone. In some cases as equivalent for the German resp. Hungarian definite article a possesive pronoun appears. It is also worth mentioning that in Serbia, in Bosnia and in Montenegro the spread of the indefinite pronoun jedan has been registered in positions characteristic of the indefinite article. It could be a residuum of the old Turkish influence, typologically interesting, since the Turkish presents an atypical system with the indefinite and without the definite article.

4. Literature (selected) Tilkov, Dimităr (red.) (1983): Gramatika na săvremennija bălgarski knižoven ezik. Tom 2. Morfologija. Tom 3. Sintaksis. Sofija. Koneski, Blaže (1982): Gramatika na makedonskiot literaturen jazik. Skopje. Sobolev, A. N. (1998): Sprachatlas Ostserbiens and Westbulgariens I⫺III. Marburg.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Stojkov, Stojko (1993): Bălgarska dialektologija. Sofija. Topolińska, Zuzanna (1981): Remarks on the Slavic Noun Phrase. Wrocław. Topolinjska, Zuzanna (in print): The anthropocentric case theory: how are humanes coded in discourse. Vidoeski, Božidar (1999): Dijalektite na makedonskiot jazik. Tom 3. Skopje.

Zuzanna Topolinjska, Skopje (Macedonia)

16. Nominale Kategorien: Steigerung 1. 2. 3. 4.

Steigerung als Kategorie Steigerungsstufen und ihr Ausdruck Steigerung außerhalb der Wortart Adjektiv; Gradierung Literatur (in Auswahl)

Abstract The contrast of objects over the quantity of characteristics common to them, from a cognitive point of view, forms the basis for comparison. From a structuralistic point of view however this category is problematic: Its semantic content cannot be applied to all words even onto those that are part of speech. Expressions belong to different levels of a language system ⫺ in addition to synthetic expressions that are classified as phenomena of morphology or word formation, suppletive forms and analytic expressions create a connection to lexis and syntax. As a result of integration of cognitive and functional perspectives comparison is increasingly considered as the nucleus of a broader functional-semantic category of gradation. The comparative and superlative are generally recognized degrees of comparison. What however does remain an object of dispute is the positive. Some languages have developed meanings and expressions for an absolute comparative or superlative. Most widespread are comparative expressions with a suffix that contain the element -š-. In Bulgarian and Macedonian, comparison is characterized by prefixes. Russian shows nearly all patterns for comparative and superlative that can be found in Slavonic languages; nevertheless, their use is semantically, syntactically and functionally specialized. One can even arrange them typologically considering the extent to which different Slavonic languages make use of the inventory of meanings and expressions of comparison. In order to recognize comparison as a grammatical category it is necessary to consider qualitative adjectives, detect regularity in forming expressions in most languages and consider the fact that this formation is not accompanied by substantial changes in lexical meaning. The complexity of meanings, the diversity of expressions and the wide range of concerned lexis however transcend categorial borders of grammar and continue to be a worthwhile object of linguistic investigation.

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens Stojkov, Stojko (1993): Bălgarska dialektologija. Sofija. Topolińska, Zuzanna (1981): Remarks on the Slavic Noun Phrase. Wrocław. Topolinjska, Zuzanna (in print): The anthropocentric case theory: how are humanes coded in discourse. Vidoeski, Božidar (1999): Dijalektite na makedonskiot jazik. Tom 3. Skopje.

Zuzanna Topolinjska, Skopje (Macedonia)

16. Nominale Kategorien: Steigerung 1. 2. 3. 4.

Steigerung als Kategorie Steigerungsstufen und ihr Ausdruck Steigerung außerhalb der Wortart Adjektiv; Gradierung Literatur (in Auswahl)

Abstract The contrast of objects over the quantity of characteristics common to them, from a cognitive point of view, forms the basis for comparison. From a structuralistic point of view however this category is problematic: Its semantic content cannot be applied to all words even onto those that are part of speech. Expressions belong to different levels of a language system ⫺ in addition to synthetic expressions that are classified as phenomena of morphology or word formation, suppletive forms and analytic expressions create a connection to lexis and syntax. As a result of integration of cognitive and functional perspectives comparison is increasingly considered as the nucleus of a broader functional-semantic category of gradation. The comparative and superlative are generally recognized degrees of comparison. What however does remain an object of dispute is the positive. Some languages have developed meanings and expressions for an absolute comparative or superlative. Most widespread are comparative expressions with a suffix that contain the element -š-. In Bulgarian and Macedonian, comparison is characterized by prefixes. Russian shows nearly all patterns for comparative and superlative that can be found in Slavonic languages; nevertheless, their use is semantically, syntactically and functionally specialized. One can even arrange them typologically considering the extent to which different Slavonic languages make use of the inventory of meanings and expressions of comparison. In order to recognize comparison as a grammatical category it is necessary to consider qualitative adjectives, detect regularity in forming expressions in most languages and consider the fact that this formation is not accompanied by substantial changes in lexical meaning. The complexity of meanings, the diversity of expressions and the wide range of concerned lexis however transcend categorial borders of grammar and continue to be a worthwhile object of linguistic investigation.

16. Nominale Kategorien: Steigerung

1. Steigerung als Kategorie Bei dem Unternehmen, die Kategorie Steigerung zu beschreiben, hat man mit mehreren Fragen zu rechnen: ob Steigerung als Phänomen der Morphologie oder der Wortbildung rangiert, ob alle betroffenen Wortarten erfasst sind, ob diese Wortarten in ihrer Totalität erfasst sind. In diesen Fragen, wie rein praktisch sie auch anmuten, scheint der gesamte Problemkomplex recht gut widergespiegelt zu sein. Tatsächlich gibt es auch sehr unterschiedliche Antworten auf sie. Didaktisch orientierte Darstellungen, die dazu oft konsequent synchronisch orientiert sind, tragen ebenfalls ihre Besonderheiten zu dem Bild bei, das man sich von dieser Kategorie macht: ⫺ aus strukturalistischer Sicht: Hier wird deutlich zwischen synthetischen und analytischen Ausdrücken für Steigerungsstufen unterschieden, z. B. bei (Panzer 1995, 151): Das Superlativsuffix -ejš- im Russischen ist kein Endsuffix und wird damit als Wortbildungssuffix eingestuft; der Komparativ ist dagegen unflektierbar, kann also entweder selbst als Flexionsform oder als flexionsloses Wortbildungssuffix angesehen werden; analytische Steigerungsformen werden als Syntagmen betrachtet. Darüber hinaus gelten als wichtige Kriterien für eine morphologische Kategorie Regelmäßigkeit und Obligatheit in der Anwendung ihrer Ausdrucksmittel; die Beschränktheit der Kategorie Komparation auf die Qualitätsadjektive gilt damit als Argument für die Zuordnung der Steigerung zur Wortbildung. ⫺ aus funktionaler Sicht: Lehmann verweist hinsichtlich des Umfangs des Begriffs Wortbildung auf unterschiedliche Grammatiktraditionen, auch in der Slavia (s. in Anwendung auf die Steigerung auch Dalewska-Greń 1997, 321; Kuchař 1986, 378 ff.), und schlägt für die Komparation neben den Kategorien Aspekt und Genus verbi die Bezeichnung „grammatische Funktionskategorien“ vor. Morphologische Kategorien dieser Art enthalten Funktionen von Wortformen, die aufgrund einer allgemeinen Regel für beliebige Wörter einer Wortart vorausgesagt werden können (Lehmann 2003, 143). Die funktionale Sicht ist vor allem wichtig für die onomasiologische Seite der Kategorie: Die Tatsache, dass für den Ausdruck der Steigerung (ganz deutlich etwa im Russischen) auch Syntagmen verwendet werden, verhindert eine ausdrückliche Beschränkung auf die Bildung von Formen. ⫺ aus kognitiver Sicht: Die Vorstellung, dass es sich bei den Bedeutungen der Steigerungsstufen um Ergebnisse von Vergleichen zwischen Objekten über die Quantität eines ihnen gemeinsamen Merkmals handelt, prägt in neuerer Zeit die theoretische Diskussion weitgehend. Der Vergleich wird u. a. als eine übergeordnete intellektuelle Grundoperation verstanden und die von ihm abgeleitete sprachliche Kategorie des Komparationsresultates als ein semantischer Kernbereich der Sprache aufgefasst (Jachnow 2001, 484⫺485). Die kognitive Natur des sprachlichen Vergleichs wurde in neuere Zeit besonders an Dimensionsadjektiven, einer Gruppe der Qualitätsadjektive, expliziert, s. vor allem Bierwisch (1987), Lang (1987). Gvozdanović (2001) hat gezeigt, dass auch auf der Grundlage des kognitiven Ansatzes hinsichtlich der Adjektivkomparation eine Typologie der slavischen Sprachen erstellt werden kann. Die Unterscheidung liefert Aussagen darüber, inwieweit die Bedeutungen der Steigerungsformen des jeweiligen Typs bestimmte Bereiche auf der Vergleichsskala abdecken. Zu konstatieren ist die Existenz absoluter Komparative (bei Jachnow 2001, 493 auch isolierter oder Normkomparative) beim westslavischen und westsüdslavischen Typ (tschech. menší domek; kroat. to je bolji đak) und, mit formalen Spezifika versehen, im ostsüdslavischen, ge-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens genüber dem ostslavischen (russ. nebol’šoj domik, neploxoj učenik); dafür fehlt den Sprachen des west- und westsüdslavischen Typs der absolute Superlativ. Im oben umrissenen Kontext unterstützen diese Betrachtungen die Zuordnung der Steigerung zur Morphologie, indem sie für Steigerungsformen relative, d. h. keine eigenen lexikalischen, Bedeutungen unterstreichen: Explizit sprachlich verglichen wird in der Regel mit Hilfe des Wortes, das den Plus-Pol der Skala abdeckt; das Merkmal muss dabei nicht seinem Normwert entsprechen (ein „größer“ lässt nicht mit Notwendigkeit auf das reale Vorhandensein des Merkmals ‚groß‘ schließen). Im Besonderen gilt das für die Bedeutung des Komparativs, für den daher Sapir seinerzeit sogar das semantische Primat unter den Komparationsstufen postuliert hat (s. bei Tafel 2001, 28). Aus der Zusammenschau funktionaler und kognitiver Aspekte haben sich in neuerer Zeit wieder funktional-semantische Beschreibungen der Steigerung in slavischen Sprachen ergeben wie in Jachnow/Norman/Suprun (2001) und Heyl (1998). Steigerung wird hier als Kern eines Feldes der Gradation betrachtet, woraus, strukturalistisch gesehen, sowohl Konsequenzen für die Einbeziehung analytischer Steigerungsformen in das Inventar der Kategorie als auch für die Ausweitung des Vergleichsbegriffs über das syntaktisch Belegbare hinaus folgen. Die Realisierung von Steigerung ist allerdings in jeder konkreten Sprache wesentlich durch deren strukturelle Besonderheiten bedingt. Ebenso liefern alle Sichtweisen Beiträge zur Bestimmung des Umfangs der Kategorie und zur Erklärung ihrer Phänomene.

2. Steigerungsstufen und ihr Ausdruck 2.1. Steigerungsstufen Unstrittig dürfte sein, dass in allen slavischen Sprachen dem Ausdruck von Steigerungsstufen Bildungsweisen zugeordnet sind, die auf Wörter der Wortart Adjektiv ihre regelmäßigste Anwendung finden. Gleichzeitig spricht für die Steigerung als morphologische Kategorie, dass sie gut zur semantischen Leistung der Wortart Adjektiv passt (Adjektive bezeichnen Merkmale), dass sie zumindest für Qualitätsadjektive obligatorisch ist (viele von ihnen können Antonyme haben, Steigerungsausdrücke können sich also auf einer semantischen Skala bewegen), dass sie in den meisten Sprachen durchaus regelmäßig ist (u. a. bei Anwendung ihrer Ausdruckmittel immer wieder dieselben „Begleiterscheinungen“ auftreten) und dass sich durch die Steigerung keine substantiellen Veränderungen der lexikalischen Bedeutung ergeben. Als Steigerungsstufen sind Komparativ und Superlativ (in der Regel gleichzeitig als Bezeichnung für die entsprechenden Steigerungsformen) allgemein anerkannt. Der Positiv gilt aus strukturalistischer Sicht als Ausgangsform des Adjektivs; diesen Terminus möchten wir für die nachfolgende Darstellung von Ausdrucksmöglichkeiten für Steigerungsbedeutungen adoptieren. Aus kognitiver Sicht wird auch der Positiv zu den Steigerungsstufen gezählt. Er gilt dann als grammatikalisch nicht markierter Ausdruck dafür, dass das vom Adjektiv bezeichnete Merkmal durch das Bezugsobjekt im Umfang der Etalonnorm erfüllt wird (Jachnow 2001, 492; s. zum Positiv als crypto-comparative auch schon bei Topolińska 1975, 57). Einige Autoren erweitern dieses System der Steigerungsstufen noch: Neben den Positiv tritt dann als begriffliches Kondensat

16. Nominale Kategorien: Steigerung seiner Vergleichsbedeutung der Äquativ (Bierwisch 1987), neben den Superlativ mit der Bedeutung der absoluten Höchstform des Merkmals durch das Präfix na- im Obersorbischen der Absolutiv (Faßke 1981).

2.1.1. Komparativ synthetisch Der Komparativ wird im Vergleich zweier Objekte zur Bezeichnung eines höheren Grades des ihnen gemeinsamen Merkmals verwendet. Komparative treten deshalb oft prädikativ und in Vergleichskonstruktionen auf (russ. Petr vyše Pavla, Petr vyše čem Pavel). Nach der erwähnten semantischen Typologie kann man in west- und westsüdslavischen Sprachen zumindest für ein begrenztes Korpus von Adjektiven auch eine absolute Verwendung von Komparativformen erwarten. Laut Gvozdanović (2001, 563) beschreibt der absolute Komparativ das Intervall zwischen dem Durchschnittswert und dem Positiv. Beispiele: kroat. Na ispitu Vesna je dobila lakša pitanja; Jedna mlađa dama stajala je pred vratima (Jachnow 2001, 493). Über die synthetischen Bildungsmittel für den Komparativ lässt sich mit DalewskaGreń (1997, 321) praktisch sagen, dass es sich in den meisten slavischen Sprachen um Suffixe mit dem Element -š- handelt, das entweder allein oder mit einem vokalischen Element (und -j-) auftritt: ostslavisch außer Russisch: ukr. Suffix -iš- (teplyj ⫺ teplišyj); produktiv: im Gegensatz zum Russischen existiert auch tyxišyj u. Ä.; unproduktiv mit Suffix -š- (Schweier 1998, 102); weißruss. mit Suffix -ejš-/-ėjš- (vjasëly ⫺ vesjalejšy; pryhožy ⫺ pryhažėjšy); westslavisch: poln. mit Suffix -sz- oder -ejsz- (stary ⫺ starszy; ładny ⫺ ładniejszy) (Birnbaum/Molas 1998, 153); tschech. mit -ějš-/-ejš- oder -š- (teplý ⫺ teplejší; slabý ⫺ slabší) (Vintr 1998a, 203; Kuchař 1986, 379); slovak. mit Suffix -š- oder -ejš- (mladší, milší, hlúpejší) (Vintr 1998, 220; Dalewska-Greń 1997, 321); obersorb. mit Suffix -iš-/-yš- (horcy ⫺ horcyši) oder -š- (Schaarschmidt 2002, 31); niedersorb. -š- oder -(j)ejš- (nowšy, bogatšy, mocnjejšy) (Starosta 1991, 246 ff.; Dalewska-Greń 1997, 321); südslavisch außer Bulgarisch und Makedonisch: serb. mit Suffix -š- oder -ijsowie als Besonderheit -j- (lep(i) ⫺ lepši; mlad(i) ⫺ mlađi; nov(i) ⫺ noviji) (Rehder 1998b, 286); kroat. ebenso mit -j-, -ij- oder -š- (crn ⫺ crnji; drag ⫺ draži aus *dragji; star ⫺ stariji; lijep ⫺ ljepši) (Rehder 1998, 257), dabei ist -ij- am produktivsten, -š- wird nur ausnahmsweise verwendet (Jachnow 2001, 494); sloven. mit -š- oder -ejš- (slab ⫺ slabši; nov ⫺ novejši) oder ebenfalls mit -j- (drag ⫺ dražji) (Rehder 1998c, 237), -j- ist dabei nur eingeschränkt produktiv (Dalewska-Greń 1997, 322); jugoslavo-russin. mit Suffix -š- oder -ejš-/-jejš- (šmeli ⫺ šmelši, tvardi ⫺ tvardejši) (Duličenko 1998, 129). Horálek bezeichnete diese Art der Steigerungsformenbildung im Übrigen als konservativ, die im ostslavischen Raum sowie im Bulgarischen und Makedonischen dagegen als innovativ (Horálek 1962, 213). Die Konsequenzen dieser Innovativität für die Geschlossenheit des Bildes von der Kategorie werden noch deutlich werden. Grund für den Einsatz der zusätzlichen vokalischen Elemente (also von Suffix /-ejš-/ statt -š-) sind von der Struktur her Konsonantenhäufungen im Auslaut des Adjektivstammes (s. z. B. Schaarschmidt 2002, 31); allerdings dürfte dieser Grund mittlerweile hinter der Tatsache zurückstehen, dass das Suffix -ejš- größere Produktivität aufweist. -ejš- und -ějš-/-jejš- (bzw. niedersorb. -yš- und -iš-) ihrerseits verteilen sich nach Weichheit oder Härte des Stammauslauts. Verschiedentlich finden sich Hinweise auf geringe oder nicht mehr vorhandene Produktivität von Bildungen mit -š-: Im Tschechi-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens schen ist sie auf primäre Adjektive beschränkt, vor allem auf solche mit Suffixen -k-, -h-, -ch-, -d-, -t- (Kuchař 1986, 379); s. auch zur dialektalen Basis dieser Bildungen im Russischen. Was die Reihenfolge der angeführten Suffixe betrifft, wurde dennoch die aus den zugrundegelegten Grammatikdarstellungen eingehalten; sie lässt nicht auf die Produktivität der Suffixe schließen, möglicherweise aber auf die Frequenz der Bildungen mit ihnen. Dafür wurde im Interesse einer eindeutigen Heraushebung der Bildungsmorpheme des Komparativs einer anderen, vielleicht didaktisch begründeten Eigenheit mancher Darstellungen nicht gefolgt: der Mitaufführung der Flexionsendung (Angaben wie -ší, -ejší; Šipka 2002, 123, formalisiert die Steigerungsformenbildung des Serbischen und Kroatischen folgendermaßen: bei suppletiven Stämmen Suppletivformen bilden, bei nichtsuppletiven Stämmen mit einer Silbe und langem Vokal Endkonsonanten palatalisieren und -i anfügen, bei den übrigen -iji verwenden). Allerdings darf ein Hinweis auf noch folgende Flexionsendungen nicht fehlen: Serbische und kroatische Komparativformen sind, im Gegensatz zu den nominalen oder pronominalen Formen der Positive, nur pronominal, und tatsächlich sind ja die bisher angeführten Komparativbildungen deklinabel; sie unterliegen den adjektivischen Deklinationsmustern in ihrer palatalen Variante (Jachnow 2001, 494). Abweichende Verhältnisse finden wir im Russischen vor. Die deklinablen Formen nach obigem Muster begegnen dort ebenfalls, haben aber in der Regel keine Komparativbedeutung. Typisch für den synthetischen Ausdruck des Komparativs im Russischen sind indeklinable Bildungen ohne Genus-, Kasus- und Numerusanzeige mit den Suffixen -ee (mit möglicher umgangssprachlicher Variante -ej), -e (wenig produktiv) oder -še (Plotnikova 1980, 562). Diese unveränderlichen Bildungen spezialisierten sich offenbar früh auf den Gebrauch im Prädikat von Sätzen mit Vergleichskonstruktionen, wo Kongruenz nicht erforderlich ist; diese Entwicklung war eine Angelegenheit der Dialekte, kanonisch gab es Genus- und Numerusformen bei Komparativen dagegen bis in die Neuzeit (Gorškova/Xaburgaev 1981, 258⫺259). Von einem Suffix -e kann man sicherlich aus synchronischer Sicht und zum Zweck etwa einer didaktischen Vereinfachung sprechen. Historisch-phonematisch gesehen zeigen sich hier allerdings Parallelen zum Suffix -j- im Serbischen und Kroatischen. Streng synchronische Darstellungen des Suffixinventars unter Verzicht auf Ausführungen zum -j- gibt es allerdings auch anderenorts: Für das Tschechische wird ein Komparativsuffix -í (von seiner Natur her zumindest ein Hybrid mit einem Flexionssuffix) angenommen und die Bildung des Komparativs mit ihm als einfache Konversion von einem Formenbildungsmodell zum anderen (mladý zu jarní, also vom Deklinationsmuster mit hartem zu dem mit weichem Stammauslaut), mit den Alternation k /č (hezký ⫺ hezčí; měkký ⫺ měkčí) beschrieben (Kuchař 1986, 379). Im Ukrainischen verändert sich laut gängigen Beschreibungen nach bestimmten stammauslautenden Konsonanten (vermutlich Velaren) bzw. mit diesen gemeinsam das Suffix -š- selbst: dorohyj ⫺ dorožčyj; dužyj ⫺ dužčyj (Schweier 1998, 102). Panzer (1995, 151) spricht dafür von der Bildung des Komparativs mit /-eje/, unproduktiv auch /-je/ mit den morphologischen Alternationen. Dementsprechend machen im Russischen die mit dem Suffix -e einhergehenden Konsonantenwechsel im Stammauslaut auf sich aufmerksam: bei Adjektiven mit Stammauslaut auf Velar oder Alveolar (dorogoj ⫺ dorože; suxoj ⫺ suše; čistyj čišče; bogatyj ⫺ bogače) (Heyl 1998, 35), bei solchen auf -k-, -ok- unter Abwurf dieser Suffixe. Dabei sind auch irreguläre Formen entstanden: sladkij ⫺ slašče, glubokij ⫺ glubže (Sperber 1988, 237). Gorškova/Xaburgaev (1981, 260) erklären

16. Nominale Kategorien: Steigerung glubže als eine Übernahme aus Mundarten, die für die Komparativbildung das Suffix -že verwenden. Möglicherweise die einzigen Bildungen ohne Zischlaut im Stammauslaut vor dem Suffix -e sind šire und deševle, die im Substandard aber auch die Parallelformen šir(’)še und deševše haben, vermutlich in Analogie zu dlin’še, tjažel’še u. Ä. Auch Gorškova/Xaburgaev (1981, 260) verweisen auf die mundartliche Herkunft von Bildungen mit dem Suffix -še. Einige von ihnen bol(’)še, men(’)še und starše) haben bei ihrer Übernahme in die Hochsprache ihre parallelen Bildungen mit dem Suffix -ee abgelöst, diese wiederum haben sich lexikalisch-semantisch bzw. auf Funktionen als Gradadverbien u. a. spezialisiert (Gorškova/Xaburgaev (1981, 260). Damit ist die Frage der Varianten synthetischer Komparativformen angesprochen. Für das Russische kann man Doppelformen wie bojkij ⫺ bojče/bojčee; lovkij ⫺ lovče/lovčee (Sperber 1988, 237) konstatieren, die sich vorwiegend nach ihren stilistischen Gebrauchssphären unterscheiden dürften. Hinweise liefern Produktivität und soziolektale Verbreitung des Suffixes. Auch in anderen Sprachen finden sich Varianten: tschech. hustý ⫺ hustší / hustější; hrubý ⫺ hrubší/hrubější (Kuchař 1986, 379). Zu beachten ist schließlich, dass fast alle Sprachen im Bereich der Komparative über die gleichen Suppletivformen verfügen: im Wesentlichen für die Ausdrücke für ‚groß‘/,klein‘ und ‚gut‘/‚schlecht‘, teils auch für ‚lang‘: weißruss. vjaliki ⫺ bol’šy; maly ⫺ menšy; dobry ⫺ lepšy; drėnny ⫺ goršy (Bieder 1998, 116); poln. duży ⫺ większy; mały ⫺ mniejszy; dobry ⫺ lepszy; zły ⫺ gorszy (Birnbaum/Molas 1998, 154); tschech. velký ⫺ větší; dobrý ⫺ lepší; malý ⫺ menší; zlý ⫺ horší; dlouhý ⫺ delší (Kuchař 1986, 379); niedersorb. wjeliki ⫺ wětšy; mały ⫺ mjeńšy; dobry ⫺ lěpšy; zły ⫺ goršy (Starosta 1991, 247); obersorb. wuli ⫺ wjetši; mały ⫺ mjeńši; dobry ⫺ lěpši; zły ⫺ hórši; dołhi ⫺ dlěši (Schaarschmidt 2002, 31). Diese Verhältnisse ähneln denen in anderen indogermanischen Sprachen. Man kann wohl davon ausgehen, dass, aus kognitiver Sicht gesprochen, gerade im Bereich dieser stark vergleichs- und wertungsabhängigen Konzepte zeitweise Bedarf nach lexikalischen Festlegungen auf der Skala zwischen den Antonymen bestanden hat. Im Übrigen zeigt sich auch bei den suppletiven Wurzeln das übliche Komparativsuffix -š- mit seinen gewohnten Begleiterscheinungen: Veränderungen im Stammauslaut vor einem Komparativsuffix sind allgemein üblich, besonders werden sie aber für das Suffix -š- vermerkt: harte Konsonanten wechseln mit ihrem weichen Partner, vor allem im Falle der als Adjektivbildungssuffixe häufigen /n/ und /l/, Alternationen treten auf, und es kommt zu Assimilationen: tschech. šťastný ⫺ šťastnější; drahý ⫺ dražší; vysoký ⫺ vyšší; snadný ⫺ snazši; zadní ⫺ zazší) (Kuchař 1986, 379); im Slovakischen selten, vor allem bei z/ž: úzky ⫺ užší (Vintr 1998, 220); obersorb. ćopły ⫺ ćopliši; čisty ⫺ čisćiši (Schaarschmidt 2002, 31); niedersorb. šykowany ⫺ šykowańšy, wiasoły ⫺ wiaselšy, bei Suffix -( j)ejš- Palatalisierungen bei n, r und w oder Alternationen (ł mit l, d mit ź, t mit ś, st mit sć, tš mit tś) (Starosta 1991, 247); im Slovenischen findet man die erwähnten Veränderungen speziell vor -j-: drag ⫺ dražji; tih ⫺ tišji (Dalewska-Greń 1997, 322). Die adjektivbildenden Suffixe -k-/-ok-/ -ek- werden vor dem Suffix -š-, das für sie das typische komparativbildende Suffix ist, in der Regel abgeworfen: ukr. solodkyj ⫺ solodšyj; dalekyj ⫺ dal’šij; šyrokyj ⫺ šyršyj; obersorb. mjechki ⫺ mjechši; hłuboki ⫺ hłubši (Schaarschmidt 2002, 31); hierher auch Niedersorbisch mit Adjektiven mit Suffix -g-, -k- sowie einigen mit -sk-, -ok-, -sok-, -žk-: drogi ⫺ drošy; krotki -krotši; niski ⫺ nišy; wusoki ⫺ wušy; śěžki ⫺ śěšy; lažki ⫺ lašy (Starosta 1991, 247). In Sprachen mit reich differenziertem Vokalsystem können Komparativbildungen auch von Veränderungen innerhalb der Wurzel begleitet sein:

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens lange Wurzelvokale werden gekürzt (tschech. nízký ⫺ nizší; bílý ⫺ bělejší) (Kuchař 1986, 379), im Serbischen und Kroatischen sind auch Wechsel im Tonhöhenverlauf möglich: jàsan ⫺ ja ̏ sn- (von kurzsteigend zu kurzfallend); žût ⫺ žu ̏ ć- (von langfallend zu kurzfallend); lêp ⫺ lèpš- (von langfallend zu kurzsteigend) (Jachnow 2001, 494), im Polnischen kennt man qualitative Alternationen des Wurzelvokals: biały ⫺ bielszy; wąski ⫺ węższy (Birnbaum/Molas 1998, 153⫺154). Vom formalen Charakter her gänzlich andere Bildungen finden sich im ostsüdslavischen Bereich: Im Bulgarischen und im Makedonischen werden Komparative nicht suffixal gebildet. Die einzige Möglichkeit zur Bildung von Steigerungsformen ist die „romanische“ oder „balkanische“ Steigerung (Hill 1998, 315) von der Ausgangsform des Adjektivs aus, das Morphem ist das Präfix po-: bulg. hubav ⫺ po-hubav; makedon. golem ⫺ po-golem (Rehder 1998a, 336). Für das Bulgarische wird vermerkt, dass in der entstandenen Form jeweils eine Betonung auf Präfix und auf Stamm ohne Präfix liegt (Stojanov 1983, 178). Eine Tendenz zu dieser Art von Graduierung zeigt sich auch in angrenzenden serbischen und montenegrinischen Dialekten; dort können die Präfixe polep- (für Komparativ) und najlep- (für Superlativ) direkt an den Positiv angefügt werden (Jachnow 2001, 495). Im Russischen hat die Verbindung von po- und einer synthetischen Komparativform dagegen eine andere Bedeutung: Wird sie im Vergleich verwendet, bezeichnet sie einen geringeren Gradunterschied im Merkmal, als der Komparativ es tut (‚etwas größer‘). Außerhalb eines Vergleichs bezeichnet sie einen „wünschenswerten Grad des Merkmals“ (Isačenko 1962, 157) (‚so groß wie möglich‘).

2.1.2. Superlativ synthetisch Der Superlativ wird zur Bezeichnung des höchsten Grades eines Merkmals verwendet. Die Zahl der Vergleichsobjekte ist dabei mindestens drei. Häufig wird der Vergleich nicht durch eine Vergleichskonstruktion ausgedrückt. Daneben existiert eine bewusst absolute Verwendung des Superlativs außerhalb eines Vergleichs (Elativ). Jachnow (2001, 493) spricht auch von restringiertem, d. h. explizit teilklassen- oder wertungsbezogenem, bzw. nichtrestringiertem Superlativ. Auch die synthetischen Bildungsmittel für den Superlativ sind über die Sprachen hin weitgehend einheitlich, vom Bulgarischen und Makedonischen sowie vom Russischen abgesehen: Superlative entstehen durch die Präfigierung von Formen mit Komparativsuffixen (auch suppletiven) mit naj- in lautlichen und orthographischen Varianten: ukr., weißruss., jugoslavo-russin. naj- (najteplišyj, najprascejšy, najšmelši); serb. naj-; poln., slovak., kroat., sloven., obersorb. naj-; tschech., niedersorb. nej-. Im Niedersorbischen funktioniert als Variante außerdem nejž-, außer vor anlautendem Sibilanten (Starosta 1991, 247). Im Bulgarischen und Makedonischen wird der Superlativ zwar auch mit naj- gebildet, das Präfix verbindet sich aber wie bei der Bildung des Komparativs mit der Ausgangsform des Adjektivs (hubav ⫺ naj-hubav). Die in diesen Sprachen vorhandene Differenzierung zwischen allgemeiner Form und bestimmter Form (mit Artikel) des Adjektivs kann beim Ausdruck von Elativ bzw. Superlativ eine Rolle spielen: Po tova vreme ulicata e naj-šumna (Elativ) / Po tova vreme ulicata e naj-šumnata (Superlativ) (Norman 2001, auch Gvozdanović 2001, 564).

16. Nominale Kategorien: Steigerung Der formale Ausdruck des Superlativs im Russischen ist vielgestaltig. Fast alle in der Slavia gängigen Bildungsmuster für Komparative und Superlative können im Russischen für den Ausdruck des Superlativs verwendet werden. Möglicherweise spiegelt sich hier die lange hochsprachliche Tradition des Russischen wider. Es finden sich deklinable synthetische Formen entsprechend den im übrigen slavischen Raum (einzelne westslavische Dialekte des Russischen eingeschlossen, s. Gorškova/Xaburgaev 1981, 261) üblichen suffixalen Komparativformen mit dem Suffix /-ejš-/ deklinable synthetische Formen entsprechend den im übrigen slavischen Raum üblichen suffixalen Komparativformen mit dem Suffix -šindeklinable synthetische Komparativformen in festen Vergleichskonstruktionen analytische Bildungen mit naibolee/naimenee und samyj Die suffixalen Formen können trotz ihrer Deklinierbarkeit das Fehlen von Deklinationsformen im Komparativ- wie Superlativbereich des Russischen nicht kompensieren. Sie sind semantisch und funktional spezialisiert: Die Formen mit Suffix -ejš- sind im modernen Russischen typisch für den Ausdruck des absoluten Superlativs (Elativ). -ejš- wechselt bei Stämmen auf Velar mit -ajš- (blizkij ⫺ bližajšij). Eine Komparativbedeutung, entsprechend der Geschichte der Form, ist nur in vereinzelten Fällen spürbar (dal’nejšij), die als lexikalisiert gelten dürften. Korrelationen wie dorogoj ⫺ dražajšij; korotkij ⫺ kratčajšij lassen erkennen, dass diese Formen ihre Traditionen im Altkirchenslavischen haben und deshalb für das Russische auch stilistisch markiert sind, was sich in u. a. häufigen Bildungen von Adjektiven mit übertragenen Bedeutungen äußert (üblich ist samoe glubokoe ozero, aber kaum glubočajšee ozero, s. Sperber 1988, 239). Häufig finden sie sich auch in klischeehaften Wortverbindungen (Jachnow 2001, 493) (s nailučšimi poželanijami). Die Formen mit Suffix -š- können neben der Superlativbedeutung auch Komparativbedeutung zum Ausdruck bringen. Nur als Komparativ wird bol’šij verwendet, nur als Superlativ vysšij (in den Bedeutungen ‚bedeutendst‘, ‚hervorragendst‘, ‚ausgezeichnetst‘) sowie nizšij (in den Bedeutungen ‚geringst‘, ‚schlechtest‘). Terminologisch festgelegt ist die Bedeutung dieser Formen in Bezeichnungen wie staršij/mladšij lejtenant (Sperber 1988, 238) (zugrunde liegt wahrscheinlich die Komparativbedeutung), s. auch ukr. staršyj/molodšyj lejtenant und im Tschechischen als einer Sprache mit gebräuchlichem absolutem Komparativ vyšší škola. Eine Präfigierung mit nai- vereindeutigt bei Formen mit -š- die Superlativbedeutung, bei Formen mit -ejš-/ -ajš- verstärkt sie die Elativbedeutung. Indeklinable synthetische Komparativformen in festen Vergleichskonstruktionen treten in der Form važnee vsego/vsex (mit Genitiv des Vergleichs von vsë/vse) auf; sie werden in für Nichtrussen geschriebenen Grammatiken meist als analytische Superlativform bezeichnet, bei Sperber (1988, 239) als ‚unechte‘ Superlativform u. a. Ihre Beschaffenheit macht sie besonders geeignet für den Gebrauch im Prädikat. Die verbleibenden analytischen Bildungen werden aus dem mit nai- präfigierten Adverb bolee bzw. menee, das im Russischen zur Bildung analytischer Komparativformen dient, oder mit dem Pronomen samyj (‚selbst‘, ‚genau der‘) und der Ausgangsform des Adjektivs gebildet. Diese Elemente bringen u. a. eine Bedeutung der eindeutigen Identifizierung des Merkmals in die Form hinein, der hohe/höchste Grad kann dabei offensichtlich mitverstanden werden. Man kann auch beobachten, dass diese Bildungen bevorzugt verwendet werden, wenn das Merkmal bei den Vergleichsobjekten durch den Positiv desselben Adjektivs bezeichnet werden kann, nicht etwa durch sein Anto-

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III. Die Morphologie des slavischen Nomens nym. Durch menee/naimenee kann sogar eine semantische Richtung ‚weniger‘ ausgedrückt werden, was in der morphologisch vermittelten Steigerung mit ihrer „Aufwärtsgraduierung“ hin zur durch den Positiv bezeichneten Norm des Merkmals nicht möglich ist.

2.2. Analytische Bildungen oder Formen Als Formen sind die Bildungen (nai)bolee/(nai)menee und samyj C Ausgangsform des Adjektivs nicht allgemein anerkannt. Aus strukturalistischer Sicht werden sie als Syntagmen betrachtet. Auch die russische Akademiegrammatik von 1980 (Švedova 1980, 562) versagt ihnen die Behandlung im Rahmen der Morphologie. Aus semantischer Sicht bestehen ebenfalls Bedenken: Häufig sind Qualifizierungen ihrer semantischen Leistung wie Umschreibung der Steigerungsbedeutung (tschechisch auch terminologisch: opisný komparativ, s. Bosák 1961). Analytische Bildungen, sowohl für den Komparativ als auch für den Superlativ, finden sich auch in anderen slavischen Sprachen: Das Ukrainische macht von ihnen kaum Gebrauch, die Bildungsmöglichkeiten sind aber durchaus belegt: ukr. Komparativ bil’š/men’š C Ausgangsform des Adjektivs, Superlativ najbil’š/najmen’š C Ausgangsform; weißruss. mit bol’š (bolej)/menš (menej) und najbol’š (najbolej)/najmenš (najmenej) sowie samy (Bieder 1998, 116), expressiv auch C Komparativform (Dalewska-Greń 1997, 324); poln. mit (naj)bardziej/(naj)mniej; serb., kroat. mit (naj)više/ (naj)manje (Jachnow 2001, 494); sloven. mit (naj)bolj/(naj)manj (Rehder 1998c, 237; Dalewska-Greń 1997, 324). Dabei können auch typologische Beeinflussungen wirken: Polnische Mundarten in der Ukraine zeigen neben der allgemeinpolnischen mit Suffix die Superlativbildung mit sam/samy(j)/samo-: sam ładniejszyj, samy starszy, samyj wiszchnij, samomniejszy (Rieger/Cechosz-Felczyk/Dzięgiel 2002, 46). Generell greifen die Sprachen bei mehrsilbigen, departizipialen, auf Entlehnungen beruhenden Adjektiven oder genetischen Beziehungsadjektiven vorzugsweise zu dieser Bildungsmöglichkeit. Auch Indeklinabilität bei Entlehnungen kann eine Rolle spielen (serb., kroat. (naj)više kič, (naj)manje šik als einzige Möglichkeit für die Bildung von Steigerungsausdrücken, s. Jachnow 2001, 495). Im Niedersorbischen bilden fast alle Adjektive mit Suffix -sk- sowie die meisten mit -at-, it-, -iw-, -owat-, -abn-, -obn- den Komparativ analytisch mit wěcej/nej(ž)wěcej (Starosta 1991, 247). Mit formalen Charakteristika solcher Adjektive korrespondieren oft semantische und stilistische Präferenzen, die in einer „einfachen“ prädikativen Vergleichsform schwerer Ausdruck finden. Im Ukrainischen macht man von diesen Bildungen, speziell denen für die Superlativbedeutung, dennoch kaum Gebrauch. Im Polnischen zeigt sich eine wachsende Tendenz zur Verwendung analytischer Bildungen (Birnbaum/Molas 1998, 154). Für das Russische mit seinen indeklinablen Komparativ- und semantisch-funktional beschränkten deklinablen Superlativformen stellt sich die Frage nach attributiv verwendbaren Ausdrücken für Steigerungsstufen besonders nachdrücklich. Analytische Bildungen haben deshalb in seinem System einen anderen Stellenwert als dort, wo syntaktisch unbeschränkt verwendbare Steigerungsformen konkurrieren. Auch Grammatiker haben sich daher schon oft für die Betrachtung dieser Bildungen als analytische Formen eingesetzt, s. u. a. Vinogradov (1972, 202).

16. Nominale Kategorien: Steigerung

3. Steigerung außerhalb der Wortart Adjektiv; Graduierung Analytische Bildungen weisen dennoch sowohl formal als auch semantisch über die Kategorie Steigerung hinaus. Am auffälligsten ist die Tatsache, dass Steigerung auch außerhalb der Wortart Adjektiv stattfindet, bei den Adverbien: Von Adverbien auf /-o/ werden auf fast dieselbe Weise wie von Adjektiven Komparativ- und Superlativausdrücke gebildet: ukr. šyrše; weißruss. najšyrėj (Bieder 1998, 118); tschech. mit Suffix -eji oder (seltener) -e: tepleji; draho, draze ⫺ dráže (Vintr 1998a, 203) u. a.; russ. auch analytisch: bolee družeski, was aber für die Position, in denen Adverbien funktionieren, verhältnismäßig selten ist, da die nicht kongruenzfähigen synthetischen Formen hier gut passen. Auch ohne Diskussionen um die Zuordnung entsprechender Bildungen auf /-o/ statt zu Adverb und ggf. Zustandskategorie zu den neutralen Kurzformen des Adjektivs (u. a. überzeugend bei Sperber 1977, s. auch Panov mit seinem Begriff der „positionellen Adverbien“ als Ergebnisse einer Neutralisierung zwischen Adjektiv und Adverb bei Panov 1999, 140⫺142) neu strapazieren zu wollen, kann gesagt werden, dass hier ein Grenzbereich berührt ist. Noch mehr macht auf sich aufmerksam, dass Komparativ- und Superlativformanten im Bulgarischen und Makedonischen umgangssprachlich auch beim Substantiv und beim Verb auftreten können, außerdem bei einigen Pronomen und präfixalen Wortfügungen mit adverbialer Bedeutung (bulg. po bih iskal; naj v centăra, s. Dalewska-Greń 1997, 323; Norman 2001, 443 ff.; makedon. ne čini, po ne čini, naj ne čini; sogar in Vergleichskonstruktionen: Toj e pomajstor od mene, s. Rehder 1998a, 336⫺337). Auf die größere Selbständigkeit von po und naj wird dabei im Bulgarischen durch Schreibung ohne Bindestrich und oft bei po mit Betonungszeichen hingewiesen; sie werden in dieser Verwendung von Grammatikern auch als Partikeln eingestuft (Norman 2001, 444). Auch sind diese Bildungen stilistisch markiert sowie lexikalisch beschränkt (für das Substantiv v. a. auf Personenbezeichnungen), so dass man hier nicht von einer grammatischen Erscheinung sprechen kann. Der Übergang zur Peripherie einer funktional-semantischen Kategorie Graduierung dürfte aber angedeutet sein. In der Tat können auch Wörter anderer Wortarten Merkmale bezeichnen, die als in unterschiedlicher Intensität vorhanden vorstellbar sind. Diminutiv- und Augmentativsuffixe bei Adjektiven (russ. krasnovatyj, bol’šuščij) haben Pendants bei Substantiven. Sie vermitteln auch eine quantitative Bewertung des Merkmals, sind in ihrem Auftreten aber äußerst selektiv und werden vor allem nicht, wie die Bildungsmittel für Steigerungsformen, verwendet, um Instrumente für einen expliziten Vergleich herzustellen, auf dessen Grundlage dann erst wieder Norm- und Absolutheitsaussagen möglich sind. Mit dem Umfang ihrer semantischen Basis und der Position ihrer Ausdrucksmittel zwischen grammatischer Form und Lexem hält die Kategorie Steigerung gerade in den slavischen Sprachen trotz ihres scheinbar überschaubaren Inventars fortdauernd Ansätze für neue Betrachtungsweisen bereit.

4. Literatur (in Auswahl) Bieder, Hermann (31998): „Das Weißrussische“. // Rehder, Peter (ed.). Einführung in die slavischen Sprachen (mit einer Einführung in die Balkanphilologie). Darmstadt. 110⫺125.

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16. Nominale Kategorien: Steigerung

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Cornelia Mannewitz, Greifswald (Deutschland)

IV. Morphologie des Verbs 17. Periphrastic Constructions 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Introduction The Compound Verbal Forms of the Slavonic Languages Periphrastic Verbal Constructions The Periphrastic Verbal Constructions of the Slavonic Languages Instead of a Conclusion Literature (selected)

Abstract In Slavonic languages, Periphrastic Verbal Constructions represent a complex phenomenon, which can be ascribed to the paradigm of the verb in just a few cases. They can occur systematically as the forms of the past tense derived from present perfect, or as compound future. Other periphrastic forms are the result of complex grammatical and lexical relationships, giving rise to modal meanings.

1. Introduction There are two different types of periphrastic constructions, corresponding to different phases in the evolution of the semantic and grammatical status of the verbal forms in most Indo-European languages. The transition from the old languages to the modern ones gives account of this phenomenon, which touches the morphological (formal) and the phonological aspects of the problem. The morphological aspect concerns, first of all, the verbal paradigm of the compound forms (CVF). The phonological aspect, which constitutes a typical object of the grammatical analysis with the morphological one, concerns the rules, according to which certain verbal components enter a verbal paradigm. The periphrastic verbal constructions (PVC) represent free or nearly-free combinations of a lexical verbal element with an inflected one. In these paragraphs the compound verbal forms and the PVC will not be considered as two phases in the formation of the verbal forms, corresponding to different diachronic stages, because they coexist in the actual state of the modern languages.

2. The Compound Verbal Forms of the Slavonic Languages The main properties of the CVF can be summarized as follows: they include a lexical and a morphological component (inflectional morpheme); the morphemes tend to become bound, and then cliticize upon stems of lexical words (Givón 1984, 50); they

17. Periphrastic Constructions belong to the verbal paradigm, and for this reason they are always predictable. Let’s briefly comment on these three points. 2.1. The inflected morpheme of the CFV is called auxiliary; usually the auxiliary is a contracted (short) form, derived from a lexical verb. For instance, in Serbo-Croat the auxiliary forms of the verb “to be” are sam, si, je (sg.) / smo, ste, su (pl.), but the full forms are jesam, jesi, jest (sg.) / jesmo, jeste, jesu (pl.): Rekao sam said bepres.1/sg ‘I said’ vs Jesam Oleg ‘I am Oleg’. In the past (present perfect), the verb giving rise to the auxiliary form is “to be”. In the future tense, the auxiliary verb is “to be” or “to want” (in the Southern languages). 2.2. In some languages the contracted morphemes, derived from the auxiliary verb, tend to give rise to the verbal inflection. In Polish, for instance, the forms of the past tense include the participle (lexical) component and an affix, derived from the verb “to be”: jestem > jesm > -em > -e-m (1/sg); jesteś > jeś > -eś (2/sg): robił m. C em > robiłem (‘I made m’); robiłeś (‘you made m’); robiła f. C em > robiłam (‘I made f’). The same morphemes can cliticize to another sentence component, which occupies the first position in the sentence: Gdyś (gdy C -ś ) spotkał ojca? ‘Where did you meet your father?’. And also in Czech: Kde jsi byl? where be2/sg been ‘Where have you been?’ > Kdes byl?; Ty jsi se nebál? you be2/sg rfl neg.frightened > Ty ses nebál? ‘You weren’t frightened, weren’t you?’ 2.3. It is not completely clear, whether the fact that these forms belong to the verbal paradigm is a good reason to consider them always as CVF and not periphrastic constructions. In Macedonian, for instance, the past tense composed with the auxiliary “to have” is becoming a paradigmatic form. Must we consider it as a CVF or a periphrastic construction? Good arguments for discussion come from the forms of the future tense formed with the future tense of the verb “to be”. In my opinion, in Slavonic languages where the future tense is composed with a specific morpheme (as in Serbo-Croatian), we are dealing with a CVF; in the other cases, as we will see in the following paragraphs, the forms of future tense must be considered as periphrastic constructions.

3. Periphrastic Verbal Constructions The main properties of the PVC can be inferred from a comparison with the properties of the CVF. First of all, they include a finite verb, which does not concern only a specific verbal form. In some Western Slavonic languages, for instance, the verb “to have” is used to express reference to future events. However, this use is not exclusive, and the verb is not a mere auxiliary. Polish: Teraz mam napisać pismo do rektora now I-have write letter … ‘Now I will (I have to) write a letter to the rector’ (on the origin of this form in Slavonic languages, see Křížková 1960). A second property of the PVC is the non-exclusive pertinence of a specific verb to that construction. In Old Slavonic, the tense called “first compounded future tense” could be formed with different auxiliary verbs, as “to have” (iměti), “to begin” (načęti), “to want” (xotěti) (Krivčik/Možejko 1985, 145).

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IV. Morphologie des Verbs

3.1. Typology of CVF and of PVC in the Slavonic languages According to Wackernagel’s law, in the Slavonic languages clitic components tend to occupy the second position of the phrase or of the sentence. The phenomenon concerns all the Slavonic area. However, some languages (as Russian, Belorussian and Ukrainian) have lost all (or almost all) the short inflected forms (clitics); for this reason in these languages there are no CVF, and the constructions, giving rise to specific grammatical meanings, have to be considered as periphrastic. The distribution of PVC in the Slavic area can be described as follows. In the Eastern area the variety of PVC is poorer than in the other areas. The future tense is formed with the future tense of the verb “to be” and the infinitive verb. The auxiliary component of the future tense inflects in person and number, and usually it precedes but it can also follow the lexical verb, according to communicative principles. Russian: Ty budeš zvonit’? you befut.2/sg call; Zvonit’ budeš? ‘Will you call (me)?’. The lexical component of the conditional mood is the -l participle; the auxiliary consists of a particle (by), derived from aorist of the verb “to be”, which behaves as a clitic component, attested in the second sentence position. Russian: On by zvonil he part. called ‘He would call’. If the lexical verb precedes the conditional particle (Zvonil by on!), the sentence expresses an optative meaning. The relation of the PVC to the CVF is much more delicate in the Western languages. Here, as we saw, the inflected verbal clitics have maintained their main function as auxiliary verbs. The auxiliary component is always in the second position and it can precede or follow the lexical verb. The reasons, in this case, are not communicative (as we have observed for Russian), but grammatical (phonological). Slovak: Pred týžňom som sa vrátil do Bratislavy … bepres.1/sg rfl returned … ‘Last week I came back to Bratislava’. The future tense presents the same properties as in the Eastern languages. Slovak: Kto nás bude zastupovať? who us-acc befut.3/sg represent ‘Who will represent us?’ vs. Bude mu ešte pomáhať? befut.3/sg himdat still help ‘Will he still help him?’ (Comrie/Corbett 1993). In Upper Sorbian the conditional is formed with the aorist (plain) form of the verb “to be”, which usually precedes the lexical verb: Bychu dźěłali beao.3/pl work ‘They would work’. In the Southern Slavonic area the relationship between the CVF and the PVF is far more complex. Slovene presents typological properties which are very similar to the Western languages (in particular to Slovak), but in the other languages the effects of the Balkan influence are more evident. In particular, they have a rich paradigm of verbal forms. Some of them descend from the Old Slavonic tradition, other facts pertain also to other linguistic areas (for instance, the whole paradigm for the admirative). The lack of the infinitive encouraged an increase of subjunctive forms in Bulgarian, Macedonian, as well as in Serbian dialects. In the same languages a rich set of modal forms developed, which we consider as periphrastic (Kramer 1986).

4. The Periphrastic Verbal Constructions of the Slavonic Languages In the previous paragraphs we have outlined the main properties of the PVC. In particular, they result from the combination, at least, of an element with morphological

17. Periphrastic Constructions properties and a lexical verbal component. These combinations vary with the intrinsic grammatical properties of both elements. The verbal aspect, for instance, represents a grammatical variable of the lexical verb. Moreover, the meaning of the PVF can vary with the person of the finite component and with their grammatical feature. In this paragraph we will consider different periphrastic constructions, expressing a modal meaning: conditionals and subjunctives (4.1), futures (4.2), the possessive perfect (4.3), the periphrastic forms of perfect and imperfect (4.4), the passive constructions (4.5). As we shall see, all of them include modal and grammatical properties, and the attribution of one form to one or to another type of construction is not always completely evident.

4.1. Conditionals and Subjunctives The conditional and the subjunctive encode events as unreal (possible, expected or non-expected, fulfillable, unfulfillable). Modern Slavonic languages present a limited inventory of these forms, richer in the Southern area than in the Northern. In Eastern languages, the subjunctive does not have a proper paradigm and its functions are usually expressed by the indicative mood. Conditional forms consist of the particle by (or b, or bi), derived from the aorist of the verb “to be” and a participial -l form, improperly called “past tense”. The particle is usually located after the first nominal or verbal element (in Wackernagel’s position), and the opposition between past and present is neutralised. Russian: On by priexal he part arrived ‘He would arrive / He would have arrived’. Priexali by oni vo vremja, my ne opazdyvali by na poezd. ‘If they had arrived in time, we wouldn’t have missed the train’; Ukrainian: Koly b pryjšov, to pobačyv by ‘if part came than seen part’ = ‘If he had come, he would have seen’. In the modern languages, the particle by has become a free component of the sentence. This fact explains why its functions are not limited to expressing conditionals. With a proper intonation and a proper word order, it can express also hope or desire. Russian: Priexal by on! ‘If only he came!’. In some Western languages the auxiliary of the conditional has preserved the whole verbal paradigm. They exhibit a present and a past tense (aorist), even if the past forms are becoming unusual in conversation, where the present forms are preferred. In Czech, for instance: Kdybych mohla, udělala bych to (Wildová 1974) ‘if-becond.1/sg could-f. done-f. becond.1/sg it’ = ‘If I could, I would have done’. And in Slovenian (although it belongs to the Southern Slavonic group): Če bi védel, bi ti povédal ‘If I knew, I would tell you’. In Serbo-Croatian, Bulgarian and Macedonian, conditional and subjunctive, as well as hortative and command modalities, are expressed through the combination of the lexical verb (inflected or in the -l form) with modal particles (Macedonian, as well as Bulgarian, has lost the infinitive; the meanings of infinitive forms are expressed through subjunctive). However, there is no strict relation between the inherent meaning of the particles and their function in the sentence. The particle bi can express conditional, but also desire; the particle-conjunction da is conditional or hortative, according to the form of the lexical verb and according to the context. The particle k´e (Macedonian, šte in Bulgarian) is used to express the future tense, but also hypothesis and condition. The relationship among the meanings and the functions of these parti-

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IV. Morphologie des Verbs cles, according to the forms of the lexical verbs, have been discussed in several researches (see, in particular, Friedman 1977, Kramer 1986). In this paragraph, I will provide a short account of the subjunctive and of the conditional uses of the particles in the Southern languages, in particular in Macedonian. The subjunctive mood is introduced by the particle da, which expresses different modalities, referred to past (unfulfillable) or non-past (fulfillable) events. Macedonian: Da ne kažuvaše mnogu! part neg speakimperf..2/sg ‘If only you hadn’t spoken so much!’; Da mi beše sega Elena mesto tebe beimperf..3/sg ‘If only it were Elena now instead of you!’; Da ispieme po čaša vina part. drinkpres.1/pl ‘Let’s each drink a glass of wine’; Reči mu da donese kniga part bringpres.3/sg ‘Tell him to bring a book’. There are many analogies between subjunctive and conditional forms in the Southern languages; however Macedonian exhibits special properties in the relationship between the particle and the lexical item and in the uses of the imperfect to express unfulfillable conditions. For instance: Serbian: Da sum jučer umrla, ne bih (beao.1/sg) ni to doživela; Macedonian: Da umrev (dieimperf.1/sg) včera, ni toa nemaše da go doživeam (livepresent1/sg) ‘If I had died yesterday, I would not have experienced this either’. Fulfillable condition. Serbian: Da (part.) imam (have1/sg) pari, dao bih ti(givenm beao.1/sg youdat); Macedonian: Da imam pari, bi ti dal ‘If I had money, I’d give it to you’. (In the literary language of Serbian, the paradigm of conditional changes with the person; however, in the colloquial language there is a tendency to generalize the form of bi also for the first and the person.) In Macedonian, conditional (unfulfillable) modality can be expressed also by the particle k´e and the lexical verb in the imperfect form: Da ne beše ti, koj znae do koga k´e se vlečeše našava rabota, i na koj kraj k´e izlezeše ‘If it hadn’t been for you, who knows how long our work would have dragged on, and how it would have come out’ (from Kramer 1986, 81).

4.2. Future Tenses Future tenses arise from a typical periphrastic construction, composed of an auxiliary and a lexical verb. In Slavonic languages the relationship between the two components change according to the area: in the Northern languages (Eastern and Western) the auxiliary component is derived from the verb “to be”; in the Southern languages it is derived from the verb “to want”. Only in a few cases the periphrastic construction gave rise to a compact verbal form. Let us consider the situation of future tenses in the different areas.

4.2.1. Future tenses in the Eastern area In Russian, Belorussian and Ukrainian the auxiliary component is a special form derived from the verb “to be” (conventionally budufut.1/sg). Scholars have discussed on the origin of this verbal form, whether it was derived from Old Greek, or whether it represents a typical Slavonic phenomenon (Fici 1998). As a rule, the finite verb agrees with the lexical verb of the imperfective aspect; the fact that there exists a grammatical relationship between the finite verb and the aspectual properties of the lexical compo-

17. Periphrastic Constructions nent, encourage us to conclude that the future tense is a compound verbal form (i. e. paradigmatic, as attested in the handbooks). However, the two components seem to act independently of one another, as word order suggests. Russian: My budem golosovat’ čerez mesjac ‘We will vote [aux1/pl voteIPV] in one month’. The meaning of the sentence remains the same, even if, following a communicative principle, the word order is changed Golosovat’ my budem čerez mesjac. Moreover, in negative sentences, the finite verb clearly expresses a modal meaning: Golosovat’ za nego ne budu voteIPV for him neg. aux1/pl ‘I will not vote for him’. In periphrastic constructions containing a modal adverb as nužno “necessary” or a passive participle, the same component budu can also occur with perfective verbs: Nužno budet pereexat’ granicu noč’ju ‘It will be necessary to passPFV the border in the night’. Budet vostrebovan novyj zakon aux3/sg requiredPFV new law ‘A new law will be required’. We can conclude that in the forms of the future tense two different circumstances coexist: the historical and the communicative ones. As the auxiliaries of future in Old Slavonic were phasic verbs according with the imperfective, this relation has been maintained in the future tense of Modern languages. However, as the verb budu is not an auxiliary form like the auxiliaries of the past tenses of Western languages, it has preserved a good degree of autonomy determining its free positions toward the lexical verb. In modern Ukrainian, especially in the west, more independent from the Russian influence, another form the of future tense is becoming more and more popular. This is a compound form, where the infinitive of the imperfective verb has incorporated a suffix derived from the verb iměti or jati (“have” or “to get”) > imu, imeš, ime (-mu, -meš -me …): pysaty C mu > pysatymu ‘I will write’, pysatymeš ‘you will write’ … Probably, this is a real form of the future tense, similar to the forms of Spanish or Italian future. ⫺ In some dialects of Galicia the position of the auxiliary component does not follow the Wackernagel law, as it is attested in the first position: me serditi si aux3/sg get-angry rfl ‘He will get angry’ (Bevzenko 1980).

4.2.2. The future tense in Western area As in the Eastern area, the budu-forms are used as auxiliary verbs in the periphrastic construction with the lexical imperfective verb. However, the relationship budu C VPIPV is not as rigid as in the Eastern languages. In Sorbian, for instance, budu-auxiliaries occur also with the perfective verbs: Wón budźe jutře calty kupić, he aux3/sg tomorrow cakes buyPFV ‘Tomorrow he will buy cakes’ (Werner 1996). In Czech budu (or nebudu, neg) combines only with the imperfective verb: Dneska budu / nebudu pít pivo today aux1/sg/neg.aux1/sg drink beer ‘Today I will / I will not drink beer’. In Polish the lexical imperfective verb may have two different non-finite forms: infinitive and -l-participle: będę robił/robić aux1/sg dopart.masc./doinf. ‘I will do’. Probably this form is derived from the futurum exactum. However, the future in the past was not obligatorily associated with an aspectual form, as in modern Polish, where the verb is only imperfective. In Polish, as well as in Czech, the verb “to have” can refer to future events: Teraz mam napisać pismo do rektora ‘Now I will [I have to] write a letter to the rector’. In this as in many other cases, it is difficult to distinguish the tense and the modal meaning, as mam means ‘I will’ as well as ‘I have to’.

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IV. Morphologie des Verbs

4.2.3. The future tense in the Southern area Among the Southern Slavonic languages, Slovenian lies in a peculiar position. It uses the auxiliary budu (as in the Northern languages), but in a contracted form (as the auxiliary component in the Southern languages) coupled with imperfective and perfective verbs. The budu-type verb appears in the singular, the plural and the dual: govóril/govoríla [spokenIPV-m/f.] / bom1/sg, boš2/sg, bo3/sg ‘I, you, he/she will speak’. kúpil/kúpila [boughtPFVm/f] bom1/sg, boš2/sg, bo3/sg ‘I, you, he/she will buy’. In Serbo-Croat the auxiliary verb is a clitic (contracted) form derived from the verb “to want”: hoću, hoćeš, hoće1,2,3/sg > ću, ćeš, će. This clitic element is always located in the second position of the sentence independently of the position of the verb: pisat ću but ja ću pisat ‘I will write’. There is a tendency in the contemporary language to transform this clitic element into an infinitive suffix: pisat ću > pisaću. Serbo-Croat has also maintained a periphrastic construction to express the futurum exactum with the verb budu and the participle of the lexical verb: Kad (ako) budemo govorili s Marijom, sve će biti jasno when aux1/pl speakeparticiple/pl with Mary all aux3/sg beinf clear ‘After we will have spoken with Mary, everything will be clear’. In Bulgarian and in Macedonian the reference to the future is expressed by a periphrastic construction, with an uninflected particle derived from the verb “to want” and the lexical verb (perfective or imperfective) inflected according to the paradigm of the present. As we have observed speaking about the conditional particles, the particle is attested in the first position of the sentence. Macedonian: k´e čitam; Bulgarian šte čitam part read1/sg ‘I will read’. However these particles do not denote, per se, a reference to future events (cf. 3.1); they must rather be considered as modal components of the proposition, and their function is determined by the relationship to the lexical and grammatical properties of the main verb. In the following examples in Macedonian, the particle k´e followed by the lexical verb inflected in the present tense, expresses supposition (a), future tense (b), relative future (c), conditional (d): (a) k´e ima dvanaest godini ‘He’ll be [part have3/sg] about twelve years old’; (b) k´e ja pročita knigata utre part it read3/sg book ‘He will read the book by to-morrow’; (c) Mlad patnik so kožen mal kofer se kačil na patničkiot brod “Viktoria”, koj po eden čas k´e fateše pravec za Istambul ‘A young traveller with a small leather suitcase climbed on board the passenger ship ‘Victoria’, which would set off [part setimperf.3/sg off] towards Istambul in an hour’; (d) Da ne bev zafaten, k´e dojdev ‘If I had not been busy, I would have come’ [part comeimperf.1/sg] (examples from Kramer 1986).

4.3. The Possessive Perfect In Old Slavonic, the perfect was used to express events occurred in the past, still actual at the time of speaking. We have said that almost all modern Slavonic languages have derived their forms of the past from the perfect. In Balkan-Slavonic languages this form of the verb has given rise to a new modality called evidential (Friedman 1977; Fici 2000/2001). However the establishing of the perfect has not finished yet. In Macedonian, the imam-perfect is becoming a form of the past tense, with its own paradigm, and the resultative component has been lost: Go imam videno deteto him have1/sg seen … ‘I have seen the

17. Periphrastic Constructions child’. The new paradigm includes also negative, imperfect and future variants: Gordon nikogaš nemaše doživeano zemjotres G. neg-haveimp.3/sg experienced … ‘Gordon had never seen an earthquake’; Legni da spieš. Koga k´e razbudiš, dedo k´e go ima napraveno ‘Go to bed and sleep. When you wake up, grandfather will have done it’. In the languages where the perfect has become a mere form of the past, a new form of perfect has arisen to express a resultative meaning. The subject of the sentence is to the “owner” of the result, as the auxiliary verb “to have” suggests. For instance, in Czech Mám zatopeno have1/sg heated ‘I have the heating on’; and in Polish Ma sprawy (już) zalatwione have3/sg affairs already done ‘He has already done his affairs’.

4.4. The Pluperfect and the Periphrastic Forms Imperfect In modern Slavonic languages the use of the CVF pluperfect is very unusual; nevertheless there are a conspicuous number of periphrastic forms containing an element which in Old Slavonic formed the pluperfect. In the Balkan-Slavonic languages, perfect forms (with the auxiliary verb in the present tense) are used to express “renarrated” (or “distancing”, Lunt 1952) events. Macedonian: si učel you-are studiedimp.; si učil you-are studiedao ‘you have studied’ (as I was told). However, periphrastic constructions with the auxiliary verb in the form of the past and the -l form particle derived from the aorist or imperfect theme, give rise to a pluperfect meaning: beš rešaval beimp.2/sg solvedimp. , beše rešil beimp.3/sg solvedao . “The past tense of the auxiliary makes the compound specifically past in meaning, and the resultative sense of the -l participle indicates that the action started even previously to the past moment already noted. The opposition of distancing vs. direct is neutralised here: it cannot be expressed” (Lunt 1952, 97): Ušte pred da dojde ovde, toj ja beše rešaval taa rabota ‘Even before he came here, he had solved the question’. Nevertheless, in the spoken language the same form, with a specific intonation, and an emphatic accent on the past form of the lexical verb, can express a peculiar modality of distancing: Ama toj beše bil vo Belgrad ‘But he was in Belgrad’ (I was told). In the Eastern Slavonic languages, an element derived from the auxiliary verb “to be” (a past form which became a particle, bylo) is used to express a modal or, if we prefer, a contrafactual meaning (an event which did not achieve the expected result because of another event, Fici 2003). The bylo-element is combined with the lexical perfective verb in the form of an -l participle. Russian: My bylo razvelis’, no potom snova sošlis’ vmeste ‘We had almost divorced [bylo divorcedPFV], but we decided to continue to live together’, Dožd’ bylo polil, no srazu prekratilsja rain bylo began but … ‘It had begun raining, but suddenly it stopped’. Ukrainian: Bulo poplyvut’ po ričci čovnom, jak pustjat’ jix huljaty ‘They used to sail [bulo sailPFV,pres.3/pl] on the river by boat, when they let them go for a walk’. As Barentsen (1986) observed, the main function of such a construction is to express a disturbance in the natural flow of events. In Polish, as in other Slavonic languages, bylo (było) with the infinitive is used to express complaint or reproof: Było pomyśleć wcześnej ‘You should have thought [było thinkinf] about it earlier’. The verbal form byvalo (the frequentative form of bylo) with the lexical perfective verb in the form of the past tense gives rise to the meaning of possibility and habitual attitude. Russian: On byvalo pozvonit rano utrom ‘He used to call [byvalo callPFVpres.3/ pl] early in the morning’.

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IV. Morphologie des Verbs

4.5. The Passive Constructions Periphrastic passive constructions are formed with the help of the passive (usually past) participle and an auxiliary verb which agree with the subject of the sentence. The auxiliary verb is usually “to be”, the aspect of the lexical verb can be obligatorily perfective, but there are languages in which both aspects are possible. In the Eastern Slavic languages, the verb of passive periphrastic constructions is always perfective. Russian: Kniga byla/budet pročitana ‘The book was/will be read’; Ukrainian: Sino bulo skošeno ‘The hay was mown’. In the Western languages the lexical verb may be perfective or imperfective. Czech: Dům bude prodáván ‘The house will be put up for sale’ [soldIPV]; Dům bude prodán [soldPFV] ‘The house will be sold’. In Polish the auxiliary verb (być ‘to be’or zostać ‘to become’) changes with the aspect of the lexical verb: Meszkanie będzie przedavane ‘The house will be put up for sale’ [soldIPV]; Meszkanie zostanie przedane ‘The house will be sold’[soldPFV]. In the South Slavonic languages the auxiliary verb “to be” is combined with the past participle of perfective and imperfective verbs. Serbo-Croat: Kuća je davno sàgrađena house is builtPFV ‘The house was built a long time ago’; Kuća je građena house is builtIPV ‘The house is being built’; Macedonian: Prašanjeto e rešeno ‘The problem has been resolved’ [solvedPFV]; Prašanjeto e mnogupati rešavano bez uspex ‘They tried repeatedly, unsuccessfully, to solve the problem’ [solvedIPV].

5. Instead of a Conclusion As we have observed several times in this chapter, periphrastic constructions derive from complex verbal structures where the main (lexical) verb combines with different components usually, but not necessarily, originated from verbs. The inventory we have presented is far from being exhaustive. Moreover, it is not clear to which grammatical category the use of such particles as, for instance, pust’, xot’ in Russian, pertains: must they be considered as components of hortative or subjective, or imperative modality, or rather as components of the sentence? In Bulgarian, as in Macedonian, the function of each particle depends primarily on the formal and lexical properties of the other components of the sentence. For a descriptive approach to the grammatical constructions it is suitable to consider each component as an element strictly related to the whole structure. The structure, in its turn, is not a fixed (rigid) grid, because it depends on the peculiarities of each language. I hope that the few data we have reported on the use of the particles as, in general, of the sentence components, gave an idea of the difficulty of determining the “periphrastic construction” as a grammatical category.

6. Literature (selected) Barentsen, Adrian A. (1986): “The use of the particle bylo in modern Russian”. // Dutch Studies in Russian Linguistics. Amsterdam. 1⫺68. Bezvenko, S. P. (1980): Ukrajins’ka dialektolohija. Kyjiv.

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart

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Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (1993) (eds.): The Slavonic Languages. London/New York. Friedman, Victor (1977): The Grammatical Categories of Macedonian Indicative. Columbus, Ohio. Fici, Francesca (1998): “Il futuro nelle lingue slave. Tra tempo e modo”. // Contributi Italiani al XII Congresso Internazionale degli Slavisti (Cracovia 1998). Napoli. 245⫺269. Fici, Francesca (2000/2001): “Macedonian perfect and its modal strategies”. // Makedonski jazik 51/52. 61⫺88. Fici, Francesca (2003): “Struttura semantica sintattica dell’imperfetto composto in russo e in italiano”. // Etudes linguistiques romano-slaves offertes à Stanisław Karolak. Kraków. 157⫺166. Givón, Talmy (1984): Syntax. A Functional-typological Introduction I. Amsterdam/Philadelphia. Kramer, Christina E. (1986): Analytic Modality in Macedonian. München. Krivčik, V. F./Možejko N. S. (1985): Staroslavjanskij jazyk. Minsk. Křížková, Helena (1960): Vývoj opisného futura v jazycích slovanských, zvláštně v ruštině. Praha. Lunt, Horace G. (1952): A Grammar of the Macedonian Literary Language. Skopje. Werner, Eduard (1996): Studien zum sorbischen Verbum. Bautzen. Wildová, Alena (1974): Grammatica ceca. Roma.

Francesca Fici, Florence (Italy)

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung Aspektmorphologie Aspekt vs. Aktionsart (Begriffsgeschichte) Temporale Dynamik Interaktion von Lexik und Aspekt (ILA) Literatur (in Auswahl)

Abstract Slavic verbal aspect is presented as a specific case of a general grammatical category of aspect with its typical interactions with lexical verb classes. The description is mainly based on Russian, but deviant aspectual systems of other Slavic languages, among them some minority languages, are also taken into consideration. Starting off with the characteristics of Slavic aspect morphology with aspectual pairs in its centre and “aktionsarten” on its periphery (including terminological problems), we describe the functions of grammatical aspect and lexical actionality on the basis of their common feature of “temporal dynamics”. Two aspectual operations are considered: the change of status of the actional meaning of a given verb in the dynamics system and the focusing on components in the case of complex actional meanings. The interactions between lexical and grammatical meanings have consequences for the concepts of aspectual pairs, triples, biaspectual verbs etc.

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart

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Comrie, Bernard/Corbett, Greville, G. (1993) (eds.): The Slavonic Languages. London/New York. Friedman, Victor (1977): The Grammatical Categories of Macedonian Indicative. Columbus, Ohio. Fici, Francesca (1998): “Il futuro nelle lingue slave. Tra tempo e modo”. // Contributi Italiani al XII Congresso Internazionale degli Slavisti (Cracovia 1998). Napoli. 245⫺269. Fici, Francesca (2000/2001): “Macedonian perfect and its modal strategies”. // Makedonski jazik 51/52. 61⫺88. Fici, Francesca (2003): “Struttura semantica sintattica dell’imperfetto composto in russo e in italiano”. // Etudes linguistiques romano-slaves offertes à Stanisław Karolak. Kraków. 157⫺166. Givón, Talmy (1984): Syntax. A Functional-typological Introduction I. Amsterdam/Philadelphia. Kramer, Christina E. (1986): Analytic Modality in Macedonian. München. Krivčik, V. F./Možejko N. S. (1985): Staroslavjanskij jazyk. Minsk. Křížková, Helena (1960): Vývoj opisného futura v jazycích slovanských, zvláštně v ruštině. Praha. Lunt, Horace G. (1952): A Grammar of the Macedonian Literary Language. Skopje. Werner, Eduard (1996): Studien zum sorbischen Verbum. Bautzen. Wildová, Alena (1974): Grammatica ceca. Roma.

Francesca Fici, Florence (Italy)

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung Aspektmorphologie Aspekt vs. Aktionsart (Begriffsgeschichte) Temporale Dynamik Interaktion von Lexik und Aspekt (ILA) Literatur (in Auswahl)

Abstract Slavic verbal aspect is presented as a specific case of a general grammatical category of aspect with its typical interactions with lexical verb classes. The description is mainly based on Russian, but deviant aspectual systems of other Slavic languages, among them some minority languages, are also taken into consideration. Starting off with the characteristics of Slavic aspect morphology with aspectual pairs in its centre and “aktionsarten” on its periphery (including terminological problems), we describe the functions of grammatical aspect and lexical actionality on the basis of their common feature of “temporal dynamics”. Two aspectual operations are considered: the change of status of the actional meaning of a given verb in the dynamics system and the focusing on components in the case of complex actional meanings. The interactions between lexical and grammatical meanings have consequences for the concepts of aspectual pairs, triples, biaspectual verbs etc.

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IV. Morphologie des Verbs

1. Einleitung Die Kategorie des „Verbalaspekts“ (vid glagola) gehört zu den typischen Besonderheiten der slavischen Sprachen. Die früher weitverbreitete Meinung, diese Kategorie sei überhaupt auf das Slavische beschränkt, ist heute aber nicht mehr zu halten. Sie entspricht einer rein formalistischen Betrachtungsweise, die funktional-inhaltliche Kriterien nicht berücksichtigt. In der russischsprachigen Linguistik ist es zum Teil noch üblich, zwischen den Termini vid für den slavischen Verbalaspekt und aspekt für die sonstigen Sprachen zu unterscheiden. Dazu bestehen auch Hybridbildungen wie „kategorija vida/aspekta“; vgl. Čеrtkоvа (2004, 183 ff.). Der Begriff „Aktionsarten“ (sposoby glagol’nogo dejstvija) ist in der Slavistik häufig auf formale Ableitungen von Simplizien beschränkt, bei denen die lexikalische Grundbedeutung durch Präfixe oder Suffixe v. a. in Hinblick auf Handlungsphasen und Handlungsgrenzen (vgl. Isačenko 1968, 385 ff.), also auf die „aktionale“ lexikalische Bedeutung, modifiziert wird. Teilweise bezieht sich der Begriff „Aktionsarten“ auch innerhalb der Slavistik ⫺ wie sonst allgemein ⫺ auf semantische Verbklassen, die allein aufgrund ihrer aktionalen Lexik klassifiziert werden. In diesem Fall werden alle Verben zu Aktionsarten gruppiert, die formale Bildungsweise fungiert als sekundäres Klassifikationskriterium mit folgender Untergliederung: „хаrakterizоvаnnyе“ (= morphologisch gekennzeichnete), „neposledovatel’nо xarakterizovannyе“ und „nехаrаktеrizоvаnnyе sposoby (glagol’nоgо) dеjstvija“ (Bondarko/Bulаnin 1967, 11⫺29; Breu 1984a, 130 f.). Übereinstimmung besteht darin, daß es sich bei den Aktionsarten im Gegensatz zur grammatischen Kategorie des Verbalaspekts um lexikalische Subklassifikationen handelt. Soweit im Folgenden der Begriff „Aktionsarten“ ohne weitere Spezifikation verwendet wird, bezieht er sich auf formale Ableitungen von Simplizien. Für Aktionsarten im weiteren Sinne, bei denen morphologische Kriterien keine Rolle spielen, wird der Terminus „aktionale Verbklassen“ verwendet (= „Verbalcharakter“ bei Isačenko 1962, 398).

2. Aspektmorphologie In den slavischen Sprachen wird der Aspekt über die beiden oppositiven Grammeme „imperfektiv“ (ipf.) und „perfektiv“ (pf.) wiedergegeben. Jedes Verb ist in der Regel genau einem dieser Grammeme zugeordnet, z. B. russ. pisat’ ‚schreiben‘ ipf., podpisyvat’ ‚unterschreiben‘ ipf., napisat’ ‚schreiben‘ pf., podpisat’ ‚unterschreiben‘ pf. Ein imperfektives und ein perfektives Verb mit derselben lexikalischen Bedeutung bilden zusammen ein „Aspektpaar“, d. h. ein aspektuell vollständiges Verblexem: pisat’/napisat’ ‚schreiben‘, podpisat’/podpisyvat’ ‚unterschreiben‘. Während also beispielsweise im Französischen das gesamte Paradigma eines Verblexems ‚schreiben‘ über die Flexionsformen nur eines Verbs ausgedrückt wird (écrire), unter Einschluß der aspektuell differenzierten Formen des imparfait (écrivait) und des passé simple (écrivit), benötigen die slavischen Sprachen hierfür die Flexionsformen von zwei aspektuell differenzierten „Partnerverben“. Dieser morphologische Unterschied erklärt sich durch die Tatsache, daß im Französischen die genannte aspektuelle Differenzierung allein auf das Präteritum beschränkt ist, während die Opposition imperfektiv : perfektiv in den slavischen Sprachen für alle Tempora gilt und insbesondere auch für den Infinitiv, der als Grund-

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart form für die morphologische Selbständigkeit der Einzelverben verantwortlich ist. Genau genommen müsste man auch bei der englischen Aspektopposition des Typs progressive : simple form Paare von Verben annehmen, da auch diese im Infinitiv auftritt, z. B. write : to be writing. Die periphrastische Bildungsweise verbietet es hier aber von „morphologischer Selbständigkeit“ zweier Verben zu sprechen. Immerhin ist festzuhalten, dass auch hier ⫺ im Gegensatz zur Opposition imparfait : passé simple und genauso wie bei der funktional zur englischen parallelen italienischen Opposition scrivo: sto scrivendo ⫺ ein nicht-flexivisches Bildungsprinzip zum Ausdruck der Aspektkategorie besteht (Breu 1984b). Die slavische Ausdrucksweise über Paare von Verb(stämm)en ist prinzipiell der Derivation zuzurechnen, wie auch andere Fälle der Ableitung neuer Stämme über Präfixe und Suffixe, wobei aber zu beachten ist, daß im Fall der Aspektpaare eben anders als bei der lexikalischen Derivation keine neuen Lexembedeutungen entstehen. Wir sind damit berechtigt, von „grammatischer Derivation“ zu sprechen (Lehmann 1999, 215; 223⫺225). Zusammengefaßt gibt es aus morphosyntaktischer Sicht also drei Haupttypen des Ausdrucks von Aspektkategorien, die flexivische, die periphrastische und die derivative. Eine Sprache kann durchaus über mehrere dieser Verfahren verfügen. So zeigt etwa das Spanische eine flexivische (imperfecto : pretérito indefinido) und eine periphrastisch ausgedrückte (estar C gerundio: einfache Form) Aspektopposition und innerhalb des Slavischen beispielsweise das Bulgarische eine flexivische Opposition (Imperfekt : Aorist) und die derivative Perfektivitätsopposition perfektiv : imperfektiv. Im Neugriechischen besteht eine Aspektopposition pf. : ipf. in allen Tempora sowie auch in der Infinitiversatzperiphrase (να C Finitum), die über Stammalternationen (unter Einschluss von Suppletion) ausgedrückt wird, die gewissermaßen zwischen Flexion und Derivation stehen (z. B. γραφ- ipf. : γραψ- pf. ‚schreiben‘). Im Slavischen gliedert sich die derivative Morphologie zur Bildung von Aspektpaaren in vier gleichberechtigte Verfahren, 1. perfektivierende Präfigierung, 2. imperfektivierende Suffigierung, 3. Suffixopposition, 4. Suppletion, wie in den folgenden russischen Beispielen: (1) stroit’ ipf. / pоstroit’ pf. ‚bauen‘ (2) dat’ pf. / davat’ ipf. ‚geben‘ (3) stučаt’ ipf. 4 stuknut’ pf. ‚klopfen‘ (4) brat’ ipf. : vzjat’ pf. ‚nehmen‘. Aus den häufigsten Fällen (1) und (2) lassen sich zwei Grundregeln der slavischen Aspektmorphologie ableiten: 1. Präfigierung I Perfektivierung, 2. Suffigierung I Imperfektivierung. Als imperfektivierende Suffixe treten im Russischen neben -va- auch -a- und insbesondere /iva/, phonetisch realisiert als -iva- und -yva-, auf. Sie werden häufig von zusätzlichen Stammalternationen begleitet, z. B. umeret’ pf. / umirat’ ipf. ‚sterben‘, sprosit’ pf. / sprašivat’ ipf. ‚fragen‘, nаčаt’ pf. / nаčinat’ ipf. ‚anfangen‘. Komplexere Bildungen werden an anderer Stelle im Handbuch behandelt. Wird ein imperfektivierendes Suffix zu einem durch Präfigierung gebildeten Perfektivum (podpisat’) hinzugefügt, so

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IV. Morphologie des Verbs spricht man von „sekundärer Imperfektivierung“ (podpisyvat’). Die Wahl des konkreten Suffixes zur Imperfektivierung ist historisch begründet. Produktiv ist im Russischen nur mehr /iva/, in anderen slavischen Sprachen finden sich hiervon abweichende, aber historisch verwandte Suffixe, z. B. -va- im Bulgarischen, -uva- im Makedonischen und -owa- im Sorbischen. Entsprechend einer 3. Grund regel der slavischen Aspektmorphologie ist die imperfektivierende Suffigierung stets bedeutungserhaltend (nur die grammatische Aspektzugehörigkeit wird geändert, nicht aber die lexikalische Bedeutung). Die 4. Grundregel besagt schließlich, daß die perfektivierende Präfigierung sowohl bedeutungserhaltend als auch bedeutungsverändernd sein kann. Im letzteren Fall erzeugt sie ein neues Lexem (podpisat’), im ersteren liefert sie den Aspektpartner (napisat’) zu dem betreffenden Simplexverb (pisat’). Die Wahl des konkreten perfektivierenden Präfixes ohne lexikalische Bedeutungsveränderung ist anders als bei den Suffixen semantisch zu begründen. Aus heutiger Sicht ist die Begründung für die Wahl zwar oft nicht mehr unmittelbar zwingend, auch weil die Präfixe einen Teil ihrer lokalen Bedeutungen verloren haben. In Fällen wie der Präposition nа ‚auf‘ in napisat’ ‚schreiben‘ oder narisovat’ ‚zeichnen‘ oder von prо ‚durch‘ in prоčitat’ ‚lesen‘ oder prоdlit’sja ‚dauern‘ ist die Bildungsweise aber noch durchsichtig. Die ursprüngliche Zusammenstellung beispielsweise eines ipf. Simplexverbs wie pisat’, das eine Bewegung auf einer Oberfläche ausdrückt, mit der Präposition nа als Präfix, bewirkte neben der Änderung des Aspekts nur eine Mehrfachbezeichnung der Position ‚auf‘, d. h. die Präposition war redundant. Die für paarbildende Präfixe übliche Bezeichnung „leeres Präfix“ müsste angesichts ihrer Eigenbedeutung genauer „lexikalisch redundantes Präfix“ lauten. Im Endeffekt erhält das Kompositum durch die Präfigierung aber eben keine zum Simplex zusätzliche lexikalische Bedeutung. Die festgestellte Abhängigkeit des paarbildenden Präfixes von der Lexembedeutung des Simplex ist geradezu ein Beweis für dessen spezifische Redundanzbedeutung. Im Fall von Perfektiva wie napisat’ wird die rein grammatische Funktion des Präfixes im Russischen auch dadurch bekräftigt, dass es kein sekundäres Imperfektivum *napisyvat’ (mehr) gibt und daß ‚aufschreiben‘ durch ein eigenes Lexem zapisat’/zapisyvat’ ausgedrückt wird, mit einem bedeutungsverändernden Präfix za- und sekundärer Imperfektivierung durch /iva/. Was sich synchron als grammatische Präfigierung darstellt, geht im übrigen historisch oft auf den umgekehrten Prozeß der Depräfigierung eines Kompositums zurück (Vaillant 1946), z. B. nesti ‚Eier legen‘ < snesti. Die historische Motivation für die einzelnen redundanten Präfixe zur Aspektpaarbildung ist oft über den Umweg der gemeinsamen semantischen Merkmale von Simplizien, die dasselbe Präfix verwenden, noch bestimmbar. So tritt in Lexemen, die eine „durative Lautäußerung“ ausdrücken, das Präfix pro- auf, was eventuell auf eine Komponente der zeitlichen Erstreckung in der präpositionalen Bedeutung ‚durch‘ zurückgehen könnte, z. B. probit’ ‚schlagen (Uhr)‘, prodiktovat’ ‚diktieren‘, progolosovat’ ‚abstimmen‘. Soweit die Bedeutung des Präfixes nicht redundant zu einer bestimmten Simplexbedeutung ist (war), kann dieses auch nicht zur Aspektpaarbildung herangezogen werden. Stattdessen entsteht ein lexikalisch selbständiges pf. Verb, zu dem mit Hilfe eines Suffixes ein ipf. Partner gebildet wird. Das gilt beispielsweise für nа in nadut’/naduvat’ ‚aufblasen‘ und für pro- in provarit’/provarivat’ ‚durchkochen‘. Präfixe, die eine relativ unspezifische Bedeutung haben oder polysem sind, können bei einer größeren Zahl von Verben als lexikalisch redundantes Präfix eingesetzt werden als

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart solche mit sehr spezieller Bedeutung wie na- und pro-. So ist es nicht verwunderlich, daß v. a. das auf die stark polyseme Präposition po- zurückgehende Präfix weite Verbreitung bei der Aspektpaarbildung gefunden hat, z. B. in so unterschiedlichen Konzepten wie in den Perfektiva postroit’ ‚bauen‘, pobelet’ ‚weiß werden‘, pobrit’ ‚rasieren‘, pogibnut’ ‚zugrunde gehen‘. Trotz seiner großen Verbreitung hat sich po- nicht zum ausschließlichen redundanten Perfektivierungspräfix weiterentwickelt, ja es ist heute nicht einmal mehr besonders produktiv, wie die Behandlung von Lehnwörtern zeigt; vgl. Čеrtkоvа (1996, 106 f.). Hier dominieren die Präfixe pro- (proanalizirovat’, prоkontrolirovat’), za- (zapatentovat’, zaasfaltirovat’), s- (sfоrtulirоvаt’) und ot- (otretuširovat’). Die Suffigierung kommt bei der aspektuellen Eingliederung von Lehnwörtern ebenfalls vor, scheint aber eine geringere Rolle zu spielen, z. B. nejtralizovat’/nejtralizovyvat’, gelegentlich bestehen beide Verfahren nebeneinander, z. B. organizovat’/sorganizovat’ vs. organizovat’/organizovyvat’. Die Produktivität der Präfixe bei der aspektuellen Eingliederung von Lehnwörtern ist im übrigen auch eine weitere Bestätigung der Gleichrangigkeit von grammatischer Suffigierung und Perfektivierung bei der Aspektpaarbildung und ein gewichtiges Argument gegen die Meinung, bei der Präfigierung entstünden stets nur Aktionsarten oder völlig neue Lexeme. Nicht alle Verben ordnen sich zu Aspektpaaren. Für die Partnerlosigkeit (nesооtnоsitеl’nyе glagoly) gibt es semantische und formale Gründe (Mаslоv 1948, 308 ff.; Аvilоvа 1976, 43⫺129). Ausschließlich ipf. (= Imperfektiva tantum) sind Verben, die eine statische, unbegrenzt andauernde Bedeutung haben, da diese aktionale Bedeutung mit der Funktion des pf. Aspekts, einen verbalen Sachverhalt ganzheitlich auszudrücken, inkompatibel ist, z. B. vesit’ ‚wiegen‘, soderžаt’ ‚enthalten‘. Die aspektuelle Partnerlosigkeit ist hier systematisch bedingt. Bei den Perfektiva tantum (Мaslov 1948, 308 ff.; Isačenko 1968, 381 ff.), besteht demgegenüber kein solches inhaltliches Kriterium, sondern es handelt sich um zufällige Lücken, wie synonyme paarige Lexeme oder Verbalkomplexe zeigen, vgl. etwa das ausschließlich pf. očnut’sja ‚zu sich kommen‘ mit dem paarigen prijti/prixodit’ v sebja, wobei Gruppenbildung aber nicht ausgeschlossen ist, v. a. in Form von pf. Aktionsarten wie ingressivem zaxodit’1, synonym mit paarigem nаčаt’/nаčinat’ xodit’ ‚anfangen herumzugehen‘. Im übrigen würde der Ausschluss der Präfigierung von den grammatischen Verfahren zur Paarbildung die Zahl der tantum-Verben erheblich vermehren. Partnerlose Verben bilden für sich allein ein monoaspektuales (= aspektuell defektives) Verblexem. Einen weiteren Sonderfall stellen biaspektuelle Verben dar, die ebenfalls für sich allein ein Verblexem bilden, allerdings im Gegensatz zu den partnerlosen tantum-Verben ein aspektuell vollständiges. Sie entsprechen in ihrer paradigmatischen Vollständigkeit den Verben in aspektlosen Sprachen. Im Erbwortschatz sind biaspektuelle Verben relativ selten, z. B. vеlеt’ ipf./pf. ‚befehlen‘, žеnit’sja ipf./pf. ‚heiraten (vom Mann)‘. Sie tendieren zudem teilweise zur Auflösung in paarige Lexeme, etwa in Form der Verwendung eines eindeutigen Perfektivums wie pоvеlеt’. Relativ häufig findet sich Biaspektualität bei Lehnverben, etwa startovat’, die aber im Russischen ebenfalls eine Tendenz zur Herbeiführung der Paarigkeit aufweisen, s. die obigen mit Präfigierung bzw. Suffigierung ausgedrückten Paare. Im Serbischen bleiben Lehnverben wie etwa kоntrolisаti ‚kontrollieren‘ generell zweiaspektig (selten prоkоntrоlisаti pf.), ebenso im Bulgarischen (kоntrоlirаm; Zweiaspektigkeit hier auch bei Präfigierung: prоkоntrоlirаm ‚durchkontrollieren‘) und im Obersorbischen (kontrolować). Dagegen zeigt die moliseslavische Minderheitensprache bei terminativen Lehnverben durchgehend Paarigkeit, z. B. partit/parčivat ‚abreisen‘ aus italienisch partire (Breu 2003, 76⫺79).

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IV. Morphologie des Verbs In Einzelfällen kommen im Russischen auch Aspekttripel vor. Das ist bei Lehnwörtern immer dann der Fall, wenn wie oben bei оrgаnizоvаt’ (biaspektuell) / sоrgаnizоvаt’ pf./оrgаnizоvyvаt’ ipf. beide Verfahren zur Paarbildung miteinander konkurrieren. Wir finden Tripel auch im Erbwortschatz, wobei hier aber ein Simplex und ein aus dem pf. Partnerverb abgeleitetes sekundäres Imperfektivum in Konkurrenz miteinander stehen, z. B. bit’1 = razbivat’/razbit’ ‚zerschlagen‘. Wie die Geschichte des Russischen zeigt, tendieren solche Tripel zum Abbau, indem entweder das sekundäre Imperfektivum verschwindet (etwa *napisyvat’ zu pisat’/napisat’) oder aber das Simplex die betreffende Bedeutung nicht mehr ausdrückt oder obsolet wird (etwa veraltetes ščitit’ zu zаščitit’/zаščiščаt’ ‚verteidigen‘). Im letzteren Fall kann es auch zu einer Aufspaltung eines ehemaligen Tripels zu zwei selbständigen Aspektpaaren kommen, etwa bei stavit’/postavit’ ‚stellen‘ und postavit’/postavljat’ ‚liefern‘. Tripel ergeben sich auch durch variative Imperfektivierung, z. B. zavernut’1 pf./zavertyvat’ = zаvоrаčivаt’1 ipf. ‚einwickeln‘ (im Gegensatz zu paarigem zavernut’2 /zаvоrаčivаt’2 ‚abbiegen‘; vgl. Isačenko 1968, 380). Im Bulgarischen gehören Aspekttripel zum festen System der Aspektmorphologie (etwa pišа = nаpisvаm ipf. /nаpišа pf. ‚schreiben‘), mit einer partiell variativen Aufteilung der Funktionen des ipf. Aspekts auf Simplex und sekundäres Imperfektivum. In nichtnormierten Sprachen wie dem Moliseslavischen kommen auch komplexere Fälle vor, wie das Sextupel otvarat = otvorat = tvarat = tvorivat (ipf.)/otvorit = tvorit (pf.) ‚öffnen‘ (Breu 2003, 67). Aufgrund der (zumindest historisch oder aufgrund der synchronen Gruppenzugehörigkeit) semantischen Bedingtheit der Wahl von lexikalisch redundanten Präfixen für die Perfektivierung ist bei mehrdeutigen Simplizien logischerweise mit mehreren pf. Partnern zu rechnen. Das führt zu einer Verselbständigung von Teilbedeutungen des Simplex, so dass dieses mit jeweils unterschiedlichem pf. Partner ein Paarigkeitsverhältnis eingeht und somit mehreren verschiedenen Lexemen angehört. Wir sprechen vom Prinzip der „kategoriell (grammatisch-aspektuell) bedingten“ Homonymie (Breu 1984a, 132⫺137). So spaltet sich das Simplex bit’ in mindestens drei Einzelverben auf, die sich in folgenden Lexemen wiederfinden bit’1 /razbit’ ‚zerschlagen‘, bit’2 / pobit’ ‚schlagen‘, bit’3 /probit’ ‚schlagen (Uhr)‘. Das Verhältnis von Verb und Verblexem beim derivativen Aspekt läßt sich wie folgt graphisch zusammenfassen: Tab. 18.1: Verhältnis Verb ⫺ aspektuell vollständiges Lexem Verb

Lexem

Lexembeispiele

ipf. tantum pf. tantum

monoaspektuell

vesit’ оčnut’sja

biaspektuell

biaspektuell, ipf. = pf. Teilparadigma

startovat’

paarig

biaspektuell, ipf. ≠ pf. Teilparadigma

pisat’/napisat’ podpisat’/podpisyvat’

n-polysem, auch kategoriell bedingte Homonymie

n Lexeme mit Homonymie der Teilparadigmen eines Aspekts

stavit’/postavit’1 postavit’2 /postavljat’ pišа = napisvam /napišа(bulg.)

synonym mit einem anderen Verb in der Ableitungskette

Tripel (n-Tupel) mit variativen Teilparadigmen eines Aspekts

bit’1=razbivat’/razbit’

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart Trotz der Komplexheit der Morphologie ist zu betonen, dass paarige Verben und damit biaspektuelle Lexeme mit voneinander distinktem pf. und ipf. Paradigma den weit überwiegenden Normalfall darstellen. Die Gruppierung von Verben bzw. Verbbedeutungen zu Lexemen ist aufgrund differierender Vorstellungen vom Anteil der Aspektfunktionen an der Gesamtbedeutung (Oberflächenbedeutung) eines Verbs stark theorieabhängig. Eine wichtige Rolle spielt insbesondere die Diskussion um das Verhältnis der grammatischen Präfigierung zur Aktionsartenbildung, die unmittelbar mit der Frage nach der Existenz „semantisch leerer“ (= redundanter) Präfixe verbunden ist. Der nachfolgende begriffsgeschichtliche Exkurs soll zum besseren Verständnis dieser Kontroverse dienen.

3. Aspekt vs. Aktionsart (Begriffsgeschichte) Die Termini Aspekt und Aktionsart sind in der Geschichte der Aspektologie eng miteinander verbunden (Pollak 1988, 20⫺35; Andersson 1972, 17⫺24; Vinоgrаdоv 1972, 379⫺394). In den frühesten slavischen Grammatiken bezeichnete man mit „vid“ in Anlehnung an die griechisch-byzantinische Tradition (εδος) die beiden Wortbildungskategorien der „primären“ und der „abgeleiteten Verben“, bezog sich also allein auf die äußere Gestalt. Seit dem 19. Jahrhundert (im tschechischen Bereich schon früher) kamen inhaltliche Klassifikationskriterien hinzu, so dass „vidy“ nun nach semantischen und morphologischen Kriterien unterteilte Verbgruppen bezeichneten, deren Zahl von ursprünglich sechs im Lauf der Zeit auf die heute üblichen zwei reduziert wurde. Zunächst waren im inhaltlichen Bereich „unabgeschlossen“ und „wiederholt“ bzw. „abgeschlossen“ und „einmalig“ noch getrennte Einteilungsmerkmale gewesen. Besonders stabil war die Dreiteilung mit „iteriert“ neben „imperfektiv“ und „perfektiv“. Aktionsarten mit „ingressiver“, „egressiver“, „durativer“ Bedeutung wurden als „podvidy“ zur Unterklassifikation der „vidy“ benutzt. Die sekundären Imperfektiva sah man damals noch aus Iterativa (die aber teilweise als selbständige Verben gar nicht bestanden) durch Präfigierung abgeleitet, also etwa podpisyvat’ durch Präfigierung aus pisyvat’, nicht durch imperfektivierende Suffigierung von podpisat’. Die mangelnde Unterscheidung zwischen grammatischer und aktionaler Bedeutung wurde bei der Übersetzung des Terminus „vid“ als „aspect“ ins Französische übernommen, und noch heute findet man in der romanistischen und anglistischen Aspektologie eine Doppelverwendung dieses Begriffes für Aspekt (z. T. expliziert als „aspect proprement dit“, „grammatical aspect“) und Aktionsart. Der Begriff „Aktionsart“ ersetzte im Deutschen zunächst die ältere Bezeichnung „Zeitart“, die sich tendenziell ebenfalls mit der formalen Opposition „Simplex“ vs. „präfigiertes Verb“ deckte und im Lauf der Zeit, ausgehend von aspektuellen Funktionen von Präsens- und Aoriststamm im Griechischen, auch inhaltliche Definitionskriterien erhielt. Im Endeffekt wurde „Aktionsart“ in derselben Weise mehrdeutig wie „vid“/„aspect“. Im weiteren Verlauf verlief die Entwicklung der beiden Termini genau gegenläufig, insofern als „vid“ immer mehr auf den grammatischen Bereich eingegrenzt wurde, während „Aktionsarten“ auf immer mehr lexikalisch-aktionale Klassen bezogen wurde. Diese Entwicklungstendenz nutzte Agrell (1908, 78), indem er beide Begriffe zur Abgrenzung von grammatischer Kategorie („Aspekt = unvollendete vs. vollendete Handlungsform“) und semantisch-morphologischen Klassen

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IV. Morphologie des Verbs („Aktionsarten = Art und Weise der Ausführung einer Handlung“) benutzte. Der Terminus „Aktionsart“ in diesem Sinn wurde in andere Sprachen entlehnt, erscheint als Lehnbildung („sposob glagol'nogo dеjstvija“, „manner of action“) oder wurde völlig neu gebildet (sоvеršаеmоst', modalité). Doch auch nach der allgemein anerkannten prinzipiellen Trennung der beiden Phänomene blieben angesichts der Interaktion beider Erscheinungen auf der morphologischen und der semantischen Ebene viele Abgrenzungsprobleme bestehen, die sich bis heute in verschiedenen Vorstellungen vom Umfang der Paarigkeit slavischer Verben spiegeln. In der Slavistik besteht zwar Einigkeit über die Verschiedenheit der beiden Konzepte, die genaue Abgrenzung bleibt jedoch strittig, wenn hinsichtlich der Rolle der Präfigierung ohne Berücksichtigung inhaltlicher Kriterien rein formal argumentiert wird. Das Fehlen sekundärer Imperfektiva bei durch Präfigierung entstandenen pf. Aspektpartnern wie napisat’ (im Russ., nicht aber im Bulg.) ist kein Abgrenzungskriterium gegenüber den ebenso gebildeten Aktionsarten wie zахоdit’1, da diese anders als lexikalisch selbständige Ableitungen wie zаjti pf. ‚besuchen‘ (präfigiert zu idti ‚gehen‘ mit durch sekundäre Imperfektivierung suppletiv abgeleitetem Partner zахоdit’2 ipf.) in der Regel Perfektiva tantum sind. Die Extremposition mit vollständiger Ablehnung der Präfigierung als grammatischem Verfahren findet sich etwa bei Isačenko (1968, 361 ff.), der auch Paaren wie pisat’/napisat’ ‚schreiben‘, delat’/sdelat’ ‚machen‘ den paradigmatischen Charakter abspricht, tendenziell ähnlich Маslov (1963, 5: „оtnоsitеl'naja dеfеktivnоst'“). Inhaltlich ausgerichtete Aspektmodelle wie Аvilоvа (1976, 184 f.), die sich am tatsächlichen Gebrauch der Aspektpartner orientieren, lehnen ebenso wie die meisten sprachpraktischen Darstellungen eine solche Konzeption ab, da sich viele durch Präfigierung gebildete Paare genau so verhalten wie durch Suffigierung gebildete, denen unisono rein grammatischer Charakter zugesprochen wird. Allerdings variiert auch in diesen Theorien die Abgrenzung zwischen pf. Aspektpartner und Aktionsarten, wobei die angeführten Paare pisat’/napisat’, delat’/sdelat’, deren Perfektivum Isačenko (1968, 362 ff.) einer resultativen Aktionsart zuordnet, generell akzeptiert werden, in geringerem Maße aber beispielsweise auch Paare wie videt’/uvidet’ ‚sehen‘, deren Perfektivum einen inzeptiven Charakter aufweist (Mаslоv 1948, 314 f.). Bei inhaltsorientierter Sichtweise ergibt sich, dass bei Aspektpaaren, die durch sekundäre Imperfektivierung entstehen, dieselben Beziehungen zwischen den Partnerverben bestehen wie in den durch Präfigierung entstandenen; vgl. beispielsweise das inzeptive Verhältnis von pf. ponjat’ zum ipf. ponimat’ ‚verstehen‘, gerade so wie bei pf. uvidet’ zu ipf. videt’. Ein wichtiges Kriterium zeigt sich auch im Sprachvergleich, der bei funktional mit der slavischen vergleichbaren Aspektoppositionen, aber flexivischen Ausdrucksmitteln ⫺ etwa in der französischen Opposition von passé simple und imparfait ⫺ bei den angegebenen Verben (comprenait : comprit, voyait : vit) völlig unterschiedslos ein inzeptives Verhältnis der beiden Oppositionsglieder ergibt, d. h. die perfektive Erfassung solcher Konzepte wie ‚sehen‘ und ‚verstehen‘ führt sprachübergreifend zu einem inzeptiven Verhältnis. Es handelt sich dabei nicht um unterschiedliche lexikalische Bedeutungen des Imperfektivums und des Perfektivums, sondern um das Ergebnis der grammatisch-lexikalischen Interaktion, die im folgenden Abschnitt im Zusammenhang beschrieben wird. Auch innerslavisch wäre es unplausibel, etwa im Russischen die beiden Verben ponjat’/ponimat’ aufgrund der suffigierenden Derivation als Aspektpaar zu werten, das Perfektivum in dem gleichbedeutenden

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart rozumić/zrozumić im Obersorbischen aufgrund der präfigierenden Bildungsweise aber als Aktionsart. Am deutlichsten zeigt sich der aspektuelle Charakter der Inzeptivität bei diesem Lexem in Form der Zweiaspektigkeit von kroatischem razumjeti.

4. Temporale Dynamik In einer inhaltlich-funktionalen Aspekttheorie sind alle Ausdrucksmittel für das aspektuell differenzierte Gesamtparadigma eines Verblexems gleichwertig, immer vorausgesetzt, die lexikalische Bedeutung der beiden Partner ist identisch. Hierbei ist zu beachten, daß sich die lexikalische Oberflächenbedeutung der beiden Aspektpartner aus dem Zusammenwirken ihrer gemeinsamen lexikalischen Grundbedeutung mit dem jeweiligen Aspektgrammem ergibt, d. h. es besteht eine „Interaktion von Lexik und Aspekt“ = ILA (Breu 2000a, 36⫺42; vgl. auch die Lexemtypen bei Lehmann 1999, 229, die Kontextbedingtheit der „čаstnyе vidоvyе znаčеnija“ bei Bоndаrkо 1995, 1830, die lexemabhängigen Aspektfunktionen bei Rаssudоvа 1968, 26⫺37, Маslоv 1948, 312⫺ 316 sowie die Problematik der Trennung von Aspekt- und Lexembedeutung bei Glоvinskаja 1982, 47⫺54). Eine solche Interaktion ist möglich, weil in beiden Fällen (Lexik und Grammatik) das Kriterium der „temporalen Dynamik“ versprachlicht ist, also die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestehender verbaler Sachverhalt wieder beendet wird (und damit zu einer Situationsveränderung führt). Die in den Aspektgrammemen versprachlichte temporale Dynamik wirkt auf die lexikalisch versprachlichte temporale Dynamik einer Verbalhandlung ein. Infolgedessen muß sich die ILA-Bedeutung eines ipf. Verbs logischerweise von derjenigen seines pf. Partners unterscheiden, obwohl sie zusammen ein Lexem bilden. Verbbedeutungen können in Bezug auf das Kriterium der temporalen Dynamik zu aktionalen Klassen (= morphologisch nicht charakterisierten Aktionsarten) geordnet werden. Damit lassen sich die Ergebnisse der lexikalisch-aspektuellen Interaktionen unabhängig von der konkreten Einzelbedeutung eines Verbs bzw. eines Lexems regelhaft beschreiben. Die aktionale Klassenbedeutung fungiert als Operandum, die aspektuelle Teilbedeutung als Operator. Bei polysemen Verben können die Einzelbedeutungen der Lexeme, denen sie zugeordnet sind, natürlich verschiedenen aktionalen Klassen angehören. Zur Formalisierung vgl. Breu (2005, 50⫺56).

4.1. Einfache aktionale Klassen Die Skala der temporalen Dynamik von Verbalhandlungen (in Verben versprachlichten Sachverhalten) erstreckt sich von einem Grad 0 für total-statische Sachverhalte, für die keinerlei Wahrscheinlichkeit einer Veränderung besteht, bis zu einem Grad 3 für total-terminative Sachverhalte, bei denen zusammen mit ihrem Beginn auch ihr obligatorisches Ende versprachlicht ist (see next page). Beispiele für die Klasse TSTA (Grad 0) sind Sachverhalte der Art vesit’ ‚wiegen‘ oder sostojat’ ‚bestehen aus‘, die inalienabel mit den Subjekten, über die sie ausgesagt werden, verbunden sind, so dass tatsächlich keine Wahrscheinlichkeit für ihre Veränderung besteht. In der RSTA-Klasse (Grad 1) finden sich Zustände, bei denen eine tem-

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IV. Morphologie des Verbs

Fig. 18.1: Temporale Dynamik aktionaler Klassen

porale Begrenzung möglich, jedoch nicht obligatorisch ist, etwa prinаdlеžаt’ ‚gehören‘ oder оblаdаt’ ‚besitzen‘. Die ACTI-Klasse (Grad 2) enthält neben eigentlichen Aktivitäten wie pisat’1 ‚schreiben‘, rabotat’ ‚arbeiten‘ auch agenskontrollierte Zustände wie stojat’ ‚stehen‘; die betreffenden Sachverhalte weisen eine obligatorische (zu jedem Zeitpunkt wahrscheinliche) temporale Begrenzung auf, da sie von ihrer Aufrechterhaltung durch ein Agens abhängig sind, die natürlicherweise nicht dauerhaft anhalten kann. Die genannten Klassen sind durchwegs aterminativ (atelisch), da die betreffenden Sachverhalte keine handlungsimmanente Endgrenze (Ziel der Handlung, bei der diese obligatorisch zum Abschluss kommt), sondern maximal eine temporale Begrenzung aufweisen. Hierzu im Gegensatz gilt für die Verben der TTER-Klasse, dass der in ihnen versprachlichte Sachverhalt ein Ziel aufweist, das noch dazu obligatorisch erreicht wird, gleichgültig, ob es sich um eine punktuelle Handlung wie nаjti/ nахоdit’ ‚finden‘ handelt, bei der Anfang und Ende der Handlung zusammenfallen, oder um einen komplexiven Sachverhalt wie slučit’sja/slučаt’sja ‚geschehen‘, bei dem zwischen beiden Handlungsgrenzen eine gewisse Zeitspanne liegen kann.

4.2. Typen von Aspektfunktionen Im slavischen ipf. Aspekt sind (abgesehen von der allgemein-faktischen Funktion, die er als unmarkiertes Glied der Aspektopposition zusätzlich ausdrückt; vgl. Bondarko 1995, 24 f.) mehrere Einzelfunktionen verknüpft, die den ersten drei Graden der temporalen Dynamik entsprechen. Er kann Sachverhalte als inalienable Eigenschaften eines Aktanten ausdrücken (Universiv, Dynamikgrad 0), als primären oder über Habitualisierung abgeleiteten Zustand (Stativ, Grad 1) oder als temporären Prozess (Prozessiv, Grad 2). Das pf. Aspektgrammem hat die alleinige Funktion der ganzheitli-

Fig. 18.2: Temporale Dynamik von Aspektfunktionen

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart chen Erfassung einer Handlung (unter Einschluss aller in der lexikalischen Verbbedeutung angelegten Grenzen und mit den aus der Erreichung der Endgrenze, d. h. des Ziels der Handlung, eventuell folgenden Resultaten) = „Limitativ“ (Grad 3). In anderen Sprachen besteht z. T. eine hiervon abweichende Aufteilung der Aspektfunktionen auf die Aspektgrammeme. So drückt etwa im Spanischen die estar-Periphrase allein die prozessive Funktion aus, das einfache imperfecto hingegen Universiv und Stativ, das pretérito indefinido den Limitativ.

4.3. Komplexe aktionale Klassen Neben den in 4.1. aktional klassifizierten Verbbedeutungen, bei denen die versprachlichten Sachverhalte jeweils genau einen Grad an temporaler Dynamik aufweisen, gibt es auch solche, die bezüglich ihres Grenzverhaltens eine komplexe Struktur aufweisen, die aus mehreren Dynamikkomponenten aufgebaut ist (Breu 1998). So zeigen die graduell-terminativen Verben (GTER) insofern die Grenzeigenschaften der TTERKlasse, als sie über ein inhärentes Ziel verfügen, andererseits drücken sie aber auch die Tätigkeit (ACTI) aus, die zu diesem Ziel hinführt. Als Konsequenz des hybriden Aufbaus muß bei dieser terminativen Klasse das vorgegebene Handlungsziel nicht obligatorisch erreicht werden, etwa bei rešat’/rešit’ ‚(eine Aufgabe) lösen‘, stroit’/postroit’ ‚(etwas) bauen‘ oder pisat’2 /napisat’ ‚(etwas) schreiben‘. Wird das Ziel der Handlung tatsächlich erreicht, dann wird hierdurch ein Resultat vom RSTA-Typ impliziert (etwa „eine gelöste Aufgabe“, „ein gebautes Haus“, bzw. „ein geschriebener Roman“). Die aktionale Struktur von GTER-Bedeutungen ist wie folgt zu symbolisieren: (5) GTER = „ACTI C TTER“ I Resultat(RSTA) Eine weitere hybride Klasse bilden die inzeptiv-statischen Bedeutungen (ISTA), bei denen außer dem eigentlichen Zustand auch dessen Anfangsgrenze versprachlicht ist, im Russischen etwa bei ponimat’/ponjat’ ‚verstehen‘ oder videt’/uvidet’ ‚sehen‘. Bei ISTA-Lexemen geht der pf. ausgedrückte Sachverhalt dem ipf. ausgedrückten voraus, was einer Umkehrung der Verhältnisse in GTER-Lexemen entspricht. Die komplexe aktionale Struktur von ISTA-Bedeutungen ist folgende: (6) ISTA = „TTER C RSTA“ Schließlich bestehen noch die inchoativen Sachverhalte (INCO), in denen drei aktionale Komponenten versprachlicht sind, z. B. prjatat’sja/sprjatat’sja ‚sich verstecken‘, krasnet’/pokrasnet’ ‚rot sein/werden‘. Charakteristisch für diese Klasse ist nämlich, daß sich die ipf. ausgedrückte Handlung sowohl auf den Prozess vor dem Erreichen des Handlungsziels beziehen kann (ACTI) als auch auf den mit dem Erreichen des Ziels eingetretenen Zustand (RSTA): (7) INCO = „ACTI C TTER C RSTA“

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IV. Morphologie des Verbs

5. Interaktion von Lexik und Aspekt (ILA) Der grammatische Aspekt kann auf zweierlei Weise mit der aktionalen Semantik von Verblexemen interagieren, durch Selektion eines bestimmten Dynamikgrades oder durch Modifikation des aktionalen Dynamikgrades. In beiden Fällen wirken die Aspektfunktionen als Operatoren in der Weise, daß sie den als Operandum vorgegebenen lexikalisch-aktionalen Dynamikgrad in Richtung auf ihren eigenen Dynamikgrad hin „manipulieren“ (Breu 2005, 49).

5.1. Fokusaspekt Im Fall der Selektion wählt der aspektuelle Operator genau diejenige Komponente aus der aktionalen Struktur des lexikalischen Operandums aus, die denselben Dynamikgrad aufweist. Die anderen Komponenten bleiben dabei erhalten, treten aber in den Hintergrund, d. h. beispielsweise, dass eine terminative Verbbedeutung auch bei Anwendung einer Aspektfunktion mit niedrigerem Dynamikgrad als 3 terminativ bleibt, doch tritt die zu dem betreffenden Aspekt passende Komponente in den Vordergrund, wird in diesem Sinne „fokussiert“. Wir sprechen deshalb vom „Fokusaspekt“. Im Fall der einfachen aktionalen Klassen ist wegen des Fehlens einer aktionalen Binnenstruktur die Voraussetzung für die Anwendung von fokusaspektuellen Operationen nicht gegeben; beispielsweise kann bei einem TTER-Lexem wie slučаt’sja/slučit’sja ‚geschehen‘ (Grad 3) mangels einer ACTI-Komponente kein prozessualer Fokus angewendet werden (*Čtо tam slučаеtsja?). Relevante Operanden sind vielmehr die hybriden Klassen mit ihrem komplexen Aufbau aus mehreren Komponenten. Aber auch hier gilt natürlich, daß eine zum Dynamikgrad des betreffenden Aspektoperators passende aktionale Komponente vorhanden sein muss, was etwa für den Prozessiv (Grad 2) durch die ACTI-Komponente von GTER und INCO, nicht aber von ISTA, gegeben ist. So bewirkt bei einem GTER-Lexem wie rešat’/rešit’ ‚eine Aufgabe lösen‘ der Limitativ (Grad 3) die Fokussierung der TTER-Komponente (3), pf. rеšit’ drückt die ganzheitliche und damit erfolgreiche Durchführung der Handlung aus. Der Prozessiv (2) bewirkt dagegen die Fokussierung der ACTI-Komponente (2), weswegen ipf. rеšаt’ die (eventuell erfolglose) Handlung vor Erreichen ihres Ziels ausdrückt. Die ILA-Bedeutung „terminativer Prozess“ kann durch zusätzliche lexikalische Faktoren noch spezialisiert werden. Im gegebenen Fall bewirkt die Tatsache, dass nicht allein das Agens zum Gelingen der Erreichung des Ziels beiträgt, sondern auch ein von diesem unabhängiger „Hemmfaktor“, der sich aus den anderen Aktanten ergibt, eine konative Lesart „zu lösen versuchen“ (Breu 1980, 160 ff.). Dagegen hat das ipf. Verb in stroit’/postroit’ ‚etwas bauen‘ im Prozessiv keine solche Zusatzbedeutung. Als Fokusaspekt sind Universiv (Grad 0) und Stativ (Grad 1) bei GTER ausgeschlossen, da keine im Dynamikgrad entsprechende Komponente besteht. Hingegen fokussiert der Stativ (1) die RSTAKomponente (1) von ISTA-Lexemen, so daß beispielsweise das ipf. ponimat’ den „Zustand des Verstehens“ ausdrückt, während der Limitativ (3) in pf. ponjat’ die TTERKomponente (3) fokussiert, was den „Beginn des Verstehens“ als ILA-Bedeutung bedingt. Schließlich fokussiert der Limitativ (3) auch in dem pf. INCO-Verb sprjatаt’sja die TTER-Komponente mit der ILA-Bedeutung des vollständigen „Sich-Versteckens“, während das ipf. Grammem von prjatаt’sja mit den beiden übrigen Komponenten der

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart Lexembedeutung kompatibel ist: als Prozessiv (2) fokussiert es den agentiven Vorgang ACTI (2) der „Bewegung ins Versteck“, als Stativ (1) die auf die vollständig durchgeführte Handlung folgende RSTA-Komponente (1) mit der ILA-Bedeutung „sich im Versteck befinden“.

5.2. Statusaspekt Im Gegensatz zum Fokusaspekt, der auf den aktionalen Lexembedeutungen nur in der Weise operiert, dass er die Komponente mit dem passenden Dynamikgrad hervorhebt, modifiziert der Statusaspekt den bestehenden Dynamikgrad eines Lexems in Richtung auf den eigenen Dynamikgrad, d. h. er verändert den „Status“ der betreffenden Handlung auf der Skala der temporalen Dynamik. Die sich ergebende ILA-Bedeutung weicht damit i. a. stark von der lexikalischen Grundbedeutung ab. Stimmt die aktionale Lexembedeutung mit dem Aspektoperator in der Dynamikklasse überein, dann entspricht die Statusoperation allerdings einer Leeranwendung. So bestätigt der durch das pf. Aspektgrammem ausgedrückte Limitativ (3) bei dem TTER-Lexem slučаt’sja/ slučit’sja ‚geschehen‘ nur das sowieso schon lexikalisch vorgegebene Grenz- und Dynamikverhalten (Erfassung aller Grenzen, obligatorische Situationsveränderung). Dagegen setzt der durch den ipf. Aspekt ausgedrückte Stativ (Grad 1) die temporale Dynamik einer TTER-Handlung (3) auf den Grad 1 herab. Als ILA-Bedeutung ergibt sich ein sekundärer Zustand vom RSTA-Typ, was in der Regel einer habituellen (in ihrer Frequenz nicht begrenzten) Wiederholung entspricht. Im Fall des ipf. slučаt’sja ergibt sich so die Bedeutung „zu geschehen pflegen“. Ein ipf. Verb wie rabotat’ (lexikalische Grundbedeutung ACTI = 2) erhält mit der statusverändernden Stativoperation entsprechend die Lesart „gewöhnlich an etwas arbeiten, in einem Arbeitsverhältnis stehen“. Bei aktional komplexen Sachverhalten ergeben sich im Stativ-Status ebenfalls sekundäre Zustände als ILA-Bedeutungen. So ist on pišet roman ‚er schreibt einen Roman‘ (GTER) im Stativ-Status zu interpretieren als „er ist Romanschriftsteller“. Aufgrund des Zusammenfalls der Dynamikgrade 0⫺2 im russischen ipf. Aspekt wird diese ILA-Bedeutung formgleich mit der Prozessiv-Fokus-Lesart „er (sitzt da und) schreibt gerade einen Roman“ ausgedrückt. In den Aspektsystemen von Sprachen, bei denen der Prozessiv durch ein anderes Grammem ausgedrückt wird als der Stativ, sind die betreffenden Lesarten formal unterschieden, z. B. engl. he wrote a novel (StativStatus) ≠ he was writing a novel (Prozessiv-Fokus). Die Herabsetzung des Dynamikgrades eines verbalen Sachverhaltes durch einen Statusaspekt kann man als Abstraktion von der aktuellen Durchführung einer Handlung verstehen. Im Universiv ergeben sich bei der Statusveränderung zum Grad 0 allgemeingültige Wahrheiten oder Definitionen, z. B. Zemlja vrаščаеtsja vokrug Sоlncа ‚Die Erde dreht sich um die Sonne‘, Voda kipit pri stа grаdusах ‚Wasser kocht bei 100 Grad‘. Die aktionale Binnenstruktur spielt für den Statusaspekt keine Rolle, d. h. die Lexeme der komplexen Klassen werden zusammen mit der TTER-Klasse einfach als Terminativa behandelt. Auch bei den StatusOperationen bestehen jedoch Beschränkungen für die Anwendbarkeit eines Aspektoperators. So ist der Limitativ (3) mit einem RSTA-Sachverhalt (1) inkompatibel (deshalb ist etwa das Verb оblаdаt’ ‚besitzen‘ Imperfektivum tantum), ebenso der Prozessiv (2) als Funktion des ipf. Aspekts, während dessen Stativfunktion (1) zur tautologischen Leeranwendung führt (es wird nur der statische Charakter der Verbbedeutung bestä-

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IV. Morphologie des Verbs tigt). Während Stativ oder Universiv als Statusoperation bei terminativen Verben zu einer Abstraktion von den konkreten Grenzen führen, bewirkt der Limitativ umgekehrt die Realisierung von Grenzen. Eine solche Realisierung ist aber nur möglich, wenn in der betreffenden Handlung Grenzen wenigstens latent vorhanden sind. Außer den terminativen Lexemen selbst, bei denen der Limitativstatus als Leeranwendung auftritt, weil sie schon den Dynamikgrad 3 haben, kommen hierfür nur die ACTISachverhalte mit ihrer latenten temporalen Begrenzung in Betracht, niedrigere Dynamikgrade sind inkompatibel. Die Erhöhung des Grades 2 (ACTI) auf 3 durch den Limitativ als Statusoperation geschieht formal durch die Präfigierung mit pо, die ILABedeutung entspricht einer Aktualisierung der temporalen Grenzen (Delimitativität; daher traditionell „delimitative“ Aktionsart). Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ACTI-Handlungen und ihre delimitativen Ableitungen sich nur in der Aktualisierung der lexikalisch bereits angelegten temporalen Grenzen unterscheiden (was der Statusveränderung durch den Limitativ entspricht), liegt Identität in der lexikalischen Grundbedeutung vor. Damit besteht beispielsweise ein Aspektpaar rabotat’/porabotat’ ‚arbeiten‘ (ACTI). Nach dem Prinzip der „kategoriellen Homonymie“ wären bei Verben, die neben einer terminativen (Komponente TTER) auch eine aterminative Lesart haben, eigentlich zwei Verblexeme anzunehmen, wie oben im Fall von ‚schreiben‘ ein GTER-Lexem pisat’2 /napisat’ und ein aterminatives ACTI-Verb pisat’1, das mit der Delimitativbildung popisat’ zusammen ein Aspektpaar bildet. Doch kann auch die Beziehung zwischen napisat’ (GTER) und pisat’1 (ACTI) im Rahmen der Statusoperationen als rein aspektuell gesehen werden. Die prozessive Statusoperation (Dynamikgrad 2) ergibt bei terminativen Sachverhalten an der sprachlichen Oberfläche die ILA-Bedeutung einer aterminativen Tätigkeit (aktuelle Aterminativierung). Damit kann ein einziges GTER-Lexem ‚schreiben‘ angenommen werden, das aus dem Tripel pisat’/napisat’/popisat’ besteht. Die Status- und Fokuseigenschaften der Aspektfunktionen „Prozessiv“ des ipf. Aspekts und „Limitativ“ des pf. Aspekts sind dann für die sich ergebenden ILA-Bedeutungen verantwortlich: Limitativ-Fokus (GTER) / TTER-Fokus (ganzheitlich-resultativ: napisat’) Prozessiv-Fokus (GTER) / ACTI-Fokus (terminativer Prozess: pisat’2) Prozessiv-Status (GTER) / aterminativer Prozess (pisat’1) Limitativ-Status (ACTI) / delimitativ (popisat’) Die Bildung „delimitativer“ pf. Partner zu aterminativen Verben mit dem Präfix poist im Russischen vollproduktiv, dasselbe gilt auch für alle Fälle, in denen aus einer terminativen Bedeutung per Prozessiv-Status eine aterminative Lesart ausgegliedert werden kann. Tripel der Art оbsuždаt’/оbsudit’/pооbsuždаt’ ‚erörtern‘ brauchen infolgedessen gar nicht besonders erfasst werden, es genügt die Feststellung, dass bei diesem GTER-Lexem Prozessiv-Status möglich ist (sekundäre ACTI-Bedeutung), dann ergibt sich die pо-Präfigierung mit Limitativ-Status automatisch. Die Möglichkeit der Aterminativierung über Prozessiv-Status setzt aber offensichtlich besondere Merkmale insbesondere in der Aktantenstruktur voraus, nämlich ein Agens oder zumindest Agenskontrolliertheit der Handlung und Dekonkretisierung (Generalisierung) allfälliger Objekte. Deshalb besteht z. B. für nаjti/nахоdit’ ‚finden‘ (TTER) kein Prozessivstatus und auch kein delimitatives *ponахоdit’. Dass es sich bei der Veränderung des Terminativitätscharakters durch eine Statusoperation nicht um einen Fall von Wortbil-

18. Verbale Kategorien: Aspekt und Aktionsart dung handelt, sondern um eine grammatikalisierte Beziehung, ergibt sich aus dem aspektuellen Verhalten einer Untergruppe der TTER-Klasse, den sogenannten „Semelfaktiva“, mit ihren frequentativen aterminativen Ableitungen, die üblicherweise zu Aspektpaaren zusammengestellt werden, etwa stučаt’/stuknut’ ‚klopfen‘. Auch hier kann die ACTI-Bedeutung von stučаt’ als Interaktionsbedeutung im Prozessiv-Status verstanden werden. Aufgrund dieser ILA-Bedeutung ist dann wieder die typische delimitative pf. Ableitung (Limitativ-Status) pоkričаt’ möglich. Innerhalb des Russischen und der meisten slavischen Sprachen ist die Frage einer Unterscheidung zwischen Prozessiv-Fokus und Prozessiv-Status angesichts des Zusammenfalls beider Funktionen im ipf. Aspekt ⫺ abgesehen von den verschiedenen formalen Perfektivierungsmöglichkeiten ⫺ nur von theoretischer Relevanz. In gesamtslavischem Rahmen verfügt aber zumindest in der obersorbischen Umgangssprache der ipf. Aspekt nicht über die Funktion des Prozessiv-Fokus, d. h. der Prozessiv-Status ist die alleinige Funktion des ipf. Aspekts im prozessualen Bereich (Breu 2000b, 54⫺66). Mit anderen Worten, auch im aktuellen Präsens oder bei einem präteritalen Prozess steht der pf. Aspekt, wenn eine terminative Handlung vorliegt, während die ipf. Aspektformen Aterminativität ausdrücken. Damit tritt hier der grammatische Charakter der dem Prozessiv-Status entsprechenden Aterminativierung klar zutage. Es ergeben sich z. B. folgende Oppositionen: ja rune te blida wotrěwem ipf. ‚ich wische gerade die Tische ab‘ (aterminative Beschäftigung, Prozessiv-Status) vs. ja rune te blida wotrějem pf. (terminativ, mit dem Ziel saubere Tische zu haben) oder ja rune knije šedawem ipf. ‚ich beschäftige mich gerade mit dem Verkaufen von Büchern‘ (Prozessiv-Status) vs. ja rune te knije šedam pf. (terminativ: ‚ich verkaufe gerade die Bücher‘; das Ziel ist erreicht, wenn sie alle weg sind). Die ipf. Verben werden auch in der obersorbischen Umgangssprache zum Ausdruck des Stativ-Status verwendet, so dass die angeführten ipf. (nicht aber die pf.) Beispiele nach Weglassen von rune ‚gerade‘ auch habituellen Charakter erhalten können. Ohne die Annahme der generellen Möglichkeit einer grammatischen Aterminativierung durch die ipf. Aspektformen (ILA-Bedeutung bei Prozessiv-Status) neben dem im Slavischen sonst üblichen Prozessiv-Fokus würde einerseits das Aspektsystem der obersorbischen Umgangssprache zu einem Wortbildungsverfahren degradiert, andererseits müsste beispielsweise im Russischen eine große Zahl teilhomonymer Lexempaare der Art pisat’1 /popisat’, pisat’2 /napisat’ angenommen werden, und Aspektpaare der Art stučаt’/stuknut’ müßten in zwei einaspektige Verben aufgelöst werden, obwohl die Substitution mit stučаt’ beispielsweise die einzige Möglichkeit der freien Iteration von Sachverhalten darstellt, die im konkreten Einzelfall mit stuknut’ ausgedrückt werden, z. B.: kаždyj den’ оn stučаl v dvеr’ ‘jeden Tag klopfte er (ein- oder mehrmals) an die Tür’. Da die Terminativitätsopposition prinzipiell einer Opposition von Aktionsarten entspricht, liegt in der obersorbischen Umgangssprache der Fall einer Grammatikalisierung von Aktionsarten vor. Mit der Grammatikalisierung der Terminativität begann wahrscheinlich auch die Entwicklung der slavischen Perfektivitätsopposition, die sich dann durch den Fokusaspekt im Prozessivbereich verselbständigte, wofür formal Iterativstämme, also die Träger einer anderen Aktionsartenbedeutung verwendet bzw. analogisch neugebildet wurden (Маslov 1961, 191 ff.). In typologischer Hinsicht kann die Grammatikalisierung von Aktionsarten am ehesten zum „purely morphosyntactical“ (Sasse 1991, 38⫺42) Interaktionstypus gerechnet werden. Es sei noch erwähnt, daß im Slavischen allgemein Aktionsartenbedeutungen, etwa Ingressivität, im syntaktischen Kontext redundant

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IV. Morphologie des Verbs werden können (da sie bereits durch andere Elemente im Satz ausgedrückt werden), so dass pf. Aktionsarten eine wichtige Rolle im aspektuellen Zusammenwirken mit ipf. Simplizien spielen können. Solche peripheren Partnerbeziehungen (Breu 1985, 12 f.; Lehmann 1999, 224 f.) sind aber von dem rein paradigmatischen Konzept der Paarigkeit auf der Lexemebene mit ihren Fokus- und Statuseigenschaften zu trennen.

6. Literaturverzeichnis (in Auswahl) Agrell, Sigurd (1908): Aspektänderung und Aktionsartbildung beim polnischen Zeitworte. Lund. Andersson, Sven-Gunnar (1972): Aktionalität im Deutschen. Eine Untersuchung unter Vergleich mit dem russischen Aspektsystem. I. Uppsala. Bondarko, A. V. (1995): Semantika glagol’nogo vida v russkom jazyke. Frankfurt/M. Bondarko, A. V./Bulanin, L. L. (1967): Russkij glagol. Leningrad. Breu, Walter (1980): Semantische Untersuchungen zum Verbalaspekt im Russischen. München. Breu, Walter (1984a): „Zur Rolle der Lexik in der Aspektologie“. // Die Welt der Slaven 29. 123⫺148. Breu, Walter (1984b): „Grammatische Aspektkategorie und verbale Einheit“. // Girke, Wolfgang/ Jachnow, Helmut. (eds.). Aspekte der Slavistik. München. 7⫺25. Breu, Walter (1985): „Handlungsgrenzen als Grundlage der Verbklassifikation“. // Lehfeldt, Werner. (ed.). Slavistische Linguistik 1984. München. 9⫺34. Breu, Walter (1998): „Komplexe aktionale Verbklassen, insbesondere Inchoativa“. // Berger, Tilman/Raecke, Jochen. (eds.). Slavistische Linguistik 1997. München. 55⫺80. Breu, Walter (2000a): „Zur Position des Slavischen in einer Typologie des Verbalaspekts“. // Breu, Walter. (ed.). Probleme der Interaktion von Lexik und Aspekt (ILA). Tübingen. 21⫺54. Breu, Walter (2000b): „Der Verbalaspekt in der obersorbischen Umgangssprache im Rahmen des ILA-Modells“. // Breu, Walter. (ed.). Slavistische Linguistik 1999. München. 37⫺76. Breu, Walter (2003): „Flexivischer und derivativer Verbalaspekt im Moliseslavischen“. // Breu, Walter (2005): „Verbalaspekt und Sprachkontakt. Ein Vergleich der Systeme zweier slavischer Minderheitensprachen (SWR/MSL)“. // Kempgen, Sebastian (ed.). Slavistische Linguistik 2003. München. 37⫺95. Berger, Tilman/Gutschmidt, Karl (eds.): Funktionale Beschreibung slavischer Sprachen. München. 63⫺81. Isačenko, A. V. (1968): Die russische Sprache der Gegenwart. Teil I. Formenlehre. München. Lizenzausgabe. Čertkova, M. Ju. (1996): Grammatičeskaja kategorija vida v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Čertkova, M. Ju. (2004): „Tipologija i ėvoljucija funkcional’no-strukturnyx modelej kategorii vida/ aspekta.“ // Čertkova, М. Ju. (otv. red.). Тrudy aspektologičeskogo seminara Filologičeskogo fakul’teta MGU. Tom 4. Moskva. 183⫺252. Glovinskaja, M. Ja. (1982): Semantičеskie tipy vidovyx protivopostavlenij russkogo glagola. Moskva. Lehmann, Volkmar (1999): „Aspekt“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 214⫺242. Maslov, Ju. S. (1948): „Vid i leksičeskoe značenie glagola v sovremennom russkom literaturnom jazyke“. // Izvestija AN SSSR, Otdel. lit. i jazyka 7/4. 303⫺316. Maslov, Ju. S. (1961): „Rol’ tak nazyvaemoj perfektivacii i imperfektivacii v processe vozniknovenija slavjanskogo glagol’nogo vida“. // Issledovanija po slavjanskomu jazykoznaniju. Moskva. 165⫺195. Maslov, Ju. S. (1963): Morfologija glagol’nogo vida v sovremennom bolgarskom literaturnom jazyke. Moskva.

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen Pollak, Wolfgang (1988): Studien zum Verbalaspekt. Bern. Rassudova, O. P. (1968): Upotreblenie vidov glagola v russkom jazyke. Moskva. Sasse, Hans-Jürgen (1991): „Aspect and aktionsart: a reconciliation“. // Vetters, Carl/Vanderweghe, Willy (eds.). Perspectives on Aspect and Aktionsart. Bruxelles. 31⫺45. Vaillant, André (1946): „La dépréverbation“. // Revue des études slaves 22. 5⫺45. Vinogradov, V. V. (21972): Russkij jazyk. Moskva.

Walter Breu, Konstanz (Germany)

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung Die Kategorie des Tempus Die Kategorie der Person Die Kategorie des Numerus Literatur (in Auswahl)

Abstract The description of verbal grammatical categories in the Slavic languages has a longstanding tradition in Slavic philology. The article describes three verbal categories that are closely interrelated: tense, person, and number. The actual situation in the Slavic languages is synchronically described. The article focuses on functional and semantic aspects of these categories, whereas aspects of the inflectional system are not considered. The contrastive description of the tense systems among the Slavic standard languages draws a distinction between two main groups of tense systems: the northern Slavonic type with reduced systems and the Southern Slavonic type with highly differentiated systems, especially in terms of the varieties of past tense forms. The overview of the most characteristic features of the categories of person and number in Slavic languages treats the polyfunctional forms of the person, the two-fold (singular, plural) and three-fold (singular, plural, dual) number systems and others. Instead of a comprehensive description of the grammatical categories, the article focuses on the peculiarities of the Slavic languages in that grammatical area by contrasting the languages.

1. Einführung Der vorliegende Beitrag behandelt die verbalen Kategorien Tempus, Person und Numerus in den heutigen slavischen Sprachen synchron. Im Hinblick auf historische Prozesse, vor allem die komplexen Entwicklungen im Tempussystem, sei auf den Beitrag von Klimonow in diesem Handbuch verwiesen.

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19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen Pollak, Wolfgang (1988): Studien zum Verbalaspekt. Bern. Rassudova, O. P. (1968): Upotreblenie vidov glagola v russkom jazyke. Moskva. Sasse, Hans-Jürgen (1991): „Aspect and aktionsart: a reconciliation“. // Vetters, Carl/Vanderweghe, Willy (eds.). Perspectives on Aspect and Aktionsart. Bruxelles. 31⫺45. Vaillant, André (1946): „La dépréverbation“. // Revue des études slaves 22. 5⫺45. Vinogradov, V. V. (21972): Russkij jazyk. Moskva.

Walter Breu, Konstanz (Germany)

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5.

Einführung Die Kategorie des Tempus Die Kategorie der Person Die Kategorie des Numerus Literatur (in Auswahl)

Abstract The description of verbal grammatical categories in the Slavic languages has a longstanding tradition in Slavic philology. The article describes three verbal categories that are closely interrelated: tense, person, and number. The actual situation in the Slavic languages is synchronically described. The article focuses on functional and semantic aspects of these categories, whereas aspects of the inflectional system are not considered. The contrastive description of the tense systems among the Slavic standard languages draws a distinction between two main groups of tense systems: the northern Slavonic type with reduced systems and the Southern Slavonic type with highly differentiated systems, especially in terms of the varieties of past tense forms. The overview of the most characteristic features of the categories of person and number in Slavic languages treats the polyfunctional forms of the person, the two-fold (singular, plural) and three-fold (singular, plural, dual) number systems and others. Instead of a comprehensive description of the grammatical categories, the article focuses on the peculiarities of the Slavic languages in that grammatical area by contrasting the languages.

1. Einführung Der vorliegende Beitrag behandelt die verbalen Kategorien Tempus, Person und Numerus in den heutigen slavischen Sprachen synchron. Im Hinblick auf historische Prozesse, vor allem die komplexen Entwicklungen im Tempussystem, sei auf den Beitrag von Klimonow in diesem Handbuch verwiesen.

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IV. Morphologie des Verbs Drei verbale Kategorien in verschiedenen slavischen Sprachen im Rahmen eines Beitrags erschöpfend zu beschreiben, ist ein unmögliches Unterfangen. Deswegen kann der folgende Artikel nicht mehr als einen Überblick über die genannten verbalen Kategorien vermitteln, die jeweils an ausgewählten slavischen Sprachen illustriert werden. Neben den semasiologisch konzipierten morphologischen Beschreibungen werden auch onomasiologische Beschreibungen, wie sie vor allem im Rahmen der Funktionalen Grammatik unter der Redaktion von A.V. Bondarko entwickelt wurden, und verschiedene andere Forschungsansätze berücksichtigt. Die russischen Verben tragen grammatische Bedeutungen mehrerer morphologischer Kategorien: vgl. bspw. die Verbform delajut (imperfektiver Aspekt, Aktiv, Indikativ, Präsens, 3. Person, Plural). Im Rahmen dieses Beitrags werden die drei zuletzt genannten Kategorien behandelt. Im Hinblick auf die anderen verbalen Kategorien sei auf die einschlägigen Artikel in diesem Handbuch verwiesen. Da das Tempus im Slavischen nicht ohne die Kategorie des Aspekts zu beschreiben ist, dem Aspekt in diesem Handbuch aber bereits ein eigener Artikel gewidmet ist (vgl. Lehmann in diesem Band), werden hier aspektuell-temporale Phänomene in dem Maße berücksichtigt, wie sie unabdingbar für die Erklärung der Kategorie des Tempus sind. Für die Darstellung aller drei verbalen Kategorien gilt, dass sie hier vorwiegend funktional und semantisch betrachtet werden und die Formenbildung aus Platzgründen nicht in den Blick genommen werden kann. Einen Überblick über die morphologische Forschung in den slavischen Ländern und ihre herausragenden Beiträge vermittelt Kempgen (2000). Im Hinblick auf die Beschreibung der hier im Mittelpunkt stehenden verbalen Kategorien in den slavischen Sprachen sei insbesondere auf die von Jachnow zusammen mit verschiedenen weiteren Herausgebern erstellten Sammelbände (Jachnow/Wingender 1995; Jachnow/Mečkovskaja/Norman/Plotnikov 1999; Jachnow/Norman/Suprun 2001) verwiesen, welche die Kategorien Tempus, Person und Numerus aus funktional-semantischer, typologischer und kognitiver Perspektive beschreiben. Einen Überblick über alle verbalen Kategorien (hier zum Russischen) vermittelt Mehlig 1999, über das Zusammenwirken der Kategorien Xrakovskij (1990). Hingewiesen sei auch auf die von den Leningrader bzw. Sankt Petersburger Linguisten um A.V. Bondarko entwickelte Funktionale Grammatik, deren Konzeption mittlerweile auf die Beschreibung vieler funktional-semantischer Felder des Russischen angewendet wurde, darunter auch auf die Felder der Temporalität, der Personalität und der Quantität (Bondarko 1990, 1991, 1996). Nicht unterwähnt bleiben soll auch Mel’čuks Kurs obščej morfologii (1997⫺2001), der zuvor in französischer Sprache erschienen war, und mit dem Mel’čuk das über Jahrzehnte entwickelte Smysl5Tekst-Modell auf die Beschreibung natürlicher Sprachen anwendet. Beschreibungsobjekt im Kurs obščej morfologii ist das Wort, das unter semantischen, formalen und kombinatorischen Aspekten betrachtet wird. Die Metasprache ist eine explizite morphologische Begriffssprache, die auf einem strengen Begriffssystem beruht. Mit diesem Werk strebt Mel’čuk die Unifizierung der linguistischen bzw. morphologischen Beschreibungssprache und des entsprechenden Begriffsapparates an. Hier steht nicht das Russische (bzw. die slavischen Sprachen) im Vordergrund, sondern es geht um natürliche Sprachen insgesamt.

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen

2. Die Kategorie des Tempus 2.1. Allgemeines Obwohl dem Aspekt als „für das russische Verb konstitutive grammatische Kategorie“ (Mehlig 1999, 182) größere Aufmerksamkeit geschenkt wird als dem auf bestimmte Verbformen beschränkten Tempus, hat auch die Tempusforschung in der Slavistik eine reichhaltige Tradition. So hat bspw. die funktionale Sprachbeschreibung, wie sie zunächst im Rahmen der Prager Schule entwickelt und dann in verschiedenen Forschungssträngen, darunter vor allem der Funktionalen Grammatik unter der Redaktion von Bondarko in Leningrad bzw. St. Petersburg, weiterentwickelt wurde, eine Reihe von deskriptiven, normativen und theoretischen Studien zu temporalen Phänomenen in slavischen Sprachen hervorgebracht. Die Funktionale Grammatik ist in großem Maßstab auf die Beschreibung des Russischen (teilweise im Vergleich mit anderen Sprachen) angewendet worden, darunter auch auf das Feld der Temporalität (Bondarko 1990, ausführlich zu dieser Konzeption Wingender 1995, 46⫺58). Die grammatische Kategorie des Tempus ist der Kern des funktional-semantischen Feldes der Temporalität, welche die Wahrnehmung und Erfassung der Zeit durch den Menschen in bezug auf den Redemoment oder in bezug auf einen anderen Referenzpunkt widerspiegelt (Bondarko 1990, 5). Entsprechend wird Temporalität als deiktisches Feld aufgefaßt. Die Konzeption der Funktionalen Grammatik mit ihren funktional-semantischen Feldern macht damit deutlich, dass der Ausdruck von Zeit und Zeitlichkeit in der Sprache durch das Zusammenwirken von Mitteln verschiedener sprachlicher Ebenen erzeugt wird, von denen die grammatische Kategorie des Tempus im wesentlichen einer Topologisierung des Ereignisses auf einer gedachten Zeitachse in bezug auf verschiedene Referenzpunkte dient. Die weiteren vielfältigen Aspekte von Zeit und Zeitlichkeit (wie Stufen der Entfernung von einem Bezugspunkt, Ausdehnung eines Ereignisses, Verlaufsquantitäten usw.) werden über lexikalische, syntaktische und textuelle Temporalitätsträger ausgedrückt (Wingender 1995, 60). Das Tempus wird nicht ausschließlich zeitlich definiert, sondern vielmehr durch eine Kombination von zeitlichen, aspektuellen, modalen und/oder aktionalen Bedeutungskomponenten. Von den finiten Verbformen verfügen die des Indikativs über das Tempus (zur Verbindung des Tempus mit dem Modus Renarrativ im Bulgarischen vgl. 2.3.), von den infiniten Verbformen die Partizipien, die allerdings im wesentlichen relative Zeit ausdrücken. Bekanntlich sind die grammatischen Formen nicht unmittelbar mit den Phasen des Zeitbezugs (d. h. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) gleichzusetzen, sondern sie bezeichnen vielmehr die Relation eines Ereignisses zum Sprechzeitpunkt bzw. zu einem gegebenen Referenzpunkt. Hier hat vor allem Koschmieder mit seiner 1928 erschienenen Arbeit und insbesondere mit dem Begriff des Zeitstellenwertes die Tempusdiskussion in der Slavistik geprägt (Nachdruck Koschmieder 1971). Angesichts der Polyfunktionalität der Tempusformen werden bei der Beschreibung der Tempussysteme in den slavischen Sprachen, wie dies auch für andere indoeuropäische Sprachen üblich ist, eigentliche Bedeutungen und Transpositionen in andere Zeitstufen unterschieden. Für die slavischen Sprachen ergibt sich insgesamt eine Vernetzung des Tempus- mit dem Aspektsystem; die Ausprägung dieser Vernetzung ist in den einzelnen slavischen

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IV. Morphologie des Verbs Sprachen unterschiedlich stark, wie die Beschreibung in den Abschnitten 2.2. und 2.3. zeigen wird. Die slavischen Tempussysteme werden üblicherweise in eine Süd- und eine Nordgruppe eingeteilt (vgl. Klimonow 1995, 279 ff.; Kretschmer 1995, 130). Während die Südgruppe der slavischen Sprachen über ein ⫺ wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung ⫺ differenziertes Tempussystem (vor allem im Präteritalbereich) verfügt, zeichnet sich die Nordgruppe durch eine Reduzierung des Tempussystems auf wenige Tempora sowie durch eine starke Vernetzung von Tempus- und Aspektsystem aus. Die Veränderungen in den nordslavischen Tempussystemen betreffen, diachron betrachtet, vor allem den präteritalen, aber auch den futurischen Bereich (Klimonow 1995; vgl. auch Klimonows historische Darstellung zum Tempus in diesem Handbuch).

2.2. Die nordslavische Gruppe unter besonderer Berücksichtigung des Russischen Die erwähnten Charakteristika der nordslavischen Gruppe zeigen sich am deutlichsten im Russischen, das daher in den Mittelpunkt der folgenden Betrachtung gestellt wird. Am Beispiel des Russischen werden auch grundsätzliche Probleme und offene Fragen der Tempusforschung im allgemeinen erörtert, auf die dann bei der Beschreibung weiterer slavischer Sprachen nicht mehr eingegangen wird ⫺ in Abschnitt 2.3. sollen vielmehr die Unterschiede zum Russischen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die heutige russische Tempuskategorie ist eine dreigliedrige Kategorie, die das Präsens, das Präteritum und das Futur umfasst. Innerhalb dieser Tempora werden jeweils der imperfektive und der perfektive Aspekt unterschieden. Dabei ist das Präsens im wesentlichen mit dem imperfektiven Aspekt verbunden. ‚Gegenwart‘ und ‚Abgeschlossenheit‘ schließen sich weitgehend aus, so dass für die Darstellung gegenwärtiger Ereignisse diejenige Aspektform (= der imperfektive Aspekt) vorrangig ist, bei der „die Außengrenzen des denotierten Sachverhalts unbeachtet“ (Mehlig 1995, 176) bleiben. Die Frage der Arbeitsteilung von Tempus und Aspekt im Falle von Formen wie napišu wird in der Temporalitätsforschung nicht einheitlich beantwortet: Es existieren Bezeichnungen wie Präsens im perfektiven Aspekt, perfektives Präsens oder einfaches Futur. In Grammatiken zum Russischen ist in der Regel die Rede vom einfachen Futur. Für die Darstellung des russischen Tempussystems bedeutet dies, dass bei Präteritum und Futur jeweils der imperfektive Aspekt und der perfektive Aspekt unterschieden werden, beim Präsens jedoch nur der imperfektive Aspekt genannt wird. Aufgrund der Fülle an Bedeutungen und Funktionen kann das imperfektive Präsens als das merkmallose Glied der Tempuskategorie bezeichnet werden, d. h., es ist in bezug auf die Merkmale ‚der Sprechzeit vorangehend / der Sprechzeit folgend‘ unmarkiert. In der Tempusforschung werden das aktuelle Präsens mit der Sprechzeit als Bezugszeit und das inaktuelle Präsens mit allgemeinem Zeitbezug sowie die Transpositionen in andere Zeitstufen unterschieden (die Beispiele sind den in der Bibliographie aufgeführten Grammatiken entnommen): Aktuelles Präsens (Lokalisierung in bezug auf die Sprechzeit): Ja čitaju pis’mo;

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen Inaktuelles Präsens (ohne unmittelbaren Bezug zur Sprechzeit): Generelles P.: Zemlja vraščaetsja vokrug Solnca; Usuelles P.: Po četvergam on poseščaet biblioteku; Potentielles P.: Ol’ga prekrasno poet; Qualifizierendes P.: On učitsja v tret’em klasse. Transpositionen in andere Zeitstufen: Praesens historicum: Idu ja včera po ulice ...; Transposition in die Zukunft: Ja buduščej zimoj uezžaju za granicu. Das Präsens ist damit in hohem Maße polyfunktional; die jeweiligen Bedeutungen und Funktionen ergeben sich aus dem Kotext und/oder dem situativen Kontext. Aufgrund dieser breiten Verwendungsweisen des imperfektiven Präsens wurde es teilweise als zeitindifferent interpretiert, wogegen aber die besonderen stilistischen Effekte des praesens historicum und der Transposition in die Zukunft sprechen, die sich ja nur vor dem Hintergrund des dem Präsens eigenen Zeitstellenwertes erklären lassen (Mehlig 1995, 179). Das Präteritum ist ein markiertes Glied der Tempuskategorie: Das Ereignis geht der Sprechzeit voran. Als markiertes Glied der Tempuskategorie ergibt sich für das Präteritum des imperfektiven Aspekts bis auf wenige Ausnahmen (s. u.) keine Transposition in andere Zeitstufen. Der Beschreibung von Funktionen und Gebrauch der Präteritumformen wurden verschiedene Erklärungsansätze zugrunde gelegt ⫺ dieser Artikel beruft sich auf Pospelovs (1966) Differenzierung von ‚plan kommunikacii‘ und ‚plan informacii‘ ⫺ eine Differenzierung, die aus der Beschreibung des Französischen (dort Benveniste) bekannt ist. So läßt sich feststellen, dass das imperfektive Präteritum in beschreibender Funktion die Trennung des Ereignisses von der konkreten Gegenwartssituation bezeichnet und ebenso in seiner erzählenden Funktion (Aoristbedeutung, die beim imperfektiven Aspekt selten ist) und darstellenden Funktion keinen Bezug zur Gegenwart hat. Durch das perfektive Präteritum wird ein Ereignis als bis zur Sprechzeit vollzogen erfasst. Legt man wiederum Pospelovs erwähnte Differenzierung zugrunde, so bezeichnet das perfektive Präteritum in Perfektbedeutung ein in der Vergangenheit ablaufendes Ereignis, dessen Resultat Bezug zur Gegenwart hat (Ja vzjal knigu = kniga teper’ u menja (Pospelov 1966, 21)). In Aoristbedeutung in erzählender Funktion informiert es über Ereignisse, die in der Vergangenheit liegen und keinen Bezug zur Gegenwart haben. Aufgrund der resultativen Bedeutung des perfektiven Präteritums kann dieses übertragen gebraucht werden. Jedoch sind diese Fälle selten. Als typisches Beispiel werden in der Literatur Bildungen wie Nu, ja pošla genannt, die ein Ereignis bezeichnen, das unmittelbar nach der Sprechzeit lokalisiert ist. In der Wahrnehmung des Sprechers ist die Handlung so nah, dass sie als schon vollzogen betrachtet wird. Im wesentlichen betrifft dies Bewegungsverben. Neben dem geringen Vorkommen des perfektiven Präteritums im übertragenen Gebrauch ist darüber hinaus hinzuzufügen, dass solche Bildungen stilistisch markiert (umgangssprachlich) sind und oft hortative Funktion haben, wie z. B. poexali! Bekanntlich kennt das Russische im Bereich des finiten Verbs keine Formen zum Ausdruck des Plusquamperfekts, also der relativen Zeitstufe. Der Ausdruck der relativen Zeitstufe ‚Vorzeitigkeit‘ kann im Russischen durch den Aspekt geleistet werden: On pokazal mne knigi, kotorye on kupil v Moskve. Des weiteren können verschiedene Kotextmittel gebraucht werden: Gost’ meždu tem užе ušel. Auch das Adverbialpartizip

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IV. Morphologie des Verbs kann dem Ausdruck zeitlicher Relativität dienen: Otkryvaja/otkryv jaščik stola, on uvidel ... (Bondarko 1990, 14). Das Futur ist ein markiertes Glied der Tempuskategorie: Das Ereignis folgt auf die Sprechzeit. Zur Bezeichnung zukünftiger Ereignisse stehen dem Russischen zwei Formen zur Verfügung: das sogenannte einfache Futur, das nur von perfektiven Verben gebildet wird, und das analytische Futur mit der Kopula byt’ bei imperfektiven Verben. Das einfache Futur faßt ein Ereignis gewöhnlich als resultativ auf, als einmaliges, konkretes Ereignis, kann bei entsprechendem Kotext ein Ereignis aber auch als sich wiederholend darstellen. Hinsichtlich Pospelovs genannter Differenzierung verfügt das einfache Futur über die Bedeutung der nahen Zukunft; es besteht eine Verbindung zwischen Gegenwart und Zukunft. Das analytische Futur lokalisiert ein Ereignis als auf die Sprechzeit folgend. Im Unterschied zum einfachen Futur wird durch das analytische Futur das Ereignis als wahrscheinlicher, als der Intention des Sprechers unterliegend dargestellt, und insofern wird sein modaler Gehalt als geringer charakterisiert als der des einfachen Futurs. Das Russische verfügt im Bereich des periphrastischen Futurs über weitere Ausdrucksmöglichkeiten wie z. B. Ja stanu C Infinitiv. Der Hinweis auf dieses Beispiel soll genügen, zumal diese Bildungen auch modal geprägt sind. Bei den infiniten Verbalformen können die vier Partizipien das Tempus ausdrücken ⫺ die Adverbialpartizipien wurden oben bereits erwähnt. Charakterisiert man die Partizipien nach ihrer temporalen Leistung, so sind sie auf das durch das finite Verb ausgedrückte Ereignis bezogen; die temporale Funktion der Partizipien ist in der Regel relativ. Zur Relativität bleibt hinzuzufügen, dass das Russische ⫺ wie in anderen Sprachen üblich ⫺ auch seine absoluten Tempora in relativen Zeitbezügen verwenden kann, vgl. on pridet und on obeščal, čto pridet (Bondarko 1990, 14). Dem russischen Tempussystem sehr nahe stehen das Tempussystem des Weißrussischen und des Ukrainischen, die neben Präsens, Präteritum und Futur über ein Plusquamperfekt verfügen, dessen Gebrauch als fakultativ angegeben wird (Kretschmer 1995, 140 f.; Galton 1976, 205). Charakteristisch für die drei ostslavischen Sprachen ist die starke Vereinfachung des Tempussystems (d. h. vor allem der Schwund der alten synthetischen Tempora und die Ausbreitung des l-Präteritums, der Wandel im Futurbereich) bei sehr ausgeprägter Arbeitsteilung von Tempus und Aspekt. Zur Übergangszone der nordslavischen zur südslavischen Gruppe im Bereich der Tempussysteme gehören die westslavischen Sprachen Tschechisch, Slovakisch und Polnisch sowie ⫺ mit deutlichen Verbindungen zur südslavischen Gruppe ⫺ die beiden sorbischen Sprachen. Der Präteritalbereich ist im Unterschied zur südslavischen Gruppe im Tschechischen, Slovakischen und Polnischen wenig differenziert: Aorist und Imperfekt sind in diesen Sprachen geschwunden, im Unterschied zum Russischen verfügen sie über ein Plusquamperfekt, „das aber wenig gebräuchlich und meist fakultativ ist“ (Klimonow 1995, 287; vgl. auch die Darstellung in Kretschmer 1995, 139 f.). Tempus und Aspekt stehen in deutlicher korrelativer Beziehung. Das Sorbische, das auch über wesentliche Charakteristika der südslavischen Gruppe verfügt, hat ein vergleichsweise differenziertes Tempussystem bewahrt, das Präsens, Imperfekt, Aorist, Perfekt, Plusquamperfekt und imperfektives Futur (Klimonow 1995, 287 f.) umfasst. „So wie sich das Slov. als noch zum südslavischen Typ gehörende Übergangsstufe zum Nordslav. darstellt, so kann das Sorb. als eine zum nordslav. Tempussystem gehörende Sprache gewertet werden, die deutliche Verbindungen zum Südslav. aufweist“ (Kretschmer 1995, 138).

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen

2.3. Die südslavische Gruppe unter besonderer Berücksichtigung des Bulgarischen Das Bulgarische gehört mit neun Tempora zu den slavischen Sprachen mit dem differenziertesten Tempussystem. Es umfaßt: Präsens, Aorist, Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur, Futurum exactum, Futurum präteriti und Futurum exactum präteriti und verfügt damit über eigene Formen nicht nur für die absoluten, sondern auch für die relativen Tempora. „Das moderne Bulg. hat diesen Reichtum an Tempus-Paradigmen des Urslavischen nicht nur beibehalten, sondern auch weiterentwickelt“ (Klimonow 1995, 288). Das bulgarische Tempussystem zeichnet sich ⫺ im Unterschied zum Russischen ⫺ durch größere Autonomie im Hinblick auf die Vernetzung von Tempusund Aspektkategorie aus; das Russische weist größere Restriktionen im Gebrauch der Aspekte auf. Im Bulgarischen können die Tempusformen sowohl von perfektiven als auch von imperfektiven Verben gebildet werden, wobei allerdings Tendenzen zur Korrelation von (Im)perfektivität und Tempus zu beobachten sind. Für das Bulgarische ist auf die enge Verbindung von Tempus und Modus hinzuweisen: So besitzt das Bulgarische temporale Paradigmen nicht nur im Indikativ, sondern auch im Renarrativ. Dieser Modus signalisiert, „dass der Sprecher/Schreiber eine Fremdaussage wiedergibt. Dieses Merkmal kann in Anlehnung an die Beschreibung der indirekten Rede in deutschen Grammatiken [CVERMITTELT] genannt werden“ (Radeva 2003, 61). So wird in dem Aussagesatz „Ùtre nad stranàta štе preobladàvа slă` nčevo vrèmе“ das indikativische Futur verwendet, während bei der Wiedergabe dieses Inhalts durch einen anderen Sprecher das renarrativische Futur „štjàlo dа prеоblаdàvа“ zu benutzen ist (Radeva 2003, 62). Die renarrativischen Formen werden im folgenden nicht weiter berücksichtigt; im Mittelpunkt dieses Beitrags steht der Indikativ. Zu den absoluten Tempora zählen Präsens, Aorist, Perfekt und Futur ⫺ zu den relativen Tempora Imperfekt, Plusquamperfekt und die futurischen Tempora. Auf allgemeine Aspekte aktueller und inaktueller Tempora sowie Transpositionen in andere Zeitstufen wurde im Zusammenhang mit der Beschreibung des Russischen bereits eingegangen, so dass hier nur grundlegende Unterschiede zum Russischen oder auch zum Deutschen betrachtet werden (vgl. dazu auch die kontrastiven Arbeiten von Stegu 1985, Radeva 2003 sowie die ausführliche kontrastive Studie zu den slavischen Sprachen von Galton 1976). Die perfektive Präsensform verfügt in den verschiedenen slavischen Sprachen über unterschiedliche Funktionen (ausführlich dazu Galton 1976, 76⫺117). Im Unterschied zu den Tempussystemen der Sprachen in der Nordgruppe, in denen das Präsens an den imperfektiven Aspekt gekoppelt ist, ist das bulgarische Präsenz aspektindifferent (Kretschmer 1995, 132). „Im Bulgarischen und Serbokroatischen kann sich eine pf. Präsensform im unabhängigen Satz nur auf gegenwärtige Sachverhalte beziehen“ (Mehlig 1995, 177). Der differenzierte Ausbau des Vergangenheitsbereichs ist ein besonderes Charakteristikum des bulgarischen Tempussystems. Der Aorist, auch als Erzähltempus bezeichnet, dient zur Lokalisierung von Ereignissen in der Vergangenheit und kann prinzipiell mit dem perfektiven wie auch dem imperfektiven Aspekt verbunden werden, wobei aber eine Tendenz zur Verbindung mit dem perfektiven Aspekt festzustellen ist.

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IV. Morphologie des Verbs Das Imperfekt, auch deskriptives Tempus genannt, lokalisiert Handlungen vor der Sprechzeit, wobei Beginn und Ende der Handlung oder des Ereignisses außerhalb des Blickfelds liegen. Obwohl ebenfalls mit beiden Aspekten verbindbar, zeigt das Imperfekt eine Tendenz zur Verbindung mit dem imperfektiven Aspekt. Der jeweilige Aspektgebrauch variiert, so wie bei allen Tempora, den Gebrauch und die Funktion der Tempusform. Zur Bezeichnung einer unbestimmten Vergangenheit dient das Perfekt, das periphrastisch mit den Präsensformen des Hilfsverbs săm gebildet wird. „Der Unterschied zu den beiden synthetischen Vergangenheitstempora liegt in der Tatsache, dass Sprechzeit = Betrachtzeit ist. Dadurch ist das bulgarische Perfekt auf den Ausdruck von Verbalhandlungen spezialisiert, deren Stattfinden in der Vergangenheit liegt, die Tatsache ihres Stattfindens jedoch für die Gegenwart von Bedeutung ist“ (Radeva 2003, 120). Prinzipiell mit beiden Aspekten verbindbar, sind allerdings spezielle Bedeutungen, wie die Taxisbedeutung, nur durch die Verbindung mit dem perfektiven Aspekt möglich. Das Plusquamperfekt, gebildet mit den Präteritumformen des Hilfsverbs săm, unterscheidet sich nicht wesentlich von der Verwendung des deutschen Plusquamperfekts. Im Bulgarischen gibt es kein synthetisches Futur. Futur, Futurum exactum, Futurum präteriti und Futurum exactum präteriti werden jeweils durch eine Kombination aus Partikel bzw. Hilfsverb in Verbindung mit der Konjunktion dа (außer bei nicht-negiertem Futur) und Formen des konjugierten Verbs gebildet. Die Futurformen lokalisieren das Ereignis nach der Sprechzeit, wobei hier das Verhältnis von Aktzeit, Sprechzeit und Betrachtzeit in Abhängigkeit von der verwendeten Futurform sehr komplex und im Rahmen dieses Überblickartikels nicht zu behandeln ist (vgl. die Darstellung des Futurs in Radeva 2003; Kretschmer 1995). Zur südslavischen Gruppe der Tempussysteme gehören neben dem Bulgarischen das Makedonische, Kroatische/Serbische und Slovenische. Das dem bulgarischen Tempussystem nah stehende makedonische Tempussystem unterscheidet sich vom Bulgarischen vor allem durch semantische Aspekte und die stärkere Ausprägung der Korrelation von perfektivem bzw. imperfektivem Aspekt und Tempus (vgl. die Darstellung in Kretschmer 1995, 135 f.). Das Kroatische/Serbische und das Slovenische gehören zur Übergangszone vom südslavischen zum nordslavischen Tempussystem: „Mit dem ersteren hat das Skr. die innere Subdifferenzierung der Präteritalformen, das Fehlen einer synthetischen Futurform und (diachron gesehen) die Bildungsweise des Futurs mit dem Hilfsverb wollen gemeinsam sowie die noch deutliche Autonomie von Tempus, Aspekt und Modus. Mit dem letzteren verbindet es die von der Umgangssprache ausgehende und immer deutlicher werdende Tendenz zum Gebrauch des Perfekts als der alleinigen Präteritalform“ (Kretschmer 1995, 137).

3. Die Kategorie der Person In der Funktionalen Grammatik (Bondarko 1991, 5) wird Personalität als funktionalsemantisches Feld definiert, dessen Inhaltsseite in Anlehnung an Jakobson als Charakterisierung der Teilnehmer der bezeichneten Situation in bezug zu den Teilnehmern der Sprechsituation, v. a. in bezug zum Sprecher, bestimmt wird. Das Personalitätsfeld weist folgende Struktur auf (Bondarko 1991, 19 ff.): Das Zentrum bildet die Kategorie

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen der Person (1. und 2. Person), die durch zwei Wortarten, nämlich Verb und Pronomen, vertreten ist. Die 3. Person (nur belebte Referenten) gehört zur nahen Peripherie, zusammen mit verallgemeinert-personalen und unbestimmt-personalen Situationen. Die nahe Peripherie weist verschiedene lexikalische, grammatische, syntaktische usw. Mittel auf. Am Rand der Peripherie werden die 3. Person (nicht-belebte Referenten) sowie unpersönliche Konstruktionen eingeordnet.Wie viele Glieder die Kategorie der Person umfaßt (die traditionelle Aufassung unterscheidet jeweils im Singualar und Plural mit der ersten, zweiten und dritten Person ein dreigliedriges Paradigma) hängt von der jeweils vertretenen Konzeption der Kategorie ab; vgl. die ausführliche Diskussion dieser Frage in Winter (1987, 51⫺59). Dies ist ein Problem der allgemein-grammatischen Beschreibung und nicht speziell eines der slavischen Sprachen, die mit Blick auf den Umfang der Kategorie der Person keine Unterschiede aufweisen, wobei hier natürlich nach slavischen Sprachen mit und ohne Dual (dazu in Kap. 4) zu unterscheiden ist. Im Russischen verfügen über die Kategorie der Person der Imperativ und im Indikativ Präsens und Futur. Keinen formalen Ausdruck am Verb hat die Kategorie der Person im Präteritum und Konjunktiv; in diesen Formen wird die Person syntaktisch durch Personalpronomina, Substantive bzw. substantivische Pronomen ausgedrückt. Dies ist aber nicht in allen slavischen Sprachen so: So verfügt bspw. das Präteritum im Polnischen über Personalendungen. Der Ausdruck der Person in den slavischen Spachen erfolgt durch die Markierung am Verb, häufig auch in Verbindung mit den Personalpronomina. Auch hier ergeben sich Unterschiede zwischen den slavischen Sprachen: Bspw. sind im Russischen Personalpronomina bei den Verbformen üblich ⫺ im Polnischen sind die Personalpronomina bei Verbformen nicht unbedingt erforderlich. Im Russischen werden im Präsens und Futur, obwohl hier die Personalendungen des Verbs die Kategorie der Person eindeutig bezeichnen, neben der verbalen Kategorie der Person auch die Personalpronomina verwendet. Da somit die Markierung der Person doppelt erfolgt, ist den Personalformen keine eigene Semantik zuzuordnen. „Es handelt sich um Kongruenzformen, die dazu dienen, die syntakt. Beziehungen zwischen Subjekt und verbalem Prädikat zu verdeutlichen“ (Mehlig 1999, 208). Die Kategorie der Person gehört zu den deiktischen Kategorien ⫺ umstritten ist allerdings der Umfang der personalen deiktischen Dimension, die unterschiedlich beschrieben wird. Dies liegt in erster Linie an der Behandlung der 3. Person, genauer an der Frage, ob die Nicht-Person in die personale Dimension einzubeziehen ist oder nicht (Wingender 1999, 69 ff.), und nicht zuletzt an der Bestimmung der Dimension als Personen-, Partner- oder Rollendeixis. Der Status der 3. Person gehört zu den ewigen Diskussionsfällen in der Deixis- und Personalitätsforschung. Werden Deixis und Anapher deutlich getrennt, dann wird in solchen Konzeptionen die 3. Person anders behandelt als die 1. und die 2. Person. Die Funktionale Grammatik (Bondarko 1991) zeigt einen möglichen Lösungsweg auf: Zum einen entfällt in dieser Grammatikkonzeption die ja-nein-Entscheidung, da diese Grammatik von einem hierarchisch strukturierten Feld (Zentrum, nahe Peripherie, Peripherie) ausgeht und so Grade von Personalität zuläßt, die nicht nur eine Integration der 3. Person, sondern auch des Unpersönlichen in dieses Feld ermöglicht. Zum anderen wird in dieser Konzeption ein weiter Begriff von Deixis vertreten, so dass sich die Frage nach der deiktischen bzw. anaphorischen Verwendung der 3. Person und eine daraus resultierende unterschiedliche Bestimmung bzw. Einordnung in unterschiedliche Dimensionen hier nicht als Problem stellt.

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IV. Morphologie des Verbs Wie andere Kategorien weist auch die Kategorie der Person Transpositionen in andere Verwendungsbereiche auf. Die folgende Zusammenstellung am Beispiel des Russischen basiert auf Tafel (1999, 246 f.): (i) Verwendung der 2. und 3. Person als 1. Person: Domoj priхоdiš’ ⫺ serdcе raduеtsja; (ii) Pluralis maiestatis und pluralis auctoris (auch Sprecher-Plural s. u.): My sčitаеm … (iii) Unpersönlicher Gebrauch der 2. Person: gоvоriš’ s nim ⫺ on nе slušаеt; (iv) Verwendung der 1. Person Plural als direkte Anrede (auch Hörer-Plural, s. u.): Kak my sebja čuvstvuеm, bоl’nоj? Weitere Beispiele enthält die Darstellung der pragmatischen Aspekte der Personalität in Rathmayr 1999. Die 1. Person Plural weist einen besonderen Funktionsreichtum auf, wie Winter (1987, 151⫺192) am Beispiel des Russischen zeigt. Neben Kollektivplural, generalisierendem Plural, Sprecher-Plural, Hörer-Plural und Plural der dritten Person geht Winter dabei insbesondere auf eine im Russischen spezifische Konstruktion ein: Мy s Х (bei Winter: Co-(Real-)Plural). Diese Konstruktion war ursprünglich auf die Umgangssprache beschränkt; sie ist mittlerweile in der Standardsprache weit verbreitet. Sie dient dem Ausdruck der Zweizahl, zur Bezeichnung von zwei Personen als gemeinsamen Subjekt (‚wir beide‘) bzw. Objekt. Diese Konstruktion kann mit allen Personen und in allen obliquen Kasus verwendet werden: z. B. my s toboj, my s nim, dlja nas s toboj. Semantisch, syntaktisch und textuell sind diese Konstruktionen sehr komplex: Winter 1987 widmet ihnen eine ausführliche Beschreibung.

4. Die Kategorie des Numerus Mit der Kategorie der Person eng verbunden ist die Kategorie des Numerus, so dass nicht selten von Person-Numerus-Komplexen gesprochen wird (Winter 1987, 29; Xrakovskij 1990, 30). Die Kategorie des Numerus dient generell der Bezeichnung von Quantitäten und gehört zum Kern des funktional-semantischen Feldes der Quantität. Das funktionalsemantische Feld der Quantität dient der größen- und/oder mengenmäßigen Charakterisierung von Referenten und wird durch sprachliche Mittel verschiedener sprachlicher Ebenen repräsentiert. Nach Bondarko (1996, 162) wird die semantische Grundlage des funktional-semantischen Feldes der Quantität wie folgt bestimmt: „Pod semantičeskoj kategoriеj količеstvеnnоsti zdjes’ ponimajetsja sоvоkupnоst’ svоjstv, ukаzyvаjuščiх nа vеličinu vešči, nа ее rаzmеr; ob”еktivnаja оprеdеlеnnоst’ prеdmеtа, v silu kotoroj еgо mоžnо rаzdеlit’ nа оdnоrоdnyе čаsti“. In Anlehnung an diese Definition seien hier unter Quantitätszeichen genauer die auf Anzahl, Maß oder Menge verweisenden sprachlichen Einheiten bzw. die eine ungefähre oder auch unbestimmte Anzahl/Menge oder ein ungefähres bzw. unbestimmtes Maß charakterisierenden Angaben verstanden. Das Quantitätsfeld ist ein polyzentrisches Feld, zu dem die Kategorie des Numerus, das System der Numeralia, unbestimmte Angaben von Quantitätsverhältnissen, Kategorien des Verbs wie Aktionsart und Aspekt, verschiedene quantitativ-nominale Verbindungen, adjektische und adverbiale Marker gehören.

19. Die Kategorien Tempus, Person und Numerus im Slavischen Als aus dem Indogermanischen ererbte Numeruskategorien kannten die slavischen Sprachen zunächst Singular, Dual und Plural. Den Dual haben die meisten slavischen Sprachen aufgegeben. Damit ist die Kategorie des Numerus heute im überwiegenden Teil der slavischen Sprachen zweigliedrig, den Dual gibt es noch im Slovenischen und im Ober- und Niedersorbischen (Faßke 1981; zum Schicksal der Dualformen vgl. Vykypěl 2002, Berger 1999). Die übrigen slavischen Sprachen weisen noch einige Spuren dieser Kategorie auf, und zwar im lexikalischen und grammatischen System: z. B. bei paarig vorkommenden Körperteilen, vgl. im Russischen оči, uši, plеči (zu weiteren Beispielen von Dualresten vgl. Kiparsky 1967). Im Polnischen bspw. kann neben der üblichen Instrumentalform rękami auch die alte Dualform rękoma verwendet werden (Engel et al. 1999, 785). Die dualartige Bedeutung der Konstruktion My s Х wurde im vorangehenden Abschnitt über die Kategorie der Person behandelt. Wie im Falle der verbalen Kategorie der Person gehen die meisten Darstellungen auch im Falle der verbalen Kategorie des Numerus davon aus, dass diese verbale Kategorie keine eigenständige Funktion hat und es sich vielmehr um eine Kongruenzkategorie handelt (Xrakovskij 1990, 30). Speziell bei den Verbalformen mit bestimmt-persönlicher Bedeutung drückt die Kategorie die Beziehung der Verbalhandlung zu einem Handlungsträger oder zu mehreren Handlungsträgern aus (Gabka 1985, 154). Bei Verbalformen mit unbestimmt-persönlicher Bedeutung ist die Numerusopposition neutralisiert, vgl. das Beispiel aus Gabka (1985, 154): Emu užе dvа rаzа zvоnili pо tеlеfоnu. Die Transpositionen der Numeruskategorie sind im Zusammenhang mit den Transpositionen der Kategorie der Person zu sehen, die im vorhergehenden Kapitel dargestellt wurden, so dass hier einige Beispiele genügen mögen: (i) Gebrauch des Plurals bei der höflichen Anrede an eine Person: Kak Vy čuvstvuеtе sеbja, Boris Ivanovič? (Gabka 1985, 154); (ii) Gebrauch der 1. Pers. Plur. für die 1. Pers. Sing.: Nа poslednem uroke my gоvоrili о kategorii licа. (Gabka 1985, 154); (iii) Singular der Imperativform der 2. Person anstelle des Plurals, vor allem bei Kommandos und Befehlen: Stoj, brаtcy, stoj! Kričit Martyškа. ⫺ Pоgоditе! (Kryl.) (Russkaja Grammatika 1980, 640).

5. Literatur (in Auswahl) Berger, Tilman (1999): „Zur scheinbaren Produktivität des Duals im heutigen Tschechischen“. // Girke, Wolfgang/Guski, Andreas/Kretschmer, Anna (eds.). Vertogradъ mnogocvětnyj. Festschrift für Helmut Jachnow. München. 9⫺20. Bondarko, A. V. (otv. red.) (1990): Teorija funkcional’noj grammatiki. Temporal’nost’. Modal’nost’. Leningrad. Bondarko, A. V. (otv. red.) (1991): Teorija funkcional’noj grammatiki. Personal’nost’. Zalogovost’. Sankt-Peterburg. Bondarko, A. V. (otv. red.) (1996): Teorija funkcional’noj grammatiki. Kačestvennost’. Količestvennost’. Sankt-Peterburg. Engel, Ulrich et al. (1999): Deutsch-polnische kontrastive Grammatik. Heidelberg. Faßke, Helmut (1981): Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart. Morphologie. Bautzen.

235

236

IV. Morphologie des Verbs Gabka, Kurt (red.) (1985): Russische Sprache der Gegenwart. Morphologie. Leipzig. Galton, Herbert (1976): The Main Functions of the Slavic Verbal Aspect. Skopje. Gvozdanović, Jadranka (1994): „Tense system of Russian“. // Thieroff, Rolf/Ballweg, Joachim (eds.). Tense systems in European languages. Tübingen. 191⫺200. Isačenko, A. V. (1968): Die russische Sprache der Gegenwart. Teil 1: Formenlehre. München. Jachnow, Helmut/Wingender, Monika (eds.) (1995): Temporalität und Tempus. Studien zu allgemeinen und slavistischen Fragen. Wiesbaden. Jachnow, Helmut et al. (eds.) (1999): Personalität und Person. Wiesbaden. Jachnow, Helmut/Norman, Boris/Suprun, A. E. (eds.) (2001): Quantität und Graduierung als kognitiv-semantische Kategorien. Wiesbaden. Jakobson, Roman (1971): „Shifters, Verbal Categories, and the Russian Verb“. // Ders. Selected Writings. Vol. 2: Word and Language. The Hague/Paris. 130⫺147. Kattein, Rudolf (1984): Die Pronominalsysteme der slavischen Sprachen. München. Kempgen, Sebastian (2000): „Osteuropa“. // Booij, Geert et al. (eds.). Morphologie. Ein internationales Handbuch zur Flexion und Wortbildung. 1. Halbband. Berlin/New York. 125⫺138. Kiparsky, Valentin (1967): Russische historische Grammatik. Band II: Die Entwicklung des Formensystems. Heidelberg. Klimonow, W. D. (1995): „Zur Geschichte der Tempusentwicklung in den unterschiedlichen slavischen Sprachen“. // Jachnow, Helmut/Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Studien zu allgemeinen und slavistischen Fragen. Wiesbaden. 273⫺296. Koschmieder, Erwin (1971): Zeitbezug und Sprache. Ein Beitrag zur Aspekt- und Tempusfrage. Darmstadt. Kretschmer, Anna (1995): „Zum Wesen des Tempus in slavischen Sprachen“. // Jachnow, Helmut/ Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Studien zu allgemeinen und slavistischen Fragen. Wiesbaden. 129⫺156. Mehlig, Hans Robert (1995): „Wesen und Funktion des Präsens im Slavischen“. // Jachnow, Helmut/Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Studien zu allgemeinen und slavistischen Fragen. Wiesbaden. 176⫺198. Mehlig, Hans Robert (1999): „Die grammatischen Kategorien des Verbs unter funktionalen Gesichtspunkten“. // Jachnow, Helmut (eds.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 182⫺213. Mel’čuk, I. A. (1997⫺2001): Kurs obščej morfologii. Tom I⫺IV. Moskva/Vena. Mološnaja, T. N. (2001): Grammatičeskie kategorii glagola v sovremennyx slavjanskix literaturnyx jazykax. Moskva. Mustejkene, Irena (1986): „K voprosu o kategorii lica i funkcionirovanii ličnyx form glagola v russkom i litovskom jazykax“. // Zeitschrift für Slawistik 31. 3. 445⫺453. Norman, Boris (1999): „Lico i drugie grammatičeskie kategorii glagola“. // Jachnow, Helmut et al. (eds.). Personalität und Person. Wiesbaden. 203⫺232. Panzer, Baldur (1991): Studien zum slavischen Verbum. Frankfurt a. M. usw. Padučeva, E. V. (1996): Semantičeskie issledovanija. Semantika vremeni i vida v russkom jazyke. Semantika narrativa. Moskva. Pospelov, N. S. (1966): „O dvux rjadax grammatičeskix značenij glagol’nyx form vremeni v sovremennom russkom jazyke“. // Voprosy jazykoznanija 2. 17⫺29. Radeva, Vasilka (ed.) (2003): Bulgarische Grammatik. Morphologisch-syntaktische Grundzüge. Hamburg. Rathmayr, Renate (1999): „Pragmatische Aspekte der Personalität“. // Jachnow, Helmut et al. (eds.). Personalität und Person. Wiesbaden. 37⫺57. Russkaja Grammatika. Tom I, II. 1979. Praha. Russkaja Grammatika. Tom I: Fonetika, fonologija, udarenie, intonacija, slovoobrazovanie, morfologija. 1980. Moskva. Stegu, Martin (1985): Kontrastive Untersuchungen zu den Vergangenheitstempora im Russischen, Französischen und Bulgarischen. Frankfurt a. M.

20. Imperative Mood

237

Tafel, Karin (1999): „Personalität und die Kategorie der Person beim Verb“. // Jachnow, Helmut et al. (ed.). Personalität und Person. Wiesbaden. 233⫺254. Vykypěl, Bohumil (2002): „Zum Schicksal der Dualformen (ein tschechisch-lettisch-litauisch-sorbischer Vergleich mit einigen allgemeinen Bemerkungen)“. // Acta Linguistica Lithuanica XLVII. 103⫺107. Wingender, Monika (1995): Zeit und Sprache. Temporalität und ihre Repräsentation im Lexikon des Russischen. Wiesbaden. Wingender, Monika (1999): „Personalität und Deixis“. // Jachnow, Helmut et al. (eds.) Personalität und Person. Wiesbaden. 59⫺75. Winter, Una (1987): Zum Problem der Kategorie der Person im Russischen. München. Xrakovskij, V. S. (1990): „Vzaimodejstvie grammatičeskix kategorij glagola (opyt analiza)“. // Voprosy jazykoznanija 5. 18⫺36.

Monika Wingender, Gießen (Deutschland)

20. Imperative Mood 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Second-person Singular Imperative Forms Second-person Dual Synthetic Imperative Forms Second-person Plural Imperative Forms First-person Singular Analytical Imperative Forms First-person Dual Imperative Forms First-person Plural Imperative Forms Third-person Singular Analytical Imperative Forms Third-person Dual Analytical Imperative Forms Third-person Plural Analytical Imperative Forms Negative Imperative Forms Literature (selected)

Abstract The article considers the structure of the imperative paradigms and describes the derivation of various imperative forms ⫺ synthetic vs. analytical, positive vs. negative, imperfective vs. perfective, singular vs. dual vs. plural ⫺ in Slavonic languages. In the Slavonic languages, there are synthetic and analytical imperative forms with the prescriptive meaning. Synthetic forms are derived from corresponding first-person singular, second-person singular or third-person plural present stems without an ending. These stems attach either an imperative suffix plus a person-number ending or only a person-number ending without an imperative suffix (or, rather theoretically, with the zero imperative suffix). The choice of the imperative suffix (as well as its absence) is dependent upon the stem-type and/or the stress pattern of a verb. Analytical forms consist of a particle(s) meaning ‘let’ and an appropriate non-past verb form

20. Imperative Mood

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Tafel, Karin (1999): „Personalität und die Kategorie der Person beim Verb“. // Jachnow, Helmut et al. (ed.). Personalität und Person. Wiesbaden. 233⫺254. Vykypěl, Bohumil (2002): „Zum Schicksal der Dualformen (ein tschechisch-lettisch-litauisch-sorbischer Vergleich mit einigen allgemeinen Bemerkungen)“. // Acta Linguistica Lithuanica XLVII. 103⫺107. Wingender, Monika (1995): Zeit und Sprache. Temporalität und ihre Repräsentation im Lexikon des Russischen. Wiesbaden. Wingender, Monika (1999): „Personalität und Deixis“. // Jachnow, Helmut et al. (eds.) Personalität und Person. Wiesbaden. 59⫺75. Winter, Una (1987): Zum Problem der Kategorie der Person im Russischen. München. Xrakovskij, V. S. (1990): „Vzaimodejstvie grammatičeskix kategorij glagola (opyt analiza)“. // Voprosy jazykoznanija 5. 18⫺36.

Monika Wingender, Gießen (Deutschland)

20. Imperative Mood 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Second-person Singular Imperative Forms Second-person Dual Synthetic Imperative Forms Second-person Plural Imperative Forms First-person Singular Analytical Imperative Forms First-person Dual Imperative Forms First-person Plural Imperative Forms Third-person Singular Analytical Imperative Forms Third-person Dual Analytical Imperative Forms Third-person Plural Analytical Imperative Forms Negative Imperative Forms Literature (selected)

Abstract The article considers the structure of the imperative paradigms and describes the derivation of various imperative forms ⫺ synthetic vs. analytical, positive vs. negative, imperfective vs. perfective, singular vs. dual vs. plural ⫺ in Slavonic languages. In the Slavonic languages, there are synthetic and analytical imperative forms with the prescriptive meaning. Synthetic forms are derived from corresponding first-person singular, second-person singular or third-person plural present stems without an ending. These stems attach either an imperative suffix plus a person-number ending or only a person-number ending without an imperative suffix (or, rather theoretically, with the zero imperative suffix). The choice of the imperative suffix (as well as its absence) is dependent upon the stem-type and/or the stress pattern of a verb. Analytical forms consist of a particle(s) meaning ‘let’ and an appropriate non-past verb form

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IV. Morphologie des Verbs Tab. 20.1: Distribution of synthetic (s.) and analytical (a.) imperative forms 2SG

2DU

2PL

1SG

1DU

1PL

3SG 3DU 3PL

s.

a.

s.

s.

a.

a.

s.

a.

s.

a.

a.

a.

a.

Bulgarian

C

C



C

C

C







C

C



C

Serbian & Croatian

C

C



C

C

C





C

C

C



C

Macedonian

C

C



C

C

C







C

C



C

Slovene

C



C

C



C

C



C



C

C

C

Czech

C





C









C



C



C

Slovak

C





C









C



C



C

Polish

C





C









C



C



C

Sorbian

C



C

C





C



C



C

C

C

Ukrainian

C





C







C

C

C

C



C

Belorussian

C





C







C

C

C

C



C

Russian

C





C





C

C

C

C

C



C

or infinitive. Table 1 demonstrates the presence/absence of various imperative forms in the Slavonic languages. Positive imperfective imperatives basically express an injunction either (i) to begin doing an action not yet in progress, i. e., if you are not reading, then Russian Čitaj! ‘Read (impf.) [you:SG]!’ = ‘Begin reading!’, or (ii) to continue doing an action already in progress, i. e., if you are reading, then Russian Čitaj! ‘Read (impf.) [you:SG]!’ = ‘Go on reading!’. Positive perfective imperatives express an injunction to begin and complete doing an action not yet in progress, cf. Russian Prоčitaj pis’mo! ‘Read (pf.) [you:SG] the letter!’ = ‘Begin and complete reading the letter!’. Further, depending on the lexical meaning of the verb, intonation, communicative situation or respective social roles of the speaker and the listener, an imperative can be interpreted as a command, demand, request, instruction, desire, permission, advice, etc.

1. Second-person Singular Imperative Forms 1.1. Second-person singular synthetic forms contain either an imperative suffix plus the zero second-person singular ending or only the zero second-person singular ending. Appropriate verbs form their imperatives using the following markers: 1) Imperative suffix -i-/-y- resp. C 2SG ending -ø: In Bulgarian, verbs of the e-conjugation and i-conjugation with present stems ending in a consonant, except for /j/, and with the stressed imperative suffix, e.g. píš-а ‘[I] write’ > piš-í-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, čеt-á ‘[I] read’ > čеt-í-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, pеk-á ‘[I] bake’ > pеč-í-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’ (velar stems undergo the 1st palatalization), nós-ja ‘[I] carry’ > nоs-í-ø ‘carry (impf.) [you:SG]’, vărv-já ‘[I] walk’ > vărv-í-ø ‘walk (impf.) [you:SG]’, stán-а ‘[I] shall stand up’ > stan-í-ø ‘stand up (pf.) [you:SG]’.

20. Imperative Mood In Serbian and Croatian, verbs of the e-conjugation and i-conjugation with present stems ending in a consonant, except for /j/, e.g. jès-ti ‘to eat’, jèd-ū ‘[they] eat’ > jèdi-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’, brà-ti ‘to take’, bèr-ū ‘[they] take’ > bèr-i-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, pè-ći ‘to bake’, pèk-ū ‘[they] bake’ > pèc-i-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’ (velar stems undergo the 2nd palatalization), ùzē-ti ‘to take’, ùzm-ū ‘[they] will take’ > ùzm-i-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, govòri-ti ‘to speak’, gòvor-ē ‘[they] speak’ > govòr-i-ø ‘speak (impf.) [you:SG]’, drža-ti ‘to hold’, drž-ē ‘[they] hold’ > drž-i-ø ‘hold (impf.) [you:SG]’, and exceptions, i. e. verbs of the i-conjugation with long vowels in the infinitive before /j/, cf. gáji-ti ‘to rear’, gáj-ē ‘[they] rear’ > gáj-i-ø ‘rear (impf.) [you:SG]’. In Macedonian, verbs of the e-conjugation and i-conjugation with present stems ending in a consonant, except for /j/, e.g. piš-аt ‘[they] write’ > piš-i-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, id-аt ‘[they] go’ > id-i-ø ‘go (impf., det.) [you:SG]’, rеč-аt ‘[they] will say’ > rеč -i-ø ‘say (pf.) [you:SG]’ (stems with the 1st palatalization are retained), nos-аt ‘[they] carry’ > nоs-i-ø ‘carry (impf.) [you:SG]’, rеš-аt ‘[they] will decide’ > rеš-i-ø ‘decide (pf.) [you:SG]’, sеd-аt ‘[they] sit’ > sеd-i-ø ‘sit (impf.) [you:SG]’. In Slovene, verbs of the e-conjugation, i-conjugation, and je-conjugation in -je, whose present stems drop a thematic vowel, e.g. nês-ti ‘to carry’, nêse-m ‘[I] carry’ > nês-i-ø ‘carry (impf., det.) [you:SG]’, pisá-ti ‘to write’, píše-m ‘[I] write’ > píš-i-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, sés-ti ‘to sit down’, séde-m ‘[I] shall sit down’ > séd-i-ø ‘sit down (pf.) [you:SG]’, odpré-ti ‘to open’, odprè-m ‘[I] shall open’ > odpr-ì-ø ‘open (pf.) [you:SG]’, sedé-ti ‘to sit’, sedí-m ‘[I] sit’ > sêd-i-ø ‘sit (impf.) [you:SG]’, molčá-ti ‘to be silent’, molčí-m ‘[I] am silent’ > mólč-i-ø ‘be silent (impf.) [you:SG]’, péljá-ti ‘to drive’, pélje-m ‘[I] drive’ > pêlj-i-ø ‘drive (impf.) [you:SG]’. In Czech, verbs with present stems ending in a consonant cluster, e.g. čís-ti ‘to read’, čt-ou ‘[they] read’ > čt-i-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, tisknou-ti ‘to press’, tiskn-ou ‘[they] press’ > tiskn-i-ø ‘press (impf.) [you:SG]’, zvá-ti ‘to call’, zv-ou ‘[they] call’ > zv-i-ø ‘call (impf.) [you:SG]’, posla-ti ‘to send’, pošl-ou ‘[they] will send’ > pošl-i-ø ‘send (pf.) [you:SG]’, zavří-ti ‘to close’, zavř-ou ‘[they] will close’ > zavř-i-ø ‘close (pf.) [you:SG]’. In Slovak, verbs with present stems ending in a consonant cluster, e.g. spa-ť ‘to sleep’, sp-ia ‘[they] sleep’ > sp-i-ø ‘sleep (impf.) [you:SG]’, posla-ť ‘to send’, pošl-ú ‘[they] will send’ > pošl-i-ø ‘send (pf.) [you:SG]’, zájs-ť ‘to go in’, zájd-ú ‘[they] will go in’ > zájd-i-ø ‘go in (pf.) [you:SG]’, fajči-ť ‘to smoke’, fajč-ia ‘[they] smoke’ > fajč-i-ø or more commonly fajć-ø ‘smoke (impf.) [you:SG]’. In Sorbian, including Upper Sorbian (USo.) and Lower Sorbian (LSo.), verbs of the USo. e-conjugation, LSo. o/jo-conjugation, and i(y)-conjugation with non-extended present stems ending in a consonant cluster, e.g. USo. wza-ć ‘to take’, wozm-u/wozmjeja ‘[they] will take’ > wozm/wzm-i-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, LSo. wze-ś ‘to take’, wezm-u ‘[they] will take’ > wezm-i-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, USo. spa-ć ‘to sleep’, spj-a ‘[they] sleep’ > sp-i-ø ‘sleep (impf.) [you:SG]’, LSo. spa-ś ‘to sleep’, sp-ē ‘[they] sleep’ > sp-i-ø ‘sleep (impf.) [you:SG]’, and irregular verb USo. hi-ć ‘to go’, d-u/dź-eja ‘[they] go’ > dź-i-ø ‘go (impf., det.) [you:SG]’, LSo. hy-ś ‘to go’, d-u ‘[they] go’ > ź-i-ø ‘go (impf., det.) [you:SG]’. In Ukrainian, (i) verbs with the stressed imperative suffix (the stressed syllable is taken from the first-person singular present/future form, but the stem from the secondperson singular present/future form), e.g. rоby-ty ‘to do’, rob-yš ‘[you:SG] do’ > rob-y-ø ‘do (impf.) [you:SG]’, pek-ty ‘to bake’, pеč-éš ‘[you:SG] bake’ > pеč-y-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’, bíh-ty ‘to run’, biž-yš ‘[you:SG] run’ > biž-y-ø ‘run (impf., det.) [you:SG]’,

239

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IV. Morphologie des Verbs brá-ty ‘to take’, ber-éš ‘[you:SG] take’ > ber-y-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, uzjá/vzjá-ty ‘to take’, víz’m-eš ‘[you:SG] will take’ > víz’m-y-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, (ii) prefixed verbs with the stress transferred from the imperative suffix onto the present stem, cf. movčy-ø ‘be silent (impf.) [you:SG]’ and pоmovč-y-ø ‘be silent (pf.) [you:SG]’, (iii) verbs with permanently stressed present stems ending in a consonant cluster, e.g. kriknuty ‘to give a shout’, krykn-eš ‘[you:SG] will give a shout’ > krykn-y-ø ‘give a shout (pf.) [you:SG]’. In Belorussian, (i) verbs with the stressed imperative suffix (the stressed syllable is taken from the first-person singular present/future form, but the stem from the secondperson singular present/future form), e.g. nés-ci ‘to carry’, njas-éš ‘[you:SG] carry’ > njas-í-ø ‘carry (impf., det.) [you:SG]’, nаsí-c’ ‘to carry’, nós-iš ‘[you:SG] carry’ > nаsí-ø ‘carry (impf., indet.) [you:SG]’, is-cí ‘to go’, idz-éš ‘[you:SG] go’ > idz-í-ø ‘go (impf., det.) [you:SG]’, uzjá-c’ ‘to take’, vóz’m-еš ‘[you:SG] will take’ > vаz’m-í-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, brа-c’ ‘to take’, bjar-èš ‘[you:SG] take’ > bjaý-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, pjačý ‘to bake’, pjač-èš ‘[you:SG] bake’ > pjač-ý-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’ (suffix -ý- is used after r, hushing consonants or velars), (ii) prefixed verbs with the stress transferred from the imperative suffix onto the present stem, cf. skаž-ý-ø ‘tell (pf.) [you:SG]’ and výkаž-y-ø ‘express (pf.) [you:SG]’, (iii) verbs with permanently stressed present stems ending in a consonant cluster, e.g. stúknu-c’ ‘to knock’, stúkn-еš ‘[you:SG] will knock’ > stúkn-i-ø ‘knock (pf.) [you:SG]’. In Russian, (i) verbs with the stressed imperative suffix (the stressed syllable is taken from the first-person singular present/future form, but the stem from the thirdperson plural present/future form), e.g. id-tí ‘to go’, id-út ‘[they] go’ > id-í-ø ‘go (impf., det.) [you:SG]’, bra-t’ ‘to take’, ber-út ‘[they] take’ > ber-í-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, vzjá-t’ ‘to take’, voz’m-út ‘[they] will take’ > voz’m-í-ø ‘take (pf.) [you:SG]’, pé-č’ ‘to bake’, pеk-út ‘[they] bake’ > pеk-í-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’, bеžá-t’ ‘to run’, bеg-út ‘[they] run’ > bеg-í-ø ‘run (impf., det.) [you:SG]’, sidé-t’ ‘to sit’, sid-ját ‘[they] sit’ > sidí-ø ‘sit (impf.) [you:SG]’, (ii) prefixed verbs with the stress transferred from the imperative suffix onto the present stem, cf. nes-í-ø ‘carry (impf., det.) [you:SG]’ and výnes-i-ø ‘carry out (pf.) [you:SG]’, (iii) verbs with permanently stressed present stems ending in a consonant cluster, e.g. provétri-t’ ‘to air’, provétr-jat ‘[they] will air’ > provétr-i-ø ‘air (pf.) [you:SG]’. 2) Imperative suffix -j- C 2SG ending -ø: In Bulgarian, verbs of the a-conjugation with stressed present stems ending in a vowel, e.g. kárа-m ‘[I] drive’ > kárа-j-ø ‘drive (impf.) [you:SG]’, čákа-m ‘[I] wait’ > čákа-j-ø ‘wait (impf.) [you:SG]’, gléda-m ‘[I] look’ > gléda-j-ø ‘look (impf.) [you:SG]’, strélja-m ‘[I] shoot’ > strélja-j-ø ‘shoot (impf.) [you:SG]’, stáva-m ‘[I] stand up’ > stávaj-ø ‘stand up (impf.) [you:SG]’, and the irregular verb da-m ‘[I] shall give’ > da-j-ø ‘give (pf.) [you:SG]’. In Macedonian, verbs of the a-conjugation, e-conjugation, and i-conjugation with present stems ending in a vowel, e.g. gleda-аt ‘[they] look’ > gleda-j-ø ‘look (impf.) [you:SG]’, dоаg´а-аt ‘[they] come’ > dоаg´а-j-ø ‘come (impf.) [you:SG]’, dаvа-аt ‘[they] give’ > dаvа-j-ø ‘give (impf.) [you:SG]’, kupuvа-аt ‘[they] buy’ > kupuvа/kupu-j-ø ‘buy (impf.) [you:SG]’, živе-аt ‘[they] live’ > živе-j-ø ‘live (impf.) [you:SG]’, and exceptions, i. e. present stems ending in a consonant, cf. klad-аt ‘[they] will put’ > klа-j-ø ‘put (pf.) [you:SG]’, dad-аt ‘[they] will give’ > dа-j-ø ‘give (pf.) [you:SG]’.

20. Imperative Mood In Slovene, verbs of the a-conjugation, whose present stems retain a thematic vowel, e.g. číta-ti ‘to read’, číta-m ‘[I] read’ > číta-j-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, igrá-ti ‘to play’, igrá-m ‘[I] play’ > igrà-j-ø ‘play (impf.) [you:SG]’, odpíra-ti ‘to open’, odpīra-m ‘[I] open’ > odpīra-j-ø ‘open (impf.) [you:SG]’, irregular imperatives, e.g. gléda-ti ‘to look’, gléda-m ‘[I] look’ > glé-j-ø ‘look (impf.) [you:SG]’, and irregular verbs, cf. dá-ti ‘to give’, dá-m ‘[I] shall give’ > dà-j-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, jés-ti ‘to eat’, jé-m ‘[I] eat’ > jé-j-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’, povéda-ti ‘to tell’, pové-m ‘[I] shall tell’ > pové-j-ø ‘tell (pf.) [you:SG]’. 3) Imperative suffix -ij-(-yj-) C 2SG ending -ø: In Polish, verbs with present stems ending in a consonant cluster (suffix -yj- is used after hushing consonants), e.g. dą-ć ‘to blow’, dmi-esz ‘[you:SG] blow’ > dm-ij-ø ‘blow (impf.) [you:SG]’, rwa-ć ‘to tear’, rwi-esz ‘[you:SG] tear’ > rw-ij-ø ‘tear (impf.) [you:SG]’, ciągną-ć ‘to pull’, ciągni-esz ‘[you:SG] pull’ > ciągn-ij-ø ‘pull (impf.) [you:SG]’, drze-ć ‘to rend’, drz-esz ‘[you:SG] rend’ > drz-yj-ø ‘rend (impf.) [you:SG]’, trze-ć ‘to rub’, trz-esz ‘[you:SG] rub’ > trz-yj-ø ‘rub (impf.) [you:SG]’. 4) 2SG ending -ø: In Bulgarian, verbs of the e-conjugation and i-conjugation with stressed present stems ending in a consonant, including /j/ (spelled in the imperatives, but not in the present/future forms, as well as in East Slavonic languages, see below), e.g. vljáz-а ‘[I] shall enter’ > vlez-ø ‘enter (pf.) [you:SG]’, víd-ja ‘[I] shall see’ > viž-ø ‘see (pf.) [you:SG]’, dărž-á ‘[I] hold’ > drăž-ø ‘hold (impf.) [you:SG]’, igrá-ja ‘[I] play’ > igráj-ø ‘play (impf.) [you:SG]’, pé-ja ‘[I] sing’ > pеj-ø ‘sing (impf.) [you:SG]’, pí-ja ‘[I] drink’ > pij-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, sto-já ‘[I] stand’ > stoj-ø ‘stand (impf.) [you:SG]’, brojá ‘[I] count’ > broj-ø ‘count (impf.) [you:SG]’, and the irregular verb ja-m ‘[I] eat’ > jaž-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Serbian and Croatian, verbs of the a-conjugation, e-conjugation, and i-conjugation with present stems ending in /j/, e.g. čìta-ti ‘to read’, čìtaj-ū ‘[they] read’ > čìtāj-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, ùzima-ti ‘to take’, ùzimaj-ū ‘[they] take’ > ùzimāj-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, pí-ti ‘to drink’, píj-ū ‘[they] drink’ > pîj-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, kupòva-ti ‘to buy’, kùpuj-ū ‘[they] buy’ > kùpuj-ø ‘buy (impf.) [you:SG]’, stàja-ti ‘to stand’, stòj-ē ‘[they] stand’ > stôj-ø ‘stand (impf.) [you:SG]’. In Macedonian, verbs of the e-conjugation and i-conjugation with present stems ending in /j/, e.g. pij-аt ‘[they] drink’ > pij-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’ (j is not pronounced after i), brоj-аt ‘[they] count’ > brоj-ø ‘count (impf.) [you:SG]’. In Slovene, verbs of the je-conjugation in -uje-, -ije-, -oje-, -eje-, whose present stems drop a thematic vowel, e.g. kupová-ti ‘to buy’, kupúje-m ‘[I] buy’ > kupúj-ø ‘buy (impf.) [you:SG]’, pé-ti ‘to sing’, pôje-m ‘[I] sing’ > pój-ø ‘sing (impf.) [you:SG]’, pí-ti ‘to drink’, píje-m ‘[I] drink’ > píj-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, and irregular imperatives, i. e. verbs of the i-conjugation in /j/, cf. stá-ti ‘to stand’, stojí-m ‘[I] stand’ > stój-ø ‘stand (impf.) [you:SG]’, bá-ti se ‘to be afraid’, bojí-m se ‘[I] am afraid’ > bój-ø se ‘be afraid (impf.) [you:SG]’. In Czech, verbs with present stems ending in a single consonant, including /j/ (final dentals and velars are softened ⫺ the latter by the 2nd or 1st palatalization, long root vowels are shortened, present stems in -aj- change this vowel to -e-), e.g. brá-ti ‘to take’, ber-ou ‘[they] take’ > ber-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, pé-ci ‘to bake’, peč-ou ‘[they]

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IV. Morphologie des Verbs bake’ > peč-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’, psá-ti ‘to write’, píš-ou ‘[they] write’ > piš-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, plati-ti ‘to pay’, plat-í ‘[they] pay’ > plať-ø ‘pay (impf.) [you:SG]’, kouři-ti ‘to smoke’, kouř-í ‘[they] smoke’ > kuř-ø ‘smoke (impf.) [you:SG]’, jís-ti ‘to eat’, jed-í ‘[they] eat’ > jez-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’, pí-ti ‘to drink’, pij-í ‘[they] drink’ > pij-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, kupova-ti ‘to buy’, kupuj-í ‘[they] buy’ > kupuj-ø ‘buy (impf.) [you:SG]’, zavíra-ti ‘to close’, zavíraj-í ‘[they] close’ > zavírej-ø ‘close (impf.) [you:SG]’, dá-ti ‘to give’, daj-í ‘[they] will give’ > dej-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, dáva-ti ‘to give’, dávaj-í ‘[they] give’ > dávej-ø ‘give (impf.) [you:SG]’. In Slovak, verbs with present stems ending in a single consonant, including /j/ (final dentals and l are softened, the 2nd palatalization of velars does not take place, long root vowels are retained), e.g. bra-ť ‘to take’, ber-ú ‘[they] take’ > ber-ø ‘take (impf.) [you:SG]’, vies-ť ‘to lead’, ved-ú ‘[they] lead’ > veď-ø ‘lead (impf., det.) [you:SG]’, pomôc-ť ‘to help’, pomôž-u ‘[they] will help’ > pomôž-ø ‘help (pf.) [you:SG]’, písa-ť ‘to write’, píš-u ‘[they] write’ > píš-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, prosi-ť ‘to ask’, pros-ia ‘[they] ask’ > pros-ø ‘ask (impf.) [you:SG]’, leža-ť ‘to lie’, lež-ia ‘[they] lie’ > lež-ø ‘lie (impf.) [you:SG]’, da-ť ‘to give’, daj-ú ‘[they] will give’ > daj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, dáva-ť ‘to give’, davaj-ú ‘[they] give’ > dávaj-ø ‘give (impf.) [you:SG]’, kupova-ť ‘to buy’, kupuj-ú ‘[they] buy’ > kupuj-ø ‘buy (impf.) [you:SG]’, pi-ť ‘to drink’, pij-ú ‘[they] drink’ > pi-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’ (stem-final j is dropped), and irregular imperatives, cf. jes-ť ‘to eat’, jed-ia ‘[they] eat’ > jedz-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Polish, verbs with present stems ending in a single consonant, including /j/ (the final consonant is merely softened or kept soft, except for hushing consonants which are retained, and labials which become hard), e.g. pisa-ć ‘to write’, pisz-esz ‘[you:SG] write’ > pisz-ø ‘write (impf.) [you:SG]’, płyną-ć ‘to float’, płyni-esz ‘[you:SG] float’ > płyń-ø ‘float (impf.) [you:SG]’, robi-ć ‘to do’, rob-isz ‘[you:SG] do’ > rób-ø ‘do (impf.) [you:SG]’, uczy-ć ‘to teach’, ucz-ysz ‘[you:SG] teach’ > ucz-ø ‘teach (impf.) [you:SG]’, śmia-ć się ‘to laugh’, śmiej-esz się ‘[you:SG] laugh’ > śmiej-ø się ‘laugh (impf.) [you:SG]’, pokazywa-ć ‘to show’, pokazuj-esz ‘[you:SG] show’ > pokazuj-ø ‘show (impf.) [you:SG]’, dawa-ć ‘to give’, daj-esz ‘[you:SG] give’ > dawaj-ø ‘give (impf.) [you:SG]’ (the suffix -wa- reappears), bi-ć ‘to beat’, bij-esz ‘[you:SG] beat’ > bij-ø ‘beat (impf.) [you:SG]’, czyta-ć ‘to read’, czytaj-ą ‘[they] read’ > czytaj-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, and irregular imperatives, cf. da-ć ‘to give’, dadz-ą ‘[they] will give’ > daj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, jeś-ć ‘to eat’, jedz-ą ‘[they] eat’ > jedz-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Sorbian, verbs with non-extended present stems ending in a single consonant, including /j/ (in USo., in the e-conjugation the nonpalatal consonants n, d, t, and k are replaced by the palatalized consonants ń, dź, ć, and ć, resp., while in the -i(y)-conjugation, in contrast, the palatalized consonants b’, m’, p’, r’, and w’ are replaced by b, m, p, r, and w, resp.), e.g. USo. njes-ć ‘to carry’, njes-u/eja ‘[they] carry’ > njes-ø ‘carry (impf., det.) [you:SG]’, LSo. ńas-ć ‘to carry’, ńas-u ‘[they] carry’ > ńas-ø ‘carry (impf., det.) [you:SG]’, USo. pje-c ‘to bake’, pjek-u/pječ-eja ‘[they] bake’ > pječ-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’, LSo. p´a-c ‘to bake’, p´ak-u ‘[they] bake’ > p´ac-ø ‘bake (impf.) [you:SG]’, USo. pi-ć ‘to drink’, pij-a/eja ‘[they] drink’ > pij-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, LSo. pi-ś ‘to drink’, pij-u ‘[they] drink’ > pij-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, USo. dźěła-ć ‘to work’, dźěłaj-a ‘[they] work’ > dźěłaj-ø ‘work (impf.) [you:SG]’, LSo. źěła-ś ‘to work’, źěłaj-u ‘[they] work’ > źěłaj-ø ‘work (impf.) [you:SG]’, USo. prosy-ć ‘to ask’, prosj-a ‘[they] ask’ > proš-ø ‘ask (impf.) [you:SG]’, LSo. pšosy-ś ‘to ask’, pšos-e ‘[they] ask’ > pšos-ø ‘ask (impf.) [you:SG]’, and irregular verbs, cf. USo. da-ć ‘to give’, dadź-a ‘[they] will

20. Imperative Mood give’ > daj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, LSo. da-ś ‘to give’, daź-e ‘[they] will give’ > daj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, USo. jěs-ć ‘to eat’, jědź-a ‘[they] eat’ > jěs-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’, LSo. jěs-ć ‘to eat’, jěź-e ‘[they] eat’ > jěz-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Ukrainian, verbs with stressed present stems (a soft sign appears after dentals, but not after labials, hushing consonants, and p), e.g. sís-ty ‘to sit down’, sjád-еš ‘[you:SG] will sit down’ > sjad’-ø ‘sit down (pf.) [you:SG]’, víry-ty ‘to believe’, vír-yš ‘[you:SG] believe’ > vir-ø ‘believe (impf.) [you:SG]’, ljah-ty ‘to lie down’, ljáž-еš ‘[you:SG] will lie down’ > ljaž-ø ‘lie down (pf.) [you:SG]’, hrá-ty ‘to play’, hráj-eš ‘[you:SG] play’ > hrаj-ø ‘play (impf.) [you:SG]’, sidá-ty ‘to sit down’, sidáj-eš ‘[you:SG] sit down’ > sidáj-ø ‘sit down (impf.) [you:SG]’, prаcjuvá-ty ‘to work’, prаcjúj-eš ‘[you:SG] work’ > prаcjúj-ø ‘work (impf.) [you:SG]’, py-ty ‘to drink’, p’j-eš ‘[you:SG] drink’ > pyj-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, stоjá-ty ‘to stand’, stо-jíš ‘[you:SG] stand’ > stij-ø ‘stand (impf.) [you:SG]’, and irregular verbs, cf. dá-ty ‘to give’, dа-sy ‘[you:SG] will give’ > dаj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, ´ïs-ty ‘to eat’, ï-sy ‘[you:SG] eat’ > ïž-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Belorussian, verbs with stressed present stems (a soft sign appears after a palatals, but not after hushing consonants, labials, and r), e.g. sés-ci ‘to sit down’, sjádz-еš ‘[you:SG] will sit down’ > sjadz’-ø ‘sit down (pf.) [you:SG]’, léh-čy ‘to lie down’, ljážаš ‘[you:SG] will lie down’ > ljaž-ø ‘lie down (pf.) [you:SG]’, čytá-c’ ‘to read’, čytáj-еš ‘[you:SG] read’ > čytáj-ø ‘read (impf.) [you:SG]’, prаcаvá-c’ ‘to work’, prаcuj-еš ‘[you:SG] work’ > pracuj-ø ‘work (impf.) [you:SG]’, my-c’ ‘to wash’, mýj-еš ‘[you:SG] wash’ > myj-ø ‘wash (impf.) [you:SG]’, séja-c’ ‘to sow’, séj-еš ‘[you:SG] sow’ > sеj-ø ‘sow (impf.) [you:SG]’, pi-c’ ‘to drink’, p’j-еš ‘[you:SG] drink’ > pi-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’ (-j is lost after -i), and irregular verbs, cf. dа-c’ ‘to give’, dас-í ‘[you:SG] will give’ > dаj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, jés-ci ‘to eat’, jasc-í ‘[you:SG] eat’ > jеš-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Russian, verbs with stressed present stems (a soft sign appears after a single consonant, except for the guttural consonant), e.g. véri-t’ ‘to believe’, vér-jat ‘[they] believe’ > ver’-ø ‘believe (impf.) [you:SG]’, máza-t’ ‘to daub’, máž-ut ‘[they] daub’ > maž’-ø ‘daub (impf.) [you:SG]’, vstа-t’ ‘to get up’, vstán-ut ‘[they] will get up’ > vstаn’-ø ‘get up (pf.) [you:SG]’, le-č’ ‘to lie down’, ljág-ut ‘[they] will lie down’ > ljag-ø ‘lie down (pf.) [you:SG]’, dаvá-t’ ‘to give’, dаj-út ‘[they] give’ > dаváj-ø ‘give (impf.) [you:SG]’ (the suffix -va- reappears), risоvá-t’ ‘to draw’, risúj-ut ‘[they] draw’ > risúj-ø ‘draw (impf.) [you:SG]’, pi-t’ ‘to drink’, p’j-ut ‘[they] drink’ > pеj-ø ‘drink (impf.) [you:SG]’, pe-t’ ‘to sing’, pоj-út ‘[they] sing’ > pоj-ø ‘sing (impf.) [you:SG]’, and irregular verbs, cf. da-t’ ‘to give’, dаd-út ‘[they] will give’ > dаj-ø ‘give (pf.) [you:SG]’, es-t’ ‘to eat’, еdját ‘[they] eat’ > еš’-ø ‘eat (impf.) [you:SG]’. 1.2. Second-person singular analytical forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the second-person singular present imperfective or future perfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšеš ‘write (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) čеtéš ‘read (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) pеčéš ‘bake (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) nósiš ‘carry (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) vărvíš ‘walk (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) stánеš ‘stand up (pf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) kárаš ‘drive (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) čákаš ‘wait (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) glédаš ‘look (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) stréljaš ‘shoot (impf.) [you:SG]’, dа /

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IV. Morphologie des Verbs nékа (dа) stávаš ‘stand up (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) dаdéš ‘give (pf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) vlézеš ‘enter (pf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) vídiš ‘see (pf.) [you:SG]’, dа / nékа (dа) dăržíš ‘hold (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) igráеš ‘play (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) péеš ‘sing (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) píеš ‘drink (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) stóiš ‘stand (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) brоíš ‘count (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) jadéš ‘eat (impf.) [you:SG]’. In Serbian and Croatian, the particle da, e.g. da jèdēš ‘eat (impf.) [you:SG]’, da bèrēš ‘take (impf.) [you:SG]’, da pèčēš ‘bake (impf.) [you:SG]’, da ùzmēš ‘take (pf.) [you:SG]’, da gòvorīš ‘speak (impf.) [you:SG]’, da držīš ‘hold (impf.) [you:SG]’, da gájīš ‘rear (impf.) [you:SG]’, da dâjēš ‘give (impf.) [you:SG]’, da ćìtāš ‘read (impf.) [you:SG]’, da ùzimāš ‘take (impf.) [you:SG]’, da dâš ‘give (pf.) [you:SG]’, da píjēš ‘drink (impf.) [you:SG]’, da bíjēš ‘beat (impf.) [you:SG]’, da kùpujēš ‘buy (impf.) [you:SG]’, da stòjīš ‘stand (impf.) [you:SG]’. In Macedonian, the particle dа, e.g. dа pišеš ‘write (impf.) [you:SG]’, dа idеš ‘go (impf., det.) [you:SG]’, dа rеčеš ‘say (pf.) [you:SG]’, dа nosiš ‘carry (impf.) [you:SG]’, dа rеšiš ‘decide (pf.) [you:SG]’, dа sеdiš ‘sit (impf.) [you:SG]’, dа glеdаš ‘look (impf.) [you:SG]’, dа dоаg´аš ‘come (impf.) [you:SG]’, dа dаvаš ‘give (impf.) [you:SG]’, dа kupuvаš ‘buy (impf.) [you:SG]’, dа živееš ‘live (impf.) [you:SG]’, dа stoiš ‘stand (impf.) [you:SG]’, dа klаdеš ‘put (pf.) [you:SG]’, dа dаdеš ‘give (pf.) [you:SG]’, dа piеš ‘drink (impf.) [you:SG]’, dа sе smееš ‘laugh (impf.) [you:SG]’, dа broiš ‘count (impf.) [you:SG]’.

2. Second-person Dual Synthetic Imperative Forms Second-person dual synthetic imperative forms contain either an imperative suffix plus a second-person dual ending or only a second-person dual ending: 1) Imperative suffix -i- C 2DU ending -ta/-taj/-tej resp.: In Slovene, e.g. nes-í-ta ‘carry (impf., det.) [you:DU]’, píš-i-ta ‘write (impf.) [you:DU]’, séd-i-ta ‘sit down (pf.) [you:DU]’, odpr-ì-ta ‘open (pf.) [you:DU]’, sêd-i-ta ‘sit (impf.) [you:DU]’, mólč-i-ta ‘be silent (impf.) [you:DU]’, pelj-í-ta ‘drive (impf.) [you:DU]’. In Sorbian, e.g. USo. wozm/wzm-i-taj/tej ‘take (pf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. wezm-i-tej ‘take (pf.) [you:DU]’, USo. sp-i-taj/tej ‘sleep (impf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. sp-i-tej ‘sleep (impf.) [you:DU]’, USo. dź-i-taj/tej ‘go (impf., det.) [you:DU:masc./ fem.]’, LSo. ź-i-tej ‘go (impf., det.) [you:DU]’. 2) Imperative suffix -j- C 2DU ending -ta: In Slovene, e.g. číta-j-ta ‘read (impf.) [you:DU]’, igrà-j-ta ‘play (impf.) [you:DU]’, odpīra-j-ta ‘open (impf.) [you:DU]’, glé-j-ta ‘look (impf.) [you:DU]’, dà-j-ta ‘give (pf.) [you:DU]’, jé-j-ta ‘eat (impf.) [you:DU]’, pové-j-ta ‘tell (pf.) [you:DU]’. 3) 2DU ending -ta/-taj/-tej resp.: In Slovene, e.g. kupúj-ta ‘buy (impf.) [you:DU]’, pój-ta ‘sing (impf.) [you:DU]’, píjta ‘drink (impf.) [you:DU]’, stój-ta ‘stand (impf.) [you:DU]’, bój-ta se ‘be afraid (impf.) [you:DU]’.

20. Imperative Mood In Sorbian, e.g. USo. njes-taj/tej ‘carry (impf., det.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. ńastej ‘carry (impf., det.) [you:DU]’, USo. pječ-taj/tej ‘bake (impf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. p´ac-tej ‘bake (impf.) [you:PL]’, USo. pij-taj/tej ‘drink (impf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. pij-tej ‘drink (impf.) [you:DU]’, USo. dźěłaj-taj/tej ‘work (impf.) [you:DU:masc./ fem.]’, LSo. źěłaj-tej ‘work (impf.) [you:DU]’, USo. proš-taj/tej ‘ask (impf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. pšos-tej ‘ask (impf.) [you:DU]’, USo. daj-taj/tej ‘give (pf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. daj-tej ‘give (pf.) [you:DU]’, USo. jěs-taj/tej ‘eat (impf.) [you:DU:masc./fem.]’, LSo. jěz-tej ‘eat (impf.) [you:DU]’.

3. Second-person Plural Imperative Forms 3.1. Second-person plural synthetic forms contain either an imperative suffix plus a second-person plural ending or only a second-person plural ending: 1) Imperative suffix -i-/-y- resp. C 2PL ending -te/-će/-śo/-t#/-cе resp.: In Serbian and Croatian, e.g. jèd-i-te ‘eat (impf.) [you:PL]’, bèr-i-te ‘take (impf.) [you:PL]’, pèc-i-te ‘bake (impf.) [you:PL]’, ùzm-i-te (pf.) ‘take [you:PL]’, govòr-i-te ‘speak (impf.) [you:PL]’, drž-i-te ‘hold (impf.) [you:PL]’, gáj-i-te ‘rear (impf.) [you:PL]’. In Slovene, e.g. nes-í-te ‘carry (impf., det.) [you:PL]’, píš-i-te ‘write (impf.) [you:PL]’, séd-i-te ‘sit down (pf.) [you:PL]’, odpr-ì-te ‘open (pf.) [you:PL]’, sêd-i-te ‘sit (impf.) [you:PL]’, mólč-i-te ‘be silent (impf.) [you:PL]’, pelj-í-te ‘drive (impf.) [you:PL]’. In Slovak, e.g. sp-i-te ‘sleep (impf.) [you:PL]’, pošl-i-te ‘send (pf.) [you:PL]’, zájd-ite ‘go in (pf.) [you:PL]’, fajč-i-te or fajč-ø-te ‘smoke (impf.) [you:PL]’. In Sorbian, e.g. USo. wozm/wzm-i-će, LSo. wezm-i-śo ‘take (pf.) [you:PL]’, USo. spi-će, LSo. sp-i-śo ‘sleep (impf.) [you:PL]’, USo. dź-i-će, LSo. ź-i-śo ‘go (impf., det.) [you:PL]’. In Ukrainian, e.g. rоb-í-t’ ‘do (impf.) [you:PL]’, pеč-í-t’ ‘bake (impf.) [you:PL]’, biží-t’ ‘run (impf., det.) [you:PL]’, ber-í-t’ ‘take (impf.) [you:PL]’, viz’m-í-t’ ‘take (pf.) [you:PL]’, pоmóvč-i-t’ ‘be silent (pf.) [you:PL]’, krykn-i-t’ ‘give a shout (pf.) [you:PL]’. In Belorussian, e.g. njas-í-cе ‘carry (impf., det.) [you:PL]’, nаs-í-cе ‘carry (impf., indet.) [you:PL]’, idz-í-cе ‘go (impf., det.) [you:PL]’, vаz’m-í-cе ‘take (pf.) [you:PL]’, bjarý-cе ‘take (impf.) [you:PL]’, pjač-ý-cе ‘bake (impf.) [you:PL]’, výkаž-y-cе ‘express (pf.) [you:PL]’, stúkn-i-cе ‘knock (pf.) [you:PL]’. In Russian, e.g. id-í-tе ‘go (impf., det.) [you:PL]’, ber-í-tе ‘take (impf.) [you:PL]’, vоz’m-i-tе ‘take (pf.) [you:PL]’, pеk-í-tе ‘bake (impf.) [you:PL]’, bеg-í-tе ‘run (impf., det.) [you:PL]’, sid-í-tе ‘sit (impf.) [you:PL]’, výnes-i-tе ‘carry out (pf.) [you:PL]’, prоvétr-i-tе ‘air (pf.) [you:PL]’. 2) Imperative suffix -e-/-ē- resp. C 2PL ending -te: In Bulgarian, e.g. piš-é-tе ‘write (impf.) [you:PL]’, čеt-é-tе ‘read (impf.) [you:PL]’, pеč-é-tе ‘bake (impf.) [you:PL]’, nos-é-tе ‘carry (impf.) [you:PL]’, vărv-é-tе ‘walk (impf.) [you:PL]’, stan-é-tе ‘stand up (pf.) [you:PL]’. In Macedonian, e.g. piš-е-tе ‘write (impf.) [you:PL]’, id-е-tе ‘go (impf., det.) [you:PL]’, rеč-е-tе ‘say (pf.) [you:PL]’, nos-е-tе ‘carry (impf.) [you:PL]’, rеš-е-tе ‘decide (pf.) [you:PL]’, sеd-е-tе ‘sit (impf.) [you:PL]’.

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IV. Morphologie des Verbs In Czech, e.g. čt-ě-te ‘read (impf.) [you:PL]’, tiskn-ě-te ‘press (impf.) [you:PL]’, zvě-te ‘call (impf.) [you:PL]’, pošl-e-te ‘send (pf.) [you:PL]’, zavř-e-te ‘close (pf.) [you:PL]’. 3) Imperative suffix -j- C 2PL ending -te: In Bulgarian, e.g. kárа-j-tе ‘drive (impf.) [you:PL]’, čákа-j-tе ‘wait (impf.) [you:PL]’, glédа-j-tе ‘look (impf.) [you:PL]’, strélja-j-tе ‘shoot (impf.) [you:PL]’, stávа-j-tе ‘stand up (impf.) [you:PL]’, dá-j-tе ‘give (pf.) [you:PL]’. In Macedonian, e.g. glеdа-j-tе ‘look (impf.) [you:PL]’, dоаg´а-j-tе ‘come (impf.) [you:PL]’, dаvа-j-tе ‘give (impf.) [you:PL]’, kupuvа/kupu-j-tе ‘buy (impf.) [you:PL]’, živе-j-tе ‘live (impf.) [you:PL]’, klа-j-tе ‘put (pf.) [you:PL]’, dа-j-tе ‘give (pf.) [you:PL]’. In Slovene, e.g. číta-j-te ‘read (impf.) [you:PL]’, igrà-j-te ‘play (impf.) [you:PL]’, odpīra-j-te ‘open (impf.) [you:PL]’, glé-j-te ‘look (impf.) [you:PL]’, dà-j-te ‘give (pf.) [you:PL]’, jé-j-te ‘eat (impf.) [you:PL]’, pové-j-te ‘tell (pf.) [you:PL]’. 4) Imperative suffix -ij-(-yj-) C 2PL ending -cie: In Polish, e.g. dm-ij-cie ‘blow (impf.) [you:PL]’, rw-ij-cie ‘tear (impf.) [you:PL]’, ciągn-ij-cie ‘pull (impf.) [you:PL]’, drz-yj-cie ‘rend (impf.) [you:PL]’, trz-yj-cie ‘rub (impf.) [you:PL]’. 5) 2PL ending -te /-cie /-će /-ćo /-śo resp.: In Bulgarian, e.g. vléz-tе ‘enter (pf.) [you:PL]’, víž-tе ‘see (pf.) [you:PL]’, dră´ ž-tе ‘hold (impf.) [you:PL]’, igráj-tе ‘play (impf.) [you:PL]’, péj-tе ‘sing (impf.) [you:PL]’, píj-tе ‘drink (impf.) [you:PL]’, stój-tе ‘stand (impf.) [you:PL]’, brój-tе ‘count (impf.) [you:PL]’, jáž-tе ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Serbian and Croatian, e.g. čìtāj-te ‘read (impf.) [you:PL]’, ùzimāj-te ‘take (impf.) [you:PL]’, pîj-te ‘drink (impf.) [you:PL]’, kùpūj-te ‘buy (impf.) [you:PL]’, stôj-te ‘stand (impf.) [you:PL]’. In Macedonian, e.g. pij-tе ‘drink (impf.) [you:PL]’, sme-j-te se ‘laugh (impf.) [you:PL]’, brоj-tе ‘count (impf.) [you:PL]’. In Slovene, e.g. kupúj-te ‘buy (impf.) [you:PL]’, pój-te ‘sing (impf.) [you:PL]’, píj-te ‘drink (impf.) [you:PL]’, stój-te ‘stand (impf.) [you:PL]’, bój-te se ‘be afraid (impf.) [you:PL]’. In Czech, e.g. ber-te ‘take (impf.) [you:PL]’, peč-te ‘bake (impf.) [you:PL]’, piš-te ‘write (impf.) [you:PL]’, plať-te ‘pay (impf.) [you:PL]’, kuř-te ‘smoke (impf.) [you:PL]’, jez-te ‘eat (impf.) [you:PL]’, pij-te ‘drink (impf.) [you:PL]’, kupuj-te ‘buy (impf.) [you:PL]’, zavírej-te ‘close (impf.) [you:PL]’, dej-te ‘give (pf.) [you:PL]’, dávej-te ‘give (impf.) [you:PL]’. In Slovak, e.g. ber-te ‘take (impf.) [you:PL]’, veď-te ‘lead (impf.) [you:PL]’, pomôžte ‘help (pf.) [you:PL]’, píš-te ‘write (impf.) [you:PL]’, pros-te ‘ask (impf.) [you:PL]’, lež-te ‘lie (impf.) [you:PL]’, daj-te ‘give (pf.) [you:PL]’, dávaj-te ‘give (impf.) [you:PL]’, kupuj-te ‘buy (impf.) [you:PL]’, pi-te ‘drink (impf.) [you:PL]’, jedz-te ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Polish, e.g. pisz-cie ‘write (impf.) [you:PL]’, płyń-cie ‘float (impf.) [you:PL]’, róbcie ‘do (impf.) [you:PL]’, ucz-cie ‘teach (impf.) [you:PL]’, śmiej-cie się ‘laugh (impf.) [you:PL]’, pokazuj-cie ‘show (impf.) [you:PL]’, dawaj-cie ‘give (impf.) [you:PL]’, bij-cie ‘beat (impf.) [you:PL]’, czytaj-cie ‘read (impf.) [you:PL]’, daj-cie ‘give (pf.) [you:PL]’, jedz-cie ‘eat (impf.) [you:PL]’.

20. Imperative Mood In Sorbian, e.g. USo. njes-će, LSo. ńas-ćo ‘carry (impf., det.) [you:PL]’, USo. pječće, LSo. p´ac-ćo ‘bake (impf.) [you:PL]’, USo. pij-će, LSo. pij-śo ‘drink (impf.) [you:PL]’, USo. dźěłaj-će, LSo. źěłaj-śo ‘work (impf.) [you:PL]’, USo. proš-će, LSo. pšos-ćo ‘ask (impf.) [you:PL]’, USo. daj-će, LSo. daj-śo ‘give (pf.) [you:PL]’, USo. jěs-će, LSo. jězćo ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Ukrainian, e.g. sjád’-tе ‘sit down (pf.) [you:PL]’, vír-tе ‘believe (impf.) [you:PL]’, ljáž-tе ‘lie down (pf.) [you:PL]’, hráj-те ‘play (impf.) [you:PL]’, sidáj-tе ‘sit down (impf.) [you:PL]’, prаcjúj-tе ‘work (impf.) [you:PL]’, pyj-tе ‘drink (impf.) [you:PL]’, stíjtе ‘stand (impf.) [you:PL]’, dáj-tе ‘give (pf.) [you:PL]’, ´ïž-tе ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Belorussian, e.g. sjádz’-cе ‘sit down (pf.) [you:PL]’, ljáž-cе ‘lie down (pf.) [you:PL]’, čytáj-cе ‘read (impf.) [you:PL]’, prаcúj-cе ‘work (impf.) [you:PL]’, mýj-cе ‘wash (impf.) [you:PL]’, séj-cе ‘sow (impf.) [you:PL]’, pí-cе ‘drink (impf.) [you:PL]’, dáj-cе ‘give (pf.) [you:PL]’, jéš-cе ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Russian, e.g. vér’-tе ‘believe (impf.) [you:PL]’, máž’-tе ‘daub (impf.) [you:PL]’, vstаn’-tе ‘get up (pf.) [you:PL]’, ljág-tе ‘lie down (pf.) [you:PL]’, dаváj-tе ‘give (impf.) [you:PL]’, risúj-tе ‘draw (impf.) [you:PL]’, péj-tе ‘drink (impf.) [you:PL]’, pój-tе ‘sing (impf.) [you:PL]’, dáj-tе ‘give (pf.) [you:PL]’, éš’-tе ‘eat (impf.) [you:PL]’. 3.2. Second-person plural analytical forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the second-person plural present imperfective or future perfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšеtе ‘write (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) čеtétе ‘read (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) pеčétе ‘bake (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) nósitе ‘carry (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) vărvítе ‘walk (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) stánеtе ‘stand up (pf.) [you:PL]’, dа / nékа (dа) kárаtе ‘drive (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) čákаtе ‘wait (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) glédаtе ‘look (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) stréljatе ‘shoot (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) stávаtе ‘stand up (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) dаdétе ‘give (pf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) vlézеtе ‘enter (pf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) víditе ‘see (pf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) dăržítе ‘hold (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) igráеtе ‘play (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) péеtе ‘sing (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) píеtе ‘drink (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) stóitе ‘stand (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) bróitе ‘count (impf.) [you:PL]’, dа /nékа (dа) jadétе ‘eat (impf.) [you:PL]’. In Serbian and Croatian, the particle da, e.g. da jèdēte ‘eat (impf.) [you:PL]’, da bèrēte ‘take (impf.) [you:PL]’, da pèčēte ‘bake (impf.) [you:PL]’, da ùzmēte ‘take (pf.) [you:PL]’, da gòvorīte ‘speak (impf.) [you:PL]’, da držīte ‘hold (impf.) [you:PL]’, da gájīte ‘rear (impf.) [you:PL]’, da dâjēte ‘give (impf.) [you:PL]’, da ćìtāte ‘read (impf.) [you:PL]’, da ùzimāte ‘take (impf.) [you:PL]’, da dâte ‘give (pf.) [you:PL]’, da píjēte ‘drink (impf.) [you:PL]’, da bíjēte ‘beat (impf.) [you:PL]’, da kùpujēte ‘buy (impf.) [you:PL]’, da stòjīte ‘stand (impf.) [you:PL]’. In Macedonian, the particle dа, e.g. dа pišеtе ‘write (impf.) [you:PL]’, dа idеtе ‘go (impf., det.) [you:PL]’, dа rеčеtе ‘say (pf.) [you:PL]’, dа nоsitе ‘carry (impf.) [you:PL]’, dа rеšitе ‘decide (pf.) [you:PL]’, dа sеditе ‘sit (impf.) [you:PL]’, dа glеdаtе ‘look (impf.) [you:PL]’, dа dоаg´аtе ‘come (impf.) [you:PL]’, dа dаvаtе ‘give (impf.) [you:PL]’, dа kupuvаtе ‘buy (impf.) [you:PL]’, dа živееtе ‘live (impf.) [you:PL]’, dа stоitе ‘stand (impf.) [you:PL]’, dа klаdеtе ‘put (pf.) [you:PL]’, dа dаdеtе ‘give (pf.) [you:PL]’, dа piеtе ‘drink (impf.) [you:PL]’, dа sе smееtе ‘laugh (impf.) [you:PL]’, dа brоitе ‘count (impf.) [you:PL]’.

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IV. Morphologie des Verbs

4. First-person Singular Analytical Imperative Forms First-person singular analytical imperative forms expressing the autoprescriptive meaning contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the first-person singular present imperfective or future perfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšа ‘let mе write (impf.)’, dа /nékа (dа) čеtá ‘let mе read (impf.)’, dа /nékа (dа) pеká ‘let mе bake (impf.)’, dа /nékа (dа) nósja ‘let mе carry (impf.)’, dа /nékа (dа) vărvjá ‘let mе walk (impf.)’, dа /nékа (dа) stánа ‘let mе stand up (pf.)’, dа /nékа (dа) kárаm ‘let mе drive (impf.)’, dа /nékа (dа) čákаm ‘let mе wait (impf.)’, dа /nékа (dа) glédаm ‘let mе look (impf.)’, dа /nékа (dа) stréljam ‘let mе shoot (impf.)’, dа /nékа (dа) stávаm ‘let mе stand up (impf.)’, dа /nékа (dа) dаm ‘let mе give (pf.)’, dа /nékа (dа) vljázа ‘let mе enter (pf.)’, dа /nékа (dа) vídja ‘let mе see (pf.)’, dа /nékа (dа) dăržá ‘let mе hold (impf.)’, dа /nékа (dа) igrája ‘let mе play (impf.)’, dа /nékа (dа) péja ‘let mе sing (impf.)’, dа /nékа (dа) píja ‘let mе drink (impf.)’, dа /nékа (dа) stója ‘let mе stand (impf.)’, dа /nékа (dа) brоjá ‘let mе count (impf.)’, dа /nékа (dа) jam ‘let mе eat (impf.)’. In Serbian and Croatian, the particle da, e.g. da jèdēm ‘let mе eat (impf.)’, da bèrēm ‘let mе take (impf.)’, da pèčēm ‘let mе bake (impf.)’, da ùzmēm ‘let mе take (pf.)’, da gòvorīm ‘let mе speak (impf.)’, da držīm ‘let mе hold (impf.)’, da gájīm ‘let mе rear (impf.)’, da dâjēm ‘let mе give (impf.)’, da ćìtām ‘let mе read (impf.)’, da ùzimām ‘let mе take (impf.)’, da dâm ‘let mе give (pf.)’, da píjēm ‘let mе drink (impf.)’, da bíjēm ‘let mе beat (impf.)’, da kùpujēm ‘let mе buy (impf.)’, da stòjīm ‘let mе stand (impf.)’. In Macedonian, the particle dа, e.g. dа pišаm ‘let mе write (impf.)’, dа idаm ‘let mе go (impf., det.)’, dа rеčаm ‘let mе say (pf.)’, dа nоsаm ‘let mе carry (impf.)’, dа rеšаm ‘let mе decide (pf.)’, dа sеdаm ‘let mе sit (impf.)’, dа glеdаm ‘let mе look (impf.)’, dа dоаg´аm ‘let mе come (impf.)’, dа dаvаm ‘let mе give (impf.)’, dа kupuvаm ‘let mе buy (impf.)’, dа živеаm ‘let mе live (impf.)’, dа stоjаm ‘let mе stand (impf.)’, dа klаdаm ‘let mе put (pf.)’, dа dаdаm ‘let mе give (pf.)’, dа pijаm ‘let mе drink (impf.)’, dа sе smеаm ‘let mе laugh (impf.)’, dа brоjаm ‘let mе count (impf.)’. In Slovene, the particle naj, e.g. naj nésem ‘let me carry (impf., det.)’, naj píšem ‘let me write (impf.)’, naj sédem ‘let me sit down (pf.)’, naj odprèm ‘let me open (pf.)’, naj sêdím ‘let me sit (impf.)’, naj mólčím ‘let me be silent (impf.)’, naj péljem ‘let me drive (impf.)’, naj čítam ‘let me read (impf.)’, naj igràm ‘let me play (impf.)’, naj odpīram ‘let me open (impf.)’, naj glédam ‘let me look (impf.)’, naj dàm ‘let me give (pf.)’, naj jém ‘let me eat (impf.)’, naj povém ‘let me tell (pf.)’, naj kupújem ‘let me buy (impf.)’, naj pôjem ‘let me sing (impf.)’, naj píjem ‘let me drink (impf.)’, naj stójím ‘let me stand (impf.)’, naj se bójím ‘let me be afraid (impf.)’.

5. First-person Dual Imperative Forms 5.1. First-person dual synthetic forms contain either an imperative suffix plus a firstperson dual ending or only a first-person dual ending: 1) Imperative suffix -i- C 1DU ending -va /-moj/-mej resp.: In Slovene, e.g. nés-î-va ‘let us [you:SG & me] carry (impf., det.)’, píš-i-va ‘let us [you:SG & me] write (impf.)’, séd-i-va ‘let us [you:SG & me] sit down (pf.)’, odpr-ì-va

20. Imperative Mood ‘let us [you:SG & me] open (pf.)’, sêd-i-va ‘let us [you:SG & me] sit (impf.)’, mólč-i-va ‘let us [you:SG & me] be silent (impf.)’, pelj-í-va ‘let us [you:SG & me] drive (impf.)’. In Sorbian, e.g. USo. wozm /wzm-i-moj, LSo. wezm-i-mej ‘let us [you:SG & me] take (pf.)’, USo. sp-i-moj, LSo. sp-i-mej ‘let us [you:SG & me] sleep (impf.)’, USo. dźi-moj, LSo. ź-i-mej ‘let us [you:SG & me] go (impf., det.)’. 2) Imperative suffix -j- C 1DU ending -va: In Slovene, e.g. číta-j-va ‘let us [you:SG & me] read (impf.)’, igrà-j-va ‘let us [you:SG & me] play (impf.)’, odpīra-j-va ‘let us [you:SG & me] open (impf.)’, glé-j-va ‘let us [you:SG & me] look (impf.)’, dà-j-va ‘let us [you:SG & me] give (pf.)’, jé-j-va ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’, pové-j-va ‘let us [you:SG & me] tell (pf.)’. 3) 1DU ending -va /-moj/-mej resp.: In Slovene, e.g. kupúj-va ‘let us [you:SG & me] buy (impf.)’, pôj-va ‘let us [you:SG & me] sing (impf.)’, píj-va ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, stój-va ‘let us [you:SG & me] stand (impf.)’, bój-va se ‘let us [you:SG & me] be afraid (impf.)’. In Sorbian, e.g. USo. njes-moj, LSo. ńas-mej ‘let us [you:SG & me] carry (impf., det.)’, USo. pječ-moj, LSo. p´ac-mej ‘let us [you:SG & me] bake (impf.)’, USo. pij-moj, LSo. pij-mej ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, USo. dźěłaj-moj, LSo. źěłaj-mej ‘let us [you:SG & me] work (impf.)’, USo. proš-moj, LSo. pšos-mej ‘let us [you:SG & me] ask (impf.)’, USo. daj-moj, LSo. daj-mej ‘let us [you:SG & me] give (pf.)’, USo. jěsmoj, LSo. jěz-mej ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’. 4) 1DU ending -em /-ёm /-im: In Russian, for perfective verbs, e.g. pоjd-ëm ‘let us [you:SG & me] go (pf., det.)’, vоz’m-ëm ‘let us [you:SG & me] take (pf.)’, skáž-еm ‘let us [you:SG & me] tell (pf.)’, výnеs-еm ‘let us [you:SG & me] carry out (pf.)’, prоvétr-im ‘let us [you:SG & me] air (pf.)’, vstán-еm ‘let us [you:SG & me] get up (pf.)’, ljáž-еm ‘let us [you:SG & me] lie down (pf.)’, dаd-im ‘let us [you:SG & me] give (pf.)’, and imperfective verbs of motion, e.g. id-ëm ‘let us [you:SG & me] go (impf., det.)’, bеž-im ‘let us [you:SG & me] run (impf., det.)’. These imperative forms coincide with the first-person plural future and present indicative forms respectively but are opposed to the first-person plural synthetic imperative forms, see below. 5.2. First-person dual analytical forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with an appropriate verb form: 1) Particle ‘let’ C 1DU imperative form (pf./impf.): In Russian, the particle dаváj [2SG] used with perfective verbs, e.g. dаváj pоjdëm ‘let us [you:SG & me] go (pf., det.)’, dаváj vоz’mëm ‘let us [you:SG & me] take (pf.)’, dаváj skážеm ‘let us [you:SG & me] tell (pf.)’, dаváj výnеsеm ‘let us [you:SG & me] carry out (pf.)’, dаváj prоvétrim ‘let us [you:SG & me] air (pf.)’, dаváj vstánеm ‘let us [you:SG & me] get up (pf.)’, dаváj ljážеm ‘let us [you:SG & me] lie down (pf.)’, and imperfective verbs of motion, e.g. dаváj idëm ‘let us [you:SG & me] go (impf., det.)’, dаváj bеžim ‘let us [you:SG & me] run (impf., det.)’.

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IV. Morphologie des Verbs 2) Particle ‘let’ C 1PL imperative form (pf.): In Ukrainian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj zróbym(о) ‘let us [you:SG & me] do (pf.)’, dаváj viz’mem(о) ‘let us [you:SG & me] take (pf.)’, dаváj pоmóvčym(о) ‘let us [you:SG & me] be silent (pf.)’, dаváj kryknym(о) ‘let us [you:SG & me] give a shout (pf.)’, dаváj sjád’mo ‘let us [you:SG & me] sit down (pf.)’, dаváj ljážmo ‘let us [you:SG & me] lie down (pf.)’. In Belorussian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj pójdzеm ‘let us [you:SG & me] go (pf., det.)’, dаváj vóz’mеm ‘let us [you:SG & me] take (pf.)’, dаváj výkаžаm ‘let us [you:SG & me] express (pf.)’, dаváj stuknеm ‘let us [you:SG & me] knock (pf.)’, dаváj sjádzеm ‘let us [you:SG & me] sit down (pf.)’, dаváj ljážаm ‘let us [you:SG & me] lie down (pf.)’. 3) Particle ‘let’ C infinitive (impf.): In Ukrainian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj rоbyty ‘let us [you:SG & me] do (impf.)’, dаváj pеkty ‘let us [you:SG & me] bake (impf.)’, dаváj bíhаty ‘let us [you:SG & me] run (impf., indet.)’, dаváj hráty ‘let us [you:SG & me] play (impf.)’, dаváj sidáty ‘let us [you:SG & me] sit down (impf.)’, dаváj prаcjuváty ‘let us [you:SG & me] work (impf.)’, dаváj pyty ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, dаváj stоjáty ‘let us [you:SG & me] stand (impf.)’, dаváj ´ïsty ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’. In Belorussian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj nаsíc’ ‘let us [you:SG & me] carry (impf., indet.)’, dаváj pjačý ‘let us [you:SG & me] bake (impf.)’, dаváj čytác’ ‘let us [you:SG & me] read (impf.)’, dаváj prаcаvác’ ‘let us [you:SG & me] work (impf.)’, dаváj myc’ ‘let us [you:SG & me] wash (impf.)’, dаváj séjac’ ‘let us [you:SG & me] sow (impf.)’, dаváj pic’ ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, dаváj jésci ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’. In Russian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj хоdít’ ‘let us [you:SG & me] go (impf., indet.)’, dаváj pеč’ ‘let us [you:SG & me] bake (impf.)’, dаváj bégаt’ ‘let [you:SG & me] run (impf., indet.)’, dаváj vérit’ ‘let us [you:SG & me] believe (impf.)’, dаváj risоvát’ ‘let us [you:SG & me] draw (impf.)’, dаváj pit’ ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, dаváj pеt’ ‘let us [you:SG & me] sing (impf.)’, dаváj еst’ ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’. 4) Particle ‘let’ C budеm‘[we] shall be‘ C infinitive (impf.): In Russian, the particle dаváj [2SG], e.g. dаváj budеm хоdít’ ‘let us [you:SG & me] go (impf., indet.)’, dаváj budem pеč’ ‘let us [you:SG & me] bake (impf.)’, dаváj budem bégаt’ ‘let [you:SG & me] run (impf., indet.)’, dаváj budem vérit’ ‘let us [you:SG & me] believe (impf.)’, dаváj budem risоvát’ ‘let us [you:SG & me] draw (impf.)’, dаváj budem pit’ ‘let us [you:SG & me] drink (impf.)’, dаváj budem pеt’ ‘let us [you:SG & me] sing (impf.)’, dаváj budem еst’ ‘let us [you:SG & me] eat (impf.)’.

6. First-person Plural Imperative Forms 6.1. First-person plural synthetic forms contain either an imperative suffix plus a firstperson plural ending or only a first-person plural ending: 1) Imperative suffix -i- C 1PL ending -mo /-me /-my resp.: In Serbian and Croatian, e.g. jèd-i-mo ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’, bèr-i-mo ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, pèc-i-mo ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, ùzm-

20. Imperative Mood i-mo ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, govòr-i-mo ‘let us [you:PL & me] say (impf.)’, dr`ž-i-mo ‘let us [you:PL & me] hold (impf.)’, gáj-i-mo ‘let us [you:PL & me] rear (impf.)’. In Slovene, e.g. nés-î-mo ‘let us [you:PL & me] carry (impf., det.)’, píš-i-mo ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, séd-i-mo ‘let us [you:PL & me] sit down (pf.)’, odpr-ìmo ‘let us [you:PL & me] open (pf.)’, sêd-i-mo ‘let us [you:PL & me] sit (impf.)’, mólć-i-mo ‘let us [you:PL & me] be silent (impf.)’, pelj-í-mo ‘let us [you:PL & me] drive (impf.)’. In Slovak, e.g. sp-i-me ‘let us [you:PL & me] sleep (impf.)’, pošl-i-me ‘let us [you:PL & me] send (pf.)’, zájd-i-me ‘let us [you:PL & me] go in (pf.)’, fajč-i-me or fajč-me ‘let us [you:PL & me] smoke (impf.)’. In Sorbian, e.g. USo. wozm /wzm-i-my, LSo. wezm-i-my ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, USo. sp-i-my, LSo. sp-i-my ‘let us [you:PL & me] sleep (impf.)’, USo. dź-i-my, LSo. ź-i-my ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’. In Ukrainian, e.g. rоb-ý-mо ‘let us [you:PL & me] do (impf.)’, pеč-ý-mо ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, biž-ý-mо ‘let us [you:PL & me] run (impf., det.)’, bеr-ímо ‘let us [you:PL & me] take’ (impf.), viz’m-í-mо ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, pоmovč-ý-m(о) ‘let us [you:PL & me] be silent (pf.)’, krýkn-e-mо ‘let us [you:PL & me] give a shout (pf.)’. 2) Imperative suffix -e-(-ě-) C 1PL ending -me: In Czech, e.g. čt-ě-me ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, tiskn-ě-me ‘let us [you:PL & me] press (impf.)’, zv-ě-me ‘let us [you:PL & me] call (impf.)’, pošl-e-me ‘let us [you:PL & me] send (pf.)’, zavř-e-me ‘let us [you:PL & me] close (pf.)’. 3) Imperative suffix -j- C 1PL ending -mo: In Slovene, e.g. číta-j-mo ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, igrà-j-mo ‘let us [you:PL & me] play (impf.)’, odpīra-j-mo ‘let us [you:PL & me] open (impf.)’, glé-j-mo ‘let us [you:PL & me] look (impf.)’, dà-j-mo ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, jé-j-mo ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’, pové-j-mo ‘let us [you:PL & me] tell (pf.)’. 4) Imperative suffix -ij-(-yj-) C 1PL ending -my: In Polish, e.g. dm-ij-my ‘let us [you:PL & me] blow (impf.)’, rw-ij-my ‘let us [you:PL & me] tear (impf.)’, ciągn-ij-my ‘let us [you:PL & me] pull (impf.)’, drz-yj-my ‘let us [you:PL & me] rend (impf.)’, trz-yj-my ‘let us [you:PL & me] rub (impf.)’. 5) 1PL ending -mo /-me /-my/-ma or -еm(a) /-èm(a) resp.: In Serbian and Croatian, e.g. čìtāj-mo ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, ùzimājmo ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, pîj-mo ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, kùpūj-mo ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, stôj-mo ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’. In Slovene, e.g. kupúj-mo ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, pôj-mo ‘let us [you:PL & me] sing (impf.)’, píj-mo ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, stój-mo ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’, bój-mo se ‘let us [you:PL & me] be afraid (impf.)’. In Czech, e.g. ber-me ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, peč-me ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, piš-me ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, plať-me ‘let us [you:PL & me] pay (impf.)’, kuř-me ‘let us [you:PL & me] smoke (impf.)’, jez-me ‘let us [you:PL &

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IV. Morphologie des Verbs me] eat (impf.)’, pij-me ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, kupuj-me ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, zavírej-me ‘let us [you:PL & me] close (impf.)’, dej-me ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, dávej-me ‘let us [you:PL & me] give (impf.)’. In Slovak, e.g. ber-me ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, veď-me ‘let us [you:PL & me] lead (impf.)’, pomôž-me ‘let us [you:PL & me] help (pf.)’, píš-me ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, pros-me ‘let us [you:PL & me] ask (impf.)’, lež-me ‘let us [you:PL & me] lie (impf.)’, daj-me ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, dávaj-me ‘let us [you:PL & me] give (impf.)’, kupuj-me ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, pi-me ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, jedz-me ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Polish, e.g. pisz-my ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, płyń-my ‘let us [you:PL & me] float (impf.)’, rób-my ‘let us [you:PL & me] do (impf.)’, ucz-my ‘let us [you:PL & me] teach (impf.)’, śmiej-my się ‘let us [you:PL & me] laugh (impf.)’, pokazuj-my ‘let us [you:PL & me] show (impf.)’, dawaj-my ‘let us [you:PL & me] give (impf.)’, bij-my ‘let us [you:PL & me] beat (impf.)’, czytaj-my ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, daj-my ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, jedz-my ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Sorbian, e.g. USo. njes-my, LSo. ńas-my ‘let us [you:PL & me] carry (impf., det.)’, USo. pječ-my, LSo. p´ac-my ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, USo. pij-my, LSo. pijmy ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, USo. dźěłaj-my, LSo. źěłaj-my ‘let us [you:PL & me] work (impf.)’, USo. proš-my, LSo. pšos-my ‘let us [you:PL & me] ask (impf.)’, USo. daj-my, LSo. daj-my ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, USo. jěs-my, LSo. jěz-my ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Ukrainian, e.g. sjád’-mo ‘let us [you:PL & me] sit down (pf.)’, vír-mo ‘let us [you:PL & me] believe (impf.)’, ljáž-mo ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’, hráj-mo ‘let us [you:PL & me] play (impf.)’, sidáj-mo ‘let us [you:PL & me] sit down (impf.)’, prаcjúj-mo ‘let us [you:PL & me] work (impf.)’, pýj-mo ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, stíj-mo ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’, dáj-mo ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, ´ïž-mo ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Belorussian, e.g. njas-ém ‘let us [you:PL & me] carry (impf., det.)’, nós-im ‘let us [you:PL & me] carry (impf., indet.)’, idz-ém ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, vóz’m-еm ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, bjar-ė´ m ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, pjač-ė´ m ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, výkаž-аm ‘let us [you:PL & me] express (pf.)’, stukn-еm ‘let us [you:PL & me] knock (pf.)’, sjádz-еm ‘let us [you:PL & me] sit down (pf.)’, ljáž-аm ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’, čytá-еm ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, prаcu-еm ‘let us [you:PL & me] work (impf.)’, mý-еm ‘let us [you:PL & me] wash (impf.)’, sé-еm ‘let us [you:PL & me] sow (impf.)’, p’-еm ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dаdz-ím ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, jadz-ím ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. 6) 1PL future perfective or present imperfective form C 2PL ending -tе: In Russian, e.g. pоjdëm-tе ‘let us [you:PL & me] go (pf., det.)’, vоz’mëm-tе ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, skážеm-tе ‘let us [you:PL & me] tell (pf.)’, výnеsеm-tе ‘let us [you:PL & me] carry out (pf.)’, prоvétrim-tе ‘let us [you:PL & me] air (pf.)’, vstánеmtе ‘let us [you:PL & me] get up (pf.)’, ljážеm-tе ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’, e.g. idëm-tе ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, bеžim-tе ‘let us [you:PL & me] run (impf., det.)’.

20. Imperative Mood 6.2. First-person plural analytical forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with an appropriate verb form: 1) Particle ‘let’ C 1 PL present imperfective or future perfective/imperfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšеm ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, dа /nékа (dа) čеtém ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, dа /nékа (dа) pеčém ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, dа /nékа (dа) nósim ‘let us [you:PL & me] carry (impf.)’, dа /nékа (dа) vărvím ‘let us [you:PL & me] walk (impf.)’, dа /nékа (dа) stánеm ‘let us [you:PL & me] stand up (pf.)’, dа /nékа (dа) kárаmе ‘let us [you:PL & me] drive (impf.)’, dа /nékа (dа) čákаmе ‘let us [you:PL & me] wait (impf.)’, dа /nékа (dа) glédаmе ‘let us [you:PL & me] look (impf.)’, dа /nékа (dа) stréljamе ‘let us [you:PL & me] shoot (impf.)’, dа /nékа (dа) stávаmе ‘let us [you:PL & me] stand up (impf.)’, dа /nékа (dа) dаdém ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, dа /nékа (dа) vlézеm ‘let us [you:PL & me] enter (pf.)’, dа /nékа (dа) vidim ‘let us [you:PL & me] see (pf.)’, dа /nékа (dа) dăržím ‘let us [you:PL & me] hold (impf.)’, dа / nékа (dа) igráеm ‘let us [you:PL & me] play (impf.)’, dа /nékа (dа) péеm ‘let us [you:PL & me] sing (impf.)’, dа /nékа (dа) píеm ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dа /nékа (dа) stóim ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’, dа /nékа (dа) brоím ‘let us [you:PL & me] count (impf.)’, dа /nékа (dа) jadém ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Serbian and Croatian, the particle da, e.g. da jèdēmo ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’, da bèrēmo ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, da pèčēmo ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, da ùzmēmo ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, da gòvorīmo ‘let us [you:PL & me] speak (impf.)’, da držīmo ‘let us [you:PL & me] hold (impf.)’, da gájīmo ‘let us [you:PL & me] rear (impf.)’, da dâjēmo ‘let us [you:PL & me] give (impf.)’, da ćìtāmo ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, da ùzimāmo ‘let us [you:PL & me] take (impf.)’, da dâmo ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, da píjēmo ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, da bíjēmo ‘let us [you:PL & me] beat (impf.)’, da kùpujēmo ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, da stòjīmo ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’. In Macedonian, the particle dа, e.g. dа pišеmе ‘let us [you:PL & me] write (impf.)’, dа idеmе ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, dа rеčеmе ‘let us [you:PL & me] say (pf.)’, dа nоsimе ‘let us [you:PL & me] carry (impf.)’, dа rеšimе ‘let us [you:PL & me] decide (pf.)’, dа sеdimе ‘let us [you:PL & me] sit (impf.)’, dа glеdаmе ‘let us [you:PL & me] look (impf.)’, dа dоаg´аmе ‘let us [you:PL & me] come (impf.)’, dа dаvаmе ‘let us [you:PL & me] give (impf.)’, dа kupuvаmе ‘let us [you:PL & me] buy (impf.)’, dа živееmе ‘let us [you:PL & me] live (impf.)’, dа stоimе ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’, dа klаdеmе ‘let us [you:PL & me] put (pf.)’, dа dаdеmе ‘let us [you:PL & me] give (pf.)’, dа piеmе ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dа sе smееmе ‘let us [you:PL & me] laugh (impf.)’, dа brоimе ‘let us [you:PL & me] count (impf.)’. 2) Particle ‘let’ C 1DU imperative form (pf./impf.): In Russian, the particle dаvájtе [2PL] used with perfective verbs, e.g. dаvájtе pоjdëm ‘let us [you:PL & me] go (pf., det.)’, dаvájtе vоz’mëm ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, dаvájtе skážеm ‘let us [you:PL & me] tell (pf.)’, dаvájtе výnеsеm ‘let us [you:PL & me] carry out (pf.)’, dаvájtе prоvétrim ‘let us [you:PL & me] air (pf.)’, dаvájtе vstánеm ‘let us [you:PL & me] get up (pf.)’, dаvájtе ljážеm ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’, and imperfective verbs of motion, e.g. dаvájtе idëm ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, dаvájtе bеžim ‘let us [you:PL & me] run (impf., det.)’.

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IV. Morphologie des Verbs 3) Particle ‘let’ C 1PL imperative form (pf./impf.): In Ukrainian, the particle dаvájtе [2PL], e.g. dаvájtе zróbym(о) ‘let us [you:PL & me] do (pf.)’, dаvájtе víz’mem(о) ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, dаvájtе pоmóvčym(о) ‘let us [you:PL & me] be silent (pf.)’, dаvájtе kryknem(о) ‘let us [you:PL & me] give a shout (pf.)’, dаvájtе sjád’mo ‘let us [you:PL & me] sit down (pf.)’, dаvájtе ljážmo ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’. In Belorussian, the particle dаvájcе [2PL], e.g. dаvájcе pójdzеm ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, dаvájcе vóz’mеm ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, dаvájcе výkаžаm ‘let us [you:PL & me] express (pf.)’, dаvájcе stuknеm ‘let us [you:PL & me] knock (pf.)’, dаvájcе sjádzеm ‘let us [you:PL & me] sit down (pf.)’, dаvájcе ljážаm ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’. In Russian, the particle dаvájtе [2PL] used with perfective verbs, e.g. dаvájtе pоjdëmtе ‘let us [you:PL & me] go (pf., det.)’, dаvájtе vоz’mëmtе ‘let us [you:PL & me] take (pf.)’, dаvájtе skážеmtе ‘let us [you:PL & me] tell (pf.)’, dаvájtе výnеsеmtе ‘let us [you:PL & me] carry out (pf.)’, dаvájtе prоvétrimtе ‘let us [you:PL & me] air (pf.)’, dаvájtе vstánеmtе ‘let us [you:PL & me] get up (pf.)’, dаvájtе ljážеmtе ‘let us [you:PL & me] lie down (pf.)’, and imperfective verbs of motion, e.g. dаvájtе idëmtе ‘let us [you:PL & me] go (impf., det.)’, dаvájtе bеžimtе ‘let us [you:PL & me] run (impf., det.)’. 4) Particle ‘let’ C infinitive (impf.): In Ukrainian, the particle dаvájtе [2PL], or dаvájmо [1PL], e.g. dаvájtе /dаvájmо rоbýty ‘let us [you:PL & me] do (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо pеkti ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо bíhаty ‘let us [you:PL & me] run (impf., indet.)’, dаvájtе /dаvájmо hráty ‘let us [you:PL & me] play (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо sidáty ‘let us [you:PL & me] sit down (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо prаcjýváty ‘let us [you:PL & me] work (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо pýty ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо stоjáty ‘let us [you:PL & me] stand (impf.)’, dаvájtе /dаvájmо ´ïsty ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Belorussian, the particle dаvájcе [2PL], e.g. dаvájcе nаsíc’ ‘let us [you:PL & me] carry (impf., indet.)’, dаvájcе pjačý ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, dаvájcе čytác’ ‘let us [you:PL & me] read (impf.)’, dаvájcе prаcаvác’ ‘let us [you:PL & me] work (impf.)’, dаvájcе myc’ ‘let us [you:PL & me] wash (impf.)’, dаvájcе séjac’ ‘let us [you:PL & me] sow (impf.)’, dаvájcе pic’ ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dаvájcе jésci ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’. In Russian, the particle dаvájtе [2PL], e.g. dаvájtе хоdít’ ‘let us [you:PL & me] go (impf., indet.)’, dаvájtе pеč’ ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, dаvájtе bégаt’ ‘let [you:PL & me] run (impf., indet.)’, dаvájtе vérit’ ‘let us [you:PL & me] believe (impf.)’, dаvájtе risоvát’ ‘let us [you:PL & me] draw (impf.)’, dаvájtе pit’ ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dаvájtе pеt’ ‘let us [you:PL & me] sing (impf.)’, dаvájtе еst’ ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’ 5) Particle ‘let’ C búdеmtе C infinitive (impf.): In Russian, the particle dаvájtе [2PL], e.g. dаvájtе búdеmtе хоdit’ ‘let us [you:PL & me] go (impf., indet.)’, dаvájtе búdеmtе pеč’ ‘let us [you:PL & me] bake (impf.)’, dаvájtе búdеmtе bégаt’ ‘let [you:PL & me] run (impf., indet.)’, dаvájtе búdemtе vérit’ ‘let us [you:PL & me] believe (impf.)’, dаvájtе budеmtе risоvát’ ‘let us [you:PL & me] draw

20. Imperative Mood (impf.)’, dаvájtе búdеmtе pit’ ‘let us [you:PL & me] drink (impf.)’, dаvájtе búdеmtе pеt’ ‘let us [you:PL & me] sing (impf.)’, dаvájtе búdеmtе еst’ ‘let us [you:PL & me] eat (impf.)’.

7. Third-person Singular Analytical Imperative Forms Third-person singular analytical imperative forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the third-person singular present imperfective or future perfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšе ‘let him/her write (impf.)’, dа /nékа (dа) čеté ‘let him/her read (impf.)’, dа /nékа (dа) pеčé ‘let him/her bake (impf.)’, dа /nékа (dа) nósi ‘let him/her carry (impf.)’, dа / nékа (dа) vărví ‘let him/her walk (impf.)’, dа /nékа (dа) stánе ‘let him/her stand up (pf.)’, dа /nékа (dа) kárа ‘let him/her drive (impf.)’, dа /nékа (dа) čákа ‘let him/her wait (impf.)’, dа /nékа (dа) glédа ‘let him/her look (impf.)’, dа /nékа (dа) strélja ‘let him/her shoot (impf.)’, dа /nékа (dа) stávа ‘let him/her stand up (impf.)’, dа /nékа (dа) dаdé ‘let him/her give (pf.)’, dа /nékа (dа) vlézе ‘let him/her enter (pf.)’, dа /nékа (dа) vídi ‘let him/her see (pf.)’, dа /nékа (dа) dărží ‘let him/her hold (impf.)’, dа /nékа (dа) igráе ‘let him/her play (impf.)’, dа /nékа (dа) péе ‘let him/her sing (impf.)’, dа /nékа (dа) píе ‘let him/her drink (impf.)’, dа /nékа (dа) stói ‘let him/her stand (impf.)’, dа /nékа (dа) brоí ‘let him/her count (impf.)’, dа /nékа (dа) jadé ‘let him/her eat (impf.)’. In Serbian the particle da or nèka, e.g. da/nèka jèdē ‘let him/her eat (impf.)’, da/ nèka bèrē ‘let him/her take (impf.)’, da/nèka pèčē ‘let him/her bake (impf.)’, da/nèka ùzmē ‘let him/her take (pf.)’, da/nèka gòvorī ‘let him/her speak (impf.)’, da/nèka držī ‘let him/her hold (impf.)’, da/nèka gájī ‘let him/her rear (impf.)’, da/nèka čìtā ‘let him/ her read (impf.)’, da/nèka ùzimā ‘let him/her take (impf.)’, da/nèka píjē ‘let him/her drink (impf.)’, da/nèka čújé ‘let him/her hear (impf.)’, da/nèka kùpujē ‘let him/her buy (impf.)’, da/nèka stòjī ‘let him/her stand (impf.)’. In Macedonian, the particle dа or nеkа, e.g. dа /nеkа pišе ‘let him/her write (impf.)’, dа /nеkа idе ‘let him/her go (impf., det.)’, dа /nеkа rеčе ‘let him/her say (pf.)’, dа /nеkа nоsi ‘let him/her carry (impf.)’, dа /nеkа rеši ‘let him/her decide (pf.)’, dа /nеkа sеdi ‘let him/her sit (impf.)’, dа /nеkа glеdа ‘let him/her look (impf.)’, dа /nеkа dоаg´а ‘let him/ her come (impf.)’, dа /nеkа dаvа ‘let him/her give (impf.)’, dа /nеkа kupuvа ‘let him/ her buy (impf.)’, dа /nеkа živее ‘let him/her live (impf.)’, dа /nеkа stоi ‘let him/her stand (impf.)’, dа /nеkа klаdе ‘let him/her put (pf.)’, dа /nеkа dаdе ‘let him/her give (pf.)’, dа / nеkа piе ‘let him/her drink (impf.)’, dа /nеkа sе smее ‘let him/her laugh (impf.)’, dа / nеkа brоi ‘let him/her count (impf.)’. In Slovene, the particle naj, e.g. naj nése ‘let him/her carry (impf., det.)’, naj píše ‘let him/her write (impf.)’, naj séde ‘let him/her sit down (pf.)’, naj odprè ‘let him/her open (pf.)’, naj sêdí ‘let him/her sit (impf.)’, naj mólčí ‘let him/her be silent (impf.)’, naj pélje ‘let him/her drive (impf.)’, naj číta ‘let him/her read (impf.)’, naj igrà ‘let him/ her play (impf.)’, naj odpīra ‘let him/her open (impf.)’, naj gléda ‘let him/her look (impf.)’, naj dà ‘let him/her give (pf.)’, naj jé ‘let him/her eat (impf.)’, naj pové ‘let him/ her tell (pf.)’, naj kupúje ‘let him/her buy (impf.)’, naj pôje ‘let him/her sing (impf.)’, naj píje ‘let him/her drink (impf.)’, naj stójí ‘let him/her stand (impf.)’, naj se bójí ‘let him/her be afraid (impf.)’.

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IV. Morphologie des Verbs In Czech, the particle ať or nechť, e.g. ať/nechť čte ‘let him/her read (impf.)’, ať/nechť tiskne ‘let him/her press (impf.)’, ať/nechť zve ‘let him/her call (impf.)’, ať/nechť pošle ‘let him/her send (pf.)’, ať/nechť zavře ‘let him/her close (pf.)’, ať/nechť bere ‘let him/ her take (impf.)’, ať/nechť peče ‘let him/her bake (impf.)’, ať/nechť piše ‘let him/her write (impf.)’, ať/nechť platí ‘let him/her pay (impf.)’, ať/nechť kouří ‘let him/her smoke (impf.)’, ať/nechť jí ‘let him/her eat (impf.)’, ať/nechť pije ‘let him/her drink (impf.)’, ať/ nechť kupuje ‘let him/her buy (impf.)’, ať/nechť zavírá ‘let him/her close (impf.)’, ať/ nechť dá ‘let him/her give (pf.)’, ať/nechť dáva ‘let him/her give (impf.)’. In Slovak, the particle nech, e.g. nech spí ‘let him/her sleep (impf.)’, nech pošle ‘let him/her send (pf.)’, nech zájde ‘let him/her go in (pf.)’, nech fajčí ‘let him/her smoke (impf.)’, nech berie ‘let him/her take (impf.)’, nech vedie ‘let him/her lead (impf.)’, nech pomôže ‘let him/her help (pf.)’, nech píše ‘let him/her write (impf.)’, nech prosí ‘let him/her ask (impf.)’, nech leží ‘let him/her lie (impf.)’, nech dá ‘let him/her give (pf.)’, nech dáva ‘let him/her give (impf.)’, nech kupuje ‘let him/her buy (impf.)’, nech pije ‘let him/her drink (impf.)’, nech je ‘let him/her eat (impf.)’. In Polish, the particle niech, e.g. niech dmie ‘let him/her blow (impf.)’, niech rwie ‘let him/her tear (impf.)’, niech ciągnie ‘let him/her pull (impf.)’, niech drze ‘let him/ her rend (impf.)’, niech trze ‘let him/her rub (impf.)’, niech pisze ‘let him/her write (impf.)’, niech płynie ‘let him/her float (impf.)’, niech robi ‘let him/her do (impf.)’, niech uczy ‘let him/her teach (impf.)’, niech się śmieje ‘let him/her laugh (impf.)’, niech pokazuje ‘let him/her show (impf.)’, niech daje ‘let him/her give (impf.)’, niech bije ‘let him/her beat (impf.)’, niech czyta ‘let him/her read (impf.)’, niech da ‘let him/her give (pf.)’, niech je ‘let him/her eat (impf.)’. In Sorbian, the particles USo. njech and LSo. daś(i), e.g. USo. njech wozmje, LSo. ´ o ‘let him/her take (pf.)’, USo. njech spi, LSo. daś(i) spi ‘let him/her sleep daś(i) wezm (impf.)’, USo. njech dźe, LSo. daś(i) źo ‘let him/her go (impf., det.)’, USo. njech njese, LSo. daś(i) ńaso ‘let him/her carry (impf., det.)’, USo. njech pječe, LSo. daś(i) p´aco ‘let him/her bake (impf.)’, USo. njech pije, LSo. daś(i) pijo ‘let him/her drink (impf.)’, USo. njech dźěła, LSo. daś(i) źěła ‘let him/her work (impf.)’, USo. njech prosi, LSo. daś(i) pšosy ‘let him/her ask (impf.)’, USo. njech da, LSo. daś(i) da ‘let him/her give (pf.)’, USo. njech jě, LSo. daś(i) jě ‘let him/her eat (impf.)’. In Ukrainian, the particle nехáj or хаj, e.g. (ne)xáj róbyt’/róbe ‘let him/her do (impf.)’, (nе)хáj pеčé ‘let him/her bake (impf.)’, (nе)хáj bižyt’ ‘let him/her run (impf., det.)’, (nе)хáj bеré ‘let him/her take (impf.)’, (nе)хáj víz’mе ‘let him/her take (pf.)’, (nе)хáj kryknе ‘let him/her give a shout (pf.)’, (nе)хáj sjádе ‘let him/her sit down (pf.)’, (nе)хáj víryt’ ‘let him/her believe (impf.)’, (nе)хáj ljážе ‘let him/her lie down (pf.)’, (nе)хáj hráje ‘let him/her play (impf.)’, (nе)хáj sidáje ‘let him/her sit down (impf.)’, (nе)хáj prаcjuje ‘let him/her work (impf.)’, (nе)хáj p’je ‘let him/her drink (impf.)’, (nе)хáj stоï´t’ ‘let him/her stand (impf.)’, (nе)хáj dаst’ ‘let him/her give (pf.)’, (nе)хáj ïst’ ‘let him/her eat (impf.)’. In Belorussian, the particle njaхáj or хаj, e.g. (nja)хáj njasé ‘let him/her carry (impf., det.)’, (nja)хáj nósic’ ‘let him/her carry (impf., indet.)’, (nja)хáj idzé ‘let him/her go (impf., det.)’, (nja)хáj vóz’mе ‘let him/her take (pf.)’, (nja)хáj bjarè ‘let him/her take (impf.)’, (nja)хáj пjajačė´ ‘let him/her bake (impf.)’, (nja)хáj výkаžа ‘let him/her express (pf.)’, (nja)хáj stúknе ‘let him/her knock (pf.)’, (nja)хáj sjádzе ‘let him/her sit down (pf.)’, (nja)хáj ljážа ‘let him/her lie down (pf.)’, (nja)хáj čytájе ‘let him/her read (impf.)’, (nja)хáj prаcúje ‘let him/her work (impf.)’, (nja)хáj mýjе ‘let him/her wash (impf.)’,

20. Imperative Mood (nja)хáj séjе ‘let him/her sow (impf.)’, (nja)хáj p’jе ‘let him/her drink (impf.)’, (nja)хáj dаsc’ ‘let him/her give (pf.)’, (nja)хáj jеsc’ ‘let him/her eat (impf.)’. In Russian, the particle pust’ or puskáj, e.g. pust’/puskáj idët ‘let him/her go (impf., det.)’, pust’/puskáj bеrët ‘let him/her take (impf.)’, pust’/puskáj vоz’mët ‘let him/her take (pf.)’, pust’/puskáj pеčët ‘let him/her bake (impf.)’, pust’/puskáj bеžít ‘let him/her run (impf., det.)’, pust’/puskáj sidít ‘let him/her sit (impf.)’, pust’/puskáj výnеsеt ‘let him/her carry out (pf.)’, pust’/puskáj prоvétrit ‘let him/her air (pf.)’, pust’/puskáj vérit ‘let him/her believe (impf.)’, pust’/puskáj mážеt ‘let him/her daub (impf.)’, pust’/puskáj vstánеt ‘let him/her get up (pf.)’, pust’/puskáj ljážеt ‘let him/her lie down (pf.)’, pust’/ puskáj dаët ‘let him/her give (impf.)’, pust’/puskáj risúеt ‘let him/her draw (impf.)’, pust’/puskáj p’jët ‘let him/her drink (impf.)’, pust’/puskáj pоët ‘let him/her sing (impf.)’, pust’/puskáj dаst ‘let him/her give (pf.)’, pust’/puskáj еst ‘let him/her eat (impf.)’.

8. Third-person Dual Analytical Imperative Forms Third-person dual analytical imperative forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the third-person dual present imperfective or future perfective form: In Slovene, the particle naj, e.g. naj néseta ‘let two of them carry (impf., det.)’, naj píšeta ‘let two of them write (impf.)’, naj sédeta ‘let two of them sit down (pf.)’, naj odprèta ‘let two of them open (pf.)’, naj sêdíta ‘let two of them sit (impf.)’, naj mólčíta ‘let two of them be silent (impf.)’, naj péljeta ‘let two of them drive (impf.)’, naj čítata ‘let two of them read (impf.)’, naj igràta ‘let two of them play (impf.)’, naj odpīrata ‘let two of them open (impf.)’, naj glédata ‘let two of them look (impf.)’, naj dàsta ‘let two of them give (pf.)’, naj jésta ‘let two of them eat (impf.)’, naj povésta ‘let two of them tell (pf.)’, naj kupújeta ‘let two of them buy (impf.)’, naj pôjeta ‘let two of them sing (impf.)’, naj píjeta ‘let two of them drink (impf.)’, naj stójíta ‘let two of them stand (impf.)’, naj se bójíta ‘let two of them be afraid (impf.)’. In Sorbian, the particles USo. njech and LSo. daś(i), e.g. USo. njech wozmje-taj/tej ´ otej ‘let two of them take ‘let two [masc./fem.] of them take (pf.)’, LSo. daś(i) wezm (pf.)’, USo. njech spi-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them sleep (impf.)’, LSo. daś(i) spitej ‘let two of them sleep (impf.)’, USo. njech dźe-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them go (impf., det.)’, LSo. daś(i) źotej ‘let two of them go (impf., det.)’, USo. njech njese-taj/ tej ‘let two [masc./fem.] of them carry (impf., det.)’, LSo. daś(i) ńasotej ‘let two of them carry (impf., det.)’, USo. njech pječe-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them bake (impf.)’, LSo. daś(i) p´acotej ‘let two of them bake (impf.)’, USo. njech pije-taj/tej ‘let two [masc./ fem.] of them drink (impf.)’, LSo. daś(i) pijotej ‘let two of them drink (impf.)’, USo. njech dźěła-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them work (impf.)’, LSo. daś(i) źěłatej ‘let two of them work (impf.)’, USo. njech prosy-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them ask (impf.)’, LSo. daś(i) pšosytej ‘let two of them ask (impf.)’, USo. njech da-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them give (pf.)’, LSo. daś(i) datej ‘let two of them give (pf.)’, USo. njech jěs-taj/tej ‘let two [masc./fem.] of them eat (impf.)’, LSo. daś(i) jěstej ‘let two of them eat (impf.)’.

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IV. Morphologie des Verbs

9. Third-person Plural Analytical Imperative Forms Third-person plural analytical imperative forms contain the following particles meaning ‘let’ in conjunction with the third-person plural present imperfective or future perfective form: In Bulgarian, the particle dа or nékа or the combination nékа dа, e.g. dа /nékа (dа) píšаt ‘let them write (impf.)’, dа /nékа (dа) čеtát ‘let them read (impf.)’, dа /nékа (dа) pеkát ‘let them bake (impf.)’, dа /nékа (dа) nósjat ‘let them carry (impf.)’, dа /nékа (dа) vărvját ‘let them walk (impf.)’, dа /nékа (dа) stánаt ‘let them stand up (pf.)’, dа /nékа (dа) kárаt ‘let them drive (impf.)’, dа /nékа (dа) čákаt ‘let them wait (impf.)’, dа /nékа (dа) glédаt ‘let them look (impf.)’, dа /nékа (dа) stréljat ‘let them shoot (impf.)’, dа / nékа (dа) stávаt ‘let them stand up (impf.)’, dа /nékа (dа) dаdát ‘let them give (pf.)’, dа /nékа (dа) vljázаt ‘let them enter (pf.)’, dа /nékа (dа) vídjat ‘let them see (pf.)’, dа / nékа (dа) dăržát ‘let them hold (impf.)’, dа /nékа (dа) igrájat ‘let them play (impf.)’, dа /nékа (dа) péjat ‘let them sing (impf.)’, dа /nékа (dа) píjat ‘let them drink (impf.)’, dа /nékа (dа) stójat ‘let them stand (impf.)’, dа /nékа (dа) brоját ‘let them count (impf.)’, dа /nékа (dа) jadát ‘let them eat (impf.)’. In Serbian the particle da or nèka, e.g. da/nèka jèdū ‘let them eat (impf.)’, da/nèka bèrū ‘let them take (impf.)’, da/nèka pèkū ‘let them bake (impf.)’, da/nèka ùzmū ‘let them take (pf.)’, da/nèka gòvorē ‘let them speak (impf.)’, da/nèka držē ‘let them hold (impf.)’, da/nèka gájē ‘let them rear (impf.)’, da/nèka čìtajū ‘let them read (impf.)’, da/ nèka ùzimajū ‘let them take (impf.)’, da/nèka dàjū ‘let them give (pf.)’, da/nèka píjū ‘let them drink (impf.)’, da/nèka čújū ‘let them hear (impf.)’, da/nèka kùpujū ‘let them buy (impf.)’, da/nèka stòjē ‘let them stand (impf.)’. In Macedonian, the particle dа or nеkа, e.g. dа /nеkа pišаt ‘let them write (impf.)’, dа /nеkа idаt ‘let them go (impf., det.)’, dа /nеkа rеčаt ‘let them say (pf.)’, dа /nеkа nоsаt ‘let them carry (impf.)’, dа /nеkа rеšаt ‘let them decide (pf.)’, dа /nеkа sеdаt ‘let them sit (impf.)’, dа /nеkа glеdааt ‘let them look (impf.)’, dа /nеkа dоаg´ааt ‘let them come (impf.)’, dа /nеkа dаvааt ‘let them give (impf.)’, dа /nеkа kupuvааt ‘let them buy (impf.)’, dа /nеkа živеаt ‘let them live (impf.)’, dа /nеkа stоjаt ‘let them stand (impf.)’, dа /nеkа klаdаt ‘let them put (pf.)’, dа /nеkа dаdаt ‘let them give (pf.)’, dа /nеkа pijаt ‘let them drink (impf.)’, dа /nеkа sе smеаt ‘let them laugh (impf.)’, dа /nеkа brоjаt ‘let them count (impf.)’. In Slovene, the particle naj, e.g. naj nésejo ‘let them carry (impf.)’, naj píšejo ‘let them write (impf.)’, naj sédejo ‘let them sit down (pf.)’, naj odprèjo ‘let them open (pf.)’, naj sêdíjo ‘let them sit (impf.)’, naj mólčíjo ‘let them be silent (impf.)’, naj péljejo ‘let them drive (impf.)’, naj čítajo ‘let them read (impf.)’, naj igràjo ‘let them play (impf.)’, naj odpīrajo ‘let them open (impf.)’, naj glédajo ‘let them look (impf.)’, naj dàjo ‘let them give (pf.)’, naj jedó/jéjo ‘let them eat (impf.)’, naj povedó/povéjo ‘let them tell (pf.)’, naj kupújejo ‘let them buy (impf.)’, naj pôjejo ‘let them sing (impf.)’, naj píjejo ‘let them drink (impf.)’, naj stójíjo ‘let them stand (impf.)’, naj se bójíjo ‘let them be afraid (impf.)’. In Czech, the particle ať or nechť, e.g. ať/nechť čtou ‘let them read (impf.)’, ať/nechť tisknou ‘let them press (impf.)’, ať/nechť zvou ‘let them call (impf.)’, ať/nechť pošlou ‘let them send (pf.)’, ať/nechť zavřou ‘let them close (pf.)’, ať/nechť berou ‘let them take (impf.)’, ať/nechť pečou ‘let them bake (impf.)’, ať/nechť píšou ‘let them write (impf.)’, ať/nechť platí ‘let them pay (impf.)’, ať/nechť kouří ‘let them smoke (impf.)’, ať/nechť

20. Imperative Mood jedí ‘let them eat (impf.)’, ať/nechť pijí ‘let them drink (impf.)’, ať/nechť kupují ‘let them buy (impf.)’, ať/nechť zavírají ‘let them close (impf.)’, ať/nechť dají ‘let them give (pf.)’, ať/nechť dávají ‘let them give (impf.)’. In Slovak, the particle nech, e.g. nech spia ‘let them sleep (impf.)’, nech pošlú ‘let them send (pf.)’, nech zájdú ‘let them go in (pf.)’, nech fajčia ‘let them smoke (impf.)’, nech berú ‘let them take (impf.)’, nech vedú ‘let them lead (impf.)’, nech pomôžu ‘let them help (pf.)’, nech píšu ‘let them write (impf.)’, nech prosia ‘let them ask (impf.)’, nech ležia ‘let them lie (impf.)’, nech dajú ‘let them give (pf.)’, nech davajú ‘let them give (impf.)’, nech kupujú ‘let them buy (impf.)’, nech pijú ‘let them drink (impf.)’, nech jedia ‘let them eat (impf.)’. In Polish, the particle niech, e.g. niech dmą ‘let them blow (impf.)’, niech rwą ‘let them tear (impf.)’, niech ciągną ‘let them pull (impf.)’, niech drą ‘let them rend (impf.)’, niech trā ‘let them rub (impf.)’, niech piszą ‘let them write (impf.)’, niech płyną ‘let them float (impf.)’, niech robią ‘let them do (impf.)’, niech uczā ‘let them teach (impf.)’, niech się śmieją ‘let them laugh (impf.)’, niech pokazują ‘let them show (impf.)’, niech dają ‘let them give (impf.)’, niech biją ‘let them beat (impf.)’, niech czytają ‘let them read (impf.)’, niech dadzą ‘let them give (pf.)’, niech jedzą ‘let them eat (impf.)’. In Sorbian, the particles USo. njech and LSo. daś(i), e.g. USo. njech wozmu / wozmjeja, LSo. daś(i) wezmu ‘let them take (pf.)’, USo. njech spja, LSo. daś(i) spe˘ ‘let them sleep (impf.)’, USo. njech du /dźeja, LSo. daś(i) du ‘let them go (impf., det.)’, USo. njech njesu /njeseja, LSo. daś(i) ńasu ‘let them carry (impf., det.)’, USo. njech pjeku /pječeja, LSo. daś(i) p´aku ‘let them bake (impf.)’, USo. njech pija/pijeja, LSo. daś(i) piju ‘let them drink (impf.)’, USo. njech dźěłaja, LSo. daś(i) źěłaju ‘let them work (impf.)’, USo. njech prosja, LSo. daś(i) pšose ‘let them ask (impf.)’, USo. njech dadźa, LSo. daś(i) daźe ‘let them give (pf.)’, USo. njech jědźa, LSo. daś(i) jěźe ‘let them eat (impf.)’. In Ukrainian, the particle nехáj or хаj, e.g. (ne)xáj róbljat’ ‘let them do (impf.)’, (ne)xáj pеčút’ ‘let them bake (impf.)’, (ne)xáj bižát’ ‘let them run (impf., det.)’, (ne)xáj bеrút’ ‘let them take (impf.)’, (ne)xáj víz’mut’ ‘let them take (pf.)’, (ne)xáj kryknut’ ‘let them give a shout (pf.)’, (ne)xáj sjádut’ ‘let them sit down (pf.)’, (ne)xáj vírjat’ ‘let them believe (impf.)’, (ne)xáj ljážut’ ‘let them lie down (pf.)’, (ne)xáj hrájut’ ‘let them play (impf.)’, (ne)xáj sidájut’ ‘let them sit down (impf.)’, (ne)xáj prаcjújut’ ‘let them work (impf.)’, (ne)xáj p”jut’ ‘let them drink (impf.)’, (ne)xáj stоját’ ‘let them stand (impf.)’, (ne)xáj dаdút’ ‘let them give (pf.)’, (ne)xáj ïdját’ ‘let them eat (impf.)’. In Belorussian, the particle njaхáj or хаj, e.g. (nja)хáj njasúc’ ‘let them carry (impf., det.)’, (nja)хáj nósjac’ ‘let them carry (impf., indet.)’, (nja)хáj idúc’ ‘let them go (impf., det.)’, (nja)хáj vóz’muc’ ‘let them take (pf.)’, (nja)хáj bjarúc’ ‘let them take (impf.)’, (nja)хáj pjakúc’ ‘let them bake (impf.)’, (nja)хáj výkаžuc’ ‘let them express (pf.)’, (nja)хáj stuknúc’ ‘let them knock (pf.)’, (nja)хáj sjáduc’ ‘let them sit down (pf.)’, (nja)хáj ljáhuc’ ‘let them lie down (pf.)’, (nja)хáj čytájuc’ ‘let them read (impf.)’, (nja)хáj prаcújuc’ ‘let them work (impf.)’, (nja)хáj mýjuc’ ‘let them wash (impf.)’, (nja)хáj séjic’ ‘let them sow (impf.)’, (nja)хáj p’juc’ ‘let them drink (impf.)’, (nja)хáj dаdúc’ ‘let them give (pf.)’, (nja)хáj jadúc’ ‘let them eat (impf.)’. In Russian, the particle pust’ or puskáj, e.g. pust’/puskáj idút ‘let them go (impf., det.)’, pust’/puskáj bеrút ‘let them take (impf.)’, pust’/puskáj vоz’mút ‘let them take (pf.)’, pust’/puskáj pеkút ‘let them bake (impf.)’, pust’/puskáj bеgút ‘let them run (impf., det.)’, pust’/puskáj sidját ‘let them sit (impf.)’, pust’/puskáj výnеsut ‘let them carry out

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IV. Morphologie des Verbs (pf.)’, pust’/puskáj prоvétrjat ‘let them air (pf.)’, pust’/puskáj vérjat ‘let them believe (impf.)’, pust’/puskáj mážut ‘let them daub (impf.)’, pust’/puskáj vstánut ‘let them get up (pf.)’, pust’/puskáj ljágut ‘let them lie down (pf.)’, pust’/puskáj dаjút ‘let them give (impf.)’, pust’/puskáj risujut ‘let them draw (impf.)’, pust’/puskáj p’jut ‘let them drink (impf.)’, pust’/puskáj pоjut ‘let them sing (impf.)’, pust’/puskáj dаdút ‘let them give (pf.)’, pust’/puskáj еdját ‘let them eat (impf.)’.

10. Negative Imperative Forms Negative imperfective imperatives basically express an injunction either (i) to stop doing an action already in progress (= the prohibitive meaning), i. e., if you are reading, then Russian Nе čitаj! ‘Don’t read (impf.) [you:SG]!’ = ‘Stop reading!’, or (ii) to continue not doing an action not yet in progress, i. e., if you are not reading, then Russian Nе čitаj! ‘Don’t read (impf.) [you:SG]!’ = ‘Go on not reading! / Don’t begin to read!’. Negative perfective imperatives express the preventive meaning, i. e. that of warning of undesirable consequences, cf. Russian Nе prоstudis’! ‘Don’t catch a cold (pf.) [you:SG]!’. Negative markers can be represented by a negative particle, negative auxiliary verb meaning ‘don’t’ or negative prefix: 1) Negative particle ne/nie C positive imperative: In Bulgarian, e.g. nе stréljaj, dа /nékа (dа) nе stréljaš ‘don’t shoot (impf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) nе strélja ‘let him/her not shoot (impf.)’, and dа /nékа (dа) nе пádnеš ‘don’t fall (pf.) [you:SG]’, dа /nékа (dа) nе pádnе ‘let him/her not fall (pf.)’. In Serbian and Croatian, e.g. ne pèci, da ne pèčēš ‘don’t bake (impf.) [you:SG]’, da/ nèka ne pèčē ‘let him/her not bake (impf.)’, and ne víkni, da/nèka ne víknēš ‘don’t give a shout (pf.) [you:SG]’, da/nèka ne víknē ‘let him/her not give a shout (pf.)’. In Macedonian, e.g. nе glеdаj, dа nе glеdаš ‘don’t look (impf.) [you:SG]’, dа /nеkа nе glеdа ‘let him/her not look (impf.)’, and nе sеdni, dа nе sеdneš ‘don’t sit down (pf.) [you:SG]’, dа /nеkа nе sеdne ‘let him/her not sit down (pf.)’. In Slovene, e.g. ne píj ‘don’t drink (impf.) [you:SG]’, naj ne píje ‘let him/her not drink (impf.)’, and ne odprì ‘don’t open (pf.) [you:SG]’, naj ne odprè ‘let him/her not open (pf.)’. In Polish, e.g. niе rób ‘don’t do (impf.) [you:SG]’, niech niе robi ‘let him/her not do (impf.)’, and niе zapomnij ‘don’t forget (pf.) [you:SG]’, niech niе zapomni ‘let him/her not forget (pf.)’. In Ukrainian, e.g. nе bižy ‘don’t run (impf., det.) [you:SG]’, (ne)xáj nе bižyt’ ‘let him/her not run (impf., det.)’, and nе skаžy ‘don’t tell (pf.) [you:SG]’, (ne)xáj nе skážе ‘let him/her not tell (pf.)’. In Belorussian, e.g. nе sаdzísja ‘don’t sit down (impf.) [you:SG]’, (nja)хáj nе sаdzíccа ‘let him/her not sit down (impf.)’, and nе sjadz’ ‘don’t sit down (pf.) [you:SG]’, (nja)хáj nе sjádzе ‘let him/her not sit down (pf.)’. In Russian, e.g. nе pоj ‘don’t sing (impf.) [you:SG]’, pust’/puskáj nе pоët ‘let him/ her not sing (impf.)’, and nе pоskоl’znis’ ‘don’t slip (pf.) [you:SG]’, pust’/puskáj nе pоskоl’znёtsja ‘let him/her not slip (pf.)’.

20. Imperative Mood 2) Negative auxiliary verb C (vestigial) positive infinitive or positive analytical imperative: In Bulgarian, the negative auxiliary verb nеdéj [2SG], nеdéjте [2PL], e.g. nеdéj strélja, nеdéj dа stréljaš ‘don’t shoot (impf.) [you:SG]’, nеdéjtе strélja, nеdéjtе dа stréljatе ‘don’t shoot (impf.) [you:PL]’, and nеdéj dа pádnеš ‘don’t fall (pf.) [you:SG]’, nеdéjtе dа pádnеtе ‘don’t fall (pf.) [you:PL]’. In Serbian and Croatian, the negative auxiliary verb nèmōj [2SG], nèmōjte [2PL], nèmōjmo [1PL], e.g. nèmōj pèći, nèmōj da pèčēš ‘don’t bake (impf.) [you:SG]’, nèmōjte pèći, nèmōjte da pèčēte ‘don’t bake (impf.) [you:PL]’, nèmōjmo pèći, nèmōjmo da pèčēmo ‘let us [you:PL & me] not bake (impf.)’, and nèmōj víknuti, nèmōj da víknēš ‘don’t give a shout (pf.) [you:SG]’, nèmōjte víknuti, nèmōjte da víknēte ‘don’t give a shout (pf.) [you:PL]’, nèmōjmo víknuti, nèmōjmo da víknēmо ‘let us [you:PL & me] not give a shout (pf.)’. In Macedonian, the negative auxiliary verb nеmоj [2SG], nеmоjtе [2PL], e.g. nеmоj dа glеdаš ‘don’t look (impf.) [you:SG]’, nеmоjtе dа glеdаtе ‘don’t look (impf.) [you:PL]’, and nеmоj dа sеdneš ‘don’t sit down (pf.) [you:SG]’, nеmоjtе dа sеdnetе ‘don’t sit down (pf.) [you:PL]’. 3) Negative particle ne/nje resp. prefixing to positive imperative: In Czech, e.g. neber ‘don’t take (impf.) [you:SG]’, ať/nechť nebere ‘let him/her not take (impf.)’, and nenapiš ‘don’t write (pf.) [you:SG]’, ať/nechť nenapíše ‘let him/her not write (pf.)’. In Slovak, e.g. nelež ‘don’t lie (impf.) [you:SG]’, nech neleží ‘let him/her not lie (impf.)’, and nezájdi ‘don’t go in (pf.) [you:SG]’, nech nezájde ‘let him/her not go in (pf.)’. In Sorbian, e.g. USo. njedźi, LSo. njeźi ‘don’t go (impf., det.) [you:SG]’, USo. njech njedźe, LSo. daś(i) njeźo ‘let him/her not go (impf., det.)’, and njestup ‘don’t step (pf.) [you:SG]’, USo. njech njestupi, LSo. daś(i) njestupi ‘let him/her not step (pf.)’.

11. Literature (selected) Andrejčin, Ljubomir (1978): Osnovna bălgarska gramatika. Sofija. Atraxovič (Krapiva), K. K./Bulaxau˘, M. H. (red.) (1962): Gramatyka belaruskaj movy. Tom I. Minsk. Barić, Eugenija et al. (1990): Gramatika hrvatskoga književnog jezika. 2. Izdanje. Zagreb. Birjulin, L. A/Xrakovskij, V. S. (2001): “Imperative Sentences: Theoretical Problems”. // Xrakovskij V. S. (ed.). Typology of Imperative Constructions. München. 3⫺50. Birjulin, L. A./Xrakovskij, V. S. (1991): “Paradigma slavjanskogo imperativa s obščetipologičeskix pozicij.” // Problemy teoretyczno-metodologiczne badań konfrontatywnych języków słowiańskich. Warszawa. 25⫺48. de Bray, Reginald George Arthur (1980): Guide to the Slavonic Languages. Part 1. Guide to the South Slavonic Languages. Part 2. Guide to the West Slavonic Languages, Part 3. Guide to the East Slavonic Languages. 3rd ed. revised and expanded. Columbus. Ohio. Derbyshire, William W. (1993): A Basic Reference Grammar of Slovene. Columbus. Ohio. Faßke, Helmut (unter Mitarbeit von Siegfried Michalk) (1981): Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart: Morphologie. Bautzen. Hauge, Kjetil Rå (1999): A Short Grammar of Contemporary Bulgarian. Bloomington, Indiana.

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IV. Morphologie des Verbs Herrity, Peter (2000): Slovene: A Comprehensive Grammar. London/New York. Janda, Laura A./Townsend, Charles E. (2000): Czech. München. Lenček, Rado L. (1966): The Verb Pattern of Contemporary Standart Slovene with an Attempt at a Generative Description of the Slovene Verb by Horace G. Lunt. Wiesbaden. Lunt, Horace G. (1952): A Grammar of the Macedonian Literary Language. Skopje. Mønnesland, Svein (2002): Bosnisk, kroatisk, serbisk grammatik. Oslo. Pugh, Stefan M./Press, Ian (1999): Ukrainian: a Comprehensive Grammar. London/New York. Rusanovskij, V. M./Žovtobrjux, M. A./Gorodenskaja, E. G./Griščenko, A. A. (1986): Ukrainskaja grammatika. Kiev. Schuster-Šewc, Heinz (1999): Grammar of the Upper Sorbian Language. Phonology and Morphology. 2nd printing. München. Širokova, A. G. (1961): Češskij jazyk. Moskva. Švedova, N. Ju. (red.) (1980): Russkaja grammatika. Tom I. Moskva. Szober, Stanisław (1963): Gramatyka języka polskiego (Wyd. szóste). Warszawa. Šwela, Bogumił (1952): Grammatik der niedersorbischen Sprache. 2. Auflage. Bautzen. Urbańczyk, Stanisław (red.) (1984): Gramatyka współczesnego języka polskiego. Składnia ⫺ Morfologia ⫺ Fonologia. Tom II. Warszawa. Usikova, R. P. (1985): Makedonskij jazyk. Grammatičeskij očerk, teksty dlja čtenija s kommentarijami i slovarëm. Skopje. Wowčerk, Pawol (1955): Kurzgefasste obersorbische Grammatik: Phonetik und Morphologie. 3. Auflage. Berlin.

Leonid Birjulin, Helsinki (Finland)

21. Der sogenannte Renarrativ 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Terminologie Bedeutung oder Funktion? Die Rolle der Kopula Der Renarrativ: eine verbale Kategorie? Zum Problem der Herkunft Literatur (in Auswahl)

Abstract This contribution concerns itself with the question of whether there is actually a verbal morphological category called “quotation” in Bulgarian and Macedonian, with which either what a third party has said is renarrated in the narrow sense of the meaning or, in the wide sense, reference is made to something which the speaker him/herself has not experienced ⫺ known in relevant literature under the term of “non-testified”, which in this case would play the role of the semantic invariant. As a rule, not only quotation but also inference and admirative are subsumed under this feature. But as my research has unambiguously shown for Bulgarian (also transferable to Macedonian as a result of the similarity of systems), the corresponding forms express neither one nor the other mean-

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IV. Morphologie des Verbs Herrity, Peter (2000): Slovene: A Comprehensive Grammar. London/New York. Janda, Laura A./Townsend, Charles E. (2000): Czech. München. Lenček, Rado L. (1966): The Verb Pattern of Contemporary Standart Slovene with an Attempt at a Generative Description of the Slovene Verb by Horace G. Lunt. Wiesbaden. Lunt, Horace G. (1952): A Grammar of the Macedonian Literary Language. Skopje. Mønnesland, Svein (2002): Bosnisk, kroatisk, serbisk grammatik. Oslo. Pugh, Stefan M./Press, Ian (1999): Ukrainian: a Comprehensive Grammar. London/New York. Rusanovskij, V. M./Žovtobrjux, M. A./Gorodenskaja, E. G./Griščenko, A. A. (1986): Ukrainskaja grammatika. Kiev. Schuster-Šewc, Heinz (1999): Grammar of the Upper Sorbian Language. Phonology and Morphology. 2nd printing. München. Širokova, A. G. (1961): Češskij jazyk. Moskva. Švedova, N. Ju. (red.) (1980): Russkaja grammatika. Tom I. Moskva. Szober, Stanisław (1963): Gramatyka języka polskiego (Wyd. szóste). Warszawa. Šwela, Bogumił (1952): Grammatik der niedersorbischen Sprache. 2. Auflage. Bautzen. Urbańczyk, Stanisław (red.) (1984): Gramatyka współczesnego języka polskiego. Składnia ⫺ Morfologia ⫺ Fonologia. Tom II. Warszawa. Usikova, R. P. (1985): Makedonskij jazyk. Grammatičeskij očerk, teksty dlja čtenija s kommentarijami i slovarëm. Skopje. Wowčerk, Pawol (1955): Kurzgefasste obersorbische Grammatik: Phonetik und Morphologie. 3. Auflage. Berlin.

Leonid Birjulin, Helsinki (Finland)

21. Der sogenannte Renarrativ 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Terminologie Bedeutung oder Funktion? Die Rolle der Kopula Der Renarrativ: eine verbale Kategorie? Zum Problem der Herkunft Literatur (in Auswahl)

Abstract This contribution concerns itself with the question of whether there is actually a verbal morphological category called “quotation” in Bulgarian and Macedonian, with which either what a third party has said is renarrated in the narrow sense of the meaning or, in the wide sense, reference is made to something which the speaker him/herself has not experienced ⫺ known in relevant literature under the term of “non-testified”, which in this case would play the role of the semantic invariant. As a rule, not only quotation but also inference and admirative are subsumed under this feature. But as my research has unambiguously shown for Bulgarian (also transferable to Macedonian as a result of the similarity of systems), the corresponding forms express neither one nor the other mean-

21. Der sogenannte Renarrativ ing, but a context is always necessary in order to identify the accompanying circumstances of how the speaker has come to the perception in question, with the result that only communicative functions and not grammatical meanings can be spoken of. The so-called renarrative forms are in reality versions of the perfect and the pluperfect with which an action taking place in the past is transferred to the moment of speaking as a status. The status effect is reinforced by leaving out the copula in the third person. The motivation of the use of corresponding variants of the tense in the functions mentioned has very likely been copied from the Turk languages.

1. Terminologie Für die slavischen Sprachen Bulgarisch und Makedonisch wird in der linguistischen Literatur traditionsgemäß die Existenz einer verbalen Kategorie Narrativ (vgl. Kattein 1979) bzw. Renarrativ (bulg.: preizkazvane und mak.: prekažanost) zugrunde gelegt. Beide Bezeichnungen für die Periphrase, die entweder aus einem l-Partizip auf Imperfekt- bzw. Aoristbasis eines Vollverbs beider Aspekte (im Makedonischen außerdem auch aus dem l-Partizip von ‚haben‘ und dem Passivpartizip des Vollverbs) sowie einer von ‚sein‘ gebildeten Kopula bzw. einer Nullkopula in der 3. Person besteht ⫺ zwecks Übersicht über die einzelnen Formen verweise ich auf folgende Grammatiken (Friedman 1977; Koneski 1981; Pašov 1994; Stojanov 1999) ⫺, werden von der unterstellten semantischen Invariante ‚Wiedergabe fremder Rede‘ abgeleitet. In diesem Sinne ist der Terminus Renarrativ aufgrund der exakteren Widerspiegelung dieser Bedeutung zu bevorzugen und wird deshalb von mir im weiteren zur Bezeichnung der betreffenden Erscheinung verwendet. Im Deutschen wären als weitere repräsentative Äquivalente narrativische Form, Wieder- bzw. Nacherzählform (Ziegerer 1994) zu nennen. Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe von Termini, die einen vermeintlichen Bedeutungsaspekt besonders herauszustreichen versuchen, wie z. B. mit dem Admirativ das ‚Unerwartetsein‘ (Weigand 1925) oder mit dem Imperzeptiv bzw. der indirekten Erlebnisform (Haarmann 1970) das Merkmal der ‚Nichtbezeugtheit‘.

2. Bedeutung oder Funktion? Die bei diesem Thema alles entscheidende Frage ist, ob der vorliegenden morphologischen Form die Bedeutung der Redewiedergabe bzw. eine andere der bereits genannten zugeschrieben werden kann oder nicht. In der Mehrheit der Arbeiten zum Thema wird darauf eine bejahende Antwort gegeben ⫺ Uneinigkeit besteht lediglich in der Wahl der Bedeutung bzw. des Merkmals, das zur semantischen Invariante erklärt wird. Meinen Analysen zufolge kommen hierfür neben dem Renarrativ, Admirativ und dem Imperzeptiv der Konklusiv ‚Schlußfolgern‘, der Optativ ‚Äußern eines Wunsches‘ und die Zustandskonstatierung in Frage, in denen im Bulgarischen sowie Makedonischen unter ganz bestimmten Voraussetzungen die betreffende l-Periphrase zur Anwendung kommt (vgl. Levin-Steinmann 2002 und 2004).

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IV. Morphologie des Verbs Die Aufgabe, die man sich folglich stellen muß, besteht darin, die Beziehung dieser ganz unterschiedlichen semantischen Merkmale zueinander aufzudecken, um auf dieser Grundlage die Bedeutung ermitteln zu können, die den Weg zu den anderen Gebrauchssphären weist. Das Vorliegen einer bestimmten Art von Homonymie, die eine gegenseitige Verbindung der Bedeutungen auch aus diachroner Sicht nicht zwingend voraussetzt, kann m. E. bei einer Anzahl von sechs Gebrauchssphären glaubhaft ausgeschlossen werden. Die Antwort auf alle diese Fragen liegt dementsprechend in der morphologischen Form selbst. Betrachtet man diese in beiden Sprachen näher, stellt man zunächst deren Ähnlichkeit mit dem Perfekt und Plusquamperfekt fest, die sich im Bulgarischen von den Temporaformen per se nur in der Verwendung eines l-Partizips auf Imperfektbasis, im Wegfall der Kopula in der 3. Person, in der Bildung der perfektivischen Form štjal von der Futurpartikel šte und der Erweiterungsmöglichkeit der Periphrase durch die Perfektform von ‚sein‘ bil unterscheiden soll. Im Makedonischen dagegen, wo die Verwendung von bil inzwischen als stark veraltet gilt und keine perfektivische Form der Futurpartikel k´е gebildet werden kann, ordnen sich die übrigen Erscheinungen ohne weiteres dem Tempussystem unter und wird auch ein Teil des o. g. semantischen Sextetts m. H. des beše-Plusquamperfekts wiedergegeben. Ausgehend von dem Bild im Makedonischen kann man direkt auf die Verhältnisse im bulgarischen System schließen. Bei den sog. Renarrativformen handelt es sich tatsächlich um Perfekt- und Plusquamperfektvarianten, mit denen die auf das Subjekt bezogene Handlung als eine ihm bis zu einem bestimmten Zeitpunkt anhaftende Eigenschaft betrachtet wird (vgl. Levin-Steinmann 2002, 135 f. bzw. 2004, 185), d. h. um eine spezifische Art von Zustandskonstatierung, die in nicht wenigen Fällen in „fingierter“ Form (vgl. Sadnik 1966) vorliegt. Die anderen 5 Gebrauchssphären bauen auf dieser semantischen Invariante auf, sind also keine Bedeutungen der Formen an sich, sondern kontextabhängige Funktionen derselben, d. h. Funktionen auf der Äußerungsebene, in denen sich jeweils ganz bestimmte Zeitverhältnisse und Betrachtungsstandpunkte des Sprechers morphologisch widerspiegeln. Als besonders erklärungsbedürftig könnte diese Sichtweise im Hinblick auf die Formen mit der Futurpartikel štjal im Bulgarischen bzw. k´е C l-Partizip des Vollverbs im Makedonischen erscheinen. In diesem Fall wird das von einem vergangenen Zeitpunkt als zukünftig betrachtete Ereignis in dem geschilderten perfektivischen Sinne zu dem Sprecherstandpunkt herangezogen ⫺ ein Szenario, das natürlich im überwiegenden Maße für die Redewiedergabe genutzt wird, vgl. dazu die Abbildungen 8a und 8b in Levin-Steinmann (2002, 169 bzw. 2004, 230). Ansonsten ist die Nutzung der entsprechenden l-Periphrase für die Wiedergabe von Renarrativ, Admirativ, Imperzeptiv, Konklusiv und Optativ auf der Äußerungsebene äußerst heterogen, es unterscheidet sich auch der semantische Status der einzelnen Funktionen wesentlich voneinander. Als autonome semantische Größen gelten neben der Zustandskonstatierung alle Funktionen außer dem Imperzeptiv, denn es ist logisch, dass man ein Geschehen nicht thematisieren kann, von dem man keine Kenntnis erhalten hat. Der Imperzeptiv bedarf folglich eines Vehikels in Gestalt der anderen Bedeutungen bzw. Funktionen. In bezug auf die semantische Invariante und der Funktion ‚Renarrativ‘ erwies sich der Imperzeptiv als fakultative Nebenbedeutung, während er im Zusammenhang mit dem Konklusiv und Optativ als obligatorische Teilbedeutung stets präsent ist. Der Admirativ nimmt in dieser Beziehung eine Zwischenstellung ein. Es ist dieser Funktion die semantische Autonomie zwar nicht vollständig abzuspre-

21. Der sogenannte Renarrativ chen ⫺ die Überraschung über den Eintritt eines Ereignisses kann durchaus unabhängig von der Art und Weise, wie man davon erfahren hat, dargestellt werden ⫺ allerdings ist diese Konstellation sehr selten. In den meisten Fällen ist der Admirativ ein enger Begleiter von Zustandskonstatierung, Renarrativ und Konklusiv. Am Beispiel der von Moustakas (1996, 163) für das Türkische formulierten Periphrase Orhan gelmiş ‚Orhan ist gekommen‘, die ebenso durch ein bulgarisches bzw. makedonisches Äquivalent, vgl.: Stojan došăl bzw. Blaže došol, ersetzt werden könnte, sollen im folgenden die wichtigsten, mit der l-Periphrase sprachlich wiedergegebenen Situationen demonstrierten werden, vgl.: 1) Der Sprecher sieht die Jacke von Orhan im Vorraum und schlussfolgert, dass er gekommen ist, obgleich er ihn nicht gesehen hat. (ICK) 2) Jemand hat dem Sprecher gesagt, dass Orhan gekommen ist, aber er selbst hat ihn noch nicht gesehen. (ICR) 3) Orhan sollte erst in einer Woche kommen. Der Sprecher hört jemanden klingeln. Er macht die Tür auf und sieht Orhan vor sich. (ICZCA). Der Optativ, der im Bulgarischen im Vergleich zu dem in zwei Dritteln aller Fälle auftretenden Renarrativ nur eine Ausnahmeerscheinung darstellt, kann an dieser Stelle vernachlässigt werden. Er spielt eigentlich nur noch in festen kommunikativen Formeln des Typs dobre došli ‚Herzlich willkommen!‘ eine Rolle, die bewiesenermaßen auf derselben semantischen und morphologischen Basis beruhen wie die sog. Renarrativformen. Ein Überblick über die unter dem Terminus „l-Periphrase“ subsumierten spezifischen Formen, die zum Ausdruck bestimmter Funktionen dienen, kann in Levin-Steinmann (2002 und 2004) eingesehen werden. Die zu registrierende Formenspezialisierung auf einzelne Funktionen ist dabei so zu erklären, dass bestimmte Darstellungen von Handlungsabläufen bzw. Sichtweisen auf die Handlungen eine besondere Affinität zu entsprechenden Funktionen aufweisen. Die semantische Größe, die ohne Ausnahmen alle Formen an sich binden kann, ist die Invariante ‚Zustandskonstatierung‘.

3. Die Rolle der Kopula Während sich im Makedonischen der Ausfall der Kopula in der 3. Person zu einer regulären Erscheinung innerhalb des Perfekt- und Plusquamperfektparadigmas entwickelt hat, ist er im Bulgarischen Ausgangspunkt für die Postulierung eines eigenständigen Paradigmas namens „Renarrativ“. Eingeleitet wurde diese Position mit der Dissertation von Andrejczyn (1938) und der sich anschließenden Diskussion dieser Arbeit, in der sich bis zum heutigen Tage die Linguisten in zwei Lager spalten. Als Fakt kann jedoch gelten, dass die sog. „kopulalose l-Periphrase“ weder die Bedeutung des Renarrativs noch eine andere der entsprechenden Funktionen direkt an sich bindet, noch umgekehrt der Ausdruck einer dieser Äußerungsbedeutungen den Kopulaausfall in der 3. Person der l-Periphrase obligatorisch macht. Dennoch wäre es falsch zu behaupten, dass der Kopulаausfall im Bulgarischen eine willkürliche Erscheinung ist, denn der Ausdruck des Renarrativs und Admirativs mittels einer l-Periphrase wird tatsächlich mehrheitlich vom Kopulaausfall in der 3. Person begleitet.

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IV. Morphologie des Verbs Aus morphosemantischer Sicht haben wir es hier mit einer Entwicklung zu tun, bei der die im Ergebnis eines voranschreitenden Grammatikalisierungsprozesses einsetzende Verstärkung des handlungsdynamischen Charakters, getragen durch die Kopula, mit ihrer Auslassung wieder rückgängig gemacht wird. Die Notwendigkeit der Betonung des Zustandscharakters liegt in der entsprechenden Weltsicht begründet, nach der einige Sprachgemeinschaften auch des Balkanareals die Verbindung von Basisbedeutung und kommunikativen Funktionen betrachten, s. Abschnitt 5.

4. Der Renarrativ: eine verbale Kategorie? Da der vorliegende Artikel innerhalb der Systematik des Handbuches bewusst an einer bestimmten Stelle erscheint, sollen die damit verbundenen Implikationen hier explizit angesprochen werden. In diesem Zusammenhang steht endgültig das Problem zur Entscheidung, ob der sog. Renarrativ eine eigenständige verbale Kategorie bildet bzw. welcher verbalen Kategorie er als selbständige bzw. unselbständige semantische Größe zugerechnet werden muss. In der einschlägigen Literatur zum Bulgarischen überwiegt bekanntlich die Meinung, dass der Renarrativ Moduscharakter besitzt (vgl. die einschlägigen Grammatiken sowie Kattein 1979; Walter 1988 u. a. m.). Die makedonische Grammatiktradition weicht von dieser Linie insofern ab, als hier in der Regel nur eine einzige Form, die „idno prekažano vreme“, d. h. ‚das renarrativische Futur‘ (vgl. Koneski 1981), zum Modus erklärt wird, während sich alle anderen in das Tempussystem einordnen ⫺ eine Lösung, die als inkonsequent bezeichnet werden muss. Für das Bulgarische sind die Lösungsvorschläge nicht weniger widersprüchlich, weil weder der als semantische Invariante postulierte Renarrativ noch der Imperzeptiv die Voraussetzungen für eine Verbalkategorie erfüllen. Es ist in diesem Sinne voll und ganz Panzer (1991, 96) zuzustimmen, der feststellt: „Wo keine Form, da keine Kategorie!“ Ganz abgesehen davon, dass die sog. kopulalose l-Periphrase nicht den Status einer eigenständigen verbalen bzw. morphologischen Kategorie besitzen kann, ist es aus semantischer Sicht kaum nachvollziehbar, wieso hierfür die Kategorie „Modus“ in Frage kommen soll, denn weder die eine noch die andere semantische Größe hat etwas mit der ‚Einstellung des Sprechers‘ zur Proposition zu tun, an der diese grammatische Kategorie traditionsgemäß festgemacht wird. Dieser Widerspruch ist in der Diskussion des Themas nicht unbemerkt geblieben, woraufhin man u. a. versuchte, entweder dem sog. Renarrativ das semantische Merkmal ‚Zweifel am Äußerungsinhalt‘ als festen Bestandteil oder nur dem Admirativ modalen Charakter zuzuschreiben. Aus semantischer Sicht könnte der letztgenannten Lösung zugestimmt werden, wenn der Admirativ über ein eigenes Formenparadigma verfügen würde. Dasselbe trifft auf die sog. „emphatischen“ Renarrativformen nach Andrejczyn (1938, 57), d. h. die mit bil erweiterten l-Periphrasen, zu, da es sich hierbei nicht um ein eigenständiges Paradigma handelt, das einen hohen Grad an Zweifel am Gesagten zum Ausdruck bringt. Dieser semantische Effekt wird exakt auf der Grundlage der Bedeutung erzielt, die das morphologische Konstrukt eines Plusquamperfekts bezeichnet, und zwar wird durch die fingierte Zurückverlagerung des Geschehens in die tiefere Vergangenheit, die zu seinem eigentlichen zeitlichen Ablauf im Widerspruch stehen muss und deshalb nur aus der Situationskonstellation deutlich wird, eine künstliche Distanz des Sprechers zu ihm erzeugt

21. Der sogenannte Renarrativ (vgl. Levin-Steinmann 2002, 171 bzw. 2004, 233). Dieser Mechanismus funktioniert auch in vielen anderen Sprachen, man denke nur an den deutschen Konjunktiv II in der Funktion der Redewiedergabe. Abschließend kann zu dem vorliegenden Thema festgehalten werden, dass es sich bei der bulgarischen kopulalosen l-Periphrase zweifelsfrei um Perfekt- und Plusquamperfektvarianten handelt, d. h. um Glieder des Tempussystems. Diese Annahme wird durch die Tatsache bestätigt, dass der Kopulaausfall in der 3. Person und das l-Partizip auf Imperfektbasis, vgl. das Makedonische, sowie die bil-Variante des Plusquamperfekts, vgl. das Kroatische/Serbische sowie Altrussische, auch im Bulgarischen die entsprechenden temporalen Bedeutungen aufweist, die bei der Wiedergabe der entsprechenden kommunikativen Funktionen zum Tragen kommen.

5. Zum Problem der Herkunft Seit die Diskussion um den sog. Renarrativ geführt wird, besteht auch die Frage nach seiner Herkunft, auf die entweder mit der Turzismus-These (Kucarov 1978; Ziegerer 1994) bzw. Nicht-Turzismus-These (Andrejčin 1952) geantwortet wird. Die Stellungnahme zu diesem Problem erübrigt sich keineswegs aufgrund des von mir vertretenen Standpunktes, dass der Renarrativ als verbale Kategorie nicht existiert, sondern verlagert sich nur in eine etwas andere Richtung, und zwar in die, dass geklärt werden muss, warum gerade die vorliegende l-Periphrase die betreffenden Funktionen an sich bindet ⫺ eine Erscheinung, die in dieser Form im Slavischen keine Tradition besitzt. Wie so oft liegt auch in diesem Fall die Wahrheit zwischen den sich gegenüberstehenden Thesen. Auf der einen Seite haben die im Zusammenhang mit dem bulgarischen Renarrativ genannten Indikatoren wie z. B. der Kopulaausfall in der 3. Person oder die Erweiterung der l-Periphrase durch bil keine genauen Entsprechungen im Türkischen, vgl. dazu die ausführlichen Darlegungen in Levin-Steinmann (2002 und 2004), auf der anderen Seite handelt es sich aber bei der türkischen miş-Form um ein perfektanaloges „Postterminativ“ (vgl. Johanson 1994), das mit seiner semantischen Invariante der Zustandskonstatierung in allen analogen kommunikativen Funktionen wie die bulgarische kopulalose l-Periphrase zur Anwendung gelangt, d. h. auch die türkische miş-Form ist kein ausschließlicher Träger der Bedeutung ‚Renarrativ‘. Sowohl das Bulgarische und Makedonische als auch das Albanische haben folglich eine ganz bestimmte Sicht auf die Dinge übernommen, die in den Türksprachen genuin vorliegt, und sie mit spracheigenen Mitteln umgesetzt: die slavischen Sprachen mit der Nutzung und strukturellen Anpassung und das Albanische mit der vollständigen Umstellung der bereits existenten Perfekt- bzw. Plusquamperfektperiphrasen. Die genaue Quelle für den kognitiven Impetus bleibt allerdings weiterhin ungeklärt. Gegen die Herkunft aus dem osmanischen Türkischen sprechen die großen Formdifferenzen, die in bezug auf das Bulgarische und Makedonische in anderen Türksprachen wie das Nogaische, Baschkirische, Kumykische oder Krimtatarische (vgl. Johanson 2000, 72 ff.) weniger spürbar sind.

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IV. Morphologie des Verbs

6. Literatur (in Auswahl) Andrejčin, Ljubomir (1952): „Văprosăt za nacionalnata samobitnost na ezika“. // Izvestija na instituta za bălgarski ezik. T. 2. 29⫺54. Andrejczyn, Ljubomir (1938): Kategorie znaczeniowe koniugacji bułgarskiej. Kraków. Friedman, V. A. (1977): The Grammatical Categories of the Macedonian Indicative. Colombus, Ohio. Haarmann, Harald (1970): Die indirekte Erlebnisform als grammatische Kategorie. Wiesbaden. Johanson, Lars (1994): „Türkeitürkische Aspektotempora“. // Thieroff, Rolf/Ballweg, Joachim. (eds.). Tense Systems in European Languages. Tübingen. 247⫺266. Johanson, Lars (2000): „Turkic indirectives“. // Johanson, Lars/Utas, Bo. (eds.). Evidentials. Turkic, Iranian and Neighbouring Languages. Berlin/New York. 61⫺87. Kattein, Rudolf (1979): Das bulgarische und mazedonische Narrativsystem. Frankfurt a. M. Koneski, Blaže (1981): Gramatika na makedonskiot literaturen jazik. Skopje. Kucarov, Ivan (1978): „Preizkazni modifikatori v južnite ezici“. // Săpostavitelno ezikoznanie. H. 4. 41⫺52. Levin-Steinmann, Anke (2002): Bedeutung und Funktionen der kopulalosen l-Periphrase im Bulgarischen. Habilitationsschrift. Leipzig. Levin-Steinmann, Anke (2004): Die Legende vom bulgarischen Renarrativ. Bedeutung und Funktionen der Kopulalosen l-Periphrase. München. Moustakas, Athanassios (1996): Das Konverb im Türkischen und seine funktionalen Entsprechungen im Neugriechischen, Bulgarischen und Rumänischen aus der Perspektive des Verbalaspekts. Neuried. Panzer, Baldur (1991): „Zur Entdeckung der Verbalkategorien in der bulgarischen Grammatik“. // Panzer, Baldur (eds.). Studien zum slavischen Verbum. Frankfurt a. M. 90⫺98. Pašov, Petăr (1994): Praktičeska bălgarska gramatika. Sofija. Radeva, Vassilka (2003): Bulgarische Grammatik. Hamburg. Sadnik, Linda (1966): „Der Ersatz von Aorist und Imperfekt durch die l-Periphrase, namentlich im Russischen“. // Anzeiger für slavische Philologie. 1. 16⫺30. Stojanov, Stojan (1999): Gramatika na bălgarskija knižoven ezik. Veliko Tărnovo. Walter, Hilmar (1988): „Probleme des Modussystems im modernen Bulgarischen“. // Zeitschrift für Slavistik. 336⫺344. Weigand, Gustav (1925): „Der Admirativ im Bulgarischen“. // Balkan-Archiv. Bd. 33. Leipzig. 150⫺152. Ziegerer, Penka (1994): Die Nacherzählformen im Bulgarischen. München.

Anke Levin-Steinmann, Leipzig (Deutschland)

22. Der Resultativ in den slavischen Sprachen

22. Der Resultativ in den slavischen Sprachen 1. 2. 3. 4.

Der Begriff des Resultativs Subjekt- und objektorientierte Resultativa Possessive Resultativa Literatur (in Auswahl)

Abstract Resultative constructions are defined according to the St. Petersburg school of typology. In Slavic, there are three main types of resultatives, the subject resultative, the object resultative and the possessive resultative. Subject resultatives are more developed in West Slavic than in East Slavic, possessive resultatives can be found in all Slavic languages, but while in West Slavic and South Slavic they are constructed with an auxiliary meaning ‘have’, in East Slavic they are mostly built with ‘be’ and an adessive bearer of the resultative state. In three Slavic varieties they developed into a dynamic perfect: North West Russian dialects, Kashubian, and Macedonian. In all three cases language contact might have played a decisive role. Object resultatives are the most common in all Slavic languages. While in most Slavic languages they are formally identical with the dynamic passive, in Polish, Standard Czech and Sorbian dialects there are formal devices to distinguish them.

1. Der Begriff des Resultativs Unter Resultativ werden im vorliegenden Text gemäß den Arbeiten der Petersburger (Leningrader) Schule Verbalformen verstanden, welche einen Nachzustand ausdrücken und dabei immer einen vorangegangenen Vorgang implizieren, der zum ausgedrückten Nachzustand geführt hat. Der Resultativ unterscheidet sich so vom Stativ, welches keinen vorangegangenen Vorgang impliziert: russisch Na stenе visit kartina ‚An der Wand hängt ein Bild‘ (Stativ) ⫺ Na stene povеšеnа kartina ‚An der Wand ist ein Bild aufgehängt‘ (Resultativ; vgl. Nedjalkov/Jaxontov 1988, 6). Der Resultativ unterscheidet sich jedoch zugleich auch vom Perfekt, indem letzteres einen Vorgang in der Vergangenheit ausdrückt, der für die Gegenwart relevant ist (Nedjalkov/Jaxontov 1988, 15). Die Bildung von Resultativa ist grundsätzlich an telische Verben gebunden, d. h. an Verben, welche den Übergang aus einem Zustand in einen anderen oder den Erwerb einer Qualität enthalten (Nedjalkov/Jaxontov 1988, 5). Resultativa treten in drei hauptsächlichen Diathesetypen auf: Im Falle des subjektorientierten Resultativs ist das Subjekt des Nachzustandes referenzidentisch mit demjenigen des vorangegangenen Vorganges (intransitives Verb), im Falle des objektorientierten Resultativs ist das Subjekt des Nachzustandes referenzidentisch mit dem Objekt (Patiens) des vorangegangenen Vorganges (transitives Verb), im possessiven Resultativum, welches im allgemeinen transitiv ist, wird der Nachzustand eines Partizipanten mit einem weiteren Partizipanten verbunden (Nedjalkov/Jaxontov 1988, 9). Subjekt- und objektorientierte

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IV. Morphologie des Verbs Resultativa einerseits und possessive Resultativa andererseits entsprechen im Slavischen zwei hauptsächlichen formalen Typen, nämlich einerseits der Verbindung des Kopulaverbs (*byti) mit einem Partizip (meist n-/t-Partizip, vereinzelt l-Partizip, nordwestrussisch dialektal auch s-Partizip), andererseits der Verbindung der Possessivkonstruktion (haben-Verb bzw. Präposition u) mit denselben Partizipien. Vgl. slovakisch Káva je vychladnutá ‚Der Kaffee ist erkaltet‘, Polievka je uvarená ‚Die Suppe ist gekocht‘, Otec má polievku uvarenú ‚Die Suppe für den Vater ist gekocht, Der Vater hat eine gekochte Suppe‘ (Nedjalkov/Jaxontov 1988, 25 f.). Resultativa werden prinzipiell nur von perfektiven Verben gebildet (mit gewissen verschieden zu interpretierenden Ausnahmen, vgl. Knjazev 1988, 348; Giger 2003, 88⫺96). Eine umfassende Gesamtdarstellung über das Resultativ im Slavischen existiert nicht. Wiemer/Giger (2005) ist auf das Ost- und Westslavische (und Baltische) beschränkt. Die Verbindungen Kopulaverb C n-/t-Partizip werden häufig in Beschreibungen der Partizipien und des Genus verbi analysiert (vgl. z. B. Havránek 1937, einzelsprachlich Weiss 1977, Knjazev 1989), die possessiven Resultativa manchmal im Zusammenhang mit aspektologischen Fragestellungen (Maslov 1984). Zu den possessiven Resultativa liegen einige vergleichende Aufsätze vor (Gallis 1960, Vasilev 1968), einzelsprachliche Monographien insbesondere zu den nordwestrussischen Dialekten (Kuz’mina/Nemčenko 1971; Trubinskij 1984) und zum Tschechischen (Giger 2003).

2. Subjekt- und objektorientierte Resultativa Subjektorientierte Resultativa treten in allen slavischen Sprachen auf, sind jedoch weniger häufig als objektorientierte. Allgemein haben die slavischen Sprachen eher lockere Restriktionen bei der Bildung von Resultativa im Vergleich zu anderen Sprachen (vgl. Nedjalkov/Jaxontov 1988, 33 f.). Zwischen den einzelnen Sprachen bestehen jedoch Unterschiede: So besteht bei der Bildung von Subjektresultativa eine Hierarchie Russisch < Ukrainisch < Polnisch < Tschechisch < Slovakisch (Giger 2003, 219; Wiemer/Giger 2005, 14, 59, 69). Subjektorientierte Resultativa können gebildet werden von intransitiven non-reflexiven Verben (tschechisch Květiny jsou odkvetlé ‚Die Blumen sind verblüht‘), von Reflexiva tantum (russisch Оn vljublеn ‚Er ist verliebt‘) und von reflexiven Derivaten zu transitiven Verben (in diesem Fall ist die Konstruktion sowohl als subjektorientiertes Resultativum als auch objektorientiertes Resultativum interpretierbar, vgl. polnisch Dziecko jest uczesane ‚Das Kind ist gekämmt‘ mit den möglichen vorangegangenen Vorgängen Dziecko uczesało się ‚Das Kind hat sich gekämmt‘ und Ktoś dziecko uczesał ‚Jemand hat das Kind gekämmt‘). Subjektorientierte Resultativa können nur resultativ interpretiert werden. Einzig im Makedonischen (v. a. seinen südwestlichen Dialekten) ist die Verbindung Kopulaverb C n-/t-Partizip stärker grammatikalisiert, unterliegt schwächeren Restriktionen und kann auch als ‚charakterisierendes Perfekt‘ verwendet werden, vgl. Sum vraten ‚Ich bin zurückgekommen, bin wieder da‘, Utren е ‚Er ist gestorben, ist tot‘, Bidеnа si vо Аvstrаliја? ‚Bist du schon in Australien gewesen?‘ (Graves 2000). Die objektorientierten Resultativa sind in den meisten slavischen Sprachen teilweise oder vollständig formal identisch mit dem aktionalen Passiv der perfektiven Verben. Dies betrifft das Russische (Dver# byla zakryta ‚Die Türe war/wurde geöffnet‘),

22. Der Resultativ in den slavischen Sprachen das Tschechische (in der Standardsprache nur die Verbindungen mit der Kurzform des Partizips: Zámek byl poškozen ‚Das Schloss war/wurde beschädigt‘, Zámek byl poškozený ‚Das Schloss war beschädigt‘, Štícha 1980, 5), das Slovakische (Bola zavraždená ‚Sie war/wurde ermordet‘, Sokolová 1993, 49) und das Südslavische (slovenisch Okno je bilo odprto ‚Das Fenster war/wurde geöffnet‘, Fici Giusti 1994, 153), wobei in der Resultativkonstruktion im Gegensatz zum aktional-passiven Satz in der Regel kein Ausdruck des Agens möglich ist. Nur im Polnischen und Sorbischen werden Resultativ und Passiv formal unterschieden, und zwar aufgrund von Lehnübersetzungen bzw. direkten Entlehnungen aus dem Deutschen (vgl. Weiss 1982): Das Polnische verwendet im perfektiven Aspekt (wo eine Opposition Nachzustand/Vorgang besteht) im Passiv das Auxiliar zostać gegenüber dem Auxilar być im Resultativ: Żelazo było rozpalone ‚Das Eisen war erhitzt‘, Żelazo zostało rozpalone ‚Das Eisen wurde erhitzt‘ (Weiss 1977, 104). Im dialektalen Sorbischen wurde das deutsche Passivauxiliar werden materiell als wordować entlehnt, und die Differenzierung Resultativ/Passiv verläuft gänzlich parallel zu derjenigen im Deutschen: Chěže běchu natwarjene ‚Die Häuser waren gebaut‘, Chěže wordowachu natwarjene ‚Die Häuser wurden gebaut‘ (Lötzsch 1968, 340). Das standardsprachliche Ober- und Niedersorbische greift in Umgehung des Germanismus zum Ausdruck des Passivs auf spezifische Präteritalformen von być (buch, bu etc.) und die Reflexivformen zurück, behält jedoch die Verbindung być C Partizip weitgehend dem Resultativ vor (Faßke 1981, 203⫺214). Die präsentischen Verbindungen des Kopulaverbs mit dem perfektiven Partizip sind stärker auf die resultative Bedeutung beschränkt als die präteritalen und futurischen, weil die perfektiven Verben kein aktuelles Präsens bilden. Sie können allerdings ⫺ in verschiedenem Umfang ⫺ einen nicht-aktuellen Vorgang in der Gegenwart in passiver Perspektive ausdrücken (tschechisch Pokaždé je pacientovi změřen krevní tlak ‚Jedesmal wird dem Patienten der Blutdruck gemessen‘, Štícha 1984, 105), im Russischen und Südslavischen auch einen Vorgang in der Vergangenheit (sog. Perfekt im Russischen, vgl. Škоlа pоstrоеnа ‚Die Schule ist gebaut/gebaut worden‘, Knjazev 1989, 150⫺154; kroatisch/serbisch Prevezen je (u bolnicu) ‚Er ist ins Krankenhaus überführt worden‘). Nicht gebildet werden objektorientierte Resultativa im Allgemeinen von Verben, die Ereignisse ohne erkennbaren Zustandswechsel bezeichnen, und Verben, deren Affixe lediglich Phasen spezifizieren. Gewisse Ausnahmen finden sich v. a. im Bereich der Momentanverben, wobei auch hier gilt, dass die Produktivität der Resultativa im Westslavischen größer ist als im Ostslavischen. So werden im Tschechischen Verbindungen wie být bodnutý ‚gestochen sein‘, být udeřený ‚geschlagen sein‘, být zabitý ‚getötet sein‘ von Informanten akzeptiert und sind zumindest teilweise auch aus Korpora belegbar (vgl. Giger 2003, 190⫺196; Giger/Wiemer 2005, 91).

3. Possessive Resultativa Die possessiven Resultativa der angeführten verschiedenen Bildungstypen sind relativ schwach grammatikalisiert, d. h. sie drücken einen Nachzustand in Verbindung mit einem possessiven Verhältnis aus, verbinden sich mit Temporaladverbialien zum Ausdruck der Dauer dieses Nachzustandes und werden im Allgemeinen von atelischen Verben nicht gebildet. Unbelebte Subjekte sind nur sehr eingeschränkt möglich, und

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IV. Morphologie des Verbs der Träger des Nachzustandes ist nicht generell referenzidentisch mit dem Agens des Vorganges, sondern in Abhängigkeit vom Kontext und der Semantik des Verbs. Das Agens kann indessen häufig in syntaktisch demovierter Position ausgedrückt werden (durch den Instrumental oder die Präposition od). Die Wortfolge in der Konstruktion unterliegt kaum anderen Einschränkungen als denjenigen der Thema-Rhema-Gliederung. Diese Beschreibung gilt grosso modo für das Ost- und Westslavische mit Ausnahme der nordwestrussischen Dialekte und des Kaschubisch-Slovinzischen und das Südslavische mit Ausnahme des Makedonischen und mancher bulgarischer Dialekte. Im Standardrussischen sind possessive Resultativa des Typs U menja užе vsе uroki vyučеny ‚Ich habe schon alle meine Aufgaben gelernt‘, U menja vzjaty bilety ‚Ich habe die Karten (genommen)‘, U menja obed svaren ‚Ich habe das Mittagessen fertig, Mein Mittagessen ist gekocht‘, U papy zapisany vaši vyskazyvanija ‚Papa hat Ihre Aussagen schriftlich‘ (Isačenko 1960, 373; Knjazev 1989, 204) nur spärlich beschrieben, obwohl sie nicht selten sind (Tommola 2000, 463 f.). Im Ukrainischen treffen possessive Resultativa des ‚östlichen‘ Typs (mit der Präposition u) und des ‚westlichen‘ Typs (mit dem Verb maty) aufeinander (Wieczorek 1994, 90 f.; Giger 2003, 384, 491 f.): U mene vžе zіbrаnо zrаzky žіnоčnoho і čоlоvіčоhо оdjahu Nаddnіprjans’kої Ukrаїny ‚Ich habe schon Muster von Frauen- und Männerkleidung der Dnepr-Ukraine gesammelt vorliegen‘, Knyžеčkа vіd cіsаrja, usjudа mаju dverі vtvоrеnі ‚Das Büchlein ist vom Kaiser, überall habe ich offene Türen‘. Die westslavischen possessiven Resultativa weisen deutliche Anzeichen syntaktischer Reanalyse auf: objektlose Konstruktionen (slovakisch Nemal si vykúrené ‚Bei dir war nicht geheizt‘), präpositionale, infinitivische und sententielle Objekte (tschechisch Mám našetřeno na auto ‚Ich habe das Geld für ein Auto beisammen‘, polnisch Krzystyna ma przykazane siedzieć przy nim ‚Krzystyna hat den Befehl, bei ihm zu sitzen‘, obersorbisch Mam přikazane, zo bych tu počakał ‚Ich habe den Befehl, hier zu warten‘) und Ansätze zum Kongruenzverlust zwischen Partizip und Objekt (tschechisch Mezi Skandinavským pobřežím a Islandem má NATO instalováno řetěz naslouchacích zařízení ‚Zwischen der skandinavischen Küste und Island hat die NATO eine Kette von Abhöreinrichtungen (installiert)‘, vgl. auch Krupa 1960, 54). Das Tschechische und das Slovakische bilden possessive Resultativa häufig von Handlungsgrenzen betonenden Aktionsartverben mit den Präfixen do-, od-, na-, und roz- (tschechisch Mám nalyžováno na 2 roky dopředu ‚Ich habe für die nächsten zwei Jahre genug vom Skifahren‘, slovakisch Na dnešok mám odučené ‚Für heute habe ich den Unterricht hinter mir‘). Auch im Slovenischen, Kroatischen und Serbischen existiert die Konstruktion, ohne stark grammatikalisiert zu sein, vgl. slovenisch Kosilo imamo že pripravljeno ‚Wir haben das Mittagessen schon fertig (zubereitet)‘, kroatisch/ serbisch Imamo dogovoreno u 5 ‚Wir sind um fünf verabredet‘ (Fici Giusti 1994, 152, 154). Ebenso sieht es im umgangssprachlichen (nicht-dialektalen) Bulgarischen aus: Imаm podаdеnо zаjavlеniе ‚Ich habe ein Gesuch (eingereicht) liegen‘, Az imam porăčаnо dа čаkаm tuk ‚Ich habe den Befehl, hier zu warten‘ (Kostov 1972). In allen angeführten Sprachen ist der Ausdruck von vergangenen Handlungen durch die Verbindungen haben-Verb C Partizip unmöglich, vgl. obersorbisch Ja sym domoj přišoł a *mam potom mój nastawk napisany ‚Ich bin nach Hause gekommen und habe dann meinen Aufsatz geschrieben‘ (Lötzsch 1968, 343). Allerdings werden manche konstruierten Sätze mit einem Temporaladverbiale zum Ausdruck des Handlungszeitpunktes im Tschechischen von Informanten überraschend gut akzeptiert, ohne dass sie sich aus Texten belegen ließen (Giger 2003, 248).

22. Der Resultativ in den slavischen Sprachen Stärker grammatikalisiert zu einem aktionalen Perfekt sind die analogen Konstruktionen in den nordwestrussischen Dialekten (Včеrаs’ u menja nаvоlоčkа slоžеnа i tuda pоlоžеnа ‚Gestern habe ich den Kissenbezug zusammengelegt und dorthin gelegt‘, U kоgо ėtо nа skаtеrt’ nаlitо? ‚Wer hat da [etwas] auf das Tischtuch ausgeschüttet?‘, Maslov 1984, 239 f., ‚charakterisierendes Perfekt‘ Pоžitо u menja, vеzdе pоbytо ‚Ich habe viel erlebt, bin überall gewesen‘, Trubinskij 1984, 143), im Kaschubisch-Slovinzischen (slovinzisch må moučalė, ležalė ‚Er hat geschwiegen, gelegen‘, Mä moumä přet påurou lati cieglä nalzlė ‚Wir haben vor ein paar Jahren Ziegel gefunden‘, moum mjounė ‚Ich habe gehabt‘, Lötzsch 1967; kaschubisch Jeden ksądz mô rzekłé: Ceszë sã, że jestë kritikòwóny ‚Ein Priester hat gesagt: Freut euch, dass ihr kritisiert werdet‘), im Makedonischen (Imam bidеnо, imam imаnо ‚Ich bin gewesen, habe gehabt‘, Graves 2000, 489) und offenbar auch in gewissen (nicht nur südwestlichen) bulgarischen Dialekten (Tăvа kăštа е imа prаvеnа tatko ti оštе kаtо mlаt ‚Dieses Haus hat dein Vater noch in seiner Jugendzeit gemacht‘, Vasilev 1968, 217). Sowohl im Slovinzischen als auch im Makedonischen ist das Partizip im allgemeinen inkongruent, die Konstruktion tritt auch reflexiv auf, und es sind in größerem Umfang unbelebte Subjekte möglich. Während in den nordwestrussischen Dialekten und im Slovinzischen Temporaladverbialien zum Ausdruck des Handlungszeitpunkts mit der Perfekt-Konstruktion verbindbar sind, ist dies im Makedonischen nicht der Fall. Dennoch liegt im Makedonischen im Unterschied zum Westslavischen mit Ausnahme des Slovinzischen eine aktionale Form vor, wie sich anhand des folgenden Beispiels aus dem Perfektfragebogen von Dahl (2000) anschaulich illustrieren lässt: [Kontextangabe: Es ist kalt im Zimmer, das Fenster ist geschlossen] Gо imаš оtvоrеnо prоzоrеcоt? ‚Hast du das Fenster geöffnet?‘ (Graves 2000, 490). Die wörtliche Entsprechung des Fragesatzes existiert auch in den anderen slavischen Sprachen, welche das haben-Verb in der Resultativkonstruktion verwenden, die Bedeutung ist jedoch diejenige des Zustands in der Gegenwart und nicht der Handlung in der Vergangenheit (vgl. tschechisch Máš okno otevřené? ‚Hast du das Fenster offen, Ist dein Fenster geöffnet?‘). Entsprechend können diese wörtlichen Entsprechungen im vorliegenden Kontext nicht verwendet werden.

Literatur (in Auswahl) Dahl, Östen (ed.) (2000): Tense and Aspect in the Languages of Europe. Berlin/New York. Faßke, Helmut (1981): Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart. Bautzen. Fici Giusti, Francesca (1994): Il passivo nelle lingue slave. Tipologia e semantica. Milano. Gallis, Arne (1960): „Die neuen slavischen Perfekte vom Typus factum habeo und *casus sum, casum habeo“. // Scando-Slavica 6. 176⫺188. Giger, Markus (2003): Resultativkonstruktionen im modernen Tschechischen (unter Berücksichtigung der Sprachgeschichte und der übrigen slavischen Sprachen). Bern etc. Graves, Nina (2000): „Macedonian ⫺ a language with three perfects?“ // Dahl, Östen (ed.). Tense and Aspect in the Languages of Europe. Berlin/New York. 479⫺494. Havránek, Bohuslav (1937): Genera verbi v slovanských jazycích II. Praha. Knjazev, Ju. P. (1988): „Resultative, Passive, and Perfect in Russian“. // Nedjalkov, V. P. (ed.). Typology of Resultative Constructions. Amsterdam/Philadelphia. 343⫺368. Knjazev, Ju. P. (1989): Akcional’nost’ i statal’nost’: Ix sootnošenie v russkix konstrukcijax s pričastijami na -n, -t. München.

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IV. Morphologie des Verbs Kostov, Kiril (1972): „Semantische Beobachtungen über die Verbindung von имам mit dem Partizipium Perfecti Passivi im Bulgarischen“. // Zeitschrift für Slawistik 17. 371⫺379. Krupa, Viktor (1960): „Stavové perfektum v slovenčine“. // Sborník filozofickej fakulty univerzity Komenského. Rad III Philologica. Bratislava 11⫺12. 47⫺56. Kuz’mina, I. B./Nemčenko, E. V. (1971): Sintaksis pričastnyx form v russkix govorax. Moskva. Lötzsch, Ronald (1967): „Das Tempussystem des Slovinzischen im Vergleich zu dem des Sorbischen und Deutschen“. // Lětopis A 14. 23⫺46. Lötzsch, Ronald (1968): „Někotre wuskutki němskeho wliwa na werbalny system serbšćiny“. // Faßke, Helmut/Lötzsch, Ronald (red.). Přinoški k serbskemu rěčespytej/Beiträge zur sorbischen Sprachwissenschaft. Budyšin/Bautzen. 337⫺344. Maslov, Ju. S. (1984): Očerki po aspektologii. Leningrad. Nedjalkov, V. P. (otv. red.) (1983): Tipologija rezul’tativnyx konstrukcij. Leningrad. Nedjalkov, V. P. (ed.) (1988): Typology of Resultative Constructions. Amsterdam/Philadelphia. [= überarbeitete und erweiterte Übersetzung von Nedjalkov 1983]. Nedjalkov, V. P/Jaxontov, S. E. (1988): „The Typology of Resultative Constructions“. // Nedjalkov, V. P. (ed.). Typology of Resultative Constructions. Amsterdam/Philadelphia. 3⫺63. Sokolová, Miloslava (1993): Sémantika slovesa a slovesný rod. Bratislava. Štícha, František (1980): „Konkurence krátkých a dlouhých variant participiálních tvarů v přísudku“. // Naše řeč 63. 1⫺14. Štícha, František (1984): Utváření a hierarchizace struktury větného znaku. Praha. Tommola, Hannu (2000): „On the perfect in North Slavic“. // Dahl, Östen (ed.). Tense and Aspect in the Languages of Europe. Berlin/New York. 441⫺478. Trubinskij, V. I. (1984): Očerki russkogo dialektnogo sintaksisa. Leningrad. Vasilev, Christo (1968): „Der romanische Perfekttyp im Slavischen“. // Koschmieder, Ernst/Braun, Max (eds.). Slavistische Studien zum VI. Internationalen Slavistenkongreß in Prag. München. 215⫺230. Weiss, Daniel (1977): Syntax und Semantik polnischer Partizipialkonstruktionen. Bern etc. Weiss, Daniel (1982): „Deutsch-polnische Lehnbeziehungen im Bereich der Passivbildung“. // Reißner, Eberhard. (Hrsg.). Literatur- und Sprachentwicklung in Osteuropa im 20. Jahrhundert. Ausgewählte Beiträge zum Zweiten Weltkongreß für Sowjet- und Osteuropastudien. Berlin. 197⫺218. Wieczorek, Diana (1994): Ukrainskij perfekt na -no, -to na fone pol’skogo perfekta. Wrocław. Wiemer, Björn/Giger, Markus (2005): Resultativa in den nordslavischen und baltischen Sprachen (areale und grammatikalisierungstheoretische Gesichtspunkte). München.

Markus Giger, Basel (Schweiz)

23. The Conditional

23. The Conditional 1. 2. 3. 4. 5. 6.

A Definition of the Category of Mood and the Conditional as One of the Moods Marking of the Conditional The Present and Past Conditional Non-prototypical Meanings of the Conditional The Conditional in Various Slavic Languages Literature (selected)

Abstract The present articles describes the grammatical category ‘mood’ in several Slavic languages with respect to form (expression) and meaning, its relationship to the category of tense etc. It is well-known that the category of mood deserves special attention in Slavic, with new developments in Bulgarian on the one hand and the loss of the earlier Indoeuropean full paradigm on the other.

1. A Definition of the Category of Mood and the Conditional as One of the Moods In Slavic languages, the category of Mood denotes the Speaker’s attitude to the situation described in the verb and includes three grammemes: the Indicative, the Imperative, and the Conditional. By tradition, the Indicative is described as unmarked, and the Imperative and Conditional, as marked mood forms, although other views have also been suggested in literature (e.g., cf. Xrakovskij/Volodin 1986; Xrakovskij 1992; Xrakovskij 2001). The Indicative prototypically signals that the Speaker views the verbal situation as factual. The Imperative prototypically signals that, in the Speaker’s opinion, the verbal situation is counterfactual at the moment of speech but must become factual after the moment of speech. The Conditional, addressed below in more detail, prototypically signals that the Speaker views the verbal situation expressed at the moment of speech as desirable, potentially possible, or impossible, i. e. counterfactual (Garde 1964, Panzer 1967, 296).

2. Marking of the Conditional In all Slavic languages, the Conditional is built by a standard pattern using periphrastic or analytical verb forms including full verb forms in -l (historically, the past participles active) and a special form of the auxiliary be or a be-derived (often clitical and sometimes conjugated) particle. Depending on the existing tradition, that particle can be spelt either together with the full verb and personal endings, or as a separate word (see Table 23.1).

275

276

IV. Morphologie des Verbs Tab. 23.1: Marking of the Conditional in Slavic Languages Polish

Czech

Slovak

U.Sorbian

1SG

сzytałbym

2SG

czytałbyś

3SG

сzytałby

přinesl by přinesl by přinesl by

volal by som volal by si volal by

njesł bych njesł by njesł by

L. Sorb.

Sloven.

S.-Croat.

Bulg.

njasł by njasł by njasł by

rekel bi rekel bi rekel bi

nòsiо biх nòsiо bi nòsiо bi

kazal biх kazal bi kazal bi

Maced. došol bi došol bi došol bi

Russ. pоčital by pоčital by pоčital by

Ukrain. хоdyv by хоdiv by хоdiv by

Belorus. xаdziu˘ by хаdziu˘ by хаdziu˘ by

1SG 2SG 3SG

1SG 2SG 3SG

Note: after vowels, the suffix -l is replaced in Serbo-Croatian with the non-syllabic ò, and in Ukrainian and Belorussian, with the non-syllabic -u˘, cf. the Serbo-Croatian nòsiо bi vs. nòsila bi, and the Belorussian хаdziu˘ by vs. хаdzila by

Therefore, in all East Slavic languages (Russian, Belorussian, and Ukrainian), South Slavic languages (Macedonian and Slovenian), as well as in one West Slavic language (Lower Sorbian), the Conditional uses a grammatical component in the form of an inflexible unstressed particle, put in writing as a separate word. In the position after vowel-ending notional verbs, the particle may reduce its own final vowel (cf. Russian sxodil by vs. sxodila b(y)). This means that in the languages above, the Conditional does not conjugate for person and shows only the categories of number and gender. In addition, one should note that in those languages, the inflexible particles are found not only with verb forms in -l, but also with infinitives, which makes it possible to postulate the existence of the Conditional Infinitive (cf. Russian poguljat’ by (mne)). Apart from that, the inflexible particles can adjoin nouns in predicate positions (cf. Russian byl by ty umnym). The facts above gave grounds to distinguish three forms of the Conditional: personal, impersonal, and nominal conditionals (Garde 1964), but in practice, all descriptions of the Conditional normally target analytical verb forms only. At the same time, in South Slavic languages (Serbo-Croatian and Bulgarian) and in the West Slavic Upper Sorbian, grammatical particles are written separately and change for person (1SG forms are opposed to 2SG and 3SG forms, while in the plural, all three personal forms are opposed to each other), and therefore the Conditional does show person in those languages, although not as a full paradigm. Notably, however, in the colloquial Serbo-Croatian, the opposition of 1SG vs. 2SG and 3SG forms is neutralized, and the particle bi dominates in practically all cases.

23. The Conditional In other West Slavic languages (Czech and Slovakian), the grammatical particles are written separately and change for all three persons; the difference is that in Czech, the particle is written together with the personal ending, while in Slovakian, it is written separately from the personal ending. Polish stands apart from other West Slavic languages: its clitical particle changes for person and is written together with the notional component of the Conditional. At the same time, one should note that in Polish, the particle may be detached from the verb together with the personal ending and stand in preposition to the verb either alone or as a constituent part of conditional (and some other) conjunctions: gdybym, gdybyś, gdyby. A similar situation is characteristic of Czech, where the particle together with the personal ending may be joined to conditional and some other conjunctions: abych, abys, aby. In Slovakian, the particle is included in the conjunction, while the personal ending is written separately: Keby som si mohol pospat’ ‘If I could get some sleep’. In East Slavic languages, the particle can be also attached to certain conjunctions (cf. Russian čtoby ‘so that, in order to’, or Ukrainian jakby ‘if.would’). However, some examples like the Russian Čtoby ja tebja by zdes’ bol’še ne videl ‘So that I would not see you here again’, where the particle occurs twice (as a constituent part of the conjunction and as an independent word) led to suggestions that the conjunction čtoby is undergoing transformation into a complex conjunction (Mehlig 1999). At the same time, a final solution of this issue should take into account the following two circumstances. Firstly, in all languages with the grammatical Conditional component represented by an inflexible particle, that particle has no fixed position and may either precede or follow the notional verb, as in Russian Ja vypil by stakan moloka or Ja by vypil stakan moloka ‘I would like a glass of milk’. Secondly, and most importantly, in certain cases the particle may be duplicated, i. e. it may occur simultaneously both before and after the verb even in sentences without the conjunction čtoby: Ja by poguljal by segodnja večerom ‘I would like to take a walk tonight’.

3. The Present and Past Conditional Apart from the standard Conditional, a number of Slavic languages (Czech, Slovakian, Lower Sorbian, and Serbo-Croatian) have another form of conditionals, labeled the Past Conditional to distinguish it from the standard Conditional form (described in those languages as the Present Conditional). The Past Conditional is formed by adding the participle in -l of the verb be to the Present Conditional. Cf. Czech: 1 SG přinesl bych / byl bych přinesl 2 SG přinesl bys / byl bys přinesl 3 SG přinesl by / byl by přinesl In languages with two conditional forms, the Past Conditional is normally used in conditional constructions to denote counterfactual (unrealizable) situations localized in the past (cf. Czech Kdybych to byli věděli dřív, nebyli bychom tam šli ‘If we had known that earlier, we would not have gone there’), and sometimes even in simple sentences (cf. Polish Byłbym się przewrócił ‘I nearly fell down’ (Moloshnaja 1991, 80)).

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IV. Morphologie des Verbs The Present Conditional can be used to denote any specific counterfactual meanings, cf. Czech: Jen aby se těm novym lidem tady dobře vedlo! ‘If only those new people felt good here!’; Já bych se na to podíval! ‘I wish I could see that!’; Nemohli byste nám poradit? ‘Could you advise us?’; Půjdeš bez kabátu? Co kdybys nastydla? ‘Are you going without a coat? What if you catch a cold?’ This form is also used in conditional constructions denoting counterfactual situations with both future and past reference: Kdybyste přišli (včera /zítra) včas, šli bychom pak spolu do kina ‘If you came/had come tomorrow/yesterday on time, we would go/have gone to the cinema afterwards’. Therefore, the opposition of the two conditional forms (the Present and Past Conditional) actually serves to distinguish rather between modal than temporal meanings. It is easy to see that even in languages with only one conditional form (Present Conditional), conditionals per se do not show any temporal reference of the situations described. Temporal reference is determined by the context (cf. Russian Rešil by ja včera/ zavtra zadaču, ja by postupil v institut ‘If I solved/had solved the problem tomorrow/ yesterday, I would be/have been admitted to the university’). Notably, specific conditional meaning variants are often contextually determined as well. For example, the Russian sentence Ja by poexal otdyxat’ can have a potential reading (‘If I were him, I would take a vacation’) or an optative reading (‘I would be happy to take a vacation’). A special notice should be made of a “new”, so-called synthetic form of the Present and Past Conditional in Bulgarian built with the help of imperfectivation suffixes and personal present tense endings (sedjavam ‘I would sit now/then’, kupuv(v)am ‘I would buy now/then’) and imperfect verb forms (sedjavax ‘I would have sat before’, kupuvvax ‘I would have bought before’) (Ivančev 1963).

4. Non-prototypical Meanings of the Conditional When discussing non-prototypical meanings of the Conditional, one should take into account the typologically relevant intrusion of the Conditional into the scope of the Imperative. Conditionals (mostly second-person forms in those languages where the Conditional shows person, including other conditional forms as well) are used for expressing such specific imperative meanings as request, advice, or wish. This usage of conditionals is pragmatically interpreted as more gentle and polite, and in colloquial speech, they seem to occur in that function more frequently than imperatives (cf. Polish Przyniósłby mi pan jutro tę książkę ‘Please bring me that book tomorrow’; Napisałbyś ojcu list ‘Please write a letter to your father’; Prosiłbym o ciszę ‘Silence, please’; or Slovenian Plačal bi za liter ‘Please pay for one liter’. The Conditional-Imperative transposition domain outlined above seems to be common for all languages where such transposition is possible; while in some languages it covers a wider number of meanings. For example, in Czech, the Conditional is also used to express preventive meaning, identified in (Xrakovskij/Volodin 1986, 150): Aby ses nemýlil! ‘Be careful not to make a mistake!’; Аbys nezmeškal večeři! ‘Be careful not to be late for supper!’ Another typologically relevant use of the Conditional is to express iterative meanings, as exemplified in Serbo-Croatian and Upper Sorbian (Panzer 1979, 158; Knjazev

23. The Conditional 1989, 143): Čem bi neko dete zaželelo do pojede koju umru, počelo bi se kamenicama bacati po majmunе ‘Whenever a child felt like eating a date, it would begin throwing stones at a monkey’; K narodinam by nan małemu jubiłarej stajnje całty z kołbasku přinjesł ‘Father would regularly bring the small hero of the occasion rolls with sausages for his birthday’.

5. The Conditional in various Slavic languages In contrast to past conditionals, standard present conditionals are found in all Slavic languages, but those languages distinctly differ in the sets of meanings expressed by present conditional verb forms, and, especially, in their distribution in speech. The most limited distribution of present conditionals is attested in Bulgarian and Macedonian (members of the Balkan Sprächbund that represent the eastern branch of the South Slavic Languages) where conditionals are actually being replaced with other forms. The use of conditionals in simple sentences is very limited, cf. Macedonian Ias bi došol pak ovde ‘I would come here again’. In such sentences, conditionals are normally replaced with so-called conjunctives (Maslov 1981, 286⫺288), introduced with the particle da, cf. Bulgarian Vie bi trjabvalo da mu pomognete = Czech Měli byste mu pomoci ‘You ought to help him’; Bulgarian Da bjaxte ostanali tuk = Czech Kdybyste zůstal tadi ‘Would you stay here?’; or Macedonian Da sum ja slušnal ‘I wish I could hear her’. As to complex sentences, namely conditional constructions, conditionals have been practically completely replaced in their protases with indicatives. The situation is different in the apodosis. The apodoses of potential conditional constructions show parallel use of conditionals and future verb forms, with the future reflecting the Speaker’s complete confidence in the realizability of the apodosis situation, and conditionals showing that the Speaker is far from 100-percent sure in its implementation (Nicolova 1998, 140). Compare Bulgarian: Ako imam svobodno vreme, šte otida na kino ‘If I have spare time, I’ll go to the cinema’ vs. Ako imam svobodno vreme, bix otišăl na kino ‘If I have spare time, I will (probably) go to the cinema’. However, if the apodosis of a conditional construction includes any lexical probability markers (certainly, without fail, may be, hardly), both future and conditional verb forms show equal distribution: Ako imam svobodno vreme, sigurno (može bi, edva li) šte otida / bix otišăl na kino ‘If I have spare time, I will certainly (may be, hardly) go to the cinema’. The Conditional and the Future-in-the-Past show parallel use in the apodoses of counterfactual conditional constructions, with the latter occurring in texts more frequently. The protases of counterfactual conditional constructions normally use imperfect verb forms; the temporal reference of both clauses is unmarked and can be determined from the context and situation only. Compare Bulgarian: Ako včera (dnes, utre) bjax svoboden, štjax da posetja izložbata ‘If I had had/had spare time yesterday (today, tomorrow), I would have visited/visited/visit the exhibition’; Mnogo bix se radval, ako tova kozarče možeše da ti dostavi udovolstvieto tazi večer, no za săžalenie, njama go ‘I would be happy, if that herdboy could please you tonight, but, unfortunately, he is away’. The removal of the Bulgarian conditional to the language periphery is not compensated by the so-called simple present and past conditionals. Simple conditionals, which

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IV. Morphologie des Verbs express, in principle, the same meanings as standard conditional forms, are fairly frequent in dialects and colloquial speech, but occur only rarely in the Literary Bulgarian (Nicolova 1998, 130): Jade li ti se simid? ⫺ Jadvam, ama njamam pari ‘Would you like a roll? ⫺ I would, but I have no money’; Razkăsvax go na parčeta, ako mi padneše v răcete ‘I would tear him to pieces, if he got into my hands’. An interesting situation is attested in Russian where, similarly to South Slavic languages, the conditional is being removed from the protases of counterfactual conditional constructions. The peculiar feature of this phenomenon in Russian is that conditionals (notably, together with the conditional conjunction) can be replaced with common-person quasi-imperatives (Xrakovskij 1994): Esli by ja/ty/on/ona/my/vy/oni ne opozdal(a)(i) na avtobus, koncert načalsja by vovremja / Ne opozdaj ja/ty/on/ona/ my/vy/oni na avtobus, koncert načalsja by vovremja ‘If I/you/he/she/we/they had not been late for the bus, the concert would have begun on time’. Constructions with common-person imperatives are interpreted as more expressive. At present, they are expanding the range of their usage and seem to be replacing standard conditional constructions, especially in the media. It should be noted that similar constructions have been attested in literary Ukrainian (see Bilodid 1969, 393): Bud’ u mene kulemet, ja b usix ïx [bandytiv]do did’ka poskydav by z konej ‘If I had had a machine-gun, I would have thrown all of them [bandits] down from their horses, and to hell with them’ (M. Stel’max) Jakyj žal’! ... Ta zustrin’sja ty meni xoč u kinci serpnja! Ta my b obov’jazkovo štos’ prydumaly ‘What a pity! ... If I had met you at least at the end of August! Then we would have thought something out by all means’. (V. Kozačenko) However, one cannot exclude that in Ukrainian, this construction may be a Russian borrowing.

6. Literature (selected) Bilodid, I. K. (ed.) (1969): Sučasna ukrajins’ka literaturna mova. Kyïv. Garde, Paul (1964): “Problèmes du conditionnel dans les langues slaves”. // Revue des Études slaves 40. 85⫺93. Ivančev, Svetomir (1963): “Vidovo-nadstroečni kategorii v sistemata na slavjanskija glagol”. // Slavistični studii. Sofija. 17⫺29. Knjazev, Ju. P. (1997): “Expression of situational plurality in Russian and other Slavic languages”. // Typology of Iterative Constructions. München/Newcastle. 241⫺270. Maslov, Ju. S. (1981): Grammatika bolgarskogo jazyka. Moskva. Mehlig, Hans Robert (1999): “Die grammatischen Kategorien des Verbs unter funktionalen Gesichtspunkten”. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 182⫺213. Mološnaja, T. N. (1991): “Analitičeskie formy kosvennyx naklonenij v slavjanskix jazykax”. // Sovetskoe slavjanovedenie 4. 76⫺87. Nicolova, Rouselina (1998): “Uslovnye konstrukcii v bolgarskom jazyke”. // Tipologija uslovnyx konstrukcij. Sankt Peterburg. 129⫺160. Panzer, Baldur (1967): Der slavische Konditional: Form ⫺ Gebrauch ⫺ Funktion. München.

23. The Conditional

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Panzer, Baldur (1979): “Iteravität, Usualität und Nichtaktualität im Slavischen”. // Otázky slovanské syntaxe IV/1. 157⫺165. Xrakovskij, V. S. (1994): “Alternativnye rešenija v jazykoznanii ⫺ problema vybora”. // Proceedings of the Tallinn University of social and educational sciences, A2 Humaniora. 19⫺28. Xrakovskij, V. S. (2001): “Hortative constructions”. // Language Typology and Language Universals. Berlin/New York. 1028⫺1038. Xrakovskij, V. S., Volodin A. P. (1986): Semantika i tipologija imperativa. Russkij imperativ. Leningrad.

Viktor S. Xrakovskij, St. Petersburg (Russia)

V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen 24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax: Minimalism, Negation and Clitics 1. 2. 3. 4.

Preliminary Remarks The theoretical Framework: Minimalistic Assumptions Conclusion Literature (selected)

Abstract This chapter provides a description of generative syntax as a discipline within Slavic linguistic research from a theoretical, methodological and scientific-historical viewpoint, including those descriptive models and theoretical approaches which are also preferred in Slavic generative linguistics working within the Principles and Parameters framework (Chomsky 1995 passim). A general comprehensive description of generative syntax, syntactic levels and methods of description is followed by a short overview of the current state of the art and the goals and targets of syntactic theory and the description of some syntactically relevant categories (such as negation, see also the large article Błaszczak in this volume, and clitics, see also Franks) resulting from my own research on word order (see also Kosta / Schürcks on Word Order, Art. 63, in this volume). In chapter 2, I will introduce some basic notions of the Minimalist framework. I will concentrate on the question how syntactic levels have to be represented in the Minimalist program (2.1), how the structure of sentential negation can be motivated by the raising of the finite verb (2.2), how negation syntactically interacts with pronominal and verbal clitics (2.3) and related phenomena (2.4), what the driving force for V-raising and Negation in Imperatives, Gerunds and Infinitives is (2.5, 2.6).

1. Preliminary Remarks The methods or schools used in describing and explaining syntactic structures, which compete in the current research in Slavic syntax, are twofold: These are the functional method of description in the tradition of the Prague School (Article 25) and the generative syntax, that follows Chomsky’s theory of principles and parameters (Article 26) in the specific Slavic design. The main research topic of functional syntax is the utterance produced and received for communicative purposes. The Prague School of Functional

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax Linguistics has contributed to the development of this area of research by enriching it with the theory of Functional Sentence Perspective of Vilém Mathesius, the three-level approach to Syntax by František Daneš, and the systematic description of utterances. Besides that, the Functional Generative Description (FGD) has been introduced in the late sixties by the team of Petr Sgall, Eva Hajičová and Jarmila Panevová including the topic-focus-articulation as one of the hierarchies at the level of expression of sentence meaning. The level of meaning involves only the semantically relevant items, e.g. the disambiguated language of Montague. Dependency syntax, as understood in FGD, differs from other systems in that the number of sister nodes in the dependency tree is not restricted (for an exact description of the FGD cf. also Sgall. 1993, 349⫺368). In this chapter we shall concentrate on the targets, theory and method of generative syntax. The reason is the following: since the HSK volume Syntax (1993, 349⫺368), entails already a large article by Petr Sgall on FGD, and most of the syntactic articles in our volume are strictly functionally oriented, I believe that an extensive overview of the Principles and Parameters framework can be helpful to understand the progress in the field of Slavic syntax. This reflects also the current ‘state of the art’: since the 90ies, a lot of conferences on Slavic generative syntax have been organized, first of all the FASL meetings in the United States (cf. Annual Workshop on Formal Approaches to Slavic Linguistics no. 1: The Ann Arbor Meeting 1992 forthcoming), then the FDSL conferences in Leipzig and Potsdam (cf. FDSL 1⫺6 between 1997 and 2007), and, finally the conferences on South and Balkan Slavic languages (The Sixth International Conference Formal Approaches to South Slavic and Balkan Languages (FASSBL-6) took place in Dubrovnik). Another reason for concentrating on the generative enterprise is the lack of good syntactic handbooks that are devoted to the exact description of Slavic syntax.

1.1. Introduction This section is an attempt to investigate the nature of sentential negation in a larger array of Slavic languages within the Minimalist program. The first analysis on negation in Russian and Serbo-Croatian within a Generalized Binding theory is Progovac (1994). The first Minimalist approach on clausal negation in Russian is Brown (1999). Both monographs deal with sentential negation and negative concord but do not account for the word order phenomena with respect to different functional projections and categories Neg can adjoin to. As far as the second aspect, i. e., the position of NegP in clausal structure, is concerned, there are two major positions: either (i) it is assumed that there is a universal hierarchy of functional projections (cf., e.g., Speas 1991, Chomsky 1993, for a suggestion along these lines), which would mean that NegP occupies a fixed position in the clause (in all languages), or (ii) it is assumed that languages can differ with respect to the position of NegP in the clause. In other words, the position of NegP is parameterized across languages; for example, in some languages NegP selects a TP as the complement, whereas in others NegP selects a VP (cf. Ouhalla 1990, 194; see also, among others, Zanuttini 1991, 1994, 1997, Acquaviva 1995, Cinque 1990 for different versions of this “parametric view”).

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen The assumption that the position of negation is not identical in all languages, but might vary from language (type) to language (type), raises an interesting question, dealt with, among others, by Zanuttini in her 1994 paper, namely the question of “whether negative clauses which employ different syntactic means for the expression of sentential negation nevertheless share a common syntactic structure at some level of representation” (ibid., p. 427). Zanuttini proposes a uniform treatment of negative markers across languages. The basic idea of her proposal is that even though the negative markers are base generated in different structural positions in different languages, there is a uniform position in which they are interpreted at LF, namely, the PolP, i. e., a projection in which the polarity value of the clause is established. This projection is located structurally higher than TP. A somewhat different view is advocated by Acquaviva (1995). He argues that there is no reason to think that negation should occupy a fixed place or that it can only be interpreted in one particular position: negation does not have a fixed scope with respect to modal auxiliaries (cf. can’t vs. mustn’t) or VP-level adverbials, though it is always within the scope of interrogative or imperative operators (“post no bills, for instance, is a command not to post bills, not the negation of a command to post bills” Acquaviva 1995, 84). The only thing that appears to really matter for the interpretation of negation as sentence negation is that it “has to be interpreted above VP, in order to include in its scope all the arguments of the sentence ⫺ otherwise it could not be interpreted as a sentential operator” (ibid.). Where exactly this “above VP” is does not seem to be a question of primary importance. Given the remarks above, it would seem that the term ‘sentence negation’ is somewhat misleading as sentence negation does not have scope over the entire sentence but rather over the basic proposition restricted more or less to the verbal predicate and its arguments. As mentioned above, interrogative or imperative operators, as well as sentential adverbs, are not included within the scope of sentence negation. In a similar vein, Laka (1990, 82 f.) points out that it is impossible to contrastively focus Tense under negation (a sentence like Mary DIDN’T leave cannot mean something like: ‘it is not in the past that Mary left’), which is “rather surprising under the standard view of Negation as a propositional operator that takes scope over the entire proposition” (cf. NO [PAST, Mary leave]) (Laka 1990, 82 f.). Under an alternative account advocated by Laka this fact receives a straightforward explanation. Assuming ⫺ in accordance with Laka’s ‘Tense C-Command Condition’ ⫺ that the LF representation of the above sentence is PAST [NO [Mary leave]], “it is Tense that has scope over the proposition, and also over the negative operator. The fact that one cannot make a negative sentence mean ‘It is not in the past that …’ now follows from standard considerations about the scope of negation” (ibid., p. 83). As the focus in the present article lies on syntactic aspects of negation, the question of the interpretation of negation will not be considered any further. The idea that sentence negation is to be accounted for in terms of NegP has also become popular in Slavic linguistics (but see below); see, among others, Rivero (1991), Borsley/Rivero (1994) for Slavic in general, Brown (1996, 1999), Brown/Franks (1995, 1997), Bailyn (1995, 2004), Junghanns (1995), Harves (2002a, b), Abels (in press) for Russian, Paslawska (in press) for Ukrainian, Dornisch (1997), Witkoś (1996b, 1998), Błaszczak (2001) for Polish, Kosta (2001, 2003) for Czech (see also Veselovská 1995), Progovac (1994) for Serbian/Croatian, Leko (1996) for Bosnian, Janeva (2001), Schick (2002) for Bulgarian, Tomić (2002) for South Slavic.

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax The present investigation tries to close this gap in analyzing not the interaction of clausal negation and morphologically negative constituents (henceforth, NI-words) which are licensed in and only in the scope of overt clausemate negation but rather some other syntactic or morphosyntactic categories which are close related to the issue under investigation, such as negation and V-raising (2.9) and negation and clitics (2.10). We leave the influence of sentential or VP-adverbs on the scope relations of the negative operator at LF aside since we have worked on it in many publications (cf. Kosta 2001, 2003a, 2003b). The fundamental ideas of the principles and parameters approach can be traced back to the very beginnings of the generative investigations in the fifties (cf. Chomsky 1955). Despite its radically different analyses as exemplified in the generative frameworks of the fifties up to late eighties, the Minimalist program continues and leads the fundamental ideas of the principles and parameters framework towards their logical conclusion. The central concern of the Revised Extended Standard Theory (REST), put forward by the Lectures on Government and Binding (Chomsky 1981) and further developed in publications such as Knowledge of Language (Chomsky 1986a) and Barriers (Chomsky 1986b), is Universal grammar (UG), thus a limited set of general principles of linguistic knowledge which is assumed to be present prior to any experience and which all possible and existing natural languages share. While the principles of UG consist of a necessary and sufficient number of structural requirements that a human language endowment has to meet, the parameters of UG account for the syntactic variation between languages. The assumption that any grammar of a language (Lx) should not contain more levels of representation and/or derivation (movements) than necessary is a logical consequence of the observation that a child when confronted with a relatively restricted and incomplete input arrives so rapidly and easily at a state of complex linguistic knowledge. Thus, a child gives us external evidence in favor of the elimination of superfluous levels of representation and movements in derivation of syntactic structure. The present article tries to adopt and advocate the leading ideas of Minimalism in arguing for a more consistent approach where overt movement should be avoided as long as possible. One of the leading technical ideas in Minimalism is that overt movement is a ‘last resort’ principle of UG, taking place only when triggered by a specific morphosyntactic feature or another driving force. Chomsky (1993) states the phenomenon as ‘last resort’ principle that is driven in terms of morphological requirements that need to be satisfied and formulates this constraint as ‘Greed’ by which ‘last resort’ is always ‘self-serving’ (Lasnik 1999, 2). I will argue for a slightly modified notion of ‘Greed’ adopting Lasnik’s notion of ‘Enlightened Self Interest’ (henceforth, ESI) by which the morphological (or another) requirement of feature checking can be satisfied in at least two different ways: either deficiencies of the moved element drive movement (as in Greed) or the target position requires movement (as in ESI). The unifying topic of this chapter is thus abstract or overt morphology of negation and those constituents, functional projections or heads which can either serve as host or as target to which negation can be adjoined and which drive movement. If overt movement is for satisfaction of morphological properties then we should expect that overt movement should be possible only if morphological features have to be checked. From this point of view, covert movement would be restricted to feature raising in order to satisfy scope relations. Lowering will be considered either as a last resort principle at LF (e.g., in long-

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen scrambling constructions in colloquial Russian the θ-positions of the moved DP has to be checked by Lowering, cf. Kosta/Schürcks on Word Order, in this volume). In chapter 2, I will introduce some basic notions of the Minimalist framework. I will concentrate on the question how syntactic levels have to be represented in the Minimalist program (2.1), how the structure of sentential negation can be motivated by raising of the finite verb (2.2), how does negation syntactically interact with pronominal and verbal clitics (2.3) and related phenomena (2.4), what is the driving force for V-raising and Negation in Imperatives, Gerunds and Infinitives (2.5, 2.6).

2. The Theoretical Framework: Minimalistic Assumptions 2.1. Levels of representation, convergence and procrastinate I do not intend to give a concise introduction into GB or MP. For recent development of the theory I refer the reader among others to the following introductions: Radford (1997), Radford (1998); Haegeman (1995); Hornstein (1995); Lasnik (1999) and, of course, the original versions (Chomsky 1981, 1986ab, 1993, 1995, 1998, 1999, 2001ab, 2005). The Minimalist Program can be outlined in a few words: “A particular language L is an instantiation of the initial state of the cognitive system of the language faculty with options specified. We take L to be a generative procedure that constructs pairs (π, λ) that are interpreted at the articulatory-perceptual (A-P) and conceptual-intentional (C-I) interfaces, respectively, as “instructions” to the performance systems. π is a PF representation and λ an LF representation, each consisting of “legitimate objects” that can receive an interpretation (perhaps as gibberish). If a generated representation consists entirely of such objects, we say that it satisfies the condition of Full Interpretation (FI). A linguistic expression of L is at least a pair (π, λ) meeting this condition ⫺ and under minimalist assumptions, at most such a pair, meaning that there are no levels of linguistic structure apart from the two interface levels PF and LF; specifically, no levels of D-structure or S-structure. The language L determines a set of derivations (computations). A derivation converges at one of the interface levels if it yields a representation satisfying FI at this level, and converges if it converges at both interface levels, PF and LF; otherwise, it crashes.” Chomsky (1995, 220 f.). Thus, the Minimalist program is a logical step towards a more economical version of the language knowledge described as I-language in previous work on generative grammar (cf. e.g. Chomsky 1981, 1986ab). Based upon the notion of economy Chomsky (1995) dispenses with two former levels of representation (D- and S-structure). The former model of deriving structures from D-Structure to the levels of LF and PF via Sstructure is more or less replaced by only two levels of representation: the articulatoryperceptual interface (PF) and the conceptual-intentional interface (LF):

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax

(1)

Lexicon

(2)

Lexicon

D-structure S-structure LF

PF

Spell-Out LF

PF

In addition, there is an operation, rather than a third level of representation, called Spell-Out. We do not suggest Spell-Out being a pure replacement of S-structure, cf. Müller (1998, 34: Fn.7). Chomsky (1993, 1995) assumes that Spell-Out is an operation that assures that the articulatory-perceptual information (PF) be represented only at this interface and that the conceptual-intentional information (LF) be represented only at LF. An LF representation that contains phonetic (overt) information crashes, again causing the structural description ungrammatical. Thus, Spell-Out is confined to splitting the derivation of the computational component in the appropriate way. Let us redefine the notion convergence: (3) A computation (derivation) converges at one of the interface levels (LF/PF) iff it contains only legitimate LF/PF objects; otherwise it crashes Let us reconsider some examples in order to explain the notion of convergence vs. crash: (4) *John likes not Mary (5) Jean (n’)aime pas Marie In former versions of the theory (Pollock 1989, Chomsky 1991) the difference between the two languages with respect to sentential negation has been explained in terms of preference of verb raising (French) over affix lowering (English) across the head of the N(egational)P(hrase), cf. (6), p. 288.

287

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen (6)

In Chomsky (1993) the difference between French and English is not verb raising versus affix lowering. Rather, the difference is explained in terms of whether verb raising takes place in overt syntax at PF (French) or in the covert syntax at LF (English). Furthermore, since Chomsky argues that the only legitimate levels of representation are PF and LF, this difference cannot be attributed, as it might have been in previous theories (GB), to any S-structure property. The core difference between French and English is explained by the following notions, cf. (7). (7) a. In French, the V-features of Agr (i. e., those that check features of a V) are strong. b. In English the V-features of Agr are weak. c. Weak features are only checked at LF. d. Strong V-features are not legitimate PF objects. e. Strong features are visible at PF; weak features are not. f. Surviving strong features cause the derivation to crash at PF. (cf. Lasnik 1999, 102) Since the V-features of Agr are strong in French, if V raises to Agr overtly, the Vfeatures of Agr check the features of the finite V in overt syntax and can be eliminated. The derivation converges both at PF and LF. In English, on the other hand, the Vfeatures of Agr are weak, thus forcing the V to raise at LF under the notion of procrastinate:

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (8)

Procrastinate (informal version) Delay an operation until LF whenever possible, i. e., whenever delaying would not cause the derivation to crash.

Under this perspective, the engl. sentence (4) is ruled out (i. e., it ‘crashes’) because the weak Φ-feature of Agr node have been checked and removed before Spell-Out by V-movement of the finite verb despite the fact that a covert movement at LF would have been ‘cheeper’. Thus, (8) plays a central role in excluding (4). The French counterexample to raising at LF instead of at PF would lead to an illegitimate derivation because strong features of the V have to be eliminated by overt movement before Spell-out. One problem which leaves the explanation open are engl. Aux(iliary) verbs have and be that do raise overtly across the negation just like the French finite verbs do, cf. (9) vs. (4)⫺(5): (9)

John is not leaving Mary.

(10) John has not loved Mary. Chomsky (1993, 1995) proposes that this is the case because have and be are semantically vacuous, hence not visible to LF operations. Thus, if they have not raised overtly, they will not be able to raise at all and their unchecked features will cause the LF to crash. I will not go into it deeper here. Cf. Lasnik’s arguments (1999, 103) showing that the existential verb be displays overt raising as well despite the fact that it has a full meaning. Also there is reason to argue for LF raising of have and be in subjunctive clauses where the functional head has to be checked and the verbs have and be evidently can raise at LF and along with main verbs do so across negation, cf.: Lasnik’s ex. [(21ab)] I desire that John not leave, I desire that John not be here. In other languages, such as Swedish, inflected auxiliary verbs pattern exactly with main verbs in remaining in situ in embedded clauses, even though they are inflected, cf. [(22a)]

... om hon inte ofte har sett honom ‘whether she not often has seen him’ [(22b)] *om hon har inte ofte sett honom [(22c)] *om hon inte har ofte sett honom. (Lasnik 1999, 104)

2.2. On the position of Negation in Slavic: some preliminary remarks According to the Minimalist program the operations select and merge recursively construct syntactic structures from lexical items in a numeration set with already inflected morphology. Whereas select chooses a lexical item from the numeration set and introduces it into the derivation merge combines the selected lexical items with those already constructed. The indispensable operation of a recursive system is merge which takes two syntactic objects α and β and forms the new object Γ = {α, β}. Chomsky (1999, 2) further assumes that Γ has the label LB (Γ) which in the best case corresponds to one of two sublabels of the merged items, thus LB (Γ) = LB (α) or LB (β). While merge ‘comes free’, any other operation (esp., movement) requires

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen justification. The empirical facts (e.g. of noun verb agreement) show that all phonological and inflectional features that enter into some kind of agreement relation with interpretable inflectional features must be deleted before LF or converted to interfaceinterpretable form by the phonological component. Let us assume that the derivation may contain only interpretable features. If a derivation contains only semantically interpretable features, the relevant derivation is said to converge at LF. If there are some features semantically uninterpretable, the derivation is said to crash at LF and the corresponding sentence is illformed. Let us further suppose that uninterpretable features are erased once checked. The following example demonstrates how the derivation and checking theory work: (11) Mal’čik ne ljubit devušku. boyNOM not loves girlACC Consider first that the grammatical features are carried by each of the four words in the sentence. The head features of mal’čik indicate that it is the third person nominative singular masculine; the features of the negation ne have the feature [neg]; (for the sake of the argument I will suppose that this feature is interpretable and does not need to be erased until LF). The verbal head has the features present tense; the head features of devušku indicate that it is the third person accusative singular feminine. The specifier features of ljubit require a third person singular nominative subject and the complement features indicate that it requires a complement headed by a noun in accusative. Since neither the first DP nor the second DP have a specifier or complement in (11) we can assume that in the relevant structure they can be used without any specifier or complement (provided that only the relevant projections or categories are required to be represented in a concrete derivation under minimalist assumptions). The head ne is assumed to project its own functional projection being a right sister node and thus complement to IP/TP and having a complement VP to its right. Cf., however, the article on negation and clause structure by Joanna Błaszczak (Article 33. in this volume) where the negated structures require a specifier position in the derivation. These are structures with negated constituents (ni-words) such as: nikto nikogo ne ljubil where ne is a head and the ni-constituents are supposed to be in specifier positions of the k-words (wh-phrases). In the present sentence it seems not to project a specifier position. Accordingly (11) will have the structure (11’). Let us assume that the only semantically interpretable features in (11’) are the person-number-gender head features of the D categories since they can refer to a referential expression and be substituted by the pronoun he or her but not by an expression like they or them. Furthermore, interpretable feature is also the NEG feature since it clearly contrasts with an affirmative feature POS of a positive sentence, and the present tense head feature of the verb, since it clearly contrasts with a past tense, future or non tense feature. By contrast, let us suppose that the case features of the nominative are uninterpretable in their base generated position (SpecVP) and thus have to move to a higher position (presumably to SpecTP) to be checked. In addition, let us assume that all verb inflections other than tense inflections are uninterpretable. Let us also assume that only some head features are interpretable and that all complement and specifier-features are uninterpretable since they have no semantic content

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (11’)

but simply tell us what kind of specifier or complement a given item requires. Finally, let us assume that the specifier-features of a head must be checked against the headfeatures of the head-word of its specifier; and likewise the complement features of a head must be checked against the head-features of the head word of its complement. If there is a match between checking category and checked category with respect to any given feature, the relevant specifier or complement-feature is erased (because specifier and complement features are uninterpretable), and the corresponding headfeature is erased if it is uninterpretable (but is not erased if it is interpretable). If there is a mismatch between checking and checked category in respect of some feature, the relevant feature cannot be erased either. Given these assumptions, consider how checking works in (11’). Let us first consider the checking of specifier features of the verb ljubit against the head features of mal’čik. The third person and number specifier features [3S] exactly match the [3S] head features of mal’čik. Since the relevant features play a crucial role in the interpretation of the noun but not in that of the verb ljubit, the specifier-features of ljubit are erased, but the [3S] head-features of the noun mal’čik remain in the derivation until LF. Now, consider what happens, if the case feature [N] of the specifier of the verb matches the case feature of the head noun. If the verb moves to I (V-I-movement) both the head feature [N] of D and the specifier feature [N] of the verb erase because case-features do not play any role in semantic interpretation at LF. Thus, checking of the specifierfeatures of ljubit against the head features of the noun erases all the specifier features of ljubit together with the nominative case-feature of mal’čik. The derivation converges at one of the interface levels (LF or PF) if all the items listed in the numeration are exhausted, otherwise it crashes.

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen The principle of Full Interpretation (FI) ensures that convergent derivations are only those where no uninterpretable element can remain at the point where the derivation enters the semantic component, cf.: (12) Principle of Full Interpretation (FI): Interface representation must be fully interpretable for the relevant performance systems, in particular: i. A PF-representation may contain no symbol that is not interpretable for the articulatory-perceptual systems (A⫺P). ii. An LF-representation may contain no symbol that is not interpretable for the conceptual-intentional systems (C⫺I) (Chomsky 1995, 63) In order to explain the mechanism select and merge and at the same time to explore possible candidates for a sentence structure in negated sentences, first consider the following declarative negated sentences in Russian under (13): (13) a. Mal’čik ne ljubit devušku. The/a boyNOM Neg lovesVFIN3SG the girlACC b. Mne ne spitsja. To meDAT Neg sleepsVIMPERS3SG/REFL ‘I cannot sleep well’ c. Ivanu poka/*ešče ne nadoelo. To IvanDAT still Neg (it) is boringVIMPERSPARTC ‘Ivan is not bored yet’ d. Mal’čiku devušku ne celovat’. To the boyDAT the girlACC (is) Neg (to) kissVINF ‘The boy cannot kiss the girl’ (13a’)

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax

The lexical heads enter the computational system by a format imposed by a simplified version of the X-bar theory (for further refinements of the X-bar structure as bare phrase structure cf. below, article 31. in this volume). For the sake of a better legibility we use the former system of X-bar at this point of explanation. Thus, a sentence such as (13a) will be assembled on the basis of the projections of the lexical heads V and N (I do not give a justification to the assumption that in Slavic languages NPs are DPs. I refer the reader to some basic literature on the subject, esp. Späth (1999) and Späth (2006), where the arguments follow from the definiteness effects one can find in overtly empty Det languages). Following Pollock (1989), Chomsky (1991), Ouhalla (1991), Brown (1999) and others, I assume that sentential negation requires an independent functional projection NegP with an overt negative clitic head ne which, independently of the status of the verb (finite (13a), non finite (13d) or impersonal (13bc)), stands in a left adjacent position to the verb in R(ussian), taking the VP as complement: (13a’)

So far, minimal sentences like those in (13) will be assembled on the basis of the projection of the lexical heads N and V plus one functional head Neg. The NP structures are inserted into the argument slots of the VP. In Chomsky’s MP words are base generated with their full morphology, and the functional heads of the clause are ab-

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen stract bundles of features (cf. section 2.3). Of course, VP is associated with further functional categories which we for the sake of simplicity represent as IP here, so that the following projections have to be represented so far (cf. 14): (14)

Under the new perspective of MP the NP1 (base generated subject position in SpecVP) cannot be assigned nominative case VP-internally. As has been noted under 2.1, the basic assumption is that formal features are always strong, and force overt movement. Only motivated overt movements driven by morphological features are legitimate objects of derivation. It is generally assumed that the D(eterminer) feature of I(nflection) or T(ense) is a strong feature that induces for the NP(DP) overt movement to subject position. This basically is a minimalist reinterpretation of the Extended Projection Principle (EPP) which requires all sentences to have subjects. In order to be licensed the subject NP1 must move to [Spec,IP] checking the D-features and deleting them at PF (15):

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (15)





Let us assume, for the sake of the argument, that all morphological licensing conditions are satisfied, so that (15) is the Spell-Out version of (13a). Further conditions have to be satisfied that do not necessarily show an overt morphological reflex in the syntax. For instance, it is not clear if the verb in (11) and (13a) respectively, has moved overtly until Io [Agro] at PF (cf. overt raising of the verb in French 5) or covertly at LF like the engl. main verbs (cf. 4). In the latter case the movement would be cheaper and would not feed Spell-Out. The assumptions so far have been fairly tentative in order to show the problems for R main clauses where overt movement should be assumed only if it has Spell-Out effects. There is, however, strong evidence for the fact, that R verbs do move overtly in order to check strong features, at least in some cases. If movement before Spell-Out is more costly than abstract movement at LF overt movement should be considered as being a last-resort operation which is delayed as late as possible (under Procrastinate, cf. 8). Morphological features which are strong must be checked before Spell-Out to be deleted before entering the LF component (pursuing the principle of FI, cf. 9). They should be visible, that is, they should have an overt reflex (i. e., word order variations or morphological material like affixes should be there). So far we have been considering declarative negated clauses in Russian. Notice, what happens if interrogative clauses come into play. In yes/no-questions we have two

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen ways how to express interrogative meaning. Either by prosodic means or morphosyntactically. R has the option of a special sentence intonation for interrogative clauses, called IK3. Cf. Yokoyama (1986) among others. In this case the verb can move to the Co position or it can remain in situ. If the syntactic derivation applies the verb must obligatorily move to Co. We are interested only in the latter case. In yes/no-questions the verb has to move to get scope bound by a Q-Operator, presumably standing in Co. The overt reflex of the Q-Operator in Russian is the question particle li (and by extension in Serbo-Croatian (SC), Bulg(arian) and Czech). In Polish the overt marker in yes/no-questions is the Comp czy. Notice, that the negation ne moves with the verb to this position above the functional projections AgrSP and TP in interrogative negated sentences (yes/no-questions) under subject-verb inversion, with the question particle li standing presumably in Co. (16) a. Ne ljubit li mal’čik devušku? Neg love Q boy girl ‘Does(not) the boy love the girl?’ b. Ne spitsja li mne? Neg sleepVIMPER3SG/REFL Q (to) meDAT c. Ne nadoelo li Ivanu (*poka/ešče) zdes’? Neg bringIMPER Q DAT ADV ADV ‘Is not Ivan bored yet here?’ d. Ne celovat’ li mal’čiku devušku? Neg kissINF Q boyDAT (the) girlACC Notice that the question particle li (a clitic) is standing in the right adjoined position to the moved Neg-V-complex and above the subject position. Let us assume for the sake of the argument that even the DPs of the Unaccusatives (or Impersonals) have moved from an internal argument position to an external argument position under certain morphological conditions (usually, we have to decide whether it is the verbal morphology or the affix -sja- that are responsible for this operation, cf. Babby 1998) satisfying the EPP requirement. It should follow that it is standing above the AgrSP but within the CP projection. Following Rivero (1993) and Rudin (1997) for BG, King (1997, 80) and Brown (1999, 100) for R and Toman (1996, 508) for CZ I argue that the enclitic Q-particle li is a complementizer of the category Co (cf. also Kosta 1998/2008). In standard CZ the question particle li is restricted to embedded questions, namely whether and if conditional clauses: (17) a. Nevíme, mají-li dnes medovinu. neg know1PL have3PL Q today mead ‘We don’t know whether they have mead today’ b. Máte-li pochyby, zatelefonujte na informace. at information Have2PL Q doubts, call2PL/IPV ‘If you have doubts, call the information’ c. Nemáte-li pochyby, nikam netelefonujte. neg have2PLQ doubts, nowhere neg call2PL/IPV

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax In CZ ex. (17c) and in the R ex. (16a) the particle li can never procliticize. Moreover, it is obligatory preceded by the finite verb. In R there is, however, strong evidence that the question particle can appear even in front of focal interrogation, thus questioning the focussed constituent rather than the [ne V] complex. Thus, the questioned constituent, rather than the [ne V] complex, raises to Co to host the interrogative particle li, cf.: (i) V ėtom li klube vy ni odnoj devočki ne znaete? (ii) V ėtom li magazine vy ne našli nikakogo porjadka? (iii) Maše li vy ničego ne kupili? (R ex. from Brown 1999, 104; [31a⫺c]). In these sentences, ne has not raised to Co because the CP node is not empty but contains parts of a XP category (a remnant PP in (i, ii) where the focussed part contains the P and Det whereas the N of the DP remains stranded or a remnant DP in (iii)). Such option is excluded in Czech: (iv) *V tomto-li klubu neznáte ani jednu dívku? (v) *V tomto-li obchodě jste nenašli žádný pořádek? (vi) *Valérys jste-li nic nekoupil v Princetoně? Notice that remnant movement is forbidden in Czech for independent reasons. I assume that in (16a) and (17c) the matrix verb has undergone a leftward movement first through the head of the NegP procliticizing the overt clitic ne, second through the head of Io checking the features of Agros for person and number (henceforth, Φfeatures), and finally incorporating into Comax – a complex head – via Adjunction, cf. (18): (18)

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen It is not quite clear to me if in this case the movement is driven by an interrogative feature [FQ] or by focus[FOC]; cf. King. (1993, 1994ab, 1995).

2.3. A- vs. B-Languages or 2P vs. Verb-adjacent Clitics? Rivero (1991) made a proposal in which one type A of Slavic languages ⫺ like SC and BG ⫺ project NegP higher than TP, while the other type B of Slavic languages ⫺ like R, CZ and SK ⫺ project it lower. Rivero (1993) further suggests that in SC the finite verb (Aux) incorporates into Neg0, while in BG it does not. Only in in type A the proposed Long-Head-Movement of the Participle is blocked by Relativized Minimality, as shown under (19)⫺(20), while in type B the Participle (Verb) and Aux incorporate into Neg0 and the complex moves to C0. The mechanism of incorporation by adjunction (Baker 1988) allows for breaking up the barriers. Moreover, by this assumption not only the Head-Movement-Constraint (Travis 1984, Baker 1988, Chomsky 1986) is violated (by skipping over one or more intervening heads) but also the motivation for the movement of the participle (as non-finite Verb) does not follow from general principles of the Minimalist Program (neither checking theory nor economy principles), cf. (19)⫺(20): Group A (BG, SC): NegP c-commands TP (19) a. Az ne săm pročel knigata I Neg Aux Part-read the book b. Ne săm pročel knigata Neg Aux Part-read the book c. *Pročeli ne săm ti knigata (BG) (20) a. Ja nisam pročitao knjigu b. Nisam pročitao knjigu c. *Pročitaoi nisam ti knjigu (SC) Group B (CZ, SL): TP c-commands NegP (21) a. Já jsem nenapsal dopis. (CZ) I Aux Neg-Part-read letter b. Ja som nenapísal list. (SK) ‘I did not write the letter’ c. Já byx nenapsal dopis. (CZ) I Kond Neg-Part-read letter d. Ja by som nenapísal list. (SK) I Kond Aux Neg-Part-read letter ‘I would not write the letter’ (22) a. b. c. d.

Nenapsal jsem dopis. (CZ) Nenapísal som list. (SK) Nenapsal byx dopis. (CZ) Nenapísal by som list. (SK)

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax Now, first consider the differences between BG and SC including the interaction of Negation and Clitics. Let us consider some basic data introduced by Rivero (1993): (23) a. Ne vidim ga (SC) Neg see himCL ‘I do not see him’ b. Ne mu izpratix kniga. (BG) book Neg himCL send ‘I did not send him a book’ (Rivero 1993, 573) In (23a), the pronominal clitic SC ga follows the finite verb which is preceded by the negative marker ne. Rivero claims that this is the result of the tensed verb moving to Neg0 and incorporating into it and then moving as a unit to host the clitics. In contrast, in the BG example (23b), the clitic mu occurs between the negative marker and the verb. Trying to explain these contrasts Rivero argues, that while in SC expample (23a) the finite verb incorporates into the head of Neg0 allowing it to move to C 0 where it will host clitics, in BG the finite verb remains in T0 and hence does not form a unit with Neg0 and cannot move as a unit, cf. (24a) vs. (24b): (24)

However, the clitics in SC and BG are not expected to appear in identical positions in the clause. Whereas clitics in SC go in clause-second (or “Wackernagel”) position (hence 2P), regardless of what kind of phrase goes first, clitics in BG (and also Macedonian, MC) are always adjacent or better: syntactically proclitic to the finite verb, regardless of how many constituents precede them. However, they are prosodically enclitic to the preceding word and require some element to the left to serve as their phonological host. With short clauses, and especially with clauses in which there is no preverbal element capable of hosting the clitics, these differences are not apparent. However, data from wh-questions clearly show these differences, as demonstrated in Rudin (1988): (25) a. Ko mu je šta dao? (SC) who him-CL aux-CL what gave b. *Ko šta mu je dao? (SC) who what him-CL aux-CL gave ‘Who gave him what?’ (Rudin 1988, 462)

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen (26) a. Koj kakvo ti e kazal? (BG) who what you-CL aux-CL told b. *Koj ti e kakvo kazal? (BG) who you-CL aux-CL what told ‘Who told you what?’ (Rudin 1988, 461) In (25a), the SC clitics mu and je appear after the first constituent, the wh-word ko, as would be expected of second-position clitics. If they appear elsewhere in the clause, e.g., after the second wh-word where they would be adjacent to the verb, the result is ungrammatical as in (25b). However, in (26a) the BG clitics ti and e must appear adjacent to the verb, after all of the wh-phrases. If they appear after the first wh-phrase, the result is ungrammatical, as in (26b). These examples corroborate the arguments in favour of the differentiation of 2P vs. verb-adjacent clitic languages.

2.4. On Interaction of Negation and Pronominal Clitics in Slavic As we already demonstrated, the difference between A- und B-languages in terms of c-command relations cannot be an appropriate explanation for the differences of the syntax of negation and clitic systems in these languages. Let us then look for some alternative proposals which were made in the last years. In the literature on the interaction of negation and clitic it is assumed that negation heads a functional projection between CP and IP. The difference between SC and BG negation was explained as a reflex of the difference between the clitic systems of these two languages. This proposal was recently made and several times echoed by Tracy Holloway King (1995, 1996, 1997) who suggests that “the negative marker does not form part of the clitic group”. If a negative marker is present in a clause structure with a finite verb, in SC the clitics do not intervene between the negative marker and the verb because they are adjoined to C 0. If there is material in C 0 or SpecCP, this material provides a host for the clitics, as in (22a). If there is no material in the projection of C 0 to provide a host for the clitics, Prosodic Inversion as last resort mechanism at PF occurs. As a result, the clitics will be hosted by the material lower in the tree, e.g. in I0, as in (20a), in which the clitic ga cliticizes to the right edge of the finite Verb in I0. Unlike the BG negative marker, the negative marker in SC cannot support clitics, so in SC the clitic cliticizes to the right edge of the verb since ne and the verb form a single prosodic word (cf. 24a). In BG, clitics are adjoined to I 0 and hence occur adjacent to the tensed verb and to negation (functional projections which in Tracy Holloway King’s conception form a complex head Σ 0 ⫺ Neg0 and TNS0). King states that “it is a special property of BG negation that it can host clitics.” (King 1997, 83). So when negation is present the negative marker provides a host for any clitics while the verb follows them, as shown under (27b):

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (27)



However, it was shown by Catherine Rudin that BG clitics are syntactically proclitic to the finite verb but that they are prosodically enclitic to the preceding word and require some element to the left to serve as their phonological host. This host may consist of one or more stressed words (28a), or even a stressless word like the negative particle ne (28b) or complementizer če (28c): (28) a. Az go vidjax. I him-CL saw-1sg ‘I saw him’ b. Ne go vidjax. Neg him-CL saw-1sg ‘I did not see him’ c. Mislja če go vidjax. think-1st that him-CL saw-1sg ‘I think that I saw him’ (Rudin 1997, 224) Let us recall some basic assumptions made by Steven Franks in his position paper in attempting to adopt some of his ideas to the problem consulted: (29) Overview of the analysis I. Verbal auxiliary clitics in all languages are generated in verbal functional head positions, such as AgrS 0 and T 0. II. Pronominal clitics in all the languages except Bg and Mac are generated in argument positions as K 0 heads. a. They move from there to the appropriate Agr for case checking purposes, i. in SC, Sn, Cz and Sk they move as heads, adjoining to Agr. ii. in Pol they move as phrases. b. Clitics that move as heads move as high in the tree as they can.

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen III. Pronominal clitics in Bg and Mac are generated directly adjoined to their appropriate Agr heads. a. The verb moves to them. b. Arguments are DPs which undergo case checking in the standard way. (Franks 1998, 22) The basic claim embodied in (29) is that 2P clitics move as heads as high as possible in the tree, whereas verb-adjacent clitics wait for the verb to come to them. Three issues are now under consideration: (i) (ii) (iii)

What is the position and status of negation and what drives the syntactic movement of heads? How can a syntactic approach to movement capture sensitivity to prosodic requirements of negation? How can data where negation and clitics interact with the finite verb, participle and other verbal categories corroborate the assumptions under (29)?

2.5. Some Corroborating Evidence: the Interrogative Particle li Some additional data which corroborate the position and status of sentence negation in BG and SC come again (for R and CZ cf. section 2.2, ex. 13⫺18) from head movement in yes-no-Questions with the interrogative particle li. As King (1997, 80) demonstrated, BG forms yes-no questions with the enclitic Q-particle li which Rivero (1993) and Rudin (1993) argue is a complementizer. Thus, an XP can move to SpecCP where it hosts the clitic li and is the focus of the question. In neutral yes-no-questions, no XP moves to SpecCP. Instead, the finite verb moves to C 0 where it hosts the other clitics, cf. (30a). If the finite Verb is itself clitic, the verbal participle hosts the clitic, cf. (30b): (30) a. Izpratix li mu kniga? send-1sg Q him-CL book ‘Did I send him a book?’ b. Viždal li go e? (BG) seen Q him Aux-3sg ‘Has he seen him?’ (King 1997, 80) This pattern changes when Negation or the modal šte are present in the clause. In a negated clause like (31) the particle li appears after the negation and another clitic, but before the verb. The future modal šte can host clitics but itself does not bear stress. If šte is present, li appears after both šte and the finite verb, as in (32a). Thus, the modal šte and any clitics precede the finite verb as they do in non-li clauses, as in (32b): (31)

Ne mu li izpratix kniga? Neg him Q send-1sg book ‘Didn‘t I send him a book?’ (BG)

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (32) a. Šte dojdeš li s nas? will come-2sg Q with us ‘Will you come with us?’ b. Šte i go predstaviš li? will her-CL him-CL introduce Q ‘Will you introduce him to her?’ (King 1997, 80) These patterns with the negative and future modal led Rivero (1993) to the conclusion that Neg0 and Mod0 are barriers for head-movement to C 0. If they are present, a verbal head cannot move to C 0, and there is no host for the clitic. As a result, li must lower. The landing site depends on the construction. With the negative, Rivero claims that li left-adjoins to I0 so that it follows the clitics but precedes the finite verb and participles, as in (31). With the future, the clitic right adjoins to I 0 and thus follows the finite verb, as in (32). King (1997, 81) convincingly demonstrated that a lowering analysis cannot be an appropriate account for these data. Instead, she proposes a Prosodic Inversion account as a last resort mechanism where li cliticizes to the right edge of the first phonological word, i. e., to the first stressed element in the verbal complex adjoined to C 0. Usually, this will be the finite verb, as in (33a): (33) a. Li [izpratix]ω ------- mu kniga? (BG) 

Q send

him book

In BG negation places stress on the following phonological word, even if it is a clitic. So, in negated clauses, this stressed element will be the clitic or verb which immediately follows ne, as in (34): (34) a. Li [ne mu ]ω -------- go

dadoxte?



Q Neg him-CL it-CL give ‘Didn’t you give it to him?’ b. Li [ne običaš]ω -----kafe? 

(King 1997, 81)

With the modal šte this stressed element can be only the finite verb since neither the modal nor any clitics following it bear stress, as seen in (35a). In combination of negation and modal where the negation can transmit stress to the following unit it is predicted that li should appear after the modal. This is borne out in (35b): (35) a. Li [šte go

viždaš]ω ---?

Q fut him-CL see ‘Will you see him’



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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen b. Li [Ne šte]ω ------ ste mu 

go

dali?

Q Neg fut Aux-2PL him-CL-DAT it-CL-AKK give ‘Won‘t you give it to him?’ (King 1997, 82) In Steven Frank’s position paper the serious problem of syntactic explanations is raised by discussing several approaches to clitic placement of li in combination with the proclitic particle ne. It is pointed out that although li appeares in a variety of Slavic languages and there is a large recent literature on li, its distribution in the syntax can hardly be solved by purely syntactic solutions. Indeed, the only published syntactic account he mentions is in Mišeska-Tomić (1996) who suggests that ne C first clitic excorporates from the clitic cluster and moves as a unit to C 0 in order to support li. There are two problems connected with this assumption: (i) syntactic movement to meet PF requirements involves look-ahead and (ii) there is no syntactic motivation for that movement in the first place (Franks, position paper, p. 72). Compare the data in (36) vs. (37): (36) a. Ne ti GO dade li? b. Ne TI li go dade?

[o.k. Mac/*BG] [*Mac/o.k.BG]

(37) a. Ti go Dade li? b. Dade li ti go?

[o.k. Mac/*BG] [*Mac/o.k. BG]

The explanations for these differences between BG and Mac are explained as the consequence of different prosodic factors at work: “That is, in both languages, li is introduced in C 0 and is enclitic, but (i) in Mac, but not BG, the auxiliary and pronominal clitics can be proclitic and (ii) in BG, but nor Mac, proclitic ne is actually postaccenting. This means that it not only forms a prosodic word with the following element, but if that element is not itself a prosodic word, ne causes it to be one by stressing it, and then procliticizes. The result is that pronominal and verbal auxiliary clitics following ne in BG actually bear stress. Interrogative li, which in descriptive terms goes right after the first prosodic word, is then positioned immediately after the stressed clitic as in (36b).” (Franks, p. 71 ff. with further evidence from R).

2.6. Negation and V-raising: Imperatives, Gerunds, Infinitives One important observation made independently in several works on clitics has to do with the fact that certain nonfinite verb forms tend to precede verb-adjacent clitics although finite verbs follow them. The order verb-clitic is found in embedded infinitives in Italian, but not in French, as shown below under (38)⫺(39): (38) a. Lui parler serait une erreur. him-CL to speak would-be an error b. *Parler-lui serait une erreur.

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax (39) a. Parlargli sarebbe un errore to-speak him would-be an error b. *Gli parlare sarebbe un errore (Kayne 1991, 648) Kayne proposes an analysis for Italian in which V has adjoined to Infn and VCInfn has then adjoined to T’ (38’). In French, the infinitive will involve raising V to Infn, but will not involve any additional movement of the V. Furthermore, instead of adjoining to T, as shown in (38’) for Italian infinitives, CL in French will adjoin to Infn (39’): (38’) Italian V C Infn ... Cl C T ... [Infn e] ... [VP [V e]] ... (39’) French T ... Cl C [Infn V C Infn] ... [VP [V e]] ... (Kayne 1991, 651) Despite of the fact that Mac and BG lack infinitives Steven Franks discusses some fairly interesting examples with imperatives and gerunds in BG and Mac which I repeat under (40a) through (40e): (40) a. Donesi mi go! bring.impv2sg me.dat it-acc ‘Bring it to me!’ (BG) b. Ja mi go donesi! Hey me.dat it.acc bring.impv2sg ‘Hey, bring it to me!’ c. Nemi go donasjaj! neg me.dat it.acc bring.impv ‘Don’t bring it to me!’ d. KONJAKA mi donesi! cognac.def me.dat bring.ipv ‘Bring me the COGNAC!’ e. Na IVAN go davaj! to Ivan it.acc give.imp (BG) (Franks, 56) The generalization made by these data is that the clitics precede the imperative if and only if there is some material for them to be hosted by. Imperatives in this respect behave exactly like finite verbs in BG. In Mac, on the other hand, clitics always follow imperatives. Thus, the order verbCclitic are the only acceptable ones in Mac, cf. (41): (41) a. Donesi mi go! bring.impv me.dat it.acc ‘Bring it to me!’ (*Mi go donesi!)

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen b. Penkaloto kupuvaj mi go! pen.def buy me.dat it.acc ‘Buy me the pen!’ (*Penkaloto mi go kupuvaj!) (Franks, 56) Steven Franks discusses two possible analysis at work: (i) either there is some kind of strong imperative feature to be checked that would force raising of the V past the clitics or (ii) the clitics for some reason lower onto the imperative. While rejecting verb movement past the clitics to some higher head by independent reasons (nonfinite verb forms require fewer functional projections and less movements than finite ones), Franks suggests that “the functional impoverishment of nonfinite forms could cause them not even to make the minimal moves required by the clitics, which would then somehow lead to the necessity for the clitics to take action themselves, as in option (ii).” (Franks, 57) Further below he discusses the possibility of Mac to support preverbal clitics by the negative marker ne: (42) a. Ne mi go nosi! b. Ne nosi mi go!

(o.k. Mac/o.k. BG) (o.k. Mac/*BG) (Franks, 57)

These data suggest that the relevant factor may be that ne in (42) is a higher head, whereas all the elements to the left of the clitics in (41) are phrases so that raising of the clitics to ne poses an alternative way of satisfying their adjunction requirement which would be equally costly to lowering them onto the imperative. Steven Franks proposes some alternatives of analyzing the data: (i) raising the imperative first and picking up the clitic heads on the way producing something like (42), or (ii) remaining in situ and lowering the clitics (which has a last resort character). In showing that ne has an effect as a head attracting the finite verbs and imperatives to raise he at the same time shows “that ne does not cause gerundive verbs to raise in the same way it does imperatives, so that clitic lowering is the only option. Hence the difference cannot in fact have to do with a feature of ne, but rather of what moves to it.” (Franks, p. 58). It seems to me that this property of attracting finite verbs, imperatives and (in some slavic languages) also participles to raise to their functional head-positions has something to do with the Agr-features which have to be checked in the proper domain. Since finite verbs have agreement, gerunds clearly lack it, and imperatives and participles are somewhat in the middle I suggest that the appropriate feature to be checked is AgrS. In Cz, Sk and SC (e.g., in 2P clitic languages) I assume that Neg is a head projecting its own functional projection which dominates AspP and VP. If the finite Verb raises to check the strong features in AgrS it moves overtly through AsP and NegP (rightadjoining to the head of NegP) and through AgrO dragging up the clitics (from their argument positions as K 0 heads) to the highest functional head it can. Alternatively, the clitics raise independently because they are looking for their verbs. They “know” that verbs must eventually raise to the highest functional head in the phrase structure, they just do not know when. So 2P clitics move overtly as far as they can go until LF.

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax I assume that moving the clitics in the syntax to where the verb is going to be at LF has to be enough to satisfy these strong features. How can we account for the differences between the two types of languages with respect to the position of negation and clitics (cf. 19⫺22)? Some contradictory evidence to the assumption of Rivero (1993) that NegP dominates TP in SC and BG whereas it is dominated by TP in Sk and Cz comes not only from Russian finite sentences including auxiliary material (43) but also from SC (44) and BG (45) where Neg is apparently adjacent to finite auxiliary material: (43) a. b. c. d.

Proekt Ivan Otec Net, Anna

[NegP [NegP [NegP [NegP

(44) a. b. c. d.

Projekat Jovan Otac Ne, Anna

(45) a. b. c. d.

[CP Ne mu e [VP razraboten projekăt]] Ivan [NegP ne šte [VP piše pismo]] Baštata [NegP nikoga ne e bil [AP dobar učitel]] Ne, Anna ne e bila [PP v biblioteka] (BG)

[NegP [NegP [NegP [NegP

ne byl [VP razrabotan Ivanom]] ne budet [VP pisat’ pis’mo]] nikogda ne byl [AP xorošim učitelem]] ne byla [PP v biblioteke] ](Ru)

nije bio [VP savršen ot Damira]] neće [VP pisati pismo]] nikada nije bio [AP dobar učitelj]] nije bila [PP u biblioteci]] (SC)

There is one possible explanation for the structural difference between the Neg preceding finite verbs and participles. In King (1996, 1997) these differences are explained in terms of clitic vs. non-clitic form of the negative marker C tensed auxiliary combination. SC has such a non-clitic form nisam which is interpreted as a lexicalized instantiation of C 0. The clitics in the clause mu and se appear in second position as is expected in SC, cf. (46): (46) a. Ja mu se nisam predstavio (SC) I him-CL-DAT self-CLReflAcc Neg-am introduced ‘I have not introduced myself to him’ b. Ja sam mu se predstavio (SC) I am-AuxCL him-CL-DAT self-CLRefl.Acc introduced ‘I introduced myslef to him’ (Rivero 1991, 336) In (46a), the finite verb is a non-clitic auxiliary, thus it does not need to move further up in the tree. Contrary to the assumption made by King (1996, 1997), I suggest that it does not stand under C 0, rather it is an instantiation of the aspectual verb which has to move overtly from Asp0 to T 0 to check strong features. On its way the finite verb right-adjoins to Agr0 dragging up the clitics (from their argument positions as K 0 heads) to the highest functional head it can. This is Agr0S. If there is any material in C 0 or SpecCP the clitics can climb further until C 0 where they right-adjoin to it. If not they remain right-adjoined to Agr0S. There is no need of lowering or Prosodic Inv as

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen far as I can see for this explanation. Because nisam is not a head it does not induce RM effects. In Sk (and Cz) which do not have a non-clitic auxiliary which forms a complex head by incorporation into the head of Neg the negative marker appears before the first non-clitic verbform which is given under (47) as byl/bol. Again, I suggest that this is the tensed verbform (base generated under Asp0) byl/bol which for independent reasons has to raise to T 0. By economy of derivation (and also the operation Attract) moving via the head of the Neg the negative marker must attach to the most immediate functional projection above NegP which is T 0. Again, the auxiliary clitics must move to the highest possible position in the clause which is ideally the 2P if they are supported by some material in SpecCP, cf. (47): (47) a. Já byx nebyl napsal dopis. (CZ) I cond-aux-CL Neg.had(Asp) written letter b. Ja by som nebol napísal list I cond-CL Aux-CL Neg.had written letter ‘I would not have written the letter’ The structure of the clause (47b) is shown in (47b’):

CP

(47b’)

DP

C’ C0

C0 by – som

AgrSP HC 0 DP

i

Agr’

tl Agr 0

TP

ti T0 ne – bol

NegP j

Neg 0

AspP

tk Asp0

VP

tj napísal list Consider that the alternative derivation (47’a) ???Já byx byl nenapsal dopis is pretty bad. This can be accounted for if we assume that the lower projection is AspP being

24. Targets, Theory and Methods of Slavic Generative Syntax equidistant to the head of the negation with the TP. But if we assume that raising at PF (before Spell-Out) is preferred to lowering we see why the ex. (47a) is much better than (47’a). In (47a) the base generated aspectual verb byl moves to T0 to check against the finite features and on its way to T0 it incorporates or better right adjoines to the head of the negation. In (47’a) it is the negation that lowers to the main verb (which at this time is supposed to have moved to the Asp0 head to check against the perfective features), leaving a trace behind that is not licensed (modo ECP). Thus, the derivation crashes. As to the BG data I suggest that the BG Neg is a focussing particle transmitting stress to the next prosodic unit. As such, it can support clitics and is syntactically relatively independent. It might well be that it stands in a focus position somewhere in CP (cf. Kosta 1997; Kosta/Schürcks, Art. 47, 654⫺684). The clitics are K 0 heads (argumental clitics) or Agr0 heads (auxiliary clitics). Pronominal clitics in BG and Mac are generated directly adjoined to their appropriate Agr heads. The verb moves to them.

3. Conclusion To summarize, in this chapter I have drawn attention to some basic facts on structure and position of sentential negation within the Minimalist program. Doing so I tried to give an unifying account on the sentence structure of negation and clitic systems across Slavic. The difference in word order with respect to negation and clitics not only results from minor differences in the clitic systems (BG and Mac differ from SC, CZ and SK with respect to verb-adjacency whereas the latter are 2P-clitic languages) but also from different positions of Neg in the structure of the sentence. As a result, the BG system seems to prefer a position higher in the clause than the other Slavic languages in which NegP dominates the AspP and VP. I tried to include some data which clearly show that Neg has also some prosodic features in BG and Mac relevant for the description of the syntax of clitics in the Slavic languages.

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Peter Kosta, Potsdam (Germany)

25. Gegenstände der funktionalen Syntax

25. Gegenstände der funktionalen Syntax 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Funktionale Syntax und Prager Schule Die funktionale Satzperspektive und die thematische Progression Das dreidimensionale Syntaxmodell von F. Daneš Die syntaktische Relevanz der funktional-semantischen Felder Zolotovas Skizze einer funktionalen Syntax Literatur (in Auswahl)

Abstract The main research topic of functional syntax is the utterance produced and received for communicative and cognitive purposes. The Prague School of Functional Linguistics has contributed to the development of this area of research by enriching it with the theory of Functional Sentence Perspective of V. Mathesius, the three-level approach to syntax of F. Daneš, and the systematic description of utterances. The idea of a dynamic system with a centre-periphery structure constitutes the basis of A. V. Bondarko’s Functional Grammar as a system of functional-semantic fields. By introducing concepts such as syntaxeme and communicative register, G. A. Zolotova develops a model that unites the linguistic system and the speaker’s point of view.

1. Funktionale Syntax und Prager Schule Die Prager Schule hat in ihren Thèses (1929) das Grundprinzip der funktionalen Linguistik formuliert: Die Sprache als ein Produkt der menschlichen Tätigkeit ist ein zielgerichtetes System von Ausdrucksmitteln. Der Gegenstand der funktionalen Syntax ist somit die sprachliche Äußerung, die in der Gesellschaft zum Zweck der Verständigung produziert und rezipiert wird. Aus der kommunikativen Orientierung der Formmittel einer Äußerung erwächst die Spezifik der funktionalen linguistischen Analyse: die formalsyntaktischen Strukturen werden nicht aus sich selbst heraus erklärt, sondern aus ihrer Rolle in der Kommunikation und Kognition. Es geht um die Darstellung des Zusammenhanges von sprachlicher Form und sprachlicher Funktion im Redeprozess. Dabei wird in den slavistischen Arbeiten die Frage der Beschreibungsrichtung, also das Herangehen über die Funktion oder über den Formaufbau, in der Regel als komplementäre Alternation verstanden. Nicht slavistische funktionale Ausrichtungen, wie z. B. Martinet (1962), Dik (1978), Halliday (1985), Givón (1984⫺1990) bzw. Givón (1995), haben bestimmte Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zur Konzeption der Prager Schule. Die Gemeinsamkeiten betreffen vornehmlich die These, dass die Analyse der Sprache nicht von ihrer kommunikativen Aufgabe zu trennen ist. Unterschiede zeigen sich darin, dass die auf die Prager Schule orientierten und anhand der slavischen Sprachen exemplifizierten funktionalen Deskriptionen stärker empirisch geprägt sind, auch dann, wenn sie prinzipielle funktionale Ideen und universelle Regularitäten wie die funktionale Satzperspektive (Mathesius 1929), das mehrdimensionale Satzmodell (Daneš 1964) oder die thematische Progression (Daneš 1970)

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen entwickeln. Ihr Ansatz ist nicht vorrangig ein methodologischer oder philosophischer im Sinne einer Abgrenzung gegenüber einem formalen Herangehen an die Sprache wie bei Dik (1978) oder Givón (1995), kein soziologischer wie bei Halliday (1985) oder kein funktional-generativer wie bei Sgall/Hajičová (1974), sondern ein Deskriptionsund Interpretationsapparat, der auf die Erfassung der Korrelation von formaler Ausdrucksstruktur und inhaltlicher Bedeutungsstruktur von Äußerungen ausgerichtet ist. Der Begriff der Funktion bezieht sich für die Prager Schule nicht allein auf die allgemeine Zweckbestimmung der Äußerung in der Kommunikation, sondern bedeutet im engeren Sinne, dass Einheiten einer Sprachebene auf der nächst höheren Ebene eine bestimmte Funktion erfüllen. Insofern funktioniert der Satz in der Kommunikation als Äußerung, während die Spracheinheiten der niederen Ebene eine innersprachliche, konstruktive Funktion haben. Form und Funktion sind für die syntaktische Ebene nicht deckungsgleich, sondern eine syntaktische Einheit kann verschiedene Funktionen erfüllen bzw. kann eine Funktion durch unterschiedliche Ausdrucksformen realisiert werden. Karcevskij (1929) beschreibt diese Korrelation als asymmetrischen Dualismus des sprachlichen Zeichens. Zu den Ausdrucksmitteln in der Syntax der slavischen Sprachen gehören nicht nur die morphologischen Formen, sondern auch die Wortfolge, die Satzintonation sowie die Strukturlexik mit Partikeln, Modalwörtern usw. Auch die Verwendung des Satzes in der Rede als Äußerung hat Systemcharakter. Die Heranziehung der Äußerung als Objekt der syntaktischen Analyse führt zu zwei wesentlichen Spezifika der funktionalen Syntax der Prager Schule. Zum einen ist das ein Grund dafür, dass erst durch eine kontextuelle bzw. situative Verortung eine allseitige Deskription des Satzes ermöglicht wird. Zum anderen wird der Objektbereich der funktionalen Analyse über die geschriebene Sprache hinaus auf die gesprochene Sprache ausgedehnt. Die Interpretation des Satzes durch die Zweckgebundenheit seiner Verwendung führt zu einer Relativierung und Öffnung des von de Saussure geprägten Systembegriffs in Anwendung auf die funktionale Syntax. Das betrifft einerseits die Bewusstmachung, dass aufgrund des sich ständig verändernden Sprachsystems synchrone Schnitte nur als abstraktes Konstrukt zu sehen sind, und andererseits die Aufgabe der Vorstellung von der Syntax als einem geschlossenen System. Die Ideen eines dynamischen Systems mit Zentrum-Peripherie-Struktur (Daneš 1966) werden in der Prager Schule bis in die Gegenwart weiter entwickelt. Die Prämisse der Zielgerichtetheit des sprachlichen Systems hält die funktionale Syntax offen für interdisziplinäre Forschungsansätze aus der Typologie, Soziolinguistik, Psycholinguistik Kognitionswissenschaft u. a. benachbarte Disziplinen.

2. Die funktionale Satzperspektive und die thematische Progression Der gezielte Blick auf das Funktionieren des Satzes in der aktuellen Kommunikation und Kognition führt die Prager Schule zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Informationsstruktur des Satzes (funktionale Satzperspektive) und auf der Textebene (thematische Progression). V. Mathesius stellte der grammatischen Struktur die aktuelle Satzgliederung (aktuální členění větné) gegenüber, die aus der Einbettung des Satzes in den Kontext oder die Gesprächssituation resultiert. In diesem Sinne gliedert sich die Äußerung als elementare Kommunikationseinheit in zwei Segmente: das Thema

25. Gegenstände der funktionalen Syntax als Ausgangspunkt der Mitteilung des Sprechers und das Rhema als Zielpunkt (vgl. Mathesius 1929, 1939). In der Erforschung der Informationsstruktur hat sich bis in die Gegenwart eine Vielfalt von Begriffen und Betrachtungsweisen entwickelt (Daneš 1974), von denen sich letztlich insbesondere die Terminipaare Thema: Rhema, Hintergrund: Fokus und Topik: Kommentar etabliert haben (vgl. Molnár 1993). Es ist aber interessant, dass man schon bei Mathesius zwei verschiedene Interpretationen der Thema-Rhema-Gliederung finden kann, und zwar für das Thema einerseits die Erklärung als východište˘, d. h. als Ausgangspunkt der Äußerung, als das, worüber etwas mitgeteilt wird, und andererseits als základ im Sinne des Gegebenen, das sich aus dem kontextuellen bzw. situativen Zusammenhang ergibt. Mathesius hat diese Differenzierung nicht weiter expliziert. Neuere Arbeiten zur Informationsstrukturierung haben deutlich gemacht, das es sich bei diesen beiden Gesichtspunkten im Grunde genommen um zwei Ebenen der informationalen Segmentierung handelt, die man als äußerungsorientierte (satzinterne) Topik-Kommentar-Gliederung und als kontextorientierte Hintergrund-Fokus-Gliederung bezeichnen kann. Eine zweite Präzisierung der einfachen Dichotomie der Informationsstrukturierung wird durch den von Firbas eingeführten Begriff der kommunikativen Dynamik erreicht. Die kommunikative Dynamik des Rhemas ist immer höher als die des Themas. aber auch innerhalb der beiden Segmente gibt es eine Abstufung der kommunikativen Gewichtung. Das von Firbas eingeführte dritte Gliederungssegment, die zwischen Thema und Rhema liegende Transition, kommt dabei dem konstruktiven Aufbau der germanischen Sprachen mit topologisch fixiertem Verbum finitum entgegen und hat in der Slavistik kaum Resonanz gefunden. Von bleibendem Gewicht ist aber der Gedanke der skalaren Gliederung der Informationsstruktur und die möglich Differenzierung der kommunikativen Dynamik auch innerhalb von Thema und Rhema (vgl. Firbas 1992, 104 ff.). Die Erforschung der Informationsstruktur in der funktionalen Syntax brachte auch Erkenntnisse über die Struktur des Textes. F. Daneš betrachtet den Text als eine variable Abfolge von Themata: „Die eigentliche thematische Struktur des Textes besteht [...] in der Verkettung und Konnexität der Themen, in ihren Wechselbeziehungen und ihrer Hierarchie, in den Beziehungen zu den Textabschnitten und zum Textganzen sowie zur Situation. Diesen ganzen Komplex von thematischen Relationen nenne ich ‚thematische Progression‘“ (Daneš 1970, 74). Nach dem Verhältnis von Thema und Rhema zu den vorangehenden und den nachfolgenden Äußerungen werden fünf verschiedene Typen von thematischen Progressionen unterschieden, a) einfache lineare Progression, b) Progression mit durchlaufendem Thema, c) Progression mit abgeleitetem Thema, d) Progression mit gespaltenem Rhema, e) Progression mit thematischem Sprung.

3. Das dreidimensionale Syntaxmodell von F. Daneš Die Prager Schule hatte sich in ihren Thesen von 1929 und dann in der ersten Dekade ihres wissenschaftlichen Programms vornehmlich auf die Phonologie und im Weiteren auf die Morphologie konzentriert. Hinsichtlich der Syntax war lediglich durch Mathesius eine Definition und ein Inventar von Begriffen für die Informationsstruktur des Satzes entwickelt worden. Es gab aber noch keinen theoretischen Ansatz, der eine funktionale Erfassung des Satzes insgesamt bzw. der syntaktischen Ebene einer Sprache generell möglich machte. Einen derartigen Vorschlag hat dann Daneš (1964) mit

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen seinem Aufsatz A Three-Level Approach to Syntax unterbreitet, in dem er drei Ebenen des Satzaufbaus unterscheidet: a) die grammatische Struktur, b) die semantische Struktur und c) die Organisation der Äußerung (Daneš 1964, 225). Diese Differenzierung ermöglicht es, in der Deskription des Satzes die Interdependenz und das Zusammenwirken der drei Strukturebenen in der natürlichen Kommunikation zu zeigen: Die semantische Struktur bezieht sich nicht auf die konkrete lexikalische Bedeutung der Wörter, sondern erfasst in verallgemeinerter Form den propositionalen Inhalt des Satzes. Eine Elementarproposition benennt einen vollständigen Sachverhalt und abstrahiert von der jeweiligen konstruktiv-grammatischen Form des Satzes und von der informationalen Gewichtung seiner Partizipanten. Die Struktur der Elementarproposition wird durch die semantische Natur des Prädikats, die als Handlung, Tätigkeit, Geschehen, Merkmal, Relation usw. den Kern der Proposition trägt, und durch die beteiligten Partizipanten wie Agens, Experiens, Adressat, Possessum usw. determiniert. Daraus erwächst der universelle Charakter der semantischen Ebene, oder, wie Daneš vorsichtig formuliert, „the semantic categories, being extra-linguistic, seem to be universal, or nearly so“ (Daneš 1964, 227). Wichtig für die Definition einer funktionalen Syntax ist die Kennzeichnung der grammatischen Ebene als autonom und nicht einseitig abhängig von der semantischen Ebene. Sie erzeugt ihre eigenen Beziehungsbedeutungen. Damit unterscheidet sich Danešs funktionale Konzeption deutlich von der von Dik (1978) und auch von Sgall/Hajičová (1974), bei denen die grammatische Struktur als Ausdruck der semantischen Struktur verstanden wird und somit Syntax und Semantik enger korrelieren. Die dritte Ebene ist nicht wie die beiden anderen statisch und abstrakt, sondern dynamisch und konkret gekennzeichnet. Die Wortfolge wird in korrelativer Verbindung zur prosodischen Kennzeichnung der Äußerung, die vor allem durch den Satzakzent und die Intonationskontur geprägt wird, gesehen. Die prosodischen Markierungen sind den Wortfolgeregularitäten funktionsäquivalent. In der Mluvnice češtiny 3 (1987) wird innerhalb der semantischen Ebene zwischen der kognitiven und der kommunikativ-pragmatischen Struktur differenziert. Während die kognitiven Bedeutungen mit Danešs propositional-semantischer Ebene zu identifizieren ist, geht es bei den kommunikativ-pragmatischen Bedeutungen um den Ausdruck der intentionalen, epistemischen, evaluativen usw. Modifizierungen der Satzstruktur. Belošapkova unterscheidet in diesem Sinne die subjektiven von den objektiven Bedeutungen auf der semantischen Satzebene, Šmelëva differenziert zwischen Diktum und Modus (vgl. Belošapkova 1989, 679⫺685; Šmelëva 1994). Es ist charakteristisch für die Gegenstände der funktionalen Syntax der tschechischen Linguistik, dass die Modusseite der Satzstruktur schon vor der pragmatischen Wende einen festen Platz in der Deskription des Satzes einnimmt (vgl. Bauer/Grepl 1972, s. a. die tschechische Akademie-Grammatik Russkaja grammatika 2, 1979). Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand erscheint es als angebracht, bei der funktionalen Deskription des Satzes generell von vier Strukturebenen, der konstruktiv-grammatischen, der propositional-semantischen, der aktuell-informationalen und der kommunikativ-pragmatischen, auszugehen (vgl. Gladrow/ Kosta 1999). Das Drei-Ebenen-Konzept hat für die funktionale Deskription des Satzes in den nationalen Grammatiken der slavischen Sprachen in den 70er und 80er Jahren einen wesentlichen Einfluss ausgeübt, was sich exemplarisch in den Akademie-Grammatiken des Russischen und Tschechischen widerspiegelt (siehe Russkaja grammatika 1980, Mluvnice češtiny 3). Neben der separaten Deskription der drei Ebenen zeigen sich in beiden Grammatiken aber auch Unterschiede, und zwar vor allem in der Auffas-

25. Gegenstände der funktionalen Syntax sung von den formalen Strukturmustern einerseits und in der Anlage der semantischen Ebene andererseits. Während der Begriff des Strukturmusters in der Syntax des Russischen primär durch das Kriterium der Prädikativität und mit ihren Ausdrucksmitteln des Tempus und Modus geprägt ist, so dass unter das Strukturmuster N1 ⫺ Vf sowohl Konstruktionen vom Typ les šumit als auch vom Typ Boris uvažaet svoego učitelja zu subsumieren sind, geht die Syntax des Tschechischen davon aus, dass ein Strukturmuster immer einen vollständigen Sachverhalt wiedergibt und insofern die obligatorischen Valenzen des Prädikats in das Strukturmuster gehören, vgl. Sn ⫺ Vf ⫺ Sd: Jan blahopřál matce, Sn ⫺ Vf ⫺ Si: Jana se zabívá dětmi. Hinsichtlich der propositional-semantischen Struktur liegt der Unterschied darin, dass in der Russkaja grammatika 1980 die formalen Strukturmuster generell den Ausgangspunkt für die semantische Deskription darstellen, so dass den zweigliedrigen Strukturmustern vom Typ Nı ⫺ Vf z. B. sowohl ein Zustandssatz als auch ein Tätigkeitssatz zugeordnet werden kann. In der Mluvnice češtiny hingegen werden die semantischen Satzmuster autonom nach der semantischen Klasse des Prädikats und der semantischen Rolle der Partizipanten klassifiziert, wobei sich dann z. B. Zustands- und Vorgangssätze, aktionale und nichtaktionale Sätze usw. gegenüberstehen. Das Buch Teorija funkcional’nogo sintaksisa (2006) von A. Mustajoki beschreibt anhand des Russischen in der Richtung von der Bedeutung zur Form systematisch semantische Kernstrukturen, die durch Modifikatoren (z. B. Frage, Kausation, Autorisierung) und Spezifikationen (z. B. Negation, Temporalität, Quantität) erweitert werden. Die Sintaksa savremenogo srpskog jezika (2005) von P. Piper et al. besteht aus zwei Teilen: 1. Von der Form zum Inhalt: 2. Vom Inhalt zur Form. Ausgangspunkte der Deskription im zweiten Teil sind die semantischen Kategorien wie Personalität, Modalität, Qualität einerseites sowie die kommunikativ-pragmatische und die Informationsstruktur andererseits, worin sich die mehrdimensionale Konzeption einer modernen funktionalen Syntax widerspiegelt.

4. Die syntaktische Relevanz der funktional-semantischen Felder Die Konzeption der von Bondarko entwickelten funktionalen Grammatik erfasst die Sprache als ein System von funktional-semantischen Feldern. Ursprünglich war Bondarko davon ausgegangen, dass das Zentrum des Feldes durch eine morphologische Kategorie dargestellt wird (Bondarko 1971, 5 ff.), so dass im Mittelpunkt der Deskription Verhältnisse von Modus und Modalität, Aspekt und Aspektualität, Genus verbi und Generität usw. stehen. Diese Konstellation wird von Bondarko später nur als einer der möglichen Strukturtypen des funktional-semantischen Feldes angesehen (Bondarko 1984, 58 ff.). Hier werden vier verschiedene Gruppierungen angesetzt: (a) funktional-semantische Felder mit einem prädikativen Kern, wozu u. a. die Aspektualität, die Modalität, die Taxis, die Generität zählen; (b) funktional-semantische Felder mit einem Subjekt-Objekt-Kern, die u. a. durch die Felder des Subjekts und des Objekts, die kommunikative Äußerungsperspektive und die Bestimmtheit/Unbestimmtheit repräsentiert werden; (c) funktional-semantische Felder mit qualitativ-quantitativem Kern mit den Feldern der Qualität, der Quantität, der Komparativität, der Possessivität usw.; (d) funktional-semantische Felder mit zirkumstanzialem Kern wie die Lokativität und die Kausalität mit Finalität, Konditionalität, Konzessivität usw. Die funktionalsemantische Kategorie ist eine bilaterale Spracheinheit, die auf einer semantischen

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen Invariante basiert und durch ein Spektrum von Formmitteln unterschiedlicher Stratifikationsebenen mit morphologischer, syntaktischer, wortbildender, phraseologischer oder prosodischer Provenienz ausgedrückt wird. Diese Sprachmittelbündelung ist mit der Vorstellung einer Strukturierung in zentrale und periphere Komponenten des Feldes verbunden. Die Ideen einer funktionalen Grammatik als eines Systems verschiedener Gruppierungen von funktional-semantischen Feldern, die auf semantischen Kategorien basieren und sich in kategorialen Situationen realisieren, führt naturgemäß zu der Frage, inwieweit hier auch spezifische Gegenstände der Syntax behandelt werden. Dabei fällt auf, dass das System der vier Strukturtypen der funktional-semantischen Felder sehr heterogen ist. Deshalb ist es sinnvoll, zwischen drei Sphären der funktional-semantischen Felder zu differenzieren: (a) den funktional-semantischen Feldern, die auf Bedeutungen von Partizipanten einer Proposition beruhen, z. B. Modalität, Aspektualität, Numeralität; (b) den funktional-semantischen Feldern, die einen Propositionstyp erfassen, z. B. Aktion, Prozess, Identifizierung, Existenzialität, Possessivität; (c) den funktional-semantischen Feldern, die sich aus der Bedeutungsrelation zwischen zwei Propositionen ergeben, z. B. Kausalität, Taxis, Komparativität. Im Zentrum der ersten Gruppe stehen die morphologischen Kategorien; die zweite Gruppe weist einen einfachen Satz als Kern auf; und die Felder der dritten Gruppe gehen in ihrem Zentrum auf komplexe Sätze zurück. Wenn also eine funktionale Syntax nach der Zielrichtung der Ausdrucksmittel fragt, dann kann eine derartige Differenzierung in nichtpropositionale, propositionale und bipropositionale Entitäten, die ihre Formmittel in einer deutlichen Feldstruktur gliedern, zu angemessenen Erkenntnissen führen.

5. Zolotovas Skizze einer funktionalen Syntax Galina A. Zolotova (1973) stellt in ihrer Skizze ein sorgfältig definiertes System syntaktischer Strukturen vor, das sie im Vergleich zur traditionellen Kennzeichnung von Kongruenz, Rektion und Adjunktion von Peškovskij bis Vinogradov durch semantische und kommunikative Kriterien erweitert. Sie folgt der Differenzierung Vinogradovs einer Syntax der Wortform (später, bei Zolotova 1988 durch den Begriff ‚Syntaxem‘ ersetzt) und einer Syntax des Satzes, welche sie als präkommunikative und kommunikative Stufe der Syntax bezeichnet. Zolotova schafft mit den aufeinander abgestimmten Begriffen Syntaxem, Satz, Text und kommunikative Register ein System, das die Einheit von Sprachsystem und Sprecherposition im Kommunikationsprozess wiederzugeben vermag. Funktionale Syntax sieht Zolotova nicht primär als Deskriptionsrichtung, sondern sie versteht unter der Funktion syntaktischer Einheiten ihre Rolle bei der Konstituierung einer kommunikativen Einheit. In der Kommunikativen Grammatik (Zolotova 1998, 517) formuliert sie dazu: „Was wird ausgedrückt? Wie wird es ausgedrückt? Wozu, mit welchem Ziel?“ Damit wird der Begriff der Funktion auf zwei Ebenen bezogen: Zum einen auf die konstruktiv-semantische Funktion der Wörter und Wortformen und zum anderen auf die kommunikative Funktion des Satzes im Rahmen der Rederegister (ibid., 58). Das parallele Funktionieren der syntaktischen Einheiten auf beiden Stufen wird in drei Grundfunktionen gefasst. In der ersten Funktion wirken syntaktische Größen selbständig als kommunikative Einheiten (Vesna), in der zweiten als eine ihrer beiden Basiskonstituenten (Nastupila vesna) und in der dritten als abhängiges Element einer Basiskonstituente (Nastupila syraja vesna). Daraus

25. Gegenstände der funktionalen Syntax ergeben sich unter Berücksichtigung der semantischen Sättigung des Valenzträgers, seiner absoluten oder relativen Bedeutung, drei Typen von Syntaxemen, die gebundenen, die freien und die bedingten. Mit der Skizzierung des Begriffs des Syntaxems wird deutlich, dass Zolotova die semantische Struktur nicht wie Daneš als separate Deskriptionsebene zur konstruktiv-grammatischen sieht, sondern als homogenes Modell von minimalen Wortfügungen wechselseitig bedingter syntaktischer Formen für die Bildung einer kommunikativen Einheit mit bestimmter typisierter Bedeutung, z. B. Gegenstand und seine Eigenschaft (Sotrudnik userden), Subjekt und sein Zustand (Emu grustno), possessives Vorhandensein eines Gegenstandes (U deda sad ), lokalisiertes Vorhandensein eines Gegenstandes (U vorot skam’ja) usw. Zolotovas Bestreben, den Zusammenhang von lexikalischer und grammatischer Struktur aufzuzeigen, kann zu interessanten einzelsprachlichen Erkenntnissen führen. Dadurch aber, dass sie die relative Autonomie der Ebenen negiert, bleibt dieser Ansatz für typologischcharakterologische Fragestellungen irrelevant.

6. Literatur (in Auswahl) Arutjunova, N. D./Bulygina T. V. 1972: „Sintaksis“. // Obščee jazykoznanie. Vnutrennjaja struktura jazyka. Moskva. 259⫺343. Bauer, Jaroslav/Grepl, Miroslav (1972): Skladba spisovné češtiny. Praha. Be˘ličová, Helena/Uhlířová, Ludmila (1996): Slovanská ve˘ta. Praha. Be˘ličová, Helena/Sedláček, Jan (1990): Slovanské souve˘tí. Praha. Belošapkova, V. A. (1989²): Sovremennyj russkij jazyk. Moskva. 532⫺792. Bogusławski, Andrzej/Karolak, Stanisław (1973): Gramatyka rosyjska w ujęciu funkcjonalnym. Warszawa. Bondarko, A. V. (1974): Grammatičeskaja kategorija i kontekst. Leningrad. Bondarko, A. V. (1984): Funkcional’naja grammatika. Leningrad. Bondarko, A. V. (ed.) (1987⫺1996): Teorija funkcional’noj grammatiki. 1⫺6. Leningrad/Sankt-Peterburg. Daneš, František (1964): „A Three-Level Approach to Syntax“. // Travaux linguistiques de Prague. Volume 1. L’Ecole de Prague d’aujourd’hui. Prague. 225⫺240. Daneš, František (1966): „The Relation of Centre and Periphery as a Language Universal“. // Travaux linguistiques de Prague. Volume II. Les problemes du centre et de la peripherie du systeme de la langue. Prague. 9⫺21. Daneš, František (1970): „Zur linguistischen Analyse der Textstruktur.“ // Folia linguistica 4. 72⫺78. Daneš, František et al. (1974): „Zur Terminologie der FSP“. // Daneš, František (ed.). Papers on Functional Sentence Perspective. Prague. 217⫺222. Daneš, František (1987): On Prague School Functionalism in Linguistics. // Dirven, René/Fried, Vilém (eds). Functionalism in Linguistics. Amsterdam/Philadelphia. 3⫺38. Dik, S. C (1978): Functional Grammar. Amsterdam. Dik, S. C. (1997²): The Theory of Functional Grammar. Part 1. „The Structure of the Clause“. Berlin/New York. Firbas, Jan (1992): Functional Sentence Perspective in Written and Spoken Communication. Cambridge. Givón, Talmy (1984⫺1990): Syntax: A Functional-Typological Introduction. 1⫺2. Amsterdam. Givón, Talmy (1995): Functionalism and Grammar. Amsterdam. Gladrow, Wolfgang/Kosta, Peter (1999): „Syntax und Syntaxkonzeptionen“. // Jachnow, Helmut et al. (eds.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 386⫺424.

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Wolfgang Gladrow, Berlin (Deutschland)

26. Principles of Generative Syntax 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Introduction Background Principles and Parameters Paradigm Shifts Conclusion Literature (selected)

Abstract Generative syntax seeks to build an exemplanatory model of knowledge of language, where a central issue is how the hypothesized systems of knowledge arise in the mind of the individual ⫺ the projection problem. One solution is the priciples and parameters

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen Halliday, Michael (1985): An Introduction to Functional Grammar. London. Karcevskij, Sergej (1929): „Du dualisme asymétrique du signe linguistique“. // Travaux du Cercle linguistique de Prague. Volume 1. 88⫺93. Kovtunova, I. I. (1976): Sovremennyj russkij jazyk. Porjadok slov i aktual’noe členenie predloženija. Moskva. Martinet, André (1962): A Functional View of Language. Oxford. Mathesius, Vilém (1929): „Zur Satzperspektive im modernen Englisch“. // Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 155. 202⫺210. Mathesius, Vilém (1939): „O tak zvaném aktuálním členění větném.“ // Slovo a Slovesnost 5. 171⫺174. Mluvnice češtiny 3. Skladba (1987): Daneš, František et al. (ed.). Praha. Molnár, Valéria (1993): „Zur Pragmatik und Grammatik des Topik-Begriffs.“ // Reis, Marga (ed.). Wortstellung und Informationsstruktur. Tübingen. 155⫺202. Mrázek, Roman (1990): Sravnitel’nyj sintaksis slavjanskix literaturnyx jazykov. Isxodnye struktury prostogo predloženija. Brno. Mustajoki, Arto (2006): Teorija funccional’nogo sintaksisa. Ot semantičskix struktur k jazykovyn sredstvam. Moskva. Padučeva, E. V. (1985): Vyskazyvanie i eë sootnesënnost’ s dejstvitel’nost’ju. Moskva. Piper, Predrag et al. (2005): Sintaksa savremenogo srpskog jezika. Prosta rečenica.Beograd. Russkaja grammatika (1979): Barnetová, Vilma et al. (red.). Praha. Russkaja grammatika (1980): Švedova, N. Ju. (red.). 2 toma. Moskva. Sgall, Petr/Hajičová, Eva (1974): „A ‚Functional‘ Generative Description.“ // Klein, Wolfgang/ von Stechow, Arnim (eds.). Functional Generative Grammar in Prague. Kronberg/Taunus. Šmelёva, T. V. (19942): Semantičeskij sintaksis. Krasnojarsk. „Thèses présentés au Premier Congrès des philologues slaves.“ (1929): // Travaux du Cercle linguistique de Prague 1. 5⫺29. Zolotova, G. A. (1973): Očerk funkcional’nogo sintaksisa russkogo jazyka. Moskva. Zolotova, G. A (1988): Sintaksičeskij slovar’. Moskva. Zolotova, G. A./Onipenko, N. K./Sidorova, M. Ju. (1998): Kommunikativnaja grammatika russkogo jazyka. Moskva.

Wolfgang Gladrow, Berlin (Deutschland)

26. Principles of Generative Syntax 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Introduction Background Principles and Parameters Paradigm Shifts Conclusion Literature (selected)

Abstract Generative syntax seeks to build an exemplanatory model of knowledge of language, where a central issue is how the hypothesized systems of knowledge arise in the mind of the individual ⫺ the projection problem. One solution is the priciples and parameters

26. Principles of Generative Syntax theory of parametric variation. Principles and parameters pertain to modules of grammar and to levels of representation. The former include subtheories of phrase structure, movement and locality thereof, reference and construal, phonetically silent catgories, semantic roles, argument licensing, and so forth; the latter include pre- and post-movement syntactic levels as well as phonological and semantic interface levels. This highly derivational model of syntax continues to evolve, striving towards conceptual elegance and economy, as new minimalists ways of understanding patterns within and across languages emerge.

1. Introduction The term generative syntax broadly refers to an approach to grammatical analysis which has evolved considerably since its inception a half century ago, launched with the 1957 publication of Chomsky’s seminal work, Syntactic Structures. As such, it evokes too broad a range of competing instantiations to possibly do justice to within the confines of an eight-page article. Instead, the intent of this contribution will be to convey the driving spirit of generative models of syntax, the foundational principles that have been seen as capturing that spirit, and a sense of the subtlety of argumentation that has been brought to bear in support of those principles.

2. Background The aim of research in generative grammar is to build an explanatory model of grammatical knowledge. Ultimately, this model should be an explicit characterization of the mental structures necessary to allow syntax to interface between linguistic form, on the one hand, and linguistic meaning, on the other.

2.1. Grammar as Knowledge The generative enterprise is at its most fundamental level motivated by the question of what constitutes knowledge of language. In his book of that title, Chomsky (1986) builds a terminological distinction around the word language to highlight the point that the goal of generative grammar is to uncover the nature of the mind, rather than to investigate utterances per se. We can think of the linguistic mind as a kind of software, a set of instructions to be provided to the systems that interpret language, couched in a specific operating system (the human cognitive system) and expressed in terms of a particular programming code usable by that system (the human language faculty, also known as Universal Grammar). A grammar is thus something within the mind, an internalized system of rules and representations by which we compute and manipulate linguistic structures. This is what Chomsky calls I-language. This is opposed to the more popular conception of E-language, which refers to the set of behaviors which express the externalized manifestation of grammar. Whereas E-language is the (at least professed) traditional object of study for structuralist linguists, the (again, at least pro-

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen fessed) aim of generative grammarians is to understand the workings of I-language. Generative grammar holds that by studying the properties of grammars one can learn about the structure of the language faculty. A grammatical analysis is therefore regarded as a theory of mind ⫺ it makes specific claims about abstract mental representations.

2.2. Generative Models are Explicit Another fundamental aspect of generative grammar is that it is explicit. To quote Chomsky (1957, 5), only “by pushing a precise but inadequate formulation to an unacceptable conclusion” can we “gain a deeper understanding of the linguistic data.” This monograph ⫺ and far more so the 1955 dissertation which inspired it ⫺ was characterized by a rigor encountered more in mathematics than in linguistics. Indeed, the formalisms of that period have had more long-standing impact on computer science than on any other field. However, many of the basic mechanisms and insights hold to this day, as do the analytic problems and conceptual puzzles. The interested reader is recommended to consult Lasnik (2000) for a persuasive introduction to syntactic reasoning which is closely based on Syntactic Structures. In his next model, put forward in 1965 in Aspects of the Theory of Syntax, Chomsky sought to extend this theory by integrating semantics into its formal structure. While most of the mechanisms detailed in Aspects are not often discussed today, the roles played by lexical properties, morphosyntactic features, and semantic selection in defining new directions for syntactic research cannot be underestimated. In one way or another, the idea that structure and meaning must mesh has contributed to virtually all innovations since that period.

2.3. The Projection Problem A central issue for generative grammar is how the hypothesized systems of knowledge come to arise in the mind of the individual. Children, regardless of intelligence and on the basis of exposure to an unstructured and unreliable fragment of the adult language, acquire core grammar in just a few years. In Chomsky’s words: “the person who has mastered any human language has developed a system of knowledge that is rich and complex. This cognitive system provides specific and precise knowledge of many intricate and surprising facts. It seems that the mind carries out precise computational operations, using mental representations of a specific form, to arrive at precise conclusions about factual matters of no little complexity, without conscious thought or deliberation. The principles that determine the nature of the mental representations and the operations that apply to them form a natural part of our biologically determined nature” (Chomsky 1988, 131). Generative grammar’s answer to the question of how human beings are able to project a grammar from the primary linguistic data is thus to attribute as many facets of language acquisition as possible to our innate biological endowment. The projection problem is addressed by postulating genetically encoded principles, which constitute a Universal Grammar language acquisition device. Universal Grammar enables the acquisition of specific grammars by enormously restricting

26. Principles of Generative Syntax the search space: language acquisition is focused on particular substructures and lexical properties in order to trigger specific choices where available, presumably along some kind of maturational schedule.

3. Principles and Parameters Regarded as a language acquisition device, Universal Grammar must be sufficiently rich to allow children to acquire the grammar of any human language, but restrictive enough to explain how they are able to construct a grammar on the basis of exposure to data which underdetermine that grammar. The principles and parameters theory resolves this tension by subjecting the general principles of Universal Grammar to a highly restricted degree of parametric variation. The result is a model of grammar with a rich deductive structure, highly integrated principles, and limited options. Simple parametric distinctions, because they pertain to broadly interacting principles, can proliferate throughout core grammar to have major structural ramifications.

3.1. Parameter Setting The view that the principles of grammar are universal, but their implementation can vary along parametric dimensions, reduces language acquisition to the learning of lexical items and the fixing of the value of these parameters. Many open questions remain, especially regarding the status of maturational factors, the relative significance of general and language-specific cognitive capacities, the accessibility of input data, and the roles played by markedness theory. Nonetheless, this approach to language diversity defined a new research agenda for generative grammar and provided the impetus for much exciting and productive work. The comparison of closely related languages plays an essential role in the study of parametric variation. As Chomsky (1981, 6) notes, the “study of closely related languages that differ in some clustering of properties is particularly valuable for the opportunities it affords to identify and clarify parameters of UG.” The examination of superficially similar phenomena within a closely-knit group of languages provides an extremely productive avenue for research into the principles and parameters paradigm. It should be noted that the field of Slavic comparative morphosyntax has benefited immensely from this strategy over the past twenty years, as evidenced by the kinds of papers that now typically appear in leading journals and proceedings of conferences such as Formal Description of Slavic Languages and Formal Approaches to Slavic Linguistics. Franks (1995) also examines a variety of Slavic language phenomena from the principles and parameters perspective.

3.2. Grammar in Modules The earliest principles and parameters research was couched within Chomsky’s 1981 framework of Government and Binding. This framework dealt with the complexity of Universal Grammar by dividing it into specific modules. There are two distinct aspects

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen of this modular conception of grammar. First, a grammar can be regarded as consisting of several autonomous rule systems, each a separate subcomponent pertaining to a distinct level of representation. Second, there can be distinct subsystems of principles that interact with these rule systems. The view that thus emerged from this focus on principles of grammar is that Universal Grammar is not a homogenous, monolithic whole, but rather consists of a number of modular subsystems, each self-contained, regulated by its own set of principles, and interacting with the others in a highly selective manner. The core grammar of a language is then the specification of some of the options of these modular subtheories.

3.2.1. Levels of Representation Generative syntax treats the sentence as the basic unit of linguistic analysis. Since Chomsky (1957), a foundational idea has always been that any descriptively adequate analysis needs to describe multiple structures, pertaining to different levels of representation. In Chomsky (1965), a Deep Structure was generated by phrase structure rules, with lexical items substituted into the terminal nodes of the resulting phrase marker. Syntactic transformations then applied iteratively, eventually to map into a Surface Structure phrase marker. Chomsky (1981) continued the transformational practice of dividing the grammar into levels of representation, according to the following system: (1)

D-structure

S-structure

Phonetic Form (PF) Logical Form (LF) D-structures, S-structures, and LF structures are all phrase-structure trees. D-structures reflect the argument structure of lexical items in the sense that they were regarded as pure pairings between grammatical functions (Subject, Object) and Ѳ-roles (Agent, Patient). S-structures are derived from D-structures through the operation of a generalized movement rule Move-α, “Move anything anywhere.” Move-α also applies in the mapping of S-structure into LF, a level at which all structural aspects of meaning are captured. Thus, levels of representation express different kinds of information about the structure of a sentence, and different principles and rule systems could pertain to them. However, instead of specific rules with specific properties, GB crucially embodied a system of general principles. Move-α itself was free and optional, but if movement failed to apply or applied in the wrong way some principle of grammar might be violated. Here are some relevant principles: Motivation for movement (2) a. (Case Filter): NPs must have case. b. (Extended Projection Principle): Clauses must have subjects.

26. Principles of Generative Syntax Structure preservation of movement (3) a. Heads move to head positions. b. Phrases move to phrase positions. Locality of movement (4) (Subjacency): Movement cannot cross more than one bounding node. (5) (Relativized Minimality): Potential landing sites cannot be skipped. a. Heads cannot skip head positions. b. Phrases cannot skip phrase positions (of like type). The force behind movement is the need to license features. However, whereas case (2a) drives movement in GB theory, more recent Minimalist models (see 4.3 below) make use of the Extended Projection Principle requirement (2b). The X-bar theory of phrase structure is at the heart of (3). Locality conditions, as in (4), can be more generally viewed as economy considerations. Illegal movements were also prohibited by the following: (6) a. (Theta Criterion): Movement cannot be to a Ѳ-position. b. Movement cannot be from one case position to another case position. (7) (Empty Category Principle): Movement cannot be from a position which is not properly governed. The conditions in (6) basically require that a movement chain have precisely one case position (at least, so far as NPs are concerned; cf. (2a)) and precisely one Ѳ-position. Case in GB is essentially treated as a feature which an NP acquires in the course of the derivation, while semantic roles are satisfied at D-structure, upon lexical insertion. The Empty Category Principle in (7), on the other hand, was usually treated as a condition on representations: the traces of movement can only be in structurally sanctioned positions.

3.2.2. Subsystems of Principles The subsystems of organizational principles in GB include: X-bar theory; Ѳ-theory; case theory; bounding theory; binding theory; and control theory. Each was its own module, supplying a particular kind of information. X-bar theory generalizes recurrent properties of phrase structure by abstracting these properties away from the particular categories that exhibit them; Ѳ-theory sets criteria of semantic well-formedness on argument structure; case theory regulates the distribution of NPs; bounding theory delimits movement; binding theory establishes the referential possibilities of anaphora; and control theory deals with the interpretation of PRO, the understood subject argument of a non finite VP. Cutting across these modules is the concept of government, a structural relation stated in terms of c-command and required to hold between certain pairs of elements. Although government played a definitive role in virtually every subsystem of GB theory, its putative pervasiveness was undercut by the lack of any

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen unifying formalization. Moreover, each set of principles was couched in its own terms and symbols, and each pertained to different levels in (1). For example, case could be assigned at D-structure or S-structure, binding theory applied at S-Structure or LF, and bounding theory, as in (4), was generally analyzed as restricting the mapping of Dstructures into S-structures by Move α, but not that of S-structures into LF.

4. Paradigm Shifts Generative grammar shifted the focus of linguistic inquiry from (externalized) language to (internalized) grammar. The initial study of construction specific rules gave way to the study of general rule systems, which in turn led to the study of systems of principles. However, despite early impressions to the contrary, the architecture of language that was in fact evolving from the morass of GB-inspired empirical investigation appeared increasingly baroque. It soon became clear that, in the absence of metatheoretical considerations of economy and elegance, the GB model was becoming impossibly unwieldy. It was time to step back and reevaluate the entire enterprise.

4.1. Economy Considerations Chomsky (1991) gave impetus to a new kind of research program, one that shifted the target of inquiry from principles per se to the overarching forces behind those principles. The common theme that emerged from efforts to generalize linguistic principles was the striking fact that grammar is everywhere motivated by considerations of economy. This is true both of derivations and of representations. Locality is a matter of making the shortest move, where movement itself (unlike in GB) occurs only when necessary to satisfy some deficiency. Derivations that require fewer operations are prefered over longer ones. Representations do not contain extraneous symbols, but rather consist only of elements that are interpretable (at that level). Whenever a subsystem of principles was examined closely enough, parsimony turned out to be at its core. That is, grammar has a specific job to do and, if given a choice, it invariably takes the cheapest route.

4.2. Minimalism Grammar thus seems to be a maximally frugal solution to the defining problem of linguistics, that of relating form and meaning. This insight, expressed in Chomsky (1993), led generative grammarians to embark upon the ambitious agenda of subjecting to careful scrutiny every assumption implicit in the principles of the GB framework. Taking as a point of departure the axiom that language serves as an interface between the articulatory/phonetic systems, on the one hand, and the conceptual /intensional systems, on the other, and economy as a theoretical imperative Minimalism asks what is the least that grammar might need in order to send appropriate instructions to these two performance systems. In Chomsky’s (2000, 96) words, “language is an optimal solution to legibility conditions.”

26. Principles of Generative Syntax

4.2.1. Levels and Modules Revisited Many fruitful speculations about how to implement the minimalist directive have been offered over the past two decades. For one thing, since the two interfaces just mentioned basically replace the PF and LF of (1), Minimalism eschews all but these levels. Consequently, there is no D-structure or S-structure, hence all GB principles that pertained to these two levels must be recast in LF terms (or PF ones, although this is far less likely). They should furthermore be imposed as exigencies of the inevitable need to interface, nothing more. Lexical items contain idiosyncratic information, usually represented as features, which must be rendered interpretable at the interfaces, in accordance with the Principle of Full Interpretation in Chomsky (1986, 98): (8) Every element of PF and LF, taken to be the interface of syntax […] with systems of language use, must receive an appropriate interpretation. The effect of (8) is that uninterpretable (or formal ) features must be eliminated (or deleted ) and underdetermined aspects of structure must be specified (or valued ). The entirety of syntax is driven by the need to avoid superfluous symbols at the interfaces. This makes the theory far more derivational than its predecessors, a property that distinguishes it markedly from most currently competing models. Minimalism can thus be characterized as strongly generative.

4.2.2. Derivations A minimalist derivation proceeds by selecting items from the Lexicon and merging them into a phrase structure tree. Structure is built from the bottom up, with new items entering at the root, thereby continually and necessarily extending the tree. The operation Move is broken down into a composite of Copy and Merge, making it more costly than simple Merge, an idea sometimes known as Merge over Move. Formal features are checked and, in the course of the derivation, eliminated through Merge. Merging a copy (i. e. movement) only takes place when necessary, either to check a feature (that would otherwise remain uninterpretable), to satisfy (a generalized notion of) the Extended Projection Principle in (2b), or to place the item at the left periphery of the tree. Note that this is a privileged position, the (outer) specifier of the maximal phrase at that particular point in the derivation. Chomsky (2000) introduces the idea of phases (somewhat akin to the cycles of earlier models), which serve as interface domains, i. e., chunks of information shunted off to PF and LF. Since only the specifier and head of a phase are visible for further syntactic processes, an element with uninterpretable features will in the Last Resort move to the edge of its phase so that, eventually, those features might be checked by some higher appropriate head. This head, once merged, will have features that look down the tree to Attract the nearest element with relevant features. The familiar Superiority effect, as in (9), is an automatic consequence of Attract: (9) a. Who who ordered what? (versus *What did who order what?)

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V. Allgemeine Probleme der Syntax slavischer Sprachen b. Who did you persuade who to buy what? (versus *What did you persuade who to buy what?) In its more recent instantiations, Minimalism eschews syntactic movement. Instead, heads probe down the tree, seeking a goal, with which to agree. Movement then becomes a PF matter. The interface with PF itself is known as Spell-out. Here many properties traditionally stipulated in the syntax find their proper expression. While the syntax embodies multiple copies, at the PF-interface it is typically (but not always; cf. Franks/Bošković 2001) the highest copy that is pronounced, with all else deleted. Furthermore, while sisterhood and the hierarchical notion of c-command are artifacts of Merge (cf. Epstein et al. 1998), linear order is only imposed by the need to articulate structures in time. Thus, Kayne’s (1994) Linear Correspondence Axiom, which maps ccommand into precedence, is properly regarded as emergent from the PF-interface, in a dynamic way (cf. e.g. Moro 2000).

5. Conclusion Linguistic research consists in the uncovering of systematic patterns within and across languages. Generative grammar brings to these patterns the idea that they must in some way derive from inherent properties of the human language faculty. Viewed from this cognitive perspective, the fundamental goal of linguistics is to explain in terms of the human mind why we find the patterns we do, rather than simply to describe the patterns themselves. By investigating the formal properties of language, by trying to accommodate variation in terms of these formal properties, by raising provocative questions of knowledge and explanation, and by imposing extremely restrictive guidelines on how these questions can be answered, the generative paradigm provides a bold perspective on human language.

6. Literature (selected) Chomsky, Noam (1957): Syntactic Structures. The Hague. Chomsky, Noam (1981): Lectures on Government and Binding. Dordrecht. Chomsky, Noam (1965): Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge, Massachusetts. Chomsky, Noam (1986): Knowledge of Language: Its Nature, Origin, and Use. New York. Chomsky, Noam (1988): Language and Problems of Knowledge: The Managua Lectures. Cambridge, Massachusetts. Chomsky, Noam (1991): “Some Notes on Economy of Derivation and Representation”. // Friedin, Robert (ed.). Principles and Parameters in Comparative Grammar. Cambridge, Massachusetts. 417⫺454. Chomsky, Noam (1993): “A Minimalist Program for Linguistic Theory”. // Hale, Kenneth/Keyser, Samuel (eds.). The View from Building 20. Cambridge. 1⫺52. Chomsky, Noam (1995): The Minimalist Program. Cambridge. Massachusetts. Chomsky, Noam (2000): “Minimalist Inquiries”. // Martin, Roger/Michaels, David/Uriagereka, Juan (eds.). Step by Step: Essays on Minimalism in Honor of Howard Lasnik. Cambridge. Massachusetts. 89⫺155.

26. Principles of Generative Syntax

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Epstein, Samuel/Groat, Erich/Kawashima, Ruriko/Kitahara, Hisatsugu (1998): A Derivational Approach to Syntactic Relations. New York. Franks, Steven (1995): Parameters of Slavic Morphosyntax. Oxford. Franks, Steven/Bošković, Željko (2001): “An argument for multiple Spell-Out”. // Linguistic Inquiry 32. 174⫺183. Kayne, Richard (1994): The Antisymmetry of Syntax. Cambridge, Massachusetts. Lasnik, Howard/Depiante, Marcela/Stepanov, Arthur (2000): Syntactic Structures Revisited: Contemporary Lectures on Classic Transformational Theory. Cambridge, Massachusetts. Moro, Andrea (2000): Dynamic Antisymmetry. Cambridge, Massachusetts.

Steven Franks, Bloomington IN (USA)

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz 27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Morphosyntaktische Relationen in der Äußerungsstruktur Syntagma und Satz Das Syntagma als Wortfügung und als Wortreihung Situanten Deprädizierte Konstruktionen Literatur (in Auswahl)

Abstract The utterance is based on syntactic relations, being at the same time an element of the syntactic structure (text or discourse). The central syntactic unit of the simple sentence is characterized by the grammatical feature of predicativity which is expressed in the forms of the tense and the mood. Constituents of the sentence structure are non-predicative syntagms which are binary subordinative and coordinative combinations of autosemantic words. Asentential situants cannot be reduced to the valency of the predicate, they are rather related to the whole model of the sentence. Duplexives understood as relations to the predicate, on the one hand, and the subject and the object, on the other, are depredicated constituents of the sentence that convey a semantic proposition. Syntagms and complex sentences (polypredicative structures) display isomorphic features.

1. Morphosyntaktische Relationen in der Äußerungsstruktur „Als allgemein gültig kann man die These ansehen, dass die syntaktische Beziehung bzw. die syntaktische Verbindung ein fundamentaler Begriff ist, der jeder Deskription der syntaktischen Struktur der Äußerung zu Grunde liegt. Die maximale syntaktische Einheit der Äußerung bzw. des Satzes ist nicht nur die Summe dieser oder jener syntaktischer Einheiten, sondern eine auf eine ganz bestimmte Weise organisierte Struktur, in der jede syntaktische Einheit mindestens mit einer anderen syntaktischen Einheit verbunden ist. Somit muss die syntaktische Analyse der Äußerungsstruktur den Nachweis aller Verbindungen einschließen, die zwischen den in einer gegebenen Äußerung enthaltenen Einheiten existieren. Das System dieser Verbindungen ist eine äußerst wichtige Komponente der Organisation der Äußerung.“ (Kibrik 2002, 102). So einfach diese Feststellung auch klingen mag, so extensional unterschiedlich und intensional widersprüchlich sind die Deskriptionen der morphosyntaktischen Relationen für

27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas die slavischen Sprachen, was ein Blick in die in den 70er und 80er Jahren des 20. Jh. entstandenen Syntax-Bände der Akademiegrammatiken des Russischen, Bulgarischen, Polnischen und Tschechischen zeigt (vgl. Russkaja grammatika II 1980, 13 ff.; Gramatika na săvremennija bălgarski knižoven ezik III 1983, 27 ff.; Gramatyka współczesnego języka polskiego 1984, 301 ff.; Mluvnice češtiny III 1987, 13 ff., 381 ff.). Wesentliche Differenzen, die sich in diesen syntaktischen Gesamtdarstellungen und ebenso in speziellen Einzeluntersuchungen (vgl. u. a. Skoblikova 1971; Mel’čuk 1993; Schmidt/Lehfeldt 1995; Corbett 1999) finden, liegen vor allem in folgenden Punkten: 1) In welchem Verhältnis steht die Subjekt-Prädikat-Konstruktion zu anderen subordinativen Verbindungen wie Rektion und Kongruenz? 2) Ist der Begriff des Syntagmas mit einer subordinativen Verbindung zu identifizieren oder gehören dazu auch koordinative Verknüpfungen? 3) Welches sind die morphosyntaktischen Relationstypen in der Slavia und wie können sie definiert werden? 4) Welchen Platz nehmen die subordinativen Verbindungen ein, die keine valenzbedingten Ergänzungsbeziehungen aufweisen, sondern als Angaben mit dem Satzkern verknüpft sind? 5) Worin liegt die morphosyntaktische Spezifik deprädizierter Konstruktionen wie sekundärer Prädikate, Partizipialkonstruktionen und Gerundialkonstruktionen? Im Vordergrund dieser Überlegungen stehen naturgemäß formale syntaktische Beziehungen, das heißt aber nicht, dass bei der Diskussion dieser Fragestellungen ihr semantischer und zum Teil informationsstruktureller Hintergrund ausgeklammert werden kann (vgl. Arutjunova 1972, 276).

2. Syntagma und Satz Die Deskription der morphosyntaktischen Relationen hat besonders in der Russistik eine lange Tradition. Sie geht bis auf Lomonosovs Rossijskaja grammatika von 1775 zurück und findet bei A. M. Peškovskij ihre erste definitorische und terminologische Prägung in den Begriffen Kongruenz (russisch: soglasovanie), Rektion (russisch: upravlenie) und Adjunktion (russisch: primykanie) (Peškovskij 2001, 62 ff.). Seit dem gilt die Wortfügung (russisch: slovosočetanie) als eine hierarchische Relation mit einem Kernwort (Regens) und einer abhängigen Wortform (Rectum). In Bezug auf ihren Platz zwischen Wort und Satz sowie auf die Binarität ihrer Struktur gibt es gewisse Parallelen zu den immediate constituents der Konstituentenanalyse (s. u. a. Bloomfield 1933), aber als eine Verknüpfung allein von Inhaltswörtern sind die Wortfügungen eine stärker inhaltlich geprägte syntaktische Beziehung. Ein wesentlicher Diskussionspunkt bei der Bestimmung der Wortfügung ist die Frage, ob in den Kreis der asymmetrischen Beziehung neben Verbindungen wie russisch dlinnoe plat’e (Kongruenz), tschechisch připravit snídani (Rektion), bulgarisch usmixna se snizxoditelno (Adjunktion) auch Verknüpfungen wie russisch motor rabotaet als Kongruenzverhältnis einzubeziehen sind. Eine derartige bei Peškovskij formulierte und bei M.N. Peterson (1923) akzentuierte Position findet sich bis in die jüngere Vergangenheit in den formalen Ansätzen bei Apresjan (1982) oder bei Mel’čuk (1993). Dagegen hatte V. V. Vinogradov mit der Kennzeichnung der Wortfügung als nominaler Einheit und des Satzes als kommunikativer Einheit den Grund für eine differenzierte Betrachtung von Wortfügung und Satz gelegt (Grammatika russkogo jazyka 1960², 10 f.). Mit der Etablierung einer semantischen Syntax in der Slavistik wurde zwar deutlich, dass sowohl die Wortfügung als

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz auch der Satz Nominationsfunktion erfüllen, aber Vinogradovs Erkenntnis, dass der Satz immer durch das Merkmal der Prädikativität gekennzeichnet ist, kann die Differenz im Vergleich zu der nicht prädikativen Einheit der Wortfügung in stringenter Weise deutlich machen. Dieser qualitative Unterschied spiegelt sich ebenfalls in der formalen Relation zwischen dem Nomen im Nominativ und dem Verbum finitum wider. In der Richtung Subjekt / Prädikat liegt eine Kongruenzbeziehung in Bezug auf die Kategorie des Genus und des Numerus vor. In der umgekehrten Richtung Subjekt ) Prädikat verlangen die Kongruenzformen des Verbs den Nominativ in der Position des Subjekts. Insofern liegt zwischen dem Nomen und dem Verb keine hierarchische, unidimensionale Relation, sondern eine korrelative Beziehung vor (vgl. Skoblikova 1971, 76 f.; Belošapkova 1989, 555 ff.). Aber selbst hinsichtlich der Teilrelationen Kongruenz (Subjekt / Prädikat und Rektion (Subjekt ) Prädikat) sind bei der Verbindung von grammatischem Subjekt und Prädikat bestimmte Spezifika zu berücksichtigen. Die Beziehung Subjekt / Prädikat ist hinsichtlich der Kategorien des Genus und des Numerus eine rein formale Angleichung der Formen des Prädikats an die Kategorien des Subjekts, vgl. russisch Gimn prozvučal; Pesnja prozvučala; Kuranty prozvučali. Wenn aber in der Position des grammatischen Subjekts statt eines Nomens ein Infinitiv steht, kann von einer Angleichung der Formen des Prädikats an die des Subjekts keine Rede sein: Infinitive verfügen weder über Genus- noch über Numerusformen, das Prädikat weist hier regelmäßig die Formen des Singulars und (im Präteritum) des Neutrums auf, vgl. russisch S’ezdit’ za granicu vospreščalos’. Für die hinsichtlich der Richtung Subjekt ) Prädikat deklarierte Rektionsrelation ergibt sich das Problem, dass die Kasusforderung nur bei persönlichen Verben nachzuweisen ist. Unpersönliche Formen des Prädikats verbinden sich mit einem anderen Kasus als dem Nominativ in der Position des semantischen Subjekts, vgl. russisch Ego lixoradit; tschechisch Nechutná mu, bulgarisch Sega mi njama niščo. Damit wird deutlich, dass sich die spezifische Qualität der prädikativen Verbindung im Unterschied zu den nicht prädikativen subordinierten Syntagmen auch in besonders gekennzeichneten morphosyntaktischen Relationen widerspiegelt und dass diese Differenzierung zwischen Satzebene und Syntagmaebene den unterschiedlichen syntaktischen Beziehungen im Bau der slavischen Sprachen eher gerecht wird als eine Generalisierung der Syntagma-Relationen.

3. Das Syntagma als Wortfügung und als Wortreihung Neben den subordinierten Verbindungen der Wortfügung gehören auch die koordinativen Wortreihungen wie russisch den’ i noč’; s userdiem, no bez uvlečenija, tschechisch otec i matka; rychle, ale neochotne˘, bulgarisch prijateli i vragove; i bulki i momi, i măže i ženi auf die Ebene des Syntagmas. Die tschechische Akademiegrammatik sieht in den beiden Beziehungen die Grundlage jeglichen syntaktischen Konstruktionsausdrucks. Hier wird von der subordinativen Relation der Dominanz (dominace) und der koordinativen Relation der Multiplikation (zmnožení) gesprochen, wobei der Dominanzbeziehung die primäre Rolle beim Konstruktionsaufbau zugeschrieben wird (Mluvnice češtiny 1987, 15). Es gibt aber auch Bereiche, in denen Wortreihungen Auswirkungen auf die Wortfügungsstruktur haben, vgl. die besonderen Kongruenzverhältnisse hinsichtlich des Numerus in den folgenden russischen Beispielen: novye vilka, nož i ložka; russkij i anglijskij jazyki.

27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas 3.1. Wortfügungen sind Erweiterungen eines Wortes, woraus sich der hierarchische Charakter ihrer Struktur ergibt: ein Kernwort ist mit einer subordinierten Wortform verbunden. Hinsichtlich des Anschlusses der abhängigen Wortform werden die drei Relationen Kongruenz, Rektion und Adjunktion unterschieden (vgl. dazu ausführlicher Artikel 63). In formal geprägten Darstellungen wird die Adjunktion, da sie morphologisch nicht markiert wird, aus dem Kanon der Wortfügungen herausgenommen (vgl. z. B. Mel’čuk 1993, 55 f.). Der zusätzlich eingeführte Begriff der Kongruiertheit (russisch: kongruėntnost’) bezieht sich auf anaphorische Textrelationen, die über den Begriff des Syntagmas hinausgehen. Ein eigenes System der morphosyntaktischen Relationen im Rahmen des subordinativen Syntagmas hat G. A. Zolotova entwickelt. Seine Spezifik liegt in der Grundeinheit der nicht prädikativen Verbindungen, der syntaktischen Wortform (Zolotova 1973), die später durch den Terminus des Syntaxems ersetzt wird (Zolotova 1988). Dieser Ansatz führt zu einer Modifizierung der traditionellen Typologie der Wortfügungen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Adjunktion nur eine logische und keine formelle Bindung an das Kernwort aufweist, werden nur Kongruenz und Rektion unter die Subordination (Wortfügung) subsumiert. Zolotova stellt also neben die Subordination (russisch: podčinenie) die Konjunktion (russisch: soedinenie) und somit neben die eigentliche Wortfügung das sog. Analogon der Wortfügung. Subordinierte Verbindungsarten sind also die Rektion und die Kongruenz, konjungierte Verknüpfungen sind die Adjunktion und die Addition (russisch: složenie), wobei unter letzterer die notwendige semantische, formal nicht festgelegte Ergänzung durch eine freie Wortform verstanden wird (s. a. die ausführliche kritische Diskussion von Zolotovas Konzeption bei Schmidt/Lehfeldt 1995, 256 ff.). Die Kriterien einer klaren Differenzierung der Wortfügungstypen Kongruenz, Rektion und Adjunktion, die auf dem jeweiligen Abhängigkeitsverhältnis der subordinativen Wortform beruhen, können durch die Rezeption der Erkenntnisse über die Kompatibilitätspotenzen von Wörtern, die von der Dependenzgrammatik (Tesnière 1959) und der Valenztheorie (vgl. u. a. Helbig 1982) vorgelegt wurden, modifiziert werden: Bei der Unterscheidung der Abhängigkeitsverhältnisse verweist der Kongruenzbegriff darauf, dass die abhängige Wortform die morphologischen Formen des Kernworts wiederholt bzw. sich an die morphologischen Kategorien des Kernworts anpasst. Bei der Rektion geht es darum, dass eine der Wortformen des Rectums ausgewählt wird. Adjunktion bedeutet, dass das Rectum seine Abhängigkeit nicht durch morphologische Formen signalisiert. Die Kompatibilitätspotenzen des Regens zeigen sich in drei Kriterien: in seiner Prädiktabilität/Nichtprädiktabilität, in seiner Obligatheit/Nichtobligatheit und in seiner Valenzeigenschaft (vgl. auch Belošapkova/Šmelëva 1995, 46). Die Prädiktabilität des Kernworts bezieht sich darauf, das die Form des Rectums vorhergesagt werden kann, vgl. russisch podarit’ cvety, svežaja gazeta. Nichtprädiktabilität lässt die Form des abhängigen Wortes offen, vgl. russisch guljat’ v sadu /po gorodu sowie kolodec pered domom /za saraem. Das Kriterium der Obligatheit bezieht sich darauf, dass eine abhängige Wortform gefordert wird, vgl. russisch nuždat’sja v pomošči; hier ist das Rectum gleichzeitig prädiktabel. Diese Kompatibilitätsbeziehung liegt auch in einer Kongruenzrelation wie russisch čelovek vysokogo rosta; sidet’ s zakrytymi glazami vor. In der Wortfügung russisch ležat’ na stole /pod stolom hingegen ist die abhängige Komponente obligatorisch, aber nicht prädiktabel. Nicht obligatorisch sind Wortfügungen wie pamjatnik Puškinu und goluboe nebo, die abhängigen Wortformen sind aber prädiktabel. Als nicht obligatorisch und nicht prädiktabel sind Wortfügungen wie rabotat’ na za-

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz vode /v gorode, domik dlja kukol /v derevne. Hinsichtlich seiner Valenzeigenschaften kann ein Kernwort durch valenzbedingte Ergänzungen, die immer prädiktabel sind, und durch nicht valenzbedingte Angaben erweitert werden. Diesen Unterschied veranschaulicht die Gegenüberstellung der Beispiele interesovat’sja vspaxannym polem /jubilejnym večerom /novym velosipedom einerseits und vozvraščat’sja polem /večerom /velosipedom andererseits. 3.2. Wortreihungen spielen in den Erörterungen zur syntaktischen Struktur slavischer Sätze eine weitaus geringere Rolle als Wortfügungen, weil die koordinativen Relationen nur vorhandene Stellen im Satz vermehren und keine neuen syntaktischen Positionen eröffnen. Im Unterschied zu den Wortfügungen weisen die Wortreihungen keine hierarchische Struktur auf, sondern ihre Konstituenten sind syntaktisch monofunktional. Die Relation zwischen den Konstituenten einer Wortreihung wird nicht wie in den Wortfügungen durch Wortformen markiert, sondern durch Konjunktionen bzw. Konnektive, vgl. gorod i derevnja; ni ryba, ni mjaso; staryj, no kačestvennyj; ne tol’ko Čexija, no i Slovakija. Hinsichtlich ihres Aufbaus kann man Wortreihungen mit offener, geschlossener und kombinierter Struktur unterscheiden. Offene Wortreihungen erlauben die Anreicherung gleichartiger Konstituenten (i veter, i solnce, i dožd’, i ...), geschlossene Wortreihungen sind auf zwei Konstituenten ihrer Struktur beschränkt (veter, no solnce). Bei den kombinierten Wortreihungen ergeben sich zwei Möglichkeiten: zum einen die Verbindung zweier oder mehrerer geschlossener Teilbereiche (veter i solnce, dožd’ i grad ) und zum anderen eine offene vordere Teilreihe mit einer abschließenden geschlossenen Teilreihe (russkie, francuzy, japoncy, nemcy i angličane). 3.3. Syntagmen können in minimaler Konstruktion und in komplexer Konstruktion auftreten. Hinsichtlich der Wortreihungen wird die minimale Konstruktion, da alle Glieder die gleiche syntaktische Position besetzen, durch zwei beliebige Konstituenten der koordinativen Verknüpfung repräsentiert. Bei den Wortfügungen wird eine komplexe Konstruktion auf mehrere zweigliedrige Wortfügungen zurückgeführt. Diese Wortfügungen minimaler Konstruktion können dann hinsichtlich Kongruenz, Rektion und Adjunktion einerseits und Prädiktabilität, Obligatheit und Valenzeigenschaften andererseits bestimmt werden. In Bezug auf ihre Struktur weisen die Syntagmen und die komplexen Sätze isomorphe Züge auf (vgl. Belošapkova 1989, 592 ff.). Dazu gehört, erstens, die grundsätzliche Zweigliedrigkeit ihres Aufbaus: bei den Syntagmen sind es zwei Inhaltswörter, bei den zusammengesetzten Sätzen zwei prädikative Einheiten. Zweitens, können sowohl das Syntagma als auch der komplexe Satz in minimaler und in komplexer Konstruktion auftreten bzw. können komplexe Konstruktionen auf minimale zurückgeführt werden. Drittens, existieren sowohl das Syntagma als auch der komplexe Satz in koordinativen und subordinativen Ausprägungen. Wortreihung und Satzverbindung sowie Wortfügung und Satzgefüge verfügen über parallele Strukturierungen: offene und geschlossene Strukturen sowie koordinative Konnektive in Wortreihung und Satzverbindung, Kongruenz-, Rektions- und Adjunktionsrelationen sowie (Nicht)Prädiktabilität, (Nicht)Obligatheit und Valenzeigenschaften in Wortfügung und Satzgefüge.

27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas

4. Situanten Die morphosyntaktischen Relationen sind nicht auf den Begriff des Syntagmas zu reduzieren, das heißt, es gibt Beziehungen im Satz, die durch den Rahmen von Wortfügungen oder Wortreihungen nicht erfasst werden. Auch wenn man der axiomatischen Setzung des Verbs als absolutem Hauptknoten des Stammbaums eines Satzes durch die Valenztheorie nicht uneingeschränkt folgen will, sondern der referentiell und konstruktiv bedingten Position des Subjekts eine Sonderstellung einräumt, führt die Differenzierung von Ergänzungen und Angaben auf der Basis der Valenz von Verben, Adjektiven und Substantiven zu wesentlichen Konsequenzen in der Klassifizierung von morphosyntaktischen Relationen. In der Slavistik ist diese Diskussion wesentlich durch die von J. Kuryłowicz konstatierte Differenzierung der syntaktischen und der semantischen Kasusbedeutung geprägt (vgl. Kuryłowicz 1949). Später hatte N. Ju. Švedova den valenzbedingten (russisch: prislovnye) Beziehungen im Rahmen des Syntagmas die assententialen (russisch: prifrazovye) Satzdeterminanten gegenübergestellt (Švedova 1964). Allerdings ist der von Švedova vorgeschlagene Terminus (russisch: determinanty oder determinirujuščie rasprostraniteli ) wegen der Assoziation mit dem international üblichen Determinationsbegriff auf Kritik gestoßen. In der Slavistik hat der von P. Adamec geprägte Begriff der Situanten Verbreitung gefunden (Adamec 1968, 12). Das dependenzgrammatische Herangehen erlaubt, zwischen den valenzbedingten Relationen, die sich auf der Ebene des Syntagmas realisieren, und den nicht valenzbedingten Relationen auf der Satzebene deutlich zu unterscheiden. Die Situanten bzw. Satzdeterminanten ergeben sich nicht aus der Fügungspotenz des Prädikats, sondern beziehen sich auf das Strukturmuster als Ganzes, vgl. z. B. russisch Nedelju tomu nazad ego uvezli v bol’nicu, slowakisch Všade dobre, doma najlepšie, bulgarisch Ot čaja xremata minavala. Die Abgrenzung von valenzbedingten Ergänzungen und nicht valenzbedingten Angaben an der Schnittstelle von Syntax und Semantik kann prozedural nur unzulänglich nachgewiesen werden. Švedova hatte vier Kriterien dazu angeführt: 1) Anschluss an das Strukturmuster durch Rektion oder Adjunktion, 2) Anteposition vor dem Strukturmuster bzw. Stellung vor einem der hauptrangigen Satzglieder, 3) Verbindbarkeit einer Satzdeterminante mit verschiedenen Strukturmustern, 4) Stabilität der Satzdeterminante in allen Formen des Paradigmas des Strukturmusters. Von wirklicher Relevanz sind nur die Merkmale 3) und 4): die Fähigkeit einer Satzdeterminante bzw. einer Situante, sich mit unterschiedlichen Satzmustern zu verbinden und die Unveränderlichkeit der Formen der Satzdeterminante in den Varianten des Satzparadigmas. Die topologisch fixierte Voranstellung der Satzdeterminanten ist nicht obligatorisch, das heißt, der assententiale Bezug muss sich nicht unmittelbar aus der Position in der Informationsstruktur ergeben, vgl.: Ego uvezli v bol’nicu nedelju tomu nazad.

5. Deprädizierte Konstruktionen Das sog. sekundäre Prädikat widerspiegelt besondere morphosyntaktische Beziehungen. In der für die Slavistik ersten systematischen Analyse dieser Satzkonstituente hatte J. Kačala darauf hingewiesen, dass die Beziehung des sekundären Prädikats zum Subjekt bzw. Objekt als primär angesehen werden muss, während die Beziehung zum

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Prädikat sekundär ist (Kačala 1971, 54 ff.). Insofern ist der Terminus sekundäres Prädikat ⫺ obwohl international weit verbreitet ⫺ sowohl konstruktiv als auch semantisch irreführend. Aus der gleichen Zeit stammt ein anderer Terminus, der die Spezifik der hier vorliegenden morphosyntaktischen Beziehung treffend wiedergibt: das Duplexiv (Česnokova 1972). Der Terminus Duplexiv, der in der Russistik verschiedentlich aufgegriffen wurde (vgl. Kubík 1982, Gladrow/Kosta 1999) reflektiert die Tatsache, dass es hier um eine Doppelbeziehung geht, und zwar zum einen um die Relation zum Subjekt bzw. Objekt, was in den slavischen Sprachen in den kongruierenden Formen des Genus und des Numerus deutlich wird, und zum anderen in der Relation zum Prädikat bzw. zum Basisprädikat, vgl. die beiden Grundtypen des subjektbezogenen und des objektbezogenen Duplexivs: russisch Tat’jana vyšla iz auditorii sijajuščaja; slowakisch Medzitým Magda našla dcéru spokojnú; bulgarisch Tja otide doma bărzo i raz vălnuvana kato mlado momiče; Namerili go ni živ, ni mărtăv. Die Beziehung zwischen dem Prädikat und dem Duplexiv wird von Kačala als unechte Koordination bezeichnet (Kačala 1971, 62), womit der Widerspruch zwischen der semantischen Nebenordnung und der formellen Unterordnung erfasst werden soll. Das Duplexiv kann auch in der Form einer isolierten Konstruktion realisiert werden, vgl.: Neobyknovenno tixij, Lev Petrovič provodil nas do dverej. Derartige Strukturen werden in der slavistischen Fachliteratur vielfach als halbprädikative Konstruktionen bezeichnet (vgl. u. a. Grammatika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka 1970, 643 ff.), und zwar gemeinsam mit isolierten Appositionen, Partizipialkonstruktionen, Gerundialkonstruktionen, isolierten Attributen, isolierten Adverbialen. Derartige Propositionsnominationen, deren Tempusund Modusbedeutungen nicht aktualisiert werden, können als Kondensationen interpretiert werden (vgl. u. a. Uličný 1969, Zimmermann 1975) und stellen nicht halbprädikative, sondern deprädizierte Konstruktionen dar (vgl. Gladrow 1996).

6. Literatur (in Auswahl) Adamec, Přemysl (1968): Nárys transformační syntaxe ruštiny. Olomouc. Apresjan, Ju. D. (1982): „O vozmožnosti opredelenija lingvističeskix ponjatij“. // Russian Linguistics 6. 175⫺196. Arutjunova, N. D. (1972): „Sintaksis“. // Obščee jazykoznanie. Vnutrennjaja struktura jazyka. Moskva. 259⫺343. Belošapkova, V. A. (19892): Sovremennyj russkij jazyk. Moskva. 532⫺792. Belošapkova, V. A./Šmelëva, T. V. (1995): „V. V. Vinogradov i sovremennyj sintaksis“. // Vestnik Moskovskogo Universiteta. Serija 9. Filologija 1. 43⫺50. Bloomfield, Leon (1933): Language. New York. Česnokova, L. D. (1972): Konstrukcii s predikativnym opredeleniem i struktura predloženija. Rostov-na-Donu. Corbett, Greville G. (1991): Gender. Cambridge. Corbett, Greville G. (ed.) (1999): „Agreement“. // Folia Linguistica. Special Issue 23. 101⫺251. Corbett, Greville G. (2000): Number. Cambridge. Gasparov, V. M (1971): „Opyt teorii sintaksičeskix svjazej (na materiale sovremennogo russkogo jazyka)“. // Trudy po russkoj i slavjanskoj filologii 17. 3⫺62. Gladrow, Wolfgang (1996): „Prädikativität, Nichtprädikativität und Prädikation syntaktischer Einheiten“. // Jazyk a jeho užívání. Festschrift für O. Uličný. Praha. 66⫺73.

27. Morphosyntaktische Relationen und Struktur des Syntagmas Gladrow, Wolfgang (2004): „Zum Satzgliedbegriff in der russischen Syntax“. // Lehmann, Volkmar/Udolph, Ludger (eds.). Normen, Namen und Tendenzen in der Slavia. Festschrift für K. Gutschmidt zum 65. Geburtstag. München. 169⫺176. Gladrow, Wolfgang/Kosta, Peter (1999): „Syntax und Syntaxkonzeptionen“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 386⫺424 Gramatika na săvremennija bălgarski knižoven ezik. III. Sintaksis. Popov, Konstantin (ed.) (1983): Sofija. Gramatyka współczesnego języka polskiego. Składnia. Topolińska, Zuzanna (ed.) (1984): Warszawa. Grammatika russkogo jazyka. II.1. Vinogradov, V. V./Istrina, E. S. (red.) (19602): Moskva. Grammatika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Švedova, N. Ju. (red.) (1970): Moskva. Helbig, Gerd (1982): Valenz ⫺ Satzglieder ⫺ semantische Kasus ⫺ Satzmodelle. Leipzig. Iomdin, L. L./ Percov, N. V. (1975): „Fragment modeli russkogo poverxnostnogo sintaksisa. II. Kompletivnye i prisvjazočnye konstrukcii“. // Naučno-techničeskaja informacija. Serija 2.11. 22⫺32. Kačala, Ján (1971): Doplnok v slovenčine. Bratislava. Kibrik, A. E. (20022): Očerki po obščim i prikladnym voprosam jazykoznanija. Moskva. Kubík, Miroslav et al. (1982): Russkij sintaksis v sopostavlenii s češskim. Praha. Kuryłowicz, Jerzy (1949): „Le problème de classement de cas“. // Biuletin Polskiego Towarzystwa Językoznawczego 9. 20⫺43. Mel’čuk, Igor’ (1993): „Soglasovanie, upravlenie, kongruėntnost’“. // Voprosy jazykoznanija 5. 16⫺58. Mluvnice češtiny. III. Skladba. Daneš, František et al. (red.) (1987): Praha. Peškovskij, A. M. (20018): Russkij sintaksis v naučnom osveščenii. Moskva. Peterson, M. N. (1923): Očerk sintaksisa russkogo jazyka. Moskva-Petrograd. Russkaja Grammatika. II. Sintaksis. Švedova, N. Ju. (red.) (1980): Moskva. Sannikov, V. Z. (1980): „O tipax russkix sočinitel’nyx konstrukcij“. // Russian Linguistics 4. 235⫺247. Schmidt, Peter/Lehfeldt, Werner (1995): Kongruenz, Rektion, Adjunktion: Systematische und historische Untersuchungen zur allgemeinen Morphosyntax und zu den Wortfügungen (slovosočetanija) im Russischen. München. Skoblikova, E. S. (1971): Soglasovanie i upravlenie v russkom jazyke. Moskva. Švedova, N. Ju. (1964): „Determinirujuščij ob’’ekt i determinirujuščee obstojatel’stvo kak samostojatel’nye rasprostraniteli predloženija“. // Voprosy jazykoznanija 6. 77⫺93. Tesnière, Lucien (1959): Eléments de syntaxe structurale. Paris. Uličný, Oldřich (1969): „O polopredikativných konstrukcích z hlediska dvojzákladové transformace a komplexní kondenzace“. // Slovo a slovesnost 30. 138⫺149. Wunderlich, Dieter (1994): „Towards a lexicon-based theory of agreement“. // Theoretical Linguistics 20. 1⫺35. Zaliznjak, A. A. (1967): Russkoe imennoe slovoizmenenie. Moskva. Zimmermann, Ilse (1975): „Zur Problematik der Kondensation“. // Zeitschrift für Slawistik 20. 804⫺807. Zolotova, G. A. (1973): Očerk funkcional’nogo sintaksisa russkogo jazyka. Moskva. Zolotova, G. A. (1988): Sintaksičeskij slovar’. Repertuar ėlementarnyx edinic russkogo sintaksisa. Moskva.

Wolfgang Gladrow, Berlin (Deutschland)

341

342

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz

28. Agreement* 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Introduction Canonical Agreement Broad Characterization of Agreement in Slavonic The Special Interest of Slavonic Conclusion Literature (selected)

Abstract In many respects the agreement systems of Slavonic languages are close to canonical. Controllers of agreement are often present, they have overt expression of features, and they take consistent agreements. The target has obligatory bound expression of agreement, and there is matching of features values (for person, number and gender). However, Slavonic also shows several very interesting instances of agreement choices, induced by a range of different controller types. These agreement choices provide good evidence for the constraints of the Agreement Hierarchy and the Predicate Hierarchy, as well as for various types of condition on agreement, notably animacy and precedence.

1. Introduction Slavonic provides remarkable insights into agreement for two opposing reasons. On the one hand, agreement in Slavonic is ubiquitous and ‘canonical’: that is, the Slavonic systems fit squarely at the core of any reasonable definition of agreement. On the other hand they have in addition some interesting non-canonical traits. In some instances there is a high degree of variability, and we can identify several competing factors which together determine the choice of agreement form. Not surprisingly, therefore, the literature on the topic is extensive. It includes books, often examining a single language, sometimes broader in scope: Popov (1964), Vanek (1970), Skoblikova (1971), Crockett (1976), Corbett (1979a, 1983), Iomdin (1990), Schmidt and Lehfeldt (1995) and Wechsler and Zlatić (2003). There are also many theses and articles, including recent work by Leko (2000) and Igartua (2004). Slavonic data have an important place in a general typology of agreement systems (Corbett 2006). I have made available a fuller bibliography on the topic, at: .

2. Canonical Agreement A good starting point for defining agreement is Steele’s notion of ‘systematic covariance between a semantic or formal property of one element and a formal property of another’ (1978, 610). We shall call the element which determines the agreement (say

28. Agreement the subject noun phrase) the controller. The element whose form is determined by agreement is the target. The syntactic environment in which agreement occurs is the domain of agreement. And when we indicate in what respect there is agreement, we are referring to agreement features (or categories). Thus number is an agreement feature; it has the values singular, dual, plural, and so on. Features are directly reflected in agreement. There can be other factors (like word order) which have an effect on agreement but are not directly reflected like features. Such factors are called agreement conditions. Corbett (2006) provides twenty converging criteria for characterizing canonical agreement. ‘Canonical’ represents the best and clearest examples, those most closely matching the ‘canon’; they are the ones still included if we take our definitions to their logical end point (and so they will not be frequent). These twenty criteria fall under three main principles: I: canonical agreement is redundant rather than informative; II: canonical agreement is syntactically simple; and III: the closer the expression of agreement is to canonical (i. e. affixal) inflectional morphology, the more canonical it is as agreement. It is evident that substantial parts of the Slavonic systems may be characterized as canonical according to these principles. For further discussion of definitions see Mel’čuk (1993) and Schmidt/Lehfeldt (1995).

3. Broad Characterization of Agreement in Slavonic Typically we find agreement within the noun phrase in number and gender. Finite verbs generally agree obligatorily with their subject in person and number. Past tenses are frequently formed with the so-called l-participle, which creates a more interesting situation: here the auxiliary verb shows agreement in person and number, while the participle shows agreement in number and gender. Some Slavonic languages, such as Russian, use a null form for the verb ‘be’ in its present tense, so that the former participle is the sole form in the past tense; it may be said therefore that Russian verbs agree in person and number in the present, but in number and gender in the past. Various types of pronoun, including the relative pronoun, also show agreement with their antecedents, in number and gender. (Most Slavists readily include the determination of the form of anaphoric pronouns within agreement.) The three features which are indisputably agreement features are somewhat different in nature. Gender is an inherent feature of the noun. It is found on the target; say the adjective, as a consequence of its presence in the noun (overt or covert). Thus agreement marking of gender on an adjective has nothing to do with the lexical meaning of the adjective. Within gender we can observe the rise of the animate sub-gender (Huntley 1980, Krys’ko 1994, Timberlake 1997). Person is an inherent feature of the pronoun, but not of the verb. Number is more difficult. It is an inherent feature of some nouns: those which are only singular (like Serbian/Croatian/Bosnian hrabrost ‘courage’) or only plural (like Russian šči ‘cabbage soup’) impose this feature value on their modifiers. However, a considerable proportion of the nouns in Slavonic languages can be associated with both (or all) numbers. In straightforward examples involving such nouns, the number feature appears to relate primarily to the noun; the property denoted by the adjective is not affected by the change in number.

343

344

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Traditional accounts of Slavonic languages also include agreement in case. In a phrase like Russian: v novom avtomobile ‘in a new car’, the adjective and noun stand in the same case. Depending on one’s view of syntax, this covariance may be seen as differing from that found with gender, number or person. It is less clear that case is an agreement feature, though we should recognize that it interacts strongly with agreement features. There are, however, a few constructions where there is good evidence for agreement in case. Consider Polish expressions like the following (Dziwirek 1990, 147): (1) Sześć kobiet by-ł-o smutn-ych six woman [pl.gen] be-past-neut.sg sad-pl.gen ‘six women were sad’ The verb is third singular neuter ‘by default’; the adjective appears to agree in number and gender with the quantified noun within the subject noun phrase. (According to Dziwirek (1990, 158n16), the neuter singular may be found instead, in ‘informal spoken Polish’.) This construction is in any case difficult to analyse, but it suggests that we have to allow for agreement in case.

4. The Special Interest of Slavonic While many instances of agreement in Slavonic fit into well-known systems, there are also numerous examples where more than one agreement form may be found. Recall that Steele mentioned a ‘semantic or formal property’. We have a rich variety of circumstances in which agreement can be determined by the meaning ⫺ semantic agreement, or by the form ⫺ syntactic agreement. The choice may be influenced by a range of factors, as we shall see.

4.1. The effect of controllers When there is a choice of agreement, this is normally made possible by the controller. There are certain controller types (within Slavonic and beyond) which regularly permit agreement choices, and we discuss these in § 4.1.1. And then there are conditions which range over different controller types, and which favour one or other agreement choice; we treat these in § 4.1.2.

4.1.1. Controllers which induce agreement choices Agreement rules are frequently formulated as though a controller’s features were constant, that is, that all agreements will be identical. In fact, we regularly find agreement choices: a given controller allows two (occasionally three) agreement possibilities. The choices arise from a mismatch of semantic and formal properties of the controller. Controllers which allow agreement choices are of two types. There are lexical items,

28. Agreement hybrids, which induce agreement choices. And second, there are constructional mismatches, where the form and semantics of the construction can be at odds. We discuss these in turn. Several lexical hybrids allow agreement choices. These may relate to number, or gender, or both, and they arise from a mismatch between the meaning of the noun and its morphological form.[1] An example of a number mismatch is Russian para ‘man and woman, couple’, which has the morphology of a singular, but denotes more than one. It takes singular agreements, except of the personal pronoun. Another example of a number mismatch is provided by Old Church Slavonic družina ‘company’ and similar nouns, which most often take singular attributive modifiers, and plurals in other positions (see Huntley 1989, 24⫺25). For gender mismatches we may take the Czech de˘vče ‘girl’ (colloquial), which takes neuter agreements, except for the personal pronoun, which may be neuter or feminine (Vanek 1970, 87⫺88). There are also various honorific titles, which take feminine and masculine agreements in Polish, neuter and masculine in Russian. A considerably researched type of controller is Russian nouns like vrač ‘doctor’, when denoting a female. Since such nouns have the morphology typically associated with masculines, but denote females, a complex pattern of masculine and feminine agreements occurs (Corbett 1991, 183⫺184, 231⫺232 and sources there). And then there are nouns which show gender mismatches in the plural: Serbian/ Croatian/Bosnian gazda ‘landlord, master, boss’ and similar nouns, which are now established as masculine in the singular, but which allow masculine and feminine agreements in the plural; and Polish nouns like łajdak ‘wretch’, which take a combination of non-masculine personal and masculine personal agreements (Corbett 1991, 233⫺ 236 and references there). A truly remarkable instance is Serbian/Croatian/Bosnian deca ‘children’ which takes feminine singular, neuter plural and masculine plural agreements. All these items show patterns of agreement which are in accord with the Agreement Hierarchy (§ 4.2). Two general points are worth noting. First, these examples may comprise individual lexical items (even single items in the use of a particular individual, as in the case of the special agreements found with značitel’noe lico ‘important person’ by Gogol’), or relatively large numbers of nouns, as in the case of nouns like Russian vrač ‘(female) doctor’. In the latter situation, though the system of agreements may be the same, we must not assume that the actual frequency of the different options will be the same from item to item. Quite the opposite: there is evidence that vrač ‘(female) doctor’ and buxgalter ‘(female) accountant’ behave rather differently. And second, while the reason for these agreement choices is to be found in a mismatch between semantics and morphology, such a mismatch is not a sufficient condition for an agreement choice. Thus Russian djadja ‘uncle’ (like similar nouns) denotes a male but belongs to the morphological class whose members are usually feminine. The semantics overrides the morphology, such that the noun is straightforwardly masculine; for agreement purposes it behaves just like otec ‘father’. An important type of hybrid is the honorific pronoun, used in address. Pronouns like Russian vy ‘you’ used in this way produce interesting agreement effects. Since the pronoun is plural, it takes some plural agreements; as shown by the verb in this Russian example: (2) vy xot-ite ... 2pl.nom want-2pl ‘You (polite) want ...’

345

346

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz However, the pronoun is used to address a single individual, and some singular agreements are found (as usually in the Russian long form adjective): (3) vy segodnja očen’ zadumčiv-aja. 2pl.nom today very thoughtful-(long.form) fem.sg.nom ‘You are very thoughtful today.’ (one woman addressed politely) We also find constructional mismatches, agreement controllers which produce a choice of agreement because of a mismatch of form and meaning within the construction. For example, in numeral phrases the numeral may not be plural in form, though the semantics of the phrase would imply a plural. Slavonic languages show considerable variation and the actual quantifier involved has a dramatic effect on the agreement found (Suprun 1969, 175⫺187; Corbett 1983, 220⫺224). There is an interesting pattern: the agreement form which is semantically justified (usually plural) becomes more likely the lower the numeral. The reason is that the groups which we quantify with larger numbers are the groups which are less individuated and conversely are more likely to be viewed as a unit. For this reason they are more likely to be encoded grammatically as a noun. And as a result, when there is a grammatical choice, the higher are more likely to be treated somewhat more like nouns. Russian četyre knigi ‘four books’ is ‘more plural’ than pjat’ knig ‘five books’, and in a sense tri knigi ‘three books’ is ‘more plural’ than četyre knigi ‘four books’; we are better able to individuate three items than four. Slavonic has an unusual associative construction, indicated only by agreement morphology: this is found in the Talitsk dialect of Russian (Bogdanov 1968). In this dialect, a plural verb can be used with a singular noun phrase, to indicate reference to a person or persons besides the one indicated directly: (4) Góša pr’ijéxa-l’-i ! Gosha arrived-past-pl ‘Gosha and his family have arrived!’ This was used when the named person arrived with his wife and children; the fact that more than one person is involved is shown in this dialect exclusively by the agreement. This plural agreement does not extend into the noun phrase, and so conflicting agreements can be found in the same sentence. Plural agreement may also be the only indicator of honorific usage, as in this Russian example of a maid talking of her mistress: (5) Mamen’ka plač-ut ... Mother cry-3pl ‘(Your) mother is crying ...’

(Turgenev Nakanune, 1860)

Here the plural verb with singular subject indicates respect for the person referred to. This demonstrates that in cases like this the controllers cannot be restricted to particular lexical items, but that a range of noun phrases may be involved. (For evidence that this construction follows the constraints of the Agreement Hierarchy, see Corbett 1983, 24⫺25, and for sources on the construction in Belarusian, Czech, Polish, Slovak, Slo-

28. Agreement vene and Ukrainian see 1983, 41n8; it is also found in Kajkavian, Wayles Browne, personal communication.) An agreement controller consisting of conjoined noun phrases is very likely to give rise to an agreement option. It may allow agreement with both or all the conjuncts, and it may allow agreement with just one conjunct. The latter type is frequent both in texts and in naturally occurring discourse. When agreement is with one conjunct it is almost always with the nearest. Here is a clear example from Cassubian (Stone 1993, 784): (6) Odraz-a i strach czierowô-ł‚ jego postępk-ama revulsion(fem)-sg and fear(masc)[sg] direct-past[masc.sg] his action-pl.inst ‘Revulsion and fear directed hi actions’ Here the genders of the nouns make it clear that agreement is with the nearer conjunct. The alternative is for agreement to be with all the conjuncts, as in this Slovene example (Lenček 1972): (7) Tonček i Marina sta prizadevn-a Tonček (masc) and Marina (fem) be.3du assiduous- masc.du ‘Tonček and Marina are assiduous’ Agreement is with both conjuncts, and the gender and number resolution rules specify the form of the target as dual and, where appropriate, masculine. For resolution rules see Corbett (2003). For many of the Slavonic languages the number resolution rule simply specifies plural, and in some there is no place for gender resolution since gender is not distinguished in the plural. The comitative construction together with alternative agreement possibilities is found in some but not all the Slavonic languages. We may illustrate it from Belarusian (Bukatevič et al. 1958, 292): (8) Dzed z unukam lavi-u˘ rybu grandfather with grandson catch-past[sg.masc] fish ‘Grandfather and grandson were fishing’ (9) Brat z sjastroju pajš-l-i u˘ tèatr brother with sister go-past-pl to theatre ‘Brother and sister went to the theatre’ The head noun in the nominative case may control the agreement ((8) ⫺ syntactic agreement) or there may be agreement with the expression as a whole ((9) ⫺ semantic agreement. Semantic agreement is less likely with comitative expressions than with conjoined noun phrases.

4.1.2. Conditions on controllers These are factors relating to controllers but which range over different controller types. Two are well established, and their interaction is also moderately well researched.

347

348

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz The first condition is animacy. There is substantial evidence, primarily from text counts but also from work with consultants, that controllers referring to animates are more likely to take semantically justified agreement than are those referring to in animates. The evidence comes from different Slavonic languages, and involves various quantified expressions and conjoined noun phrases (for a survey and sources see Corbett 1983, 110⫺132,139, 143⫺146). To give one example, Patton examined a large corpus of 19th and 20th century Russian literary texts, and a sample from Pravda, for examples of predicate agreement with quantified subjects. From her data (1969, 35, 63, 148, 160) the following may be calculated: (10) The effect of animacy on agreement with quantified expressions in Russian singular

plural

percent plural

790

1293

62

1047

740

41

animate inanimate

The second condition is precedence. There is strong evidence that controllers which precede their targets are more likely to take semantically justified agreement than are those which follow. Again there is evidence from different Slavonic languages, and it involves quantified expressions, conjoined noun phrases and comitative phrases (Corbett 1983, 107⫺150 passim). To give just one part of the evidence: Sand examined a large corpus of Serbian/Croatian/Bosnian texts (literature of the 1960s, non-fiction 1951⫺1968 and the newspaper Politika 1969⫺1970). The largest controller type investigated was the numerals from pet ‘5’ upwards. (11) has been drawn up from her data (1971, 73⫺75): (11) The effect of precedence on agreement with quantified expressions (involving pet ‘5’ and above) in Serbian/Croatian/Bosnian N

% plural

subject-predicate

310

20

predicate-subject

851

2

While it is easiest to show the effect of precedence in subject-predicate domains, with different types of controller subjects, it is also relevant to controllers of attributive modifiers. We have seen that controllers which refer to animates are more likely to take agreement forms with a greater degree of semantic justification than are those referring to in animates. Similarly, controllers which precede their targets are more likely to take agreement forms with a greater degree of semantic justification than are those which follow. Since these two controller factors are independent, we can cross-classify for them to see the inter action of these conditions. (12) records agreement with conjoined noun phrases. The data are taken from modern literary texts, from Russian (1930⫺ 1979) and from Serbian/Croatian/Bosnian (a corpus of short works by Ivo Andrić) [2].

28. Agreement

349

(12) Predicate agreement with conjoined noun phrases word order subject-predicate predicate-subject

subject type Russian

animate

inanimate

N

% PL

PL

% PL

115

100

67

85

Serbian/Croatian/Bosnian

21

100

35

91

Russian

89

84

114

28

Serbian/Croatian/Bosnian

23

70

62

26

Both animacy and precedence exert a major influence on the agreement selected. The plural, the form with greater semantic justification, is more likely if the subject is animate and if it precedes the predicate. With both factors are present, Russian and Serbian/Croatian/Bosnian (in the samples here) require the plural form. When either one of the factors is present, the plural form is found in a significantly higher proportion of the cases than when neither is present. In Russian the two factors are of about equal weight, and in Serbian/Croatian/Bosnian precedence appears to be the more important factor. Thus both animacy and precedence have a substantial effect on agreement choices, ranging over different controller types.

4.2. The effect of domains We now investigate the considerable impact of the syntactic domain on agreement choices. We shall look at two hierarchies. We begin with the larger syntactic domains, where agreement options are constrained by the Agreement Hierarchy (Corbett 1979b; 1983, 8⫺41, 81⫺86; 1991, 225⫺241): attributive > predicate> relative pronoun > personal pronoun Fig. 28.1: The Agreement Hierarchy

Possible agreement patterns are constrained as follows: For any controller that permits alternative agreement forms, as we move rightwards along the Agreement Hierarchy, the likelihood of agreements with greater semantic justification will increase monotonically (that is, with no intervening decrease). As an illustration of the type of data covered by the Agreement Hierarchy, consider agreement with numeral phrases in Serbian/Croatian/Bosnian involving the numerals dva ‘2’, tri ‘3’, četiri ‘4’ and oba ‘both’. These require a special form of masculine nouns, a survival of the dual number which is synchronically a genitive singular. Attributive modifiers to such nouns must take the ending -a; it has been argued that it should be analysed synchronically as a neuter plural. However it is analysed, this -a form represents syntactic agreement. (13) dva dobr-a čovek-a two good-neut.pl men-sg.gen ‘two good men’

350

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz In the predicate the neuter plural form (syntactic agreement) and the masculine plural form (semantic agreement) are both possible: (14) ov-a dva čovek-a su dobr-a/dobr-i this-neut.pl two men-sg.gen be.pl good-neut.pl/good-masc.pl ‘these two men are good’ The relative pronoun is also found in both forms: (15) dva čovek-a koj-a/koj-i ... two men-sg.gen who-neut.pl/who-masc.pl ... ‘two men who ...’ The personal pronoun must stand in the masculine plural form oni (*ona is unacceptable). We therefore find syntactic agreement in attributive position, both types of agreement of the predicate and relative pronoun, and only semantic agreement of the personal pronoun. There are figures for the relative frequency of the two forms in the positions where there is an option. These are derived from Sand (1971, 55⫺56, 63) and presented in (16): (16) Distribution of masculine plural (versus neuter plural) forms in Serbian/Croatian/Bosnian

plural (semantic) agreement

attributive

predicate

relative pronoun

personal pronoun

0%

18% (N = 376)

62% (N = 32)

100%

(16) shows a monotonic increase in the likelihood of agreement forms with greater semantic justification. We now focus on the predicate, one of the positions on the Agreement Hierarchy. Comrie (1975) demonstrated how honorific plural pronouns may take singular or plural agreement, but that this variation is constrained by what we may call the Predicate Hierarchy: verb > participle > adjective > noun Fig. 28.2: The Predicate Hierarchy

Reformulating Comrie’s proposal we may claim that: For any controller that permits alternative agreement forms, as we move rightwards along the Predicate Hierarchy, the likelihood of agreements with greater semantic justification will increase monotonically (that is, with no intervening decrease). In subsequent research I investigated evidence for all the Slavonic languages, for agreement with honorific pronouns, and the results are given in summary form in Corbett (1983, 42⫺59). Again there is great variation, but the overall pattern is very clear and it is fully in accord with the Predicate Hierarchy.

28. Agreement

351

4.3. Target factors Conditions on targets range over different target types. It has been known for some time that predicate type has a role in influencing agreement choices. Robblee reports that predicates form a hierarchy of individuation, which she motivates from phenomena apart from agreement. There are three main classes, each split into two subclasses; the reader is referred to Robblee (1993a) for justification of these, but the examples in (17) give an indication of membership. Robblee took a corpus of Russian prose (1976 to 1988) and extracted instances of predicate agreement with quantified noun phrases including either a numeral or one of neskol’ko ‘several’, malo ‘few’ or nemalo ‘several, more than a few’. The results were clear; semantic (plural) agreement is least common with byt’ and successively more common with more individuated predicates (Robblee 1993b). However, different predicates more or less likely to appear in particular word orders, and we have established that word order impacts on agreement. We need, therefore, a count in which word order is held constant, in order to isolate the effect of the predicate type. Robblee provides this in a later paper. (17) Semantic (plural) predicate agreement with quantified noun phrases according to word order and predicate type in Russian (from Robblee 1997, 235) subject-predicate word order

predicate-subject word order

TOTAL

N

% PL

N

% PL

N

% PL

CLASS I (‘inversion’) e. g. byt’ ‘be’, proizojti ‘occur’

13

15

110

7

123

8

CLASS II (‘intransitive’) e. g. stojat’ ‘stand’, krasnet’ ‘redden’

43

63

117

44

160

49

CLASS III (‘agentive’) e. g. rabotat’ ‘work’, udarit´ ‘hit’

55

96

35

71

90

87

111

74

262

32

373

45

TOTAL

Thus of the class I predicates, of the 13 found with subject-verb word order, 15% had plural agreement. Plural agreement is more likely with subject-verb order (15%) than with verb-subject (7%), and the same is true for each class of predicate (63% versus 44%, and 96% versus 71%). But equally, if we keep the word order constant and consider the class of predicate (comparing down the columns) then we see that plural is least likely with ‘inversion’ predicates, more so with other intransitives and most likely with agentives. Here then we have clear evidence that this hierarchy has an effect independent of word order. Robblee uses predicate type as an indicator of the individuation of the subject, which links interestingly to typological claims about the role of individuation in agreement systems.

352

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz The question which remains is how this hierarchy relates to Comrie’s Predicate Hierarchy. Robblee’s Predicate Hierarchy of Individuation provides a cross-cutting classification, as becomes clear when we consider non-verbal predicates. A few of these, such as vidno ‘visible’ are inversion predicates (Robblee 1993a, 216), while the majority are lower on the hierarchy (1993a, 230). In Comrie’s Predicate Hierarchy, which has a syntactic and morphological basis, verbs and non-verbs are fully separated. Thus Robblee’s hierarchy can be seen as a target condition, ranging over the predicate types defined in Comrie’s hierarchy. When other factors are held constant adjectives favour semantic agreement by comparison with verbs (Corbett 1983, 163⫺170).

4.4. Possessives in Upper Sorbian and Slovak Perhaps the most remarkable instance of agreement in Slavonic is found in Upper Sorbian, where the possessive adjective can control an attributive modifier, as in this example (from Fasske 1981, 382⫺383): (18) moj-eho muž-ow-a sotr-a my-masc.sg.gen husband-poss-fem.sg.nom sister-fem.sg.nom ‘my husband’s sister’ In (18), the particularly interesting form is mojeho; this is masculine since muž ‘husband’, which is the source of mužowa, is masculine. It is singular for the same reason (the formation of the possessive adjective requires a singular referent). Thus we have the possessive adjective as a controller of agreement, taking another attributive modifier as its target, which is a totally unexpected agreement domain. The construction has been discussed in detail in Corbett (1987); for the distribution of the construction in the Sorbian dialects see Fasske (1996, 66⫺73). This Upper Sorbian construction is indeed remarkable; the only other modern Slavonic language which has it, and to a more limited extent, is Slovak. Control of the relative pronoun by the possessive adjective is much more common, while control of the anaphoric pronoun is general in Slavonic (except for Polish, where it is limited).

5. Conclusion Research on agreement in Slavonic has given us accounts of the different agreement systems, and ample evidence of the pervasive nature of choices in agreement systems. We know a good deal about individual factors which affect agreement choices, but less about how they interact. We know something about the adult systems, but rather little about how they are acquired and what their function is. There is a good deal still to be found out. * The support of the ESRC (grant RES-051-27-0122) is gratefully acknowledged. The following are the abbreviations:

28. Agreement DU FEM GEN INST MASC N NEUT

dual feminine genitive instrumental masculine total number of examples neuter

353 NOM PL POSS SG 1 2 3

nominative plural possessive adjective suffix singular first person second person third person

[1] For additional data and examples of items discussed in this section see Corbett 1983; for titles pp. 23⫺24, for Serbian/Croatian/Bosnian gazda ‘landlord, master, boss’ pp. 14⫺17 and references there, for Serbian/Croatian/Bosnian deca ‘children’ pp. 76⫺ 88, for Russian značitel’noe lico ‘important person’ pp. 25⫺26, and for vrač’ (female) doctor’ pp. 30⫺39. [2] Details in Corbett (1983, pp. 105⫺35 especially p. 130 on Russian, and pp. 139⫺ 140 and p. 101 on Serbian/Croatian/Bosnian).

6. Literature (selected) Bogdanov, V. N. (1968): “Osobyj slučaj dialektnogo soglasovanija skazuemogo s podležaščim po smyslu i kategorija predstavitel’nosti”. // Naučnye doklady vysšej školy: filologičeskie nauki no. 4. 68⫺75. Bukatevič , N. I./Gricjutenko, I. E./Miževskaja, G. M./Pavljuk, N. V./Savickaja, S. A./Smaglenko, F. P. (1958): Očerki po sravnitel’noj grammatike vostočnoslavjanskix jazykov. Odessa. [Reprinted as Slavistic Printings and Reprintings no. 139, 169, The Hague.]. Comrie, Bernard (1975): “Polite plurals and predicate agreement”. // Language 51. 406⫺18. Corbett, Greville G. (1979a): Predicate Agreement in Russian. University of Birmingham. Department of Russian Language and Literature. Corbett, Greville G. (1979b): “The agreement hierarchy”. // Journal of Linguistics 15. 203⫺24. Corbett, Greville G. (1983): Hierarchies, Targets and Controllers. Agreement Patterns in Slavic. London. Corbett, Greville G. (1987): The morphology/syntax interface. evidence from possessive adjectives in Slavonic. // Language 63. 299⫺345. Corbett, Greville G. (1991): Gender. Cambridge. Corbett, Greville G. (2003): “Types of typology, illustrated from gender systems”. // Plank, Frans (ed.) Noun Phrase Structure in the Languages of Europe (Empirical Approaches to Language Typology EUROTYP 20-7). 289⫺334. Berlin. Corbett, Greville G. (2006): Agreement. Cambridge. Crockett, Dina B. (1976): Agreement in Contemporary Standard Russian. Cambridge. Mass. Dziwirek, Katarzyna (1990): “Default agreement in Polish”. // Dziwirek, Katarzyna/Farrell, Patrick/Majías-Bikandi, Errapel (eds.) Grammatical Relations. A Cross-theoretical Perspective. 147⫺61. Stanford. Fasske, Helmut (1981): Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart. Morphologie. Bautzen. Fasske, Helmut (1996): Sorbischer Sprachatlas. 15. Syntax. Bautzen. Huntley, David (1980): “The evolution of genitive-accusative animate and personal nouns in Slavic dialects”. // Fisiak, Jacek (ed.) Historical Morphology. The Hague. 189⫺212. Huntley, David (1989): “Grammatical and lexical features in number and gender agreement in Old Bulgarian”. // Paleobulgarica 13. 21⫺32.

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Greville G. Corbett, Surrey, England (United Kingdom)

29. Case Assignment in Quantified Phrases

29. Case Assignment in Quantified Phrases 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction Survey of Data Patterns and Correlations Parametric Analyis Literature (selected)

Abstract Quantified phrases in Slavic exhibit special properties: (i) quantifiers (mostly, numeric) can either impose a quantificational genitive case on the following nominal material or agree with it and (ii) predicates can either show plural agreement with quantified subjects or not. A comparison of Russian, Polish, and Serbian/Croatian reveals a complex array of facts. However, once the true patterns and correlations are identified, they can be reduced to conceptually simple parameters of variation. An approach is examined which exploits the basic head-complement relation: genitive arises when a Quantifier takes a Noun Phrase complement and predicate agreement arises when a Determiner Phrase is projected above that. A system of modified Jakobsonian case features, embedded within a hierarchy of markedness, accommodates the observed cross-linguistic variation in the distribution of quantificational genitive.

1. Introduction With the exception of Bulgarian and Macedonian, the Slavic languages are characterized by robust systems of morphological case. Case is fundamentally an expression of the ability of a nominal phrase to combine with some head. Typically (and presumably ontogenetically), case is an abstract feature which serves to license Noun Phrases (NPs) for the particular grammatical roles they play as arguments within the clause. However, once the actual mechanism of marking case is instantiated paradigmatically and applied to the morphological exponence of all nominals, as it is in Slavic, case can readily be adapted to other purposes. This is what happens in the modern Slavic languages: it is a morphological fact that nouns and adjectives ⫺ more generally, the class of [CN] words or substantives ⫺ must be inflected for case. Therefore, wherever they appear, nominals can only exist in some case form, and this form can then depend on whatever head they combine with locally. In Slavic, quantified heads (for the most part, numerals) can impose a particular case form, usually regarded as some kind of quantificational genitive case (henceforth, GEN-Q), on the nominal material with which they combine. It is this phenomenon that the present article examines. In doing so, however, it will be necessary also to explore a range of related properties of quantified phrases from which case assignment cannot be divorced. The most important of these will be the internal structure of quantified expressions and the nature of verb agreement with

355

356

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz quantified subjects. It will also be essential to explore case as an amalgam of features, roughly in the sense of Jakobson (1938, 1956). Originally, some numbers (‘one’ through ‘four’) were adjectival and therefore agreed in case with the noun they modified (which could be singular, dual, or plural, depending on its cardinality), whereas others (basically, ‘five’ and above) were formally nouns and hence took genitive complements. This characterization is admittedly a gross simplification, since, as Corbett (1978) implies, there never really was (or could be) a straightforward bipolar opposition between adjectival and nominal numerals; rather, these can be conceived of as endpoints, with smaller numbers being more prone to bearing adjectival properties and greater ones being more likely to be instantiated as nouns. As observed by Babby (1987) for Russian, the situation in the modern Slavic languages evolved by virtue of the breakdown of this intrinsically unstable system. The result is that the morphological form of a numeral can either depend on the nominal phrase it quantifies (agreement) or the numeral can itself impose some form on that nominal phrase (government). This is indeed as expected if the relationship between the numeral and nominal phrase is analogous to that of a verb and its argument NP, where the verb can agree with that NP or assign case to it. In Slavic quantified expressions we thus encounter a morass of morphological complexity, exacerbated by a puzzling variation among the different languages.

2. Survey of Data Our ultimate goal is to understand the complexity of Slavic numeral systems. This article attacks that goal in parts: first, by describing and cataloguing the relevant data; next, by highlighting patterns and correlations exhibited by those data; and finally, by attempting to reduce those patterns to a small set of conceptual simple parameters of variation. Each of those components constitutes a subsection of this article. We begin by taking a look at the core data. These data will be representative for the simple reason that the facts are far too complex and the languages to varied to do them justice in the space of an encyclopedia article. In this section, we concentrate on Russian, Polish, and Serbian/Croatian as representative of East Slavic, West Slavic, and South Slavic, respectively. Taking Russian as a point of departure, one is struck by how different the facts are in the other Slavic languages. Yet ⫺ as is the nature of grammar ⫺ these differences are best seen as variations on a small set of themes.

2.1. Russian (East Slavic) There is a veritable industry of research on Russian numerals. Two invaluable monographs are Mel’čuk (1985) and Suprun (1959). Pesetsky (1982) first drew the attention of generative grammarians to this fascinating phenomenon, followed by a series of publications by Babby, most notably Babby (1987), and Franks, most notably Franks (1994, 1995, ch. 4, 5). Although the precise form of GEN-Q is a notoriously complex matter, presenting long-standing descriptive, analytic and pedagogical problems, the

29. Case Assignment in Quantified Phrases facts can be basically described as follows: numerals above odin ‘one’ (except for compound numerals ending in forms of odin) assign some form of the genitive case to the nominal material following them; pjat’ ‘five’ and above assign the genitive plural and the paucal numerals oba ‘both’, dva ‘two’, tri ‘three’ and četyre ‘four’ (as well as compound numerals ending in dva, tri and četyre) assign a form which is generally (but not always!) identical to the genitive singular. Some typical examples, where the numeral phrase is the object of an ordinary transitive verb, are given in (1). (1)

a. Vanja s”el odnu kartošku. ate one.acc potato.acc.sg ‘Vanja ate one potato.’ b. Vanja s”el tri kartoški. ate three potato.gen.sg ‘Vanja ate three potatoes.’ c. Vanja s”el pjat’ kartošek. ate five potatoes.gen.pl ‘Vanja ate five potatoes.’

Like most verbs, s”est’ ‘to eat’ assigns accusative to its direct object. This case is realized both on odnu ‘one’ and the head noun kartošku ‘potato’ in (1a), but in (1b, c) it is blocked from reaching the noun by the GEN-Q assigning numerals tri ‘three’ and pjat’ ‘five’, respectively. These are not morphologically marked for case, and have been variously analyzed as accusative or caseless. The same pattern exists for numeral phrase objects of prepositions that assign accusative, so is not reproduced here. Following Babby (1987), we refer to this pattern as heterogeneous, since two distinct cases are realized within a single nominal domain. Interestingly, the heterogeneous pattern is not exhibited in oblique case positions, which in the tradition of Jakobson (1958/1971) means everything except nominative and accusative. Instead, the appropriate oblique case permeates throughout the numeral phrase, as shown in (2): (2)

a. Vanja vladeet odnim inostrannym jazykom. possesses one.inst foreign.inst language.inst ‘Vanja speaks one foreign language.’ b. Vanja vladeet tremja inostrannymi jazykami. possesses three.inst foreign.inst.pl languages.inst.pl ‘Vanja speaks three foreign languages.’ c. Vanja vladeet pjat’ju inostrannymi jazykami. possesses five.inst foreign.inst.pl languages.inst.pl ‘Vanja speaks five foreign languages.’

The verb vladet’ ‘to possess’ governs the instrumental (INST). Crucially, this lexically specified case requirement cannot be overridden by the GEN-Q assigned by the numerals in (2b, c). Again adopting Babby’s terminology, we refer to this pattern as

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358

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz homogenous case assignment, since the same case is realized throughout the nominal domain. While there are much additional relevant data, the basic paradigms in Russian (1) and (2) present a fundamental puzzle for any analysis of case assignment in quantified phrases in Slavic. A second kind of puzzle needs to be noted, although it is arguably independent of case assignment. This concerns subject-verb agreement. There are essentially two possibilities, as follows: (3)

Pjat’ mašin pod”exali/pod”exalo k vokzalu. five cars.gen.pl drove-up.pl/ drove-up.n to station ‘Five cars drove up to the train station.’

Either the verb can show plural or neuter (singular) agreement. This issue is discussed widely in the literature and there are a host of factors bearing on the choice; cf. e. g. Franks and Pereltsvaig (2004), Pereltsvaig (2006), etc. In particular, the neuter form is facilitated if (i) the subject follows the verb or (ii) the subject is inanimate. There are, however, well known target factors that override these effects. Thus, as in the following example from Graudina et al. (1976, 28), if the predicate is a short form adjective, only the plural is possible: (4)

V ėtom sbornike interesny/*interesno neskol’ko statej. in this volume interesting.pl/interesting.n several articles.gen.pl ‘In this volume there are several interesting articles.’

The plural also arises if the subject enters into a control or binding relationship, as shown in (5): (5)

a. Pjat’ ženščin staralis’/*staralos’ kupit’ ėtu knigu. five women.gen.pl tried.n/tried.pl to-buy this book ‘Five women tried to buy this book.’ b. Pjat’ ženščin smotreli/*smotrelo na sebja v zerkalo. five women looked.pl/looked.n at self in mirror ‘Five women looked at themselves in the mirror.’

Finally, if there is an unambiguously nominative modifier in the quantified subject NP, then plural agreement is required. Compare the following with (3): (6)

Ėti pjat’ mašin pod”exali/*pod”exalo k vokzalu. these five cars.gen.pl drove-up.pl/drove-up.n to station ‘These five cars drove up to the train station.’

There is a complex interplay here between syntax and semantic factors. It has been often noted, in the generative literature at least since Pesetsky 1982, that individuation and referentiality impose plural agreement whereas the neuter agreement is favored when the subject has a group (or other quantificational) interpretation, as well as in existential constructions. For a recent overview of these and related issues, see Pereltsvaig 2006 and references therein.

29. Case Assignment in Quantified Phrases

2.2. Polish (West Slavic) Polish is similar to Russian in terms of NP internal assignment of GEN-Q, exhibiting the same kind of contrast between heterogeneous and homogenous patterns: (7)

a. Znam te pięć kobiet. know these.acc five.acc women.gen ‘I know these five women.’ b. Opiekowałam się tymi pięcioma kobietami. took-care-of refl these.inst five.inst women.inst ‘I took care of these five women.’

As above, no examples are provided where the quantified NP is the object of a preposition, since the same accusative versus oblique contrast arises. There is however a different pattern with respect to agreement. In Polish, the paucal numerals are agreeing modifiers, and the verb shows appropriate (plural) agreement. This can be either the regular plural or the special masculine personal (virile) form. (8)

a. Tu są/były dwie kobiety. here are/were.pl two.fem women.nom.pl ‘Two women are/were here.’ b. Tu są/byli trzej nauczyciele. here are/were.virile three.masc male-teachers.nom.pl ‘Three teachers are/were here.’

There is thus no reason to invoke quantificational genitive case for numerals below ‘five’, or their compounds (except those ending in jeden ‘one’). They do no assign case, but rather simply agree as nominative modifiers. With numerals ‘five’ and above, however, only the neuter option is available: (9)

Siedem czarnych kotów łaziło po dachu. seven black.gen.pl cats.gen.pl climbed.n on roof ‘Seven black cats were walking around the roof.’

As discussed in Franks (1994, 1995, ch. 5), this is true even if the factors forcing plural in Russian (5) are invoked. Morever, the presence of what appears to be a nominative modifier in (10), which uses the stylistically archaic form te ‘these’ instead of standard tych, still fails to impose plural agreement: (10)

Te pięć kobiet poszło/*poszły do domu. these five women.gen.pl went.n/went.pl to home ‘These five women went home.’

The impossibility of plural agreement, coupled with the observation that the quantifier is either nominative or genitive, depending on whether the noun it delimits is virile or not, indicates that the entire subject NP must actually be accusative:

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360

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz (11) a. Wiele studentek głosowało przeciwko Wałęsie. many female-students.gen.pl voted.n against Walesa ‘Many female students voted against Walensa.’ b. Wielu studentów głosowało przeciwko Wałęsie. many male-students.gen.pl voted.n against Walesa ‘Many students voted against Walensa.’ As argued in Franks (1998, 2002), this array of facts leads to the bizarre but consistent conclusion that in Polish (and West Slavic in general) NPs in which quantificational genitive case is assigned can never be nominative, even when they are subjects. They thus bear accusative case instead. For this reason, plural agreement is never manifested on the verb and the form of the quantifier itself should actually be regarded as accusative. (The case of material preceding the quantifier varies in West Slavic: it is generally genitive, agreeing with the noun it modifies, but can sometimes ⫺ in variants of Polish and Sorbian, but apparently not Czech or Slovak ⫺ either be genitive or accusative, the latter formally indistinguishable from nominative.) Finally, we note a similar effect with the paucal numerals. When modifying a virile noun, the numeral itself can be genitive, with the noun appearing in the genitive plural. Compare (12) with (8b): (12)

Tu jest/było trzech nauczycieli. here is/was.n three.gen male-teachers.gen.pl ‘Three teachers are/were here.’

This fact is consistent with the generalization that in Polish, whenever GEN-Q is assigned internal to a NP, that NP must itself be accusative. This is the heterogeneous pattern: it is impossible in oblique case contexts (which show homogeneous agreement), but arises on objects of verbs (and prepositions) that govern accusative and is also extended to subjects (which would otherwise be expected to appear in the nominative). It is this paradigm which will drive our eventual analysis, in Section 4.3 below.

2.3. Serbian/Croatian (South Slavic) Turning now to South Slavic, we observe a new set of differences from Russian. The facts are complex and in flux, transitional to the kind of system in Bulgarian or Macedonian, which lack quantificational genitive case altogether (although preserve a special brojna forma ‘count form’ with some comparable properties). Here we briefly survey Serbian/Croatian, referring the reader for further discussion to Franks (1995, 2002, 2003), from which the examples are largely drawn, as well as to Bošković (2008). The homogeneous pattern is severely restricted in Serbian/Croatian, only applying with the paucal numerals, archaically and with distributional restrictions which vary among speakers. With the other numerals, for which no homogeneous option exists, there are two alternatives: the now familiar heterogeneous pattern or simple ineffability (entailing circumlocution). The former, as elsewhere, obtains in nominative and accusative contexts:

29. Case Assignment in Quantified Phrases (13) a. Deset žena je kupilo ovu haljinu. ten women.gen.pl aux.3sg bought.n.sg this dress ‘Ten women bought this dress.’ b. Kupili smo pet knjiga. bought aux.1pl five books.gen.pl ‘We bought five books.’ The factors bearing on the viability of this pattern in oblique case contexts are in flux and require further study, but clearly depend both on the particular case and its context. Here are some relevant examples with verbs: (14) a. Domogao sam se pet knjiga. obtained aux.1sg refl five books.gen.pl ‘I obtained five books.’ b. ?*Jovan je pomagao pet ljudi. Jovan aux.3sg helped five people.gen [intended]: ‘Jovan helped five people.’ c. *Jovan je rukovodio pet fabrika. Jovan aux.3sg managed five factories.gen.pl [intended]: ‘Jovan managed five factories.’ These data show that with verbs governing genitive (domagati se ‘to obtain’) the heterogeneous pattern surfaces, but with verbs governing dative (pomagati ‘to help’) or instrumental (rukovoditi ‘to manage’) it does not. Interestingly, while (14b) is indeed ineffable, (14c) can surface with a vacuous preposition sa ‘with’. (15)

Jovan je rukovodio sa pet fabrika. Jovan aux.3sg managed with five factories.gen.pl ‘Jovan managed five factories.’

As noted by Franks (1998, 2002, 2003), this way of saving the structure is not available with adjunct bare instrumental phrases: (16)

*Jovan je hodao (sa) pet ulica. Jovan aux.3sg walked with five streets.gen.pl [intended]: ‘Jovan walked on five streets.’

With prepositions we find even more mixed judgments: (17) a. od pet gradova from five cities.gen.pl b. %Jovan je trčao prema pet ljudi. Jovan aux.3sg ran towards five people.gen.pl ‘Jovan ran towards five people.’ c. pod pet stolova under five tables.gen

361

362

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Quantificational genitive case occurs after prepositions governing the genitive (17a). Many speakers do not accept it with prepositions governing the dative (17b), but some do, while with the instrumental (17c), GEN-Q is perfectly acceptable. Finally, it is worth noting that the heterogeneous pattern also emerges in adnominal positions. The acceptability of (18) is consistent with (14a) and (17a), since these all involve genitive contexts, the ungrammaticality of (18b), where the deverbal noun pomaganje ‘helping’ governs dative, is comparable to (14b), and the instrumental in (14c) can, as with (14c, 15), be vindicated with the vacuous preposition sa: (18) a. vlasnik pet malih kuća owner five small.gen.pl houses.gen.pl ‘the owner of five small houses’ b. *pomaganje pet bataljona helping five battalions.gen.pl [intended]: ‘(the) helping (of) five battalions’ c. komandovanje*(sa) pet bataljona commanding with five battalions.gen.pl ‘(the) commanding (of) five battalions’ Turning to the issue of subject-verb agreement, since it distinguishes gender in the plural, Serbian/Croatian presents additional alternatives (Slovenian, with a dual, has even more). Neuter singular is far preferred, but plural is also possible — although only with the desinence appropriate to the gender of the quantified subject. Thus, (19a) is a somewhat less felicitous version of (13a); (19b) similarly admits two possibilities: (19) a. ?Deset žena su kupile ovu haljinu. ten women.gen.pl aux.3pl bought.fem.pl this dress ‘Ten women bought this dress.’ b. Pet muškaraca je došlo/ ?su došli. five men.gen.pl aux.3sg came.n.sg aux.3pl came.masc.pl ‘Five men arrived.’ With the paucals, the situation is reversed (echoing Polish), in that the plural is standard, but the neuter is also possible (albeit far less less common). As expected, agreement on the participle is gender appropriate, with -e for feminines and -a for neuters. An interesting complication is that masculine nouns typically induce a special agreement form on the participle, so that there are three options: (20)

Dva muškarca su došla/ ?je došlo/ ?su došli. two men.pauc aux.3pl came.pauc/ aux.3sg came.n.sg aux.3pl came.masc.pl ‘Two men arrived.’

Note that the -a on the participle can be equated with the paucal desinence on the noun itself; it is also identifcal to the neuter plural ending.

29. Case Assignment in Quantified Phrases

3. Patterns and Correlations In approaching any complex array of data, analysis depends on how the facts are organized and which are deemed fundamental. First, it seems that, regardless of language, the numeral either agrees with the quantifed nominal or governs quantificational genitive case, but not both: there is a competition between case determination by some external governer, for the entire expression, or by the quantifier itself, internal to the numeric expression. Second, in Russian (5) and (6) we saw that a number of syntactic properties (control, binding, demonstrative èti) force subject-verb agreement: these properties implicate referentiality (however instantiated formally), indicating that the numeric expression can be either referential or quantificational. Third, there is a correlation between factors which facilitate unaccusativity and the absence of agreement; when coupled with the necessity of agreement in unergative Russian (4), this implies that GEN-Q subjects can be to the Verb Phrase (VP) internal or external to it. Finally, the limitations on the distribution of GEN-Q displayed by Polish and Serbian/Croatian suggest that its availability may be constrained by more overarching principles, of the kind which regulate case systems in general. This brief survey of facts also raises several important general questions: (i) What is the structure of quantified expressions that allows for quantificational genitive case at all?; (ii) Why does this structure sometimes induce agreement and sometimes not?; (iii) What determines the variation found among the various Slavic languages? While addressing these questions properly requires a dissertation rather than a handbook entry, the modest goal of the following section is to provide some possible directions for analysis.

4. Parametric Analyis Within generative grammar, various ways exist of approaching the questions identified above. Concentrating on issues of variation across languages and competition among possible structures, here I largely review approaches taken in my own research.

4.1. The Structure of Quantified Phrases Assuming the traditional head-complement relation, a reasonable point of departure is to follow Pesetsky 1982 and employ a structure where the numeral is a Q(uantifier) which takes an NP complement and itself heads a Quantifier Phrase (QP), as in (21):

QP

(21)

Q

NPGEN-Q

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz This move leads immediately to Babby’s (1987) observation that GEN-Q case assignment should be analyzed as applying to NP, a subconstituent of the quantified expression. This QP structure fits the non-referential function, which correlates in Russian with (non-agreeing or default) neuter singular on the predicate. How then can the agreeing, plural form be accommodated? Taking advantage of functional categories, in Franks (1994, 1995) I implemented this by proposing that (21) can itself be embedded in a Determiner Phrase (DP), as in (22):

DP

(22)

D

QP

Q

NPGEN-Q

These structures properly distinguish the non-agreeing and agreeing types of quantified expressions in Russian, while preserving a consistent relationship between QP and NP to produce GEN-Q. I then argued with Pesetsky that QP are VP-internal, so that the external subject position is empty, resulting in non-agreement. The Determiner Phrase variant in (22), I claimed, raised to the VP-external subject position (Specifier of IP) for reasons of nominative case licensing, inducing obligatory (plural) subject-verb agreement. The insight that Q in some way licenses GEN-Q leaves however the status of agreeing (declining) numerals unaddressed. The standard view, first fully laid out in Neidle 1982/1988 is that in homogeneous quantified expressions the numeral is essentially adjectival. It may thus be part of an Adjective Phrase (AP) within NP or, exploiting Abney’s (1987) approach to APs, take NP as a complement:

DP

(23)

D

AP

A

NP

This account is developed in Franks 1994, 1995, since it highlights a structural parallelism with (22). Either way, the problem of how governing Q and agreeing A actually compete is a thorny one. See Bošković (2008) for a minimalist, economy-driven approach to this competition, as well as Kosta (2008).

29. Case Assignment in Quantified Phrases

4.2. A Government-Binding Account The analysis I put forward took advantage of the contrast between D-structure and Sstructure available under the Government-Binding model. Note that the heterogeneous pattern occurs with structural case and the homogeneous pattern occurs with inherent case. Since the latter was assigned at D-structure whereas the former was delayed until S-structure, I argued that D-structure case percolates throughout the DP before S-structure case ever has a chance to operate. Assuming that GEN-Q in Russian is also structural, a quantified DP in an inherent case context is necessarily homogeneous. The heterogeneous pattern however emerges in structural case environments: nominative or accusative is assigned to the DP by some external head while at the same time genitive case is assigned to NP by the Quantifier. The analysis was then extended to the other languages by manipulating two factors: (i) whether or not the projection could stop at the QP level and (ii) whether or not GEN-Q had the status of a structural case. In the absence of bare QPs the dual subject-verb agreement pattern failed to obtain and when, as in Serbian/Croatian, GEN-Q is treated as an inherent case (assigned by the numeral at D-structure) this blocked percolation of all further case from reaching the NP. While this system had the desired results, it suffered from an undue reliance on levels of representation; see Franks (1998, 2002) and Bošković (2008) for specific criticisms and ways to recast the role of levels in economy terms. Building structure from the bottom up, as in minimalism, the choice then becomes between merging an agreeing A or a case-licensing Q, with appropriate repercussions as the derivation proceeds. In addition, the parametric status of these two factors of variation was suspect. They were in need of correlation with some other properties of the languages in question. One relevant observation about maximal QPs is that they only occur in East Slavic, which lacks pronominal clitics, hence it could be that the existence of clitics in a language determines necessary projection to the DP level; see also my entry 51 on Klitika im Slavischen in this handbook. As for the status of GEN-Q, the best way to understand this is that quantificational genitive case is always structural, and those instances of GEN-Q I had treated as inherent should really just be assimilated to the regular, inherent genitive. The analysis, which was loosely couched within Jakobson’s (1938, 1956) system of case features, then implies that GEN-Q should simply be regarded as a [⫺oblique] variant of the regular genitive case (equating his “[⫺oblique]” with the generativist’s “inherent”). The choice thus reduces to whether or not the case system countenances a structural genitive case, with this possibility (which I argued pertains to Russian and Polish but not to Serbian/Croatian) correlating with the overall richness of the inflectional system in general.

4.3. A Feature Based Approach One puzzle that stands somewhat outside the parametric account just sketched is the bizarre fact in Polish (10), repeated as (24): (24)

Te pięć kobiet poszło/*poszły do domu. these five women.gen.pl went.n/went.pl to home ‘These five women went home.’

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Recall that the absolute impossibility of agreement, combined with the data in (11), led to the conclusion that GEN-Q (hence, QP) in Polish can only occur in an accusative DP: (25)

QPs are only licensed in accusative DPs in Polish.

Taking this observation to be central rather than peripheral to understanding how Slavic numerals behave drives a complete reanalysis of the data. In this final section I briefly summarize ideas reported in Franks 2002. That and related work converges on the following modified system of Jakobsonian case features (for Russian), expressed in terms of markedness values: (26)

accusative nominative genitive1 dative genitive2 locative1 instrumental locative2

= = = = = = = =

[Uoblique, Umarginal, Uindefinite, Uquantified] [Uoblique, Umarginal, Mindefinite, Uquantified] [Moblique, Umarginal, Uindefinite, Mquantified] [Moblique, Mmarginal, Uindefinite, Uquantified] [Moblique, Umarginal, Mindefinite, Mquantified] [Moblique, Mmarginal, Uindefinite, Mquantified] [Moblique, Mmarginal, Mindefinite, Uquantified] [Moblique, Mmarginal, Mindefinite, Mquantified]

The specific inventory of features is meant to accommodate morphological syncretism; genitive2 and locative2 are included for the sake of completeness, but can be removed without affecting the analysis of QPs. From the perspective of (26), (25) can be restated as in (27). (27)

Polish QPs cannot occur in DPs with a marked value for any case feature.

Once we do this, the distribution of QPs in Russian can be restated as follows: (28)

Russian QPs cannot occur in DPs with a marked value for [oblique].

Is there a pattern here to be generalized? The data examined in Section 2.3 show that Serbian/Croatian poses complications. Clearly the distribution of QPs is far greater than in Russian, although it is not completely unrestricted. In Franks (2002) I argue that [Uoblique] is spreading, so that prepositions in this language actually assign a structural instrumental, which means one must concentrate on complements to verbs to see that QPs are disallowed in instrumental DPs. (Dative is in flux, although for most but not all speakers QP are also disallowed in dative DPs.) Given this, one can tentatively conclude (29): (29)

Serbian/Croatian QPs cannot occur in DPs with a marked value for [marginal].

This statement however belies the obvious fact that (26) is far too articulated a case system to be correct for Serbian/Croatian. We remove genitive2 and locative2 from

29. Case Assignment in Quantified Phrases the mix, then note that [quantified] is technically unnecessary, since its only purpose is to distinguish dative from locative. To the extent these two cases really fall together, the feature [quantified] is completely neutralized. Moreover, [quantified] does nothing to distinguish the genitive, which in Serbian/Croatian can now be characterized as pure obliqueness. Eliminating this feature has the following result: (30)

accusative nominative genitive dative/locative instrumental

= = = = =

[Uoblique, Umarginal, Uindefinite] [Uoblique, Umarginal, Mindefinite] [Moblique, Umarginal, Uindefinite] [Moblique, Mmarginal, Uindefinite] [Moblique, Mmarginal, Mindefinite]

The feature system in (30) suggests a way of eliminating reference to specific features, in favor of number of marked case features, where “one-plus” is meant to capture the fact that dative/locative contexts are tolerated by some speakers. (31) a. Polish: QPs cannot occur in a DP with any M (case feature). b. Russian: QPs cannot occur in a DP with more than one M (case feature). c. Serbian/Croatian: QPs cannot occur in a DP with more than one-plus M (case features). This approach to GEN-Q implies that the way it is implemented in a language, rather than deriving from larger parameters (as described in Section 4.2), might depend instead on the overall structure of morphological case in that language. It also suggests scenarios for acquisition and historical development. The implication is that, once the learner has identified that numeric quantifiers can assign case, she progresses through specific stages regulating its distribution. In keeping with the Subset Principle, the initial hypothesis would be that QP only occurs in unmarked case contexts, i. e. (31a). Next, the learner would successively expand its distribution, as positive evidence comes available that QP occurs in more and more marked environments. In Russian, for example, subject-verb agreement reveals that QPs can occur in nominative DPs, while in Serbian/Croatian their appearance after verbs which govern oblique cases serves as a trigger. Alternatively, this approach could be viewed from the perspective of the development of the actual case systems: as the system becomes more articulated, the markedness threshold for licensing GEN-Q gets pushed down, so that the more attenuated the case system, the more restricted its distribution. This article has examined case assignment in quantified phrases from a variety of perspectives. The facts reveal a tension between alternatives: numeral phrases as heterogeneous or homogeneous in case properties; numeral phrases as DPs or QPs; numeral phrases as VP-external or internal; numeral phrases as referential/individuated or quantificational/group; numeral phrases as agreeing APs or governing QPs; numeral phrases as marked or unmarked. This tension gives rise to a tantalizing interplay of options. Still, one cannot help but suspect that Slavic numeral phrases are not as idiosyncratic as they seem, that the right general approach to case and agreement will encompass even their puzzling properties.

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz

5. Literature (selected) Abney, Steven (1987): The English Noun Phrase in its Sentential Aspect. Unpublished Ph.D. Dissertation. MIT. Babby, Leonard (1987): “Case, Prequantifiers, and Discontinuous Agreement in Russian”. // Natural Language and Linguistic Theory 5. 91⫺138. Bošković, Željko (2008): “A Minimalist Account of Genitive of Quantification”. // Zybatow, Gerhild et al. (eds.). Formal Description of Slavic Languages. Frankfurt a. M. 270⫺287. Corbett, Greville (1978): “Numerous Squishes and Squishy Numerals in Slavonic”. // International Review of Slavic Linguistics 3. 43⫺73. Franks, Steven (1994): “Parametric Properties of Numeral Phrases in Slavic”. // Natural Language and Linguistic Theory 12. 570⫺649. Franks, Steven (1995): Parameters of Slavic Morphosyntax. New York. Franks, Steven (1998): “Parameters of Slavic Morphosyntax Revisited: A Minimalist Retrospective”. // Bošković, Željko/Franks, Steven/Snyder, W. (eds.). FASL 6: The Connecticut Meeting. Michigan. 134⫺165. Franks, Steven (2002): “A Jakobsonian Feature Based Analysis of the Slavic Numeric Quantifier Genitive”. Journal of Slavic Linguistics 10. 141⫺181. Franks, Steven (2003): “Case Features, Markedness, and Quantification”. // Kosta, Peter et al. (eds.). Investigations into Formal Slavic Linguistics. Contributions of the Fourth European Conference on Formal Description of Slavic Languages (FDSL 4). 579⫺600. Franks, Steven/Pereltsvaig, Asya (2004): “Functional Categories in the Nominal Domain”. // Proceedings of FASL 12. 109⫺128. Graudina, L. K./Ickovič, V. A./Pavlova, L. K. (1976): Grammatičeskaja pravil’nost’ russkoj reči. Opyt častotno-stilističeskogo slovarja variantov. Jakobson, Roman (1936/1971): “Beitrag zur allgemeinen Kasuslehre: Gesamtbedeutungen der russischen Kasus”. // Selected Writings II. The Hague. 23⫺71. Jakobson, Roman (1958/1971): “Morfologičeskie nabljudenija nad slavjanskim skloneniem”. // Selected Writings II. The Hague. 154⫺183. Kosta, Peter (2008): “Quantification of NPs/DPs in Slavic”. Kosta, Peter/Weiss, Daniel (eds.). Slavistische Linguistik 2006/2007. München. 244⫺263. Mel’čuk, Igor’ (1985): Poverxnostnyj sintaksis russkix čislovyx vyraženij. Vienna. Neidle, Carol (1982/1988): The Role of Case in Russian Syntax. Ph.D. Dissertation. MIT, Cambridge. Pesetsky, David (1982): Paths and Categories. Unpublished Ph.D. Dissertation. MIT, Cambridge. Pereltsvaig, Asya (2006): “Small Nominals”. // Natural Language and Linguistic Theory 24. 433⫺500. Suprun, A. E. (1959): O russkix čislitel’nyx. Frunze.

Steven Franks, Bloomington, IN (USA)

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate 1. Sekundäre Prädikate: Prinzipielles zu Unterscheidung und morphosyntaktischer Repräsentation 2. Typen morphosyntaktischer Markierungen 3. Fazit 4. Literatur (in Auswahl)

Abstract This paper deals with the morphosyntactic marking of nouns and adjectives that function as secondary predicates in sentences with a primary predicate, which is constituted by a verb or ⫺ in a few cases ⫺ by another predicative noun or adjective. In the first part of the paper, problems of defining secondary predicates and sybtypes of secondary predicates are discussed. A major problem arises in delimiting secondary predicates from other sentence parts (adverbials, appositions, attributes), which often show the same morphosyntactic markers. A central point here is the opposition between the participant orientation of secondary predicates (but of appositions and attributes as well) and the process orientation of adverbials. The dimensions of a typology of secondary predicates are the differentiation between predicative complements and predicative adjuncts on the one hand and the differentiation of resultatives and non-resultatives on the other. The latter are divided into the subgroups of depictives (which may be considered as prototypes of secondary predicates) and circumstantials. In the second part, a systematic discussion of different marking strategies is offered: first, case marking (the alternation between instrumental case and case agreement); second, analytical markers such as conjunctions and prepositions (primary and secondary); and third, „non-adverbial” adverbs.

1.

Sekundäre Prädikate: Prinzipielles zu Unterscheidung und morphosyntaktischer Repräsentation

1.1. Zur Begriffsbildung Was unter einem „sekundären Prädikat“ (auch: Koprädikat, Koprädikativ, prädikatives Attribut, prädikatives Adjunkt) zu verstehen ist, wird keineswegs einheitlich gesehen. Es gibt engere und weitere Auslegungen dieses Begriffs. Einen gewissen Konsens kann man darin sehen, dass zwischen einem Partizipanten (in der Regel ist dies ein zentraler Partizipant mit Subjekt- oder Objektrolle) einer „primären“ Prädikation mit einem verbalen oder nicht-verbalen „primären“ Prädikat und einem anderen Bestandteil derselben Prädikation eine „kopulare Beziehung“ (vgl. Aarts 1995, 75) besteht: Subjektsbezug des adjektivischen sekundären Prädikats reumütig liegt vor in Peter kehrte reu-

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370

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz mütig nach Hause zurück neben einem verbalen primären Prädikat zurückkehren sowie beim substantivischen sekundären Prädikat (als) Torwart in Als Torwart war Paul gut neben dem adjektivischen primären Prädikat gut; Objektsbezug ist gegeben in Sätzen wie (1a) Peter trank den Tee kalt sowie in Ich schätze ihn als Torwart. Selten ist der Bezug auf indirekte und präpositionale Objekte. Die angesprochene kopulare Beziehung ist gewöhnlich dadurch zu verdeutlichen, dass ein Ausgangssatz wie z. B. (1a) paraphrasiert werden kann durch zwei Sätze (1b, 1c), wobei (1b) sich von (1a) nur durch das Fehlen des sekundären Prädikats unterscheidet, und (1c) aus dem betreffenden Partizipanten als Subjekt, einer Kopula und dem sekundären Prädikat des Satzes (1a) besteht, das in (1c) jedoch als primäres Prädikat fungiert; vgl. dt. (1a) / (1b) Peter trank den Tee und (1c) Der Tee war (dabei) kalt. In all den bisher zitierten Fällen haben die sekundären Prädikate den Status von Adjunkten bzw. freien Angaben. Verschiedentlich sind vergleichbare Phrasen aber auch Komplemente bzw. Argumente, d. h. vom primären Prädikat obligatorisch verlangte Ergänzungen.

1.2. Partizipantenbezug vs. Ereignisbezug − sekundäres Prädikat vs. Adverbiale Der kopularen Beziehung zwischen einem Partizipanten und dem sekundären Prädikat, dem „Partizipantenbezug“ (der Referentenorientierung) steht ein „Ereignisbezug“ (Vorgangs- oder Aktivitätsorientierung) gegenüber, wie er für Adverbiale typisch ist. Letztere versucht man, als freie Angaben in einer Prädikation oft durch einen anderen, jedoch ähnlichen Paraphrasetest zu ermitteln, nämlich durch den in der englischsprachigen Grammatik so genannten do so-Test, der als eine von verschiedenen Möglichkeiten angesehen wird, freie (adverbiale) Angaben von Argumenten des Prädikats zu unterscheiden. Im do so-Test tritt an die Stelle der in der Regel statischen, ansonsten semantisch leeren Kopula ‚sein‘ ein semantisch ähnlich leeres, dynamisches ‚tun‘ (bei „weniger agentiven“, d. h. nicht willentlich agierenden und kontrollierenden Bezugselementen kommen andere semantisch eher leere Paraphraseverben wie ‚geschehen‘ in Frage); vgl. deutsch (2a) Peter trank seinen Tee schnell. / (2b) Peter trank seinen Tee. und (2c) Peter tat es schnell. Natürlich ist anstelle von (2c) auch folgender alternativer Satz denkbar: (2c’) (?)Peter war (dabei) schnell. In der Tat ist die Diagnostik mittels derartiger Paraphrasetests in Verbindung mit intuitiven Einschätzungen zu Partizipanten- bzw. Ereignisbezug nicht unproblematisch (vgl. Plank 1985). Die Frage, die sich jedoch in diesen Beispielen stellt, ist, ob (2c’) zusammen mit (2b) eine ebenso treffende Paraphrase für (2a) wäre wie (2c) mit (2b). Ereignis- oder aktivitätsorientierte Ergänzungen lassen in der Regel auch eine gewisse Orientierung auf das erste Argument der Ausgangsprädikation erkennen, was entweder als „doppelte“ (ambige) Orientierung oder als vage Orientierung ausfällt (vgl. Schroeder i. Dr., § 2.3.3; Grzegorczykowa 1975, 79⫺85). Zumindest bei adjektivischen Prädikaten finden wir in den slavischen Sprachen ⫺ im Gegensatz zum Deutschen, wo prädikatives Adjektiv und Adverb formal zusammenfallen ⫺ eine weitgehende (aber nicht totale) systematische, morphologische Unterscheidung zwischen partizipantenbezogenen sekundären Prädikaten adjektivischer Form und (typischerweise) ereignisbezogenen Adverbien: Einerseits träte in slavischen Äquivalenten zu (1a) an die Stelle von kalt und ähnlichen Sätzen entwe-

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate der eine adjektivische Form mit Kasusmarkierung (bei „voller“ Kongruenz der Kongruenzkasus, hier der Akkusativ, oder bei „partieller“ Kongruenz, d. h. nur GenusNumerus-Kongruenz, der Instrumental) bzw. ⫺ in kasuslosen Sprachen wie dem Bulgarischen oder Makedonischen (vgl. Beitrag 21) ⫺ eine mit dem Bezugspartizipanten zumindest in Numerus und Genus kongruierende Form. Alle diese Formen sind prinzipiell auch in attributiven Verwendungen möglich. (Im Russischen tritt außerdem eine spezielle prädikative Kurzform des Adjektivs auf, die aufgrund des Verlusts der Kasuskategorie ebenso nur noch numerus- und genuskongruent mit dem Bezugswort ist, vgl. bei Lermontov Dom staryj stojal pust i gluch ‚Das alte Haus stand leer und verlassen da‘. Diese Form, die bei primären Prädikaten bis heute als die „typische“, wenn auch nicht alleinige, prädikative Form beschrieben werden kann, ist heute als sekundäres Prädikat veraltet, aber noch möglich.) Im Kroatischen beispielsweise, wo die „ererbte“ formale und referenzsemantische Opposition zwischen indefiniten Kurzformen und definiten Langformen der Adjektive partiell noch bewahrt ist, sind erstere bei Subjektsbezug obligatorisch, sonst jedoch beide möglich (Šarić 2008, 301 ff.). Im Falle eines Ereignis- oder Aktivitätsbezugs träte in slavischen Äquivalenten zu (2a) eine spezifische adverbielle Form, ein unflektierbares Adverb auf, hier z. B. russisch bystro. (Letztere fällt in manchen Sprachen in größerem oder kleinerem Umfang jedoch mit gewissen adjektivischen Formen im Neutrum Singular zusammen.) Allerdings können diese adverbiellen Formen in bestimmten slavischen Sprachen partiell auch bei Partizipantenbezug verwendet werden. Weniger klar ist im Slavischen die formale Unterscheidung von sekundären Prädikaten und Adverbialen bei Substantiven; vgl. zunächst z. B. russisch (3) Oni vozvraščalis’ gruppami ‚Sie kehrten in Gruppen/gruppenweise zurück‘. Hier sind zwei Lesarten möglich: eine, die unterstreicht, dass die betreffenden Referenten bei der Rückkehr in Gruppen waren (und nicht allein), und eine andere, die hervorhebt, dass sich die Rückkehr gruppenweise vollzog. Der weitere Kontext könnte die eine, partizipantenbezogene, oder die andere, ereignisbezogene Lesart favorisieren. Bezeichnend ist, dass das betreffende Element gruppami im Instrumental steht, welcher im Russischen eben außerdem sowohl bei zweifelsfrei partizipantenbezogenen (hier depiktiven) sekundären Prädikaten möglich ist, Oni vozvraščalis’ gerojami ‚Sie kehrten als Helden zurück‘ (prädikativer Instrumental), als auch bei zweifelsfrei (hauptsächlich) ereignisbezogenen Adverbialen, Oni leteli pticami ‚Sie flogen wie Vögel‘ (Instrumental des Vergleichs). Schon Mrázek (1964) verweist auf verschiedene Schwierigkeiten der Unterscheidung prädikativer und adverbialer Lesarten. Für die letztgenannten, similitiven Konstruktionen mit dem „reinen“ Instrumental finden sich heute eher analytische Markierungen: Oni leteli, kak pticy / slovno pticy, wobei aber wiederum einzelne dieser Marker wie kak auch sekundäre Prädikate (und Appositionen, restriktive Attribute u. a.) markieren können. (Himmelmann/Schultze-Berndt 2005 sehen vergleichende, similitive Konstruktionen als intermediär zwischen typisch partizipantenbezogenen, depiktiven und typisch ereignisbezogenen, adverbialen an.) Es entspricht nicht der Tradition der slavistischen Sprachwissenschaft, partizipantenbezogene Lesarten von Nominalgruppen wie gruppami in (3) oder auch beim Instrumental des Maßes, On pil vino litrami ‚Er trank Wein in Litern/literweise‘, oder bei vergleichbaren präpositionalen Konstruktionen, On pokupal knigi v bol’šom količestve ‚Er kaufte Bücher in großer Menge‘ als sekundäre Prädikate zu beschreiben, sondern man rechnet sie üblicherweise zu den (ereignisbezogenen) Adverbialen. Je-

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz doch könnte hier gegen diese traditionelle Beschreibung ein auf Partizipanten (auf ‚Wein‘ bzw. ‚Bücher‘) bezogenes sekundäres Prädikat angenommen werden (vgl. Demjjanow/Strigin 2001 zum Instrumental des Vergleichs). Ähnlich wären sicher auch Fälle von „concomitance“ zu sehen wie Er gab die Flaschen mit Verschluss zurück. Derartige, hinsichtlich Inhalt und Ausdruck differenzierende Untersuchungen zu sekundären Prädikaten und Adverbialen unter Berücksichtigung der Unterscheidung von Partizipanten- und Ereignisbezug, wie sie allgemein typologisch orientierte Arbeiten (z. B. Schultze-Berndt/Himmelmann 2004, 107 ff.) fordern, fehlen für das Slavische weitestgehend. Im Folgenden werden solche potentiellen sekundären Prädikate, die in der Slavistik traditionell als Adverbiale beschrieben werden, daher auch keine eingehendere Berücksichtigung finden. Ob sekundäre Prädikate über die semantische Differenzierung nach Partizipanten- oder Ereignisbezug sowie über mögliche morphosyntaktische Spezifika hinaus auch syntaktisch von Adverbialen zu differenzieren sind, ist strittig (vgl. Schultze-Berndt/Himmelmann 2004, 74⫺77) und wird hier ebenso wenig thematisiert.

1.3. Adjektivische sekundäre Prädikate vs. attributive Adjektive Während ⫺ wie gesehen ⫺ bei verschiedenen Fällen substantivischer sekundärer Prädikate Abgrenzungsprobleme zu Adverbialen bestehen, gilt es mitunter, sekundäre adjektivische Prädikate als Bestandteile der Satzebene (oder der Verbalphrase) von attributiven als Bestandteilen der Nominalgruppenebene (der Nominalphrase) zu unterscheiden. Keine Probleme gibt es, wenn das sekundäre adjektivische Prädikat in einer bezüglich des Kasus nicht kongruierenden Form vorliegt wie z. B. in russisch On pil čaj cholodnym in derselben Bedeutung wie (1a) mit dem Bezugswort čaj im Akkusativ und dem sekundären Prädikat cholodnym im Instrumental. Außerdem ist es auch die Nachstellung bzw. die finale Stellung des Adjektivs, welche die Prädikativität anzeigt, wenn, wie im Russischen, attributive Adjektive dem Bezugssubstantiv in der Regel vorangestellt sind: On pil cholodnyj čaj ‚Er trank kalten Tee‘. (Möglich ist aber auch ein postponiertes restriktives Attribut: On pil čaj cholodnyj, vgl. Křížková 1969, 10.) In Sprachen wie dem Tschechischen, wo der prädikative Instrumental ein peripheres Phänomen ist, trägt die lineare Repräsentation die Signalfunktion allein: attributivvorangestellt Pil studené pivo, prädikativ-nachgestellt Pil pivo studené. Im Polnischen, wo der prädikative Instrumental nur bei primären substantivischen Prädikaten stärker verbreitet ist (vgl. Chachulska 2008), sind Nachstellungen des Adjektivs mit prädikativer Lesart vielfach restringiert: *Pił herbatę zimną (möglich ist ein appositives, phonetisch-intonatorisch bzw. orthographisch abgesetztes nachgestelltes Adjektiv Pił herbatę, zimną), aber attributiv vorangestelltes Pił zimną herbatę sowie attributiv-kategorisierendes, nachgestelltes Pił herbatę indyjską ‚Er trank indischen Tee‘ neben Pił indyjską herbatę ‚Er trank Tee aus Indien‘. D. h. der vorletzte Satz hebt eher auf eine Teesorte, der letzte auf die Herkunft des Tees ab. Dies steht im Polnischen offenbar im Zusammenhang mit einer bestimmten funktionalen Differenzierung zwischen vor- und nachgestellten adjektivischen Attributen, also nominalgruppeninternen Adjektiven. (Wenn hingegen wie im Kroatischen sowohl attributive als auch prädikative Adjektive direkt auf die dazu gehörigen Substantive folgen können, so ist in der mündlichen Rede die Betonung differenzierend ⫺ Šarić 2008, 302). Mit Śliwiński (1984) können im Polni-

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate schen grob gesagt ⫺ abgesehen von Fokussierungen ⫺ nur „kategorisierende“, also eher feste, generische bzw. „zeitstabile“ Substantiv-Adjektiv-Verbindungen nachgestellte Adjektive haben: kościół rzymsko-katolicki ‚die römisch-katholische Kirche‘, während „charakterisierende“, also eher okkasionelle, referentielle bzw. „zeit-instabile“ in der Regel Voranstellung des Adjektivs zeigen: piękny/duży/nowy kościół ‚eine (die) schöne/große/neue Kirche‘). In beiden Fällen handelt es sich jedenfalls nicht um prädikative, sondern um attributive Verwendungen.

1.4. Sekundäres Prädikat, semantische Subtypen und Apposition Hinter dem Kopula-Paraphrasetest (1.1.) steht eine semantische Definition des sekundären Prädikats, die nur für einen Subtyp sekundärer Prädikate, für sog. Depiktive voll gültig ist (vgl. Schultze-Berndt/Himmelmann 2004, 77 f.). Diese besagt im Wesentlichen, dass die sekundäre Prädikation eine zeitliche Überlappung (und oft Koextension) zwischen primärer und sekundärer Prädikation aufweist, d. h. eine „begrenzte Gültigkeit“ der sekundären Prädikation. Überaus deutlich ist dies in Beispielen wie Peter kehrte traurig nach Hause zurück. Die sekundäre Prädikation der Traurigkeit gilt zum Zeitpunkt der Rückkehr und ist zeitlich begrenzt, wobei Anfang und Ende der Traurigkeit allenfalls pragmatisch zu bestimmen sind. Man kann den Satz natürlich so interpretieren, dass die Traurigkeit schon vor der Rückkehr eingetreten war. Dies wäre jedoch ein pragmatisch basierter Schluss, der vom Kontext gestützt werden kann oder eben auch nicht. Mitunter kann als Bedeutungsnuance auch eine kausale Abhängigkeit des Sachverhalts der primären Prädikation von derjenigen der sekundären mitschwingen: Peter kehrte hungrig in einem Wirtshaus ein. Basierend auf unserem Weltwissen, dass in Wirtshäusern Nahrung eingenommen wird, mag eine Lesart ‚Kehrte ein, weil er hungrig war‘ sogar die übliche sein. Dennoch ist das keineswegs zwingend. Entscheidend ist der zeitliche Zusammenfall der Gültigkeit von primärer und sekundärer Prädikation. Es gilt also die zumindest partielle Simultanität der Sachverhalte der primären und sekundären Prädikation. Deutlich anders liegt der Fall bei einem anderen Typ sekundärer Prädikate, die üblicherweise den depiktiven diametral gegenübergestellt werden, den resultativen: Der Sachverhalt der sekundären Prädikation resultiert aus dem Sachverhalt der primären; erstere folgt somit zeitlich der letzteren. Resultative sekundäre Prädikate beziehen sich meist auf direkte Objekte (oder „abgeleitete“ Subjekte wie Patiensphrasen in Passivsätzen). Standardfälle sind solche Konstruktionen mit Adjektiven wie im Deutschen: (4a) Sie schlugen ihn bewusstlos, (4b) Er kochte die Eier weich, (4c) Sie malte die Wände weiß. In den slavischen Sprachen ist diese Konstruktion mit sekundär-prädikativischen Adjunkten wenig verbreitet. Strigin/Demjjanow (2001, 58 ff.), die ihr Fehlen im Russischen herausstellen, führen dies darauf zurück, dass die entsprechenden „telischen“ Inhalte im Gegensatz zu Sprachen wie Deutsch oder Englisch durch Präfixe russischer perfektiver Verben kodiert werden, die von imperfektiven Simplizia abgeleitet sind: Boris obrezal palku ‚Boris schnitt den Stock kurz/kürzer‘. (Abgesehen vom Fehlen der Verbreitung resultativer sekundärer Prädikate stellt Strigin 2008 jedoch ein breites semantisches Spektrum sekundärer Prädikate im Russischen heraus.) Auch z. B. im Polnischen oder Kroatischen gibt es kein direktes Pendant zu (4a). Aber in polnischen Übersetzungsäquivalenten zu (4b) und (4c) „regiert“ eine Präposition eine Form,

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz die auf den ersten Blick an ein Adverb erinnert: (4b’) Gotował jajka na miękko, (4c’) Malowała ściany na biało. Als Entsprechung zu (4c) zeigt das Kroatische wie das Polnische eine präpositionale Markierung oder ein Adverb allein: (4c’’) Obojila je zidove u bijelo/bijelo. Anzutreffen sind im Polnischen aber auch Konstruktionen mit einer den Genitiv regierenden Präposition, nach der die oberflächlich adjektivische Form eine Endung zeigt, die mit der substantivischen der Maskulina bzw. Neutra (bzw. der gleich lautenden Endung der ansonsten geschwundenen einfachen, kurzen Adjektive) übereinstimmt: Tankowałem pusty zbiornik do pełna ‚Ich habe den leeren Behälter voll getankt‘, Wymiótł talerz do czysta, vgl. deutsch Er putzte den Teller blank im Sinne von ‚er aß den Teller schnell und mit Appetit leer‘. Neben diesen „analytischen“ Adverbien treten synthetische in resultativen Kontexten nur sporadisch auf wie in obciąć włosy krótko ‚die Haare kurz schneiden‘. (Die gerade genannten polnischen Bildungen mit na sowie die synthetischen Adverbien treten auch in nicht resultativen Konstruktionen auf; vgl. 2.3) Als weiterer Subtyp sekundärer Prädikate werden mitunter sog. „Zirkumstantiale“ unterschieden (Nichols 1981, 40 ff.). Wie Depiktive sind sie nicht-resultativ. Zusätzlich zu einer zeitlichen Überlappung zwischen den beiden involvierten Sachverhalten drücken sie nach Nichols (ebd.) Konditionalität, einen temporalen Hintergrund oder Konzessivität aus; vgl. (5a) Sladkij ėtot čaj vkusnyj ‚Süß ist dieser Tee wohlschmeckend‘, (5b) Rebenkom on žil v Moskve ‚Als Kind lebte er in Moskau‘, (5c) On i spjaščij ne mog zabyt’ ob ėtom ‚Nicht einmal schlafend (im Schlaf) konnte er das vergessen‘. Sekundäre Prädikate wie diese zeigen jedoch (ggf. trotz erfolgreicher Kopulaparaphrase) ein anderes Verhalten, als (echte) Depiktive, und zwar hinsichtlich des Skopus verbaler Operatoren wie Negation, Modus u. a. Depiktive gelten als Bestandteile der Verbalphrase und stehen somit z. B. bei Negation in deren Skopus, d. h. negiert wird entweder die Prädikation inklusive Depiktivum (generelle Negation) oder nur das Depiktivum (partielle Negation; dann mit kontrastiver Lesart). Ein negierter Satz mit echtem Depiktivum wie On ne vernulsja bol’nym kann entweder kontrastiv als ‚Er kehrte zurück und war nicht krank‘ verstanden werden oder (gegebenenfalls im Scherz geäußert) als ‚er kehrte weder zurück, noch war er krank‘. Welche der beiden Lesarten adäquat ist, ergibt sich aus dem weiteren Kontext. Werden hingegen Sätze wie (5a) oder (5b) negiert, also (5a’) Sladkij ėtot čaj ne vkusnyj ‚Süß schmeckt dieser Tee nicht (gut)‘, (5b’) Rebenkom on ne žil v Moskve ‚Als Kind lebte er nicht in Moskau‘, so ist genau das Gegenteil der Fall: Die „Süße“ und das „Kindsein“ werden vorausgesetzt, in (5a) als Conditio, in (5b) als Faktum. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass mitunter echte Depiktive mit konditionalen, konzessiven, kausalen, finalen etc. Bedeutungsnuancen auftreten können (und dass darüber hinaus depiktive und zirkumstantiale Konstruktionen homonym sein können). Nur ein Beispiel: Ähnlich wie (5c) wird (6) On pošel na rabotu bol’nym ‚Er ging krank zur Arbeit‘ im Normalfall konzessiv verstanden, und zwar aufgrund unseres Weltwissens, dass man nur gesund zur Arbeit geht bzw. gehen sollte. Der obige Skopustest weist (6) jedoch als Depiktivum aus. Der negierte Satz (6’) On ne pošel na rabotu bol’nym ist entweder zu lesen als ‚ging nicht zur Arbeit und war krank / weil er krank war‘ oder als ‚ging zur Arbeit, aber war nicht krank‘. Steht das Verb, also das primäre Prädikat statt im perfektiven im imperfektiven Aspekt und ergibt sich daher statt einer aktuell-referentiellen Bedeutung eine usuellgenerische, so ist dasselbe Adjektiv nicht als Depiktivum, sondern als Zirkumstantiale zu werten (wobei abgesehen vom Aspekt auch die Stellung des betreffenden Prädikats

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate und die Intonation eine Rolle spielen): (6b) Bol’nym on ne chodil na rabotu ‚Krank pflegte er nicht zur Arbeit zu gehen‘. (Für eine detaillierte Diskussion vgl. Schroeder i. Dr., § 2.3.2.1. und § 4.4.3.5.) Ein anderes mit Kausalität und mitunter auch Homonymie verbundenes Abgrenzungsproblem für sekundäre Prädikate ergibt sich in Konstruktionen wie den folgenden: (7) Er nimmt an diesen Sitzungen als Dekan teil. Liest man dies mit fallendem Ton auf der betonten Silbe von Dekan, also Dekàn, so ergibt sich eine Lesart derart, dass er an den Sitzungen in seiner Funktion als Dekan teilnimmt, und nicht etwa als allgemein Interessierter, als Hochschullehrer o. ä. Bei steigendem Ton hingegen, also Dekán, ergibt sich eine Lesart, nach welcher er an diesen Sitzungen teilnimmt‚ weil er Dekan ist, d. h. weil er in dieser Funktion das Recht dazu oder die Pflicht hat. Wird der Satz in der letzten Lesart negiert, so lautet die Negation ... als Dekan nicht teil, d. h. er nimmt nicht teil, weil er Dekan ist. Hier liegt also kein Depiktivum vor, denn die Phrase als Dekan steht außerhalb des Skopus der Negation. In der ersten Lesart lautet die (kontrastive) Negation dagegen: ... nicht als Dekan teil, d. h. ‚ist bei der Teilnahme nicht Dekan, fungiert nicht als Dekan‘. Während hier somit von einem Depiktivum auszugehen ist, wird die homonyme Teilphrase als Dekan in der nicht depiktiven Lesart, wo eine ausschließlich kausale Lesart vorliegt, von Schroeder (i. Dr., § 7.3.1) und Beckmann (1997, Kap. 7) als Apposition (in Distanzposition) beschrieben. Diese zeigt in vielem Ähnlichkeit zu Zirkumstantialen. (Väänänen 1951 spricht hier von einer „apposition circonstantielle“, die er von der gewöhnlichen Apposition, „nom apposé“ unterscheidet.) Die Unterscheidung von appositiver und sekundär-prädikativer, depiktiver Lesart derartiger Elemente, die bisher in der slavistischen Forschung wenig Beachtung gefunden hat (vgl. jedoch Pisarkowa 1965, 37⫺46 sowie Křížková 1969, letztere mit einer engeren Auffassung der Apposition und einer weiteren des sekundär prädikativen Elements „predikativnoe opredelenie“), zeigt dabei deutliche Ähnlichkeiten zur seit längerem diskutierten Unterscheidung von nicht-akzessorischen und akzessorischen Gerundialkonstruktionen, die wie Appositionen (als Subtyp von Einheiten, die zur Nominalgruppe gehören) und sekundäre Prädikate partizipantenbezogen (genauer: subjektsbezogen) sind (allerdings ohne „kopulare Beziehung“; vgl. dazu Fehrmann 1994). Hentschel (2008, 103⫺108) verwirft für slavische Sprachen (anders als für das Deutsche) mit ihrer relativ freien Konstituentenfolge die Notwendigkeit der Annahme einer (kausalen und nicht-restriktiven) Apposition in Sätzen wie russ. Kak dekan on prinimaet učastie v ėtich zasedanijach oder auch eines restriktiven Attributs z. B. wie in Monach kak dekan ⫺ ėto redkost’ ‚ein Mönch als Dekan ist eine Seltenheit‘ und klassifiziert letzteres (im Sinne von Nichols 1981) als konditionales Zirkumstantial, das wie das temporale referentiell restriktiv ist, und ersteres (über die Typologie von Nichols hinausgehend) als kausales, das von einem Depiktivum mit möglicher, dann aber pragmatisch bedingter kausalen Lesart wie in On prinimaet učastie v ėtich zasedanijach kak dekan zu unterscheiden ist. Ein eigener Typus konzessiver Zirkumstantiale wird von Hentschel (2008) dagegen verworfen, da diese entweder von kausalen oder von konditionalen abzuleiten sind: So ist es die Negation, die aus dem gerade zitierten kausalen Zirkumstantial (gemeinsam mit einem overten Konzessivmarker) ein konzessives macht: Daže kak dekan on ne prinimaet učastie v ėtich zasedanijach ‚Sogar als Dekan (obwohl er Dekan ist) nimmt er nicht … teil.‘

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz

1.5. Sekundäres Adjunkt vs. prädikatives Komplement In der Tradition der slavistischen Sprachbeschreibung werden auch in Konstruktionen wie den folgenden, bisher unerwähnten, sekundäre Prädikate angenommen: Ego ščitali durakom / glupym ‚Sie hielten ihn für einen Dummkopf / für dumm‘, Bolezn’ sdelala ego blednym ‚Die Krankheit hat ihn blass gemacht‘. Auch hier stehen also nicht-resultative Konstruktionen neben resultativen. Im Gegensatz zu den bisher diskutierten Beispielen sind die offenbar prädikativen Elemente hier obligatorische Ergänzungen der verbalen Prädikate, Komplemente, und nicht fakultative, freie Angaben, Adjunkte. Es stellt sich allgemein die Frage, ob obligatorische Bestandteile der primären Prädikation als sekundäre Prädikate angesehen werden sollten, denn es kommt zu keiner „echten“ zusätzlichen Prädikation, wie es dagegen bei den prädikativen Adjunkten der Fall ist. Klar ist natürlich, dass auch prädikative Komplemente nicht referierend, sondern eben prädizierend sind. Der Kopula-Paraphrasetest verfängt hier jedoch ebenso wenig. Beispiele wie On tam figuriruet kak dekan ‚Er figuriert dort als Dekan‘ machen darüber hinaus deutlich, dass es auch problematisch ist, von einer Gleichzeitigkeit zweier prinzipiell verschiedener Sachverhalte auszugehen; der vermeintlich zweite Sachverhalt ist unerlässlicher Teil des ersten. Darüber hinaus ist klar, dass die morphosyntaktische Markierung dieser prädizierenden Bestandteile in den Lexikoneintrag des primären verbalen Prädikats gehört, d. h. es sind lexikalisch regierte Markierungen mit allen Möglichkeiten von Idiosynkrasie. (Eine noch engere Bindung an das Hauptprädikat als bei prädikativen Komplementen liegt bei phraseologischen oder lexikalischen Inkorporierungen prädikativer Elemente vor mit fließendem Übergang zu Komplementen: sich schwarz ärgern, sich totlachen, voll propfen sowie totschlagen im Vergleich zu halbtot /bewusstlos/zum Krüppel schlagen.) Prädikative Komplemente werden daher im Weiteren nur am Rande berücksichtigt. Nicht unerwähnt soll jedoch bleiben, dass sich unter den Markierungen von prädikativen Komplementen prinzipiell all diejenigen befinden, die auch bei prädikativen Adjunkten anzutreffen sind (vgl. Nichols 1981, 373 ff. für eine Liste von Verben mit prädikativen Komplementen im Russischen).

1.6. Zwischenfazit Zunächst waren u. a. eine Reihe von Problemen der äußeren Abgrenzung sekundärer Prädikate von anderen, aber semantisch und vor allem morphosyntaktisch ähnlichen Elementen von Satzstrukturen sowie eine Reihe von Fragen der Binnendifferenzierung sekundärer Prädikate anzusprechen (vgl. dazu auch Marko 1982). Es fehlt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine umfassende, aktuelle Diskussion des slavischen Sprachmaterials. Das Folgende befasst sich daher überwiegend mit Depiktiven als Prototypen sekundärer Prädikate, im Sinne von nicht-resultativen, nicht-zirkumstantialen prädikativen Adjunkten.

2. Typen morphosyntaktischer Markierungen Die Diskussion über die morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate in slavischen Sprachen konzentriert sich traditionell auf die „Kasusvariation“ zwischen dem

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate Instrumental und einer Kasuskongruenz (meist Nominativ oder Akkusativ) von sekundärem Prädikat und Bezugselement, wobei am stärksten das Russische thematisiert wird. Dies entspricht der jahrzehntealten Diskussion über die Variation zwischen Instrumental und Nominativ bei primären substantivischen und adjektivischen Prädikaten in Kopulasätzen des Russischen und ⫺ in geringerem Umfang ⫺ des Polnischen. In den anderen slavischen Sprachen ist der prädikative Instrumental seltener bzw. ⫺ im Slovenischen, Nieder- und Obersorbischen ⫺ nicht mehr vertreten. (Mitunter tritt im Obersorbischen in Kopulasätzen ein Instrumental mit der Präposition z auf; vgl. Faßke/Michalk 1981, 471.) Aber auch in den slavischen Sprachen, die den prädikativen Instrumental weniger verbreitet haben, ist die Kasuskongruenz im Laufe der Zeit eingeschränkt worden, und zwar zugunsten von analytischen Markierungen oder satzwertigen Konstruktionen: Während wir z. B. im Polnischen adjektivische Partizipialkonstruktionen des Typs Słyszałem go śpiewającego moją piosenkę ‚Ich hörte ihn mein Lied singen [wörtlich: singenden]‘ mit kongruierendem Akkusativ vorfinden, hat das Kroatische hier nur Satzparaphrasen wie Čuo sam (ga) kako pjeva moju pjesmu ‚Ich hörte (ihn), wie er mein Lied singt‘ oder wie den Accusativus cum infinitivo Čuo sam ga pjevati moju pjesmu. Menzel (2008) zeigt für das Altrussische, wo sekundäre Prädikate prinzipiell Kongruenzkasus zeigen, dass dort, wo in modernen Varietäten sekundäre Prädikate verbreitet sind, Partizipialkonstruktionen dominieren. ⫺ Die „Kasusproblematik“ steht am Anfang der folgenden Darstellung; daran schließt sich eine Skizze zu den analytischen Markierungen an.

2.1.

Kasus

2.1.1. Kasuskongruenz und prädikativer Instrumental Eine Beschreibung der Kasusmarkierungen von sekundären Prädikaten in den heutigen slavischen Sprachen ohne einen Blick auf die primären nominalen Prädikate und auf die Diachronie wäre unvollständig. (Einen breiteren historischen und wissenschaftshistorischen Überblick bietet Moser 1994, 33 ff.) Die Regelmarkierung nominaler Prädikate, primärer wie sekundärer, in der Frühzeit slavischer Einzelsprachen (ca. ab dem 9. Jh. n. Chr.) bestand ohne Zweifel in der Kasuskongruenz mit dem Bezugselement. (Zwei Anmerkungen: Erstens, zumindest bei primären nominalen Prädikaten, also in Kopulasätzen, ist Kasuskongruenz zwischen Subjekt und prädikativem Substantiv bzw. Adjektiv hier im weitesten Sinne zu verstehen; es geht im Prinzip nur um die Verwendung desselben Kasus wie beim Subjekt. Zweitens ist hier zunächst nur Kasuskongruenz zwischen Prädikat und Bezugselement ohne gleichzeitigen analytischen (konjunktionalen) Marker wie als, as, kak, ... angesprochen.) Die Slavistik spricht im Falle der Kasuskongruenz von Konstruktionen mit doppeltem Kasus: altrussisch ... kotoroj igumen služit u svjatyja Trojcy na Berezinke ‚... der als Abt im Dreifaltigkeitskloster „na Berezinke“ dient‘, altpolnisch A trzecie jidzie tobie ubogi ‚Und drittens kommt er zu dir arm (als Armer)‘ (beides doppelte Nominative); altrussisch a kogo bogъ postavitъ knjazja ‚aber wen Gott als Fürsten einsetzt‘ (also resultativ), altkirchenslavisch Obrěte otrokovico˛ ležęšto˛ na odrě ‚er fand das Mädchen auf dem Bett liegend‘ (beides doppelte Akkusative; dieser wird beim sekundären Prädikat in negierten Sätzen wie auch beim direkten Objekt als Bezugselement durch den Genitiv ersetzt). Die

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Kasuskongruenz ist das verbreitete Muster der älteren indogermanischen Sprachen. Der prädikative Instrumental ist dagegen ein spezifisches Phänomen der slavischen (und der mit ihnen eng verwandten und benachbarten baltischen) Sprachen. Einerseits kommt er schon in den ältesten slavischen Schriftdenkmälern des Altkirchenslavischen (einer südslavischen Sprache) vor über 1000 Jahren vor und lässt sich somit historisch für die slavischen Sprachen im Allgemeinen nachweisen. Andererseits lässt er sich als „Massenphänomen“ erst von der Mitte des letzten Jahrtausends an, in seinem Ursprung aus den westslavischen Sprachen, insbesondere durch die schwunghafte Entwicklung im Polnischen des 16. und 17. Jahrhunderts (vgl. Hentschel 1993, 1994) nachzeichnen, von wo aus durch Kontakt mit dem Polnischen auch die ostslavischen Sprachen den Verwendungsbereich des prädikativen Instrumentals enorm ausgeweitet haben. In den südslavischen Sprachen, nicht nur in den „kasuslosen“ Sprachen Bulgarisch und Makedonisch, ist der prädikative Instrumental offenbar nie stark verbreitet gewesen und wird auch heute nur sehr begrenzt im Kroatischen und Serbischen (vgl. Corin 1995), nicht jedoch im Slovenischen verwendet. Ähnlich wie im Slovenischen ist es in den sorbischen Sprachen. Zweifellos stärker vertreten war der Instrumental ab dem Spätmittelalter im Tschechischen und Slovakischen; heute ist er hier jedoch rückläufig. Fest etabliert und die Regel ist er gegenwärtig im Polnischen, allerdings nur bei Substantiven in Sätzen mit verbaler Kopula (nicht beim „demonstrativ-kopulativen“ to, aber sporadisch in kopulalosen Überschriften und Losungen: Polska ⫺ moją ojczyzną ‚Polen ⫺ meine Heimat‘), rückläufig bzw. peripher bei Adjektiven (im Wesentlichen beschränkt auf den Kontext infiniter Kopulaformen). Im Russischen ist er bei Substantiven im Kontext der verbalen Standardkopula byt’ ‚sein‘ stark verbreitet (wenn auch schwächer als im Polnischen), ausgeschlossen beim „demonstrativ-kopulativen“ ėto und extrem selten bei „Nullkopula“; bei Adjektiven ist er in Kopulasätzen deutlich häufiger als im Polnischen. Ähnlich wie im Russischen ist es im Weißrussischen und Ukrainischen. Auch bei sekundären Prädikaten ist der prädikative Instrumental im Ostslavischen weiter verbreitet (s. u.). Sehr oft ist über den „primären“ prädikativen Instrumental gesagt worden, er stehe bei begrenzter Gültigkeit des für einen Referenten prädizierten Sachverhalts (z. B. Jakobson 1936, Wierzbicka 1984), der Nominativ entsprechend bei unbegrenzter Gültigkeit. (Die „begrenzte Gültigkeit“ der Prädikation ist notabene ja auch Teil der gängigen Definition von Depiktiven.) Dem ist zumindest mit Bezug auf die modernen slavischen Sprachen ebenso oft widersprochen worden (z. B. von Kacnel’son 1972, Klemensiewicz 1926). Nichtsdestoweniger lässt sich für frühe Sprachzustände zeigen, dass der Instrumental zumindest bevorzugt bei Prädikationen steht, die auf einen Übergang von einem Zustand (im weiteren Sinne) A nach B (bzw. non-A nach A oder A nach non-A) abheben (vgl. Hentschel 1993, Moser 1994). Früheste Belege zeigen ihn vornehmlich bei resultativ-prädikativen Komplementen, bei autonymen Nominalgruppen (also oft Eigennamen), nach Verben des Nennens bzw. Benennens, also ebenso in resultativen Konstruktionen (vgl. Bauerova 163, 305 ff.) oder bei „dynamischer Lesart“ der Kopula byti ‚sein‘, die im Aorist, Futur und Imperativ eher als ‚werden‘ zu lesen ist. Schon Delbrück (1893, 263) hat den frühen prädikativen Instrumental als resultativen verstanden. In frühen Zeiten liegt also eine Interpretation des formalen Kontrasts zwischen Instrumental und Nominativ als Opposition nahe, in welcher der erstgenannte „markiert“ einen Sachverhaltswechsel anzeigt und der letztgenannte „unmarkiert“, indifferent hinsichtlich eines solchen Wechsels ist. Zumindest mit der starken Auswei-

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate tung des prädikativen Instrumentals im Nordslavischen, die im Westslavischen beginnt, schwindet diese oppositive Konstellation (vgl. Hentschel 1993, 1994 zum Polnischen). Dennoch finden sich in den modernen slavischen Sprachen noch Spuren dieser alten „resultativen Prädisposition“. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Während im Kontext der „stativen“ russischen Standardkopula byt’ ‚sein‘ der Nominativ noch weit verbreitet ist, muss bei der dynamischen Kopula stat’ ‚werden‘ der Instrumental stehen; Bezeichnungen von Berufen und politischen oder sozialen Funktionen, die in germanischen Sprachen wie dem Deutschen, Niederländischen und Englischen (mit Unterschieden) bevorzugt als prädikative „bare nominals“ auftreten, zeigen eine besonders starke Tendenz zum Instrumental (bzw. gegen Kasuskongruenz). Derartige Substantive treten ebenso verbreitet auch als Depiktive auf. Mit dem Verlust eines deutlichen oppositiven Charakters wird eine Tendenz deutlich, welche ⫺ grob gesagt ⫺ den prädikativen Instrumental in markierten Kontexten bevorzugt und Kasuskongruenz in unmarkierten; man vergleiche die Dominanz des Instrumentals bei primären Prädikaten im Kontext infiniter Formen der Kopula, während der Nominativ sonst noch sehr verbreitet ist (sowohl im Polnischen des 16. und 17. Jahrhunderts als auch im Gegenwartsrussischen). Früh ist auch die Meinung vertreten worden, der prädikative Instrumental habe sich aus Gründen der syntaktischen Transparenz entwickelt. Auch wenn man sich Mrázek (1964, 211) nicht anschließt, der meint, die doppelte Verwendung ein und desselben Kasus habe sich auf die Dauer als „unerträglich“ erwiesen, ist doch nicht zu übersehen, dass zwei allgemeine semiotische Kodierungsprinzipien konfligieren: Die Kasuskongruenz entspricht dem Prinzip, „Gleiches“ bzw. „Zusammengehörendes“ formal gleich zu markieren, und das Gleichheitsmoment besteht in der Ko-Denotation (nicht Koreferenz) von nominalem Prädikat und Bezugselement. Der Instrumental, aber auch die analytischen Markierungen, entspricht dem gegenläufigen Prinzip „Ungleiches“ formal zu differenzieren, und die Ungleichheit besteht eben in der unterschiedlichen syntaktischen Position (syntaktischen Funktion im weiteren Sinne) von nominalem Prädikat und Bezugselement in der Satzstruktur. Tendenziell ist dieser Konflikt gegenwärtig wie in folgenden Schemata gelöst („>„ steht für stärkere Bewahrung der Kasuskongruenz links des Zeichens, schwächere rechts): (8a) primäre Prädikate > sekundäre Prädikate; (8b) adjektivische Prädikate > substantivische Prädikate, (8ba) adjektivische primäre Prädikate > substantivische primäre Prädikate, (8bb) adjektivische sekundäre Prädikate > substantivische sekundäre Prädikate; (8c) sekundär prädikative Adjunkte > sekundär prädikative Komplemente; (8da) sekundäre Prädikate mit Bezug auf andere Elemente als Subjekt oder direktes Objekt > sekundäre Prädikate mit Bezug auf Subjekt oder direktes Objekt (vgl. Křížková 1969, 15); (8db) subjektsbezogene sekundäre Prädikate > objektsbezogene sekundäre Prädikate (dies. S. 14). Wenn die Kasuskongruenz im Laufe des letzten Jahrtausends bei den sekundären Prädikaten weitgehend eingeschränkt wurde, am stärksten bei sekundären substantivischen Prädikaten, so heißt dies nicht automatisch, dass kompensatorisch in der Regel der Instrumental auftritt. Dies ist im Wesentlichen nur im Russischen der Fall (und in den anderen ostslavischen Sprachen möglicherweise ähnlich ⫺ ggf. unter dem Einfluss des Russischen). In den anderen slavischen Sprachen ⫺ selbst im Polnischen mit seiner starken Verbreitung des Instrumentals bei primären substantivischen Prädikaten im Kopulasatz ⫺ ist der prädikative Instrumental beim sekundären Prädikat als Adjunkt weniger geläufig bzw. ungeläufig (vgl. Bartels 2008, Chachulska 2008). Verbreitet ist

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz der Instrumental außerhalb des Ostslavischen nur noch bei prädikativen Komplementen (resultativen wie nicht-resultativen), deren Status als sekundäres Prädikat ⫺ wie gesagt ⫺ zweifelhaft ist; vor allem bei Substantiven liegt dabei vielfach eine analytische Markierungsalternative vor: ‚Man ernannte ihn zum Botschafter‘ ⫺ kroatisch Imenovali su ga poslanikom / za poslanika / na mjesto poslanika, polnisch Mianowali go ambasadorem / na ambasadora; ‚Das machte ihn lächerlich‘ ⫺ polnisch To czyniło go śmiesznym, tschechisch To činilo ho směšným oder kongruent směšného sowie ‚Sie hält ihn für feige‘ ⫺ kroatisch Smatra ga pljašljivim, aber polnisch nur Uważa go za tchórzliwego. Bei Adjunkten hingegen haben sich im West- und Südslavischen dort, wo keine Kongruenz möglich ist (und das ist offensichtlich hauptsächlich bei verschiedenen zirkumstantialen sekundären Prädikaten der Fall), entweder analytische Marker entwickelt oder es werden Adverbien, Adverbialpartizipien (direkt aus dem Prädikat, ggf. aus Kopula und Prädikat) oder Adverbialsätze gebraucht; vgl. folgende russischpolnische Satzpaare: Umer molodym (mit Instrumental) ⫺ Umarł młodo (mit Adverb), beide ‚Er starb jung‘; On i spjaščij ne mog ob ėtom zabyt’ (mit Kongruenz) ⫺ Nawet śpiąc nie mógł o tym zapomnieć (mit Adverbialpartizip), beide ‚Sogar schlafend (im Schlaf) konnte er das nicht vergessen‘; Golodnym on vsegda vozvraščalsja domoj (Instrumental) ⫺Będąc głodnym / Gdy był głodny zawsze wracał do domu (erweitertes Adverbialpartizip/Adverbialsatz), jeweils ‚Hungrig kehrte er immer nach Hause zurück / Wenn er hungrig war, ...‘. Während Adverbialsätze nicht zu den sekundären Prädikaten gerechnet werden und die Frage für Adverbialpartizipien differenziert zu betrachten ist (vgl. Fehrmann 1994), kann ein auf einen Partizipanten bezogenes Adverb, das von Grzegorczykowa (1975, 75) als „scheinbares (pozorny)“ bezeichnet wird, als sekundäres Prädikat angesehen werden. (Schultze-Berndt/Himmelmann 2004, 61 f. unterscheiden zwischen typischen adverbialen, im Sinne von ereignisbezogenen und typischen depiktiven im Sinne von partizipantenbezogenen Inhalten einerseits und adverbialen und depiktiven Konstruktionen andererseits. Partizipantenbezogene Adverbien wie młodo in Umarł młodo sind in diesem Sinne adverbiale Konstruktionen mit depiktivem Inhalt (vgl. auch Grzegorczykowa 1975, 74⫺79 sowie 2.3). Die Frage nach einem semantischen Kontrast zwischen dem prädikativen Instrumental und alternativer Kasuskongruenz bei sekundären Prädikaten stellt sich also im Wesentlichen nur für Adjektive im Russischen (und möglicherweise in den anderen beiden ostslavischen Sprachen). Verschiedene Beobachtungen scheinen der These von unterschiedlichen Bedeutungen der beiden Kasusmarkierungen zu widersprechen. So weist z. B. schon Nichols (1981, 151) darauf hin, dass zumindest in gewissen Kontexten bei Maskulina der Instrumental, bei Feminina die Kasuskongruenz bevorzugt wird: On otpravilsja v put’ ?veselyj/veselym, aber Ona otpravilas’ v put’ veselaja / ?veseloj ‚Er/Sie machte sich vergnügt auf den Weg‘; Snačala gruzovik vzvešivajut ?pustoj/pustym, aber Snačala mašinu vzvešivajut pustuju / ?pustoj ‚Zuerst wiegt man den LKW / das Auto leer‘. Weiterhin kann z. B. in untergeordneten objektbezogenen Infinitivkonstruktionen wie Ja poprosil Ivana, ne prixodit’ domoj *pjanyj/pjanym ‚Ich bat Ivan, nicht betrunken nach Hause zu kommen‘ nur der Instrumental stehen, wohingegen bei Infinitiven mit Modalauxiliar und Subjektsbezug beide Markierungsvarianten stehen können: Ivan ne xočet prixodit’ domoj pjanyj/pjanym. Darüber hinaus sehen Muttersprachler in der Regel keinen semantischen Unterschied, der mit dem Kasuskontrast im letzten oder im folgenden Beispiel gegeben wäre: On ženilsja na nej pjanyj/pjanym ‚Er hat sie betrunken (in betrunkenem Zustand) geheiratet‘. Nichtsdestoweniger ist in anderen

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate Kontexten eine von beiden Formen blockiert oder zumindest nicht-präferiert, wobei der Hintergrund ein offensichtlich semantischer ist: Viel zitiert sind die Feststellungen Timberlakes (1986), der (S. 137) ⫺ bei Begrenzung auf Kontexte mit primären Prädikaten in der Form von Verben der Bewegung ⫺ allgemein festhält, der Nominativ signalisiere, dass der durch das sekundäre Prädikat ausgedrückte Zustand keine Abweichung von dem durch die primäre Prädikation „erwarteten“ Stand der Dinge darstelle, während der Instrumental eben eine solche anzeige. Damit korreliere, dass der Sachverhalt, der durch das sekundäre Prädikat im Instrumental ausgedrückt wird, kausal entweder aus der primären Prädikation oder aus dem Kontext der erzählten Situation resultiere (S. 141, 145). Auch Filip (2001) knüpft an alte Beschreibungstraditionen an, wenn sie den Instrumental als Indikator eines Wandels sieht, den kongruierenden Kasus als in dieser Hinsicht unspezifisch (vgl. auch Richardson 2001). Hinterhölzl (2001) bietet eine Interpretation, die an das oben zitierte Moment der „zeitlich begrenzten Gültigkeit“ anknüpft, indem er zunächst feststellt, dass Prädikate, deren Semantik mit fehlender zeitlicher Begrenzung einhergeht wie ‚intelligent‘ (sog. „individual-level predicates“) nicht als (depiktive) sekundäre Prädikate taugen. (Zumindest in bestimmten Kontexten können sie aber sehr wohl als solche auftreten: Paul wurde intelligent geboren, Peter leider dumm.) Solche mit partieller Begrenztheit, also z. B. ‚jung‘ als „vergängliche“ Eigenschaft und ‚alt‘ oder ‚reif‘ als „eintretende“ Eigenschaft stünden im Instrumental ⫺ On sobral slivy spelymi /*spelye ‚Er erntete die Pflaumen reif‘ ⫺, und nur beidseitig begrenzte wie ‚betrunken‘ zeigten die Variation zwischen Nominativ und Instrumental. Zumindest bei gewissen adjektivischen Prädikaten korreliere der Nominativ mit spezifischer Zeitreferenz, Ivan rabotaet golyj ‚Ivan arbeitet (gerade) nackt‘ vs. Ivan rabotaet golym ‚Ivan arbeitet (immer, gewöhnlich, oft) nackt‘ mit Instrumental, der mit einer generischen, usuellen oder iterativen Bedeutung einhergehe (vgl. oben zur Differenzierung von Depiktiven und Zirkumstantialen). Wesentlich vorsichtiger drücken sich Strigin/Demjjanow (2001, 75) aus, wenn sie feststellen, adjektivische sekundäre Prädikate als Depiktive im Instrumental charakterisierten einen speziellen Teil einer „eventuality structure“, den sie, in Anlehnung an Jakobsons Interpretation des Instrumentals als peripheren Kasus, als Peripherie des Situationsschemas bezeichnen. Wie problematisch Verallgemeinerungen zur semantischen Bedingtheit dieses formalen Kontrastes auch sind, so werden doch immer wieder für viele Kontexte spezifische Bedeutungskontraste genannt. Nichols (1981, 156) verweist auf Beispiele mit dem kongruierenden Akkusativ wie (9a) Milicija privela ego domoj pjanogo/ *pjanym ‚die Polizei brachte ihn betrunken nach Haus‘, und auf solche mit dem Instrumental wie in (9b) Druz’ja priveli ego domoj *pjanogo/pjanym ‚die Freunde brachten ihn betrunken nach Haus‘. Nach Nichols ist (9b) so zu lesen, dass die Trunkenheit eben aus dem Kontakt mit den Freunden ⫺ gemeinsames Trinken ⫺ herrührt, wohingegen im Falle von (9a) ⫺ pragmatisch wenig verwunderlich ⫺ nicht vom gemeinsamen Trinken auszugehen ist. Eigene Befragungen von Muttersprachlern legen eine vorsichtigere Deutung nahe: Was bestätigt wird, ist, dass (9b) mit dem Instrumental so zu verstehen ist, dass die Referenten der Subjektphrase mit dem Referenten der Objektphrase getrunken haben, was den Instrumental beim Subjekt milicija pragmatisch merkwürdig macht. Beim Subjekt druz’ja in (9a) hingegen seien beide Markierungen möglich, wobei im Falle der Verwendung des Nominativs ein derartig „quasikausaler“ Zusammenhang nicht gefolgert wird. In einem etwas veränderten Kontext wie ‚fand(en) ihn be-

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz trunken‘ sind dann beide Kasus (mit beiden Agensrepräsentanten, ‚Freunde‘ und ‚Miliz‘) akzeptabel. Weiterhin schließen Muttersprachler in On umer ščastlivym /*ščastlivyj ‚er starb glücklich‘ auf erste Anfrage den kongruierenden Nominativ in der Regel aus. Die pragmatisch motivierte Defaultlesart ist dabei, dass der Betroffene im Bewusstsein des nahenden Todes im Moment des Todes glücklich war. Wird jedoch ein Kontext konstruiert, wo der Tod ein Individuum im Glückszustand unerwartet und plötzlich trifft, so wird der Nominativ akzeptabel. Mit derartigen semantischen Motivationen sind oftmals formal-strukturelle verbunden: Ein prosodisch durch Pause (in der Schrift durch Komma) abgesetztes initiales prädikatives Element (nach Křížková 1969 ein „isoliertes prädikatives Attribut“ ⫺ Depiktive fallen bei ihr unter die nicht isolierten prädikativen Attribute) steht stark bevorzugt im Nominativ: Bol’noj, on ne pošel na rabotu; der Instrumental ist bei prosodischer Integration nicht ausgeschlossen: Bol’nym on ne pošel na rabotu, beide ‚Krank war er nicht zur Arbeit gegangen‘. (Zur Frage der prosodischen Integration vgl. Schultze-Berndt/Himmelmann 2004, 67⫺69.) Beide Sätze werden kausal verstanden (‚Weil er krank war, ging er nicht ...‘), d. h. das prädikative Element steht nicht im Skopus der Negation und ist daher als Zirkumstantial zu beschreiben, und zwar in beiden Fällen. Dasselbe Adjektiv in finaler Position steht zumindest dann bevorzugt im Instrumental, wenn das sekundär prädikative Element als Depiktivum (kontrastiv) negiert wird: On ne pošel na rabotu bol’nym, (a sovsem zdorovym) ‚Er ist nicht krank zur Arbeit gegangen, (sondern völlig gesund)‘. In manchen spezifischen Fällen sind kasuskongruente und Instrumentalmarkierung offenbar oppositiv, in anderen ist nur eine von beiden möglich bzw. stark präferiert, in wiederum anderen stehen sie variativ bzw. neutralisiert nebeneinander (vgl. Hentschel 2001a). Dass eine umfassende „deterministische“ Regel formuliert werden kann (wie komplex auch immer sie ausfallen würde), ist zweifelhaft, für einzelne spezifische Kontexte jedoch nicht ausgeschlossen. Es geht sonst eher um stärker oder schwächer ausgeprägte Präferenzen. Eine umfassende, systematische deskriptive Analyse des komplexen Kasusgebrauchs bei sekundären Prädikaten unter Berücksichtigung verschiedener Subtypen steht noch aus.

2.1.2. Zwei Sonderfälle: „autonymer“ Nominativ und Dativ Den ersten Sonderfall bilden autonyme Nominal- oder Adjektivgruppen. Dies sind mit Padučeva (1985) solche, „die sich selbst nennen“, und zwar im Kontext von primären Prädikaten des Nennens oder Benennens. Die prädikativen Elemente, um die es hier geht, sind also Komplemente der Verben, die das primäre Prädikat bilden, und haben in dem Sinne eine resultative Nuance, dass die Referenten ihrer Bezugselemente mit der durch die „Namensgebung“ vergebenen Bezeichnung belegt sind: Sie tauften ihn (auf den Namen) Franz; Er nannte sie dick. In dieser strukturellen Position treten neben Eigennamen (die hier natürlich nicht referierend sind) volle Nominalgruppen sowie auch autonym verwendete Adjektive auf. Anders als bei typischen Prädikaten geht es bei den autonymen Verwendungen natürlich nicht um die Zu- bzw. Aberkennung von Merkmalen oder Eigenschaften, sondern um die Zuerkennung von Namen oder Bezeichnungen, die möglicherweise für Merkmale oder Eigenschaften stehen. Auch hier sind aber die üblichen morphosyntaktischen Markierungen sekundärer prädikativer Elemente, also kongruierende Kasus (vor allem bei Adjektiven) und prädika-

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate tiver Instrumental sowie analytische Marker zu beobachten: Kasuskongruenz, hier doppelter Akkusativ ⫺ niedersorbisch Swoju źowku su pomjnili Janu ‚Ihre Tochter nannten sie Jana‘; diese Möglichkeit der Markierung ist bei Substantiven nur noch ein Randphänomen, das offenbar auch in den beiden sorbischen Sprachen, die heute ⫺ wie gesagt ⫺ wie das Slovenische keinen prädikativen Instrumental mehr kennen, nur noch bei Eigennamen auftritt, sonst steht ein „regierter“ Nominativ: russisch Dočku zvali Tat’janoj oder Dočku zvali Tat’jana, beide ‚Ihr Töchterchen nannten sie Tatjana‘. Bei Appellativen stehen der Instrumental wie in polnisch Nie nazwałbym tego osiągnięciem ‚Ich würde dies nicht als Errungenschaft bezeichnen‘ oder analytische Marker ⫺ tschechisch Označil bratra za pachatele ‚Er bezeichnete den Bruder als Verräter‘, kroatisch Prikazao je brata kao izdajnika, alternativ im Instrumental … izdajnikom. Mitunter tritt der Nominativ auch bei Adjektiven auf: polnisch alternativ zum Instrumental Wszyscy nazywali go „gruby“/„grubym“ ‚Alle nannten ihn dick‘; sonst stehen auch hier der Instrumental oder analytische Marker, so z. B. im Tschechischen je nach primärem Prädikat Všichni ho nazývali tlustým bzw. Všichni ho označovali za tlustého. Der zweite Sonderfall besteht im morphosyntaktischen Verhalten von Elementen wie russisch sam und odin ‚allein, selbst‘ und ähnlich polnisch sam in derselben Bedeutung. Semantisch stehen sie den komitativen (im weiteren Sinne) sekundären Prädikaten nahe ‚mit Freunden / zu dritt / in bester Gesellschaft‘, die nicht im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen, da sie in der Tradition der Slavistik als Adverbiale beschrieben werden; sam /odin schließen eine ebensolche Begleitung explizit aus. Das Besondere ist hier zunächst, dass neben der kongruierenden Kasusmarkierung nicht der Instrumental, sondern der (sog. „zweite“) Dativ auftritt (vgl. bes. Franks 1995, 222⫺ 286), und zwar in weitgehend komplementärer, zum kleineren Teil in überlappender Distribution: polnisch Poszedł sam /*samemu, bez żony ‚Er ging allein, ohne seine Frau‘ mit obligatorischem kongruierenden Nominativ, Dobrze jest iść samemu ‚Es ist gut, allein zu gehen‘ mit obligatorischem Dativ, sowie russisch Ivan chočet prijti odin /*odnomu ‚Ivan will allein kommen‘ mit dem Nominativ, Ja poprosil Ivana prijti odnogo/ *odnomu ‚Ich bat Ivan, allein zu kommen‘ mit dem Akkusativ. Die Beispiele deuten an, dass dieser Dativ nur in Verbindung mit dem primären Prädikat im Infinitiv auftritt, aber nur in spezifischen Kontexten; z. B. nicht in Sätzen mit regulärem, nominativischem Subjekt und Infinitiven in Auxiliarkonstruktionen oder AcI-Konstruktionen wie in den letzten beiden Beispielen; ebenso wenig in Infinitivkonstruktionen als Komplemente übergeordneter Prädikate wie dem folgenden: Ja bojalsja ostavat’sja v boju odin ‚Ich fürchtete mich davor im Kampf allein dazustehen‘. Nach Comrie (1974) wäre bei einer Rechtsdislozierung der Dativ einschlägig, Ja bojalsja odnogo: ostavat’sja v boju odnomu / ??odin ‚Ich fürchtete mich vor einem: im Kampf allein dazustehen‘. Unsere Informanten lehnen hier beides ab, genau wie in einer anderen Konstruktion, in Sätzen mit einem Objekt in der linearen Folge zwischen Subjekt und sekundärem Prädikat, die Comrie (1974) wie folgt angibt: Volodja obeščal materi vernut’sja ??odin /odnomu ‚Volodja versprach seiner Mutter, allein zurückzukehren‘. Es ist also vielfach mit divergierenden Akzeptanzurteilen zu rechnen. In der „isolierten“, generalisierenden Infinitivkonstruktion steht dagegen eindeutig nur der Dativ: Ostavat’sja v boju odnomu ⫺ strašno ‚Im Kampf allein dazustehen, ist furchtbar‘. Das Phänomen dieses Dativs ist auf die ostslavischen Sprachen und Polnisch begrenzt, d. h. auf Sprachen, in denen „Dativsubjekte“ in Infinitivkonstruktionen verbreitet sind. In der Tat können auch Dativsubjekte in manchen dieser Konstruktionen auftreten: Soldatu strašno ostavat’sja

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz v boju odnomu, wörtlich: ‚Dem Soldaten ist es furchtbar, im Kampf allein dazustehen‘. Hier liegt eine Interpretation des Dativs bei odin als Kongruenzkasus nahe. Für Infinitivkonstruktionen, die an der syntaktischen Oberfläche keine Dativphrase erlauben, verwirft Franks (1995) eine Deutung der prädikativen Dative als Instanzen der Kasuskongruenz mit „unterliegenden“ Dativsubjekten. Dem ist hinzuzufügen, dass der Dativ bei sam und odin z. B. auch bei Bezug auf ein „präpositionales Subjekt“ möglich ist: Dlja nego suščestvenno naučit’sja samomu vyčisljat’ prostejšie integraly ‚Für ihn ist wichtig zu lernen, selbst/allein die einfachsten Intergralrechnungen durchzuführen‘. Natürlich ist dabei nicht zu übersehen, dass es zwischen Dativmarkierungen und „benefaktiven“ präpositionalen Markierungen mit ‚für‘ bei adjektivischen Prädikaten wie suščestvenno eine weite, aber keineswegs totale Äquivalenz gibt (vgl. Hentschel 2001b). Abgesehen von bestimmten Infinitivkonstruktionen im Ostslavischen und Polnischen liegt für ‚allein, selbst‘ Kasuskongruenz vor, die damit zumindest im Russischen mit den Elementen odin /sam wesentlich stärker verbreitet ist als bei den anderen, typischen sekundären Prädikaten.

2.2. Analytische Markierungen Analytische Marker, meist als Konjunktionen oder Präpositionen zu beschreiben, sind in Sprachen, in denen der prädikative Instrumental weniger verbreitet ist, insgesamt häufiger anzutreffen als z. B. im Russischen mit stark entwickeltem Instrumental beim sekundären Prädikat. Aber auch das Russische zeigt diese durchaus frequent, mitunter als Alternative zum Instrumental. Die stärkste Verbreitung zeigen Äquivalente zu deutsch als, also russisch kak, polnisch jako, kroatisch kao, niedersorbisch ako, obersorbisch jako etc., die allgemein ⫺ trotz einiger Komplikationen ⫺ als Konjunktionen beschrieben werden können. Seltener sind primäre (d. h. synchron in ihrer Bildung nicht komplexe) Präpositionen, wiederum häufig sekundäre Präpositionen.

2.2.1. Konjunktionen Unter den slavischen Sprachen hat nur das Polnische (und möglicherweise das Kaschubische ⫺ persönlicher Hinweis von J. Treder) eine Unterscheidung ähnlich wie deutsch als vs. wie, nämlich jako vs. jak entwickelt. In den anderen slavischen Sprachen fällt der konjunktionale Marker partizipantenbezogener Elemente (sekundärer Prädikate, aber auch Appositionen, restriktiver Attribute) formal mit dem Marker ereignisbezogener Adverbiale des Vergleichs zusammen. Aus Letzterem resultiert das schon oben angesprochene Abgrenzungsproblem zu adverbialen, komparativen bzw. similitiven Konstruktionen. Während russisch Ego slova byli prinjaty kak radostnoe izvestie formal indifferent hinsichtlich einer Lesart ‚Seine Worte wurden als freudige Nachricht / wie eine freudige Nachricht aufgenommen‘, differenziert Polnisch die sekundär prädikative Lesart Jego słowa zostały przyjęte jako radosna nowina ‚… als freudige Nachricht …‘ von der komparativen bzw. similitiven, Jego słowa zostały przyjęte jak radosna nowina ‚… wie eine freudige Nachricht …‘.

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate Die oben genannten konjunktionalen Marker treten bei sekundären Prädikaten auf, die als Komplemente und als Adjunkte vorliegen. Sie markieren wie deutsch als ebenso restriktive Attribute und Appositionen, d. h. andere partizipantenbezogene Elemente. Noch weniger verbreitet als deutsch als sind sie bei adjektivischen sekundären Prädikaten, wo eher noch der prädikative Instrumental, kongruierende Kasus oder die Präposition za verbreitet sind. Auch bei prädikativen Substantiven sind diese Markierungen oft alternativ zu anderen; vgl. russisch Ego poslali poslom / kak posla / v kačestve posla v Pol’šu ‚Man schickte ihn als Gesandten nach Polen‘. (Zur „sekundären“ Präposition v kačestve s. u.). Im Russischen stehen das mit kak markierte Element und das Bezugswort strikt im selben Kasus. Im Polnischen deutet sich ähnlich wie beim deutschen als (vgl. Weinrich 1993, 792; Flaate 1999) eine Entwicklung zur Präposition an, wenn als Kasus des mit jako/als markierten Substantivs ein anderer als der Kasus des Bezugsworts auftritt. In Partizipialkonstruktionen steht das sekundäre Prädikat im Nominativ unabhängig vom Kasus des Bezugswortes: Zostałem poinformowany przez ciotkę zatrudnioną jako gospodyni u księdza ‚Ich wurde von meiner Tante informiert, die als Haushälterin bei einem Geistlichen beschäftigt ist‘. Die polnische Linguistik nimmt hier eine den Nominativ regierende Präposition an (vgl. Rogowska 1981, 164 ff.; Grochowski 1986, 44 f.).

2.2.2. Primäre Präpositionen Die primäre Präposition za als häufigste Instanz dieses Markierungstyps konkurriert bei substantivischen und adjektivischen sekundären Prädikaten häufig mit anderen Markierungen, wobei dann mitunter ein deutlicher Bedeutungskontrast vorliegt; vgl. z. B. obersorbisch Jeho su stroweho / za stroweho z chorownje pušćili. Ganz analog zum deutschen Übersetzungsäquivalent Man hat ihn gesund / als gesund aus dem Krankenhaus entlassen geht mit der analytischen Markierung die Bedeutung einer Fehleinschätzung, eines Zweifels an der Wahrheit der sekundären Prädikation einher oder zumindest mit dem Ausdruck eines „Fremdurteils“ (kein Urteil des Sprechers/Schreibers). Die Präposition za ist in den slavischen Sprachen weit verbreitet, wenn es explizit oder implizit um eine Beurteilung, eine Einschätzung geht. Es kann aber auch ein anderer Marker verwendet werden, vgl. russisch kak hier im Kontrast zum Instrumental: Vypisali ego iz bol’nicy zdorovym / kak zdorovogo oder polnisch jako im Kontrast zum Kongruenzkasus des Akkusativs Wypisali go ze szpitala zdrowego / jako zdrowego. (In beiden Fällen geht mit dem formalen Kontrast zwischen synthetischer und analytischer Markierung ein Bedeutungskontrast wie im Deutschen einher.) Dementsprechend markiert za mitunter prädikative Komplemente von Verben des Urteilens, Beschreibens oder Erklärens wie z. B. in russisch On vydaval sebja za vrača ‚Er gab sich als Arzt aus‘, wobei hier das Moment der Falschheit schon zur Semantik des Verbs gehört. Nichols (1981, 341 f.) meint, russisch za als Marker sekundärer Prädikate suggeriere immer das Moment der Falschheit, weshalb es folgerichtig sei, in (10) Ja sčitaju jego durakom ‚Ich halte ihn für einen Dummkopf‘ den Instrumental zu verwenden, der diese Bedeutung nicht impliziere, denn das eigene Urteil hält man in der Regel für wahr. In Za kogo vy menja deržite? ‚Für wen halten Sie mich?‘ verwende man hingegen za, da hier ein aus Sprechersicht inadäquates Fremdurteil geradezu zurückgewiesen wird. Dennoch muss in vielen Kontexten mit einem erheblichen Grad an Äquivalenz

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz der beiden Markierungen gerechnet werden, denn in solchen Fällen wie Ona sčitaet jego durakom / Ona prinimaet ego za duraka, no ja absoljutno ne soglasen, beide: ‚Sie hält ihn für einen Dummkopf, aber ich bin absolut nicht (damit) einverstanden‘ werden von Muttersprachlern beide Markierungen akzeptiert. Dies widerspricht zumindest der allgemeinen Annahme eines Bedeutungskontrasts zwischen Instrumental und za. Beide sind mit irrtümlicher Einschätzung kompatibel, zumindest wenn die Wahl der Markierung wie in den letzten Beispielen allein vom primären Prädikat abhängt. Wo eine Alternative zwischen beiden Markierungen besteht, ist der Instrumental stilistisch höher. Im Kroatischen sind bei einigen Verben auch alternative Markierungen möglich, vgl. analog zum russischen Beispiel (10) den Satz Držim ga budalom / za budalu, ohne Bedeutungsunterschied. In Sprachen, wo za in vergleichbaren Kontexten die einzige Möglichkeit der Markierung ist, vgl. z. B. das polnische Äquivalent Ona uważa go za idiotę, stellt sich die Frage nach der Falschheit des Urteils natürlich nicht. In manchen slavischen Sprachen ist za auch über die gerade diskutierten Kontexte des Urteilens hinaus verbreitet: kroatisch Postavili su ga za poslanika ‚Sie ernannten ihn zum Gesandten‘, Otišao je u Poljsku za poslanika (oder: kao poslanik / u svojstvu ~ ulozi poslanika) ‚Er ist als Gesandter nach Polen gegangen‘. Andere primäre Präpositionen als za treten sporadisch auf (vgl. zum Russischen Nichols 1981, 338 ff.), z. B. russisch v oder polnisch na bei Komplementen von Verben der Veränderung: Dožd’ prevratilsja v izmoros’ ‚Der Regen war zu Sprühregen geworden‘, Buraki przerabiają na cukier ‚Die Rüben verarbeitet man zu Zucker‘. Ähnlich sind die Verwendungen bei Komplementen von Transferverben: russisch V nagradu za ėto dali emu 1000 rublej ‚Als Belohnung dafür gab man ihm 1000 Rubel‘. Die Wahl der Präposition und des jeweiligen Kasus steht dabei in idiosynkratischer Abhängigkeit vom primären Verb bzw. vom präpositional markierten Substantiv, vgl. polnisch w mit Lokativ Samochód otrzymał w prezencie ‚Das Auto erhielt er als Geschenk‘ bzw. mit Akkusativ Samochód otrzymał w nagrodę za ... ‚Das Auto erhielt er als Belohnung für ...‘.

2.2.3. Sekundäre Präpositionen Ein überaus häufiges Phänomen im Russischen (seltener ganz offenbar in anderen slavischen Sprachen, wo dies eher auf spezifische, journalistische, wissenschaftliche oder bürokratische Funktionalstile begrenzt zu sein scheint, ähnlich wie im Deutschen, und bisher kaum untersucht worden ist) sind sekundäre Präpositionen als Marker von sekundären Prädikaten, Adjunkten wie Komplementen. Sekundäre Präpositionen sind ⫺ grob gesagt ⫺ solche mit noch deutlich transparenter Etymologie, in diesem Kontext in der Regel aus primärer Präposition und Substantiv. Nichols (1981, 325) nennt für das Russische fünf solcher sekundären Präpositionen: v vide ‚in der Form (von)‘, v sostojanii / v sostojanie ‚im Zustand‘ v položenii ‚in der Position‘ v kačestve ‚in der Eigenschaft; als‘, v porjadke ‚als‘, wörtlich ‚in der Ordnung‘. Ein substantivisches sekundäres Prädikat steht nach diesen Präpositionen im Genitiv, ein adjektivisches, nach Nichols, zwischen den beiden etymologischen Bestandteilen: … dissertacija v vide knigi / v knižnom vide ‚… eine Dissertation in Buchform‘. Ob man jedoch bei „medial“ gestelltem Adjektiv einen Ausdruck wie v vide als (sekundäre) Präposition beschreiben sollte (und nicht als Sequenz aus primärer Präposition und Substantiv), ist mehr als

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate zweifelhaft (trotz verschiedener Beispiele wie dem gerade genannten), denn das Fehlen der Möglichkeit einer adjektivischen Attribuierung des substantivischen Elements in einer solchen potentiellen sekundären Präposition wird gemeinhin als wesentliches Kriterium für die Präpositionalisierung angesehen (vgl. dazu Hentschel 1998). Bei substantivischen, diesen komplexen Formen nachgestellten Prädikaten dagegen ist der Status als Präposition klar, wenn zwischen den Bestandteilen wie v und kačestve kein anderes Element eingefügt werden kann. Interessant ist die ähnlich wie v vide im Russischen sehr frequente Präposition v kačestve. Sie tritt sehr häufig mit Substantiven auf, die Funktion, Status oder Beruf bezeichnen. Dies sind auch diejenigen Substantive, die historisch als erste massiv den prädikativen Instrumental gezeigt haben. Es sind Substantive mit einem inhärent hohen Grad an Prädikativität (vgl. Hentschel 1993, 276 ff.), die offenbar besonders einen speziellen Prädikativmarker entwickeln. Die Präposition v kačestve ist nicht nur in allen Funktionalstilen und Registern verbreitet, auch im mündlichen, sondern tritt auch mit Substantiven auf, in deren Kontext eine Übersetzung ins Deutsche mit in der Eigenschaft nicht möglich ist, sondern nur mit als übersetzt werden kann; vgl. einige Zitate V kačestve internet-adresa vybiralas’ kakajanibud’ abrakadabra ‚Als Internetadresse wurde irgendeine nichts sagende Sequenz ausgewählt‘, … Diogen. On imel bočku v kačestve žil’ja ‚… Diogenes. Er hatte ein Fass als Unterkunft‘.

2.3. Adverbien Ein wesentliches Merkmal des Polnischen ist, dass manche partizipantenbezogene „adjektivische“ sekundäre Prädikate, die im Russischen als adjektivische Formen im Kongruenzkasus oder im Instrumental auftreten, in der Form von Adverbien vorliegen können. Detaillierte Untersuchungen über diese Alternative zu adjektivischen Formen als sekundäre Prädikate fehlen; partizipantenbezogene Adverbien sind im Polnischen jedoch durchaus häufig, wie schon Grzegorczykowa (1975, 74 ff.) zeigt, wobei sie nur am Rande auf die Konkurrenz zu adjektivischen, kongruierenden Formen in sekundär prädikativer Verwendung verweist. Renz/Hentschel (2008) zeigen, dass diese partizipantenbezogenen Adverbien nicht als „transparente Adverbien“ (d. h. grob, nicht als „Zwischenkategorie“ zwischen ereignisbezogenen Adverbien und Depiktiven) im Sinne Geuders (2004) beschrieben werden können, sondern in der Regel (zumindest bei Subjektsbezung) das Adverb unmarkiert-neutral hinsichtlich Ereignis- oder Partizipantenbezug ist, das Adjektiv dagegen markiert für den letzteren ist. Zunächst sind synthetische, von Adjektiven abgeleitete Adverbien zu nennen: vgl. polnisch Umarł młodo ‚Er starb jung‘ oder Chłopiec chodził goło ‚der Junge ging nackt (umher)‘ mit dem Adjektiv in den entsprechenden russischen Sätzen On umer molodym im Instrumental, ggf. alternativ im Nominativ Mal’čik xodil golym /golyj. Das Kroatische zeigt in solchen Sätzen auch eine adjektivische Form, die unbestimmte Kurzform im Nominativ: Umro je mlad bzw. Mladič hodao gol. Solche Verwendungen von Adverbien sind im Polnischen sogar bei Objektsbezug möglich: Pasja ta chwyciła mnie młodo, miałem może 15 lat ‚Diese Leidenschaft packte mich jung, ich war vielleicht 15‘, Widziano ich boso ‚Man sah sie barfuß‘. Mitunter treten quasi objektsbezogene Adverbien bei „intransitivierten“ Verben auf; vgl. polnisch On je tłusto, aber auch kroatisch On jede masno, beide: ‚Er isst fett‘, aber nicht analog russisch *On est žirno (Renz/Hentschel

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz 2008). Andere sekundäre Prädikate zeigen vermeintlich präpositionale Markierungen, die jedoch eher als Präfixe in Derivaten zu sehen sind, auch wenn sie orthographisch noch vom Rest der Wortform getrennt werden. Für das Polnische sind oben in 1.4 schon Beispiele für resultative Konstruktionen gegeben worden. Nicht resultativ, sondern depiktiv sind Beispiele wie Poszedł na głodno alternativ na głodnego (Grzegorczykowa 1975, 79) oder adjektivisch-kongruierend głodny ‚Er ging (im Sinne von machte sich auf den Weg) hungrig‘. Ebenso depiktiv oder zirkumstantial verwendet werden können partiell solche Konstruktionen, wie die mit der Präposition / dem Präfix po und einer adjektivischen Form, die dem Dativ des Maskulinums und Neutrums entspricht, unabhängig davon, welches Genus das Bezugselement hat; vgl. Zosia lepiej prowadzi po pijanemu ‚Zosia fährt besser betrunken‘ neben dem alternativen kongruierenden Nominativ Zosia lepiej prowadzi pijana als zirkumstantiale Konstruktion oder Wczoraj Zosia znów prowadziła po pijanemu / pijana ‚Gestern ist Zosia wieder betrunken gefahren‘ als depiktive. Im Russischen ist neben dem kongruierenden Nominativ (eher umgangssprachlich) der Instrumental (eher schriftsprachlich) möglich, Petr vodit mašinu lučše p’janyj/p’janym. In südlicheren slavischen Sprachen (Tschechisch, Kroatisch etc.) finden wir hier prinzipiell den kongruierenden Kasus des sekundären Prädikats. Im Polnischen fällt wiederum auf, dass neben dem Subjektsbezug auch Objektsbezug möglich ist, und zwar bei beiden Markierungen. Widziano go pijanego / po pijanemu ‚Man sah ihn betrunken‘. Partiell ist die Distribution der beiden Formen überlappend. In gewissen Kontexten ist jedoch ganz offensichtlich die präpositionale Konstruktion obligatorisch. Dies und auch formale Fakten, wie die Ausschließlichkeit der adjektivischen „Endung“ des Maskulinums bzw. Neutrums -emu auch bei Bezugswörtern mit femininem Genus, d. h. die Unflektierbarkeit, macht deutlich, dass synchron hier Adverbien vorliegen. In anderen Fällen werden die Bildungen des Typs po X-emu deutlich similitiv ereignisbezogen, also wie typische Adverbien verwendet: Zajęła się sierotą po matczynemu ‚Sie nahm sich auf mütterliche Weise (wie eine Mutter) der Waise an‘, ähnlich wie vergleichbare Bildungen des Typs po X-sku; vgl. in derselben Bedeutung Zajęła się sierotą po macierzyńsku (Grzegorczykowa 1975, 81 ff.).

3. Fazit Sekundäre Prädikate in den slavischen Sprachen harren umfassenderer Untersuchungen. Zu überwinden ist dabei die starke Konzentration auf die Variation bzw. Alternation zwischen dem prädikativen Instrumental und kongruierenden Kasus. Die Frage der morphosyntaktischen Markierung wäre systematisch für verschiedene Subtypen sekundärer Prädikate, für unterschiedliche Bezugselemente über Subjekt und Objekt hinaus und für lexikalische Klassen solcher Prädikate zu prüfen, unter Beachtung der „äußeren“ Abgrenzung von Adverbialen, restriktiven und nicht-restriktiven Attributen (Appositionen). Der Verfasser dankt Beata Chachulska, Ljiljana Šarić, Winfried Boeder, Andrzej Bogusławski, Thomas Menzel, Gunter Spieß und Christoph Schroeder für kritische Anmerkungen zu einer früheren Version sowie einer ganzen Reihe von muttersprachlichen Informanten für ihre wertvollen Auskünfte. Verbliebene Fehler und Mängel liegen in der Verantwortung des Verfassers.

30. Morphosyntaktische Markierung sekundärer Prädikate

4. Literatur (in Auswahl) Aarts, Bas (1995): „Secondary predicates in English“. In: Aarts, Bas/Meyer, Ch. F. (eds.): The Verb in Contemporary English. Theory and description. Cambridge (Cambridge University Press). 75⫺101. Anders-Marnowsky, Sabine (2008): Depiktive und ihre Bezugsnomen: Zur Frage präpositional markierter Controller bei als-Depiktiven. // Schroeder, Christoph/Hentschel, Gerd/Boeder, Winfried (2008) (eds.). 1⫺19 Bartels, Hauke (2008): Sekundäre Prädikation im Niedersorbischen. // Schroeder, Christoph/ Hentschel, Gerd/Boeder, Winfried (2008) (eds.). 19⫺41. Bauerova, Marta (1963): „Bespredložnyj tvoritel’nyj padež v staroslavjanskom jazyke“. // Kurc, Josef Issledovanija po sintaksisu staroslavjanskogo jazyka. Prag. 287⫺311. Beckmann, Frank (1997): Untersuchungen zur Grammatik der Adjunkte. Berlin. Boeder, Winfried/Hentschel, Gerd (eds.), Variierende Markierung von Nominalgruppen in Sprachen unterschiedlichen Typs. Oldenburg. Chachulska, Beata (2008): Prädikativer Instrumental, Kasuskongruenz oder analytische Markierung bei sekundären Prädikaten im Polnischen. // Schroeder, Christoph/Hentschel, Gerd/Boeder, Winfried (2008) (eds.). 41⫺69. Comrie, Bernard (1974): „The second dative: a transformational approach“. // Brecht, Richard/ Chvany, Catarine (eds.), Slavic transformational grammar. Ann Arbor. 123⫺150. Corin, Andrew R. (1995): „Predikativni instrumental u savremenom srpskohrvatskom jeziku“. // Jerkovović, Jovan (eds.), Normiranje srpskog jezika. [= Naučni sastanak slavista u Vukove dane 24/1], Beograd. 73⫺80. Delbrück, Berthold (1893): Vergleichende Syntax der indogermanischen Sprachen 1. Straßburg. Demjjanow, Assinja/Strigin, Anatoli (2001): „Measure Instrumental in Russian“. // ZAS Papers in Linguistics 22. 69⫺97. Faßke, Helmut/Michalk, Siegfried (1981): Grammatik der obersorbischen Schriftsprache der Gegenwart. Morphologie. Bautzen. Fehrmann, Dorothee (1994): „Sekundärprädikativische Strukturen im Polnischen“. // Wiener Slawistischer Almanach 33. 83⫺117. Filip, Hana (2001): „The semantics of case in Russian secondary predication.“ // Salt XI. 192⫺211. Flaate, Inghild (1999): „PRO-blematische als-Prädikative im Deutschen.“ // Tromsö University working papers on language & linguistics 27. 1⫺23. Franks, Steven (1995): Parameters of Slavic morphosyntax. New York, Oxford. Geist, Ljudmila (1999): „Russisch byt’ (‚sein‘) als funktionale und/oder lexikalische Kategorie“. // ZAS Papers in Linguistics 14. 1⫺39. Geuder, Wilhelm (2004): Depictives and Transparent Adverbs. // Austin, Jennifer R./Engelberg, Stefan/Rauh, Gisa (eds.), Adverbials: The Interplay between Meaning, Context, and Syntactic Structure. Amsterdam/Philadelphia. 131⫺166. Grannes, Alf (1992): „The morphosyntactic variation of adjectives and participles as objective predicatives in modern Slavic languages.“ // Prace filologiczne XXXVII. 127⫺139. Grochowski, Maciej (1986): Polskie partykuły. Wrocław Grzegorczykowa, Renata (1975): Funkcje semantyczne i składniowe polskich przysłówków. Wrocław. Haspelmath, Martin/Buchholz, Oda (1998): „Equative and similative constructions in the languages of Europe.“ // van der Auwera, Johan/Baoill, Dónall Ó. (eds.), Adverbial constructions in the languages of Europe. Berlin. 277⫺334. Hentschel, Gerd (1993): „Zur Kasusvariation des prädikativen Substantivs in Kopulasätzen: syntaktischer Wandel im Polnischen des 16. und 17. Jh.“. // Hentschel, Gerd/Laskowski, Roman (eds.), Studies in Polish morphology and syntax ⫺ synchronic and diachronic problems. München. 253⫺292.

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31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen Schultze-Berndt, Eva/Himmelmann, Nikolaus P. (2004): „Depictive secondary predicates in crosslinguistic perspective.“ // Linguistic typology 8. 59⫺131. Strigin, Anatoli/Demjjanov Assinja (2001): „Secondary predication in Russian“. // ZAS Papers in Linguistics 25. 1⫺79. Strigin, Anatoli (2008): Secondary predication and the instrumental case in Russian. // Schroeder/ Hentsche/Boeder (eds.). 381⫺401. Śliwiński, Władysław (1984): Szyk wyrazów w zdaniu pojedynczym dzisiejszej polszczyzny pisanej, cz. I. Kraków. Timberlake, Alan (1986): „The semantics of case in Russian predicate case complements.“ // Russian Linguistics 10. 137⫺165. Väänänen, Veikko (1951): „‚Il est venu comme ambassadeur / Il agit en soldat‘ et locutions analogues en latin, français, italien et espagnol.“ // Annales academiae scientiarum fennicae, ser. B., tom. 73/1. 5⫺11. Weinrich, Harald (1993): Textgrammatik der deutschen Sprache. Mannheim. Wierzbicka, Anna (1980): The case for surface case. Ann Arbor.

Gerd Hentschel, Oldenburg (Deutschland)

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Definition Generative Grammatik Das Dependenzmodell, die Valenzgrammatik und die Funktionale Syntax Zwischen Tradition und Innovation Alternative Ansätze Literatur (in Auswahl)

Abstract The traditional and functional grammars differentiate between primary (obligatory) and secondary (optional) constituents of the sentence. The primary parts are subject, predicate, their attributive extensions and indirect and direct objects. The secondary parts are Adjuncts, Prepositional Phrases and Frames (Adverbials). The present article analyzes different models, starting off with the models of generative grammar, continuing with the dependency and valency grammars and ending up with alternative models of Russian and /or Czech functional grammars. Under standard generative analysis the most discussed point is the problem of impersonal sentences and the status of subjects and objects therein: neither the concept of subject, being the Noun phrase (NP) of a finite verb [NP, IP], nor of object headed by a verbal phrase [NP, VP], fit into the picture of Universal grammar as it has been discussed in the Standard Theory (Chomsky 1965) because in impersonal sentences the subject NP is not assigned Nominative case and the object often has to move out of the complement position for reasons of case assignment and case filter. Thus, this chapter

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31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen Schultze-Berndt, Eva/Himmelmann, Nikolaus P. (2004): „Depictive secondary predicates in crosslinguistic perspective.“ // Linguistic typology 8. 59⫺131. Strigin, Anatoli/Demjjanov Assinja (2001): „Secondary predication in Russian“. // ZAS Papers in Linguistics 25. 1⫺79. Strigin, Anatoli (2008): Secondary predication and the instrumental case in Russian. // Schroeder/ Hentsche/Boeder (eds.). 381⫺401. Śliwiński, Władysław (1984): Szyk wyrazów w zdaniu pojedynczym dzisiejszej polszczyzny pisanej, cz. I. Kraków. Timberlake, Alan (1986): „The semantics of case in Russian predicate case complements.“ // Russian Linguistics 10. 137⫺165. Väänänen, Veikko (1951): „‚Il est venu comme ambassadeur / Il agit en soldat‘ et locutions analogues en latin, français, italien et espagnol.“ // Annales academiae scientiarum fennicae, ser. B., tom. 73/1. 5⫺11. Weinrich, Harald (1993): Textgrammatik der deutschen Sprache. Mannheim. Wierzbicka, Anna (1980): The case for surface case. Ann Arbor.

Gerd Hentschel, Oldenburg (Deutschland)

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Definition Generative Grammatik Das Dependenzmodell, die Valenzgrammatik und die Funktionale Syntax Zwischen Tradition und Innovation Alternative Ansätze Literatur (in Auswahl)

Abstract The traditional and functional grammars differentiate between primary (obligatory) and secondary (optional) constituents of the sentence. The primary parts are subject, predicate, their attributive extensions and indirect and direct objects. The secondary parts are Adjuncts, Prepositional Phrases and Frames (Adverbials). The present article analyzes different models, starting off with the models of generative grammar, continuing with the dependency and valency grammars and ending up with alternative models of Russian and /or Czech functional grammars. Under standard generative analysis the most discussed point is the problem of impersonal sentences and the status of subjects and objects therein: neither the concept of subject, being the Noun phrase (NP) of a finite verb [NP, IP], nor of object headed by a verbal phrase [NP, VP], fit into the picture of Universal grammar as it has been discussed in the Standard Theory (Chomsky 1965) because in impersonal sentences the subject NP is not assigned Nominative case and the object often has to move out of the complement position for reasons of case assignment and case filter. Thus, this chapter

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz tries to redefine the notion of ‘subject’ and ‘object’ in impersonal constructions based on the results of current theories of Minimalism (Chomsky 1995 forthcoming, Szucsich 2008, and others).

1. Definition In der traditionellen und funktionalen Grammatik unterscheidet man die primären bzw. konstitutiven Elemente (Konstituenten) des Satzes, und zwar Subjekt, Prädikat, Objekt, Attribut, adverbiale Bestimmung, und sekundäre Satzglieder (Ergänzungen und freie Angaben). Satzglieder bilden eine eigene Ebene zwischen Satz und Wort, ihre Ausgliederung und Bestimmung durch Fragetests vom Typ wer tut was? (Subjekt) was tut wer? (Objekt), was passiert, was geschieht, was tut X ? (Prädikat), wo, wann und wie wird etwas mit X gemacht? (adverbiale Bestimmung des Ortes, der Zeit und der Art und Weise), wie ist das Subjekt oder Objekt beschaffen? (Attribut) usw. ergibt sich aus dem Satz als ganzem aufgrund grammatischer (morphosyntaktischer), logischinhaltlicher und referentieller Kriterien.

2. Generative Grammatik 2.1. Primäre und sekundäre Satzglieder und Phrasenstruktur In der generativen Grammatik werden Satzglieder als Funktionen von Phrasen beschrieben, z. B. [NP, IP/S], d. h. Nominalphrase oder Subjekt von einer finiten Phrase/ einem finiten Satz, bzw. [NP, VP], d. h. Nominalphrase oder Objekt von einer Verbalphrase. Im Rahmen der generalisierten Phrasenstrukturgrammatik, der sogenannten X-BAR-Theorie, werden Satzglieder als hierarchische Relationen in einer Universalgrammatik nach strengen Prinzipien der Rektion, dem kategorialen Kommando (cCommand) bzw. dem Kommando der minimalen Phrase (m-Command), definiert. Bereits in der Erweiterten Standardtheorie Noam Chomskys beschränkt Jackendoff (1977) die Form der kontextfreien Phrasenstrukturregeln mit Hilfe von universellen und kategorienneutralen Phrasenstrukturen. Dabei geht er von den folgenden Voraussetzungen aus: (a) sämtliche syntaktisch komplexe Kategorien aller maximalen Projektionen (XP ist Symbol für Nominalphrasen/NP, Verbalphrasen/VP, Adjektivphrasen/ AP und Präpositionsphrasen/PP) natürlicher Sprachen unterliegen Prinzipien der Phrasenstruktur. (b) Sämtliche lexikalischen Kategorien kann man auf der Grundlage einer beschränkten Menge von universalen syntaktischen Merkmalen definieren vom Typ [Gverbal], [Gnominal], wobei: das Verb mit der Merkmalkreuzklassifikation [Cverbal, ⫺nominal], Nomen durch [⫺verbal, Cnominal], Adjektiv durch [Cverbal, Cnominal] und Präposition durch [⫺verbal, ⫺nominal] definiert sind. (c) Alle syntaktischen Kategorien unterscheiden verschiedene Komplexitätsebenen, wobei die primären bzw. konstitutiven Satzglieder der lexikalischen Kategorie nullten Grades (N 0, V 0, A0, P 0), die Zwischenebenen die Ebenen des ersten Komplexitätsgrades vom Typ X’ (z. B. indirekte Objekte, adjungierte Phrasen) und die maximalen Projektionen vom Typ X’’ Kategorien der zweiten Stufe (XP) bilden. Die allgemeinste Form der Phrasen-

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen struktur, in der die primären und sekundären Satzglieder enthalten sind, lässt sich in der folgenden Formel zusammenfassen: (i) X n, ... X n⫺1..., (ii) X’ > X o XP*, (iii) XP > X’ XP*, wobei X die Variable der Kategorien N, V, A, P sei. In der Phase der RektionsBindungs-Theorie (Chomsky 1981, 1986) wird das Prinzip der strikten zweifachen Verzweigung (Binarität) und der Endozentrizität (d. h. das primäre Satzglied determiniert den Charakter der maximalen Projektion, gdw. X o = N o , dann XP = NP usw.) postuliert. Aus letzterem ergibt sich, dass ein finiter Satz vom Typ Tempusphrase (TP) ein finiter Satz sein muss, der u. a. mit dem Merkmal Tempus und Kongruenz ausgestattet ist, während ein Satz mit einem nichtfiniten Verb oder einem unpersönlichen Verb eine defekte Kategorie T o hat und innerhalb der Etage der VP verbleiben muss. Die Erweiterung der Projektionen (extended projection) verbindet die lexikalischen Kategorien, in denen auch die primären Satzglieder zusammengefasst sind, mit der funktionalen Projektion, in der morphosyntaktische (grammatische, also funktionale) Merkmale und Affixe definiert sind, die für verbale Kategorien der Person, Tempus, Kongruenz und nominale Kategorien des Kasus, Numerus und Genus vorgesehen sind. Für einen slavischen Satz ergibt sich die von Kosta (2002b, 553) angenommene Struktur (vgl. Abb. 31.1, S. 394). Die Derivation im so genannten generativ-minimalistischen Standardmodell der so genannten Kasuslizensierung erfolgt wie folgt: In so genannten Nominativ-Akkusativ-Sprachen (Beispiel Englisch) lassen finite Sätze (d. h. mit dem Merkmal [Cfin] an der funktionalen Kategorie T(empus) ausgestattete Verben) nur NPn im Nominativ zu. Im Minimalistischen Modell (Chomsky 1995 passim) wird diese Fähigkeit der Kategorie T auf die Anwesenheit von Kongruenzmerkmalen (φ-Merkmalen) an T (nicht-spezifizierte Person-, Numerus- und/oder Genusmerkmale) zurückgeführt. Bei finiten Verben verfügt Tfin über unvaluierte und uninterpretierte φ-Merkmale, [uφ], die mit Hilfe von interpretierbaren φ-Merkmalen, [iφ], getilgt werden müssen. NPn verfügen inhärent über interpretierbare φ-Merkmale und dienen daher als Ziel (goal) dieser Merkmalsabgleichung, bei der schließlich offene Merkmalswerte valuiert werden müssen. Im Zuge dieser streng lokalen Merkmalsabgleichungsoperation werden auch die unvaluierten Kasusmerkmale [uCase] der NP, die mit der Kategorie T in die genannte Merkmalsbeziehung eingetreten ist, valuiert (d. h. mit einem Wert versehen), d. h. als Nominativ unter Spec-TP und als Akkusativ unter Spec-vP ausgestattet. Man spricht davon, dass in transitiven finiten personalen Sätzen finites T den strukturellen Kasus Nominativ ‚lizensiert‘ und die leichte funktionale Kategorie v den strukturellen Kasus Akkusativ zuweist. Die morphologische Folge dieser AgreeRelation zwischen T und einer NP ist verbale Kongruenzmarkierung, und zwischen v und NP verbale Rektion. T kann nur mit der hierarchisch nächsten NP, die über unvaluierte Kasusmerkmale verfügt, eine Agree-Relation eingehen (zu einer früheren Kondition, der so genannten Minimal Link Condition vgl. Kosta 2002a). Analoges wird für die Valuierung/Lizensierung von strukturellem Akkusativ an internen Argument-NPn (Objekten) in transitiven, kausativen oder unakkusativischen Konstruktionen angenommen (zu letzteren vgl. Harves 2002, 2003, 2006 sowie Kosta/Frasek 2004). Szucsich (2008) bringt den neuesten Stand durch die folgenden Diagramme und Aussagen auf den Punkt, wir zitieren hier die ganze Passage wörtlich: „In minimalistischen Theorien hat sich die Annahme durchgesetzt, dass eine funktionale Kategorie v (mit der VP als Komplement) einerseits das externe Argument (Subjekt) selegiert, das mit einer kausativen Interpretation verbunden ist (Agens/inanimater Kausierer) und andererseits ebenfalls über unvaluierte φ-Merkmale verfügen kann. Das führt wiederum dazu,

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz

CP = ForceP Adjunkt = sekundäres Satzglied Vo vremja vtoroj mirovoj vojny

CP = TopicP1 CP = FocusP CP = TopicP2 TP Spec-TP[Nom] pulja

T’

T0[Tense] ranila

vP

Spec-vP[Akk]

V’

NP[uCase]

VP

Spec-VP NP[uCase]

V’ V [uTense]

o

NP[uCase]

rani-

soldat-

Abb. 31.1: Primäre und sekundäre Satzglieder in einem X-Bar-Schema (u = unvaluierter Wert)

dass v nach einer Relation mit einer NP in seiner minimalen Domäne (dem Komplement, also der VP) sucht, mit der es seine [uφ]-Merkmale abgleichen kann.“ (Szucsich 2008, 162).

2.2. Die Vorteile Die Vorteile dieser generalisierten Phrasenstruktur liegen auch aus der Sicht der klassischen Satzgliedlehre auf der Hand: es lassen sich fast alle Sätze natürlicher Sprachen (alle tatsächlich gebildeten und alle möglichen) unter Einbeziehung allgemeiner Aufbauprinzipien, universeller Regeln des Aufbaus von Phrasenstrukturen und notwendiger Beschränkungen beschreiben und aus allgemeinen Prinzipien und Parametern einer universalgrammatischen theoretischen Konzeption ableiten. Darüber hinaus sind

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen sie vom theoretischen Anspruch her stärker und den traditionellen und funktionalen Beschreibungsansätzen überlegen, weil sie nicht nur beschreibungs-, sondern auch erklärungsadäquat sein wollen, d. h. sie müssen dann auch die Beziehung zwischen grammatischer Theorie und Spracherwerb neu definieren (vgl. Kosta 1992 und Grewendorf 2002). Die Frage, wie man zu dieser Klassifikation empirisch gelangt, ist ebenfalls von Bedeutung, charakterisiert aber die vorangehende Phase der generativen Syntax (Standardtheorie und ihre Erweiterung). Chomsky (1965) gewinnt die einzelnen Kategorien der Konstituentenstruktur aufgrund einiger syntaktischer Tests. Die größten Teilkonstituenten einer gegebenen Konstituente, die sich aufgrund dieser Tests ermitteln lassen, erweisen sich zumindest als gute Kandidaten für ihre unmittelbaren Konstituenten (immediate constituents). Mit der Ermittlung aller unmittelbaren Konstituenten von jeweils höheren Konstituenten hat man dann einen gegebenen Satz vollständig gegliedert (zu den Testverfahren vgl. Grewendorf/Hamm/Sternefeld 1989, 156⫺165 sowie Kosta 1992).

2.3. Offene Fragen der impersonalen Konstruktionen Dass Subjekte, Objekte und andere Satzglieder bisher in der Syntaxtheorie über keine einheitliche Definition verfügen, hängt nicht nur mit der jeweils unterschiedlichen Zielsetzung, Methode oder Theorie der einzelnen syntaktischen Ansätze und Vorschläge zusammen, sondern auch mit objektiven Daten der natürlichen Sprachen. Die generative Grammatik hat es in der ersten Phase der Erforschung (bis zum Standardmodell) durch die Überbetonung des Englischen als Modell einer Universalgrammatik (wo Subjekt mit Finitheit und dem overten Kasus Nominativ identifiziert wurde) zuweilen versäumt, auf die Existenz von Dativsubjekten (im Isländischen, Slavischen u. a.) und anderen nicht kanonischen Kandidaten in impersonalen Konstruktionen für diese Satzfunktion zu verweisen. Erst durch die Erforschung so genannter nicht kanonischer Subjekte (Dativsubjekte, Genitivsubjekte, Instrumentale, Lokative) in unpersönlichen Konstruktionen hat man den Blickwinkel erweitern können (vgl. dazu ausführlich Kosta 1992, Babby 1994, 1998, Burzio 1986, Fleisher 2005, Fowler 1993, Harves 2002, 2003, 2006 und in diesem Band, Junghanns 1996, Komar 1999, Kratzer 1996, Lavine 1998, Lavine 2005, Lavine/Freidin 2002, Lieb/Friedrich 2009/to appear, Marušić/Žaucer 2005a, 2005b, Perlmutter/Moore 2002, Puzynina 1993, Rappaport 1984, Reinhart/Reuland 1993, Rivero 2001, Sobin 1985, Schoorlemer 1994, 1996, Swan 2006, Szucsich 2007, 2008, Testelec 2001, Tsedryk 2004, Israeli 1997). Am Beispiel der Satzglieder Subjekt (2.3.1) und Objekt (2.3.2) in unpersönlichen Sätzen im Russischen und anderen slavischen Sprachen sowie der Adjunkte (2.3.3) wollen wir exemplarisch die theoretische Offenheit der Frage der Satzglieder im Slavischen anreißen.

2.3.1. Subjekte − Satzsemantik und kognitive Konzeptionen der Subjektivität Wir gehen davon aus, dass Subjekte, wie auch Objekte, in der Phrasenstruktur eine unmittelbare Konstituente bilden und zu den primären Satzgliedern zu zählen sind. Für das Subjekt gilt: (i) [NP, IP/S] und (ii) externe A-Position (Argumentposition) des

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz finiten Kopfes I0 (bzw. T 0 ), mit dem die Kongruenzmerkmale der Person, des Numerus, des Kasus (kanonisch und per Default [Nominativ]) und (im Präteritum und in prädikativen Konstruktionen) des Genus und des Tempus abgeglichen werden; für das Objekt gilt: (i) [NP, VP] und (ii) interne A-Position des Verbs, von dem das Objekt den Kasus [Akkusativ] und die thematische Rolle qua strikte Rektion zugewiesen bekommt. Betrachten wir nun die folgenden russischen Konstruktionen: (1)

kačaet. a. Ivana IvanAkkSg taumeltVimpers.3SgPräs. ‚Ivan taumelt‘ kačaetsja. b. Ivan IvanNomSg taumeltVpersRefl 3SgPräs. ‚Ivan taumelt‘

(2)

a. Ego vsego skrjučilo ot boli IhnAkkSg ganzAkkSg krümmte Vimpers.3Sg. (es) vor Schmerz PPGenNom. ‚Es verzerrte/krümmte ihn vor Schmerz‘ skrjučilsja ot boli. b. On ErNomSg krümmte sichVpersRefl 3SgPräs. vor Schmerz ‚Er verzerrte/krümmte sich vor Schmerz‘

Israeli (1997) zeigt in ihrem semantischen (kognitiven) und pragmatischen theoretischen Ansatz, wie die verschiedenen Konstruktionen die verschiedenen kognitiven Sichtweisen der Sprecher bzw. des Agens spiegeln und wie sie semantisch und pragmatisch kodiert werden. Geht man von der grundsätzlichen Annahme aus, dass syntaktische Repräsentationen in einer eins-zu-eins Beziehung zu ihrer semantischen Kodierung stehen (vgl. den Grundsatz der Kompositionalität und der Homomorphie zwischen Syntax und Semantik bei Montague und in der Kategorialgrammatik, vgl. Partee 2001), so sind die a-Belege Reflexe einer von außen auf das Agens der Handlung einwirkenden Kraft, kodiert nicht in der Default Form des grammatischen Subjekts, während die in anderen europäischen Sprachen als kanonisch geltenden b-Belege eine reguläre morphosyntaktische Kodierung als Subjekt haben, wo der Urheber der Handlung mit dem morphosyntaktischen Default-Subjekt (mit Kongruenzmarkierung und Nominativ) wie im Englischen übereinstimmt. Israeli (1997, 18⫺19) spricht davon, dass „impersonals present the action as propelled by an outside force, designated by accusative of the noun and third person singular (neuter) of the verb (with no grammatical subject). In contrast, their -sja middle counterparts present the action as originating within the Subject itself/himself (or as being so perceived), designated by nominative of the noun and agreement of the verb with the grammatical subject.“ In den folgenden a-Belegen führen wir weitere typische Beispiele mit „defekten“ Subjekten an, in denen eine von außen auf das Subjekt (in einem Kasus obliquus: Genitiv, Akkusativ, Instrumental oder Dativ) einwirkende Kraft die Handlung durchführt, während in den b-Beispielen das grammatische Subjekt (im Nominativ) die Handlung selbst durchführt, unabhängig davon, ob dies willentlich oder unkontrolliert vor sich geht (die engl. Übersetzungen stammen aus Israeli 1997):

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen (3)

a. Lodku kačaet. ‚The boat is being rocked.‘ b. Lodka kačaetsja. ‚The boat is rocking.‘

Eine ähnliche Differenzierung macht Israeli im Bereich der Psycho-Verben in den Belegen (4) a., b. aus. In (4a) kommt das Gefühl des Heimweh von außen, in (4b) von innen: (4)

a. Ego tjanulo domoj. ‚He was drawn home.‘ b. On tjanulsja domoj. ‚He longed to go home.‘

Israeli (1997, 19) sieht in den einzelnen Beispielen auch einen Unterschied in der Art der Konzeptualisierung des Wissens (objektive vs. subjektive Modalität). Auf diese Differenzierung können wir an dieser Stelle jedoch nicht näher eingehen. Wierzbicka (1988, 253⫺254) stellt in ihrem semantischen Grammatikmodell (vgl. Artikel 61 in diesem Band) fest, dass „Russian has a syntactic contrast between ‚voluntary emotions‘ (designated by a verb with the experiencer in the nominative), ‚involuntary emotions‘ (designated by an adverb-like category, the so-called kategorija sostojanija ‚category of state‘, with the experiencer in the dative case), and ⫺ in some cases ⫺ neutral emotions (designated by an adjective, with the experiencer in the nominative)“. Vgl. Beispiele (5)⫺(7). (5)

a. Ivan styditsja. ‚Ivan is „giving himself“ to shame (and is showing it).‘ b. Ivanu stydno. ‚Ivan feels ashamed.‘

(6)

a. Ivan skučaet. ‚Ivan is „giving himself“ to boredom/melancholy (and is showing it).‘ b. Ivanu skučno. ‚Ivan feels bored/sad.‘

(7)

a. Ivan raduetsja. ‚Ivan rejoices.‘ b. Ivan rad. ‚Ivan is glad.‘

Selbst Glück kann entweder als eine intrinsische Qualität einer Person (8a) oder als eine Qualität von Außen betrachtet werden, mit der das Subjekt nichts zu tun hat (8b): (8)

a. Ona vezučaja (vezučij čelovek). / Ona sčastlivaja. ‚She is a lucky person.‘

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398

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz b. Ej vezet. ‚She is lucky.‘ Das Russische hat, ähnlich wie andere slavische und europäische Sprachen, eine ganze Reihe von unpersönlichen Konstruktionen. Allerdings verfügt das Russische in Ergänzung zu den zahlreichen Wetterimpersonalien (dazu vgl. Kosta 1992) noch über weitere Klassen von unpersönlichen Konstruktionen, die andere europäische Sprachen nicht kennen. Mel’čuk (1974a, 1979) analysiert Sätze des Typs (9) und zeigt, dass diese Konstruktionen die Bedeutung Einwirkung von Naturkräften bzw. Naturgewalten implizieren: (9)

Ulicu zasypalo peskom. ‚The street was covered with sand.‘

Wierzbicka (1988, 223⫺234) interpretiert die Verursacher der Handlungen in diesen Konstruktionen als „unbekannte“ Kräfte, die nicht vom Subjekt initiiert und nicht durch das Subjekt kontrolliert seien, während Siewierska (1988, 275) die semantische Rolle der Ursache der Handlung den „übernatürlichen Phänomenen“ zuschreibt. In semantischer Hinsicht frappierend und überraschend ist, dass das Modell der unpersönlichen Konstruktionen dieses Typs sowohl semantische Subklassen bildet, in denen Verursacher der Handlung als Naturkraft usw. benannt oder mitverstanden werden können (Beispiele 9, 10), als auch semantische Subklassen, in denen eine solche Naturkraft nicht als die zuständige Instanz der Handlung betrachtet werden kann (Beispiel 11a⫺c): (10) Ego ubilo molniej. ‚He was killed by lightning.‘ (11) a. Vdrug ego osenilo. (Ožegov) ‚All of a sudden it dawned upon him/he got an idea.‘ b. Otkuda ee prineslo? ‚Where did she come from?‘ c. Slava Bogu, proneslo! ‚Thank God it‘s over (it bypassed me/us).‘ Es gibt sehr viele Beispiele, in denen der Typ der ursprünglich als Naturkraft oder Naturgewalt präsentierten thematischen Rolle Causa nunmehr als konkrete Krankheit (12a) oder als ein Gebrauchsgegenstand des Alltags (12b) erscheint: (12) a. Vrača kontuzilo vo vremja vojny. ‚The doctor had a (severe) concussion during the war.‘ b. Ee sbilo mašinoj. ‚She was hit by a car.‘ Alle hier genannten Beispiele indizieren eine Aktion, die durch Kräfte extern zu dem Satzsubjekt syntaktisch dargestellt werden müssen und nicht mit dem Nominativkasus

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen des Subjekts zusammenfallen. Da die meisten der hier genannten Beispiele für unpersönliche Konstruktionen kein persönliches Gegenstück haben, ist Israeli der Meinung, dass externe Kräfte die Agenten der verschiedenen Handlungen als Teil der so genannten Subjektivität 1 (S1) des Russischen reflektieren würden. Die Konzeption der doppelten kognitiven Perspektivierung der Syntax ist an die Konzeption des kognitiven Weltbilds Wierzbickas angelehnt. Wierzbicka (1979, 313) geht davon aus, dass „every language embodies in its very structure a certain world-view, a certain philosophy.“ Wierzbicka (1979, 313) ist der Auffassung, dass die Syntax einer Sprache bis zu einem gewissen Grad die Denkweise und kognitive Verarbeitung einer bestimmten Sprachgemeinschaft reflektiere: „since the syntactic constructions of a language embody and codify certain language-specific meanings and ways of thinking, the syntax of a language must determine to a considerable extent this language’s cognitive profile.“ Israeli (1997, 18) gibt schließlich ein Beispiel aus Dostoevskij, in dem mit persönlichen und unpersönlichen Konstruktionen desselben Verbs und der Beziehung zu übernatürlichen Kräften gespielt wird: (13) [Kak ona v ee položenii perelezla čerez vysokij i krepkij zabor sada, ostavalos’ v nekotorom rode zagadkoj.] Odni govorili, čto ee „perenesli“, drugie, čto „pereneslo“. (Dostoevskij. Brat’ja Karamazovy) (Bulygina 1980, 328⫺329) ‚[How she in her state climbed over the tall and sturdy fence remained in some way a mystery.] Some said that she was carried over [by people], others that she was carried over by some force.‘

2.3.2. Theorieinterne syntaktische Erklärung Im Unterschied zu den semantischen (kognitiven) Ansätzen von Israeli (1997), Wierzbicka (1979, 1989), Mel’čuk (1979) oder Siewierska (1988) sind die neuesten Theorien des Prinzipien-Parameter-Modells (Chomsky 1995, 1999, 2000a, 2000b, 2001, 2004) nicht an einem Modell der kognitiven Parametrisierung der subjektiven Sicht des Satzsubjekts, des Agens oder des Sprechers interessiert, sondern es geht vielmehr um eine (morpho)syntaktische Erklärung der syntaktischen Realisierung oder Selektion von Subjekt- und Objektargumenten bzw. deren morphologische Markierung am Nomen und Verb. Die genannten Fragestellungen sind v. a. in Bezug auf impersonale Sätze mit internen Argumenten bei gleichzeitigem Fehlen einer nominativischen Nominalphrase (NP) von Bedeutung, nicht zuletzt im Hinblick auf die Legitimität (Lizensierung) des strukturellen Akkusativs, aber auch im Hinblick auf den Status von dativischen QuasiSubjekten in reflexiven impersonalen Sätzen des Typs (1)⫺(13). In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob man anhand von bestimmten Kasusmarkierungen Aussagen über die Argumentrelation (primärer Satzglieder) innerhalb einer syntaktischen Derivation treffen kann (vgl. Franks 1995, 1998). Umstritten ist dabei, ob ein Kasus an eine bestimmte konkret syntaktisch definierbare Position in einer syntaktischen Struktur gebunden ist (Franks 1995) oder nicht (Szucsich 2008, 160). Ein potentielles Problem für die unpersönlichen Konstruktionen bietet unabhängig davon Burzios Generalisierung (1986): Ausgehend von der Beobachtung, dass Verben,

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400

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz die keine thematische Subjektposition haben (wie z. B. passive Verben oder unakkusativische (ergative) Verben), ihren Objekten keinen Kasus zuweisen können (vgl. (14)), postuliert Burzio einen generellen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer thematischen Subjektposition (d. h. der Existenz einer externen Subjekt-Thetarolle) und der Fähigkeit eines Verbs, seinem Objekt einen strukturellen Kasus zuzuweisen. (14) a. [ip e [i’ [vp VERB NP]]] b. [ip NPi [i’ [vp VERB ti ]]] c. [ip e [i’ was [vp arrested he]]] d. [ip hei [i’ was [vp arrested ti ]]] e. [ip [i’ [vp arrived he]]] f. [ip hei [i’ [vp arrived ti ]]] Die Subjektposition hat keine Theta-Rolle, wenn die Objektposition keinen Kasus hat. (15) Burzio’s Generalization (zitiert aus Haegeman 1994, 321) a. A verb which lacks an external argument fails to assign ACCUSATIVE case. (Burzio 1986, 178⫺9) b. A verb which fails to assign ACCUSATIVE case fails to theta-mark an external argument. (Burzio 1986, 184) Szucsich (2008, 160 f.) vertritt die Auffassung, dass „Kasus in slavischen Sprachen [...] auch etwas über den Zeitpunkt des Eintritts einer NP in die syntaktische Derivation aussagen bzw. über die Position, die eine NP nicht einnehmen kann.“ Szucsich zeigt anhand von Bindungsdaten, dass dativische NPn in impersonalen Sätzen ⫺ auch wenn sie Aktanten versprachlichen, die eine Handlung ausführen/verursachen ⫺ offenbar nicht die syntaktische Subjektposition einnehmen bzw. zu dieser Relation nicht in Relation stehen (etwa über Koindizierung), womit sie entweder für die Bindung von reflexiven Possessivpronomina gar nicht in Frage kommen (wie im Slovenischen) bzw. nur exzeptionell (wie im Polnischen). Schließlich bieten impersonale Prädikate die Möglichkeit, morphologische Default-Prozesse speziell im Bereich verbaler bzw. prädikativnominaler Elemente zu untersuchen. Ein Kabinettstück für den Zusammenhang von Kasuszuweisung und Unpersönlichkeit stellen im Slavischen die so genannten adversativen Impersonale dar. Am Beispiel des Russischen hat man die Frage diskutiert, ob in Sätzen vom Typ (10), (12ab) und (14) die funktionale Kategorie, die in personalen Sätzen für die Nominativmarkierung verantwortlich zeichnet, defekt ist. Von dieser Annahme gehen u. a. Lavine/Freidin (2002) und Harves (2002, 2003, 2006, Art. 32, in diesem Band) aus. Szucsich geht dagegen davon aus, dass es für zahlreiche impersonale Konstruktionen in slavischen Sprachen sinnvoll sei, „die Selektion eines semantisch völlig ausgebleichten bzw. eines referentiell reduzierten (über keine φ-Merkmale verfügenden) pronominalen Elements in der Subjektposition (Spez[ifikator]-von-v) anzunehmen.“ (Szucsich 2008, 175). Als Beispiel werden die so genannten adversativen Impersonale (adversativity impersonals) wie in (16) diskutiert (vgl. zu den einzelnen Analysen im Rahmen eines generati-

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen

401

ven Ansatzes v. a. Babby 1994, 1998; Lavine 1998, 1999, 2005; Lavine/Freidin 2002; Harves 2003, 2006 und Art. 32, in diesem Band, Tsedryk 2004): ranilo pulej (16) a. Soldata SoldatAkkSg verletztPrät3SgImpers KugelInstrSg ‚Der Soldat wurde von der/einer Kugel verwundet‘ (Szucsich 2008, 163 ff., Beispiel (3)) ranila soldata b. Pulja KugelNomSg verletztePrät3Sg.Pers den/einen SoldatenAkkSg Lavine (1998, 1999, 2005), Lavine/Freidin (2002) und Harves (2003, 2006, Art. 32, in diesem Band) gehen davon aus, dass bei den adversativen Impersonalen die funktionale Kategorie, die in personalen Sätzen für die Nominativmarkierung verantwortlich zeichnet, defekt ist, und dass umgekehrt das kleine v mit uninterpretierbaren φ-Merkmalen ausgestattet ist und die strukturellen Kasusmerkmale des internen Arguments als Akkusativ spezifiziert. Wie Szucsich (2008) zu zeigen versucht, enthält diese Annahme gleich mehrere theoretische und konzeptionelle Schwächen. Erstens die Stipulation einer kasuszuweisenden Kategorie v; zweitens die stipulative Annahme eines defekten T bezüglich der φ-Merkmale unabhängig von der tatsächlichen Kongruenzmorphologie; und drittens die derivationelle Abhängigkeit der unpersönlichen (14a) und der persönlichen Konstruktionen (14b). Alle diese Arbeiten (Lavine 1998, 1999, 2005; Levine/Freidin 2002 und Harves 2003, 2006, Art. 32, in diesem Band) gehen davon aus, dass die Instrumental-NP pulej in (16a) und die nominativische NP pulja in (16b) syntaktische Realisierungen ein und derselben Theta-Rolle des verbalen Θ-Rasters sind (Babby 1994, 1998). Die entsprechende Repräsentationen für die impersonale und die personale Variante (hier modifiziert von Lavine/Freidin 2002 und Szucsich 2008, 164 übernommen) sind (in 17a vs. 17b): (17) a.

TP

b. νP

Tdef ν[Akk]

TP νP

T[NOM] ν[Akk]

VP V’

NP[uCase] V

VP V’

NP[uCase] NPINST/PP

V

NP[uCase]

Gegen Harves (2002, 2006, Art. 32, in diesem Band) und Lavine/Freidin (2002) weist Szucsich (2008) nach, dass adversative Verben in ihrer personalen Variante „sehr wohl über ein vollwertiges externes Argument verfügen, das produktiven morphosyntaktischen Operationen wie der Passivabsorbtion unterliegen kann“, was sich wiederum als Manipulation eines Selektionsmerkmals der Kategorie v formalisieren lässt. In seinem wichtigen Beitrag dienen Bindungsdaten von so genannten anaphorischen Elementen (beispielsweise reflexiven Possessivpronomina) und Daten der Kontrolle phonetisch

402

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz leerer (koverter) Subjekte (PRO) in infinitiven Nebensätzen (vgl. Szucsich 2008, 160) als Argumente dafür, dass die impersonalen Konstruktionen in slavischen Sprachen die Selektion eines semantisch völlig ausgebleichten bzw. eines referentiell reduzierten (d. h. über keine φ-Merkmale verfügenden) pronominalen Elements in der Subjektposition (Spez-von-v) wahrscheinlich machen. Diese Annahme bestätigt sowohl die syntaktische Hypothese von Burzio (1986) (vgl. Beispiel 15) und widerlegt die Annahme, dass Konstruktionen des unpersönlichen und persönlichen Typs (17a) vs. (17b) syntaktische Realisierungen ein und derselben Theta-Rolle des verbalen Θ-Rasters sind (gegen Babby 1994, 1998). Indirekt wird damit auch der kognitiv-semantische Ansatz aus 2.3.1 durch Argumente einer syntaktischen Theorie bestätigt.

2.3.3. Adjunkte Das Problem der so genannten sekundären Satzglieder kann hier in ganzer Breite nicht mehr dargestellt werden. Traditionell gehören zu den sekundären Satzgliedern die so genannten Adjunkte, d. h. syntaktische Kategorien, die zwar in semantischer Hinsicht zur vollständigen Interpretation des Satzes notwendig sind, in grammatischer Hinsicht jedoch nur einen sekundären Beitrag leisten (vgl. Abb. 31.1, S. 394). Mit anderen Worten kann der Unterschied zwischen einem Satz (18a) und (18b) auch durch die Wohlgeformtheitsbedingungen an einen grammatischen Output systematisch beschrieben werden. Alles, was weglassbar ist, bildet gemäß der Weglassprobe (Grewendorf/Hamm/ Sternefeld 1989, 160) Konstituenten. Umgekehrt ausgedrückt, können Elemente, die nicht weggelassen werden dürfen, keine Konstituenten bilden: (18) a. *Praha leží na Vltavě *Prag liegt an der Moldau b. √Petr leží v posteli √Peter liegt im Bett Die Vorhersage wäre, dass die beiden Verben nicht miteinander koordiniert werden können und dass auch die Bildung von Ellipsen (vgl. den Beitrag 45. von Lilia Schürcks in diesem Band) nicht immer möglich ist: (18) c. d. e. f.

*Praha *Praha *Praha *Praha

(leží) na Vltavě a Petr leží v posteli. leží na Vltavě a Petr (leží) v posteli. leží (na Vltavě) a Petr leží v posteli. leží na Vltavě a Petr leží (v posteli).

In den Zusammenhang gehören adverbiale Phrasen der Art und Weise, des Ortes, der Richtung, der Zeit, der verschiedenen Arten von Modalität usw. Es wurde in der slavistischen generativen Literatur mehrfach darauf hingewiesen, dass adverbiale Phrasen grundsätzlich von zwei Standpunkten betrachtet werden können: zum einen vom Standpunkt der so genannten merkmalsbasierten Theorie der Adverbiallizensierung, bei der von einem streng antisymmetrischen Mechanismus und Aufbau syntaktischer Strukturen ausgegangen wird, in denen Adverbiale als Spezifizierer funktionaler Kategorien auftreten, zum anderen von der prinzipiellen Möglichkeit einer mehrfachen syntaktischen Adjunktion, wobei Adverbiale als Adjunkte analysiert werden (vgl.

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen Abb. 31.1, S. 394). Letztere Theorie scheint aus konzeptioneller und empirischer Sicht adäquater. Sie setzt allerdings voraus, dass die crosslinguistisch festgestellten Beschränkungen und Unterschiede bei den Adverbialen bezüglich ihrer relativen Abfolge über semantische Restriktionen zu erklären und letztlich als Folge ihrer lexikalischen Bedeutungseinträge und ihrer Kompatibilität mit der Bedeutung der Ausdrücke, die sie modifizieren, zu analysieren sind. Diesen Ansatz vertreten die meisten uns bekannten theoretischen Ansätze, von denen ich an dieser Stelle nur die folgenden nenne: Bošković (1997), Ernst (2002), Frey (2000), Haider (2000), Junghanns (2006), Kosta (1998, 2003a, 2003b, Kosta/Schürcks 2007, 260 f.), Szucsich (2002). Die Evidenz aus einer Reihe europäischer und außereuropäischer Sprachen beweist, dass die von Cinque (1999) angenommene relative Anordnung der Adverbien zwar richtig ist, dass es aber nicht notwendig ist, von spezifischen funktionalen Projektionen für AdvP auszugehen (gegen Cinque 1999; Alexiadou 1994, 1997). In Übereinstimmung mit Junghanns (2006) und Szucsich (2002) gehe ich von einem basisgenerierten Ansatz aus und nehme an, dass satzwertige Adverbien (so genannte Satzadverbien, im Folgenden SA) in der Basis an eine oberhalb der vP bzw. VP liegende TP oder CP adjungieren, während die so genannten ‚lower adverbials‘ (manner adverbs, im Folgenden VP-Adv) innerhalb der Domäne der VP bzw. vP an letztere adjungieren, wie im Baum (19) dargestellt:

TP

(19)

Subjekt

T’

T0

Agr P

Agr P

Satzabverbien

VP

A0gr

VP-Adv

VP

Im Unterschied zu meiner Annahme, dass Satzadverbien oberhalb der VP-Etage an eine AgrP adjungieren, behauptet Junghanns (2006), dass die von ihm im Tschechischen untersuchten Satzadverbien der epistemischen Klasse (pravděpodobně ‚wahrscheinlich‘, snad ‚möglicherweise, vielleicht‘, jistě ‚sicherlich‘), der faktiven Klasse (bohužel ‚leider‘, ovšem ‚natürlich‘, pochopitelně ‚verständlicherweise‘) und der verifikativen Klasse (opravdu ‚wirklich‘, samozřejmě ‚selbstverständlich‘, skutečně ‚tatsächlich‘) „[are] base generated very low in the structure of the clause, viz. as an adjunct to VP just like any other free (i. e., non-subcategorized) adverbial“ (Junghanns 2006).

403

404

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Meine Argumente für mindestens zwei unterschiedliche syntaktische Positionen von Satz- vs. VP-Adverbien stützen sich auf folgende empirische Fakten: Während Satzadverbien in der Regel die Reichweite (den Skopus) der Satznegation in negierten Propositionen nicht erfasst, verhalten sich so genannte ‚manner adverbs‘ (Adverbien der Art und Weise) wie z. B. tschechisch pěkne ‚schön‘, vlídně ‚freundlich, zuvorkommend‘, nahlas ‚laut‘, dobře ‚gut‘ usw. so, dass sie sensitiv auf die Satznegation reagieren und von letzterer eine kontrastive Fokuslesart erhalten (vgl. dazu Kosta 2003a, 2003b, außerdem auch den Artikel 47. zur Wortfolge Kosta/Schürcks und Junghanns/Zybatow 48. in diesem Band, zum kontrastiven Fokus siehe auch Kosta/Schürcks 2007). Dazu vgl. die folgenden Belege: 0 (20) [AGRSPUrčitě [AGRSP AgrS jsem [TP [NEGP [AGROP nic [FOCVP ti Surely aux1sg Neg told nothingAKK [VP NAhlas]]]]]]]. loudly ‚It is sure that I haven’t said anything loudly.‘

Der Beleg (20) zeigt die Skopusverhältnisse von Negation, SA und VP-Adv. Das erste Adverb in (20) ist ein SA der verifikativen Klasse (vgl. Tabelle 31.1, S. 405, 5a), das rechts stehende VP-Adv. ist ein Adverb der Art und Weise. Die Skopusunterschiede beider Adverbiale sind die folgenden: Während SA der epistemischen Klasse (wie určitě ‚sicherlich‘) die Satznegation c-kommandieren, c-kommandiert die Satznegation (NegP) den ganzen NegV-Komplex (also das direkte Objekt, das Negativpronomen nic ‚nichts‘ und das VP-Adv. der Art und Weise nahlas ‚laut‘). Daraus ergibt sich die Reihenfolge der Skopusverhältnisse (21): (21) [SA [Neg […] [VP [VP Adv ]]]] Aus den Skopusverhältnissen folgt die relevante unterschiedliche Lesart von Sätzen mit Satznegation, SA und VP-Adv.: die Satznegation (20) verneint in der VP-Projektion nämlich nicht das Ereignis der Verbalhandlung als solche, sondern deren Modifizierung durch das VP-Adv, während das SA in (20) außerhalb des Skopus der Satznegation steht, und folglich den ganzen Sachverhalt in Bezug auf seine modale bzw. epistemische Wahrheit modifiziert. Selbst wenn Junghanns (2006) Fälle anführt, in denen die Satznegation auf der Oberflächenstruktur Skopus über den SA einzunehmen scheint (siehe in 22 vlastně ‚eigentlich‘), stellen solche Fälle semantisch keine Gegenevidenz dar, da davon auszugehen ist, dass nie das SA als solches negiert wird, sondern nur der Rest der Proposition: (22) [Tenkrát se [člověk [vlastně [nikde jinde] At that time Time Adverb Refl manNom actually V-SA nowhere else Local Adverb ani [usadit []]]]] even NegPart settle down Neg could ‚At that time none actually could have settled down at any other place.‘ Junghanns konzediert selbst, dass die oberflächenstrukturelle Konfiguration solcher Sätze nie die tatsächlichen (d. h. satzsemantischen) Skopusverhältnisse reflektiere, und schlägt für die Fälle, wo die Satznegation oberhalb eines SA in der Syntax zu stehen

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen kommt, daher eine Analyse mit koverter (non-overter) Bewegung des SA über dem Neg-Verb-Komplex und Adjunktion an CP nach Spell-Out auf der Ebene der LF vor: (23) Scope resolution after Spell-Out: The SA moves to adjoin to CP [CP [SA] [CP…[NegP[Neg] … [VP tSA [VP…]]]]] (Junghanns 2006) Die relative Anordnung der Adverbiale im Slavischen stellen wir in der folgenden Tabelle 31.1 dar: 1. diskursorientierte Adverbien, sog. konjunkte Adverbien: (tsch. přičemž, ale, totiž, russ. vposledstvii ...) 2. formale Adverbien: (tsch. přesně tak, absolutně) 3. Satzmodus-Adverbien (‚Mood-Adverbs‘): (a) Sprechakt-Adverbien: (tsch. upřímně řečeno, sbkr. iskreno, russ. otkrovenno govorja, čestno govorja) (b) Evaluative Adverbien: (tsch. naštěstí, bohužel, russ. k sčast’ju ...) (c) Evidentielle Adverbien: (tsch. prý, očividně, sbkr. očigledno, russ. jakoby, očevidno) 4. Domänen-Adverbien: (russ. političeski, tsch. politicky ...) 5. Modale Adverbien: (a) faktive (tsch. ovšem ‚natürlich‘, pochopitelně ‚verständlicherweise‘) (b) verifikative (tsch. opravdu ‚wirklich, tatsächlich‘ samozřejmě ‚selbstverständlich‘, skutečně ‚tatsächlich‘) (c) epistemische (tsch. pravděpodobně ‚wahrscheinlich‘, jistě ‚sicherlich‘) (d) (ir)reale (tsch. snad, možná ‚möglicherweise, vielleicht‘) (e) deontische (tsch. nutně ‚notwendigerweise‘) (f) volitionale (tsch. dobrovolně ‚freiwillig‘, cílevědomně ,zielbewusst‘, záměrně, naschvál ‚absichtlich‘) (g) abilitative (tsch. chytře, moudře ‚clever, klugerweise‘, správně ‚korrekterweise‘) usw. (5 f⫺g sind subjektorientierte SA) 6. Zeitadverbien: [T(Anterior)] kdysi ‚einst‘ tehdy ‚damals‘ 7. Aspektuelle Adverbien I: (a) habituelle: (tsch. obyčejně, sbkr. obično ‚gewöhnlich‘) (b) repetitive: (tsch. opět, zase, sbkr. opet ‚wieder‘) (c) frequentative : (tsch. často, sbkr. često ‚oft‘) (d) celerative : (tsch. rychle, sbkr. brzo ‚schnell‘) (e) perfektive : (tsch. už ne, vždy, sbkr. (nije) više ‚(no) longer‘) (f) kontinuative : (tsch. ještě, sbkr. još ‚noch‘) (g) retrospektive : (tsch. zrovna, sbkr. upravo ‚gerade‘) VP-Adverbien: 8. Aspektuelle Adverbien II: (a) prospektive: (tsch. skoro, sbkr. gotovo ‚fast‘) (b) quantifizierende: (tsch. hodně, dost, sbkr. dosta, dovoljno ‚viel, genug‘) (c) kompletive: (tsch. zcela, docela, sbkr. potpuno ‚völlig‘) 9. ‚Manner Adverbs‘ (u. a. Umstandsadverbien) (tsch. dobře, vlídně, lačně, nahlas … ‚gut, freundlich, gierig, laut‘ …‚ sbkr. dobro ‚well‘ …) Tabelle 31.1: Satzwertige Adverbien (SA) vs. VP-Adverbien

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz

3. Das Dependenzmodell, die Valenzgrammatik und die Funktionale Syntax Sicherlich können auch alternative Modelle der Satzgliedlehre und der Impersonalität (wie z. B. die Valenztheorie, die Dependenzgrammatik, so in RG 1980 und den meisten slavischen Grammatiken und Lehrbüchern, zuletzt in Bartnicka et al. 2004) insbesondere für didaktische Zwecke in der Slavistik zur Anwendung kommen. Im Rahmen der Habilitation zu leeren Subjekten und Objekten in den nordslavischen Sprachen (Kosta 1992, 441) konnte jedoch nachgewiesen werden, dass das Konzept der Valenztheorie von nullwertigen (also subjektlosen) Sätzen ausgeht, einer Annahme, die spätestens seit Chomsky (1981) obsolet geworden ist. In der Dependenzgrammatik (Tesnière 1966) [engl. dependency grammar, russ. grammatika zavisimostej] oder auch Abhängigkeitsgrammatik werden ähnlich wie im Phrasenstrukturmodell die linearen Sequenzen des Satzes durch ein Hierarchiemodell dargestellt, an dessen Spitze das Verb steht. Die D. stützt sich auf die Begriffe der Valenz und Dependenz. Die Wahl des Prädikats (Verbs) als Hauptknoten ist eine mehr oder weniger axiomatische Setzung (im Sinne Hjelmslevs besteht zwischen Subjekt und Prädikat Interdependenz), die eine Alternative des Satzes aufgrund der gleichrangigen Subjekt-Prädikat-Beziehung sein will. Diese Auffassung findet sich ebenfalls in dem Modell der Funktionalen Generativen Syntax (Petr Sgall, Eva Hajičová und Jarmila Panevová, vgl. Panevová 2005; Hajičová/Sgall 2003; Sgall/Hajičová/Panevová 1986; Sgall 2006). Das Subjekt verliert in struktureller Sicht seine semantisch und syntaktisch begründete Sonderstellung, im Satz nimmt bei Tesnières semantischer Konzeption das Verb/ Prädikat (z. B. ist grün, schläft …) die Position des Regens ein. Ein wichtiges Anliegen der Valenztheorie ist der Status des Satzsubjekts. Im Unterschied etwa zur Standardtheorie der generativen Transformationsgrammatik (Chomsky 1965) hat in der Valenztheorie das Subjekt keinen privilegierten Status, es wird als eines der Verbalergänzungen (Aktanten) betrachtet. Dennoch nimmt etwa Helbig eine gewisse Hierarchie der nichtverbalen Konstituenten in seiner Theorie an, in welcher das Subjekt am höchsten steht, und zwar in dem Sinn, dass es enger durch die Valenz des Verbs gebunden ist als andere Konstituenten. Der Grund für diese Annahme ist das Kongruenzverhalten mit dem persönlichen Verb und die thematische Struktur mit Agens als dem Urheber der Handlung. Abgesehen davon wird das Subjekt keiner besonderen Betrachtung unterzogen. Der Satz wird also nicht als S 0 NP VP (Subjekt/Prädikat) analysiert. Dadurch wird das Subjekt als eines von vielen Subkategorisierungselementen der Verbalvalenz (nämlich als Komplement) betrachtet. Eine wichtige Annahme der Valenztheorie ist, dass ein Subjekt in der Oberflächenstruktur erscheinen kann oder auch nicht erscheinen kann. Wie alle anderen Konstituenten wird es also in Abhängigkeit vom Subkategorisierungsrahmen des Verbs (c-Selektion der generativen Syntax) als obligatorisch, fakultativ oder nicht existent analysiert. Ein praktischer Vorteil, gewissermaßen aber zugleich ein konzeptueller Nachteil dieser Theorie ist, dass man hier auch mit „subjektlosen Sätzen“ argumentieren kann, eine Annahme, die konträr zu den Ergebnissen der Forschung in der Prinzipien-Parameter-Theorie und zu dem zentralen Prinzip (Erweitertes Projektionsprinzip, EPP) steht.

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen In der Theorie der Valenz bilden subjektlose Sätze eine recht heterogene Gruppe: mich friert, gestern Abend wurde getanzt, es regnet, mir graut vor dir werden in einem Atemzug mit Wetterverben es regnet, es donnert, es schneit … erwähnt. Die unpersönlichen Passive werden als Verben ohne [NP] im Nominativ klassifiziert. Unpersönliche Passive können dativische, genitivische oder PP-Komplemente haben oder durch lokativische, direktionale oder temporale Adjunkte modifiziert werden. Durch diese Option kann Helbig darauf verzichten, ihren genauen syntaktischen Status zu bestimmen. Sätze wie dem Verwundeten wurde geholfen, der Toten wurde gedacht, auf diese Methode kann verzichtet werden, gestern Abend wurde getanzt, jetzt wird gefeiert, gehören in diese Gruppe. In ähnlicher Weise wie diese Konzeption werden die Dependenzgrammatik bzw. Valenztheorie in den meisten syntaktischen Schulen der slavischen Länder rezipiert und weiter tradiert. Repräsentativ für die Annahme der Reduktion oder Dezentrierung einer Argumentstelle durch Passivierung sind die Ansätze der Prager funktionalen Syntax (vgl. den Artikel Nr. 41 zur Dezentrierung und Diathese von Štícha in diesem Band). Die wichtigste Forschungsrichtung innerhalb der russischen Grammatiktradition stellt die Funktionale Grammatik der Vinogradov-Schule am Institut Russkogo Jazyka der Russischen Akademie in Moskau dar. In dieser Gruppe wurde und wird auch intensiv am Begriff der Satzglieder und der persönlichen, unbestimmt-persönlichen und unpersönlichen Konstruktionen der russischen Sprache gearbeitet. Stellvertretend und repräsentativ seien die Arbeiten Galina Andreevna Zolotovas (Zolotova 1973, 1988, 19991, 1998, 2000) genannt. Der Aufsatz „Sub”ektnye modifikacii russkogo predloženija“ (Zolotova 1991) ist gewissermaßen für die gesamte Konzeption Zolotovas repräsentativ und auch für die gesamte russische und russistische Syntaxtradition der funktionalen Grammatik prägend. Im Mittelpunkt der Tätigkeit der funktionalen Syntax Zolotovas steht der Begriff der Satzmodifikation. Durch die Modifikation (modifikacija) kann die kategoriale Satzbedeutung variiert werden. Wichtig für die Arbeiten Zolotovas ist der Begriff der Personalität, durch den der Unterschied zwischen persönlichen, unbestimmt-persönlichen und unpersönlichen Sätzen dargestellt wird. Während persönliche Sätze (b-Sätze) also direkt durch das Vorhandensein der Kategorie personales Subjekt semantisch erklärt werden, drücken unpersönliche Sätze die Kategorie der Personalität nicht (das Fehlen der Kategorie der Deixis ist ein Merkmal davon) aus, sondern nur die grammatische Kategorie der Person (vgl. dazu auch Kosta 1992, 447). Der Unterschied zwischen grammatischem Ausdruck des Subjekts und seiner logisch-semantischen Basis wird in der russischen Terminologie der RG 1980 auch durch die Opposition podležaščee (wohl eine Lehnübersetzung aus dem griechisch-lateinischen Aristotelischen Begriff hypokeimenon/Subjekt) und sub”ekt deutlich, eine Unterscheidung, die auch in der Akademiegrammatik (RG 1980, II, S. 253, § 2267) thematisiert wird. In ähnlicher Weise wird auch zwischen dem grammatischen Ausdruck des Objekts (dopolnenie, wörtlich ‚Komplement‘) und seiner semantisch-logischen Basis (ob”ekt) unterschieden (vgl. RG 1980, II, S. 253, § 268). Das Verhältnis von Subjekt und Prädikat wird oft eher logisch-semantisch als syntaktisch bestimmt. Dagegen enthält der Sintaksičeskij slovar’ von Zolotova (1988, 431 f.) keine solche Unterscheidung, sondern behandelt sub”ekt (predloženija) und podležaščee als synonyme Begriffe (a. a. O., 432).

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4. Zwischen Tradition und Innovation In der Brünner syntaktischen Tradition, repräsentiert durch die Arbeiten von Petr Karlík und Miroslav Grepl (früher Jaroslav Bauer), versteht man unter dem Begriff des větný člen ein syntaktisch relevantes Element der Satzgruppe (syntakticky relevantní prvek/element větné skupiny), zu dem man aufgrund der syntaktischen Analyse gelangt. Interessanterweise wird bei dem Begriff der syntaktischen Analyse auch auf die durch syntaktische Tests gewonnene Konstituentenstruktur und auf die X-BarTheorie hingewiesen. Die Brünner Syntax hat sich, ähnlich wie die Funktionale Generative Syntax der Prager Schule (unter dem Doyen der aktuellen Satzgliederung Petr Sgall und seinem Team um Eva Hajičová und Jarmila Panevová), schon in den 90er Jahren an den theoretischen Ansätzen der Rektions-Bindungs-Theorie und des Minimalismus Chomskys orientiert, was nicht nur ihren Niederschlag in Form von Handbüchern und Nachschlagewerken gefunden hat (vgl. etwa Karlík et al. ESČ 2002, Čeština univerzália a specifika 2001, 2003), sondern auch darin, dass eine ganze Anzahl generativ arbeitender Syntaktiker und Bohemisten aus dem Ausland regelmäßig nach Brünn und Prag zu den zahlreichen Konferenzen und Tagungen kommen, und eine Menge junger Nachwuchswissenschaftler in mehreren europäischen Zentren der syntaktischen Forschung arbeiten, von denen einige bereits erfolgreich zu einem generativen Thema promoviert haben (Petr Caha in Tromsø, Jakub Dotlačil in Utrecht, Jaroslav Kyncl in Potsdam und Wolverhampton, Linda Awadová in Potsdam und Brünn, Denisa Lennertová in Tübingen und Leipzig, Petr Biskup in Leipzig und Prag, Mojmír Dočekal in Potsdam und Brünn). In Polen, Tschechien, Kroatien und in Bulgarien haben sich schon sehr früh ⫺ neben der eigenen syntaktischen Tradition ⫺ zahlreiche Gruppen organisiert, die sich intensiv mit dem Thema der generativen Syntax auseinandersetzen. Erinnert sei an die folgenden Konferenzen zur formalen Beschreibung slavischer Sprachen, an denen regelmäßig Slavisten und Linguisten aus der ganzen Welt teilnehmen: Formal Approaches to South Slavic and Balkan Languages, Formal Description of Slavic Languages ⫺ FDSL (die erste Konferenz fand im Jahre 1997 in Leipzig statt und findet seither regelmäßig alle zwei Jahre abwechselnd zwischen Leipzig und Potsdam statt). Alle diese Tagungen wären ohne die amerikanische Pionierarbeit mit FASL kaum denkbar gewesen.

5. Alternative Ansätze Alternative Modelle der exakten Erfassung, Beschreibung und Erklärung syntaktischer Phänomene, wie z. B. das Problem der Satzglieder, unter dem Gesichtspunkt der Vorhersagbarkeit, vergleichbar mit der generativen Syntax, lassen sich in der slavischen Syntaxforschung kaum ausmachen. Zur Beschreibung der funktionalen Syntax verweisen wir auf die ausführliche Darstellung im Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik von Gladrow/Kosta (1999) sowie Gladrow Art. 25, in diesem Band; zur Beschreibung der Syntax in einem Modell der Head-driven Phrase Structure Grammar/ HPSG; (Pollard/Sag 1994) verweisen wir auf die zahlreichen Artikel und Monographien des Teams von Adam Przepiórkowski, z. B. Przepiórkowski (1997, 307⫺320);

31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen Przepiórkowski (2001, 117⫺126); aus der Sicht der Bulgaristik Avgustinova (1997, 2002, 2003) und der Bohemistik Avgustinova/Oliva (1997); zur Beschreibung der Syntax in der generativen Grammatik vgl. zusammenfassend Franks (1995, 1998) sowie Franks (Art. 26, in diesem Band) und Kosta (1990, 1992, 1995/1996, 1997, 1998, 2002a, Kosta/Veselovská 2002b, Kosta 2003ab, Kosta/Frasek 2004; Kosta 2006; Kosta/Schürcks 2007; Kosta/Schürcks, Art. 47, in diesem Band).

6. Literatur (in Auswahl): Alexiadou, Artemis (1994): Issues in the Syntax of Adverbs. Dissertation Universität Potsdam. Alexiadou, Artemis (1997): Adverbs Placement: A Case Study in Antisymmetric Syntax. Amsterdam. Apresjan, Jurij D. (1986): „Deiksis v leksike i grammatike i naivnaja model’ mira.“ // Semiotika i informatika 28. Moskva. 5⫺33. Apresjan, Jurij D. (1988): „Pragmatičeskaja informacija dlja tolkovogo slovarja.“ // Pragmatika i problemy intensional’nosti. Moskva. 7⫺44. Apresjan, Jurij D./Iomdin, Leonid A. (1989): „Konstrukcija tipa NEGDE SPAT’: sintaksis, semantika, leksikografija.“ // Semiotika i informatika 29. Moskva. 34⫺92. Avgustinova, Tania/Oliva, Karel (1997): „On the nature of the wackernagel position in czech“. // Junghanns, Uwe/Zybatow, Gerhild (eds.). Formale Slavistik. Frankfurt am Main. 25⫺47. Avgustinova, Tania (2002): „Clustering Clitics in Bulgarian Nominal Constituents“ // Kosta, Peter/ Frasek, Jens (eds.). Current Approaches to Formal Slavic Linguistics. Contributions of the Second Conference on Formal Description of Slavic Languages (FDSL II) held at Potsdam University, November 20⫺22, 1997. Frankfurt am Main [etc.]. 63⫺72. Avgustinova, Tania/Skut, Wojciech (1997): „Encoding Common Slavic Linguistic Knowledge in HPSG.“ // 2 nd European Conference on Formal Description of Slavic Languages (FDSL 2), November 20⫺22, 1997. Avgustinova, Tania (2003): „Russian Infinitival Existential Constructions from an HPSG Perspective“. // Kosta, Peter et al. (eds.). Investigations into Formal Slavic Linguistics: Proceedings of the Fourth European Conference on Formal Description of Slavic Languages ⫺ FDSL 4, Potsdam, 28⫺30 November 2001. Frankfurt am Main [etc.]. 461⫺481. Babby, Leonard (1994): „A Theta-theoretic Analysis of Adversity Impersonal Sentences in Russian“. // Avrutin, Sergei et al. (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 2. Ann Arbor. 25⫺67. Babby, Leonard (1998): Voice and Diathesis in Slavic. Position paper presented at the Workshop ‚Comparative Slavic Morphosyntax‘ at the Indiana University. Bloomington. Bartnicka, Barbara/Hansen, Björn et al. (2004): Grammatik des Polnischen. München. Bolinger, Dwight (1968): Aspects of Language. New York. Bondaruk, Anna (2004): PRO and Control in English, Irish and Polish ⫺ A Minimalist Analysis. Lublin. Bošković, Željko (1997): The Syntax of Nonfinite Complementation: An Economy Approach. Cambridge, Mass. Bulygina, T. V. (1980): „Grammatičeskie i semantičeskie kategorii i ix svjazi.“ // Aspekty semantičeskix issledovanij. Ms. 320⫺355. Burzio, Luigi (1986): Italian Syntax. Dordrecht. Chomsky, Noam (1965): Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge, Mass. Chomsky, Noam (1981): Lectures on Government and Binding. Dordrecht. Chomsky, Noam (1986): Knowledge of Language. Its Nature, Origin and Use. New York, Westport, Connecticut, London.

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31. Satzglieder und impersonale Konstruktionen im Slavischen Marušić, Franc/Žaucer, Rok (2005a): „A Reanalysis of the FEEL-LIKE Dative-Reflexive Construction in Slovenian“. // Arnaudova, Olga et al. (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 12. Ann Arbor. 293⫺312. Marušić, Franc/Žaucer, Rok (2005b): On the Intensional FEEL-LIKE Construction in Slovenian: A Case of a Phonologically Null Verb. Manuscript. Stony Brook, Otawa [to apper in NLLT]. Maynard, Senko K. (1993): Discourse Modality: Subjectivity, Emotion and Voice in the Japanese Language. Amsterdam. Mel’čuk, I. A. (1974a): „O sintaksičeskom nule.“ // Xolodovič, A. A. (ed.). Tipologija passivnyx konstrukcij Leningrad. 343⫺361. Mel’čuk, I. A. (1979): „Syntactic, or Lexical, Zero in Natural Language“. // Proceedings of the Annual Meeting of the Berkeley Linguistics Society. 224⫺260. Mikaelin, Irina/Roudet, Robert (1999): „Russkij dativ: Ot adresata k sub“ektu.“ // Russian Linguistics 23. 11⫺40. Mulisch, Herbert (1993): Handbuch der russischen Gegenwartsprache. Leipzig. Nunes, Jairo (2004): Linearization of Chains and Sideward Movement. Cambridge, Mass. Panevová, Jarmila (2005): „Sloveso: centrum věty, valence: centrální pojem syntaxe.“ // Šimková, Mária (ed.). Proceedings of Aktuálne otázky súčasnej syntaxe. Budmerice, Slovakia, Nov. 7⫺ 8, 2002. 73⫺77. Partee, Barbara (1973): „Some transformational extensions of Montague grammar“. // Journal of Philosophical Logic, 2: 509⫺534. Partee, Barbara H. (1975): „Montague grammar and transformational grammar“. // Linguistic Inquiry, 6. 203⫺300. Partee, Barbara H. (ed.) (1976): Montague Grammar. New York Partee, Barbara H./Hendriks, H. L. W. (1997): „“Montague grammar“. // Van Benthem, Johan/ Ter Meulen, Alice (eds.). Handbook of Logic and Language. Amsterdam/Cambridge. 5⫺91. Partee, Barbara H. (2001): „Montague grammar“. // Smelser, Neil J./Baltes, Paul B. (eds.). International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences. Oxford. Pesetsky, David (1995): Zero Syntax: Experiencers and Cascades. Cambridge, Mass. Perlmutter, David/Moore, John (2002): „Language internal Explanation: The Distribution of Russian Impersonals“. // Language 78. 619⫺650. Przepiórkowski, Adam (1997). Przepiórkowski, Adam (2001). Puzynina, Jadwiga (1993): „Die sogenannten ‚unbestimmt-persönlichen‘ Formen in der polnischen Sprache“. // Hentschel, Gerd/Laskowski, Roman (eds.). Studies in Polish Morphology and Syntax. München. 31⫺61. Rappaport, Gilbert (1984): Grammatical Function and Syntactic Structure: The Adverbial Participle of Russian. Columbus. RG 1980 = Švedova, N. Ju. (red.) (1980): Russkaja grammatika. Tom II: Sintaksis. Moskva. Rivero, María Luisa (2002): „On impersonal reflexives in Romance and Slavic and semantic variation“. // Camps, J./Wiltshire, C. (eds.). Romance Syntax, Semantics and L2 Acquisition. Selected papers from the 30th Linguistic Symposium on Romance Languages, Gainesville, Florida, February 2000. Amsterdam/Philadelphia. 169⫺195. Russell, Bertram (1940): An Inquiry into Meaning and Truth. London. Russische Sprache der Gegenwart. Bd. 3. Syntax. / Hrsg. von einem Redaktionsrat unter Leitung von Kurt Gabka. Leipzig. 1987. Russisch im Spiegel des Deutschen: Eine Einführung in den russisch-deutschen und deutsch-russischen Sprachvergleich. Hrsg. von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Wolfgang Gladrow. Leipzig. 1989. Růžička, Rudolf (1992): „Slavic and Italian Impersonal Constructions with Reflexive Clitics“. // Zimmermann, Ilse (ed.). Fügungspotenzen. Zum 60. Geburtstag von Manfred Bierwisch. Berlin. 133⫺161.

413

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VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Saussure, Ferdinand de (1983/1986): Course in General Linguistics. Eds. Charles Bally and Albert Sechehaye with collaboration of Albert Riedlinger; translated and annotated by Roy Harris. LaSalle. Schorlemmer, Maike (1994): „Dative Subjects in Russian“. // Toman, Jindřich (ed.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 1. Ann Arbor. 249⫺270. Schorlemmer, Maike (1996): „The Affix-Clitic Distrinction and Russian SJA“. // Alexiadou, Artemis et al. (eds.). ZAS Papers in Linguistics 6. Berlin. 150⫺165. Sgall, Petr (2006): Language in its multifarious aspects. Prague. Sgall, Petr/ Hajičová, Eva/Panevová, Jarmila (1986): The Meaning of the Sentence and Its Semantic and Pragmatic Aspects. Ed. by J. L. Mey. Dordrecht⫺Prague. Siewierska, Anna (1988): „The Passive in Slavic“. // Passive and Voice. Amsterdam/ Philadelphia. 243⫺289. Skorniakova, Oksana (2006): The Existence of an Expletive Subject in Russian Impersonal Sentences. Paper presented at the First Conference of the Slavic Linguistic Society. Bloomington. Sobin, Nicholas (1985): „Case Assignment in Ukrainian Morphological Passive Construction“. // Linguistic Inquiry 16(4). 649⫺662. Swan, O. (2006): Impersonal Sentences and the Silent Expletive Hypothesis. Paper presented at the First Conference of the Slavic Linguistic Society. Bloomington. Szucsich, Luka (2007): „Nothing Wrong with Finite T: Non-Agreeing Accusative Impersonal Sentences“. // Golędzinowska, M. et al. (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 15. Ann Arbor. Szucsich, Luka (2008): „Evidenz für syntaktische Nullen aus dem Burgenlandkroatischen, Polnischen, Russischen und Slovenischen. Merkmalsausstattung, Merkmalshierarien und morphologische Defaults“. Beitrag auf dem 15. JungslavistInnen-Treffen in Bochum 27.⫺30. September 2006 // ZfSl 53 (2008) 2. 160⫺177. Tesnière, Lucien (1966): Éléments de syntaxe structurale. Paris. Testelec, Jakov G. (2001): „Podležaščee“. // Testelec, Jakov G. Vvedenie v obščij sintaksis. Moskau. 317⫺359. Torrego, Esther (1988): The Dependencies of Objects. Cambridge, Mass. Tsedryk, Egor (2004): „Case and Agreement in Russian Adversity Impersonal Constructions“. // Arnaudova, Olga et al. (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 12. Ann Arbor. 419⫺ 438. Vogeleer, Svetlana (1987): „Le concept de point de vue et son application aux phrases existentielles qui ouvrent un texte narratif.“ // Le Langage et l’Homme 22. 26⫺32. Vol’pert, R. X. (1979): Konnotativnyj uroven’ opisanija grammatiki. Riga. Wierzbicka, Anna (1979): „Ethno-syntax and the Philosophy of Grammar.“ // Studies in Language 3.3. 313⫺383. Wierzbicka, Anna (1981): „Case Marking and Human Nature.“ // Australian Journal of Linguistics 1. 43⫺80. Wierzbicka, Anna (1988): „The Semantics of Grammar“. // Studies in Language Companion Series 18. Amsterdam. Williams, Edwin (1980): „Predication.“ // Linguistic Inquiry 11. 203⫺238. Williams, Edwin (1994): Thematic structure in syntax. Cambridge, Mass. Williams, Edwin (2003): Representation Theory. Cambridge, Mass. Xrakovskij V. S. (1985): „Koncepcija členov predloženija v russkom jazykoznanii XIX veka“. // Grammatičeskie koncepcii v jazykoznanii XIX veka. Yokoyama, Olga T. (1986): „Discourse and Word Order“. // Pragmatics & Beyond Companion Series 6. Amsterdam/Philadelphia. Zolotova, G. A. (1988): Sintaksičeskij slovar’. Repertuar ėlementarnyx edinic russkogo sintaksisa. Moskva. Zolotova, G. A. (2000): „O glavnych členach predlezenija: diskussionnye voprosy“. // Funkcional’nye i semantičeskie charakteristiki teksta, vyskazyvanija, slova. Moskva.

32. Unaccusativity

415

Zolotova, G. A./Onipenko, N.K./Sidorova, M. Ju. (1998): The Communicative Grammar of Russian. Moskva. Zolotova, G. A. (1991): „Sub’’ektnye modifikacii russkogo predloženija“. // Words are physicians for an ailing mind. For Andrzej Bogusławski on the occasion of his 60 th birthday. Edited by Maciej Grochowski and Daniel Weiss. München. 509⫺515. Zolotova, G. A. (1982): „O Sub’’ekte predloženija v sovremennom russkom jazyke“. // Zolotova, G. A. Kommunikativnye aspekty russkogo sintaksisa. Moskva. 133⫺156.

Peter Kosta, Potsdam (Deutschland)

32. Unaccusativity 1. 2. 3. 4.

Introduction Unaccusativity Diagnostics in Slavic Unaccusative Syntax in Russian Literature (selected)

Abstract This paper presents a brief overview of syntactic diagnostics for unaccusativity in Slavic with a focus on Russian. Three diagnostics are discussed in detail: the genitive of negation, distributive po-phrases, and locative inversion. A comparison of two of these diagnostics, i. e., the genitive of negation and distributive po-phrases, suggests that impersonal agreement should be viewed as a new diagnostic for unaccusativity in Russian. Only when a careful analysis of agreement in Russian is considered does the external argument restriction for these two constructions become clear. The argument presented here suggests that defective T(ense)0 is dependent on defective (i. e., unaccusative) v 0, highlighting the importance of argument structure for agreement in Russian.

1. Introduction Since Perlmutter’s (1978) formulation of the Unaccusative Hypothesis, it has been assumed in most theories of grammar that intransitive verbs can be characterized as either unaccusative or unergative. In terms of argument structure, the Unaccusative Hypothesis states that unaccusative predicates select a single internal argument, while unergative predicates select a single external argument. With regard to syntax, it has traditionally been argued that unaccusative predicates project their subjects VP-internally, in the direct object position, while unergative predicates project their subjects VP-externally, similar to subjects of transitive verbs. Our understanding of the syntactic properties of unaccusative sentences is due to the discovery of various syntactic diag-

32. Unaccusativity

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Zolotova, G. A./Onipenko, N.K./Sidorova, M. Ju. (1998): The Communicative Grammar of Russian. Moskva. Zolotova, G. A. (1991): „Sub’’ektnye modifikacii russkogo predloženija“. // Words are physicians for an ailing mind. For Andrzej Bogusławski on the occasion of his 60 th birthday. Edited by Maciej Grochowski and Daniel Weiss. München. 509⫺515. Zolotova, G. A. (1982): „O Sub’’ekte predloženija v sovremennom russkom jazyke“. // Zolotova, G. A. Kommunikativnye aspekty russkogo sintaksisa. Moskva. 133⫺156.

Peter Kosta, Potsdam (Deutschland)

32. Unaccusativity 1. 2. 3. 4.

Introduction Unaccusativity Diagnostics in Slavic Unaccusative Syntax in Russian Literature (selected)

Abstract This paper presents a brief overview of syntactic diagnostics for unaccusativity in Slavic with a focus on Russian. Three diagnostics are discussed in detail: the genitive of negation, distributive po-phrases, and locative inversion. A comparison of two of these diagnostics, i. e., the genitive of negation and distributive po-phrases, suggests that impersonal agreement should be viewed as a new diagnostic for unaccusativity in Russian. Only when a careful analysis of agreement in Russian is considered does the external argument restriction for these two constructions become clear. The argument presented here suggests that defective T(ense)0 is dependent on defective (i. e., unaccusative) v 0, highlighting the importance of argument structure for agreement in Russian.

1. Introduction Since Perlmutter’s (1978) formulation of the Unaccusative Hypothesis, it has been assumed in most theories of grammar that intransitive verbs can be characterized as either unaccusative or unergative. In terms of argument structure, the Unaccusative Hypothesis states that unaccusative predicates select a single internal argument, while unergative predicates select a single external argument. With regard to syntax, it has traditionally been argued that unaccusative predicates project their subjects VP-internally, in the direct object position, while unergative predicates project their subjects VP-externally, similar to subjects of transitive verbs. Our understanding of the syntactic properties of unaccusative sentences is due to the discovery of various syntactic diag-

416

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz nostics that distinguish between these two classes in various languages of the world. For example, Perlmutter (1978) noted that impersonal passives can only be formed from unergative predicates in Dutch, as shown in (1⫺2). (1)

Dutch impersonal passives: Unergative predicates a. Er wordt hier door de jonge lui veel gedanst. it is here by the young people much danced ‘It is danced here a lot by the young people.’ b. Er wordt in deze kamer vaak geslapen. it is in this room often slept ‘It is often slept in this room.’

(2)

(Perlmutter 1978, 168)

Dutch impersonal passives: *Unaccusative predicates a. *Door de lijken werd al ontbonden. by the corpses is already decomposed. ‘It is already decomposed by the corpses.’ b. *In dit ziekenhuis wordt (er) door de patienten dikwijls gestorven. in this hospital is it by the patients often died ‘It is often died by the patients in this hospital.’ (Perlmutter 1978, 169)

Burzio (1986) was perhaps the greatest contributor to our understanding of intransitive predicates in the 1980s within the framework of Government and Binding Theory. He noted that unaccusatives differ syntactically from unergatives in Italian in (at least) three distinct ways. Unaccusatives select essere ‘to be’ as their auxiliary in the past tense (vs. avere ‘to have’), show past participle agreement with their subject, and allow for ne-cliticization. Several of Burzio’s examples are shown in (3⫺5) for Italian, while examples from French are given in (6). (3)

Auxiliary selection a. Maria è/*ha arrivata. Maria is/*has arrived ‘Maria arrived.’ b. Maria *è/ha telefonato. Maria *is/has called ‘Maria called.’

(4)

Past Participle agreement a. Maria è arrivat-a/*-o. Maria is arrived-FEM/*MASC ‘Maria arrived.’ b. Maria ha telefonat-o/*-a. Maria has called-MASC/*FEM ‘Maria called.’

(Unaccusative)

(Unergative)

(Unaccusative)

(Unergative)

32. Unaccusativity (5)

(6)

ne-cliticization (extraction from direct object) a. Giovanni nei inviterà molti ti. Giovanni of-them will-invite many ‘Giovanni will invite many of them.’

417

(Transitive)

b. Nei arrivano molti ti. of-them arrive many ‘Many of them will arrive.’

(Unaccusative)

c. *Nei telefonano molti ti. of-them telephone many ‘Many of them will call.’

(Unergative)

Past participle agreement in French a. Anne l’a aimée. Anne her-has liked-FEM ‘Anne liked her.’

(Transitive)

b. Anne est arrivée. Anne is arrived-FEM ‘Anne arrived.’

(Unaccusative)

c. Anne a telefoné Anne has telephoned ‘Anne called.’

(Unergative)

Note that with respect to ne-raising in Italian in (5) and past participle agreement in French in (6), subjects of unaccusatives pattern syntactically with direct objects in these languages. In (5a), ne ‘of them’ raises from the direct object molti (ne) ‘many (of them)’ and cliticizes to the verb inviterà ‘invite.’ Similarly, in (5b), ne raises from the subject molti and cliticizes to the verb arrivano ‘arrive’. However, with the unergative verb telefonano ‘telephone’ in (5c), this movement is not licit. Subjects of unaccusatives also pattern with direct objects in French. In (6a) we see that when the direct object Marie is pronominalized as la ‘her’, it procliticizes to the auxiliary, raising past the participle, yielding object agreement. Likewise, as in (6b), Anne, the subject of the unaccusative predicate, agrees with the past participle aimée ‘liked’, whereas in (6c), no such agreement is found with the unergative predicate telefoné ‘telephoned’.

2. Unaccusativity Diagnostics in Slavic Like the Romance and Germanic languages mentioned in section 1, there is ample evidence from Russian and other Slavic languages for distinguishing between unergative and unaccusative predicates. A number of different diagnostics for unaccusativity have been discussed in the literature (see Pesetsky 1982; Schoorlemmer 1995, 2004; and Babyonyshev 1996 for discussion of Russian, Cetnarowska 2000, 2002 for Polish, and Kosta and Frasek 2004 for Czech). In 2.1⫺2.3 below I present data in support of three diagnostics within Slavic: (i) the Genitive of Negation (GN) (ii) distributive

418

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz po-phrases and (iii) locative inversion. It is worth noting that many of the diagnostics proposed for Slavic are quite distinct from those proposed for Germanic and Romance languages. The morphosyntactic properties of most Slavic languages simply make it impossible for them to exhibit the same characteristics as those found in the languages discussed above. For example, in Russian neither AUX-selection nor past participle agreement can be used as diagnostics for unaccusativity since (a) there is no auxiliary in the past tense and (b) all verbs in the past tense agree with their nominative subjects, regardless of their argument structure, as shown in the sentences in (7) below. (7)

Russian past tense a. Otvet prišel. answer-MASC SG arrived-MASC SG ‘The answer came.’ b. Anna zvonila. Anna-FEM SG called-FEM SG ‘Anna called.’

(Unaccusative)

(Unergative)

Elsewhere in Slavic, an auxiliary verb is present in the past tense. However, this auxiliary is always a form of BE and not HAVE, as shown in the Czech and Serbian/ Croatian examples below. Therefore, to my knowledge, AUX-selection cannot be used as a diagnostic for unaccusativity in any Slavic language. (8)

Czech a. Přišel jsem ráno. arrived-MASC SG BE-1st SG morning ‘I arrived in the morning.’ b. Zpívala jsem včera. sang-FEM SG BE-1st SG yesterday. ‘I sang yesterday.’

(9)

(Unaccusative)

(Unergative)

Serbian/Croatian a. Jovan je ušao u veliku sobu. Jovan-MASC SG BE-3rd SG entered-MASC SG in large room ‘Jovan entered the large room.’ (Unaccusative) (Transitive) b. Jovan je istukao Petar. Jovan-MASC SG BE-3rd SG beaten-MASC SG Petar-ACC ‘Jovan has beaten Petar.’ (data adapted from Konopasky 2001)

Like Dutch, however, Cetnarowska (2000) notes that certain impersonal predicates in Polish, although not true passives, are only formed from unergative predicates (see 10). These predicates are formed with the suffix -no/-to. (10) Polish impersonal -no/-to a. Zadzwoniono do nas wieczorem. phoned-no to us evening-INST ‘They phoned us in the evening.’

(Unergative)

32. Unaccusativity b. *Wychudnięto v ciągu zeszłego lata. thinned-to in course last summer ‘They grew thin last summer.’

419 (Unaccusative)

Thus, there are certain similarities between Polish and Dutch. In both languages, one distinct type of impersonal sentence can only be formed from unergative predicates. While it is indeed fruitful to compare the syntactic similarities and differences of unaccusative predicates cross-linguistically, further comparison within Indo-European is beyond the scope of this paper. I therefore now move to a discussion of the three diagnostics mentioned above for Slavic.

2.1. Genitive of Negation Pesetsky (1982) first argued that the Genitive of Negation (GN) construction could be used productively as a diagnostic for unaccusativity in Russian. Like direct objects in Russian, subjects of unaccusatives may receive genitive Case under negation, as shown in (11⫺12). When these subjects undergo genitive Case-marking, the predicates in these sentences exhibit impersonal agreement, as evidenced by the neuter singular morpheme -o in (12a). (11) Direct Objects of Transitives a. Anna ne kupila knigi. Anna-NOM NEG bought books-ACC ‘Anna did not buy the books.’ b. Anna ne kupila knig. Anna-NOM NEG bought books-GEN ‘Anna did not buy (any) books.’ (12) Subjects of Intransitives (Unaccusative) a. Otveta ne prišlo. answer-GEN MASC SG NEG came-NEUT SG ‘No answer came.’ (Babby 1980, 71) a’. Otvet ne prišel. answer-NOM MASC SG NEG came-MASC SG ‘The answer did not come.’ b. *Ni odnoj devuški ne pelo. not single girl-GEN NEG sang ‘Not a single girl sang.’

(Unergative)

While analyses differ with respect to the syntax of this construction, all authors agree on the fact that Genitive of Negation is only licensed on VP-internal NPs within the scope of sentential negation, and that these NPs tend to receive an indefinite, existential interpretation. Since this diagnostic was proposed, many researchers have used it as a productive tool for understanding various syntactic puzzles, ranging from the syn-

420

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz tactic projection of Psych-Verbs (King 1992) to the syntax of indefinites and non-specifics (Babyonyshev 1996) and the syntax of negation in Russian (Brown 1999). A syntactic analysis of this diagnostic will be presented in section 3.2 below.

2.2. Distributive po-Phrases A second diagnostic first discussed by Babby (1980) and Pesetsky (1982) concerns the use of distributive po-phrases in Russian. (NB: Kosta and Frasek 2004 present examples from Polish and Czech illustrating that this diagnostic appears to hold in these languages as well.) Pesetsky argues that like genitive Nominal Phrases under negation, distributive po-phrases are limited to direct objects and subjects of unaccusative predicates, as shown in (13). (Transitive) (13) a. Ja dal mal’čikam po jabloku. I gave boys-DAT (po) apple-DAT ‘I gave the boys an apple each.’ (Pesetsky 1982, 69) (Unaccusative) b. Po gruše upalo s každogo dereva. (po) pear-DAT fell from each tree-GEN ‘A (different) pear fell from each tree.’ (Chvany 1975, 26) (Unergative) c. *V každoj kvartire smejalos’ po mal’čiku. in each apartment laughed (po) boy-DAT ‘A (different) boy laughed in each apartment.’ (Schoorlemmer 1995, 33) In each of these examples a dative NP jabloku ‘apple’ in (a), gruše ‘pear’ in (b), and mal’čiku ‘boy’ in (c) appears as the complement to the preposition po. In its use as a distributive preposition, po imposes a distributed reading over its object. Thus, in (13a), the number of ‘apples’ is equal to the numbers of ‘boys’, with a single apple distributed to each boy. Similarly, in (13b), there are equal numbers of ‘apples’ and ‘trees’, where a different apple falls from each tree. At first glance, distributive po-phrases appear to be nothing more than standard instances of prepositional phrases, albeit with a distributive interpretation (presumably due to the presence of a [CDISTRIBUTIVE] feature on po à la Beghelli and Stowell 1997). In standard Russian, po is typically a non-distributive preposition with various meanings such as “on, along, around, about, for” among others, and also assigns dative Case to its complement, as in (14). (14) Non-distributive po a. Ivan dolgo xodil po komnate. Ivan long-time walked around room-DAT ‘Ivan walked around the room for a long time.’ b. Moj mladšij brat ⫺ čempion po šaxmatam. my younger brother champion at chess-DAT ‘My younger brother is a chess champion.’

32. Unaccusativity

421

However, the Case-assignment properties of distributive po clearly differ from its nondistributive counterpart when a numeral appears internal to the po-phrase. As illustrated in (15a) below, once a numeral (other than odin ‘one’) is inserted inside the distributive po-phrase, po no longer assigns dative Case to its complement. In contrast, non-distributive po maintains its ability to assign dative Case, as shown in (15b). (15) a. Distributive po Každyj učenik polučil po pjat’ rublej. every student received po five-ACC rubles-GEN PL ‘Every student received five rubles.’ (Franks 1995, 140) b. Non-distributive po Anna xodila po dvum pustym ulicam. Anna walked along [two empty streets]-DAT ‘Anna walked along two empty streets.’ Thus, the first puzzle any analysis of distributive po must account for is the peculiar Case variation that occurs with complements containing a numeric quantifier. Second, as Borik (1995), Schoorlemmer (1995, 2004) and Harves (2003) have pointed out, when a numeral appears internal to the po-phrase, subjects of both transitive and unergative predicates may participate in this construction as well. (16) a. *Každyj den’ po turistu smotrelo fil’m. every day po tourist-DAT watched-NEUT film ‘Every day a (different) tourist watched a film.’ b. Každyj den’ po dva turista smotreli /smotrelo fil’my. every day po two tourists watched-PL /NEUT SG films ‘Two (different) tourists watched films every day.’ Any syntactic analysis of this diagnostic must account for these two puzzling properties of distributive po. In section 3 below, I provide such an analysis. Moreover, I will suggest that the distribution of both the genitive of negation and distributive po-phrase diagnostics is derivable from a more fundamental property of the agreement system in Russian, i. e., the selectional properties of T 0.

2.3. Locative Inversion A third diagnostic proposed for unaccusativity in Russian is Locative Inversion. Babyonyshev (1996) argues that Locative Inversion is only possible with unaccusative predicates, as shown in (17⫺18) below (examples from Babyonyshev 1996). (17) a. V uglu valjalas’ kurtka. in corner lay jacket-NOM ‘In the corner lay a jacket.’ b. V sadu rosli tri rozy. in garden grew three roses-NOM ‘In the garden grew three roses.’

(Unaccusatives)

422

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz (18) a. #Sebe pod nos napeval Petja. self under nose sang Petja-NOM ‘To himself sang Petya.’

(Unergatives)

b. #V kvartire svistit Vanja. in apartment whistles Vanya-NOM ‘Vanya is whistling in the apartment.’ The interpretation of these examples is extremely important to any analysis of these constructions, in light of the relatively free word order exhibited by Russian. In (17), the pre-verbal PPs are not topicalized, nor are the post-verbal subjects focused. In contrast, in (18), the pre-verbal PPs are topicalized, with focus on the post-verbal subjects. A related set of facts pointed out by Babyonyshev (1996) comes from sentences containing intransitive predicates which lack a prepositional phrase altogether. These sentences, shown in (19⫺20), consist solely of an overt nominative subject and an agreeing intransitive verb. (19) a. Zašli gosti. dropped by-PL guests-NOM PL ‘Guests dropped by (my place).’

(Unaccusatives)

b. Gosti zašli. guests-NOM PL dropped by-PL ‘The guests dropped by.’ c. Zvonit telefon. rings-SG telephone-NOM ‘The phone is ringing (in my apartment).’ (20) a. #Svistit Vanja. whistles-SG Vanja-NOM SG ‘Vanja is whistling.’

(Unergatives)

b. #Tancujut devuški. dance-PL girls-NOM PL ‘The girls are dancing.’ Babyonyshev (1996) uses these examples to illustrate the fact that in Russian, under neutral intonation with a discourse neutral interpretation, VS word order is felicitous only for unaccusatives and not for unergatives. (Kosta/Frasek 2004 note that VS word order is default for unaccusatives in Czech and Polish as well.) She argues that this is due to the syntactic configuration of unaccusatives vs. unergatives, their semantic interpretation, and the notion of equidistance. Based on the interpretations of the examples in (19⫺20), Babyonyshev concludes that unaccusative predicates select a null locative PP in addition to their single internal argument. Moreover, when the word order exhibited in these sentences is VS, this PP always has a definite interpretation. Thus, in (19a), the sentence can only be interpreted to mean that some guests dropped by my place and not some arbitrary location. If the word order is reversed, as in (19b), the meaning is no longer that some guests dropped by my place, but that the guests

32. Unaccusativity dropped by some unspecified location. Babyonyshev argues that the null PP in these sentences is base-generated in the same minimal domain as the internal argument itself, namely, VP. She therefore predicts that either the null PP or the overt internal NP may raise to satisfy the EPP in Spec, TP, in light of Chomsky’s (1995) Minimal Link Condition and the definition of Move. When the VP-internal PP receives a definite interpretation, as in (19a), it will raise to Spec, TP to satisfy the EPP, leaving the internal subject NP in situ. Unergative predicates, in contrast, will not receive a discourse neutral interpretation with a (PP)VS word order, since deriving this word order involves raising the VP-internal PP past the external argument in Spec, vP, which violates the Minimal Link Condition. The derivations for these two types of sentences are illustrated in (21). (21) a. Unaccusative: (PP) V NPSUBJECT [Spec TP (PP) [T [VP tPP [ V NP ]]]] 

EPP-driven movement ⫺ no Minimal Link Condition violation b. Unergative: *(PP) V NPSUBJECT *[Spec TP (PP) [T [vP NP [v [VP [V PP ]]]]]] 

EPP-Minimal Link/Shortest Move violation (PP crosses NP) Further discussion of this construction is beyond the scope of this paper. The interested reader is referred to Babyonyshev (1996) and to Harves (2002) for a detailed analysis.

3. Unaccusative Syntax in Russian Having presented the data for several diagnostics distinguishing between unaccusative and unergative predicates in Slavic, I now move to an analysis of two of these diagnostics ⫺ the genitive of negation and distributive po-phrases. The primary reason for focusing on these two diagnostics is because these two constructions share at least one significant morphosyntactic property: impersonal agreement. I will argue that this lack of agreement in Russian is what unites these two seemingly disparate constructions as diagnostics for unaccusativity, which suggests that impersonal agreement should be considered as a new diagnostic for unaccusativity in Russian. Recall two of our examples from (12⫺13) above, repeated below as (22). (22) Unaccusatives a. Genitive of Negation Otveta ne prišlo. answer-GEN MASC SG NEG came-NEUT SG ‘No answer came.’ (Babby 1980, 71)

423

424

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz b. Distributive po-phrase Po gruše upalo s každogo dereva. (po) pear-DAT FEM SG fell-NEUT from each tree-GEN ‘A (different) pear fell from each tree.’ In each of these examples, the verb exhibits default neuter agreement, in spite of the fact that the internal arguments here are masculine in (a) and feminine in (b). Nonnominative NPs in Russian never agree with their verbal predicates. For example, it can be shown that accusative NPs never agree with verbs. Consider the examples in (23). (23) a. Ženščinu zadavil-o/*-a “kovrom- samoletom” v parke woman-ACC FEM crushed-NEUT/*FEM carpet-airplane-INST in park Gor’kogo. of-Gorky ‘A woman was crushed by a flying carpet attraction in Gorky Park.’ (Lavine 2000, from Moskovskij konsomolec 9/13/99) b. Pjat’ ženščin zadavil-o/*-i “kovrom-samoletom” ... five-ACC women-GEN PL crushed-NEUT SG/*PL carpet-airplane-INST ‘Five women were crushed by a flying carpet attraction ...’ In (23a) the preverbal accusative feminine NP Ženščinu ‘woman’ does not agree with the neuter impersonal form of the verb zadavilo ‘crushed.’ Similarly, in (23b) when the accusative NP is preceded by a numeral, this accusative numeral pjat’ ‘five’ does not show plural agreement with the verb, i. e., the verb remains in its impersonal form, evidenced by the default neuter -o ending.

3.1. Distributive po-phrases: an analysis In light of the examples in (23), recall that one of the puzzling properties of distributive po is the fact that it ceases to function as a diagnostic for unaccusativity once a numeral appears inside its complement. (24) Distributive po with transitive subjects a. *Každyj den’ po turistu smotrelo fil’m. every day po tourist-DAT watched-NEUT film ‘Every day a (different) tourist watched a film.’ b. Každyj den’ po dva turista smotreli /smotrelo fil’my. every day po two tourists watched-PL /NEUT SG films ‘Two (different) tourists watched films every day.’ In (24a) it appears that the external argument turistu ‘tourist’ cannot appear as the complement of po, while in (24b) it can. At least two points are worth noting here. First, the external argument dva turista ‘two tourists’ no longer appears in the dative Case, as we might expect. The dative here would be dvum turistam. Second, the verb

32. Unaccusativity

425

exhibits plural agreement. Borik (1995) has argued that when a numeral phrase appears as the complement to distributive po, po assigns accusative Case. However, it is unclear from her proposal why the presence of a numeral should affect the Caseassigning properties of po, since numerals usually do not affect the Case assignment of prepositions in Russian, as shown in (25). (25)

Anna xodila po dvum pustym ulicam. Anna walked along [two empty streets]-DAT

Moreover, if Borik’s analysis were correct, we would have no way of explaining the fact that the verb in (24b) can appear with plural agreement. As noted above, nonnominative NPs in Russian never agree with verbal predicates. Furthermore, Borik’s analysis predicts that masculine animate objects of po should appear in the “animate accusative Case.” In Russian, masculine animate direct objects receive morphological genitive Case as opposed to morphological accusative. When a paucal numeral (i. e., 2, 3, or 4) is the head of the phrase, both the numeral and the animate NP that follows it show morphological genitive Case, as illustrated in (26). (26) a. Ja uvidel dva stola. I saw two-ACC tables-GEN SG b. Ja uvidel dvux mal’čikov. I saw two-GEN boys-GEN PL

(Babby 1987, 111)

Therefore, if po assigns accusative Case to complements headed by a numeral, as proposed by Borik (1995), we would expect morphological genitive Case to appear on both the numeral as well as the animate object of po. However, as the examples in (24b) above and (27) below clearly show, this is in fact not the case. (27) Distributive po with transitive objects a. *Každaja prostitutka prinimala po dvux klientov v den’. every prostitute took po [two clients]-GEN per day b. Každaja prostitutka prinimala po dva klienta v den’. every prostitute took po two-ACC clients-GEN per day (from Harves 2003) While it is clear that Borik’s proposal is inadequate in accounting for the full range of data, several questions remain unanswered. First, where does the numeral in distributive po-phrases get its Case? Is po truly assigning Case? Second, if po is a Case-assigner, why is it unable to “see” that the object is animate? In light of the evidence against Borik’s proposal, I will not assume that po assigns accusative Case to numerals. Once we drop the assumption that po assigns accusative Case, the Case and agreement properties of distributive po-phrases fall out in a natural way. Following Harves (2003), I argue here that when a numeral appears as the complement of po, it is in fact the numeral that heads the phrase and not distributive po. Thus, I am claiming that the order [po-Q-NP] is in fact a derived word order, and that the order [Q-po-NP] is basic.

426

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz (28) a.

QP

Q0

QP

b.

Q0

poP

poP

dva po0

NP

po

po0 po

klienta

Q0 tpo

NP

dva



klienta

In (28a), the quantifier dva ‘two’ is the head of the syntactic constituent. We know that the numerals 2, 3, and 4 in Russian assign genitive (singular) Case to their complements. Since klienta ‘clients’ is not the direct complement of the numeral but, rather, is selected by po, I argue that po “blocks” the numeral from seeing the animacy feature of the NP. Thus, the numeral treats the entire poP as a single syntactic inanimate constituent and assigns genitive singular to the entire phrase. This explains the lack of morphological genitive (plural) Case on the animate NP. However, this does not account for the accusative Case on the numeral itself. Since the numeral in (28a) is in a position that c-commands po, and not vice versa, po cannot function as a Case-assigner for the numeral. Therefore, the numeral must have its Case valued by a functional head outside the distributive po-phrase. In the case of direct objects, as in (27), v 0 will be the closest functional head available for φfeature matching with the QP. Thus, accusative Case will be valued on the numeral. This analysis accounts for distributive po-phrases and direct objects of transitive predicates. What about subjects of unaccusatives? (29) S každogo dereva upalo po dve gruši. from every tree fell-NEUT po two-NOM pears-GEN SG ‘Two pears fell from each tree.’ Since upast’ ‘to fall’ is an unaccusative predicate in Russian, following Chomsky (2000, 2001), v 0 will not undergo φ-feature matching with the internal NP, and thus accusative Case cannot be valued. In other words, unaccusative v 0 is a defective functional category that lacks an external argument. Since the quantified po-phrase functions as the subject in this example, and subjects value nominative Case in Russian, the numeral dve will value nominative Case via φ-feature matching with T 0 and still assign genitive Case to its complement, the po-phrase. Thus far this analysis accounts for the Case values on both the numeral and the vPinternal NP argument. However, I have not yet accounted for the surface [po-Q-NP] word order exhibited by these phrases. If we assume that po is proclitic in this construction, as all monosyllabic prepositions in Russian are, then at some point in the derivation it must raise and procliticize to the left-most stress-bearing element in the syntactic phrase. Since the numeral is the head of the phrase in (28), po will raise and procliticize to Q 0, satisfying its phonological requirements, as illustrated in (28b). At this point, I

32. Unaccusativity leave it as an open question whether this movement is phonological or syntactic, although I will implicitly assume that it is phonological. (Note that I have not yet discussed the categorial status of distributive po, but rather, have been assuming that it is a preposition. Evidence in favor of po’s status as a preposition here comes from examples such as those in (30), pointed out to me by Yakov Testelec (p. c.).) (30) a. Každyj zadal po tri voprosa. each-NOM asked po three-ACC questions-GEN SG ‘Each asked three questions.’ b. Každyj otvečal na (*po) tri voprosa. each-NOM answered to (*po) three-ACC questions-GEN SG Intended reading: “Each answered three questions.” Finally, let us consider an example that does not involve a quantifier as the head of the distributive po-phrase. Recall from our discussion of unaccusativity diagnostics in section 2 that distributive po-phrases that lack a quantifier can function as the subject of an unaccusative predicate, but not as the subject of a transitive or unergative predicate. When no numeral is present in the derivation, distributive po assigns dative Case to its complement, as shown in (31). (31) S každogo dereva upalo po gruše. from every tree fell-NEUT po pear-DAT FEM ‘A (different) pear fell from each tree.’ Since no numeral is present in this example, po functions as the syntactic head of the distributive po-phrase. Furthermore, since there is no quantifier present to assign Case to the complement NP, I argue, following Harves (2003), that po assigns dative Case to its complement as a last resort. Recall that non-distributive po assigns dative Case to its complement when it functions as a standard preposition; therefore it is not surprising that dative is the morphological Case that surfaces in the absence of another Case-assigner. Given the absence of a nominative subject in this example, we would not expect subject-verb agreement to occur between the predicate and the complement of po. As the example in (31) illustrates, this prediction is indeed borne out. This implies that T 0 in this example is defective, in the sense of Chomsky (2000, 2001), since there is no (obvious) φ-feature-matching between the underlying subject NP and agreement features on T 0. I now turn to the syntactic behavior of distributive po-phrases with external arguments. As mentioned above, distributive po-phrases that do not contain a numeral cannot appear as subjects of transitive or unergative predicates. However, once a numeral appears in these constructions, as in (24b), repeated here as (32), a grammatical sentence results. (32) Každyj den’ po dva turista smotreli /smotrelo fil’my. every day po two tourists watched-PL /NEUT SG films ‘Two (different) tourists watched films every day.’

427

428

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz In light of the analysis of quantified po-phrases above, it should come as no surprise that po-phrases that are headed by a numeral can occur as subjects of transitive and unergative predicates. The external argument in this derivation, headed by the numeral dva ‘two’, must have its Case valued outside the po-phrase, since po does not c-command the numeral. Since the closest matching c-commanding Probe is T 0, the external argument will undergo feature-matching with T 0, resulting in a nominative Case value on the numeral dva. If the numeral undergoes feature-matching with features of T 0, then the verb must agree with the nominative subject (since the verb will also AGREE with T 0). Therefore, it is not surprising that the possibility arises for either the canonical neuter 3rd person singular agreement, i. e., -o, found with all quantified subjects, or for plural agreement, licensed by certain numerals with animate subjects. The plural agreement that arises in (32) is strong empirical evidence that the numeral here does AGREE with T 0. Let us now return to our discussion of distributive po-phrases with unergative predicates initially presented in section 2. Recall that distributive po-phrases are used as a productive diagnostic for unaccusativity when they do not contain a numeral. Nothing in our analysis of po-phrases thus far seems to prevent ungrammatical sentences such as (33) from being generated. (33) *V každoj kvartire smejalos’ po mal’čiku. in each apartment laughed (po) boy-DAT ‘A (different) boy laughed in each apartment.’

(Unergative)

Why should these sentences be disallowed? Let us hypothesize that distributive po-phrases are prohibited from occurring with external arguments since transitive and unergative predicates are incapable of licensing non-agreement in Russian. If this hypothesis is correct, then it follows that only unaccusative (i. e., defective) predicates license non-agreement in Russian, since only unaccusative predicates lack an external argument. In other words, defective T 0 in Russian is parasitic on defective v 0. Recall that whenever a distributive po-phrase functions as the subject of an unaccusative predicate, the verb exhibits impersonal agreement. Therefore, in examples such as (33), the claim is that the impersonal agreement which obligatorily surfaces in this construction is essentially what prevents these sentences from being grammatical. If impersonal agreement truly is responsible for the external argument restriction observed with distributive po-phrases, then we might expect it to play a role in other constructions regarded as diagnostics for unaccusativity as well. In the next section, I briefly consider this hypothesis in light of the genitive of negation in Russian.

3.2. Extending the analysis: genitive of negation and the external argument restriction Most previous analyses of the genitive of negation have all, in one way or another, relied on the syntactic position and scope of negation to explain the fact that external arguments never receive genitive Case under negation (see Chvany 1975; Babby 1980; Pesetsky 1982; and Bailyn 1997, among others).This claim is based on the empirical generalization that genitive NPs under negation tend to receive an existential interpre-

32. Unaccusativity

429

tation, while accusative and nominative NPs tend to receive a definite or presuppositional interpretation. However, as noted by Brown (1999), the scope of negation and the domain of existential closure clearly cannot be the only factors responsible for determining which NPs are eligible for genitive Case-marking. Consider the examples in (34). (34) a. Nikto ne zvonil. no-who-NOM MASC NEG called-MASC ‘Nobody called.’ b. *Nikogo ne zvonilo. no-who-GEN MASC NEG called-NEUT

(Brown 1999, 58)

In Russian, negative polarity items (NPIs) such as nikto ‘nobody’ in (34a) are licensed only in the scope of clausemate sentential negation (see Brown 1990 for analysis and further details). Therefore, nikto must be within the scope of negation in (34a) since the sentence is grammatical. Contrast this example with the ungrammatical one in (34b), where the NPI receives genitive Case. Clearly, it is not enough to say that the domain of existential closure and the scope of negation are solely responsible for licensing GN in Russian, for otherwise, (34b) should be a perfectly acceptable utterance. The basic GN facts shown here lend further support to the hypothesis presented above. Since impersonal (i. e., non-)agreement occurs whenever an underlying subject receives genitive Case under negation in Russian, we would expect that only defective (i. e., unaccusative) predicates would permit their underlying subjects to receive genitive Case, since only defective v 0 licenses defective T 0. Unergative and transitive predicates are inherently non-defective, since they obligatorily select an external argument. Therefore, their subjects can only value nominative Case with a non-defective T 0 (under the assumption that nominative Case is the morphological manifestation of agreement). This analysis suggests that impersonal agreement in Russian should be considered as a diagnostic for unaccusativity. Only further empirical research can confirm whether the hypothesis put forward here is correct. Furthermore, it remains to be seen whether impersonal agreement can be used as a diagnostic for unaccusative constructions crosslinguistically. This is a project worthy of future research.

4. Literature (selected) Babby, Leonard H. (1980): Existential Sentences and Negation in Russian. Ann Arbor. Babby, Leonard H. (1987): “Case, prequantifiers, and discontinuous agreement in Russian”. // Natural Language and Linguistic Theory 5. 91⫺138. Babyonyshev, Maria (1996): Structural connections in syntax and processing: Studies in Russian and Japanese. Ph.D. dissertation. Massachusetts Institute of Technology. Bailyn, John (1997): “Genitive of negation is obligatory”. // Formal Approaches to Slavic Linguistics 5. Ann Arbor. 84⫺114. Beghelli, Filippo/Stowell, Tim (1997): “Distributivity and negation: the syntax of each and every”. // Szabolcsi, Anna (ed.). Ways of Scope Taking. London. 71⫺107. Błaszczak, Joanna (2001): Covert movement and the genitive of negation in Polish. Potsdam.

430

VI. Morphosyntaktische Relationen und elementare Satzmuster im einfachen Satz Błaszczak, Joanna (2003): Polish being “ergative”? The riddle of “X not be at Y” constructions. Paper presented at Poznań Linguistic Meeting, 24. Borik, Olga (1995): Sintaktičeskij priznak neakkuzativnosti glagola (na materiale russkogo jazyka). M.A. thesis. Moscow State University. Brown, Sue (1999): The syntax of negation in Russian. Stanford, CA. Burzio, Luigi (1896): Italian Syntax: A Government-Binding approach. Dordrecht. Cetnarowska, Bożena (2000): “The Unaccusative/Unergative split and the derivation of resultative adjectives in Polish”. // King, Tracy H./Sekerina, Irina A. (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics. Ann Arbor. 78⫺96. Cetnarowska, Bożena (2002): “Unaccusativity mismatches and unaccusativity diagnostics from derivational morphology”. // Boucher, Paul (ed.). Many Morphologies. Somerville, MA. 48⫺ 81. Chomsky, Noam (1995): The minimalist program. Cambridge, MA. Chomsky, Noam (2000): “Minimalist Inquiries”. // Martin, Roger et al. (eds.). Step by Step: Essays on Minimalist Syntax in Honor of Howard Lasnik. Cambridge, MA. 89⫺155. Chomsky, Noam (2001): “Derivation by Phase”. // Kenstowicz, Michael (ed.). Ken Hale, a life in language. Cambridge, MA. 1⫺52. Chvany, Catherine (1975): On the Syntax of BE-sentences in Russian. Cambridge. Franks, Steve (1995): Parameters of Slavic morphosyntax. New York. Harves, Stephanie (2002): Unaccusative syntax in Russian. Ph.D. Dissertation. Princeton University. Harves, Stephanie (2003): “Getting Impersonal: Case, agreement, and distributive po-phrases in Russian”. // Browne, Wayles/Kim, Ji-Yung/Partee, Barbara/Rothstein, Robert (eds.). Formal Approaches to Slavic Linguistics 11. Ann Arbor. 235⫺254. King, Tracey H (1992): “The UTAH and causation in Russian psych verbs”. // Ackema, Peter/ Schoorlemmer, Maaike (eds.). Proceedings of the First Conference of SOLE. The Hague. Kosta, Peter/Frasek, Jens (2004): „Neakuzativita (ergativita) vs. neergativita v češtině, polštině a jiných slovanských jazycích na rozhraní morfologie a syntaxe. Unaccusativity (ergativity) in Czech, Polish and some other Slavic langauges at the Morpho-Syntactic Interface“. // Karlik, Petr/Hladká, Zdenka (red.). Čeština ⫺ univerzália a specifika 5. Praha. 172⫺194. Konopasky, Abigail (2001): A syntacto-morphological analysis of dependent heads in Slavic. Ph.D. dissertation. Princeton University. Lavine, James (2000): Topics in the syntax of nonagreeing predicates in Slavic. Ph.D. dissertation. Princeton University. Perlmutter, David (1978): “Impersonal passive and the Unaccusative Hypothesis”. // Proceedings from the IV Anual Meeting of the Berkeley Linguistics Society 4. Berkeley. 159⫺189. Pesetsky, David (1982): Paths and Categories. Cambridge, MA. Schoorlemmer, Maaike (1995): Participial Passive and Aspect in Russian. Utrecht. Schoorlemmer, Maaike (2004): “Syntactic unaccusativity in Russian”. // Alexiadou, Artemis/Anagnostopolou, Elena/Everaert, Martin (eds.). The Unaccusativity Puzzle: Explorations of the Syntax-Lexicon Interface. New York. 207⫺242. Testelec, Jakov (2001): Vvedenie v obščij sintaksis. Moskva.

Stephanie Harves, Claremont, CA (USA)

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz 33. Negation and Clause Structure 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Introduction Properties of Sentence Negation in Polish Is there a Negation Phrase in Polish? Structure of Negative Clauses Conclusions List of Abbreviations Used in the Glosses Literature (selected)

Abstract This article investigates how negation is realized at the sentence level in structural terms. The two main questions discussed in this article are: (i) What is the motivation for assuming a negation phrase? (That is, what evidence/arguments does one have for postulating a negation phrase in a given language?), and (ii) On the basis of which arguments is (or can) the structural position of negation (be) established? The discussion is mainly based on Polish (referring occasionally to other Slavic languages). The choice of Polish is motivated by (at least) two special properties which are relevant to the primary goal of this article, namely, establishing the position of negation within the clause. Firstly, Polish still has remnants of the Old Slavic auxiliary system and thus takes a middle position between those Slavic languages which still have past tense auxiliaries (as, e.g., Slovak, Czech, Croatian, etc.) and those which completely lack such auxiliaries (as, e.g., Russian). Secondly, Polish is the only Slavic language (with the exception of Slovenian) in which Genitive of Negation is a purely syntactic and obligatory phenomenon.

1. Introduction For a very long time (dating presumably back to Plato/Aristotle; cf. Horn 1989, 1 ff.) negation has been one of the favorite research topics of logicians, metaphysicians, philosophers, language typologists, and of course linguists. However, in the last few decades the research on negation has considerably intensified, in particular as far as the range of the discussed phenomena and the number of the investigated languages are concerned. It is also during this time that the question of the syntactic representation of negation has become more and more important, all the more so since “[...] there is no known language which does not have some means or another of expressing negation

432

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz [...]” (Bernini/Ramat 1996, 1). Given these typological insights and, especially, given the many years of research in this area, the following statement must come as a surprise: “No agreement exists as to the possibility of defining negation, as to its logical status, function, and meaning, [...], and as to the interpretation of the negative judgement” (Horn 1989, 1, referring to Heinemann 1944, 135). Similarly unexpected is the fact that the question of how negation is to be represented in clause structure is far from being settled, and this is so not only as far as the universal or crosslinguistic perspective is concerned, but also ⫺ as will be shown below ⫺ often regarding one and the same language. From a typological point of view, negation is most frequently expressed either by bound morphemes (suffixes or prefixes), and is thus part of the verbal inflection, or by separate particles, whereby these might be “light” clitic elements or “heavy” adverblike elements (cf. Dahl 1979, Bernini/Ramat 1996, 7 ff.). These typological findings are closely mirrored by the (more or less traditional) analyses which treat negation either as a kind of adverb, usually adjoined to some verbal projection, as illustrated in (1a) (see, among others, Progovac 1994, 34, referring to Hasegawa 1987 and Pollock 1987; cf. further Baker 1991; Ernst 1992; Webelhuth 1989; see also Klima 1964), or as part of the inflectional complex, i. e., “the negative marker forms part of a complex which contains both the information normally associated with inflectional head [i. e., tense and agreement features, JB] and negation” (King 1995, 41), as illustrated in (1b) (ibid., p. 42). (1)

a.

b.

V’/VP

Adv

V’/VP



NEG

I° TNS

neg In contrast to the latter position, advocated, among others, by Piñón (1993) and King (1995), in the linguistic literature of the late eighties and nineties it became more and more popular to assume that besides the two major functional projections, the complementier phrase (= CP) and the inflectional phrase (= IP) (or the “split” version thereof, see below), there is also another important functional projection in the clausal domain, namely, a negation phrase (= NegP) or a kind of polarity phrase (= PolP) (see Haegemann 1995 for an overview; see also Zanuttini 1997). This development was favored not least by the rush of progress in the theory of functional categories/projections in the eighties and nineties (see Zwarts 1992 for an interesting discussion), and, especially, by Pollock’s (1989) “Split-Inflection-Hypothesis”, i. e., the idea that instead of assuming a single inflectional head which is associated with two components, tense (= T) and agreement (= Agr), one can decompose the inflectional head into two separate heads, tense head and agreement head, each of which projects into a separate phrasal projection: tense head into a tense phrase (= TP) and agreement head into an agreement phrase (= AgrP).

33. Negation and Clause Structure

433

Although it has been widely accepted by now that negative clauses ⫺ in addition to complementizer phrase, agreement phrase and tense phrase (and presumably yet other functional projections) ⫺ also contain a negation phrase, the “Negation Phrase hypothesis” itself is not uniform, but varies along two dimensions: (i) the internal structure of negation phrase itself, and (ii) the position the negation phrase occupies in clause structure with respect to other major constituents. Regarding the first aspect, i. e., the internal structure of negation phrase, it is usually assumed that the different categorial statuses of negation markers (see above) correlate with different ‘(constituent) parts’ of negation phrase (cf., e.g., Ouhalla 1990, 189 ff.). “Light negators” (i. e., prefixes, suffixes, clitics) are taken to be the lexical realization of the head of negation phrase, as, e.g., the negation marker ur- in Berber, which appears as a constituent morpheme of the verbal complex (cf. ur-ad-y-xdel NEGwill-3.SG.M-arrive ‘will not arrive’); cf. (2a). The specifier in such cases is usually taken to be filled by an empty operator or by a (covertly or overtly) raised negative (quantifier) phrase (see, e.g., Ouhalla 1990; Zanuttini 1991; Haegeman/Zanuttini 1991; Acquaviva 1993; Haegeman 1995; Suñer 1995; Leko 1996; Rowlett 1997). “Heavy negators” (i. e., adverb-like elements), as, e.g., the negative marker inte in Swedish, on the other hand, are instantiations of the specifier of negation phrase; cf. (2b). The head of negation phrase in such cases is taken to be realized as an abstract morpheme. Finally, in some languages, as, e.g., Standard French, both the head and the specifier of negation phrase are lexically realized; cf. (2c). (2)

a.

b.

NegP

Spec

Neg’

Op

Neg° ur

c.

NegP

Spec inte

Neg’

Neg° [neg]

NegP

Spec pas

Neg’

Neg° ne

As far as the second aspect, i. e., the position of negation phrase in clausal structure, is concerned, there are two major positions: either (i) it is assumed that there is a universal hierarchy of functional projections (cf., e.g., Speas 1991; Chomsky 1993, for a suggestion along these lines), which would mean that negation phrase occupies a

434

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz fixed position in the clause (in all languages), or (ii) it is assumed that languages can differ with respect to the position of negation phrase in the clause. In other words, the position of negation phrase is parameterized across languages; for example, in some languages negation phrases selects a tense phrase as the complement, whereas in others negation phrases selects a verbal phrase (cf. Ouhalla 1990, 194; see also, among others, Zanuttini 1991, 1994, 1997; Acquaviva 1995; Cinque 1990 for different versions of this “parametric view”). The assumption that the position of negation is not identical in all languages, but might vary from language (type) to language (type), raises an interesting question, dealt with, among others, by Zanuttini in her 1994 paper, namely the question of “whether negative clauses which employ different syntactic means for the expression of sentential negation nevertheless share a common syntactic structure at some level of representation” (ibid., 427). Zanuttini proposes a uniform treatment of negative markers across languages. The basic idea of her proposal is that even though the negative markers are base generated in different structural positions in different languages, there is a uniform position in which they are interpreted at lexical form, namely, the polarity phrase, i. e., a projection in which the polarity value of the clause is established. This projection is located structurally higher than tense phrase. A somewhat different view is advocated by Acquaviva (1995). He argues that there is no reason to think that negation should occupy a fixed place or that it can only be interpreted in one particular position: negation does not have a fixed scope with respect to modal auxiliaries (cf. can’t vs. mustn’t) or verbal phrase-level adverbials, though it is always within the scope of interrogative or imperative operators (“post no bills, for instance, is a command not to post bills, not the negation of a command to post bills” Acquaviva 1995, 84). The only thing that appears to really matter for the interpretation of negation as sentence negation is that it “has to be interpreted above verbal phrase, in order to include in its scope all the arguments of the sentence ⫺ otherwise it could not be interpreted as a sentential operator” (ibid.). Where exactly this “above verbal phrase” is does not seem to be a question of primary importance. Given the remarks above, it would seem that the term ‘sentence negation’ is somewhat misleading as sentence negation does not have scope over the entire sentence but rather over the basic proposition restricted more or less to the verbal predicate and its arguments. As mentioned above, interrogative or imperative operators, as well as sentential adverbs, are not included within the scope of sentence negation. In a similar vein, Laka (1990, 82 f.) points out that it is impossible to contrastively focus Tense under negation (a sentence like Mary didn’t leave cannot mean something like: ‘it is not in the past that Mary left’), which is “rather surprising under the standard view of negation as a propositional operator that takes scope over the entire proposition” (cf. NO [PAST, Mary leave]) (Laka 1990, 82 f.). Under an alternative account advocated by Laka this fact receives a straightforward explanation. Assuming ⫺ in accordance with Laka’s ‘Tense C-Command Condition’ ⫺ that the lexical form representation of the above sentence is Past [NO [Mary leave]], “it is tense that has scope over the proposition, and also over the negative operator. The fact that one cannot make a negative sentence means ‘It is not in the past that …’ now follows from standard considerations about the scope of negation” (ibid., 83). As the focus in the present article lies on syntactic aspects of negation, the question of the interpretation of negation will not be considered any further.

33. Negation and Clause Structure The idea that sentence negation is to be accounted for in terms of negation phrase has also become popular in Slavic linguistics (but see below); see, among others, Rivero (1991); Borsley/Rivero (1994) for Slavic in general; Brown (1996, 1999); Brown/Franks (1995, 1997); Bailyn (1995, 1999); Junghanns (1995); Harves (2002a, b); Abels (2005) for Russian; Paslawska (2004) for Ukrainian; Dornisch (1997); Witkoś (1996b, 1998) and Błaszczak (2001) for Polish, Kosta (2001, 2003) for Czech (see also Veselovská 1995); Progovac (1994) for Serbian/Croatian; Leko (1996) for Bosnian; Janeva (2001) and Schick (2002) for Bulgarian; Tomić (2002) for South Slavic. Generally speaking, sentence negation in Slavic languages is marked by the negative particle ne (or nie as in Polish, see below), which is a direct descendant of the ProtoIndo-European negative marker *ne. (In other European languages it is often a reinforced variant thereof, as, e.g., the Italian marker non (cf. lat. non < *ne-oinom (?) ‘not-oneSG.N’) or the English negation marker not (cf. engl. not < mengl. nat, not < nought < oengl. nāwiht, nōwiht, lit.: ‘not thing’ (Bernini/Ramat 1996, 28, 30).) Thus, Slavic negation belongs to the class of “light negators” (see above), and as such is usually (but not always, as will be shown below) taken to be the head of negation phrase. Usually the negative particle occurs as a separate word (cf. pol. nie napiszę ‘I will not write’); however, in some languages, as, e.g., Czech or Slovak, the negative particle is written together with the following verb as one word; cf. Slovak nenapíšem ‘I will not write’, in which the negative particle appears to be a prefix (see Veselovská 1995, who analyzes the negative prefix on the Czech verb as word-internal morphology; but see below). Yet another peculiarity is the occurrence of special negated auxiliary forms; for example, Serbian/Croatian and Slovenian have sets of negated present tense be-auxiliary forms whose derivations involve morphophonological changes (cf., e.g., Slovenian ne C sem1.SG.PRES = nisem, ne C si2.SG.PRES = nisi, ne C je3.SG.PRES = ni; Tomić 2002, 99), which could in fact be taken as evidence for the lexical derivation of such forms (see Tomić 2002 for discussion). One should also mention special negation forms used in negated existential(-locative) (present tense) sentences, e.g., the Russian net form (historically derived from the sentence negation marker ne ‘not’ and the existential form of the verb BE est’) or the Ukrainian nemaje form (lit. ‘Negation-has3.SG’); cf. (3) (due to Alla Paslawska, p. c.). (3)

a. Anhely je. angelsNOM.PL is3.SG ‘There are angels.’ b. Anheliv nemaje. angelsGEN.PL NEG-has3.SG ‘There are no angels.’

As far as the position of negation in Slavic languages is concerned, the first thing to observe is that the negative marker has retained from Proto-Indo-European its characteristic placement in front of the verb (cf. Bernini/Ramat 1996, 28, but see Lehmann 1974, 153). In most Slavic languages the negative marker has to occur immediately in front of the verb (see section 2), although in some languages (as, e.g., Bulgarian or Macedonian) no strictly immediate preverbal position is required; cf. (4) from Bulgarian (Tomić 2002, 101).

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (4)

Ne ti go e dala. not you2.SG.DAT.CL itACC.CL AUXCL givenF.SG ‘She hasn’t given it to you.’

Regarding the position negation phrase occupies within the clause in Slavic, one should mention here the seminal work by Rivero (1991), who argues that there are two types of Slavic languages: (i) those such as Bulgarian and Serbian/Croatian, where negation occurs relatively high within the clause and takes tense phrase as complement, and (b) those such as Czech and Slovak, where negation occurs relatively low within the clause and is itself complement of tense (but see Veselovská 1995 for criticism). Borsley/ Rivero (1994, 411 ff.) argue that Polish belongs to the second type of language. According to the analyses of, e.g., Junghanns (1995), Brown/Franks (1995) or Brown (1996, 1999), Russian would have to be placed among the languages of the second group as well. In this article I will investigate in more detail the question of how negation is realized at the sentence level in structural terms. The two main points I will be interested in are: (i) What is the motivation for assuming a negation phrase? (That is, what evidence/ arguments does one have for postulating a negation phrase in a given language?), and (ii) On the basis of which arguments is (or can) the structural position of negation (be) established? The discussion will mainly be based on Polish (referring occasionally to other Slavic languages). The choice of Polish is motivated by (at least) two special properties which are relevant to the primary goal of this article, namely, establishing the position of negation within the clause. First, Polish still has remnants of the Old Slavic auxiliary system and thus takes a middle position between those Slavic languages which still have perfect auxiliaries (as, e.g., Slovak, Czech, Croatian, etc.) and those which completely lack such auxiliaries (as, e.g., Russian) (see section 4.4. for details). Second, Polish (perhaps Slovenian as well; see, e.g., King 1995, 31, fn. 15; Borovikoff 1997, 77) is the only Slavic language in which Genitive of Negation is a purely syntactic and obligatory phenomenon (see section 4.2. for details). The remainder of the article is organized as follows. I will start off in section 2 by discussing the diagnostics for sentence negation. Having done this, I will turn in section 3 to the question of how sentence negation is syntactically represented in the clausal structure in Polish. Section 4 will elaborate more on the issue of what precisely the position of negation in the syntactic tree is. Finally, section 5 will conclude the article.

2. Properties of Sentence Negation in Polish Although the marker of sentence negation in Polish certainly belongs to the class of “light negators” (in the sense described above), its actual status is nevertheless a matter of disagreement. As will be shown below, sentence negation in Polish could in principle be analyzed in terms of a “bound” morpheme (more concretely, as a negative prefix on the verb). However, it is also conceivable to analyze the marker of sentence negation in Polish in terms of a “separate” negative clitic particle. Which view is the correct or the more plausible one is the subject of section 3. Before going into this issue, let us first look at the properties of sentence negation in Polish in more detail.

33. Negation and Clause Structure Since the negative particle nie in Polish is the marker of both sentence and constituent negation (and as a matter of fact also of absolute and lexical negation; see Cygan 1973, 299 f. and Fisiak/Lipińska-Grzegorek/Zabrocki 1978, 192 f.), it is important to look for some reliable diagnostics which would allow us to distinguish sentence negation from constituent negation in structural terms. Sentence negation differs from constituent negation in a number of respects. The three most important differences are the following:

2.1. Position of the Negative Marker The marker of sentence negation appears in an immediately preverbal position, i. e., it cliticizes on the following verb. In other words, nothing ⫺ not even a clitic pronoun (in contrast to what we may observe, e.g., in Bulgarian, recall (4)) ⫺ can separate the negative particle from the following verb; cf. (5a). In contrast, constituent negation can in principle occur in any position in the clause; cf. (5b). (5)

a. Jan go nie (*go) widział. John himCL NEG (*himCL) saw. ‘John didn’t see him.’ b. Jan widział nie ją, tylko jego. John saw not her but him ‘John didn’t see her, but him.’ (‘It is him that John saw, not her.’)

2.2. Licensing of Genitive of Negation In the presence of sentence negation the case marking of the direct object obligatorily changes from Accusative to Genitive (cf. (6b) vs. (6a)). (This phenomenon is usually referred to in the literature as “Genitive of Negation”; see also section 4.2. for more discussion of this issue.) In contrast, constituent negation has no influence on the case marking of the object: the direct object is marked for Accusative just like a direct object in an affirmative clause; cf. (6c) vs. (6a).

(6)

a. Ewa kupiła książkę. Eve bought bookACC ‘Eve bought a book.’ b. Ewa nie kupiła książki. Eve NEG bought bookGEN ‘Eve did not buy a book.’ c. Ewa kupiła nie książkę, tylko gazetę. Eve bought NEG bookACC but newspaperACC. ‘Eve did not buy a book, but a newspaper.’ (‘It is a newspaper Eve bought, not a book.’)

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

2.3. Licensing of Negative Pronouns Sentence negation, but importantly not constituent negation, allows negative pronouns; cf. (7). (For the question of what exactly the licensing mechanism of negative pronouns is, see, e.g., Przepiórkowski/Kupść 1999; Richter/Sailer 1999; Błaszczak 2001 and the references cited there.) (7)

a. Ewa nie opiekuje się niczyimi dziećmi. Eve NEG looks-after REFLCL [no children]INSTR ‘Eve does not look after any children.’ b. *Ewa opiekuje się nie niczyimi dziećmi, tylko swoimi. Eve looks-after REFLCL NEG [no children]INSTR but self’sINSTR (intended: ‘Eve does not look after anybody’s children but her own.’)

2.4. Partial Conclusions As a first approximation one could assume that constituent negation is just a kind of negative particle that adjoins directly to a constituent it takes scope over (see Iatridou 1990, 574 for the assumption that constituent negation is generated “in some sense on the constituent it negates”). Given that constituent negation might be treated as a kind of base-generated adjunct to some constituent, the question arises as to whether sentence negation could be made amenable to the same sort of analysis, i. e., also be treated as a kind of adjunct. It is not clear, however, how such an “adjunct” analysis could account for the properties of sentence negation pointed out above in sections 2.1⫺2.3. To see why, let us briefly consider the scope properties of sentence negation. In order to account for the wide scope of sentence negation, one would have to assume that sentence negation is generated as an adjunct to some larger ‘constituent’, say, a verbal phrase. However, such an assumption would not account for the fact that the negative marker nie in Polish always immediately precedes the finite verb; in other words, it seems to procliticize onto the verb. Assuming that the negative marker is just base-generated as an adjunct to the finite verb would not help, either. If nothing more is said, it is difficult to see how such an assumption could explain the wide scope of sentence negation. One obvious solution to the problem at hand is to assume that sentence negation is represented in terms of a special functional projection negation phrase that occurs high enough in the clausal structure to have scope over the relevant proposition (in the sense discussed above; see section 1; cf. also section 3.2.1). Thus, the question to be investigated next is whether a negation phrase can be postulated for negative sentences in Polish.

3. Is there a Negation Phrase in Polish? The question of how negation in Polish is to be represented syntactically has been answered differently in the literature. While some authors claim that there is no inde-

33. Negation and Clause Structure pendent negation phrase projection in Polish, others assume such a projection for Polish as well. Let us first take a closer look at the arguments that have been used in the literature to argue against assuming a negation phrase as a functional projection in the clausal structure of Polish or, in particular, against treating the negative marker nie as a headlike (clitic) element which has a syntactic realization (see Błaszczak 2001 for an extensive discussion).

3.1. Arguments against Negation Phrase 3.1.1. Stress Shift While discussing the position of the negative marker in section 2.1., I pointed out that it must immediately precede the following verb. In other words, it seems to form an inseparable unit with the verb, thus behaving like a prefix. (Recall from section 1 that in some Slavic languages (e.g., in Czech and Slovak) negation is also treated as a prefix orthographically in that it is written together with the verb as one word.) This assumption seems to be supported by the application of the rule of Stress Shift. In Polish, the stress falls on the penultimate syllable, as, e.g., in (8b), zaczynaj, unless a word is monosyllabic, as in (8a). However, as already observed by Ozga (1976, 137), in the case of a monosyllabic verb preceded by negation we observe a stress shift, i. e., nie C verb receives stress on the penult; cf. (9a) (the primary stress is marked by underlining). (8)

a. Wiem. know1.SG ‘I know.’

b. Zaczynaj! start2.SG.IMP ‘Start!’

(9)

a. Niehwiem. BUT: NEG know1.SG ‘I don’t know.’

b. Niehzaczynaj! NEG start2.SG.IMP ‘Don’t start!’

Since Stress Shift is taken to be a lexical phonology rule triggered by word formation processes, this fact is normally interpreted to mean that negation must be attached to the verb in the lexicon (cf., e.g., Dornisch 1997; Witkoś 1998; see also Przepiórkowski/ Kupść 2002; but see Junghanns 1995, who takes similar stress shifting phenomena in Czech and in a dialect of Macedonian as evidence that negation and verb form a syntactic word; see the discussion below; see also Tomić 2002 for a discussion of stress patterns in negative clauses in South Slavic). However, there is an alternative explanation, namely, to assume that the negative marker is a clitic that cliticizes onto a verbal host in the syntax. The prosodic requirements of the clitic are satisfied by incorporation into the prosodic word, here a verbal host (cf. also Peperkamp 1996). As a consequence of this incorporation, the lexically built prosodic word (i. e., the verb) is restructured and a new foot is built starting from the rightmost syllable, thus obeying the Align-Prosodic Word constraint, which is a highly ranked constraint in the Polish phonology (cf. Kraska-Szlenk 1995, 27 ff.). This constraint requires that the right edge of every prosodic word be aligned with the right

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz edge of a foot. Obviously, there must be a foot within the prosodic word to begin with; cf. (10) and (11).

(10)

before incorporation:

(11)

after incorporation: PW

F

nie + wiem

nie

wiem

As shown in the examples above, the lexically built prosodic word wiem incorporates the negative clitic nie by restructuring the prosodic word. A new foot is built, i. e., instead of a degenerate foot that consists of only one syllable, a well-formed binary foot is built up, thus satisfying the high ranked ‘foot binarity’ constraint. Main stress is assigned to this trochaic foot, which produces the effect of stress shift (observed in (9a)): after the incorporation the stress falls on the negative clitic.

3.1.2. Coordination Another argument in favor of nie being an affix that forms a single morphological unit with the immediately following verb is based on the behavior of nie with respect to coordination. Przepiórkowski/Kupść 2002, 342 observe that nie cannot take wide scope over coordination; cf. (12). This fact is taken as a strong indication that nie is an affix since they assume that “affixes, unlike postlexical clitics [...], i. e., prosodically deficient elements which are inserted in the syntax on a par with syntactic objects, cannot take wide scope over coordination” (ibid.). (12) a. *Nie [czytam i rozumiem] książek. NEG [read1.SG and understand1.SG] booksGEN. b. Nie czytam i nie rozumiem książek. NEG read1.SG and NEG understand1.SG booksGEN. ‘I don’t read and understand books.’ However, in the light of what has been said above about nie being a clitic whose prosodic requirements must be satisfied via incorporation into the prosodic word

33. Negation and Clause Structure (verb) by restructuring, the coordination facts receive a straightforward explanation (see Błaszczak 2001). Assuming that the negative marker is generated above verbal phrase (but see section 4 for more details) and that (12a) represents a case of verbal phrase-coordination, the structure in question will roughly look like (13a). (I ignore here the verbal phrase projection, usually assumed in the case of transitive verbs, for ease of exposition.) The italics mark the deletion and &P indicates a conjunction phrase. (13) a. [NegP Neg0 nie [&P [VP pro czytam książek] [& i [VP pro rozumiem książek]]]] b. [NegP Neg0 nie czytami [&P [VP pro ti książek] [& i [VP pro rozumiem książek]]]] At the point when the derivation reaches negation head, the prosodic requirements of nie must be satisfied. To this end, the nearest verb would have to move to negation head so that the incorporation process would be able to take place. This movement, indicated in (13b), would, however, violate the Coordinate Structure Constraint (see Ross 1967), which forbids extractions from a single branch of a coordinate structure. This is why the ungrammaticality arises on the intended reading in which nie should have scope over both conjuncts. In contrast, in the grammatical example (12b) what is coordinated are two negation phrases, as shown in (14a), so that the prosodic requirements of the negative marker can be satisfied in each conjunct without any violation of the Coordinate Structure Constraint, since no element has been extracted from a single branch of the coordination structure (the movement of the verb takes place within each conjunct). This is illustrated in (14b). (14) a. [&P [NegP Neg0 nie [VP pro czytam książek]] [& i [NegP Neg0 nie [VP pro rozumiem książek]]]] b. [&P [NegP Neg0 nie czytami [VP pro ti książek]] [& i [NegP Neg0 nie rozumiemj [VP pro tj książek]]]] It is interesting to observe that it is certainly not the case that the negative marker nie can never take wide scope over coordination. In the case of, e.g., periphrastic future tense structures like the one in (15), nie has scope over both conjuncts, as evidenced by the fact that the objects in both conjuncts are marked for Genitive. In other words, both verbs must be negated; see Błaszczak (2001, 111 f.) for the details of the derivation (see also Bailyn 1995, 52 f. for a similar observation in Russian). It should be noted at this point that the assumption that nie is an affix forming one morphological unit with the future auxiliary plus the assumption that affixes, unlike syntactic items, cannot take wide scope over coordination would lead to the prediction that (15) should be as ungrammatical as (12a), contrary to fact. (15)

Nie będę [pisać listów i czytać książek]. NEG be1.SG.FUT writeINF lettersGEN and readINF booksGEN. ‘I will not write letters and read books.’

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442

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

3.1.3. No blocking Effects So far only arguments have been discussed that have been used in the literature to argue in favor of the view that nie is an affix already attached to the immediately following verb in the lexicon. In what follows some other analyses will be presented which assume that nie is a clitic (i. e., a syntactically realized element as opposed to the morphological realization as an affix), but deny that nie is a head of an independent functional projection. One of the criteria determining the status of a negative marker in a given language is the question of whether it blocks certain types of movement (here: verb (head) movement or verbal formal feature movement). Such blocking effects are observed, for instance, in English (cf. (16)) and are attributed to the presence of a Negation-head projecting into a maximal projection, thus giving rise to ungrammaticality ⫺ as in (16b) (see, e.g., Pollock 1980 for discussion). (16) a. John left.

b. *John not left.

(17) a. Jan wyszedł. John left ‘John left.’

b. #Jan nie wyszedł. John NEG left ‘John didn’t leave.’

Since in Polish the presence of negation does not induce any ungrammaticality, as shown in (17b), this is taken by Śpiewak/Szymańska (1995) to mean that nie does not project into negation phrases at all. This conclusion is not necessarily warranted. Due to its clitic nature, nie will always cliticize onto the closest verb in the structure that moves to negation head to satisfy its prosodic requirements. What moves further (or what checks the φ-features) in the subsequent derivation is not the verbal head alone, but the newly formed complex (being a single prosodic word in fact). The lack of (head-movement) blocking effects, which would be expected under the assumption that nie is a head, is thus to be attributed to the clitic properties of nie (see also Witkoś 1996b, 75 f. for a suggestion along these lines).

3.2. Arguments in favor of Negation Phrase 3.2.1. Problem of Scope One of the most important problems for the analyses that deny the existence of a functional projection headed by the negative marker is the question of how the scope of sentence negation can be accounted for otherwise. Sentence negation has to be interpreted above verbal phrase in order to include in its scope all the arguments of the verb: “Sentential negation corresponds to a structure where the negative operator is above existential closure [the default operator closing any variable not otherwise closed by a quantifier (following Heim 1982 and much subsequent literature). The domain of quantification of existential closure, or nuclear scope, includes at least material represented in verbal phrase (see especially Diesing 1992 for a detailed discussion)]. For this interpretation to obtain, a functional projection [= a functional projection with negative formal features; JB] must be present at

33. Negation and Clause Structure

443

lexical form above verbal phrase” (Acquaviva 1995, 84). In this, sentence negation differs from, e.g., lexical negation since the latter has scope only over the element to which it is attached; cf. (18). (18) a. niewysoki lit.: ‘not-high’; ‘not very high (tall)’; ‘rather short’ b. nieprzyjaciel lit.: ‘not-friend’; ‘enemy’ If the negative marker is analyzed as word internal morphology (i. e., as a negative prefix), something extra must be said in order to make the distinction between lexical and sentential negation. In Veselovská (1995, 82), for instance, this “something extra” is the assumption that “if the scope of the Negation covers the finite verb, it covers Tense, and the verbal negation must be (and is) interpreted as sentential negation”. The infinitive in Czech, in contrast, is claimed to lack the tense feature. This assumption forces Veselovská to say that a structure like that in (19) below “is interpreted as lexical negation only” (ibid.). However, as shown in (20), the negation occurring on the infinitive in such constructions in Polish displays properties of sentential negation in terms of licensing Genitive of Negation and negative pronouns (recall sections 2.2 and 2.3, see also section 4.4.). (19)

Chte˘l nepracovat. wanted3.SG.M NEG-workINF ‘He wanted not to work.’

(20)

Jan chciał niczego nie kupować. John wanted nothingGEN NEG buyINF ‘John wanted not to buy anything.’

Yet another remedy for accounting for the distinction between purely lexical negation (as, e.g., in niegłupi ‘not-stupid’) and sentential negation has been suggested by Śpiewak/Szymańska (1995, 138 f.), who propose generating negative under verbal head (see also Willim 1990) and suggest that “the scope requirements might be translated into another kind of specifier-negation head agreement. A new verbal complex (negationC verb) now enters a specifier-head agreement relation”; cf. (21). (21) VP

‘No one saw Mary.’ Spec V’ nikt (no one3.SG ) V Neg nie (not )

NP Marii (MaryGEN ) V widzial (saw3.SG)

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz This proposal, however, faces some problems. Firstly, as Śpiewak/Szymańska (1995, 138) observe themselves, negation, due to its adjunct status, is not expected to be able to influence the features of the verb-projection. There is also the issue of scope. The scope requirements are translated into a specifier-negation head agreement relation. While this may account for the fact that the subject is in the scope of negation, what about other elements negation can have scope over? Should they also be translated into specifier-negation head agreement? Furthermore, the difference between constituent negation and sentence negation is somewhat obscured in the suggested analysis. Under the view that “constituent negation is generated, in some sense, on the constituent it negates”, if both sentence and constituent negation are analyzed as adjuncts to some constituent (to verb in the former case), we should not expect much difference between them as far as their scope properties are concerned. Yet there are clear differences between sentence and constituent negation, as was shown in section 2. Interestingly, there are also phonological differences between sentence and constituent negation. In section 3.1.1, it was pointed out that in the case of sentence negation the effect of stress shift is observed. However, no stress shift effects are found in the case of constituent negation, even if the constituent to which negation is attached is monosyllabic, as, e.g., in niehja ‘lit. not I’ (‘not me’), where the stress falls on ja. Importantly, the string with the stress only on nie is not well-formed; cf. *niehja (but note that the stress might fall on both nie and ja; cf. nie ja) (cf. Ozga 1976, 137). This shows that derivationally constituent and sentence negation cannot be treated alike as ‘adjuncts’ since sentence negation nie is incorporated into its verbal host whereas constituent negation nie does not undergo incorporation; instead, the latter may simply be adjoined to some constituent. One would have to, thus, in order to account for the scope of sentence negation, strongly rely on the different properties of the complex negationCverb, formed through adjunction of negation to verb, as opposed to an adjunction of negation to some other constituent. It should be noticed that even an analysis in which negation is generated higher in the clausal structure (not as a head of an independent functional projection, but instead, as part of some other complex head) would not fare better on the scope issue. An analysis along such lines has been proposed by King (1995) for Russian (see section 1). She argues that the negative marker in Russian is just part of a complex node which contains the information associated with both inflectional head and negation (King 1995, 41 f.); recall (1b). In order to account for the strict adjacency between negation and the verb, King assumes that the verb overtly moves to inflectional head in order to receive tense and agreement features. Since the negative marker can also appear on infinitives, as was shown in the preceding sections (recall (20)), this would force one to assume that the infinitive too must overtly raise to inflectional head “in order to receive tense and agreement features” (cf. also Bailyn 1995, 54, fn. 30 for a similar remark). Further problems arise if one takes into account the fact that ⫺ as extensively discussed in Bailyn (1995) ⫺ there is no overt verbal head-to-inflectional head raising in Russian, but presumably only a short verb movement (identified by Bailyn 1995 as raising to X° = Pr° (Pr is a mnemonic for predication), the head of the functional projection predication phrase motivated in Bowers 1993; see also Witkoś 1996a, b, 1998 for arguments that there may be an overt short verb movement in Polish; but see Dornisch

33. Negation and Clause Structure 1997 for an analysis in which the verb might move overtly through functional heads up to AgreementSubject head). And again there is a scope problem: in Bailyn’s words, “if scope is determined by strict c-command, then negation should never have scope over anything except the head it is adjoined to, and thus no direct object should be able to be marked Genitive, which is clearly false” (Bailyn 1995, 51). Finally, let us mention yet another solution to the scope problem: nie is analyzed as a prefix on the verb (i. e., the verb already emerges from the lexicon with a negative prefix), and, in addition, there is also a negation phrase in the clausal structure. The “negative verb” then raises overtly to the head of negation phrase (an analysis along these lines has been proposed, e.g., by Dornisch 1997 and Witkoś 1998 for Polish; see also Veselovská 1995 for a similar but not identical claim for Czech). One problematic aspect of this analysis is the question of the plausibility of the motivation lying behind this “negative verb” raising to negation head. Assuming that negation is semantically interpretable, the [NEG] feature of the negation head ⫺ qua its status of being a [Cinterpretable] feature ⫺ need not be checked on the standard assumptions (cf. Chomsky 1995, 285, 377). Thus, the negative verb movement must be due to the presence of a strong [v] feature on negation head or on the negative verb itself, and as such it remains a mere stipulation.

3.2.2. Nie is unlike other Clitics If the analyses which assume a base-generation of the negative marker under the Verbnode lead to theoretical difficulties, perhaps it would be an option to assume that nie, albeit not generated under some other node, still does not head its own projection, but instead, is analyzed just as a clitic without any specific position in the clause. Would such an analysis make better predictions in the relevant respects? No, it would not. To see why, let us suppose that the negative marker nie does not head an independent projection occupying a specific position in the syntactic tree. Instead, it is analyzed just as a clitic-like element. This would lead us to expect that nie should show similar behavior to other clitic elements, e.g., pronominal clitics (see, however, Witkoś 1998 and Dornisch 2000 for the analysis of the pronominal clitic placement in Polish in terms of special clitic phrases or transitivity phrases, respectively; but see Kraska-Szlenk 1993 for an alternative analysis). Though nie clearly behaves like a clitic, its behavior nevertheless differs from that of the pronominal clitics in several important respects (cf. also Leko 1996). The two most crucial differences are the following (see Leko 1996 and Błaszczak 2001 for extensive discussion of this issue): Firstly, nie always appears preverbally. Moreover, as was shown in section 2, no other constituent can separate it from the verb, i. e., a strict adjacency between the negative marker and the verb is required (recall (5 a)). Pronominal clitics, in contrast, may either precede or follow the verb; cf. (22 a). In addition, they may be separated from the verb by, e.g., an adverb; cf. (22 b). (22) a. Ewa często (go) widywała (go) w parku. himCL in park. Eve often himCL saw ‘Eve often saw him in the park.’

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz b. Ewa go często widywała. Eve himCL often saw. ‘Eve often saw him.’ Secondly, while the negative marker may be the first element in a sentence, a pronominal clitic is illicit in the sentence initial position; cf. (23). (23) a. Nie widziałam go wczoraj. him yesterday. NEG saw1.SG ‘I didn’t see him yesterday.’ b. *Go widziałam wczoraj. himCL saw1.SG yesterday. ‘I saw him yesterday.’ The fact that nie despite its clitic nature differs from other clitic elements seriously undermines the assumption that there is no negation phrase in the syntactic structure in Polish. For one thing, it has been shown that the assumption that nie is a prefix or a clitic attached to verb in the syntax leads to some theoretical problems. In addition, recognizing the clitic nature of the negative marker while denying that it heads its own projection leaves the differences between the negative marker clitic and the pronominal clitics unexplained. Equally unexplained or unexpected would be the word order facts discussed in section 4 (see especially sections 4.1 and 4.4.2).

3.2.3. Nie as the Head of Negation Phrase Given the arguments discussed in the previous sections, it seems plausible to assume that there is a negation phrase in Polish, especially if one wants to avoid the problems with which other proposals which do not make such an assumption are confronted. And here are some more arguments in favor of the claim that there is a negation phrase in Polish. Witkoś (1996 b) takes nie to be the head of negation phrase. He bases his claim on the tests proposed by Williams (1994, 169 f.) to identify the head/adverbial status of negation markers; e.g., (i) canonical head/complement direction (in Polish nie ⫺ as already shown ⫺ always precedes the verb), (ii) complement deletion: “if a given lexical element can appear as the rightmost term in the representation of a structure involving deletion and the deleted phrase is recovered as the complement of this rightmost term, the term in question is a head” (Witkoś 1996b, 73; cf. also Potsdam 1997 for a similar argumentation based on the licensing of verbal phrase-ellipsis in subjunctive clauses in English). As shown in (24), the negative marker indeed appears as the rightmost element in the structure and the deleted phrase (here the verbal phrase; see section 4 for details) can be recovered as the complement of the negative marker. Consequently, it can be assumed that nie is the head of negation phrase: (24) Jan odpowiedział na moje pytanie a Piotr n i e [odpowiedział na moje John answered to my question but Peter NEG [answered to my pytanie]. question]. ‘John answered my question, but Peter didn’t.’

33. Negation and Clause Structure Once nie has been identified as the head of negation phrase, the question arises as to the specifier position of negation phrase: Is the specifier obligatorily projected and if so, what element appears or can appear in that position? It is often assumed that the specifier of negation phrase is filled by an empty operator (see section 1), which is then taken to be responsible for the observed Relativized Minimality effects in the sense of Rizzi (1990). As pointed out by Witkoś (1993, 199), similar ‘Inner (Negative) Island’ effects can also be found in Polish (but see Przepiórkowski 1999b, 189 f. for a critical discussion). Since, as example (25) (from Witkoś 1993, 199) shows, only nonarguments are sensitive to such island effects, Witkoś (ibid., p. 200) concludes that the [Specifier, Negation Phrase] must be an A-bar-position occupied by some element (probably an operator) and thus inaccessible as a landing site for nonarguments, which have to move in a successive cyclic fashion from an A-bar-specifier to another A-bar-specifier. In other words, a nonargument cannot land in the [Specifier, Negation Phrase] or raise above it. (25) a. Nie rozmawiałem z Brianem poufnie. NEG speak1.SG.PAST with Brian confidentially ‘I didn’t speak with Brian confidentially.’ b. #[Z kim] nie rozmawiałeś poufnie? [with whom] NEG speak2.SG.PAST confidentially ‘With whom didn’t you speak confidentially?’ c. *Jak nie rozmawiałeś z Brianem? how NEG speak2.SG.PAST with Brian ‘*How didn’t you speak with Brian?’ It should be pointed out, however, that it might not be necessary to assume an empty negation operator in specifier of negation phrase just for the sake of having an explanation for island effects induced by negation. It might well be that negative island effects can be explained in purely semantic terms. As Szabolcsi/Zwarts (1993, 244) point out, in light of the fact that there is presumably no language in which negation does not create a weak island despite the crosslinguistic variation in the syntax of negation, “it seems more natural [...] to trace back the cross-linguistically uniform effect to the uniform semantics of negation” (see, however, Beck 1993 for criticism and an alternative proposal). The starting point for Szabolcsi/Zwarts’ (1993) account, the goal of which is to provide an algebraic semantic explication of scope taking, is the following assumption/ observation: “Each scopal element (SE) is associated with certain operations (e.g., not with complements). For a wh-phrase to take scope over some scopal elements means that the operations associated with SE need to be performed in the wh-phrase’s denotation domain. If the wh-phrase denotes in a domain for which the requisite operation is not defined, it cannot scope over scopal elements” (ibid., 236). More concretely, this means that wh-phrases ranging over individuals may scope over negation without any problems since the operation associated with negation (i. e., the operation of creating complements) can be performed in their denotation domain. This is so because individuals ⫺ as discrete entities ⫺ have all Boolean operations defined for their domain. Unlike wh-phrases ranging over individuals, wh-phrases ranging over partially ordered

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz domains (as, e.g., manner or amount wh-phrases) do not have all operations defined for their domains. In consequence, they will be sensitive to whatever operation is required by the scopal intervener, here negation. One should not, however, ignore here the role of the context since ⫺ as observed by Szabolcsi/Zwarts (1993, 255 ff.) ⫺ “various degrees of contextualization enable practically any wh-phrase, save for why, to extract.” This is so because contextualization may individuate a naturally ordered domain. If correct, these observations show that the specifier position of negation phrase does not necessarily need to be occupied by an operator in order to account for the weak island effects. The semantic properties of negation ⫺ irrespective of whether it is structurally defined as an adjunct, head or specifier ⫺ may be made responsible for the observed effects. Therefore, it seems plausible to assume that the specifier position of negation phrase (in Polish) is not occupied by an empty operator; rather, this position is created if necessary, e.g., as a landing site for some elements (e.g., negative pronouns) (see, e.g., Witkoś 1996b, 74 for a suggestion along these lines; see Błaszczak 2001 for a general discussion).

4. Structure of Negative Clauses The conclusion reached in the previous section was that nie in Polish is best analyzed as the head of negation phrase. What has not been discussed yet is the question of what position negation phrase occupies in the clause. The answer to this question will be provided in the following subsections. I will start by presenting some evidence that the verb indeed moves to negation head in overt syntax, thus satisfying the prosodic requirements of the negative clitic nie (recall the discussion from section 3.1.1; see also Witkoś 1996b, 75). (Note that the motivation for this movement is somewhat comparable to that for the overt verb movement to “little” v to satisfy the affixal nature of v; cf., e.g., Radford 1997, 201.) The arguments to be discussed below are based on the differences in the position of an affirmative versus a negated verb with respect to certain adverbs.

4.1. Negation Related Word Order Facts In Polish, the word order is free so that the distribution of adverbs does not seem to offer a reliable criterion for verb movement (see Śpiewak/Szymańska 1995 for discussion). However, on closer inspection, it turns out that the position of adverbs is not completely free. For example, in the case of modal or frequency adverbs the normal (or usual) word order is adverb > verb, as indicated in (26a) below. In the negated variants thereof, however, the normal word order is verb > adverb, instead of adverb > verb; cf. (26b). (26) a. Jan często pisze listy. John often writes lettersACC. ‘John often writes letters.’

33. Negation and Clause Structure b. Jan nie pisze często listów. John NEG writes often lettersGEN. ‘John doesn’t often write letters.’ This does not mean that other word orders are ungrammatical, because they are not. However, the change from the word order which is felt to be the normal one to a different word order causes (sometimes rather subtle) changes in the interpretation, and above all, changes in the scope properties. For instance, Witkoś (1996a, 166 f., fn. 15) observes that while a frequency adverb in the unmarked position, i. e., before the verb, modifies the whole verbal phrase, a frequency adverb in a postverbal position “acquires a new scopal property only over the nominal phrase”; cf. the difference between (27a) and (27b). Note that the unmarked word order in the negated variant of (27a) is verb > adverb; cf. (28a), which has the meaning indicated below. The order adverb > verb gives rise to another meaning, namely, a kind of contrastive/focused meaning; cf. (28b). (27) a. Jan często pisał listy w parku. John often wrote letters in park. ‘John often wrote letters in the park.’ (‘It often happened that John wrote letters in the park.’) b. John pisał często listy w parku. John wrote often letters in park. ‘John wrote in the park and often it was letters that John wrote in the park.’ (28) a. Jan nie pisał często listów w parku. John NEG wrote often letters in park ‘John didn’t often write letters in the park.’ (‘It didn’t often happen that John wrote letters in the park.’) b. Jan często nie pisał listów w parku. John often NEG wrote letters in park ‘It happened often that John didn’t write the letters in the park.’ or: ‘It was often the letters that John didn’t write in the park.’) Assuming that the adverbs in question are adjoined to verbal phrase (or licensed in some functional projection immediately above verbal phrase/verbal phrase, e.g., in a voice phrase or an aspect phrase, as proposed by Alexiadou 1997 for manner and aspectual (including frequency) adverbs respectively), the above facts show that the verb in negated clauses indeed moves to negation head, which is situated in some position above verbal phrase (see below for details). But, apart from this first approximation, we still do not know what exactly the position of negation phrase in the clausal structure is. To clarify this issue, I will present in the following subsections some further facts concerning Genitive of Negation (section 4.2), negative pronouns (section 4.3) and the position of the negative marker with respect to different (auxiliary) verbs (section 4.4).

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4.2. Genitive of Negation (GoN) In section 2.2, it was mentioned that under sentential negation the internal argument of a transitive verb receives a Genitive instead of an Accusative marking. Genitive of Negation in Polish is a very restricted and (unlike the Genitive of Negation in Russian, see below) a purely syntactic phenomenon: its occurrence is confined only to the structural Accusative position; cf. (29). Oblique objects (cf. (30)) and subjects (cf. (31)), even subjects of unaccusative verbs (cf. (32a)), which are ⫺ according to the standard assumptions ⫺ base-generated in direct object position, are excluded from the Genitive-of-Negation rule. (Notice also that even the default, nonagreeing form of the verb does not improve the acceptability of the Genitive in such examples, as evidenced by (32b).) Regarding this last point, Polish differs from Russian, where Genitive of Negation can apply to subjects of unaccusative verbs (including passive verbs and so-called ‘existentials’ (Babby 1980)); cf. (33). (Note the difference in the interpretation of a Genitive- vs. Nominative-subject; for a discussion of Genitive of Negation in Russian, see, among others, Babby 1980; Bailyn 1997; Brown/Franks 1995, 1997; Brown 1999; Pereltsvaig 1999; Borschev/Partee 2001; Harves 2002a, b; Abels 2005). (29) a. Jan lubi #Ewę/*Ewy. John likes #EveACC/*EveGEN ‘John likes Eve.’ b. Jan nie lubi #Ewy/*Ewę. John NEG likes #EveGEN/*EveACC ‘John doesn’t like Eve.’ (30)

Jan nie pomaga #Ewie/*Ewy. John NEG helps #EveDAT/*EveGEN ‘John doesn’t help Eve.’

(31) a. #Jan/*Jana nie lubi Ewy. #JohnNOM/JohnGEN NEG likes EveGEN ‘John doesn’t like Eve.’ b. #Jan/*Jana nie śpi. #JohnNOM/JohnGEN NEGs leeps ‘John doesn’t sleep.’ (32) a. #Odpowiedź/*Odpowiedzi nie przyszła. #answerNOM.F/*answerGEN.F NEG came3.SG.F ‘(The) answer didn’t come.’ b. *Odpowiedzi nie przyszło. *answerGEN.F NEG came3.SG.N (33) a. #Otveta ne prišlo. #answerGEN.M NEG come3.SG.N.PAST ‘No answer came.’

33. Negation and Clause Structure b. #Otvet ne prišël. #answerNOM.M NEG came3.SG.M ‘The answer didn’t come.’ What can the facts mentioned above tell us about the structural position of negation in Polish? Taking into consideration the fact (i) that Genitive of Negation affects only internal objects otherwise marked for Accusative and (ii) that Accusative ⫺ in contrast to oblique case ⫺ is a structural case (see, among others, Przepiórkowski 1999a and the references cited there for a discussion of the tests used to differentiate between structural and lexical case in Polish), it has been proposed in the literature that sentential negation must be located in the neighborhood of the Accusative case checker. In early minimalist analyses based on Chomsky (1993, 1995) (cf., e.g., Brown/Franks 1995 and Brown 1996; Witkoś 1996b), it was assumed that negation phrase is located in the neighborhood of AgreementObject Phrase (or Aspect Phrase), in later versions (based on Chomsky 1995, Chapter 4.10, Chomsky 2000), negation phrase is located above verbal phrase, within which Accusative is checked (see, among others, Błaszczak 2003 and the references cited there). The verb moves overtly through agreementObject head/ v head to negation head, which is due to the clitic status of the negative marker; cf. (34). Once combined (merged) with negation, its case properties change: instead of the Accusative the Genitive is checked (assigned). (34)

[NegP Neg° [AgOP/vP AgrO°/v° [VP V° ]]] 



In the next section we will look at the arguments from negative pronoun licensing, which also point to the conclusion that negation phrase must be located above verbal phrase.

4.3. Negative Pronouns As we have already seen in section 2.3, negative pronouns are licensed by sentential negation. The exact mechanism of this licensing should not bother us at this point (see, among others, Przepiórkowski/Kupść 1999; Richter/Sailer 1999; Błaszczak 2001 and the references cited there for discussion). For the purposes of the present discussion it suffices to assume that for negative pronouns to be licensed negation must have scope over them. Given this assumption, one can say more about the position negation occupies in the clause structure just by examining in what functions/positions negative pronouns may occur and from what functions/positions they are excluded. Let us first look at the inventory of negative pronouns in Polish. The following table shows that Polish has a considerable number of negative pronouns at its disposal. Table 1 lists only those negative pronouns for which autonomous lexical items exist, that is, analytic (often descriptive) expressions which make use of autonomous negative pronoun forms (such as, e.g., w żaden sposób, żadną miarą ‘by no means’, pod żadnym

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Tab. 33.1: The inventory of negative pronouns in Polish negative pronouns person thing time place direction: a) movement to a place b) movement from a place manner possessive deter. determiner

nikt nic nigdy nigdzie

‘nobody’ ‘nothing’ ‘never’ ‘nowhere’

donikąd znikąd nijak niczyj żaden

‘(to) nowhere’ ‘(from) nowhere’ ‘nohow’ ‘nobody's’ ‘no, none’

pozorem, w żadnym wypadku ‘under no circumstances’, ‘in no case’) are excluded here from consideration; cf. Haspelmath (1993, 262) and Bernini/Ramat (1996, 152 f.). Accordingly, negative pronouns may be found in all argument functions, i. e., as subject (cf. (35)), direct object (cf. (36a)) and as indirect or prepositional object (cf. (36b, c)); further as time, place and manner adverbials; cf. (37). In contrast, negative pronouns are normally not found in the function of reason (causal) adverbials. In this case another structure with bez ‘without’ is used instead; cf. (38a, b). In addition, the wide scope reading of negation in (38a) does not seem to be available. Thus, (38a) cannot be readily interpreted as ‘He didn’t do that for any reason’. In order to express this meaning, a structure like that in (39) may be used, in which both the event of doing something and the fact that there was a reason for this ‘not doing’ are explicitly denied. (35)

Nikt mnie nie odwiedza. Nobody meGEN NEG visits ‘Nobody comes to visit me.’

(36) a. Ewa nikogo nie odwiedza. Eve nobodyGEN NEG visits. ‘Eve doesn’t visit anybody.’ b. Ewa nie daje nikomu presentów. Eve NEG gives nobodyDAT giftsGEN ‘Eve gives nobody gifts.’ c. Ewa nie czeka na nikogo. Eve NEG waits for nobody ‘Eve doesn’t wait for anybody.’ (37) a. Ona mnie nigdy nie odwiedza. She meGEN never NEG visits ‘She never visits me.’ b. Ona nie była nigdzie latem. she NEG was nowhere summerINSTR ‘She didn’t go anywhere last summer.’

33. Negation and Clause Structure c. Nijak nie mogę tego zrobić. Nohow NEG can1.SG this doINF ‘I cannot do it by any means/in any way.’ (38) a. ??On nie zrobił tego z żadnego powodu. reason he NEG did thisGEN for no (intended: ‘He did that for no reason.’) b. On zrobił to bez żadnego powodu. reason he did thisACC without no ‘He did that without any reason.’ / ‘He did that for no reason.’ (39)

On nie zrobił tego, przy czym nie było ku temu żadnego he NEG did thisGEN whereby NEG was for that noGEN/ powodu/ przy czym nie miał ku temu żadnego powodu/. reason whereby NEG had for that no reasonGEN/ ‘He didn’t do that and there was no reason for it / and he didn’t have any reason for it.’

What do the grammatical uses of negative pronouns have in common and what distinguishes them from the problematic one in (38a)? In all the grammatical cases negative pronouns are thematically related to an eventuality either qua being an argument of that eventuality or qua being a modifier directly related to that eventuality. Thus, in a sense, negative pronouns occurring in these functions may be viewed as ‘participants in an event’ (cf. Tovena 1996; see also Przepiórkowski/Kupść 1990 for the claim that negative pronouns in Polish are items sensitive to “eventuality negation”). This is obvious in the case of external and internal arguments of a verb, perhaps less clear in the case of adverbials. However, if one takes into account that temporal and local adverbials “contribute to set spatio-temporal parameters of an eventuality” (Tovena 1996, 72), or if one accepts the Davidsonian treatment of adverbial phrases as predicates of events (Davidson 1967), the assumption that also adverbials may be thematically related to (or selected by) verbal predicates (cf. also Alexiadou 1997 for the latter assumption) in the sense that they may be regarded as ‘participants of an event’ ceases to be strange. What about reason adverbials? The first thing to note is that reason adverbials are not thematically related to (or selected by) verbal predicates. Consequently, it is difficult to see how they could be viewed as participants of/in an event. Reason adverbials only describe a reason for which an event may or may not occur. However, the reverse does not hold. The absence of a reason does not automatically result in an event being negated as it might be the case that the event took place, although there was no reason for it to. As far as the question is concerned as to which position exactly reason adverbials are generated in, there seems to be no agreement in the literature on this point. For example, while Cinque (1999, 28) takes reason adverbials to belong to the class of circumstantial adverbs (which he generates within verbal phrase), Rizzi (1990) ⫺ mainly on the basis of extraction facts ⫺ assumes that reason adverbials are adjoined to tense phrase. In other words, they are generated higher in the syntactic structure than, e.g., manner adverbs. The latter Rizzi takes to be adjoined to verbal phrase. In

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz light of what we said above about the thematic relation of reason adverbials to the verbal predicate, there may be reasons not to regard them as generated verbal phrase-internally. Given this assumption, the Polish facts mentioned at the outset of this section will become understandable if we assume that sentence negation in Polish must occupy a position above verbal phrase ⫺ in order to have scope over all ‘participants in an event’, i. e., thematically related arguments or modifiers ⫺ but presumably not as high as tense phrase. This assumption also squares nicely with another fact observed by Przepiórkowski (1999b, 205), namely, that negative pronouns embedded in ‘according to’ phrases are not licensed by negation either; cf. (40). Notice that such phrases function as proposition modifiers; in other words, they do not belong to the class of verbal phrase-modifiers. Accordingly, they are not base-generated verbal phrase-internally. (40) *[Według / zdaniem żadnego rosyjskiego polityka] Polska nie powinna [according to none Russian politician] Poland not should przystąpić do NATO. join to NATO ‘According to no Russian politician should Poland join NATO.’ In the previous section on the basis of the Genitive-of-Negation facts, we came to the conclusion that sentential negation seems to be located in the neighborhood of the Accusative case-checker. In this section we saw that sentential negation must be above verbal phrase/verbal phrase, but presumably not as high as tense phrase. To make this statement more precise, let us take auxiliaries into account and investigate the question of what position negation occupies with respect to auxiliaries versus the main verb.

4.4. Negation and Auxiliaries In section 2.1, while discussing the position of the marker of sentence negation in Polish, it was noted that it always immediately precedes the verb. However, since the examples considered in section 2.1 were all sentences with just one verbal element (i. e., a main verb), the above statement is not very telling as far as the position of negation phrase in the clausal structure is concerned. Thus, the idea is that by looking at the placement of the negative marker with respect to different verbal elements and assuming furthermore that the position of auxiliary elements in the syntactic tree (presumably) differs from that of the main verb (to be made more precise below), we will be able to determine more precisely the actual position of negation phrase in the clausal structure. To this end, let us look first at what auxiliaries Polish has and what the assumptions regarding their respective base-positions are.

4.4.1. Auxiliaries and their Base-Positions The inventory of auxiliaries in Polish is rather modest in comparison with other Slavic languages, as, e.g., Czech or Serbian/Croatian, but is still richer than the auxiliary system, e.g., in Russian. Polish is interesting in this respect since it possesses ⫺ besides

33. Negation and Clause Structure clear auxiliary forms used in periphrastic constructions ⫺ also auxiliary-like elements which in present-day Polish usually (but not always, see below) occur “incorporated” into the main verb (here: past participle), thus forming one complex verb form. A clear case of an auxiliary is the so-called “future auxiliary” used in periphrastic imperfective future constructions which consist of an appropriate form of the verb (the auxiliary) być ‘to be’ (usually called “future form”, although it actually has present tense morphology) plus either a past participle form (the so-called l-participle, which is inflected for gender and number) or an infinitive; cf. (41a) and (41b). In both cases only participles and infinitives of imperfective verbs may be used. There is no difference in meaning between the two forms (see Fisiak/Lipińska-Grzegorek/Zabrocki 1978, 106). Other periphrastic constructions with a clear auxiliary form (the so-called “past auxiliary”) are pluperfect (‘czas zaprzeszły’) (cf. (42)) and past conditional constructions (cf. (43), ibid., 119). Since these two constructions are (more or less) obsolete in present-day Polish, I will not discuss them any further (but see Błaszczak 2001 and the references cited there for a detailed discussion). (41) a. Ona będzie czytała/*przeczytała książkę. she be3.SG.FUT readIMPERF/*PERF.PAST-PRT.SG.F bookACC ‘She will read a book.’ b. Ona będzie czytać/*przeczytać książkę. she be3.SG.FUT readIMPERF/*PERF.INF bookACC ‘She will read a book.’ (42)

czytałem był readPAST-PRT.SG.MC1.SG bePAST-PRT.SG.M ‘I had read/had been reading.’

(43) a. byłbym kochał bePAST-PRT.SG.MCCONDC1.SG lovePAST-PRT.SG.M ‘I would have loved.’ b. bym był kochał CONDC1.SG bePAST-PRT.SG.M lovePAST-PRT.SG.M ‘I would have loved.’ Apart from the “future auxiliary” and “past auxiliary”, there are auxiliary-like elements in Polish which in the traditional grammar (cf. Fisiak/Lipińska-Grzegorek/Zabrocki 1978, 99 ff.) are referred to as “the inflectional endings” (in past tense constructions) (cf. (44a)) and “the mood suffix -by” (in conditional constructions) (cf. (45a)). More recently, Borsley/Rivero (1994) have analyzed such auxiliary-like elements as ‘real’ auxiliaries: “the perfect auxiliary” and “the conditional auxiliary”, respectively. Accordingly, they speak of the past tense (cf. (44a)) as a combination of a past participle and a perfect auxiliary and of the conditional (cf. (45a)) as a combination of a conditional auxiliary (which in Polish, but, e.g., not in Slovak (see (45b)) always occurs together with the (person and number) subject agreement morphology) and a past participle. Thus, what appear to be simple verb forms are analyzed by Borsley/Rivero (1994) as complex, periphrastic constructions. This makes the Polish past tense con-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz structions look similar to ‘periphrastic past tense’ constructions consisting of a present tense form of the verb ‘be’ (i. e., an auxiliary element) and a past participle in other Slavic languages (cf. (44b), Borsley/Rivero 1994, 382) or to the Old Polish periphrastic past tense constructions (attested approximately until the 15th century); cf. (44c) (Rospond 1979, 306 f.). In a similar vain, the Polish conditional construction in (45a) looks very much like its cognate constructions in other Slavic languages (cf. (45b), modified from Veselovská 1995, 116) or again like related Old Polish conditional constructions, which were clearly periphrastic; cf. (45c) (Rospond 1979, 308). There is, however, one crucial difference between Polish and other Slavic languages. As argued by Borsley/ Rivero (1994), the Polish examples in (44a) and (45a) are the result of syntactic incorporation (but see Witkoś 1998; also Dornisch 1997 for a critical discussion) whereas the Slovak constructions (in (44b) and (45b)) are due to Long Head Movement (see also Rivero 1991; but see Wilder/Ćavar 1994 for a critical discussion). (44) a. Pol.: NapisałCem list. writePAST-PRT.SG.MC1.SG letterACC ‘I wrote a letter.’ b. Slov.: Napísal som list. writePAST-PRT.SG.M bePRES.1.SG letterACC ‘I wrote a letter’ c. Old Polish: był jeśm bePAST-PRT.SG.M bePRES.1.SG ‘I was.’ (45) a. Pol.: NapisałCbyCm list. writePAST-PRT.SG.MCCONDC1.SG letterACC ‘I would write a letter.’ b. Slov.: Ja by som napisal list. I COND bePRES.1.SG writePAST-PRT.SG.M letterACC ‘I would write a letter.’ c. Old Polish: bych chwalił CONDC1.SG praisePAST-PRT.SG.M ‘I would praise.’ Two remarks are in order here. Firstly, unlike “the future auxiliary” in (41), “the perfect auxiliary” and “the conditional auxiliary” can cooccur both with perfective and imperfective verbal forms; cf. (46) and (47). (46) a. Czytałam książkę. readIMPERF.PAST-PRT.SG.FC1.SG bookACC ‘I was reading a book.’

33. Negation and Clause Structure b. Przeczytałam książkę. readPERF.PAST-PRT.SG.FC1.SG bookACC ‘I read a/the book.’ (47) a. (Gdybym miała więcej czasu), czytałabym if I had more time readIMPERF.PAST-PRT.SG.FCCONDC1.SG książki. booksACC ‘(If I had more time), I would read books.’ b. (Gdybym miała wczoraj więcej czasu), przeczytałabym if I had yesterday more time readPERF.PAST-PRT.SG.FCCONDC1.SG [tę książkę]. [this book]ACC ‘(If I had had more time yesterday), I would have read this book.’ Secondly, although in the standard language “the perfect auxiliary” and “the conditional auxiliary” form one complex form together with the past participle (as evidenced by the examples cited so far), in colloquial or dialectal speech they can appear separately to the left of the participle; cf. (48b, c) and (49b, c). (48) a. WidzieliCśmy Ewę. seePAST-PRT.PL.MC1.PL EveACC ‘We saw Eve.’ b. KogoCście widzieli? whoACCC2.PL seePAST-PRT.PL.M ‘Who did you see?’ c. MyCśmy widzieli Ewę. weC1.PL seePAST-PRT.PL.M EveACC ‘We saw Eve.’ (49) a. WidzieliCbyCśmy Ewę. seePAST-PRT.PL.MCCONDC1.PL EveACC ‘We would see Eve.’ b. Kogo byCście widzieli? whoACC CONDC2.PL seePAST-PRT.PL.M ‘Who would you see?’ c. My byCśmy widzieli Ewę. we CONDC1.PL seePAST-PRT.PL.M EveACC ‘We would see Eve.’ The next question to be asked is where the auxiliaries are generated. This question is also answered differently in the pertinent literature. Borsley/Rivero (1994) make a distinction between lexical auxiliaries (such as the future auxiliary) and the functional auxiliaries (i. e., their perfect auxiliary and conditional auxiliary). This distinction is motivated by selectional properties of the auxiliaries in question. For example, the

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz future auxiliary shows selectional properties in that it can combine only with verbal phrase-complements headed by an imperfective verb (recall (41)). No comparable selectional properties are observed in the case of functional auxiliaries: they can combine with both perfective and imperfective verbs (recall (46) and (47)). This difference is also mirrored in the assumed position in which the respective auxiliary type is generated. For the lexical auxiliaries (i. e., the future auxiliary) the assumption is that they are generated in the Verb-slot. The functional auxiliaries, on the other hand, are generated in a position higher than the future auxiliary, namely in inflectional head (stated in the pre-split-inflection fashion). In other words, the assumption is that both the perfect auxiliary and the conditional auxiliary are generated in one and the same position (see also Veselovská 1995 for an assumption along similar lines with respect to Czech auxiliary clitics). Contrary to Borsley/Rivero (1994), Dornisch (1997) assumes that auxiliaries are generated in functional projections to which they correspond semantically. This means that the conditional auxiliary is not simply generated in the inflectional head-slot, but in mood head, the head of the mood Phrase (ModP), and the tense auxiliaries are generated in tense head. This assumption thus holds for both the overt future auxiliary (but see below) and the past auxiliary (overt and covert). Borsley/Rivero’s “perfect auxiliary” in Dornisch’s analysis is identified as the (person and number) subject agreement morphology (clitic) and as such is taken to be generated in AgreementSubject head (AgrS o). Yet a somewhat different analysis has been proposed by Witkoś (1998). In his analysis the conditional particle (Borsley/Rivero’s “conditional auxiliary”) is generated in tense head, which has in this case the features [Cpast, Cirrealis]. The person/number affix is generated in AgrS o. Examples (50) and (51) (slightly modified from Witkoś 1998, 99 f.) show the derivation of a periphrastic conditional construction and an incorporated conditional, respectively. Like Borsley/Rivero (1994), Witkoś (1998) assumes that the incorporated conditional is formed in syntax. The difference between (50) and (51) is that tense head can have a weak or a strong [Cv] feature. The strong [Cv] feature, as in (51), triggers an overt participle movement. Notice that the participle moves to agreementSubject head, as a result of obligatory tense head to AgrS o movement (ibid., p. 99). (Italic print shows elements (or copies) that are pronounced, “0” stands for “an abstract element” (Witkoś 1998, 98 ff.).) (50) a. Ty byś zjadł ciastko. you CONDC2.SG eatPAST-PRT.SG.M cakeACC ‘You would eat a/the cake.’ b. [AgrsP ty [Agrs° by-ś] [TP [T° by] [AspP [Asp° zjadł] [AgroP ciastko [Agro° zjadł] [VP ty zjadł ciastko]]]]] (51) a. Jan zjadłby ciastko. John eatPAST-PRT.SG.MCCOND cakeACC ‘John would eat a/the cake.’ b. [AgrsP Jan [Agrs° zjadł-by-0] [TP [T° by] [AspP [Asp° zjadł] [AgroP ciastko [Agro° zjadł] [VP Jan zjadł ciastko]]]]]

33. Negation and Clause Structure Unlike in the case just discussed, Witkoś (1998) assumes ⫺ contrary to Borsley/Rivero (1994) ⫺ that the incorporated pattern of the past tense is formed not in syntax, but rather that the verb enters the derivation already with the person/number affix; cf. (53). (The main evidence for this assumption is based on the distribution patterns of object clitic pronouns with respect to the conditional particle versus person/number affix; see Witkoś 1998 for details of this analysis; see also Dornisch 1997.) In the case of a nonincorporated pattern of past tense, the person/number affix (i. e., Borsley/ Rivero’s “perfect auxiliary”) is inserted directly under agreementSubject head; cf. (52). (52) a. Tyś zjadł ciastko. youC2.SG eatPAST-PRT.SG.M cakeACC ‘You ate a/the cake.’ b. [AgrsP ty [Agrs° 0-ś] [TP [T° 0] [AspP [Asp° zjadł] [AgroP ciastko [Agro° zjadł][VP ty zjadł ciastko]]]]] (53) a. Zjadłeś ciastko. eatPAST-PRT.SG.MC2.SG cakeACC ‘You ate a/the cake.’ b. [AgrsP pro [Agrs° 0⫺0] [TP [T° 0] [AspP [Asp° zjadłeś] [AgroP ciastko [Agro° zjadłeś] [VP pro zjadłeś ciastko]]]]] To sum up, the analyses reviewed above all differ with respect to the question as to what positions exactly the respective auxiliary elements are generated in. However, they all agree on one point, namely, that the auxiliary-like elements (i. e., the conditional particle and the person/number affix) are generated higher in the syntactic tree than the future auxiliary. With the background provided in this section, we can now turn to the question of what position the negative marker occupies with respect to these auxiliaries.

4.4.2. Position of Negation with respect to Auxiliaries Let us start with the auxiliary-like elements. Example (54) illustrates the case of negated conditional clauses. It shows that the negative marker cannot precede the conditional auxiliary, but must occur on the participle. Only in (55) does the negative marker appear to the left of the conditional auxiliary. However, it does not immediately precede the auxiliary, but is separated from it by the participle; cf. the contrast between (55a) and (55b). This shows that the cases where the negative marker precedes the conditional must be derived via movement (or ‘incorporation’ in Borsley/Rivero’s terms) of the negated past participle to the position occupied by the conditional auxiliary (i. e., inflectional head in Borsley/Rivero’s 1994 analysis, Modo (Mood Head) in Dornisch’s 1997 analysis or AgrSo (as a result of the obligatory Tense Head to AgreementSubject Head Movement) in Witkoś’ 1998 analysis). (54) a. Jan by nie napisał tego artykułu. John COND NEG writePAST.PRT.SG.M [this article]GEN ‘John wouldn’t write this article.’

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz b. *Jan nie by napisał tego artykułu. John NEG COND writePAST.PRT.SG.M [this article]GEN (55) a. Jan nie napisałby tego artykułu. John NEG writePAST.PRT.SG.MCCOND [this article]GEN ‘John wouldn’t write this article.’ b. *Jan napisał nie by tego artykułu. John writePAST.PRT.SG.M NEG COND [this article]GEN Turning now to the subject agreement clitic (person/number affix), example (56) shows that it cannot be immediately preceded by negation. In other words, in cases in which the subject agreement clitic is generated directly in the inflection-area (in agreemantSubject head in Dornisch’s and Witkoś’ analyses) the negative marker occurs to its right, namely on the participle. As expected, the ‘incorporated’ past tense verbs (i. e., those which already come from the lexicon with the subject agreement clitic, recall the discussion above) behave as normal main verbs as far as the position of the negative marker is concerned, i. e., the marker of sentence negation immediately precedes them; cf. (57). (56) a. Myśmy nie widzieli Ewy. weC1.PL NEG seePAST.PRT.PL.M EveGEN ‘We didn’t see Eve.’ b. *My nie śmy widzieli Ewy. we NEG 1.PL seePAST.PRT.PL.M EveGEN (57) a. My nie widzieliśmy Ewy. we NEG seePAST.PRT.PL.MC1.PL EveGEN ‘We didn’t see Eve.’ b. *My widzieli nie śmy Ewy. we seePAST.PRT.PL.M NEG 1.PL EveGEN Let us turn now to the remaining case of periphrastic future constructions. Example (58a) shows that the position of the negative marker with respect to the future auxiliary is the same as in the case of main verbs, i. e., the negative marker immediately precedes the future auxiliary. Moreover, as (58b) shows, the marker of sentence negation cannot be located on the l-participle or the infinitive. The negation in (58b) can at most be interpreted as contrastive negation, but not as sentence negation, as evidenced by the lack of the licensing of negative pronouns and Genitive of Negation; cf. (59) (recall section 2.2 and 2.3). (58) a. Ona nie będzie czytała/czytać. she NEG be3.SG.FUT readPAST-PRT.SG.F/INF ‘She will not read.’ b. *Ona będzie nie czytała/czytać. she be3.SG.FUT NEG readPAST.PRT.SG.F/INF

33. Negation and Clause Structure (59) a. Jan będzie nie czytać tę książkę/*tej książki, ale ją oglądać. John be3.SG.FUT NEG readINF [this book]ACC/*GEN but itACC look-atINF ‘John will not read this book but look at it.’ (‘What John will do with this book is not read it but look at it.’) b. *Jan będzie nic nie czytać. John be3.SG.FUT nothing NEG readINF Note that there is nothing wrong with placing the negation on the infinitive, as example (60b) shows. ((60c) shows that there might in fact be two negations: one on the matrix predicate, and the other on the infinitive.) Note also that in contrast with (59), the negation in (60) is able to license both Genitive of Negation and negative pronouns (cf. (61)), thus showing properties of sentence negation. On the basis of these (and other) facts, Witkoś (1996 b, 1998) and Błaszczak (2001, 2003) analyze constructions like (60) and (61) (in contrast to constructions like (58)/(59)) as biclausal, i. e., consisting of a matrix clause and an embedded infinitival clause, both of which can be separately negated (in other words, the infinitival clause has its own negation phrase projection); see also Dziwirek (1998). (60) a. Matka nie pozwoliła Janowi iść do opery. mother NEG let3.SG.PAST JohnDAT goINF to opera ‘The mother didn’t allow John to go to the opera.’ b. Matka pozwoliła Janowi nie iść do opery. mother let3.SG.PAST JohnDAT NEG goINF to opera ‘The mother allowed John not to go to the opera.’ c. Matka nie pozwoliła Janowi nie iść do opery. mother NEG let3.SG.PAST JohnDAT NEG goINF to opera ‘The mother didn’t allow John not to go to the opera.’ (‘The mother made John go to the opera.’) (61) a. Jan pozwolił Ewie nie czytać tej książki/*tę książkę. John let3.SG.PAST EveDAT NEG readINF [this book]GEN/*ACC ‘John allowed Eve not to read this book.’ b. Jan pozwolił Ewie niczego nie czytać. John let3.SG.PAST EveDAT nothing NEG readINF ‘John allowed Eve not to read anything.’ So, what do these facts tell us about the position of negation in the clause? Given the contrast between (58b) and (60b), and given furthermore that the complement of the future auxiliary is a verbal phrase (cf. Dziwirek 1998, 89, fn. 40; see also Borsley/Rivero 1994, 416), negation must be located higher than verbal phrase. However, negation cannot be located higher than tense phrase since it has to precede the future auxiliary. Recall that the negative marker cannot precede the functional auxiliary-like elements located within the functional projection in the inflection-area. In this respect the future auxiliary shows more similarity to lexical verbs than to other auxiliary elements. This can be accounted for by assuming that the feature auxiliary is actually a lexical category

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (see Borsley/Rivero 1994 for a similar suggestion), more precisely, a lexical (light) verb taking a verbal phrase complement headed by an imperfective verb. Alternatively, one could place the feature auxiliary under the aspect node (thus reflecting directly its selectional aspectual properties in terms of combining only with imperfective verbs). Aspect Phrase will be located directly above verbal phrase/verbal phrase and below tense phrase (cf. Veselovská 1995 for an assumption along these lines; see Błaszczak for a general discussion; see also Dornisch 1997, 184 f. for a somewhat different version of this proposal). There is another argument for the assumption that negation has to be placed below tense phrase. Assuming that the past auxiliary in past conditional constructions is generated in tense head (cf. Dornisch 1997), examples like those in (62) would show that the negative marker can be placed to the right of the past auxiliary, i. e., below tense phrase. (Note in passing that this option was excluded in the case of the future auxiliary (recall (58b)), which shows that the future auxiliary cannot occupy the same position in the clause as the past auxiliary, contra Dornisch’s assumption; see Błaszczak 2001 for a detailed discussion of this issue.) (62) a. byłbym nie kochał beSG.PAST.PRTCCONDC1.SG NEG lovePAST.PRT.SG.M ‘I would not have loved.’ b. ?bym był nie kochał CONDC1.SG beSG.PAST.PRT NEG lovePAST.PRT.SG.M c. ?*bym nie był kochał CONDC1.SG NEG beSG.PAST.PRT lovePAST.PRT.SG.M ‘I would not have loved.’ Given the discussion above, the emerging picture of the structure of negative clauses in Polish is the one in (63). (63)

(ModP) AgrSP TP NegP (AspP) vP/VP (COND) PNA (COND) FUTaux lexical verbs PASTAux modal verbs

The restrictions imposed on the negative marker, which have been reviewed in this section, i. e., the question of which verbal elements the negative marker can precede and which it cannot, fall out straightforwardly from the assumption that the negation phrase occupies a fixed position in the syntactic structure. Given the position of the negative marker between tense phrase and aspect phrase/verbal phrase, it follows that negation can precede only those verbal elements that are generated lower in the tree (i. e., lexical verbs and modal verbs in verbal head, the future auxiliary (= FUTAux) in some light verbal head or in aspect head; recall the discussion above), but not those that are higher than negation phrase in the syntactic structure (i. e., the past auxiliary (= PASTAux) in tense head, the person/number affix (or subject agreement clitic) (= PNA) in agreementSubject head and the conditional particle (= COND) in tense head (under Witkoś’ 1998 approach) or in mood head (under Dornisch’s 1997 analysis)). The latter elements can be preceded by negation only as the result of nieCverb fronting.

33. Negation and Clause Structure

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5. Conclusion The following conclusions can be drawn from the discussion presented above. Firstly, sentence negation in Polish is realized by means of the negative marker nie, which heads its own projection. Secondly, the presence of sentence negation is relevant to two phenomena, i. e., Genitive of Negation and negative pronouns. Thirdly, the position of sentence negation in the clause must be in the vicinity of the Accusative case assigner/checker in order to account for the Genitive of Negation facts. Under the assumption that Accusative is checked in some functional projection, be it agreementObject phrase or aspect phrase, the negation phrase will be located above this functional projection. If there are no such functional projections in the syntactic structure, then the burden of checking or assigning of Accusative case must fall on the little verb. In this case, the negation phrase will be located above verbal phrase. Fourthly, the position of negation with respect to various auxiliary elements shows that negation phrase cannot be located above tense phrase. Given these observations, we arrive at a structure of negative sentences in which negation phrase is located above verbal phrase (eventually plus an agreementObject phrase or aspect phrase) and below tense phrase (plus a possible agreementSubject phrase or mood phrase); cf. (64). (64)

(......)

TP NegP (......)

vP/VP

The discussion in the above sections has thus provided evidence for the claim mentioned at the beginning of this article (cf. section 1), namely, that Polish is another example of a tense phrase > negation phrase (Slavic) language (besides Czech, Slovak, (Russian)) in contrast to the negation phrase > tense phrase languages (like SerboCroatian or Bulgarian) (cf. Rivero 1991; Borsley/Rivero 1994).

6. List of Abbreviations used in the Glosses 1, 2, 3 ACC AgrP AgroP AgrsP AspP CL COND DAT F FUT GEN IMP IMPERF INF INSTR

first, second, third person accusative case Agreement Phrase Agreement Object Phrase Agreement Subject Prase Aspect Phrase clitic conditional (particle) dative case feminine gender future tense genitive case imperative imperfective aspect infinitive instrumental case

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz M MP NEG N NegP NOM PAST PAST-PRT PERF PL PRES REFL SG TP VP vP

masculine gender Mood Phrase negation neuter gender Negation Phrase nominative case past tense past participle perfective aspect plural number present tense reflexive pronoun singular number Tense Phrase Verbal Phrase small/light verbal Phrase

Acknowledgments Special thanks go to Ilse Zimmermann for helpful comments on an early version of this article.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Witkoś, Jacek (1996b): “On NegP and the Structure of the Polish Clause”. // Papers and Studies in Contrastive Linguistics 31. 65⫺96. Witkoś, Jacek (1998): The Syntax of Clitics: Steps towards a Minimalist Account. Poznań. Zanuttini, Raffaella (1991): Syntactic Properties of Sentential Negation: A Comparative Study of Romance Languages. Ph.D. dissertation. University of Pennsylvania. Zanuttini, Raffaella (1994): “Re-examining Negative Clauses”. // Cingue, Guglielmo/Koster, Jan/ Pollock, Jean-Yves/Rizzi, Luigi/Zanuttini, Raffaella (eds.). Paths towards Universal Grammar. Studies in Honor of Richard S. Kayne. Washington. 427⫺453. Zanuttini, Raffaella (1997): Negation and Clausal Structure: A Comparative Study of Romance Languages. Oxford. Zwarts, Joost (1992): X’-Syntax ⫺ X’-Semantics. On the Interpretation of Functional and Lexical Heads. Ph.D. dissertation. University of Utrecht.

Joanna Błaszczak, Potsdam (Deutschland)

34. Modals (Modalauxiliare) 1. 2. 3. 4.

Modals in Germanic and Slavonic Grammaticography Modals as a Fuzzy Cross-linguistic Category The Modal Systems in the individual Slavonic Languages Literature (selected)

Abstract Modals (German Modalauxiliare, Russian modal’nye vspomogatel’nye slova) are more or less grammaticalized expressions of necessity and possibility which form categories with fuzzy boundaries. They represent a special type of auxiliaries and are found in all Slavonic and in all other European languages. We are dealing with a cross-linguisticаlly attested, but not necessarily universal, category. It is shown that modals differ from fully lexical expressions of modality both in semantics and morpho-syntax. Slavonic modals are heterogeneous and form different types of morpho-syntactic constructions. The modal constructions vary in respect to the syntactic encoding of the privileged syntactic argument, the assignation of the agreement marking to the modal and/or the main verb and the marking of tense and mood either on the modal or the main verb. This chapter will present a definition and a description of Slavonic modals based on Grammaticalization Theory (for the main tenets of this theory, see Lehmann 2002).

1. Modals in Germanic and Slavonic Grammaticography The term ‘modal’ is well established in Germanic linguistics and quite common in General linguistics. In every handbook of English, Danish or German grammar one finds special chapters about ‘modals’ or ‘modal verbs’; e.g. the English modals are can /

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Witkoś, Jacek (1996b): “On NegP and the Structure of the Polish Clause”. // Papers and Studies in Contrastive Linguistics 31. 65⫺96. Witkoś, Jacek (1998): The Syntax of Clitics: Steps towards a Minimalist Account. Poznań. Zanuttini, Raffaella (1991): Syntactic Properties of Sentential Negation: A Comparative Study of Romance Languages. Ph.D. dissertation. University of Pennsylvania. Zanuttini, Raffaella (1994): “Re-examining Negative Clauses”. // Cingue, Guglielmo/Koster, Jan/ Pollock, Jean-Yves/Rizzi, Luigi/Zanuttini, Raffaella (eds.). Paths towards Universal Grammar. Studies in Honor of Richard S. Kayne. Washington. 427⫺453. Zanuttini, Raffaella (1997): Negation and Clausal Structure: A Comparative Study of Romance Languages. Oxford. Zwarts, Joost (1992): X’-Syntax ⫺ X’-Semantics. On the Interpretation of Functional and Lexical Heads. Ph.D. dissertation. University of Utrecht.

Joanna Błaszczak, Potsdam (Deutschland)

34. Modals (Modalauxiliare) 1. 2. 3. 4.

Modals in Germanic and Slavonic Grammaticography Modals as a Fuzzy Cross-linguistic Category The Modal Systems in the individual Slavonic Languages Literature (selected)

Abstract Modals (German Modalauxiliare, Russian modal’nye vspomogatel’nye slova) are more or less grammaticalized expressions of necessity and possibility which form categories with fuzzy boundaries. They represent a special type of auxiliaries and are found in all Slavonic and in all other European languages. We are dealing with a cross-linguisticаlly attested, but not necessarily universal, category. It is shown that modals differ from fully lexical expressions of modality both in semantics and morpho-syntax. Slavonic modals are heterogeneous and form different types of morpho-syntactic constructions. The modal constructions vary in respect to the syntactic encoding of the privileged syntactic argument, the assignation of the agreement marking to the modal and/or the main verb and the marking of tense and mood either on the modal or the main verb. This chapter will present a definition and a description of Slavonic modals based on Grammaticalization Theory (for the main tenets of this theory, see Lehmann 2002).

1. Modals in Germanic and Slavonic Grammaticography The term ‘modal’ is well established in Germanic linguistics and quite common in General linguistics. In every handbook of English, Danish or German grammar one finds special chapters about ‘modals’ or ‘modal verbs’; e.g. the English modals are can /

34. Modals (Modalauxiliare) could, may/might, must, shall /should, will /would, and marginally, ought to, need, used to and dare (Quirk et al. 1985, 137). The English core modals have some syntactic features setting them apart from regular verbs, the so-called NICE properties; i. e. Negation: modals allow negation contraction (mustn’t vs *hopen’t), Inversion without do-periphrasis (Can we go? vs *Hope we to go?), Code (John can swim, so can Bill) and without Emphasis (*Yes, I DÒ can come. vs Yes, I DÒ hope to come.) (Quirk et al. 1985, 137). The class of German modals comprises können, dürfen, möchten /mögen, müssen, sollen, wollen, and at the periphery nicht brauchen, haben, sein and gehören (cf. Zifonun et al. 1997, 1252⫺1282). The German modals are mainly characterised by two features: ⫺ they govern an infinitival verb without zu; (1) German Klaus will morgen kommen. vs ‘Klaus wants to come tomorrow.’ (1’) Klaus beabsichtigt morgen zu kommen. vs ‘Klaus intends coming tomorrow.’ ⫺ they have specific forms in the present tense; (2) German Klaus muss kommen. vs ‘Klaus must come.’ (2’) Klaus arbeitet. vs ‘Klaus is working.’ If we compare the Germanic languages with each other it turns out that modals in the individual languages exhibit rather idiosyncratic morphological and syntactic features. Thus, the modals of even closely related languages like Danish and Swedish are to a certain extent different from each other: some Swedish verbs with non-modal meaning are used with the bare infinitive like modals, whereas their Danish equivalents demand the infinitive with at (e.g. forsöka ⫺ forsøge ‘to try’). Cross-linguistic research (cf. Hansen/de Haan, in prep.) has shown the specific morphological and syntactic marking of modals to be a peculiarity of the Germanic languages. As a matter of fact, modals universally do not tend to have a dedicated morphological or morphosyntactic form. In contrast to Germanic linguistics, the category of ‘modals’ is not an established notion in all branches of Slavonic grammaticography. Many grammarians do not consider the expression of necessity, possibility and volition part of grammar and, consequently, do not recognise modals as a category in their own right. Frequently, modality is treated as a lexical phenomenon and no attempt is made to differentiate the exponents of modality. No distinction is made between central means like for example Russian moč‘ ‘can’ on the one hand, and modal adjectives like vozmožnyj ‘possible’ or nouns like vozmožnost’ ‘possibility’ on the other (e.g. for Russian Švedova 1980, for Polish Grzegorczykowa et al. 1998, for Croatian Barić et al. 1995). Exceptions in this respect are Sorbian, Czech, Slovak and Serbian grammaticography. The Grammar of Upper Sorbian Faßke (1981) uses the term Modalverben ‘modal verbs’ which are treated as Hilfsverben ‘auxiliary verbs’ (Faßke 1981, 68⫺80). Correspondingly, Czech and Slovak grammarians use the term vlastní modální (způsobová) slovesa /modálne čiže spôsobové slovesá ‘proper modal (auxiliary) verbs/modal or auxiliary verbs’ and

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz describe the expressions of necessity, possibility and volition in more detail (see for Czech Petr et al. vol. II 1986/87; Karlík et al. 1995). Due to lack of space we can not discuss the extensive research literature on modality in detail. The reader is referred to the following general works: Frawley (2006), Palmer (20012), Bybee/Perkins/Pagliuca (1994), Hansen (1998 ff.), Hansen/Karlík (2005), Jachnow (1994), Lyons (1977), van der Auwera/Plungian (1998), Plungjan (2003) and Bondarko (1990); for the description of modality in the individual languages, see: Russian ⫺ Šatunovskij (1996) and Hansen (1998b, 2001); Polish ⫺ Kątny (1980), Rytel (1982) and Hansen (1998a/b, 2001); Czech ⫺ Rytel (1982), Benešová (1971) and Hansen (1998b); Slovak: Ďurovič ⫺ (1956), Upper Sorbian ⫺ Faßke (1981) and Hansen (1998b); Serbian/Croatian ⫺ Kalogjera (1982) and Hansen (1998b, 2001, 2007); Bulgarian ⫺ Korytkowska (1977) and Hansen (1998b); Old Church Slavonic ⫺ Pallasová (1991, 2005) and Hansen (2001) and Slovene (Roeder/Hansen 2006). Additionally, see the articles 32., 56., 57. on ‘Modality’ (in this volume). Neither will we be able to discuss the different approaches to the question of the definition of ‘auxiliary’ as a category; for an overview see Heine (1993, 3⫺27), Ramat (1987), Kuteva (2001), Plungjan (2003), Anderson (2000) and Hansen/de Haan (in prep.).

2. Modals as a Fuzzy Cross-linguistic Category Modals are a specific type of auxiliaries; the latter can be characterised as elements with word character which are used in the predicate position and which despite their morphological form fulfil grammatical functions. They do not form a closed set and can only be determined by being located on a grammaticalization chain extending from content words to fully fledged auxiliaries. Heine (1993, 70) defines auxiliaries as “linguistic items covering some range of uses along the Verb-to-T(ense)A(spect)M(odality) chain”. An auxiliary “is no longer a fully lexical item, but not yet a grammatical inflection either, and it is likely to exhibit properties that are characteristic of the intermediate stages” between fully lexical items and inflectional forms (Heine 1993, 86). In opposition to Heine who assumes that auxiliaries form a category based on the concept of family resemblance we would postulate a fuzzy category with prototypical instances. A category based on prototypicality is not defined by means of a set of discrete necessary and sufficient properties, but by a cluster of gradable attributes. Such a category has fuzzy boundaries and can overlap with neighbouring categories. In a prototypically structured category not every member is equally representative; there are central or core and peripheral members. Prototypical auxiliaries which constitute the core of the category are characterised by a cluster of semantic, morphological and syntactic features. The category has a small core and a ‘fuzzy’ periphery exhibiting transitional zones to neighbouring categories. This understanding of linguistic categories is in line with the ideas of Prague Functionalism according to which ‘[...] the classes (and subclasses) of elements should not be regarded as ‘boxes’ with clear-cut boundaries but as formations with a compact core (centre) and with gradual transition into a diffuse periphery which, again, gradually passes (infiltrates) into the peripheral domain of the next category’ (Daneš 1966, 11). According to the grammatical functions auxilia-

34. Modals (Modalauxiliare) ries fulfil, we can distinguish the following different types of auxiliaries, illustrated by Polish data: ⫺ modal auxiliaries: musi czytać ‘must read’ ⫺ tense auxiliaries: będzie czytał ‘will read’ ⫺ tense-aspect-passive auxiliaries: został przeczytany ‘was read’; jest czytany ‘is read’; bywa czytany ‘is usually read’ ⫺ phase auxiliaries: zaczyna czytać ‘starts to read’; przestaje czytać ‘stops reading’; kończy czytać ‘finishes reading’ It is worth noting that the syntactic rearrangement of the argument structure in the passive construction is not to be ascribed to the auxiliary: the syntactic reconstruction in Jan czyta książkę / Książka jest czytana is the result of the morpho-syntactic process triggered by the morpheme of the passive participle {-n-}. In the following, we are going to develop the hypothesis that modals form a crosslinguistic category identifiable by its specific semantics and its typical morpho-syntactic mode of expression. We will show, that all Slavonic ⫺ like all European languages (cf. Hansen/de Haan in prep.) ⫺ have elements at their disposal which can be captured by a cluster of gradable semantic, morphological and syntactic features. If all of these features are developed to a high degree we speak of a fully-fledged or central modal, if this is not the case we use the term peripheral modal: A fully-fledged modal is a polyfunctional, morphologically autonomous expression of modality which shows a certain degree of grammaticalization. ‘Polyfunctional’ is understood as covering a domain within the semantic space of modality. A fully-fledged modal functions as an operator on the predicational and/or the propositional level of the clause. As will be shown in the following sections, all these features can be graded to a certain extent. In the individual Slavonic languages modals tend to form a kind of analytical paradigm of the verb and, thus, enter the ‘grammatical periphery’ (cf. Plungian 2003, 130).

2.1. The Semantics of Modals Modals are polyfunctional in the sense that they express more than one modal function and, thus, cover a certain domain within the semantic space of modality. We understand the notion ‘modality’ in a relatively narrow sense, including only necessity, obligation, possibility, permission, probability and volition. This polyfunctionality is the result of semantic shifts typical of a grammaticalization process (on modal polyfunctionality, see van der Auwera 1999; van der Auwera/Ammann/Kindt 2005 and van der Auwera/ Plungian 1998). We usually distinguish three types of modality: dynamic, deontic and epistemic modality. Modals can be shown to be polyfunctional, while so-called modal content words, i. e. words with modal meaning which are not subject to an auxiliarization process, have only one modal meaning. Let us compare the fully fledged Polish modal móc ‘can’ and the modal content word potrafić ‘to be capable’. The former

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz can express either ‘capability’ (dynamic), ‘objective possibility’ (dynamic), ‘permission’ (deontic) or ‘perhaps’ (epistemic), while the latter is confined to ‘capability’: ⫺ capability (dynamic): (3) Polish Już całe trzy dni cię nie widziałam i nie mogłam /potrafiłam wytrzymać, musiałam koniecznie z tobą się spotkać. ‘I have not seen you for three days, I couldn’t stand it any longer, I had to see you.’ ⫺ objective possibility (dynamic): (4) Polish Ale jeśli pani zażąda, mogę/?potrafię się postarać o weksle gwarancyjne, a w Europie odeślę natychmiast pod wska-zany adres. ‘But if you wish, I could try to get a guarantee cheque and in Europe I will send it as soon as possible to the indicated address.’ ⫺ permission (deontic): (5) Polish Skazani na najwyższy wymiar kary mogą /*potrafią w stanie Utah wybierać sposób, w jaki chcą umrzeć. ‘In the state of Utah the prisoners sentenced to death can choose the way they will die.’ ⫺ medium probability (epistemic): (6) Polish Na Mazurach dzisiaj może/*potrafi padać. ‘It might rain in Mazuria today.’ It is interesting to note that this polyfunctionality is attested in all modern cognates of Protoslavonic *mogti. Another example which illustrates the difference between modals and the open class of modal lexemes would be Serbian/Croatian morati ‘must’ and biti dužan ‘to be obliged’. Either can express deontic necessity, i. e. an obligation: (7)

Serbian/Croatian Izborna komisija dužna je/mora da donese rešenje na prigovor u roku od 48 časova. ‘The election commission is obliged to put forward a solution for any complaint within 48 hours.’

Morati is also used in contexts of dynamic modality to refer to a situation of objective necessity. Apart from that, it is found in epistemic functions. In these contexts morati can not be exchanged for biti dužan; cf.: (8)

Serbian/Croatian Kada se stanje u zemliji sredilo, vratio sam se sa nešto zarađenih para, koje su se brzo potrošile. Morao sam ponovo da potražim neki posao, ali posla u Valjevu nije bilo. ‘When the situation in the country stabilised I returned with some money I had earned. Soon after the money was spent and I had to find a job again, but there were no jobs in Valjevo.’

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Serbian/Croatian Odmah je izvadila malu žutu knjižicu od Vladimira Lenjina i upitala: ‘Tko je od vas čito Korak naprijed, dva koraka nazad?’ Ujak je zaključio: ‘To mora da je udžbenik za tango!’

34. Modals (Modalauxiliare) ‘She suddenly produced a small yellow book by Vladimir Lenin and asked: ‘Who of you has read ‘One step forward, two steps back’?’ My uncle concluded: ‘That must be a tango manual.’‘ Grammatical polyfunctionality can not be restricted to the three types of modality. Some modals have developed functions beyond modality, i. e. postmodal meanings. This has happened with Polish mieć ‘should’, Czech mít and Upper Sorbian měć which have adopted the evidential meaning ‘hear-say’. Evidentiality is the marking of the source of the information of the statement (de Haan 2001, 1). (10) Polish Świadkowie mieli też widzieć, jak jeden z pilotów katapultował się, ale zginął, ponieważ nie otworzył mu się spadochron. ‘Witnesses are said to have seen how one of the pilots had been catapulted out of the plane but had perished because the parachute had not opened.’ (11) Czech Zítra má pršet. ‘They say, it will rain tomorrow.’ (12) Upper Sorbian Kaž su prajili, ma so dzénsa hišće dešćować. ‘They say, it will rain tomorrow.’ (Faßke 1981, 78) In these cases, the speaker denotes that he or she has gained the information from other people. Expressions of necessity or volition can also evolve into temporal-aspectual meanings like ‘destinative future in the past’ or ‘future’: (13) Polish Niedaleka przyszłość miała pokazać, że to były znowu tylko marzenia. ‘The near future should show that these were all but dreams.’ (14) Serbian/Croatian Taj fenjer na kapiji imao je da izdrži dugu borbu sa meraklijskim navikama [...]. ‘The lamp on the gate would have to withstand a long battle with habits that die hard [...]’ (15) Serbian Vi treba da se iselite u jednu sobicu, a ovde će da dođe jedan drug sa stvarima! ‘You have to move into one room and a comrade will come with his belongings to settle in here.’ Prototypical modals do not exhibit any fully lexical meanings beyond the modal ones. For example Polish móc, like its English counterpart can, has exclusively modal meanings. In contrast to this, the Serbian/Croatian semi modal smeti/smjeti, in addition to its deontic meaning ‘to be allowed’, expresses the notion ‘to dare’. (16) Serbian Ja znam, ja kad sam bila u Engleskoj, ja sam bila početnik za njih, ma kakvi nisam, ne smem da beknem od straha da ću da pogrešim. ‘I know, when I was in England, I was a beginner for them [...] I didn’t dare to hum, because I was afraid to make mistakes [...]’ The fact that some modals do have additional lexical meanings explains their hybrid character which has caused considerable confusion among scholars. In our framework,

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz the Russian modal dolžen, for example, which apart from the modal meanings can express ‘to owe’ as in (17) Vanja mne dolžen 100 dollarov ‘Vanja owes me 100 Dollars’ would be analysed as a less typical modal than for example moč‘ ‘can’ which has exclusively modal meanings. The diachronic analyses in Hansen (2001) have shown that over the course of time some modals lose fully lexical meanings and the ability to take nominal complements: German sollen lost its meaning ‘to owe’, Polish trzeba is currently losing its meaning ‘to need something’ and Polish powinien lost its meaning ‘to owe’ etc.

2.2. The Morphology of Modals Morphologically, modals are characterised as autonomous words occurring with main verbs. Thus they have to be distinguished from infinitival constructions lacking a modal surface element; cf. the partly synonymous sentences with modals and with the independent infinitive: (18) Russ. Mne nado ešče s sobakoj guljat’. vs (18’) Russ. Mne ešče s sobakoj guljat’. ‘I still have to walk the dog.’ (19) Polish Co można robić, gdy dziecko nagle opuszcza się w nauce? vs ‘What can be done when a child’s school perfomance goes down?’ (19’) Polish Co robić, gdy dziecko nagle opuszcza się w nauce? ‘What can/should be done when a child’s performance in school goes down?’ Modals likewise have to be distinguished from modal affixes like the Hungarian potentialis: (20) Hungarian Ebbe a házbak ā´ rki bejö-het. this.ILLAT the house.ILLAT anybody come.in-POT.3SG ‘Anybody is allowed to come into this house.’ As mentioned above, there is no dedicated morphological marking of modals in Slavonic languages. As modals are the result of grammaticalization processes their morphology and syntax show traces of the part of speech they originally belonged to. This implies that modals do not have to be verblike. There are: ⫺ modals of verbal origin: e.g. Russian moč‘ ‘can’, Polish móc ‘can’, musieć ‘must’, Czech muset, Serbian/Croatian trebati etc. ⫺ modals of nominal origin: e.g. Russian nado ‘one should/must’ (going back to a locative construction na době) ⫺ modals of adjectival origin: e.g. Polish można ‘one can’, powinien ‘should’, Russian možno ‘one can’, Slovenian lahko ‘can’ Modals have undergone a process of decategorialization and, therefore, they tend to show idiosyncratic morphological properties setting them apart from verbs, nouns or

34. Modals (Modalauxiliare) adjectives. The Polish and Czech modals of verbal origin móc/moct ‘can’ and musieć/ muset ‘must’, for example, can neither form imperatives, nor deverbal nouns and have no perfective aspect. Some modals are characterised by highly idiosyncratic morphological forms; e.g. the conjugation pattern of Polish powinien is unique as it combines verbal and adjectival endings.

2.3. The Syntax of Modals The fact that a fully fledged modal functions as an operator on the main verb is the result of a far reaching condensation of scope: 1) a typical modal is part of the predicate and usually does not occur in other syntactic positions, 2) it does not select its own nominal arguments but takes over the argument structure of the verbal form, 3) it does not influence the selection of the subject, 4) it cannot be independently modified by an adjunct. Modals are usually restricted to the predicate position; this holds true for the so- called predicative modals. The following sentence illustrates that the Russian modal možno can not be used in the modifier position: (21) Russian V slučae kritiki bez razrešenija administracija snimaet s sebja vsjakuju otvetstvennost´ za vozmožnye/*možnye posledstvija. ‘In case of criticism without permission the administration does not accept any responsibility for the possible consequences.’ Typical modals exclusively and compulsorily select a verbal form, they can not subordinate whole clauses: (22) Polish Jak to było możliwe/*można, że naród Dürera, Bacha, Kanta, Goethego opanowała żądza krwi, mordu, zagłady? ‘How was it possible, that the nation of Dürer, Bach, Kant and Goethe was seized with the thirst for blood, murder and destruction?’ Note, however, that some less grammaticalized modals do show the ability to select a subordinated clause: (23) Russian А možno, čtoby on snjal očki na sekundu? ‘Would it be possible for him to take off his glasses for a sec?’ (24) Russian Nado, čtoby ljudi uznali, čto takoe svoboda. ‘The people have to learn what is freedom.’ Apart from the slot for the verb, modals do not open any argument positions. In combination with the main verb, they form a verbal complex which takes over argument structure of the main verb. On the surface they look like content words, often like

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz verbs, but syntactically they share properties with affixes. As the modal takes over the argument structure of the main verb, it does not influence the selection of the first argument. The following sentences show that the syntax of modals is different from non-grammaticalized content words; compare the Polish modal móc ‘can’ with the content word potrafić ‘to be capable’: (25) Polish Tak dalej w Polsce być nie może/*potrafi. ‘It can’t go on like this in Poland.’ (26) Polish Studenci nie mogli zdać egzaminu. ‘The students could not pass the exam.’ (26’) Polish Studenci nie potrafili zdać egzaminu. ‘The students could not pass the exam.’ vs passive: (26”) Polish Egzamin nie mógł /*potrafił zostać zdany przez studentów. ‘The exam could not be passed by the students.’ The modal móc does not effect the selection of the first argument and therefore allows impersonal sentences as in (25) or passive transformations (26’‘) without change in meaning. Studenci in (26) fills an argument position opened by the verb zdać ‘to pass’ and not by móc. The non-grammaticalized lexeme potrafić ‘to be capable’ determines the selection of the first argument and therefore cannot be used in impersonal or passive sentences. It is important to note that the sentences (26) and (26’‘) refer to one and the same state of affairs. In contrast to that, verbs which do not function as auxiliaries either do not allow passive transformations or do render different meanings. This can be illustrated by Polish chcieć ‘to want’ or Czech odmítat ‘to refuse’ (27) Polish Piotr nie chciał mnie odprowadzić. ‘Piotr didn’t want to bring me home.’ (27’) Polish ≠ Ja nie chciałem być odprowadzony przez Piotra. ‘I didn’t want to be brought home by Piotr.’ (28) Czech Jan odmítá vychovávat Karla. ‘Jan refuses to bring up Karel.’ (28’) Czech ≠ Karel odmítá být vychováván Janem. ‘Karel refuses to be brought up by Jan.’ (Benešová 1971, 107) These examples clearly indicate that verbs like chcieć or odmítat open their own argument position for the subject which controls the non-overt first argument of the infinitival verb. Due to this syntactic property, volitional verbs can not be considered prototypical modals. The so-called impersonal modals form constructions which are subject to certain selection restrictions (type 3 and 5, see below). They can not cooccur with avalent verbs and verbs with non-human first arguments. Therefore, the following sentences are incorrect:

34. Modals (Modalauxiliare) (29) Russian *Nado temnet’. ‘One has to dawn.’ (30) Russian *Nado lajat’. ‘One has to bark.’ (31) Polish *Trzeba świtać. ‘One has to dawn.’ (32) Polish *Trzeba szczekać. ‘One has to bark.’ This selection restriction is not to be ascribed to the modal itself, but to the syntactic structure as a whole. This follows from the fact that the same restriction is found with other morphological forms which in a similar way downgrade the first argument like the Polish -no/-to form: *Świtano. ‘One was dawning.’ *Szczekano. ‘One barked.’ Modals generally can not be modified by an adjunct independently of the main verb; i. e. adverbs do not have the modal in their scope but the whole verbal complex. This property is shared with tense auxiliaries like Russian budu which can not be modified by adverbs either. However, in opposition to tense auxiliaries modals can be in the scope of the negator; compare the following examples: (33) Russian Učti, čto esli lošad’ i vernetsja, ėto budet ne ta lošad’. (33’) = ėto ne budet ta lošad’. ‘Bear in mind, that if the horse comes back, it won’t be the same horse.’ (34) Russian Rejtuzy možeš‘ ne nadevat’. ‘You don’t have to put on your leggings.’ (34’) ≠ Rejtuzy ne možeš‘ nadevat’. ‘You can’t put on your leggings.’ It is worth noting that Slavonic modals despite being subject to a grammaticalization process do not show any tendencies towards cliticization to the verbal stem or towards a fixed word order in the sentence.

2.4. A cross-linguistic Typology of Modal Constructions In this section we shall present a typology of modal constructions which is based on the morpho-syntactic coding of the arguments of the verb modified by a modal. We understand modals as operators modifying the predicational or the propositional layer of the clause. Modal constructions in Slavonic vary with respect to i) the syntactic encoding of the privileged syntactic argument (subject), and ii) the assignment of the agreement marking to the modal and/or the main verb. (i) We distinguish three types of coding of the privileged syntactic argument: it can be coded either in the Nominative, the Dative or it can be omitted (for dative or ‘quirky’ subjects see Schoorlemmer 1994 and Moore/Perlmutter 2002). Compare:

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (35) Russian My možem rabotat’. ‘We can work.’ (36) Russian Nam možno rabotat’. ‘It is possible for us to work’ (37) Russian Možno rabotat’. ‘It is possible to work.’ (ii) The agreement with the subject can be marked in three ways: only on the modal (38), only on the main verb (39) or on both the modal and the main verb (40). (38) Serbian Ivan mora raditi. ‘Ivan must work.’ (39) Serbian Ivan i Slobodan treba da rade. ‘Ivan and Slobodan should work.’ (40) Serbian Ivan i Slobodan moraju da rade ‘Ivan and Slobodan must work.’ Some modal constructions, however, lack subject agreement, as illustrated in (36) and (37). Not all logically possible combinations of the features are attested; e.g. as Dative case does not trigger verbal agreement, facultative Dative subjects do not co-occur with agreeing modals. Applying this typology to the Slavonic languages we get six types of constructions including modals listed in Table 1:

Tab. 34.1: Types of modal constructions in Slavonic languages Main construction types

Subtypes (tense and mood marking)

Type 1: Nominative subject Modal = Cagreement Verb = ⫺agreement

a) marking on the modal b) marking on the auxiliary

Type 2: Nominative subject Modal = Cagreement Verb = Cagreement Type 3: Facultative ‘Dative subject’ Modal = ⫺agreement Verb = ⫺agreement

a) marking on the modal b) marking on the auxiliary

Type 4: Facultative ‘Dative subject’ Modal = ⫺agreement Verb = Cagreement Type 5: No subject Modal = ⫺agreement Verb = ⫺agreement

a) marking on the modal b) marking on the auxiliary

Type 6: Nominative subject Modal = ⫺agreement Verb = Cagreement

a) marking on the modal b) marking on the verb

34. Modals (Modalauxiliare) Construction type 1 (Nominative subject; modal = Cagreement; main verb = no agreement) The modal occurs in a construction with a subject in the Nominative case (pronouns can be omitted). The modal shows subject agreement with respect to person and number and sometimes to gender and combines with a verb in the infinitive whereas the main verb is not marked for agreement. We can distinguish between deverbal modals (like Russian moč’ ‘can’) and deadjectival modals used with a tense auxiliary (like Russian dolžen ‘must’). (35) Russian My možem rabotat’. ‘We can work.’ (41) Russian Ivan dolžen byl rabotat’. ‘Ivan had to work.’ Construction type 2 (Nominative subject; modal = Cagreement; main verb = Cagreement) In the South Slavonic languages which are affected by the loss of the infinitive we also find semi-finite forms marked for person and number. Here, the agreement with the subject is marked both on the modal and the main verb. (42) Serbian Ivan mora da radi. ‘Ivan has to work.’ The verbal form with da carries the agreement features, but not tense or mood; these have to be assigned to the modal, as can be seen in examples (42’) and (42’’). Therefore, the da-form can be called ‘semi-finite’. (42’) Serbian Ivan je morao da radi. ‘Ivan had to work.’ (42”) Serbian Ivan bi morao da radi. ‘Ivan would have to work.’ Construction type 3 (‘Facultative Dative subject’; modal: no agreement; main verb: no agreement) In construction type 3 there is no Nominative subject and the first argument of the infinitival verb can be instantiated in the Dative case or can be omitted. As there is no subject agreement, the modal (complex) has the default ending third person singular neuter. We distinguish constructions with a deverbal modal, viz. 3a, and constructions with an uninflected deadverbial modal accompanied by a tense auxiliary marked for the third person neuter, viz. 3b, as illustrated in (43) and (44), respectively. (43) Serbian Onda valja raditi. ‘Then, one has to work’ (44) Russian Ivanu nado bylo rabotat’ […]. ‘Ivan had to work […]’

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Construction type 4 (‘Facultative Dative subject’; modal = no agreement; main verb = Cagreement) In line with the opposition between type 1 and 2 the South Slavonic language show a Dative subject construction characterised by the agreement of the main verb. What is puzzling is the fact that the dative subject seems to trigger agreement with the verb in the da-clause. This construction is much closer to a bi-clausal structure than the preceding ones. (45) Serbian Ako nam treba da zamenimo jedan znak u izrazu koristimo symbol tačke. ‘If we have to replace an element of the expression, we use a full stop.’ Construction type 5 (no subject; modal: no agreement, main verb: no agreement) Some modals, especially in Polish, developed from type 3 to a construction, which in contrast to that does not allow the overt encoding of the privileged syntactic argument. As type 5 is the result of a still on-going language change there are still found some archaic examples of the use of the Dative subject. Type 5 is represented by 5a deverbal (46) and 5b deadverbial modals (47). (46) Polish Należało pracować ‘One had to work.’ (46’) Polish *Należało nam pracować. (47) Polish Trzeba było pracować. ‘One had to work.’ (47’) Polish ?Trzeba nam było pracować. Construction type 6 (Nominative subject; modal = no agreement, main verb = Cagreement) This construction type is characterised by subject agreement being marked exclusively on the main verb. According to the predicative features of tense and mood we distinguish two subtypes. In Serbian we find a modal construction 6a where agreement is marked on the main verb and tense and aspect on the modal: (48) Serbian [Pa dobro, hajdemo.] I ja treba da se žurim. ‘I should hurry up’ (49) Serbian To bi ja trebalo vas da pitam. ‘That’s what I should have asked you.’ The type 6b is represented by Slovene lahko which does not inflect at all. This modal type overlaps with an adverbial construction. (50) Slovene Tu smo lahko sreča-l-i […]. ‘Here we could find […].’

34. Modals (Modalauxiliare)

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3. The Modal Systems in the individual Slavonic Languages In the individual languages the core of the category of modals comprises a limited set of elements. Table 2 lists all elements which are characterised by the two crucial features polyfunctionality and auxiliary-like syntactic behaviour. The table does not include peripheral modals. Note that the individual modals can vary in their degree of grammaticalization. For more details see Besters-Dilger/Drobnjaković/Hansen (in prep.). Tab. 34.2: Core modals in Slavonic languages Modals of possibility

Modals of necessity

Old Church Slavonic

mošti (1a)

Polish

móc (1a), można (5b)

musieć (1a), mieć (1a), powinien (1b) wypada (3a), należy (5a), trzeba (5b)

Czech

moct (1a)

muset (1a), mít (1a), třeba (3b)

Slovak

môct’ (1a), možno (3b)

musiet’ (1a), mat’ (1a), treba (3b)

Upper Sorbian

móc (1a), směć (1a)

dyrbjeć (1a), měć (1a), njetrjebać (1a)

Lower Sorbian

móc (1a)

musaś (1a), měś (1a), trjebaś (1a), dejaś (1a)

Russian

moč‘ (1a), možno (3b), nel`zja (3b)

dolžen (1b), sleduet (3a), nado (3b)

Ukrainian

mohty (1a), smity (1a), možna (3b)

musyty (1a), maty (1a), povynen (1b), naležyt’ (3a), treba (3b), slid (3b)

Belorussian

mjahčy (1a), l’ha (3b), nel’ha (3b), možna (3b)

music’ (1a), pavinen (1b)

Slovene

moči (1a), utegniti (1a), lahko (6b)

morati (1a), treba (3b)

Serbian/Croatian

moći (1a, 2)

morati(1a, 2), trebati (1a, 2, 3a, 4a, 6a), valjati (3a, 4a, 6a)

Bulgarian

moga (2, 5a)

trjabva (4a, 6a)

(the numbers in the brackets indicate the morpho-syntactic construction type)

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34. Modals (Modalauxiliare)

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Björn Hansen, Regensburg (Deutschland)

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

35. Satzmodus 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Satztyp, Satzmodus, Illokution Der Deklarativsatz Der Imperativsatz Der Interrogativsatz Zusammenfassung Abkürzungen und Zeichenerklärungen Literatur (in Auswahl)

Abstract Within a minimalist framework of sound-meaning correlation, the analysis follows a lexicalist conception of morphology and the differentiation of Semantic Form as grammatically determined meaning of expressions and Conceptual Structure as representation of world knowledge. The conception of syntax presupposes for sentences the structural layers Complementizer Phrase, Mood Phrase, Tense Phrase, Polarity Phrase, vP*, Verbal Phrase. Sentence mood is understood as the semantics of sentence types which are characterized by syntactic features in the highest extended verb projection Complementizer Phrase of main and dependent clauses. In Slavic languages, sentence mood is signaled by particles, complementizers, and pronominals at the left periphery of sentences and ⫺ for imperative sentences ⫺ by verb morphology. Relevant phenomena of various Slavic languages are taken into account. The interplay of sentence mood with illocutionary indicators such as intonation, word order, sentence adverbials, particles, verbal mood, tense and aspect is left open for further investigation. The paper concentrates on main clauses with the communicative function of declaratives, imperatives and interrogatives. Sentence mood, which resides in the Complementizer Phrase, is distinguished from indicative and subjunctive constituting the respective head of the Mood Phrase. Special illocutionary operators, that map the propositional content into speech act types, are conceived of as illocutionary parameters which are specified in Conceptual Structure depending on the co-text and on the communicative situation.

1. Satztyp, Satzmodus, Illokution In der slavistischen Tradition der Charakterisierung von Satzbedeutungen ist es üblich, mehrere modale Rahmen zu unterscheiden, die sich über die Prädikat-Argumentstruktur des Verbs und seiner Aktanten und Modifikatoren schichten und verschiedene Aspekte des Weltbezugs, der Bewertung durch „modale Subjekte“ (Einstellungsträger) und der kommunikativen Funktion betreffen (Grepl 1973, 1975; Běličová 1983; Kasevič/Xrakovskij 1985). Dabei wird scharf zwischen den verbalen Modi Indikativ und Konjunktiv, die zu den sogenannten inneren Modalitätsfaktoren gehören, und den drei

35. Satzmodus funktionalen Grundtypen Deklarativ-, Imperativ- und Interrogativsatz differenziert, wobei letztere aus der äußersten modalen Charakteristik selbstständiger Sätze resultieren. Umstritten ist, ob neben diesen drei funktionalen Grundtypen noch Optativ-, Exklamativ- und fürs Bulgarische Renarrativsätze (Maslov 1956) anzunehmen sind. Ganz allgemein steht die Frage, welche sprachlichen Indikatoren für welche kommunikativen Funktionen von Äußerungen ausschlaggebend sind und wo sie bei der Arbeitsteilung von Semantik und Pragmatik ins Gewicht fallen. Ein Desiderat der Laut-Bedeutungs-Zuordnung ist bis heute nicht nur für die slavischen Sprachen, wie sich bezüglich der verschiedenen Aspekte der Modalität und Bewertung propositionaler Inhalte Morphologie, Syntax und Semantik in Haupt- und Nebensatz auf den verschiedenen Strukturebenen zueinander verhalten. Die Suche nach triftigen Antworten kann nur im Rahmen eines ausgearbeiteten Grammatikmodells erfolgen. Die folgenden Betrachtungen fußen auf dem minimalistischen Programm Chomskys (1995) und auf der wesentlichen Unterscheidung zwischen der Semantischen Form (SF) als der grammatisch determinierten Bedeutung von Konstituenten und ihrer konzeptuellen Struktur (CS), die Weltwissen und Kontextzusammenhänge ins Spiel bringt (Bierwisch/Lang 1987; Dölling 1997; Maienborn 1997). Mit Bierwisch (1979, 1980) wird hier davon ausgegangen, dass die grammatisch determinierte Bedeutung von Sätzen durch den Satzmodus ihr illokutives Potential charakterisiert und die Basis für die Äußerungsbedeutung und den kommunikativen Sinn der betreffenden Satzäußerung ist. Wie sich zeigen wird, ist auch für den Satzmodus mit semantischer Unterspezifizierung zu rechnen derart, dass bestimmten Konstituenten auf der Ebene der Semantischen Form nur semantische Parameter als Bedeutungscharakterisierung zugewiesen werden, die erst auf der Ebene der konzeptuellen Struktur in Abhängigkeit vom sprachlichen Kontext und der kommunikativen Situation spezifiziert werden. Satzmodus wird verstanden als die semantische Charakteristik von Sätzen, die in abstrakter Form die verschiedenen Satztypen differenziert und für Hauptsätze die Evaluationsdomäne für den propositionalen Gehalt des jeweiligen Satztyps und die kommunikativen Verpflichtungen festlegt, die für die Kommunikationspartner entstehen. Die einzelnen Satzmodi selbstständiger Sätze repräsentieren jeweils eine Menge möglicher Illokutionen, die sich in der konzeptuellen Struktur aus dem Satzmodus im Zusammenspiel mit anderen illokutiven Indikatoren ergeben. Zu diesen gehören vor allem Satzadverbiale, Partikel und Intonation, aber auch Modus, Tempus und Aspekt der Verben. Die Deskription dieser verschiedenartigen Faktoren, die Illokutionen determinieren, ist weit fortgeschritten und reproduziert und verfeinert sich von Werk zu Werk. Die grammatiktheoretische Durchdringung der einschlägigen Fakten und die formale Explizierung der an der Laut-Bedeutungs-Zuordnung beteiligten Strukturen befinden sich erst in den Anfängen. Einen kritischen Überblick über die Begrifflichkeit und die Berücksichtigung der verschiedenen Modalitätsfaktoren in ausgewählten Standardwerken gibt Jachnow (1994). Eine Auswahlbibliographie zur Erforschung von Modalität und Modus findet sich in Jachnow/Mečkovskaja/Norman/Suprun (eds.) (1994, 394 ff.). Satzmodus soll hier also als semantische Größe verstanden werden, die auf der Ebene der Semantischen Form für Hauptsätze ein bestimmtes Illokutionspotential repräsentiert, während die speziellen Illokutionen (Sprechakttypen) auf der Ebene der konzeptuellen Struktur abgeleitet werden.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Als Satztyp sind Haupt- und Nebensatz zu unterscheiden und die dem Satzmodus entsprechenden syntaktischen Differenzierungen von Sätzen, die in ihrer obersten Strukturetage in Gestalt syntaktischer Merkmale verankert sind. Die folgenden Betrachtungen stellen Hauptsätze mit dem deklarativen, imperativischen und interrogativischen Satzmodus in den Mittelpunkt. Eine wissenschaftsgeschichtliche Übersicht zur Problematik des Satzmodus findet sich in Grewendorf/Zäfferer (1991) und Späth (1996, Kapitel 1). König/Siemund (im Erscheinen) bieten anhand von ca. 70 verglichenen Sprachen einen sprachtypologischen Überblick über die verschiedenartigen Ausdrucksmittel von Sprechakttypen und kommen zur Schlussfolgerung, dass die Grammatik von Einzelsprachen keine systematischen Sprechaktdifferenzierungen macht, sondern diese sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Struktureigenschaften ergeben. Welche Rolle dabei die Modusmarkierung am Verb und die syntaktische Kategorie Modus relativ zum Satzmodus spielen, wird in den folgenden Abschnitten deutlich werden.

2. Der Deklarativsatz Unter den verschiedenen Satztypen der slavischen Sprachen ist der Deklarativsatz weder morphologisch noch syntaktisch hinsichtlich des Satzmodus besonders gekennzeichnet. Er ist der unmarkierte selbstständig verwendbare Satztyp mit einer finiten Verbform als Kern. Die finite synthetische oder analytische Verbform signalisiert neben dem Aspekt Tempus und Modus. Der Satzmodus des Deklarativsatzes ist unmarkiert. Auch die Position des Finitums kennzeichnet ihn nicht. Zwei Wege sind möglich, diesen Gegebenheiten in der Laut-Bedeutungs-Zuordnung durch das Grammatikmodell Rechnung zu tragen: Man sieht als oberste funktionale Kategorie von Deklarativsätzen ein phonetisch leeres C-Element mit einem entsprechenden Deklarativ-Operator als Bedeutung vor oder man verzichtet darauf und betrachtet Deklarativsätze als Modusphrasen wie Lohnstein (2000) und ergänzt die Sprechaktcharakterisierung in der Pragmatik. Letztere Lösung entspricht der in Brandt/Reis/Rosengren/Zimmermann (1992, 36 ff., 60 ff.) und Reis (1999) vertretenen Position. In (1) werden die hier angenommenen syntaktischen Strukturdomänen für Deklarativsätze skizziert. (2) und (3) enthalten für die funktionalen Köpfe und C Mod die Bedeutungscharakterisierung für den deklarativen Satzmodus bzw. für den Indikativ. (1)

(CP) ModP TP PolP vP* VP

(2)

λp [ DECLAR p ] mit DECLAR є

(3)

λQ [ ds [ Q s ]] mit Q є

In (1) ist die Syntax selbstständiger Sätze wie in Zimmermann (1999, 2004) auf ein Minimum von Kategorien beschränkt.

35. Satzmodus Informationen über den Verbalaspekt und Kongruenzerscheinungen sind im Lexikon verankert. Die Polartiätsphrase (PolP) liefert die Unterscheidung von Affirmation und Negation. Die Tempusphrase (TP) und die Modusphrase (ModP) dienen der temporalen und modalen Einordnung der Prädikation. Die CP, wenn sie für Deklarativsätze angenommen wird, bringt die deklarative Satzmoduscharakterisierung ein. Dabei ist der propositionale Operator DECLAR, der nach Krifka (2001a, 2004a) Propositionen in Sprechakttypen überführt, als Parameter zu verstehen, der in Abhängigkeit vom sprachlichen und/oder situativen Kontext zulässt, Deklarativsätze nicht nur als Behauptungen oder Feststellungen des Sprechers, sondern als die verschiedensten nichtimperativischen und nichtinterrogativischen Illokutionen zu verstehen. Dabei spielen Illokutionsindikatoren wie Intonation, Partikel, Satzadverbien, Modalverben und -prädikative und auch die Wortstellung eine wichtige Rolle (Pasch/Brauße/Breindl/ Waßner 2003). In Ergänzung zu Brandt/Reis/Rosengren/Zimmermann (1992), Reis (1999) und Zimmermann (1993) wird hier zwischen Satzmodus und verbalem Modus unterschieden. Während der Satzmodus die für den jeweiligen Satztyp charakteristische propositionale Einstellung des Sprechers und die spezifischen Verpflichtungen der Kommunikationspartner betrifft, die sie bei den verschiedenen sprachlichen Handlungen eingehen, beinhaltet der verbale Modus den Weltbezug der ausgedrückten Proposition (Lohnstein 2000; Portner 1997). Es soll hier gelten, dass das morphosyntaktische Merkmal C/⫺konjunktiv in Mod zwischen Indikativ und Konjunktiv unterscheidet, während die Merkmale C/⫺interrog und C/⫺imp in C Differenzierungen zwischen Deklarativ-, Interrogativ- und Imperativsätzen ergeben. Ein weiterer Unterschied zwischen den funktionalen Kategorien C und Mod zeigt sich in Nebensätzen. Während der Modus in Haupt- und Nebensätzen die gleiche Bedeutung hat, je nachdem ob der Indikativ oder der Konjunktiv vorliegt, weicht C in seiner Bedeutung in Nebensätzen von der in Hauptsätzen ab. Die unmarkierte subordinierende Konjunktion in Komplementsätzen, z. B. čto ‚dass‘ im Russischen, že im Tschechischen, że im Polnischen und če im Bulgarischen, ist semantisch als identische Abbildung aufzufassen, derart dass Propositionen in Propositionen überführt werden. Es soll gelten, dass das syntaktische Merkmal CC ⫺Force konjunktionale Komplementsätze und Relativsätze charakterisiert, während CC CForce Hauptsätze auszeichnet. Unter Vernachlässigung der Bedeutungspräsentation von Aspekt und Tempus ergeben sich für den Hauptsatz (4a) und für den Komplementsatz (5a) die Bedeutungsstrukturen (4b) und (5b). (4)

a. Pëtr spit. (Russ.) ‚Peter schläft.‘ b. DECLAR [ ds [ s INST [ SCHLAFEN PETER ]]] mit INST є

(5)

a. čto Pëtr spit (Russ.) ‚dass Peter schläft‘ b. ds [ s INST [ SCHLAFEN PETER ]]

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz C als oberste funktionale Kategorie der erweiterten Verbprojektion legt also ⫺ ganz in Übereinstimmung mit Rizzi (1997) ⫺ die Außenbeziehungen von Sätzen fest, das jeweilige Illokutionspotential in Hauptsätzen und den Charakter der Einbettung in Nebensätzen. Illokutionsoperatoren wie DECLAR orientieren auf die sprachliche Handlung und ihre Akteure, einbettende Prädikate auf andere zur Rede stehende Zusammenhänge, möglicherweise mit anderen involvierten Akteuren als Einstellungsträgern (Portner 1997). Es sei erwähnt, dass in vielen slavischen Sprachen einbettende Prädikate mit prospektiver Orientierung für die Einbettung wie in (6) im Komplementsatz den Konjunktiv verlangen (für romanische Sprachen vgl. Quer 1998, Kapitel 2). (6)

Jan chce, że-by-ś zmieni-ł-a prace. (Poln.) Jan möchte dass-KONJ-2.SG wechsel-PART-FEM.SG Arbeit ‚Jan möchte, dass du die Arbeit wechselst.‘

Hier bilden die Konjunktion że und die flektierende enklitische Konjunktivform byś ein phonologisches Wort. Das Beispiel (7) enthält einen Relativsatz, dessen Einleitung sich aus dem Relativpronomen und der klitisierten Konjunktion že zusammensetzt. Hier bewährt sich die Annahme, der Konjunktion keine eigene Bedeutung zuzuweisen. (7)

Dopisy, je -ž tehdy posílal otci, se všechny ztratili. (Tsch.) Briefe, die dass damals schickte.er Vater, REFL alle verloren gingen ‚Die Briefe, die er damals dem Vater schickte, sind alle verloren gegangen.‘

Es scheint also angemessen, mit den in (1) angenommenen Konstituenten für Deklarativsätze und für vergleichbare Komplement- und Relativsätze sowie mit der für C und Mod vorgeschlagenen Verteilung der entsprechenden Bedeutungsanteile zu rechnen. Die Annahme einer CP nicht nur für Komplement- und Relativsätze, sondern auch für Deklarativsätze (Portner 1997, 186; 208) mit der in (3) angegebenen Satzmodusbedeutung wird auch der Tatsache gerecht, dass Deklarativsätze als Konjunkt in der Konjunktion bzw. Disjunktion von Sprechakten auftreten (Krifka 2001a, 2004a). Entsprechende Beispiele werden im folgenden Abschnitt zur Sprache kommen. Auch Pasch/ Brauße/Breindl/Waßner (2003) rechnen für die Konnektoren in Satzverknüpfungen mit unterschiedlichen semantischen Typen von Satzbedeutungen. Allerdings ist in vielen Fällen wie im Beispiel (8) nicht ohne weiteres klar, ob es sich um die Verknüpfung von Propositionen oder Sprechakten handelt, d. h. ob die Konjunkte einen gemeinsamen oder jedes seinen eigenen Satzmodusoperator hat. Besondere Untersuchung verlangt auch der Transfer illokutiver Funktionen wie in (8). Das Beispiel illustriert, dass unter geeigneten sprachlichen und außersprachlichen Gegebenheiten der deklarative Satzmodus mit einer direktiven Illokution vereinbar ist, die normalerweise für Imperativsätze typisch ist. (8)

Ty sejčas pojdëš’ i vsë emu du sofort geh.PERF.PRÄS.IND.2.SG und alles ihm rasskažeš’. (Russ.) erzähl.PERF.PRÄS.IND.2.SG ‚Du gehst sofort und erzählst ihm alles.‘

35. Satzmodus Hier wirken der unmarkierte deklarative Satzmodus, der unmarkierte verbale Modus Indikativ in den beteiligten Konjunkten, die Orientierung auf die zweite Person Singular und die durch den perfektiven Aspekt der Verben in der Präsensform transportierte Prospektivität zusammen, so dass diese Sätze Aufforderungscharakter haben (Šeljakin 1990, 112). Wie in Deklarativsätzen wie (9) die Bedeutung der satzadverbiellen Phrase und die des modalen Prädikativs skopusgerecht einzuordnen sind und wie die diesbezüglichen Zusammenhänge von Syntax und Semantik aussehen, ist ein weites Feld. Brandt/Reis/ Rosengren/Zimmermann (1992, 66 ff.) haben zur Integration der Satzadverbialia Vorschläge unterbreitet. Bezüglich des Bedeutungsbeitrags solcher modaler Operatorausdrücke wie dolžen sind Kratzers (1991a, 641 f.) Analysevorschläge einschlägig. Auf eine Diskussion muss hier verzichtet werden. (9)

Po mneniju sosedej Pëtr dolžen byt’ doma. (Russ.) nach Meinung Nachbarn Peter muss sein zu Hause ‚Nach Meinung der Nachbarn muss Peter zu Hause sein.‘

Was dieses Beispiel deutlich macht, ist, dass Satzadverbiale wie po mneniju sosedej signalisieren, dass die mit dem Illokutionsoperator DECLAR im Defaultfall verbundene epistemische Einstellung des Sprechers, dass der propositionale Gehalt seiner Mitteilung zutrifft, hier nicht gegeben ist. Es ist zu explizieren, wie sich hier das Modell des Sprechers von der Realität zu dem der Nachbarn verhält, wie letzteres in ersteres eingebettet ist und welche Rechtfertigungsverpflichtungen der betreffenden Einstellungsträger bezüglich welcher Inhalte bestehen. Die Einzelheiten der durch modale Faktoren ins Spiel kommenden verschiedenen Weltmodelle und des mit Deklarativsätzen gegebenen sehr weiten Illokutionspotentials bedürfen der Ausarbeitung.

3. Der Imperativsatz Imperativsätze gehören zu den bezüglich des Satzmodus markierten Satztypen. Es handelt sich um selbstständige, in der Regel nicht einbettbare Sätze. Das Zentrum möglicher Ausdrucksformen bilden auch in den slavischen Sprachen Imperativsätze der 2. Person Singular und Plural wie in (10) und (11). (10) Govori gromče! (Russ.) sprech.IMP lauter ‚Sprich lauter!‘ (11) Govori-te gromče! (Russ.) sprech.IMP-2.PL. lauter ‚Sprecht/sprechen Sie lauter!‘ Nach Isačenko (1962, 300 ff.) besteht die Verbform in russischen Imperativsätzen aus dem gegebenenfalls erweiterten Präsensstamm und der Endung für die 2. Person Plural. Die 2. Person Singular ist unmarkiert.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Für die Laut-Bedeutungs-Zuordnung ist nun zu klären, welche Bedeutungsanteile durch die imperativischen Verbformen signalisiert werden und welche Faktoren der syntaktischen Struktur von Imperativsätzen dabei eine Rolle spielen. In weitgehender Übereinstimmung mit Rosengren (1993), Platzack/Rosengren (1997/1998, 181; 192 f.) und Späth (1996) soll angenommen werden, das der Imperativ eine Satzmoduskennzeichnung ist und Tempus- und Modusunterscheidungen abwesend sind. Nach Xrakovskij/Volodin (1986, 55 f.; 68 f.) ist der Imperativsatz als Willensäußerung des Sprechers bezüglich der Ausführung bzw. der Unterlassung einer Handlung anzusehen, wobei der Imperativ nicht mit dem Indikativ oder Konjunktiv kontrastiert, die essentiell mit der Wahrheit der Mitteilung zu tun haben. Man könnte sagen, dass dem Imperativsatz mit der Abwesenheit von Tempus und Modus die Kategorie der sogenannten Prädikativität fehlt, die für nichtimperativische Sätze charakteristisch ist und durch das Zusammenspiel von Tempus und Modus konstituiert wird (RG 1980/II 85 f.). Es soll gelten, dass in der obersten funktionalen Projektion des Verbs, in C, das Satzmodusmerkmal Cimp ⫺interrog verankert und mit der in (12) angegebenen Imperativbedeutung assoziiert ist. (12) λQ [IMP ds [ Q t s ]] mit Q є , IMP є Dieser Satzmodusoperator bindet das Situationsargument des Verbs, blockiert das Tempusargument und führt IMP als Satzmoduscharakterisierung des Imperativsatzes ein. Dieser Illokutionsoperator überführt Propositionen in Sprechakttypen (Krifka 2001a, 2004a) und ist als Parameter zu verstehen, der kontextabhängig als optativische, direktive oder permissive Satzmodalität interpretiert wird und mit seiner diesbezüglichen Unterspezifiziertheit ein breites illokutives Potential verschiedenartiger Aufforderungssätze charakterisiert. Späth (1996, 81) sieht IMP als Konzeptfamilie an, die Optativität, Notwendigkeit und Möglichkeit umfasst und bei Vorhandensein bestimmter Illokutionsindikatoren im Satzkontext oder im Situationskontext aufgelöst wird. Intentionale und epistemische Sprecher- und Adressateneinstellungen, posteriorer Zeitbezug von t und Nichtrealisierung von s in der aktualen Welt gelten als inferierbare Faktoren. Die syntaktische Struktur von Imperativsätzen kann möglicherweise auf folgende Projektionen lexikalischer und funktionaler Kategorien beschränkt werden: (13) CP PolP vP* VP Die funktionale Kategorie C mit dem Satzmodusmerkmal Cimp ⫺interrog hat die erweiterte Verbprojektion mit der Kennzeichnung Cimp der imperativischen Verbform als ihr Komplement. Es ist eine separat zu untersuchende Frage, in welchen slavischen Sprachen unter welchen Bedingungen das imperativische Verb nach C wandert und dabei die Negation, die in Pol platziert ist, mitnimmt wie in (14). (14) Ne-kupuj-te si cigarety! (Tsch.) nicht-kauf.IMP-2.PL REFL Zigaretten ‚Kauft euch/kaufen Sie sich keine Zigaretten!‘

35. Satzmodus Während wie hier das imperativische Verb in vielen Fällen in C lokalisiert ist, deutet (15) an, dass das Verb nicht unbedingt nach C geht, um seine Satzmoduskennzeichnung Cimp zu lizensieren, wie das fürs Deutsche angenommen wird. (15) Tak jen se pěkně posad’-te! (Tsch.) so nur REFL schön setz.IMP-2.PL ‚So setzt euch/setzen Sie sich nur schön!‘ Auch im Slovakischen kann das imperativische Verb im Satzinnern verbleiben (Späth 1996, 68 ff.). Generell kann man das Zusammenspiel von Cimp in C und in der Verbform so verstehen, dass die mit dem Merkmal Cimp verbundene Satzmodusbedeutung ⫺ gewissermaßen verzögert ⫺ erst auf der obersten Strukturetage der Verbprojektion, in C, zur Geltung kommt und die Verbbewegung dorthin dies legitimiert. Lohnstein (2000, 113 ff.; 31), der wie traditionelle Grammatiken den Imperativ zu den Verbmodi rechnet und diese als Festlegung auf eine spezifische Auswertungsdomäne für die ausgedrückte Proposition auffasst, sieht in der obersten Verbprojektion, Mod, ein Merkmal CDiskurs vor, das die Verbbewegung an die Satzspitze steuert und signalisiert, das der Diskurs der Ort der modalen Verankerung der Proposition ist. Die Person- und Numerusmarkierung des imperativischen Verbs wird semantisch im vP-Bereich ins Spiel gebracht. In der entsprechenden Basisposition für das externe Argument des Verbs figuriert ein phonetisch leeres pro-Element mit der jeweiligen Person- und Numerussemantik, die im Normalfall mit der Person- und Numerusendung am Verb korrespondiert. Die Einzelheiten müssen hier nicht dargelegt werden (Platzack/Rosengren 1994, 45 ff.; Späth 1996, 65 f.). Wesentlich ist, dass diesen Annahmen zufolge die mit den einzelnen Formativen einer imperativischen Verbform assoziierten Bedeutungsanteile an verschiedenen Stellen der Gesamtkonstruktion wirksam werden, die Imperativität in C und der Person- und Numerusbezug im vP-Bereich. Auch in den slavischen Sprachen ist es möglich, den Adressaten des Imperativsatzes zu benennen (Späth 1996, 42 ff.). Das geschieht, wenn das Agens der geforderten Handlung wie in (16) fokussiert ist, durch ein Pronomen (Xrakovskij/Volodin 1986, 161 f.). (16) Pust’ on pojdët sjuda, a vy ostavaj-te-s’ na meste! (Russ.) PART er kommt her und ihr/Sie bleib.IMP-2.PL-REFL am Platz ‚Soll er herkommen, aber ihr bleibt/Sie bleiben am Platz!‘ Auch Negativ-, Exklamativ- und Indefinitpronomen bzw. Kardinalia können die Position des externen Arguments imperativischer Verben besetzen, wie die aus Späth (1996, 50 ff.) entnommenen Beispiele (17⫺20) belegen. (17) Nikto ne-ustupuj! (Slovak.) niemand nicht-zurücktret.IMP ‚Keiner trete zurück!‘ (18) Každý mi prines-te vedro vody! (Slovak.) jeder mir bring.IMP-2PL Eimer Wasser ‚Jeder von euch/Ihnen bringe mir einen Eimer Wasser!‘

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (19) Vypni-te niekto svetlo! (Slovak.) ausschalt.IMP-2.PL jemand Licht ‚Jemand von euch/Ihnen schalte das Licht aus!‘ (20) Pod’-te štyri! (Slovak.) komm.IMP-2.PL vier ‚Es mögen vier kommen.‘ Die in solchen Imperativsätzen auftretenden Kongruenzbesonderheiten, auf die Platzack/Rosengren (1994) und Späth (1996, 56 ff.) genauer eingehen, können hier vernachlässigt werden. Wesentlich ist festzuhalten, dass Imperativsätze auch in slavischen Sprachen eine Subjektposition bereitstellen, die im Normalfall durch ein phonetisch leeres pro-Element besetzt ist und im markierten Fall spezifiziert werden kann. Zu erwähnen ist noch die Mehrdeutigkeit von Imperativformen in der 2. Person Plural. Sie können als Du-Form auf mehrere Adressaten oder als Höflichkeitsform auf einen oder mehrere Adressaten referieren. Die Semantik des pro-Subjekts muss das berücksichtigen. Fürs Polnische ist zu vermerken, dass Höflichkeitsformen nicht durch Pronomen, sondern substantivisch durch pan ‚Herr‘, pani ‚Frau‘, państwo ‚Herrschaften‘ ausgedrückt werden. Entsprechend fehlen Verwendungen des Imperativs in der 2. Person Plural für die höfliche Anrede. Als Ersatz werden Infinitivkonstruktionen mit der performativen Formel proszę ‚(ich) bitte‘ gebraucht. (21) Prosz -ę podpisa-ć się! (Poln.) bitt.PRÄS-1.SG unterschreib-en REFL ‚Bitte, unterschreiben (Sie)!‘ Dass sich der Infinitiv als Ersatzform für Imperative eignet, liegt an seiner Unspezifiziertheit bezüglich Modus und Tempus (Reis 2003), die er mit den Imperativen teilt. Hinzu kommen seine Subjektlosigkeit und seine satzmodale Anonymität. Außerdem muss wie für das explizite Pronomen der 2. Person Singular auch für das pro-Subjekt in Imperativsätzen deren generischer Gebrauch wie in (22) in Betracht gezogen werden (RG 1980/I, 625): (22) Rasskaži vsju pravdu, nikto tebe ne poverit. (Russ.) erzähl.IMP ganze Wahrheit, niemand dir nicht glaubt ‚Wenn man die ganze Wahrheit erzählt, wird einem keiner glauben.‘ (23) ist die Bedeutungsangabe für das Personalpronomen der 2. Person Singular bzw. sein phonetisch leeres Pendant. Es handelt sich um einen generalisierten Quantor, der die partikuläre und die generische Lesart des betreffenden Argumentausdrucks berücksichtigt. (23) λP [ QUx [ PERSON x (& ADRESSAT x )α][ P x ]] mit QU є {(d!)α, GEN} Eine weite, funktional orientierte Auffassung von Imperativsätzen vertreten Xrakovskij/Volodin (1986, 110 ff.) und Xrakovskij (1990, 2001). Nicht nur Aufforderungssätze

35. Satzmodus in der 2. Person wie (10) und (11) und solche mit Sprecherinklusion wie (24), sondern auch Konstruktionen wie (25) und (26) gelten als Instanzen des Imperativparadigmas. Jakobson (1971, 138 ff.) spricht von Injunktiv, für dessen verschiedene Konstruktionen im Gegensatz zum Indikativ typisch ist, dass das zur Rede stehende Ereignis „(is) imposed on the participant“ (ebd., 139). (24) a. Napiš-em (-te)! (Russ.) schreib.PERF.PRÄS-1.PL(-2.PL) ‚Schreiben wir!‘ b. Bud-em (-te) pisa-t’! (Russ.) werd-1.PL(-2.PL) schreib-en ‚Schreiben wir!‘ c. Davaj (-te) napiš-em! (Russ.) PART (-2.PL) schreib.PERF.PRÄS-I.PL ‚Wollen wir schreiben!‘ d. Davaj (-te ) pisa-t’! (Russ.) PART (-2.PL) schreib-en ‚Wollen wir schreiben!‘ (25) a. Pust’ on (s)poj-ët. (Russ.) PART er sing(PERF).PRÄS-3.SG ‚Mag er singen.‘ b. Pust’ oni (s)poj-ut. (Russ.) PART sie sing(PERF).PRÄS-3.PL ‚Mögen sie singen.‘ (26) a. Davaj (-te) spoj-u! (Russ.) PART (-2.PL) sing.PERF.PRÄS-l.SG ‚Lasst/lassen Sie mich singen!‘ b. Davaj (-te) bud-u pe-t’! (Russ.) PART (-2.PL) werd-l.SG sing-en ‚Lasst/lassen Sie mich singen!‘ Die sich im Verbaspekt unterscheidenden synthetischen und analytischen Formen in (24) drücken durch die Endungen der 1. Person Plural die Sprecherinklusion aus. Das agglutinativ ergänzbare Annex -te ist wiederum mehrdeutig bezüglich der Referenz auf einen oder mehrere Adressaten in der Höflichkeitsform oder auf mehrere Adressaten in der Du-Form (Isačenko 1962, 305 ff.). Das gilt auch für (24c) und (24d), wo die durch -te ergänzbare Partikel davaj eine erstarrte Imperativform darstellt und die Sprecherinklusion signalisiert. In (24c) ist sie doppelt angezeigt. Wichtig bei diesen Bildungen ist zweierlei: (24a) und (24b) und napišem in (24c) stellen morphologisch Indikativformen dar. Sie werden in imperativischer Funktion obligatorisch ohne Subjektexplizierung gebraucht. Semantisch ist an ihnen bemerkenswert, dass sie mit ihrer Form auf die Zukunft verweisen, was dem echten Imperativ immanent ist (Späth 1996,

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz 121 f.). Die syntaktischen Fügungen in (25) sind Mitteilungen an den hier nicht bezeichneten Adressaten, die durch die zur Partikel erstarrte Imperativform pust’ (oder puskaj) permissiven Charakter haben und sich auf eine 3. Person beziehen. Isačenko (1962, 300) rechnet solche analytischen Bildungen nicht zu den Verbalformen. Sätze wie in (26) beinhalten Selbstaufforderungen des Sprechers, wobei die Partikel davaj (-te) am ehesten Imperativität im Sinne der Unterstützung der beabsichtigten Handlung durch den/die Adressaten transportiert (Xrakovkij/Volodin 1986, 110 ff., 123). Angesichts solcher Ausdrucksvielfalt fragt sich, für welche Aufforderungssätze das Satztypmerkmal Cimp ⫺interrog in C anzusetzen ist und mit welchen synthetischen und/oder analytischen Verbformen es korrespondiert. Bei streng morphologisch orientiertem Vorgehen sind Konstruktionen wie in (25) und (26) nicht als Imperativsätze anzusehen, da die Verbformen Tempus- und Modusspezifizierungen aufweisen, in (25) der Adressatenbezug fehlt und mindestens die Partikel pust’ (bzw. puskaj), die mit allen Personalendungen von Präsens- oder Futurformen des Verbs kompatibel ist, als selbständiger Satzmodusindikator aufgefasst werden kann (vgl. Späth 1996, 82 ff. zur slowakischen Partikel nech mit Optativbedeutung). Wenn die Konstruktionen in (24) als Imperativsätze mit der Satztypkennzeichnung Cimp ⫺interrog in C und der Imperativbedeutung (12) gelten sollen, muss entschieden werden, wie ihre Tempus- und Modusspezifizierung aufzufassen ist und welches Formativ gegebenenfalls die Verbformkennzeichnung Cimp einbringt. Entsprechende Feinanalysen liegen bislang nicht vor. Einen eigenen Problemkreis bilden auch für Imperativsätze nicht nur Modalpartikel, sondern auch Illokutionsindikatoren wie Satzadverbien, Verbalaspekt und Intonation. Alle diese Ausdrucksmittel können Imperativsätze in ihrem Illokutionspotential beeinflussen. Die russische enklitische Partikel -ka schwächt den kategorischen Charakter einer Aufforderung ab (Xrakovskij/Volodin 1986, 177 ff.). (27) Napiši-ka! (Russ.) schreib.PERF.IMP-mal ‚Schreib doch mal!‘ Den direktiven Charakter von Imperativsätzen verstärkt die slowakische enklitische Partikel že (Späth 1996, 132 ff.). (28) Pridi-že! (Slovak.) komm.PERF.IMP-schon ‚Komm schon!‘ Sie bewirkt die Interpretation des Imperativoperators als Notwendigkeit und akzentuiert im Zusammenspiel mit dem perfektiven Aspekt des Verbs die direktive Funktion solcher Imperativsätze. Als Grundregeln des Aspektgebrauchs in Imperativsätzen nennt Späth (1996, 103) die folgenden: Adhibitive Funktionen werden über den perfektiven Aspekt eines affirmativen Verbs realisiert, prohibitive Funktionen hingegen durch ein negiertes imperfektives Verb. Die Beispiele in (29) und (30) illustrieren diese Aspektdistribution. (29) Zítra mi zavolej! (Tsch.) morgen mich anruf.PERF.IMP ‚Ruf mich morgen an!‘

35. Satzmodus (30) Nje-chodz’ won! (Obersorb.) nicht-geh.IMP raus ‚Geh nicht raus!‘ Von dieser Verteilung abweichende Aspektverwendungen führen zu markierten Interpretationen. Isačenko (1962, 311) gibt aufschlussreiche kontrastierende Beispiele: (31) a. Vojdi-te, razden’-te-s’ i eintret.PERF.IMP-2.PL, ableg.PERF.IMP-2.PL-REFL und sjad’-te na mesta! (Russ.) sich.setz.PERF.IMP-2.PL auf Plätze ‚Tretet ein, legt ab und setzt euch auf die Plätze!‘ b. Vxodi-te, razdevaj-te-s’ i sadi-te-s’! (Russ.) eintret.IMP-2.PL, ableg.IMP-2.PL-REFL und setz.IMP-2.PL-REFL ‚Treten Sie bitte ein, legen Sie ab und nehmen Sie Platz!‘ (32) a. Ne opazdyvaj k obedu! (Russ.) nicht sich.verspät. IMP zum Essen ‚Komm nicht zu spät zum Essen.‘ b. Ne opozdaj k obedu! (Russ.) nicht sich.verspät.PERF.IMP zum Essen ‚Komm ja nicht zu spät zum Essen!‘ Während (31a) als kategorische Aufforderung eines Lehrers an seine Schüler gelten kann, ist (31b) eine freundliche Einladung des Hausherrn an seine Gäste. (32a) fungiert als Bitte, (32b) als Warnung. Zu den Einzelheiten dieser Kompatibilitäten von Satzmodus, Aspekt und Negation ist auf die gründliche Analyse von Späth (1996, 4.2) zu verweisen (s. auch Xrakovskij 1990, 219 ff.). Hier müssen noch einige Betrachtungen zum Illokutionsindikator Intonation angestellt werden. Das Variationsspektrum für die Intonation ist in Imperativsätzen sehr begrenzt. Es kontrastieren konklusive Kadenz als Signalisierung von Notwendigkeit und Antikadenz von Möglichkeit und damit von direktivem bzw. permissivem Illokutionspotential. Jedoch verschieben sich die Verhältnisse im Zusammenspiel verschiedener Illokutionsindikatoren. Die slowakische Partikel len ‚nur‘ evoziert permissive Funktion des Imperativsatzes und macht Antikadenz überflüssig, so dass das normale Tonmuster der konklusiven Kadenz wirksam wird. Somit kann die Intonation im Imperativsatz nicht als satztypkonstituierend angesehen werden (Späth 1996, 143; Xrakovskij/Volodin 1986, 146). RG (1980/I, 109 ff.; 1980/II, 115 ff.) stellt fest, dass die für Imperativsätze normale Intonationskonstruktion 2 auch für andere Satztypen Anwendung findet und dass jede der 7 unterschiedenen Intonationskonstruktionen auch in Imperativsätzen auftreten kann. Schließlich ist noch auf die Möglichkeit indirekter, in nichtimperativische Kontexte transponierter Verwendungsweisen von Imperativsätzen zu verweisen (Xrakovskij/Volodin 1986, 226 ff.). Isačenko (1962, 311 ff.) legt dar, wie es durch Ausschaltung der an Aufforderungen notwendig beteiligten Aktanten in Imperativsätzen zu Bedeutungsverschiebungen und zu mehr oder weniger festen Fügungen mit imperativischen Verbformen kommt.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (33) Bud’ my prokljaty! (Russ.) sei.IMP wir verflucht ‚Seien wir verflucht!‘ (34) Provali-s’ ja na meste, esli ėto nepravda! (Russ.) versink.IMP-REFL ich auf Stelle, wenn das nicht.wahr ‚Die Erde soll mich verschlingen, wenn das nicht wahr ist.‘ In diesen Sätzen spielt der Imperativ sein optativisches modales Potential aus, während als Subjekt jeweils ein Pronomen der 1. Person auftritt. In systematisch bildbaren Konstruktionen wie (35) kommt der direktive Charakter des Imperativs zur Wirkung. (35) Vse ušli na progulku, a ja sidi doma. (Russ.) alle gingen auf Spaziergang, und ich sitz.IMP zu Hause ‚Alle gingen spazieren, und ich soll zu Hause hocken.‘ Die durch das imperativische Verb ausgedrückte Handlung erscheint als dem Subjekt aufgezwungen (Späth 1996, 149 f. zu analogen Fällen im Slovakischen). Auch in slavischen Sprachen treten Imperativsätze in sogenannten konditionalen Satzverknüpfungen wie (22) und (36⫺38) auf (Isačenko 1962, 317 f.; Späth 1996, 147 ff.). (36) Skaži on slovečko, ja by vernu-l-a-s’. (Russ.) sag.IMP er Wörtchen, ich KONJ zurückkomm-PARTIZ-FEM-REFL ‚Hätte er ein Wort gesagt, ich wäre zurückgekommen.‘ (37) Skoč (a) slomí-š si väz. (Slovak.) spring.IMP und brech.PRÄS-2.SG REFL Genick ‚Spring und du wirst dir das Genick brechen.‘ (38) Uxodi, ili (/a to/inače) ja budu kričat’. (Russ.) weggeh.IMP, oder (/sonst /andernfalls) ich werde schreien ‚Geh weg, oder (/sonst /andernfalls) ich schreie.‘ Während der Imperativsatz in (38) mit einem Deklarativsatz koordiniert ist, vertritt er in (22), (36) und (37) einen konditionalen Nebensatz. Krifka (2004a) ist zuzustimmen, dass es sich nur in Fällen wie (16), (31) und (38) um Koordinationen von Sprechakten handelt, während in solchen imperativischen Konstruktionen wie in (22), (36) und (37) keine Imperativsätze, sondern nur die entsprechenden Satzradikale (d. h. Polaritätsphrasen) ⫺ ohne imperativischen Satzmodus ⫺ vorliegen. Möglicherweise ist für solche Satzverknüpfungen wie in (22) in C der deklarative Satzmodus wirksam, während in der Modusphrase ein modaler Operator die beiden Teilsätze, die in der Adjunktposition von ModP bzw. in ModP platziert sind, verknüpft (s. auch Gärtner/Schwager 2004). (39) gibt die als Template zu verstehende semantische Repräsentation dieses Operators an. (39) λP λq [ NECESS [ ds [ P t s ]][ q ]] mit NECESS є , P є , q є t

35. Satzmodus Im Restriktor des Operators NECESS figuriert das imperativische Prädikat, im Nukleus das indikativische. Der Operator bindet die Situationsvariable s und blockiert die Zeitvariable t des imperativischen Verbs. Inhaltlich charakterisiert NECESS eine Zugänglichkeitsrelation w ≤ f w’, derart dass die Menge der Welten w’, in der die Proposition im Nukleus des Operators wahr ist, von der Menge w aus, in der die Proposition im Restriktor wahr ist, zugänglich ist (Kratzer 1991a, 648 f.; 1991b). Gemäß dieser Analyse schränken also konditionale Imperativkonstruktionen wie in (22) die Menge der Welten ein, in denen die Proposition im Nukleus wahr sein kann. Satzverknüpfungen wie (16), (31) und (38) charakterisiert Krifka (2004a) als Konjunktion bzw. Disjunktion von Sprechakttypen. Die Konnektoren bilden jeweils den Kopf einer Koordinationsphrase und sind als Sprechakttypverknüpfer vom semantischen Typ . Die in solchen Koordinationen wirksamen sprechakttheoretischen Beziehungen und Inferenzmechanismen bedürfen freilich der formalen Ausarbeitung (Krifka 2001a, 2004a) und der genauen Einordnung in das Gesamtmodell der Arbeitsteilung von Semantik und Pragmatik. Es ist also zu unterscheiden zwischen dem in C verankerten Satzmodus für Imperativsätze und dem imperativischen Satzradikal ohne Imperativbedeutung. Die in (12), (13), (23) und (39) vorgeschlagene Analyse liefert die erforderlichen Bausteine. Es bewährt sich auch die Annahme, das externe Argument des imperativischen Verbs durch ein entsprechendes phonetisch leeres pro-Element bzw. durch geeignete explizite Subjektausdrücke im vP-Bereich zu realisieren und nicht unmittelbar an die imperativische Verbform bzw. an die Imperativbedeutung in C zu binden. Das erlaubt die einheitliche Integration des externen Arguments von Verben sowie die Neutralisierung der Kongruenzanforderungen des Verbs wie in (33⫺36) und vermeidet die Belastung der konditionalen Bedeutungscharakterisierung des imperativischen Satzradikals wie in (39) mit dem externen Argument des imperativischen Verbs. Insgesamt müssen sich die hier dargelegten Analysevorschläge, die wesentlich auf Rosengren (1993), Platzack/Rosengren (1994, 1997/1998) und Späth (1996) fußen und auch für nichtslavische Sprachen Geltung beanspruchen, bei der detaillierten Untersuchung der Imperativsätze der einzelnen Sprachen bewähren und verfeinert werden. Wie (40⫺42) illustrieren, verfügt die slovenische Sprache der Gegenwart über die Möglichkeit, Sätze mit imperativischem Verbmodus einzubetten (Svane 1958, Dvořák/ Zimmermann 2007). (40) Mama pravi, da jo dobro poslušaj. (Sloven.) Mama sagt, dass ihr gut zuhör.IMP ‚Mama sagt, dass du ihr gut zuhören sollst.‘ (41) To je dar, ki ga sprejmi z veseljem. (Sloven.) das ist Gabe, REL sie empfang.IMP mit Freude ‚Das ist eine Gabe, die du mit Freude empfangen sollst.‘ (42) Saj sem vama rekla, kako se obnašaj-ta. (Sloven.) doch habe.ich euch.DUAL gesagt, wie REFL benehm.IMP-ihr.DUAL ‚Ich habe euch doch gesagt, wie ihr euch benehmen sollt.‘ Es handelt sich um imperativische Verbformen in konjunktional eingeleiteten Nebensätzen, in Relativsätzen und in eingebetteten Interrogativsätzen. Es ist zu klären, ob

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz sich Haupt- und Nebensätze im Slovenischen bezüglich der funktionalen Kategorien, wo die durch die imperativische Verbform transportierte Imperativbedeutung zu verankern ist, unterscheiden. Dieses Problem betrifft die Arbeitsteilung zwischen C und Mod und den Status des in der hier verfolgten Analyse angenommenen Imperativoperators IMP. Es muss die Frage beantwortet werden, wodurch sich das Slovenische gegenüber anderen Sprachen auszeichnet, für die analoge Einbettungen von Imperativsätzen nicht möglich sind.

4. Der Interrogativsatz Von den verschiedenen Interrogativsatztypen sollen hier die Entscheidungsfragen und die Ergänzungsfragen näher betrachtet werden. Im Vordergrund steht die Semantik in ihrem Zusammenspiel mit der Informationsstruktur von Sätzen. Eine wissenschaftsgeschichtliche Zusammenschau der verschiedenen Ansätze zur Fragesemantik geben Bäuerle/Zimmermann (1991). Wie bei den Deklarativsätzen soll auch für Interrogativsätze von folgender syntaktischen Struktur ausgegangen werden: (43) CP ModP TP PolP vP* VP In der Spezifikatorposition der CP figuriert in Ergänzungsfragen die w-Phrase, d. h. die Phrase mit dem Interrogativpronomen, das in slavischen Sprachen meistens mit dem Formativ k- gebildet ist (Zimmermann 2000). C ist der Platz für den interrogativischen Satzmodusoperator. Die übrigen Strukturetagen verstehen sich wie in Deklarativsätzen. Wiederum soll (43) für Haupt- und Nebensätze gelten. Es ist nun zu klären, was in Entscheidungs- und Ergänzungsfragen als interrogativischer Satzmodus zu betrachten ist, derart dass die Aufteilung in ein interrogativisches Satzradikal und den interrogativischen Illokutionsoperator möglich ist. Es soll angenommen werden, dass das interrogativische Satzradikal in eingebetteten Fragesätzen zur Geltung kommt, während es in selbständigen Fragesätzen durch den interrogativischen Illokutionsoperator INTERROG angereichert ist, der Propositionen in Sprechakttypen überführt (Krifka 2001a, 2001b, 2004a). Für interrogativische Satzradikale wird hier angenommen, dass es sich um Propositionen vom Typ t mit einer oder mehreren spezifizierungsbedürftigen Variablen handelt. Zugleich sind es in Fokus und Hintergrund aufgeteilte sogenannte strukturierte Propositionen der Form . Im Fokus stehen die spezifizierungsbedürftigen, durch den Frageoperator ‚?‘ gebundenen Variablen, den Hintergrund bildet ein n-stelliges Prädikat: (44) (INTERROG) ?T < λG [ G p ], T > für Entscheidungsfragen (INTERROG) ?Y < λX [ P X ], Y > für Ergänzungsfragen Die hier vorgeschlagene Aufteilung eines Fragesatzes in den Illokutionsoperator INTERROG und in eine in Fokus und Hintergrund aufgeteilte Proposition korrespondiert weitgehend mit Krifka (2001b, 2004b) und weicht von den in Brandt/Reis/Rosen-

35. Satzmodus gren/Zimmermann (1992), Reis (1999) und Zimmermann (2000) vertretenen Analysen ab: Der Illokutionsoperator INTERROG ist in die Semantische Form von interrogativischen Hauptsätzen aufgenommen und die Proposition ist strukturiert.

4.1. Die Entscheidungsfrage Als charakteristisches Kennzeichen von Entscheidungsfragen dienen in den slavischen Sprachen spezielle Partikeln. Im Polnischen ist es czy. Diese Partikel steht in C, an der linken Satzperipherie. Sie tritt in Haupt- und Nebensätzen auf (Laskowski 1972, 170 ff., 192). (45) Czy będziesz jutro w domu? (Poln.) PART werd.2.SG morgen im Haus ‚Wirst du morgen zu Hause sein?‘ (46) Nie wiadomo, czy pociąg przyjedzie punktualnie. (Poln.) nicht bekannt PART Zug ankomm.PERF.PRÄS.3.SG pünktlich ‚Es ist nicht bekannt, ob der Zug pünktlich ankommen wird.‘ Der Partikel czy ist die in (47) angegebene Bedeutung zuzuordnen. (47) λp (INTERROG) ?T < λG [ G p ], T > mit INTERROG є , G, T є Der Illokutionsoperator INTERROG ist nur zugegen, wenn czy in Hauptsätzen auftritt. Wie DECLAR und IMP überführt er Propositionen in Sprechakttypen. G und T sind Gültigkeitsprädikatsvariable vom gleichen semantischen Typ wie die möglichen Antworten tak ‚ja‘ bzw. nie ‚nein‘. Die Fragepartikel kann in Hauptsätzen auch fehlen wie in (48). (48) Powiedzałeś już wszystko? (Poln.) sag.PERF.PRÄT.2.SG schon alles ‚Hast du schon alles gesagt?‘ In solchen Fällen ist in C ein phonologisch leeres Element mit der Bedeutung (47) anzunehmen. Der steigende Ton am Satzende ist in solchen Sätzen der einzige Indikator der Frage. In vielen slavischen Sprachen tritt in Entscheidungsfragen die enklitische Partikel li auf. Ihre Lokalisierung ist kompliziert und verlangt eine klare Repräsentationsebenenunterscheidung. Wie (49⫺51) illustrieren, kann li im Russischen ans Verb, an eine topikalisierte oder fokussierte XP klitisieren. (49) Čitaet li on knigu? (Russ.) les.PRÄS.3.SG PART er Buch ‚Liest er das Buch?‘

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (50) Ėto li ne velikaja udača? (Russ.) das PART nicht großer Erfolg ‚Ist das nicht ein großer Erfolg?‘ knigu on čitaet? (Russ.) (51) InteresnujuF li interessantes PART Buch er liest ‚Liest er ein interessantesF Buch?‘ Schwabe (2004) untersucht die Zusammenhänge zwischen Satzmodus, Informationsstruktur und phonologischer Struktur von Entscheidungsfragen und zeigt, dass li nur im Russischen und Serbokroatischen als Träger der Interrogativbedeutung fungiert und in der Syntax in Force (hier: C) platziert ist. Im Bulgarischen und Mazedonischen werden diese Partikel in der Syntax an das Verb oder eine XP adjungiert, während in Force ein phonologisch leeres Element figuriert und die Interrogativbedeutung einbringt. Schwabe nimmt an, dass in (52) die durch li gekennzeichnete Phrase in die Spezifikatorposition von ForceP gewandert ist und dort ⫺ wie w-Phrasen ⫺ ihre Interrogativmarkierung legitimiert. (52) Ivan na Marija li dade knigata? (Bulg.) Ivan PRÄP Maria PART geb.AOR.3.SG Buch.das ‚Hat Ivan Maria das Buch gegeben?‘ Es muss hier darauf verzichtet werden, alternative Analysevorschläge zu diskutieren. Wenigstens sei an dieser Stelle auf Tisheva (2003) verwiesen, die für bulgarische Entscheidungsfragen eine sehr differenzierte syntaktische Strukturierung annimmt. In den Beispielen (49⫺51) kommt Schwabes Analyse zufolge die Klitisierung von li durch phonologische Inversion zustande. Das heißt, li wird dem Verb bzw. dem ersten phonologischen Wort der XP, die unmittelbar unterhalb von C platziert sind, erst auf der phonologischen Ebene rechtsadjungiert. Genau wie fürs Polnische ist auch fürs Russische in selbständigen Entscheidungsfragen damit zu rechnen, dass li abwesend ist und in C ein phonologisch leerer Repräsentant der Interrogativbedeutung anzunehmen ist, wie in (53). (53) Čitaet on knigu? (Russ.) les.PRÄS.3.SG er Buch ‚Liest er das Buch?‘ Wie in (49) rückt das Verb in solchen Fragesätzen normalerweise an die Satzspitze. Allerdings ist bezüglich der Wortfolge auch in Interrogativsätzen zu berücksichtigen, um welchen Sprachstil es sich bei der Beurteilung von Normalität handelt. RG (1980/ II, 397) unterscheidet in ihren Auskünften deutlich zwischen ungezwungener Umgangssprache, wo sehr freie Wortanordnung herrscht, und Standardsprache. Vgl.: (54) Ponravilsja li vam deduška? (Russ.) gefall.PERF.PRÄT.3.MASC.REFL PART euch Großvater ‚Hat euch der Großvater gefallen?‘

35. Satzmodus (55) Deduška vam ponravilsja li? (Russ.) Es fragt sich, wie die Partikel li ⫺ falls sie in C basisgeneriert wird ⫺ in dem umgangssprachlichen Beispiel (55) ans Satzende gerät und ob für die Umgangssprache modifizierte Regeln der Platzierung von li gelten. In (56) und (57) sind Entscheidungsfragen mit unterschiedlichem Bezug der Partikel li gegenübergestellt. (56) Vstretit li Pëtr Ivana? (Russ.) treff.PERF.PRÄS.3.SG PART Peter Ivan.AKK ‚Wird Peter IvanF treffen?‘ (57) IvanaF li vstretit Pëtr? (Russ.) Ivan.AKK PART treff.PERF.PRÄS.3.SG Peter ‚Wird Peter IvanF treffen?‘ Während es in (56) um eine einfache Entscheidungsfrage geht, wo sich li auf die gesamte Proposition bezieht, liegt in (57) eine strukturierte Proposition mit dem Objekt Ivana im Fokus vor. (58) und (59) sind die kontrastierenden Bedeutungsstrukturen für (56) bzw. (57). Tempus und Aspekt sind vernachlässigt. (58) INTERROG ?T < λG [ G [ ds [ s INST [ PETER TREFFEN IVAN ]]]], T > (59) INTERROG ?T < λG [ G < λy [ ds [ s INST [ PETER TREFFEN y ]]], IVAN >], T > In (56) steht demnach zur Debatte, ob der beschriebene Sachverhalt, dass Peter Ivan treffen wird, gilt. In (57) geht es darum, ob Ivan die richtige Wahl aus einer Alternativenmenge, für die zutrifft, dass Peter jemanden daraus treffen wird, ist. Wenn li wie in (53) abwesend ist und ein phonologisch leeres Pendant in C figuriert, spielt neben der Wortfolge das Intonationsmuster eine maßgebliche Rolle (RG 1980/ II, 396 ff.), um anzuzeigen, ob sich die Frage auf eine ungegliederte Proposition oder auf eine bestimmte Aufgliederung in Fokus und Hintergrund bezieht. Im Beispiel (60) sind zwei Tonmustermarker angegeben. Sie korrespondieren mit unterschiedlichem Bezug des Satzmodusoperators. (60) Saša xorošo3 u3čitsja? (Russ.) Sascha gut lernt ‚Lernt Sascha gut?‘ Bei Hervorhebung des Adverbs xorošo liegt eine gegliederte Proposition zugrunde, bei Akzentuierung des Verbs ist als eine Interpretationsmöglichkeit eine ungegliederte Proposition im Fragehintergrund. Es ist also notwendig, bei der Interpretation von Entscheidungsfragen das komplizierte Zusammenspiel von Syntax Semantik und Intonationsphonologie zu berücksichtigen. Ein Thema für sich ist, wie die Partikel li mit anderen Formativen der Einleitung von Entscheidungsfragen zusammenwirkt und welchen funktionalen Kategorien die einzelnen Morpheme angehören.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (61) Da li da ti dam knjigu? (Serbokr.) PART PART PART dir geb.1.SG Buch ‚Soll ich dir das Buch geben?‘ (62) Borislav pita, (da)li Rumjana e svobodna dovečera. (Bulg.) Borislav fragt PART Rumjana ist frei heute Abend ‚Brorislav fragt, ob Rumjana heute Abend frei ist.‘ Von Interesse sind mit li zusammengesetzte Konjunktionen wie bulgarisches dali ‚ob‘, polnisches jeśli(by) oder jeżeli(by) ‚wenn‘ und andere, die ganz deutlich auf die Verschmelzung mehrerer funktionaler Kategorien hindeuten. Ferner ist zu beachten, dass li auch in Ergänzungsfragen auftritt: (63) Šta li si mi to kupio? (Serbokr.) was PART AUX.2.SG mir PART kauf. PARTIZ ‚Was hast du mir da gekauft?‘ Angesichts solcher Daten fragt sich, wo die Partikel li in den verschiedenen Fällen ihren Platz hat und inwieweit ihr eine einheitliche Bedeutung zugeschrieben werden kann. Zu den klärungsbedürftigen Fragen gehört auch, wie die verschiedenen illokutiven Indikatoren für Interrogativsätze zusammenwirken. Siemund (2001) führt in seiner sprachtypologischen Übersicht sieben Ausdrucksmittel für Interrogativität an. Hier wurde wie für den Deklarativ- und den Imperativsatz vorausgesetzt, dass die entscheidende Satzmoduscharakterisierung in der obersten Strukturetage von Sätzen erfolgt. Der angenommene illokutive Operator INTERROG ist nur in der Semantischen Form von Hauptsätzen zugegen. Gemeinsam haben Haupt- und Nebensatz die Aufspaltung in Fragehintergrund und Fokus sowie die spezifizierungsbedürftige, durch den Frageoperator ‚?‘ gebundene Fokusposition. Wie weitere differenzierende Faktoren ins Spiel kommen und welches semantische Gewicht sie haben, muss hier offen bleiben.

4.2. Die Ergänzungsfrage Ergänzungsfragen weisen mindestens eine w-Phrase auf, d. h. eine XP mit einer offenen Position, die durch ein substantivisches, adjektivisches oder adverbielles Fragewort markiert ist. Im Gegensatz zu Entscheidungsfragen ist in Ergänzungsfragen mindestens ein Satzglied in der Funktion eines Aktanten oder Modifikators unspezifiziert. Die Fragepronomen bzw. -adverbien kennzeichnen dieses Satzglied. Es ist bemerkenswert, dass Fragepronomen und -adverbien die Basiseinheit für die Ableitung von Relativ-, Indefinit- und Negativpronomen und -adverbien sowie auch für pronominale bzw. adverbielle Allquantoren sind (Zimmermann 2000). Im Bulgarischen bildet die Partikel -to Relativpronomen und -adverbien (kojto ‚der‘, kâdeto ‚wo‘), nja- Indefinitpronomen und -adverbien (njakoj ‚jemand‘, njakâde ‚irgendwo‘), ni- Negativpronomen und -adverbien (nikoj ‚niemand‘, nikâde ‚nirgends‘) und vse-/vsja- Allquantorausdrücke (vsjakoj ‚jeder‘, vsjakâde ‚überall‘). Es liegt nahe, hinter diesen Wortstrukturgegebenheiten korrespondierende semantische Komponenten zu vermu-

35. Satzmodus ten. Die Fragewörter markieren in der Semantischen Form Variable und allgemeinste Denotationsbereiche wie Sachen, Lebewesen, Orte, Zeitabschnitte, Eigenschaften usw. Die von den Fragewörtern abgeleiteten Bezeichnungen beinhalten Variablenbinder wie λ, d, c. Die Fragewörter sind vergleichsweise nackt. Sie haben in ihrer Semantischen Form keine Binder. Zusätzlich soll auch für Ergänzungsfragen angenommen werden, dass sie in Fragehintergrund und Fokus gegliederte Sätze darstellen, mit den spezifizierungsbedürftigen Variablen im Fokus. Wie bei den Entscheidungsfragen bewirkt diese Strukturierung der Satzmodusoperator in C. (64) λP (INTERROG) ?yn ... ?y1 < λxn ... λx1 [ P xn ... x1 ], yn, ... , y1 > mit INTERROG є , P є ... >> Der Illokutionsoperator INTERROG ist nur in Hauptsätzen zugegen. Die spezifizierungsbedürftigen, durch den Frageoperator ‚?‘ gebundenen Variablen stehen im Fokus. Es können ein bis n offene Positionen sein. Den Fragehintergrund bildet ein entsprechendes ein- bis n-stelliges Prädikat. Voraussetzung ist, dass die Semantische Form des Komplements von C, die Modusphrase, entsprechende Leerstellen aufweist. (66), die Semantische Form von (65) verdeutlicht das. (65) Kto tebja ukusil? (Russ.) Wer/was dich beißt.PERF.PRÄT.3.SG ‚Was hat dich gebissen?‘ (66) λP (INTERROG) ?y < λx [ P x ], y >] ( λx [ ds [ LEBEWESEN x ] [ s INST [ x BEISSEN DICH ]]]) = INTERROG ?y < λx [ ds [ LEBEWESEN x ] [ s INST [ x BEISSEN DICH ]]], y > (67) gibt die Semantische Form des Interrogativpronomens kto an, das im Russischen auf Lebewesen, nicht nur auf Personen bezogen ist. (67) λQ [ LEBEWESEN x ][ Q x ] mit LEBEWESEN є Es handelt sich um eine aus Restriktor und Nukleus zusammengesetzte Semantische Form, wobei der Restriktor die Domänenbeschränkung des Interrogativpronomens angibt (Zimmermann 1999, 2000). Die Semantische Form in (64) sieht vor, dass Ergänzungsfragen gleich mehrere offene Stellen haben können wie in (68). (68) Kto kogo ukusil? (Russ.) wer/was wen/was beiß.PERF.PRÄT.3.SG ‚Was hat wen gebissen?‘ Solche Fragen haben zwei Lesarten. Die eine bezieht sich auf eine Situation, in der dem Sprecher die Aktanten des Beißvorgangs unbekannt sind und er um Aufklärung

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz ersucht. Die andere ist die sogenannte pair-list-Lesung. Dabei werden n-Tupel (hier Paare) von Antworten erwartet, die für verschiedene Beißsituationen angeben, welches die jeweils beteiligten Aktanten sind. Für solche Fälle muss die semantische Form (64) entsprechend modifiziert werden. Das Problem dabei ist nicht der Bezug auf n-Tupel von Aktanten und/oder Modifikatoren, sondern auf verschiedene Situationen. Möglicherweise sind die Antworten koordinierte Propositionen oder Assertionen mit jeweils unterschiedlichen si. Für die Syntax von Ergänzungsfragen ist wichtig, wo auf welcher Repräsentationsebene die w-Phrasen platziert sind. Wie gesagt: Der Frageoperator figuriert in C, mit dem syntaktischen Merkmal Cinterrogativ (oder: Cw, oder: CQ). Dieses Merkmal hat auch das w-Wort. Spätestens auf der Ebene der Phonologischen Form (PF) wird diese Kennzeichnung durch Bewegung der das w-Wort enthaltenden XP in der Spezifikatorposition von CP abgeglichen. In der Standardsprache geschieht das overt. Durch diese Bewegung entsteht eine Kette, deren Fuß die Ausgangsposition der bewegten XP ist. Diese Position geht in die Semantische Form ⫺ wie in (66) ⫺ ein. Wenn die Ergänzungsfrage mehrere w-Wörter enthält, geht normalerweise eine XP in den CPBereich. Die übrigen XPs mit einem w-Wort ordnen sich darunter an oder bleiben in situ (Stepanow 1998; Bošković 2002). Wohin das Verb wandert, wenn es sich bewegt, ist nicht leicht festzustellen. Es ist auch zu berücksichtigen, dass sich außer der XP mit dem Fragewort auch andere Konstituenten aus informationsstrukturellen Gründen nach links bewegen wie in (69) (RG 1980/II, 397). (69) Kto kometu vi 2 del? (Russ.) wer Komet.AKK seh.PRÄT.MASC ‚Wer hat den Kometen gesehen?‘ Das angegebene Tonmuster deutet darauf hin, dass das Verb hier fokussiert ist. Es steht zur Debatte, wer den Kometen gesehen, nicht nur von ihm gehört hat. Der normale Platz für Foki ist die rechte Satzperipherie (Junghanns 2003). Vgl. auch (70) und (71), wo die Endstellung des Verbs als Fokussierung der Verbbedeutung interpretiert werden kann. (70) Kogda pomeščenie osvobodi2tsja? (Russ.) Wann Zimmer frei.werd.PERF.PRÄS.3.SG. ‚Wann wird das Zimmer frei werden?‘ (71) Kogda osvoboditsja pomeščenie? (Russ.) wann frei.werd.PERF.PRÄT.3.SG.REFL Zimmer ‚Wann wird das Zimmer frei?‘ Es ist also damit zu rechnen, dass das Verb in Ergänzungsfragen im unmarkierten Fall nach links wandert und bei Fokussierung am rechten Satzrand figuriert. Dann ist der Fragehintergrund seinerseits in Hintergrund und Fokus aufgeteilt. In der ungezwungenen Umgangssprache können w-Phrasen auch im Satzinnern oder am rechten Satzrand auftreten (RG 1980/II, 389, 397).

35. Satzmodus (72) Vy na kogo namekaete? (Russ.) Sie auf wen anspielen ‚Auf wen spielen Sie an?‘ (73) Ėti knigi prišli otkuda? (Russ.) diese Bücher komm.PERF.PRÄT.PL woher ‚Woher sind diese Bücher gekommen?‘ Wegen der relativ freien Wortfolge in den slavischen Sprachen und der deutlichen Trennung zwischen Standard- und Umgangssprache erscheint es angemessen, auch in Fragesätzen mit nach Normalität gewichteten Prinzipien der Anordnung von Konstituenten zu rechnen. Die Optimalitätstheorie hält dafür geeignete Erklärungsmöglichkeiten bereit.

5. Zusammenfassung Was ist nun Satzmodus? Eine Antwort gibt Lohnstein (2000, VII, 3): Satzmodus „ist als eine grammatische Kategorie anzusehen, die erst durch das Zusammenwirken verschiedener Komponenten des sprachlichen Kenntnissystems determiniert wird.“ Als semantische Kategorie ist Satzmodus zu verstehen als „diejenige Konfiguration sprachlicher Mittel, die relativ zu einer Äußerungswelt die Auswertungswelten und die Auswertungsweise einer Proposition determiniert.“ Eine andere Auffassung wurde in Brandt/Reis/Rosengren/Zimmermann (1992) vertreten: Satzmodus hat mit der Bindung des referentiellen Arguments s von Verben zu tun und zusätzlich bei Imperativsätzen mit deontischer Modalität und bei Interrogativsätzen mit offenen Positionen. Die grammatisch determinierte Satzmoduscharakterisierung enthält keine Illokutionsoperatoren oder Sprecher- und Hörereinstellungen repräsentierende Funktoren. Die hier gegebene Analyse, die zwischen Satzmodus und verbalem Modus unterscheidet, versteht Satzmodus als die Bedeutung von Satztypen, die durch syntaktische Merkmale in der obersten funktionalen Projektion von Sätzen charakterisiert sind. Auf der Basis der relevanten Unterscheidung zwischen grammatisch determinierter Semantischer Form von Konstituenten und Konzeptueller Struktur als Repräsentation der Weltkenntnis werden als semantische Charakterisierung der kommunikativen Funktion von Hauptsätzen illokutive Operatoren angenommen, die den propositionalen Gehalt von Sätzen in Sprechakttypen überführen. Sie werden als illokutive Parameter angesehen, die in Abhängigkeit von der kommunikativen Situation hinsichtlich der intentionalen und epistemischen Einstellungen und kooperativen Verpflichtungen der Kommunikationspartner spezifiziert werden. In Nebensätzen ergibt sich für C im unmarkierten Fall identische Abbildung und für Interrogativsätze die in C verankerte Fragesemantik, abzüglich des Illokutionsoperators. Satzmodus ist demnach die dem jeweiligen Satztyp in C zugeordnete Semantische Form, unterschieden nach Hauptund Nebensätzen: (74) λp (DECLAR) [p]

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (75) λQ [IMP ds [ Q t s ]] (76) λp (INTERROG) ?T < λG [ G p ], T > (77) λP (INTERROG) ?yn ... ?y1 < λxn ... λx1 [ P xn ... x1 ], yn, ... , y1 > Das Zusammenwirken dieser Operatoren mit Illokutionsindikatoren wie Intonation, Wortstellung, Partikeln, Satzadverbialia sowie mit Modus, Tempus und Aspekt wartet auf seine grammatiktheoretische Durchdringung. Die klare Grenzziehung zwischen Semantik und Pragmatik ist dafür eine Voraussetzung.

6. Abkürzungen und Zeichenerklärungen CP ModP TP PolP vP* VP DECLAR IMP λ t d c 2(x) SF NECESS s w INTERROG RG XP w-Wort PF

Complementizer Phrase Mood Phrase (Modusphrase) Time (Tense) Phrase (Tempusphrase) Polarity Phrase (Polaritätsphrase) light verb Phrase Verbal Phrase (Verbalphrase) declarativer (Deklarativ-)Illokutionsoperator imperativischer Illokutionsoperator Lambda-Operator trace, Variable (Spur, Variable) Existential Operator (Existenz-Operator) Alloperator Element of (x) Semantic Form (Semantische Form) Notwendigkeitsoperator Situationsvariable Weltvariable interrogativischer Illokutionsoperator Russkaja grammatika maximale Projektion einer beliebigen Phrase Fragepronomen oder -adverb Phonologische Form

7. Literatur (in Auswahl) Bäuerle, Rainer/Zimmermann, Thomas E. (1991): „Fragesätze“. // von Stechow, Arnim/Wunderlich, Dieter (eds.). 333⫺348. Běličová, Helena (1983): Modální báze jednoduché věty a souvětí. (K porovnávací syntaxi češtiny a ruštiny). Praha. Bierwisch, Manfred (1979): „Wörtliche Bedeutung ⫺ eine pragmatische Gretchenfrage“. // Grewendorf, Günther (ed.). 119⫺148. Bierwisch, Manfred (1980): „Semantic structure and illocutionary force“. // Searle, John R./Kiefer, Ferenc/Bierwisch, Manfred (eds.). 1⫺35.

35. Satzmodus Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (eds.) (1987): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. Berlin. Bittner, Andreas/Bittner, Dagmar/Köpcke, Klaus-Michael (eds.) (2000): Angemessene Strukturen: Systemorganisation in Phonologie, Morphologie und Syntax. Hildesheim/Zürich/New York. Bondarko, A. V. (Red.) (1990): Teorija funkcional’noj grammatiki. Temporal’nost’. Modal’nost’. Leningrad. Bošković, Željko (2002): „On multiple wh-fronting“. // Linguistic Inquiry 33/3. 351⫺383. Brandt, Margareta/Reis, Marga/Rosengren, Inger/Zimmermann, Ilse (1992): „Satztyp, Satzmodus und Illokution“. // Rosengren, Inger (ed.). Band 1. 1⫺90. Chomsky, Noam (1995): The minimalist program. Cambridge, Massachusetts/London. Doherty, Monika (ed.) (1999): Sprachspezifische Aspekte der Informationsverteilung. Berlin. Dölling, Johannes (1997): „Semantic Form and abductive fixation of parameters“. // van der Sandt, Rob/Blutner, Reinhard/Bierwisch, Manfred (eds.). 113⫺139. Dvořák, Boštjan/Zimmermann, Ilse (2007): „The Slovenian imperative in embedded clauses“. // Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (eds.). 171⫺184. Féry, Caroline/Sternefeld, Wolfgang (eds.) (2001): Audiatur vox sapientiae. A Festschrift for Arnim von Stechow. Berlin. Gärtner, Hans-Martin/Schwager, Magdalena (2004): Pseudo-coordination meets the type/force square: Remarks on Culicover and Jackendoff. Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft Berlin. Handout. Grepl, Miroslav (1973): „K podstatě modálnosti“. // Otázky Slovanské Syntaxe III. Sborník symposia. „Modální výstavba výpovědí v slovanských jazycích.“. Brno 27.⫺30. zářrí 1971. Brno. 23⫺38. Grepl, Miroslav (1975): „Die semantisch modifizierenden Komponenten der Satzstrukturen“. // Zeitschrift für Slawistik 20, 5/6. 631⫺637. Grewendorf, Günther (ed.) (1979): Sprechakttheorie und Semantik. Frankfurt am Main. Grewendorf, Günther/Zäfferer, Dietmar (1991): „Theorien der Satzmodi“. // von Stechow, Arnim/ Wunderlich, Dieter (eds.). 270⫺286. Haegeman, Liliane (ed.) (1997): Elements of grammar. Handbook of generative syntax. Dordrecht/ Boston/London. Haspelmath, Martin/König, Ekkehard/Oesterreicher, Wulf/Raible, Wolfgang (eds.) (2001): Sprachtypologie und sprachliche Universalien. Ein internationales Handbuch. Berlin/New York. Isačenko, A. V. (1962): Die russische Sprache der Gegenwart. Teil 1. Formenlehre. Halle (Saale). Jachnow, Helmut (1994): „Zum Modalitätsbegriff und zur Modalitätsbehandlung in neueren slavischen und deutschen linguistischen Nachschlagewerken und Standardgrammatiken“. // Jachnow, Helmut/Mečkovskaja, Nina B./Norman, Boris Ju./Suprun, Adam E. (eds.). 52⫺90. Jachnow, Helmut/Mečkovskaja, Nina B./Norman, Boris Ju./Suprun, Adam E. (eds.) (1994): Modalität und Modus. Allgemeine Fragen und Realisierung im Slavischen. Wiesbaden. Jakobson, Roman (1957/1971): „Shifters, verbal categories, and the Russian verb“. // Selected writings II. Word and language. The Hague/Paris. 130⫺147. Junghanns, Uwe (2003): „Fokussierungsstrategien in slavischen Sprachen“. // Kosta, Peter/ Błaszczak, Joanna/Frasek, Jens/Geist, Ljudmila/Żygis, Marcena (eds.). I. 181⫺199. Kasevič, V. B./Xrakovskij, V. S. (1985): „Ot propozicii k semantike predloženija“. // Xrakovskij, V. S. (Red.). 9⫺17. König, Ekkehard/Siemund, Peter (Im Erscheinen): „Speech act distinctions in grammar“. // Shopen, Timothy (ed.) et al. Kosta, Peter/Błaszczak, Joanna/Frasek, Jens/Geist, Ljudmila/Żygis, Marcena (eds.) (2003): Investigations into Formal Slavic Linguistics. Contributions of the Fourth European Conference on Formal Description of Slavic Languages ⫺FDSL IV ⫺ held at Potsdam University, November 28⫺30, 2001. Parts I⫺II. Frankfurt am Main et al. Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (eds.) (2007): Linguistic investigations into formal description of Slavic languages. Contributions of the sixth European Conference held at Potsdam University, November 30⫺December 02, 2005. Frankfurt am Main et al.

507

508

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Kratzer, Angelika (1991a): „Modality“. // von Stechow, Arnim/Wunderlich, Dieter (eds.). 639⫺ 650. Kratzer, Angelika (1991b): „Conditionals“. // von Stechow, Arnim/Wunderlich, Dieter (eds.). 651⫺656. Krifka, Manfred (2001a): „Quantifying into question acts“. // Natural Language Semantics 9/1. 1⫺40. Krifka, Manfred (2001b): „For a structured meaning account of questions and answers“. // Féry, Caroline/Sternefeld, Wolfgang (eds.). 287⫺319. Krifka, Manfred (2004a): Conjunction and disjunction of imperatives. Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft Berlin. Handout. Krifka, Manfred (2004b): „The semantics of questions and the focusation of answers“. // Chungmin Lee/Gordon, Matthew/Büring, Daniel (eds.). 139⫺151. Laskowski, Roman (1972): Polnische Grammatik. Leipzig. Lee, Chungmin/Gordon, Matthew/Büring, Daniel (eds.) (2004): Topic and focus. A cross- linguistic perspective. Dordrecht. Lohnstein, Horst (2000): Satzmodus ⫺ kompositionell. Zur Parametrisierung der Modusphrase im Deutschen. Berlin. Lohnstein, Horst/Trissler, Susanne (eds.) (2004): Syntax and semantics of the left periphery. Berlin. Maienborn, Claudia (1997): „On the meaning of sentence modifiers: Semantic indeterminacy and its grammatically induced specification“. // van der Sandt, Rob/Blutner, Reinhard/Bierwisch, Manfred (eds.). 183⫺202. Maslov, J. S. (1956): „K voprosu o sisteme form pereskazyvatel’nogo naklonenija“. // Sbornik v čest na akademik Aleksandár Teodorov-Balan po slučaj devetdeset i petata mu godišnina. Sofija. 311⫺318. Pasch, Renate/Brauße, Ursula/Breindl, Ewa/Ulrich H. Waßner (2003): Handbuch der deutschen Konnektoren. Linguistische Grundlagen der Beschreibung und syntaktischen Merkmale der deutschen Satzverknüpfer (Konjunktionen, Satzadverbien, Partikeln). Berlin/New York. Platzack, Christer/Rosengren, Inger (1994): „On the subject of imperatives. A minimalist account of the imperative pronoun and negated imperatives“. Sprache und Pragmatik. Arbeitsberichte 34. Lund. 26⫺67. Platzack, Christer und Inger Rosengren (1997/1998): „On the subject of imperatives. A minimalist account of the imperative clause“. // The Journal of Comparative Germanic Linguistics 1/3. 177⫺224. Portner, Paul (1997): „The semantics of mood, complementation, and conversational force“. // Natural Language Semantics 5/2. 167⫺212. Quer, Josep (1998): Mood at the interface. The Hague. Reis, Marga (1999): „On sentence types in German: An inquiry into the relationship between grammar and pragmatics“. // Interdisciplinary Journal for Germanic Linguistics and Semiotic Analyses 4/2. 195⫺236. Reis, Marga (2003): „On the form and interpretation of German wh-infinitives“. // Journal of Germanic Linguistics 15/2. 155⫺201. RG 1980. Švedova, N. Ju. (Red.) (1980): Russkaja grammatika. Moskva. Rizzi, Luigi (1997): „The fine structure of the left periphery“. // Haegeman, Liliane (ed.). 281⫺ 337. Rosengren, Inger (1993): „Imperativsatz und ‚Wunschsatz‘ ⫺ Zu ihrer Grammatik und Pragmatik“. // Rosengren, Inger (ed.). Band 2. 1⫺47. Rosengren, Inger (ed.) (1992/1993): Satz und Illokution. 2 Bände. Tübingen. van der Sandt, Rob/Blutner, Reinhard/Bierwisch, Manfred (eds.) (1997): From underspecification to interpretation. Working Papers of the Institute of Logic and Linguistics. Heidelberg. Schwabe, Kerstin (2004): „The particle Ii and the left periphery of Slavic yes/no interrogatives“. // Lohnstein, Horst/Trissler, Susanne (eds.). 385⫺429. Searle, John R./Kiefer, Ferenc/Bierwisch, Manfred (1980): Speech act theory and pragmatics. Dordrecht/Boston/London.

36. Imperativsatz

509

Šeljakin, M. A. (1990): „Modal’no-aspektual’nye svjazi“. // Aleksandr V. Bondarko (Red.). 110⫺122. Shopen, Timothy (ed.) (Im Erscheinen): Language typology and syntactic description. Cambridge. Siemund, Peter (2001): Interrogative constructions. // Haspelmath, Martin/König, Ekkehard/ Oesterreicher, Wulf/Raible, Wolfgang (eds.). 1010⫺1028. Späth, Andreas (1996): Der Imperativsatz im Slovakischen mit Blick auf andere westslavische Sprachen. Syntax, Semantik und Pragmatik eines Satztyps. München. von Stechow, Arnim/Wunderlich, Dieter (eds.) (1991): Semantik. Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. Berlin/New York. Stepanow, Arthur (1998): „On wh-fronting in Russian“. // NELS 28. 453⫺467. Svane, Gunnar O. (1958): Grammatik der slovenischen Schriftsprache. Kopenhagen. Švedova, N. Ju. (Red.) (1980): Russkaja grammatika. 2 toma. Moskva. Tisheva, Yovka (2003): „Bulgarian Yes-no questions with particles nali and nima“. // Kosta, Peter/ Błaszczak, Joanna/Frasek, Jens/Geist, Ljudmila/Żygis, Marcena (eds.). Band II. 715⫺729. Xrakovskij, V. S. (1990): „Povelitel’nost’“. // Bondarko, Aleksandr, V. (Red.). 185⫺238. Xrakovskij, V. S. (2001): „Hortative constructions“. // Haspelmath, Martin/König, Ekkehard/Oesterreicher, Wulf/Raible, Wolfgang (eds.). Band 2. 1028⫺1038. Xrakovskij, V. S. (Red.) (1985): Tipologija konstrukcij s predikatnymi aktantami. Leningrad. Xrakovskij, V. S./Volodin, Aleksandr P. (1986): Semantika i tipologija imperativa. Russkij imperativ. Leningrad. Zimmermann, Ilse (1993): „Zur Syntax und Semantik der Satzeinbettung“. // Rosengren, Inger (ed.). Band 2. 231⫺251. Zimmermann, Ilse (1999): „Die Integration topikalischer DPs in die syntaktische und semantische Struktur von Sätzen“. // Doherty, Monika (ed.). 41⫺60. Zimmermann, Ilse (2000): „Die Analysierbarkeit von Pronomen und Proadverbialia im Russischen“. // Bittner, Andreas/Bittner, Dagmar/Köpcke, Klaus-Michael (eds.). 261⫺282. Zimmermann, Ilse (2004): Morphosyntaktische Evidenz des Tschechischen für funktionale Kategorien. Universität Potsdam. Handout.

Ilse Zimmermann, Potsdam (Deutschland)

36. Imperativsatz 1. 2. 3. 4. 5.

Vorbemerkungen Grammatik des Imperativs Imperativ und Verbalspekt Literaturempfehlungen Literatur (in Auswahl)

Abstract The imperative sentence is a sentence type associated exclusively with one morphological paradigm, i. e. the verbal mode of the imperative that historically originates from the optative praesentis. The systematic lack of the subject and the lack of the specification for tense represent a further grammatical characteristic of the imperative sentence. The verbal aspect of an imperative verb has an effect on the illocutive force of the utterance.

36. Imperativsatz

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Šeljakin, M. A. (1990): „Modal’no-aspektual’nye svjazi“. // Aleksandr V. Bondarko (Red.). 110⫺122. Shopen, Timothy (ed.) (Im Erscheinen): Language typology and syntactic description. Cambridge. Siemund, Peter (2001): Interrogative constructions. // Haspelmath, Martin/König, Ekkehard/ Oesterreicher, Wulf/Raible, Wolfgang (eds.). 1010⫺1028. Späth, Andreas (1996): Der Imperativsatz im Slovakischen mit Blick auf andere westslavische Sprachen. Syntax, Semantik und Pragmatik eines Satztyps. München. von Stechow, Arnim/Wunderlich, Dieter (eds.) (1991): Semantik. Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. Berlin/New York. Stepanow, Arthur (1998): „On wh-fronting in Russian“. // NELS 28. 453⫺467. Svane, Gunnar O. (1958): Grammatik der slovenischen Schriftsprache. Kopenhagen. Švedova, N. Ju. (Red.) (1980): Russkaja grammatika. 2 toma. Moskva. Tisheva, Yovka (2003): „Bulgarian Yes-no questions with particles nali and nima“. // Kosta, Peter/ Błaszczak, Joanna/Frasek, Jens/Geist, Ljudmila/Żygis, Marcena (eds.). Band II. 715⫺729. Xrakovskij, V. S. (1990): „Povelitel’nost’“. // Bondarko, Aleksandr, V. (Red.). 185⫺238. Xrakovskij, V. S. (2001): „Hortative constructions“. // Haspelmath, Martin/König, Ekkehard/Oesterreicher, Wulf/Raible, Wolfgang (eds.). Band 2. 1028⫺1038. Xrakovskij, V. S. (Red.) (1985): Tipologija konstrukcij s predikatnymi aktantami. Leningrad. Xrakovskij, V. S./Volodin, Aleksandr P. (1986): Semantika i tipologija imperativa. Russkij imperativ. Leningrad. Zimmermann, Ilse (1993): „Zur Syntax und Semantik der Satzeinbettung“. // Rosengren, Inger (ed.). Band 2. 231⫺251. Zimmermann, Ilse (1999): „Die Integration topikalischer DPs in die syntaktische und semantische Struktur von Sätzen“. // Doherty, Monika (ed.). 41⫺60. Zimmermann, Ilse (2000): „Die Analysierbarkeit von Pronomen und Proadverbialia im Russischen“. // Bittner, Andreas/Bittner, Dagmar/Köpcke, Klaus-Michael (eds.). 261⫺282. Zimmermann, Ilse (2004): Morphosyntaktische Evidenz des Tschechischen für funktionale Kategorien. Universität Potsdam. Handout.

Ilse Zimmermann, Potsdam (Deutschland)

36. Imperativsatz 1. 2. 3. 4. 5.

Vorbemerkungen Grammatik des Imperativs Imperativ und Verbalspekt Literaturempfehlungen Literatur (in Auswahl)

Abstract The imperative sentence is a sentence type associated exclusively with one morphological paradigm, i. e. the verbal mode of the imperative that historically originates from the optative praesentis. The systematic lack of the subject and the lack of the specification for tense represent a further grammatical characteristic of the imperative sentence. The verbal aspect of an imperative verb has an effect on the illocutive force of the utterance.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

1. Vorbemerkungen Der ‚Imperativ‘ ist ein Satztyp, dessen morphosyntaktische Merkmale den imperativen Satzmodus neben dem ‚Deklarativ‘, dem ‚Interrogativ‘ und dem ‚Optativ‘ konstituieren. Dabei unterscheidet sich der Imperativsatz von den anderen Satzmodi in seiner Gebundenheit an den Imperativ als Modus verbi, welcher anderen Satztypen nicht zur Verfügung steht, worin sich der morphologische Imperativ wiederum von den anderen Modi des Verbs unterscheidet. Der imperative Satzmodus ist primär mit dem direkten Vollzug direktiver und permissiver Illokutionen assoziiert: (1)

slovak.

Poď/poďte domov! ‚Geh/-t nach Hause!‘

Unabhängig vom Äußerungskontext ist für das Beispiel (1) nicht zu entscheiden, ob es sich beispielsweise um eine Aufforderung, eine Bitte oder um eine Erlaubnis handelt. Neben den jussiven und sprecherexklusiven Äußerungen von Imperativsätzen gibt es auch den adhortativen Gebrauch des Imperativs: (2)

Poďme domov! ‚Gehen wir nach Hause!‘

Adhortative Äußerungen von Imperativsätzen erfolgen unter Sprecherinklusion. Es gibt außerdem Vorkommen von Imperativsätzen, wo das Subjekt in der 3. Person realisiert wird. Dies betrifft DPn in der Subjektposition (3) sowie pronominale Ausdrücke (4) als auch Subjektsätze (5): (3)

tschech.

Bůh suď, jak k tomu došlo! Gott-nom richte-imp, wie es dazu kam.

(4)

slovak.

Vypni niekto rádio! (Sk) auschalt-imp.sg jemand das Radio

(5)

os.

Rozum swět, štóž chce! versteh-imp.sg die Welt, wer will

Die overte Besetzung der Subjektposition von Imperativsätzen ist jedoch von der overten Realisierung des Subjektpronomens (6) und von der Platzierung einer disloziierten Vokativphrasen (7) zu unterscheiden: (6)

slovak.

Ty, nechoďte tam! Du, nichtgeh-imp.pl dorthin

(7)

tschech.

Bože, suď, jak tomu došlo! Gott-vok, richt-imp wie es dazu kam

Dabei wird deutlich, dass die Besetzung der Subjektposition durch ein phonologisch leeres Pronomen erfolgen muss und die Vokativphrase nicht Teil der thematischen

36. Imperativsatz

511

Struktur des Verbs ist. Hierin unterscheidet sich die Vokativ-DP Bože in (7) von der Subjekt-DP Bůh in (3). Innerhalb der slavischen Sprachen wird der Imperativ zwar einheitlich zur Realisierung direktiver Sprechakte verwendet. Dennoch gibt es einzelsprachig spezifische Verwendungsweisen, wie beispielsweise der transpositionelle Imperativgebrauch im Russischen: (8)

Pridi oni poran’še, ja pomog by im. ‚Wären sie früher gekommen, hätte ich ihnen geholfen.‘ (aus Mulisch 1975, 140)

Im Satz (8) übernimmt die Imperativform beispielsweise die Funktion des Konjunktivs (siehe ebd.). In den folgenden Abschnitten, soll der Imperativ als Satztyp und als Modus verbi betrachtet werden. Dabei wird deutlich, wie die Bedeutung dieses Modus mit anderen grammatischen Mitteln interagiert und das Verwendungspotential von Imperativsätzen bereits im Satzkontext eingeschränkt werden kann.

2. Grammatik des Imperativs 2.1. Imperativmorphologie In der slavistischen Grammatographie wird dem Modus verbi des Imperativs ein defektives morphologisches Paradigma zugewiesen, welches auf die Formen der 2. Person und der 1. Person Plural reduziert ist und ein direktives Illokutionspotential etabliert. Der direktive Sprechakt konstituiert sich dabei aus dem Adressatenbezug, welcher durch die 2. Person hergestellt wird. Die Formenbildung des Imperativs erfolgt auf der Basis des Präsensstammes, an welchen die jeweilige Endung des Imperativparadigmas tritt: Tab. 36.1: Imperativparadigma Sprache Polnisch

Singular 2.ps

Dual 1.ps. 2.ps.

Plural 1.ps.

-:/-ij

-:

-:

-(ij)my -(ij)cie

2.ps.

Russisch

-:/-i/-’

-:

-:

-(i)my

Slovakisch

-:/-i

-:

-:

-(i)mo -(i)te

Obersorbisch

-: -moj

-taj/ -my

-će

-(i)te -tej

Die Formenbildungsbasis des Imperativs variiert innerhalb der Konjugationsmuster des Verbs in den einzelnen Sprachen, was beispielsweise am Paradigma des Russischen zu erkennen ist. So kann der Präsensstamm um ein betontes -i (skaži ‚sag‘) oder ein unbetontes -i (krikni ‚schreie‘) erweitert werden. Lautet der Präsensstamm auf einen Silibanten aus, so wird dem Stamm das Graphem ь als angefügt (plač’ ‚weine‘). Im Serbokroatischen tritt die Erweiterung des Präsensstamms um -i dann nicht auf, wenn der Präsensstamm auf -j auslautet (Infinitiv: poručovati ‚bestellen‘, Präsensstamm: po-

512

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz ručuj-, Imperativ: poručuj-:/-mo/-te). Der Präsensstamm war bereits im Altbulgarischen die Formenbildungsbasis des Imperativs. Sprachgeschichtlich entspricht der Imperativ im Slavischen nach u. a. Leskien (1919, 198), Klemensiewicz et al. (1955, 375) dem urslavischen Optativ praesentis, welcher auch über die 3. Person verfügt. Laut Stanislav (1967, 405) kannten die indoeuropäischen Sprachen einen Imperativ. Das Slavische hat diese Formen durch den Optativ ersetzt, weshalb sich auch Imperative der 3. Person mit optativischer Funktion belegen lassen: (9)

a. poln. Bądź światłość! ‚Es werde Licht!‘ b. Přińdź k nam twoje kralewsto! ‚Dein Reich komme!‘(Os)

Stanislav (ebd.) gibt an, dass in den westslavischen Sprachen ein Optativparadigma bekannt ist, welches auch über die 3. Person verfügt, jedoch für die 1. Person Singular defektiv ist: Tab. 36.2: Imperativparadigma im Slovakischen Numerus

Person

Singular

1. Ps

:

:

2. Ps

vedi

ved’

3. Ps

vedi

ved’

Plural

Dual

Altslowakisch

Slovakisch

1. Ps

veděmъ

ved’me

2. Ps

veděte

ved’te

3. Ps

(veděte)

(ved’te)

1. Ps

veděvě

:

2. Ps

veděta

:

Für das Polnische und Tschechische kann Klemensiewicz (ebd.: 276) durch den Vergleich von Bibeltexten belegen, dass die 3. Person Plural bereits in früheren Sprachzuständen existiert hat: (10) a. Bądźcie światła na stworzeniu niebieskim. (Biblia królowej Zofii) b. Buďte světla v stvrzení nebeském. (Bible olomoucká) Im Altbulgarischen wurde die 3. Person Singular des Optativs bereits im 11. Jahrhundert durch den an die Optativpartikel gebundenen Indikativ abgelöst, was ebd. anhand des Zographos-Evangelium Matth. VI 9⫺13 nachgewiesen wird. Im Polnischen und Tschechischen hingegen wurde der Optativ praesentis erst im 16. Jahrhundert durch den mit Optativ eingeleiteten Indikativ Aktiv Präsens verdrängt. In der Gegenwartsprache liegen damit ein Imperativparadigma vor, welches für die 1. Person Singular defektiv ist und dessen 2. und 3. Person synkretisiert sind.

36. Imperativsatz

513

2.2. Syntax des Imperativsatzes Für die Bestimmung des imperativischen Satztyps ist neben seiner Bindung an den Modus verbi die Position des finiten Verbs sowie die Frage nach der Besetzung der Subjektposition entscheidend. Das Verb ist für die φ-Merkmale (Person, Genus, Numerus) markiert, was für eine finite Verbform spricht. Daher muss angenommen werden, dass unter IP eine Merkmalsmatrix der φ-Merkmale generiert wird, welche prodrop-Eigenschaft für das Subjekt ermöglicht. Nach Frey (1993, 56) sind die pro-dropEigenschaften einer Sprache an die Flexion gebunden. So kann sich unter INFL ein Element befinden, das die Flexionsmerkmale inhärent spezifiziert. INFL besitzt dann die übliche Matrix für die Kongruenz von Subjekt und Prädikat:

IP SpecIP pro 0 pers I num pers gen num gen

I’

VP

Abb. 36.1: Kongruenz der φ-Merkmale

Da beide Matrizen identisch sind, muss nur eine Matrix phonologisch overt realisiert werden, was in den slavischen Sprachen durch das finite Verb erfolgt. Die overte Realisierung des Subjektpronomens im Imperativ unterliegt dann denjenigen Verwendungsbedingungen, welche auch für andere Satztypen gelten wie beispielsweise Kontrastfokussierung (siehe Späth 1996, 45 ff.). (11) slovak. Ty zaspievaj pieseň! Du sing-2ps.sg. ein Lied! Bei overter Besetzung des Subjektpronomens erfolgt die Realisierung der φ-Merkmale unter Doppelung der Merkmalsmatrix auf PF. Da in einigen slavischen Sprachen der Imperativ auch über eine mit der 2. Person synkretisierte Form der 3. Person verfügt, kann die Subjektposition auch durch eine DP besetzt werden: (12) a. ns. Bóg źěkuj! Gott-nom.sg. dank-3.ps.sg b.

[IP [Spec Bóg[I’ [I źěkuj]]]...]

+3ps +sg

+3ps +sg

514

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

IP SpecIP ty

+2ps +sg 0

V zaspievaji +2ps +sg

I’

I0 I0 +2ps +sg

Abb. 36.2: Lizensierung eines Subjekt-pro

Die DPn in (12) sind die Subjekte der Imperativsätze. Die Kongruenz zwischen Subjekt und finitem Verb erfolgt in der dritten Person. Im Gegensatz zu DPn mit vokativischer Funktion sind die Subjekt-DPn nicht nur phonologisch, sondern auch syntaktisch in die Satzstruktur als theta-markierte Elemente integriert. Dies trifft nicht auf pronominale Subjekte zu, welche um einen Adressatenbezug erweitert werden können. Dieser Fall tritt nach Bhatt (1989, 265) dann ein, wenn das Personalpronomen die Funktion eines Determinierers übernimmt wie im Falle von sk. vy všetci ‚ihr alle‘, wo die Kongruenz mit dem Verb in der 2. Person hergestellt wird. Von der Belegung der Subjektposition hängt die Position des Verbs ab und damit die Realisierung des Imperativsatzes als V-1- oder V-2-Satz. Ist die Subjekt-Position belegt, so kann das Verb spätestens auf der Ebene der logischen Form (LF) nach C0 bewegt werden, um in dieser Position das morphosyntaktische Merkmal des Satzmodus abzugleichen (siehe 2.3). Das Verb bewegt sich dann overt in die satzinitiale Position nach C0, wenn im Satz Klitika auftreten, das Subjektpronomen nonovert realisiert wird und das Verb ein Klitikon stützen muss: (13) slovak. Daj si kávu. nimm-2.ps.sg cl-refl Kaffee Mit den Annahmen von Wilder/Ćavar (1994) gilt, dass im Rahmen einer syntaktischen Analyse der Klitisierung die kanonische Position der Enklitika die rechtsadjungierte Stelle von C0 ist: [ ... C0 clit XP ... ]. Dies gilt für das Serbokroatische, wie auch für das Tschechische oder Slovakische. Aufgrund der Lizenzierung der Klitika im Kopf der CP muss sich das finite Verb durch Kopf-Adjunktion nach C0 bewegen, um das Enklitikon zu stützen. Die Bewegung des Verbs ist früh altruistisch. Im Rahmen der Minimalistischen Syntax nach Chomsky (1995) bedeutet dies, dass sich das Verb auf der syntaktischen Oberflächenstruktur in diejenige Position bewegt, welche es spätestens auf LF besetzen müsste, um das Klitikon phonologisch zu stützen, woraus die satzinitiale Position des Verbs resultiert.

36. Imperativsatz

515

C’ C C daji

0

0

[+imp]

IP

sik Spec +2ps +sg pro ti +2ps +sg

I’

Abb. 36.3: Verbanhebung zur Klitik-Stützung

Ein weiteres konstituierendes Merkmal des Imperativs ist seine Unspezifiziertheit für Tempus. Allerdings verfügt der Lexikoneintrag eines Verbs über ein Argument für die Tempusspezifizierung t: (14) λxn ... λx1 λe (λt [T(e) = t]:)α [e inst [ ... x1 ... xn ... ]] In tempusspezifizierten Verbformen wird die semantische Leerstelle λt durch die Bedeutung des Tempusaffix absorbiert (z. B.: t’ < t0 für anteriores Tempus oder t’ > t0 für posterior situierte Sachverhalte). Temporal nichtspezifizierbaren Verbformen verfügen nach Zimmermann (1988, 158) nicht über diese Leerstelle. Die semantische Leerstelle λt wird blockiert, nicht aber das Tempusargument t selbst. Die Reduzierung der Argumentstruktur des Verbs erfolgt durch die Verknüpfung des Imperativaffix als Hauptfunktor (15i) mit der Prädikat-Argument-Struktur des Verbs (15ii) als Nebenfunktor per funktionale Komposition: (15) a. λQ[Cimp] [Q (t)] b. λx λe[Cimp]λt [[T(e) = t] : [[P(x)](e)]]) c. λx λe[Cimp] [[T(e) = t] : [[P(x)](e)]] Das Resultat (15iii) ist eine Verbform, welche für den Imperativ als Modus verbi spezifiziert ist und deren Tempusargument nur relativ zum Kontext interpretiert werden kann.

2.3. Semantik des Imperativoperators Der Imperativ kann mit einer direktiven, permissiven oder optativen Funktion verwendet werden. Dabei entspricht die Optativität der semantisch unterspezifizierten Grundbedeutung aller Gebrauchsweisen, aus welcher sich Direktivität oder Permissivität ableiten lassen. Zudem hat der Imperativ eine modale Grundbedeutung: Der Sprecher kann die Erfüllung der Proposition für notwendig oder für möglich halten. Darin unterscheidet sich die wahrheitskonditionale Bestimmung des Imperativs von anderen

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Satzmodi. Mit dem Imperativ wird eine modale Einstellung des Sprechers in Bezug auf die Erfüllung des von der Proposition beschriebenen Sachverhaltes beschrieben. Die Wahrheitsbewertung des Sachverhalts kann erst dann erfolgen, wenn die Proposition erfüllt wurde, woraus sich die posteriore Lokalisierung des Sachverhalts auf der Zeitachse ergibt. Der kontextunabhängigen Bedeutung des Imperativs liegt eine Konzeptfamilie zugrunde, welche die Parameter für Notwendigkeit und Möglichkeit enthält. Die Fixierung des Parameters IMP = {N, M} auf eine der beiden modalen Kategorien erfolgt erst im außersprachlichen Äußerungskontext. Dabei ist die Spezifizierung für Notwendigkeit mit einem direktiven und die Spezifizierung für Möglichkeit mit einem permissiven Illokutionspotential assoziiert. Der Imperativoperator wird unter C0 in die Satzbedeutung integriert, indem er das Ereignisargument bindet:

CP C’ IMP [Ee [ ... e ... ]]

Spec

E

C

0

[+imp]

IP λ e [ ... e ... ]]

λP[IMP [ e [P (e)]]] E

516

Abb. 36.4: Herstellung des Referenztyps

Das Illokutionspotential eines Imperativsatzes kann bereits im Satzkontext eingeschränkt werden, wenn entsprechende Illokutionsindikatoren auftreten. Ein eindeutiger Illokutionsindikator für eine Bitte als direkter Sprechakt ist beispielsweise im Slovakischen oder Tschechischen die Partikel prosím ‚bitte‘: (16) slovak. Odneste to, prosím! ‚Tragen Sie das bitte fort!‘ Einen anderen Beitrag auf der Ebene der grammatisch-determinierten Bedeutung leisten Modalpartikeln. Diese Ausdrücke modifizieren den Satzmodus-Operator. So drückt beispielsweise die Modalpartikel len (Slovakisch) oder jen (Tschechisch) den Verweis auf einen im Diskurs präsupponierten Sachverhalt aus, welcher aus der Sicht des Sprechers nicht gegen die Erfüllung der Proposition des Imperativsatzes spricht: (17) slovak. Kamoško! Len sa neboj! Ja ťa nezjem! ‚Kamerad! Fürchte dich nur nicht! Ich werde dich nicht auffressen!‘ Ein weiteres Mittel zur Eingrenzung des Illokutionspotentials eines Imperativsatzes sind faktive Satzadverbien: (18) Prídi skutočne! ‚Komm wirklich!‘

36. Imperativsatz

517

Mit dem Gebrauch des Adverbs in (18) modifiziert der Sprecher die Erfüllungsbedingungen um einen Faktizitätsoperator, woraus sich direktive Sprechakte ableiten lassen.

3. Imperativ und Verbaspekt Die spezifische Bedeutung des Imperativoperators interagiert mit der Bedeutung des jeweiligen Aspektpartners des Verbs. Aufgrund unterschiedlicher Verwendungsweisen der Aspektpartner in den einzelnen slavischen Sprachen wird hier der Verbaspekt auf sein universales Merkmal der (Nicht-)Teilbarkeit in Teilintervalle des Ereignisverlaufs reduziert. Der Ereignisverlauf ist nach Bierwisch (1988, 28 ff.) derart strukturiert, dass jedem Zeitintervall t ein Ereignisintervall e zugeordnet werden kann:

ti

tj

tk

tk+1

ei–1

ei

ej

ek

ek+1



ti–1

Abb. 36.5: Homomorphismus von t und e

Wenn der Aspekt entweder einen andauernden oder einen vollendeten Sachverhalt ausdrückt, so bedeutet das im Rahmen einer Intervallsemantik für den perfektiven Aspekt, dass nach Ablauf des Ereignisses das finale Intervall ek erreicht wurde, so dass ein Zustandswechsel vorausgesetzt wird. Das nachfolgende Ereignisintervall ekC1 hat keine identischen Eigenschaften mit dem präzedenten Intervall ek. Der imperfektive Aspekt drückt aus, dass der Ereignisverlauf keine äußeren Grenzen hat und bezieht sich damit auf das mediale Intervall ej. Daraus lassen sich in Komposition mit dem Imperativ zwei primäre Verwendungsweisen ableiten. Die erste Gebrauchsweise markiert eine adhibitive Funktion, die an den perfektiven Aspekt in affirmativen Sätzen gebunden ist: (19) poln.

Wyślij ten list! absend-pf.2.ps.sg diesen Brief

Die zweite Gebrauchsweise markiert unter Verwendung des imperfektiven Aspekts und der Satznegation eine prohibitive Funktion: (20) os.

Njechodź won! nicht geh-ipf.2.ps.pl hinaus

In prohibitiver Funktion unternimmt der Sprecher den Versuch, den Ereignisverlauf abzubrechen, was voraussetzt, dass ein von der Proposition beschriebenes Ereignis im Äußerungskontext bereits aktuell ist. In affirmativen Imperativsätzen mit perfektivem Verb wird hingegen ein ganzheitlicher Ereignisverlauf vom initialen Intervall ei bishin zum Endintervall ek behauptet, was voraussetzt, dass zur Sprechzeit und im gegebenen Äußerungskontext ein Vorzustand ei⫺1 besteht, dessen Beschreibung nicht unter die Proposition des Satzes fällt. Erst die Initiierung des ganzheitlichen Ereignisverlaufs

518

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz führt nach der Sprechzeit zu einem Zustandswechsel. Der Sprecher drückt damit seine modale Einstellung aus, dass ein zur Sprechzeit nicht vorausgesetzter Sachverhalt einsetzt, welcher zu einem Resultat führt. Mč (1987, 337) verweist außerdem auf sekundäre Gebrauchsweisen. So kann der imperfektive Aspekt in affirmativen Sätzen mit adhibitiver Funktion verwendet werden: (21) tschech. Vystupuj, jsme na místě! aussteig-ipf.2.ps.sg, wir sind da Dabei unterstellt der imperfektive Aspekt einen im Äußerungskontext aktuellen Sachverhalt, der in Komposition mit dem Imperativoperator als zu erfüllende Proposition behauptet wird, woraus die emphatische Funktion der Aufforderung resultiert. Ist der von der Proposition bezeichnete Sachverhalt nicht aktuell, so kann der Imperativ kontinuativ verwendet werden: (22) poln.

Pisz, pisz, nie przeszkadzaj sobie! schreib-ipf.2.ps.sg, nicht stör-ipf.2.ps.sg refl

Unter Satznegation kann der perfektive Aspekt in prohibitiver Funktion verwendet werden: (23) tschech. A nevzbuď sestru! und nicht weck-pf.2.ps.sg. Schwester Die emphatische Funktion der Warnung ergibt sich daraus, dass der perfektive Aspekt das initiale Intervall ei eines Ereignisverlaufs impliziert. Mit der Satznegation wird der gesamte Ereignisverlauf und damit auch das initiale Intervall erfasst. Somit äußert der Sprecher die Einstellung, dass der zur Sprechzeit vorausgesetzte Vorzustand ei⫺1 nicht in einen Ereignisverlauf übergehen soll, welcher durch ei initiiert wird und disjunkte Eigenschaften zu ei⫺1 hat.

4. Literaturempfehlungen Zur Topologie des Imperativsatzes und der Subjektbesetzung siehe Svobodová (1984) sowie Brand et al. (1992). Zum Einfluss von Klitika auf die Wortstellung siehe Wilder & Ćavar (1994), King (1997) und Franks (2002) sowie für das Bulgarische Werkmann (2003). Zur Negation von Imperativen in den südslavischen Sprachen siehe Tomić (2001). Zu weiteren Illokutionsindikatoren in Imperativsätzen und einer Abgrenzung zu Sätzen mit Optativpartikel siehe Späth (1996). Zur Intervallsemantik siehe (Bennett/Partee 1985; Bierwisch 1988; Steube 1988).

5. Literatur (in Auswahl) Bennett, Michael/Partee, Barbara H. (1972): Towards the Logic of Tense and Aspect in English. Bloomington, Indiana.

36. Imperativsatz

519

Bhatt, Christa (1989): Die syntaktische Struktur der Nominalphrase im Deutschen. Dissertation. Universität Stuttgart. Bierwisch, Manfred (1987): „Semantik der Graduierung.“ // Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (eds.): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. 91⫺286. Bierwisch, Manfred (1988): „On the Grammar of Local Prepositions.“ // Bierwisch, Manfred/ Motsch, Wolfgang/Zimmermann, Ilse (eds): Syntax, Semantik und Lexikon. 1⫺65. Bierwisch, Manfred/Motsch, Wolfgang/Zimmermann, Ilse (eds.): Syntax, Semantik und Lexikon. Berlin. Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (eds.) (1987): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. Berlin. Brand, Margareta/Reis, Marga/Rosengren, Inger/Zimmermann, Ilse (1992): „Satztyp, Satzmodus und Illokution.“ // Rosengren, Inger (ed.): Satz und Illokution. 1⫺90. Rosengren, Inger (ed.) (1992): Satz und Illokution. Band 1. Tübingen. Chomsky, Noam (1995): The Minimalist Program. Current Studies. Cambridge/Mass. Franks, Steven (2002): „The Pros and Cons of Clitic Cluster Formation.“ // Kosta, Peter/Frasek, Jens. (eds.): Current Approaches to Formal Slavic Linguistics. 23⫺37. Kosta, Peter/Frasek, Jens (eds.) (2002): Current Approaches to Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main. Frey, Werner (1993): Syntaktische Bedingungen für die semantische Interpretation. Berlin. King, Tracy H. (1997): „Some Consequences of a Prosodic Inversion Account of Slavic Clitic Clusters.“ // Junghanns, Uwe/Zybatow, Gerhild (eds). Formale Slavistik. Frankfurt am Main. 75⫺86. Klemensiewicz, Zenon/Lehr-Spławiński, Tadeusz/Urbańczyk, Stanisław (1955): Gramatyka historyczna języka polskiego. Warszawa. Leskien, August (1991): Grammatik der Altbulgarischen (Altkirchenslavischen) Sprache. Heidelberg. MČ = Mluvnice Češtiny: (red.) Daneš, František et al. Skladba. 1987. Praha. Mulisch, Hans (1975): Die russische Sprache der Gegenwart. Band 2. Leipzig. Späth, Andreas (1996): Der Imperativsatz im Slovakischen mit Blick auf andere westslavische Sprachen. Syntax, Semantik und Pragmatik eines Satztyps. München. Stanislav, Jan (1967): Dejiny slovenského jazyka II. Bratislava. Steube, Anita (1988): „Zur begrifflichen Organisation des Alltagswissens über Zeit und ihre Interpretation von Sätzen hinsichtlich des ausgedrückten Zeitverlaufs.“ // Linguistische Studien. A 194. Berlin. 235⫺256. Svobodová, Jana (1984): „Pozice vokativních elementů a jejich typy v českých imperativních větach.“ // Acta facultatis paedagogicae ostraviensis D-20. 3⫺25. Mišeska-Tomić, Olga (2001): „Negation and Imperatives.“ // Junghanns, Uwe/Mehlhorn, Grit/ Szucsich, Luka/Zybatow, Gerhild. (eds). Current Issues in Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main. 415⫺425. Werkmann, Valja (2003): Objektklitika im Bulgarischen. Berlin. Wilder, Chris/Ćavar, Damir (1994): „Word Order Variation, Verb Movement and Economy Principles.“ // Studia Linguistica 48. 46⫺86. Zimmermann, Ilse (1988): „Wohin mit den Affixen?“ // Linguistische Studien. 157⫺188.

Andreas Späth, Leipzig (Deutschland)

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

37. The Conjunctive (Conditional) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Conditional Forms The Conditional in Conditional Constructions The Conditional in Concessive Conditional Constructions The Conditional in Simple Sentences The Conditional in Imperative and Iterative Constructions Replacement of the Conditional in the Protases of Russian Conditional Constructions Specific Features of Conditional Constructions in South Slavic Languages Literature (selected)

Abstract In this paper an account of the central properties of the conjunctive (conditional) is presented. The aim is to focus on the syntactic characteristics of the conjunctive. Its main function appears to be the expression of potential and counterfactual possibilities. The syntactic tools for denoting these possibilities are conditional constructions, prototypically represented by complex sentences in Slavic languages. Such sentences exhibit certain peculiarities like a clearcut division into two separate clauses (a main clause and a dependent clause), hypotactic conjunction, the presence of two finite verbs in both clauses and the option of the main clause to be introduced by an optional correlative conjunction, e.g. the Russian to. Special attention is drawn to the conjunctive in simple, imperative, and iterative sentences. A special emphasis is put on a phenomenon observed in the protases of Russian counterfactual conditional constructions, namely, the fact that conditionals can be replaced by common-person-quasi-imperatives.

1. Conditional Forms In contrast to other categories, e.g. the category of aspect, the category of mood belongs to contensive morphological verb categories directly related to the syntactic structure of the sentence. Accordingly, specific syntactic features are characteristic of the conjunctive (conditional) as well, a mood describing speech verb situations as desirable, potentially possible or impossible (i. e. counterfactual) from the speaker’s viewpoint (Garde 1964; Panzer 1967, 296) (for more detail, see 56). The majority of Slavic languages have only one analytical conditional form including a full verb form in -l (historically, the past participle active) and a special form of the auxiliary be or a be-derived (often clitical and sometimes conjugated) particle. At the same time, apart from the standard conditional, a number of Slavic languages (Czech, Slovakian, Lower Sorbian, and Serbo-Croatian) have another form of conditionals, labeled the past conditional to distinguish it from the standard conditional form (described in those languages as the present conditional). The past conditional is formed by adding the participle in -l of the verb be to the present conditional (Mološnaja 1991, 80).

37. The Conjunctive (Conditional) Without distorting (although somewhat simplifying) the actual state of things, one can safely say that in languages with the two conditional forms (the present and past conditionals), the latter jointly perform the same functions as the single present conditional in other languages. It is easy to see that different functions can be performed by both the same and different syntactic constructions.

2. The Conditional in Conditional Constructions The main function of the conditional seems to be the expression of potential (realizable) and counterfactual (unrealizable) possibilities. The main syntactic means to denote those possibilities are conditional constructions, prototypically represented by complex sentences in Slavic languages. Such complex sentences show the following specific features: 1) they are clearly divisible into two separate clauses: the dependent clause (protasis) and the main clause (apodosis); 2) the relations between the clauses are prototypically marked by a conjunction introducing the dependent clause; 3) the connecting conjunction is hypotactic; 4) both conditional construction clauses normally use finite (conjugated) verbs; and 5) in constructions with the prototypical “direct” clause ordering (protasis ⫺ apodosis), the main clause may be introduced with an optional correlative conjunction like the Russian to, the rules behind the use of which are not yet entirely clear (Xrakovskij 1998, 12⫺13). In East Slavic and West Slavic languages, both conditional construction clauses use conditional verb forms. The prototypical conditional constructions in languages with only one conditional verb form (the present conditional) may be exemplified by the Russian Esli by u menja bylo svobodnoе vremja, (tо) ja by sхоdil v kino ‘If I had spare time, (then) I would go to the cinema’ (with the direct clause ordering) and the Belorussian Ja zajšоu˘ by dа vas, kаli b nе zахvаrėu˘ ‘I would have come to you, if I had not fallen ill’ (with the reverse clause ordering). A peculiar feature of such constructions is that they mark neither the temporal reference, nor any specific modal characteristics of the situations described. The only means to determine whether the addressed situations refer to the past (with respect to the moment of speech) and are, therefore, counterfactual (impossible) or to the future and are, in that case, potentially realizable (possible), are the context, the co-situation, and the lexical meaning of the words used. For example, the Russian sentence above may in principle refer either to the past or to the future and, consequently, have either counterfactual or factual reading. The reading may be specified by inserting time adverbials like yesterday or tomorrow either in the protasis (Esli by u menja včеrа/zavtra bylo svobodnoe vremja, (tо) ja by sхоdil v kino ‘If I had had/had spare time yesterday/tomorrow, (then) I would have gone/go to the cinema’), or in the apodosis (Esli by u menja bylo svobodnoe vremja, (tо) ja by včеrа/zavtra sхоdil v kino ‘If I had had/had spare time, (then) I would have gone/go to the cinema yesterday/ tomorrow’). As to the Belorussian example, the use of the verb хvаrаt’ ‘be ill’ in the protasis allows for the protasis to be localized in the past only (Ja zajšоu˘ by da vas, kаli b učоrа nе zахvаrėu˘ ‘I would have come to you, if I had not fallen ill yesterday’) and excludes future reference because ‘being ill’ does not belong to agentive/predictable situations. At the same time, the apodosis in this example may be localized either in the past or in the future (Ja zajšоu˘ by da vas učоrа /zаu˘trа, kаli b nе zахvаrėu˘ ‘I

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz would come to you tomorrow, if I have not fallen ill / I would have come to you yesterday, if I had not fallen ill’). In languages with two types of conditional verb forms, the past conditional is normally used in both conditional construction clauses exclusively to denote counterfactual (unrealizable) situations with past reference. Compare Czech Kdybychom to byli věděli dřív, nebyli bychom tam šli ‘If we had known this before, we would not have gone there’. Whereas present conditionals may be used to denote either past, i. e. counterfactual (unrealizable), situations, or future, i. e. potentially realizable (factual) or counterfactual (unrealizable), situations. Compare Czech: Kdybyste přišli (včera/zítra) včas, šli bychom pak spolu do kina ‘If you came tomorrow on time, we would go then to the cinema/If you had come yesterday on time, we would have gone then to the cinema’.

3. The Conditional in Concessive Conditional Constructions Apart from that, conditional verb forms can express potential (realizable) and counterfactual (unrealizable) possibilities in concessive conditional constructions, also prototypically represented in Slavic languages by complex sentences. In the first place, we mean standard concessive conditional constructions (like Ukrainian Nаvit’ jakby ja otrymav zaprоšеnnja dо konfеrеnciї, tо nе pryjnjav by v nij učаst ‘Even if I got an invitation to the conference, I would not take part in it’), the protases of which denote potentially realizable situations, and the apodoses express situations that are realizable under any conditions, including those, when the protasis situation is not realized. Also, we mean generalized (universal) constructions, the protases of which are normally introduced not by conjunctions, but by pronominal or relative words (Xrakovskij 2000). Such constructions may be split into two groups. One group includes constructions denoting recurring situations and, therefore, expressing iterative meanings; each of the repeated protasis situations of such constructions includes one of the different representatives of one of the participants in the situation with universal reference. Compare Russian Kuda by on ni pоехаl, оn by nigde nе čuvstvoval sebja v bezоpаsnоsti ‘Wherever he went, he would never feel safe anywhere’. The other group includes constructions denoting single situations and expressing a specific general meaning ‘the feature/event described in the dependent clause is realized with maximum excess of a conventional norm, i. e. with supernormal intensity or duration’. Semantically, the second group does not differ from standard concessive conditional constructions. It includes both constructions with conditionals used in the protasis only (Russian Kak by ja ni staralsja rеšit’ zadaču, оnа u menja nе pоlučitsja ‘Try as I might to solve the problem, I will not be able to find the solution’), and constructions with conditionals in both clauses (Kak by ja ni staralsja rеšit’ zadaču, оnа u menja nе pоlučilаs’ by ‘Try as I might to solve the problem, I would not be able to find the solution’).

4. The Conditional in Simple Sentences Standard conditional verb forms (the present conditional) can be used in simple sentences, where they express optative and potential meanings. Compare Czech Jen aby

37. The Conjunctive (Conditional) se těm novým lidem tady dobře vedlo! ‘If only those new people felt good here!’; Já bych se na to podíval! ‘I would like to see that!’; Nemohli byste nám poradit? ‘Could you advise us?’; Půjdeš bez kabátu? Co kdybys nastydla? ‘Are you going without a coat? What if you catch a cold?’; or Polish Byłbym się przewrócił ‘I nearly fell down’. East Slavic languages frequently use infinitive conditionals like Russian Nе sхоdit’ li (nam/vam) v kino? ‘Why don’t you/we go to the cinema?’ or Ukrainian Vam/jomu bulo b dobre vidpоčyty ‘You/he would better take a vacation’.

5. The Conditional in Imperative and Iterative Constructions The discussion above addresses constructions with conditionals used in their prototypical meanings. However, conditionals frequently occur in constructions with actually imperative semantics. This use of the conditional is typologically relevant due to the closeness of optative and imperative meanings. Normally, imperative constructions with conditionals express such specific imperative meanings as request, advice, or wish. This usage of conditionals is pragmatically interpreted as more gentle and polite, and in colloquial speech, they seem to occur in that function more frequently than imperatives. Compare Polish Przyniósłby mi pan jutro tę książkę ‘Please bring me that book tomorrow’; Napisałbyś ojcu list ‘Please write a letter to your father’; Prosiłbym o cicho ‘Silence, please’; or Slovenian Plačal bi za liter ‘Please pay for one liter’. The Conditional-Imperative transposition domain outlined above seems to be common for all languages where such transposition is possible; while in some languages it covers a wider number of meanings. For example, in Czech, the conditional is also used to express preventive meaning, identified in (Xrakovskij/Volodin 1986, 150): Aby ses nemýlil! ‘Be careful not to make a mistake!’; Аbys nezmeškal večeři! ‘Be careful not to be late for supper!’. Another typologically relevant use of the conditional is to express iterative meanings, as exemplified in Serbo-Croatian and Upper Sorbian (Panzer 1979, 158; Knjazev 1989, 143): Čеm bi neko dete zаžеlеlо dо pоjеdе kоju urmu, pоčеlо bi sе kаmеnicаmа bacаti pо mаjmunе ‘Whenever a child felt like eating a date, it would begin throwing stones at a monkey’; K narodinam by nan małemu jubiłarej stajnje całty z kołbasku přinjesł ‘For his birthday, the father would usually offer (bring) rolls with sausages to the little jubilee’. This expansion of distribution of conditional forms may have become possible, because conditional and iterative meanings have a common semantic component: ‘non-actuality’ of the situations expressed.

6. Replacement of the Conditional in the Protases of Russian Conditional Constructions A special notice should be made of a phenomenon attested in the protases of Russian counterfactual conditional constructions, where conditionals (notably, together with the conditional conjunction) can be replaced with common-person quasi-imperatives (Xrakovskij 1994): Esli by ja/ty/оn/оnа/my/vy/oni nе оpоzdаl(а)(i) nа аvtоbus, kоncеrt

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz nаčаlsja by vovremja / Nе оpоzdаj ja/ty/оn/оnа/my/vy/оni nа аvtоbus, koncert nаčаlsja by vovremja. ‘If I/you/he/she/we/they had not been late for the bus, the concert would have begun on time’. Constructions with common-person imperatives are interpreted as more expressive. At present, they are expanding the range of their usage and seem to be replacing standard conditional constructions, especially in the media. The replacement of conditionals in the protases (and in the apodoses) of counterfactual conditional constructions is also attested in South Slavic languages (in the first place, in Bulgarian and Macedonian) addressed below.

7. Specific Features of Conditional Constructions in South Slavic Languages In Bulgarian and Macedonian, the conditional is actually being replaced with other verb forms. The usage of the conditional in simple sentences is very limited, cf. Macedonian Jаs bi dоšоl pаk оvdе ‘I would come here again’. In such sentences, conditionals are normally replaced with so-called conjunctives (Maslov 1981, 286⫺288), introduced with the particle da, cf. Bulgarian Viе bi trjabvаlо dа mu pоmоgnеtе = Czech Měli byste mu pomoci ‘You ought to help him’; Bulgarian Dа bjaхtе оstаnаli tuk = Czech Kdybyste zůstal tady ‘Would you stay here?’; or Macedonian Dа saˇm jа slušnаl ‘I wish I could hear her’. As to complex sentences, namely conditional constructions, conditionals have been practically completely replaced in their protases with indicatives. The situation is different in the apodosis. The apodoses of potential conditional constructions show parallel use of conditionals and future verb forms, with the future reflecting the speaker’s complete confidence in the realizability of the apodosis situation, and conditionals showing that the speaker is far from 100-percent sure in its implementation (Nicolova 1998, 140). Compare Bulgarian: Аkо imаm svobodno vreme, štе оtidа nа kinо ‘If I have spare time, I’ll go to the cinema’ vs. Аkо imаm svobodno vreme, biх оtišăl nа kinо ‘If I have spare time, I will (probably) go to the cinema’. However, if the apodosis of a conditional construction includes any lexical probability markers (certainly, without fail, may be, hardly), both future and conditional verb forms show equal distribution: Аkо imаm svobodno vreme, sigurnо (tоžе bi, еdvа li) štе оtidа / biх оtišăl nа kinо ‘If I have spare time, I will certainly (may be, hardly) go to the cinema’. The conditional and the future-in-the-past show parallel use in the apodoses of counterfactual conditional constructions, with the latter occurring in texts more frequently. The protases of counterfactual conditional constructions normally use imperfect verb forms; the temporal reference of both clauses is unmarked and can be determined from the context and situation only. Compare Bulgarian: Аkо včеrа (dnеs, utrе) bjaх svоbоdеn, štjaх dа pоsеtja izlоžbаtа ‘If I had had/had spare time yesterday (today, tomorrow), I would have visited/visited/visit the exhibition’; Mnogo biх sе rаdvаl, аkо tоvа kоzаrčе mоžеšе dа ti dоstаvi udоvоlstviеtо tаzi vеčеr, nо zа săžаlеniе, njamа gо ‘I would be happy, if that herdboy could please you tonight, but, unfortunately, he is away’. The removal of the Bulgarian conditional to the language periphery seems to be compensated by the “new” forms of so-called simple present and past conditionals

37. The Conjunctive (Conditional)

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(Ivančev 1963) that are built with the help of imperfectivizing suffixes and present tense personal endings (sеdjavаm ‘I would sit now/later’, kupuv(v)аm ‘I would buy now/later’) and imperfect markers (sеdjavах ‘I would sit before’, kupuvvах ‘I would buy before’). However, this impression is delusive. The simple conditional, which is in principle equivalent to the standard conditional, is still found in dialects and colloquial speech, while in standard Bulgarian it is very rare (Nitzolova 1998, 130): Jadе li ti sе simid? ⫺ Jadvаm, аmа njamаm pari ‘Would you like to have a roll? ⫺ I would, but I have no money’; Rаzkăsvах gо nа parčеtа, аkо mi nаdnеšе v răcеtе ‘I would tear him to pieces, if he got into my hands’.

8. Literature (selected) Garde, Paul (1964): “Problèmes du conditionnel dans les langues slaves”. // Revue des études slaves 40. 85⫺93. Ivančev, Svetomir (1963): “Vidovo-nadstroečni kategorii v sistemata na slavjanskija glagol.” // Slavistični studii. Sofija. 17⫺29. Knjazev, J. P. (1997): “Expression of situational plurality in Russian and other Slavic languages”. // Typology of Iterative Constructions, München/Newcastle. 241⫺270. Maslov, Ju. S. (1981): Grammatika bolgarskogo jazyka. Moskva. Mološnaja, T. N. (1991): “Analitičeskije formy kosvennyx naklonenij v slavjanskix jazykax”. // Sovetskoe slavjanovedenie. 4. 76⫺87. Nicolova, Ruselina (1998): “Uslovnye konstrukcii v bolgarskom jazyke”. // Xrakovskij, V. S. (red.) Tipologija uslovnyx konstrukcij. Sankt-Peterburg. 129⫺160. Panzer, Baldur (1967): Der slavische Konditional: Form ⫺ Gebrauch ⫺ Funktion. München. Panzer, Baldur (1979): “Iteravität, Usualität und Nichtaktualität im Slavischen”. // Otázky slovanské syntaxe. V/1. 157⫺165. Xrakovskij, V. S. (1994): “Alternativnye rešenija v jazykoznanii ⫺ problema vybora”. // Proceedings of the Tallinn university of social and educational sciences, A2 Humaniora. 19⫺28. Xrakovskij, V. S. (1998): “Teoretičeskij analiz uslovnyx konstrukcij (semantika, isčislenie, tipologija)”. // Xrakovskij, V. S. (red.) Tipologija uslovnyx konstrukcij. Sankt-Peterburg. 7⫺96. Xrakovskij, V. S. (2000): “Opyt analiza universal’nyx ustupitel’nyx konstrukcij”. // Problemy funkcional’noj grammatiki. Kategorii morfologii i sintaksisa v vyskazyvanii. Sankt-Peterburg. 135⫺163.

V. S. Xrakovskij, St. Petersburg (Russia)

526

VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

38. Aspekt und Tempus im Slavischen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Der Aspekt im Slavischen Aspektuelle Funktionen Zur funktionalen Beschreibung Die lexikalischen Formen und Funktionen Die morphologischen Formen und Funktionen Die Aspektfunktionen im Satz Das Tempus im Slavischen Tempus und Aspekt im Text Literatur (in Auswahl)

Abstract The paper describes forms and functions of tense and aspect in the Slavonic languages. The major emphasis is put on the common Slavonic features. It is against this background that specific features of single languages or groups of languages are profiled. Following Dickey (2000), the aspectual area is divided into eastern and western languages. The tense area is split into northern and southern languages. The aspectual functions are described on the lexical, morphological, syntactic, and discourse levels, whereas the functions of the tenses are described on the morphological and the discourse levels.

1. Der Aspekt im Slavischen Der Aspekt ist eine grammatische Kategorie, die im Slavischen aus den Paradigmen der perfektiven (pf.) und der imperfektiven (imp.) Verben besteht. Mit den Verben dieser Paradigmen werden in Kombination mit der sprachlichen Umgebung oppositive Typen aktionaler Situationen bezeichnet. Die beiden Paradigmen beruhen darauf, dass es zu tendenziell allen Verben grammatische Derivate mit oppositiver Funktion gibt. Die Tatsache, dass die formale Aspektopposition auf grammatische Derivation zurückgeht, macht die typologische Sonderstellung des slavischen Aspekts aus (erste explizite Formulierung von Dahl 1985). Als Pionierstudien zum (slavischen) Aspekt seien erwähnt Koschmieders (1934) Beschreibung des polnischen Aspektgebrauchs und Maslovs Studien zu den aspektuellen Verbklassen im Russischen (1948) und zu den Aspektfunktionen im Bulgarischen (1959). Neben der Beschreibung der aspektuellen Formen und Funktionen in den einzelnen slavischen Sprachen, besonders des Russischen, auch des Polnischen und Tschechischen, und vergleichenden Studien zu Einzelerscheinungen (z. B. Dickey 2000), gibt es eine Reihe von Monographien zum Aspekt in der Gesamtslavia. Galton (1976) liefert eine Beschreibung der Aspektfunktionen der Einzelsprachen unter besonderer Berücksichtigung der temporalen Funktionen mit traditionellen Kategorien, Vergleiche finden nur sporadisch statt. Ivančev (1971) gibt bezogen auf das Gesamtslavische eine Charakteristik der Aspektopposition mit einer funktionalen Spaltung in zwei imperfektiven Aspekte sowie der Aorist-Imperfekt-Opposition und der Zweiaspektigkeit.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen Piernikarski (1969) beschreibt den polnischen vor dem Hintergrund des slavischen Aspekts, Schuyt (1990) die Morphologie des slavischen Aspekts einschließlich der historischen Entwicklung. Typologisch orientiert ist auch das Aspektmodell von Breu (vgl. u. a. Breu 2000). In ihrer onomasiologisch ausgerichteten Studie beschreibt und vergleicht Petruxina (2000) vor allem Aktionsarten im weiteren Sinne unter speziellem Bezug auf das Russische im Vergleich mit dem Tschechischen/Slovakischen, weiterhin mit dem Bulgarischen und Polnischen. Mit dem Russischen und Tschechischen bezieht sie sich auf die zwei polaren Exponenten eines arealen Kontinuums aspektueller Funktionen (vgl. dazu Stunová 1993). Es wird in Dickey (2000) in zwei Isoglossenbündel mit Übergangsgebieten aufgeteilt: Das eine, hier kurz Ost-Isoglosse genannte, mit Russisch (Russ.), Ukrainisch (Ukr.), Bulgarisch (Bulg.) sowie Weißrussisch (mit wenigen Belegen), und die andere, West-Isoglosse, mit Tschechisch (Tschech.), Slovakisch (Slovak.), Slovenisch (Sloven.) und Sorbisch (mit wenigen Belegen; zum Obersorbischen vgl. jetzt Breu 2000); eine Übergangszone bilden Polnisch (Poln.) und Serbokroatisch (Skr.). In einzelnen Kapiteln werden behandelt: die iterative („habitual“) Funktion, die allgemeinfaktische Funktion des imperfektiven Aspekts, das historische Präsens, quasinarrative Funktionen („Running Instructions and Running Commentaries“), performative Koinzidenz und Sequenzialität. Auch wenn diese (und einige weitere) Parameter im Hinblick auf die Stützung der arealen These ausgewählt sind, halte ich diese für prinzipiell richtig, da bezüglich der anderen Aspektfunktionen die Übereinstimmung in den slavischen Sprachen deutlich überwiegt. Auch der inhaltlichen Füllung der These stimme ich in der allgemeinen Form zu, dass nämlich der perfektive Aspekt im Osten die Funktion ‚episodisches Ereignis‘ (totality C temporal definiteness) im Westen die Funktion ‚Ereignis‘ (totality) hat (über die weitergehenden Spezifikationen und Erklärungen wäre jeweils zu diskutieren). Der hier vorliegenden Darstellung wird eine funktional orientierte Modellierung von Aspekt und Tempus zugrundegelegt, zu der sich eine Anwendung auf Einzelsprachen in Bartnicka u. a. (2004, 360 ff.) und Lehmann (1999) findet. Formen und Funktionen werden im Folgenden an russischen Beispielen erläutert, geht es um Erscheinungen anderer slavischer Sprachen oder Sprachengruppen, werden die Sprachen jeweils genannt.

2. Aspektuelle Funktionen 2.1. Situationstypen und Situationsgestalten Die hier als Situationstypen (situation type) und Gestaltfunktionen bezeichneten Kategorien sind das Hauptthema der Aspekttheorien in und außerhalb der Slavistik. Ihre Konstitution und ihr Verhältnis zueinander manifestieren sich auf der lexikalischen, grammatischen, syntaktischen und textuellen Ebene jeweils auf verschiedene Weise. Die Situationstypen bilden die semantische Entsprechung der lexiko-grammatischen Kategorie Telizität/Verb-Homogenität, die Situationsgestalten bilden die zentralen Funktionen der grammatischen, genauer: morphologischen Kategorie Aspekt. Der in der Russistik geläufige Begriff der lexiko-grammatischen Kategorie (vgl. Švedova 1980) bezieht sich auf Paradigmen, deren gemeinsame grammatische Funktion von der

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz lexikalischen Bedeutung der Lexeme impliziert wird (z. B. Transitivität, SubstantivHomogenität), was für die Funktion der morphologischen Kategorien nicht gilt: Sie werden von der lexikalischen Bedeutung gar nicht impliziert, wie bei Kasus oder Genus der Adjektive, oder zu wesentlichen Teilen nicht, wie bei Genus verbi oder Genus des Substantivs oder eben beim Aspekt (siehe Lehmann 2001). Zu den Gestaltfunktionen gibt es in der Slavistik die Merkmalsopposition ‚ganzheitlich (Merkmal totality) ⫺ nicht ganzheitlich’. Für die Situationstypen, die außerhalb der Slavistik (nicht hier) auch als Aktionsarten bezeichnet werden, hat die Aspektologie die beiden extensional äquivalenten Definitionsoppositionen (a) telische ⫺ nicht telische Situation und (b) heterogene ⫺ homogene Situation mit ihren definitorischen und terminologischen Varianten; terminologische Varianten zu telisch sind u. a.: grenzbezogen, mit innerer Grenze, bounded, terminativ2 , russisch predel’nyj (zu Vendlers Verb-Klassifizierung siehe 4.3). Ein Situationstyp kann verschiedene aktionale Gestalten haben. Die von zakryt’ pf ‚schließen‘ bezeichnete Situation kann ebenso wie die von govorit’ ipf (o ...) 1. ‚sprechen (über ...)‘ bezeichnete Situation die Gestalt eines Ereignisses oder die eines Verlaufs haben: Kogda ona zakryla pf (‚Ereignis‘) / zakryvala ipf (‚Verlauf‘) dver’, on sprosil ... ‚Als sie die Tür geschlossen hatte, fragte er ... / Während sie die Tür schloss, fragte er ...‘. Kogda ona govorila ipf (‚Verlauf‘) / pogovorila pf (‚Ereignis‘) o lekcii, on sprosil ... ‚Während sie über die Vorlesung sprach, fragte er ... / als sie ... gesprochen hatte, fragte er ...‘. Eine der möglichen aktionalen Gestalten eines Situationstyps ist seine DefaultGestalt, also die Gestalt, die er dann hat, wenn die sprachliche Umgebung nicht etwas anderes besagt. Telische/heterogene Situationen haben per Default Ereignis-Gestalt, die anderen Situationstypen haben per Default Verlaufs-, stative oder diffuse Gestalt. Die morphologische Bedingung für eine Änderung der Situationsgestalt ist im Slavischen ein Affix, z. B. -va- bei zakry-va-t’ ipf und po- bei po-govorit’ pf. Die Veränderung der Gestaltfunktion kann auch in Verbindung mit oder allein durch den Kontext bewirkt werden. Die Situationstypen sind Abbildungen typischer objektiver Situationsmerkmale, die Situationsgestalten sind Kategorien, die auf der konzeptuellen Generalisierung der Situationstypen beruhen. Eine Situation gehört zum homogenen Situationstyp, wenn ihre Definition auch auf beliebige ihrer Teile zutrifft (und die Situation daher beliebig verlängerbar oder verkürzbar ist, ohne sich in der Essenz zu ändern). Auf heterogene Situationen trifft das nicht zu. Vgl. die Situationen, die von govorit’ ipf in der Bedeutung ‚sprechen (über)‘ bezeichnet werden und solche, die von zakryt’ pf ‚schließen‘ oder von skazat’ pf‚sagen‘ bzw. govorit’ ipf (čto-nibud’) in der Bedeutung ‚(etwas) sagen‘ bezeichnet werden. Situationen, auf die das Merkmal heterogen zutrifft, sind zugleich auch telisch, d. h. sie verfügen über eine innere Grenze (russ. predel). Das Erreichen dieser Grenze ist ein essenzielles Merkmal der Situation, sodass eine Verlängerung über die innere Grenze hinaus nicht möglich ist oder zu einer anderen Situation führen würde. Die in einem Gedankenexperiment vorgenommene Verlängerung der telischen Situation „sich setzen“ führt dazu, dass es nicht mehr um sich setzen, sondern um Sitzen geht. Wenn ein Lexem in der Test-Schablone „Verb ipf, no ne Verb pf “ (Ona zakryvala, no ne zakryla dver’ ‚Sie war dabei, die Tür zu schließen, schloss die Tür aber nicht‘) verwendet werden kann, ist es telisch (das Umgekehrte gilt übrigens nicht), weil mit dem

38. Aspekt und Tempus im Slavischen perfektiven Verb in dieser Konstellation die innere Grenze profiliert wird. Homogene Situationen verfügen nicht über eine innere Grenze. Eine gedankliche Verlängerung der nicht telischen Handlung des Sprechens ändert nichts daran, dass gesprochen wird, eine Verlängerung des telischen Sprechaktes Sagen ist dagegen ausgeschlossen, weil ein Sprechakt nur als Ganzheit Geltung hat. Die Definition der Situationgestalten beruht auf dem Begriff der Phase: Ein Ereignis ist eine einphasige Situation (bildlich: -o-), ein Verlauf eine mehrphasige, ). Auf die Frage, wie (-o ... o ... o-), und eine stative Situation ist unphasig ( diese Kategorien zustandekommen und was das definitorische Merkmal der Phase bedeutet, kann psychologisch und linguistisch geantwortet werden. Linguistisch gesehen entspricht diesen Bestimmungen die Tatsache, dass im Slavischen Phasenverben (Verben für ‚anfangen‘, ‚aufhören‘ u. ä.), da sie die Mehrphasigkeit der Situation implizieren, nur mit Verben mit Verlaufsfunktion kombiniert werden, vgl. načat’ / končit’ govorit’ ipf / zakryvat’ ipf ... ‚anfangen / aufhören zu sprechen / zu schließen‘, nicht aber mit perfektiven Verben, da diese Ereignisfunktion haben, und mit Verben in stativer Funktion, vgl.: *načat’ / končit’ zakryt’ pf / pogovorit’ pf ‚anfangen / aufhören zu schließen / zu sprechen‘; *načat’ / končit’ značit’ ipf; ‚anfangen / aufhören zu bedeuten‘. Eine Binnenphase kann bei pf. und stativen Verben, ebenfalls nicht profiliert werden: *v to vremja, kak ona zakryla pf / pogovorila pf ‚während sie sprach / schloss‘, *v to vremaja, kak ona značila ipf ‚während sie bedeutete‘, anders als bei imperfektiven Verben in Verlaufsfunktion: v to vremaja, kak ona govorila ipf / zakryvala ipf ‚während sie sprach / schloss‘. Verben mit Ereignisfunktion, auch solche mit Verlaufsfunktion, sind, da eine Phase Zählbarkeit impliziert, mit Ausdrücken für Häufigkeit kompatibel, stative Situationen nicht, vgl.: on neskol’ko raz zakryl / pogovoril / *značil ... ‚er schloss / sprach / bedeutete ... mehrmals‘. Anders als Verben mit Ereignis- oder Verlaufsfunktion treten Verben mit stativer Funktion aufgrund ihrer phasenlosen Gestaltfunktion auch nicht mit Kontexten auf, die Veränderungen implizieren, vgl. bystro zakryt’ pf / zakryvat’ ipf ‚schnell schließen‘, aber *bystro značit’ ipf ‚schnell bedeuten‘. Wahrnehmungspsychologisch gesehen wird eine prototypische telische/heterogene Situation wie (Tür) Schließen, Sichsetzen, Eintreten, Hinfallen, Zerbrechen, Geben oder Gähnen mit ihren essenziellen Bestandteilen „auf einen Blick“ erfasst. Das gleiche gilt für prototypische homogene Verläufe wie Schlafen, Weinen, Herumgehen oder Sitzen, mit dem Unterschied, dass dem Wahrnehmenden auch bewusst ist: Das „auf einen Blick“ Erfasste ist nur ein beliebiger Ausschnitt aus der Situation. Würde ein anderer Ausschnitt aus dieser Situation wahrgenommen, so würde der sich nicht vom erfassten Ausschnitt unterscheiden. Dagegen unterscheidet sich das von einer telischen/heterogenen Situationen Erfasste sehr wohl von dem, was danach ist. Welcher Bezug besteht nun zum Begriff der Phase (ausführlich hierzu siehe Lehmann 1992a)? Die Wahrnehmung von dynamischen Erscheinungen und ihre mentale Repräsentation sind zeitlich strukturiert durch seriell angeordnete (aneinander gereihte), nicht mehr als einige Sekunden umfassende Zeitfenster (vgl. Pöppel, z. B. 1987, 50 ff.). Das Zeitfenster, in dem ein Vorgang wahrgenommen oder repräsentiert wird, ist für das Subjekt der Wahrnehmung bzw. Repräsentation gegenwärtig, dem Zeitintervall entspricht das „Jetztgefühl“ (ebd., 51) des Subjekts (hier als psychisches Jetzt bezeichnet). Alle essenziellen Bestandteile einer im Rahmen eines solchen Zeitfensters wahrgenommenen, also prototypischen, heterogenen Situation wie Öffnen oder Sichsetzen

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz werden dem einen Jetzt-Zeitfenster zugeordnet und als zeitlich nicht weiter strukturiert aufgefasst (siehe Ruhnau 1992). Die traditionelle aspektologische Charakterisierung dieser Situationen als ganzheitlich ist nur eine andere Redeweise für diesen Sachverhalt. Mit der Wahrnehmung und Speicherung prototypischer telischer/heterogener und homogener Situationen werden die konzeptuellen Kategorien Ereignis und Verlauf konstituiert. Die so konstituierte Kategorie ‚Ereignis‘ expandiert extensional, sowohl im Laufe des Spracherwerbs als auch der Sprachentwicklung dadurch, dass weitere heterogene, aber nicht mehr unbedingt prototypisch heterogene (d. h. in ihrer Ganzheit sensumotorisch wahrnehmbare) Situationen der Kategorie hinzugefügt werden, Sprechakte wie Sagen, Versprechen, Überzeugen, mentale Akte wie Sicherinnern, Erkennen, komplexe Vorgänge wie Emigrieren oder Erlernen. Es kommt hinzu, dass mit grammatischen Mitteln homogene Situationen in die Kategorie der heterogenen aufgenommen werden können, vgl. poplakat’ pf‚(eine Zeit lang) weinen, pogovorit’ pf (o ...) ‚eine Zeit lang (über ...) sprechen‘, prosidet’ pf (čas) ‚(eine Stunde) sitzen‘. Grammatisch expandiert im wesentlichen auch die Kategorie Verlauf mit der progressiven Funktion des imperfektiven Aspekts bei heterogenen Verben, vgl. v to vremja kak ona zakryvala ipf, sadilas’ ipf , vxodila ipf / ... ‚während sie schloss / sich setzte / hereintrat / ...‘ Diese Veränderungen der Kategorienzugehörigkeit bezeichnen wir als Rekategorisierung, siehe 2.3. Die so auf grammatischem Weg expandierten Kategorien erfüllen nicht mehr die gleichen definitorischen Bedingungen wie die Kategorien telisch/heterogen bzw. homogen. Anwendbar sind aber die phasenbezogenen Begriffe Ereignis und Verlauf, weil diese sich nicht auf objektive („ontologische“) Sachverhalte, sondern auf Konzeptualisierungen im aufgezeigten Sinne beziehen. Ein Zeitfenster (ein psychisches Jetzt) ist eine Phase in der Serie der Zeitfenster der kognitiven Verarbeitung von Informationen der Außenwelt bzw. der kommunikativen Interaktion. Es ist die psychologische Grundlage sowohl für die Konstituierung und Expansion der Kategorien Ereignis und Verlauf, als auch für die Wahrnehmung und mentale Repräsentation dieser Situationen. Z. B. entspricht bei einer Erzählung der Inhalt jedes der perfektiven Prädikate in ona sela za stol, poplakala i, nakonec, napisala žalobu ‚sie setzte sich an den Tisch, weinte (eine Zeit lang) und schrieb schließlich einen Beschwerdebrief‘ jeweils genau einem Zeitfenster. Die Einphasigkeit des Ereignisses bedeutet daher, dass die Situation das Zeitintervall von genau eine Phase kognitiver Verarbeitung einnimmt, die Mehrphasigkeit des Verlaufs, dass die Situation das Zeitintervall von mehreren direkt benachbarten Phasen einnimmt, und die Unphasigkeit von stativen Situationen, dass die Situation kein in diesen Phasen gemessenes Zeitintervall einnimmt. Wie erwähnt, impliziert ein Situationstyp per Default eine Situationsgestalt, telische/heterogene Situationen sind per Default Ereignisse, die anderen sind per Default Verläufe oder stativ oder aktional diffus (zum letzteren Begriff siehe 2.2.). Daher können auch Situationstypen nach ihrer Default-Gestalt klassifiziert werden. Das hat den Vorteil, dass die Ausdifferenzierung der Gestaltbegriffe für Nicht-Ereignisse auf die nicht heterogenen/nicht telischen Situationstypen angewendet werden kann. Auf diese Weise sind die Funktionsbegriffe ‚Ereignis‘, ‚Verlauf‘, ‚stative‘ und ‚diffuse Situation‘ für alle Ebenen der Funktionsbeschreibung, von der lexikalischen bis zur textuellen, anwendbar.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen

2.2. Konturierung der diffusen Gestaltfunktion Als diffus bezeichnen wir eine lexikalische aktionale Funktion, wenn sie nicht auf die Ereignis- oder die Verlaufsgestalt festgelegt ist (vgl. Maslov 1984, 11). Die lexikalische Funktionsbeschreibung eines aktional diffusen Lexems impliziert die inklusive Disjunktion ‚Ereignis und/oder Verlauf‘: Das Verb černet’ z. B. hat die Explikation ‚schwarz und/oder schwärzer werden‘, und wenn černelo im Kontext als ‚ist schwarz geworden‘ zu verstehen ist, bezeichnet es ein Ereignis, wenn es ‚ist schwärzer geworden‘ bedeutet, einen Verlauf. Eine diffuse Funktion kann durch Kontext zu einer Ereignis- oder Verlaufsvariante konturiert werden; wenn der Kontext die Variante nicht erkennen lässt, bleibt die Funktion aktional diffus. Die diffuse Gestalt wird meist durch entsprechende Argumente (Aktanten) zu einer Ereignis- oder Verlaufsfunktion konturiert (umfassend hierzu Anstatt 2003b). Die lexikalische Bedeutung der Lexeme čitat’ ipf ‚lesen‘, est’ ipf ‚essen‘, pet’ ipf ‚singen‘, tancevat’ ipf ‚tanzen‘ usw. impliziert nicht eine bestimmte Gestaltfunktion wie dies zakryt’ pf ‚schließen (Ereignis)‘ bzw. govorit’ ipf ‚sprechen (Verlauf)‘ tun. Wenn die Argumente selbst portioniert („gequantelt“, siehe Krifka 1989) sind, dann kann mit ihrer Hilfe die diffuse Situation zu einem Ereignis konturiert werden: On pročital pf pis’mo. ‚Er hat den Brief gelesen.‘ Ona s’’ela pf jabloko. ‚Sie hat den Apfel gegessen.‘ Ja uže tancevala ipf mazurku. ‚Ich habe schon einmal eine Mazurka getanzt.‘ Sind die Argumente nicht portioniert, etwa wenn sie indefinite Stoffnamen oder indefinite pluralische Nominalphrasen beinhalten, resultiert die Konturierung in einer Verlaufsfunktion: Ona budet čitat’ ipf stixi. ‚Sie wird Verse lesen.‘

2.3. Rekategorisierung (Überlagerung) von Ereignis- und Verlaufsfunktion In Falle von (1) v to vremja, kak ona zakryvala ipf ‚während sie schloss‘ gibt es zwei Möglichkeiten, die Situation zu beenden: Die Tür wird am Ende der Handlung geschlossen sein oder sie wird nicht geschlossen sein. Im Falle von (2) v to vremja, kak ona plakala ipf ‚während sie weinte‘ gibt es eine derartige Alternative nicht, das Weinen wird einfach beendet werden. Wenn im erstgenannten Fall die Tür am Ende geschlossen sein wird, ist die in der Semantik des Schließens angelegte „innere Grenze“ (russ. predel) erreicht, nicht irgendeine zeitliche Grenze, es wird nicht irgendein Ende, sondern ein ganz bestimmtes erreicht. Es ist eine Grenze, die, wie im Falle von zakryt’ oder schließen, von der Verbbedeutung mitgeliefert wird. (1) und (2) sind Beispiele für zwei Varianten der progressiven Funktion des imperfektiven Aspekts (‚episodischer Verlauf‘ mit Profilierung einer inneren Verlaufsphase, im Sinne von ‚dabei sein zu ...‘). Der Unterschied zwischen den Varianten geht auf die

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz verschiedenen Situationstypen zurück: Die Bedeutung des Lexems zakryt’ ‚schließen‘ impliziert eine Ereignis-Funktion, die des Lexems plakat’ ‚weinen‘ eine Verlaufsfunktion. Während in (1) die lexikalisch vorgegebene Ereignis-Funktion durch eine grammatische Verlaufsfunktion überlagert wird (das Ereignis zu einem Verlauf rekategorisiert wird), ist dies in (2) nicht nötig. Es wird nur eine der Phasen des lexikalisch vorgegebenen Verlaufs profiliert. Wir sprechen bei der Variante der progressiven Funktion in (1) von einer terminativen, bei der Variante in (2) von einer aterminativen Funktion des imperfektiven Aspekts. Die Überlagerung der Funktionen kann wie folgt dargestellt werden: Tab. 38.1: Veränderung einer Gestaltfunktion durch Überlagerung (z.B. zakryvala ipf ,war dabei zu schließen‘) telische / heterogene Situation

Situationstyp:

(impliziert) ,Ereignis‘

(wird verändert zu)



Gestaltfunktion:



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,Verlauf‘

Veränderung einer Gestaltfunktion durch Überlagerung (z. B. zakryvala ipf ‚war dabei zu schließen‘) kurz: [Ereignis]pf » [[Ereignis] Verlauf]ipf Das Gegenstück zur terminativen Überlagerung ist die delimitative Überlagerung, bei der die lexikalisch vorgegebene Verlaufsfunktion durch die grammatische Ereignisfunktion überlagert wird: [Verlauf]ipf » [[Verlauf] Ereignis]pf Die entsprechenden Derivate haben delimitative Funktion und sind vorwiegend Simplizia mit Präfix po- wie pogovorit’ pf, poguljat’ pf, poplakat’ pf .... Ihre Explikation enthält die Komponente ‚eine Zeit lang‘, die bezeichnete Situation ist abgeschlossen, aber ohne dass eine „innere Grenze“ erreicht ist. Entscheidend ist die Zugehörigkeit dieser Derivate zum perfektiven Aspekt, womit festgelegt ist, dass sie Ereignisse bezeichnen. Auch die konturierte Ereignis-Funktion einer Wortfügung kann durch eine Verlaufsfunktion überlagert werden: V to vremja, kak ona čitala ipf pis’mo’, ... ‚Während sie den Brief las, ...‘ und umgekehrt eine konturierte Verlaufsfunktion durch eine EreignisFunktion: Ona počitala pf pis’ma, a potom ušla ‚Sie las Briefe, dann ging sie‘.

2.4. Episodizität (temporale Definitheit) und Häufigkeit In der Slavistik ist ausgehend von Koschmieders (1934) Unterscheidung von Situationen mit und ohne Zeitstellenwert eine sehr wichtige aspektuelle Funktion thematisiert worden. In der Folge sind bei weitgehender extensionaler Äquivalenz viele Definitionen und noch mehr Termini dafür vorgeschlagen worden, u. a.: konkret ⫺ abstrakt, aktuell ⫺ inaktuell, (auf der Zeitlinie) lokalisiert ⫺ nicht lokalisiert; zu letzterem Paar siehe Kozinceva (1991), Bondarko (1989).

38. Aspekt und Tempus im Slavischen Hier wird der aus der Gedächtnispsychologie (siehe Tulving 1972; Lehmann 1994; Hansen 1996) bekannte Begriff ‚episodisch‘ (mit dem oppositiven Terminus ‚nicht episodisch‘) verwendet für Situationen, die als Bestandteil einer Episode im Sinne eines temporal, lokal und personal unikalen Geschehens aufgefasst wird. Der perfektive Aspekt hat in der Ost-Isoglosse die Default-Funktion ‚episodisches Ereignis‘, sodass ein Verb wie zakryla pf den Hörer veranlasst, je nach Kontext, eine zeitliche Relation zur Sprechzeit (‚sie hat geschlossen‘) oder zu einer anderen aktionalen Situation (‚und dann schloss sie‘) aufzufinden. Episodische Situationen sind extensional äquivalent mit temporal definiten Situationen (zum Begriff der zeitlichen Definitheit s. vor allem Dickey 2000 und Leinonen 1992), die dann vorliegen, wenn sie einem spezifischen, Sprecher und Hörer zur Verfügung stehenden, Zeitnetz zuordenbar sind. Da aktionale Situationen meist mit sehr vielen anderen Situationen zeitlich relationiert sind, muss präzisiert werden, dass von Sprecher und Hörer für die definite Situation eine dominante zeitliche Relation zwischen ihr und mindestens einer anderen Situation im Zeitnetz der Diskurswelt gefunden werden kann. Der Begriff episodisch ist psychologisch, der Begriff zeitlich definit ist pragmatisch fundiert. Inadäquat ist der Begriff der zeitlichen Lokalisiertheit, weil auch nicht episodische Situationen durch Tempora lokalisiert sind. Die Funktion ‚episodisch‘ ist in der slavischen Ost-Isoglosse ein starker, d. h. nur sehr beschränkt durch Kontext revidierbarer funktionaler Default der pf. Verben, in der West-Isoglosse ist dieser Default schwach ausgeprägt. (Dies schlage ich als Alternative zu Dickeys (2000) Gegenüberstellung von qualitativer (Ost) und quantitativer (West) Definitheit vor, die ich hier jedoch nicht diskutieren kann). Aktionale Häufigkeit: Die Funktion ‚episodisch‘ hat ihrerseits als Implikation die quantitative Default-Funktion ‚einmalig‘. Das russische zakryla pf bezeichnet ohne gegenindizierenden Kontext eine einmalige Handlung. Die Revidierbarkeit dieses Defaults hängt mit der Stärke des Episodizitätsdefaults zusammen. In der West-Isoglosse ist die Funktion ‚mehrmals‘ von pf. Verben ungleich öfter anzutreffen als im Osten. Hinsichtlich der Häufigkeit von Situationen ist u. a. zu unterscheiden: (a) ob Mehrmaligkeit die Komponente einer stativ-iterativen Situation (Gewohnheit) ist, vgl. po večeram ona zakryvala dver’ ‚abends öffnete sie die Tür‘, ob sie Teil eines, frequentativen, Verlaufs ist, vgl. v to vremja, kak ona machala platkom, ... ‚während sie mit dem Tuch winkte‘, oder ob sie unabhängig von einer stativen oder Verlaufssituation ist, vgl. ona často ne zakryvaet dver’ ‚sie schließt oft die Tür nicht‘; (b) ob eine Quantifizierung fehlt oder ausgeschlossen ist: bei imperfektiven Verlaufs- oder Ereignislexemen (zakryvat’ ‚schließen‘, plakat’ ‚weinen‘) fehlt eine Quantifizierung, kann aber leicht kontextuell ergänzt werden; stative Situationen selbst werden nicht quantifiziert (können aber eine Quantifizierung enthalten), vgl. *odin raz značil ... ‚bedeute ... ein Mal‘.

3.

Zur funktionalen Beschreibung

3.1. Formale Konstituenz und funktionale Kompositionalität Mit dem Begriff der Überlagerung wird die Konstituenz der formalen Komponenten in Form einer mehrfach geschichteten Kompositionalität der Funktionen abgebildet.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Letztere kann nur adäquat rekonstruiert werden, wenn die Funktionsschichten unterschieden werden und explizit gemacht wird, auf welches Format sich eine Funktionsbeschreibung bezieht, z. B. auf das Format des Lexems (LAF), des Verbs (perfektiver, imperfektiver Aspekt), der Wortform (z. B. Zukunft-Funktion des perfektiven Präsens), der Wortfügung (bei Konturierung diffuser Lexeme), des Elementarsatzes (clause) (für Satzfunktionen wie progressive, allgemeinfaktische, iterative Funktion) oder des Textes (z. B. für Sequenzen, Inzidenzen). Die Liste der für eine Rekonstruktion relevanten Formate kann je nach Beschreibungziel mehr oder weniger differenziert sein. Entsprechendes gilt für die Funktionen. Per Default besteht Kongruenz zwischen formaler Konstituenz und funktionaler Kompositionalität. Beispiel: Der formale Ausdruck A mit einer durch Überlagerung komplexen Aspektfunktion besteht aus dem lexikalischen Stamm mit der lexikalischen aktionalen Funktion sowie der grammatischen Umgebung aus einem grammatischen Affix und, häufig, relevantem Kontext, deren Funktion die lexikalische aktionale Funktion überlagert. Der lexikalische Stamm ist Operand, die grammatische Umgebung ist Operator entsprechend folgender allgemeiner Anordnung der Konstituenten (» steht für grammatische Derivation, formal und/oder funktional): Tab. 38.2: Operand-Operator-Verhältnis bei formaler Aspektderivation [Lexikalischer Stamm] » [[Lexikalischer Stamm] grammatische Affixe] » [[[Lexikalischer Stamm] grammatische Affixe] Satzkontext] » [[[[Lexikalischer Stamm] grammat. Affixe)] Satzkontext] textuelle Umgebung]

Das Operand-Operator-Verhaltnis besteht analog auf der funktionalen Ebene, vgl.: Tab. 38.3: Operand-Operator-Verhältnis bei funktionaler Aspektderivation [lexikalische aktionale Funktion = L AF] » [[LAF]Aspektfunktion] » [[[LAF]Aspektfunktion] aspekt Satzfunktion] » [[[[LAF]Aspektfunktion] aspekt Satzfunktion] textuelle Funktion]

Im Operand-Operator-Verhaltnis der Funktionen gilt per Default das DominanzPrinzip: Gehören Operator und Operand der gleichen Kategorie an, ist die OperatorFunktion dominant. Dies ist vor allem wichtig für Rekategorisierungen. Im Falle der delimitativen Funktion (poplakal pf ‚weinte (eine Zeit lang)‘) ist die perfektivierende Funktion (‚Ereignis‘) des Affixes po- dominant: [plaka-] ipf » [[plaka-]po-] pf / [Verlauf]ipf » [[Verlauf] Ereignis]pf Bei der terminativen Satzfunktion ist die Funktion ‚Verlauf‘ der Kombination aus imperfektivierendem Suffix plus Konjunktion der Gleichzeitigkeit dominant: [zakry-] pf » [[[zakry-]-va-] ipf & [v to vremja kak]] / [Ereignis]pf » [[Ereignis] Verlauf]ipf

38. Aspekt und Tempus im Slavischen

3.2. Beschreibung der funktionalen Veränderungen Die kompositionale Rekonstruktion von Funktionen morphologischer Kategorien kann prinzipiell mit der Hilfe bestimmter funktionaler Operationen erfolgen: Die delimitative und terminative Funktion sind im vorangegangen Abschnitt als Ergebnis einer Operation der Rekategorisierung (Überlagerung) von Funktionen rekonstruiert worden. Die progressive Funktion involviert die Operation der Profilierung einer inneren Phase. Diffuse Lexeme werden durch Umgebungsfaktoren konturiert, ebenfalls eine funktionale Operation. Generell liegt diesen funktionalen Veränderungen das Default-Prinzip zugrunde: Funktionen unterhalb der Textebene sind, wenn keine gegenteilige Information vorliegt, meist durch Umgebungsfaktoren revidierbar (d. h. es sind meist DefaultFunktionen). Die für den Aspekt relevanten funktionalen Operationen (siehe Lehmann 1996, 2006) sollen im Folgenden in allgemeiner Form vorgestellt werden: Profilierung: Veränderung des Dominanz-Status einer Teilfunktion in einem Funktionskomplex, allgemein [X] Y] » [[X] Y], wobei X und Y Komponenten eines komplexen Sachverhalts sind, die Unterstreichung markiert die profilierte Komponente. Vgl. zu zaplakat’ pf ‚anfangen zu weinen‘: [[Verlauf] Anfangsereignis]pf Konturierung: Festlegung einer diffusen Funktion auf eine ihrer Varianten, allgemein: [X und/oder Y] » [[X und/oder Y] Z], wobei Z entweder X oder Y ist. Vgl. zu čitat’ ipf zaglavie ‚die Überschrift lesen‘: [Ereignis und/oder Verlauf]ipf » [[Ereignis und/oder Verlauf] Ereignis]ipf. Rekategorisierung(funktionale Überlagerung): Die Funktion wird in einem größeren Format von einer oppositiven Kategorie dominiert. Als Beispiele wurden in 2.3 die delimitative und die terminative Funktion angeführt; in allgemeiner Form: [X] » [[X] Y], wobei die Kategorie von Y in Opposition zur Kategorie von X steht. Die terminative Funktion ist zugleich ein Beispiel für die Tatsache, dass der Rekonstruktion einer Funktion mehrere funktionale Operationen zugrunde liegen können, hier Rekategorisierung und Profilierung, wobei eine Konturierung vorausgegangen sein kann. Eine weitere Operation, die Modifikation, wird gebraucht für die Rekonstruktion der Veränderungen im Bereich der Episodizität und aktionalen Häufigkeit. Modifikation: Die Funktion wird durch Addition, Tilgung oder Substitution einer akzidenziellen Funktion verändert, allgemein: [[X] Y] » [[X] Y’], wobei Y und Y’ akzidenzielle Merkmale von X sind und es sein kann, dass Y oder Y’ = Ø (bei Tilgung oder Addition).

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Ein imperfektives Verlaufs-Lexem wie sidet’ ipf, kann im Satz nichtepisodische Funktionen erhalten, vgl. zu po večeram ona sidela u nas ‚abends saß sie bei uns‘: [Verlauf]ipf » [[Verlauf] nichtepisodisch]ipf

4. Die lexikalischen Formen und Funktionen 4.1. Aspekt und lexikalische Derivation Es sind zwei Arten der lexikalischen Derivation zu unterscheiden: (a) lokale Modifikationen oder übertragene Bedeutungen, (b) qualifizierende oder quantifizierende Modifikationen (lexikalische „Aktionsarten“); zur grammatischen Derivation siehe 5.1. Wird von einem Verb ein anderes Verb mit anderer lexikalischer Bedeutung abgeleitet, liegt lexikalische Derivation vor. Von diesem lexikalischen Derivat kann seinerseits ein grammatisches Derivat, ein Aspektpartner, abgeleitet sein, wobei das lexikalische Derivat fast immer perfektiv und das grammatische Derivat dann imperfektiv ist. In der Regel ist die lexikalische Derivation hierbei eine Präfigierung, die grammatische eine Suffigierung. Vgl. (> steht für lexikalische Derivation; Aspektpartner sind in einen Rahmen gesetzt): stroit’ ipf ‚bauen‘ > perestroit’ pf ⫺ perestraivat’ ipf ‚umbauen‘, so dass das StandardSchema der lexikalischen Derivation lautet: ipf. (selten pf.) Verb > pf. Verb ⫺ ipf. Verb Produziert werden durch die lexikalische Derivation Vokabeln, die eine Aspektpartnerschaft (ein „Aspektpaar“) enthalten. Die lexikalische Derivation involviert meistens die Konturierung einer diffusen lexikalischen aktionalen Funktion zu einer lexikalischen Ereignisfunktion (lexikalische Konturierung). Dabei wird die Derivationsbasis durch ein lokales Präfix modifiziert, vgl. z. B. mit dem Präfix s- ‚herab-‘: rvat’ ipf ‚reißen‘ > sorvat’ pf ⫺ sryvat’ ipf ‚herunterreißen‘ ; idti ipf ‚gehen‘ > sojti pf ⫺ sxodit’ ipf ‚herabgehen‘; pisat’ ipf > spisat’ pf ⫺ spisyvat’ ipf ‚abschreiben‘, brosit’ pf ‚werfen‘ > sbrosit’ pf ⫺ sbrasyvat’ ipf 1. ‚hinunterwerfen‘, 2. ‚abschütteln (übertragen)‘.

4.2. Lexikalische „Aktionsarten“ Abweichend vom Standardfall der lexikalischen Derivation gibt es lexikalische Derivate, die ihrerseits kein grammatisches Derivat, keinen Aspektpartner, besitzen und insofern aspektdefektiv sind. Den größten Anteil davon bilden die Derivate, die in der Slavistik gemeinhin als Aktionsart-Verben bezeichnet werden. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: (a) Die Derivation ändert den Aspekt und geht funktional über die grammatische Aspektänderung hinaus (siehe 5.1): Verbipf > Verbpf ⫺ øipf z. B. kusat’ ipf ‘stechen’> iskusat’ pf ‚über und über mit Stichen bedecken‘, lgat’ ‚lügen‘ ipf > izolgat’sja pf ‚durch und durch zum Lügner werden‘.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen (b) Es besteht keine Aspektpartnerschaft, weil die Derivation nicht zur Änderung des Aspekts führt: Verbpf > Verbpf ⫺ øipf oder Verbipf > Verbipf ⫺ øpf z. B. privyknut’ pf ‚sich gewöhnen‘ > poprivyknut’ pf ‚sich allmählich gewöhnen‘ oder z. B. čitat’ ipf ‚lesen‘ > čityvat’ ipf ‚wiederholt lesen‘; toptat’ ipf ‚stampfen‘ pritoptyvat’ ipf ‚dabei leise stampfen‘. Diese Wortbildungstypen sind in der Regel produktiv, aber weit davon entfernt, dass ihre Funktion grammatisch, also regelhaft voraussagbar ist. Wegen ihrer aspektuellen Sonderstellung wurde ihnen eine eigene Kategorie gewidmet, die der Aktionsarten (wobei der Terminus, wie man sieht, nicht im angelsächsischen Sinne von „lexikalische aktionale Funktion/Verbklasse“ und auch nicht im ursprünglichen indogermanistischen Sinne von „Aspektualität“ verwendet wird). Die lexikalischen Aktionsarten sind formal und funktional ein Analogon substantivischer Derivationsklassen wie Diminutiva oder Augmentativa, und so reicht es aus, diese Fälle als Spezialfälle der lexikalischen Verb-Derivation zu klassifizieren. Für eine Behandlung der Aktionsarten als normale Wortbildungstypen spricht, dass die Blockierung sekundärer Imperfektivierung (siehe 5.1) bei bestimmten Präfix-Funktionen gar keinen systematischen Status hat. Sie ist in den slavischen Sprachen sehr verschieden verteilt: Im Bulgarischen kann, ganz anders als im Russischen und Tschechischen, von jedem präfigierten perfektiven Verb, ein sekundäres imperfektives Verb entsprechend dem Standardschema der lexikalischen Derivation abgleitet werden (Maslov 1984, 204). Nach der Auszählung von Bačvarov (1980), zitiert nach Petruxina (2000, 89) entsprechen den bulgarischen imperfektiven Derivaten 24% russische und 11% tschechische imperfektive Derivate. Auch das Russische besitzt imperfektive Derivate von perfektiven Verben mit Aktionsart-Präfixen, vgl. das von Isačenko selbst, dem Vater der radikalen Aktionsart-Theorie (siehe 5.4) angeführte Beispiel der sogenannten mutuellen Aktionsart, mignut’ pf ‚zwinkern‘ > peremignut’sja pf ‚sich zuzwinkern‘ > peremigivat’sja ipf ‚sich zuzwinkern‘ (Isačenko 1968, 409). Hier geht also, wenn die Aktionsarten als Sonderkategorien von der lexikalischen wie von der grammatischen Derivation abgesetzt werden, die Trennungslinie mitten durch den Wortbildungstyp. Die Blockierung der sekundären Derivation bei Aktionsartverben hat eher einen idiosynkratischen als einen funktionalen Charakter. Auch die Tatsache, dass diese Derivationstypen funktional zu den Modifikationen gehören, macht sie nicht zur einer speziellen Kategorie, da die lexikalischen Standard-Derivationen mit lokalem Präfix wie rvat’ ipf ‚reißen‘ > sorvat’ pf ⫺ sryvat’ ipf ‚herunterreißen‘ ebenfalls Modifikationen sind. Man kann deshalb die lexikalischen Aktionsart-Verben im slavistischen Sinne als eine Derivationsklasse bezeichnen, für die gilt: Sie sind Produkte einer nichtlokalen, qualifizierenden oder quantifizierenden Modifikation, mit der in der Slavia verschieden ausgeprägten Neigung, die weitere Derivation von ipf. Verben zu blockieren. Diesen lexikalischen „Aktionsarten“ stehen gegenüber die Phasenaktionsarten (auch: temporalen Aktionsarten), deren Affixe grammatische Funktion haben, siehe 5.1. Im Tschechischen ist die sekundäre Suffigierung ohne Aspektänderung mit der Funktion ‚unbegrenzte Wiederholung‘, vgl. přepsat pf ⫺ přepisovat ipf ⫺ přepisovávat ipf ‚umschreiben‘ so häufig, dass früher neben dem perfektiven und dem imperfektiven

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz ein weiterer, iterativer, Aspekt angesetzt wurde, es ist aber nur eine sehr produktive „Aktionsart“, z. B. Dickey (2000, 50) spricht nur von einer „considerable number“ so markierter Verben.

4.3. Verballexeme und lexikalische aktionale Funktionen Wenn im Zusammenhhang mit lexikalischen aktionalen Funktionen meist von „Verbklassen“ gesprochen wird, so ist das unscharf ausgedrückt. Die einzelnen lexikalischen Bedeutungen eines Verbs unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich Situationstyp und Default-Gestalt, sie können abhängig davon überdies verschiedene Aspektpartner haben. Vgl. als Beispiel gotovit’ ipf mit seinen Aspektpartern (nach MAS): 1a. ‚(ein Objekt) vorbereiten‘ ⫺ prigotovit’ pf, 1b. ‚(durch Wissensvermittlung) vorbereiten‘ ⫺ podgotovit’ pf, 2. ‚(Unterricht, Projekt) vorbereiten‘ ⫺ prigotovit’ pf, 3. ‚zubereiten‘ ⫺ prigotovit’ pf und standardumgangssprachlich sgotovit pf, 4a. ‚Vorräte anlegen‘ ⫺ zagotovit’ pf, 4b. ‚vorbereitet sein auf etwas‘ ⫺ ohne Aspektpartner, 5. ‚intendieren‘ ⫺ ohne Aspektpartner. Mit der Moskauer semantischen Schule bezeichnen wir das Verb in einer bestimmten lexikalischen Bedeutung und dem Potenzial an grammatischen Derivaten als Lexem, das Verb mit allen lexikalischen Bedeutungen und dem gesamten grammatischen Derivationspotential als Vokabel. Das Lexem hat eine bestimmte lexikalische aktionale Funktion; lexikalische aktionale Funktionen der Lexeme der Vokabel gotovit’ ipf z. B. sind: 1.⫺3. und 4a. ‚Ereignis‘, 4b. und 5. ‚stative Situation‘. (Wenn gilt, dass ein Lexem nur eine lexikalische aktionale Funktion hat, sind 4a. und 4b. anders als in MAS als verschiedene lexikalische Bedeutungen anzusetzen.) Eigentlicher Träger der lexikalischen Bedeutung und damit auch der lexikalischen aktionalen Funktion ist der lexikalische Stamm, also die Wortform des Verbs ohne grammatische Affixe. Es ist der grammatisch invariante Bestandteil einer Vokabel, z. B.: Lexikalischer Stamm: gotov’-; Vokabel: gotovit’ 1. ... i. .... n.; Lexem: gotovit’ i.). Als elementare lexikalische aktionale Funktionen sind Ereignis-, Verlaufs-, stative und diffuse Funktion anzusetzen. Sie sind universal wie die Situations- und Gestalttypen, ihnen entsprechen die aktionalen Lexemtypen (verb class) Ereignis-, Verlaufs-, statives und diffuses Lexem (siehe Lehmann 1997). Kriterien für die Zuweisung einer lexikalischen aktionalen Funktion sind die Explikation der lexikalischen Bedeutung (als entscheidendes Kriterium), die Arten der Derivate, die syntaktische Distribution und das funktionale Potenzial. Für die beiden letztgenannten Kriterienarten gibt es diverse Verwendungstests, die aber weder völlig zuverlässig noch auf alle Verben anwendbar sind. Ein Test ist die Verwendung der imperfektiven Verben im narrativen Präsens (da das Präsens per Default Gleichzeitigkeit vermittelt und die Aspektfunktion bei imperfektiven Verben mit der lexikalischen aktionalen Funktion übereinstimmt, siehe 5.3). Wenn die Kombination zweier Verben im historischen Präsens bei Episodizität eine Sequenz vermittelt, handelt es sich um Ereignislexeme: Včera on prixodit ipf i srazu saditsja ipf‚ ‚Gestern kommt er und setzt sich gleich hin.‘ Stative Lexeme (znacit’ ipf ‚bedeuten‘, dumat’ ipf 2. ‚meinen‘ ...) sind mit derartigen episodisch gebrauchten Verben temporal, etwa durch kogda ‚als‘, nicht verbindbar.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen Für Ereignis-Lexeme, welche die terminative Funktion zulassen, vgl. v to vremja, kak ona zakryvala ipf ‚während sie dabei war zu schließen‘, wird häufig der von Vendler eingeführte Terminus „accomplishment“ verwendet, für Ereignis-Lexeme, die diese Funktion nicht zulassen, der Terminus „achievement“, vgl. *v to vremja kak ona vspominala ipf ... ‚während sie sich erinnerte‘. Die Klassifizierung der Lexeme anhand des Tests auf Zulässigkeit der terminativen Funktion führt jedoch nur bei einem Teil der telischen Lexeme zu einem eindeutigen Ergebnis (siehe Lehmann 1998a). Außerdem ist die linguistische Hauptaufgabe der lexikalischen aktionalen Funktionen die Erklärung von Restriktionen in der Aspektverwendung, nicht zuletzt der Restriktionen für die progressive Funktion. Wenn aber die accomplishments und achievements gerade anhand der Verwendbarkeit dieser Funktion definiert werden, ergibt sich ein Zirkel. Hier wird stattdessen vorgeschlagen, die Faktoren zu eruieren, die für diese und andere Restriktionen verantwortlich sind oder zumindest damit korrelieren. Die Zulässigkeit der progressiven Funktion des imperfektiven Verbs kann vorausgesagt werden: ⫺ für Lexeme, die auf eine konturierende lexikalische Derivation zurückgehen, siehe pisat’ ipf ‚schreiben‘ > spisat’ pf ⫺ spisyvat’ ipf ‚abschreiben‘ und diffuse Lexeme, konturiert durch Kontext, siehe (na-)pisat’ pis’mo ‚einen Brief schreiben‘; ⫺ für Lexeme mit sensumotorisch beobachtbarem Zustandswechsel: z. B. ist zakryvala ipf ... ‚schloss‘ wesentlich progressionsfreundlicher als prikazyvala ipf ... ‚befahl‘); ⫺ für agentive Lexeme (mit Kontrolle der Handlung durch den Agens/mit Volitivität/ mit Intentionalität); für das nicht agentive ‚rutschte aus‘ oder ‚schloss aus Versehen‘ wird ohne speziellen Kontext kein imperfektives, sondern ein perfektives Verb verwendet, vgl. poskol’znulas’ pf, zakryla pf.

5. Die morphologischen Formen und Funktionen Für die morphologische Ebene werden für die oppositiven Aspekteinheiten hier folgende Termini verwendet: perfektive ⫺ imperfektive Verben, d. h. perfektiv bzw. imperfektiv für Wörter mit allen lexikalischen Bedeutungen und Variablen für die nichtaspektuellen Affixe (Nennform ist der Infinitiv), z. B. zakryt’ pf, zakryvat’ ipf; Perfektiva (Pf.) und Imperfektiva (Ipf.), d. h. perfektive und imperfektive Verben mit einer bestimmten lexikalischen Bedeutung (Nennform ist der Infinitiv mit Bedeutungsangabe), z. B. gotovit’ ipf 3. ‚vorbereiten‘.

5.1. Grammatische Derivation Die synchrone morphologische Rekonstruktion und noch deutlicher die Grammatikalisierung des slavischen Aspekts lassen erkennen, dass die Aufgabe der aspektuellen Derivation darin besteht, zu prinzipiell jeder lexikalischen Verbbedeutung die Möglichkeit zu schaffen, oppositive aspektuelle Funktionen auszudrücken. In dieser prinzipiell alle Verben erfassenden Distribution der Aspektopposition besteht auch deren grammatischer Charakter. Dabei werden nur Veränderungen der Situationsgestalt durch Rekategorisierung, Profilierung und Konturierung und der Episodizität (temporal definiteness) durch Mo-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz difikation als morphologische (und damit grammatische) Funktionsänderungen angesehen. Die grammatischen Derivationsklassen hängen vom Situationstyp ab: (a) Situationstyp Ereignis mit Suffixen, perestroit’ pf » perestraivat’ ipf ‚umbauen‘, und so genannten leeren Präfixen, stroit’ ipf » postroit’ pf ‚bauen‘, (b) Situationstyp Verlauf mit Affixen für Einphasigkeit und Profilierung von Anfang- und/oder Endphase, die Derivate sind grammatische „Aktionsarten“; die wichtigste ist die delimitative/perdurative mit der Funktion ‚eine Zeit lang‘, govorit’ ipf » pogovorit’ pf ‚sprechen‘, siehe Brüggemann 2003; Anstatt 2003; Dickey/Hutcheson 2003; daneben stehen die ingressive (‚anfangen zu ...‘) und die egressive Aktionsart (‚aufhören zu ...‘); (c) stativer Situationstyp, znat’ ipf ‚wissen‘ » uznat’ pf ‚erfahren‘; (b) und besonders (c) werden nur teilweise als Aspektpartner angesehen, siehe dazu 5.4. Auf der formalen Seite ist der Weg von der lexikalischen zur morphologischen Ebene beim slavischen, und damit derivationalen, Aspekt allgemein wie folgt zu beschreiben: Grammatische Standardderivation: ⫺ Grammatische Imperfektivierung (meist zu perfektiven lexikalischen Derivaten, siehe 4.1.; dann liegt „sekundäre Imperfektivierung“ vor), z. B. (stroit’ ipf bauen’ >) perestroit’ pf ⫺ perestraivat’ ipf ‚umbauen‘ [lexikalischer Stamm]pf » [[lexikalischer Stamm] Aspektsuffix]ipf ⫺ Grammatische Perfektivierung, z. B. stroit’ ipf ⫺ po-stroit’ pf ‚bauen‘: [lexikalischer Stamm]ipf » [[lexikalischer Stamm] Aspektpräfix]pf. Für die Suffigierung hat sich überall ein Reflex der historischen Suffixe {-va-}, {-a-}, {-iva-} als primäre Form durchgesetzt. Die Präferenzen hinsichtlich Produktivität und Vorkommenshäufigkeit der Präfixe sind in den einzelnen slavischen Sprachen verschieden. Die Perfektivierung kann auch vereinzelt durch Suffixe markiert werden, im Tschechischen und Russischen ist z. B. das Suffix {-nou-} (vgl. Šlosar 1981) bzw. {-nu-} im Vormarsch. Für die grammatische Präfigierung nutzen die slavischen Sprachen ein aus dem Urslavischen überkommenes Set von Morphemen, deren phonetische Form gegebenenfalls entsprechend den Gesetzen der Lautveränderung heute abgewandelt sein kann. Generell eingesetzt werden für Ereignis-Lexeme Nachfolger der ehemals lokalen urslavischen Präfixe *sъ- ‚mit-‘, *na- ‚auf-‘, *vy-/iz- ‚aus-‘ usw., die formal mit den Präfixen der lexikalischen Derivation übereinstimmen; das abstrakte *po- (außer im Sloven. und Skr.) für alle Lexemtypen (s. Anstatt 2003), vor allem für Verlaufslexeme; und in geringerem Umfang und Verbreitung Phasen-Präfixe für Verlaufslexeme, z. B. im Russischen, vgl. zaplakat’ ‚anfangen zu weinen‘ (Dickey 2000, 222 ff.). Besonderheiten in der grammatischen Derivation (morphologische Peripherie): (a) Trojka-Verben, z. B. est’ ipf ⫺ s”est’ pf ⫺ s”edat’ ipf ‚essen‘: [lexikalischer Stamm]ipf » [[lexikalischer Stamm] Aspektpräfix]pf » [[[lexikalischer Stamm] Aspektpräfix] Aspektsuffix]ipf, wobei die beiden ipf. Verben mehr oder weniger komplementär die aspektuellen Satzfunktionen des ipf. Aspekts bedienen; ausführlich siehe Petruxina 2000. (b) Zweiaspektige, in der Regel partnerloseVerben, z. B. velet’ ipf und pf: [[lexikalischer Stammipf und pf ] ø]. Dies sind vor allem Verben mit in jüngerer Zeit oder aktuell entlehntem Stamm, zu denen mehr oder weniger schnell Aspektpartner herausgebildet werden.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen

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(c) Einaspektige partnerlosen Verben: [[lexikalischer Stammipf ] ø] oder [[lexikalischer Stammpf ] ø] Zu den ipf. Verben dieser Gruppe gehören vor allem die absolut stativen Verben wie značit’ ‚bedeuten‘ oder sootvetsvovat’ ipf ‚entsprechen‘ und etwa im Russischen lexikalische „Aktionsart“-Verben wie prigovarivat’ ipf ‚dabei sprechen‘. Bei den pf. Verben gehören dazu vor allem lexikalische Aktionsartverben wie narvat’ pf (cvetov) ‚eine große Menge (Blumen) pflücken‘. (d) Eine slavische Spezialität sind die so genannten Verben der Fortbewegung (für ‚gehen‘, ‚rennen‘, ‚tragen‘, ‚führen‘ usw.) im Umfang von etwas mehr als zehn, im Vorkommen sehr häufigen, Vokabel-Paaren für Fortbewegung, z. B. im Russischen mit der aktional diffusen Funktion ‚in einer ⫺ nicht in einer Richtung‘, vgl. zu ‚in einer Richtung‘: idti ipf ⫺ pojti pf v kino ‚ins Kino gehen (Ereignis)‘ / pojti pf bystree ‚schneller gehen (Verlauf)‘; zu ‚nicht in einer Richtung‘: xodit’ ipf ⫺ poxodit’ pf ‚herumgehen (Verlauf)‘ / sxodit’ pf ‚hin- und zurückgehen (Ereignis)‘. Die lexikalischen Derivate, meist abgeleitet von den Verben des Typs idti, verhalten sich funktional wie die anderen Ereignis-Lexeme, formal ist aber in der gesamten Slavia die Suppletivität bei den ipf. grammatischen Derivaten sehr häufig; vgl.: idti ipf ‚gehen‘ > perejti pf ⫺ perechodit’ ipf ‚hinübergehen‘.

5.2. Die morphologischen Funktionen der Aspekte Die grammatische Standardderivation ergibt folgende formale Aspektopposition, die ebenfalls natürlich nur ein Standard ist: Tab. 38.4: Grundstruktur der formalen Aspektopposition im Slavischen pf. Verb ohne grammatisches Aspektaffix zakryt’



ipf. Verb mit grammatischem Aspektaffix zakry-va-t’

pf. Verb mit grammatischem Aspektaffix po-stroit’



ipf. Verb ohne grammatisches Aspektaffix stroit’

Die morphologischen Funktionen des slavischen perfektiven und imperfektiven Aspekts sind damit zu definieren als Schnittmengen der Bedeutungen der perfektiven bzw. der imperfektiven Verben unabhängig von Kontexten. Jede dieser beiden Mengen von Verbstämmen besteht zum einen aus aspektuell unmarkierten (zakryt’ pf, guljat’ ipf, znat’ ipf) und zum anderen aus aspektuell markierten (zakryvat’ ipf, pogovorit’ pf) Verbstämmen. Die Frage ist, nach welchem Kriterium man die Verben einer slavischen Sprache auf die Menge der perfektiven und die Menge der imperfektiven Verben verteilt. Als operatives Kriterium für die gesamte Slavia ist am ehesten Dešerievas (1976, 4) Kriterium der Kompatibilität mit Phasenverben geeignet. Mit Verben für Verlaufsphasen sind prinzipiell die imperfektiven, nicht aber die perfektiven Verben kombinierbar, vgl. načat’ zakryvat’ ⫺ *načat’ zakryt’ ‚anfangen zu schließen‘, končit’ govorit’ ⫺ *končit’ pogovorit’ ‚aufhören zu sprechen‘. Als morphologische Funktionen der beiden Aspekte können dann diejenigen Funktionen ausgegeben werden, die den beiden mit diesem Kriterium erzielten Mengen jeweils unabhängig vom Kontext zukom-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz men. Dabei stellt sich allerdings heraus, dass der Unterschied zwischen den beiden Aspekten darin besteht, dass der eine, der perfektive, die Funktion ‚Ereignis‘ hat, die Unteilbarkeit impliziert und von der deshalb kein Anfang, keine Binnenphase oder Ende profiliert werden kann und dass die perfektiven Verben offenbar keine andere, alternative Funktion haben, mit der Kompatibilität bestehen könnte, während die Verben des anderen Aspekts, des imperfektiven, offenbar nicht die Funktion ‚Ereignis‘ oder aber nicht nur diese, sondern daneben auch andere, alternative Funktionen haben, bei denen dann die Phasenprofilierung möglich ist. Die Kompatibilität mit den Phasenverben führt zunächst zu nicht mehr als zu Verbklassen der Phasensensibilität. Es bleibt immer noch die Frage, warum die Verben genau so und nicht anders, mit einem anderen Kriterium, verteilt werden sollen. Die eigentliche Charakteristik der Menge der perfektiven und der imperfektiven Verben besteht darin, dass die eine Verbmenge sich im Gebrauch, d. h. in der Distribution und in den jeweiligen Funktionen in Satz und Text, anders verhält als die andere Menge. Und auch wenn der Gebrauch in den einzelnen Sprachen verschieden ist und es viele Fälle von Aspektsynonymie (so genannter „Aspektkonkurrenz“) gibt, so ist es doch möglich, den Gebrauch der perfektiven bzw. der imperfektiven Verben auf ein für alle slavischen Sprachen gemeinsames morphologisches Funktionspotential zurückzuführen. Damit kann dann Aspektgebrauch synchron, kompositional und motivational, rekonstruiert werden. Unterschiede in den Gebrauchsregularitäten in einzelnen slavischen Sprachen können auf verschiedene Motivierungslinien und verschiedene morphologische Zusatzfunktionen zurückgeführt werden. Die morphologischen Aspektfunktionen der slavischen Sprachen können also definiert werden als Merkmalskonstrukte, die allen Verben des perfektiven bzw. des imperfektiven Aspekts zukommen und mit denen die Funktionen und Distributionen (der Gebrauch) dieser Verben optimal synchron rekonstruiert werden können. Da sie allen Verben der jeweiligen Subkategorie zukommen, bilden die Aspekte eine morphologische Kategorie (siehe Lehmann 2003). Zum slavischen Aspekt am weitesten verbreitet ist die Bestimmung, wie sie sich bei Comrie (1976) findet, wonach der perfektive Aspekt die Funktion ‚Ereignis‘ (totality) hat, der imperfektive Aspekt diesbezüglich merkmallos sei, d. h., dass über das Vorhandensein der Funktion ‚Ereignis‘ nichts ausgesagt wird. Letzteres deshalb, weil die imperfektiven Verben der Ereignis-Lexeme genauso wie ihre perfektiven Partner per Default die Gestaltfunktion ‚Ereignis‘ haben, vgl. prikazat’ pf ⫺ prikazyvat’ ipf ‚befehlen‘. Als morphologische Funktion, im Sinne einer Rekonstruktionsbasis, des perfektiven Aspekts wird hier ebenfalls für die Gesamtslavia die Default-Funktion ‚Ereignis‘ (totality) angesetzt (vgl. zuletzt Dickey 2000). Diese Funktion wird nur beim Zustandspassiv außer Kraft gesetzt, perfektive Verben haben dann stative Funktion, vgl.: Ozero (bylo) okruženo domami ‚Der See ist (war) von Häusern umgeben‘. Über die Zusatzfunktion ‚episodisch‘ (temporal definiteness) in der Ost-Isoglosse siehe 2.4. Der imperfektive Aspekt verfügt nicht über eine invariante morphologische „Gesamtbedeutung“, die morphologische Funktion ist vielmehr identisch mit der lexikalischen aktionalen Funktion des jeweiligen Imperfektivums (so auch in Barnetová 1979, 215). Die oben erwähnte „Merkmallosigkeit“ der Kategorie imperfektiver Aspekt wird sozusagen beim Wort genommen und positiv interpretiert, eben in dem Sinne, dass ⫺ da keine eigene Bedeutung des imperfektiven Aspekts vorliegt ⫺ vom imper-

38. Aspekt und Tempus im Slavischen fektiven Verb nur seine lexikalische aktionale Funktion in den Satz eingebracht wird, also von Verlaufs-Lexemen die Funktion ‚Verlauf‘, siehe plakat’ ‚weinen‘, von stativen Lexemen die Funktion ‚stativ‘, siehe značit’ ‚bedeuten‘, von aktional diffusen Lexemen die Funktion ‚Ereignis und/oder Verlauf‘, siehe čitat’ ‚lesen‘, und von Ereignis-Lexemen die Funktion ‚Ereignis‘, siehe zakryvat’ ‚schließen‘. Dass bei den formal unmarkierten imperfektiven Verben (guljat’, pisat’, ...) die lexikalische aktionale Funktion und die „Aspektbedeutung“ übereinstimmen soll, überrascht wohl nicht. Dass dies bei imperfektiven Ereignis-Verben, die meist durch ein imperfektivierendes Aspektsuffix markiert sind, ebenfalls so sein soll, vielleicht eher. Allerdings hat bereits Maslov für eine der drei Grundkategorien seiner Verbklassifizierung die lexikalische Identität der perfektiven und imperfektiven Verben postuliert und mit dem Kriterium ihrer Austauschbarkeit begründet. Bei der hier Ereignis-Lexeme genannten Klasse (Maslovs dritte Klasse) kommt den perfektiven und imperfektiven Verben immer oder in bestimmten Kontexten die gleiche lexikalische Bedeutung zu, in seiner Redeweise gilt dort die Bedeutungsformel „A = B“ (siehe Maslov 1984 [erstmals 1948], 59 ff.; siehe auch 5.3). Da der perfektive Aspekt außer im Zustandpassiv immer die Funktion ‚Ereignis‘ hat, ergibt sich aus der Formel ‚pf. = ipf.‘, dass das imperfektive Verb ebenfalls Ereignis-Funktion hat. Dort, wo die Bedeutung zwischen dem perfektiven und imperfektiven Verb nicht übereinstimmt, ist die originale Ereignis-Funktion durch Kontext verändert. In der iterativen (per Default), in der allgemeinfaktischen und der konkretfaktischen Funktion des imperfektiven Aspekts erscheint die Ereignis-Funktion zusammen mit anderen, dominanten Funktionen. Zwischen Aspekten und Situationstypen bestehen deutliche Affinitäten (zu ihrem Verhältnis siehe Schlegel 1999). Bezüglich der Perfektiva für heterogene/telische Situationen gilt meist und bezüglich Imperfektiva für homogene Lexeme gilt fast immer: Sie sind aspektuell unmarkiert, kommen häufiger vor, werden zuerst erworben, werden eher in Assoziationstests und als isoliertes Äquivalent für fremdsprachige Verben genannt (siehe Lehmann 1993). Zwischen den Aspektpartnern eines Verballexems besteht also ein Gefälle, und es können alpha- und beta-Partner unterschieden werden, mit der Definition: Alpha-Partner ist das perfektive Verb, wenn es eine heterogene/ telische Situation bezeichnet, z. B. zakryt’ pf ‚schließen‘, und das imperfektive Verb, wenn es eine homogene/atelische Situation bezeichnet, z. B. govorit’ ipf 1. ‚sprechen‘, značit’ ipf ‚bedeuten‘; beta-Partner sind jeweils die anderen Partner, also zakryvat’ ipf, pogovorit’ pf. Ipf. Verben wie čitat’ ‚lesen‘, die aktional diffuse Situationen bezeichnen und einen alpha-Parter (pročitat’ pf) und einen beta-Partner (počitat’ pf) haben, sind selbst folglich alpha-beta-Verben. Beta-Partner sind die funktional komplexeren, die funktional „merkmalhaften“, Verben in einer Aspektpartnerschaft, es sind aber nicht immer auch die formal markierten. Besonders unter den Ereignis-Lexemen ohne sensumotorisch beobachtbaren Zustandwechsel (für Sprechakte, soziale und mentale Akte), wie blagodarit’ ipf ‚danken‘, gibt es eine Reihe von Lexemen, bei denen das grammatische Derivat ein formal markierter alpha-Partner ist (poblagodarit’ pf.).

5.3. Konzeptionen des slavischen Aspekts als grammatische Kategorie Mit der im Strukturalismus verbreiteten Klassifizierung des slavischen Aspekts als flektivischer, damit von der lexikalischen Bedeutung unabhängiger, grammatischer Kate-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz gorie (siehe Lehmann 2003) hängt auch die Tradition zusammen, die Aspektpartner als „Aspektpaare“ zu bezeichnen, obwohl sehr viele und besonders die häufigeren Verb-Vokabeln über mehrere verschiedene Aspektpartner verfügen, was im allgemeinen nicht bezweifelt wird und ein Blick in die relevanten Wörterbucher schnell zeigt (siehe Beispiel gotovit’ in 4.3, vgl. auch die Behandlung dieses Problemkomplexes bei Zaliznjak/Šmelëv 2000, die aber weiterhin von Aspektpaaren sprechen). Die funktional binäre grammatische Kategorie Aspekt muss sich nicht notwendigerweise in Form von Verb-Paaren niederschlagen, und so hat die Zahl der Autoren stetig zugenommen, die den Aspekt als nichtflektivische bzw. klassifikatorische Kategorie ansehen (wie das ebenfalls pro Wort unveränderliche Genus des Substantivs). Die Auffassung, dass der slavische Aspekt eine derivationale grammatische Kategorie sei, die hier und u. a. auch von Dahl (1985), Breu (1994), Karolak (1997) oder Dickey (2000) vertreten wird, geht noch einen Schritt weiter und zieht die Konsequenz aus der unübersehbaren Tatsache, dass ein aspektuell unmarkiertes Verb durch bestimmte Affixe erweitert wird, und Komponenten seiner lexikalischen Bedeutung verändert werden.

5.4. Konzeptionen der Aspektkorrelation im Slavischen Mit der Auffassung vom Aspekt als flektivischer, klassifikatorischer oder derivationaler grammatischer Kategorie korrelieren auch locker verschiedene Konzeptionen dazu, welche Verben sich als Aspektpartner gegenüber stehen ⫺ eine formorientierte, eine auf den telischen/heterogenen Syituationstyp beschränkte und eine funktional orientierte Konzeption. Gemäß der formorientierten Konzeption der Aspektkorrelationen wird nur die imperfektivierende Suffigierung mit {-a-/-va-/-iva-} in den slavischen Sprachen als grammatisch aufgefasst. Alle anderen Affigierungen werden als lexikalisch deklariert, einschließlich der grammatischen Aktionsarten, z. B. der delimitativen, vgl. govorit’ ipf ⫺ pogovorit’ pf ‚sprechen‘, und der Präfigierung bei Ereignis-Lexemen wie bei stroit’ ipf ⫺ postroit’ pf ‚bauen‘. Diese Konzeption wurde seinerzeit in Isačenkos Morphologie (deutsche Variante: Isačenko 1968) vorgetragen. Es ist eine zutiefst strukturalistische Konzeption, erfreut sich aber auch heute noch einer gewissen Beliebtheit, nicht zuletzt außerhalb der Slavistik. Damit soll der Aspekt meist an die scheinbar regelmäßige Formenbildung anderer grammatischer Kategorien wie des Kasus angeschlossen werden, um die Ableitung von Aspektpartnern auch als ein Fall von Flexion ansehen zu können. Die Konzeption, die Aspektkorrelationen auf den telischen/heterogenen Situationstyp beschränkt, ist die am weitesten verbreitete Konzeption und wird vor allem auch in der Praxis des Russischunterrichts, in der Lexiko- und Grammatographie angewendet. Wenn von ihren Vertretern ein Kriterium für das Ansetzen von AspektPaaren explizit gemacht wird, dann werden in der Regel die auf Maslov (1948 in 1984, 53) zurückgehenen Tests propagiert (siehe auch 5.2): (a) der Historisches-Präsens-Test (z. B. Zaliznjak/Šmelëv 2000, 48): Wenn einem perfektiven Verb im Präteritum ein imperfektives Verb im historischen Präsens ohne Sinnveränderung entspricht, bilden sie Aspektpaare. Vgl. On vošël v dom, pod-

38. Aspekt und Tempus im Slavischen nalsja po lestnice, otkryl dver’ ... vs. I vot na sledujuščij den’ on vxodit v dom, podnimaetsja po lestnice, otkryvaet dver’ .... (b) der Iterativitäts-Test: Wenn ein imperfektives Verb „viele sich wiederholende Vorgänge bezeichnen kann, die normalerweise durch das perfektive Verb bezeichnet werden“ (siehe Lazinski 1998, 116), bilden sie ein Aspektpaar, vgl. Každyj raz vozvraščajas’ iz komandirovki on vxodit / vxodil v dom, podnimaetsja / podnimalsja po lestnice, otkryvaet / otkryval dver’ ... Immerhin wird bei dieser Konzeption auch die nicht geringe Menge der durch ein grammatisches („leeres“) Präfix abgeleiteten perfektiven Derivate bei Ereignis-Lexemen als perfektive Partner akzeptiert, vgl. stroit’ ipf ⫺ postroit’ pf ‚bauen‘, blagodarit’ ipf ⫺ poblagodarit’ pf ‚danken‘ usw. Konsequenz besonders der formorientierten, aber auch der zweitgenannten Konzeption ist, dass für extrem große Mengen partnerloser Verben (vgl. Čertkova 1996, 100 ff.) entweder ein Partnerverb mit Null-Suffix angesetzt werden muss (siehe z. B. Kempgen 2000), oder dass sie als aspektdefektiv deklariert werden müssen. Es gibt dann einen scharfen Widerspruch zwischen der gern beschworenen, maximalen Distribution des Aspekts bezüglich der anderen Verbkategorien (alle Tempora, Gerundien und der Infinitiv, im Polnischen auch die Verbalsubstantive) und der minimalen Distribution bezüglich der Lexik. Die funktionale Konzeption der Aspektkorrelation (u. a. Lehmann 1988; Čertkova 1996; Wiemer 1997; Anstatt 2003b; Guiraud-Weber 2004) geht davon aus, dass sich der Aspekt herausgebildet hat, weil mit seiner Hilfe bestimmte kommunikative Aufgaben im Zusammenhang mit dem Verb auf grammatische Weise erfüllt werden können. Damit wird im Slavischen vielmehr eine Vielzahl von semantischen Möglichkeiten eröffnet: Die bezeichneten Situationen können als einmalig oder wiederholt dargestellt werden; sie können in einen chronologischen Zusammenhang eingebettet (episodische Situation) oder außerhalb eines solchen dargestellt werden (nichtepisodische Situation) und die episodischen Situationen sind als Sequenzen, Parallelen oder Inzidenzen darstellbar (siehe 8); Situationen können in der Nord-Isoglosse in der Zukunft oder in der Gegenwart lokalisiert werden. Zur Erfüllung dieser übergeordneten Aufgaben werden vom System alle derivationalen Potenzen mit grammatischem Charakter herangezogen und es wird auch in Kauf genommen, dass sich die jeweiligen Partner der beiden Aspekte nicht immer in der gleichen Weise unterscheiden. Als Aspektpartner werden daher das Basisverb und sein(e) Derivat(e) im Sinne der in 5.1 definierten grammatischen Derivationsklassen (a)⫺(c) betrachtet. Unterschiedliche Ansichten bestehen nicht nur darin, welche Verben Aspektkorrelationen (Aspektpaare) bilden, sondern auch hinsichtlich der Frage, in welcher Weise sie dies tun: (a) eine formorientierte, (b) eine auf „Trivialpaare“ beschränkte oder (c) lexemorientierte Konzeption. (a) Formorientierte Konzeption: Die Verben werden insgesamt, mit allen Bedeutungen korreliert, indem z. B. das imperfektive Verb otkryvat’ als Korrelat (Aspektpartner) des perfektiven Verbs otkryt’ bezeichnet wird, und umgekehrt. Dies ist die Redeweise in Grammatiken und Lehrbüchern, wenn sie nur sehr allgemein auf die Aspekte eingehen. (b) Konzeption „Trivialpaar“ (vgl. Zaliznjak/Šmelëv 2000, 62): Beim entgegengesetzten Extrem werden die Verben nur insoweit korreliert, als die lexikalische Ereig-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz nis-Funktion nicht durch Derivation und Kontext verändert wird, wenn die so genannte triviale Aspektfunktion vorliegt, also Fälle wie historisches Präsens, iterative Funktion, allgemeinfaktische Funktion von Ereignis-Lexemen (siehe 5.2, 5.3), nicht aber, wenn die Aspektfunktionen des imperfektiven Verben dieser Lexeme in progressiver oder stativer Funktion geändert sind, sie werden dann als „quasi andere Verben“ bezeichnet. Da sie keine Aspektpartner hätten, seien sie Imperfektiva tantum (ebd., 63). Dadurch wird die Menge der aspektdefektiven Verben nochmals erhöht. Es ist auch insofern ein bizarrer Ansatz, als die progressive Funktion von vielen Autoren, z. B. Padučeva (1996), zur Allgemeinfunktion des imperfektiven Aspekts erklärt wird, oder von Thelin (1990, 35) als „aspect par excellence“. (c) In der ⫺ hier vertretenen ⫺ lexemorientierten Konzeption wird die Korrelation bezogen auf genau eine lexikalische Bedeutung, die Basisverb und Derivat gemeinsam ist. So hat wie oben erwähnt das Verb gotovit’ auch in konservativer Beschreibung abhängig von der lexikalischen Bedeutung verschiedene, z. T. für eine Bedeutung mehrere Aspektpartner. Die Aspektkorrelation umfasst damit alle grammatischen Aspektfunktionen einschließlich der stativen Funktion.

6. Die Aspektfunktionen im Satz Beim Aspekt interagieren Verblexik, Aspektmarkierung und Satzkontext so, dass das in der Wortform integrierte lexikalische und morphologische Funktionspotential erhalten bleibt, geändert oder spezifiziert wird. Unterschiede zwischen den Sprachen ergeben sich vor allem durch die Restriktionen, die in einer konkreten Sprache der Aspektverwendung und bestimmten Satzfunktionen wie der allgemeinfaktischen Funktion auferlegt sind und durch die Herausbildung peripherer, z. B. modaler Funktionen, siehe dazu Holvoet (1989); Lehmann (1989). Die Satzfunktionen der Aspekte werden meist einem bestimmten Aspekt zugeordnet. In Wirklichkeit kommen die meisten Satzfunktionen mit einem Aspekt tendenziell unbeschränkt und mit dem oppositiven Aspekt unter mehr oder weniger engen kontextuellen Bedingungen vor. Die progressive Funktion allerdings ist eine Funktion allein des imperfektiven Aspekts. Die Satzfunktionen der Aspekte gelten prinzipiell für alle Tempora und slavischen Sprachen. Die Verwendung von perfektiven Verben im Satz ohne kontextuelle Veränderungsfaktoren wird in der Russistik als „konkret-faktische Funktion“ (‚episodisches Ereignis‘) bezeichnet. Sie tritt mit diesem Aspekt auch in den anderen slavischen Sprachen auf. Die Funktion ‚episodisches Ereignis‘ ist aber keineswegs auf den perfektiven Aspekt beschränkt. Im performativen und im narrativen Präsens (historisches Präsens, Direktreportage, Szenisches Präsens, Mauerschau u. a.) tritt der imperfektive Aspekt mit seiner lexikalischen und demgemäß auch seiner morphologischen Gestalt-Funktion auf, sodass Ereignis-Lexeme die Funktion ‚Ereignis‘ behalten (siehe 4.3, 5.2, 5.3) und durch die kontextuelle Funktion ‚episodisch‘ modifiziert werden. Die progressive Funktion (‚episodischer Verlauf‘) tritt nur mit imperfektiven Verben auf. Sie wird durch episodische Kontexte ausgelöst, die Komponenten wie ‚während‘, ‚dabei sein zu ...‘, ‚im Begriff sein zu‘, ‚versuchen zu ...‘ u. ä. enthalten. Die

38. Aspekt und Tempus im Slavischen Beschränkungen in der Verwendung dieser Funktion sind vorwiegend sachverhaltsbedingt, bei stativen Lexemen ist die Verwendung ausgeschlossen (zur terminativen/aterminativen Variante siehe 2.5.; zur Zulässigkeit der progressiven Funktion 4.3) Die iterative Funktion (‚nichtepisodisch. mehrmalig. Ereignis/Verlauf‘) ist mit ipf. Verben unbegrenzt verwendbar, bei perfektiven Verben bestehen jedoch große Unterschiede in der West- und Ost-Isoglosse. Im Russischen sind die Restriktionen relativ eng, dort werden sehr explizite kontextuelle Indikatoren für die Funktionen ‚mehrmalig, nichtepisodisch‘ benötigt (diese Fälle, die eine Neigung zur Zusatzfunktion ‚sporadisch‘ oder ‚sequenziell‘ oder zu modalen Zusatzfunktionen haben), gehören zur sogenannten exemplarischen (Sonder-)Funktion des perfektiven Aspekts. Demgegenüber gibt es für die Verwendung pf. Verben mit iterativer Funktion im Tschechischen praktisch keine Restriktionen (zum Slavischen vgl. Mønnesland 1984; Dickey 2000, 49 ff.). Die allgemeinfaktische Funktion von imperfektiven Verben (‚nicht episodisch per Default nicht quantifiziert (siehe 2.6) ungleichzeitig. Ereignis oder Verlauf‘) ist in der Literatur zum russischen Aspekt bezüglich der Ereignis-Variante in letzter Zeit breit diskutiert worden, weil die Ereignis-Variante ⫺ abgesehen von der Funktion ‚nicht episodisch‘ ⫺ mit der Funktion des perfektiven Aspekts übereinstimmt, und tatsächlich sind in sehr vielen allgemeinfaktischen Kontexten imperfektive und perfektive (konkret-faktische) Prädikate synonym (vgl. die Probandenbefragung zum Russischen bei Švedova 1984). Die Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit einer Verwendung von imperfektiven Verben in allgemeinfaktischer Funktion nimmt offenbar von West nach Ost zu (s. Dickey 2000, 95 ff.). Gleichzeitig wird die Aspektobligatorik und -wahl auch durch pragmatische Faktoren mitbestimmt: Für die Funktion zentral und zumindest im Russischen mit obligatorischem imperfektivem Aspekt ist die Variante „experiential“ (siehe Dahl 1985, 139 ff.): die von Voraussetzungswissen unabhängige Konstatierung, dass es eine entsprechende Situation überhaupt gab (‚haben Sie schon einmal X getan?‘, ‚ich habe schon einmal X getan‘). Fakultativ, auch im Russischen (anders Dickey 2000, 113), ist die Verwendung von imperfektiven Verben in allgemeinfaktischer Funktion in der Variante „annuliertes Resultat“, vgl. ona zakryvala dver’ ‚sie hat die Tür geschlossen gehabt (jetzt ist sie wieder offen)‘. Zumindest im Russischen ist auch das Nichtgelingen von Sprechakten ein Anlass für imperfektive Aspektwahl, vgl. ja predupreždal‚ ‚ich habe (vergeblich) gewarnt‘. Die stative Funktion ist mit imperfektiven Verben unbegrenzt, mit perfektiven im Prinzip nicht verwendbar (Ausnahme ist das Zustandspassiv, siehe 5.2). Sie kann auf eine lexikalische aktionale Funktion zurückgehen, sei es als Komponente einer primären oder einer semantisch abgeleiteten lexikalischen Bedeutung, vgl. značit’ ipf ‚bedeuten‘, ponimat’ ipf (po-russki) ‚(Russisch) verstehen‘. Sie kann aber auch auf einer durch Satzkontext bedingten Rekategorisierung (Überlagerung) beruhen. Dies ist vor allem bei Ereignis-Lexemen ohne das Merkmal des Zustandswechsels und bei Positionsverben leicht möglich, vgl. nikto menja ne ponimaet ipf ‚niemand hat für mich Verständnis‘. In Mongraphien sind die Satzfunktionen für das Polnische von Koschmieder (1934) beschrieben worden, für das Russische nicht zuletzt im Hinblick auf den Russischuntericht von Rassudova (1968); Kratzel (1971); Forsyth (1970); Glovinskaja (2001); Schlegel (2002); Guiraud-Weber (2004).

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

7.

Das Tempus im Slavischen

7.1. Die Tempora und ihre Funktionen Anders als beim Aspekt, der im Slavischen eine einheitliche allgemeine formale Struktur aufweist und sich nur in bestimmten Funktionen und Verwendungsbedingungen unterscheidet, weist die Slavia hinsichtlich der Tempora eine beträchtliche formale Vielfalt auf. Die relativ auffälligen Unterschiede legen es nahe, eine „Nord-Isoglosse“ (Nord-Slavia und Sloven.) und eine „Süd-Isoglosse“ (Bulgarisch, Makedonisch, Serbokroatisch) mit deutlichen Unterschieden in den formalen Tempussystemen anzusetzen (siehe ähnlich auch Kretschmer 1995); daneben eine weniger ausgeprägte, die der Einteilung in Ost- und Westslavia folgt. Ober- und Niedersorbisch nehmen eine Sonderstellung ein, da sie west- und südslavische Tempussysteme vereinen. Die Tempora sind im Slavischen flektivische Kategorien mit synthetischen und analytischen Formen. Es gibt als synthetische Tempora das Präsens, das Präteritum, den Aorist und das Imperfekt, im Ukrainischen zudem ein besonderes Futur mit dem Morphem {-m-}, z. B. pysaty-m-u ‚ich werde schreiben‘; daneben eine Reihe formal verschiedener analytischer Formen, deren Flexionen durch Hilfsverben für ‚sein‘, ‚wollen‘ und ‚haben‘ realisiert und die mit Vollverben im Infinitiv, Partizipien und Präsens kombiniert werden. Eine wichtige Rolle spielen die Formen in der Nachfolge des alten Aktiv-Partizips auf {-l-}. Sie erscheinen in verschiedener Verteilung auf die Sprachen im synthetischen Präteritum und in den analytischen Formen des Perfekt und Futur und im Süden im Plusquamperfekt und Futurum praeteriti. Die slavischen Tempora interagieren stark mit den Aspekten und verfügen über formale und funktionale Aspekttempora. Bei formalen Aspekttempora entspricht der Kombination aus Aspekt- und Tempusfunktionen ein festes synthetisches Formenparadigma (z. B. Aorist und Imperfekt) oder ein analytisches (z. B. das imperfektive Futur im Russischen budu čitat’ ‚werde lesen‘). Bei funktionalen Aspekttempora hat ein Tempus eine bestimmte Tempusfunktion nur in Kombination mit einem bestimmten Aspekt, z. B. die Funktion ‚Zukunft‘ des perfektiven Präsens in der Nord-Isoglosse. Die Tempora im slavischen Passiv, dessen Umfang im imperfektiven Aspekt umstritten und dessen Tempusparadigmen in der Beschreibung meist (notgedrungen auch hier) vernachlässigt werden, tritt fast ausschließlich als formales oder funktionales Aspekttempus auf. Der perfektive Aspekt wird in der Regel mit Partizipien gebildet, für den imperfektiven Aspekt wird z. T., z. B. im Russischen, ein Reflexivum genutzt. Das Tempussystem ist im Passiv allgemein differenzierter als im Aktiv, im Polnischen z. B. gibt es im Passiv ein besonders komplexes Tempusparadigma (analytische Teilparadigmen mit być und zostać). Hier und z. B. im Russischen wird der Unterschied zwischen dem deiktischen und narrativen Tempusparadigma mithilfe des Auxiliars byt’/byc’ markiert (Zustands- und Vorgangspassiv werden kontextuell unterschieden). Vgl.: Russisch dom postroen / Polnisch willa jest zbudowana ‚das Haus ist gebaut (worden)‘; Russisch dom byl postroen / Polnisch willa była zbudowana ‚das Haus wurde gebaut / war gebaut worden‘. Mit dem typischen polnischen perfectiven Passiv-Auxiliar zostać wird diese Unterscheidung nicht gemacht. In der Fortführung der traditionellen Tempusbeschreibung einschließlich Reichenbach (1947) und typologischer Erkenntnisse (vor allem Dahl 1985) verwenden wir

38. Aspekt und Tempus im Slavischen folgende Begriffe: Die Tempusfunktionen („Zeitstufen“) bestehen aus (a) der Relation der Vor-, Gleich- und Nachzeitigkeit zwischen (b) der lokalisierten aktionalen Situation und (c) dem zeitlichen Lokalisator (reference time/Bezugszeit) (siehe Lehmann 1992a). Dabei unterscheiden wir drei Paradigmen von Tempusfunktionen: das deiktische als das primäre, das narrrative und das omnitemporale Paradigma (aus der Systematik von Reichenbach gehen nur das deiktische und das narrative Paradigma hervor). Die Funktionsparadigmen unterscheiden sich nach der Art des Lokalisators, das ist z. B. im deiktischen Paradigma die Sprechzeit. Im Folgenden werden zunächst die Begriffe der Tempusfunktionen bestimmt; in Klammern wird das Tempus, also die Tempusform(en), angeführt, dessen Default-Funktion die genannte Tempusfunktion ist. Einer Tempusfunktion sind ein oder mehrere Tempora zugeordnet, in den Sprachen der Slavia oft recht unterschiedliche. Der Lokalisator (die Referenz-/Bezugszeit) des deiktischen Funktionsparadigmas ist die Sprechzeit. Die Tempusfunktionen sind ‚Gegenwart‘ (Defaultfunktion des Präsens), d. h. die aktionale Situation überschneidet sich zeitlich mit der Sprechzeit, ‚Vorgegenwart‘ (zu Perfekt), d. h. Vorzeitigkeit zur Sprechzeit; ‚Zukunft‘ (zu Futur), mit der Situation nachzeitig zur Sprechzeit. Als periphere Tempusfunktion gehört zum deiktischen Paradigma die Funktion ‚Vorzukunft‘ (zu Futurum exactum), mit der Situation nachzeitig zur Sprechzeit und vorzeitig zu einer anderen aktionalen Situation. Die anderen Funktionsparadigmen sind jeweils eine Reproduktion der chronologischen Relationen der Gleich-, Vor- und Nachzeitigkeit des deiktischen Paradigmas. Das narrative Paradigma (siehe Lehmann 1992b) besitzt die Tempusfunktionen ‚Vergangenheit‘ (zu echtem, d. h. narrativem Präteritum/past), ‚Vorvergangenheit‘ (zu Plusquamperfektum), und ‚narrative Zukunft‘ (zum Futurum praeteriti; selten). Dominanter Lokalisator (Bezugszeit) für die Situationen ist hier statt der Sprechzeit das psychische Jetzt ⫺ die Zeit der Verarbeitung in der Rezeption bzw. Produktion ⫺ oder anders gesagt: der Zeit„punkt“, zu dem der Sprecher bzw. Hörer sich eine Situation vorstellt, so wie ein Radiohörer sich die Situationen einer Direktreportage vorstellt (siehe Lehmann 1992a; bei Reichenbach und seinen Nachfolgern wird die Bezugszeit der narrativen Tempora nicht spezifiziert, sondern nur gesagt, dass sie vor der Sprechzeit liegt). Der Normalfall mit dem „echten“ Präteritum für ‚Vergangenheit‘ ist, dass die Situation als gleichzeitig zum psychischen Jetzt aufgefasst wird, was bei episodischen Situationen die Illusion erzeugt, „dabei“ zu sein und die Grundlage für die zeitliche Strukturierung des Erzählten bildet. Daher besteht auch die Möglichkeit, dieses Präteritum durch das historische Präsens zu ersetzen (siehe das Beispiel in 5.4 (b)), während Prädikate im Plusquamperfekt bzw. im Globalpräteritum mit der Funktion der Vorvergangenheit nur durch ein „historisches Perfekt“ ersetzt werden können. Die Tempusfunktionen des narrativen Paradigmas implizieren, dass eine aktionale Situation ⫺ neben der dominanten Relation zum psychischen Jetzt ⫺ in taxischer Relation zu anderen aktionalen Situationen steht (siehe 8). Dass die Gesamtheit des Erzählten vor der Sprechzeit liegt, ist relativ irrelevant, die präteritalen Formen vermitteln, z. B. in Gegenwarts- oder utopischen Romanen, oft nur eine Illusion von Vergangenem. Was das narrative Paradigma vermittelt, ist vielmehr eine „Enthebung von der Sprechsituation“ (siehe dazu Wiemer 1997); mit ‚vor der Sprechzeit‘ als schwachem Default. Der Lokalisator des omnitemporalen Paradigmas ist ‚jedes beliebige Zeitintervall‘ bei generischer Referenz der Argumente. Genutzt werden die Tempora des deikti-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz schen Paradigmas, meist das Präsens, z. B. zum Ausdruck von mathematischen Axiomen, Definitionen und Gesetzmäßigkeiten, aber auch Tempora für Vor- oder Nachzeitigkeit, wie das Sprichwort zeigt: Na beregax, gde byla voda, opjat’ zal’ët. ‚An Ufern, wo Wasser war (vorzeitig zu tx), wird es wieder hinfließen (nachzeitig zu tx).‘

7.2. Die Tempora des deiktischen Paradigmas Die Funktion ‚Gegenwart‘ wird in der Slavia per Default mit dem imperfektiven Präsens in vielen funktionalen Varianten (siehe Mehlig 1995) ausgedrückt. Mit dem perfektiven Präsens können im Sloven. performative Akte markiert werden, Reste dieser Verwendung gibt es z. B. im Russischen und Polnischen (vgl. poproszę, ‚ich bitte darum, ...‘), außerdem tritt das perfektive Präsens in verschiedener Stärke in Kombination mit modalen Funktionen auf, vgl. on otkroet ljuboe okno ‚er öffnet dir jedes Fenster‘. Die Tempusfunktion ‚Zukunft‘ (siehe Dalewska-Greń 1997, 374 ff.; Breu 2000, 29 f.) wird in der Nord-Isoglosse getrennt nach Aspekten synthetisch mit dem perfektiven Präsens (zakrojut ‚man wird schließen‘) und analytisch mit dem Hilfsverb für ‚sein‘ ausgedrückt. Das Inhaltsverb ist ein imperfektiver Infinitiv (budut zakryvat’ ‚man wird schließen‘), wobei das Suffix {-l-} im Polnischen alternativ neben dem Infinitiv gebraucht wird, im Slovenischen statt des Infinitivs (hier auch mit perfektivem Aspekt). In der Süd-Isoglosse wird eine analytische Form mit den Nachfolgern von urslavischem *choteˇti ‚wollen‘ gebildet, und zwar mit Verben beider Aspekte, im Serbokroatischen im Infinitiv (im Serbokroatischen auch mit da C Präs.), im Bulgarischen und Makedonischen im Präsens, vgl. bulg. šte dam pf/davam ipf ‚ich werden geben‘. Die Vorzukunft (‚Futurum exactum‘) wird u. a. im Russischen und Polnischen, in der Süd-Isoglosse im Nebensatz durch das perfektive Präsens bedient, daneben gibt es in der Süd-Isoglosse ein eigenes analytisches Futurum exactum aus der Futurform des Hilfsverbs für ‚sein‘ und Vollverb mit {-l-}. Das ehemalige urslavische Perfekt mit der präsentischen Form des Hilfsverbs für ‚sein‘ und dem Vollverb mit aktivem Partizipialsuffix {-l-} hat seine Funktion ‚Vorgegenwart‘ generell behalten. Es ist mit beiden Aspekten kombinierbar, hat sich im Norden aber ausgedehnt auf das narrative Paradigma (den entsprechenden Gesetzmäßigkeiten der Grammatikalisierung folgend). Formal wurden in dieser Entwicklung verschiedene Wege gegangen: Im Nordosten ist durch den Schwund des präsentischen Hilfsverbs für ‚sein‘ eine synthetische Form mit Endungen für Numerus und Genus entstanden, vgl. pisa-l-a ‚hat geschrieben/schrieb-fem‘. Im Polnischen ergab die Klitisierung eine schriftliche synthetische Form, z. B. pisałam ‚habe geschrieben/schrieb-fem‘, die anderen nordwestlichen und südlichen Sprachen haben die analytische Form (auch in der Schrift) konserviert, abgesehen von der Tilgung des Hilfsverbs in der 3. Person in einigen Sprachen (Polnisch, Tschechisch, Slovakisch, Makedonisch). Zum Perfekt in der Nord-Isoglosse siehe Tommola (2000). In maked. Substandards (Dalewska-Greń 1997, 381) und solchen des Nordens gibt es eine (neue) Resultativ-Variante des Perfekts nach der Struktur ‚ich habe getan‘, vgl. maked. imam vlezeno ‚ich bin reingegangen‘.

38. Aspekt und Tempus im Slavischen

7.3. Die Tempora des narrativen Paradigmas Die Ausdehnung des alten slavischen Perfekts auf die Funktionen des narrativen Paradigmas zu einem „Globalpräteritum“ als einzigem Tempus für die Vorgegenwart und das narrative Paradigma ist ein Spezifikum der Nord-Isoglosse. Diese Expansion ging einher mit dem Verlust der synthetischen narrativen Aspekttempora Aorist und Imperfekt, ein Prozess, der aktuell im Serbokroatischen zu beobachten ist. Wie das Perfekt ist auch das Globalpräteritum mit beiden (derivationalen) Aspekten kombinierbar, ebenso Aorist und Imperfekt. Letztere sind formale Aspekttempora der Süd-Isoglosse (und des Sorbischen), mit Aorist: ‚perfektiv C Vergangenheit‘ und Imperfekt: ‚imperfektiv C Vergangenheit‘. Das (analytische) Plusquamperfekt gibt es nach Dalewska-Greń (1997, 372) außer im Russ. in allen slavischen Sprachen. Ihre eigenen auf das Stilistische bezogenen Einschränkungen sind u.a insofern zu verstärken, als dieses Tempus z. B. im Polnischen auch in der Schriftsprache seit dem 20. Jh. nicht mehr verwendet wird. Die Tendenz zum Schwund ist in der Nord-Isoglosse weit fortgeschritten. Für die Vorvergangenheit steht jedoch neben dem Globalpräteritum auf {-l-} ein meist vorangestelltes perfektives Adverbialpartizip zur Verfügung, vgl. ubrav komnatu, ona ušla ‚als sie das Zimmer aufgeräumt hatte, ging sie‘. Die narrative Zukunft wird vorwiegend mit einer Futurform im Indikativ wiedergegeben, im Bulgarischen und Makedonischen gibt es eigene Tempora, ein Futurum praeteriti in beiden Sprachen und ein Futurum exactum praeteriti im Bulgarischen. Zum slavischen Präteritum siehe Breu (2000, 30 f.); einen Forschungsüberblick zur Temporalität im Slavischen gibt Kosta (1995).

8. Tempus und Aspekt im Text Während in den vorausgegangenen Abschnitten Tempora und Aspekte als einzelne Einheiten jeweils in ihrer Umgebung betrachtet wurden, sollen im folgenden einige Funktionen der Kombination von mehreren Prädikaten mit ihren Aspekten und Tempora angesprochen werden. Hinsichtlich der temporalen Kohärenz zwischen aktionalen Situationen sind die deiktische und die taxische (siehe Lehmann 1998b) sowie die kompletive („relative“, vgl. z. B. Padučeva 1996, 292 f.) Orientierung zu unterscheiden. Bei der kompletiven Orientierung ist der temporale Lokalisator ein im übergeordneten Satz genannter Sprech-, Wahrnehmungs- oder Denkakt, der meist durch ein Verb (Verbum dicendi, sentiendi oder cogitandi) ausgedrückt wird, vgl. Ona skazala / dumala, čto on sidel / sidit / budet sidet’ doma. ‚Sie sagte / meinte, er habe gesessen / sitze / werde sitzen zu Hause‘. Die Redeerwähnung (direkte/indirekte Rede) ist eine der Unterkategorien der kompletiven Orientierung. Die Tempora und die chronologischen Relationen zum Akt des übergeordneten Inhaltsworts in der indirekten Rede entsprechen im Slavischen denen der direkten Rede. Eine modale Markierung wird nur im Bulgarischen und Makedonischen durch den Renarrativ vorgenommen, der die Verantwortlichkeit für die Aussage einem anderen, nicht genannten Sprecher zuschreibt.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Die anderen nicht deiktischen chronologischen Relationen zwischen zwei und mehr aktionalen Situationen werden in der Slavistik meist als taxisch bezeichnet. Sie sind textlinguistisch das Analogon der anaphorischen Relationen bei den Nominalgruppen. Eine taxische morphologische, damit explizite Funktion haben die Adverbialpartizipien und die traditionell (nicht hier) als „relativ“ bezeichneten Tempora der Vorvergangenheit, Vorzukunft und narrativen Zukunft. Die anderen taxischen Relationen beruhen auf Inferenzen, sind also implizit, und erscheinen in allen Redetypen. Darunter werden hier die drei Arten von Textpassagen verstanden, in denen ein temporales Paradigma ohne Unterbrechung angewendet wird. So wird z. B. bei omnitemporaler Tempus-Aspektverwendung in konditionalen und temporalen zusammengesetzten Sätzen bei Ungleichzeitigkeit für das Prädikat des Nebensatzes in vielen slavischen Sprachen die perfektive Präsensform verwendet, vgl. rannej vesnoj, kogda sojdët pf sneg i podsoxnet pf ... trava, v stepi načinajutsja ipf vesennie pali (Forsyth 1970, 184). Taxische Relationen sind besonders relevant und eine konstitutive Voraussetzung für die narrative Rede. Hier ergeben sich ⫺ episodische Vergangenheit vorausgesetzt ⫺ aus den Aspektkonstellationen folgende, von Koschmieder (1934) erstmals beschriebenen, Arten der aktionalen Chronologie (deutsch jeweils ‚sie weinte und legte sich schlafen‘): Sequenz (pf. C pf.), ona poplakala pf i legla spat’ pf; Parallelismus (ipf. C ipf.), ona plakala ipf i ložilas’ ipf spat’; Inzidenz (ipf. C pf. oder umgekehrt, wobei das imperfektive Verb den „Hintergrund“ und das perfektive Verb den „Eintritt“ der Handlung markieren): ona plakala ipf i legla spat’ pf. Diese chronologischen Relationen ergeben sich inferenziell bei Vergangenheit aus den jeweiligen aktionalen Gestalten, die nacheinander rezipiert werden. Wenn der Rezipient sich ein Ereignis, also eine einphasige, damit abgeschlossene Situation im psychischen Jetzt vorstellt und die nächste Situation ebenfalls einphasig ist, entnimmt er den beiden Prädikaten, dass ihre Situationen nacheinander stattfinden, dass sie eine Sequenz bilden, es sei denn, der Text liefert eine gegenteilige Information. Ist die im „Jetzt“ aufgenommene Situation nicht abgeschlossen, und die im Text darauf folgende auch nicht, schließt der Rezipient (nicht bewusst), dass sie untereinander gleichzeitig sind, einen Parallelismus bilden. Die zweite Situation kann aber durch bestimmte Faktoren, z. B. durch ein Wort für ‚danach‘, als ungleichzeitig angezeigt werden (oni slušali ipf radio, potom igrali ipf v šaxmaty ‚sie hörten Radio, danach spielten sie Schach‘). Dann ist der aktional-chronologische Default aufgehoben und die kontextuelle Chronologie setzt sich durch. Im Tschechischen und anderen Sprachen der West-Isoglosse kann die Sequenz mit imperfektiven Verben nach a ‚und‘ auch ohne die Verwendung solcher expliziten chronologischen Mittel, meist mit einer ingressiven Funktion, bezeichnet werden (siehe Ivančev 1971 und die Diskussion bei Dickey 2000, 203 ff.). Diese Verwendung des imperfektiven Aspekts ist bereits von Ivančev (1971) als Aspektisoglosse in der gleichen arealen Aufteilung wie bei Dickey erkannt worden. Ganz allgemein gesehen ist der Aspekt nur einer der Faktoren, die für das Verstehen chronologischer Relationen eine Rolle spielen (siehe Lehmann/Hamburger Studiengruppe 1993), neben den Faktoren der Sachverhaltslogik, der Abfolge der Prädikate, Temporallexik (siehe Born-Rauchenecker 2001) und/oder der lexikalischen aktionalen Funktion (siehe 4.3). Letztere ist als Ersatz für den Aspekt wirksam, wenn dessen Funktionen der aktionalen Chronologie außer Kraft sind, wie im imperfektiven Präsens. Die narrative Verwendung des ipf. Präsens, z. B. in Direktreportagen, Szenenan-

38. Aspekt und Tempus im Slavischen weisungen oder dem historischen Präsens, zeigt die gleichen chronologischen Effekte der aktionalen Chronologie wie der perfektive und imperfektive Aspekt in der Vergangenheit oder dem im Präteritum „aspektlosen“ Deutschen: Sequenz, mit den Situationstypen Ereignis C Ereignis: Ona otkryvaet pis’mo i saditsja oder deutsch Sie öffnete den Brief und setzte sich. Parallelismus, mit den Situationstypen Verlauf C Verlauf: Ona xodit po komnate i rassmatrivaet snimki oder deutsch Sie ging im Zimmer herum und betrachtete Photos. Es ist das Privileg von Aspektsprachen wie den slavischen Sprachen, dass diese chronologischen Relationen auch mit grammatischen Mitteln ausgedrückt werden können, also unabhängig davon, welche aktionale Gestalt die lexikalischen Bedeutung impliziert. Die aktionale Chronologie generiert somit, zusammen mit anderen Faktoren, die Beziehungen im episodischen Zeitnetz eines Textes, natürlich vor allem eines erzählenden Textes. Es ist das episodische Zeitnetz, von dem gesagt werden kann, es bilde den narrativen Vordergrund (die oben erwähnte „Hintergrund-Eintritt“-Konstellation in einer Inzidenz ist eine Schichtung innerhalb dieses episodischen Textvordergrunds). Den Hintergrund bilden die nichtepisodischen Situationen mit einem eigenen Zeitnetz. Mit dieser funktionalen Schichtung wäre die grobe formale Zuordnung der Aspekte zum fore-/backgrounding bei Hopper (1979) zu präzisieren, die viel Erfolg in der textlinguistischen Diskussion zum Aspekt hatte (vgl. dazu Forschungsüberblick und Anwendung bei Weiss 1995), die jedoch zu Recht von Dickey (2000, passim) kritisiert wird. Wenn es um den Aspekt in narrativer Rede geht, ist die gegenwärtig maßgebliche theoretische Arbeit die von Padučeva (1996).

9. Literatur (in Auswahl) Anstatt, Tanja (2003a): „Das Verbalpräfix po- im Polnischen“. // Zeitschrift für slavische Philologie 62. 359⫺385. Anstatt, Tanja (2003b): Aspekt, Argumente und Verbklassen im Russischen. Habilitationsschrift Tübingen. http://slavistik.rub.de/index.php?id=85,226,0,0,1,0 Barnetová, Vilma (1979): Russkaja grammatika. I⫺II. Praha. Bartnicka, Barbara (2004): Grammatik des Polnischen. München. Bondarko, A. V. (1971): Vid i vremja russkogo glagola. Značenie i upotreblenie. Moskva. Bondarko, A. V. (Red.) (1989): Teorija funkcional’noj grammatiki: Vvedenie. Aspektual’nost’. Vremennaja lokalizovannost’. Taksis. Leningrad. Born-Rauchenecker, Eva (2001): Temporale Verbsemantik und Kohärenz im Russischen. München. Breu, Walter (1994): „Interactions between Lexical, Temporal, and Aspectual Meanings“. // Studies in Language 18. Amsterdam. 23⫺44. Breu, Walter (2000): „Zur Position des Slavischen in einer Typologie des Verbalaspekts. Form, Funktion, Ebenenhierarchie und lexikalische Interaktion“. // Breu, Walter (ed.). Probleme der Interaktion von Lexik und Aspekt (ILA). Tübingen. 21⫺54. Brüggemann, Natalja (2003): „Verbderivate mit po- und die zeitliche Begrenzung der Situation im Russischen“. // Anstatt, Tanja/Hansen, Björn (eds.). Entwicklungen in slavischen Sprachen 2. München. 261⫺280. Čertkova, M. Ju. (1996): Grammatičeskaja kategorija vida v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Comrie, Bernard (1976): Aspect. Cambridge et al.

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38. Aspekt und Tempus im Slavischen Lehmann, Volkmar (1993): „Die russischen Aspekte als gestufte Kategorien“. // Die Welt der Slaven 38/2, München. 265⫺297. Lehmann, Volkmar (1994): „Episodizität“ // Mehlig, Hans Robert (ed.). Slavistische Linguistik 1993. München. 153⫺179. Lehmann, Volkmar (1995): „Al’ternacija akcional’nyx funkcij russkogo glagola“. // Karolak, Stanisław (ed.). Semantika i struktura slavjanskogo vida I. Krakow. 113⫺130. Lehmann, Volkmar (1996): „Die Rekonstruktion von Bedeutungsentwicklung und -motiviertheit mit Funktionalen Operationen“. // Weiss, Daniel (ed.). Slavistische Linguistik 1995. München. 255⫺289. Lehmann, Volkmar (1997): „Grammatičeskaja derivacija u vida i tipy glagol’nyx leksem“. // Čertkova M. Ju. (red.). Trudy aspektologičeskogo seminara filologičeskogo fakul’teta MGU imeni M. V. Lomonosova. Tom 2. Moskva. 54⫺68. Lehmann, Volkmar (1998a): „Eine Kritik der progressiven Funktion als Kriterium aspektueller Verbkategorisierung“. // Die Welt der Slaven 43. 296⫺306. Lehmann Volkmar (1998b): „Zeitliche Kohärenz“. // Berger, Tilman/Raecke, Jochen (eds.). Slavistische Linguistik 1997. München. 101⫺123. Lehmann, Volkmar (1999): „Der Aspekt“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 214⫺242. Lehmann, Volkmar (2001): „Lexiko-grammatische und grammatische Kategorien“. // Lehmann, Volkmar/Scharnberg, Jessica (eds.). Slavistische Linguistik 2000. München. 105⫺121. Lehmann, Volkmar (2003): „Grammatische Derivation (Aspekt, Genus verbi, Komparation, Partizip und andere Phänomene zwischen Flexion und Wortbildung)“. // Berger, Tilman/Gutschmidt, Karl (eds.). Funktionale Beschreibung slavischer Sprachen. Beiträge zum XIII. Internationalen Slavistenkongress in Ljubljana. München. 139⫺162. Lehmann, Volkmar (2006): „Kognitivnaja rekonstrukcija i leksikografija russkogo vida: profilirovanie i drugie funkcional’nye operacii“. // Lehmann, Volkmar (Red.). Glagolnyj vid i leksikografija, (Semantika i struktura slavjanskogo vida 4). München. 191⫺233. Lehmann, Volkmar/Hamburger Studiengruppe (1993): „Interaktion chronologischer Faktoren beim Verstehen von Erzähltexten“. // Kempgen, Sebstian (ed.). Slavistische Linguistik 1992. München. 157⫺196. Leinonen, Marja (1992): Russian aspect, temporal’naja lokalizacija and definiteness/indefiniteness. Helsinki. Maslov, Ju. D. (1984): „Vid i leksičeskoe značenie glagola v sovremennom russkom literaturnom jazyke“. // Maslov, Ju. D. Očerki po aspektologii. Leningrad. 48⫺65. Maslov Ju. D. (1959): „Glagol’nyj vid v sovremennom bolgarskom literaturnom jazyke (značenie i upotreblenie)“. // Voprosy grammatiki bolgarskogo literaturnogo jazyka. Moskva. 231⫺275 und 307⫺312. Maslov, Ju. S. (1984): Očerki po aspektologii. Leningrad. Mehlig, Hans R. (1995): „Wesen und Funktion des Präsens im Slavischen“. // Jachnow, Helmut/ Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Wiesbaden. 176⫺198. Mønnesland, Svein (1984): „The Slavonic frequentative habitual“. //de Groot, Casper/Tommola, Hannu (eds.). Aspect bound. Dordrecht: 53⫺76. Padučeva, E. V. (1996): Semantičeskie issledovanija: Semantika vremeni i vida v russkom jazyke. Semantika narrativa. Moskva. Petruxina, E. V. (2000): Aspektual’nye kategorii glagola v russkom jazyke v sopostavlenii s češskim, slovackim, pol’skim i bolgarskim jazykami. Moskva. Piernikarski, Cezar (1969): Typy opozycji aspektowych czasownika polskiego na tle słowiańskim. Wrocław. Pöppel, Ernst (1987): Grenzen des Bewußtseins. Über Wirklichkeit und Welterfahrung. München. Rassudova, O. P. (11968/31982): Upotreblenie vidov glagola v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Reichenbach, Hans (1947): Elements of Symbolic Logic. London/New York.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Ruhnau, Eva (1992): „Zeit ⫺ das verborgene Fenster der Kognition“. // Kognitionswissenschaft 2. Berlin et al. 171⫺179. Schlegel, Hans (1999): Zur Rolle der Terminativität/Aterminativität (T/AT) im Aspekt- und Aspektbildungssystem der russischen Sprache der Gegenwart: ein Beitrag zur Theorie der Aspektualität. München. Schlegel, Hans (2002): Bildung, Bedeutung und Gebrauch des russischen Verbalaspekts. Teil 1. München. Schuyt, Roel (1990): The Morphology of Slavic Verbal Aspect: A Descriptive and Historical Study. Amsterdam/Atlanta. Šlosar, Dušan (1981): Slovotvorný vývoj českého slovesa. Brno. Stunová, Ana (1993): A contrastive study of Russian and Czech aspect: invariance vs. discourse. Amsterdam. Švedova, N. Ju. (Red.) (1980): Russkaja grammatika. Band I. Moskva. Thelin, Nils B. (ed.) (1990): Verbal Aspect in Discourse. Amsterdam. Tommola, Hannu (2000): „On the perfect in North Slavic“. // Dahl, Östen (ed.). Tense and Aspect in the Languages of Europe. 441⫺478. Tulving, Endel (1972): „Episodic and semantic memory“. // Tulving, Endel/Donaldson, Wayne (eds.). Organisation and memory. New York. 381⫺403. Vendler, Zeno (1957): „Verbs and Times“. // The Philosophical Review 66. 143⫺160. Weinrich, Harald (1964): Tempus: Besprochene und erzählte Welt. Stuttgart etc. Weiss, Daniel (1995): „Die Rolle der Temporalität in der Textkonstitution“. // Jachnow, Helmut/ Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Wiesbaden. 245⫺272. Wiemer, Björn (1997): Diskursreferenz im Polnischen und Deutschen. Aufgezeigt an der Rede einund zweisprachiger Schüler. München. Zaliznjak, A. A./Šmelëv, A. D. (2000): Vvedenie v russkuju aspektologiju. Moskva.

Volkmar Lehmann, Hamburg (Deutschland)

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch 1. Aspekt und Tempus im Tschechischen im Lichte der modernen Theorien 2. Pragmatische Dimension von Aspekt und Tempus im Tschechischen 3. Kognitiv-deiktische und morphosyntaktische Struktur von Aspekt und Tempus im Tschechischen 4. Literatur (in Auswahl)

Abstract The central topic of this article is the constitution of meaning of the categories aspect, tense and lexical aspect along with their function in the Czech sentence. In the first paragraph, Czech conceptions of aspect and tense are described within the scope of modern theories. The question remains open, whether semantics of interval are neccessary to achieve an adequate interpretation, or to what extent elements of formal logic

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Ruhnau, Eva (1992): „Zeit ⫺ das verborgene Fenster der Kognition“. // Kognitionswissenschaft 2. Berlin et al. 171⫺179. Schlegel, Hans (1999): Zur Rolle der Terminativität/Aterminativität (T/AT) im Aspekt- und Aspektbildungssystem der russischen Sprache der Gegenwart: ein Beitrag zur Theorie der Aspektualität. München. Schlegel, Hans (2002): Bildung, Bedeutung und Gebrauch des russischen Verbalaspekts. Teil 1. München. Schuyt, Roel (1990): The Morphology of Slavic Verbal Aspect: A Descriptive and Historical Study. Amsterdam/Atlanta. Šlosar, Dušan (1981): Slovotvorný vývoj českého slovesa. Brno. Stunová, Ana (1993): A contrastive study of Russian and Czech aspect: invariance vs. discourse. Amsterdam. Švedova, N. Ju. (Red.) (1980): Russkaja grammatika. Band I. Moskva. Thelin, Nils B. (ed.) (1990): Verbal Aspect in Discourse. Amsterdam. Tommola, Hannu (2000): „On the perfect in North Slavic“. // Dahl, Östen (ed.). Tense and Aspect in the Languages of Europe. 441⫺478. Tulving, Endel (1972): „Episodic and semantic memory“. // Tulving, Endel/Donaldson, Wayne (eds.). Organisation and memory. New York. 381⫺403. Vendler, Zeno (1957): „Verbs and Times“. // The Philosophical Review 66. 143⫺160. Weinrich, Harald (1964): Tempus: Besprochene und erzählte Welt. Stuttgart etc. Weiss, Daniel (1995): „Die Rolle der Temporalität in der Textkonstitution“. // Jachnow, Helmut/ Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus. Wiesbaden. 245⫺272. Wiemer, Björn (1997): Diskursreferenz im Polnischen und Deutschen. Aufgezeigt an der Rede einund zweisprachiger Schüler. München. Zaliznjak, A. A./Šmelëv, A. D. (2000): Vvedenie v russkuju aspektologiju. Moskva.

Volkmar Lehmann, Hamburg (Deutschland)

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch 1. Aspekt und Tempus im Tschechischen im Lichte der modernen Theorien 2. Pragmatische Dimension von Aspekt und Tempus im Tschechischen 3. Kognitiv-deiktische und morphosyntaktische Struktur von Aspekt und Tempus im Tschechischen 4. Literatur (in Auswahl)

Abstract The central topic of this article is the constitution of meaning of the categories aspect, tense and lexical aspect along with their function in the Czech sentence. In the first paragraph, Czech conceptions of aspect and tense are described within the scope of modern theories. The question remains open, whether semantics of interval are neccessary to achieve an adequate interpretation, or to what extent elements of formal logic

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch models of aspect and tense can be attributed linguistically relevant values. In the second paragraph the categories mentioned above are presented as pragmatic indicators that trigger different illocutions of expressions. In the last paragraph we try to interpret the morphosyntactic structure of categories cognitively and deictically. The major topic here is the functional interplay of grammatical, semantic and pragmatic features.

1. Aspekt und Tempus im Tschechischen im Lichte der modernen Theorien Moderne Tempus- und Aspekt-Theorien basieren auf dem logisch-semantischen Ansatz von Reichenbach (1947). In diesem Rahmen wurden neben den klassischen Arbeiten von Comrie (1976, 1985) temporaldeiktische Deutungen (Ehrich 1992, Thieroff 1992) bzw. intervallsemantische Ansätze (Bäuerle 1979, Klein 1994) entwickelt. Ein origineller textgrammatischer Ansatz stammt von Weinrich (1964). Da das Tschechische lediglich über Formen für die absoluten Tempora verfügt, konnte die Tempuslogik von Reichenbach (1947) im Rahmen des Prager Generativen Funktionalismus bei der Beschreibung der Ausdrucksmittel für die relativen Tempora im komplexen Satz nur teilweise berücksichtigt werden (Panevová/Benešová/Sgall 1971; Panevová/Sgall 1998; Kosta 1995). Zahlreicher sind die meist morphologisch orientierten eigenständigen Beschreibungen des tschechischen Aspektsystems (Kopečný 1962; Poldauf 1948, 1954; Daneš 1985; Šlosar 1981; Němec 1958; Dostál 1954). Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte gibt es in allen Tempus- und Aspekt-Theorien methodologische Gemeinsamkeiten: Es handelt sich oft um vergleichende Studien (v. a. mit Russisch, Englisch und Deutsch), die diachrone Entwicklung der Kategorien wird auch in synchronen Darstellungen berücksichtigt (vgl. Leiss 1992, 2000) und die Sprecher-Hörer-Relationen werden mehr oder weniger in die Analyse einbezogen, wobei die Sprecher-Perspektive dominiert. Die tschechischen Autoren (vgl. Daneš 1985, 13; Šenkeřík 2005, 354 ff.; Bláha 2005, 15) berufen sich gern auf philosophische Konzeptionen der Metaphysik (Aristoteles: „Die Bewegung ist ein Wahrzeichen der Zeit“), die formallogischen Theorien auf Immanuel Kant („Die Zeit ist reine Form unserer Anschauung“). Offen bleibt die Frage, ob die Intervall-Semantik für eine Tempusinterpretation notwendig ist. Die einzige intervallsemantische Theorie findet man für das Tschechische in der Studie von Schmiedtová (2003), in welcher der Apparat von Klein (1994) angewandt wird. Ähnlich wie bei Reichenbach wird hier mit drei Variablen gearbeitet: time of utterance (TU), topic time (TT) und time of situation (TSit). Demnach wird der Aspekt als eine temporale Relation zwischen TT und TSit, das Tempus als eine temporale Relation zwischen TT und TU definiert. Zentral ist die Unterscheidung von TT als einem Ausschnitt von TSit und auch die Auffassung von TSit. Schmiedtová (2003, 208) weist darauf hin, dass, wenn eine Handlung statt einer Situation interpretiert wird, die Opposition TT-TSit zusammenbricht. Die Tatsache, dass TSit der Handlung bis zum Sprechzeitpunkt TU oder darüber hinaus ausgedehnt werden kann (z. B. ‚Das Buch lag auf dem Tisch ...‘ und das Buch kann auch heute noch auf dem Tisch liegen) führte Welke (2005, 20 ff.) zur Einführung einer sog. objektiven Situationszeit, die von der subjektiven TT zu unterscheiden ist. Unklar bleibt, inwieweit diese Unterscheidung für die Interpretation einer konkreten Äußerung relevant ist. Der Sprecher bezieht sich im-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz mer auf eine konkrete Situation als einen mentalen Inhalt, der verbalisiert wird. Schmiedtová (2003, 191) betont, dass abstrakte temporale Relationen und nicht konkrete Flexionsformen repräsentiert werden. Darin sehen Guéron/Lecarme (2004, 9) sowie Radtke (1998, 125 ff.) einen Nachteil, da in diesem Modell den morphosyntaktischen Einheiten keine linguistisch relevanten semantischen Werte zugeschrieben werden können (vgl. auch die Diskussion in Socka 2004, 163 ff.; Šenkeřík 2005, 362 ff.). Es ist ein rein algebraisches Modell, in dem sich die Kombinatorik der Zeitintervalle aus dem axiomatischen Potential ergibt und nicht aus dem sprachlichen abgeleitet werden kann. Schmiedtová (2003, 207 ff.) reflektiert den Forschungsstand in der tschechischen Aspektsemantik nicht, trotzdem arbeitet sie bei der Aspektanalyse auch mit klassischen Merkmalen wie ‚Abgeschlossenheit‘ oder ‚Veränderung‘. Während beim imperfektiven Aspekt TT in der TSit eingeschlossen ist, kommt beim perfektiven Aspekt innerhalb der TT eine Veränderung, ein Wechsel hin zum Zielzustand vor. Dabei fällt TT direkt in die TSit und zusätzlich in eine Nachzeit (post-time), so dass die Handlung als eine abgeschlossene interpretiert wird. Unklar bleibt, ob der tschechische Aspekt als eine temporale Relation zwischen zwei Zeitintervallen oder eher als ein Phänomen der Aktionalität definiert werden soll. Klein (1994, 88) hält das Merkmal der Durativität für einen Teil des Weltwissens und nicht der Verbsemantik, und als solches für irrelevant. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass die tschechischen ipf. Verben eine Prozessualität ausdrücken (dazu siehe weiter unten im Abschnitt 3).

2. Pragmatische Dimension von Aspekt und Tempus im Tschechischen Im Rahmen der funktional-semantischen Syntax-Theorie weisen Grepl/Karlík (1998) darauf hin, dass der tschechische Aspekt als ein Illokutionsindikator funktionieren kann, v. a. in der Korrelation des pf. Imperativs mit dem negativen ipf. Imperativ bzw. mit dem negativen pf. Infinitiv (Verbot vs. Warnung): Zavři! ⫺ ‚Mach zu!‘, Nezavírej ty dveře! ⫺ ‚Mach die Tür nicht zu!‘, Neumaž to! ⫺ ‚Mach es bloß nicht schmutzig!‘. Hinzu kommen zahlreiche sog. Transpositionen der Tempusformen, die verschiedene Illokutionen ausdrücken. Eine systematische Untersuchung der Kategorien Aspekt und Tempus als deiktische Illokutionsindikatoren liegt in Šenkeřík (2005) vor, die Transpositionen der Futurformen beschreibt Bláha (2005). Die zentrale Frage, inwiefern die eigentliche Bedeutung von Tempus und Aspekt für die Transpositionen konstituierend ist, wird in Šenkeřík (2005) erklärt durch die unterschiedliche Salienzwertigkeit der Kategorien bei der Konstitution der Illokution einer Äußerung. Tritt der Aspekt als salientester Illokutionsindikator auf, korrelieren die Illokutionen, sonst kommt es zur Neutralisation der Aspekt-Opposition, vgl. Já si to ještě rozmyslím. ⫺ ‚Ich überlege es mir noch‘, Co si chceš rozmýšlet, prosím tě? ⫺ ‚Ich bitte dich, was willst du dir noch überlegen?‘, Co si chceš rozmyslet? ⫺ ‚Was willst du dir überlegen?‘, Je nutné mýt /umýt /umývat si ruce před každým jídlem. ⫺ ‚Es ist nötig, sich vor jedem Essen die Hände zu waschen‘. In der letzteren Äußerung kann der Aspektgebrauch nicht durch die vermeintliche Unmarkiertheit des ipf. Aspekts erklärt werden, sondern durch die Neutralisation infolge der schwachen Illokutionssalienz (die salientesten Indikatoren sind die Ausdrücke je nutné ⫺ ‚es ist nötig‘ und každým ⫺ ‚jedem‘). Aus

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch dem folgenden Überblick geht hervor, dass alle Tempusformen jeweils ähnlichen sekundären Transpositionen unterliegen, die auf spezifische Kontextbedingungen zurückzuführen sind (konventionalisierte syntaktische Konstruktionen, prosodische Merkmale oder Metaphorik der lexikalischen Bedeutung).

2.1. Imperfektives Präsens Diese Form dient primär zum Ausdruck der aktuellen Gleichzeitigkeit (Tamhle sedí Petr. ⫺ ‚Dort sitzt Peter.‘). Davon lassen sich auch andere Gebrauchsweisen ableiten wie performative Äußerungen (To ti slibuju. ⫺ ‚Das verspreche ich dir.‘), aktualisierte Fakten (Čapek je významný český spisovatel. ⫺ ‚Čapek ist ein bedeutender tschechischer Schriftsteller‘), generelle (Praha má milion obyvatel. ⫺ ‚Prag hat eine Million Einwohner.‘) oder gnomische Aussagen in Sprichwörtern. Präsensformen werden futurisch kontextualisiert, laut Bláha (2005, 174) insbes. bei Bewegungsverben und solchen, deren Bedeutung den Willen des Sprechers nicht ausschließt (vgl. *Zítra prší. ⫺ ‚Morgen regnet es‘). Šenkeřík (2005, 134 ff.) betont, dass beim futurischen Präsens der metaphorisch transponierte verbale Inhalt zu dessen grammatischer Form in einer funktionalen Opposition steht (vgl. ‚Prüfung machen‘ = ‚ablegen‘, ‚schlafen‘ = ‚übernachten/ nächtigen‘, ‚sich aufschreiben‘ = ‚sich notieren‘): Teď se musím učit, zítra dělám zkoušku. ⫺ ‚Jetzt muss ich lernen, morgen mache ich die Prüfung.‘, Zítra spím u Petra. ⫺ ‚Morgen schlafe ich bei Peter.‘, Hned si to píšu. ⫺ ‚Ich schreibe es mir gleich auf‘. Als stilistisches Mittel der lebhaften Schilderung in narrativen Kontexten gilt das sog. Präsens historicum. Demgegenüber vertritt Šenkeřík (2005, 289 ff.) die These, dass hier das Präsens in seiner prototypischen Funktion auftritt ⫺ vgl. dazu die Untersuchung von Leiss (2000, 64 ff., 73 ff.) zum Altgermanischen, wo Präsens historicum als Vergangenheitstempus und Aspekt mit dem Präteritum korrelierte. Wie auch Fulir/Raecke (2002, 146 ff.) zeigen, ist der Fall von sog. demonstratio ad oculos (‚Da läuft Peter!‘) der einzige unumstrittene Fall der Deixis. Aus linguistischer Sicht ist es m. E. lediglich ein spezifischer Fall der Kontextualisierung, und zwar durch die aktuelle Situation. Denn das Problem des Präsens liegt ⫺ ähnlich wie in der physikalischen Relativitätstheorie ⫺ in der sprachlichen Relativität der Gleichzeitigkeit, die im Sinne von Slobin (1996) durch das Präsens indiziert wird (‚Thinking for Speaking‘). Die Desambiguierung der weitgehend ambigsten Präsensform besteht laut Šenkeřík (2005, 129 ff.) in der Verbalisierung von zwei Wirklichkeitsqualitäten (real vs. mental): Bei der Indikation der Vorzeitigkeit handelt es sich um eine mentale Rekonstruktion, bei der Nachzeitigkeit um eine mentale Voraus-Konstruktion der realen Wirklichkeit.

2.2. Imperfektives und perfektives Futur Beide Formen dienen zum expliziten Ausdruck der absoluten Nachzeitigkeit. Beim Perfektivum gibt es scheinbare morphosyntaktische Paradoxien (Präsensform mit Futurbedeutung), die semantisch erklärbar sind (siehe unten im Abschnitt 3). Laut Šenkeřík (2005, 152 ff.) dominiert beim ipf. Futur stärker das Merkmal ‚Erwartung‘, aus dem sich weitere modale Färbungen ergeben. Bláha (2005, 19) beruft sich diesbezüg-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz lich auf die Zuordnung der Futurformen zu den sog. nichtempirischen Tempora in Komárek (1978, 83). Beide Futurformen treten in ähnlichen sekundären Gebrauchsweisen wie das Präsens auf und können sogar die (relative) Gleichzeitigkeit indizieren: Kde je Petr? Ten bude určitě sedět v hospodě. ⫺ ‚Wo ist Peter? Der wird bestimmt in der Kneipe sitzen‘, Přiznám se (pf.), že tomu moc nevěřím. ⫺ ‚Ich gebe zu, dass ich daran nicht glaube‘. In der letzteren Äußerung ist die Aspekt-Opposition aufgehoben, da es sich um eine performative Formel handelt. Beide Formen kommen in generellen Aussagen vor, die oft Personen charakterisieren: To dítě si vám bude hrát celé dny. ⫺ ‚Das Kind wird (kann) tagelang spielen‘, Půjde třeba 50 km a ani nepípne. ⫺ ‚Er wird (kann) 50 km laufen ohne ein Wort zu sagen‘. Der Sprecher kann (negative) expressive Stellungnahmen wie Drohung oder Empörung ausdrücken: Ty se mi budeš smát do očí? ⫺ ‚Du wirst mich [wörtlich: in die Augen] auslachen?‘ On si sem ještě přijde a bude mi tvrdit, že za nic nemůže. ⫺ ‚Er kommt her und wird behaupten, dass er dafür nichts kann‘. Auch die letztere Äußerung bezieht sich auf die Vergangenheit. Offensichtlich beruhen die sekundären Lesarten auf kontradiktorischen Korrelationen (nachzeitig vs. vorzeitig) ⫺ vgl. dazu in Šenkeřík (2005, 67 f.) das spiegelbildliche Phänomen im Deutschen: ‚Wer bekam das Schnitzel?‘ So könnte auch der Gebrauch des pf. Futurs in der Funktion des sog. Futur historicum erklärt werden, wenn im narrativen Kontext Schilderungen einer nachzeitigen Handlungsabfolge vorkommen: Najednou vejde Eva a dá mi pusu. ⫺ ‚Plötzlich kommt Eva herein und gibt mir einen Kuss‘. Expressivität drücken die Futurformen auch in Imperativsätzen aus, der Präsensgebrauch wird hier als eine Transposition der grammatischen Person gedeutet (Bláha 2005, 192): Nekecám a dělám! ⫺ ‚(Ich) labere nicht, sondern handle! / Nicht labern, handeln!‘, Budeš mlčet? ⫺ ‚Wirst du schweigen?‘, Sebereš se a vypadneš! ⫺ ‚Mach, dass du abhaust!‘ Beim reihenden Gebrauch korrelieren die Futurformen als Illokutionsindikatoren oder sie dienen als stilistische Varianten gegen mehrmalige Wiederholungen. Die Wahl der Aspektform kann ikonisch bedingt sein (Šenkeřík 2005, 160 f.): Mami, pojď si se mnou hrát! Teď nemůžu, musím vařit, pak budu ještě prát a žehlit. / Počkej, umyju nádobí, vyluxuju a pak si můžeme hrát. ⫺ ‚Mama, spiel mit mir! Ich kann jetzt nicht, ich muss kochen, dann werde ich noch waschen und bügeln. / Warte mal, ich spüle und wische Staub und dann können wir spielen‘. Máš tento týden čas? Hm, zítra pomáhám /budu pomáhat Petrovi se stěhováním, pozítří malujeme a v sobotu budeme uklízet po malířích. ⫺ ‘Hast du diese Woche Zeit? Hm, morgen helfe ich Peter beim Umzug, übermorgen kommt der Maler und am Samstag werden wir sauber machen.’ Beide Futurformen korrelieren als relative Tempora: Das Imperfektivum ist obligatorisch für die Indikation der Gleichzeitigkeit, während das Perfektivum eine nachzeitige Handlungsabfolge indiziert. Bláha (2005, 41, 113, 135) erklärt die AspektKorrelation der Futurformen durch die Merkmale ‚Andauern‘ (ipf.) vs. ‚Punkt‘ (pf.): Až se budu vracet, zavolám ti. ⫺ ‚Auf der Rückreise rufe ich dich an‘. Až se vrátím, zavolám ti. ⫺ ‚Wenn ich heimgekommen bin, rufe ich dich an‘.

2.3. Imperfektives und perfektives Präteritum Diese Formen dienen zum expliziten Ausdruck der Vorzeitigkeit. Sekundäre Transpositionen sind selten, Bláha (2005, 179) nennt Konstruktionen mit dem Verb chtít ⫺ ‚wollen‘, die durch das Präsens bzw. durch den Konditional ersetzbar sind: Co jste chtěl?

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch (Co chcete?) ⫺ ‚Was wollten/wollen Sie?‘, Jen jsem se chtěl zeptat ... (Chci /Chtěl bych se jen zeptat ...) ⫺ ‚Ich wollte/will/möchte bloß fragen ...‘. Ähnlich wie bei den Futurformen drückt der ipf. Aspekt eine Gleichzeitigkeit aus, der pf. Aspekt eine Nicht-Gleichzeitigkeit: Když se vracel, potkal Evu. ⫺ ‚Als er auf dem Rückweg war, traf er Eva‘. Když se vrátil, zavolal Evě. ⫺ ‚Nachdem er heimgekommen war, rief er Eva an‘. In weiterführenden Nebensätzen oder auch in Relativsätzen wird der temporale Rahmen des Hauptsatzes nicht obligatorisch übernommen: Viděl jsem, jak sedí u stolu a čte. ⫺ ‚Ich sah, wie er am Tisch saß und las / *Ich sah, wie er am Tisch sitzt und liest‘. Šenkeřík (2005, 216 ff.) zeigt Kontexte, in denen trotz des pf. Aspekts keine reale Handlungsabfolge, sondern relative Gleichzeitigkeit indiziert wird: Karel spadl ze židle, ale nic se mu (přitom) nestalo. ⫺ ‚Karl ist vom Stuhl gefallen, aber es ist ihm (dabei) nichts passiert.‘ Šenkeřík (2005, 200 ff.) weist darauf hin, dass bei der Häufung der Präteritumformen die genaue Handlungsabfolge durch das sog. slavische Perfekt (auch Resultativ genannt) desambiguiert werden kann: Ona mi říkala, že to nemám kupovat, ale já už jsem to měl koupené/koupil ... ⫺ ‚Sie sagte mir, dass ich es nicht kaufen soll(te), aber ich habe/hatte es schon gekauft ...‘. Die Präteritumformen sind weder distanzdeiktisch noch textsortenspezifisch, daher gilt das alte Plusquamperfekt als Relikt in Märchen oder Chroniken. Eine längere Distanz zur Sprechzeit kann das Präteritum der iterativen Verben ausdrücken, wobei die iterative Durativität des Verbs in kontradiktorischer Opposition zum Kontext steht, der angibt, dass die Handlung im Sprechzeitpunkt nicht mehr besteht: Když ještě vařívala maminka, všem chutnalo. ⫺ ‚Als Mutti noch zu kochen pflegte, schmeckte es jedem‘. Beim Gebrauch des nichtiterativen Imperfektivums entsteht der Kontrast zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit nicht.

3. Kognitiv-deiktische und morphosyntaktische Struktur von Tempus und Aspekt im Tschechischen Aus dem kognitiv-deiktischen Ansatz in Šenkeřík (2005, 129 ff.) ergeben sich als relevant für die Interpretation der aspektuellen Tempusformen im Tschechischen: die Lokalisierung einer Handlung in Bezug zur Sprechzeit (absolute Tempora) bzw. zu einer anderen Handlung (relativer Tempusgebrauch) und ferner die zeitliche Erstreckung einer Handlung, die entweder durch den Verbstamm oder durch die stammbildenden Suffixe indiziert wird. Eine genaue Indikation der temporalen Distanz bzw. der zeitlichen Lokalisierung ist im Tschechischen nicht obligatorisch, die Tempusformen indizieren lediglich die sprachliche Universalie einer Handlungsabfolge. Demgegenüber verzichten distanzdeiktische Tempussysteme wie das deutsche auf den expliziten Ausdruck der zeitlichen Erstreckung einer Handlung durch die Semantik der Verbstämme. Daneš (1985, 12⫺28) sieht den Ausgangspunkt einer adäquaten Aspektdefinition in der genauen Beschreibung der semantischen Struktur der Prädikate. Diese klassifiziert er in Bezug auf die Kategorien ‚Bewegung‘ und ‚Veränderung‘: Mutationen sind Übergänge vom Ausgangs- zum Zielzustand, Prozesse bezeichnen menschliche Aktivitäten oder Naturvorgänge. Statische Zustände sind Relationen, die auf Merkmalen wie Qualifikation, Lokalisierung, Lage, Existenz oder Possessivität basieren. Bei resultativen Mutationen manifestiert sich das sog. echte Aspektpaar am deutlichsten, da das Merk-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz mal resultativ zur Aktionsart beider Verben gehört, vgl. ‚reparieren‘: spravovat /spravit. Das Imperfektivum bezeichnet hier eine Tendenz zur Erreichung eines resultativen Zustandes, das Perfektivum dessen Erreichung, und in diesem Sinne trägt das Perfektivum das Merkmal ‚begrenzt‘. Für sog. unechte Aspektpaare hält Daneš (1985, 19 ff.) die Oppositionen bodnout-bodat (‚einmal/mehrmals stechen‘) oder mrkat-zamrkatmrknout (‚zwinkern-etwas zwinkern-einmal zwinkern‘). Das Imperfektivum ist hier nicht unmarkiert, sondern markiert im Sinne ‚nicht momentan‘ und ‚periodisch‘. Das Perfektivum drückt ein minimales Quantum der Handlung aus bzw. ein abgegrenztes Quantum (zamrkat ⫺ ‚ein bisschen zwinkern‘). In Bezug auf Quantieren unterscheidet Daneš (1985, 21) noch weitere Verbgruppen. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass auch die sog. unechten Aspektpaare oder die vermeintlich unpaarigen Verben in Aspekt-Korrelationen stehen, obwohl das ipf. Merkmal ‚Tendenz zur Erreichung eines resultativen Zustandes‘ fehlt. Es handelt sich m. E. um homogene zählbare Handlungen. Zu den invarianten konstitutiven Bedeutungskomponenten mancher Verben gehört laut Daneš (1985, 24⫺28) die sog. inhärente temporale Perspektive: Fut. (‚voraussagen‘, ‚verbieten‘, ‚warnen‘, ‚versprechen‘, ‚locken‘), Prät. (‚vergessen‘, ‚sich erinnern‘), Präs. (‚beobachten‘) bzw. doppelte Perspektive Präs./Prät. (‚beschuldigen‘, ‚zugeben‘, ‚sich wundern‘). Semantische Aspektdefinitionen sind vielfältig. Deshalb hält es Daneš (1985, 16) für unumgänglich, mit terminologischen Quasi-Synonyma zu arbeiten. Er favorisiert die Definition von Poldauf (1948), laut der das Perfektivum eine Handlung als Fakt im Sinne von Ereignis, (Vor-)Fall, ein Handlungsantritt bzw. Event (Ergebnis) bezeichnet. Weniger Aufmerksamkeit wird der Definition des ipf. Aspekts gewidmet, obwohl aus dem Zweitspracherwerb bekannt ist, dass die Tschechisch-Lerner gerade mit der Semantik der ipf. Form größere Probleme haben. Dies steht im Widerspruch zur Auffassung des Imperfektivums als einer grundlegenden unmarkierten Form. Semantische Tests versagen, so dass auch die tschechischen Muttersprachler Probleme mit der Aspekt-Unterscheidung haben, während sie die Semantik der Aktionsarten relativ genau beschreiben können (Šenkeřík 2005, 112). In der Psycholinguistik wird jedoch angenommen, dass schon in der vorsprachlichen Phase ein Kind unterscheidet, ob eine bestimmte Handlung realisiert worden ist (im Sinne einer Veränderung der Realität) bzw. ob sein Bedürfnis befriedigt wurde oder nicht (für diesen Hinweis danke ich Herrn Prof. Dr. em. Helmut Schnelle von der Ruhr-Universität Bochum). Sprachen wie Japanisch oder Hebräisch nutzen die Opposition ‚realisiert‘ vs. ‚nichtrealisiert‘ zum Ausdruck aller temporalen Relationen (Bláha 2005, 19). Šenkeřík (2005, 30 ff.) definiert die tschechische Aspektopposition handlungspragmatisch als eine Opposition von potentiellen und realisierten Handlungen, wobei der Aspekt als eine primäre Kategorie der Tempusverwaltung funktioniert. Laut Leiss (2000, 243⫺245) sind Verbkonzepte mereologisch strukturierte Einheiten: Imperfektiva sind additiv und teilbar, wobei sich die Additivität auf die einzelnen Zeitaugenblicke der Handlung bezieht, im Sinne von ‚jetzt-jetzt-jetzt ...‘ (Leiss 1992, 47⫺52). Diese Auffassung verwischt die Tatsache, dass auch Perfektiva kontextuell als additive Einheiten verstanden werden können (vgl. dvakrát bodnout ⫺ ‚zweimal stechen‘). Das Additivitätskonzept suggeriert die Opposition ‚durativ’ vs. ‘momentan’, die m. E. eher eine aktionsartliche Opposition darstellt als eine aspektuelle. Leiss (2000, 239 ff.) versucht, die Kategorien Aspekt und Artikel auf einen gemeinsamen Nenner zurückzuführen, indem sie die grundlegende Kategorie der Definitheit rekonstruiert, welche die Merkmale ‚innen-‘ bzw. ‚außenperspektiviert‘,

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch Gadditiv und Gteilbar umfasst ⫺ vgl. auch die Parallele von Erhart (1973, 243 ff.) zwischen den Kategorien Sg./Pl. und Aspekt im Tschechischen. Šenkeřík (2005, 108 ff., 280 ff.) fasst Verbkonzepte als synekdochische und metaphorische Begriffsstrukturen auf. Demnach sind ipf. potentielle Handlungen Synekdochen totum pro parte, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, welche auf eine bestimmte Handlung hinauszulaufen scheinen: Das Konzept ‚trinken‘ besteht z. B. aus den Teilhandlungen ‚Lippen runden‘, ‚saugen‘ und ‚schlucken‘. Die letztere Teilhandlung stellt die für die kognitive Identifikation der Handlung entscheidende (Abschluss-)Phase dar. Sie unterscheidet das Konzept ‚trinken‘ von anderen Konzepten wie ‚gurgeln‘, ‚Mund ausspülen‘ oder ‚ausspucken‘. Die pf. realisierten Handlungen napít se ⫺ ‚sich satt/etwas trinken‘, vypít ⫺ ‚austrinken‘ oder dopít ⫺ ‚zu Ende trinken‘ repräsentieren als Synekdochen pars pro toto eine schon bestimmte (definite) Handlungsqualität von ‚trinken‘. Die identifizierende (Abschluss-)Phase steht hier für eine spezifische Art der Handlung. In der Artikelsprache Deutsch sind Verbkonzepte aspektambig und müssen kontextuell desambiguiert werden, vgl. ‚kommen‘: ‚sich gerade (schrittweise) nähern‘ bzw. ‚bald eintreffen‘. Sie können wie auch im Tschechischen metaphorisch verwendet werden: ‚auf etwas kommen‘ ⫺ přijít na něco, přijít draho ⫺ ‚teuer zu stehen kommen‘. Der Formbestand der tschechischen Verben zeichnet sich durch zahlreiche Homomorphien aus. Die Zusammenhänge zwischen der semantischen und der morphosyntaktischen Struktur lassen sich wenigstens teilweise ⫺ wie Šenkeřík (2005, 27, 111 ff., 318 ff.) zeigt ⫺ durch den konstruktionellen Ikonismus deuten. Die aktionsartliche Korrelation wird durch zwei Derivationsrichtungen repräsentiert: In der qualitativen aktionsartlichen Opposition wird durch die perfektivierende Präfigierung eine spezifische Modifikation der Handlungsqualität indiziert (pít ⫺ ‚trinken‘ vs. vypít ⫺ ‚austrinken‘), während in der quantitativen aktionsartlichen Opposition die quantitativen Charakteristiken einer Handlung durch die imperfektivierende Suffigierung indiziert werden wie längere zeitliche Erstreckung, Prozessualität oder Iterativität (vrátit se ⫺ ‚zurückgekehrt sein‘ vs. vracet se ⫺ ‚dabei sein zurückzukehren‘, bodnout ⫺ ‚einmal stechen‘ vs. bodat ⫺ ‚mehrmals stechen‘, setkat se ⫺ ‚sich treffen‘ vs. setkávat se ⫺ ‚sich mehrmals/regelmäßig treffen‘). Es bleibt noch unklar, ob die flexions- und derivationsbedingten morphonologischen Alternationen einer semantisch-pragmatischen bzw. kognitiv-deiktischen Systematik unterliegen. Die zahlreichen Homomorphien sind die Hauptursache dafür, dass das einzig verlässliche Kriterium des tschechischen Aspekts die Bildung der Futurformen darstellt. Diesbezüglich gibt es folgende Paradoxien und offene Fragen: 1. Die pf. Präsensform kann die absolute Gleichzeitigkeit des Präsens nicht indizieren, sondern eine futurische Nachzeitigkeit. 2. Die Futurformen der Bewegungsverben (jít ⫺ ‚gehen‘, jet ⫺ ‚fahren‘) gelten als imperfektiv, obwohl ihre morphematische Struktur mit den präfigierten pf. Futurformen homonym ist. 3. Ist der Infinitiv tatsächlich eine grammatisch unbestimmte Form? Das analytische Futur mit perfektivem Infinitiv ist ungrammatisch. In der Slavistik wird angenommen, dass sich die Aspekt-Korrelation aus der alten Opposition der determinierten und nichtdeterminierten ipf. Bewegungsverben herausgebildet hat. Das Merkmal ‚determiniert‘ bedeutet eine nähere Bestimmung, Angabe der Richtung, eines Zieles oder Objektes der Handlung (Bláha 2005, 69). Die primären Determinativa jít ⫺ ‚gehen‘, jet ⫺ ‚fahren‘ unterliegen keiner Bedeutungstransposition, die konstitutiven Merkmale einer kontinuierlichen, linearen, reibungslosen Geh- und Fahrbewegung bleiben bestehen, vgl. Když mi pomůžeš, pojede to jako po másle. ⫺ ‚Wenn du mir hilfst, wird es wie auf Butter fahren‘, To nepůjde

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz (tak jednoduše). ⫺ ‚Das wird nicht (so einfach) gehen‘. On to bude určitě těžko nést. ⫺ ‚Er wird es bestimmt schwer tragen = verkraften‘. Šenkeřík (2005, 170 ff.) schreibt den tschechischen Bewegungsverben dieselbe kognitiv-deiktische Struktur zu wie den deutschen Verben, die ihre Perfektform mit dem Hilfsverb ‚sein‘ bilden: Sie bezeichnen eine Veränderung des ontologischen Status des durch die Handlung betroffenen Objekts, der auch nach der denotierten Realisierung der Veränderung weiterhin kontinuierlich besteht. Im formallogischen Modell von Klein (1999, 70 ff.) bedeutet dies, dass mittels des Hilfsverbs ‚sein‘ dieselben Eigenschaften des Arguments zu einer zweiten Zeit zugewiesen werden, die das Lexem dem Argument zur ersten Zeit zuweist. Die Bildung des analytischen Futurs von jít und jet ist ausgeschlossen. Ein Grund könnte darin liegen, dass die Form des Hilfsverbs budu ⫺ ‚ich werde sein‘ im Alttschechischen als eine Präsensform auftrat (Křížková, 1960, 102). Bláha (2005, 76 ff.) belegt, dass die tschechischen Grammatiken seit dem 18. Jh. bis zum Anfang des 20. Jh. die Futurformen půjdu /pojedu ⫺ ‚ich werde gehen/fahren‘ als perfektiv ausgelegt haben, analog zu anderen präfigierten Perfektiva. Die modernen Grammatiken argumentieren mit dem defekten Paradigma (Absenz der präfigierten Imperativ- und Präteritumform) und mit der vermeintlichen Grammatikalisierung des Präfixes po- zum Futur-Morphem, so dass die Futurform als eine imperfektive paradigmatisch bestimmt wird. Das Präfix po- gilt als das älteste und Bláha (2005, 34 ff., 150 ff.) fasst unter Berufung auf Dostál (1959), Kopečný (1962), Němec (1954) und Machek (1962) seine Bedeutungen wie folgt zusammen: lokale Relation im Sinne einer räumlichen Trennung (Änderung der Lage), Bewegung zum oder mit dem Sprecher (pojď ⫺ ‚komm‘), schrittweise Bearbeitung eines Objekts (pozlatit ⫺ ‚vergolden‘), distributive Bearbeitung (pozavírat ⫺ ‚nacheinander zumachen‘), kleines Maß einer kursiven Handlung (posedět ⫺ ‚ein bisschen sitzen bleiben‘, pokulhávat ⫺ ‚ein bisschen hinken‘). Trotzdem zählen die modernen tschechischen Grammatiken das Präfix po- (ähnlich wie na-, za- oder u-) zu den sog. rein perfektivierenden Präfixen ohne eigenständige Semantik. Anhand des Präfixes na- zeigt Šenkeřík (2005, 115), dass auch in der sog. rein perfektivierenden Funktion (psát ⫺ ‚schreiben‘, napsat ⫺ ‚aufschreiben‘) das Präfix seine semantischen Merkmale behält: Bearbeitung der Oberfläche (natřít ⫺ ‚aufstreichen‘, napsat ⫺ ‚aufschreiben‘), Geschehensorientierung nach innen bzw. auf die Oberfläche (nacpat ⫺ ‚hineinstopfen‘, naházet ⫺ ‚hineinwerfen‘, najíst se ⫺ ‚sich satt essen/etwas zu sich nehmen‘), geringes oder großes Ausmaß bzw. Menge (nakousnout ⫺ ‚anbeißen‘, nadřít se ⫺ ‚sich abrackern‘, napéct ⫺ ‚eine Menge backen‘, najíst se ⫺ ‚sich satt essen‘, napsat ⫺ ‚aufschreiben‘). Das Präfix po- hat eine ähnliche Semantik, vgl. potřít mastí ⫺ ‚Salbe auftragen‘, poházet do kufru ⫺ ‚in den Koffer hineinwerfen‘, pojíst ⫺ ‚etwas essen‘, pokousat ⫺ ‚beißen‘. Das Präfix po- weist einige gemeinsame Merkmale mit den Präfixen na- und za- auf, die mit der lokalisierenden Raum-(Zeit-)Semantik der entsprechenden Präpositionen im Einklang zu sein scheinen: Die Präposition indiziert je nach dem Fixpunkt eine anadeiktische (jeden po druhém ⫺ ‚einer nach dem anderen‘, po dráze ⫺ ‚auf der Bahn‘, poskládat /naskládat na sebe ⫺ ‚aufeinander stapeln‘) oder eine katadeiktische Abfolge (pojď ⫺ ‚komm‘, šel po něm pes ⫺ ‚*ein Hund ging nach ihm = verfolgte ihn‘). Die Richtungsorientierung muss in kontradiktorischen Korrelationen desambiguiert werden, vgl. Šel za ním. (Šel až po něm. Šel k němu.) ⫺ ‚Er lief erst nach ihm/auf ihn zu‘. Die lokale Semantik wird in die temporale übertragen (po hodině ⫺ ‚nach einer Stunde‘, za hodinu ⫺ ‚in einer Stunde‘, na hodinu ⫺ ‚für eine Stunde‘), so dass die entsprechenden Präfixe eine temporale Abfolge indizieren: das Präfix po- desambi-

39. Aspekt und Tempus im Satz: Tschechisch guiert die Präsensform jedu ⫺ ‚ich fahre‘ im Sinne einer Nachzeitigkeit ⫺ pojedu ⫺ ‚ich werde (nach dem Sprechzeitpunkt) fahren‘. Das analytische Futur ist somit ausgeschlossen, da sonst zwei Indikatoren der Nachzeitigkeit hintereinander keine relative Gleichzeitigkeit indizieren könnten: budu ⫺ ‚ich werde sein‘ (Nachzeitigkeit der suppletiven Verbwurzel) vs. napsat ⫺ ‚aufschreiben‘ (Nachzeitigkeit des Präfixes) vs. koupit ⫺ ‚gekauft haben‘ (Nachzeitigkeit der pf. Verbwurzel). Eine tiefgreifende Analyse der semantischen Korrespondenz zwischen den tschechischen Präfixen und den entsprechenden Präpositionen ist noch ein Forschungsdesiderat. Uneinigkeit herrscht auch hinsichtlich des Status der sog. analytischen Präteritumformen. Kopečný (1950, 85 ff.) hält diese Formen für wenig analytisch. Eine Rolle spielt die Möglichkeit der Agglutination des enklitischen Hilfsverbs sowie die Ähnlichkeit des Präteritum-Partizips mit den prädikativen Adverbien (Psals to? ⫺ ‚Hast du‘s geschrieben?’ Psal /psala ⫺ ‚er/sie schrieb‘, rád /ráda ⫺ ‚gern, froh‘ ⫺ Mask./Fem., sám /sama ⫺ ‚alleine, selbst‘ ⫺ mask./fem.).

4. Literatur (in Auswahl) Bäuerle, Rainer (1979): Temporale Deixis, temporale Frage. Zum propositionalen Gehalt deklarativer und interrogativer Sätze. Tübingen. Bláha, Ondřej (2005): Vyjadřování budoucnosti v současné češtině (se zřetelem k ostatním slovanským jazykům). Olomouc. Comrie, Bernard (1976): Aspect: An Introduction to the Study of Verbal Aspect and Related Problems. Cambridge. Comrie, Bernard (1985): Tense. Cambridge. Daneš, František (1985): Věta a text. Praha. Dostál, Antonín (1954): Studie o vidovém systému v staroslověnštině. Praha. Dostál, Antonín (1959): „Několik kritických poznámek k posledním pracím o vidu slovanského slovesa“. // Slavia 28. 326⫺346. Ehrich, Veronika (1992): Hier und Jetzt. Studien zur lokalen und temporalen Deixis im Deutschen. Tübingen. Erhart, Adolf (1973): „Pluralformen und Pluralität“. // Archiv orientální 41. 243⫺255. Fulir, Gabi/Raecke, Jochen (2002): „Demonstratio ad oculos ⫺ ein alles andere als einfaches Phänomen. Am Beispiel des Bosnischen, Kroatischen und Serbischen“. // Deixis. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 125. 146⫺171. Grepl, Miroslav/Karlík, Petr (1998): Skladba češtiny. Olomouc. Guéron, Jacqueline/Lecarme, Jacqueline (eds.) (2004): The Syntax of Time. Cambridge. Klein, Wolfgang (1994): Time in Language. London. Klein, Wolfgang (1999): „Wie sich das deutsche Perfekt zusammensetzt“. // Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 113. 52⫺85. Komárek, Miroslav (1978): Příspěvky k české morfologii. Praha. Kopečný, František (1950): „Povaha českého préterita“. // Naše řeč 34. 85⫺89. Kopečný, František (1962): Slovesný vid v češtině. Praha. Kosta, Peter (1995): „Zur Forschungsgeschichte und Forschungssituation bezüglich der Temporalität in slavischen Sprachen“. // Jachnow, Helmut/Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus: Studien zu allgemeinen und slavistischen Fragen. Wiesbaden. 297⫺365. Křížková, Helena (1960): Vývoj opisného futura v jazycích slovanských, zvláště v ruštině. Praha. Leiss, Elisabeth (1992): Die Verbalkategorien des Deutschen. Ein Beitrag zur Theorie der sprachlichen Kategorisierung. Berlin/New York. Leiss, Elisabeth (2000): Artikel und Aspekt. Die grammatischen Muster von Definitheit. Berlin/ New York.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Machek, Václav (1962): „K otázce tzv. prázdných předpon (Imperativy a futura s po- u Slovanů.)“. // Slavica Pragensia 4. 437⫺442. Němec, Igor (1954): „O slovanské předponě po- slovesné“. // Slavia 23. 1⫺22. Němec, Igor (1958): Geneze slovanského systému vidového. Prahа. Panevová, Jarmila/Sgall, Petr (1998): „Verbal Categories, Meaning and Typology“. // Leonid Kulikov/Vater, Heinz (eds.). Typology of Verbal Categories. Papers presented to Vladimir Nedjalkov on the occasion of his 70 th birthday. Tübingen. 205⫺213. Panevová, Jarmila/Benešová, Еva/Sgall, Petr (1971): Čas a modalita v češtině. Praha. Poldauf, Ivan (1948): „On the History of some Problems of English Grammar before 1800“. Praha. Poldauf, Ivan (1954): „Podíl mluvnice a slovníku na problematice slovesného vidu“. // Studie a práce lingvistické 1. Praha. 18⫺46. Radtke, Petra (1998): Die Kategorien des deutschen Verbs: Zur Semantik grammatischer Kategorien. Tübingen. Reichenbach, Hans (1947): Elements of Symbolic Logic. New York. Schmiedtová, Barbara (2003): „Aspekt und Tempus im Deutschen und Tschechischen: eine vergleichende Studie“. // Höhne, Steffen/Nekula, Marek (eds.). Brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien ⫺ Slowakei: Schwerpunkt Sprachwissenschaft. Praha. 185⫺216. Šenkeřík, Karel (2005): Wirklichkeit und Sprache: Die Versprachlichung der Zeit im Deutschen und Tschechischen im funktional-pragmagrammatischen Vergleich. Tempus-Aspekt-Distanz. Frankfurt am Main. Slobin, Dan (1996): „From ‚Thought and Language‘ to ‚Thinking for Speaking‘“. // Gumperz, John/Levinson, Stephen C. (eds.). Rethinking Linguistic Relativity. Cambridge. 70⫺96. Šlosar, Dušan (1981): Slovotvorný vývoj českého slovesa. Brno. Socka, Anna (2004): Sprachliche Merkmale der erlebten Rede im Deutschen und Polnischen. Tübingen. Thieroff, Rolf (1992): Das finite Verb im Deutschen. Tempus-Modus-Distanz. Tübingen. Weinrich, Harald (1964): Tempus. Besprochene und erzählte Welt. Stuttgart. Welke, Klaus (2005): Tempus im Deutschen. Rekonstruktion eines semantisches Systems. Berlin/ New York.

Karel Šenkeřík, Berlin (Deutschland)

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus 1. 2. 3. 4. 5.

Erstspracherwerb ⫺ L1-Erwerb Zweitspracherwerb ⫺ L2-Erwerb Institutioneller Spracherwerb ⫺ eine Sonderform des Zweitspracherwerbs Bilingualismus und Globalisierung Literatur (in Auswahl)

Abstract The article opens with a summary of theories on language acquisition. This is followed by a general comparative review of cases where languages are acquired as a mother tongue (first language acquisition) and of second language acquisition scenarios. Second

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Machek, Václav (1962): „K otázce tzv. prázdných předpon (Imperativy a futura s po- u Slovanů.)“. // Slavica Pragensia 4. 437⫺442. Němec, Igor (1954): „O slovanské předponě po- slovesné“. // Slavia 23. 1⫺22. Němec, Igor (1958): Geneze slovanského systému vidového. Prahа. Panevová, Jarmila/Sgall, Petr (1998): „Verbal Categories, Meaning and Typology“. // Leonid Kulikov/Vater, Heinz (eds.). Typology of Verbal Categories. Papers presented to Vladimir Nedjalkov on the occasion of his 70 th birthday. Tübingen. 205⫺213. Panevová, Jarmila/Benešová, Еva/Sgall, Petr (1971): Čas a modalita v češtině. Praha. Poldauf, Ivan (1948): „On the History of some Problems of English Grammar before 1800“. Praha. Poldauf, Ivan (1954): „Podíl mluvnice a slovníku na problematice slovesného vidu“. // Studie a práce lingvistické 1. Praha. 18⫺46. Radtke, Petra (1998): Die Kategorien des deutschen Verbs: Zur Semantik grammatischer Kategorien. Tübingen. Reichenbach, Hans (1947): Elements of Symbolic Logic. New York. Schmiedtová, Barbara (2003): „Aspekt und Tempus im Deutschen und Tschechischen: eine vergleichende Studie“. // Höhne, Steffen/Nekula, Marek (eds.). Brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien ⫺ Slowakei: Schwerpunkt Sprachwissenschaft. Praha. 185⫺216. Šenkeřík, Karel (2005): Wirklichkeit und Sprache: Die Versprachlichung der Zeit im Deutschen und Tschechischen im funktional-pragmagrammatischen Vergleich. Tempus-Aspekt-Distanz. Frankfurt am Main. Slobin, Dan (1996): „From ‚Thought and Language‘ to ‚Thinking for Speaking‘“. // Gumperz, John/Levinson, Stephen C. (eds.). Rethinking Linguistic Relativity. Cambridge. 70⫺96. Šlosar, Dušan (1981): Slovotvorný vývoj českého slovesa. Brno. Socka, Anna (2004): Sprachliche Merkmale der erlebten Rede im Deutschen und Polnischen. Tübingen. Thieroff, Rolf (1992): Das finite Verb im Deutschen. Tempus-Modus-Distanz. Tübingen. Weinrich, Harald (1964): Tempus. Besprochene und erzählte Welt. Stuttgart. Welke, Klaus (2005): Tempus im Deutschen. Rekonstruktion eines semantisches Systems. Berlin/ New York.

Karel Šenkeřík, Berlin (Deutschland)

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus 1. 2. 3. 4. 5.

Erstspracherwerb ⫺ L1-Erwerb Zweitspracherwerb ⫺ L2-Erwerb Institutioneller Spracherwerb ⫺ eine Sonderform des Zweitspracherwerbs Bilingualismus und Globalisierung Literatur (in Auswahl)

Abstract The article opens with a summary of theories on language acquisition. This is followed by a general comparative review of cases where languages are acquired as a mother tongue (first language acquisition) and of second language acquisition scenarios. Second

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus language acquisition is discussed not only at the level of definitions, but also, more comprehensively, as a concept with reference to different circumstances. The author stresses that it is not some kind of special talent or individual disposition that produces bilingualism in children but their social environment. The article also looks at different strategies of second language acquisition and finally focuses on institutional language acquisition (in the context of kindergartens or schools) as a special form of language learning. Especially in minority language situations where intergenerational mother tongue transmission may no longer exist, forms of immersion and bilingual education are shown to play an essential role in language maintenance.

1. Erstspracherwerb − L1-Erwerb Die Begabung, eine Sprache zu erwerben, gehört zu den angeborenen Anlagen des Menschen. Nur der Mensch verfügt von allen Lebewesen über die Fähigkeit, eine hochkomplexe Symbolstruktur, wie sie die Sprache darstellt, zu erlernen. Die Sprache ist ein Medium, mit dem sich eine Fülle von Informationen transportieren lässt, sie ist das entscheidende Instrument des Bewusstseins und zugleich das wichtigste Werkzeug der Intelligenz. Deshalb hat die Frage, wie der Mensch bzw. das Kind die Sprache erwirbt, Generationen von Forschern fasziniert. Somit ist dieser Forschungsbereich sehr verzweigt und ihm liegen unterschiedliche Objektbestimmungen und Herangehensweisen zugrunde, die jeweils nach Schule und Position des Forschers von rein linguistischen über psycho- und neurolinguistische sowie soziolinguistische Betrachtungsweisen bis hin zu kulturemtheoretischen Ansätzen wie interkultureller Verständigung und interaktionaler Kompetenz einschließlich bildungspolitische Maßnahmen (Oksaar 2003) reichen. Dabei betrachtet die reine Linguistik Sprache eher als ein abgeschlossenes System (langue) unabhängig von der sprechenden Person (parole) und es stehen formale Merkmale wie: Phonematik, Lexik, Grammatik, Semantik sowie Syntax im Mittelpunkt. Die Psycholinguistik stellt den Zusammenhang zwischen Sprachverhalten und den psychischen Prozessen, wie Erinnerung oder Aufmerksamkeit her. Die Neurolinguistik betrachtet, wie das Gehirn bestimmte Vorgänge beim Sprechen und Verstehen steuert und bei Sprachstörungen, wie z. B. Aphasie funktioniert. Die Psychologie sieht Sprache und den Erwerb der Sprache als spezielle Ausprägung des menschlichen Umgangs und der menschlichen Entwicklung. Gegenstand ist hier eher der Mensch, der spricht und nicht die Sprache selbst. Ähnlich befasst sich die Soziolinguistik mit der Verbindung von Sprache und Gesellschaft. Eine gemeinsame Grundlage in allen diesen Ansätzen ist aber auch, dass Spracherwerb neben der kognitiven Entwicklung des Kindes nie losgelöst von der Gesamtentwicklung des Kindes zu sehen ist. Zum Spracherwerb gehören sowohl Hören und Sehen als auch motorische Fähigkeiten, ein sprachliches Vorbild und emotionale Zuwendung sowie die ständige Anregung zur aktiven Interaktion mit der Umwelt. Grundlegend beinhaltet Spracherwerb das Aneignen von vier sprachlichen Grundkompetenzen (Tab. 40.1), wobei das Verstehen und Sprechen, also der Erwerb der mündlichen, kommunikativen Fertigkeiten das Primäre ist, womit sich auch die Spracherwerbsforschung vorrangig beschäftigt. Lesen und Schreiben erwirbt das Kind gewöhnlich erst zu einem späteren Zeitpunkt, meist in der Schule.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Tab. 40.1: Grundkompetenzen des Spracherwerbs rezeptiv

produktiv

mündlich

Verstehen

Sprechen

schriftlich

Lesen

Schreiben

Suchte man nach einer Definition des Spracherwerbs, könnte man sagen, unter Spracherwerb versteht man den Vorgang, wie Menschen Sprache bzw. Sprachen zu verstehen und zu sprechen lernen. Man könnte auch feststellen; das Ergebnis eines Spracherwerbs (language acquisition) ist die Kenntnis und das kulturelle Beherrschen einer Sprache, im Normalfall der Muttersprache oder allgemeiner ausgedrückt der Primärsprache (first language acquisition).

1.1. Spracherwerbstheorien Frühe Theorien zum Spracherwerb gründeten sich auf behavioristische Modelle, die Spracherwerb als „Stimulus ⫺ Respons ⫺ Modell“ (Bloomfield 1933) im Sinne von Nachahmung sahen. Eltern zeigen ihren Kindern einen Gegenstand und nennen dabei die dazugehörige Bezeichnung und wiederholen dies so lange, bis das Kind reflexartig bei dem gezeigten Gegenstand versucht, das Wort nachzusprechen. Gelingt dies, darf das Kind den Gegenstand bekommen, was eine weitere Anregung ist, das Wort auszusprechen. Auf diese Weise lernen Kinder Wörter, Wortgruppen und ganze Sätze. Es stellte sich jedoch bald die Frage, warum Kinder die Eltern zeitweise wirklich imitieren, aber zeitweise auch ganz eigene Formen bilden, z. B. foots statt feet oder Hausauto. Forschungen haben gezeigt, dass Kinder sich erst dann, wenn sie selbst ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht haben, nach den Korrekturen der Eltern richten. Wahrscheinlich liegt dies an der Struktur der Aussage, Nominalphrasen z. B. mit Präpositionen und Substantiven kann ein Kind relativ zeitig richtig imitieren, die Wortfolge in ganzen Sätzen jedoch noch nicht. In der Theorie des Konnektionismus hat man sich weiter mit der von Bloomfield offenen Frage der fehlerhaften Produktion von Flexionsendungen, z. B. bei starken Verben vom Typ bringed statt brought; singte statt sang beschäftigt. Bei einem computersimulierten Spracherwerb, wo man dem Computer eine Anzahl von Verbstämmen mit regelmäßiger Beugung eingegeben hat, an die der Computer selbstständig die richtige Flexionsendung anfügen sollte, gab man unregelmäßige Verben ein, und erst nach einer gewissen kritischen Menge von Verben setzte der Computer die richtige Endung an das richtige Verb. Daraus leitete man die Vermutung ab, dass Kinder zunächst das Wort als ganze Einheit lernen, je größer der Wortschatz wird, desto schwieriger wird es für das Kind, sich alle Formen zu merken. Es baut deshalb ein Lexikonsystem, bestehend aus Stämmen und Endungen, auf. Bevor jedoch alle Varianten von Endungen (Allomorphe) etabliert sind, kommt es zu „falschen Verbindungen von Stamm und Endung“, zu Übergeneralisierungen (Johannson 1997). Spätere konnektionistische Studien haben versucht, auch den Aufbau der Syntax zu erklären. Experimente haben jedoch ergeben, dass es schwierig ist, hierarchische Strukturen und eingeschobene Sätze zu erkennen. Somit konnte innerhalb dieser Theorie die Frage der Syntax nicht gelöst werden.

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus Die Frage, wie man sich komplexe Satzstrukturen aneignet, war demgegenüber eine Hauptfrage für Noam Chomsky. Er geht davon aus, dass die Voraussetzungen für Sprache schon eine Veranlagung beim Kind sind, also genetisch vorhanden und eigentlich nur aktualisiert zu werden brauchen. Die allgemeine grammatische Kompetenz, mit der das Kind geboren wird, ermöglicht es ihm, den Sprachfluss, den es täglich aufnimmt, zu strukturieren (Chomsky 1965). Chomsky hat auch angenommen, dass es einen angeborenen Mechanismus zur Sprachaneignung gibt (LAD = Language Acquisition Device). Wie sollte man sonst erklären können, dass Kinder Sprachen ohne direkten Unterricht erlernen? Und wie sollte man weiterhin erklären, dass Kindersprache manchmal auf ganz systematische Weise von der Erwachsenensprache abweicht? Die Grundannahme ist, dass LAD eine universelle Grammatik (universal grammar) enthält. Auf der Basis dieser Grammatik und einer Sprache, die sich auf das Kind richtet, hat das Kind die Möglichkeit, eine eigene Grammatik aufzubauen und eigene Sätze zu generieren. Neben Beugungsmorphologie konnten jetzt auch syntaktische Beispiele erbracht werden, wo das Kind so genannte Übergeneralisierungen vornimmt, d. h. nach einem eigenen System geht. Nach dem Paradigmawechsel, den Chomsky in den 60er Jahren mit der oben beschriebenen nativistischen Theorie der generativen Grammatik eingeleitet hat, hat sich die Spracherwerbsforschung wiederum in verschiedene Richtungen entwickelt. Ein Modell, das auf Chomskys Gedanken der angeborenen Sprachkompetenz aufbaut, ist das so genannte Prinzip- und Parametermodell. Danach sind gewisse grammatische Prinzipien angeboren, nämlich solche, die es in allen menschlichen Sprachen gibt. Die vorbereitete universelle Grammatik macht es für das Kind möglich, die Sprache, die es umgibt, zu systematisieren. Die sprachlichen Parameter sind stattdessen die Varianten, die es genau in der Sprache gibt, die das Kind hört. Das, was Sprachen unterscheidet ist also, dass sie verschiedene Werte in den Parametern annehmen können. Die ursprüngliche Formulierung dieser Begriffe ist ebenfalls bei Chomsky (1981, 38) zu finden: „UG consits of a highly structured and restrictive system of principles with certain open parameters, to be fixed by experience.“ Eine Weiterentwicklung und Vereinfachung der Prinzip- und Parametertheorie kam in den 90er Jahren mit dem minimalistischen Programm, das ebenfalls von Chomsky (1993) konzipiert wurde. In dem minimalistischen Programm spricht man nicht länger von Prinzipien und Parametern, sondern von innerer Grammatik mit starken und schwachen Zügen. Die angeborene innere Grammatik hat zunächst nur schwache Kennzeichen. Wenn Kinder ihre Muttersprache erlernen, müssen sie, außer, dass sie Wörter lernen, auch in Erfahrung bringen, welche Werte in der Grammatik der Muttersprache stark sind. Dadurch, dass das Kind ständig Zugang zu der spezifischen Sprache hat, bekommt es schnell Information darüber, welche Grammatik gerade seine Sprache hat und justiert die innere Grammatik nach der Sprache der Umgebung. Das geschieht nach einer gewissen Ordnung, wo jeder Schritt auf frühere Schritte aufbaut. Man betrachtet demnach das grammatische System des Kindes zu jedem Zeitpunkt als ein selbständiges Regelwerk und nicht als eine schlechtere Variante der Erwachsenensprache. In jüngster Zeit hat die Learnability Theory den Terminus LAD ersetzt, mit dem speziellen Ziel, den eigentlichen Prozess hinter dem Grammatikaufbau des Kindes zu erklären, nämlich, wie es dazu kommt, dass ein Kind eine Sprache lernen kann, ohne „negative Beweise“, d. h. ohne korrigiert zu werden. Und was ist es, was den Spracherwerb vorantreibt, so dass er nicht plötzlich stehen bleibt? Diese Fragen sind jedoch noch unbeantwortet.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Der kognitive Ansatz sieht Spracherwerb als Denkprozess (Mikes 1967; Sinclairde-Zwart 1969 und Slobin 1971; Bowerman 1973; Long 1981). Hier ist Spracherwerb an kognitive Entwicklungen gekoppelt, welche den Verlauf des Spracherwerbs bestimmen (Piaget 1969, 1973). Piagets kognitiv orientierte Spracherwerbstheorie hebt ebenfalls das hervor, was angeboren sein kann. Gleichsam, wie die Anhänger Chomskys, meinen die Kognitivisten, dass die Sprachentwicklung bei Kleinkindern einem gesetzmäßigen Muster folgt, das unveränderbar ist, ungefähr, als würde man sitzen oder laufen lernen. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch, dass die Anhänger Chomskys sich auf die Entwicklung von grammatischen Strukturen konzentrieren, wogegen sich die Kognitivisten eher mit Worterwerb und der Begriffsbildung befassen. Der Ausgangspunkt des französischen Psychologen Piaget ist die Frage, wie sich Wissen bei dem Menschen entwickelt. Er unterscheidet zwischen Erwerb, was mit bestimmten Fertigkeiten zu tun hat, und Entwicklung, was mehr menschliche Denkmechanismen beinhaltet. Diese beiden Prozesse bedingen jedoch einander; um überhaupt etwas lernen zu können, muss man ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht haben. Der Lernprozess wird als Wechselwirkung zwischen Bearbeitungsperioden, assimilation, wenn das Kind Informationen der Umwelt bearbeitet, und accomodation, wenn das Kind die neue Information in die früheren Kenntnisse über die Welt integriert, verstanden. Einer der Grundsteine in Piagets Auffassungen ist, dass Lernen das Resultat einer Aktivität ist. Das Kind muss gegen die Umwelt agieren. Während dieser Entwicklung durchläuft das Kind mehrere Stadien, von einer rein egozentrischen Perspektive zu einer sozialen, wo sich das Kind in verschiedene Gedankengänge hineinversetzt. Bevor ein Kind die Sprache anwenden kann, ist eine sensomotorische Periode vonnöten (ca. 0⫺2 Jahre), wo das Kind seine Sinne dadurch erprobt, dass es Gegenstände manipuliert und Sinneseindrücke von der Außenwelt aufnimmt. Zu Anfang erfährt sich das Kind dabei als das Zentrum, allmählich versteht es jedoch, dass z. B. Gegenstände, die man versteckt, indem man ein Tuch darüber deckt, trotzdem noch da sind. Das bedeutet einen wichtigen Schritt zur Dezentralisierung, d. h. dem Kind wird bewusst, dass Gegenstände eine unabhängige Existenz haben. Es folgt eine Periode mit preoperationeller Intelligenz (ca. 2⫺7 Jahre). Während dieser Periode arbeitet das Kind mit symbolischen Aktivitäten, welche in Träumen, Spielen und Bildermalen zum Ausdruck kommen. Während der nächsten Periode, konkrete Operationen (7⫺ 11 Jahre), fängt das Kind an, sich in die Situation anderer hineinzuversetzen und vorauszudenken, was man aus einer anderen Perspektive sehen kann. Ein bekanntes Experiment von Piaget ist das „Bergexperiment“. Man hat ein Modell von drei Bergen mit verschiedener Farbe und Form. So stellt man an die eine Seite eine Puppe und fragt, was die Puppe sehen kann. Das Kind sollte auf das Bild zeigen können, das am besten mit dem Sehfeld der Puppe übereinstimmt. Während dieser Periode entwickelt sich ebenfalls die Fähigkeit, mit anderen Menschen zu kooperieren. Schließlich kommt das Kind in die Periode formelle Operationen (ab 11 Jahren). Das bedeutet die Fähigkeit, verbale Äußerungen zu manipulieren, nicht nur konkrete Gegenstände. Ein Beispiel ist, folgendes Problem zu lösen: „Michael ist kleiner als Joachim. Michael ist größer als Daniel. Wer ist der größte?“ Obwohl ein zehnjähriger sehr wohl drei verschieden große Puppen ordnen kann, kann es für ein zehnjähriges Kind schwierig sein, ein Problem, dass nur verbal vorgestellt wird, zu lösen. ⫺ Piaget wurde oft dafür kritisiert, dass er die Altersgrenzen allzu hoch angesetzt hat, z. B. die Annahme, dass ein Kind nicht vor Beginn des 7. Lebensjahres aus sich heraus gehen und mit anderen

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus kommunizieren kann. Spätere empirische Forschung hat bewiesen, dass Kinder schon im Alter von 2 Jahren sehr gut mit anderen Menschen kooperieren können. Es kommt jedoch darauf an, wie man eine „gute Kooperation“ definiert. Der russische Psychologe Vygotsky (1962), der ein Zeitgenosse Piagets ist, teilt mit ihm auch mehrere von seinen Gedanken über die Sprachentwicklung bei Kindern. Genauso wie Piaget ist er an der allgemeinen kognitiven Entwicklung der Kinder interessiert, aber im Unterschied zu Piaget betont er die wichtige Rolle der Interaktion für die Begriffsbildung und Sprachentwicklung. Es ist durch die soziale Gemeinsamkeit mit anderen, wodurch das Kind die Sprache entdeckt. Das Kind kann nicht eigenmächtig Dinge bezeichnen, sondern bekommt im Gespräch mit Erwachsenen die nötige Stütze, damit sich die Sprache entwickeln kann. Den Abstand zwischen dem eigenen sprachlichen Niveau des Kindes und dem Niveau, das am nächsten darüber ist, nennt Vygotsky die „proximale Entwicklungszone“. Hier liegt das Entwicklungspotential des Kindes. Die sprachliche Anpassung, die Erwachsene intuitiv tun, wenn sie mit Kindern reden, ist von großem Wert für die Sprachentwicklung des Kindes. Dem nativistischen und kognitiven Ansatz (aufbauend auf psycholinguistischen Faktoren) steht der lerntheoretische Ansatz gegenüber (Skinner 1957). Während die erstgenannten Theorien vorrangig innere Faktoren des Spracherwerbs beschreiben, lenkt die lerntheoretische die Aufmerksamkeit auf die äußeren Faktoren und macht sie ursächlich für das Lernen von Sprachen als Reaktion auf einen vorgegebenen Stimulus. Eine Synthese aus beiden Richtungen stellt der interaktionistische Ansatz dar. Sowohl Lernen als auch Konstruieren/Generieren von Regeln mit Hilfe des LAD werden heute als für den Spracherwerb bestimmend angesehen (Brown/Fraser 1963). Dieses Zusammenspiel bewirkt, dass das Kind im Verlauf des Spracherwerbs gewisse sprachliche Elemente immer wieder explizieren und ⫺ auch wenn die Bedeutung klar ist ⫺ wiederholen muss, um sie an fremde Umgebungen und neue Partner anzupassen (Schlesinger 1971; Brown 1973). Der Spracherwerb ist somit ein Prozess der aktiven Verarbeitung sprachlichen inputs. Die aus dem Prozesscharakter der Interaktion erwachsenen Interdependenzen von Lernen und Lehren (confirmation, checks, clarification requests, corrective feedback, imitations, failures to understand, negotiation of meaning usw.) erlauben dem Kind, Hypothesen über die Regelhaftigkeit des Sprachsystems aufzustellen und sie zu testen, so dass von daher die Grammatik der Sprache internalisiert werden kann. Diese Entwicklung geht mit der Notwendigkeit des Verstandenwerdens durch die Umgebung einher und die Interaktion wird als sozialer Gesamtrahmen, als tragendes Element des Spracherwerbs herausgestellt (Snow 1977). Zusammenfassend ist festzustellen, dass Spracherwerb das Ergebnis von sprachlicher Umgebung (input) und mentalen Fähigkeiten des Kindes ist. Diese Interaktion zwischen inneren und äußeren Faktoren manifestiert sich im verbalen Austausch zwischen Kind und Partner. Aus diesem Ansatz leiten sich die Arbeiten von Miller (1976), Anders (1982), Bates/MacWhinney (1981, 1982), Long (1981), McDonald/Pien (1982) und McLaughlin et al. (1983) zum sprachlichen input ab. Er führt weiter zur Beobachtung von diskursiven Strategien des Kindes (Hatch 1978), die meinen, dass auf den gesamten Diskurs einzugehen ist, um zu verstehen, wie Spracherwerb und Sprachlernen vor sich gehen. Die Strategien, mit denen die Kommunikation aufrecht erhalten wird, sind dabei maßgeblich.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

1.2. Praktische Seite des Spracherwerbs Ein genereller Ausgangspunkt des Spracherwerbs ist, dass die Sprachen der Kleinkinder untereinander ähnlich sind und weltweit erstaunliche Übereinstimmungen in den Spracherwerbsmustern aufweisen. Konkret sehen die sprachlichen Entwicklungsstadien wie folgt aus: Kinder sind zeitig vom Rhythmus der Sprache geprägt, die sie umgibt. Ab der 24. Schwangerschaftswoche kann ein Fötus hören. Er kann noch keine Wörter verstehen, aber er nimmt Tonfall, Melodie und Rhythmus wahr. Direkt nach der Geburt ist die mütterliche Stimme ein wichtiges Erkennungssignal und maßgeblicher Bezugspunkt. Durch Bewegungen und Blickkontakt reagiert das Neugeborene auf die lautlichen Zeichen. Von der Geburt bis etwa einem Jahr folgt dann die Phase des Lallens und der Nachahmung. Die größte Gleichheit in der Sprachentwicklung von Kindern herrscht in dieser zeitigen Jollerphase und entwickelt sich bei allen Kindern gleichmäßig. Sie beginnen damit, Laute ganz hinten im Gaumen, so genannte uvulare Laute zu bilden und gehen danach weiter nach vorn, über den harten Gaumen zu den Zähnen und Lippen. Ab einer gewissen Periode geht das Kind dazu über, statt einzelner Laute Silbenjoller zu produzieren oder die Jollerlaute zu reduplizieren zu Reihen, z. B. babababa, dadadada. Am Anfang werden offene Silben bevorzugt (di, mö, ma, da) später kommen geschlossenen Silben vor, d. h. KonsonantCVokalCKonsonant (KVK). Schon Jakobson (1940) erkannte, dass Kinder sich zuerst die größten Kontraste aneignen und später zu immer feineren Distinktionen übergehen. Danach kommt meistens eine Phase der Dentalisierung, nasale oder velare Konsonanten werden als Dentale ausgesprochen, z. B. k, g, als t, d. Schwierig sind für Kinder allzu lange Konsonantenkombinationen, die sie gerne durch verschiedene Strategien umgehen, z. B. Weglassen des ersten Konsonanten, Einschieben eines Vokals oder Umstellung. Ziel ist es, wieder die Struktur der offenen Silbe, zu erreichen. Eine englische Forschergruppe hat herausgefunden, dass Kleinkinder schon mit 2 Monaten Wortgrenzen erkennen können und entdecken, welche Laute Phonemstatus tragen. Die ersten Worte werden im Alter von etwa einem Jahr produziert und weisen noch keine freien grammatischen Morpheme (Hilfsverben oder Präpositionen) oder gebundene grammatische Morpheme (Affixe, Endungen) auf, sondern die Kinder benutzen größtenteils nur lexikalische Morpheme, also Wörter. Ab einem gewissen Stadium tritt jedoch das grammatische Morphem in Erscheinung und Kinder, die vorher nur ungebeugte Wörter gesprochen haben, beginnen, systematisch Wörter zu beugen und kombinieren lexikalische und grammatische Morpheme. Das deutet auf einen Sprung in der Sprachentwicklung hin. Dabei treten die oben bereits erwähnten Übergeneralisierungen sowohl bei Verben als auch bei Substantiven auf: Präteritum der starken Verben, Pluralbildungen bei Substantiven; Adjektivbeugungen und Pronomen. Danach werden Wortgruppen und Sätze produziert. Etwa mit 2 Jahren kann man beim Kind beobachten, dass die Anzahl der hintereinander gesprochenen Worte steigt und es die Wortfolge zwischen den einzelnen Wörtern steuert, so genannte syntaktische Regeln produziert. Dabei haben alle Einzelsprachen ihre eigenen Regeln, wichtig ist jedoch in jeder das Verhältnis von Subjekt und Prädikat. Meilensteine in der syntaktischen Entwicklung beim Spracherwerb sind Einwort-, Zweiwort- und Mehrwortssätze sowie die Bildung von Nebensätzen. So baut das Kind in den ersten drei Lebensjahren die wichtigsten Information des Nahmilieus sprachlich auf. Bis zum fünften Lebensjahr verfügt das Kind gewöhnlich über die meisten grammatischen Regeln, um sich mit

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus anderen erfolgreich verständigen zu können. In den Bereichen Wortbedeutung und Sprachverwendung lernt das Kind im Schulalter dann noch sehr viel dazu und grundsätzlich ist der Vorgang der Sprachentwicklung nie abgeschlossen. Auch Erwachsene erweitern ständig ihr Lexikon, verändern ihren Sprachgebrauch oder eignen sich neue Sprachen oder Sprachvarietäten an.

2. Zweitspracherwerb − L2-Erwerb Das Ergebnis des Erwerbs einer zweiten Sprache, Zweitspracherwerb, mündet in der Zweisprachigkeit, dem Bilingualismus des Sprechers (bilingualism or second language acquisition). Mehrsprachigkeit ist das Beherrschen von mehr als zwei Sprachen (multilingualism). Nach der individuellen und gesellschaftlichen Ebene unterscheidet man dann entsprechend „individuelle“ und „gesellschaftliche“ Zweisprachigkeit. Unter dem ersten versteht man ein mehrsprachiges Individuum und das zweite bedeutet eine mehrsprachige Gesellschaft, d. h. ein Staat mit mehreren offiziellen Sprachen. Nach Mackey (1968, 583) kann Bilingualismus deshalb nicht nur als linguistische Disziplin beschrieben werden, sondern ist sowohl ein kognitives als auch ein gesellschaftliches Phänomen. Da der Begriff Zweisprachigkeit komplex, vielschichtig und vor allem interdisziplinär ist (Romaine 1995, 22), sind in der Fachliteratur etwa zwanzig Definitionen von Bilingualismus entstanden, was unterstreicht, dass Zweisprachigkeit nicht ein Begriff, sondern ein Konzept ist, wozu es keine einhellige Definition geben kann (Grosjean 1982, 2). Der Inhalt dieses Gesamtkonzepts beherbergt etwa folgende Eckpunkte: ⫺ Spracherwerbsformen: simultane oder sukzessive, primäre oder sekundäre ⫺ linguistische Kompetenzen und bilinguales Verhalten: fließende oder nicht fließende bzw. balancierte und nicht blancierte, funktionale, rezeptive oder produktive Zweisprachigkeit ⫺ kommunikative Kompetenzen: Transfer, Sprachmischung, Sprachwechsel ⫺ interkulturelle Kompetenzen: Verstehen, Missverstehen, Nichtverstehen des kommunikativen Handelns ⫺ bilinguale Ausbildung: Zweitspracherwerb durch Institutionen Bevor ein Individuum zwei- bzw. mehrsprachig wird, muss es den Prozess des Zweitspracherwerbs, der verschiedene Formen haben kann, durchlaufen. Zweitspracherwerb geschieht entweder durch gleichzeitiges Erlernen von zwei oder mehreren Sprachen, was als simultaner Zweitspracherwerb bzw. simultaner Bilingualismus (simultaneous acquisition, simultaneous bilingualism) bezeichnet wird oder durch zeitversetztes Aneignen einer weiteren Sprache, was sukzessive Zweisprachigkeit bzw. sukzessiver Bilingualismus (successive resp. consecutive acquisition, successive bilingualism) genannt wird. Nach McLaughlin (1978, 1; 1984, 10) erwirbt ein Kind die simultane Zweisprachigkeit, wenn der Erwerb beider Sprachen vor dem dritten Lebensjahr einsetzt. Wird die Zweitsprache nach diesem Grenzwert erlernt, also dann, wenn die Phase des Primärspracherwerbs bereits abgeschlossen ist, spricht man von sukzessiver Zweisprachigkeit. Dabei wird der Grad der Beherrschung der Sprachen nicht festgelegt. Forschungsresultate belegen, dass der Zweitspracherwerb in seinen Basisabläufen prinzipiell wie der Erstspracherwerb erfolgt. Sogar der institutionell gesteuerte Zweit-

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz spracherwerb (bilingual education) in Kindertagesstätten, Schulen oder der Erwachsenenbildung nähert sich den Erkenntnissen des natürlichen Spracherwerbs an, indem die Methode der Immersion (immersion) lernpsychologisch immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Diese weitgehende Parallelität von Erst- und Zweitspracherwerb bedeutet, dass, unabhängig davon, ob das Kind eine oder zwei Sprachen erlernt, die Muster des Spracherwerbs unverändert bleiben. Auch die kognitive Entwicklung des Kindes bleibt beim Zweitspracherwerb im wesentlichen unberührt, das zweisprachige Kind hat lediglich die zusätzliche Aufgabe, beide Sprachen zu separieren. Darüber hinaus erweitert jeder zweisprachige Mensch natürlich seinen kulturellen Horizont. Die meisten Menschen werden zweisprachig auf eine „natürliche“ Art und Weise, indem ihre Eltern mit ihnen in zwei verschiedenen Sprachen kommunizieren, was meist in Mischehen der Fall ist. Ein weiterer Faktor kann Mobilität sein; Kinder lernen eine Zweitsprache von ihren Spielkameraden, in der Schule oder auch durch Medien. Nach McLaughlin (1978) verläuft der Erwerb der simultanen Zweisprachigkeit meistens nach der „eine Person ⫺ eine Sprache“ Methode. Nach seinen und anderen Aufzeichnungen (u. a. Huss 1991) durchlaufen die Kinder dabei hauptsächlich drei Stadien: 1. Stadium: etwa 0⫺2 Jahre: Sprachmischung beider Sprachen 2. Stadium: 2⫺5 Jahre: langsame Separation der beiden Sprachsysteme 3. Stadium: 3 bis etwa 6 Jahre: schließliche Trennung in der Phonetik und des grammatischen Systems beider Sprachen Es ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt, ob die anfängliche Sprachmischung bedeutet, dass Kinder ein einziges Sprachsystem haben, wo Elemente von beiden Sprachen Platz finden oder ob es für jede Sprache ein eigenes System gibt. Neuere Forschungen deuten jedoch daraufhin, dass das Kind beide Sprachen in einem sehr frühen Stadium separieren kann, was einschließt, dass das Kind für jede Sprache zwar ein eigenes System schafft, jedoch in der Tiefenstruktur ein „zentrales operatives System“ benutzt (Cummins 1980). Volterra und Taeschner (1978) gehen davon aus, dass das Kind am Anfang ein lexikalisches System hat, das Wörter aus beiden Sprachen beinhaltet, in einem zweiten Stadium zwei lexikalische Systeme aufbaut, aber nur eine Grammatik (Syntax) und in der dritten Phase nicht nur zwei Lexikons, sondern auch zwei Grammatiken besitzt. Am Ende der dritten Phase kann das Kind theoretisch dann die gleiche linguistische Kompetenz in jeder der beiden Sprachen besitzen und ist in der Lage, fließend mit jedem Sprecher der beiden Sprachen zu kommunizieren, ähnlich einem monolingualen Sprecher bzw. sich in allen Domänen der beiden Sprachen gleich gut zu bewegen. Diese ausgewogene Beherrschung beider Sprachen ist aber eher eine Idealvorstellung, die sich zwar an Bloomfields (1933) traditionelle Definition von Zweisprachigkeit anlehnt, die Bilingualismus als „the native-like control of two or more languages“ beschreibt, aber nach näheren Untersuchungen eigentlich selten erreicht wird. Romaine (1995, 19) stellt fest, dass die Suche nach wirklicher ausgewogener Zweisprachigkeit ein Ideal ist, das auf einem künstlichen und theoretischen Verständnis von Bilingualismus aufbaut. Balanciertheit bzw. Unbalanciertheit zweier Sprachen erlaubt auch keine Aussage über die Dauer und die konkrete Art des Spracherwerbs. Ein simultaner Bilingualismus kann darüber hinaus unbalanciert sein und bleiben, während ein sukzessiver volle Kompetenz in beiden Sprachen und somit volle Balance erreichen kann. Die linguistische Umgebung des Kindes ist eher so, dass, obwohl das Kind in zweisprachiger Umgebung aufwächst, eine Sprache vorrangig gesprochen wird (z. B. weil

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus ein Elternteil häufiger zuhause ist), so dass eine Dominanz in einer Sprache entsteht. Sind diese ungleichen Phasen länger oder wiederholen sich regelmäßig, entwickeln sich die Sprachkompetenzen des Kindes nicht gleichmäßig, sondern asymmetrisch und das Kind erlangt nicht die gleichen Fertigkeiten in beiden Sprachen. Es kommt zur unbalancierten Zweisprachigkeit (non fluent, nonbalanced bilingualism), in der die eine Sprache die starke Sprache bleibt. Das Resultat dessen jedoch ist, dass das Kind verunsichert wird. Mit zunehmendem Alter entwickelt es ein stärkeres Sprachbewusstsein und reflektiert seine eigenen Sprachfertigkeiten und erkennt, dass die Sprachkompetenz in der Zweitsprache schwächer ist, vor allem in der Lexik, was in der Literatur zeitweise auch als „Semilingualismus (Halbsprachigkeit) bezeichnet wurde (SkutnabbKangas 1976). Durch dieses Gefühl der Unbalance schließt sich eine Phase an, wo das Kind zeitweise die Anwendung der schwächeren Zweitsprache ablehnt, zumindest das Benutzen von schwierigen Begriffen und Konstruktionen. Erst, wenn die schwächere Sprache eine bewusste Stärkung erfährt, indem die Eltern z. B. Aufenthalte in dem Mutterland der Zweitsprache o. ä. organisieren, kann die Sprachkompetenz in der Zweitsprache wieder erhöht werden und das Kind kann seine Unsicherheit überwinden. Durch eine gleichmäßige intensive Hinwendung zu beiden Sprachen, können sich beide auch wieder festigen und das Kind erlangt eine bessere, balancierte zweisprachige Kompetenz. In der Literatur gibt es Studien, die von solchem gelungenen Bilingualismus berichten (u. a. Leopold 1949, Taeschner 1983). Die dominante Sprache kann jedoch weiterhin die Wortwahl des Kindes bestimmen und Quelle von idiomatischen Wendungen in der Zweitsprache sein. Nach der Auffassung von Vihman (1982) und McLaughlin (1984) determinieren kognitive Faktoren die Art der Zweisprachigkeit nur in der Art und Weise, dass ein Kind, das eine zweite Sprache nach Etablierung der ersten Sprache lernt oder zumindest zeitversetzt mit einer zweiten Sprache beginnt, den kognitiven Vorsprung hat, die zweite Sprache (L2) auf einem höheren Niveau beginnen zu können, denn die grundsätzlichen Prinzipien von Sprache und Sprechen sind bereits erworben. Schon ein Vorschulkind bedient sich während des L2 Erwerbs Strategien wie Übergeneralisierung, Vereinfachung oder Hypothesenbildung. Weil sie sich dieser Strategien bedienen können, lernen ältere Kinder eine L2 über die Struktur der L1, während jüngere Kinder bei einem L2-Erwerb mehr auf sprachliche Formeln zurückgreifen, die sie verwenden, ohne sie in ihren einzelnen Bausteinen verstanden zu haben (Clark 1974; Krashen/ Scarcella 1978). Jüngere Kinder lernen auch die Aussprache der L2 schneller als ältere Kinder und nähern sich hier einer muttersprachlichen Kompetenz an. Der ältere Lerner einer L2 hat auch den Vorteil beim Spracherwerb gegenüber dem Erstlerner, dass er ein größeres Wissen über die Welt, einen umfangreicheren Spielraum an semantischen Konzepten, ein länger trainiertes Gedächtnis und ein stärker ausgeprägtes kommunikatives Verhalten hat. Es soll also noch einmal ausdrücklich unterstrichen werden, dass nicht Veranlagung oder Gabe eines Kindes (kognitive Voraussetzungen) die Gründe von Zwei- oder Mehrsprachigkeit sind, sondern, dass Kinder zweisprachig werden, wenn psychosoziale Faktoren die Notwendigkeit der Kommunikation in zwei Sprachen bedingen, z. B. wenn in der Familie oder in der Schule oder im Nahmilieu des Kindes zwei Sprachen gebraucht werden. Kinder können auch generell in jedem Alter bilingual werden. Entscheidend für den Spracherwerb sind der input und die Einstellung des Kindes zu der

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz zu erlernenden Sprache bzw. zu den Sprechern der Sprache. Natürliche Zweisprachigkeit entwickelt sich dann, wenn das Kind gern und freiwillig in Kommunikation mit ihm nahe stehenden Personen wie Eltern, Geschwister, Verwandte, Freunde, Lehrer usw. tritt. Solange dieser Sachverhalt vorliegt, wird das Kind auch zweisprachig bleiben, wenn diese Bedingungen aber nicht mehr gegeben sein sollten, kann es passieren, dass das Kind wieder zum Monolingualismus übergeht. Später können jedoch auch eine bewusste Haltung zu einer bestimmten Sprache, das Bekenntnis zu einer bestimmten kulturellen Identität oder ein beruflicher Nutzeffekt der Kenntnis einer zweiten Sprache die Bilingualität erneut hervorrufen und bestärken.

2.1. Strategien des Zweitspracherwerbs Hier sind die Strategie der Eltern und die Strategie der Lerner zu unterscheiden. Seitens der Eltern ist es wichtig, wie, wann und wo die Sprache an das Kind weitergegeben wird. Es gibt dabei verschiedene Methoden, eine ist z. B. die Sprachen auf verschiedene Domänen aufzuteilen, so wird eine Sprache nur zuhause gesprochen und die andere außerhalb, oder man benutzt zu bestimmten Zeiten eine bestimmte Sprache, z. B. die eine Sprache vormittags, die andere nachmittags oder die eine Sprache in einer Woche und die andere in der nächsten oder eine bestimmte Sprache an bestimmten Wochentagen. Eine weitere Strategie ist, am Anfang mit dem Kind nur in einer Sprache zu kommunizieren und später, ab einem bestimmten Alter, z. B. ab drei oder ab fünf Jahren, zu der anderen Sprache überzugehen. Eine weitere Strategie ist, den Sprachgebrauch in Abhängigkeit des Gesprächsthemas, der Situation, der Person und des Platzes zu bestimmen (Grosjean 1982, 170 ff.). Die häufigste und am meisten erprobte Strategie zur Hinführung von Kindern zur Zweisprachigkeit ist jedoch die bereits erwähnte „eine Person ⫺ eine Sprache“ Methode. Durch die konsequente Anwendung einer Sprache seitens derselben Person, entwickeln sich Gewohnheiten, die sich beim Kind festigen. Es assoziiert den Sprachgebrauch mit dem Auftreten einer bestimmten Person und empfindet es als Notwendigkeit, gegenüber dieser Person eine bestimmte Sprache zu verwenden. Auch was die Sprachwahl betrifft, gibt es verschiedene Herangehensweisen. Manche Eltern vermitteln dem Kind verstärkt die schwache Sprache und gehen davon aus, dass sich das Kind die starke Sprache im Nahmilieu aneignet. Untersuchungen haben ergeben, dass nicht alle Strategien gleich erfolgreich sind, da sie oft auf Zufälligkeiten beruhen. Die sukzessive Sprachvermittlung zunächst der schwachen Sprache und dem darauf folgenden Übergang zur starken Sprache funktioniert nur, wenn das Kind auch weiterhin außerhalb der Familie der schwachen Sprache in genügendem Maße ausgesetzt ist, d. h. der input gegeben ist. Auch die „eine Person ⫺ eine Sprache“ Strategie führt meist dazu, dass die dominante Sprache, die dann in der Regel von einem Elternteil gesprochen wird, noch stärker wird, wenn das Kind zur Schule geht und in Interaktion mit der Außenwelt tritt. Zusätzlich ist das Elternteil, dass die schwache Sprache spricht in einer schwierigeren Position außerhalb der Familie, besonders, wenn die Sprache einen geringen Status besitzt, denn auch das Kind strebt danach, sich nicht von seinen Kameraden abzusondern, und weist in vielen bekannten Fällen den Gebrauch einer schwachen Zweitsprache zurück. In solchen Situationen wechseln dann die Eltern oft zur Erstsprache ⫺ was natürlich nicht passieren sollte. Wichtig bei der Stützung der schwachen Sprache ist einzig und allein, dass das

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus Kind die Notwendigkeit fühlt, beide Sprachen in seinem Alltag aktiv zu verwenden. Begreift das Kind die Zweisprachigkeit nur in dem Sinne, dass es die Konversation der Eltern untereinander oder mit Freunden zu verstehen braucht, ohne zu antworten, dann wird es nur eine passive Zweisprachigkeit (passive bilingualism) entfalten, im Gegensatz zu dem gewünschten Ziel der aktiven Zweisprachigkeit (active bilingualism). Zusammenfassend kann man sagen, dass es für ein Kind schwierig ist, bei all den gegebenen Umständen wirklich zweisprachig zu werden, wenn es in einem Land lebt, wo eine Sprache dominant ist, auch wenn die Zweitsprache einen hohen Status haben sollte. Bei Minderheitensprachen ist die Situation noch schwieriger, da die schwache Sprache, wenn sie nur an eine Region gebunden ist, wo sie keine offizielle Sprache ist, in zu wenig Domänen zum Tragen kommt. Das heißt, wenn die Eltern nicht einen starken Rückhalt in der Umgebung haben oder ihre Kinder regelmäßig zu Besuchen in das Mutterland bringen können, es nicht sicher ist, ob das Ziel der Zweisprachigkeit erreicht werden kann. Das Sprechen von zwei Sprachen bei der Sozialisierung des Kindes erfordert auch eine Anstrengung seitens der Eltern, sie müssen erstens die Sprache/en, die sie vertreten, gut beherrschen und es muss genügend Lese- und Spielmaterial vorhanden sein. Die Konsequenz des Prinzips „eine Sprache ⫺ eine Person“ erfordert auch einen relativ großen Willen und eine gefestigte Erziehungsstrategie und darüber hinaus das Einverständnis des Partners, die „schwächere“ Sprache zu sprechen. Bilinguale Erziehung ist auch eine Zeitfrage und diese Zeit kann manchmal nicht aufgebracht werden. In Dokumentationen kann man von den Mühen zweisprachiger Familien erfahren, die mit der Erhaltung bzw. manchmal sogar Rettung dieser Sprache verbunden sind, besonders wenn es sich um Minderheiten- oder Einwandrersprachen handelt (Norberg 1996; Afshar 1998). In der Regel ist es die dominante Sprache, die auch die starke Sprache in der Familie wird, denn die Kinder verbringen letztendlich mehr Zeit in der Schule, mit ihren Freunden und in der Majoritätsgesellschaft, als zuhause. Bei dem Lerner bilden sich ebenfalls Wege heraus, entweder die Aneignung der Zielsprache zu beschleunigen oder nicht. Er bedient sich dabei linguistischer als auch kognitiver und sozialer Strategien. Dabei gleichen die Strategien des Zweitspracherwerbs denen des Erstspracherwerbs. Geschickte Zweitsprachenlerner benutzen am Anfang nur einfache Strukturen und streben das Gelingen der Kommunikation vor der strukturellen Richtigkeit an (vgl. Grosjean 1982, 193 ff.). Aus der Kenntnis von zwei Sprachen ergeben sich, wie gerade erwähnt, weitere Konsequenzen für den Sprachgebrauch, die bei monolingualen Menschen nicht vorkommen, wenn man von Dialektumschaltungen oder Variationen in der Stilistik innerhalb der Sprache absieht. Während der Kommunikation von bilingualen Sprechern treten Mechanismen in Kraft, die sowohl die Sprachen und das Sprechen des Individuums als auch die Sprachgemeinschaft im ganzen beeinflussen können. Das sind vor allem vier Erscheinungen: der Transfer (transfer), die lexikalischen Entlehnungen (borrowing), der Sprachwechsel (code-switching) und die Sprachmischung (code-mixing). Alle vier Phänomene sind natürliche Erscheinungen im Gespräch von Menschen, die die gleichen Sprachen beherrschen und sollten nicht negativ beurteilt werden, im Gegenteil, sie werden erst möglich, wenn man beide Sprachen gut beherrscht, d. h. sie sind ein Ausdruck von guter und nicht unzureichender Sprachkompetenz. Der Sprachwechsel kann eine ganz bewusste Strategie eines Sprechers sein, bei der die sprachlichen Systeme jedoch getrennt bleiben. Er wird aus verschiedenen Gründen, meist mit

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz einer gezielten emotionalen kommunikativen Absicht im Gespräch eingesetzt. Sprachmischungen, Transfer bzw. Entlehnungen manifestieren sich hingegen meist unbewusst, treten sie frequent auf, könnten sie jedoch wirklich auf ein Fehlen von sprachlicher Kompetenz hinweisen. Neben den rein sprachlichen Kontakterscheinungen sollte man die parasprachlichen Kompetenzen wie Gestik und Mimik auch zu Sprachkontakterscheinungen hinzurechnen.

3. Institutioneller Bilingualismus − Eine Sonderform des Zweitspracherwerbs Eine besondere Form des L2 Erwerbs ist das Sprachenlernen in Institutionen, vorrangig Kindertagesstätten oder Schulen. Dieser L2 Erwerb unterscheidet sich vom natürlichen Zweitspracherwerb dadurch, dass es ein Spracherwerbsprozess ist, der auf Fremdsprachen- bzw. bilingualem Unterricht basiert (zumindest in der Schule), also ein institutionell vermitteltes gemeinsames Sach- und Sprachenlernen beinhaltet und somit unter Anleitung einer Lehrkraft in einem bestimmten Zeitrahmen und an einem bestimmten Ort mit einem vorgegebenen Ziel geschieht. Das Bildungsziel ist meist das Erlernen einer internationalen Verkehrssprache oder evtl. auch einer Minderheitensprache. Besonders bei ethnischen Minderheiten, die sich bereits in einem Sprachwechsel von der Minoritätssprache zur Majoritätssprache befinden, bietet das frühe Erlernen der Minoritätssprache durch eine Form von immersiver zweisprachiger Erziehung lernpsychologisch die günstigsten Voraussetzungen für den erneuten Spracherwerb des indigenen Idioms und damit seiner Erhaltung (Hinton/Hale 2001). Die Vorbereitung des schulischen Erwerbs einer Zweitsprache geschieht mit Vorteil durch eine zweisprachige Sozialisierung in der Kindertagesstätte. Die Zielsprache sollte hier konsequent vom Erziehungspersonal angewendet werden, jedoch als spielerischer Umgang mit den Kindern. Die Kinder eignen sich schnell mindestens umfangreiche passive Kenntnisse der Zielsprache an, die beim Eintritt in die Schule dann systematisch aktiviert werden. Im bilingualen Unterricht wird dann die Anwendung der Zielsprache als Arbeitssprache im Sachfachunterricht praktiziert. Das bedeutet, dass im Unterrichtsgeschehen der Schule in gewissen, nach bestimmten Kriterien ausgewählten Fächern, in der für die Schüler zu erlernenden Sprache unterrichtet wird. Dabei wird die Zielsprache über die Fachinhalte des jeweiligen Sachfachs erlernt und nicht über Wortschatz- und Grammatikübungen. Inhaltsbezogener Fremdsprachenunterricht (CLIL) bzw. bilingualer Unterricht ist deshalb nicht mehr Fremdsprachenlernen im herkömmlichen Sinne, sondern eine neue Herangehensweise an die Aneignung einer Sprache und den Umgang mit Sprachen im Lernprozess überhaupt (Zydatiß 2000; Wolff 2002, 167 ff.). Nach Thürmann (2002) kommen Unterrichtsinszenierungen zum Einsatz, die die international erprobte Spracherwerbsform der Immersion mit modernen Methoden der Unterrichtspädagogik eines institutionell vermittelten Sachund Sprachenlernens verbinden. Immersion bedeutet, dass der Lernende beim Spracherwerb von der zu erlernenden Sprache „umhüllt“ wird, quasi in sie „eintaucht“. In der Fachliteratur wird Immersion deshalb auch als „Sprachbad“ bezeichnet. Im Unterricht wird dabei von der Lehrkraft konsequent die Zweitsprache angewendet, auch wenn die Kinder in ihrer eigenen Mut-

40. L1- vs. L2-Erwerb/Bilingualismus tersprache antworten. Damit möchte die Immersion als Unterrichtsprinzip dem natürlichen und intuitiven Spracherwerb am nächsten kommen, wo Wissens- und Sprachaneignung vor allem interaktions- und kommunikationsbezogen vonstatten gehen und sich im Verbund aufbauen. Durch das Prinzip der Immersion ist das „der Zielsprache ausgesetzt sein“ (frequency of exposure) wesentlich höher als im normalen Fremdsprachenunterricht, was die Effektivität des Lernens erhöht. Zusammenfassend ist Zydatiß (2000) Definition des bilingualen Unterrichts vielleicht am schlüssigsten: 1. Das Immersionsprogramm stellt einen eigenständigen Spracherwerbstyp dar, der weder mit dem natürlichen Erwerb von zwei Sprachen (z. B. in zweisprachigen Familien) noch mit herkömmlichem Fremdsprachenunterricht identisch ist. Immersion ist eine Form von Zweitspracherwerb unter institutionellen Bedingungen, die sich schulischer Vermittlungsverfahren bedient. 2. Das Ziel des bilingualen Unterrichts ist die geglückte Synthese von Sach- und Sprachunterricht, die Parallelität von systematischem Erwerb der Zweitsprache und themenbezogenem Unterricht bzw. die Integration von themenbezogenem Unterricht in den systematischen Erwerb der Zweitsprache. Der bilinguale Unterricht ist als Schulmodell bereits weltweit (Baker 1993, 1998; Hinton/Hale 2001) sowie in Europa (z. B. Österreich, Slowenien, Irland, oder Spanien) als auch in Deutschland mit mehr als 400 bilingualen Schulen zur gängigen Praxis geworden. Auch bei der sorbischen Minderheit im Bundesland Brandenburg und im Freistaat Sachsen wird diese Unterrichtsform mit dem Ziel der Bewahrung der sorbischen Sprache erfolgreich praktiziert (Norberg 2003, 2006). Der Erfolg eines schulischen Spracherwerbskonzepts ist jedoch immer von außersprachlichen Faktoren ⫺ wie Motivation, stabiler Finanzierung, den politischen Rahmenbedingungen ⫺ sowie innersprachlichen ⫺ wie gemeinsame Verantwortung der Sprachgemeinschaft, sprachliche Vorbildwirkung und die Schaffung von Anwendungsräumen ⫺ abhängig.

4. Bilingualismus und Globalisierung In den slavischen Ländern ist Zwei- oder Mehrsprachigkeit keine Seltenheit. Auch das Vorhandensein von ethnischen Minderheiten ist in slavischen Ländern ein Normalfall. Neben den offiziellen Amtssprachen werden in vielen slavischen Staaten andere offizielle Sprachen verwendet, wie z. B. in der Slowakei das Tschechische. Internationale Dokumente wie das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (1995) oder die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen in Europa (1998) sowie der Guide for the Development of Language Education Policies in Europe (2003) befürworten ausdrücklich die Erhaltung der Sprachenvielfalt in Europa und regen das Erlernen von mehreren Sprachen an. Multikulturalität, Verständnis für andere Menschen und ihre Kulturen, Toleranz und eben die Bewusstseinsentwicklung von notwendiger Mehrsprachigkeit eines jeden Menschen in einem Europa mit einem gemeinsamen Markt und offenen Grenzen sind heute ein Garant für Frieden und Demokratie, welche nur auf dieser Basis zukunftsträchtig und stabil sein werden.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

5. Literatur (in Auswahl) Afshar, Karin (1998): Zweisprachigkeit oder Zweitsprachigkeit. Zur Entwicklung einer schwachen Sprache in der deutsch-persischen Familienkommunikation. Münster/New York/München/Berlin. Ammon, Ulrich/Dittmar, Norbert/Mattheier, Klaus J. (Hrsg.). 1987⫺1988. Sociolinguistics: An international handbook of the science of language and society. Soziolinguistik. 1⫺2. Berlin. Anders, Karl (1982): Von Worten zur Syntax: Spracherwerb im Dialog. Berlin. Arnberg, Lenore (1997): „Language strategies in mixed nationality families“. // Scandinavian Journal of Psychology 20. Stockholm. 105⫺112. Bach, Gerhard U./Niemeier, Susanne (Hrsg.) (2002): Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektive. Kolloquium Fremdsprachenunterricht 5. Frankfurt am Main/Berlin/ New York. Baker, Colin (1993): Foundations of Bilingual Education and Bilingualism. Clevedon/Philadelphia/Adelaide. Baker, Colin/Jones, Sylvia P. (eds.) (1998): Encyclopedia of Bilingualism and Bilingual Education. Clevedon. Bates, Elisabeth/MacWhinney, Brian (1981): „Second language acquisition from a functionalist perspective: Pragmatic, semantic and perceptual strategies“. // Winitz, Harris (ed.). Native Language and foreign Language Acquisition. Annuals of the New York Academy of Sciences 379. 190⫺214. Bates, Elisabeth/MacWhinney, Brian (1982): „Functionalist Approaches to Grammar“. // Wanner, Eric/Gleitman, Lila R. (eds.) Language Acquisition ⫺ The State of the Art. Cambridge. 173⫺ 218. Bloomfield, Leonard (1933): Language. London. Bowerman, Melissa (1973): Early Syntactic Development: A Cross-Linguistic Study with special Reference to Finnish. Cambridge. Brown, Roger/Fraser, Colin (1963): „The acquisition of syntax“. // Cofer, Charles N./Musgrave, Barbara S. Verbal behavior and learning. Problems and processes. New York. Brown, Roger (1973): A First Language. Cambridge. Clark, Richard E (1974): „Performing without competence“. // Journal of Child Language 1. 1⫺10. Chomsky, Noam (1965): Aspects of a theory of syntax. Cambridge. Chomsky, Noam (1981): Lectures on government and binding. Foris. Chomsky, Noam (1993): „A minimalist program for linguistic theory“. // Hale, Ken/Keyser, Samuel Jay (eds.). The View from Building 20. Cambridge. 41⫺58 [Reprint as Chapter 3 of Chomsky 1995]. Chomsky, Noam (1995): The Minimalist Program. Cambridge. Cummins, James (1980): „The cross-lingual dimension of language proficiency: implications for bilingual education and the optimal age issue“. // TESOL Quarterly 14. 175⫺187. Cummins, James, „Bilingualism and Cognitive Functioning“. // Shapson, Stanley M./D’oyley, Vincent (eds.) (1984): Bilingual and Multicultural Education: Canadian Perspectives. Clevedon. Cunningham-Andersson, Una/Andersson, Staffan (1999): Growing Up with Two Languages. London/New York. Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates. 1992. Strasbourg. Fishman, Joshua (1991): Reversing Language shift. Clevedon/Philadelphia/Adelaide. Fishman, Joshua (2000): Can Threatened Languages be Saved? Clevedon. Grosjean, Francois (1982): Life with Two Languages. An Introduction to Bilingualism. Harvard. Guide for the Development of Language Education Policies in Europe. 2003. Strasbourg. Hatch, Evelyn M (1978): Second Language Acquisition. A book of Readings. Rowley. Hallet, Wolfgang (2002): „The Bilingual Triangle. Überlegungen zu einer Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts“. // Praxis. Berlin/Hamburg. 2⫺98. Hinton, Leanne/Hale, Ken (eds.) (2001): The Green Book of Language Revitalization in Practice. New York/London.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Taeschner, Traute (1983): The sun is feminine. A Study on Language Acquisition in Bilingual Children. Berlin. Thürmann, Eike (2002): „Eine eigenständige Methodik für den bilingualen Sachfachunterricht?„ // Bach, Gerhard/Niemeier, Susanne (Hrsg.). Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven. Frankfurt am Main. 75⫺93. Vihmann, Martin M. (1982): „Formulas in first and second languages acquisition“. // Obler, Loraine/Menn, Lise (eds.). Exceptional Language and Linguistics. New York. 261⫺284. Volterra, Virginia/Taeschner Traute (1978): „The acquisition and development of language by bilingual children“. // Journal of Child Language 5. 311⫺326. Vygotsky, Lev S. (1962): Thought and Language. Cambridge. Wolff, Dieter (2002): „Möglichkeiten zur Entwicklung von Mehrsprachigkeit in Europa“. // Bach, Gerhard/Niemeier, Susanne (Hrsg.). Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven. Frankfurt am Main. 159⫺172. Zydatiß, Wolfgang (2000): Bilingualer Unterricht in der Grundschule. Entwurf eines Spracherwerbskonzepts für zweisprachige Immersionsprogramme. Ismaningen.

Madlena Norberg, Cottbus (Deutschland)

41. Argument − Prädikat − Struktur und Dezentrierung 1. Einleitung 2. Dezentrierung ‚Agens ⫺ Patiens‘ 3. Dezentrierung ‚Aktives unpersönliches Subjekt ⫺ Nicht-aktives Subjekt (Träger eines Vorgangs)‘ 4. Dezentrierung ‚Agens ⫺ Rezipient‘ 5. Dezentrierung des Agens durch Reflexivkonstruktion mit Adverbialargument 6. Dezentrierung ‚Kausator ⫺ Träger eines Vorgangs‘ 7. Literatur (in Auswahl)

Abstract There are five main syntactic types of decentering (called ‚diathesis‘, too) found in Slavic languages, represented by Czech here: (1) agent ⫺ patient někdo pronásleduje někoho (‘someone pursues someone’) ⫺ někdo je pronásledován někým (‘someone is pursued by someone’); (2) active non-personal subject ⫺ non-active subject Nenávist mu zakalila rozum (‘hatred blurred his mind’) ⫺ Rozum se mu zakalil nenávistí (‘His mind was blurred by/with hatred’); (3) agent ⫺ recipient (‘The director gave him a company car’) Ředitel mu přidělil služební auto ⫺ Dostal od ředitele přiděleno služební auto (‘He was given a company car by the director’); (4) Decentering through a reflexive construction including an obligatory adverbial complement Jazyky se učím snadno (‘I easily learn languages’) ⫺ Jazyky se mi učí snadno (‘Languages come easily to me’); (5) ‘causator ⫺ bearer of a process Stín Evu polekal (‘The shade surprised Eva’) ⫺ Eva (‘Eva was surprised by the shade’) se polekala stínu.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Taeschner, Traute (1983): The sun is feminine. A Study on Language Acquisition in Bilingual Children. Berlin. Thürmann, Eike (2002): „Eine eigenständige Methodik für den bilingualen Sachfachunterricht?„ // Bach, Gerhard/Niemeier, Susanne (Hrsg.). Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven. Frankfurt am Main. 75⫺93. Vihmann, Martin M. (1982): „Formulas in first and second languages acquisition“. // Obler, Loraine/Menn, Lise (eds.). Exceptional Language and Linguistics. New York. 261⫺284. Volterra, Virginia/Taeschner Traute (1978): „The acquisition and development of language by bilingual children“. // Journal of Child Language 5. 311⫺326. Vygotsky, Lev S. (1962): Thought and Language. Cambridge. Wolff, Dieter (2002): „Möglichkeiten zur Entwicklung von Mehrsprachigkeit in Europa“. // Bach, Gerhard/Niemeier, Susanne (Hrsg.). Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven. Frankfurt am Main. 159⫺172. Zydatiß, Wolfgang (2000): Bilingualer Unterricht in der Grundschule. Entwurf eines Spracherwerbskonzepts für zweisprachige Immersionsprogramme. Ismaningen.

Madlena Norberg, Cottbus (Deutschland)

41. Argument − Prädikat − Struktur und Dezentrierung 1. Einleitung 2. Dezentrierung ‚Agens ⫺ Patiens‘ 3. Dezentrierung ‚Aktives unpersönliches Subjekt ⫺ Nicht-aktives Subjekt (Träger eines Vorgangs)‘ 4. Dezentrierung ‚Agens ⫺ Rezipient‘ 5. Dezentrierung des Agens durch Reflexivkonstruktion mit Adverbialargument 6. Dezentrierung ‚Kausator ⫺ Träger eines Vorgangs‘ 7. Literatur (in Auswahl)

Abstract There are five main syntactic types of decentering (called ‚diathesis‘, too) found in Slavic languages, represented by Czech here: (1) agent ⫺ patient někdo pronásleduje někoho (‘someone pursues someone’) ⫺ někdo je pronásledován někým (‘someone is pursued by someone’); (2) active non-personal subject ⫺ non-active subject Nenávist mu zakalila rozum (‘hatred blurred his mind’) ⫺ Rozum se mu zakalil nenávistí (‘His mind was blurred by/with hatred’); (3) agent ⫺ recipient (‘The director gave him a company car’) Ředitel mu přidělil služební auto ⫺ Dostal od ředitele přiděleno služební auto (‘He was given a company car by the director’); (4) Decentering through a reflexive construction including an obligatory adverbial complement Jazyky se učím snadno (‘I easily learn languages’) ⫺ Jazyky se mi učí snadno (‘Languages come easily to me’); (5) ‘causator ⫺ bearer of a process Stín Evu polekal (‘The shade surprised Eva’) ⫺ Eva (‘Eva was surprised by the shade’) se polekala stínu.

41. Argument ⫺ Prädikat ⫺ Struktur und Dezentrierung

1. Einleitung Der Begriff der Dezentrierung (ungeachtet dieses in den slavischen Sprachen weniger üblichen Terminus) ist ⫺ unter gründlicher und minutiöser Berücksichtigung des breiten Feldes syntaktisch-semantischer Eigenschaften und transformationeller Abhängigkeiten der formalsyntaktischen und satzsemantischen Elemente der komplexen Satzstruktur (und der entsprechenden Terminologie) ⫺ insbesondere von russischen und tschechischen Linguisten in den sechziger bis achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts ausgearbeitet worden. Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts scheint das Interesse der slavischen und slavistischen Syntaktiker im Allgemeinen und der tschechischen Syntaktiker im Besonderen an der Erforschung dieses komplexen Phänomens nachgelassen zu haben. Erst seit einigen Jahren ist feststellbar, dass zu den zahlreichen Beobachtungen, Postulaten und theoretischen Konstrukten, die oft auf einer stark beschränkten Beobachtungsbasis und/oder der eigenen Introspektion basierten, durch das gezielte Recherchieren in großen Computerkorpora (die die „langue“ durch die breite „Parolebasis“ bis zu einem beachtlichen Maße repräsentieren können) neue empirische Erkenntnisse gewonnen werden können. Aufgrund dieser können wir uns dann auch um neue empirisch fundierte Theorien der Hierarchisierung der Satzstruktur und deren Diathesen bemühen. Der Begriff der Dezentrierung, wie er unter dem russischen „diateza“-Begriff und dem tschechischen „deagentizace“-Begriff ausgearbeitet worden ist, setzt wenigstens eine der drei theoretisch postulierten, gegenseitig bedingten formalen und/oder formalsemantischen Abhängigkeiten voraus: es gibt „zentrale“ systembezogene (formal)syntaktisch-(satz)semantische Prädikat-Argument-Strukturen, von denen transformationell verwandte und schon in diesem formalen Sinne „dezentrierte“ Satzstrukturen abgeleitet werden; es gibt „zentrale“ systembezogene „non-ergative“ Prädikat-Argument Strukturen, wo das formale Subjekt die allgemeine semantische Rolle eines allgemeinen semantischen Subjektes (wie auch immer dieses allgemeine Subjekt spezifisch aufgefasst und benannt wird) repräsentiert, und die von diesen Strukturen abgeleitete Strukturen sind in dem Sinne „dezentriert“, dass das semantische Subjekt nicht durch das prominente formale Subjekt-Argument repräsentiert wird; es gibt „zentrale“ systembezogene „aktive“ Prädikat-Argument-Strukturen, wo das formale Subjekt die relativ spezifische semantische Rolle eines aktiven persönlichen Agens oder eines unbelebten Kausators vertritt, und die von diesen zentralen abgeleitete Strukturen sind in dem Sinne dezentriert, dass das Agens oder das Kausator nicht durch das formal prominente formale Subjekt repräsentiert wird. Mehrere Grundtypen der Dezentrierung können unterschieden werden:

2. Dezentrierung ‚Agens − Patiens‘ Im Tschechischen, wie auch in anderen slavischen und nicht-slavischen indoeuropäischen Sprachen, ist die Agens-Patiens Dezentrierung der zentrale Typ des Hierarchisierungsprozesses. Das Passiv als die syntaktisch-kommunikative Konversion des Aktivs, wo die beiden Hauptargumente des Prädikats, Subjekt und Objekt, ihre semantische Rolle des Agens und Patiens wechseln, wird im Tschechischen wie auch in anderen

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz indoeuropäischen Sprachen durch das (historisch gesehen) passivische verbale Partizip auf -n/t und dass ‚Bindungselement‘ (traditionell Hilfsverb genannt) být gebildet. Subjekt und Objekt mancher Prädikate können sowohl belebt als auch unbelebt sein; dadurch entstehen vier Subarten der Aktiv-Passiv-Opposition, z. B.: někdo pronásleduje někoho něco pronásleduje někoho někdo pronásleduje něco něco pronásleduje něco

: : : :

někdo je pronásledován někým někdo je pronásledován něčím něco je pronásledováno někým něco je pronásledováno něčím

Belege aus dem Tschechischen Nationalkorpus (TNK): Ad l.: Aktiv: Samci jsou i v zajetí velmi aktivní a samice v průběhu celého roku. Passiv: Mnozí byli nacisty a uvrženi do koncentračních táborů. Ad 2.: Aktiv: Pronásledují nás nemoci, zranění, sny, úzkost, komplexy, minulost, smůla, neúspěchy, otázky, výčitky, hříchy, chyby, chutě, halucinace, neklid, představa, osud aj. Passiv: Proto je i v lásce svatokrádežným pocitem hříchu a provinění. Ad 3.: Aktiv: Samozřejmě, že bolševici bezhlavě a vymycují katolicismus … Passiv: Fehlt im Korpus. Ad 4.: Aktiv: Dětský den na Kampě déšť. Passiv: V té době byly letouny problémy s motory, které se přehřívaly. Das tschechische Passiv unterliegt wahrscheinlich ⫺ im wesentlichen Unterschied zum Englischen oder Deutschen ⫺ starken lexikalischen, syntaktischen, semantischen, pragmatisch-kommunikativen und stilistischen Restriktionen. Dies lassen u. a. auch die unterschiedlichen Belegstatistiken aus dem Tschechischen Nationalkorpus vermuten: Das Verhältnis von aktivem und passivem Prädikat bei einigen tschechischen Verben im Tschechischen Nationalkorpus (a) Der Anteil des Passivs ist groß: Insgesamt Verbformen potrestat nutit vyloučit

2972 7373 8593

: : :

Passiv

Prozent

1430 3378 3818

(48%) (46%) (44%)

41. Argument ⫺ Prädikat ⫺ Struktur und Dezentrierung zavraždit vyřadit trestat vyslýchat

1830 2749 1641 619

: : : :

791 1136 486 177

(43%) (41%) (30%) (29%)

(b) Der Anteil des Passivs, der den Angaben in der Literatur über den Passivanteil im Allgemeinen im Deutschen und Englischen entspricht (20%): doprovázet donutit vyšetřovat zbourat

3793 2850 2218 533

: : : :

671 510 364 120

(18%) (18%) (16%) (13%)

(c) Der Anteil des Passivs ist klein bis gering: roztrhat chválit zlomit hlídat vylučovat číst porodit lámat vyprávět bourat poznat kupovat pustit poslouchat vyndat uslyšet

446 1336 2161 2655 3447 14003 659 1359 7504 376 12841 4111 8428 6094 811 2270

: : : : : : : : : : : : : : : :

35 66 112 101 92 151 9 13 70 3 80 15 36 11 2 3

(8%) (5%) (5%) (4%) (3%) (1%) (1%) (1%) (0,9%) (0,8%) (0,6%) (0,4%) (0,4%) (0,2%) (0,2%) (0,1%)

(d) Der Anteil des Passivs ist (fast) gleich Null: uvidět ucítit potkat poslechnout

9742 1151 5092 1471

: : : :

0 0 1 0

(0%) (0%) (0,02%) (0%)

Im Allgemeinen wird das tschechische Passiv häufig nur bei transitiven Verben mit Akkusativobjekt und Vorgangsbedeutung gebraucht, wie das oben zitierte pronásledovat (‚verfolgen‘) zeigt. Auf der anderen Seite gibt es ⫺ wie auch z. B. im Deutschen ⫺ manche Verben mit der Bedeutung einer statischen Relation, die auch oft passivisiert werden, wie z. B. doprovázet (‚begleiten‘ ⫺ mit unbelebtem Subjekt), podpírat (‚stützen‘ ⫺ mit unbelebtem Subjekt) usw. Z. B. Text je doprovázen obrázky. Klenba je podpírána sloupy. Dagegen gibt es auch transitive Verben mit Akkusativobjekt und Vorgangsbedeutung, bei denen das Passiv nicht vorkommt (z. B. potkat ⫺ ‚begegnen, treffen‘). Inwieweit der Gebrauch des Passivs im Tschechischen lexikalisch, syntaktisch, semanto-pragmatisch oder stilistisch bedingt ist, wissen wir bisher nicht. Auch ist

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz die (relativ) genaue Zahl der Verben einzelner semantischer Gruppen, die als Prädikate normalerweise passivisiert werden (d. h. nachprüfbar in Texten vorkommen), bisher nicht bekannt. Vorgangsverben mit Dativobjekt werden im Tschechischen nur in einem stark begrenzten Umfang als Prädikate passivisiert, z. B. Žádné víře ještě nebylo více než této. Sätze mit passivisch dezentrierter Prädikat-Subjekt-Objekt Struktur, wo das einzige Objekt im Dativ und das Subjekt explizit benannt wird und in Komplementstellung steht, z. B. Uns wurde von ihnen nicht geholfen, sind im Tschechischen sehr selten und oft eher ungrammatisch (*Nebylo nám jimi pomoženo.) Anders als im Englischen oder Deutschen, gliedert sich im Tschechischen die syntaktische Kategorie der dezentrierten Agens-Patiens-Diathese ins partizipiale Passiv, wie oben beschrieben, und das reflexive Deagentivum (RD). Die syntaktische Funktion dieser Art Dezentrierungskategorie ist die obligatorische Reduktion des Subjekt-Objekt Argumentpotenzials des Prädikats in die einwertige Prädikat-Subjekt Satzstruktur. Z. B. kann das Agens im Satz mit zwei Hauptargumenten des Prädikats Církev pronásledovala kacíře (‚Die Kirche hat die Ketzer verfolgt‘) durch das reflexive Deagentivum dezentriert werden, indem das persönliche Agens durch das Prädikat impliziert, jedoch nicht lexikalisch benannt wird: Pronásledovali se kacíři. Sätze wie *Církví se pronásledovali kacíři sind ungrammatisch. Das implizierte persönliche Agens, das allgemein als die Menschen im Allgemeinen, oder aber eine bestimmte Gruppe von ihnen je nach Satz- und Textbedeutung repräsentiert wird, darf nicht benannt werden. (Es finden sich jedoch Ausnahmen von dieser Regel, die wurden jedoch bisher weder erklärt noch beschrieben.) Das tschechische reflexive Deagentivum wird außerdem nur in der dritten Person gebraucht. Es ist immer dann am Platz, wo über eine Aktivität der Menschen, ohne dass diese benannt werden sollen, die Rede ist. Das tschechische reflexive Deagentivum ist zweifach homonym: auf der einen Seite ist es homonym mit dem semantischen Reflexivum, z. B. ein Satz wie Děti se chválily kann ⫺ vom System her gesehen ⫺ entweder bedeuten, dass die Kinder sich selbst lobten, oder aber dass sie (von jemandem) gelobt wurden. Auf der anderen Seite ist es homonym mit dem formal reflexiven Intransitivum, z. B. ein Satz wie Větev se zlomila kann entweder bedeuten, dass der Ast/Zweig brach, oder aber dass es (von jemandem) gebrochen wurde. Der kommunikative Unterschied zwischen den beiden systembezogenen Bedeutungen ist in den meisten Fällen beträchtlich: entweder ist die Rede davon, was passiert (ist), ohne dass das Agens in der Bedeutung des formal reflexiven Intransitivums impliziert wird, oder aber die Rede ist über eine/die Tätigkeit des/der Menschen. Das unpersönliche reflexive Deagentivum konkurriert oft im Text der persönlichen Verbform, wie in einem Satz von B. Hrabal: To jednou se přivezl sud a když jsme ho postavili pod starými duby, nikdo se neodvážil ho narazit. Das freie Morphem se im reflexiven Deagentivum entspricht funktionell dem deutschen man und dem französischen on, syntaktisch jedoch nicht, da das einzige Argument des Prädikats im reflexiven Deagentivum Nominativ und daher formales Subjekt ist; dem entspricht im Tschechischen auch die Orthographie, wo die Kongruenz mit dem formalen und nicht mit dem semantischen persönlichen Agens vorliegt. Z. B. schreibt man in Přivezly se sudy das Ypsilon und nicht das i, was der Semantik des Satzes und dessen kommunikativem Sinn entsprechen würde. Als Ergebnis einer syntaktischen Dezentrierung gleicht das reflexive Deagentivum dem (partizipialen) Passiv nur insofern, als in beiden Konstruktionen das formale Sub-

41. Argument ⫺ Prädikat ⫺ Struktur und Dezentrierung jekt das semantische Patiens ist. Es besteht jedoch zwischen Passiv und reflexivem Deagentivum, wie oben erklärt worden ist, sowohl ein wesentlicher formalsyntaktischer Unterschied (das reflexive Deagentivum kann das Agens in Komplementstellung nicht lexikalisch ausdrücken) als auch ein wesentlicher semantisch-kommunikativer Unterschied. Daher scheint es unangebracht zu sein, die beiden formal-semantischen Strukturen des partizipialen Passivs und des reflexiven Deagentivum unter einem einzigen Termin als eine einheitliche grammatische Kategorie (Passivum) aufzufassen, wie bisher weitgehend geschehen.

3. Dezentrierung ,Aktives nicht-persönliche Subjekt − Nicht-aktives Subjekt (Träger eines Vorgangs)‘ Es handelt sich um syntaktische Konkurrenzformen wie (1)

a. Místnost naplnil kouř (Den Raum füllte der Rauch).: b. Místnost se naplnila kouřem.

(2)

a. Nenávist mu zakalila rozum (Der Hass trübte seinen Verstand).: b. Rozum se mu zakalil nenávistí.

Anders als manche Linguisten (z. B. Grepl-Karlík 1983) fassen wir die semantische Rolle des Subjekts in ähnlichen Konkurrenzstrukturen nicht als ‚Kausator‘ (siehe unten) auf. In den Sätzen (a) mit der morphologischen Grundform des Prädikats trägt das syntaktische Subjekt (kouř, nenávist) die semantische Rolle des aktiven (sich bewegenden oder aktiv wirkenden) und unmittelbaren, wenn auch unbelebten Subjekts (sei es ein Naturelement wie Wasser, Wind, Feuer u ä., oder aber ein psychischer Vorgang), das maximal in den Vorgang integriert ist; das syntaktische Objekt (místnost, rozum) trägt die semantische Rolle des inaktiven unpersönlichen Trägers eines Vorgangs. In den Sätzen (b) mit der morphologisch sekundären (abgeleiteten) Reflexivform des Prädikats (naplnit se, zakalit se) haben die semantischen Rollen der beiden Argumente gewechselt. Theoretisch stellt diese Art syntaktisch-semantischer Konkurrenzstrukturen ein bisher nicht gelöstes Problem dar. Auf folgende Fragen werden von manchen Linguisten unterschiedliche Antworten gegeben, ohne dass eine einzige Theorie als die beste Lösung allgemein akzeptiert wird: (1) Handelt es sich um zwei Diathesen einer und derselben Proposition? (2) Falls ja, bedeutet das, dass die Reflexivform des Verbs eine Genusform und kein selbstständiges Lexem ist? (3) Falls es sich um zwei Diathesen handelt, welche von den beiden ist primär? (4) Falls es sich um zwei Diathesen handelt und die mit der Reflexivform als sekundär betrachtet wird, bedeutet das, dass diese sekundäre Reflexivdiathese als Passiv aufzufassen ist? Der Autor dieses Artikels antwortet auf die ersten zwei Fragen mit Ja. Auf die dritte Frage möchte er bisher keine definitive Antwort geben. Auf die vierte Frage antwortet er mit Nein. Ungeachtet dieser theoretischen Problemfragen sind einige formal-semantische Eigenschaften und transformationelle formal-semantische Verhältnisse klar und darüber hinaus ‚langugage-specific‘, weshalb sie eine linguistische Darlegung verdienen:

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz Es gibt im Tschechischen und manchen anderen slavischen und nicht-slavischen Sprachen vier Satzstrukturen, wo Morphologie, non-lineare syntaktische Prädikat-Argument-Struktur und Wortfolge unter dem Aspekt der Thema-Rhema-Gliederung berücksichtigt werden können: (1)

a. b. c. d.

Kouř naplnil místnost. Místnost se naplnila kouřem. Místnost naplnil kouř. Kouřem se naplnila místnost.

(2)

a. b. c. d.

Nenávist mu zakalila rozum. Rozum se mu zakalil nenávistí. Rozum mu zakalila nenávist. Nenávistí se mu zakalil rozum.

Es kann kaum geleugnet werden, dass die vier Strukturen (a)⫺(d) einen und denselben objektiven Sachverhalt sprachlich repräsentieren. Der sprachlich bedingte Bedeutungsunterschied zwischen (a) und (b) liegt einerseits in der Thema-Rhema-Gliederung, andererseits liegt er darin, dass das Agens und somit die ganze semantisch-kommunikative Struktur der Sätze (b) gegenüber (a) dezentriert ist. Der Bedeutungsunterschied zwischen (a) und (c) liegt nur in der Thema-Rhema-Gliederung. Der Bedeutungsunterschied zwischen (a) und (d) liegt primär in der Dezentrierung von (a) und sekundär in einer Spezifizierung der durch die Dezentrierung bedingten Thema-Rhema-Gliederung. Der Bedeutungsunterschied zwischen (b) und (c) liegt nur in der Dezentrierung. Der Bedeutungsunterschied zwischen (b) und (d) liegt in der Thema-Rhema-Gliederung. Wesentlich ist, dass Sätze mit dem formal reflexiven Intransitivum, die außer den beiden Argumenten kein aktives (persönliches) Agens implizieren, wie Místnost se naplnila kouřem, Nábytek se pokrývá prachem, Stromy se obalují květy, Nenávistí se jim zakaluje rozum u. ä. eine kategorial gegensätzliche Bedeutung haben sowohl gegenüber dem Passiv in Sätzen wie Sklenice byla naplněna vínem (als aktive Tätigkeit), Stoly jsou pokrývány ubrusy, Řízky jsou obalovány ve strouhance u. ä., als auch gegenüber dem reflexiven Deagentivum in Sätzen wie Sklenice se plnily vínem (d. h. Jemand ⫺ sei es ein Mensch oder mehrere Menschen, dessen/deren Identität nicht zum Inhalt der Äußerung zählt, füllte die Gläser mit dem Wein), Řízky se obalují ve strouhance etc.

4. Dezentrierung ‚Agens − Rezipient‘ In diesem Dezentrierungstyp geht es um die Verschiebung des Agens der Grundstruktur in die Stellung des dritten, nicht-obligatorischen Arguments, wobei das syntaktische Subjekt die semantische Rolle eines Rezipienten einnimmt. Das Agens in der dezentrierten Satzstruktur wird impliziert, oder aber es kann durch die Präposition od lexikalich ausgedrückt werden. Z. B. die syntaktisch-semantische Struktur des tschechischen Satzes Ředitel přidělil Petrovi služební auto kann dezentriert werden, indem das Agens (ředitel) von der prominenten Stellung des syntaktischen Subjekts verschoben und in

41. Argument ⫺ Prädikat ⫺ Struktur und Dezentrierung diese das Rezipient (Petr) angehoben wird; diese Art syntaktischer Transformation wird durch den prädikativen Bindungselement (Relator) dostat (‚bekommen‘) durchgeführt: Petr dostal od ředitele přiděleno služební auto. Diese Konstruktion wird ‚Rezipientenpassiv‘ genannt. Es kann als eine Art umgeschriebenen Passivs aufgefasst werden. Das Rezipientenpassiv wird (nicht nur im Tschechischen) nur bei einem stark begrenzten Umfang von transitiven Verben, die sonst dass Passiv bilden, verwendet und daher ist es nicht völlig grammatikalisiert und befindet sich nicht im Zentrum des syntaktischen Systems der jeweiligen Sprache. Im heutigen Tschechischen findet sich das Rezipientenpassiv häufiger nur bei wenigen Verben, vor allem bei den umgangsprachlichen vyhubovat und nařezat und deren Synonymen, und den stilistisch neutralen oder formalen Verben zaplatit, splatit, vyplatit, přidat; přidělit; nařídit, přikázat, uložit; potvrdit, nahlásit, vrátit, slíbit und deren Synonymen. Allerdings kann man der theoretischen Ansicht sein, dass das Rezipientenpassiv bei jedem Verb mit Dativergänzung und einer Rezipientensemantik grammatisch und akzeptabel ist. Die Rezipientensemantik kann konkretisiert werden als (Grepl-Karlík 1983): (1) ‚bewirken, dass jemand etwas hat‘; (2) ‚bewirken, dass jemand einen Hinweis hat zu einer Tätigkeit‘; (3) ‚bewirken, dass jemand eine Information hat‘.

5. Dezentrierung des Agens durch Reflexivkonstruktion mit Adverbialargument Bestimmte Tätigkeiten und psychische oder komplexe soziale Vorgänge wie žít, jít, pracovat, spát, dýchat, číst, studovat etc. können hinsichtlich deren allgemein gesehenen positiven oder negativen Einwirkung auf das tätige Subjekt durch evaluative Adverbien wie dobře, snadno, lehce, špatně, těžko, těžce im Satz subjektiv bewertet werden. So z. B. im Satz Jazyky se učím snadno. Celou noc jsem spal dobře. Pacient už dýchá lépe. Es sind Zwei- oder Drei-Argument-Sätze, wobei das zweite (bei intransitiven Verben) oder das dritte (bei transitiven Verben), obligatorische Argument das Adverb, das erste das Subjekt und das zweite Argument (bei transitiven Verben) das Objekt ist. In manchen Fällen gibt es im Tschechischen die Möglichkeit, die zentrale syntaktisch-semantische Entsprechung von syntaktischem Subjekt und semantischem Agens durch Reflexivierung des Prädikats aufzulösen, indem entweder (bei transitiven Verben) das syntaktisch-semantische Objekt zum syntaktischen Subjekt und das Agens zum Dativobjekt werden, oder (bei intransitiven Verben) der Satz subjektlos wird: Jazyky se mi učí snadno. Celou noc se mi spalo špatně. Pacientovi se už dýchá lépe. Allerdings gibt es wahrscheinlich lexikalische und semantische Restriktionen, die bisher (in der ‚Vorkorpuszeit‘) sowohl einer gründlichen empirischen Untersuchung entbehren, als auch unzureichend theoretisch erklärt worden sind. Außerdem gibt es manchmal semantische Unterschiede zwischen der zentralen und der dezentrierten Konstruktion, wie. z. B. in (a) Poslední dobou špatně spím. vs. (b) Poslední dobou se mi špatně spí. Es scheint, dass während die zentrale Struktur des ersten Satzes (a) die ‚interne Indisposition‘ des Subjekts zum Ausdruck bringt, handelt es sich im Satz (b) eher um äußere Umstände. Diese Art syntaktisch-semantischer Konkurrenz im Tschechischen ist jedoch erst zu erforschen.

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VII. Modifikation der Proposition und grammatische Kategorien im slavischen Satz

6. Dezentrierung ‚Kausator − Träger eines Vorgangs‘ Anders als bei Grepl-Karlík (1983) und anderen Linguisten wird hier nur eine solche semantische Rolle des formalen Subjekts als Kausator aufgefasst, die nur eine passive (weder tätige, noch sich bewegende) Ursache des Geschehens ist, wie z. B. im Satz Ten obraz mě rozesmál (Das Bild brachte mich zum Lachen.). Das Subjektargument, das semantisch als Subjekt-Ursache eines Vorgangs bewertet wird, ist eine Art semantischen Subjekts, das am wenigsten im syntaktisch-semantischen Prädikat semantisch integriert ist. Formal syntaktische Auswirkung der semantischen Nicht-Integriertheit des Kausators (der Ursache) im Prädikat ist die Unmöglichkeit einer Dezentrierung des Kausators durch Reflexivierung mit Instrumental (dass das semantische Subjekt repräsentiert) oder durch Passivierung: Ten nápad mě rozesmál : *Tím nápadem jsem se rozesmál : *Tím nápadem jsem byl rozesmát. Evu polekal stín : *Eva se polekala stínem : *Eva byla polekána stínem. Její odpověď mě rozzlobila. : *Její odpovědí jsem se rozzlobil. : *Její odpovědí jsem byl rozzloben. Listí zbarvuje podzim : *Listí se zbarvuje podzimem : *Listí je zbarvováno podzimem. Wenn wir in solchen Fällen den Kausator in einer Äußerung dezentrieren wollen, müssen wir ihn anders in der Äußerung zum Ausdruck bringen, als ein Argument in der semantisch-syntaktischen Rolle des Subjektkomplements einer regelmäßigen Reflexiv- oder Passivkonstruktion, wie dies beim persönlichen Agens oder beim unbelebten aktiven Subjekt der Fall ist (siehe oben). Z. B.: Ten nápad mě rozesmál : Rozesmál jsem se nad takovým nápadem. Evu polekal stín : Eva se polekala stínu. Její odpověď mě rozzlobila : Nad její odpovědí jsem se rozzlobil. Listí zbarvuje podzim : Listí se zbarvuje, protože je podzim. Es gibt jedoch im Tschechischen ⫺ im Unterschied z. B. zum Französischen ⫺ zahlreiche Fälle, wo das formale Subjekt des Satzes im stilistisch neutralen Diskurs kein Kausator sein kann, und die Ursache muss, falls erforderlich, als Komplement (zweites Argument) repräsentiert werden z. B. Deska se zkroutila vlhkem : ?Desku zkroutilo vlhko. Rozčilením jsem se zpotil : ?Rozčilení mě zpotilo. Ähnliche Sätze können jedoch gelegentlich als stilistisch markiert gebraucht werden. Ausgeschlossen sind diese Strukturen nur dann, wenn das Verb keinen transitiven Gebrauch erlaubt, wie z. B. in Květiny vadnou suchem : *Květiny vadne sucho.

41. Argument ⫺ Prädikat ⫺ Struktur und Dezentrierung

7. Literatur (in Auswahl) Adamec, Přemysl (1982): Obrazovanije predloženij iz propozicij. Praha. Apresjan, Ju. D. (1974): Leksičeskaja semantika. Moskva. Arutjunova, N. D. (1976): Predloženie i ego smysl. Moskva. Běličová, Helena (1982): Sémantická struktura věty a kategorie pádu. Praha. Bogdanov, V. V. (1977): Semantiko-sintaksičeskaja organizacija predloženija. Leningrad. Daneš, František (1984): Věta a text. Praha. Daneš, František/Hlavsa, Zdeněk (1978): „Hierarchizace sémantické struktury věty“. // Československé přednášky pro VII. mezinárodní sjezd slavistů v Záhřebu. Praha. 67⫺77. Daneš, František/Hlavsa, Zdeněk (a kol.) (1981): Větné vzorce v češtině. Praha. Grepl, Miroslav/Karlík, Petr (1983): Gramatické prostředky hierarchizace sémantické struktury věty. Brno. Havránek, Bohuslav (1928/1937): Genera verbi ve slovanských jazycích. I, II. Praha. Jaxontov, S. E. (1974): „Formal’noe opredelenie zaloga“. // Tipologija passivnyx konstrukcij. Leningrad. 46⫺53. Janko-Trinickaja, N. A. (1960): Vozvratnye glagoly v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Panevová, Jarmila (1980): Formy a funkce ve stavbě české věty. Praha. Sil’nickij, G. G. (1973): „Semantičeskie tipy situacij i semantičeskie tipy glagolov“. // Problemy strukturnoj lingvistiki. 373⫺381. Štícha, František (1984): Utváření a hierarchizace struktury větného znaku. Praha. Xrakovskij, V. S. (1969): „Derivacionnye otnošenija v sintaksise“. // Invariantnye sintaksičeskie značenija i struktura predloženija. Moskva. 138⫺147.

František Štícha, Prag (Tschechien)

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen 42. Komplexe Satzmuster 1. 2. 3. 4.

Einleitendes zum komplexen Satz Koordination Subordination Literatur (in Auswahl)

Abstract The following article provides a survey of major findings on complex sentences in Slavic languages. It treats coordinate and subordinate clauses, together with their conjunction. As for the subordinate clauses, it deals with complement clauses, relative clauses and adverbial clauses (conditional, temporal und causal).

1. Einleitendes zum komplexen Satz Der komplexe Satz wird als grammatikalisierte Verbindung von mindestens zwei prädikativen Einheiten definiert (Gladrow/Kosta 1999, 403). Sprachen verfügen über verschiedene grammatische Mittel, die kennzeichnen, ob zwei prädikative Einheiten eine enge Verbindung eingehen (Scancarelli 2003, 321). Morphologische und/oder phonologische (vor allem intonatorische) Mittel können zu diesem Zweck eingesetzt werden. Zwischen verbundenen Teilsätzen bestehen unterschiedliche semantische Verhältnisse. Grammatische Partikel oder spezielle Konstruktionen können die jeweilige semantische oder pragmatische Relation zwischen verbundenen Teilsätzen anzeigen oder die Anzahl von möglichen Beziehungen einschränken. Ein explizites Anzeichen für das wechselseitige Verhältnis von Teilsätzen kann jedoch auch fehlen, so dass die Interpretation der jeweiligen Relation vom Kontext abhängt (Scancarelli 2003, 322). Der komplexe Satz ist konstruktiv-syntaktisch nach einem bestimmten Strukturmuster aufgebaut (Gladrow/Kosta 1999, 403). Das Strukturmuster spiegelt in den slavischen Sprachen die Art der Verknüpfung und das Beziehungsverhältnis zwischen den prädikativen Einheiten wieder. Seine wichtigsten Ausdrucksmittel sind die Konnektive: Konjunktionen, Relativa und Korrelativa (Gladrow/Kosta 1999, 404). In Bezug auf die Art der Verknüpfung der prädikativen Einheiten gibt es in den slavischen Sprachen zwei formal gekennzeichnete Realisierungen: die Koordination und die Subordination (Gladrow/Kosta 1999, 404). Dies unterscheidet die slavischen und die anderen indoeuropäischen Sprachen von manchen nichtindoeuropäischen Sprachen, die keine deutliche Distinktion zwischen Koordination und Subordination aufweisen (Scancarelli 2003, 322). Neben den durch die koordinativen und subordinativen Konnektive gekennzeichneten komplexen Sätze (Beispiel 1 und 2) gibt es asyndetische komplexe Sätze (Beispiel 3):

42. Komplexe Satzmuster (1)

Polnisch Nie czuję się najlepiej, więc zostaję w domu. ‚Ich fühle mich nicht so gut, deshalb bleibe ich zu Hause.‘

(2)

Polnisch Jeżeli nie czuję się najlepiej, zostaję w domu. ‚Wenn ich mich nicht so gut fühle, bleibe ich zu Hause.‘

(3)

Polnisch Nie czuję się najlepiej, zostaję w domu. ‚Ich fühle mich nicht so gut, ich bleibe zu Hause.‘

Asyndetische Satzverbindung ist älter als die Satzverbindung mittels Konnektiven (Décsy 1987, 111). Sie ist besonders für die Umgangssprache charakteristisch (Gladrow/Kosta 1999, 409), was man nicht nur im Slavischen beobachten kann, sondern beispielsweise auch im Englischen (Chafe 1988, 23⫺24). Die Struktur der asyndetischen Satzverbindung kann wie in Beispiel (4) eine Leerstelle oder ein Kataphorikum in der ersten prädikativen Einheit aufweisen (Gladrow/ Kosta 1999, 409). Es gibt jedoch asyndetische komplexe Sätze, die sich nur semantisch kennzeichnen lassen, z. B. durch den Ausdruck der Bedingung in der ersten prädikativen Einheit und den der Folge in der zweiten (Beispiel 5): (4)

Russisch Ja uveren, vy ostanetes’ očen’ dovol’ny. ‚Ich bin überzeugt, Sie werden sehr zufrieden bleiben.‘

(5)

Slovenisch Mati ne pride, ne prinese kruha ⫺ umrimo! ‚Die Mutter kam nicht, sie brachte kein Brot mit ⫺ sterben wir!‘

2. Koordination Gewöhnlich wird die Koordination als Verbindung gleichwertiger, einander nicht determinierender Sätze angesehen (Panzer 1991, 235), die in der Regel zum gleichen Satztyp gehören (Grover 1994, 762) und selbständig stehen können (Scancarelli 2003, 322). Von allen syntaktischen Konstruktionen scheint die Koordination die grundlegendste und universalste zu sein (Mithun 1988, 331). Es ist jedoch verwunderlich, wie mannigfaltig koordinative Konstruktionen in verschiedenen Sprachen sind und wie sehr der Grad variiert, zu dem die Koordination grammatikalisiert ist (Mithun 1988, 331). Einige Sprachen haben Konjunktionen entwickelt, andere setzen morphologische Mittel ein (Grover 1994, 764) und andere wiederum verfügen über keine grammatische Kennzeichnung der Koordination (Mithun 1988, 331). In vielen Sprachen wird die Koordination nur mittels Juxtaposition und Intonation angezeigt (Mithun 1988, 344). Dabei weist die Intonation in verschiedenen Sprachen große Ähnlichkeiten auf (Mithun 1988, 331). Es gibt zwei Intonationstypen in koordinativen Sätzen: 1) koordinative Sätze werden ohne intonatorische Unterbrechung zu einer Einheit verbunden oder 2) mit einer Komma-Pause, die eine spezielle nicht-

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen fallende Intonation mit einschließt (Mithun 1988, 332). Die genannten Intonationstypen werden auch in den slavischen Sprachen verwendet, vgl. Beispiel (6) zum letzteren Intonationstyp: (6)

Polnisch Wiatr szumiał w gałęziach, powietrze drgało z gorąca. ‚Der Wind brauste in den Ästen, die Luft zitterte vor Hitze.‘

In allen Sprachen, welche die Koordination mittels Konjunktionen kennzeichnen ⫺ zu solchen gehören auch die slavischen Sprachen, bilden die koordinierenden Konjunktionen eine kleine und geschlossene Wortklasse (Grover 1994, 763). Sie sind relativ spät grammatikalisiert worden (Mithun 1988, 351). Dafür spricht die Tatsache, dass archaische Dialekte in verschiedenen Gebieten der Welt über Konjunktionen wie und, aber, entweder ... oder, weder ... noch nicht verfügen (Décsy 1987, 111). In vielen Sprachen ist die Verwendung der koordinierenden Konjunktionen fakultativ (Mithun 1988, 336). In einigen Sprachen hat sich die eine koordinierende Konjunktion auf die Verbindung von Nominalsyntagmen spezialisiert, die andere auf die Koordination von Sätzen, so dass dort zwei Konjunktionen der deutschen Konjunktion und entsprechen (Grover 1994, 763). Da die slavischen Sprachen koordinierende Konjunktionen aufweisen, kann die koordinative Verknüpfung im Slavischen als Resultat des Zusammenwirkens folgender drei Faktoren betrachtet werden: 1) Bedeutung der Konjunkte (Ebene der Proposition: konzeptuelle und referentielle Semantik); 2) Beziehungen zwischen den Konjunktbedeutungen (Ebene der logischen Relationen zwischen Propositionen); 3) Bedeutung der Konjunktionen („operative Bedeutung“) (Lang 1977, 10). Ein Vergleich slavischer Konjunktionen zeigt insgesamt eine starke Differenzierung des Slavischen, was sich aus der einzelsprachlichen Entwicklung der Konjunktionen erklärt (Panzer 1991, 237). Die meisten Übereinstimmungen gibt es noch bei der kopulativen, adversativen und disjunktiven Funktion, obwohl auch hier beträchtliche Unterschiede auftreten (Panzer 1991, 237). Die am häufigsten vorkommende kopulative Konjunktion in der Mehrzahl der slavischen Sprachen ist i ‚und‘: (7)

Polnisch Przybiegł do domu i zabrał się do klejenia samolotu. ‚Er kam nach Hause und fing sofort an, das Flugzeug zusammen zukleben.‘

Wie aus (7) ersichtlich, wird i auch dann benutzt, wenn das Ereignis in der zweiten intonatorischen Einheit auf das in der ersten zeitlich folgt. Diese Verwendungsweise ist auch in nichtslavischen Sprachen wie dem Englischen für die frequenteste kopulative Konjunktion charakteristisch (zum englischen and vgl. Chafe 1988, 11). Neben der am häufigsten verwendeten kopulativen Konjunktion verfügt jede slavische Sprache über weitere kopulative Konjunktionen. Darunter sind einige, die jeweils auf die geschriebene bzw. auf die gesprochene Sprache beschränkt sind; so wird z. B. das serbokroatische te ausschließlich in der geschriebenen Sprache benutzt, das russische da ist für die Umgangssprache charakteristisch. Andere wiederum unterliegen

42. Komplexe Satzmuster semantischen Einschränkungen: So trägt das serbokroatische kopulative pa die Bedeutung der zeitlichen Sukzession ‚und dann‘ oder der Folge ‚und deshalb‘. Eine der häufigsten adversativen Konjunktion in mehreren slavischen Sprachen ist a: (8)

Makedonisch Para nema, a kupuva avtomobil. ‚Er hat kein Geld und dennoch kauft er ein Auto.‘

In einigen slavischen Sprachen, z. B. dem Russischen und Serbokroatischen, wird die Konjunktion a sowohl in adversativen als auch in nichtadversativen Sätzen gebraucht, vgl. das serbokroatische a adversativ in (9), anreihend in (10): (9)

Serbokroatisch Marko hoće kući, a Ivan mu ne da. ‚Marko will nach Hause, aber Ivan lässt es nicht zu.‘

(10) Serbokroatisch Studenti čekaju na ulazu, a među njima je i Petar. ‚Studenten warten am Eingang und Peter ist unter ihnen.‘ Solche Beispiele bestätigen, dass die ziemlich allgemeinen koordinierenden Konjunktionen erst aus den verbundenen Sätzen eine genauere Bedeutung beziehen (Panzer 1991, 231). Von den verbundenen Sätzen hängt beispielsweise ab, ob die slovenische Konjunktion in adversativ (Beispiel 11), kopulativ (Beispiel 12) oder konsekutiv (Beispiel 13) gedeutet wird (Toporišič 1991, 371): (11) Slovenisch Mimo mene si šla, in te nisem spoznal. ‚Du gingst an mir vorbei, aber ich erkannte dich nicht wieder.‘ (12) Slovenisch Z rokami se je oprl na stol in se počasi dvignil. ‚Er stützte sich mit den Händen auf den Tisch und erhob sich langsam.‘ (13) Slovenisch Bilo nas je devet, in nekdo je moral od doma. ‚Wir waren zehn und deshalb musste jemand weggehen.‘ Alle slavischen Sprachen weisen mehrere adversative Konjunktionen auf, die sich in der Regel durch die Kontraststärke unterscheiden, die sie ausdrücken. So kann das slovenische pa einerseits Kontraste und Gegensätze, andererseits einen bloßen Unterschied bezeichnen, während ali oder vendar nur Gegensätze ausdrücken (Toporišič 1991, 378, 523 f.). Einige adversative Konjunktionen unterscheiden sich durch ihre Position im Satz. Im Unterschied zu den meisten slavischen adversativen Konjunktionen nimmt das russische že die Position nach dem ersten Wort im zweiten Satz ein (Švedova 1982, 626): (14) Russisch Ubeždenija vnušajutsja teoriej, povedenie že formiruetsja primerom.

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen ‚Meinungen werden durch Theorien suggeriert, Verhalten wird durch gutes Beispiel geformt.‘ Im allgemeinen stehen die koordinierenden Konjunktionen im Slavischen vor den zu verbindenden Einheiten. Somit bestätigen die slavischen Sprachen die allgemeinsprachliche Korrelation zwischen der Grundwortfolge und der Position der koordinierenden Konjunktionen in der jeweiligen Sprache, welche lautet: In Sprachen mit dem Verb in nichtfinaler Position befinden sich die koordinierenden Konjunktionen vor den zu verbindenden Einheiten, in Sprachen mit dem Verb in finaler Position stehen sie hinter den zu verbindenden Elementen (Grover 1994, 764). Einige koordinierende Konjunktionen in slavischen Sprachen binden enklitische Wörter des darauf folgenden Teilsatzes an sich, während andere dies nicht tun. So kann z. B. im Serbokroatischen kein Enklitikum unmittelbar auf die koordinierenden Konjunktionen i, a, ni und no folgen, hinter den koordinierenden Konjunktionen pa, te, niti, ali, nego, već und ili hingegen können Enklitika stehen: (15) Serbokroatisch Probudila me pa sam se naljutio. ‚Sie hatte mich geweckt und deshalb habe ich mich geärgert.‘ (16) Serbokroatisch *Probudila me, i sam se naljutio. / Probudila me, i naljutio sam se. ‚Sie hatte mich geweckt und ich habe mich geärgert.‘ Adversative Konjunktionen in slavischen Sprachen verbinden in der Regel nicht mehr als zwei prädikative Einheiten. Dies steht in Einklang mit der sprachübergreifenden Feststellung von Grover (1994, 763), dass die koordinierenden Konjunktionen vom Typ des englischen but nur selten mehr als zwei Strukturen verbinden können. Aus diesem Grund werden adversative Satzverbindungen in der Slavistik als Satzverbindungen mit geschlossener Struktur aufgefasst (vgl. Gladrow/Kosta 1999, 407). Völlig anders verhält es sich mit disjunktiven Sätzen, deren Anzahl in einer koordinativen Verbindung nicht auf zwei begrenzt sein muss. Disjunktive Satzverbindungen werden deshalb in der Slavistik als Satzverbindungen mit offener Struktur beschrieben (Gladrow/Kosta 1999, 406). In mehreren slavischen Sprachen lautet die häufigste disjunktive Konjunktion ili, im Slovenischen ali, im Tschechischen nebo, im Polnischen albo usw. Wie in anderen Sprachen gibt es im Slavischen neben einfachen auch komplexe, d. h. korrelative koordinierende Konjunktionen (Grover 1994, 763). Sie werden in einigen slavischen Sprachen durch die Wiederholung derselben koordinierenden Konjunktion vor jedem Konjunkt gebildet, z. B. bulgarisch i ... i, nito ... nito, ili ... ili, russisch i ... i, ni ... ni, ili ... ili, im Unterschied zum deutschen sowohl ... als auch, weder ... noch, entweder ... oder und englischen both ... and, neither ... nor, either ... or, wo die entsprechenden korrelativen Elemente verschieden sind. Neben dem kopulativen, adversativen und disjunktiven Typ der Koordination werden im Slavischen noch weitere semantische Typen unterschieden, wie der graduierende und explikative. Diese haben in der Regel einige auf sie spezialisierte Konjunktionen, z. B. graduierend tschechisch nejen ... ale i, serbokroatisch ne samo ... nego i, slovenisch ne samo ... ampak tudi ‚nicht nur ... sondern auch‘.

42. Komplexe Satzmuster

3. Subordination Die Subordination wird als Verbindung von nicht gleichwertigen Einheiten angesehen, die unterschiedlichen Status haben (Grover 1994, 762). Subordinative Sätze haben eine Reihe spezifischer Merkmale, von denen manche einzelsprachlich sind, während andere allgemeinere Gültigkeit besitzen (Vincent 1994, 4391). Ein sehr verbreitetes Merkmal ist das Vorhandensein einer besonderen Wortklasse, die Nebensätze einleitet (Vincent 1994, 4391⫺4392; Raible 2001, 598). Ein weiteres Merkmal ist verschiedene Wortfolge im Nebensatz gegenüber dem Hauptsatz (Vincent 1994, 4391; Scancarelli 2003, 322). Das dritte Merkmal besteht in eingeschränkter Distribution der Tempus-, Aspekt- oder Moduskategorie in subordinativen Sätzen (Scancarelli 2003, 322). Viele Sprachen verfügen über eine besondere verbale Form (Subjunktiv), deren Gebrauch völlig oder größtenteils auf Nebensätze beschränkt ist (Vincent 1994, 4392). Von den aufgezählten Mitteln werden in den slavischen Sprache subordinierende Konjunktionen verwendet. Was die anderen genannten Merkmale betrifft, ist festzuhalten, dass es im Slavischen kaum morphologische oder syntaktische Phänomene gibt, die in anderen Sprachen die Struktur von Haupt- und Nebensätzen unterscheiden, z. B. bestimmte Abhängigkeitsmodi (Subjunktiv, Konjunktiv, Modus der abhängigen oder indirekten Rede), consecutio temporum, Wort- oder Satzteilstellung (wie die Endstellung des verbum finitum im deutschen Nebensatz) (Panzer 1991, 228). Bei den subordinierenden Konnektiven in den slavischen Sprachen fällt auf, dass es sehr wenige genuine und spezielle Konjunktionen gibt; die meisten sind aus Interrogativ- und Relativpronomina entwickelt und haben daher eine sehr allgemeine Bedeutung, die meist zusätzlicher Determination durch Präpositionen, Demonstrativa u. a. bedarf, um mehr als eine bloße Determinationsrelation zu bezeichnen (Panzer 1991, 234). So kann ein mit dem Konnektiv čto eingeleiteter russischer Nebensatz kompletiv, relativ, konsekutiv, kausal, final u. a. sein, je nach dem Kontext inner- und außerhalb des Nebensatzes selbst (Panzer 1991, 234). Ähnliches gilt für die tschechische Konjunktion že, das serbokroatische, bulgarische und slovenische da usw. Die pronominale Herkunft vieler subordinierenden Konnektive hängt mit der Tatsache zusammen, dass die syntaktische Subordination eine spätere Erscheinung in der Sprache ist (Décsy 1987, 111 f.). Aus dem oben Geschilderten folgt, dass im Slavischen die logisch-semantischen Bestimmungsverhältnisse von Sätzen untereinander (wie kompletiv, kausal, final, konsekutiv, konditional, temporal) oft nicht durch einfache, eindeutige sprachliche Bezeichnungsmittel zum Ausdruck kommen, sondern durch komplexe gegenseitige Determinationen von Intonationsstrukturen, Konjunktionen ohne und mit präpositionalen oder anderen Determinatoren, grammatischen Morphemen (Tempora, Modi) sowie semantischen Gruppen von Lexemen (z. B. verba dicendi, declarandi, voluntatis) (Panzer 1991, 234). Da dies nur im Rahmen der einzelsprachlichen Syntax genauer beschrieben werden kann, sollen im Folgenden lediglich ausgesuchte formale Aspekte der Satzverknüpfung in slavischen Sprachen geschildert werden. Haupt- und Nebensatz lassen sich im Slavischen generell so definieren, dass der Nebensatz innerhalb eines intonationsmäßig als Einheit gefassten Gefüges einen Teil oder den ganzen Hauptsatz näher bestimmt (Panzer 1991, 234). Nicht alle Nebensätze sind im gleichen Grad mit dem Hauptsatz verbunden (Scancarelli 2003, 323). Jeder Nebensatz, der dem Hauptsatz als Ganzes zugeordnet ist, ist mit diesem lockerer ver-

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen bunden als einer, der von einem einzelnen Wort abhängig ist (Peyer 1997, 35). Traditionell werden drei Nebensatztypen unterschieden: Kompletivsätze, Relativsätze und Adverbialsätze (Vincent 1994, 4392).

3.1. Kompletivsätze Kompletivsätze sind zu einem hohen Grad in den Hauptsatz integriert (Horie 2001, 981). Dies rührt daher, dass Verben und andere Prädikate verschiedene Typen von Kompletivsätzen als Subjekte oder Objekte verlangen (Horie 2001, 979): (17) Russisch Mne skazali, čto narod nedisciplinirovannym stal. ‚Man hat mir gesagt, dass das Volk disziplinlos geworden ist.‘ Nomina und Adjektive können einen Kompletivsatz als Ergänzung haben: (18) Polnisch Szkoda, że ten Soplica stary nie ma żony. ‚Schade, dass der alte Soplica keine Frau hat.‘ Die Haupttypen von Kompletivsätzen werden mittels Konjunktionen, Fragepronomina und Frageadverbien eingeleitet. Für die frequentesten kompletiven Konjunktionen in den slavischen Sprachen ist charakteristisch, dass sie mit determinierenden Zusätzen auch in mehreren Adverbialsatztypen auftreten (Panzer 1991, 237). Allgemeinlinguistische Untersuchungen haben ergeben, dass sich Sprachen danach unterscheiden, ob die an ein Nomen gebundenen Kompletivsätze ähnlich wie die an ein Verb gebundenen Kompletivsätze gekennzeichnet oder aber ähnlich wie Relativsätze markiert werden (Horie 2001, 990). Die slavischen Sprachen gehören zu jenen Sprachen, in denen die beiden Typen des Kompletivsatzes ähnlich markiert werden. Wenn ein Verb oder Nomen das Anzeichen eines bestimmten Kasus von seinem Komplement verlangt, wird ein Demonstrativpronomen in den Hauptsatz eingefügt, das den verlangten Kasus anzeigt: (19) Serbokroatisch Posao se sastoji u tome da nadzireš učenike. ‚Der Job besteht darin, dass du die Schüler überwachst.‘ Kompletivsätze tendieren in unterschiedlichen Sprachen dazu, ein relativ langer Satzteil zu sein. Deshalb nehmen sie oft entweder die satzfinale oder die satzinitiale Position ein, und zwar in Abhängigkeit davon, ob die Grundwortfolge in der jeweiligen Sprache Verb-Objekt oder Objekt-Verb ist (Horie 2001, 988). In den slavischen Sprachen, die Verb-Objekt-Sprachen sind, tendieren die Kompletivsätze dazu, die satzfinale Position einzunehmen. Im Bulgarischen unterscheiden sind die zwei frequentesten Kompletivkonjunktionen če und da dadurch, dass die mittels če eingeleiteten Sätze reale Handlungen wie-

42. Komplexe Satzmuster dergeben, während die durch da eingeleiteten Sätze gewünschte, mögliche, vorgeschlagene Handlungen bezeichnen (Pašov 1994 (1⫺2), 393 f.): (20) Bulgarisch Viždam, če mu pomagaš. / Iskam da mu pomagaš. ‚Ich sehe, dass du ihm hilfst. / Ich will, dass du ihm hilfst.‘ Die logisch-semantische Kategorie der Faktizität kann in verschiedenen Sprachen die Struktur von Kompletivsätzen beeinflussen (Horie 2001, 982⫺983). Eine solche Situation liegt zum Teil im Serbokroatischen vor: Unter den Kompletivkonjunktionen, von denen da die frequenteste ist, befindet sich die Konjunktion što, deren Gebrauch in der Regel auf die Fälle beschränkt ist, in denen der Kompletivsatz eine reale Handlung wiedergibt und sich auf ein Prädikat bezieht, das eine emotionale Reaktion bezeichnet: (21) Serbokroatisch Volim što pada kiša. ‚Ich mag es, dass es regnet.‘ Wenn ein Kompletivsatz im Tschechischen eine Aufforderung oder einen Befehl enthält, dann wird nicht die frequenteste Kompletivkonjunktion že gebraucht, sondern die Konjunktion aby (Karlík/Nekula/Rusínová 1995, 355): (22) Tschechisch Nakázal mu, aby se teple oblékl. ‚Er befahl ihm, sich warm anzuziehen.‘ Beim Ausdruck einer Aufforderung im Russischen wird ebenfalls nicht die frequenteste Kompletivkonjunktion čto verwendet, sondern die Konjunktion čtoby (Švedova 1982, 472, 486): (23) Russisch On prikazal, čtoby ja sdelal ėtu rabotu. ‚Er hat befohlen, dass ich diese Arbeit tun solle.‘ Entsprechende Sätze im Serbokroatischen unterscheiden sich von den tschechischen und russischen in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird im Serbokroatischen die frequenteste Konjunktion der Kompletivsätze (da) gebraucht, zum anderen kann das Verb in solchen Kompletivsätzen nur in der Präsensform stehen: (24) Serbokroatisch Naredio mu je da se toplo obuče. ‚Er befahl ihm, sich warm anzuziehen.‘ Das Russische verfügt zusätzlich über spezialisierte Konjunktionen (budto u. a.), mit deren Hilfe der Sprecher sich vom Inhalt des Kompletivsatzes distanziert, ihn bezweifelt o. ä. (vgl. Beispiel 25), während z. B. das Serbokroatische auch in solchen Fällen die frequenteste Konjunktion der Kompletivsätze gebraucht.

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (25) Russisch Byl oklevetan, budto ukral, i postradal nevinno. ‚Er ist verleumdet worden, etwas gestohlen zu haben, und hat unschuldig Schaden erlitten.‘ In einigen slavischen Sprachen, z. B. im Bulgarischen, wird der Kompletivsatz auch dann gebraucht, wenn das Subjekt des Komplements mit dem des Hauptsatzes identisch ist (in derartigen Fällen wird in anderen Sprachen der Infinitiv verwendet): (26) Bulgarisch Toj e sposoben da napravi tova. ‚Er ist fähig, das zu tun.‘ Manche nichtslavische Sprachen weisen den Konjunktiv oder den Subjunktiv in Kompletivsätzen auf, die verba dicendi, sentiendi et sciendi ergänzen (Raible 2001, 599 f.), die slavischen Sprachen jedoch nicht.

3.2. Relativsätze Relativsätze können im Unterschied zu den Kompletivsätzen jedes beliebige Nominalsyntagma ergänzen. Sie sind nicht gleichermaßen frequent in allen slavischen Sprachen. Besonders häufig werden sie z. B. im Serbokroatischen gebraucht, da dort das Partizip, der Infinitiv und das Gerundium als funktionale Äquivalente des Relativsatzes kaum benutzt werden. Ein Vergleich mit dem Russischen stellt sich wie folgt dar: Gegenüber 133 Sätzen im russischen Text findet man in der serbokroatischen Übersetzung 409 Relativsätze (Dmitriev 1966, 65). Als Konnektive treten Relativpronomina, Relativadverbien und indeklinable Prowörter auf. Welches Konnektiv gebraucht wird, hängt vom jeweiligen Bezugswort ab. In der Mehrzahl der slavischen Sprachen sind die Relativkonnektive keine gesonderte Wortklasse, sondern dieselben Wörter fungieren als Interrogativ- und Indefinitpronomina bzw. Interrogativ- und Indefinitadverbien. Im Bulgarischen jedoch ist bereits aus der Form des Verbindungswortes ersichtlich, dass es sich um einen Relativsatz und nicht um einen anderen Satztyp handelt, da das Relativpronomen dort eine Verbindung des Interrogativpronomens mit dem bestimmten Artikel darstellt, der dem Interrogativpronomen als Suffix beigefügt wird (Nicolova 1986, 123; Běličová/Sedláček 1990, 158). Im Polnischen sind die Relativ- und Interrogativpronomina bzw. -adverbien in ihrer Form gleich, während sich die Indefinitpronimina durch ein Suffix unterscheiden (Bartnicka-Dąbkowska/Jaworski 1972, 88). In den meisten slavischen Sprachen wird das Konnektiv des Relativsatzes immer ausgedrückt (Beispiel 27), im Russischen jedoch kann er manchmal fehlen (Beispiel 28): (27) Serbokroatisch Gdje su jabuke koje je Kostja kupio? ‚Wo sind die Äpfel, die Kostja gekauft hat?‘

42. Komplexe Satzmuster (28) Russisch (aus Weiss 1993, 64) Gde jabloki Kostja kupil? ‚Wo sind die Äpfel, die Kostja gekauft hat?‘ In der Mehrzahl der slavischen Sprachen sind die Relativpronomina die häufigsten Konnektive des Relativsatzes. Sie stehen am Anfang des Relativsatzes, ihnen folgen Enklitika. Jede slavische Sprache verfügt über wenigstens ein semantisch nichtspezialisiertes Relativpronomen und über mehrere semantisch spezialisierte Relativpronomina (z. B. zum Ausdruck der Possessivität, Qualität oder Quantität). Das Wort mit der Bedeutung ‚was‘ hat im Slavischen am häufigsten die Funktion des indeklinablen Konnektivs des Relativsatzes (russisch čto, ukrainisch ščo, weißrussisch und serbokroatisch što, polnisch co, tschechisch co, slovakisch čo, sorbisch štož usw.). Das indeklinable Konnektiv wird mit einem Personalpronomen benutzt, das im Genus und Numerus mit dem Bezugswort des Relativsatzes kongruiert und dessen Kasusform sich nach der jeweiligen Funktion im Relativsatz richtet. Der Gebrauch des Personalpronomens in Verbindung mit dem indeklinablen Konnektiv läuft nach derselben Hierarchie der syntaktischen Funktionen ab, wie sie von Keenan/Comrie (1977) universal beschrieben wurde: Das Personalpronomen wird in Subjektsfunktion obligatorisch ausgelassen; in den weiteren Funktionen wird es in den meisten slavischen Sprachen regelmäßig gebraucht. Die Frequenz des indeklinablen Konnektivs variiert je nach Sprache. Im Slovenischen ist es das frequenteste Konnektiv des Relativsatzes, das ohne Rücksicht auf die zu vertretende syntaktische Funktion im Relativsatz gebraucht wird (Toporišič 1991, 277 f.): (29) Slovenisch To je knjiga, ki smo jo dolgo pogrešali. ‚Das ist das Buch, das wir seit langem vermisst haben.‘ In der tschechischen Umgangssprache weitet sich der Gebrauch des indeklinablen Konnektivs co auf Kosten der Relativpronomina který und kdo aus (Karlík/Nekula/ Rusínová 1995, 297). Im Serbokroatischen hingegen kann das indeklinable Konnektiv što mit den Relativpronomina in keinem Funktionalstil konkurrieren. Zudem weist sein Gebrauch Einschränkungen auf: In Funktion des präpositionalen Objekts wird das indeklinable Konnektiv nicht benutzt (vgl. Kordić 1999, 142 f.). Beim polnischen indeklinablen Konnektiv co wird ebenfalls eine begrenzte Verwendung beobachtet: Bagłajewska-Miglus (1991, 41) bemerkt die Tendenz, den Gebrauch von co in obliquen Kasus zu vermeiden. In der russischen Schriftsprache ist das Auftreten des indeklinablen Konnektivs auf die Nominativ- und Akkusativfunktion beschränkt, in der Umgangssprache jedoch besteht diese Einschränkung nicht (Švedova 1982, 524). Wenn das Bezugswort ein Interrogativ-, Indefinit- oder ein Demonstrativpronomen im Singular (explizit oder ausgelassen) ist, tritt als Konnektiv ein Pronomen in der Bedeutung ‚wer‘ oder ein Pronomen in der Bedeutung ‚was‘ auf, je nach Unterscheidung menschlich/nichtmenschlich: (30) Tschechisch Poznal toho, kdo ho naučil plavat. ‚Er hat denjenigen wiedererkannt, der ihm das Schwimmen beigebracht hatte.‘

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (31) Tschechisch Viděl to, co jindy. ‚Er hat das gesehen, was er schon mal gesehen hatte.‘ In der gesprochenen Sprache trifft man Beispiele mit dem extrahierten Objekt oder Subjekt des Relativsatzes an: (32) Serbokroatisch On što jedanput zamisli to mora biti. ‚Was er sich einmal vornimmt, das muss verwirklicht werden.‘ Wenn sich der Relativsatz auf einen ganzen Satz bezieht, fungiert ein Pronomen in der Bedeutung ‚was‘ als Konnektiv: (33) Polnisch Powiedział mi szczerą prawdę, co mnie głęboko wzruszyło. ‚Er sagte mir ehrlich die Wahrheit, was mich tief rührte.‘ Bei derartigen weiterführenden Nebensätzen betonen semantisch orientierte Definitionsversuche ihre selbständige Geltung, syntaktisch orientierte den globalen Bezug auf den übergeordneten Satz und den fehlenden Satzgliedwert (Peyer 1997, 133). Da sich solche Nebensätze auf den gesamten Hauptsatz beziehen und nicht durch ein Verb, ein Nomen oder ein kataphorisches Pronomen prädiziert werden, betrachtet man sie in der Slavistik im Rahmen eines Satzgefüges mit gegliederter Struktur (Gladrow/ Kosta 1999, 407 f.). Mit dem weiterführenden Nebensatz ist die Grenze der Kategorie „Nebensatz“ erreicht, da die Verbindung solcher Nebensätze mit dem Hauptsatz sehr locker ist (Peyer 1997, 149, Weiss 1990, 288). Wenn sich ein Relativsatz auf ein Lokal-, Temporal- oder Modaladverbial bezieht, wird entweder das semantisch neutrale Relativpronomen oder ein Relativadverb als Konnektiv benutzt: (34) Polnisch Na dworze, gdzie (na którym) przed chwilę tyle było krzyku, teraz głucho i pusto. ‚Draußen, wo vor kurzem noch Schreie zu hören waren, ist es jetzt still und menschenleer.‘ Zum Ausdruck der Possessivität im Relativsatz stehen in allen slavischen Sprachen mehrere Mittel zur Verfügung. Manche Sprachen bevorzugen jedoch das eine, manche das andere Mittel. In einigen slavischen Sprachen wird die Possessivität vorwiegend mittels eines speziellen Relativpronomens mit possessiver Bedeutung ausgedrückt, z. B. Bulgarisch čijto, Serbokroatisch čiji. In anderen slavischen Sprachen wird vor allem der possessive Genitiv des semantisch neutralen Relativpronomens gebraucht, z. B. im Slovenischen und Russischen (vgl. Toporišič 1991, 279 und Švedova 1982, 525): (35) Russisch Pered nami sidel čelovek, stixotvorenija kotorogo my včera slušali po radio. ‚Vor uns saß der Mann, dessen Gedichte wir gestern im Rundfunk hörten.‘

42. Komplexe Satzmuster Die Wortfolge in einem Syntagma mit dem possessiven Genitiv ist nicht in allen slavischen Sprachen dieselbe: z. B. bewahren Slovenisch und Polnisch den vorangestellten possessiven Genitiv des Relativpronomens, während Russisch, Weißrussisch, Ukrainisch, Bulgarisch und Serbokroatisch den nachgestellten possessiven Genitiv des Relativpronomens aufweisen. Die Possessivität kann auch durch den possessiven Dativ des semantisch neutralen Relativpronomens ausgedrückt werden, der jedoch seltener als der possessive Genitiv gebraucht wird (Golovačeva 1989, 153). Der possessive Dativ des Relativpronomens wird z. B. im Serbokroatischen vor allem in Verbindung mit Nomina verwendet, die Körperteile, Kleidungsstücke, Verwandte oder andere Personen in enger Beziehung bezeichnen: (36) Serbokroatisch Došao je pacijent kojemu je ruka natekla. ‚Ein Patient ist gekommen, dessen Hand geschwollen ist.‘ Wie in anderen Sprachen, wird im Slavischen zwischen restriktiven und nicht-restriktiven Relativsätzen unterschieden. Während restriktive Relativsätze eng mit dem Hauptsatz verbunden sind, handelt es sich bei nichtrestriktiven Relativsätzen um eine lockere Verbindung. Im Hinblick auf die Intonation und den Informationsgehalt bilden nichtrestriktive Relativsätze eigene Informationseinheiten, was eine Abweichung vom Normalfall in der Kategorie „Nebensatz“ darstellt (Fabricius-Hansen 1992, 467 ff.). Laut Karlík (1988, 60 ff.) spielt im Tschechischen der Unterschied restriktiv/nichtrestriktiv eine Rolle beim Gebrauch des Konnektivs. Die Relativpronomina který und jenž seien nur in restriktiven Sätzen durch das indeklinable Konnektiv co ersetzbar: (37) Tschechisch Danu dnes navštívily dvě dívky a jeden chlapec. Dívka, která/co seděla s Danou v ušáku, dovedla moc pěkně vyprávět. (restriktiv) ‚Zwei Mädchen und ein Junge haben heute Dana besucht. Das Mädchen, das mit Dana im Lehnstuhl gesessen hat, konnte sehr schön erzählen.‘ (38) Tschechisch Danu dnes navštívila jedna dívka a dva chlapci. Dívka, která/*co seděla s Danou v ušáku,dovedla moc pěkně vyprávět. (nicht-restriktiv) ‚Ein Mädchen und zwei Jungen haben heute Dana besucht. Das Mädchen, das mit Dana im Lehnstuhl gesessen hat, konnte sehr schön erzählen.‘

3.3. Adverbialsätze Verglichen mit Kompletivsätzen sind Adverbialsätze nicht in so hohem Maße in den Hauptsatz integriert (Horie 2001, 981). Beziehungen zwischen den Propositionen des Adverbial- und des Hauptsatzes wie Konditionalität, Kausalität, Konzessivität, Temporalität, Lokalität und Modalität, die eine wichtige Rolle bei der Satzverknüpfung spielen, sind jedoch in so vielen Sprachen belegt, dass sie für universal gehalten werden (Raible 2001, 595, 606). Die ontogenetische Reihenfolge einiger dieser Adverbialbeziehungen ist Konditionalität, Temporalität, Kausalität, Konsekutivität, Finalität, Konzessivität (Raible 2001, 607 f.).

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen In allen Sprachen herrscht eine große Affinität zwischen konditionalen, temporalen und konzessiven, z. T. auch kausalen und finalen Gebrauchsweisen, so dass oft dieselben Konjunktionen in mehreren dieser Funktionen gebraucht werden (Panzer 1991, 237). Im konditionalen Satzgefüge besteht verglichen mit dem kausalen und konzessiven die hohe semantisch-konzeptuelle Abhängigkeit zwischen den beiden Konjunkten, die sich in einigen Sprachen wie dem Deutschen auf die Art der Verknüpfung auswirkt: So kennen im Deutschen nur der kausale und der konzessive Bereich koordinierende Konjunktionen (Wegener 2000, 43). Koordinative Sätze können als Kausalsätze funktionieren, nicht jedoch als Konditionalsätze (Haiman 1988, 66). Im Weiteren werden formale Aspekte der konditionalen, temporalen und kausalen Satzverknüpfung in slavischen Sprachen geschildert. Hinsichtlich des Grades der Erfüllbarkeit von Bedingung und Folge kann man drei Typen des Konditionalsatzes unterscheiden: einen mit realer Bedingung, einen weiteren mit potentieller Bedingung und einen dritten mit irrealer Bedingung. Die genannten Typen unterscheiden sich zudem in Bezug auf Konnektive und verbale Formen (z. B. perfektives/imperfektives Präsens, Präsens/Konditional). Diese Sachlage in den slavischen Sprachen bestätigt die allgemeinlinguistische Beobachtung, dass Sprachen sowohl grammatische als auch lexikalische Mittel zur Verfügung stellen, damit der Sprecher seine Einschätzung der Realität einer Situation zum Ausdruck bringen kann (Podlesskaya 2001, 999). In den slavischen Sprachen wie in vielen anderen indoeuropäischen Sprachen sind Konjunktionen die üblichste Kennzeichnung eines Konditionalsatzes (Podlesskaya 2001, 1002). Alle slavischen Sprachen haben mehrere konditionale Konnektive. Darunter sind einige polyfunktional, z. B. konditional und temporal wie das slovenische ko, das serbokroatische kada, das polnische kiedy. Aus typologischen Studien ist bekannt, dass konditionale und temporale Ausdrücke eine funktionale Nähe aufweisen, die sich in der Doppeldeutigkeit einiger Kennzeichnungen der Konditionalität und der Temporalität widerspiegelt, vgl. das deutsche wenn (Podlesskaya 2001, 1000). Die reale Bedingung kann auch ohne Konnektiv ausgedrückt werden, indem das finite Verb an den Satzanfang gesetzt und danach die Partikel li eingefügt wird, z. B. im Tschechischen (Karlík/Nekula/Rusínová 1995, 353), Serbokroatischen (Kordić 1997, 61), Bulgarischen (Pašov 1994 (1⫺2), 400) und Makedonischen (Kepeski 1983, 163): (39) Tschechisch Je-li z kontextu jasné, že jde o podmínku ireálnou, užívá se kondicionálu přítomného. ‚Wenn aus dem Kontext klar ist, dass es sich um eine irreale Bedingung handelt, wird der Gegenwartskonditional gebraucht.‘ Die Partikel li ist auch in der frequentesten russischen konditionalen Konjunktion esli sichtbar, die durch die Verbindung dieser Partikel mit der Kopula entstanden ist (Podlesskaya 2001, 1007). Die verbale Form Konditional ist neben dem Konnektiv oft das Mittel zum Ausdruck der irrealen Bedingung. Wenn im Polnischen eine potentielle oder eine irreale Bedingung angezeigt werden soll, steht das Verb im Konditional. Zudem werden spezielle Konnektive verwendet, die die konditionale Partikel by enthalten, z. B. jeśliby (Bartnicka-Dąbkowska/Jaworski 1972, 237 f.). Bei der irrealen Bedingung steht das

42. Komplexe Satzmuster Verb im Tschechischen ebenfalls im Konditional und es wird das auf solche Sätze spezialisierte Konnektiv kdyby gebraucht (Karlík/Nekula/Rusínová 1995, 353). Auch im Russischen steht das Verb im Konditional bei der irrealen Bedingung (Švedova 1982, 563, 567). Wenn das slovenische polyfunktionale Konnektiv ko in Konditionalsätzen auftritt, wird es ausschließlich in Verbindung mit dem Konditional gebraucht und derartige Sätze drücken am häufigsten irreale Bedingungen aus (Toporišič 1991, 382, 515). Es besteht eine allgemeinsprachliche Tendenz zur Voranstellung des Konditionalsatzes (Podlesskaya 2001, 1001). Im Englischen kommt z. B. in vorangestellten Nebensätzen besonders häufig die konditionale Konjunktion if vor, während in nachgestellten Nebensätzen sehr häufig die kausale Konjunktion (be)cause auftritt (Chafe 1988, 20). In den slavischen Sprachen kann der Konditionalsatz vorangestellt oder nachgestellt sein oder sich im Mittelfeld des Hauptsatzes befinden. Es gibt jedoch Einschränkungen: Wenn die Konditionalität im Polnischen ohne Konnektiv ausgedrückt wird, dann muss der Konditionalsatz vorangestellt sein und das Verb im Konditionalsatz muss im Imperativ oder im Infinitiv stehen (Bartnicka-Dąbkowska/Jaworski 1972, 237): (40) Polnisch Wygraj w polu, a wygrasz i w sądzie. ‚Wenn du auf dem Feld gewinnst, wirst du auch vor Gericht gewinnen.‘ Eine andere allgemeinsprachliche Tendenz besteht darin, dass die Kennzeichnung der Konditionalität sich im Konditionalsatz befindet (Podlesskaya 2001, 1001). So verhält es sich auch in den slavischen Sprachen. Der Hauptsatz kann jedoch ebenfalls eine Kennzeichnung in Form eines anaphorischen Prowortes (Korrelativs) enthalten, z. B. im Russischen esli ... to, esli ... togda, ‚wenn ... dann‘ (Podlesskaya 2001, 1002⫺1003): (41) Russisch Esli oni ne priedut ni v subbotu, ni v voskresen’e, togda /to/Ø/ja budu vynuždena poexat’ k nim sama. ‚Wenn sie weder am Samstag noch am Sonntag kommen, dann werde ich gezwungen sein, zu ihnen zu fahren.‘ Was die Temporalität anbelangt, verfügen alle slavischen Sprachen über eine größere Anzahl von Konnektiven zum Einleiten von Temporalsätzen. Einige Konnektive drücken das temporale Verhältnis aus, ohne dabei zwischen Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit zu differenzieren. Andere wiederum haben sich auf eines der drei genannten Verhältnisse spezialisiert. In Temporalsätzen mit Konnektiven des ersten Typs wird Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit oder Nachzeitigkeit mit Hilfe der verbalen Tempus-Aspekt-Bedeutung, des Kontexts und durch lexikalische Mittel (z. B. Adverbien) zum Ausdruck gebracht (Švedova 1982, 542). Wenn im Russischen z. B. ein Temporalsatz mit dem Konnektiv kogda eingeleitet wird, drückt meistens eine Kombination der imperfektiven Verben und der gleichen Tempora im Haupt- und Nebensatz die Gleichzeitgkeit aus. Demgegenüber wird die zeitliche Reihenfolge gewöhnlich mittels einer Kombination der perfektiven Verben angezeigt (Švedova 1982, 543). Die Struktur des Temporalsatzes weist z. B. im Russischen eine Einschränkung auf, die in den anderen Nebensatztypen nicht besteht: Die finiten Verben im Haupt- und Neben-

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen satz müssen entweder im selben Tempus oder in aufeinanderfolgenden Tempora stehen, was bedeutet, dass eine Kombination von Futur und Präteritum ausgeschlossen ist (Švedova 1982, 542). In Temporalsätzen, die ausdrücken, dass die Handlung im Hauptsatz anhält, solange die im Nebensatz wiedergegebene Situation nicht eingetreten ist, wird in Verbindung mit einigen Konnektiven die verneinende Partikel ne gebraucht, z. B. im Russischen, Slovenischen und Serbokroatischen. Diese Partikel jedoch hat in derartigen Sätzen keine verneinende Bedeutung: (42) Serbokroatisch Ostat ću kod kuće dok ne prestane kiša. ‚Ich bleibe zu Hause, solange der Regen nicht aufgehört hat.‘ In jeder slavischen Sprache kann man mehrere Typen von kausalen Konnektiven unterscheiden. Zum einen unterscheiden sich die kausalen Konnektive danach, ob sie sich auf einen semantischen Subtyp der Kausalität spezialisiert haben oder nicht: Im Russischen z. B. ist das Konnektiv potomu čto nichtspezialisiert, während tem bolee čto spezialisiert ist (Švedova 1982, 577). Die nichtspezialisierten Konnektive werden häufiger gebraucht als die spezialisierten. Ein weiterer Unterschied besteht darin, ob der mit Hilfe eines bestimmten Konnektivs eingeleitete Kausalsatz nachgestellt sein muss: Im Polnischen z. B. muss der mit gdyż eingeleitete Kausalsatz nachgestellt sein, während der mit że oder iż oder ponieważ eingeleitete Kausalsatz dieser Einschränkung nicht unterliegt (Bartnicka-Dąbkowska/Jaworski 1972, 235 f.). Der dritte Unterschied bezieht sich auf komplexe kausale Konnektive: Bei manchen lassen sich Glieder des Konnektivs auseinandertrennen, bei anderen wiederum nicht; im Serbokroatischen z. B. kann što im Konnektiv tim više što von den ersten Gliedern des Konnektivs getrennt werden, während dies für što im Konnektiv zato što nicht gilt (vgl. mehr dazu Kordić 2001, 167 ff.).

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42. Komplexe Satzmuster

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Snježana Kordić, Münster (Deutschland)

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen

43. Zur Syntax der Koordination 1. 2. 3. 4.

Verknüpfungen Akzeptabilitätsbedingungen: das Kriterium der Gleichartigkeit Konjunktionale Koordination in slavischen Sprachen Literatur (in Auswahl)

Abstract The article provides a description of coordinative syntactic structures on the sentence level as well as on the level of words. In chapter 1 the relations of terms such as parataxis and hypotaxis, conjunctional and asyndetic clause, simple and composed clause are discussed. It is shown then (chap. 2), that the so called “equal status” of elements, which are connected in a coordinative way, should be understood pragmatically as well as semantically. Chapter 3 sets forward a classification of coordinative conjunctional structures, based on the semantics of connectives. Coordinative conjunctions in Slavonic languages are described in terms such as Common Ground, Contrast, Concedition, Affirmation, Coorection and Choice. Furthermore, the correlation of syntax and semantics helps to understand the special argumentative (syllogistic) force of coordinative constructions, especially conjunctional ones.

1. Verknüpfungen Koordinativ werden Wörter in isolierten Syntagmen (russ. Vojna i mir / ‚Krieg und Frieden‘) und Satzglieder in Syntagmen im einfachen Satz (russ. Pëtr i Marija pišut / ‚Peter und Maria schreiben‘), Sätze zu komplexen Sätzen (russ. Pëtr čitatet i Marija pišet / ‚Peter liest und Maria schreibt‘) sowie Sätze und sprachliche Elemente unterhalb der Satzgrenze verknüpft (russ. Pëtr čitaet knigi, no ploxie / ‚Peter liest Bücher, aber schlechte‘). „Koordination“ ist der Oberbegriff für alle genannten Verbindungen. Koordinative Satzverbindungen fallen unter den Begriff der Parataxe (Weiss 1989; Mendoza 1996).

1.1. Koordinative und subordinative Verknüpfung Die Wahl des Konnektors (in anderer Terminologie: des Konnektivs; Breuer 2002) und die Relation der verbundenen Konjunkte unterscheidet die Koordination von der Subordination bzw. die Parataxe von der Hypotaxe (dem Satzgefüge). Nach der traditionellen Unterscheidung von Koordination und Subordination sind die in der Koordination verbundenen Konjunkte funktional „gleichartig“ (s. u.), während in der Subordination ein Abhängigkeitsverhältnis eines oder mehrerer Konjunkte von einem übergeordneten Konjunkt vorliegt. Der konjunktionale Konnektor verbindet in der

42. Zur Syntax der Koordination Koordination die Konjunkte, ohne zu einem Konjunkt zu gehören. Er steht deshalb in der Regel zwischen den Konjunkten, mit denen er in die Subjunktion eingebettet werden kann (Sannikov 1989, 43; Běličová/Sedláček 1990, 7; Testelec 2001, 262; Pasch u. a. 2003, 457). Die Unterscheidung von Koordination und Subordination, insbesondere die von Parataxe und Hypotaxe, ist in vielen Fällen nicht eindeutig. Kopulative Konstruktionen mit Folgebeziehungen können z. B. durch die Subordination substituiert werden (vgl. russ. Vzošlo solnce, i my tronulis’ v put’ / ‚Die Sonne ging auf, und wir machten uns auf den Weg‘ vs. Kogda vzošlo solnce, my tronulis’ v put’ / ‚Als die Sonne aufging, machten wir uns auf den Weg‘). Andererseits ist im Soziotiv, d. h. der Pluralbildung mit der Präpposition s C Instrumental (russ. My s nim xodili v školu / ‚Ich ging mit ihm zur Schule‘) die grammatische Subordination funktional koordinativ. In der tschechischen Akademiegrammatik gilt diese Erscheinung als „hypotaktische Form der Koordination“ (MČ 1987, 396). Im Kontinuum zwischen Subordination und Koordination (Weiss 1989, 1990) können dennoch eindeutige Konstruktionstypen bestimmt werden. Kommunikativ bilden Parataxen im Gegensatz zu Hypotaxen zwei getrennte Thema-Rhema-Strukturen (Weiss 1989). Grammatisch ist die Mittelstellung der Konjunktion zwischen den Konjunkten für die eindeutig koordinative Konstruktion signifikant (Širjaev 1986; Kuße 1998, 182 ff.). Konstruktionen mit den ‚typischen‘ koordinierenden Konjunktionen, die kopulative, disjunktive oder adversative Konstruktionen bilden (s. 3), sind damit eindeutig koordinierend.

1.2. Syndese und Asyndese Die Unterscheidung von Subordination und Koordination resp. Hypotaxe und Parataxe wird zum Teil auf die Asyndese ausgeweitet (AG 79; Testelec 2001 u. a.), besonders in der russischen Linguistik wird diese jedoch auch als ein eigenes Phänomen angesehen (AG 80; Širjaev 1986; Belošapkova u. a. 1989; ebenso Pranjković 1993). Die Frage der Zuordnung ist dahingehend zu konkretisieren, ob bei Asyndesen die Ellipse eines Konnektors oder ein Nullelement, das durch mehrere Konnektoren substituiert werden kann, anzusetzen ist (Breuer 2002). Im ersten Fall sind eindeutige Zuordnungen zur Subordination oder Koordination möglich, im zweiten ist die Zuordnung eher ambig. Als eigene Funktion leistet die Asyndese die (partielle) Separation der Konjunkte (ebd.), was sie unter anderem im Russischen oder Polnischen von den kopulativen i-Verbindungen unterscheidet, die den Zusammenhang, d. h. eine (im weitesten Sinne) „Gemeinsamkeit“ der Konjunkte signifiziert (s. 3.2.1). Da Konnexion nicht nur durch konjunktionale Konnektoren, sondern ebenso durch die Intonation, Partikel, anaphorische Pronomen, Wortformen usw. hergestellt wird, bilden Syndese und Asyndese keine strikte Dichotomie. Die stärkste Form der Asyndese stellt die Parataxe unverknüpfter Sätze dar, die nur über das Textthema verbunden sind (siehe Breuer 2002), wohingegen die konjunktionale Koordination oder Subordination die explizitesten Formen der Syndese bilden.

1.3. Koordination im einfachen und zusammengesetzten Satz Einfache Sätze können monoprädikativ und monopropositional (russ. Pëtr čitaet / ‚Peter liest‘), polyprädikativ und polypropositional (russ. Pëtr i Marija čitajut i pišut /

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen ‚Peter und Maria lesen und schreiben‘) und z. B. mit dem nominalem Ausdruck einer Proposition im Satz auch polypropositional sein (russ. Čtenie knig dostavljaet emu udovol’stvie / ‚Das Bücherlesen bereitet ihm Freude‘) (Širjaev 1991, 168). Zusammengesetzte Sätze (Parataxen und Hypotaxen) sind polyprädikativ und polypropositional (russ. Pëtr čitaet i Marija pišet / ‚Peter liest und Maria schreibt‘) (s. Gladrow/Kosta 1999, 403). Möglich ist die Verknüpfung vollständiger mit unvollständigen Konjunkten. In der sekundären Konjunktionalverbindung (Prijatkina 1990, 103 ff.) trennt die koordinierende Konjunktion ein Satzglied von seinem Bezugswort und verknüpft es mit der Wortfügung des Vorderkonjunkts (russ. On prišël pozdno / ‚Er kam spät‘ > On prišël, no pozdno / ‚Er kam, aber spät‘) (Širaev 1986, 20). Im koordinierten zusammengesetzten Satz kann in einem der Satzkonjunkte das Verb entfallen (sog. „gapping“). Die Erscheinung ist im subordinierten Satzgefüge (Hypotaxe) kaum oder nicht akzeptabel (russ. Ivan igral na piano, a (//??kogda) Maksim ⫺ na saksofone / ‚Ivan spielte Klavier und (*während) Maxim Saxophon‘ (Testelec 2001, 262)). Parataxe und Koordination im einfachen Satz sind teilweise syntaktisch transformierbar und weisen Übergangserscheinungen auf. Nach der Theorie der Konjunktionsreduktion (conjunction reduction) sind Prädikat- oder Subjektverknüpfungen Fusionen komplexer Sätze, d. h. die Verbindungen gleichrangiger Satzglieder entstehen durch die Tilgung übergeordneter Konstituenten (russ. Učitel’ strog, no spravedliv / ‚Der Lehrer ist streng, aber gerecht‘ < Učitel’ strog, no on spravedliv / ‚Der Lehrer ist streng, aber er ist gerecht‘) (Berger 1989; MČ 1987, 409 f.). Die Transformation ist jedoch nicht bei allen Konstruktionen möglich, z. B. nicht bei Subjektverknüpfungen mit Pluralobjekten (russ. Džon i Garry ljubjat svoix žën / ‚John und Harry lieben ihre Frauen‘ ≠ Džon ljubit svoix žën i Garri ljubit svoix žën / ‚John liebt seine Frauen und Harry liebt seine Frauen‘) (Sannikov 1989, 44) oder bei inklusiven (einschließenden) Disjunktionen (s. u.) (russ. Puškina ili Gogolja čitat’ ne legko / ‚Puškin oder Gogol sind nicht leicht zu lesen‘ ≠ Puškina čitat’ ne legko ili Gogolja čitat’ ne legko / ‚Puškin ist nicht leicht zu lesen oder Gogol ist nicht leicht zu lesen‘) (ebd.). Die Verbindungen von gleichartigen Satzgliedern, insbesondere von Prädikaten und um fakultative Glieder erweiterten Prädikaten (russ. Pëtr čitatet knigi i pišet stixi / ‚Peter liest Bücher und schreibt Gedichte‘), markieren den Übergang vom einfachen zum zusammengesetzten Satz. Sie werden entweder als Phänomen zwischen den Polen der Komplexität und Einfachheit eingeordnet (z. B. Čeremisina/Kolosova 1987; Valgina 1991) oder als monosubjektive Variante komplexer Sätze aufgefasst (z. B. AG 80), aber auch als polyprädikative einfache Sätze klassifiziert (z. B. Sannikov 1989; Astaxova 1993; vgl. auch Breuer 2002, 12 f.). In der MČ (1987, 445) gelten Prädikatverbindungen mit gemeinsamer Erweiterung (tsch. Vosy vykusují a vysávají přezrálé ovoce / ‚Wespen knabbern und saugen an überreifen Früchten‘) als erweiterte Koordination und solche mit mehrfachen Erweiterungen als koordinierte Satzverbindung (tsch. Vosy vykusují přezrálé ovoce a vysávají ovocné št’ávy / ‚Wespen knabbern an überreifen Früchten und saugen Fruchtsäfte‘).

2. Akzeptabilitätsbedingungen: das Kriterium der Gleichartigkeit Die Akzeptabilitätsbedingung der Gleichartigkeit der Konjunkte in der koordinativen Verknüpfung meint zunächst die Gleichheit ihrer syntaktischen Funktionen, erfasst dann aber auch semantische und pragmatische Eigenschaften der Konjunkte und Kon-

42. Zur Syntax der Koordination junktbeziehungen. Auf allen Ebenen sind sprachabhängig Abweichungen möglich. Verknüpft werden im Russischen z. B. instrumentales Objekt und Adverbialbestimmung (russ. Točka zrenija dokladčika byla prinjata vsemi i srazu aber dt. ?‚Die Ansicht des Redners wurde von allen und sofort übernommen‘) (AG 80/2, 166) oder Subjekt und Adverbialbestimmung (russ. Nikto i nikogda ob ėtom ne dumaet aber dt. ?‚Niemand und nie hat daran gedacht‘) oder auch Satz und Satzglied in der sekundären Konjunktionalverbindung (russ. On poët, i neploxo / ‚Er singt, und nicht schlecht‘) (ebd.; s. o.). Die Akzeptabilität dieser Verknüpfungen sichert die kommunikative Gleichartigkeit der Konjunkte, d. h. (nach Sannikov 1989, 25) ihre gemeinsame thematisch-rhematische Struktur. Abweichungen von der syntaktischen Gleichartigkeit können aber auch durch lexikalisch-semantische Gleichartigkeit kompensiert werden. Deshalb ist es bei Kasusverschiedenheit möglich zu sagen: Ja govorju s lingvistom i o lingviste / ‚Ich spreche mit dem Linguisten und über Linguistik‘, nicht aber ⫺ es sei denn i ist nicht konjunktional, sondern Partikel (auch) ⫺ *Ja govorju s lingvistom i o xudožnike / ‚*Ich spreche mit dem Linguisten und über den Künstler‘ (Sannikov 1989, 16 f.). Wird die semantische Gleichartigkeit verletzt, entstehen Anomalien wie das aus der Rhetorik und Stilistik bekannte komplizierte Zeugma (z. B. russ. Ne spali tol’ko Marija, otoplenie i zima / ‚Nur Maria, die Heizung und der Winter schliefen nicht‘). Die semantische Gleichartigkeit der Konjunkte wird jedoch auch in der Konstruktion, in der sich die Konjunkte gegenseitig monosemieren, erzeugt. Es tritt ein „Parallelisierungseffekt“ ein (Lang 1977), in dem z. B. in russ. Marija pišet, a Pëtr javljaetsja kompozitorom / ‚Maria schreibt und Peter ist Komponist‘ das erste Konjunkt auf Grund des zweiten habituell ist, während in Marija pišet, a Pëtr čitaet gazetu / ‚Maria schreibt und Peter liest Zeitung‘ das zweite Konjunkt auch beim Vorderkonjunkt eine aktuelle Lesart erzwingt. Indem die Konjunktbedeutungen in der Operation der konjunktionalen Verknüpfung füreinander einen Kontext bilden, konstituieren sie einen von den Konjunktbedeutungen zu unterscheidenden Common Integrator (CI) (bei Lang 1977: Gemeinsame Einordnungsinstanz), unter dem sie gemeinsam subsumiert sind (Lang 1984, 1991; s. auch Pasch et al. 2003, 298 ff.). Kann kein Common Integrator aus den Konjunkten deduziert werden, ist die Konstruktion semantisch nicht akzeptabel (z. B. *Pëtr čitaet, a kenguru javljaetsja avstralijskim životnym / *‚Peter liest, und das Känguruh ist ein australisches Tier‘). Ein konstitutives Integrationsmoment haben akzeptable Konstruktionen auch auf pragmatischer Ebene. Unterschiedliche Satzmodi wie etwa Aussage und Fragesatz können z. B. verknüpft werden, wenn sie über die gleiche Illokution integriert werden, die in indirekten und direkten Sprechakten ausgedrückt ist (russ. Ostav’ v pokoe košku, i počemu ty do six por ne spiš’? / ‚Lass die Katze in Ruhe, und warum schläfst Du noch nicht?‘) (Padučeva 1985). Die koordinierten Sprechakte müssen allerdings auf der gleichen Ebene der Sprechakthierarchie liegen (Mendoza 1995, 1996). Unter dieser Voraussetzung können auch verschiedene Illokutionen verknüpft werden (russ. Spasibo za knigu. I kogda mne vernut# eë? / ‚Danke für das Buch. Und wann soll ich es zurückbringen?‘), während bei unterschiedlichen Hierarchieebenen auch bei gleichem Satzmodus keine akzeptable Verknüpfung zustande kommt; z. B. wenn das Vorderkonjunkt die Voraussetzung des Folgekonjunkts bildet (russ. *Slyšiš# menja i mogu pomoč# tebe? / ‚*Hörst Du mich und kann ich Dir helfen?‘)

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen

3.

Konjunktionale Koordination in slavischen Sprachen

3.1. Klassifikationen Die koordinative Konstruktion ist eine Relation aus den drei Komponenten der Konjunktions- und Konjunktbedeutung und den Beziehungen zwischen den Konjunkten, in der sich die Syntax der Verknüpfung und ihre Semantik überlagern. Die grammatischen Unterscheidungen von kopulativen, adversativen, disjunktiven Konstruktionen sowie von restriktiveren Klassen wie etwa der Graduierung, Explikation oder Progredienz umfassen jeweils die Konjunktrelationen und die relationale Semantik der Konjunktionen, wodurch sich für die koordinierenden Konjunktionen z. T. Mehrfachzuordnungen ergeben. So ist etwa a unter anderem im Russischen, Polnischen oder Bulgarischen sowohl kopulativ als auch adversativ. Eindeutigkeit erreicht dagegen eine Klassifikation koordinativer Konstruktionen nach relationalen Konjunktionsbedeutungen wie Gemeinsame Geltung, Gemeinsamkeit, Kontrast, Korrektur und Wahl (Ausnahmen an der Peripherie; z. B. bulg. păk für Kontrast und Gemeinsamkeit), in der die zusätzlich auf der Konjunktsemantik und Konjunktbeziehung (ohne Konnektor) basierenden spezifischen Äußerungsbedeutungen offene Klassen von Verwendungsweisen der Konjunktionen bilden. Abhängig vom System der Konjunktionen in einer Sprache können diese Verwendungsweisen bei spezifischen Konjunktionen den Status von Bedeutungen haben. Verschiedene Bedeutungen können gleiche Verwendungsweisen aufweisen. Progredienz, d. h. die Anknüpfung an abgeschlossene Urteile, ist grundsätzlich in allen Bedeutungen, v. a. aber bei Gemeinsamer Geltung und Kontrast möglich. Divise Urteilskomplexionen (Bühler), d. h. Disjunktionen von Prädikaten, in denen immer beide Konjunkte gelten, aber jeweils nicht für die ganze Subjektgruppe bzw. nicht gleichzeitig im Rahmen einer Bezugsgröße, werden im Kroatischen/Serbischen auch unter Kontrast realisiert, sonst sind sie eine Verwendungsweise innerhalb von Wahl (russ. Oni sideli na terasse ili progulivalis’ po parku / ‚Sie saßen auf der Terrasse oder gingen im Park spazieren‘; Posle zavtraka ona sidela na terasse ili progulivalas’ po parku / ‚Nach dem Frühstück saß sie auf der Terrasse oder ging im Park spazieren.‘) Zum Teil lassen sich konjunktional koordinative Konstruktionen aufgrund der Konjunktionsbedeutungen als invariante Argumentationsstrukturen beschreiben (Anscombre/Ducrot 1983; Anscombre 2002; Eggs 1984, 2001; Karlík 1995; Kuße 1998, 2001). Daran wird deutlich, dass in der Koordination nicht nur Syntax und Semantik, sondern auch Syntax und Pragmatik korrelieren.

3.2. Gemeinsame Geltung Für alle kopulativen und adversativen Konstruktionen gilt, dass sie ihre Konjunkte als zugleich geltend signifizieren. Wie dt. und, frz. et oder engl. and sind tsch., slovak., nsorb., osorb. a, sloven. pa, kroat./serb. pa, pak als maximal unspezifische Konnektoren darauf beschränkt.

3.2.1. Gemeinsamkeit Die Gemeinsame Geltung umfasst Indikationen von Gemeinsamkeit und Kontrast zwischen den Konjunkten. Mit Gemeinsamkeit kann eine semantische Ähnlichkeit, aber

42. Zur Syntax der Koordination auch der gemeinsame Zusammenhang von Ursache und Wirkung oder Grund und Folge usw. gemeint sein, insofern letzteres nicht ohne ersteres möglich ist. Beschreibungen wie die Indikation einer erfüllten Erwartung (Levin 1975; AG 80; Uryson 2000) sind nicht verallgemeinerbar (Girke 1978; Sannikov 1989). Im konkreten Verwendungskontext folgen sie aus dem invarianten Merkmal Gemeinsamkeit: Russ., wruss., ukr., tsch., bulg./mak. i; poln. i, oraz ; slovak. i, aj; sloven. in, ter; kroat./serb. i, te ter. Das Merkmal ist auch in kopulativen mehrteiligen Konjunktionen bedeutungstragend: russ: i ... i, kak ... tak i /tak da; wruss. jak ... tak i; ukr. tak ... jak i; jak ... tak i; poln. i ... i, tak ... jak i, zarówno ... jak i; tsch. i ... i, jak ... tak (i); slovak. tak ... ako aj; nsorb. a ... a; osorb. kaž ... tak tež; sloven. tako ... kakor/kot; kroat./serb. i ... i, kako ... tako i, kao i; bulg. kakto ... taka i; mak. kako ... taka i und ihre Negationen: russ. ni ... ni; wruss. ni ... ni; ukr. ni ... (a)ni; poln. (a)ni ... (a)ni; tsch. ani ... ani; slovak. ani ... ani; nsorb. daniž ... daniž; osorb. ani ... ani; sloven. niti ... niti; ne ... ne; kroat./serb. ni ... ni, niti ... niti; bulg. nito ... nito, ni ... ni; mak. nitu ... nitu, ni ... ni. I (poln. auch oraz; sloven. ter) als Schlusssignal in der Aufzählung indiziert Gemeinsamkeit als Zusammengehörigkeit der Konjunktinhalte im gegebenen Kontext. (z. B. poln. Można tu kupić nabiał, pieczywo, warzywa i owoce oraz gazety / ‚Hier kann man Milchprodukte, Backwaren, Gemüse, Obst sowie Zeitungen kaufen‘) (Engel et al. 2000, 1150). Temporal sind alle Beziehungen möglich (Kručinina 1988, 33 ff.): Gleichzeitigkeit, partielle Gleichzeitigkeit, Aufeinanderfolge der Konjunktinhalte. bulg./mak. pa (und bulg. păk) indizieren die zeitliche Folge regelmäßig. Bei zeitlicher Folge können kausal-folgernde Beziehungen inferiert werden (russ. Vzošlo solnce, i v lesu stalo teplee / ‚Die Sonne ging auf, und im Wald wurde es wärmer‘). Mit dem Bulgarischen ta ist die kausale Folge regelmäßig indiziert (Beše taˇmno, ta ne vidjax lokvata / ‚Es war dunkel und da habe ich die Pfütze nicht gesehen‘) (Radeva 2003, 320). Progrediente Anknüpfungen werden frequent mit konjunktionalen Syntagmen wie z. B. russ. i pritom, i daže usw. realisiert. In der Progredienz können Sachverhalte ausgegrenzt und ggf. hervorgehoben werden; z. B. russ. i prežde vsego, i v pervuju očered’ usw.

3.3. Kontrast Tschechisch, Niedersorbisch und Obersorbisch ale, Slovakisch ale, no sind wie Deutsch aber, Französisch. mais oder Englisch but jeweils unspezifizierte Konjunktionen für die Kontrastindikation.

3.3.1. Kontrast und Konzedierung In der adversativen Bedeutung Kontrast und Konzedierung wird ein Sachverhalt im Vorderkonjunkt als geltend zugestanden, im kontrastierenden Folgekonjunkt in seiner Geltung aber eingeschränkt. Das Folgekonjunkt dominiert das Vorderkonjunkt. russ. no; wruss. ale; ukr. no; poln. ale, lecz; sloven. toda; kroat./serb. ali, no; bulg./mak. ala, ama, no; außerdem z. B. russ. odnako; tsch./slovak. avšak, však; poln. (a) jednak, wsakże; nsorb./osorb. wšak; kroat./serb. ipak; bulg. obače. Die Bedeutung Kontrast und Konzedierung erlaubt eine Reihe von Konstruktionsrelationen; z. B. die Einschränkung

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen der Relevanz vorhergehender Äußerungen (russ. Muzykal’naja odarënnost’ Skrjabina obnaružilas’ očen’ rano, no muzykal’naja odarënnost’ voobšče projavljaetsja rano / ‘Die musikalische Begabung Skrabins zeigte sich sehr früh, aber musikalische Begabung zeigt sich überhaupt früh’) oder den Bewertungskontrast (russ. Ploxo, no nadežda est’ / ‚Schlecht, aber es gibt Hoffnung‘ (Marinina); poln: tani, ale wygodni fotel / ‚ein billiger, aber bequemer Sessel‘).

3.3.2. Kontrast und Affirmation Adversative Konjunktionen, die auch als kopulative Konjunktionen auftreten, indizieren Kontrast und Affirmation, d. h. es wird anders als bei Konzedierung das Vorderkonjunkt in seiner vollen Geltung bestätigt (z. B. russ. Vam dali vzjatku (...). A vy eë vzjali (Marinina) / ‚Man hat ihnen Schmiergeld angeboten (...), und sie haben es genommen‘). russ. a, da; wruss. a, dy; ukr. a, ta; poln. a, natomiast; nsorb./osorb. pak; sloven., kroat./serb. a; bulg. a, păk; mak. a. In dieser Beziehung stehen semantische Oppositionen und vergleichende Gegenüberstellungen (poln. Dziewczynka była uzdolniona językowo, natomiast chłopiec nie / ‚Das Mädchen war sprachbegabt, der Junge dagegen nicht‘; bulg. Az otivam v restoranata, a ti otivaš na pazar / ‚Ich gehe ins Restaurant und du gehst auf den Markt‘) (Engel et al. 2000, 1158; Radova 2003, 423 f.). Ausgedrückt werden aber auch Nichtübereinstimmungen, d. h. die normwidrige gemeinsame Geltung der Konjunktinhalte (Sannikov 1989) (poln. Ewa spokojnie opatrywała rannego, a Udo ubolewał nad swoim rozbitym samochodem / ‚Eva verband besonnen den Verletzten, und Udo betrauerte seinen demolierten Wagen‘) (Engel u. a. 2000, 1148). bulg. chem ... chem indiziert die Nichtübereinstimmung regelmäßig (Chem pitaš, chem ne slušaš otgovora / ‚Du fragst und hörst nicht auf die Antwort‘) (Radova 2003, 321). Progrediente Anknüpfungen sind mit den Konjunktionen, besonders aber mit konjunktionalen Syntagmen möglich; z. B. russ. a imenno; poln. a także, (a) mianowiecie usw. kroat./serb. und mak. a ... a leitet auch divise Urteilskomplexion ein (A pošao u njivu, a u drva, a u vinograd ⫺ svakad će pušku poneti / ‚Ob er aufs Feld geht, in den Wald oder in den Weinberg ⫺ immer nimmt er das Gewehr mit‘) (Engel/Mrazović 1986, 876).

3.3.3. Korrektur Korrekturbeziehungen mit der obligaten replaziven Negation in einem Konjunkt lassen sich auf Kontrast und Affirmation der Negation zurückführen. Im Russischen drückt sich das auch dadurch aus, dass die Beziehung mit der kopulativ-adversativen Konjunktion realisiert wird (Kunzmann-Müller 1988, 226): ne ... a, ... , a ne. Korrektur in den weiteren Sprachen: wruss. ne ... .ale; ukr. ne ... .a /ale; poln. nie ... .lecz/ale; tsch. nejen ... ale/nybrž; slovak. nie ... ale, nie ... avšak /však; nsorb. nic ... ale; osorb. nic ... ale; sloven. ne ... ampak, ne ... marveč; kroat./serb. nije/ne ... nego/već/no; bulg. ne ... a; mak. ne ... tuku. Korrektur indizieren auch mehrteilige graduierende Konjunktionen, in denen eine Einschränkung im Vorderkonjunkt im Folgekonjunkt korrigiert wird. russ. ne tol’ko ... no i /no daže, ne tol’ko ... a i /a takže; wruss. ne tol’ki ... ale i /a i; ukr. ne til’ky ... ale i /a i; poln. nie tylko ... ale i /ale także/lecz także; tsch. nejen ... ale i /dokonce

42. Zur Syntax der Koordination (i)/nybrž i; slovak. nielen ... ale aj; nsorb. nic jano ... ale teke; osorb. nic jeno ... ale tež; sloven. ne le/ne samo ... ampak/temveč/marveč tudi; kroat./serb. nije/nen samo ... nego i /već i; bulg. ne samo ... no i; mak. ne samo ... tuku i /ami i.

3.3.4. Argumentative Funktionen Adversative Verknüpfungen sind Mikroformen von Pro- und Kontraargumentationen. Indiziert werden Zurückweisungen von möglichen Folgerungen aus dem ersten Konjunkt im Folgekonjunkt oder Einwände gegen das erste Konjunkt als solches. Der allgemeine konjunktionale Kontrastindikator (dt. aber; engl. but; frz. mais; tsch., slovak., nsorb., osorb. a; sloven. pa; kroat./serb. pa, pak) erfüllt beide Funktionen. Kontrast & Konzedierung bedeutet die Zurückweisung. Sie kann direkt sein (tsch. Tisíckrát v životě jsem byl poražen, ale nikdy jsem se nevzdal (Havel) / ‚Ich habe im Leben tausende Niederlagen erlitten, aber ich habe nie aufgegeben‘), aber auch indirekt geschehen, indem eine mögliche Folgerung aus dem ersten Konjunkt über eine Folgerung aus dem zweiten Konjunkt zurückgewiesen wird (russ. Konečno, ėti mery dajut opredelënnuju otdaču, no ona sliškom mala (Gorbačëv) / ‚Natürlich haben diese Maßnahmen einen gewissen Effekt, aber er ist zu klein‘) (Eggs 1984). Kommunikativ können Zurückweisungen in adversativen Konstruktionen Illokutionskontraste sein (Gehrmann 1988, 153, 157; Rudolph 1996, 151 f.) (russ. Socializmu vojna ne nužna, no nikto ne dolžen usomnit’sja v tom, čto my sumeem otstojat’ svoi zavoevanija (Gorbačëv) / ‚Der Sozialismus braucht keinen Krieg, aber niemand soll daran zweifeln, dass wir unsere Errungenschaften verteidigen können‘ (= Kontrast über Warnen im zweiten Konjunkt)). Kontrast and Affirmation konstituieren die Zurückweisung sowie (v. a. in der Funktion der replikeinleitenden Partikel) den Einwand; vgl. Zurückweisung: russ. Vsego mnogo: zemli, nefti i gaza (...), a živëm kuda xuže, čem v razvityx stranax (Gorbačëv) / ‚Von allem gibt es viel: Land, Öl und Gas (...), und doch leben wir viel schlechter als in den entwickelten Ländern‘ vs. Einwand: russ. Kto i segodnja prodolžaet žalovat’sja (...), my dolžny zadat’ prjamoj vopros: a čto ty sdelal dlja perestrojki? (Gorbačëv) / ‚Wer sich heute immer noch beklagt (...), den sollen wir ohne Umschweife fragen: Und was hast du für die Perestrojka getan?‘) Korrekturbeziehungen sind argumentativ Einwände gegen vollzogene oder unterstellte Behauptungen (russ. Cennost’ čeloveka ne v tom, skol’ko knižek on pročel, a v tom, kak on otnositsja k drugim ljudjam (Marinina) / ‚Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht danach, wieviel Bücher er gelesen hat, sondern danach, wie er sich zu anderen Menschen verhält‘).

3.4. Wahl Disjunktive Konjunktionen verknüpfen mit der Anweisung Wahl zwischen möglichen Sachverhalten, die wahrheitsfunktional als Konjunktion, die der modale Funktor (‚es ist möglich, dass‚) regiert, dargestellt werden kann: p ili q: ◊ p o ◊ q. russ. ili; wruss. abo; ukr. abo; poln. albo; tsch. nebo, anebo; slovak. alebo; nsorb., osorb. abo; sloven. ali; kroat./serb. ili; bulg./mak. ili. Die Unterscheidung von exklusiver und inklusiver (und/oder-) Disjunktion, die auch versprachlicht sein kann (z. B. lat. vel/aut), ist natürlichsprachlich nicht strikt, kontextuell ist aber die eine oder andere Lesart interpretier-

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen bar. Als Verwendungsweisen von Wahl sind deshalb minimale Wahl, die bedeutet, dass mindestens ein Sachverhalt gelten soll, aber kein gegenseitiger Ausschluss indiziert ist, und maximale Wahl, die Disjunktionen bezeichnet, in denen nur einer der beiden Konjunktinhalte gelten soll, zu unterscheiden. Divise Urteilskomplexionen werden mit einfachen (insbes. ili; russ. auch libo; poln. auch lub) und mehrteiligen Konjunktionen ausgedrückt; z. B. russ. to ... to; poln. bądź ... bądź; bulg. tu ... tu, bilo ... bilo (poln: Możno do tego pić wino białe lub czerwone / ‚Man kann dazu Weißwein oder Rotwein trinken‘; bulg. Tu vali, tu slăncee gree / ‚Bald regnet es, bald scheint die Sonne‘). Frequent in der maximalen Wahl sind manche einteilige Konjunktionen wie russ. libo; wruss. ci; ukr. či; poln. lub, czy; tsch. či; slovak. či, v. a. aber wird sie von mehrteiligen Konjunktionen indiziert: russ. ili ... ili; libo ... libo; wruss. abo ... abo; ukr. abo ... abo; poln. albo ... albo; tsch. bud’ ... anebo/nebo; slovak. bud’ ... alebo; nsorb., osorb. pak ... pak; sloven. ali ... ali; bodisi…bodisi; kroat./serb. ili ... ili; bilo ... bilo; bulg./mak. ili ... ili, ja ... ja. Konjunktionen wie z. B. russ. a to oder osorb. hewak in Konstruktionen mit alternativer Motivation in den Konjunktbeziehungen bedeuten maximale Wahl (russ. Speši, a to opozdaeš’. / ‚Beeil dich, sonst kommst du zu spät.‘ osorb. Daj namaj jěsć, hewak z hłodom wumrěmoj. / ‚Gib uns beiden zu essen, sonst sterben wir vor Hunger‘). Bei Reformulierungen, Explikationen usw. gelten beide Konjunktinhalte und Wahl bezieht sich auf ihre Ausdrucksseite. russ. to est’ (t.e.); poln.; tsch.; kroat./serb. to jest (tj.); nsorb.; osorb.; sloven. to je (tj.); bulg. toest (t.e.) usw., aber auch russ. ili inače, ili že; wruss. ci taksama; ukr. abo ž; poln. czyli, czy tež; tsch. nebo jinak, nebo také; slovak. alebo inakšie, alebo tiež usw.

3.4.1. Argumentative Funktionen Wahl ist in inklusiver und exklusiver Interpretation als rhetorisches Dilemma einsetzbar, in dem zwei negative Evaluationen gegenübergestellt werden und die Entscheidung immer zu einem negativen Ergebnis führt (russ. glupost’ ili izmena (Miljukov)). Maximale Wahl erlaubt den Schluss von der Affirmation eines der Konjunkte auf die Negation des anderen. Bei Kontradiktionen (p n ¬q) und komplementären Gegensätzen („tot oder lebendig”) ist auch der Schluss im disjunktiven Syllogismus von der Negation eines Konjunkts auf die Affirmation des anderen möglich (russ. Rešalsja vopros’ ⫺ byt’ ili ne byt’ rossijskoj demokratii (El’cin) / ‚Es entschied sich die Frage nach dem Sein oder Nichtsein der russischen Demokratie‘.

4. Literatur (in Auswahl) AG 79 (1979): Barnetová, Vilma et al. (red.). Russkaja grammatika. 2 Bde. Prag. AG 80 (1980): Švedova, N. Ju. (red.). Russkaja grammatika. 2 Bde. Moskva. Anscombre, Jean-Claude/Ducrot, Oswald (1983): L’argumentation dans la langue. Bruxelles. Anscombre, Jean-Claude (2002): „Mais/pourtant dans la contre-argumentation directe: raisonnement, généricité, et lexique“. // Leeman, Danielle. (ed.). Les connecteurs. Paris. 115⫺129. Astaxova, L. I. (1993): „O složnom predloženii“. // Voprosy jazykoznanija 1. 87⫺96. Běličová, Helena/Sedláček, Jan (1990): Slovanské souvětí. Praha. Belošapkova, V. A. u. a (1989): Sovremennyj russkij jazyk. 2-e izd. Moskva.

42. Zur Syntax der Koordination Berger, Tilman (1989): „Die transphrastische koreferentielle Subjekts- und Objektsellipse im Russischen“. // Girke, W. (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1988. München. 9⫺34. Breuer, Astrid Yvonne (2002): Asyndese?: Zum Problem einer ‚negativen‘ Kategorie. München. Čeremisina, M. I./Kolosova, T. A (1987): Očerki po teorii složnogo predloženija. Novosibirsk. Eggs, Ekkehard (1984): Die Rhetorik des Aristoteles. Ein Beitrag zur Theorie der Alltagskommunikation und zur Syntax von komplexen Sätzen (im Französischen). Frankfurt/M. u. a. Eggs, Ekkehard (2001): „Argumentative Konnektoren und Textkonstitution. Am Beispiel von deduktiven und adversativen Strukturen“. // Cambourian, Alain (Hrsg.). Textkonnektoren und andere textstrukturierende Einheiten. Tübingen. 61⫺90. Engel, Ulrich/Mrazović, Pavica (1986): Kontrastive Grammatik Deutsch⫺Serbokroatisch. München. Engel, Ulrich et al. (2000): Deutsch-polnische kontrastive Grammatik. 2 Bde. Warszawa. Gehrmann, Maria (1988): „Adversative Konjunktionen des Polnischen im Vergleich zum Deutschen“. // Kunzmann-Müller, Barbara (Hrsg.). Konfrontative Untersuchungen zu Funktionswörtern. Adversative Konnektive. Berlin. 107⫺201. Girke, Wolfgang (1978): „Sätze mit No, I und A“. // Girke, Wolfgang/Jachnow, Helmut (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1977. München. 26⫺40. Gladrow, Wolfgang/Kosta, P. (1999): „Syntax und Syntaxkonzeptionen“. // Jachnow, Helmut (Hrsg.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 386⫺424. Karlík, Petr (1995): Studie o českém souvětí. Brno. Katičić, Radoslav (1986): Sintaksis hrvatskoga književnog jezika. Nacrt za gramatiku. Zagreb. Kručinina, I. N. (1988): Struktura i funkcii sočinitel’noj svjazi v russkom jazyke. Moskva. Kunzmann-Müller, Barbara (1988): „Adversative Konnektive im Serbokroatischen, Slowenischen und Deutschen. Eine konfrontative Studie“. // Kunzmann-Müller, Barbara (Hrsg.). Konfrontative Untersuchungen zu Funktionswörtern. Adversative Konnektive. Berlin. 1⫺106. Kuße, Holger (1998): Konjunktionale Koordination in Predigten und politischen Reden. Dargestellt an Belegen aus dem Russischen. München. Kuße, Holger (1999): „Disjunktionen: Ihre Bedeutung und ihre rhetorischen Funktionen“. // Zeitschrift für Slavische Philologie 58. Heft 1. 59⫺83. Kuße, Holger (2001): „Phänomenologische und argumentative Invarianten: no und a im Russischen“. // Zeitschrift für Slawistik 46. 71⫺93. Lang, Ewald (1977): Semantik der koordinativen Verknüpfung. Berlin. Lang, Ewald (1984): The Semantics of Coordination. Amsterdam/Philadelphia. Lang, Ewald (1991): „Koordinierende Konjunktionen“. // von Stechow, Armin/Wunderlich, Dieter (Hrsg.). Semantik. Ein Handbuch zeitgenössischer Forschung. Berlin/New York. 597⫺623. Levin, J. L. (1975): „Über eine Gruppe Konjunktionen im Russischen“. // Syntaktische und semantische Studien zur Koordination. Studien zur deutschen Grammatik 2. Tübingen. 63⫺103. MČ 1987. Mluvnice Češtiny 3. Skladba. Praha. Mendoza, Imke (1995): „Satztyp und Illokution in der i-Verknüpfung“. // Dippong, Horst (Hrsg.). Linguistische Beiträge zur Slavistik aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. III. JungslavistInnen-Treffen. Hamburg 1994. München. 159⫺176. Mendoza, Imke (1996): Zur Koordination im Russischen: i, a und da als pragmatische Konnektoren. München. Nikolaeva, T. M./Efimova, V. S./Fužeron, I. (eds.) (1997): Slavjanskie sočinitel’nye sojuzy. Moskva. Padučeva, E. V. (1985): Vyskazyvanie i ego sootnosënnost’ s dejstvitel’nost’ju. Referencial’nye aspekty semantiki mestoimenij. Moskva. Pasch, Renate/Brauße, Ursula/Breindl, Eva/Waßner, Ulrich H. (2003): Handbuch der deutschen Konnektoren. Linguistische Grundlagen der Beschreibung und syntaktische Merkmale der deutschen Satzverknüpfer (Konjunktionen, Satzadverbien und Partikeln). Berlin/New York. Pranjković, Ivo (1993): Hrvatska skladnja. Rasprave iz sintakse hrvatskoga standardnog jezika. Zagreb.

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen Prijatkina, A. F. (1990): Russkij jazyk: Sintaksis osložnënnogo predloženija. Moskva. Radeva, Vassilka (Hrsg.) (2003): Bulgarische Grammatik: morphologisch-syntaktische Grundzüge. Hamburg. Rudolph, Elisabeth (1996): Contrast. Adversative and Concessive Expressions on Sentence and Text Level. Berlin/New York. Sannikov, V. Z. (1989): Russkie sočinitel’nye konstrukcii. Semantika, pragmatika, sintaksis. Moskva. Širjaev, E. N. (1986): Bessojuznoe predloženie v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Širjaev, E. N. (1991): „Otnošenija logičeskoj obuslovlennosti: Sposoby vyraženija i ix raspredelenie po sferam jazyka“. // Šmelëv, D. N. (red.). Grammatičeskie issledovanija. Funkcional’nostilističeskij aspekt: morfologija, slovoobrazovanie, sintaksis. Moskva. 165⫺243. Štícha, František (2002): Česko-německá srovnávací gramatika. Praha. Testelec, Ja. G. (2001): Vvedenie v obščij sintaksis. Moskva. Rossijskij gosudarstvennyj gumanitarnyj universitet. Weiss, Daniel (1989): „Parataxe und Hypotaxe ⫺ Versuch einer Skalarisierung“. // Girke, Wolfgang (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1988. München. 287⫺322. Weiss, Daniel (1990): „Satzverknüpfung und Textverweis“. // Breu, Walter (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1989. München. 285⫺312. Uryson, E. V. (2000): „Russkij sojuz i častica i: struktura značenija“. // Voprosy jazykoznanija 3. 97⫺121. Valgina, N. S. (1991): Sintaksis sovremennogo russkogo jazyka. 3-e izd. Moskva.

Holger Kuße, Dresden (Deutschland)

44. Juxtaposition 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Juxtaposition in der Sprachwissenschaft Anwendung des Begriffs auf die Syntax Der Terminus Apposition Typen von Appositionen Resümee Literatur (in Auswahl)

Abstract In linguistics, ‘Juxtaposition’ is known as a syntactic relation concerning a nontrivial arrangement or ordering of syntactic units, e.g. a syntactic procedure or instance of placing close together or side by side, esp. for comparison or contrast. In word formation this can be seen on the following examples: German Gottesbote, Friedensengel; Croatian /Serbian pazikuća, razbibriga. In this chapter the following syntactic types of ‚Juxtaposition‘ are analyzed: juxtapositions in adversative, causal and conditional clauses and appositions.

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen Prijatkina, A. F. (1990): Russkij jazyk: Sintaksis osložnënnogo predloženija. Moskva. Radeva, Vassilka (Hrsg.) (2003): Bulgarische Grammatik: morphologisch-syntaktische Grundzüge. Hamburg. Rudolph, Elisabeth (1996): Contrast. Adversative and Concessive Expressions on Sentence and Text Level. Berlin/New York. Sannikov, V. Z. (1989): Russkie sočinitel’nye konstrukcii. Semantika, pragmatika, sintaksis. Moskva. Širjaev, E. N. (1986): Bessojuznoe predloženie v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Širjaev, E. N. (1991): „Otnošenija logičeskoj obuslovlennosti: Sposoby vyraženija i ix raspredelenie po sferam jazyka“. // Šmelëv, D. N. (red.). Grammatičeskie issledovanija. Funkcional’nostilističeskij aspekt: morfologija, slovoobrazovanie, sintaksis. Moskva. 165⫺243. Štícha, František (2002): Česko-německá srovnávací gramatika. Praha. Testelec, Ja. G. (2001): Vvedenie v obščij sintaksis. Moskva. Rossijskij gosudarstvennyj gumanitarnyj universitet. Weiss, Daniel (1989): „Parataxe und Hypotaxe ⫺ Versuch einer Skalarisierung“. // Girke, Wolfgang (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1988. München. 287⫺322. Weiss, Daniel (1990): „Satzverknüpfung und Textverweis“. // Breu, Walter (Hrsg.). Slavistische Linguistik 1989. München. 285⫺312. Uryson, E. V. (2000): „Russkij sojuz i častica i: struktura značenija“. // Voprosy jazykoznanija 3. 97⫺121. Valgina, N. S. (1991): Sintaksis sovremennogo russkogo jazyka. 3-e izd. Moskva.

Holger Kuße, Dresden (Deutschland)

44. Juxtaposition 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Juxtaposition in der Sprachwissenschaft Anwendung des Begriffs auf die Syntax Der Terminus Apposition Typen von Appositionen Resümee Literatur (in Auswahl)

Abstract In linguistics, ‘Juxtaposition’ is known as a syntactic relation concerning a nontrivial arrangement or ordering of syntactic units, e.g. a syntactic procedure or instance of placing close together or side by side, esp. for comparison or contrast. In word formation this can be seen on the following examples: German Gottesbote, Friedensengel; Croatian /Serbian pazikuća, razbibriga. In this chapter the following syntactic types of ‚Juxtaposition‘ are analyzed: juxtapositions in adversative, causal and conditional clauses and appositions.

44. Juxtaposition

1. Juxtaposition in der Sprachwissenschaft Da in der Sprachwissenschaft unter Juxtaposition (lat. iūxtā ‚dicht daneben‘, pōnere ‚legen‘) höchst Unterschiedliches verstanden wird, erweist sich eine kurze Begriffsklärung als sinnvoll. Herkömmlich wird mit dem Begriff in der Morphologie und Syntax gearbeitet; in der Derivationsmorphologie hat er in einigen Philologien mit einem jeweils spezifischen Begriffsinhalt sogar eine lange Tradition. Als Juxtaposition werden beispielsweise in der Germanistik bestimmte Kompositatypen, die sog. unechten Komposita verstanden, in denen das erste Kompositionsglied syntaktisch die Form bewahrt, die der Relation zu ihrem zweiten Glied entspricht (Fleischer/Barz 1995), vgl. deutsch Gottesbote, Friedensengel, Kindesmutter. Ob slavische Bildungen wie kroatisch/serbisch visibaba, razbibriga, pazikuća (Babić 1986) bzw. bulgarisch razvejprax, xvaliprâcko u. ä. hier einschlägig sind, ist wohl eher zu bezweifeln. Die Unterteilung macht ohnehin bestenfalls für die diachrone Betrachtung einen Sinn, für synchrone Sprachzustände entbehrt sie in der Regel einer transparenten Erklärungskraft.

2. Anwendung des Begriffs auf die Syntax Jüngeren Datums ist die Anwendung des Begriffs auf Teilgebiete der Syntax. In der Literatur wird dazu unter Juxtaposition, oftmals vergleichbar der Asyndese, jegliche Art der Verknüpfung satzwertiger Einheiten verstanden, die nicht durch speziell konditionierte lexikalisierte Einheiten wie Konjunktionen o. ä. markiert ist. In der Slavistik ist hier auf zahlreiche Untersuchungen insbes. der russistischen Linguistik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu verweisen, in denen konzeptionell zwei Orientierungen zu erkennen sind. In den Arbeiten von A. M. Peškovskij (1928), E. N. Širjaev (1986), N. S. Pospelov (1950) u. a. wird die Auffassung vertreten, dass Juxtaposition eine Verknüpfungsart zwischen Teilsätzen sui generis ist, die mit der traditionellen Dichotomie Koordination vs. Subordination nicht bzw. nicht direkt korrespondiert; plädiert wird für eine Trichotomie. Weiterführend knüpft daran u. a. V. A. Belošapkova (1968) an. Die zweite Auffassung ist maßgeblich mit Namen wie A. N. Gvozdev (1973), A. G. Rudnev (1968), A. N. Stecenko (1977), N. S. Valgina (1978), A. F. Kulagin (1974) u. a. verbunden. In ihren Arbeiten werden Juxtaposition und die Relationen Koordination und Subordination aufeinander bezogen, die interne Gliederung orientiert sich nachgerade daran, vgl. Sätze mit einer adversativen Lesart wie russ. novaja upakovka, staryj tovar h novaja upakovka, a staryj tovar kroat./serb. turista sve više, radnika u turizmu sve manje h turista sve više, a radnika u turizmu sve manje Eine präferent kausale bzw. konditionale Lesart wird dementsprechend angenommen bei Konstruktionen wie kroat.

policajac udaljen s dužnosti htio se ubiti h jer je policajac udaljen s dužnosti, htio se ubiti

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen serb.

dignemo cene, nema nikoga, smanjimo cene, nemamo za lične dohotke h аko/kad dignemo cene, nema nikoga, ako/kad smanjimo cene, nemamo za lične dohotke

In vielen Arbeiten wird darauf hingewiesen, dass juxtaponierte Konstruktionen oft keine klar zuordenbare, sondern eine eher komplexe Bedeutung aufweisen, die interpretatorisch Spielräume zulässt, vgl. russisch russ.

vernёtsja otec, vse budut rady h kogda /esli vernёtsja otec, vse budut rady

Das zuletzt erläuterte Konzept wurde auch außerhalb Russlands bzw. der Russistik u. a. in der Bohemistik (Bauer 1959, 1960, 1972), Slovakistik (Orlovsky 1971), Kroatistik (Pranjković 2002) und Bulgaristik (Popov 1979) aufgegriffen und an entsprechenden sprachlichen Daten diskutiert. Zu den Vor- und Nachteilen hat Pranjković (2002) ausführlich Stellung genommen. Im folgenden sollen diese Konzepte nicht weiterverfolgt werden. Das Augenmerk soll vielmehr gerichtet werden auf Ansätze, die ebenfalls eine Relation zu anderen Verknüpfungsarten herstellen, dabei aber syntaktische Kriterien in den Vordergrund rücken. Bezug genommen wird insbesondere auf Arbeiten von P. H. Matthews (1981) und N. Burton-Roberts (1994), die unter dem Aspekt Juxtaposition vorrangig die Apposition erörtern; P. H. Matthews schlägt darüber hinaus vor, korrelative Konstruktionen in die Diskussion einzubeziehen. Ausgehend von der Prämisse zur Syntax natürlicher Sprachen, dass hinsichtlich der Strukturierung unterschiedliche Optionen existieren, stellt P. H. Matthews (1981) Juxtaposition in den Kontext der herkömmlichen Verknüpfungsrelationen Koordination und Subordination. Beide Verknüpfungsarten sind durch eine Reihe von Merkmalen im großen und ganzen hinreichend charakterisiert. In koordinativen Verknüpfungen sind die beteiligten Komponenten bekanntlich nicht auf das Format Satz beschränkt; sie sind syntaktisch nicht voneinander abhängig und nicht in hierarchisch höhere Strukturen eingebettet. Die Komponenten lassen eine weitgehende Symmetrie in der Strukturbildung erkennen; sie enthalten obligatorisch Komponenten vom gleichen kategorialen Format, die bei identischer Belegung getilgt werden können. Dieser Strukturbildungstyp erlaubt auch, dass die Komponenten unbegrenzt iterierbar und hinsichtlich ihrer Anordnung variabel sind. N. Burton-Roberts (1994) formuliert in anderer Terminologie, dass koordinative Verbindungen nicht einen, sondern mehrere oder multiple Köpfe haben. Der subordinative Konstruktionstyp hingegen hat als wesentliches Merkmal das der Einbettung oder der Abhängigkeit der Teilkomponenten, und er weist eine vergleichsweise explizit ausgeprägte interne Gliederung auf. Sie führt entsprechend zur Differenzierung von Komplementation vs. Modifikation. Ähnlich charakterisiert N. BurtonRoberts subordinative Strukturen als asymmetrisch, in denen eine Komponente den Kopf der gesamten Struktur bildet, der die jeweils andere dominiert. Nach P. H. Matthews und N. Burton-Roberts können Juxtapositionen in dieses dichotomisch organisierte syntaktische Klassifizierungsraster nicht ohne weiteres eingeordnet werden. Offenkundig sind zwar Ähnlichkeiten, unübersehbar sind jedoch auch

44. Juxtaposition Unterschiede, weshalb mit mehr oder weniger prominenten Überlappungsgebieten zu rechnen sein wird. Innerhalb dieses Rahmens sollen im weiteren einige Fälle von Apposition betrachtet werden.

3. Der Terminus Apposition Der Terminus Apposition ist in der Grammatik allgemein verbreitet, im konkreten Fall ist er jedoch alles andere als unstrittig. Gemäß P. Eisenberg (1994) ist Apposition eine verhältnismäßig abstrakte und per se wenig spezifizierte und nur in seltenen Fällen vollständig gefestigte und kodifizierte strukturelle Relation, die sich zu den Relationen Koordination und Subordination grundsätzlich neutral verhält. Der Begriff wird daher auf eine Vielzahl z. T. sehr unterschiedlicher Konstruktionen angewendet. Als syntaktisches Hauptmerkmal gilt, dass grundsätzlich eine symmetrische Relation vorliegt; vorkommende Fälle von Asymmetrie sind im Detail klärungsbedürftig. Semantisch ist nach P. H. Matthews und N. Burton-Roberts ausschlaggebend, dass sich appositiv verknüpfte Komponenten nicht additiv, sondern reduplikativ zueinander verhalten.

4. Typen von Appositionen 4.1. In eine Gruppe fassen P. H. Matthews und ähnlich N. Burton-Roberts Beispiele zusammen wie: (1)

kroat. dogovorila sam se s njezinim bratom, mojim starim prijateljem

(2)

russ.

ja pogovorju s tvoim šefom, moim хоrošim znakomym

(3)

bulg.

az šte pogovorja s tvoja šef, moj dobâr poznat

In den Konstruktionen (1) bis (3) kommen jeweils mindestens zwei Nomina vor, die regulär das Merkmal der Kasusidentität aufweisen. Sie sind syntaktisch vom gleichen kategorialen Format, weshalb identisch belegte Komponenten getilgt werden können. Die beiden Komponenten können umgestellt werden und jede der beiden Komponenten kann ohne Verlust an Grammatikalität syntaktisch die Funktion der gesamten Nominalgruppe übernehmen. Relevant für diesen Typ ist insbesondere, dass er ohne formale Kennzeichnung, aber auch mit einer Markierung auftreten kann, vgl. dazu russische, kroatisch/serbische und bulgarische Beispiele wie: (4)

malina ili Rubus idaeus cvetёt v mae

(5)

ružmarin ili Rosmarinus officinalis često se koristi u prirodnoj medicini

(6)

iglikata ili Primula veris е mnogogodišno rastenie s prodâlgovati lista i žâlti cvetove

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen Grundsätzlich treffen auch auf diese Konstruktionen die genetisch syntaktischen Merkmale zu, d. h. die Komponenten sind umstellbar bzw. können unter bestimmten Bedingungen getilgt werden. Bei diesen Beispielen zeigt sich weiterhin, dass die Wahl der formalen Kennzeichnung nicht beliebig ist. Sie kann wie in (4) bis (6) auf die disjunktiven Konjunktionen, ili usw. fixiert sein oder es kann zwischen disjunktivem ili und additivem i eine Option bestehen. Das eingangs gen. semantische Kriterium Reduplikativität für das Vorliegen einer Apposition ist in Beispielen wie (4) und (6) erfüllt. Die Bedeutungen der Nominale verhalten sich nicht additiv, sondern disjunktiv zueinander. Bei russischem malina und Rubus idaeus und entsprechend in den kroatisch/serbischen und bulgarischen Nominalen ist von jeweils einem Referenten die Rede, der jedoch mehrfach charakterisiert wird. Der Begriffsumfang an sich ist durch das erste vs. das zweite Nominal vollständig bestimmt, das gleichzeitige Vorhandensein beider Komponenten ändert daran extensional nichts. Diese Lesarten sind für (4) bis (6) die einzig passenden und gelten als für die Apposition prototypisch. Ebenso verhalten sich kroatisch/serbische Beispiele wie: (7)

došao je sa svojom ženom ili zaručnicom a. *došao je sa svojom ženom i zaručnicom

Wiederum referieren žena und zaručnica auf das gleiche Individuum, der Sprecher des Satzes charakterisiert dieses unter Zuhilfenahme nichtsprachlichen Wissens durch sich kontradiktorisch zueinander verhaltende Prädikate. Insgesamt entstehen damit formale Zuordnungen wie: (5) a. [ružmarin ili Rosmarinus officinalis] često se koristi u prirodnoj medicini (7) b. došao je sa svojom [ženom ili zaručnicom] Weitgehend parallel dazu sind die folgenden Konstruktionen, in denen sowohl die Markierung mit disjunktivem ili als auch mit koordinativem i grammatisch wohlgeformte Sätze ergibt, vgl. (8) russ.

ona guljala pо gоrоdu sо svоim šеfom ili /i её tаjnym ljubovnikom

(9) kroat./serb. došao je sa svojom kolegicom ili /i zaručnicom (10) bulg.

moi prijateli ili /i studenti ot mojata grupa dnes šte xodjat na diskoteka

Diese Konstruktionen haben jedoch anders als (4) bis (7) nicht eine, sondern mehrere Lesarten. Ausschlaggebend für die Interpretation von (8) bis (10) ist die Fundierung der Referenz. Für den Fall, dass russisch šеf und tаjnyj ljubovnik, kroatisch/serbisch kolegica und zaručnica bzw. bulgarisch prijateli und studenti оt mojata grupa in den Konstruktionen mit ili auf das gleiche Individuum referieren und es begrifflich lediglich auf unterschiedliche Weise charakterisieren, korrespondieren (8), (9) und (10) in ihrer Lesart als Apposition mit Konstruktionen wie (4) bis (7). Das ist jedoch nur eine Möglichkeit, keineswegs die einzige. Die Nominale in (8) bis (10) können auch auf

44. Juxtaposition verschiedene Referenten bezogen sein. Für diesen Fall liegt mehrfacher Referenzbezug vor, der entsprechende Auswirkungen auf die Zuordnung hat, vgl. (a) und (b) in (9) und (10) (9) a. kroat./serb. došao je sa [svojom kolegicom ili zaručnicom] b. došao je sa [svojom kolegicom] ili [zaručnicom] (10) a. bulg. [moi prijateli ili studenti ot mojata grupa] dnes šte xodjat na diskoteka b. [moi prijateli ] ili [studenti ot mojata grupa] dnes šte xodjat na diskoteka Für die Markierung mit i sind entsprechend folg. Merkmale bzw. Lesarten vorzusehen (9) c. kroat./serb. došao je sa [svojom kolegicom i zaručnicom] d. došao je sa [svojom kolegicom] i [zaručnicom] (10) c. bulg. [moi prijateli i studenti ot mojata grupa] dnes šte xodjat na diskoteka d. [moi prijateli ] i [studenti ot mojata grupa] dnes šte xodjat na diskoteka Im ersten Fall (c) ist als Lesart vorzusehen, dass das Individuum, von dem die Rede ist, referentiell sowohl über die Eigenschaften kroatisch/serbisch kolegica und zaručnica bzw. bulgarisch prijatel und student verfügt. Erzeugt werden kann aber auch die Interpretation (d). Sie liegt genau dann vor, wenn sich die Eigenschaften der kroatisch/ serbischen bzw. bulgarischen Nominale auf unterschiedliche Individuen beziehen. Die Lesart ist dann nicht appositiv und semantisch reduplikativ, sondern additiv und syntaktisch koordinativ. In einigen Fällen kann diese syntaktische Ambiguität formal eingeschränkt oder aufgehoben werden. Das tritt dann ein, wenn die Referenzverhältnisse beispielsweise auf die Form des Prädikats als additiv vs. reduplikativ abgebildet werden, vgl. russisch ambiges (11)

её sokursnik i moj byvšij odnoklassnik segodnja u menja v gostjax

mit Zuordnungen (11) a. [её sokursnik i moj byvšij odnoklassnik] segodnja u menja v gostjax oder b. [её sokursnik] i [moj byvšij odnoklassnik] segodnja u menja v gostjax und die Disambiguierung in präteritalen Formen (11) c. [её sokursnik i moj byvšij odnoklassnik ] byl včera u menja v gostjax vs. d. [её sokursnik] i [moj byvšij odnoklassnik] byli včera u menja v gostjax Die Anzeige qua Kongruenz, dass es sich in (11d) um zwei Referenten handelt, ist allerdings nicht obligatorisch, grammatisch wohlgeformt sind auch Konstruktionen wie (11) e. [её sokursnik] i [moj byvšij odnoklassnik] byl včera u menja v gostjax Auch die Verwendung anderer disjunktiver Konjunktionen führt zur Beseitigung der semantischen Ambiguität. Wenn anstelle von ili die mehrteiligen Konnektive ili ... ili

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen u. a. verwendet werden, kommen ausschließlich nichtappositive Konstruktionen zustande, vgl. (11) f. russ. ili её sоkursnik ili mоj byvšij оdnоklаssnik sеgоdnja u mеnja v gоstjaх (9) b. kroat./serb. došao je ili sa svojom kolegicom ili sa zaručnicom Es zeigt sich, dass aus den Konstruktionen (8) bis (11) syntaktisch nicht zweifelsfrei hervorgeht, welcher Konstruktionstyp vorliegt. Juxtaponierte Appositionen teilen somit offensichtlich bestimmte syntaktische Eigenschaften mit koordinativen Konstruktionen, ohne hinsichtlich der Interpretation mit diesen identisch zu sein. Damit wird die Frage virulent, ob juxtaponierte Strukturen überhaupt komplex aufgebaute Phrasen bilden können und über welche Eigenschaften diese verfügen. Bislang werden im wesentlichen zwei Lösungsvorschläge diskutiert. Juxtaposition wird als (a) eine genuine syntaktische Relation mit eigenen Merkmalen oder aber (b) als ein Sonderfall der Koordination angesehen. Argumente für (b) sind, dass auch in juxtaponierten Konstruktionen keines der Elemente dem jeweils anderen untergeordnet ist. Es entstehen parallele Phrasen, in denen vergleichbar den Elementen in der Koordination jede der Komponenten als Kopf der Apposition angesehen werden muss. In der Terminologie der generativen Grammatik teilen Apposition und Koordination das Merkmal, dass sie multiple Köpfe haben. Der Unterschied zwischen ihnen liegt in der Verschiedenheit der Referenzverhältnisse, vgl. N. Burton-Roberts, 1994. 4.2. Weniger transparent in dieser Hinsicht sind Konstruktionen, die traditionell als die reguläre Instanz für Appositionen aufgeführt und oft als sog. enge Apposition unterspezifiziert werden. Es handelt sich vornehmlich um komplexe Namen, insbes. Gattungs-, Berufs- und Verwandtschaftsbezeichnungen, Vornamen u. ä., vgl. P. H. Matthews (1981), ebenso P. Eisenberg (1994), N. Burton-Roberts (1994), vgl. kroatisch papa Ivan Pavao II, grad Zagreb, nacionalni park Plitvička jezera, hotel Internacional, russisch аkаdеmik Smirnоv, rеkа Dnеpr, rоmаn „Vоjnа i mir“, bulgarisch car Krum, sеlо Drаgаlеvci, vrâх Viхrеn. Für diese Konstruktionen gelten feste Regeln für die Serialität der Komponenten, Umstellungen sind demzufolge ausgeschlossen, vgl. (12) russ.

syn Pёtr, aber nicht *Pёtr syn

(13) kroat. otok Vis, nicht hingegen *Vis otok (14) bulg.

mахаlа Mâžleci, aber nicht Mâžleci mахаlа

In den Konstruktionen (12) bis (14) können die Komponenten innerhalb eines Satzes nur gemeinsam und nicht unabhängig voneinander bewegt werden, vgl. kroatisch, russisch und bulgarisch (13) a. otok Vis je prigodno mjesto za odmor u prirodi b. *Vis je prigodno mjesto za odmor u prirodi, otok (15) a. vsе ljubjat nаšu sоbаku Šаrikа b. *Šаrikа, vsе ljubjat nаšu sоbаku

44. Juxtaposition Spezifisch sind auch die Bedingungen für die Tilgung; in der Regel kann nur die erste, nicht hingegen die zweite Komponente getilgt werden, vgl. (16) kroat. Republika Hrvatska je samostalna država ebenso (16) a. Hrvatska je samostalna država, aber nicht b. *Republika je samostalna država Hinzuweisen ist weiterhin darauf, dass zwischen den Komponenten in der Regel Kasusidentität besteht, vgl. kroatisch ulazak u grad Zagreb, priredbe u gradu Zagrebu, stanovnici grada Zagreba, russisch v gоrоdе Mоskvе, nа rеkе Vоlgе, v gоrах Kаrpatах. Dieses Merkmal ist zwar präferent, aber nicht obligatorisch, vgl. z. B. kroatisch u nogometnom klubu „Hajduk“, predstavio je u galeriji „Vladimir Bužančić“ izložbu crteža, drama će premijerno biti izvedena u kazalištu Mala scena oder russisch v gоstinice „Mоskvа“, nа mаšinе „Vоlgа“. Mitunter liegen auch parallele Bildungen vor wie in russisch nа ulicе Тvеrskаja oder Тvеrskоj, auch nа оzеrе Bаjkаl, nа rеkе Dnерr. Appositionen weisen im Defaultfall eine syntaktisch symmetrische Struktur auf. Für eine Vielzahl der Beispiele aus 4.2 ist aber eher Asymmetrie und damit eine für die Subordination typische Relation zwischen einem Bezugsnomen als Kopf und der eigentlichen Apposition anzunehmen. Allerdings ist die Festlegung einer Komponente als Kopf vs. als eigentliche Apposition nicht in jedem Fall klar. Die Beziehungen sind variabel und reichen bis hin zur Gleichberechtigung beider Komponenten. Anders als in 4.1 ist demzufolge bei diesen Konstruktionen die Nähe zur koordinativen Strukturbildung nicht gleichermaßen gegeben. Es können zwar auch für diesen Typ Merkmale geltend gemacht werden, die für koordinative Strukturbildung sprechen. Es bestehen, allerdings restringiert, operationelle Optionen, insbesondere die der Tilgung für den Fall, dass kategorial gleichformatige Belegungen vorliegen. Dem entgegen stehen für die koordinative Strukturbildung atypische Merkmale wie die feste Abfolge der Komponenten sowie die Unmöglichkeit, sie unabhängig voneinander zu bewegen. Aus den gen. Gründen ist der syntaktische Status von Konstruktionen wie (12) bis (16) in der Linguistik bisher umstritten. Sie werden als koordinative Verknüpfung, häufiger jedoch als Modifikation eingeordnet, wobei allerdings die Subordination hochgradig schwach ist und damit wiederum die Nähe zu Koordination hergestellt wird. 4.3. P. H. Matthews (1981) stellt schließlich auch nichtrestriktive Relativsätze in den Kontext der Juxtaposition. Sie liegen dann vor, wenn mit ihnen die Extension der Bedeutung des Nomens nicht eingeschränkt wird, vgl. kroatisch/serbisch (17)

ljudi, koji su smrtni, mnoge stvari u životu ne stignu obaviti

gegenüber (17) a. ljudi, koji nisu obrazovani neće to razumjeti oder russ.

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (18)

mоj оtеc, kоtоryj mnе vsеgdа dаёt хоrоšiе sоvеty, nа ėtоt rаz ničеgо nе skаzаl a. znаkоmyе, kоtоryе mnе vsеgdа dаjut хоrоšiе sоvеty, nа ėtоt rаz ničego nе skаzаli

bzw. bulg. (19)

az pоgоvоriх sâs svоjatа prijatеlkа, kоjatо rаbоti v Mjunхеn a. аz pоgоvоriх s еdnа prijatеlkа, kоjatо rаbоti v Mjunхеn

In (17a) bis (19a) bezieht sich kroat./serb. ljudi, russ. znаkоmyе und bulg. prijatеlkа auf genau die Elemente der betreffenden Gattung, die mit dem Relativsatz genauer spezifiziert werden. In (17) bis (19) hingegen sind die entsprechenden Nomen bzw. Nominalgruppen an sich hinreichend spezifiziert und der Relativsatz trägt nichts zu ihrer Identifizierung bei. Somit erfüllen nichtrestriktive Relativsätze semantisch die Bedingungen, die eingangs für die Apposition geltend gemacht worden waren. Auch bei diesen Konstruktionen ist Ambiguität nicht auszuschließen, vgl. kroat./ serb. Beispiele wie: (20)

zahvaljujem se prijateljima koji su se odazvali

Satz (20) kann auf zweierlei Arten gelesen werden. Sind mit prijatelji alle Exemplare der Gattung identifiziert und der Relativsatz dient nur der zusätzlichen Charakterisierung, erfolgt die Einordnung als appositiv. Wenn mit dem Relativsatz hingegen der Bedeutungsumfang von prijatelji festgelegt wird, liegt ein restriktiver Relativsatz und syntaktisch ein Attribut vor. Syntaktisch weisen Relativsätze keine Merkmale einer symmetrischen Strukturbildung auf, sie sind asymmetrisch, nichtsdestotrotz ist ihre eindeutige Zuweisung zur subordinativen Strukturbildung problematisch.

5. Resümee Für das Verhältnis Juxtaposition und Koordination kann resümierend festgehalten werden, dass nicht alle Fälle von Apposition, die als klassische Repräsentanten von Juxtaposition angenommen wurden, hier einschlägig sind. Am stärksten berühren sich Juxtaposition und Koordination offensichtlich in den unter 4.1 diskutierten Konstruktionen, bedeutend geringer ist das für die Konstruktionen unter 4.2 der Fall und eher auszuschließen schließlich bei den Beispielen aus 4.3, wo die Berührung mit der subordinativen Verknüpfung prominenter erscheint. Für die Verknüpfungsart in den Beispielen aus 4.1, die ein hohes Maß an syntaktischer Parallelität mit koordinativen Verknüpfungen zeigen, ohne mit diesen hinsichtlich ihrer Interpretation identisch zu sein, bleibt die Antwort auf die Frage, ob Juxtaposition eine eigene syntaktische Relation etabliert oder ob passender von einer Spezialform der Koordination gesprochen werden sollte. In der linguistischen Literatur sind die Meinungen dazu bisher uneinheitlich und es besteht weiterer Klärungsbedarf.

44. Juxtaposition

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6. Literatur (in Auswahl) Babić, Stjepan (1986): Tvorba riječi u hrvatskom književnom jeziku. Nacrt za gramatiku. Zagreb. Bauer, Jaroslav (1972): Syntactica Slavica. Brno. Bauer, Jaroslav (1960): Vývoj českého souvětí. Praha. Bauer, Jaroslav (1959): Klasifikace souvětí. Jazykovedné štúdie IV. Bratislava. Belošapkova, V. A. (1968): „Grammatičeskaja priroda složnogo predloženija“. // Problemy sovremennoj lingvistiki. Moskva. 138⫺152. Bojadžiev, Todor/Kucarov, Ivan/Penčev, Jordan (1999): Sâvremenen bâlgarski ezik. Sofija. Burton-Roberts, Noel (1994): „Apposition“. // Asher, R. E. (ed.). The Encyclopedia of Language and Linguistics. V. 3. Oxford/New York/Seoul/Tokyo. 184⫺187, 1479⫺1480. Eisenberg, Peter (1994): Grundriss der deutschen Grammatik. Stuttgart. Fleischer, Wolfgang/Barz, Irmhild (1995): Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen. Gvozdev, A. N. (1973): Sovremennyj russkij literaturnyj jazyk. Sintaksis. T. 2. Moskva. Katičić, Radoslav (2002): Sintaksa hrvatskoga književnog jezika. Nacrt za gramatiku. Zagreb. 162⫺405. Kulagin, A. F. (1974): „Ob otnošenii bessojuznyx složnyx predloženij k kategorijam sočinenija i podčinenija“. // Filologičeskie nauki 6. 82⫺89. Kunzmann-Müller, Barbara (2002): Grammatikhandbuch des Kroatischen unter Einschluss des Serbischen. Frankfurt am Main. Lang, Ewald (1979): Semantik der koordinativen Verknüpfung. Berlin. Matthews, Peter (1981): Syntax. Cambridge. Matthews, Peter (1993): Central Concepts of Syntax. // Jacobs, Joachim/Stechow, von Arnim/ Sternefeld, Wolfgang/Vennemann, Theo (Hrsg.). Syntax: Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. 1. Hbd. Berlin/New York. 89⫺117. Orlovsky, Jozef (1971): Slovenská syntax. Bratislava. Peškovskij, A. M. (1928): Russkij sintaksis v naučnom osveščenii. Moskva. Popov, Konstantin (1979): Sâvremeni bâlgarski ezik. Sintaksa. Sofija. Pospelov, N. S. (1950): „O grammatičeskoj prirode i principax klassifikacii bessojuznyx složnyx predloženij“. // Voprosy sintaksisa sovremennogo russkogo jazyka. Moskva. 338⫺354. Pranjković, Ivo (2002): „Složene strukture bez veznika“. // Hrvatska skladnja. Zagreb. 107⫺210. Rudnev, A. G. (1968): Sintaksis sovremennogo russkogo jazyka. Moskva. Russkaja grammatika (1980): Švedova, N. Ju. (Red.). 2 toma. Moskva. Stanković, Bora (1987): „Asindetske rečenice u ruskom jeziku i nijhovi srpskohrvatski ekvivalenti“. // Južnoslovenski filolog 43. Beograd. 65⫺82. Stecenko, A. N. (1977): Istoričeskij sintaksis russkogo jazyka. Moskva. Širjaev, E. N. (1986): Bessojuznoe složnoe predloženie v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Valgina, N. S. (1978): Sintaksis sovremennogo russkogo jazyka. Moskva.

Barbara Kunzmann-Müller, Berlin (Deutschland)

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Introduction Coordinate Ellipsis NP-Ellipsis in Bulgarian Discourse Function of NP Ellipsis Conclusion Literature (selected)

Abstract This paper builds on an examination of some theoretical considerations of ellipsis, conjunct reduction and their implications for this phenomenon in Bulgarian. The principle of economy has been shown to be of utmost relevance for approaching coordinate ellipsis structures. These structures are derived in phases through the operations Copy, Match and Merge. The paper investigates also some of the general conditions on ellipsis and focuses on NP-ellipsis in Bulgarian. In terms of the deletion account, NP-ellipsis is claimed to be a consequence of a displacement operation (movement) of the DP-internal constituent NP to a Topic Phrase.

1. Introduction The linguistic researchers have been challenged by a well-known puzzle throughout the years, namely the fact that there is not one-to-one correspondence between form and meaning. In fact, a concrete sentence meaning sometimes generates a number of sentence structures that express it. These structures might vary in word order or simply differ by length: (1)

a. Včera Ivan kupi bileti za kino. yesterday Ivan buy-past-3sg tickets for cinema “Yesterday Ivan bought tickets for the cinema.” b. Ivan včera kupi bileti za kino. Ivan yesterday buy-past-3sg tickets for cinema c. Ivan kupi bileti za kino včera. Ivan buy-past-3sg tickets for cinema yesterday

(2)

a. Ivan može da sviri na piano, a Marija trjabva Ivan can-pres-3sg to-play-3sg on piano but Marija must-pres-3sg da sviri na piano. to-play-3sg on piano “Ivan can play the piano and Marija must play the piano.”

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction b. Ivan može da sviri na piano, a Marija trjabva. Ivan can-pres-3sg to-play-3sg on piano but Marija must-pres-3sg “Ivan can play the piano and Marija must” In (1) the reordering of structures is triggered by movement and discourse phenomena while in (2b) we face a case of reduction or ellipsis. More precisely, ellipsis maps a “syntactically complete” sentence into a “syntactically incomplete” one. In “The Encyclopedia of Language and Linguistics” (2nd edition, 2006) ellipsis is defined as follows: “The term ellipsis is derived from Greek élleipsis, and in modern grammatical theory most generally refers to the omission of linguistics material, structure and sound.” Examples (3) ⫺ (7) contain various types of elliptical constructions in Bulgarian. A widely accepted view of the anlysis of ellipsis has been that it resembles anaphora since the elliptical site is dependent for its interpretation on previous context, in most cases the second conjunct. (3)

a. Ivan čete kniga, a Petâr čete spisanie. Ivan read-pres-3sg book but Petuˇr read-pres-3sg magazine “Ivan reads a book and Peter reads a magazine.” b. Ivan čete kniga, a Petâr _ spisanie. (gapping) Ivan read-pres-3sg book but Petuˇr magazine “Ivan reads a book and Peter ⫺ a magazine.”

(4)

a. Ivan ne pročete knigata, a (toj) trjabvaše da pročete Ivan not-read-past-3sg book-the but he to-read-past-3sg must-past-3sg knigata book-the “Ivan didn’t read the book and (but) he had to read the book.” b. Ivan ne pročete knigata, a (toj) trjabvaše_. (Modal Phrase = MP Ivan not-read-past-3sg book-the but he must-past-3sg ellipsis) “Ivan didn’t read the book but he had to.”

(5)

a. Njakoj počuka na prozoreča, no ne znaja koj somebody knock-past-3sg on window-the but not-know-pres-1sg who počuka (na prozoreča). knock-past-3sg on window-the “Somebody knocked on the window but I don’t know who knocked (on the window).” b. Njakoj počuka na prozoreča, no ne znaja somebody knock-past-3sg on window-the but not-know-pres-1sg koj_. (sluicing) who “Somebody knocked on the window but I don’t know who.”

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (6)

a. Ivan pâtuva s avtobus i Marija pâtuva s Ivan travel-pres-3sg with bus and Marija travel-pres-3sg with avtobus suˇšto. bus too “Ivan travels by bus and Marija travels by bus too.” b. Ivan pâtuva s avtobus i Marija _ sâšto. Ivan travel-pres-3sg with bus and Marija too “Ivan travels by bus and so does Marija.”

(7)

(stripping)

a. Dâšterja mi igrae s mnogo kukli, a prijatelkata daughter my play-pres-3sg with many dolls and friend-the i igrae samo s edna kukla. her-cl play-pres-3sg only with one doll “My daughter plays with many dolls and her friend plays with only one doll.” b. Dâšterja mi igrae s mnogo kukli, a prijatelkata daughter my play-pres-3sg with many dolls and friend-the i samo s edna_. (NP ellipsis) her-poss.cl only with one “My daughter plays with many dolls and her friend ⫺ only with one.”

In (3b) the verb čete is gapped in the second conjunct which is interpreted as Petâr čete spisanie. (4b) is a case of Modal Phrase (MP) ellipsis since the complete modal phrase after the auxiliary/modal trjabvaše is absent. In (5b) the whole sentential complement to who is missing and recovered from the first conjunct. The case in (6b) is called stripping where almost everything is elided, except Marija and the focus form sâšto. The last example (7b) combines NP-ellipsis after the numeral edna with gapping of the string igrae. Considerable contribution to the analysis of VP-ellipsis, sluicing and gapping in Russian, Czech and Polish is provided in the research of Kosta (1992, 2004). The major requirement for licensing of either IP- or VP-ellipsis is claimed to be focus feature marking. There exist two major streams in the research literature whose endeavor is to answer the question whether the elision site has an internal syntactic structure or not ⫺ the delition account and the proform account. The basic idea of the deletion account (Ross 1967; Johnson 2001, 2008; Merchant 2001, 2004, 2007, 2008 among others) is that the computational system delivers the fully derived sentences to the interfaces, PF (Phonetic Form) and LF (Logical Form). At PF the redundant material is deleted but the ellipsis site contains a full-fledged syntactic structure. The proform account (Hankamer/Sag 1976; Hankamer 1979; Hardt 1993, 1999; Lobeck 1995, 1999; Williams 1977, 1984, 1986) discards the claim that unpronounced strings have syntactic representation. It is assumed instead that a null pronoun occupies the ellipsis site.

2. Coordinate Ellipsis The principle of economy is felicitously manifested in the phenomenon of coordinate ellipsis.

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction (8)

a. Ivan čeluna prijatelkata si i se naredi Ivan kiss-past-3sg girlfriend-the his-refl and self-part line up-past-3sg na opaška za kafe. in tail for coffee. “Ivan kissed his girlfriend and got in line for coffee.” b. Ivan čeluna, a Petâr obidi xubavoto momiče. Ivan kiss-past-3sg and Petuˇr insult-past-3sg beautiful-the girl “Ivan kissed and Petur insulted the beautiful girl.” c. Ivan kupi kniga, a prijatelkata mu nova roklja. Ivan buy-past-3sg book and girlfriend-the his-poss.cl new dress. “Ivan bought a book and his girlfriend ⫺ a new dress.”

Schwabe and Winkler (2003) claim that a problem for the PF-deletion analysis of coordinate ellipsis is the lack of trigger for the deletion process. The approach of Te Velde (2005) has the advantage of stating that in fact no such trigger is needed: ellipsis phenomena are a reflex of economy in derivation, i. e. the process of avoiding the realization of phonetic features renders a way to economize a derivation. It is shown there that the operations Copy and Match are crucial in generating elliptical structures like those in (8). Coordinate structures are derived in phases through Merge on the assumption that this phasal derivation utilizes active memory. Coordinate ellipsis is assumed to have two core properties: (9)

a. coordinate symmetry (or parallelism) b. derivational economy

The first property (9a), considered the most fundamental one of coordinate structures, underlies the redundancy of the structures in (8) without ellipsis. It is via symmetry that these elliptical constructions are licensed and recovered. Symmetrical operations become optimal when they pervade through all components of the grammar, namely syntax, semantics, phonetics and pragmatics. A logical consequence of the latter claim is that less optimal coordinate structures, those having fewer types of symmetries, create a greater derivational burden for the grammar. The second property (9b) stems from the regulatory mechanism of the computational component of the grammar which eliminates redundancies in the constructions in (8). The cancellation of the phonetic realization of redundant lexical items at PF is an excellent example of economy.

3. NP-Ellipsis in Bulgarian In this article some attention will be paid to NP ellipsis in Bulgarian. It will be investigated in terms of the deletion account. It will be argued that NP-ellipsis can be conceived of as a movement (or rather displacement) of the DP-internal constituent NP to a Topic position (see also Ntelitheos 2004). This operation precedes the process of phonological deletion of the displaced NP as shown in the structure:

631

632

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen

TopP

(10)

NP

DP .......

NP In (10) the NP has been displaced to the specifier of a Topic Phrase, after undergoing several remerge operations. It will be shown further that the remnant structure in the second conjunct always carries new information, i. e., it is focused. This means that after respective remerge operations, a displacement to the specifier of a nominal focus projection occurs. In this way nominal ellipsis in Bulgarian comprises two displacement operations ⫺ NP topicalization and second conjunct focalization. At the end of the derivation, a phonological deletion of the NP in the Topic position takes place as it contains redundant information already expressed through an antecedent. In the analysis advocated here, a stepwise derivation of an NP-ellipsis construction like that in (11) would look like the following: (11)

Ivan pročete dve knigi, a Marija edna kniga. Ivan read-past-3sg two books and Marija one book “Ivan read two books and Marija ⫺ one book.”

(12) a. [ForceP [TopP [FocP[TopP [DP ... [NumP edna ... [NP kniga]]]]]]] one-fem book b. [ForceP [TopP [FocP [TopP [NP kniga] [DP ... [NumP edna ... tNP]]]]]] book one-fem c. [ForceP [TopP [FocP [NumP edna ... tNP] [TopP [NP kniga] [DP ... tNumP]]]]] one-fem book d. [ForceP [TopP [FocP [NumP edna ... tNP] [TopP [NP kniga] [DP ... tNumP]]]]] one-fem book The NP kniga moves to the Spec of the immediate (local) topic projection (12b). The remnant phrase in the Spec of NumP pied-pipes this projection and moves to the Spec of an immediate focus projection (12c). This displacement apparently licenses deletion of the topicalized NP and the structure of (12d) obtains. The range of displacement operations does not influence the surface ordering of the elements within the NP since the modifier ends in a prenominal position at the end of the derivation. These operations are represented in a tree structure diagram as follows:

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction (13)

ForceP TopicP1 FocusP TopicP2

NumP ... NP +

NP

NP

DP

kniga 

edna

....

NumP t

As already mentioned above, I built my assumptions on the claim that the nominal left periphery is homogeneous to the clausal left periphery as described in Rizzi (1997). It is stated there that there are several projections related to discourse functions and information structure. The highest projection of the left periphery, Force Phrase is the one that links the respective clause to the previous discourse depending on whether the clause expresses a question or it is a declarative clause, etc. I adopt the idea for the existence of a Force Phrase in the noun phrase, its main function being also to relate the respective NP with previous discourse in the overall structure of the sentence. The Finite Phrase resides on the lower level of the clausal left periphery, the locus of finiteness. I assume that the equivalent of the Finite Phrase in the nominal domain is the determiner phrase, DP, the landing site of definite phrases. In fact, the choice of the determiner predestines the properties of the nominal system in the same way the complementizer selects the verbal domain. Finally, I assume that a recursive Topic Phrase and a Focus Phrase exist in the nominal left periphery. In Bulgarian, possessors with Genitive occur before the possessed NP: (14) a. Kaza mi, če četeš Ivanovata kniga. tell-past-2sg me-dat.cl that read-pres-2sg Ivan-poss-the book “You told me that you were reading Ivan’s book.” b. Kaza mi, če IVANOVATA kniga četeš tell-past-2sg me-dat.cl that Ivan-poss-the book read-pres-2sg (a ne Petrovata). and not Peter-poss-the “You told me that it was Ivan’s book that you were reading, not Peter’s.” (15) a. Kaza mi, če četeš tezi Ivanovi knigi. tell-past-2sg me-dat.cl that read-pres-2sg these Ivan-poss-pl books “You told me that you were reading these books of Ivan.”

633

634

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen b. Kaza mi, če TEZI Ivanovi knigi četeš tell-past-2sg me-dat.cl that these Ivan-poss-pl books read-pres-2sg (a ne onezi). and not those “You told me that it was these books of Ivan that you were reading, not those ones.” (16) a. Kaza mi, če četeš vsičkite Ivanovi knigi. tell-past-2sg me-dat.cl that read-pres-2sg all-pl-the Ivan-poss-pl books b. Kaza mi, če VSIČKITE Ivanovi knigi četeš. tell-past-2sg me-dat.cl that all-pl-the Ivan-poss-pl books read-pres-2sg If we try to insert a clausal adverbial after the focused elements and the rest of the NP, the sentences are ungrammatical: (17) a. *Kaza mi, če IVANOVATA vnimatelno kniga četeš. tell-past-2sg me-dat.cl that Ivan-poss-the carefully-adv book read-pres-2sg b. *Kaza mi, če TEZI vnimatelno Ivanovi knigi tell-past-2sg me-dat.cl that these carefully-adv Ivan-poss-pl books četeš. read-pres-2sg c. *Kaza mi, če VSIČKITE vnimatelno Ivanovi knigi tell-past-2sg me-dat.cl that all-pl-the carefully-adv Ivan-poss-pl books četeš. read-pres-2sg A closer look at examples (14b), (15b) and (16b) shows that the sequences in the brackets involve nominal ellipsis. Consequently, we derive the conclusion that the licensing condition for nominal ellipsis is contrastive focus. This is supported by the fronting of the antecedent possessor Ivanovata in (14b), the antecedent demonstrative pronoun tezi in (15b) and the antecedent quantifying phrase vsičkite in (16b). This state of affairs confirms the claim made above, namely that the remnant phrase contained in an elliptical site has been displaced to a position preceding the determiner phrase (DP), namely the specifier of a nominal Focus Phrase. Another evidence for the presence of a focus projection in the nominal domain is the fact that wh-structures can be preposed and occupy a position higher than the DP. (18) a. Kaza če kupi kniga kakva? say-past-2sg that buy-past-2sg book what “You said (that) you bought a book but what kind (of book)?” b. Kaza če kupi kakva kniga? say-past-2sg that buy-past-2sg what book “You said (that) you bought a book but what kind exactly?” c. Kakva kniga kaza če kupi? what book say-past-2sg that buy-past-2sg “What kind of book did you say you bought?”

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction d. Kakva kaza če kupi kniga? what say-past-2sg that buy-past-2sg book “By the way, what kind of book did you say you bought?” (19) a. Kaza če kupi kniga na kogo (??čija)? say-past-2sg that buy-past-2sg book to-whom whose “Who did you buy a book you said?” b. Kaza če kupi čija (na kogo) kniga? say-past-2sg that buy-past-2sg whose to-whom book “Whose book did you buy you said?” “Who did you buy a book you said?” c. Čija (na kogo) kniga kaza če kupi? whose (to-whom) book say-past-2sg that buy-past-2sg “Whose book did you say you bought?” “Who did you say you bought a book?” d. Čija (na kogo) kaza če kupi kniga? whose (to-whom) say-past-2sg that buy-past-2sg book “Whose book did you say you bought?” “Who did you say you bought a book?” In (18) and (19), the Bulgarian wh-forms kakva (na kogo, čija) undergo displacement from postnominal position in (a), through nominal left-peripheral position in (b), to the clausal left periphery in (c) and (d). As a direct consequence of the reflections above, we can derive the following structure for the left periphery of the nominal domain (see Rizzi 1997): (20)

XP TopicP TopicP TopicP Def P

Assuming the tree in (20) as the core structure of the left periphery in the nominal domain, my further claim is that the DP in example (11), repeated here as (21a), should have the structure in (21b): (21) a. Ivan pročete dve knigi, a Marija edna kniga. Ivan read-past-3sg two books and Marija one book “Ivan read two books and Marija ⫺ only one.”

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636

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen b.

XP TopicP FocusP FP2

TopP

AP

t NP NP

edna

kniga

DefP

...... FP1 TFP2

In (21b) the NP kniga moves from its base position to the specifier of the Topic Phrase. The AP in the specifier of FP2 either pied-pipes the remaining part of the projection to the Focus Phrase, or simply moves to the specifier of the same phrase.

4. Discourse Function of NP Ellipsis There is no doubt that NP-ellipsis, similar to VP-ellipsis and IP-ellipsis, fulfills particular discourse functions: (22) a. Marija xaresva tozi pevec, a Ivan onzi (pevec). Marija like-pres-3sg this singer-masc, and Ivan that singer-masc “Marija likes this singer and Ivan that one.” b. Marija prodade tri učebnika, a az kupix edin (učebnik). Marija sell-past-3sg three textbbooks and I buy-past-1sg one textbook “Marija sold three textbooks and I bought one (textbook).” In (22a) we witness a contrast of two sets of entities, while in (22b) there is denotation of a representative sample of a set introduced by the antecedent. Rooth (1992a, 1992b) tackles the conditions of parallel contrastive foci in elliptical constructions. It is observed that the parallelism between VP-ellipsis and their fully spellt but phonologically reduced counterparts is due to two factors: on the one hand, both types of structures express redundant information and on the other, redundant information licenses contrastive focus in both types of structures. Following the same line of reasoning, Mer-

45. On the Syntax of Ellipsis and Conjunct Reduction chant (2001) proposes the following constraint on the interpretation of ellipsis sites valid for both VP- and IP-ellipses: (23) Focus condition on ellipsis A constituent α can be deleted only if α is e-given where e-given is defined as follows: (24) E-givenness An expression E counts as e-given iff E has a salient antecedent A and, modulo Ǝ-type shifting, (i) A entails F-clo(E), and (ii) E entails F-clo(A) What e-given actually means is that the constituent is not focused and it has a salient antecedent in previous discourse. It is further argued that e-givenness incorporates mutual entailment requirements between the antecedent VP or IP and the respective elided VP or IP. In other words, the elided VP or IP is entailed by the antecedent ones and the antecedent VP or IP must be entailed by their elided counterparts. We can stipulate that similar conditions apply for the nominal domain. Giannakidou and Stavrou (1999) formulate a Contrast Condition on Nominal Ellipsis: (25) Contrast Condition on Nominal Ellipsis A nominal subconstituent α can be elided in constituent β only if the remnant of β is not identical to the corresponding part of the antecedent γ of α. Let us regard the following examples: (26) a. Marija kupi [ZELENATA] bluza, a Nadja [ČERVENATA] Marija buy-past-3sg green-fem-the blouse and Nadja red-fem-the (bluza). blouse “It was the green blouse that Marija bought and the red one that Nadja bought.” b. ?? Marija kupi zelenata bluza, a Nadja červenata Marija buy-past-3sg green-fem-the blouse and Nadja red-fem-the (bluza). blouse (27) a. Ivan xaresva časovete po [RUSKI], a Petâr časovete Ivan like-pres-3sg lesson-pl-the in Russian and Petâr lesson-pl-the po [POLSKI]. in Polish “Ivan likes the Russian lessons while Petâr ⫺ the Polish ones.” b. ?? Ivan xaresva časovete po ruski, a Petâr časovete Ivan like-pres-3sg lesson-pl-the in Russian and Petâr lesson-pl-the po polski. in Polish

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638

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen The examples in (26a) and (27a) are grammatical because the second modifier contrasts with the one in the antecedent phrase. In the respective (b) sentences both modifiers are uniform, consequently the Contrast Condition on Nominal Ellipsis (25) does not apply and this results in ungrammaticality.

5. Conclusion This paper has been aimed as an overview of the theoretical assumptions underlying ellipsis, conjunct reduction and their implications for this phenomenon in Bulgarian. The principle of economy has been claimed to be of crucial importance for analyzing coordinate ellipsis. Elliptical structures are derived in phases through the operations Copy, Match and Merge. The paper examines further some of the general conditions on ellipsis and concentrates on NP-ellipsis in Bulgarian. The deletion approach is taken to be successful in tackling these issues. In more precise terms, NP-ellipsis is claimed to be a consequence of a displacement operation (movement) of the DP-internal constituent NP to a Topic Phrase.

6. Literature (selected) Brown, Keith (ed.) (2006): Encyclopedia of Language and Linguistics. 2.ed. Amsterdam. Giannakidou, Anastasia/Stavrou, Melita (1999): “Nominalization and Ellipsis in the Greek DP”. // The Linguistic Review 16/4. 97⫺132. Giannakidou, Anastasia/Rathert, Monika (eds.) (To appear): “Quantification, Definiteness, and Nominalization”. Oxford. Hankamer, Jorge (1979): Deletion in Coordinate Structures. New York. Hankamer, Jorge/Sag, Ivan (1976): “Deep and Surface Anaphora”. // Lingistic Inquiry 7. 391⫺428. Hardt, Daniel (1993): Verb Phrase Ellipsis: Form, Meaning, and Processing. PhD dissertation. University of Pennsylvania. Hardt, Daniel (1999): “Dynamic Interpretation of Verb Phrase Ellipsis”. // Linguistics and Philosophy 22. 185⫺219. Johnson, Kyle (2001): “What VP ellipsis can do, what it can’t, but not why”. // Baltin, Mark/ Collins, Chris (eds.). The Handbook of Contemporary Syntactic Theory. Malden. 59⫺82. Johnson, Kyle (2008): “Gapping is not (VP) Ellipsis”. To appear in Linguistic Inquiry. Paper presented at the Ellipsis Workshop at UC, Berkeley. Kosta, Peter (1992): Leere Kategorien in den nordslavischen Sprachen. Zur Analyse leerer Subjekte und Objekte in der Rektions-Bindungs-Theorie. Unveröff. Habilitationsschrift. Johann Wolfgang Goethe-Universität. Frankfurt am Main. (Online: http//www.uni-potsdam.de/u/slavistik/ wsw/habil.htm). Kosta, Peter (2004): “Syntax ticha (VP-elipsa/gapping a IP-elipsa/sluicing) v češtině a angličtině, aneb: jak získat a teoreticky popsat něco, co není viditelné v korpusu?” // Karlík, Petr (ed.). Korpus jako zdroj dat o češtině. Brno. 11⫺27. Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (2007): “The Focus Feature Revisited”. // Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (eds.). Linguistic Investigations into Formal Description of Slavic Languages. Frankfurt am Main. 245⫺266. Lobeck, Anne (1995): Ellipsis: Functional Heads, Licensing, and Identification. Oxford.

46. Sentence Equivalents

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Lobeck, Anne (1999): “VP Ellipsis and the Minimalist Program: Some Speculations and Proposals”. // Lappin, Shalom/Benmamoun, Elabbas (eds.). Fragments: Studies in Ellipsis and Gapping. Oxford. 98⫺123. Merchant, Jason (2001): The Syntax of Silence. Oxford. Merchant, Jason (2004): “Fragments and Ellipsis”. // Linguistics and Philosophy 27. 661⫺738. Merchant, Jason (2007): Voice and Ellipsis. Ms. University of Chicago. Merchant, Jason (2008): Three Kinds of Ellipsis: Syntactic, semantic, pragmatic? Ms. University of Chicago. Ntelitheos, Dimitrios (2004): Syntax of Elliptical and Discontinuous Nominals. Ms. University of California Los Angeles. Rizzi, Luigi (1997): “The Fine Structure of the Left Periphery”. // Haegeman, Liliane (ed.). Elements of Grammar. Handbook of Generative Syntax. Dordrecht. 281⫺337. Rooth, Mats (1992a): “Ellipsis Redundancy and Reduction Redundancy”. // Berman, Steve/Hestvik, Arild (eds.). Proceedings of the Stuttgarter Ellipsis Workshop. Arbeitspapiere des Sonderforschungsbereichs 340/29. Rooth, Mats (1992b): “A Theory of Focus Interpretation”. // Natural Language Semantics I. 75⫺ 116. Ross, John (1967): Constraints on Variables in Syntax. PhD thesis. Schwabe, Kerstin/Winkler, Susanne (2003): “Exploring the Interfaces from the Perspective of Omitted Structures”. // Schwabe, Kerstin/Winkler, Susanne (eds.). The Interfaces. Deriving and Interpreting Omitted Structures. Amsterdam. 1⫺26. Velde, John te (2005): Deriving Coordinate Symmetries. Amsterdam. Williams, Edwin (1977): “Discourse and Logical Form”. // Linguistic Inquiry 8. 103⫺139. Williams, Edwin (1984): “There-Insertion”. // Linguistic Inquiry 15. 131⫺153. Williams, Edwin (1986): “A Reassignment of the Functions of LF”. // Linguistic Inquiry 17. 265⫺299.

Lilia Schürcks, Potsdam (Germany)

46. Sentence Equivalents 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Terms and Notions Communicative Competence Pragmatic Conditioning Systemic Description Centre and Periphery of the Syntactic Subsystem Semiotic Complement Quantitative Data Literature (selected)

Abstract When analyzing Czech texts from the viewpoint of the language [langue] ⫺ utterance [parole] distinction, the syntactic units in these texts can be considered being more or less complete and context-free, corresponding to the Czech term větný vzorec [sentence

46. Sentence Equivalents

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Lobeck, Anne (1999): “VP Ellipsis and the Minimalist Program: Some Speculations and Proposals”. // Lappin, Shalom/Benmamoun, Elabbas (eds.). Fragments: Studies in Ellipsis and Gapping. Oxford. 98⫺123. Merchant, Jason (2001): The Syntax of Silence. Oxford. Merchant, Jason (2004): “Fragments and Ellipsis”. // Linguistics and Philosophy 27. 661⫺738. Merchant, Jason (2007): Voice and Ellipsis. Ms. University of Chicago. Merchant, Jason (2008): Three Kinds of Ellipsis: Syntactic, semantic, pragmatic? Ms. University of Chicago. Ntelitheos, Dimitrios (2004): Syntax of Elliptical and Discontinuous Nominals. Ms. University of California Los Angeles. Rizzi, Luigi (1997): “The Fine Structure of the Left Periphery”. // Haegeman, Liliane (ed.). Elements of Grammar. Handbook of Generative Syntax. Dordrecht. 281⫺337. Rooth, Mats (1992a): “Ellipsis Redundancy and Reduction Redundancy”. // Berman, Steve/Hestvik, Arild (eds.). Proceedings of the Stuttgarter Ellipsis Workshop. Arbeitspapiere des Sonderforschungsbereichs 340/29. Rooth, Mats (1992b): “A Theory of Focus Interpretation”. // Natural Language Semantics I. 75⫺ 116. Ross, John (1967): Constraints on Variables in Syntax. PhD thesis. Schwabe, Kerstin/Winkler, Susanne (2003): “Exploring the Interfaces from the Perspective of Omitted Structures”. // Schwabe, Kerstin/Winkler, Susanne (eds.). The Interfaces. Deriving and Interpreting Omitted Structures. Amsterdam. 1⫺26. Velde, John te (2005): Deriving Coordinate Symmetries. Amsterdam. Williams, Edwin (1977): “Discourse and Logical Form”. // Linguistic Inquiry 8. 103⫺139. Williams, Edwin (1984): “There-Insertion”. // Linguistic Inquiry 15. 131⫺153. Williams, Edwin (1986): “A Reassignment of the Functions of LF”. // Linguistic Inquiry 17. 265⫺299.

Lilia Schürcks, Potsdam (Germany)

46. Sentence Equivalents 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Terms and Notions Communicative Competence Pragmatic Conditioning Systemic Description Centre and Periphery of the Syntactic Subsystem Semiotic Complement Quantitative Data Literature (selected)

Abstract When analyzing Czech texts from the viewpoint of the language [langue] ⫺ utterance [parole] distinction, the syntactic units in these texts can be considered being more or less complete and context-free, corresponding to the Czech term větný vzorec [sentence

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VIII. Der komplexe Satz im Slavischen pattern]. The utterances are parallel structures to sentence patterns thanks to the semiotic participation of the context and the situation in their structure and realization. They are functionally equivalent to sentence patterns and therefore the term sentence equivalents (SEs) is used for their description.

1. Terms and Notions When analysing Czech texts from the viewpoint of the “la langue [language] ⫺ la parole [utterance]” distinction, it can be easily proved, that the syntactic units found in these texts are more, or less approaching the ideal, complete and context-free “language” syntactic unit, strictly terminologically labelled as sentence/sentence pattern [the corresponding Czech terms are věta and větný vzorec]. We will use the terms sentence, sentence pattern as stylistic terminological variants of the same notion. The term sentence pattern (further SP) will be used to express the systemic language characteristic features of the unit. The same distinction enables us to describe syntactic units different from the ideal and complete sentence pattern as utterances [the corresponding Czech term is výpovědi]. The utterances are parallel structures to sentence pattern due to the semiotic participation of the context and the consituation in their structure and realisation. The participation results in a deviation (omission of constitutive parts, crippled and cursory realization of the structure) from the ideal sentence patterns. The logical conclusion is that these structures do not reach the level of sentences structurally, but they reach the sentence degree functionally [Čechová et al., 1998, 228]. They are functionally equivalent to sentence patterns, and therefore the term sentence equivalents (SEs) will be used for their description. This way of interpreting these structures is in agreement with other concepts like the ideal speaker/hearer, the context-free unit, language competence, but is in collision with communicative competence. Therefore the aim of our description is to number sentence equivalent patterns (SEP) that are obligatory from the viewpoint of communicative competence.

2. Communicative Competence The mastering of sentence equivalents can demonstrate advanced knowledge of mother tongue (L1), and especially of foreign languages (L2, L3, …, Ln). Their use is dominated by rules of the highest complexity and cooperation, as will be described in 3.1 (by the maxim of quantity, the maxim of relevance and mostly by the maxim of manner). Sentence equivalents are as obligatory from the viewpoint of communicative competence in a concrete speech act, as sentence patterns are obligatory in the concrete language system from the viewpoint of the language ⫺ utterance distinction.

3. Pragmatic Conditioning The principle of cooperation is available here, that can explicate the communicative competence in a more comprehensive way. The communicative cooperation expressed

46. Sentence Equivalents by Grice’s conversational maxims governs the usage of sentence equivalents especially according to three of four maxims: the maxim of quantity, the maxim of relevance, and the maxim of manner. (a) The maxim of quantity accommodates the number of words used in sentence equivalents in the communicative event to its lowest necessary number. It is the cooperation backed by this maxim that reduces a statement to sentence equivalent pattern quantitatively sufficient and conventional by communicative competence. (b) The maxim of relevance covers the familiar information in the communication event and forces to express only the information additional to the familiar one. The automation of such communication events is the second source for sentence equivalent patterns. (c) The strongest source for the constitution of sentence equivalent patterns is the maxim of manner. It is the maxim of manner that makes sentence equivalents obligatory in concrete communicative situations and that transforms possible use of more sophisticated structures into the disobedience of communicative competence [Karlík/Nekula/Pleskalová 2002, 121].

4. Systemic Description It is possible to describe sentence equivalents as independent language units with their own sentence equivalent pattern. This descriptive mode and decision is not contraempirical, because it corresponds with language learning and mastering (cf. 5.1) by native speakers of the Czech language, as well as corresponding with the explanation principle to develop the description from less complicated to more complicated structures. Nevertheless the notation of the description of sentence equivalents is based on Czech sentences and their sentence patterns. We consider the sentence’s description as the reliable presupposition of the sentence equivalents description. Thus we begin by describing sentence equivalents as the structures derived from sentences by means of the potentialisation of parts of their sentence pattern (maxim of relevance and other maxims) until this mode of interpretation is possible. This method of description covers over one third of sentence equivalent structures. The rest are structures quite independent, typical for communicative interaction, or for fictive presentation of such interaction (literature, fiction).

4.1. Constatation units: Sentence equivalents with the function of a statement A structurally and functionally complete statement is expressed by a sentence, a syntactical unit with complete sentence pattern, e.g. with fully realised valency and intention potential. Sentence equivalents based on it, or derived from statements are communicatively ambiguous. In some cases they must be interpreted as an actual or systemic ellipsis, as the result of elision. In less frequent cases they must be interpreted as independent units, as the only possible means of expression in the concrete communication event, completely governed by communicative competence. It is still possible

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642

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen to explain them as modifications of sentence patterns. There are two main means of modification of a sentence pattern resulting in sentence equivalent: (a) potentialisation of a predicate (Vf) in the sentence pattern. The omission or elision of Vf is more usual in the case of predicates which are semantically very empty, than by semantically rich and colourful predicates. (b) potentialisation of a complement in the sentence pattern. The omission starts by Subject accusative, continues over Subject dative, Subject instrumental, Subject locative. At the end of this process is an isolated expression of adverbial time, space, cause, or mood. The potentialisation of predicates is a process starting with elliptical constructions and ending in quite independent constructions based on sentence equivalent patterns (SEPs). The criteria for distinction between an ellipsis and a sentence equivalent pattern are different and multidimensional (cf. the text dealing with ellipsis). We believe, that the decisive criterion, considered to be a constitutional one, is the markedness, or unmarkedness of a sentence equivalent in a concrete communicative situation. This means, that communicative competence (communicative norms) can show us, whether either the sentence equivalent, or the complete and ideal sentence pattern, can be considered as a marked, or unmarked structure in the context under examination. If only the structure of a sentence equivalent, completed up to the ideal form of the sentence pattern, is marked in the context under examination, then the sentence equivalent is not an elliptical structure, and then it deserves to be described as an independent unit with the “la langue” [language] status. Such a structure has its own sentence equivalent pattern. It is clear, that the differentiation is very narrow one, and that the systemic criteria (to be mentioned in 4.1.1, 4.1.2, 4.1.3) are dominated by communicative competence.

4.1.1. Potentialisation of a predicate in the identification proposition SEP: Snom (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)

Poliklinika Potraviny Nádraží Praha-střed Osudy dobrého vojáka Švejka Nezbedné pověsti Jiří Novák Radimovická ulice

This type of structure can be derived from the sentence pattern: Subject nominative ⫺ Vf ⫺ Subject nominative by the elision of Subject nominative ⫺ Vf [Vf = být/nazývat se], but the completion of this structure to a context-free sentence pattern is as easy, as it is communicatively unusual. The communicative norm is very strong, because it is not without a definite sanction to write instead (2) something like Tato budova je obchod potravinami. V této budově se prodávají potraviny ‘This building is a shop with food.’, or ‘This is the building, where the food is sold.’, or instead (4) something like Tuto knihu, která se nazývá Osudy dobrého vojáka Švejka, napsal Jaroslav Hašek. ‘This

46. Sentence Equivalents book, which is called Osudy dobrého vojáka Švejka, was written by Jaroslav Hašek.’ A comparable situation occurs with names on the identification cards on flat doors (6), or street names on corners (7).

4.1.2. Potentialisation of a predicate in the qualification proposition SEP: Snom, Adj, Adv (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20)

Hloupost. Nádhera. Nesmysl. Vynikající člověk. Chytrák. Pěkné. Velmi zajímavé. Ne zcela zanedbatelné. Okouzlující. Dobře. Špatně. Marně. Trvale neúspěšně.

The means of omission is comparable to 1.4.1, but in evaluating structures the result is an independent complement represented by Subject nominative/adjective/adverb. After the elision of Subject nominative ⫺ Vf the remaining parts of the sentence pattern: Subject nominative ⫺ Vf ⫺ subject nominative/Adjective/Adverb undergo the same test that reveals whether they are marked, or unmarked in the communicative event. The complete and context-free interpretation is This phenomenon is [Tento fenomén je] subject nominative idiot [hlupák], adjective stupid [hloupý], or that, what have you said, is subject nominative nonsense [nesmysl], adjective not necessary [zbytečné], It was said/done adverb thoroughly [důkladně]. The examples (8)⫺(20) are common realisations of this sentence equivalent pattern. If we compare 4.1.1 and 4.1.2, then there is a minimal, but noticeable difference in the background semantic presence of subject nominative ⫺ Vf in the structures. It is stronger in 4.1.2, than in 4.1.1, and therefore these structures are a step nearer to ellipses than to sentence equivalents. Utterances like (19) and (20) presuppose a concrete semantic specification of Vf, and therefore the explicit presence of its meaning in the structure of a sentence equivalent is not so marked as in 4.1.1. The communicative competence allows both interpretations, as a sentence equivalent pattern or as an ellipsis.

4.1.3. Potentialisation of a predicate in the descriptive propositions SEP: Sgen, Sdat, Sloc, Sinstr (21) Bez uznání. (22) Mé manželce a dcerce Julince.

643

644

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (23) (24) (25) (26) (27)

Milovanému učiteli. Neznámému vojínu. 0 neposlušnych kůzlátkách. 0 hraběti a bílém jelenu. Parníkem na Zbraslav.

Examples (21)⫺(27) represent structures that can be interpreted as ellipses derived form ideal sentence patterns, or as structures representing independent sentence equivalent patterns. The criterion to decide is the communicative competence and the necessary presence of the meaning of the predicate the structure. sentence equivalent pattern subject genitive (21) is ambiguous in the sense, that there are contexts where the meaning of the predicate is necessarily present, in which it is nearer to ellipsis, and there are contexts, where its presence is redundant. The position of sentence equivalent pattern subject dative (22)⫺(24) is much stronger thanks to the traditional places where it appears (at the beginning of books, on special cards etc.) Also sentence equivalent pattern subject locative (25)⫺(26) holds a comparable position, because the common predicates to speak, to write, inferred into the structure, are considered to be semantically empty. On the contrary sentence equivalent pattern subject instrumental (27) is nearer to ellipsis.

4.1.4. Thetic propositions SEP: Snom, Vf (28) (29) (30) (31) (32) (33)

Bouračka. Prší. Telefon. Nezamknuté dveře. Stůl, dvě židle, šálek nedopité kávy, hořící cigareta. Mrzne.

The aim of communication is not necessarily the structural description of relations within the sentence pattern. Sometimes it is only an indication of an object, or an action. Traditionally this type of structure is called a thetic sentence and it is expressed via sentence equivalent pattern subject nominative (nominating nominative) or via sentence equivalent pattern Vf (3rd person of singular). These thetic sentence equivalents (28)⫺(33) are used in the special communicative situation of deixis, when the relation to the hearer is not specified and the object, phenomenon, or situation is only named.

4.2. Interactive units: sentence equivalents with imperative and interrogative communicative function The full sentence equivalent status of these structures is without doubt. These sentence equivalents are the only possible choice from the communicative competence criterion. The direct interaction between or among the speaker and hearer/s is a constitutional

46. Sentence Equivalents condition for their use, just as their use can be conditioned by the different social status of the participants in interaction.

4.2.1. Direct requests and commands SEP: Sacc!, Inf!, Adv! Interj! (34) (35) (36) (37) (38) (39) (40) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47)

Vodu! Pivo! Dvakrát vuřty! Světlo! Zpáteční do Berouna! Pozor! Pohov! Dozpívat! Mlčet! Makat! Zastavit, stát! Čelem vzad! Přískoky vpřed! K zemi! Zpět! Hop! Prr!

All these sentence equivalents have the function of influencing directly the non-language (sometimes language) behaviour of the hearer/s. Their intonation is distinct and their conditions of use are clearly limited. All the examples represent a communicative situation, when the social status of the speaker is higher than the social status of the hearer/s. Examples (34)⫺(37) show the dominant status of a purchaser with regard to a publican, shop assistant, or railway station assistant. Examples (38)⫺(44) represent an asymmetrical relation between a commanding officer and a combatant, or a boss and a member of staff. So it can be described as I, the speaker, have the right to order you, or to ask you (to bring me beer, to sell me a return ticket) etc. The situation is more complicated with the sentence equivalent pattern Infinitive! in which the infinitive form has an explicit meaning I order you (to be silent)! and this sentence equivalent pattern can be easily replaced by sentence pattern Vimper! Be silent! [Mlč!, Mlčte!] On the contrary it is impossible to change this form in military orders, it is obligatory and the only possible choice. sentence equivalent pattern Adverb! Interjection! (45)⫺(47) represent communication amid human beings and animals.

4.2.2. Questions SEP: Snom?, Adj?, Pron?, Num?, Adv?, Praep?, Conj?, Part? (48) (49) (50) (51)

Vítězství? Nepříjemnosti? Radost? Zuby?

645

646

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (52) (53) (54) (55) (56) (57) (58) (59) (60) (61) (62) (63) (64) (65)

Spalničky? Hloupé? Nepříjemné? Zarážející? Onu? Tento? Tolik? Čtyři? Špatně? Dávno? Proti? A proto? Ano? Ne?

Sentence equivalents, in which the speaker expects a language reaction of the hearer are purely interactive. The speaker wants to reassure, to facilitate, or to deny his/her statement. The characteristic feature of such sentence equivalents is the typical intonation of a question. These structures (48)⫺(65) are common in highly cooperative communicative situations, when the speaker and the hearer react not only to language, but even to non-language semiosis. The relevant reaction to these sentence equivalents is an answer represented either by a sentence equivalent, or by a sentence. This fact is the reason why question and answer together are considered to be a unit of their own, and why the question is pragmatically presupposed to be part of an answer. An alternative point of view might consider the answer as an independent unit thanks to the change of the role of speaker. The answer, mostly represented by a sentence equivalent, is then a semantically independent unit classified as the interactive unit.

4.3. Semi-interactive units: Sentence equivalents with a contact function A semi-interactive function is connected with those utterances, which ⫺ on the one hand ⫺ ask for interaction, and ⫺ on the other hand ⫺ either limit the interaction to the highly conventional, or restrict it slightly by the structure of the communicative situation. Greetings, wishes, and comparable utterances with the dominant phatique function are the first rich group of sentence equivalents with a semi-interactive function. Addressing people and the characterisation connected with addressing them is the second group of semi-interactive sentence equivalents. Highly emotional comments with a prevailing contact function are the third group of semi-interactive sentence equivalents.

4.3.1. Greetings SEP: Sacc, Adv (66) Dobré ráno. (67) Dobrý den.

46. Sentence Equivalents (68) (69) (70) (71) (72)

Dobré odpoledne. Dobrý večer. Dobrou noc. Na shledanou. Sbohem.

Greetings are prototypical semi-interactive structures. They ask for a reaction, but the reaction is limited to the repetition of the same structure. To use another, or enriched structure when answering greetings oversteps social convention. (66)⫺(72). The illocutionary force of these greetings is explicitly: I wish you …, and affirm that we are in good social relations.

4.3.2. Conventional wishes SEP: Sacc (73) (74) (75) (76) (77) (78)

Šťastnou cestu. Hodně úspěchů. Mnoho štěstí. Pěkné počasí. Příznivý vítr. Hodnou tchýni.

Conventional wishes are closely connected with greetings (73)⫺(78). Their function is practically the same. Only the answer has more variants ⫺ not only the repetition of the same words, but also phrases like: Vám také. I vám, ‘You too., And you too.’ and possibly Děkuji. ‘Thank you.’.

4.3.3. Addressing SEP: Svoc! Snom! (79) (80) (81) (82) (83) (84)

Karle! Pane Novák! Azore! Felixi! Praho! Noci májová!

Sentence equivalents are also used to make contact with the hearer. Their semi-interactive function is based on getting attention that can be described as: I wish you to know that my next utterance, or behaviour is addressed to you. The sentence equivalent pattern for structures with this function in standard Czech is Subject vocative!, in spoken Czech Subject nominative! is also possible, together, or instead of Subject vocative! (80), both with an exclamatory intonation. These structures originally used for persons

647

648

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen (79)⫺(80) or animals (81)⫺(82) allow metaphorical transpositions in which the natural phenomena are personified (83)⫺(84). (85) (86) (87) (88) (89) (90) (91) (92) (93) (94) (95) (96)

Vy zádumčivé, vznešené, jihočeské rybníky! Hynku, Viléme, Jarmilo! Františku Čermáku, studente nehodný! Ty, Karle! Hej, Karle! Hoj, ty štědrý večere! Hola, pane! Prokristapána, maminko! Mistře! Lakomče! Kluku pitomá! Osle!

These sentence equivalent patterns also allow adnex (85), coordination (86), and adordination (87). The contact function can be strengthened by a deictic pronoun (88), or by an interjection (89)⫺(92) in apposition to the noun. The usage of nouns that function as semantic predicates (93)⫺(96) characterizing the person being contacted is not excluded.

4.3.4. Emotional expressions SEP:

Interj!

(97) (98) (99) (100) (101) (102)

Aáách, och, achich! Fuj! Brr! Hm! Au! Tsche!

There is a very heterogeneous group of semi-interactive sentence equivalents, that serve an expressive function. The central means for expressing an emotionally marked state of mind is an interjection, the part of speech sometimes characterized as independent language. Sentence equivalents expressed by interjections represent completely independent sentence equivalent patterns. The description of these structures is more connected with their sometimes ambiguous lexical meaning, than with their syntactic position. There is no syntactic problem with their usage (97)⫺(102). (103) (104) (105) (106) (107)

Jé, podivil se Karel. Fuj! To jsem se lekla! Brr! to je zima! Proboha! Ježíši!

46. Sentence Equivalents (108) (109) (110) (111)

Panenko skákavá! Sakra! Těch lidí! Taková výhra!

The lexical ambiguity of interjections is sometimes eliminated by the interpreting clause, accompanying the sentence equivalent (103)⫺(105). Interjection-like expressions have the same expressive function (106)⫺(111).

5. Centre and Periphery of the Syntactic Subsystem A systemic description of sentence equivalents stimulates the question, whether they are in the centre of the syntactic subsystem, or whether they are phenomena typical for its periphery. The answer is not simple and not without uncertainties. From the purely synchronic point of view sentence equivalents are on the periphery of the syntactic subsystem, their communicative function is limited and their existence is conditioned by communicative competence (especially by the cooperative maxims of quantity and of manner). Nevertheless when taking into account the synchronic dynamism of the syntactic subsystem, sentence equivalents represent syntactic structures of very early origin, formally in the centre of the syntactic subsystem (the so-called holophrastic period of language acquisition) that has been decentred, gradually replaced by sentence patterns from the centre of the language system during the period of learning and mastering language code. The holophrastic period means, that the user of language is skilled in relating to very near time and space and his/her utterances are governed by the principle of centration, i. e. everything being communicated is directly related to him/her. The communicative (Darstellung) function of language units is almost excluded. Following further development, the principle of centration is gradually replaced by the principle of predication, by the ability to achieve more distant time and space, and by ability to de-centrate himself/herself by communicative (predicative) units. So sentence equivalents are not only peripheral structures of the syntactic subsystem of the Czech language, but also the earliest and commonly mastered structures of the syntactic subsystem. Sentence equivalent patterns stand in syntactic presupposition to mastering sentence patterns and they are a “conditio sine qua non” through which the existence of the syntactic subsystem comes to reality. Sentence equivalent patterns persist in the syntactic subsystem as its peripheral component with a high degree of dynamic potential.

6. Semiotic Complement Sentence equivalents are communicatively marked units of the syntactic subsystem of the Czech language. Their markedness can be connected with the obligatory context and con-situation in which they appear. There is a specific context and con-situation that can be described as standard semiotic conditions, in which sentence equivalents are the only possible means of expression. Let us generally consider this context and

649

650

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen con-situation as a semiotic complement to the sentence equivalents. We will try to enumerate the semiotic conditions, in which sentence equivalents are usually found. 6.1. If we follow the parameter of distance between or among communicating persons (proxemic conditions), then it is possible to postulate a general tendency: the nearer the speaker and the hearer are to each other, the more frequently sentence equivalents appear. This means, that communicative actions include sentence equivalents in the intimacy and personal sphere, other proxemic types, such as the official, or social sphere almost exclude them. The proxemic complement is even stronger, when it is accompanied by the haptic and olphactoric complement. Special forms of touching and smelling between or among speaker/s and hearer/s make sentence equivalents much more frequent or even preferential structures of expression. Sentence equivalents like (48), (50), (88), (93), (99) etc. are within the reach of these semiotic complements. 6.2. There are gestures and mimic complements even more important than the complements described in 6.1. in connection with sentence equivalents. These are the conventional signs built on the mimic muscles of the face, or the semiotic possibilities of the upper part of the body, which make sentence equivalents more explicit or appropriate in the communicative situation. Examples (95), (96) are more explicit when they are accompanied by the clapping of the forehead of the speaker, examples (98), (99) when the upper part of the body is shaking and the mimic muscles express disgust. (108) is more appropriate when the speaker opens his hands, and (110) more accurate, when his left, or right hand copies the horizon. Thetic sentence equivalents are accompanied by pointing, evaluating sentence equivalents with mimics. It is important to mention, that these gestures, mimics, touches, smells and other signs accompany sentence equivalents, rather than sentence equivalents accompanying these signs. The dominance of language signs is proven for the Czech language.

7. Quantitative Data Quantitative data can show the importance of sentence equivalents as a means of the syntactic substructure with regard to their frequency. The data come from research stressing two sets of criteria: (a) Parts of speech, (b) the traditional Prague classification of functional styles. In agreement with the study of functional styles, and in agreement with its further elaboration we followed the distinction between the fiction style [styl umělecký], and the so-called non-fiction style [styl věcný] in producing the quantitative analysis in general, and the quantification of sentence equivalents in particular. The non-fiction style as an umbrella term unifies three traditional styles: the scientific style [odborný styl], the journalistic style [publicistický styl], and the administrative style [administrativní styl]. 7.1. The corpus of non-fiction style is based on 540 000 words [Těšitelová 1992, Těšitelová et al. 1985]. Analysing this corpus gave a distribution of the Czech sentence equivalent at the end of 20th century as follows:

46. Sentence Equivalents Tab. 46.1: Non-fiction style SEP

%

Snom

75

Adj

1

Interj



Part



Svoc



Adv

7

Inf Pron Suma

16 1 100

As expected, the sentence equivalent pattern Subject nominative is the most frequent in the non-fiction style. The sentence equivalent pattern Subject nominative is predominant in the administrative style (over 50%), and is comparatively present in the scientific style, and the journalistic style (both the styles round by 25%). The sentence equivalent pattern Infinitive also has a significant frequency in the non-fiction style. It is mostly valid for the administrative style and the journalistic style, in which this sentence equivalent pattern replaces the finite forms (in the imperative). It allows the expression of need, advice, necessity, deliberation, etc. in a more semantically differentiated form. 7.2. A more significant differentiated distribution of singular sentence equivalent pattern frequency can be found in the fiction style, as presented in the Table 7.2, based on a corpus of 3 000 words from 20th century literature: Tab. 46.2: Fiction Style SEP

%

Snom

25

Adj

2

Interj

18

Part



Svoc

28

Adv

24

Inf Pron Suma

3 ⫺ 100

As is obvious, the distribution of sentence equivalent pattern frequencies in the fiction style is far more proportional, than it was in the non-fiction style. The most affected are the sentence equivalent pattern Subject vocative (relatively most frequent ⫺ 28%), but also the sentence equivalent pattern Subject nominative (25%), the sentence

651

652

VIII. Der komplexe Satz im Slavischen equivalent pattern Adverb (24%), and the sentence equivalent pattern Interjection (18%). If we leave aside the special position of the vocative in the Czech language, and if we follow the criterion of parts of speech, then nominal sentence equivalents hold over 55% of the frequency (cf. above). The pilot research on the fiction style at the beginning of 21st century (two novels with a choice of 3 000 words, Těšitelová, 2000) shows a tendency to the higher frequency of sentence equivalents with the sentence equivalent pattern Participle (48% and 40%). This tendency correlates with the constitution of interjections as a relatively new part of speech in the Czech language at the end of 20th century. Otherwise the sentence equivalent pattern Subject nominative (30% and 25%) is significant. The number of sentence equivalent pattern Subject vocative and Interjection is lower, because their functional usage converts to sentence equivalent pattern Participle in contemporary Czech. Quantitative analysis proved, that sentence equivalents are vivid language means, the function of which is influenced by the parts of speech character of the sentence equivalent pattern, and by the position of sentence equivalents in the texts of contemporary Czech. 7.3. A special position among sentence equivalents belongs to equivalents based on the sentence equivalent pattern Vf, denoting mostly natural phenomena. They are numbered among the earliest zones of the syntactical subsystem. They are represented by structures like Prší. Mrzne. Zasáhlo ho bleskem. Urodilo se, or in the verb-nominal phrase Je zataženo. Bylo pod mrakem. etc. (The English translation is structurally different: It is raining. It is cloudy.) As far as the non-fictional style is concerned, the sentence equivalent pattern Vf can be found mostly in the scientific style (53%), and the journalistic style (27%), it even has a relatively high frequency in the administrative style (around 11%). These data are marked in comparison with the fiction style, in which this type of sentence equivalent pattern is not so frequent in context. There is even a strong tendency connected with this sentence equivalent pattern: to transform it into a regular sentence pattern. In the journalistic style, mostly in spoken TV and radio speech, structures like Bude zataženo. are transformed into Obloha bude zatažená. Den bude podmračený. This type of transformation is frequent and the explanation can be found in avoiding the frequent repetition of short syntactic structures sentence equivalent pattern Vf. On the contrary, it is possible to find rare and interesting transformations of sentence equivalent pattern Vf in the fiction style. Structures like Prší. Sněží. are transformed into Prším. (pop-music band Kryštof), Sněžím. (P. Kohout). It can be explained as the reliable poetisation of Vf with a special meaning in the text. Nevertheless non-verbal sentence equivalent patterns are a vivid part of contemporary Czech, as has been demonstrated above. [The problem of quantification is complicated by defining the unit of sampling, e.g to differentiate it from the independent parcelate, subject, or object etc.]

8. Literature (selected) Čechová, Marie et al. (1996): Čeština, řeč a jazyk. Praha. Havránek, Bohuslav/Jedlička, Alois (1955): Stručná mluvnice česká. Praha.

46. Sentence Equivalents

653

Karlík, Petr/Nekula, Marek/Pleskalová, Jana. (eds.) (2002): Encyklopedický slovník češtiny. Kol. Autorů (1995): Příruční mluvnice češtiny. Praha. Mrázek, Roman (1956): “K jednočlenným větám slovesným.” // Kapitoly ze srovnávací mluvnice ruské a české. Praha. 7⫺79. Šmilauer, Vladimír. 1947, 1966. Novočeská skladba. Praha. Šoltys, Otakar (1987): “Větné ekvivalenty”. // Daneš, František/Grepl, Miroslav/Hlavsa, Zdeněk. (eds.). Mluvnice češtiny III. Praha. 436⫺442. Těšitelová, Marie (1955): K užití jednočlenných vět neslovesných v české beletrii 20. století. unpublished. Těšitelová, Marie (1985): Kvantitativní charakteristiky současné češtiny. Praha. Těšitelová, Marie (1992): Quantitative Linguistics. Praha. Těšitelová, Marie (2000): “K současné české próze.” // Naše řeč 83. 1⫺9. Trávníček, František (1930): Věty interjekční I. Brno. Trávníček, František (1931): Věty nominální II. Brno. Trávníček, František (1953): “Mahenova básnická mluva. Mahenovi.” // Sborník k padesátinám. Brno.

Otakar Šoltys, Marie Těšitelová, Prague (Czechia)

IX. Wortstellung im Slavischen 47. Word Order in Slavic 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction “Anything Is Possible” ⫺ the Surface Reorderings of a Slavic Sentence Scrambling Wh-Movement Literature (selected)

Abstract This article is concerned with the core issue of word order in Slavic languages which has inspired and still inspires generations of linguists. It familiarizes the reader with a range of problems like the relative free character of different reorderings, discourse factors, scrambling and Wh-movement and superiority effects. While some questions are surveyed, we chose to concentrate on the scrambling phenomenon which is both specifically Slavic and exuberantly present in other languages. Though space limitations have caused us to limit some diversity of coverage, we have sought to present the theories which have recently received most attention in the field.

1. Introduction The present article is dedicated to a phenomenon which ever since Ross (1967) has been referred to as scrambling. Ross proposed that free word order in languages such as Warlpiri, Latin, German, Japanese, Korean or Russian is brought about by a scrambling rule that was listed late in the block of transformations and followed the ordinary phrase structure rules, case marking, agreement, reflexivization and pronominalization operations which free and fixed word order languages were assumed to have in common. In this paper we will address the issue of word order variation in Slavic languages. The vastness of the subject, deserving attention in at least a book or a series of books, imposes the stringent condition that we only touch upon the surface of the matters. Quoting Bailyn (2000): “There is absolutely no doubt that word order variation and its apparent optionality is the primary overlapping issue of interest for both syntactic theory and Slavic syntax for the foreseeable future … The reason for this is that Minimalism forces us, with its emphasis on the motivation of movement, to finally address the hard question about word order and it is here that functional and generative approaches to syntax will find their eventual reconciliation.”

47. Word Order in Slavic The early work on word order dates back to classical books on word order in Russian like Sirotinina (1965), Adamec (1966), Kovtunova (1976), Krylova and Xavronina (1976). An unquenchable source of a bulk of research on word order theory and Slavic word order provides the Prague School, especially the works of Daneš (1967, 1987), Firbas (1964, 1971, 1975, 1992), Hajičová (1993), Mathesius (1939, 1941, 1964), Sgall (1972), and Sgall, Hajičová and Panevová (1986). A comprehensive guide to word order in Russian is Yokoyama (1986), this volume. Among the authors who have recently discussed scrambling in Russian are Bailyn (1995, 2001, 2003), Borovikoff (2001), Hoffmann (1996), King (1995) and Sekerina (1997). The scrambling phenomenon in Serbo-Croatian has been treated by Stjepanović (1999a) and Godjevac (2000), in Polish by Witkoś (2007) and in Czech by Biskup (2006) and Kosta (2006). The seminal paper of Bošković, this volume, art. 50, is a major contribution to analyzing scrambling in Slavic. The numerous contributions on word order include also Bailyn (1995, 2001, 2003, 2005), Borsley and Rivero (1994), Junghanns and Zybatow (1995), Sekerina (1999), Slioussar (2007) and Stjepanović (1999). Going back to Bailyn’s words above, recent research have proved that word order variation in Slavic is derived by familiar syntactic means as argued for German by Webelhuth (1989), Saito (1985, 1989) and Miyagawa (1997, 2001, 2003) for Japanese. Movement is not optional, it is rather triggered by a distinct kind of interface condition directly related to discourse structure. Bailyn (2005) formulates further the goal of word order research: “The eventual goal remains to understand the motivation for all word order variation in terms of relevant interface information, either of a purely formal kind (some version of EPP or other principles it reduces to) or of a discourseoriented kind related to the independent level of Functional Form (or a more highly articulated notion of Logical Form than is currently available).” In section 2 we treat the interaction of the surface ordering of sentence elements with discourse factors. Section 3 highlights the scrambling phenomenon which in fact remains the core subject-matter of the present research. Section 4 pertains to wh-movement and superiority effects, giving a brief overview of the topic.

2. “Anything Is Possible” − the Surface Reorderings of a Slavic Sentence In Slavic languages, the surface orderings of the elements in the sentence are quite free. In a simple Bulgarian sentence like (1), all orderings of the three constituents are possible (examples (1)⫺(4) from Schürcks 2003): (1)

a. Ivan nameri knigata (SVO) Ivan found book-the “Ivan found the book.” b. Nameri Ivan knigata (VSO) found Ivan book-the

655

656

IX. Wortstellung im Slavischen c. Nameri knigata Ivan found book-the Ivan

(VOS)

d. Ivan knigata nameri Ivan book-the found

(SOV)

e. Knigata nameri Ivan book-the found Ivan

(OVS)

f. Knigata Ivan nameri book-the Ivan found

(OSV)

Practically all the various orderings in (1a)⫺(1f) are considered to be natural answers to the questions in (2), unless a particular constituent is brought into the speaker’s attention by means of contrastive stress: (2)

a. Kakvo stana? / Kakvo se sluči? “What happened?” b. Kakvo pravi Ivan? “What is Ivan doing?”

(1a) has a word order which is related to the neutral intonation, without any given context. In (1b), knigata (book-the) bears contrastive stress and Nameri Ivan (found Ivan) is the topic. In (1c), Ivan represents the focus and Nameri knigata (found bookthe) is the topic. In (1d), the focus is either on knigata (book-the) or on nameri (found). In (1e), nameri (found) is in the focus and in (1f), the focus falls on either Ivan or nameri. The picture becomes even more complex when a structure like (1) allows various intonations. For (1a) we observe the following numerous alternatives. (3)

a. IVAN nameri knigata “IVAN found the book.” “It was Ivan who found the book.” b. Ivan NAMERI knigata “Ivan FOUND the book.” “Ivan found the book at last.” c. Ivan nameri KNIGATA “Ivan found the BOOK.” “It was the book that Ivan found.”

The alternatives in (3) are phonologically and interpretively distinct. That is, each of them implies something different concerning the point of information which is considered most relevant and important from the speaker’s point of view. Thus emphasis is put on one constituent, backgrounding another. Each position of an accent in (3) identifies a focus (Rochemont 1986; Rochemont and Culicover 1990). The assignment of focus is in part a function of well-formed discourse. The focus of a sentence is predictable in terms of properties of the discourse and context that the sentence occurs in, as

47. Word Order in Slavic well as of the sentence itself. In our case, the relevance of focus and accent to the interpretation of the sentences in (3) is reflected in judgments of well-formedness for question/answer pairs. For example, of the various pronunciations of (1a) given in (3), only (3a) qualifies as a well-formed response to the question in (4): (4)

Koj nameri knigata? “Who found the book?”

King (1995) and Bailyn (1995) agree on the configurationality of Russian but propose different discourse-neutral structures. King claims that Russian is a VSO language, not an SVO one. In terms of her theory, all movement out of the VP results in either topic or focus interpretation. In sentences like (5ab), there are no discourse-motivated movements of the arguments and the verb precedes both the subject and the object: (5)

a. Posadil ded repku planted old man turnip “An old man planted a turnip.” b. Prislal muž den’gi sent husband money “My husband sent me money.”

There is a functional projection Σ 0 higher than VP, to which the verb raises, thus creating a discourse-neutral position for the subject which follows the verb and does not precede it. Bailyn (1995) argues against obligatory V to I movement assumed by King (1995), and proposes an alternative analysis of Short Verb Movement, which reinstates the traditional view of the Russian clause as SVO. According to the Short Verb Movement (SVM) Hypothesis, the verb in Russian only raises to a functional projection below IP but dominating VP. Bailyn calls this projection PredicateP, providing evidence that SVM renders more substantiating evidence for ATB (across-theboard) extraction, theta-role assignment in double-object constructions, adverb placement, coordination and negation, and pronoun fronting in Russian. In (6a)⫺(6e) different positions of adverbs are demonstrated. According to Slioussar (2007), Russian lower adverbs can attract their complements to their specifiers for discourse (in Slioussar’s words IS, that is, information structure) reasons. (6)

a. Ėtot mal’čik vsegda medlenno est kašu. this boy-Nom always slowly eats porridge-Acc “S Adv2 Adv1 V O”: the neutral word order b. Ėtot mal’čik vsegda est kašu medlenno. this boy-Nom always eats porridge-Acc slowly “S Adv2 V O Adv1”: lower Adv1 attracts its complement, vP, to its specifier. c. Ėtot mal’čik medlenno est kašu vsegda. this boy-Nom slowly eats porridge-Acc always “S Adv1 V O Adv2”: higher Adv2 attracts its complement, Adv1P, to its specifier.

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IX. Wortstellung im Slavischen d. Ėtot mal’čik est kašu medlenno vsegda. this boy-Nom eats porridge-Acc slowly always “S V O Adv1 Adv2”: both adverbs attract their complements to their specifiers. e. Ėtot mal’čik est kašu vsegda medlenno. this boy-Nom eats porridge-Acc always slowly “S V O Adv2 Adv1”: vP moves to the specifier of lower Adv1 (its complement) and then to the specifier of higher Adv2 (the specifier of its complement, Adv1P). (6a) illustrates the neutral word order with two such adverbs (Adv1 medlenno “slowly” and Adv2 vsegda “always”). (6b)⫺(6d) show various structures that result from either or both adverbs attracting their complements to their specifiers as well as the IS effects of these reorderings. In (6e) the first adverb attracts its complement, similar to the (6b)⫺(6d) cases, but the second adverb attracts the specifier of its complement. The two adverbs end up at the right edge of the sentence in the order of merger.

3.

Scrambling

3.1. Some Background This section deals with the issue of Scrambling as a syntactic phenomenon which involves the base generation of scrambled elements in their surface positions and their LF movement to positions where they receive theta-roles. The basic dichotomy in the current approaches towards Scrambling will be analyzed, namely (i) the movement and (ii) the base generation approach. According to (i), there is one underlying word order and the variety of alternate word order arrangements in a clause is the result of A- vs. A-bar movement. According to (ii), there is not one basic order for constituents and the variable word order is the result of free generation of constituents in an arbitrary order. In languages with free word order the freedom of elements is assumed to reflect the information structure of a sentence on a communicative level (cf. Sekerina 1999, 265; Greenberg 1987). In traditional descriptive or functional grammars the most often discussed factor in determining Russian word order is the so-called Theme/Rheme distinction (or Given/New information; cf. e.g. Adamec 1966; Kovtunova 1976; Krylova/ Xavronina 1984). The Theme/Rheme distinction plays a major role in explaining the syntactic properties of Russian word order in recent approaches within the generative Principles and Parameters theory and its extension, Minimalism (cf. King 1995; Bailyn 1995; Kondrashova 1996; Junghanns/Zybatow 1997; Sekerina 1999; Kosta 1997; Mehlhorn 2002; Kosta/Schürcks 2007). For example, Czech is a language that exhibits a rich morphological system of case marking. Each grammatical relation in a sentence is usually encoded by a particular case: subjects are most often in the Nominative, direct objects in the Accusative, and indirect objects in the Dative. As a result, arguments can usually be freely reordered if they are clause mates:

47. Word Order in Slavic (7)

a. protože nikdo zřejmě knihu nekoupil because nobody(nom) probably book(acc) not bought “because nobody has probably bought the book” b. protože knihu nikdo zřejmě t nekoupil because book-acc nobody-nom probably not bought “because nobody has probably bought the book”

Russian exhibits unrestricted clause-internal XP-Scrambling (Sekerina 1997). It turns out that any constituent type can be scrambled: CP (8a), IP (8b), PP (8c), AdvP (8d), small clause (8e): (8)

a. [CP čto on provalilsja na èkzamene]i, Ivan uznal ti sliškom pozdno That he flunked at the exam Ivan found out too late “That he flunked the exam Ivan found out too late.” b. Mne [IP pis’maj napisat’ tj]I ne predstavilos’ slučaja ti. I-dat letter-gen to write not presented occasion-gen “There was not an occasion for me to write a letter.” c. [PP Na èkzamine]I Ivan provalilsja ti. on exam-prep Ivan-nom flunked “Ivan flunked the exam.” d. Včerai Ivan provalilsja na èkzamine ti yesterday Ivan-nom flunked on exam-prep “Ivan flunked the exam yesterday.” e. [SC P’janym]j my Ivanai nikogda ne videli ti tj drunk we-nom Ivan-acc never not saw “We have never seen Ivan drunk.”

Sekerina (1997) poses the following generalizations concerning XP-Scrambling as movement, which results in different word orders in Russian: (9)

1. 2. 3. 4.

Any XP can scramble in Russian. XP-Scrambling can be multiple. XP-Scrambling is biderictional. XP-Scrambling is discourse-oriented.

Generalization (9.1) means that clause-internal XP-Scrambling in Russian is much freer than in other scrambling languages depending on the constituent involved in the scrambling operation (see (8)). Generalization (9.2) is demonstrated in (10): (10) a. Maše1 sobaku2 Ivan podaril t1 t2. Masha-dat dog-acc Ivan-nom gave as a present “It was to Masha that Ivan gave a dog.” b. Sobaku2 komu1 Ivan podaril t1 t2? dog-Acc who-dat Ivan-nom gave as a present “To whom did Ivan give a dog?”

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IX. Wortstellung im Slavischen c. Ja znaju, čto Maše1 sobaku2 Ivan podaril t1 t2. I know that Maša-dat dog-acc Ivan-nom gave as a present “I know that to Masha Ivan gave a dog.” (10a) shows that there can be more than one moved phrase in a clause, (10b) proves that this movement does not impede wh-movement, and freely occurs in embedded clauses as in (10c). Generalization (9.3) ensues that XP-Scrambling is mostly leftward but can be rightward, as is the case of postverbal subject illustrated below (for a more recent account of the directionality of scrambling in Russian see Slioussar (2007) who claims that there is only a leftward scrambling): (11) Sdal èkzamen Ivan uspešno. passed exam-acc Ivan-nom successfully “Ivan passed the exam successfully.” Finally, (9.4) states that surface scrambled word orders are licensed under different discourse conditions. When native Russian speakers are encountered with different surface word orders for the same underlying sentence, they do prefer some orders to others. Bailyn (2003) corroborates that in “scrambling languages”, including Russian and Polish, the object moves beyond the left edge of the verbal projection as far as the clausal left edge. For an operation called “Generalized Inversion” (GI), Bailyn argues that the subject raises overtly to its position [SpecT], followed by an overt object movement to a higher specifier position [SpecAgr]: (12) [AgrSP NPO [VCTCAgr] [TPNPS tT [AgrOP ...[VP ...]]]] According to Bailyn, the movement of the object to the position of [Spec Agr] to satisfy its [CEPP] feature counts as an A-movement, being thus similar to inverse constructions in Icelandic or quotative inversion in English (Collins 1997). We will provide here only one piece of evidence (out of numerous others) shown by Bailyn, namely, the lack of reconstruction and Principle C effects. The Polish examples are taken from Witkoś (2007): (13) a. Znakomye Ivana1 nravjatsja emu. [friends of Ivan]-nom like him-dat “Friends of Ivan please him.” b. *Emu nravjatsja znakomye Ivana him-dat like [friends of Ivan]-nom (14) a. Nowe książki o Janie1 spodobały się jemu1 samemu. [new books about Jan]-nom liked self him-dat himself “New books about Jan pleased him himself.” b. *?Jemu1 samemu spodobały się nowe książki o Janie1. him-dat himself liked self [new books about Jan]-nom

47. Word Order in Slavic The sentences in (13b) and (14b) prove that object fronting does not undergo reconstruction and the clause-initial position of the object is of A-type since only the latter type of antecedents disobey Principle C. Another type of structure which Bailyn presents is the so called “Dislocation”. Its result is OSV reordering, illustrated below by an example from Witkoś (2007): (15) [Jemu samemu] [nowe książki o Janie1] nawet się spodobały. [him-dat himself] [new books about Jan]-nom even self liked “New books about Jan even pleased him himself.” The Dislocation process is of extremely different character, that is, the verb does not intervene between the fronted constituent and the Nominative subject, there is no breach of Principle C and the object reconstructs to a position c-commanded by the subject. Bailyn claims that Dislocation is an A-bar movement motivated and nourished by the IS requirements of grammar. In Kosta (2002) and Kosta and Schürcks (2007) we postulated the following principles having a grasp on free word order and scrambling in Slavic: (16) [I] Merge applies blindly. [II] θ-roles are determined at the level of Logical Form. [III] θ-roles are linked to the φ-features a verb specifies for its arguments and are assigned in the process of φ-feature checking. Following these guidelines, we can derive all possible reorderings in Russian, Bulgarian, Czech, German and comparable languages with the so-called free constituent order directly by MERGE. We have to account then for the thematic identity of the various reorderings, and we need to be able to capture fixed order languages like English or French in our system as well. Let us consider some cases of mid-range Ascrambling (as opposed to the long-range scrambling in Russian, Japanese or Hindi of the A-bar type, cf. Mahajan 1990, 1994, 1995; Müller 1996; Deprez 1989; Kosta 2002; Bošković 2004, among others): (17) a. Потому что Петра никто в гости пригласить не успел. because Peter-acc nobody-nom into-guests to invite not able (was) “because nobody was able to invite Peter to the party” b. [--Petra---] [T [[FF (priglasit’) FF (uspevat’) Tense]]] c. Петру подарить ты бы книги не успел. Peter-dat (to) give as a present you would books-acc not beable “You were not able to give Peter books as a present.” d. ty [VP-2 knigi [VP-1 podarit’ Petru] ne uspel] by e. ty [VP-2 [VP-1 knigi [VP-1 podarit’ Petru] ne uspel] by The so-called remnant topicalization in (17c) has to involve the structure (17d), with VP-1 projected from the verb podarit’ and VP-2 projected from uspevat’, with the semantic object argument of podarit’ merging with VP-2 rather than VP-1. Another

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IX. Wortstellung im Slavischen possibility of derivation such as (17e) does not lead to successful results since the lower VP-1 of (17e) is not maximal at the point when it moves to [Spec CP] and besides, moving knigi out of the lower VP-1 would create a configuration in which a category containing a trace (viz. VP-1) moves. (17d) suffices to account for these facts, however: VP-1 is maximal and can therefore move. It reconstructs at LF, and the verb podarit’ incorporates into the c-commanding verb uspevat’, so that the DP Petru becomes accessible to the φ- and Case features of podarit’, which forms a sublabel of uspevat’ at LF. (17a) and (17c) thus illustrate essentially the same point: an argument α of Σ can be merged in a projection X dominating Σ, as long as Σ incorporates into the head of X at LF so that FF(Σ) is a sublabel of the head of X and can therefore attract the formal features of α, guaranteeing proper θ-assignment by φ-feature checking (a detailed analysis is provided in Kosta 2002). As has been shown in more recent work (Bošković 2004; Miyagawa 2001; 2006, Miyagawa/Babyonyshev 2004), scrambling either interacts with agreement and focus (Miyagawa 2006; Biskup 2007) or it is analyzed as focus or topic movements. Bailyn (2001) makes the latter suggestion along these lines arguing against Bošković and Takahashi’s (BT) (1998) analysis of scrambling, which is based on Japanese. He also claims that BT’s analysis faces several theoretical problems.

3.2. Scrambling as A-bar-Movement 3.2.1. Scrambling and Islands Some standard approaches on scrambling assume that it is an instance of optional overt A’-movement. Thus, there is one underlying word order and the variety of alternate structures is thought to be the result of Move-Alpha by adjunction an XP (NP, PP, AP or AdvP) to IP or VP. In earlier approaches, the base-generation analysis derives both constituents orders at the level of D-structure, in other words, the major constituents do not have a fixed syntactic position at D-structure (cf. Corver/Van Riemsdijk 1994). Under a movement analysis, it is generally assumed that the direct object NP is adjacent to the verb at D-structure, from which it receives a theta-role under sisterhood. The basic and the derived word orders are yielded by some sentence internal movement operation leading to a syntactic chain. The relevant question that arises is whether the scrambled constituent heads an A-chain or A’-chain. Under a movement approach, one would expect scrambling to display properties generally associated with movement-derived structures. There must be an antecedent-trace relation, this relation being apparently unbounded and moreover, scrambling has to obey island constraints. Webelhuth (1989) has shown that scrambling in German is sensitive to Ross’s (1967) island constraints on movement transformations. The following ill-formed German sentences illustrate the sensitivity of scrambling to island effects such as the Left Branch Condition (18a), the Coordinate Structure Constraint (18b), the PP-island condition (18c) (examples taken from Webelhuth 1989; cf. also Corver/Van Riemsdijk 1994, 3 passim):

47. Word Order in Slavic (18) a. *weil meines Bruders gestern [- - Auto] gestohlen wurde because my brother’s yesterday car stolen was b. *weil Hans jemand [- - und Maria] angemeldet hat because Hans somebody and Mary registered c. *weil ihre Freiheit die Leute lange [für - - ] gekämpft haben because their freedom the people long for fought have If we compare Czech with German, the same sensitivity to island effects arises, demonstrated in (19): (19) a. *protože mého bratra včera bylo ukradeno [auto - -] because my brother yesterday was stolen car “because my brother’s car has been stolen yesterday” b. *protože Petra někdo [- - a Marii] přihlásil because Petr somebody and Mary registred(has) “because someone has registred Petr and Mary” c. *protože svou svobodu lidé dlouho [pro - -] bojovali because self freedom people long for fought “because people have fought for their freedom for a long time”

3.2.2. Wh-movement and Topicalization vs. Scrambling Ross’s (1967) initially formulated descriptive generalization that scrambling is clausebound holds true for German. Thus, in contrast to Wh-movement or topicalization, a finite CP may never be crossed by a scrambled constituent: (20) a. Weni glaubt Hans, dass Maria liebt ti. (Wh-movement) Who believes Hans that Mary loves “Who believes Hans that Mary loves.” b. DEN HANSi glaubt Maria zu lieben ti (topicalization) the Hans believes Maria to love “It is Hans who believes Mary to love.” c. *weil Hans den Wagen versprochen hat, dass er [- - reparieren würde]. because Hans the car promised has that he repair would. (scrambling) “because Hans has promised that he would repair the car” The same distribution of clause-internal scrambling vs. clause unbound movement exhibits Czech: (21) a. Kohoi Petr myslí, že Marie miluje ti. (wh-movement) who Peter believes that Mary loves “Who does Peter believe that Mary loves?”

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IX. Wortstellung im Slavischen b. PETRAi Marie myslí, že miluje ti. (topicalization) Peter-acc Marie-NOM believes that loves “It is Peter that Mary believes that (she) loves” c. *protože Petr vůz slíbil, že by [opravil - -]. (scrambling) because Peter the car promised that would repair “because Peter has promised that he would repair the car”

3.2.3. Long Distance Scrambling (LDS) In German, however, there is a construction in which the object NP can be scrambled out of infinitival zu-complements into the matrix IP: (22) weil Heinrich den Wageni versprochen hat [PRO ei zu reparieren] (LDS) because Heinrich the car promised has to repair A similar effect can be seen in (23), with an embedded infinitival complement and a matrix control verb in Czech: slíbil [PRO ei opravit] (LDS) (23) protože Petr vůzi because Petr the car promised to repair “because Peter has promised to repair the car” If one compares the German data in (20) vs (22) or the Czech data in (21) vs (23), one is likely to say that in special sentences (with a limited lexical class of control verbs), German and Czech exhibit Long Distance Scrambling (LDS) where an object NP can be scrambled out of infinitival complement clauses. In order to show that an analysis of LDS as A-bar-movement cannot be the appropriate one, let us consider the following data from Bayer/Kornfilt (1994, 26) (24a through c) and its Czech equivalents (25a through c). Let us consider first the German case in which we move an adverb of quantification from its D-structure position in the complement into the matrix clause: (24) a. weil Heinrich versprochen hat [PRO dreimal den Rosenkranz zu because Heinrich promised has three times the rosary to beten. pray “because Heinrich promissed to pray the rosary three times.” b. [Dreimal]i hat Heinrich (ei) versprochen [PRO ei den Rosenkranz zu beten] (ambiguous) A’-movement because Heinrich has promised (three times) to pray (three times) the rosary c. weil Heinrich [dreimal]i versprochen hat [PRO (*ei) den Rosenkranz zu beten]. (unambiguous) LDS „Because three times Heinrich has promised to pray the rosary“

47. Word Order in Slavic Let (24a) be the underived D-structure where the adverb of quantification takes scope only over the act of praying, thus having narrow scope. Bayer/Kornfilt (1994, 26) take (24b) to be a clear case of A’-movement. The adverb of quantification dreimal can bind a trace inside the complement, and we thus get the reading of “three prayers”, which (24b) shares with (24a). The second alternative structure is that dreimal is binding a trace inside the matrix IP; taking this structure into account, will get a reading according to which there are “three promises”. This creates the ambiguity. Assuming now that scrambling is an adjunction to VP, the same ambiguity should be available in (24c). However, example (24c) is clearly unambiguous, providing us only with the interpretation of three promises. Following Bayer and Kornfilt’s (1994, 26) account, we can conclude that LDS is very unlikely to be a case of A’-movement. Our argument is the following: adverbs of quantification can move to an A’-position, with all the consequences of A’-movement as in (24b). If LDS were A’-movement, these adverbs should behave syntactically, as they would probably do in an operation involving A’movement. However, they do not, as illustrated in (24c). In the next example, we would like to show that the same holds true for the analoguos Czech sentences (25a through c): (25) a. Protože Petr slíbil [PRO třikrát se modlit růženec]. because Petr promised three times to pray the rosary “because Peter promised to pray the rosary three times.” b. [Třikrát]i Petr (ei) slíbil [PRO ei modlit se růženec]. (A’-movement) three times Peter promised to pray the rosary c. protože Petr třikrát slíbil [PRO (*ei) modlit se růženec]. (LDS) because Peter has three times promised to pray the rosary

3.2.4. Bound pronouns Mahajan (1989, 1990) has shown that scrambling in Hindi (unlike Quantifier Raising (QR) or instances of Wh-movement that applies only at LF) does not exhibit the weak crossover effects (WCO) typical for A’-movement, and that scrambling does not allow reconstruction. Note that reconstruction is usually possible in instances of A’-movement, thus avoiding apparent violations of the Binding Theory. Note the following examples from German and Czech which involve a coindexation between a definite NP and a possesive pronoun: Adjunction to VP (name-like binder) (26) a. Wir wollten [dem Professor]i seinei Sekretärin vorstellen. we wanted the professor his secretary to introduce “We wanted to introduce the professor’s secretary to him.” b. Wir wollten *seinei Sekretärin [dem Professor]i vorstellen. we wanted his secretary the professor to introduce

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IX. Wortstellung im Slavischen c. [Seinei Sekretärin]j haben wir [dem Professor]i ej noch nicht vorgestellt. his secretary have we the professor yet not introduced. “We have not introduced the professor’s secretary to him yet.” In (26a) the Dative NP (being in its base-generated position) can bind the possessive pronoun seine. (26b), however, which is a normal case of (sentence internal) “object scrambling” does not allow this binding. (26c) is a clear case of A’-movement, yielding a well-formed sentence. In this sentence the NPj seine Sekretärin has moved to SpecCP, which is always an operator position in German. In contrast to (26b), the moved NPj seine can be bound in (26c) because it can reconstruct into the trace position at LF. The binding NPi can c-command NPj (cf. Bayer/Cornfilt 1994, 19). If the case of scrambling in (26b) were an instance of A’-movement, we would wrongly predict that reconstruction is possible here, too. The same contrast between scrambling and A’-movement is shown in (27b) vs. (27c) for Czech: (27) a. Chtěli jsme [profesorovi]i představit jehoi sekretářku. wanted we professor-dat to introduce his secretary “We wanted to introduce the professor’s secretary to him.” b. Chtěli jsme *jehoi sekretářku [profesorovii] představit. wanted we his secretary professor-dat to introduce c. [Jehoi sekretářku]j jsme profesorovii zatím ještě nepředstavili ej. His secretary we professor-dat yet still not introduced “We have not introduced the professor’s secretary to him yet.”

3.2.5. Anaphors Consider next the binding properties of anaphors (in Czech, e.g. svůj, svá, své and their inflected forms): (28) a. protože Petri vrátil svémui/*j pánovii psaj. because Petr gave back to self-dat owner-dat dog “because Peter gave back his owner the dog.” psaj svémui/j pánovi. b. protože Petri vrátil because Petr gave back dog-akk-gen self-dat owner-dat “because Peter gave back the dog to his owner.” The examples (28ab) show that DO argument shift alters binding possibilities and the landing sites for argument shift are relevant to binding theory. As already demonstrated, reflexive binding in (28b) can only be possible if the DO moves into a position that allows the anaphor (IO) to be bound by its antecedent (DO), e.g. under C-command. This seems to be an A-position rather than an A’-position. This asymmetry between IO and DO can be accounted for by assuming that the DO C-commands the IO, thus creating the interpretation that the dog belonged to the owner. Therefore, DO fronting can make reflexive binding possible. Reflexive binding in (28b) can only

47. Word Order in Slavic be possible if the DO is in an A-related position. The same pattern seems to hold in German, illustrated in (29) below: (29) a. weil Peteri seinemi/*j Herrn den Hundj zurück gab because Peter his-dat owner-dat the-acc dog-acc back gave “because Peter gave back his owner the dog.” b. weil Peteri den Hundj seinemi/j Herrn zurück gab because Peter the-acc dog-acc his-dat owner-dat back gave “because Peter gave back the dog to his owner.” Languages like Hindi which obey scrambling of DO as an option, show similar behaviour.

3.2.6. Scrambling as adjunction As a contrast to the above mentioned examples of DO shift, notice that PP-adjuncts can freely adjoin to VP or IP as demonstrated in (30a⫺30c) for German and (31a⫺ 31c) for Czech, respectively. The adjunction of the moved PP to these A’-positions is able to reconstruct into a trace position as indicated in the following representations: (30) a. dass [in seineri Wohnung]j Maria den Professori ej schon oft besucht that in his apartment Maria the professor already often visited hat. has “that Maria has already often visited the professor in his apartment” b. dass Maria [in seineri Wohnung]j den Professori ej schon oft besucht that Maria in his apartment the professor already often visited hat has c. dass [in seineri Wohnung]j der Professori ej schon oft von Maria besucht that in his apartment the professor already often by Maria visited wurde. was. “ that the professor has been already often visited by Maria in his apartment.” (31) a. že [v jehoi bytě]j Petr profesorai ej už několikrát because in his apartment Petr (the) professor already many times navštívil. visited has “because Peter has visited the professor already many times in his apartment.”

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IX. Wortstellung im Slavischen b. že Petr [v jehoi bytě]j profesorai ej už několikrát Because Petr in his apartment (the) professor already many times navštívil. visited has “because Peter has visited (the) professor already many times in his apartment.” profesori už c. že byl *[v jehoi bytě]j /[ve svémi bytě]j because was in his apartment/in his own apartment professor already několikrát navštíven Petrem. many times visited Peter-Instr “Because the professor has been visited by Peter already many times in his apartment” As shown by the traces, there is always a way of reconstructing the PP into a position where the pronoun seiner/jeho is C-commanded by the NP profesor. One difference that descends from idiosyncratic properties of Czech pronouns is the fact that an antecedent in the Nominative has to bind its anaphor svůj, svá, své in its inflected forms from the subject position. The reading v jeho would in this case only refer to Peter or to an antecedent outside the sentence.

3.2.7. Prosody An obvious surface (PF) reflex of the difference between scrambling as substitution and scrambling as adjunction to IP has been observed by Bayer/Kornfilt (1994, 23 forthcoming). They have stated that an adjunction to IP creates a prosodic break that is clearly absent in the shift of an object-NP. Some clear examples which show the difference between German scrambling and English adjunction to IP are the following: (32) a. dass den Heinrich niemand ausstehen kann that the Heinrich nobody stand can “that nobody can stand Heinrich” b. ??dass den Heinrich # niemand ausstehen kann. c. ??that Henry nobody can stand. d. that Henry # nobody can stand

(33) a. že Petra nikdo nemůže vystát that Petr-acc nobody not can stand “that nobody can stand Peter.” b. ??že Petra # nikdo nemůže vystát that Petr-acc nobody not can stand “that nobody can stand Peter.”

47. Word Order in Slavic As (33a, b) show, Czech is a language that obeys the German pattern, rather than the English one. For example, (33a) is a well-formed sentence with shift of the DO into a position before the subject (there is no prosodic break) while (33b) with an artificially created prosodic break is rather weird or awkward. In English the pattern seems to be just the opposite. If there is no prosodic break, scrambling is almost impossible, as the contrast in (32c, d) shows. According to this intuition, the cases of scrambling as adjunction which allow LF-reconstruction in (30) and (31) are most naturally pronounced with a prosodic break after the scrambled PP. Thus, there might be a correlation between scrambling as adjunction and intonational phrasing and scrambling as substitution or object shift without intonational import. This observation made by Bayer/Kornfilt (1994, 24) suggests that “only adjoined XPs allow for a prosodic break”.

3.2.8. Parasitic gaps A test to prove whether scrambling behaves as A-bar movement or A-movement has been first undertaken by Webelhuth (1989). He gives ample evidence for cases where a fronted DO phrase can at the same time bind the pronoun and a parasitic gap in an adjunct clause. Thus, it seems that scrambling displays both A- and A’-properties. (34) a. ?Peter hat jeden Gasti [ohne e anzuschauen] seinemi Nachbarn t Peter has every guest without to-look-at his neighbor vorgestellt. introduced. “Peter introduced every guest to his neighbor without looking (at them)”. b. Peter hat die Gästei [ohne e anzuschauen] einanderi t vorgestellt. Peter has the guests without to-look-at each other introduced. “Peter introduced the guests to each other without loooking at them.” c. ?Petr představil každého hostai [nehledě na něho] jehoi sousedovi. Petr introduced every guest not look at him his neighbor.” “Peter has introduced every guest [without looking at him] to his neighbor.” na ně] sobě navzájemi d. Petr představil hostyi [nehledě ??Peter introduced guests not looking at them to each other “Peter introduced the guests to each other without looking (at them).” e. ??Petr představil sobě navzájemi [nehledě na ně] hosty i ??Peter introduced each other without looking at (the) guests “Peter introduced to each other the guests without looking at” The scrambled structures in (34a, b) manifest both an anti-weak crossover effect (an Aproperty) and parasitic gap licensing (an A’-property). This paradox raises the question whether the standard dichtotomy A- vs. A-bar movement is sufficient to adequately characterize the array of properties displayed by scrambled structures. According to Webelhuth (1989), the standard partitioning of phrase structure positions in A- and Abar positions is too rough. Therefore, he proposes an intermediate mixed position.

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IX. Wortstellung im Slavischen Scrambling in German is then considered a unitary process in which there is a single derived landing position (a VO- or IP-adjoined position) for the scrambled phrase which simultaneously exhibits A- and A-bar properties.

3.3. Scrambling as A-movement The following arguments have been provided to support the A-movement analysis. First, the fact that a finite clause boundary may not be crossed by a scrambled constituent as the case for German and Czech shows. We repeat example (20) as (35) below: (35) a. Weni glaubt Hans, dass Maria liebt ti. (Wh-movement) who believes Hans that Mary loves “Who believes Hans that Mary loves?” b. DEN HANSi glaubt Maria zu lieben ti (topicalization) the Hans believes Maria to love “It is Hans who believes Mary to love.” c. *weil Hans den Wagen versprochen hat, dass er [- - reparieren würde] because Hans the car promised has that he repair would (scrambling) The same distribution of clause-internal scrambling vs. clause unbound movement exhibits Czech: (36) a. Kohoi Petr myslí, že Marie miluje ti. (wh-movement) Who Petr believes that Marie loves “who Peter believes that Mary loves?” b. PETRAi Marie myslí, že miluje ti. (topicalization) Petr-acc Marie believes that loves “It is Peter (that) Mary believes that (she) loves” c. *protože Petr vůz slíbil, že by [opravil - -]. (scrambling) because Petr the car promised that would repair “because Peter has promised that he would repair the car” This reminds of the clause boundness of NP-movement in passive constructions or anaphoric binding in German and Czech that can be explained in terms of Principle A of the Binding Theory (cf. Fanselow 1990 and Corver/van Riemsdijk 1994, 7). Secondly, scrambling may give rise to new A-binding properties, as demonstrated in (37b): (37) a. protože Petri vrátil svémui/*j pánovi psaj. because Petr gave back to self owner the dog “because Peter gave back his owner the dog.” psaj svémui/j pánovi. b. protože Petri vrátil because Petr gave backt he dog self owner “because Peter gave back his owner the dog”

47. Word Order in Slavic The examples (37b) vs. (37a) show that DO-argument shift alters binding possibilities and the landing sites for argument shift are relevant to Binding Theory. As already demonstrated, reflexive binding in (37b) can only be possible if the DO moves into a position that allows the anaphor (IO) to be bound by its antecedent (DO), e.g. under C-command. This seems to be an A-position rather than an A’-position (see Section 3.2.5 above). The same pattern seems to hold for German: (38) a. weil Peteri seinemi/*j Herrn den Hundj zurück gab. because Peter his owner the dog back gave “because Peter gave back his owner the dog.” b. weil Peteri den Hundj seinemi/j Herrn zurück gab. because Peter the dog his owner back gave “because Peter gave back the dog to his owner.” Thirdly, scrambling does not exhibit weak crossover effects, as demonstrated in (39a, b): seinei Mutter t mag. (39) a. weil jedeni because everybody his mother likes “because his mother loves every one” b. protože každéhoi jehoi matka t miluje. because everybody his mother loves “because his mother loves everybody”

(40) a. Weri [ti liebt seinei Mutter]? who loves his mother “who loves his mother?” b. Kdoi [ti miluje svojíi matku]? who loves self mother “who loves his (own) mother?” c. *Weni [liebt seinei Mutter ti]? whom loves his mother d. *Kohoi [miluje jehoi matka ti]? whom love shis mother The generally accepted explanation of the contrast between the subject Wh-movement and object Wh-movement is that in the grammatical examples the trace of Wh-movement is locally A-bar-bound by the Wh-phrase which is in SpecComp, and the pronoun or anaphor are locally A-bound by the trace, whereas in the ungrammatical examples (40c, d) both the pronoun and the trace are locally A-bar-bound by the Wh-phrase in SpecComp. It is generally assumed that the WCO effect arises whenever a single operator locally A-bar-binds both a pronoun and a trace, a context of the so-called multiple variable binding (cf. Kosta 1995/1996, 23). If (39a, b) were an instance of A-bar move-

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IX. Wortstellung im Slavischen ment, the same effect should be expected; consequently, the sentences with direct object shift should be ungrammatical. But this is not the case. Fourthly, Scrambling does not allow reconstruction. This was demonstrated in (26) and (27) above. There are also several facts that militate against taking scrambling as A-movement. One serious fact is that scrambling, as opposed to NP-movement lacks the functional motivation of NP-movement. NP-movement is classically triggered by the interplay of Theta-theory and Case-Theory. On the contrary, scrambling does not exhibit such a trigger to let it move.

3.4. The Proposal 3.4.1. Basic Ideas If scrambling is neither an instance of A’-movement, nor A-movement, what is it then? We would like to adopt the idea of Bayer/Kornfilt (1994, 35passim) that scrambling of unfocused NPs is not due to movement (or Attract alpha) at all but is rather base generated in the following way: Bayer and Kornfilt (ibidem) argue that a subject NP, marked for the Nominative case, can also be licensed inside of a VP. This is because INFL in German can be viewed as a morphological category that attaches to V rather than being a terminal syntactic category which takes VP as its complement. In this sense (following Abney 1987), V is the semantic head of a complex category building a complex category formation as formulated in (41): (41) Complex Category Formation (CCF) In a structure [… Xo Yn … ] where Xo is a raising category that governs Yn, (0 ≤ n ≤ max), Xo will project into the complex category [ X’] [Yn] In German, if Xo is an inflectional affix I, the V-stem will attach to I in morphosyntax, i. e. before it heads a VP. In English, however, due to the presence of a designated auxiliary system, I is a terminal syntactic node. In Reuland (1990) a similar analysis has been provided, with the difference that he takes the inflected verb to be [Xo/Io]: (42) English

German

I’ Io

[I’/VP]

Vo

[I’/V o]

...

VP ...

Vo

Io

47. Word Order in Slavic

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3.4.2. Ergative verbs vs. unergative verbs in German The structure of German is characterized by the presence of ergative verbs which often show an unmarked constituent order Dative-Nominative verb. Furthermore, scrambled structures with a direct object in Accusative before a Nominative subject can be derived in the following way: since the verb is at the same time an I’ category it can assign the Nominative case under the standard condition of Spec-head agreement. This makes it possible to base-generate a scrambled clause such as “dass den Postboten-ACC der Hund-NOM beisst“ (“that the dog bites the postman”) as in (43): (43)

IP/VP IP/V o

NPacc den Postboten

I’/V o

NPnom der Hund Vo

Io

beiss

-t

Under this analysis it seems that some problems of Case assignment need to be clarified: first Bayer/Kornfilt (1994) assume that “Case assigment does not take place only under strict string adjacency.” Otherwise, V would be able to assign accusative Case only to its sister node NP. In their analysis, however, the governing force and hence Case-assigning ability of V is kept intact in the projections of V. Second, the nominative NP in (43) is governed by V. This does not mean, however, that it is also licensed by V⫺ if it were the case that V licenses the subject, the marked scrambling order in (42) would be indistinguishable from the unmarked Dative-Nominative order of German ergative verbs or psych-verbs. According to standard assumptions, an unergative V cannot take a definite subject NP as an argument. The subject NP is (in the active clause) licensed by I for Case and by VP for its Theta-role. After adjoining the Nominative NP to V-zero, the adjoined position must be licensed as the specifier of I. Thus, the only difference between scrambled IP like (43) and an unscrambled cannonical IP is that in the scrambling constructions, the VP remains unsaturated until the SpecIP position is licensed. That the nominative NP in scrambling constructions is not licensed by V is shown by the fact that the Nominative/participle sequence cannot be moved together to the first position in German V2-clauses: (44) *[Der Hund-NOM gebissen] hat den Postboten-ACC erst einmal. the dog bitten has the postman only once “The dog has bitten the postman only once” Since V does not license the nominative NP in (44), it also does not form a constituent with it. These sentences with unergative verbs contrast sharply with the corresponding constructions including ergative verbs as in (45):

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IX. Wortstellung im Slavischen (45) [Die Luft-NOM ausgegangen] ist dem Taucher-DAT erst einmal the air went out is the diver only once “The air went out the driver only once” Because the nominative subject of an ergative verb is a genuine internal argument of the verb, it is licensed by it and forms a constituent with it. Compared to Czech, we cannot exclude sentences like (44) and it seems counterintuitive to describe the mechanisms in the same way as in (44) vs. (45). There are, however, facts of binding properties that allow us to explain the mechanisms of object shift as an operation of base generation.

3.4.3. Scope and Binding The CCF proposal of Bayer/Kornfilt (1994, 40) seems to allow to base-generate the OSV word order as demonstrated above in (27b), repeated as (46a): (46) a. *Chtěli jsme [VP [jehoi sekretářku]j [každému profesorovi]i představit ej]. wanted-Aux-we his secretary every professor-dat to introduce. “We wanted to introduce his own secretary every professor.” As a consequence, the scrambled object NP will be in a regular A-position. This yields the results of the NP-movement theory which are desirable with respect to binding and the above demonstrated WCO effects without requiring the functional trigger of NP-movement or attract Alpha. Recall now that with respect to a quantified binder, there is a significant difference between apparent adjunction to VP and apparent adjunction to IP: každýi zřejmě ej miluje] (46) b. Protože [IP [svéi rodiče]j Because self parents-acc everyone-nom probably loves “Because his (own) parents everybody probably loves” Imagine now a representation without traces of movement. Thanks to the CCF mechanism, the constituent structure of (46b) is obvious. The structure with double object construction is less clear. Let us hypothetically (and neglecting VP-internal subjects) assume that in the canonical IO DO order the dative NP is attached to an A-position outside VP for reasons of the thematic structure of the verb, i. e., in [VP IO [VP DO V]] the dative IO would still be in an A-position since the lexical entry of the verb requires such a position. One could argue that the IO is licensed as an argument of the verb by virtue of its lexical case, while the DO is licensed by virtue of the structural object position provided by the X-bar syntax. Attachment of IO to V would yield the scrambled order in (46a). In order to distinguish the resulting structure from a pure head category we use the superscript “§”, i. e. V § refers to a phrase that is not induced by the X-bar-system but by the satisfaction of the Theta grid of the ditransitive verb. (46a, b) would then have the following structure:

47. Word Order in Slavic

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VP

(47a)

NPacc *jeho sekretářku i



NPdat

V

každému i profesorovi

představit

If we invoke unrestricted movement of the quantified NP to an operator position by QR, we can account for the ill-formedness of (47a). (47a) would cause a case of WCO. But so would (47b) which however is well-formed. What could be the reason that QR does not apply in clauses with scrambled word order? (47b)

IP/VP NPacc své rodiče i

IP/VP

NPnom každýi

I’/V miluje

Kiss (1987) has suggested that LF-movement occurs in languages with a rather fixed order of constituents while languages like Hungarian, which can reorder their constituents at S-structure more freely, make LF-movement superfluos. According to Kiss, Hungarian has a flat IP, but an articulated pre-IP structure into which operators move at S-structure. Thus, Hungarian is said to encode scope relations syntactically while English leaves scope assignment to LF. With respect to word order freedom, German and Czech are somewhat between English and Hungarian. Deviations from the unmarked order of a quantified IO and quantified DO leads to a loss of the otherwise observed scope ambiguity. If LF-movement could freely undo the S-Structure scope relations exhibited by scrambled sentences, the semantic effect of scrambling would be destroyed, and scrambling would lose its function. Therefore we take the following statement for granted: (48) Scrambling bleeds LF-movement We can therefore easily predict the facts shown in (47a, b). (47a) is a case of scrambling. Thus (48) applies and the Q-NP cannot move. As a consequence, the Q-NP does not c-command and thus fail to bind the possesive pronoun jeho/seine. The same holds for (47b). The only difference is that here the pronoun and its potential binder are dominated by an identical segment, namely IP. We assume that the scope of a Q-NP will spread to the highest common node that dominates it. As a result, the pronoun in (47b) will be in the scope of the Q-NP without LF-movement to have taken place. Thus, the CCF-mechanism will guarantee the bound variable reading.

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IX. Wortstellung im Slavischen

3.4.4. Unsolved problems: LDS and LF Independently, however, there seem to be an ample evidence that cases of LDS have to be explained with another mechanism than short Scrambling within the clausal boundary. Apart from examples like (49) protože Petr vůzi slíbil [PRO ei opravit] (LDS) there seems to be evidence for Czech that there are also examples with LDS comparable to the LDS in Japanese and Serbo-Croatian: (50) Tuto knihu Petr a Pavel vědí kdy Mojmír přečetl. this book-acc Petr and Pavel know when Mojmír read (has) “Peter and Paul know when Mojmir has read this book.” (51) *?Jakou knihu Petr a Pavel vědí kdy Mojmír přečetl? Which book-acc Petr and Pavel know when Mojmir read (has) “Which book Peter and Paul know when Mojmir has read?” These examples show, however, that LDS and Wh-movement also behave differently with respect to the type of Scrambling (A-bar vs. A-movement). In the former cases LDS can be treated as base-generated in A-positions with LF-movement to Thetapositions. It can be demonstrated that cases of LDS in Czech which treat Scrambling as an instance of costless overt movement, run into an overgeneration problem. In particular, they cannot account for the contrast between scrambled and wh-moved elements when they are extracted out of a wh-island. Boškovic and Takahashi’s theory, which involves the base-generation of scrambled elements in their surface positions and their LF movement to positions where they receive theta roles, does not deal with these problems.

4. Wh-Movement It was the paper of Rudin (1988) which inspired the discussion on the topic of multiple wh-movement in Slaivic. Rudin noticed that the wh-words in Slavic languages need to be fronted. This is illustrated in the simple examples from Russian (52a), Serbo-Croatian (52b), Bulgarian (52c) and Polish (52d): (52) a. Kogda kogo Ivan videl? When whom Ivan saw “Who did Ivan see when?” b. Ko koga vidi? who whom sees “Who sees whom?” c. Koj kakvo pravi? whow hat does “Who is doing/does what?”

47. Word Order in Slavic d. Kto co robił? Who what did “Who did what?” Rudin distinguished two language types: in Bulgarian (as well as Romanian) the whwords seem to be a unit, whereas in other Slavic languages the first wh-phrase plays a major role. In Bulgarian the wh-phrases undergo long-distance movement as a unit, cannot be separated by parentheticals or clitics (this can be also explained by the fact that Bulgarian clitics are verb-adjacent), show a fixed order of the elements within the unit. Some salient contrasts from Rudin’s work are shown in (53)⫺(54). The properties of the Bulgarian sentences in (53) diverge from the Serbo-Croatian examples in (54), respectively: (53) a. Koj kuˇde misliš [če e otišuˇl]? Who where think-2sg that aux-3sg gone “Who do you think has gone where?” (*Koj misliš če e otišuˇl kuˇde?) b. Zavisi ot tova, koj kogo pruˇv e udaril. Depends on this who whom first aux-3sg hit “It depends on who hit whom first.” (*Zavisi ot tova, koj pruˇv kogo e udaril.) c. *Kogo koj vižda? who whom sees (54) a. Ko šta želite [da vam kupi]? Who what want-2pl that you buys “Who do you want to buy you what?” (Ko želite da šta vam kupi?) b. Ko je prvi koga udario? Who aux-3sg first whom hit “Who hit whom first?” c. Što je ko kome dao? What aux-3sg who whom gave “What did who give to whom?” Bošković (1997b, 1997c, 1998, 2000, 2002a, 2007, in this volume, art. 50) reexamined Rudin’s account by stating that two different forces drive wh-fronting in Bulgarian and Serbo-Croatian. In Rudin’s view, all Slavic languages have wh-movement, i. e. movement of a wh-phrase to [Spec CP]. In her analysis, the initial wh-phrase in a sequence of fronted wh-phrases always moves to [Spec CP]. However, she points out that Slavic languages differ with respect to the location of non-initial wh-phrases, a type of movement which Bošković (2002a) calls non-wh-fronting. He claims there that non-whfronting involves focus fronting. Besides, it is stated that not all Slavic languages have true wh-movement ⫺ some of them possess only focus fronting. Thus, Superiority effects, i. e., the strict ordering of wh-phrases, are associated with wh-movement, but

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IX. Wortstellung im Slavischen not with focus movement. Consequently, the Bulgarian examples in (53) exhibit true wh-movement, whereas the Serbo-Croatian example in (54) do not. Macedonian is the only Slavic language which patterns with Bulgarian in this respect. Russian, Polish, Slovenian and Czech follow the Serbo-Croatian type. Schürcks (2003, 2008) follows similar line of reasoning claiming independently that Bulgarian shows true wh-movement with multiple wh-fronting phrases. Additional evidence is provided by the fact that each wh-element in the sequence (55) can be focused, as illustrated in (56a)⫺(56c): (55) Koj kakvo na kogo dade včera? whow hat to-whom gave yesterday “Who gave what to whom yesterday?” (56) a. Koj li kakvo na kogo dade včera? who Q what to-whom gave yesterday “Who, for god’s sake, gave what to whom yesterday?” b. Koj kakvo li na kogo dade včera? c. Koj kakvo na kogo li dade včera? The question particle li plays the role of a focus marker. The wh-elements are in [Spec CP] whereas focusing li in (56) will reside in the respective C heads.

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IX. Wortstellung im Slavischen Witkoś, Jacek (2007): “Control and predicative adjectives in Polish”. // Elements of Slavic and Germanic Grammars: A Comparative View. Frankfurt am Main. Yokoyama, Olga (1986): Discourse and word order. Amsterdam.

Peter Kosta, Lilia Schürcks, Potsdam (Deutschland)

48. Grammatik und Informationsstruktur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Ausgangspunkt Slavistische Tradition Leipziger Modell Fokus-Hintergrund-Gliederung Topik-Kommentar-Gliederung Besondere Fälle Andere Ansätze Desiderata der Forschung Literatur (in Auswahl)

Abstract Phenomena of information structuring (IS) in natural languages have been investigated for quite some time. As early as in 1939 Vilém Mathesius suggested that the partition of a sentence into a starting point and a predication thereof should be seen in connection with the sentence’s formal structure. The article surveys a number of proposals dealing with IS in Slavic languages. The main part of the article is devoted to a model of IS that is based on an explicit (generative) grammar. Two binary distinctions are assumed ⫺ focus/background structure and topic/comment structure. Encoding of discourse functions (focus, background, topic, comment) is achieved by syntactic and prosodic means. There are various types of focus (non-contrastive, contrastive, and verum focus) and topics (external vs. internal topics, overt vs. covert topics, etc.). They are distinguished by different encoding. Cases involving rightward backgrounding, overt verb raising, and movement in non-minimal IS domains.

1. Ausgangspunkt Sätze slavischer Sprachen zeigen eine große Variabilität hinsichtlich der Abfolge ihrer Bestandteile (Konstituenten) ⫺ eine Erscheinung, für die traditionell der Begriff „freie Wortstellung“ gebraucht wird. Vgl. z. B. für das Russische (Ru) und das Tschechische (Cz):

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IX. Wortstellung im Slavischen Witkoś, Jacek (2007): “Control and predicative adjectives in Polish”. // Elements of Slavic and Germanic Grammars: A Comparative View. Frankfurt am Main. Yokoyama, Olga (1986): Discourse and word order. Amsterdam.

Peter Kosta, Lilia Schürcks, Potsdam (Deutschland)

48. Grammatik und Informationsstruktur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Ausgangspunkt Slavistische Tradition Leipziger Modell Fokus-Hintergrund-Gliederung Topik-Kommentar-Gliederung Besondere Fälle Andere Ansätze Desiderata der Forschung Literatur (in Auswahl)

Abstract Phenomena of information structuring (IS) in natural languages have been investigated for quite some time. As early as in 1939 Vilém Mathesius suggested that the partition of a sentence into a starting point and a predication thereof should be seen in connection with the sentence’s formal structure. The article surveys a number of proposals dealing with IS in Slavic languages. The main part of the article is devoted to a model of IS that is based on an explicit (generative) grammar. Two binary distinctions are assumed ⫺ focus/background structure and topic/comment structure. Encoding of discourse functions (focus, background, topic, comment) is achieved by syntactic and prosodic means. There are various types of focus (non-contrastive, contrastive, and verum focus) and topics (external vs. internal topics, overt vs. covert topics, etc.). They are distinguished by different encoding. Cases involving rightward backgrounding, overt verb raising, and movement in non-minimal IS domains.

1. Ausgangspunkt Sätze slavischer Sprachen zeigen eine große Variabilität hinsichtlich der Abfolge ihrer Bestandteile (Konstituenten) ⫺ eine Erscheinung, für die traditionell der Begriff „freie Wortstellung“ gebraucht wird. Vgl. z. B. für das Russische (Ru) und das Tschechische (Cz):

48. Grammatik und Informationsstruktur

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(1)

Brat kupil knigu / Brat knigu kupil / Knigu kupil brat / etc. (Ru, AG80, II, 190)

(2)

Petr poslal řediteli dopis / Petr poslal dopis řediteli / Petr (ten) dopis řediteli (opravdu) poslal / etc. (Cz, Bauer/Grepl 1972, 155)

Selbst in einer Sprache wie dem Bulgarischen (Bg), die den weitgehenden Verlust der Markierung von morphologischem Kasus kompensieren muss, ist die Konstituentenabfolge relativ frei. Subjekt, Objekt, Verb etc. sind jeweils nicht auf eine bestimmte syntaktische Position festgelegt. Vgl.: (3)

a. Učenikăt piše. / Piše učenikăt. (Bg, Georgieva 1974, 33/34) b. Učenikăt piše săčinenie. / Săčinenieto go piše učenikăt. (Bg) c. Ženata stoeše na brega. / Na brega stoeše žena. (Bg, Kufnerová 1990, 258)

Die verschiedenen Konstituentenabfolgen sind mit unterschiedlichen Interpretationen verbunden und genügen unterschiedlichen Bedingungen. Ganz offensichtlich nutzen slavische Sprachen die Abfolge (neben weiteren Mitteln, u. a. Prosodie, s. unten), um das kommunikative Gewicht, die Diskursfunktionen der Bestandteile des Satzes zu enkodieren. Die damit verbundenen Prozesse werden traditionell „aktuelle Gliederung“ (Mathesius 1939; vgl. Sgall 1993), in neueren Arbeiten „Informationsstrukturierung“ (Jacobs 1992; vgl. Junghanns 2002a; Kosta/Schürcks 2007; Kosta/Schürcks, Art. 47, in diesem Band) genannt. Für die slavistische Linguistik besteht die Herausforderung darin, grammatische Strukturbildung und Informationsstrukturierung ⫺ zwei offensichtlich verschiedene, jedoch zusammenhängende Prozesse ⫺ in einen Erklärungszusammenhang zu bringen, da die Oberflächenausformung des Satzes in slavischen Sprachen nicht allein auf das Wirken formaler Faktoren zurückgeführt werden kann. Ebensowenig ist die Satzoberfläche ausschließlich das Produkt der Informationsstrukturierung. Bereits Mathesius forderte, „aktuelle Gliederung“ und „formale Gliederung“ des Satzes zueinander in Beziehung zu setzen. Diese Forderung impliziert ein Forschungsprogramm: „Die aktuelle Gliederung des Satzes ist ein Problem, das die Linguistik schon lange bemerkt hat, das aber nicht systematisch untersucht wurde, weil das Verhältnis zur formalen Gliederung des Satzes nicht klar war.“ Und: „Die aktuelle Gliederung des Satzes muss man seiner formalen Gliederung gegenüberstellen. Während die formale Gliederung die Zusammensetzung des Satzes aus grammatischen Elementen betrifft, betrifft die aktuelle Gliederung des Satzes die Art seiner Eingliederung in den Sachzusammenhang, aus dem er [der Satz] entstanden ist. Die grundlegenden Elemente der formalen Gliederung des Satzes sind das grammatische Subjekt und das grammatische Prädikat. Die grundlegenden Elemente der aktuellen Gliederung des Satzes sind der Ausgangspunkt der Aussage, d. h. das, was in der gegebenen Situation

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IX. Wortstellung im Slavischen bekannt ist oder zumindest naheliegt und wovon der Sprecher ausgeht, und der Kern der Aussage, d. h. das, was der Sprecher über den Ausgangspunkt oder ihn betreffend aussagt“ (Mathesius 1939, 171; unsere Übersetzung).

2. Slavistische Tradition Die traditionelle, deskriptiv orientierte Grammatik übernimmt Mathesius’ Konzept der aktuellen Gliederung des Satzes. Eine einzige binäre Opposition soll die kommunikative Wichtung der Satzbestandteile erfassen. Dem entsprechen Dichotomien wie Ausgangspunkt vs. Kern (Mathesius 1939), Thema vs. Rhema (von Ammann eingeführte Begriffe, vgl. Sgall 1993), in jüngerer Zeit auch Topik vs. Fokus. Als Problem ergibt sich, dass das Gegenstück zum Kern/Rhema/Fokus tatsächlich nur dessen Komplement ist. Dieses kann zwar der Funktion nach, nicht aber inhaltlich als Einheit bestimmt werden. Deshalb taugt es nicht als „Ausgangspunkt“/„Thema“ (Th)/„Topik“ im eigentlichen Sinne. Vgl. z. B.: (4)

S urokami on provozilsja (Th) // do poloviny dvenadcatogo. (Ru, AG80, II, 191)

Übernommen wird auch Mathesius’ Unterscheidung von objektiver (Ausgangspunkt vor Kern) vs. subjektiver (Kern vor Ausgangspunkt) Wortfolge. Vgl.: (5)

a. Dala jsem za ni dvacet korun. (obj. W.) b. Dvacet korun jsem za ni dala. (subj. W.) (Cz, Mathesius 1939, 174)

Dass die objektive Wortfolge ein „natürliches“ Fortschreiten (Mathesius) sei, ist eine willkürliche Betrachtungsweise. Der inhaltliche Unterschied zwischen neutraler und kontrastiver Hervorhebung wird nicht erfasst oder aber auf nicht weiter erklärte Begriffe wie „Expressivität“ bzw. „Emphase“ bezogen, vgl. (6). Ohne explizite syntaktische Analyse bleibt unklar, worin sich Sätze mit gleicher aktueller Gliederung unterscheiden, vgl. (7). (6)

Večernee nebo prekrasno vs. Prekrásno večernee nebo

(„expressiv“) (Ru, AG80, II, 92)

(7)

Koj piše? ⫺ Piše učenikăt oder Učenikăt piše (Bg, Georgieva 1974, 33)

Ungeklärt bleibt generell die formale (syntaktische) Struktur. In der Regel wird nur die Satzoberfläche (rein lineare Ordnung der Satzbestandteile) betrachtet. Im Grunde geht die traditionelle Grammatik in der Betrachtung der Wortordnung (der aktuellen Gliederung) nicht über Mathesius hinaus.

48. Grammatik und Informationsstruktur

3. Leipziger Modell Das ab Mitte der 1990er Jahre entwickelte Leipziger Modell (LM) stellt sich der Forderung von Mathesius, den Zusammenhang zwischen Grammatik („formaler Gliederung“) und Informationsstruktur („aktueller Gliederung“) explizit zu machen. Die Annahmen basieren auf dem Modell einer Generativen Grammatik mit minimalistischen Zügen (Chomsky 1995; vgl. Junghanns 2002a). Das Grammatikmodell umfasst Lexikon, Syntax, Repräsentationsebenen wie Phonetische Form (PF) und Logische Form (LF) / Semantische Form (SF; vgl. z. B. Bierwisch 1986). PF⫺ und SF⫺ Repräsentationen werden an den so genannten Schnittstellen zwecks Interpretation an außersprachliche Performanzsysteme übergeben ⫺ Artikulation und Perzeption (A⫺P) respektive Begrifflich⫺Intentionales System (C⫺I; Conceptual⫺Intentional System). Lexikon YYY Syntax Y •

PF : A⫺P

LF/SF : C⫺I

Abb. 48.1: Modell der Grammatik

Der Satz wird syntaktisch als Projektion des Verbs (Verb⫺Phrase VP) mit einer entsprechenden funktionalen Superstruktur (funktionale Phrasen FP1, …, FPn) analysiert. Die funktionalen Köpfe F1, …, Fn sind mit morphosyntaktischen Merkmalen ausgestattet, die im Laufe der Derivation abgeglichen werden müssen. [FPn Fn … [FP1 F1 [VP … ]]] Abb. 48.2: Syntaktische Struktur des Satzes

Zu den Quellen für Annahmen zur Informationsstrukturierung, die im Rahmen des LM gemacht werden, zählen Jacobs (1992), Molnár (1991), Rosengren (1993), Lambrecht (1994) und Steube (2000). Informationsstukturierung wird wie folgt aufgefasst (Junghanns 2002a, 10): „Informationsstrukturierung ist ein pragmatisch ⫺ durch die Kommunikationssituation, den Kontext ⫺ determiniertes Ordnungsprinzip, durch welches Elemente des Satzes ein bestimmtes kommunikatives Gewicht erlangen. Die Satzelemente ordnen sich zu Blöcken mit verschiedenen Diskursfunktionen.“ Die slavischen Sprachen nutzen Wortstellung, Prosodie und lexikalische Mittel zur Realisierung der Informationsstruktur (IS). Zu den Grundannahmen des LM zählt, dass sich die Informationsstrukturierung im Rahmen der Satzsyntax rekonstruieren lässt. In der Syntax werden Konstituenten IS-Merkmale ⫺ Topik-Merkmal [TOP], Fo-

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IX. Wortstellung im Slavischen kus-Merkmal [FOC] ⫺ top down zugewiesen. IS-Merkmale werden mit den Repräsentationen an die Performanzsysteme übergeben. Die damit einhergehenden Interpretationen der Merkmale korrelieren mit einer entsprechenden prosodischen Gestaltung der sprachlichen Ausdrücke sowie dem entsprechenden kommunikativen Gewicht ihrer Bestandteile (Diskursfunktionen). Es werden zwei IS-Gliederungen angenommen ⫺ die Topik-Kommentar-Gliederung (TKG) sowie die Fokus-Hintergrund-Gliederung (FHG). Dass es sich um zwei verschiedene Gliederungen handelt, lässt sich einfach zeigen (vgl. Junghanns/Zybatow 1997 für Ru; ähnlich Junghanns/Lenertová 2007 für Cz): (8)

A: Kakoe u tebja prekrasnoe kol’co. Kto tebe ego podaril? B: Kol’co mne podaril Anton.

(Ru)

Sprecher A erfragt die Quelle von kol’co. Sprecher B macht deshalb in seinem Satz über kol’co eine Aussage. Das entspricht der Gliederung des Satzes in Topik und Kommentar. Andererseits hebt Sprecher B mit seinem Satz die Quelle von kol’co hervor ⫺ er fokussiert das Subjekt. Das nicht hervorgehobene Satzmaterial dient im gegebenen Diskurs als Hintergrund. Das ergibt für die Antwort von Sprecher B die folgende IS-Analyse: (9)

Kol’co mne podaril Anton. Topik Kommentar Hintergrund Fokus

(Ru)

In beiden Gliederungen gibt es jeweils eine saliente Größe. In der TKG ist es das Topik, in der FHG ist es der Fokus. Entsprechend ist für jede der beiden Gliederungen ein IS-Merkmal ausreichend ⫺ [TOP] in der TKG, [FOC] in der FHG. Die zu Topik und Fokus komplementären Diskursfunktionen Kommentar respektive Hintergrund ergeben sich jeweils subtraktiv. Das führt zu der folgenden Analyse: (Ru) (10) [DP: TOP Kol’co] mne podaril [DP: FOC AnTON ] Genauer: [CP [XP [DP: TOP Kol’co]i … [AgrIOP [DP mne]j … [AgrDOP ti’ … [VP [VP tk [V’ podaril [VP tj tV ti ]]] [DP: FOC AnTON ]k ]]]]] Versalien markieren die Silbe, auf der der Fokus-Akzent realisiert wird. „t“ steht für die Spur einer syntaktisch bewegten Konstituente (engl. trace). Die Diskursfunktionen werden im LM inhaltlich wie folgt bestimmt: Fokus und Hintergrund entsprechen der vom Sprecher im gegebenen Kontext als wichtig respektive weniger wichtig gekennzeichneten Information (inhaltlich anders als die von anderen Autoren angenommene Opposition alt (gegeben) vs. neu). Topik ist der Ausgangspunkt des Satzes (Aboutness topic). Der Kommentar ist eine Prädikation über das Topik. Die linke und die rechte Peripherie des Satzes stellen in gewissem Sinne informationsstrukturell saliente Positionen dar. Per Default wird das Topik des Satzes in der initialen Position (d. h., an der linken Peripherie), der Fokus in der finalen Position (d. h., an der rechten Peripherie) realisiert. Vgl. das oben gegebene Beispiel. In den slavischen Sprachen treten verschiedene Fokus- und Topikarten auf. Die Aussagen

48. Grammatik und Informationsstruktur zu den syntaktischen Positionen für die Realisierung von Diskursfunktionen sind zu vervollständigen und zu präzisieren. S. unten. Fokus Natürlicher Fokus Spezialfokus Kontrast-Fokus Verum-Fokus Abb. 48.3: Fokusarten

Topiks Externe Topiks Interne Topiks Konkrete (overte) kanonische (Subjekte, Objekte, Adverbiale) nicht-kanonische (in der Topik-Position generiertes Pronomen) Abstrakte (koverte) in thetischen Sätzen in kategorischen Sätzen Abb. 48.4: Topikarten

FHG und TKG sowie die verschiedenen Fokus- und Topikarten werden in den Abschnitten 4 und 5 charakterisiert. Die Darstellung erfolgt exemplarisch am Russischen. Punktuell werden Beispiele auch aus anderen slavischen Sprachen angeführt.

4. Fokus-Hintergrund-Gliederung 4.1. Natürlicher Fokus Der Natürliche Fokus (NF; andere Bezeichnungen: nicht-kontrastiver, neutraler, Informationsfokus u. a. m.) kennzeichnet neutral die wichtige Information. Er wird in der Regel mit fallendem Ton an der rechten Peripherie des Satzes realisiert (Default-Prinzip für Fokus-Realisierung (DPFR), vgl. Junghanns 2001, 2003). Der Exponent des NF ist die Silbe, die den lexikalischen Akzent der am weitesten rechts stehenden Wortform des Satzes realisiert. NF kann minimal, intermediär oder maximal sein. Diese verschiedenen Möglichkeiten der Fokussierung gehen einher mit der Zuweisung des Merkmals für NF ⫺ [FOC] ⫺ an die relevante Konstituente und einer entsprechenden Positionierung der Konstituente in der overten Syntax. Heuristisches Mittel zur Bestimmung der Domäne des NF ist der Fragetest, mittels dessen nach dem Teil des Satzes, der in dem gegebenen Kontext die wichtige Information einführt, gefragt wird. Maximaler Fokus liegt vor, wenn der gesamte Satz als Antwort auf Fragen der Art Was ist los? Was ist passiert? aufgefasst werden kann. D. h., in diesen Sätzen gibt es keinen Hintergrund (entspricht vollrhematischen Sätzen in der traditionellen ThemaRhema-Gliederung).

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IX. Wortstellung im Slavischen (11) Čto proisxodit? [CP: FOC Mal’čik pišet pis’MO] (Ru) Beim intermediären NF wird das Material der VP als wichtige Information gekennzeichnet. (12) Čto delaet mal’čik? [DP Mal’čik]i [VP: FOC ti pišet pis’MO] (Ru) Der minimale NF erfasst eine Konstituente wie das Objekt, das Subjekt oder eine adverbiale Angabe, nicht aber die VP oder den gesamten Satz. (13) Kto pišet pis’mo? [DP Pis’mo]j [VP [VP ti pišet tj ] [DP: FOC MAL’čik]i ] (Ru) Steht die zu fokussierende Konstituente in der basisgenerierten Abfolge nicht rechtsperipher, müssen bestimmte syntaktische Bewegungen erfolgen. Vgl. etwa die Rechtsbewegung der Subjektskonstituente im vorangehenden Beispiel oder die Linksbewegung des direkten Objektes im folgenden Beispiel. (14) Kakim sposobom brat priobrel knigu? [DP Brat]i [DP knigu]j [VP ti [V: FOC kuPIL] tj ] (Ru, vgl. AG80, II, 190)

4.2. Kontrastfokus Der Kontrastfokus (KF; andere Bezeichnung: Identifikationsfokus, vgl. Kiss 1998) ist von anderer lautlicher Gestalt und auch von anderer Diskursfunktion bzw. Bedeutung als der NF. Hinsichtlich seiner Gestalt hat er eine größere Amplitude der Tonbewegung (d. h., er setzt höher an als der NF), hinsichtlich der Bedeutung ist er immer eine Korrektur von expliziter Information oder von vorausgesetzten gemeinsamen Annahmen der Gesprächspartner. Mit der Korrektur ist die Existenz-Präsupposition eines Sachverhalts bzw. Individuums verbunden, für den/das mit der kontrastierten Konstituente eine andere Belegung behauptet wird. Das bedeutet, dass die Menge der Entitäten, über die der KF operiert, geschlossen, beim NF hingegen offen ist. Korrekturen müssen hör- bzw. sichtbar gemacht werden, weil Unwidersprochenes ansonsten bei fortschreitender Kommunikation in den gemeinsamen Hintergrund eingeht. Der KF ist im Unterschied zum NF nicht an eine bestimmte Position im Satz gebunden. Er kann links- oder rechtsperipher und auch als Binnen-KF realisiert werden. Die entsprechende Konstituente ist mit dem Merkmal des KF [FOCC] ausgestattet. Dass KF in verschiedenen Positionen realisiert werden kann, liegt an der besonderen phonologischen Markierung, die eine ausgezeichnete Position für den KF unnötig macht. Allerdings lässt sich beobachten, dass in der Tendenz die rechtsperiphere Position von der KF-Konstituente gemieden wird, da es hier zu einem positionalen Zusammenfall mit dem NF käme.

48. Grammatik und Informationsstruktur

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(15) A: Ljuda uže uexala v Jaltu? (Ru, Mehlhorn 2002, 49⫺50) B: a. [DP: FOCC MiroSLAva] uexala v Jaltu. b. V Jaltu [DP: FOCC MiroSLAva] uexala. c. V Jaltu uexala [DP: FOCC MiroSLAva].

4.3. Verum-Fokus Die Bezeichnung Verum-Fokus (VF) geht auf Höhle (1988) zurück. Der VF akzentuiert das finite Verb, hebt dadurch aber nicht den lexikalischen Inhalt des Verbs oder einen Inhaltsbestandteil der Flexionsform (z. B. Tempus/Modus) hervor, sondern die Wahrheit des entsprechenden Prädikats. D. h., der Sprecher nimmt mit dem verumfokussierten Satz einen im Vortext etablierten Sachverhalt koreferent wieder auf und bestätigt seine Wahrheit oder Falschheit. Wie der KF ist der VF hinsichtlich der Position nicht festgelegt (s. Zybatow 1999). Beim VF wird in der Syntax das Merkmal [FOCV] zugewiesen. Ob es sich in einem gegebenen Kontext um einen VF handelt, lässt sich ebenfalls durch den Fragetest ermitteln, der sich dann auf das finite Verb bezieht. (16) A: Kupit Petr knigi? (Ru) B: Da, on knigi [V: FOCV KUpit]. / Da, on [V: FOCV KUpit] knigi / ix. Im Ru fällt der VF in zusammengesetzten Tempusformen auf das Auxiliar. (17) A: Igor’ budet pererabatyvat’ svoju stat’ju? B: Da, on [T: FOCV BUdet] ee pererabatyvat’.

(Ru)

Da es im Ru nur sehr wenige zusammengesetzte Verbformen gibt, können Entscheidungsfragen mit Akzent auf dem Vollverb nur aus dem Kontext heraus entweder als Verum-Frage oder als explikative Frage verstanden werden. Isoliert lässt eine Frage wie im folgenden Beispiel verschiedene Antworten zu: (18) A: Igor’ sokraTIL svoju stat’ju? (Ru) B: Antwort 1 (VF): Net, ešče ne sokraTIL. Antwort 2 (KF): Net, ne sokraTIL, a polnost’ju pereraBOtal. Die freie Position des verumfokussierten Verbs geht ⫺ ähnlich wie bei der freien Position des KF ⫺ mit der Tendenz einher, die rechte Peripherie des Satzes für den VF zu meiden, um eine Ambiguität mit der NF-Position zu verhindern. In den slavischen Sprachen kann VF auch auf einem verifikationellen Satzadverbial (Junghanns 2006) realisiert werden. Vgl.: (19) Ona poprosila ego peredat’ dvadcat’ rublej. I on [AdvP: FOCV dejstVItel’no] peredal ix. (Ru)

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IX. Wortstellung im Slavischen (20) Ja [AdvP: FOCV saprau˘DY ] adčuvaju sjabe ne vel’mi. (Wru) (21) […] přece snad víte, že máme v Ondřejově Koubkovy …“ (Cz) a to jsme [AdvP: FOCV Opravdu] věděli.

4.4. Fokus-Prosodie Das Russische ist eine Intonationssprache. D. h., bestimmte Bedeutungen werden über Akzentuierung (pitch) ausgedrückt. Informationsstrukturelle Merkmale beinhalten also eine bestimmte Stellung im Satz und eine prosodische Ausformung. Das erlaubt, Intonationskonturen auf Grund der kommunikativen Absicht des Sprechers zu beschreiben. In jedem Satz gibt es mindestens einen Satzakzent, der auf dem Fokusexponenten (FE) ⫺ der prominentesten Silbe im Satz ⫺ realisiert wird. Diese akzentuierte Silbe ist bezüglich mehrerer phonetischer Parameter ausgezeichnet: mit der Betonung erfolgt normalerweise eine Änderung der Grundfrequenz, der Lautstärke, der Dauer und im Ru auch der Artikulationsgenauigkeit (vgl. Gabka 1987). Für das Verständnis des Zusammenspiels von IS und Prosodie ist wichtig, dass nicht allein lokale Eigenschaften betrachtet werden, sondern auch die prosodische Ausformung aller anderen Konstituenten des Satzes (relationale Betrachtungsweise prosodischer Eigenschaften). Für den NF ist im Ru HL* (Fall der Grundfrequenz am Satzende) kennzeichnend (vgl. Mehlhorn 2002; zur Notation ⫺ Charakterisierung von Tönen etc. ⫺ s. Pierrehumbert 1980 und Alter 2002). Außerdem tritt eine Längung der Silbe, auf der der FokusAkzent realisiert wird, ein. Desweiteren ist ein nicht-flacher sonstiger Tonhöhenverlauf zu verzeichnen. KF lässt sich mit LH*L (Anstieg und beginnender Fall auf der akzentuierten Silbe) charakterisieren. Außerdem tritt eine starke Längung der akzentuierten Silbe ein. Der sonstige (vor allem der post-fokale) Tonhöhenverlauf ist flach. Bei (satzfinalem) KF wird im Unterschied zu minimalem NF eine eigene Intonationsphrase gebildet (Alter, Mleinek & Richter 2000). Nach Mehlhorn (2002) besitzt der VF die gleiche prosodische Realisierung wie der KF. Künftige Untersuchungen müssen zeigen, ob die inhaltliche Unterscheidung von VF und KF eine prosodische Diskriminierung tatsächlich überflüssig macht oder ob es nicht etwa bislang unentdeckte prosodische Charakteristika gibt, die für den VF spezifisch sind.

5.

Topik-Kommentar-Gliederung

5.1. Interne Topiks Interne Topiks können overt oder kovert (abstrakt) sein. Overte interne Topiks werden linksperipher realisiert.

48. Grammatik und Informationsstruktur Bei den kanonischen internen Topiks am linken Satzrand handelt es sich um Konstituenten, die Argumente des Verbs oder auch Adjunkte sein können. Nur referierende Ausdrücke können das Topik des Satzes sein. Dazu zählen definite und spezifischindefinite Ausdrücke, also z. B. nominale Ausdrücke (DPn) sowie lokale und temporale Adverbiale. Hingegen sind nicht-referierende Ausdrücke keine Topiks. Dazu zählen z. B. modale Adverbiale sowie Satzadverbiale. In der Syntax wird der entsprechenden Konstituente das Topik-Merkmal [TOP] zugewiesen. Die Zuweisung des [TOP]-Merkmals kann overte Bewegung auslösen. [TOP] wird semantisch-konzeptuell interpretiert (Diskursfunktion „Topik“). Die Realisierung der TKG hat Auswirkungen auf die prosodische Gestaltung des Satzes (Topik-Prosodie). Die syntaktische Position des internen Topiks ist die Position des Adjunktes (des hierarchisch höchsten Adjunktes) einer Phrase in der funktionalen Superstruktur der VP. Hier sei Adjunktion an AgrSP angenommen. Diese Position soll für alle internen Topiks gelten. Das ist auch vereinbar mit der Beobachtung, dass im eingebetteten Satz das Topik dem Komplementierer (der Konjunktion) folgt, also eine syntaktische Position, die hierarchisch niedriger als C ist, besetzt. (22) [CP [AgrSP [DP: TOP Jabloko]i [AgrSP ona tajkom podarila MAL’čiku ti ]]] (Ru) (23) On skazal, [CP [C čto] [AgrSP [DP: TOP jabloko]i [AgrSP ona tajkom podarila MAL’čiku ti ]]] (Ru) Neben den neutralen gibt es auch kontrastierte Topiks (I-Topiks), die mit einem speziellen Intonationsmuster, der so genannten „Hutkontur“ ⫺ andere Bezeichnungen: bridge (Wunderlich 1991), Brückenakzent (Büring 1996) und Wurzelkontur (Jacobs 1996) ⫺ in Verbindung zu bringen sind. Das Wesen der Hutkontor besteht darin, dass Sätze mit kontrastierten Topiks zwei markante prosodische Stellen (peaks) in der Grundfrequenz-Kontur aufweisen ⫺ das kontrastierte Topik und den Satzakzent. a.

/

b. LH* c.



\ HL* \

Abb. 48.5: Varianten der Etikettierung von Hutkonturen

Kontrastierte Topiks sind ein Textphänomen, das sich über einen Satz oder mehrere Sätze hinweg erstreckt. Der Kontrast kann explizit, implizit und in Teiltopiks zum Ausdruck gebracht werden. Explizite kontrastierte Topiks finden sich z. B. in Aufzählungen, häufig in Form von syntaktischen Parallelkonstruktionen. (24) Teper’ kartina byla takaja. /KOŠka sidela na od\NOJ vetke, a /PTIČka ⫺ na dru\GOJ, podal’še ot koški. A /VOLK chodil vokrug \DEreva i smotrel na nich žadnymi glazami … (Ru)

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IX. Wortstellung im Slavischen Explizite kontrastierte Topiks sind vor allem in narrativen Texten ein beliebtes Textbauprinzip. Diese Art der Gegenüberstellung von Topiks aus einem „Topik-Pool“ (Zybatow/Junghanns 1998) schafft Spannung. Oftmals sind nicht nur die Topiks kontrastiv aufeinander bezogen, sondern auch die Foki. Bei impliziten Kontrasten ist die spezielle Akzentuierung des Topiks ein Hinweis darauf, dass eine Alternative zu dem kontrastierten Topik impliziert werden kann. D. h., die Alternative wird vom Sprecher mit gemeint, aber nicht explizit gemacht. (25) Petja, navernoe, vse ešče obižaetsja na menja. No ja priglasil ego na svoju svad’bu. /V Ėtom otkazat’ on mne ne \MOžet. (Implikation: Petja könnte mir alles Mögliche abschlagen: mit mir ins Konzert zu gehen, mir beim Umzug zu helfen usw., aber zu meiner /HOCHzeit muss er \KOMmen.) (Ru, Mehlhorn 2002, 61) Kontrastierte Teiltopiks werden eingesetzt, wenn die erfragte Entität aus mehreren Teilentitäten besteht oder es sich um eine unvollständige Antwort handelt (d. h., es gibt mindestens noch ein weiteres Teiltopik). (26) Ja slyšal, xudožnik zakončil rabotu. Por/TRET o\KONčen, a natjur/MORT ešče ne go\TOV. (Ru, vgl. Mehlhorn 2001, 63) In slavischen Sprachen können bestimmte pronominale Elemente (z. B. ėto im Ru, to im Cz) als Topik fungieren. Diese haben nicht den Status eines Satzgliedes. Sie müssen in der Topik-Position basisgeneriert sein. Deshalb können sie als nicht-kanonische interne Topiks betrachtet werden. Für eine detaillierte Darstellung s. Junghanns (1997). Vgl. auch Progovac (1998). Häufig treten diese pronominalen Topiks mit adjazentem KF auf. Deshalb sind die entsprechenden Sätze mit Spalt-Konstruktionen verglichen worden (Gundel 1988; King 1993). King (1993) zeigt jedoch, dass eine syntaktische Spalt-Konstruktion nicht vorliegt. Außerdem treten die pronominalen Topiks ebenfalls häufig in Sätzen auf, in denen kein KF realisiert wird. Das zeigt, dass das Pronomen nicht ein KF-induzierendes Element sein kann bzw. dass das Auftreten von KF keine Bedingung für seine Realisierung ist. Im Text- und Situationszusammenhang stiften die nicht-kanonischen internen Topiks Kohärenz. (27) (Na obedennom stole čto-to stuknulo.) [CP [AgrSP [DP: TOP Ėto] [AgrSP Nikanor Ivanovič uronil ložku na kleENku ]]] (Ru) (28) [CP [AgrSP [DP: TOP To] [AgrSP nemusí nic KONstruovat ]]] (Cz) In den slavischen Sprachen gibt es Sätze, deren initiale Konstituente keine Topik-Interpretation erhalten kann. Einen solchen Fall stellen Sätze dar, die mit dem finiten Verb beginnen.

48. Grammatik und Informationsstruktur (29)

Posadil ded repku.

(Ru)

Für diese Sätze wird ein abstraktes Topik angenommen ⫺ dergestalt, dass der funktionale T(empus)-Kopf das Merkmal [TOP] erhält, wodurch eine overte Anhebung des Verbs aus der VP heraus nach T ausgelöst wird. Diese Anhebung macht aber nicht das Verb selbst zum Topik, sondern schafft ein overtes Indiz dafür, dass der Satz über Eigenschaften der Situation (in der Regel die Situationszeit) redet ⫺ daher die Bezeichnung „abstraktes Topik“. (30) [CP [AgrSP [TP [T Posadil T[TOP] ] … [VP ded tV REPku ]]]] (Ru) Abstrakte Topiks, die mit overter Verb-Anhebung einhergehen, können in kategorischen Sätzen realisiert werden (vgl. das obige Beispiel). Kennzeichnend sind sie für thetische Sätze. S. unten für mehr Details.

5.2. Externe Topiks Während interne Topiks eine Strukturposition innerhalb des Satzes besetzen, werden externe Topiks deutlich außerhalb des eigentlichen Satzes realisiert. Vgl.: (31) [DP: TOP Moskva], [CP ona gorodam mat’] (Ru) (32) [DP: TOP Karel], [CP ten se má dobře] (Cz, Trávníček 1931, 135) Dem externen Topik folgt ein grammatisch vollständiger Satz. Der Satz enthält in der Regel einen Ausdruck, der das externe Topik anaphorisch aufgreift. Dieser Ausdruck kann, muss aber nicht das interne Topik des Satzes sein. Externes Topik und Satz trennt eine Intonationspause (orthographisch verschieden wiedergegeben, z. B. durch Komma). Für eine detaillierte Beschreibung s. Zybatow/Junghanns (1998). Externe Topiks werden im Rahmen des LM als basisgeneriertes CP-Adjunkt analysiert. (33) [CP [DP: TOP Karel], [CP ten se má dobře]] (Cz)

5.3. Topik-Prosodie Gewöhnliche (nicht-kontrastierte) Topiks sind durch LH* (Anstieg der Grundfrequenz) auf der prosodisch prominenten Silbe gekennzeichnet (vgl. Alter/Junghanns 2002). Die so akzentuierte Silbe des Topiks wird gedehnt (vgl. Mehlhorn 2002, 168).

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IX. Wortstellung im Slavischen Nach einem externen Topik wird eine (prosodisch signifikante) Pause insertiert. Hingegen erfolgt nach einem internen Topik keine Pauseninsertion. Vgl. Alter/Junghanns (2002). Für die akzentuierte Silbe kontrastierter Topiks vermerkt Mehlhorn (2002, 161 ff.) eine Kombination aus Anstieg und beginnendem Fall der Grundfrequenz: LH*L. Bei kontrastierten Topiks ist der wieder einsetzende Fall der Grundfrequenz lediglich angedeutet, während er bei KF und VF, die ebenfalls ein lokales LH*L-Muster zeigen, sehr viel steiler und länger verläuft. Außerdem konstatiert Mehlhorn (2002, 168) eine im Vergleich zum neutralen Topik wesentlich längere Dehnung der akzentuierten Silbe des kontrastierten Topiks. Für alle Topiks gilt, dass im Satz außer der Grundfrequenzveränderung auf dem Topik auch ein Fokus-Akzent realisiert wird.

6. Besondere Fälle 6.1. Rechtswärtige Defokussierung Neben der kanonischen Positionierung des Exponenten von NF an der rechten Peripherie des Satzes kennen die slavischen Sprachen eine weitere Strategie für die Realisierung von NF ⫺ Rechtswärtige Defokussierung (RD, vgl. Junghanns 2001). Ein Algorithmus, der Kopieren und komplementäre Tilgung vorsieht, erlaubt es, Sätze mit linksperipherem (maximale RD) bzw. nicht-peripherem (partielle RD) Fokus-Exponenten abzuleiten. Postfokales Material wird mit einer charakteristischen flachen Intonation realisiert. (34) Kto povedet Mizara? ⫺ [DP: FOC JA] povedu Mizara. (Ru) (35) [DP: FOC TEta] ti to vzkazuje. (Cz) (36) [PP: FOC Před třomi TYdźenjemi] sym posledni raz do Budyšina jěł. (OSorb) (37) Koj piše? ⫺ [DP: FOC UčeNIkăt] piše. (Bg) (38) A Ivašu prošlym godom [DP: FOC taTAry] uveli. (Ru) (39) Ščo vona kupuvatyme v kramnyci? ⫺ Vona kupuvatyme [DP: FOC suKENku] v kramnyci. (Ukr) (40) Decata koj šte zavede na cirk? ⫺ Decata [DP: FOC MAma] šte zavede na cirk. (Bg)

48. Grammatik und Informationsstruktur

6.2. Thetische Sätze Die Unterscheidung thetischer und kategorischer Urteile (Brentano 1956; Marty 1884, 1894/1895, 1897) ist für die Beschreibung von Sätzen natürlicher Sprachen übernommen worden. Aus linguistischer Sicht sind thetische und kategorische Sätze jeweils durch ein Ensemble charakteristischer Eigenschaften gekennzeichnet (vgl. Junghanns 2002b, 185). Thetische Sätze stechen vor allem durch ihren monolithischen Charakter hervor. Alles overte Material gehört zum Fokus. Thetische Sätze enthalten keine overten Hintergrund-Konstituenten. Gleichzeitig gehört alles overte Material zum Kommentar. Ein overtes Topik tritt nicht auf. Satzinitiale adverbiale Ausdrücke haben den Status von „Kulissen“. Der Fokus-Akzent wird auf dem Subjekt realisiert. Thetische Sätze slavischer Sprachen haben zwei Ausprägungen ⫺ das prosodisch prominente Subjekt folgt dem Verb, oder es geht dem Verb voran. Diese Oberflächenausformungen resultieren aus syntaktischen Bewegungen, s. unten. (41) a. [CP: FOC Sgorela [DP RAtuša]] b. [CP: FOC [DP RAtuša] sgorela ] (Ru) (42) a. [CP: FOC Volal [DP MANžel]]

b. [CP: FOC [DP MANžel] volal ] (Cz)

(43) a. [CP: FOC Započna [DP vojNA]] b. [CP: FOC [DP VojNA] započna ] (Bg) (44)

[CP: FOC [AdvP Nahoře] zazvonil [DP TElefon]] (Cz)

6.3. Overte Bewegung des Verbs Das Verb kann in einer ganzen Reihe von Fällen overt angehoben werden und somit links von seiner ursprünglichen Position erscheinen. In thetischen Sätzen (s. oben) erhält der T(empus)-Kopf das Topik-Merkmal ⫺ die Situationszeit ist das Topik des Satzes (abstraktes Topik). Das Verb wird aus der VP heraus angehoben. Es adjungiert an T, um die Realisierung des abstrakten Topiks zu markieren (vgl. Zybatow/Junghanns 1998, 41⫺43). Evidenz für die Bewegung findet sich in der Positionierung des Verbs links von einem Adverb, das die linke VPGrenze markiert. (45) [CP: FOC [TP [T Sgorela T[TOP] ] [VP tV [DP RAtuša]]]] (Ru) (46) Pošli [VP [AdvP odnaždy] [VP tV dva brata … (Ru) Abstrakte Topiks treten auch in maximal fokussierten kategorischen Sätzen auf. Im Falle transitiver Verben führt die Anhebung von V nach T zu einer VSO-Abfolge in der Satzoberfläche (vgl. Zybatow/Junghanns 1998, 46⫺47). S. auch unten zu King (1993).

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IX. Wortstellung im Slavischen (47) [CP: FOC [TP [T Uvidela T[TOP] ] … [VP [DP devočka] tV [DP VOLka]]]] (Ru) In Sätzen mit VP-Fokus kann es zu einer abstrakten Aufspaltung der Bedeutungsbestandteile des Verbs kommen. Der deskriptive Gehalt des Verbs gehört zum VP-Fokus. Das Verb wird aber overt zum Fin(itheits)-Kopf angehoben, wodurch wiederum die Realisierung eines spezifischen Topiks markiert wird ⫺ die Situation als solche ist das Topik des Satzes. (48) zeigt die Analyse. (49)⫺(51) illustrieren den Fall. (48) [CP [FinP [Fin V Fin[TOP] ] [TP DP [T’ … [VP: FOC tDP tV … ]]]]] (49) Katerina L’vovna vdrug poblednela, […] [V Postojala] ona sredi komnaty […] (Ru) (50) […], [V nacëhsja] ën damou˘, […] (Wru) (51) Parę dni później [V był] on świadkiem rozmowy. (Po, vgl. Górna 1976, 212) Wenn der Sprecher ein non-overtes Subjekt-Pronomen zum Topik macht (pro-dropTopik, vgl. Junghanns 2002b, 48⫺51), wird das Verb overt angehoben, denn es identifiziert mit seinen Kongruenzmerkmalen das pronominale Subjekt. Der Fall ist im Cz belegt: (52) [DP: TOP pro] uděláme [DP vám] [VP: FOC tpro tV tDP [DP KÁvu]] (Cz) Im Cz kann das Verb generell overt angehoben werden, wenn im Satz Default-Fokus realisiert wird (vgl. Junghanns 2002b, 45⫺48). Default-Fokus ist im affirmativen Satz VP-Fokus, im negierten Satz NegP-Fokus. S. auch unten die Beispiele (61), (62) von Sgall et al. (1980). (53) [DP: TOP Hladík] zvedl [VP: FOC [AdvP překvapeně] [VP tDP tV HLAvu]] (Cz)

6.4. Bewegung in nicht-minimalen IS-Domänen Es gilt das Prinzip, dass Bewegung in nicht-minimalen informationsstrukturellen Domänen die intendierte IS nicht beeinträchtigen darf (vgl. Junghanns 2002b, 153⫺160). Es treten Bewegungen verschiedener Art auf. Hier seien nur einige Fälle exemplarisch genannt. Das Subjekt thetischer Sätze kann sich in eine Position links vom overt angehobenen Verb bewegen (vgl. Junghanns 2002b, 173): (54) [CP: FOC [DP RAtuša] … [T sgorela T[TOP]] … [VP tV tDP ]] (Ru)

48. Grammatik und Informationsstruktur Im Cz kann sich die den Fokus-Exponenten enthaltende Konstituente in die initiale Position eines maximal fokussierten kategorischen Satzes bewegen (vgl. Lenertová/ Junghanns 2007): (55) Co je nového? ⫺ [CP: FOC [DP MARtu] jsem potkala tDP ] (Cz) Adverbiale Ausdrücke, die zum Hintergrund des Satzes gehören und einander nicht in den Skopus nehmen, können frei permutieren (vgl. Junghanns 2002b, 159): (56) A: Čem deti v sadu do obeda zanimalis’? (Ru) B: Antwort 1 Deti [PP v sadu] [PP do obeda] [VP: FOC igrali v PRJATki] Antwort 2 Deti [PP do obeda] [PP v sadu] [VP: FOC igrali v PRJATki]

7. Andere Ansätze Adamec (1966) unternimmt den Versuch einer gewissen Abstraktion von der Satzoberfläche, fasst Syntax aber rein linear auf und kann Unterschiede wie z. B. Thema α im Rhema ω („intrajadernaja osnova“) vs. Thema vor komplexem Rhema zwar als stilistische Variation benennen, nicht aber syntaktisch klären. Vgl.: (57) a. Vstretil ja druga. Typ: (V ⫺ Sα ⫺ C)ω b. Ja vstretil druga. Typ: Sα ⫺ (V C C)ω (Ru, Adamec 1966, 66) Mehlig (1994) hält die in der neueren linguistischen Literatur (vgl. z. B. Jacobs 1992) vorgenommene Unterscheidung von TKG und FHG ⫺ s. oben ⫺ zur Beschreibung der IS für nicht ausreichend und bezieht als weitere Größe die kommunikative Funktion der Äußerung im jeweiligen Textzusammenhang ein, die er nach der Art der Prädikation in drei Typen unterteilt: existentiell-informativ (Prädikation informiert über Existenz und Art eines Sachverhalts), existentiell-verifikativ (Existenz des Sachverhalts ist vorausgesetzt und wird durch Äußerung verifiziert) und explikativ (Existenz des Sachverhalts ist vorausgesetzt und wird durch Äußerung näher beschrieben oder die Richtigkeit der Beschreibung verifiziert). Die explikativen Prädikationen werden noch einmal in vier Untertypen unterteilt, so dass sich für die kommunikativen Funktionen der drei Prädikationen bei Mehlig folgendes Gesamtbild ergibt: (58) Existentiell-informativ V gostinoj so svetlo⫺golubymi obojami ob’’jasnjalis’ v LJUBVI Y. (Ru, Mehlig 1994) Versalien kennzeichnen die Lage des Satzakzentes. [ markiert steigenden, Y fallenden Tonhöhenverlauf.

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IX. Wortstellung im Slavischen (59) Existentiell-verifikativ ⫺ Lili i ego drug uže OB’’JASNILIS’[ v ljubvi? ⫺ Net, poka oni ešče ne OB’’JASNILIS’ Y. (60) Explikativ a. Explikativ-komplementativ-spezifizierend ⫺ Čto Igor’ čitaet? ⫺ (On čitaet) „Vojnu i mir“. [entspricht minimalem Fokus im Leipziger Modell] b. Explikativ-komplementativ-propositional ⫺ Otkuda ty znaeš’? ⫺ MAMA Y zvonila. c. Explikativ-verifikativ-spezifizierend ⫺ Vy vstretilis’ v UNIVERSITETE [? ⫺ Da, (my vstretilis’) v UNIVERSITETEY. d. Explikativ-verifikativ-propositional ⫺ Igor SOKRATIL [ svoju stat’ju? ⫺ Net, ne SOKRATIL[, a polnost’ju PERERABOTALY. Diese Klassifizierung modifiziert und erweitert das von Bally (1950) vorgelegte Schema zur Fragenklassifizierung, das von einigen Autoren zur Beschreibung der kommunikativen Funktion von Äußerungen übernommen wurde (z. B. Adamec 1966, 26 ff.; AG80, II, 259 ff.). Die feingliedrige Aufteilung kommt dadurch zustande, dass Mehlig zur Bestimmung der IS allein den Fragetest bemüht, ohne Qualität und Position des Satzakzents (Fokus-Exponenten) sowie die syntaktische Struktur (Basis- oder abgeleitete Struktur) zu berücksichtigen und sich deshalb gezwungen sieht, FHG erster und zweiter Stufe zu unterscheiden. (Die FHG erster Stufe bezieht sich auf die Unterscheidung zwischen alter und neuer Information innerhalb der Sachverhaltsbeschreibung, die FHG zweiter Stufe auf die kommunikative Funktion von Prädikationen im Textzusammenhang.) Das Leipziger Modell erfasst hingegen die verschiedenen kommunikativen Funktionen über die Unterscheidung verschiedener Fokusarten (NF, KF, VF), die unterschiedliche prosodische und positionale Charakterisierungen aufweisen und unterschiedliche pragmatische Bedeutungen haben. S. oben. Janko (2001) liefert für das Russische eine an Sprechakttheorie und Pragmatik orientierte Beschreibung kommunikativer Strategien, die sie mit der semantischen Struktur der Sätze sowie mit der Struktur des Diskurses in Verbindung bringt und die sich in entsprechenden kommunikativen Strukturen niederschlagen. Zur Wiedergabe kommunikativer Bedeutungen dienen Intonation, Wortordnung und lexikalische Mittel. Zwar benutzt Janko den Begriff der syntaktischen Konstituente (sintaksičeskaja sostavljajuščaja), jedoch verwendet sie keine explizite, klar hierarchisierende Syntax, sondern greift allein auf linear organisierte Strukturen zurück. Die Vertreter der Funktionalen Generativen Beschreibung (funkční generativní popis, Functional Generative Description; vgl. Sgall/Hajičová/Buráňová 1980; Sgall/Hajičová/Panevová 1986; Hajičová/Partee/Sgall 1998) betrachten die aktuelle Gliederung als eine Beschreibung der Bedeutung des Satzes. Die Repräsentation der Bedeutung erfolgt auf der so genannten Tektogrammatischen Ebene. Das Darstellungsformat ist

48. Grammatik und Informationsstruktur ein Abhängigkeitsbaum. Die Links-Rechts-Ordnung der Knoten ergibt sich in Übereinstimmung mit der Kommunikativen Dynamik (KD; Begriff von Firbas, vgl. z. B. Firbas 1992). Die lineare Ordnung der Knoten weist eine Grenze auf, die Thema (Topik) und Rhema (Fokus) scheidet. Zum Topik gehören alle kontextuell gebundenen Elemente, während der Fokus die ungebundenen Elemente umfasst. Mithin ergibt sich eine Topik-Fokus-Gliederung (Topic-Focus Articulation ⫺ TFA). Die Herstellung der Tektogrammatischen Repräsentation (TR) für einen konkreten Satz erfolgt algorithmisch (Generierung der Struktur). Die lineare Ordnung der Knoten im Fokus-Bereich entspricht der so genannten Systemischen Ordnung (SO), die für jede einzelne Sprache fest vorgegeben sein soll. Die lineare Ordnung der Knoten im Topik-Bereich wird durch die KD determiniert. Die TR wird nach bestimmten Regeln in die Oberflächenstruktur des Satzes überführt. Da es sich bei der TR, die die aktuelle Gliederung des Satzes enkodiert, um eine semantische Repräsentation handelt, ist kein direkter Bezug zur Oberflächenform des Satzes gegeben. Somit ist das Modell auch nicht unmittelbar falsifizierbar. Es wird nur eine einzige Gliederung angenommen. Die TFA reicht für die Erfassung der Informationsstrukturierung in slavischen Sprachen aber nicht aus. So bleibt u. a. die Positionierung des Verbs in der Satzoberfläche wie im Falle thetischer Sätze (vgl. Junghanns/Lenertová 2007, 246⫺248) oder bei Fokussierung der VerbPhrase (VP) wie in den folgenden Beispielen ohne Erklärung (vgl. Junghanns 2002b, 20⫺21). (61) Podrobnější popis slovenských vod najde čtenář v knize Športové RYBÁRSTVO, … (62) Ta skripta včera půjčila Zdeňka MARII. (Cz, Sgall/Hajičová/Buráňová 1980, 69 und 116) Bailyn (1995) gehört mit King (1993) zu den ersten, die die Variabilität der Wortstellung in einer slavischen Sprache (Ru) im Rahmen eines formalen Modells zu erfassen versuchen. An seinem Ansatz sind vor allem die syntaktischen Analysen interessant. Hinsichtlich der Annahmen zur IS geht Bailyn nicht über die Prager Linguisten sowie Gundel (1988) hinaus. So nimmt auch er nur zwei Diskursfunktionen an ⫺ Topik und Fokus (bzw. Kommentar), vgl. Bailyn (1995, 183 und 269). Dem Kontrastfokus billigt er nicht den Status eines eigenen Typs zu, wenngleich er Unterschiede bei der Fokussierung im Russischen erkennt. Für die Repräsentation der Diskursfunktionen schlägt er eine zusätzliche Ebene vor (Functional Form, vgl. Bailyn 1995, 270). Das stellt eine unnötige Erweiterung der Grammatik dar. Viel ökonomischer ist der Vorschlag von King (1993, publiziert 1995). Sie erfasst Diskursfunktionen ebenfalls im Rahmen einer generativen Grammatik, kommt aber ohne eine zusätzliche Repräsentationsebene aus. King macht die folgenden Annahmen: (i) Die Wortfolge wird durch die syntaktische Struktur determiniert. (ii) Die Default-Abfolge im Ru ist VSO, was sich aus der obligatorischen overten Anhebung des Verbs zu einem funktionalen Kopf ergibt. (iii) Diese Default-Abfolge wird in der Regel durch Bewegungen anderer Konstituenten verdeckt. (iv) Konstituenten bewegen sich in bestimmte syntaktische Positionen, um bestimmte Diskursfunktionen zu erfüllen. Solche Bewegungen werden durch Merkmale ausgelöst ⫺ [TOP] für Topiks, [CF] für Fokus. (v) Verschiedene Topik- und Fokus-Typen werden syntaktisch und phonolo-

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IX. Wortstellung im Slavischen gisch unterschiedlich enkodiert. (vi) Es gibt keine „stilistischen“ Umordnungen. In ihrem Modell ergibt sich eine einzige IS-Gliederung des Satzes mit Topik(s), diskursneutralem Material und Fokus als Bestimmungsstücken, mithin eine ternäre IS-Gliederung. Nicht alle Annahmen von King halten einer kritischen Prüfung stand. So kann gezeigt, werden, dass das Verb im Ru nicht immer overt angehoben wird ⫺ (63). Das entzieht ihrer Ableitung von VSO-Sätzen wie (64) die Grundlage, was auch die Annahme von Ru als VSO-Sprache unterminiert. (63) Maša [VP vnimatel’no [VP čitaet gazetu]]. (Ru, Junghanns/Zybatow 1997, 298) (64) Prislal muž den’gi. (Ru, King 1995, 98) Da King nur eine IS-Gliederung annimmt und somit bei nicht-fokalen Satzbestandteilen nicht zwischen Topik und anderen Hintergrund⫺Konstituenten unterscheiden kann, muss sie den weiten Topik-Begriff von Yokoyama (1986) ⫺ „material of shared current concern“ ⫺ übernehmen, um Sätze wie (65) mit mehr als einer linksverschobenen Konstituente ableiten zu können. Sie konzediert freilich, dass es einen restriktiveren Topik-Begriff ⫺ Gegenstand der Prädikation ⫺ gibt (vgl. King 1995, 93). (65) Staruju lodku my prodali. (Ru, King 1995, 107) Desweiteren nimmt King an, dass KF in der Regel präverbal realisiert wird, obwohl das Ru weitere Positionen für KF zulässt. VF ⫺ neben NF und KF der dritte Typ von Fokus im Ru (vgl. Zybatow 1999 und s. oben) ⫺ erwähnt King nicht. Ungeachtet der kritischen Punkte hat sich King um die formale Beschreibung slavischer Sprachen verdient gemacht. Erstmals wurde in der Beschreibung des Ru ein Zusammenhang zwischen der IS des Satzes und einer expliziten Syntax hergestellt. Im Zusammenhang zwischen Satz-Syntax und IS liegt auch das Erklärungspotential für die beobachtbaren Wortfolgen. Das war letztlich, was Mathesius anzustreben vorschlug. Variation in der Wortfolge wird bei King zurückgeführt auf die Realisierung bestimmter Diskursfunktionen durch unterschiedliche Konstituenten. Anders als in der traditionellen Grammatik beschreibt King diese mit der Realisierung der Diskursfunktionen einhergehenden Variationen der Wortfolge nicht einfach als einfache Teilung in der Linearisierung des Satzes, sondern als Ergebnis der Besetzung bestimmter, klar definierter Positionen in der syntaktischen Hierarchie des Satzes. Die lineare Organisation des Satzes und somit auch die klassische Gliederung in Diskursfunktionen ist nach King abgeleitet aus (und somit abhängig von) der hierarchischen Struktur des Satzes. Ein anderes Modell schlägt Arnaudova (2003) für das Bg vor. Sie folgt Annahmen u. a. von Cinque (1993), Zubizarreta (1998) sowie Kiss (1998) zum Zusammenhang zwischen Fokus-Realisierung und Intonation. Arnaudova unterscheidet zwei Arten von Fokus ⫺ (i) den Prädikationsfokus, der ein Topik identifiziert (sonst in der linguistischen Beschreibung gewöhnlich als Kommentar bezeichnet), und (ii) den ArgumentFokus, bei dem eine präsuppositionale Assertion, die eine Variable oder eine Alternativenmenge enthält, saturiert werden muss. Letzterer hat zwei Untertypen: (iia) Infor-

48. Grammatik und Informationsstruktur mationsfokus (IF) und (iib) Kontrastfokus (KF). IF kommt durch die Applikation zweier Regeln (Nuclear Stress Rule, Focus Prosody Rule) zustande. So genannte Prosodische Bewegung gleicht Diskrepanzen zwischen den beiden Regeln aus. Für KF nimmt Arnaudova dagegen ein formales Merkmal an, das Bewegung zur höchsten Projektion im IP-Feld induziert. Die Wortstellung im Bg sieht Arnaudova durch zwei unterschiedliche Bereiche der Grammatik determiniert ⫺ zum einen durch die Syntax, in der uninterpretierbare Fokus-Merkmale auftreten können, zum anderen durch den Bereich der Interaktion zwischen Intonation und Fokus. Die von Arnaudova behaupteten Unterschiede bei der theoretischen Erfassung der Fokussierung und der Ableitung der Wortstellung wirken artifiziell und angesichts existierender alternativer Vorschläge unnötig. Prosodische Bewegung, wie von ihr für das folgende Beispiel vorgeschlagen, wird im Rahmen des Leipziger Modells (s. oben) als gewöhnliche syntaktische Bewegung des Objektes in eine Hintergrund-Position erfasst. (66) Čete kniga {Marija}IF (Bg, Arnaudova 2001a, 370) Die von ihr für (67) angenommene Bewegung der kontrastfokussierten Konstituente in eine entsprechende syntaktische Phrase, ausgelöst durch ein uninterpretierbares Merkmal, konfligiert mit der Tatsache, dass KF im Bg auch in situ realisiert werden kann. Vgl. (68a) und (68b). (67) [F Marija] čete knigata (ne Ivan / ne njakoj drug) (Bg, Arnaudova 2001b, 24) (68) a. Ivan [NA MARIJA]KF se obadi. b. Ivan se obadi NA MARIJA. (Bg, vgl. Arnaudova 2000) Slioussar (2007) unterscheidet zwischen einem im Diskurs verankerten IS-System (Discourse IS System) und einem Grammatischen IS-System (Grammatical IS System) und geht der Frage nach, welche Informationen aus ersterem in letzteres gelangen. Objektsprache ist primär das Russische. Ihre Syntax beruht auf minimalistischen Annahmen (Chomsky 2001, 2004, 2005). Syntaktische Konfigurationen enkodieren IS relational. Auf IS-Merkmale greift Slioussar nicht zurück. Diskurs-Entitäten werden hinsichtlich zweier zusammenhängender Skalen bewertet ⫺ Zugänglichkeit (accessibility) und Salienz (saliency). Unterschiede in Zugänglichkeit und Salienz entscheiden über die Positionierung der mit den Diskurs-Entitäten korrelierenden Konstituenten in der syntaktischen Struktur (vgl. Slioussar 2007, 44, (2.7)). Entsprechend lassen die syntaktischen Positionen von Konstituenten auf ihre relative Zugänglichkeit und Salienz schließen (vgl. Slioussar 2007, 31, (2.2)). Slioussars Ansatz taugt für ein Modell der Informationsstrukturierung, das nur zwei Diskursfunktionen (bzw. deren graduelle Ausprägung) vorsieht. In einer Richtung der Skalen werden die Diskurs-Entitäten zugänglicher und weniger salient, in der anderen Richtung weniger zugänglich und gleichzeitig salienter. Diese Verknüpfung kann Slioussar nicht auflösen, weil ein separater Bezug auf die syntaktische Strukturbildung nicht möglich ist. Darin liegt eine konzeptionelle Schwäche dieses Ansatzes. Nicht entscheidbar ist der Fall, dass in einem gegebenen Diskurs

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IX. Wortstellung im Slavischen zwei (oder mehr) Entitäten gleichrangig hinsichtlich Zugänglichkeit und Salienz sind. Im Diskurs kommt es z. B. häufig zur Bildung eines Topik-Pools (Zybatow/Junghanns 1998), so dass mehrere eingeführte Diskurs-Entitäten gleichermaßen als Topik verfügbar sind. Die konkrete Wahl des Topiks durch den Sprecher kann in diesem Falle nicht mittels relativer Zugänglichkeit und Salienz modelliert werden. Für ein Modell, das mit IS-Merkmalen arbeitet, entsteht das Problem nicht.

8. Desiderata der Forschung Zu den offenen Fragen der Forschung zur Informationsstrukturierung in slavischen Sprachen sowie zum Zusammenhang zwischen Grammatik und IS gehören die folgenden: ⫺ die deutlichere empirische und formale Trennung zwischen Verum-Fokus und Kontrastfokus, insbesondere eine Darstellung der verschiedenen Optionen bei Polaritätsalternativen sowie die Überprüfung und Präzisierung der Aussagen zur Prosodie von Verum-Fokus; ⫺ detaillierte Untersuchungen zur Informationsstruktuierung in Sätzen nicht-deklarativischer Satztypen; ⫺ Gewichtung der linguistischen Faktoren der Informationsstrukturierung, u. a. Prüfung und Diskussion der Verlässlichkeit prosodischer Evidenz; ⫺ Notwendigkeit und Status semantischer Korrelate informationsstruktureller Bestimmungsstücke (s. z. B. Zimmermann 1999; Späth 2006; unter Annahme der Unterscheidung zwischen rein sprachlich determinierter Semantik und konzeptuellen Interpretationen sprachlicher Ausdrücke ⫺ Zwei-Ebenen-Semantik, vgl. Bierwisch 1986 und andere Arbeiten).

9. Literatur (in Auswahl) Adamec, Přemysl (1966): Porjadok slov v sovremennom russkom jazyke. Praha. AG80 = Švedova, N. Ju. (red.) (1980): Russkaja grammatika. T. 2. Sintaksis. Moskva. Alter, Kai (2002): „Suprasegmentale Merkmale und Prosodie“. // Müller, Horst M. (ed.). Arbeitsbuch Linguistik. Paderborn. 148⫺169. Alter, Kai/Junghanns, Uwe (2002): „Topic⫺Related Prosodic Patterns in Russian“. // Kosta, Peter/ Frasek, Jens (eds.). Current Approaches to Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc. 73⫺87. Arnaudova, Olga (2000): „Focus and the structure of the clause in Bulgarian“. Abstract of a talk presented at the 12th Biennial Conference on Balkan and South Slavic Linguistics, Literature and Folklore. University of Kansas. May 4⫺6, 2000. Arnaudova, Olga (2001a): „On the Interaction between Focus and Prosody in the Bulgarian Sentence“. // Zybatow, Gerhild et al. (eds.). Current Issues in Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc. 365⫺375. Arnaudova, Olga (2001b): „Prosodic Movement and Information Focus in Bulgarian“. // Franks, Steven et al. (eds.). Annual Workshop on Formal Approaches to Slavic Linguistics. The Bloomington Meeting 2000. Ann Arbor. 19⫺37.

48. Grammatik und Informationsstruktur Arnaudova, Olga (2003): Focus and Bulgarian Clause Structure. Doctoral dissertation. University of Ottawa. Bailyn, John F. (1995): A Configurational Approach to Russian „Free“ Word Order. Doctoral dissertation. Cornell University. Ithaca, N. Y. Bally, Charles (1950): Linguistique générale et linguistique française. Bern. Bauer, Jaroslav/Grepl, Miroslav (1972): Skladba spisovné češtiny. Praha. Bierwisch, Manfred (1986): „On the Nature of Semantic Form in Natural Language“. // Klix, Friedhart/Hagendorf, Herbert (eds.). Human Memory and Cognitive Capabilities ⫺ Mechanisms and Performances. Amsterdam/New York. 765⫺784. Brentano, Franz (1956): Die Lehre vom richtigen Urteil. Aus dem Nachlass herausgegeben von Franziska Mayer-Hillebrand. Bern. Büring, Daniel (1996): The 59 th Street Bridge Accent: On the Meaning of Topic and Focus. Dissertation. Universität Tübingen. Chomsky, Noam (1995): The Minimalist Program. Cambridge, Mass./London. Chomsky, Noam (2001): „Derivation by Phase“. // Kenstowicz, Michael (ed.). Ken Hale. A Life in Language. Cambridge, Mass. 1⫺52. Chomsky, Noam (2004): „Beyond explanatory adequacy“. // Belletti, Adriana (ed.). Structures and beyond. Oxford. 104⫺131. Chomsky, Noam (2005): On phases. Ms. MIT. Cambridge, Mass. Cinque, Guglielmo (1993): „A Null Theory of Phrase and Compound Stress“. // Linguistic Inquiry 24. 239⫺298. Doherty, Monika. (ed.) (1999): Sprachspezifische Aspekte der Informationsverteilung. Berlin. Firbas, Jan (1992): Functional sentence perspective in written and spoken communication. Cambridge, England. Gabka, Kurt. (ed.) (1987): Russische Sprache der Gegenwart. Phonetik und Phonologie. Leipzig. Georgieva, Elena (1974): Slovored na prostoto izrečenie v bâlgarskija knižoven ezik. Sofija. Górna, Małgorzata (1976): „Word Order ⫺ A Semantic Phenomenon?“ // Papers and Studies in Contrastive Linguistics 5. 201⫺217. Gundel, Jeanette K. (1988): The Role of Topic and Comment in Linguistic Theory. New York/ London. Hajičová, Eva/Partee, Barbara H./Sgall, Petr (1998): Topic-focus articulation, tripartite structures, and semantic content. Dordrecht etc. Höhle, Tilman N. (1988): „VERUM-Fokus“. // Sprache und Pragmatik 5. Lund. 1⫺7. Jacobs, Joachim (1992): „Einleitung“. // Jacobs, Joachim (ed.). Informationsstruktur und Grammatik. Opladen. 7⫺16. Jacobs, Joachim (1996): „Bemerkungen zur I-Topikalisierung“. // Sprache und Pragmatik 41. Lund. 1⫺48. Janko, Tat’jana E. (2001): Kommunikativnye strategii russkoj reči. Moskva. Junghanns, Uwe (1997): „On the so-called ėto-cleft construction“. // Lindseth, Martina/Franks, Steven (eds.). Annual Workshop on Formal Approaches to Slavic Linguistics. The Indiana Meeting 1996. Ann Arbor. 166⫺190. Junghanns, Uwe (2001): „On Rightward Backgrounding“. // Zybatow, Gerhild et al. (eds.). Current Issues in Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc. 329⫺343. Junghanns, Uwe (2002a): Informationsstrukturierung in slavischen Sprachen: Zur Rekonstruktion in einem syntax-zentrierten Modell der Grammatik. Habilitationsschrift. Universität Leipzig. Junghanns, Uwe (2002b): Untersuchungen zur Syntax und Informationsstruktur slavischer Deklarativsätze. Leipzig: Institut für Linguistik der Universität. Junghanns, Uwe (2003): „Fokussierungsstrategien in slavischen Sprachen“. // Kosta, Peter et al. (eds.). Investigations Into Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc. 181⫺199. Junghanns, Uwe (2006): „Scope conflicts involving sentential negation in Czech“. // Brown, Sue/ Przepiórkowski, Adam (eds.). Negation in Slavic. Bloomington, Indiana. 105⫺133.

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IX. Wortstellung im Slavischen Junghanns, Uwe/Lenertová, Denisa (2007): „Basic Processes of Information Structuring in Czech“. // Junghanns, Uwe (ed.). Linguistische Beiträge zur Slavistik XIII. München. 233⫺258. Junghanns, Uwe/Zybatow, Gerhild (1997): „Syntax and Information Structure of Russian Clauses“. // Browne, Wayles et al. (eds.). Annual Workshop on Formal Approaches to Slavic Linguistics. The Cornell Meeting 1995. Ann Arbor. 289⫺319. King, Tracy H. (1995): Configuring Topic and Focus in Russian. Doctoral dissertation. Stanford. Kiss, Katalin É. (1998): „Identificational focus versus information focus“. // Language 74. 245⫺ 273. Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (in diesem Band): „Word Order in Slavic“ // in diesem Band, Art. 47. Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (2007): „The Focus Feature Revisited“. // Kosta, Peter/Schürcks, Lilia (eds.). Linguistic Investigations into Formal Description of Slavic Languages. Frankfurt am Main. 245⫺266. Kufnerová, Zlata (1990): Stručná mluvnice bulharštiny. Praha. Lambrecht, Knud (1994): Information structure and sentence form: Topic, focus, and the mental representations of discourse referents. Cambridge. Lenertová, Denisa/Junghanns, Uwe (2007): „Wide Focus Interpretation with Fronted Focus Exponents in Czech“. // Schwabe, Kerstin/Winkler, Susanne (eds.). On Information Structure, Meaning and Form: Generalizations Across Languages. Amsterdam/Philadelphia. 347⫺363. Marty, Anton (1884, 1894/1895): „Über subjektlose Sätze und das Verhältnis der Grammatik zu Logik und Psychologie“. // Marty, Anton (1918) Gesammelte Schriften. 2. Band. 1. Abteilung: Schriften zur deskriptiven Psychologie und Sprachphilosophie. 1⫺307. Marty, Anton (1897): „Über die Scheidung von grammatischem, logischem und psychologischem Subjek resp. Prädikat“. // Marty, Anton (1918). 309⫺364. Marty, Anton (1918): Gesammelte Schriften. 2. Band. 1. Abteilung: Schriften zur deskriptiven Psychologie und Sprachphilosophie. Eisenmeier, Josef/Kastil, Alfred, Kraus, Oskar (eds.). Halle. Mathesius, Vilém (1939): „O tak zvaném aktuálním členění věty“. // Slovo a slovesnost 5.4. 171⫺174. Mehlhorn, Grit (2002): Kontrastierte Konstituenten im Russischen. Experimentelle Untersuchungen zur Informationsstruktur. Frankfurt am Main [etc.]. Mehlig, Hans Robert (1994): „Explikative Äußerungen. Überlegungen zur Informationsstruktur“. // Mehlig, Hans Robert (ed.). Slavistische Linguistik 1993. Referate des XIX. Konstanzer Slavistischen Arbeitstreffens. Kiel 21.⫺23. 9. 1993. München. 181⫺222. Molnár, Valéria (1991): Das TOPIK im Deutschen und im Ungarischen. Stockholm. Pierrehumbert, Janet B. (1980): The Phonology and Phonetics of English Intonation. Doctoral dissertation. MIT. Cambridge, Mass. Progovac, Ljiljana (1998): „Event pronominal to“. // Journal of Slavic Linguistics 6.1. 3⫺40. Rosengren, Inger (1993): „Wahlfreiheit mit Konsequenzen ⫺ Scrambling, Topikalisierung und FHG im Dienste der Informationsstrukturierung“. // Reis, Marga (ed.). Wortstellung und Informationsstruktur. Tübingen. 251⫺312. Sgall, Petr (1993): „The Czech Tradition“. // Jacobs, Joachim et al. (eds.). Syntax: Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Bd. 1. Berlin/New York. 349⫺368. Sgall, Petr/Hajičová, Eva/Buráňová, Eva (1980): Aktuální členění věty v češtině. Praha. Sgall, Petr/Hajičová, Eva/Panevová, Jarmila (1986): The Meaning of the Sentence in Its Semantic and Pragmatic Aspects. Dordrecht etc. Slioussar, Natalia (2007): Grammar and Information Structure. A Study with Reference to Russian. Utrecht. Späth, Andreas (2006): Determinierung unter Defektivität des Determinierersystems. Informationsstrukturelle und aspektuelle Voraussetzungen der Nominalreferenz slawischer Sprachen im Vergleich zum Deutschen. Berlin/New York.

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order Steube, Anita (2000): „Ein kognitionswissenschaftlich basiertes Modell für die Informationsstrukturierung (in Anwendung auf das Deutsche)“. // Bayer, Josef/Römer, Christine (eds.). Von der Philologie zur Grammatiktheorie. Peter Suchsland zum 65. Geburtstag. Tübingen. 213⫺238. Trávníček, Frantisek (1931): Neslovné věty v češtině. Díl II. Věty nominální. Brno: Filosofická fakulta Masarykovy university. Wunderlich, Dieter (1991): „Intonation and Contrast“. // Journal of Semantics 8. 239⫺251. Yokoyama, Olga (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam. Zimmermann, Ilse (1999): „Die Integration topikalischer DPs in die syntaktische und semantische Struktur von Sätzen“. // Doherty, Monika (ed.). Sprachspezifische Aspekte der Informationsverteilung. Berlin. 41⫺60. Zubizarreta, María Luisa (1998): Prosody, Focus and Word Order. Cambridge, Mass. Zybatow, Gerhild (1999): „Informationsstruktur im Russischen“. // Doherty, Monika (ed.). 61⫺89. Zybatow, Gerhild/Junghanns, Uwe (1998): Topiks im Russischen. Lund. Zybatow, Gerhild/Junghanns, Uwe/Mehlhorn, Grit/Szucsich, Luka (eds.) (2001): Current Issues in Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc.

Uwe Junghanns, Gerhild Zybatow, Leipzig (Deutschland)

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Word Order in Discourse Knowledge involved in Communication Transfer Intonation and Linearization Multiplicity of Factors involved in Word Order in Discourse Gaps and Problems Literature (selected)

Abstract Word order in discourse is understood as the word order variation of utterances after all syntactical processes have taken place and the truth conditional semantics of the sentence has been set. The present chapter analyzes the linear arrangements and rearrangements of elements that encode discourse meaning, taking into consideration discourse-pragmatic factors (i. e. the verbal and non-verbal context of discourse situation).

1. Word Order in Discourse Word order in discourse is the word order of utterances originating as part of the communication process in the verbal or non-verbal context of a discourse situation. Our assumption is that in any given sentence, tense/aspect and case form assignment, agreement, and other grammatical processes have already taken place (hence the truth

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49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order Steube, Anita (2000): „Ein kognitionswissenschaftlich basiertes Modell für die Informationsstrukturierung (in Anwendung auf das Deutsche)“. // Bayer, Josef/Römer, Christine (eds.). Von der Philologie zur Grammatiktheorie. Peter Suchsland zum 65. Geburtstag. Tübingen. 213⫺238. Trávníček, Frantisek (1931): Neslovné věty v češtině. Díl II. Věty nominální. Brno: Filosofická fakulta Masarykovy university. Wunderlich, Dieter (1991): „Intonation and Contrast“. // Journal of Semantics 8. 239⫺251. Yokoyama, Olga (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam. Zimmermann, Ilse (1999): „Die Integration topikalischer DPs in die syntaktische und semantische Struktur von Sätzen“. // Doherty, Monika (ed.). Sprachspezifische Aspekte der Informationsverteilung. Berlin. 41⫺60. Zubizarreta, María Luisa (1998): Prosody, Focus and Word Order. Cambridge, Mass. Zybatow, Gerhild (1999): „Informationsstruktur im Russischen“. // Doherty, Monika (ed.). 61⫺89. Zybatow, Gerhild/Junghanns, Uwe (1998): Topiks im Russischen. Lund. Zybatow, Gerhild/Junghanns, Uwe/Mehlhorn, Grit/Szucsich, Luka (eds.) (2001): Current Issues in Formal Slavic Linguistics. Frankfurt am Main etc.

Uwe Junghanns, Gerhild Zybatow, Leipzig (Deutschland)

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Word Order in Discourse Knowledge involved in Communication Transfer Intonation and Linearization Multiplicity of Factors involved in Word Order in Discourse Gaps and Problems Literature (selected)

Abstract Word order in discourse is understood as the word order variation of utterances after all syntactical processes have taken place and the truth conditional semantics of the sentence has been set. The present chapter analyzes the linear arrangements and rearrangements of elements that encode discourse meaning, taking into consideration discourse-pragmatic factors (i. e. the verbal and non-verbal context of discourse situation).

1. Word Order in Discourse Word order in discourse is the word order of utterances originating as part of the communication process in the verbal or non-verbal context of a discourse situation. Our assumption is that in any given sentence, tense/aspect and case form assignment, agreement, and other grammatical processes have already taken place (hence the truth

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IX. Wortstellung im Slavischen conditional semantics of the sentence has been set), but that the order of the elements is still susceptible to arrangement or rearrangement (depending on whether the output of the grammatical processes is ordered). It is the linearization mechanisms of this stage in sentence derivation that we will consider. There is unequivocal agreement that in Slavic languages, the linear arrangement encodes discourse meaning and cannot be explained without considering discourse-pragmatic factors. Each individual constitutes a cognitive universe, and communication means the passage of some cognitive content (i. e., the propositional content and the discourse meaning of an utterance) between these two universes. The rules for encoding the cognitive content into linguistic structures are largely subconscious and resistant to introspection. One rule for encoding discourse meaning can be most generally stated as follows: an utterance must formally reflect the assessment by the speaker of the cognitive status of the utterance components in the addressee’s mind. “Cognitive status” here refers to absence, presence, and, if present, the degree to which the component in question is activated. It is the addressee’s and not the speaker’s mind where the cognitive status of utterance components cannot be assumed to be uniform, because in the speaker’s mind the cognitive status of all components of the utterance that is about to be produced are of necessity not only present but also activated. The degree to which a component is activated is subject to change, since “activatedness” is a fleeting matter reflecting the fluidity of attention. The border between the absence and presence of some components is also fuzzy, accommodating forgotten but recoverable information. The reason only “assessment” is called for is because no speaker can have complete knowledge of the addressee’s mind, and a speaker can at best be expected to assess and approximate. Empirically, the rule obliges the person responding to, say, “Vera is asleep” to shape his/her response in such a way that the assumed activated status of “Vera” in the first speaker’s mind is evident from the form of the responding person’s utterance.

2. Knowledge involved in Communication Transfer The status of some knowledge items transferred in communication can be reasonably assumed to be unknown to the addressee, while others may be known to him/her but not activated at the moment, and yet others may be known to him/her and activated at the same time. The speaker may judge that the addressee must know a certain item because it was just mentioned in the previous utterance, or because it was implied by items which were recently activated (for implications built into the propositional logic see Yokoyama 1986, 15 ff.). If the speaker has evidence that, say, “Vera” has been activated, he/she can be reasonably sure that her husband “Joe” is activated as well, although “Lenin” is not. The rule stated in 1 requires that the speaker somehow mark the different statuses of “Joe” and “Lenin” should they appear in his utterance. The reliability with which the speaker can make such assumptions depends upon the discourse situation, i. e., on the time and place of the discourse and on the relationship between its participants. Moreover, some types of relationship (e. g. between very close people, or between the narrator and the reader), allow the speaker to make assumptions not justified by the objective state of the addressee’ knowledge.

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order

3. Intonation and Linearization In Slavic languages the assumed cognitive status of sentence elements in the addressee’s mind is encoded through several linguistic means, of which only prosody and linear organization will be considered here (pronominalization and deletion are among the others). Unlike deletion (in particular, subject deletion) and pronominalization (in particular, clitic pronouns), little difference has been noted among Slavic languages with respect to prosodic marking and linearization. Prosodic marking through sentential stress is favored in the informal mode of communication. In the Russian Ja v Túrciju edu ‘I’m going to Turkey’ and in Ty kogdá vernëš’sja? ‘When are you coming back?’ (the sentential stress here and in the rest of this article is marked with acute accent; the direction of the pitch on v Túrciju “to Turkey” can be either falling, risingfalling, or rising, while that on kogdá “when” is falling; see Chapter 10 for sentential stress and other intonational notions referred to in this article), the items marked with sentential stress are those neither assumed to have already been activated (as are “I” and “you” under normal circumstances) nor implied by the general assumption that events happen (as predicates normally are). In the distant mode, the same status difference is rendered by linearization: Ja edu v Turciju and Kogda vy vernëtes’? The items sententially stressed in the informal mode don’t carry sentential stress in these variants but are put at the utterance end (the pitch on the first two words in both utterances is rising, and on the last ones is falling, as expected in the distant mode). The ostensibly redundant two means of encoding the cognitive status are utilized for encoding the communicative modes, which characterize the discourse situation. In some narrative genres, often associated with folksy style but also used in colloquial Russian, the assumed cognitive status of sentence elements is encoded linearly in conjunction with phrasing. In the first sentence of an anecdote, it is the predicate that begins the sentence: Vrezalsja “Zapor” v “Mers” ‘A “Zaporožec” jammed into a “Mercedes”’. This being the story-initial utterance, neither the agent nor the patient can reasonably be assumed to be known to the addressee, so they both appear after the predicate (their relative order is determined by their semantic roles). Notably, the utterance has no sentential stress; it consists of three fully stressed phonological words, the first two with rising pitch, and the third with falling pitch. In subsequent narration, after both of these items can be presumed known to and activated in the addressee’s mind, they nevertheless do not occupy preverbal position: e. g. Pokosilsja “Zapor” na bok ‘The “Zaporožec” collapsed on one side.’ The activated cognitive status of “Zaporožec” is instead encoded in the loss of full stress, and the word is semi-encliticized to the predicate. This utterance has only two measures: the predicate plus the subject is one and the adverbial phrase is the other; the first measure has a rising pitch on the predicate.

4. Multiplicity of Factors involved in Word Order in Discourse Numerous cognitive/discourse factors are involved in the process of forming an utterance in accordance with the rule stated in 1; a few such factors will be examined here using some empirical material.

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IX. Wortstellung im Slavischen

4.1. Limitations on imposition It was noted above that sometimes the speaker makes assumptions which are not justified by the objective state of affairs. There is, however, a limit to such imposition. If a man announces to his wife upon returning home that their son had just been arrested, he would say (in Russian): Igorja arestovali ‘(lit.) Igor they-arrested.’ If his news concerns a colleague, he may either say Petrova arestovali ‘(lit.) Peterson theyarrested’ or Arestovali Petrova ‘(lit.) They-arrested Peterson’. If, on the other hand, the news are about 200 students, he could only say Arestovali dvesti studentov ‘(lit.) They-arrested two hundred students.’ The same holds true in other Slavic languages, cf. the following contrast in Croatian: Igora su uhapsili, Petrovića su uhapsili / Uhapsili su Petrovića, and Uhapsili su dvjesto studenata. (All these examples assume so-called neutral intonation with no sentential stress.) Given the discourse situation as described, the speaker has no objective reason to assume that at the moment of his utterance either of the three subjects has been activated in his wife’s mind (she may be thinking about the soup and the kitchen). So objectively all three subjects should appear after the predicate. The closeness between the man and his wife, however, allows him to make an impositional assumption that right now she is thinking, just as he, about their son; he imposes his own concern onto her and treats the referential expression “Igor” as if activated in her mind. He can do the same in the case of his colleague, although the imposition may be less natural. When speaking about two hundred students, however, assuming that his wife is concerned with them at the moment of his utterance becomes too much of an imposition, and the subject must follow the predicate. The contrast between these sentences shows that certain referential expressions (here, “Igor” and, to a lesser degree, “Peterson”) are more susceptible to imposition. A similar mechanism accounts for the possibility of following (a) with (b), but not with (c): (a)

[...] inostranec vdrug podnjalsja i napravilsja k pisateljam. ‘[…] the foreigner suddenly rose and headed towards the writers.’

(b)

Te pogljadeli na nego udivlënno. ‘They looked at him with surprise.’

(c)

Te nadeli perčatki medlenno. ‘They put on their gloves slowly.’ (The intonation is again neutral.)

In the narrative sequence (a)⫺(b) by Bulgakov, the situation described in the preceding context which ends with sentence (a) allows the narrator to impose upon the reader the knowledge of the proposition “they looked at him”. Having thus impositionally assumed that the reader is currently thinking about “them” looking at “him”, the narrator supplies, in (b), the information about the manner in which they are doing it, assuming that it is not known to the reader. This level of imposition is evidently allowed by the narrator-reader “contract”. To be able to continue after (a) with (c), however, the narrator would have to impose the proposition “they put on their gloves”. In the given context such an imposition would be too much and (c) would not be produced. The narrator can, of course, without any imposition objectively assume that in this context only the referential expression “they” is activated in the reader’s mind

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order and say Te medlenno nadeli perčatki ‘They slowly put on their gloves’ (the pre-verbal position for the manner adverb is standard); cf. the Croatian equivalents in the same context: Pogledali su ga iznenadjeno vs. Navukli su rukavice iznenadjeno.

4.2. Pragmatic management of the pre-verbal position Once an item is assumed to be activated, it may not stay activated forever. Even the prototypically activated first and second person pronouns can under certain conditions be assumed to become less central to our attention and, consequently, appear after the verb; compare the Russian (d), (e), and (f): (d)

Vy pozvonite mne zavtra. ‘You give me a call tomorrow.’

(e)

Ty u menja molči! ‘You (me) be quiet!’

(f)

Bud’ ty prokljat! ‘(lit.) Be you cursed!’

Commands normally assume the mental involvement of the addressee, hence any second person pronouns (unless they are deleted altogether) usually occur before the imperative verb, as in (d). The first person may or may not remain central, so the postverbal position of the first person pronouns in (d), where the first person pronoun is semi-encliticized to the verb, is perfectly reasonable. If, on the other hand, the speaker intends to impress upon the addressee his/her own involvement in the command, then the first person pronoun receives full stress and occurs before the verb, as in (e); the utterance is now a threat. In (f), however, the verb precedes the subject of the imperative. In this utterance, which is a curse rather than a command, the speaker is talking at, rather than to the addressee (note that the predicates in curses are not volitional), hence the second person pronoun appears after the verb and is semi-encliticized to it. A similar interplay of pragmatic and semantic factors accounts for the distinction between the Croatian (g) and (h), which differ only in their word order: (g)

Ti ćeš dobit svoje. ‘You will get what is yours.’

(h)

Dobit ćeš ti svoje! ‘You will get what you deserve!’

The demotion of the second person pronoun to post-verbal clitic position turns the sentence into a threat (this example is per Browne 1975, 85 f.).

4.3. Intonation in the so-called ‘frame construction’ in Russian The ‘frame construction’ (ramočnaja struktura; cf. e. g. Kovtunova 1980, 201) is usually analyzed as a case when new information flanks old information in a sentence, as in (j) occurring in response to (i):

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IX. Wortstellung im Slavischen (i)

Možet li projti ėta ljubov’? ‘(lit.) Can go away this love?’

(j)

Projti ėta ljubov’ ne možet. ‘(lit.) Go away this love not can.’

Both projti ‘go away’ and ne možet ‘cannot’ are analyzed as new in (j) because the negated auxiliary and the infinitive verb are tacitly assumed to be one unit containing the answer to the question, i. e. new information. The phrase “this love” is repeated old information which thus ends up being surrounded by new information on both sides. In (j), however, the subject forms one measure with the infinitive, which carries the rising intonation; the second measure has falling intonation, and the sentence as a whole, having no sentential stress, sounds rather formal. The only item representing knowledge absent in the addressee is marked linearly by being in sentence-final position. To respond to question (i), sentence (k) can also be used: (k)

Ėta ljubov’ ne móžet projti ‘(lit.) This love not can go away.’

In this variant, which belongs to the informal mode, the cognitive status of the auxiliary as the item representing knowledge absent in the addressee is marked prosodically: the sentential stress falls on the negated auxiliary, and the infinitive does not carry full stress; the intonation of the post-sentential stress portion is generated by a low sustaining toneme followed by a low boundary tone. Note that the same prosodic and pragmatic distinction occurs in the two responses corresponding to (j) and (k) in Croatian: Proći ta ljubav ne može vs. Ta ljubav ne móže proći. (The impossibility of considering the infinitive in these answers as part of new information is also clearly confirmed by the maximal deletion test: the shortest possible answer to question (i) in all Slavic languages would just be the auxiliary.) The so-called “frame constructions” well demonstrate the misleading results of ignoring the interplay of intonation and linear arrangement in the analysis of Slavic word order.

4.4. Intonation and clitic placement Taking intonation into account suggests an alternative explanation for another phenomenon for which a grammatical explanation has traditionally been advanced. Pešikan (1958, 307) suggests that the reason why the clitic copula is acceptable in the Serbo-Croatian (l) but not in (m) is that in the former it splits a predicative noun phrase and this does not violate any rules, but in the latter the split unit is a subject noun phrase, and this is not allowed: (l)

Véliki je pisac Lav Tolstoj ‘Leo Tolstoy is a great writer’ vs.

(m)

Veliki pisac je barometar nacije ‘A great writer is the barometer of the nation.’

49. Discourse, Sentence Intonation, and Word Order In (l), however, both the adjective and the noun it modifies carry full stress, and the clitic intervenes between these two measures; the pitch of Lav Tolstoj is motivated by a sustaining toneme, and the overall intonation of the utterance is non-neutral. This prosodically contrasts with (m), where the subject noun phrase constitutes a singlemeasure syntagm and only the head noun is fully stressed; the overall intonation of the utterance is neutral. The clitic evidently avoids the measure-internal position.

5. Gaps and problems For many Slavic languages, word order is still the stuff of language handbooks. Its discussion is limited in scope (often treating only simple declarative sentences), impressionistic in explanation, notoriously lacking notional rigor, and largely uninformed by theoretical literature. A systematic distinction is crucially lacking between context-free and context-dependent environments when word order in ostensibly isolated sentences is studied using the essentially context-dependent categories like new or old information. The failure to integrate intonation has had, perhaps, the most negative consequences for the study of Slavic word order. Synchronic descriptive accounts of Slavic word order will not be reliable until the students of it develop enough expertise in intonation. Given the crucial role of intonation in a synchronic analysis, the difficulty of analyzing the earlier stages for which no direct intonational evidence is available is obvious (see Yokoyama 1986, 284 ff. for a possible historical explanation of a synchronic word order pattern). To compound the difficulty, no studies exist on the interaction of intonation and word order in living Slavic dialects, a standard source for comparative reconstruction. A major limitation has been placed on the study of Slavic word order in discourse by the tradition of slighting colloquial data, combined with the paucity of research on natural conversation. It is here that mismatches between the phonology and sentence structure regularly occur, where massive discourse deletions take place, where clause and sentence boundaries are ambiguous, where parts of one noun phrase span over variables that include different syntactic categories and “island” constraints are routinely violated, and where pronouns (including pronominal copies co-occurring with their antecedents), semi-clitics, and clitics abound. Existing studies suggest that the word order in colloquial Russian deviates in many non-trivial ways from those in literary written language or in the full style of spoken language (e. g. Zemskaja 1973, 380 ff.; Lapteva 1976, 183 ff.; cf. also Miller/Weinert’s (1998, 166 ff.) critique of Lapteva’s (1976, 213 ff.) treatment of spoken Russian word order and intonation). Peculiarities of colloquial syntax and the variable accentual properties of lexical items in colloquial Russian call for new ways to analyze the word order in colloquial speech, and a systematic study of word order and intonation in uncodified spoken Slavic remains a major task for the future.

6. Literature (selected) Browne, Wayles/Nakić, Anuška (1975): “Four rules for the position of the verb”. // Filipović, Rudolf (ed.). Contrastive Analysis of English and Serbo-Croatian. Zagreb. 82⫺86.

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IX. Wortstellung im Slavischen Kovtunova, I. I. (1980): “Porjadok slov”. // Švedova, N. Ju. (red.). Russkaja grammatika. T. 2. Moskva. 190⫺214. Lapteva, O. A. (1976): Russkij razgovornyj sintaksis. Moskva. Miller, Jim/Weinert, Regina (1998): Spontaneous Spoken Language. Oxford. Pešikan, Mitar (1958): “O mestu enklitike u rečenici”. // Naš jezik 9. 305⫺311. Yokoyama, Olga T. (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam. Zemskaja, E. A. (1973): “O nekotoryx specifičnyx čertax porjadka slov v razgovornoj reči”. // Zemskaja, E. A. (red.). Russkaja razgovornaja reč’. Moskva. 380⫺402.

Olga T. Yokoyama, Los Angeles, CA (USA)

50. Scrambling Abstract The article addresses the question of whether Slavic has Japanese-style scrambling, focusing on Russian and Serbo-Croatian. It is argued that these languages have Japanese-style scrambling in addition to topicalization and focalization. Several tests are provided that can be used to tease apart scrambling and topicalization/focalization.

It is uncontroversial that Slavic languages have topicalization and focalization. It is less clear whether they also have the scrambling operation of the kind found in languages like Japanese and Korean. The goal of this chapter is to address the issue of whether Slavic languages have Japanese-style scrambling in addition to topicalization/focalization. I will confine my attention to Russian and Serbo-Croatian, focusing on three properties of Japanese-style scrambling which differentiate it from topicalization/focalization, namely the undoing effect (i. e. semantic vacuity of long-distance scrambling), the impossibility of adjunct scrambling, and the absence of relativized minimality effects with scrambling. However, a word of caution is first in order regarding the term scrambling, one of the most abused items in the generative syntax vocabulary. In the current literature, the term is often used for expository convenience when authors are not sure what kind of movement they are dealing with, or when they want to avoid committing themselves to the issue, or merely to indicate that the movement in question is different from other better known instances of movement regarding languages/phenomena considered. As a result, almost every well-studied language, including English, has been claimed to have scrambling. But this is not necessarily scrambling of the kind we find in Japanese. The ease of exposition use of the term scrambling raises a serious problem in crosslinguistic studies of scrambling. Because of it, we cannot simply rely on the term scrambling when comparing claims made regarding scrambling in different languages. It is necessary to conduct the relevant tests to make sure we are dealing with the same phenomenon. This task is taken on below.

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IX. Wortstellung im Slavischen Kovtunova, I. I. (1980): “Porjadok slov”. // Švedova, N. Ju. (red.). Russkaja grammatika. T. 2. Moskva. 190⫺214. Lapteva, O. A. (1976): Russkij razgovornyj sintaksis. Moskva. Miller, Jim/Weinert, Regina (1998): Spontaneous Spoken Language. Oxford. Pešikan, Mitar (1958): “O mestu enklitike u rečenici”. // Naš jezik 9. 305⫺311. Yokoyama, Olga T. (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam. Zemskaja, E. A. (1973): “O nekotoryx specifičnyx čertax porjadka slov v razgovornoj reči”. // Zemskaja, E. A. (red.). Russkaja razgovornaja reč’. Moskva. 380⫺402.

Olga T. Yokoyama, Los Angeles, CA (USA)

50. Scrambling Abstract The article addresses the question of whether Slavic has Japanese-style scrambling, focusing on Russian and Serbo-Croatian. It is argued that these languages have Japanese-style scrambling in addition to topicalization and focalization. Several tests are provided that can be used to tease apart scrambling and topicalization/focalization.

It is uncontroversial that Slavic languages have topicalization and focalization. It is less clear whether they also have the scrambling operation of the kind found in languages like Japanese and Korean. The goal of this chapter is to address the issue of whether Slavic languages have Japanese-style scrambling in addition to topicalization/focalization. I will confine my attention to Russian and Serbo-Croatian, focusing on three properties of Japanese-style scrambling which differentiate it from topicalization/focalization, namely the undoing effect (i. e. semantic vacuity of long-distance scrambling), the impossibility of adjunct scrambling, and the absence of relativized minimality effects with scrambling. However, a word of caution is first in order regarding the term scrambling, one of the most abused items in the generative syntax vocabulary. In the current literature, the term is often used for expository convenience when authors are not sure what kind of movement they are dealing with, or when they want to avoid committing themselves to the issue, or merely to indicate that the movement in question is different from other better known instances of movement regarding languages/phenomena considered. As a result, almost every well-studied language, including English, has been claimed to have scrambling. But this is not necessarily scrambling of the kind we find in Japanese. The ease of exposition use of the term scrambling raises a serious problem in crosslinguistic studies of scrambling. Because of it, we cannot simply rely on the term scrambling when comparing claims made regarding scrambling in different languages. It is necessary to conduct the relevant tests to make sure we are dealing with the same phenomenon. This task is taken on below.

50. Scrambling Returning to the question of whether Russian and Serbo-Croatian have Japanesestyle scrambling, as discussed by a number of authors, long-distance scrambling in Japanese is semantically vacuous (Saito 1992; Bošković and Takahashi 1998; Saito and Fukui 1998; Tada 1993), which has led the above-mentioned authors to conclude that Japanese long-distance scrambling is completely undone in Logical Form. Consider (1), involving long-distance scrambling of the embedded object daremo-ni. (I indicate positions where scrambled elements are interpreted with ‘e’. Under Bošković and Takahashi’s 1998 analysis, which base-generates scrambled elements in their SS position and then lowers them in Logical Form to positions where they are Case and θ-marked, this is the landing site of Logical Form lowering, while under the overt movement analysis of scrambling (see, e. g., Fukui 1993; Saito 1992; Saito and Fukui 1998), this is the launching site of overt movement. For uncontroversial overt movements, I will use ‘t(race)’.) (1)

Daremo-ni dareka-ga [Mary-ga e atta to] omotteiru. everyone-DAT someone-NOM Mary-NOM met that thinks ‘Everyone, someone thinks that Mary met.’ (Bošković/Takahashi 1998)

Daremo-ni in (1) must have narrow scope, i. e. it cannot scope over the matrix clause subject. This fact illustrates semantic vacuity of long-distance scrambling Japanese. In this respect, Japanese-style scrambling clearly differs from topicalization and focalization, which do affect scope (see (5) below). Another property of Japanese scrambling that differentiates it from topicalization/ focalization concerns inability of adjuncts to undergo scrambling, illustrated by Saito’s (1985) examples in (2). (I ignore quasi-argument adjuncts and short-distance scrambling of adjuncts, since in the latter case it is not clear if we are dealing with scrambling or base-generation even under the overt movement analysis of scrambling.) (2)

a. Mary-ga [John-ga riyuu-mo naku sono setu-o Mary-NOM John-NOM reason-even without that theory-ACC sinziteiru to] omotteiru. believes that thinks ‘Mary thinks that John believes in that theory without any reason’ b. *Riyuu-mo naku Mary-ga [John-ga e sono setu-o sinziteiru to] omotteiru.

Before proceeding, notice that (1)⫺(2) receive a principled account under Bošković and Takahashi’s (1998) analysis of scrambling: Under this analysis a scrambled element is base-generated in its surface position and then lowers in Logical Form to where it is Case- and θ-marked. Daremo-ni is thus base-generated in its SS position in (1). If it were to remain in its SS position in Logical Form the derivation would crash because it would not be Case- and θ-licensed. Daremo-ni therefore undergoes lowering in Logical Form to a position where it can receive Case and a θ-role. The movement is obligatory in the sense that if it does not take place, the derivation would crash. Since it necessarily lowers into the embedded clause, daremo-ni cannot scope over dareka-ga. As for the impossibility of adjunct scrambling, which is a mystery under the overt movement analysis of scrambling, under Bošković and Takahashi’s analysis the adjunct

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IX. Wortstellung im Slavischen is base-generated in its SS-position in (2b) and must lower to the embedded clause in Logical Form to modify the embedded predicate. Note, however, that the adjunct is fully licensed in its SS position. In contrast to daremo-ni in (1), which has Case and θfeatures that are not licensed in its SS position, the adjunct in (2b) possess neither a Case feature nor a θ-role that could drive its Logical Form movement. Since there is no reason for the adjunct to lower into the embedded clause in Logical Form Last Resort prevents it from moving. Turning to Russian, Bailyn (2001) claims that Russian differs from Japanese with respect to the two tests conducted above regarding Japanese scrambling: the corresponding movement operation in Russian can affect scope and dislocate adjuncts, which should be interpreted as indicating that Russian does not have Japanese-style scrambling. The former claim is illustrated by (3), where the universal can take wide scope, and the latter claim by (4). (Note that Bailyn uses the data in question to argue against Bošković and Takahashi’s analysis of Japanese-style scrambling, not offering an account of the contrast between Russian and Japanese. As discussed below, the Russian data in (3⫺4) are actually irrelevant since they do not involve scrambling.) (3)

Každogo mal’čika kto-to xočet, čtoby Boris uvidel e. every boy someone wants that-SUBJ Boris saw ‘Every boy, someone wants Boris to see.’

(4)

Ja bystro xoču, čtoby oni dopisali kursovye e. I quickly want that-SUBJ they wrote papers ‘I want them to write their papers quickly.’ (Bailyn 2001)

As noted above, the contrast between Japanese (1)⫺(2b) and Russian (3)⫺(4) seems to indicate that Russian does not have Japanese-style scrambling. In other words, the above differences between Japanese and Russian “scrambling” seem to lead to the conclusion that the two are actually different phenomena, brought together only by the unfortunate usage of the term scrambling. This interpretation is particularly natural in light of the fact that the undoing property, illustrated in (1), is in a number of works, including Bošković and Takahashi (1998; see also Fukui 1993; Saito and Fukui 1998; Saito 1992, 2000), taken to be the defining and the most interesting property of Japanese-style scrambling. If Russian does not have it, it would then follow that Russian does not have Japanese-style scrambling. However, there is reason to believe that Russian scrambling and Japanese-style scrambling are not as different as the above data would lead us to believe. In fact, (3)⫺(4), which provide evidence that Russian scrambling and Japanese-style scrambling are different phenomena, do not seem to involve scrambling at all. As noted above, Bošković and Takahashi (1998), Fukui (1993), Saito and Fukui (1998), and Saito (1992, 2000) all take the undoing property to be the defining characteristic of Japanese-style scrambling. In deliming the nature of the phenomenon, these authors pay particular attention to differentiating Japanese-style scrambling and English-style topicalization, the main distinction between the two being the undoing property: since topicalization has semantic import, i. e. it establishes an operator-variable relation, it is not undone, in contrast to Japanese-style scrambling. Thus, in contrast

50. Scrambling to the scrambled Noun Phrase in (3), the topicalized Noun Phrase in (5) can have wide scope. (5)

Everyone, someone thinks that Mary met.

A factor that interferes with the conclusion regarding Russian scrambling reached above based on (3)⫺(4) is that the language has topicalization as well as focalization (see, e. g., King 1993). Now, Japanese also has topicalization. However, topicalized elements in Japanese have a special topic marker, wa. Since daremo-ni in (1) is not wa-marked, it unambiguously undergoes scrambling; it could not have undergone topicalization. (As discussed in Saito (1985), wa-marked elements can also undergo scrambling, i. e. such elements can be either topicalized or undergo scrambling.) In contrast to Japanese, topicalization in Russian is not accompanied by special morphology. The same holds for focalization. (I am ignoring here the li-focus construction.) There is then no way to rule out the topicalization/focalization option for každogo mal’čika in (3). Consequently, the fact that the quantifier can take wide scope is not surprising: it patterns in the relevant respect with the topicalized quantifier in English (5). Due to the availability of the topicalization/focalization derivation, (3) thus does not tell us anything about the issue of whether Russian scrambling has the undoing property, i. e. whether Russian has Japanese-style scrambling. The adverb fronting example in (4) is also irrelevant: all the example tells us is that adverbs can be topicalized/focalized, which is well-known. Could it then be that all the freedom of word order in Russian is a result of applications of topicalizing/focalizing movements, possibly coupled with some optionality regarding subject and object A-raising? The above data cannot answer the question. If dislocated elements in examples like (3) could undergo Japanese-style scrambling as well as topicalization/focalization, they should be able to do everything that scrambled phrases can do and everything that topicalized/focalized elements can do. Above, we have tapped the latter. What about the former? We can test the former with respect to locality, more precisely, relativized minimality (RM). (Note that when not committing myself to whether the Russian operation under consideration involves topicalization, focalization, or Japanese-style scrambling, I will simply refer to it as dislocation.) The relativized minimality data indicate that Russian has Japanese-style scrambling. Consider (6)⫺(9). (6)

a. *Ktoi ty videl kogda ti pod’ezžal? who you saw when came videli kak zapakovali t i? b. ?*Čtoi vy what you-PL saw how (they-)did-up (Müller/Sternefeld 1993)

(7)

a. Ty doktori videl kogda ei pod’ezžal? you doctor saw when came ‘Did you see when the doctor came?’ videli kak zapakovali ei. b. Vy pocylkui you-PL parcel-ACC saw how (they-)did-up ‘You saw how they did up the parcel.’

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IX. Wortstellung im Slavischen (8)

a. ?*Kakvu knjigui Marko i Ivan znaju kada je Petar pročitao ti? what book Marko and Ivan know when is Petar read ‘What book do Marko and Ivan know when Peter read ?’ b. Ovu knjigui Marko i Ivan znaju kada je Petar pročitao ei. this book Marko and Ivan know when is Petar read ‘Marko and Ivan know when Peter read this book.’ (Stjepanović 1999a)

(9)

*That doctori , you wonder when Peter fired ti.

(6), which involves A’-movement across an A’-element, shows Russian wh-movement is subject to relativized minimality islands. Still, (7a⫺b) are acceptable. A parallel contrast is found in Serbo-Croatian, another Slavic language with a similar freedom of word order as Russian, as shown in (8). Given that, as indicated by English (9), topicalization is sensitive to relativized minimality (more precisely, wh-islands), (7) then should not involve topicalization on the derivation that yields a fully acceptable outcome. It is well-known that focalization is also subject to the Wh-Island Constraint crosslinguistically. (In fact, if Russian wh-fronting actually involves focus-movement, as argued in Bošković 2002, (6) illustrates sensitivity of focus movement to wh-islands.) The obvious conclusion, then, is that (7) involves scrambling. It is also worth noting here that Stjepanović (1999a) observes that (6) raises a serious problem for the overt movement analysis of scrambling. In particular, the derivation on which the wh-phrase undergoes overt scrambling out of the wh-island prior to wh-movement incorrectly rules in (6) given that scrambling is not subject to the Wh-Island constraint (see (7); see also Bošković 2004, 620 for an account of the contrast between (6) and (7) within the Bošković and Takahashi 1998 system). Notice that, as Bošković and Takahashi’s (1998) (10) shows, Japanese-style scrambling is also not sensitive to wh-islands. On the other hand, as in Russian and SerboCroatian, wh-movement in Japanese is sensitive to wh-islands, as (11), involving null operator movement, shows. (Kikuchi 1987 shows that comparative deletion in Japanese involves null operator movement.) Japanese thus patterns with Russian and SerboCroatian in the relevant respect. (10) Sono hon-oi John-ga [Mary-ga ei yonda ka dooka] siritagatteiru that book-ACC John-NOM Mary-NOM read whether wants-to-know ‘That book, John wants to know whether Mary read.’ (11) ?*[CPOpi [Bill-ga [Mary-ga ti yonda ka dooka] siritagatteiru] yorimo] Bill-NOM Mary-NOM read whether wants-to-know than John-wa takusan-no hon-o yonda. John-TOP more-GEN book-ACC read ‘John read more books than Bill wants to know whether Mary read.’ The data concerning relativized minimality in Russian are, however, conflicting. Another difference between topicalization and scrambling discussed by Bošković and Takahashi is that, as noted in Fukui (1993), Saito (2000), and Saito and Fukui (1998), multiple scrambling is possible, whereas multiple topicalization is not.

50. Scrambling (12) *To Johnj , that booki , (Bill said that) Mary handed ti tj. (13) Sono hon-oi John-nij Bill-ga Mary-ga ej ei watasita to itta that book-ACC John-DAT Bill-NOM Mary-NOM handed that said ‘That book, to John, Bill said that Mary handed.’ (Bošković/Takahashi 1998) According to Bailyn (2001), Russian disallows multiple dislocation, the most natural interpretation of which would be that Russian dislocation is always topicalization/focalization, i. e. that Russian does not have Japanese-style scrambling. My informants, however, find multiple dislocation examples like Bailyn’s (slightly modified) (14) acceptable. Müller and Sternefeld (1993) and Müller (1995) also claim that such examples are acceptable based on (15). (Stjepanović 1999a observes that examples like (15) are also acceptable in Serbo-Croatian.) This is consistent with the conclusion that Russian has both topicalization/focalization and Japanese-style scrambling, as a result of which dislocated elements in Russian can do everything that both topicalized/focalized and scrambled elements can do. (It is of course possible that there is some speaker variation, speakers who reject multiple dislocation constructions not having Japanese-style scrambling.) (14)

(*) On Sašei kasetuj xočet [čtoby Boris peredal ej ei ]. he Sasha-DAT cassette-ACC wants that-SUBJ Boris gave ‘He wants Boris to give the cassette to Sasha.’

(15) a. Čto tyi menjaj vižu [čto ei ljubiš’ ej ] that-IND you-NOM me-ACC I-see that-IND love ‘that I see that you love me.’ mnej Maksim dal ej ei. b. Čto knigui that-IND book-ACC me-DAT Maxim-NOM gave ‘that Maxim gave me the book’ Note that Bošković and Takahashi (1998) use the insensitivity of scrambling to whislands and the possibility of multiple scrambling as an argument against the overt movement analysis of scrambling. On this analysis, long-distance scrambling is treated as overt A’-movement. We should then expect it to pattern with other overt A’-movement operations, like topicalization and wh-fronting, in that it should not be able to take place across an A’-element, as in the case of extraction out of wh-islands (9) and multiple application (12). Notice also that in their discussion of islands, Bošković and Takahashi focus on relativized minimality islands, which can be considered well-understood in the current theoretical framework, thus can be used to tease apart different analyses of scrambling, and stay away from islands that due to their ill-understood nature cannot be used to tease them apart. (The Coordinate Structure Constraint is particularly controversial in this respect. In fact, it has been convincingly argued by Munn 1993 to be a constraint on interpretation rather than an instance of syntactic locality.) Moreover, empirically, it is not clear whether Russian scrambling is sensitive to non-relativized minimality islands. Bailyn (2001) argues that it is. However, Zemskaja (1973), Müller and Sternefeld (1993), Müller (1995), and Yadroff (1991) claim that Russian scrambling is not

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IX. Wortstellung im Slavischen sensitive to several non-relativized minimality islands that wh-movement is sensitive to (see also Stjepanović 1999a regarding Serbo-Croatian). As for Japanese, the empirical situation is also unclear. For relevant discussion the reader is referred to Bošković (2004). (I report that Japanese examples involving scrambling out of non-relativized minimality islands are judged to be better than examples involving wh-movement out of non-relativized minimality islands (as in the comparative construction), and that a bilingual speaker of Japanese and English I consulted found Japanese examples involving scrambling out of non-relativized minimality islands to be clearly better than the corresponding English examples involving topicalization out of such islands.) Returning to the question of whether Russian has Japanese-style scrambling, another test that could help us answer the question concerns the undoing effect. Saito (1992) shows that, in contrast to topicalization and wh-movement, scrambling can take a wh-phrase outside its scope in overt syntax. Notice first that a wh-phrase in Japanese can be interpreted only if it is contained within a Complementizer Phrase headed by a Cwh-complementizer (Q). Saito and Fukui (1998) refer to the constraint in question as the Wh-Q Constraint, and assume that it applies in Logical Form. (Given that Japanese interrogative clauses are marked with the question markers ka/no, the only Cwhcomplementizer in (16) is the embedded clause complementizer.) (16) *Dare-ga [John-ga sono hon-o katta ka] siritagatteiru. who-NOM John-NOM that book-ACC bought Q wants-to-know ‘Who wants to know [Q John bought that book].’ Before proceeding with the discussion of the undoing effect, notice that if dare-ga in (16) were to lower to the Specifier of ka in Logical Form the movement would have to leave a trace that could not be deleted since the trace is in the position of the variable. The derivation in question is then ruled out by the ban on Vacuous Quantification and the Proper Binding Condition. On the other hand, in the case of Bošković and Takahashi’s scrambling lowering no condition of the grammar forces leaving a trace behind. Bošković and Takahashi therefore assume scrambling lowering does not leave a trace (alternatively, the trace can be deleted), which makes the Proper Binding Condition irrelevant. (In this respect, Bošković and Takahashi’s analysis of scrambling is similar to May’s 1977 quantifier lowering.) Note also that we have here an argument against positing a ban on lowering given that the ban would redundantly rule out the dare-ga lowering derivation for (16). In fact, as discussed by Bošković and Takahashi (1998), positing a condition specifically banning lowering would be vastly redundant given that almost all instances of lowering are ruled out independently. Returning to the undoing effect of scrambling, what is relevant for our purposes is that (16) is ruled out because the wh-phrase, which is generated outside of the Cwh Complementizer Phrase, is not contained within a Cwh Complementizer Phrase at LF. Significantly, in (17), where the most embedded Complementizer Phrase containing a wh-phrase is scrambled to the matrix clause leaving the wh-phrase outside of the Cwh Complementizer Phrase, the wh-phrase can still take scope in the intermediate Cwh Complementizer Phrase. As observed by Saito (1992), constructions like (17) are not perfect. However, such constructions, in which scrambling removes a wh-phrase outside of its Cwh Complementizer Phrase, are clearly better than (16), where a whphrase is base-generated in its θ-position outside of its Cwh Complementizer Phrase.

50. Scrambling (17) ?[Mary-ga nani-o katta to]i John-ga [Bill-ga ei itta ka] sitteiru. Mary-NOM what-ACC bought that John-NOM Bill-NOM said Q knows ‘John knows what Bill said that Mary bought.’ (Bošković/Takahashi 1998) (18) shows that wh-movement and topicalization differ from scrambling in this respect. (18a) is marginal due to a wh-island violation. What is important for our purposes is that it cannot at all have the interpretation on which the first who takes embedded scope. The same holds for (18b), where topicalization of a phrase containing who places who outside of the only Cwh Complementizer Phrase in the sentence (see Stjepanović 1999a for an analysis of cases where topicalization and wh-movement do reconstruct). (18) a. ?[Which picture of who]j do you wonder whoi ti bought tj? b. *[That Mary met who]i I know whoj tj believes ti? The fact that scrambling can take a wh-phrase outside its scope, in contrast to whmovement and topicalization, provides further evidence for the undoing property of scrambling. Given that, in contrast to wh-movement and topicalization, scrambling can be, in fact must be (cf. (1)) undone, the wh-phrase is within its scope in (17) in Logical Form after the undoing of scrambling (i. e. after Logical Form lowering in the Bošković and Takahashi analysis) so that (17) does not violate the Wh-Q Constraint, in contrast to (16) and (18a⫺b) (on the relevant reading of (18a). Note that (18) shows that the Wh-Q Constraint is operative in English.) This argument for the undoing property of scrambling is different from the one discussed with respect to (1) in that the scrambling derivation yields an acceptable sentence that is underivable under the topicalization/focalization derivation. Unfortunately, we cannot use the test in question to determine whether Russian has Japanesestyle scrambling due to an interfering factor. Russian is a multiple wh-fronting language, which means that, a few exceptions noted in Bošković (2002) aside (one of them is discussed below), all wh-phrases in Russian must front and establish an operatorvariable relation in overt syntax, the movement in question involving either focus or wh-movement (see Bošković 2002; Stepanov 1998). There is even a stronger requirement on Russian wh-phrases. Russian wh-phrases, including those that do not move to Specifier of Complementizer Phrases overtly, must be clause-mates in overt syntax with the Cwh-complementizer heading the Complementizer Phrase where they are interpreted. Thus, as Stepanov (1998) observes, (19a⫺b) are unacceptable. (Note that, as discussed in Bošković 2002 and Stepanov 1998, although Russian wh-phrases must undergo A’-movement in overt syntax, which the wh-phrases in (19) do, they do not have to move to a Specifier of an interrogative Complementizer Phrase overtly. Note also that the English counterpart of (19a), given in the translation, is grammatical and that the subjunctive counterpart of (19a), kto xočet čtoby kogo videl Petr ‘who wants Peter to see who’, is not.) (19) a. *Kto dumaet čto kogo videl Petr? who thinks that-IND whom saw Peter ‘Who thinks that Peter saw whom?’

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IX. Wortstellung im Slavischen b. ?*Ivan i Marija dumajut čto kogo videl Petr? Ivan and Maria think that-IND whom saw Peter ‘Who do Ivan and Maria think that Peter saw?’ Note also that (20) is unacceptable on the matrix reading of either of the embedded wh-phrases, i. e. it has to be interpreted as a multiple indirect question, in contrast to its English counterpart. (Given that Russian questions do not have to involve overt wh-movement, kogda can be lower than Specifier of the embedded Complementizer Phrase. As discussed in Bošković 2002 and Pesetsky 1989, D-linked wh-phrases are exceptional in that they do not have to move overtly. Note, however, that D-linked and non-D-linked wh-phrases behave in the same way with respect to (19)⫺(20), apart from the irrelevant fact that D-linked wh-phrases do not have to front.) (20) Kto znaet kogda ty videl kakogo doktora. who knows when you saw which doctor The clause mate requirement interferes with conducting Saito’s test regarding the undoing property of scrambling in Russian. However, the test can be conducted in SerboCroatian. Although Serbo-Croatian is a multiple wh-fronting language like Russian (which means that non D-linked wh-phrases in Serbo-Croatian undergo either whmovement or focus movement overtly, see Bošković 2002 and Stjepanović 1999b), its wh-phrases are not subject to the clause-mate requirement. Citing the results of Saito’s test in Serbo-Croatian, Stjepanović (1999a) argues that Serbo-Croatian has Japanesestyle scrambling. Consider (21)⫺(22). (21) Ko kaže da je koga pitao šta je ona uradila? who says that is whom asked what is she done ‘Who says that he asked whom what she did?’ (22) ?[Koliko novca potrošiti]i Marko zna ko želi ei. how-much money to-spend Marko knows who wants ‘Marko knows who wants to spend how much money.’

(Stjepanović 1999a)

(21) contains two interrogative Complementizer Phrases, the matrix and the most embedded one. Nonetheless, koga must take matrix scope, the embedded clause reading being completely unavailable (i. e. (21) can only be a multiple direct question, not a multiple indirect question).The reason for this is that the interrogative clause within which koga is contained in (21) is the matrix one, not the embedded one. The fact that koga cannot be interpreted in the most embedded Complementizer Phrase indicates that the Wh-Q Constraint is operative in Serbo-Croatian. Turning to (22), notice that clausal fronting in (22) takes the wh-phrase outside of the scope of the embedded question. Stjepanović observes that the wh-phrase can still be interpreted in the Specifier of the embedded Complementizer Phrase, i. e. (22) can be interpreted as a multiple indirect question. In fact, it can be interpreted in the same way as (23) in this respect. (Note that although (22) is not perfect, it is much better than (21) on the multiple indirect question reading.) The contrast in question thus parallels the contrast between Japanese (16) and (17). (Notice that speakers differ regarding the Russian counterpart

50. Scrambling of (22), Skol’ko deneg potratit Ivan znaet kto xočet, some of them accepting it on the relevant reading. I attribute this to a variation in the exact formulation of the clausemate requirement, which interferes with conducting Saito’s test in Russian.) (23) Marko zna ko želi koliko novca potrošiti. Clausal dislocation in (22) thus patterns with Japanese-style scrambling rather than topicalization in that it can take a wh-phrase outside of its scope. Stjepanović therefore concludes that clausal dislocation in (22) involves Japanese-style scrambling: like Japanese-style scrambling, it does not create an operator-variable relation and it is undone in Logical Form. After the clause is moved to its θ-position in Logical Form, the whphrase in (22) is within its scope, just like the wh-phrase in (23). The Wh-Q Constraint is therefore not violated in (22). I conclude therefore that Slavic has Japanese-style scrambling. Russian (3⫺4), which appeared to argue against this conclusion, are not problematic for it because they do not involve scrambling on the relevant derivations. It is worth noting in this respect that it is much more difficult to show that scrambling not only can be, but also must be undone for Slavic than for Japanese due to the availability of the topicalization/focalization option (as discussed in Stjepanović 1999b, Serbo-Croatian also has topicalization and focalization). Recall that (1) provides evidence that Japanese-style scrambling must be undone. The interfering factor with the corresponding Russian data in (3) is the availability of the topicalization/focalization derivation, on which the fronted quantifier can take wide scope. Although, as shown above, Slavic has Japanese-style scrambling there are some differences between Russian (more generally, Slavic) scrambling and Japanese-style scrambling. E.g., it is well-known that elements undergoing short-distance scrambling in Japanese can bind anaphors. However, such elements cannot bind anaphors in Russian. (The topicalization/focalization derivation is irrelevant here, since topicalized/focalized elements cannot serve as A-binders.). hahaoya]-ga ei atta. (24) [Mary to Pam]i-ni [otagaii-no Mary and Pam-DAT each other-GEN mother-NOM met ‘Mary and Pam, each other’s mothers met.’ [materi drug drugai] vstretili ei. (25) *[Larisu i Tanjui Larisa-ACC and Tanja-ACC mothers-NOM each-other-GEN met ‘Larisa and Tanja, each other’s mothers met.’ For an account of this difference between Russian and Japanese, the reader is referred to Bošković and Takahashi (1998). Under Bošković and Takahashi’s analysis, shortdistance scrambled elements (in fact, only short-distance scrambled elements) can stay in their base-generated Surface Structure position in Logical Form in Japanese, but not in Russian, which gives us a straightforward account of the contrast between (24) and (25) (the difference between Russian and Japanese is tied to a difference between the two languages regarding the availability of the multiple subject construction, Japanese, but not Russian, allowing it). Another difference between Russian and Japanese scrambling concerns scope. While a short-distance scrambled element in Japanese can take either wide or narrow

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IX. Wortstellung im Slavischen scope with respect to elements that c-command its θ-position, it is often assumed that in Russian, the scrambled element must take wide scope in this configuration. Thus, the object in (26) must take wide scope. However, this is not the case in (27), which is ambiguous. ((27) is more natural with každogo čeloveka regardless of the reading. Also see Ionin 2003 for discussion of scope in Russian and Stjepanović 1999a for relevant discussion of Serbo-Croatian.) (26) Každogoi kto-to ljubit ei. everyone-ACC someone-NOM loves ‘Everyone, someone loves.’ (27) Každogo (čeloveka)i dva studenta ljubjat ei everyone person-ACC two students-NOM love ‘Everyone/every person, two students love.’ (27) is well-behaved: the topicalization/focalization option must be responsible for wide scope of the object given that the scrambling option can only yield narrow scope. (Recall that even short-distance scrambling must be undone in Russian, in contrast to Japanese, as (24⫺25) show.) On the other hand, the lack of ambiguity in (26) is puzzling. I leave it unresolved, merely noting that if for some reason focalization were the only option for the dislocated quantifier in (26), the example’s lack of ambiguity could be explained given that, as is well-known, focus facilitates wide scope. In conclusion, Slavic languages considered here have scrambling in addition to topicalization and focalization. This means that examples like Serbo-Croatian (28) are three way ambiguous regarding fronting of the embedded clause object: the fronting could involve topicalization, focalization, or scrambling. Above, I have presented several tests that can tease apart scrambling and topicalization/focalization. (28) Ivanai tvrdiš da ona voli ei. Ivan-ACC you-claim that she loves ‘You claim that she loves Ivan.’

Literature (selected) Bailyn, John (2001): “On Scrambling: A reply to Bošković and Takahashi”. // Linguistic Inquiry 32. 635⫺658. Bošković, Željko (2002): “On multiple wh-fronting”. // Linguistic Inquiry 33. 351⫺383. Bošković, Željko (2003): “On wh-islands and obligatory wh-movement contexts in South Slavic”. // Boeckx, Cedric/Grohmann, Kleanthes K. (ed.). Multiple wh-fronting. Amsterdam. 27⫺50. Bošković, Željko (2004): “Topicalization, focalization, lexical insertion, and scrambling”. // Linguistic Inquiry. 35. 613⫺638. Bošković, Željko/Takahashi, Daiko (1998): “Scrambling and last resort”. // Linguistic Inquiry 29. 347⫺366. Epstein, Samuel (1992): “Derivational constraints on A’-chain formation”. // Linguistic Inquiry 23. 235⫺259. Fukui, Naoki (1993): “Parameters and optionality”. // Linguistic Inquiry 24. 399⫺420.

51. Clitics in Slavic

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Ionin, Tania (2003): “The one girl who was kissed by every boy: Scope, scrambling, and discourse function in Russian”. // Proceedings of ConSole X. 65⫺80. Kikuchi, Akira (1987): Comparative deletion in Japanese. Ms. Yamagata University. King, Tracy (1993): Configuring topic and focus in Russian. Ph.D. thesis. Stanford. Lasnik, Howard/Saito, Mamoru (1992): Move: Conditions on its application and output. Cambridge. Lasnik, Howard/Uriagereka, Juan (1988): A course in GB syntax. Cambridge. May, Robert (1977): The grammar of quantification. Ph.D. thesis. Cambridge. Munn, Alan (1993): Topics in the syntax and semantics of coordinate structures. Ph.D. thesis. University of Maryland. Müller, Gereon (1995): A-bar syntax: A study of movement types. New York. Müller, Gereon/Sternefeld, Wolfgang (1993): “Improper movement and unambiguous binding”. // Linguistic Inquiry 24. 461⫺507. Pesetsky, David (1989): The Earliness Principle. Ms. MIT. Reinhart, Tanya (1995): Interface strategies. Ms. University of Utrecht. Saito, Mamoru (1985): Some asymmetries in Japanese and their theoretical implications. Ph.D. thesis. MIT. Saito, Mamoru (1992): “Long distance scrambling in Japanese”. // Journal of East Asian Linguistics 1. 69⫺118. Saito, Mamoru (2000): Scrambling in the Minimalist Program. Ms. Nanzan University. Saito, Mamoru/Fukui, N. (1998): “Order in phrase structure and movement”. // Linguistic Inquiry 29. 439⫺474. Stepanov, Artur (1998): “On wh-fronting in Russian”. // Proceedings of NELS 28. 453⫺467. Stjepanović, Sandra (1999a): “Scrambling: Overt movement or base generation and LF movement”. // Journal of Slavic Linguistics 7. 305⫺324. Stjepanović, Sandra (1999b): What do second position cliticization, scrambling, and multiple whfronting have in common? Ph.D. thesis. University of Connecticut. Tsai, Dylan (1994): On economizing the theory of A’-dependencies. Ph.D. thesis. MIT. Yadroff, Michail (1991): The syntactic properties of adjunction in Russian. Ms. Indiana University. Zemskaja, E. A. (1973): Russkaja razgovornaja reč’. Moskva.

Željko Bošković, Connecticut, Storrs, CT (USA)

51. Clitics in Slavic 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction Overview of Issues Survey of Slavic Clitic Types Clitic Placement Literature (selected)

Abstract Clitics are words which lack word-level prosodic struture, hence must attach to another prosodic word in order to be pronounced. This topic is important and very popular for

51. Clitics in Slavic

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Ionin, Tania (2003): “The one girl who was kissed by every boy: Scope, scrambling, and discourse function in Russian”. // Proceedings of ConSole X. 65⫺80. Kikuchi, Akira (1987): Comparative deletion in Japanese. Ms. Yamagata University. King, Tracy (1993): Configuring topic and focus in Russian. Ph.D. thesis. Stanford. Lasnik, Howard/Saito, Mamoru (1992): Move: Conditions on its application and output. Cambridge. Lasnik, Howard/Uriagereka, Juan (1988): A course in GB syntax. Cambridge. May, Robert (1977): The grammar of quantification. Ph.D. thesis. Cambridge. Munn, Alan (1993): Topics in the syntax and semantics of coordinate structures. Ph.D. thesis. University of Maryland. Müller, Gereon (1995): A-bar syntax: A study of movement types. New York. Müller, Gereon/Sternefeld, Wolfgang (1993): “Improper movement and unambiguous binding”. // Linguistic Inquiry 24. 461⫺507. Pesetsky, David (1989): The Earliness Principle. Ms. MIT. Reinhart, Tanya (1995): Interface strategies. Ms. University of Utrecht. Saito, Mamoru (1985): Some asymmetries in Japanese and their theoretical implications. Ph.D. thesis. MIT. Saito, Mamoru (1992): “Long distance scrambling in Japanese”. // Journal of East Asian Linguistics 1. 69⫺118. Saito, Mamoru (2000): Scrambling in the Minimalist Program. Ms. Nanzan University. Saito, Mamoru/Fukui, N. (1998): “Order in phrase structure and movement”. // Linguistic Inquiry 29. 439⫺474. Stepanov, Artur (1998): “On wh-fronting in Russian”. // Proceedings of NELS 28. 453⫺467. Stjepanović, Sandra (1999a): “Scrambling: Overt movement or base generation and LF movement”. // Journal of Slavic Linguistics 7. 305⫺324. Stjepanović, Sandra (1999b): What do second position cliticization, scrambling, and multiple whfronting have in common? Ph.D. thesis. University of Connecticut. Tsai, Dylan (1994): On economizing the theory of A’-dependencies. Ph.D. thesis. MIT. Yadroff, Michail (1991): The syntactic properties of adjunction in Russian. Ms. Indiana University. Zemskaja, E. A. (1973): Russkaja razgovornaja reč’. Moskva.

Željko Bošković, Connecticut, Storrs, CT (USA)

51. Clitics in Slavic 1. 2. 3. 4. 5.

Introduction Overview of Issues Survey of Slavic Clitic Types Clitic Placement Literature (selected)

Abstract Clitics are words which lack word-level prosodic struture, hence must attach to another prosodic word in order to be pronounced. This topic is important and very popular for

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IX. Wortstellung im Slavischen Slavic, which (outside most of East Slavic) displays a rich rang of pronominal and auxiliary clitics. Central issues concern clitic placement (Where do they go in the clause and how is their position determined?), clitic cluster cohesion (Can they be separated and, if so, according to what Criteria?), clitic ordering (Is there a fixed order and, if so, what is its source?). The study of clitic properties is characterized by a tension between prosodic and syntactic approaches, and inspires interesting compromises between the two that exploit the copy theory of movement.

1. Introduction The topic of Slavic clitics is a traditional one which has been the target of intense renewed interest in recent years. One reason for this interest is that clitics seem to have special properties at multiple levels of representation. The very term clitic has been used to describe a diversity of elements. A useful phonological characterization is that a clitic is a word (a lexical entry) that lacks word-level prosodic structure, hence must attach to another prosodic word in order to be pronounced. This definition pertains not only to pronominal and verbal auxiliary elements in many Slavic languages, but also to particles such as Russian emphatic že, negative ne, or interrogative li. The former type, crucially absent in Russian, are often distinguished from the particles because they seem to display special syntactic requirements. Their idiosyncrasies transcend the noted prosodic deficiency; for example, the fact that pronominal and verbal auxiliary clitics in Slavic appear in particular positions and in fixed orders suggest that they move as syntactic entities or are manipulated by rules of morphology (or both). This article overviews the properties of these elements in Slavic, surveying the analytical and conceptual issues they raise. The reader is further referred to the vast literature on Slavic clitics, a representative selection of which is cited in Franks and King (2000); another recent important reference is Bošković (2001).

2. Overview of Issues This section offers a brief overview of the major issues faced by any descriptively adequate analysis of pronominal and verbal auxiliary clitics in Slavic.

2.1. Typology of Clitics In general terms, the clitics can be characterized either as being positioned with respect to the left-edge of the sentence (crudely, “Second Position”, henceforth 2P) or with respect to the verb (crudely, “Verb-Adjacent”, henceforth VA). These two types are introduced in Sections 3.1 and 3.2, respectively. Since the Polish (Pol) system stands somewhat apart, it is treated in Section 3.3. An additional question touched on in this section is the status of clitics in smaller domains than the clause, especially the viability of clitics in the nominal domain.

51. Clitics in Slavic

2.2. Cohesiveness of the Clitic Cluster One issue of considerable recent debate is the level of penetrability of the clitic cluster. The resolution of this debate has implications for the issue of how the locus of the clitics is determined. The general problem of splitting is treated in Section 4.1, which surveys some relevant data from Serbian/Croatian (SC), Czech (Cz), and Bulgarian (Bg) and presents arguments that the phenomenon should be analyzed as essentially syntactic.

2.3. Factors Determining Clitic Order and Placement The issue that occupies the bulk of recent research on Slavic clitics concerns the factors which determine the order and placement of the clitics, as well as the related problem of identifying the formal mechanisms by which their placement is effected. This is the topic of Section 4, which the core component of this article. Fundamental questions concern the domain of placement and positioning of the clitics within that domain, determination of the host, the direction of cliticization, and the relative order of the clitics. An important overarching question is deciding what level(s) of description are appropriate. The complexity of the data suggest that there are different answers for different types of elements general labelled as “clitics”.

3. Survey of Slavic Clitic Types This section introduces basic Slavic clitic data. Given the breadth of phenomena and the diversity of languages, only structural highlights for a a few languages are presented. While all the Slavic languages have clitics, East Slavic will not be discussed further, since it has lost the rich paradigmatic systems for pronouns and verbal auxiliaries found in the other languages. The following are some representative sentences, with the clitics in boldface, from South Slavic SC, Slovenian (Slvn), Bg and Macedonian (Mac) in (1) and from West Slavic Cz and Pol in (2); “C” and “Q” gloss “Complementizer” and “Question marker”: (1)

a. Da li ste mi ih danas kupili? C Q aux.2pl me.dat them.acc today bought ‘Did you buy me them today?’ b. Janez mu ga je še dal. Janez him.dat it.acc aux.3sg still gave ‘Janez still gave it to him.’ c. Ti si mu gi pokazvala. you aux.2sg him.dat them.acc shown.fem ‘You have shown them to him.’

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IX. Wortstellung im Slavischen d. Mi go dade Vera včera. me.dat it.acc gave Vera yesterday ‘Vera gave me it yesterday.’ (2)

a. Představila jsem mu tě včera. introduced aux.lsg him.dat you.acc yesterday ‘I introduced you to him yesterday.’ b. Piotrek mi je dał. Peter me.dat them.acc gave ‘Peter gave me them.’

As these examples illustrate, there are essentially two patterns for where the cluster goes: 2P, as in SC, Slvn, and Cz, or VA, as in Bg and Mac. Pol, as discussed below, is neither.

3.1. Second Position Clitics Here I concentrate on 2P in SC, the status of which has been quite controversial. A simple sentence, as in (3), can have the following variants: (3)

a. Zoran mi stalno kupuje knjige. Zoran me.dat constantly buys books ‘Zoran is constantly buying me books.’ b. Stalno mi kupuje knjige Zoran. c. Knjige mi Zoran stalno kupuje. d. Kupuje mi stalno knjige Zoran.

Whatever word comes first, the clitic mi must immediately follow. All alternatives, including lower placement, as in (4), or higher placement, as in (5), result in ungrammaticality: (4)

a. *Zoran stalno mi kupuje knjige. b. *Zoran stalno kupuje mi knjige.

(5)

*Mi Zoran stalno kupuje knjige.

An important question is whether 2P is best defined in prosodic or syntactic terms. Curiously, as noted in Browne (1974), both syntactic and phonological characterizations seem appropriate: SC clitics can either follow the first syntactic phrase (6) or the first prosodic word (7). These examples reveal the clitics either to follow the initial Noun Phrase or to split the “adjective C noun” unit. These two options are available regardless of the function of the NP or number of clitics:

51. Clitics in Slavic (6)

a. Taj čovjek joj ga je poklonio. that poet her.dat it.acc aux.3sg gave ‘That person gave it to her.’ b. Zanimljive knjige mi stalno kupuje Zoran. interesting books me.dat constantly buys Zoran ‘Zoran is constantly buying me interesting books.’ c. Prošle godine su otvorili gostiteljsku školu. last year aux.3pl opened hotel school ‘Last year they opened a hotel school.’

(7)

a. Taj joj ga je čovjek poklonio. b. Zanimljive mi knjige stalno kupuje Zoran. c. Prosle su godine otvorili gostiteljsku skolu.

The true nature of splitting will be probed more carefully in Section 4.1. A further complication is that prosodic factors can force the clitics to be pronounced further to the right. These elements in SC are enclitic, meaning that they necessarily look to their left for prosodic support. Hence, whenever there is an intonational break after the first constituent (symbolized by “#”), the clitics cannot follow them: (8)

#Ja#, #tvoja mama#, #obećala sam ti igračku#. I your mother promised aux.lsg you.dat toy ‘I, your mother, promised you a toy.’

The appositive tvoja mama is flanked by intonational phrase boundaries. That this effect derives from interface requirements imposed by the phonology is clear when Slvn is considered. In this language, the clitics can also be prosodically proclitic. Compare the otherwise identical Slvn version of (8): (9)

Jaz#, #tvoja mama#, sem ti obljubila igračko.

Pronunciation of Slvn sem ti is possible in (9) because they can be proclitic on the verb obljubila, whereas in SC the clitics sam ti must follow the verb instead. The fact that ellipsis can put them in absolute initial position in Slvn (and Colloquial Cz) corroborates the conclusion that these differences reduce to phonology: (10) a. Si ga videl? aux.2sg him.acc saw ‘Have you seen him?’ A further example of delayed clitic pronunciation in SC follows:

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IX. Wortstellung im Slavischen (11) #Javili su nam da# #prije nekoliko dana# #na toj liniji# #voz announced aux.3pl us.dat C ago several days on that line train je kasnio tri sata#. aux.3sg was-late three hours ‘They announced to us that, several days ago, on that line, the train was three hours late.’ Here the focused phrases have a similar delaying effect on clitic placement.

3.2. Verb-Adjacent Clitics In Bg and Mac the clitics normally immediately precede the verb, as in (1c, d) above. However, although clitics invariably precede the finite verb in Mac, in Bg they do unless this would put them in absolute initial position, in which case they follow the verb. Compare the Bg sentence in (12) with its otherwise identical Mac counterpart in (1d): (12) Dade mi go Vera včera. gave me.dat it.acc Vera yesterday ‘Vera gave me it yesterday.’ Verb-adjacent clitics are thus fundamentally pre-verbal, although Bg must exploit some mechanism to retreat from this to avoid them being absolutely initial. While this is usually regarded as a prosodic restriction, the fact that the clitics in Bg can immediately follow an intonational phrase boundary suggests otherwise: (13) Vera #devetnadesetgodišno momiče# mu otvori vratata da vleze. Vera nineteen-year-old girl him.dat opened door to enter ‘Vera, a nineteen year old girl, opened the door for him to enter.’ Finally, VA clitics can double full NPs, as in the following Bg examples: (14) a. Vanja ne ja vâlnuvat tezi nešta. Vanja neg her.acc worry these things ‘These things don’t upset Vanja.’ b. Na tjax toj im dava točno tolkova, kolkoto i na drugite. to them he them.dat gives exactly as-much as-much and to the-others ‘He gives them exactly as much as the others.’ (15) a. Nego go njama. him him.acc not-here ‘He is not here. b. Na mene ne mi e studeno. to me neg me.dat is cold ‘I am not cold.’ Doubling is obligatory here, of the accusative or dative topic in (14) or the accusative or dative “logical subject” in (15).

51. Clitics in Slavic

3.3. Other Types Lastly, the clitic system of Pol is strikingly distinct from that of the other languages. It is neither 2P nor VA. First of all, clitics in this language do not need to cluster together, as illustrated by the following examples: (16) a. Dlaczego ją kupiła -ś? why it.acc bought -aux.2sg ‘Why did you buy it?’ b. Kiedy -śmy go wreszcze mu odebrali, ... when -aux.lpl it.acc at-last him.dat took-away ‘When we at last took it away from him, ...’ The verbal person-number affixes in Pol present a host of problems for analysis, since they exhibit mixed affixal and clitic behavior. See Franks and King (2000) as well as Franks and Bański (1999) for discussion of their mixed status, and Borsley and Rivero (1994) for one standard analysis. In addition, word order requirements are not absolutely respected: in (17b) we see the acc clitic go preceding the dat mu. Another example of this can be constructed on the basis of the fact that, as in many languages (including English), 1st or 2nd person atonic pronouns cannot follow 3rd person ones. Thus, instead of saying extremely awkward (17a), (17b) is produced instead. (17) a. ??Pokazali mu cię wczoraj. showed him.dat you.acc yesterday. ??‘I showed him you yesterday.’ b. Pokazali cię mu wczoraj. This problem cannot be circumvented in the same way in the other Slavic languages, where the “dat precedes acc” restriction is inviolate. Franks and King (2000) thus contend that the pronominal clitics in Pol are actually phrases, whereas in the other languages, they are heads. In some Slavic languages, clitics can also appear inside NPs. Franks and King (2000) argue that, since clitics in Pol are regular phrasal arguments, their appearance in NPs is entirely expected. Some examples to illustrate the productivity of pronominal clitics as complements of deverbal nouns are provided in (18): (18) a. zrozumienie cię understanding you.gen b. moje pomaganie mu my helping him.dat c. nasze oskarzenie go o zdradę. our accusing him.gen of treason There is moreover some freedom of word order that resembles the distribution of pronominal clitics in clauses. Although locating the clitic lower than immediately fol-

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IX. Wortstellung im Slavischen lowing the noun is not possible, higher positions are acceptable with various degrees of felicity: (19) a. moje (mu) pomaganie (mu) we wtorki (*mu) my him.dat helping him.dat on Tuesdays him.dat ‘my helping him on Tuesdays’ b. nasze (go) szybkie (go) ratowanie (go) our him.gen quickly him.gen saving him.gen ‘our saving him quickly’ The opposite extreme is represented by the 2P languages, which tolerate no NP-internal clitics. Consider ungrammatical SC (20): (20) [np Predstavljanje njega/*ga Mariji] je iznenadilo svakoga introduction him.gen Maria.dat aux.3sg surprised everyone.acc [intended]: ‘Introducing him to Maria suprised everyone.’ In SC, only the full pronominal njega can appear inside NP, never a clitic. In the VA languages, on the other hand, NP-internal pronominal clitics are viable, and they are particularly robust in Bg: (21) a. roditelite mu ‘his parents’ b. mnogoto ti novi knigi ‘your many new books’ c. večno mladata ni stolica ‘our perpetually young capital’ They seem to target the highest head in the NP, which is also the element inflected for the definite article: (22) a. [np počti nerazrabotenata mu u nas] problematika almost not-worked-out-the him.dat by us problematics ‘his problematics (which are) almost not worked out here [= in Bulgaria]’ b. [np polučenata si sâs mâka] stipendija received-the self.dat with pain scholarship ‘self’s received with pain scholarship’ c. [np vernijat ti na demokratični idei] prezident faithful-the you.dat to democratic ideas president’ ‘your president (who is) faithful to democratic ideas’ The status of NP-internal clitics is examined in detail in Franks (2001).

4.1. Facts Worth Worrying About Clitics pose a host of interesting theoretical and analytical problems. In addition to the problem of clitic placement discussed in Section 3, a central issue is relative clitic order. The clitics must appear in a fixed order, according to a template that varies little across

51. Clitics in Slavic the languages: interrogative li precedes auxiliary clitics with the exception of 3sg (j)e in South Slavic (and the future auxiliary biti ‘to be’ in Slvn), which precedes dative clitics, which in turn precede accusative clitics, with 3sg (j)e (and the Slvn future clitics) coming last. (23) li > AUX > DAT > ACC > (j)e Accusative precedes genitive when both are present, and reflexive clitics work differently in different languages; cf. Franks and King (2000, 208⫺210). They can appear in the normal position for their case, as in Bg (24) or Mac (25): (24) Predstavjam si ja v bjala roklja. imagine refl.dat her.acc in white dress ‘I imagine her in a white dress.’ (25) Takov ton ne mi se dopag’a. Such tone neg me.dat refl.acc pleases ‘I don’t like that tone.’ SC is similar, except whereas ordinary accusative pronouns precede genitive ones, reflexive accusatives follow, as in (26): (26) Ja sam ga se bojao. I aux.lsg him.gen refl.acc feared ‘I was afraid of him.’ Furthermore, in Cz and SlVn, reflexive accusatives come first, preceding dative pronominal clitics, as shown by the Cz minimal pair in (27): (27) a. Představila jsem se mu včera. presented aux.lsg refl.acc him.dat yesterday ‘I introduced myself to him yesterday.’ b. Představila jsem mu tě včera. presented aux.lsg him.dat you.acc yesterday ‘I introduced you to him yesterday.’ It thus seems that the reflexive clitic is always located at the periphery of the pronominal clitic cluster. The integrity of the clitic cluster also bears on whether it is best analyzed as a prosodic, morphological, or syntactic unit. Splitting by particles or short adverbials is sometimes possible, as in Cz (28) or Bg (29): (28) a. Jan už se jim ho rozhodl nedávat. Jan already refl.acc them.dat it.acc decided neg-give.inf ‘Jan already decided not to give it to them.’ b. Jan se už jim ho rozhodl nedávat. c. Jan se jim už ho rozhodl nedávat.

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IX. Wortstellung im Slavischen (29) a. Ti si mu go veče dal. imagine refl.dat her.acc in white dress ‘I imagine her in a white dress.’ b. ?Ti si veče mu go dal. c. *Ti si mu veče go dal Note that whereas the Cz particle freely “floats” inside the cluster, the Bg adverb can flank the pronominal group but never split the two pronouns. Another type of splitting involves clitic climbing in SC: with two clitics, usually both or neither climb, but Stjepanovič (1998a) reports the following judgments: (30) a. Marija mu želi da ga predstavi. Maria him.dat wants C him.acc introduces ‘Maria wants to introduce him to him’ (cf. *Marija ga želi da mu predstavi.) b. Želio sam mu da ga kupim. wanted aux.lsg him.dat C it.acc buy.lsg ‘I wanted to buy him it.’ (cf. *Želio sam ga da mu kupim.) c. Marko mu je želio da ga kupi. Marko him.dat aux.3sg wanted C it.acc buy.3sg ‘Marko wanted to buy him it.’ (cf. *Marko ga je želio da mu kupi.) In (30), the dative clitic has climbed and the accusative one remains in the lower clause. It is however never possible to climb the accusative to the exclusion of the dative. This pattern suggests a syntactic account of clitic positioning. However, the mixed ellipsis facts would seem to militate against a syntactic definition of clitic cluster formation. In the paradigm in (31), discovered by Stjepanović (1998a, 1998b) and also discussed in Bošković (2000a), and Progovac (2000), the elided material is between square brackets: (31) a. Ona mu ga je dala, a i ja sam mu ga [dala] she him.dat it.acc aux.3sg gave and also I aux.lg him.dat it.acc gave ‘She have it to him, and I did, too.’ b. Ona mu ga je dala, a i ja sam mu [ga gala] c. Ona mu ga je dala, a i ja sam [mu ga dala] d. ?*Ona mu ga je dala, a i ja sam [mu] ga [dala] Assuming that ellipsis always targets a syntactic constituent, Stjepanovic’s paradigm implies that each elided unit is a separate phrase. The ungrammatical (26d), on the other hand, could only be obtained by eliding a head ⫺ the dative clitic mu ⫺ and the verb phrase dala, independently.

51. Clitics in Slavic

4.2. Prosodic Approaches To handle SC (6) alongside (7), an important line of research, stemming from Zwicky (1977) and best exemplified by Halpern (1992/1995), has been to pursue a mixed system, whereby reference may be made to both prosodic and syntactic criteria in anchoring the clitics. Halpern’s version of Prosodic Inversion (PI) is a mechanism which resolves “mismatches between syntactic and surface structure” by applying in the phonology to invert the clitic and adjacent material. In (7), the syntax places the clitic at the front of the sentence; it then moves rightwards, in order to have a prosodic host to its left, with the result that the adjective becomes separated from the following noun. There are however a variety of serious problems with PI. Progovac (1996) observes that the clitics can only break up constituents that can be separated independently. Thus, PI can not intervene between a head noun and its complement: (32) *[n Roditelji] su se uspešnih studenata razišli. parents aux.3pl refl successful.gen students.gen dispersed ‘The parents of the successful students dispersed.’ Bošković (2000, 2001) and others argue at length that the clitics never actually appear inside a phrase; instead, parts of the phrase have been extracted, giving the false impression that the clitics are positioned according to purely prosodic criteria. Thus, in (33a), movement of sobu from inside the prepositional phrase precedes the actual fronting of that phrase. (33) a. U veliku je sobu Jovan ušao. in big aux.3sg room Jovan walked ‘Jovan walked into a large room.’ b. U veliku je Jovan ušao sobu. c. U veliku Jovan ulazi sobu. in big Jovan walks room ‘Jovan is walking into a large room.’ Thus is confirmed by the acceptability of (33b), where material other than the clitic separates pieces of the presumed PP, as well as (33c), with no clitic. This is in. fact the crux of the issue: arguments against invoking PI in order to position clitics which “split” constituents point out that non-clitics can also split them, hence what is being split is not really a constituent in the first place.

4.3. Syntactic Approaches One standard way of achieving 2P effects without invoking PI is the proposal that all cluster together in C°, and if either an XP moves to [Spec, CP] or the V moves to C°, then the basic properties of the 2P effect result automatically. This kind of approach has been espoused in work such as Ćavar and Wilder (1994), Franks and Progovac (1994), Mišeska-Tomić (1996), and Progovac (1996). Its chief virtue is conceptual, in

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IX. Wortstellung im Slavischen that it exploits syntactic movement mechanisms needed anyway; the chief liability is empirical, in that its rigidity makes it difficult to account for some of the 2P clitic data. A major problem with treating 2P as clitic clustering in C° relates to the facts discussed in Section 4.1 which indicate that the clitics may not actually constitute a single syntactic constituent. For this sort of reason, Bošković (2007) develops an alternative in which, although the clitics are syntactically positioned, the cluster itself is prosodically determined. A somewhat less critical aspect of the “clitics in C°” approach is that there is considerable evidence that the clitics are not always as high in the structure as C°. One straightforward argument to this effect is based on Bošković’s observation that SC (but not Bg!) participles such as prodao in (34) cannot be in C°, since it cannot precede li: (34) *Prodao li si svoju kuću? sold Q aux.2sg self’s house ‘Did you sell your house?’ However, if participles never move as high as C°, then the grammaticality of (35) indicates that the clitic sam must be in some lower position. (35) Prodao sam svoju kuću. sold aux.lsg self’s house ‘I sold my house.’ The conclusion is that clitics are not always in C°. Instead, as argued in Franks (2000), they are in the highest head position in the tree.

4.4. Some Possible Compromises While the placement and ordering of clitics generally implicate a syntactic movement approach, the fact remains that prosodic criteria play an important role in where clitics actually surface. The idea put forward in Franks (2000) and related work exploits Chomsky’s “copy and delete” implementation of movement. Since clitics are not phonological words on their own, they must attach to an adjacent prosodic host in order to receive prosodic licensing. The SC clitics look to their left for a prosodic word to adjoin to. If there is one, everything is fine. However, if there is not, then a lower copy of the clitic must be selected. The puzzle of clitic placement reduces to the issue of which copy is the one pronounced. As shown in (8) and (11), if there is an intonational phrase boundary to the immediate left of the clitic cluster, then prosodic adjunction fails and the clitics are left stranded. Hence, the next highest copy of the clitic cluster is the one that actually surfaces. Consider how (8) might be achieved in this system, where the struck through elements are not pronounced: (36) Ja #tvoja mama# sam ti obećala sam ti obećala sladoled. Thus, ordinarily only the highest copy is retained in the phonology, but doing so in (36) is impossible. On the other hand, no such effect obtains in Slvn (9), since, as shown in (37), the highest copy can be prosodically supported (as a proclitic):

51. Clitics in Slavic (37) Jaz#, #tvoja mama#, sem ti obljubila sem ti obljubila igračko. This kind of analysis is extended to even more complex phenomena in Bg by Boskovic (2001) and Franks and Bošković (2001). Example (12) would have the rough structure in (32a). This contrasts with Mac (ld), which has the structure in (38b). (38) a. Mi go dade mi go dade Vera včera. b. Mi go dade mi go dade Vera včera. The highest copy is pronounced if possible, but if that would violate the phonological need for prosodic support, a lower copy is pronounced. In short, the syntax composes and the phonology disposes.

5. Literature (selected) Borsley, Robert/Rivero, Maria Luisa (1994): “Clitic auxiliaries and incorporation in Polish”. // Natural Language and Linguistic Theory 12. 373⫺422. Bošković, Željko (2000): “Second Position Cliticization: Syntax and/or Phonology?” // Beukema, Frits/den Dikken, Marcel (eds.). Clitic Phenomena in European Languages. Amsterdam. 71⫺ 119. Bošković, Željko (2001): On the Nature of the Syntax-Phonology Interface: Cliticization and Related Phenomena. Amsterdam. Browne, Wayles (1974): “On the Problem of Enclitic Placement in Serbo-Croatian”. // Brecht, R. D./Chvany, C. V. (eds.). Slavic Transformational Syntax. Ann Arbor. 36⫺52. Ćavar, Damir/Wilder, Chris (1994): “Long Head Movement? Verb Movement and Cliticization in Croatian”. // Lingua 93. 1⫺58. Franks, Steven (2000): “Clitics at the Interface” // Beukema, Frits/den Dikken, Marcel (eds.) Clitic Phenomena in European Languages. Amsterdam. 1⫺46. Franks, Steven (2001): The Internal Structure of Slavic NPs, with Special Reference to Bulgarian. // Przepiórkowski, Adam/Bański, Piotr (ed.). Generative Linguistics in Poland: Syntax and Morphosyntax. 53⫺69. Franks, Steven/Bański, Piotr (1999): “Approaches to ‘Schizophrenic’ Polish Person Agreement”. // Dziwirek, Katarzyna/Coats, Herbert/Vakareliyska, Cynthia M. (ed.). Proceedings of FASL 7: The Seattle Meeting. Ann Arbor. 123⫺143. Franks, Steven/ Bošković, Željko (2001): “An Argument for Multiple Spell-Out”. // Linguistic lnquiry 32. 174⫺183. Franks, Steven/King, Tracy H. (2000): A Handbook of Slavic Clitics. New York. Franks, Steven/Progovac, Ljiljana (1994): “On the Placement of Serbo-Croatian Clitics”. // Indiana Slavic Studies 7, Proceedings of the 9 th Biennial Conference on Balkan and South Slavic Linguistics, Literature and Folklore. 69⫺78. Halpern, Aaron L. (1992/1995): On the Morphology and Placement of Clitics. Stanford. Mišeska-Tomić, Olga (1996): “The Balkan Slavic Clausal Clitic Clusters”. // Natural Language and Linguistic Theory 14. 811⫺872 Progovac, Ljiljana (1996): “Clitics in Serbian/Croatian: Comp as the Second Position”. // Halpern, Aaron L./Zwicky, Arnold M. (eds.). Approaching Second: Second Position Clitics and Related Phenomena. Stanford. 411⫺428. Progovac, Ljiljana (2000): “Where Do Clitics Cluster?” // Beukema, Frits/den Dikken, Marcel (eds.). Clitic Phenomena in European Languages. Amsterdam. 249⫺258.

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IX. Wortstellung im Slavischen Stjepanović, Sandra (1998a): “On the Placement of Serbo-Croatian Clitics: Evidence from Clitic Climbing and VP Ellipsis”. // Bošković, Željko et al. (ed.). Proceedings of FASL 6: The Connecticut Meeting. Ann Arbor. Stjepanović, Sandra (1998b): “A Note on Placement of Serbo-Croatian Clitics”. // Linguistic lnquiry 29. 527⫺537.

Steven Franks, Bloomington, IN (USA)

X. Das Lexikon der slavischen Sprachen 52. Struktur des Lexikons 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Was ist das Lexikon? Grundeinheiten des Lexikons Semantische (In)kohärenz im Lexikon Semantische Zusammenhänge im Lexikon Die Dynamik des Wortschatzes Literatur (in Auswahl)

Abstract The dictionary is a relatively independent module of speech, which, depending on its methodological orientation, forms a counterpart to grammar (according to classical structuralism) or complements the categorial rules within the syntactical constituent (according to the standard version of GTG). The modular concept is being challenged by cognitive linguistics: words as well as complex grammatical formations and categories are perceived as symbolic structures par excellence. In linguistics, the dictionary can be classified as an interface of lexicology, morphology, and syntax. The basic unit word comprises four abstract levels: the graphical word (every sequence of letters between two blanks), the text word (classified according to distribution quality), the grammatical word (classified according to function) and finally the most abstract level of the lexeme (as a theory of quantity puts it: the maximum amount of forms of a word or variations of text words). Words as bodies of meaning/signifiers are related to each other in various semantic ways and accumulated accordingly in the mental dictionary. The size of the basic vocabulary of a single speaker or social groups is variable. In addition to the relatively stable, permanent dictionary, there also exists a field of potential lexis, which can be classified as individualisms, occasionalisms, and neologisms. Lexicography is more and more dedicated to idiomatics, or to the study of distinctive linguistic features of individuals and social groups. The decision as to the number of headwords depends on the understanding of monoand polysemy. The latter is especially problematic because of its proximity to heterosemy (homonymy and tautonomy), with differentiation based on arbitrary criteria.

1. Was ist das Lexikon? Laut einer traditionellen Vorstellung, die sich mit dem europäischen Strukturalismus in der Linguistik etabliert hatte, kann die Sprache in Form der Gleichung Sprache = Lexikon C Grammatik gesehen werden. Das erste Modul enthält ein Verzeichnis (relativ) einfacher lexikalischer Einheiten, das zweite ⫺ die Grammatik ⫺ ein Regelwerk, wonach diese Einheiten in komplexe Strukturen, darunter in Sätze, umgewandelt wer-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen den. Dieses einfache Modell sollte eine für die strukturelle Linguistik wichtige Opposition kategoriell vs. individuell zur Geltung bringen. Alles, was man als Produkt der kategoriellen Regeln darstellen kann, muss nicht separat im Lexikon fixiert werden, welches schließlich als Lager der Irregularitäten verstanden wurde. In der Tat kann eine solche Abgrenzung zwischen dem Lexikon und der Grammatik täuschen oder sogar schaden, wenn grammatische Eigenschaften lexikalischer Einheiten vernachlässigt werden bzw. in der Grammatik nur serienmäßige Fakten beleuchtet werden und der Rest einfach als Ballast unter „Ausnahmen“ völlig unsystematisch registriert wird. Auf diese Weise werden viele sprachliche Phänomene außer Acht gelassen, und sie sind weder im Lexikon noch in der Grammatik zu finden. Die amerikanische transformationell-generative Linguistik, für die die Sprache eine unendliche Menge von Sätzen ist (was eigentlich dem Korpus gleicht), und die ihr Ziel im Modellieren der Vorgänge im menschlichen Gehirn sieht, die zur Produktion und Rezeption der korrekten Sätze führen, verzichtet auf eine prinzipielle Unterscheidung zwischen den oben genannten Modulen zugunsten einer anderen modularen Auffassung. Im klassischen Modell von Chomsky (Aspects of the Theory of Syntax) besteht die Grammatik aus drei Komponenten: der syntaktischen, der phonologischen und der semantischen. Die erste, die eine generative (satzbestimmende) Kraft hat, beruht auf einer sog. Basis, deren Teil das Lexikon darstellt. Das Lexikon stellt lexikalische Einheiten zur Verfügung, die abstrakt als eine Matrix von syntaktisch-semantischen Subkategorisierungseigenschaften bestimmt werden. Zusätzlich liefert ein „Dictionary“ mit den Projektionsregeln eine semantische Interpretation dazu. Diese Version der transformationell-generativen Grammatik wurde wegen ihres programmatischen Desinteresses an der Semantik getadelt. Kein Wunder auch, dass Überlegungen zum Lexikon in der Theorie keinen gebührenden Platz einnehmen. Die kognitive Linguistik, die in den slavischen Ländern mehr Anerkennung fand, brachte ein neues Verständnis von Sprache in den wissenschaftlichen Diskurs ein. Zwischen der Grammatik und dem Lexikon besteht keine unüberwindbare Opposition mehr, denn sowohl einfache Einheiten als auch komplexe grammatische Strukturen und Äußerungen sind symbolische Strukturen schlechthin. Sie bestehen ⫺ ähnlich wie sprachliche Zeichen in der Auffassung der Semiotik ⫺ aus zwei Polen: dem semantischen und dem phonologischen. Ihre gegenseitige Beziehung ist symbolischer Natur. Ein Semiotiker würde sagen: Sie hat einen konventionellen Charakter. Der alte Unterschied Grammatik vs. Lexikon wird durch eine graduelle Abstraktionsskala ersetzt, von einzelnen Wörtern beginnend, bis hin zu allgemeinen, abstrakten Symbolen (wie z. B. morphologischen und syntaktischen Kategorien). Diese skizzenhafte Einführung macht deutlich, dass eine Bestimmung dessen, was unter einem Lexikon zu verstehen ist, stark von methodologischen Prämissen abhängt. Für den klassischen Strukturalismus ist dies das Gegenteil der Grammatik, ein Reservoire von simplen Einheiten, deren sich ein Sprachbenutzer bedient. Für den Generativismus ist die Frage nach dem Lexikon eher technischer Natur, es wird schließlich als Teil der Grammatik verstanden. Für den Kognitivismus ist die Frage nach dem Lexikon einfach schlecht gestellt: Zwischen lexikalischen Einheiten und sonstigen sprachlichen Gebilden gibt es keine unüberwindbare Kluft. In all jenen symbolischen Strukturen wird die Kognition, d. h. die kollektive Welterfahrung und Weltwahrnehmung gespeichert.

52. Struktur des Lexikons

1.1. Ambiguität des Terminus Lexikon Die Bezeichnungen Lexikon und Grammatik weisen eine charakteristische Ambiguität auf. Sie können entweder gewisse Objekte (Bereiche) benennen, die den Sprachwissenschaftlern als Gegenstand der Untersuchung vorliegen, oder auch Zweige der Linguistik, die sich damit beschäftigen. Im zweiten Fall kann man ein Lexikon mit einem Buch gleichsetzen, in dem eine Information über den Wortschatz einer Sprache meistens in alphabetischer Reihenfolge niedergeschrieben wird, d. h. in einem Wörterbuch. Eine theoretische Grundlage für ihre Bearbeitung schafft die Lexikographie ⫺ eine sich rasch in den slavischen Ländern der 1990er Jahre entwickelnde Disziplin. Früher wurde die Lexikographie als angewandte Linguistik, als Dienstleistung der Lexikologie gesehen. Die aktuelle Reflexion darüber hebt ihren selbständigen theoretischen Beitrag hervor, was zur Prägung des Terminus Metalexikographie geführt hat. Trotzdem hört die Diskussion nicht auf; nicht wenige Lexikographen schätzen ihre Arbeit primär eher als Kunst des Handwerks und nicht als schöpferisches Forschen. Moderne Wörterbücher sollten bestimmte einheitliche Analyse- und Darstellungsstandards erfüllen, die auch durch neue Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung, offline- und online-Wörterbücher, zugleich erzwungen und unterstützt werden. Eine nützliche terminologische Unterscheidung, die von manchen Autoren praktiziert wird, behält die Bezeichnung Lexikon für das zu untersuchende Objekt vor, Wörterbuch (poln. słownik, tschech. slovník, russ. slovar’) dagegen als Ergebnis der Untersuchung, als praktische Präsentation des ideellen Lexikons.

1.2. Das mentale Lexikon Diesem abstrakten Gebiet wird eine psychologische Realität zugeschrieben, vor allem interessiert sich die kognitive Forschung für das mentale Lexikon als „Wortspeicher“ im menschlichen Gehirn, im Langzeitgedächtnis. Seine Form ist umstritten, weil sie für eine direkte Beobachtung nicht zugänglich ist. Vor allem ist fraglich, ob wir es mit reinen Begriffen (Bedeutungen) zu tun haben oder auch mit Wortrepräsentationen? Bei dem zweiten wäre dann zu klären, ob es zwei formale Systeme gibt: ein visuelles für die Verarbeitung der Wörter beim Lesen/Schreiben und ein akustisches beim Hören/ Sprechen. Es müssen keine raffinierten psychologischen Tests unternommen werden, um eine positive Antwort darauf zu geben, dass Begriffe ein sprachliches Vehikel brauchen. Schon eine Selbstbeobachtung bestätigt, wie spürbar der Druck der Form ist. So verwechselt eine Deutsch lernende Polin die Bedeutung des Farbadjektivs blau mit ‚weiß‘, weil die weiße Farbe auf Polnisch biały heißt (blau ⫺ biały: eine formale Ähnlichkeit), während der Monat September mit sierpień zwangsläufig assoziiert wird, obwohl das polnische Wort semantisch dem deutschen ‚August‘ entspricht. Diese durch die Form verursachte Verwechslung der Bedeutungen bestätigt zugleich, dass die Organisation eines mentalen Lexikons durchaus nicht auf formalen Prinzipien basiert. Anders als in einem praktischen Wörterbuch gilt hier keine alphabetische Ordnung, sondern der Wortschatz wird nach bestimmten begrifflichen Kategorien gespeichert (wie die oben angeführten Beispiele: die Form aktiviert Wörter aus demselben Bereich, nämlich die Benennungen von Farben bzw. Monaten). Sie bilden

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Hierarchien mit gewissen Super- und Subkategorien, in denen sich eine Klassifizierung und Kategorisierung der Außenwelt widerspiegelt. Letztere ist nämlich ein Kontinuum, dessen Gliederung und Beschreibung erst die Sprache möglich macht. Die meisten Linguisten halten es für angebracht, bei einer Differenzierung zwischen Begriffen (anders: Konzepten) und Bedeutungen (Sinn) zu bleiben. Das erste terminologische Paar ist für die Psychologie und die Logik kennzeichnend. Die Bedeutungen dagegen, darunter Wortbedeutungen, sind sprachliche Realität, die von lexikalischer Semantik erforscht wird. Es ist zwar noch nicht gelungen, eine zufriedenstellende Definition von Bedeutung zu erzielen, es herrscht wenigstens eine einheitliche Meinung darüber, dass damit etwas Sprachspezifisches gemeint wird, wobei unter Begriffen mögliche sprachübergreifende Universalien zu finden sind. Anna Wierzbicka hat ihre Semantiktheorie auf einer Idee des Vorhandenseins von einfachen und universellen „Atomen des menschlichen Gedankens“ aufgebaut, einer Art mentaler Sprache: lingua mentalis. Zu den postulierten einfachen Begriffen gelangen wir jedoch nur über die sprachliche Materie. Auch Wierzbicka legt viel Wert auf lexikalische Evidenz: Sie geht davon aus, dass semantische Universalien in allen uns bekannten Sprachen gesonderte lexikalische Exponenten haben müssten. Ihre anfänglich minimalistische Liste von 14 Primen hat sie in 1990er Jahren auf einige Dutzend erweitert, die nicht abstrakt, sondern in Form von englischen Wörtern fixiert werden, welche dann durch eine andere Sprache ohne Mühe ersetzt werden könnten, wie z. B. engl. I, dt. ich, russ. ja, poln. ja; engl. will, dt. wollen, russ. xotet’, poln. chcieć u. ä. Wie bei jeder auf Axiomen basierenden Theorie ist die Wahl der semantischen Primen intuitiv oder m. a. W. willkürlich. Auch Wierzbicka muss Zugeständnisse machen, wenn es um die Übersetzbarkeit in andere Systeme geht. Dies beginnt schon bei einfachen pronominalen Unterscheidungen wie etwa beim Verweisen auf jemand/etwas (die Opposition hat nicht unbedingt in jeder Sprache ihre Entsprechungen, z. B. im Litauischen gibt es nur ein unspezifiziertes kažkaz ⫺ so wie ‚jemand-etwas‘). Das englische Personalpronomen you weist eine Ambiguität auf, die beim Übersetzen zum Vorschein kommt: Es kann du (ty), aber auch ihr (wy, vy) oder Sie (poln. pan, pani, państwo) in der Anrede sein. Bei Verben taucht ein weiteres Problem auf, nämlich der Aspekt und seine translatorische Überwindung. Offensichtlich sollten englische Verben wie say durch beide Aspektformen in den slavischen Sprachen ersetzt werden, auch wenn sie sich formal voneinander völlig unterscheiden (vgl. russ. govorit’/skazat’, poln. mówić/powiedzieć). Die Wahl des Englischen, um künstlich gebildete Prime zu vermeiden, ruft sofort solche Phänomene auf die Tagesordnung wie die Mehrdeutigkeit einer natürlichen Sprache.

1.3. Das Lexikon als Schnittstelle zwischen Lexikologie, Morphologie und Syntax Die unter 1.2. angedeuteten Schwierigkeiten lassen erahnen, dass im Lexikon verschiedene Bereiche aufeinander treffen. Es ist auch ⫺ grob gesagt ⫺ als Schnittstelle zwischen Lexikologie (Wortschatzlehre), Morphologie (Wortstruktur) und Syntax (Fügungspotential der Wörter) zu definieren. Sein Umfang hängt damit zusammen, wie ein Verhältnis von lexikalischen zu morpho-syntaktischen Charakteristiken verstanden wird.

52. Struktur des Lexikons

1.3.1. Lexikon und Morphologie Innerhalb der Morphologie unterscheidet man Flexions- sowie Wortbildungsregeln, ihre Abgrenzung ist jedoch nicht strikt. Die ersten ⫺ die Flexionsregeln ⫺ erzeugen Wortformen, die man in den Sätzen (im Text) erkennt. Die zweiten ⫺ die Wortbildungsregeln ⫺ bereichern das Lexikon um neue lexikalische Einheiten. Was aber lediglich eine Wortform ist, was wiederum als ein völlig anderes Wort einzustufen wäre, bleibt gewissermaßen Interpretationssache. In Bezug auf die slavische Morphologie kann es sich um folgende Fälle handeln: ⫺ Aspektformen: Wenn der Aspekt in den slavischen Sprachen als eine grammatische Kategorie aufgefasst wird, repräsentieren Verbpaare perfektives/imperfektives Verb keine separaten Wörter, sondern grammatische Formen innerhalb eines Verbparadigmas. Als Basisform wird das imperfektive Verb angenommen, jedoch hat Bogusławski (1988, 19) vorgeschlagen, auf imperfektive Äquivalente wie poln. rzucać, russ. brosat’ zu den perfektiven Verben wie poln. rzucić, russ. brosit’ im Lexikon zu verzichten. Semantisch sind zwar perfektive Verben komplexer, somit sekundär, jedoch sind die imperfektiven im Hinblick auf ihre formale Vorhersehbarkeit viel einfacher. ⫺ Partizipien: Der lateinische Terminus Partizip weist darauf hin, dass es sich nicht um eine selbständige Wortklasse handelt, sondern um bestimmte Verbformen, die am Verb partizipieren. Dabei sind Partizipien wie Adjektive in der Kategorie Kasus deklinierbar. Um ein Überlappen der Deklination und Konjugation in einem Paradigma zu vermeiden, klammern manche Grammatiker Partizipien aus und schreiben ihnen den Status von Adjektiven zu, von denen sie sich formal nicht unterscheiden. Historisch gesehen kann man ohnehin einen andauernden Prozess der Emanzipierung der Partizipien beobachten, vgl. die heutigen Adjektive wie poln. gorący, russ. gorjačij ‚heiß‘, die ihren ursprünglichen Bezug zu dem Verb poln. gorzeć, russ. goret’ ‚brennen‘ längst verloren haben (ähnlich poln. stojący, russ. stojaščij in Phrasen wie miejsca stojące / stojačie mesta ‚Stehplätze‘, die trotz der Form keine aktive Semantik aufweisen). ⫺ Einen Problemfall der polnischen Grammatik stellen die -(a)ły-Formen dar wie pochyły ‚gebeugt‘, zwiędły ‚verwelkt‘, zrudziały ‚rostfarben‘, die entweder als Adjektive oder als Sonderformen der Verben diskutiert wurden. Ihre Grundlage bilden prozessuelle Verben wie (po)chylić się, (z)więdnąć, (z)rudzieć, die zwangsläufig zu einem natürlichen Endergebnis führen, welches mit -(a)ły-Derivaten benannt wird. Trotz der semantischen Nähe zum Verb sind sie doch eher als Adjektive einzuordnen, weil die grundlegende Regel, die ihre Bildung möglich macht, nicht hinreichend grammatikalisiert ist. ⫺ Umstritten ist auch die Graduierung der Adjektive: Geht sie ins Lexikon oder in die Grammatik ein? Traditionsgemäß handelt es sich dabei um eine grammatische Kategorie. Es gibt jedoch Gründe, Steigerungsformen separat im Lexikon zu fixieren, weil erstens die Graduierbarkeit nur einem Teil der Adjektive zusteht, also nicht völlig kategoriell ist; und zweitens ist der Komparativ semantisch gesehen und nicht der Äquativ die einfachere, d. h. weniger informative Form (z. B. besser bedeutet nicht unbedingt gut, vgl. X ist besser als Y, aber beide sind schlecht). ⫺ Der Status der deadjektivischen Adverbien wie russ. svobodno von svobodnyj ‚frei‘, poln. cicho von cichy ‚leise‘ wird auch in Frage gestellt, weil sie mit großer Regelmäßigkeit von den Adjektiven abgeleitet werden können. Die Ableitungen treten dann in einer Verbalphrase als Determinativa auf, wobei im Rahmen einer Nominalphrase das zugrunde liegende Adjektiv verwendbar ist, vgl. poln. śpiewa cicho > cichy śpiew ‚(sie) singt leise‘ > ‚leiser Gesang‘. Es handelt sich um eine rein formale Akkomodation, also um eine formbildende und nicht um eine wortbildende Operation. Diese Umstände sprechen dafür, solche Adverbien als neutralisierte Sonderformen der Adjektive unter einem adjektivischen Lexikoneintrag zu fixieren.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen ⫺ Nomina actionis, die regelmäßig mit produktiven Suffixen von Verben gebildet werden können: russ. -nij-/-enij(e), -tij-, tschech. -n(í), -t(í), slovak. -ni(e), -ti(e), poln. -ni(e), -ci(e) usw. Manche Autoren betrachten sie wegen eines hohen Grammatikalitätsgrades als Ergebnis der Flexion und platzieren sie als Sonderformen innerhalb eines Verbparadigmas. Besonders groß ist ihre Regularität in den westslavischen Sprachen, wo Bildungen dieser Art von beiden Aspektformen möglich sind (im Russischen nur vom perfektiven Aspekt), vgl. slovak. uskutočnenie/uskutočnovanie, poln. urzeczywistnienie/urzeczywistnianie, russ. nur osuščestvlenie (es fehlt *osuščestvljanie); im Polnischen sind analoge Formen auch zu den Verben mit się wie bać się ⫺ banie się ‚sich fürchten‘ ⫺ ‚Furcht‘ möglich. Der einzige Grund, warum sie trotz der morphologischen Regularität im Lexikon als separate Einträge festgeschrieben werden, ist ihre Anfälligkeit, sekundäre Bedeutungen aufzunehmen, wie z. B. poln. nachylenie ‚Neigung‘ nicht nur N. actionis sein kann, sondern auch ‚etwas, ein Gelände, das geneigt ist‘. (Aber schon nachylenie się hat nur eine Aktionsbedeutung). ⫺ feminine Entsprechungen zu maskulinen Substantiven, wobei „maskulin“ als Sexus und nicht nur als grammatisches Genus zu verstehen ist, stellen ein weiteres Problem dar. Meistens ist es so, dass Bezeichnungen des maskulinen Typus als unmarkiert gelten, d. h. so können sich beide Geschlechter angesprochen fühlen, vgl. tschech. maskulin učitelé, russ. učitelja, die sich auf eine gemischte Gruppe von Männern und Frauen beziehen können. Die weiblichen Pendants werden nicht selten außer Acht gelassen, weil sie als redundant verstanden werden; denn bei Bedarf könnten sie leicht von den maskulinen Basiswörtern abgeleitet werden. Diese Vorstellung ist jedoch in vielen Fällen trügerisch, weil die Bildung von Frauenbezeichnungen in den slavischen Sprachen nicht unbedingt einen so regulären Charakter hat, wie es im Deutschen zu beobachten ist. Es kommen erstens mehrere miteinander konkurrierende Suffixe und sonstige Wortbildungsmittel in Frage, zweitens lassen viele Basen keine Motion zu. Die Verbote können auch durch außersprachliche Faktoren, vor allem durch gesellschaftliche, verursacht werden. Sie hängen nicht nur mit dem höheren Ansehen der maskulinen Formen zusammen (vgl. poln. minister, premier), sondern nicht wenige Maskulina, die ohne weibliche Äquivalente auskommen müssen, stellen stark abwertende Charakteristiken dar, z. B. poln. darmozjad, leń, pasożyt ‚Schmarotzer‘, die keine weiblichen Entsprechungen haben. ⫺ Hypokoristika und die ihnen nahe stehenden Diminutiva haben in den slavischen Sprachen ein großes Bildungspotential, das weit über die Grenzen eines im Textkorpus belegten Materials hinausgeht. Die Belege haben häufig einen Zufallscharakter, z. B. fixieren polnische Lexika das Derivat rurka von rura ‚Röhre‘, wanienka von wanna ‚Badewanne‘, nicht aber rynienka von rynna ‚Rinne‘, kaloryferek von kaloryfer ‚Heizkörper‘, obwohl diese beiden Wörter im gesprochenen und geschriebenen Polnisch durchaus möglich sind. Die Sprachkorpora basieren überwiegend auf geschriebenen Texten, weil sie der Beobachtung leichter zugänglich sind als unbeständige gesprochene Texte. Hypokoristika und verwandte Wörter sind im inoffiziellen Kontakt in Fülle zu finden, z. B. im Umgang mit Kleinkindern und innerhalb der Familie. Die intime Familiensprache findet bislang keinen gebührenden Eingang in die Sprachkarteien, die die Grundlage für Wörterbücher liefern.

1.3.2. Lexikon und Syntax Dem Anschein zum Trotz ist die Schnittstelle des Lexikons zur Syntax nicht weniger brisant. Die Syntax beschäftigt sich mit Relationen innerhalb komplexer Strukturen, jedoch bleibt manchmal offen, ob eine Mehrgliedrigkeit syntaktischer bzw. morphologischer Natur ist. Sowohl Sätzen, welche die größten syntaktischen Einheiten sind, als auch Wörtern, die maximale morphologisch-lexikalische Einheiten darstellen, sind wenigstens theoretisch keine Grenzen gesetzt. Auch Wörter können beliebig lang sein,

52. Struktur des Lexikons und zwar nicht nur im Deutschen mit seiner Vorliebe zu mehrfachen Komposita, sondern auch in den slavischen Sprachen. Verlängerbar sind z. B. Farbadjektive wie poln. żółto-zielono-fioletowo-różowo-czarny (szalik), Titel lexikographischer Werke mit Sprachkombinationen wie russ. russko-francuzsko-anglijsko-nemeckij slovar’ u. v. a. Die mit Bindestrich geschriebenen Formen repräsentieren ein Wort. Strukturell gesehen, kann es bis ins Unendliche erweitert werden. Da jedoch Wörter ⫺ anders als Sätze ⫺ memorisiert werden, setzt nur die Kapazität des menschlichen Gedächtnisses eine Grenze. Neben solchen Bildungen gibt es im Lexikon analytische Lexeme, die phrasenähnlichen Charakter haben wie: ⫺ Phraseologismen mit starken semantischen Idiosynkrasien (Idiome) wie poln. biały kruk (wörtlich ‚weißer Rabe‘, inferentiell ‚etwas, was es in der Natur nicht gibt‘; lexikalisch ‚eine bibliophile Seltenheit‘), russ. sognut’ kogo-l. v baranij rog ‚jdn. ins Bockshorn jagen‘. ⫺ Phraseme, die auf den Kopf der Struktur reduzierbar sind (trotzdem bleiben sie semantisch unregelmäßig) wie poln. złodziej kieszonkowy ‚Taschendieb‘; dazu gehören auch analytische Termini wie russ. opisatel’naja grammatika, Eigennamen wie tschech. Karlová Univerzita usw. ⫺ Geflügelte Worte, d. h. meistens Zitate bekannter Autoren bzw. ihre Paraphrasen, die auch international verbreitet sind, z. B. To be or not to be, poln. Być albo nie być, russ. Byt’ ili ne byt’; tschech. socialismus s lidskou tváří ‚Sozialismus mit menschlichem Antlitz‘ (eine Formulierung des Politikers A. Dubček). In der Russistik hat sich sogar der Forschungszweig krylatologija etabliert. Andere Forscher sind jedoch der Meinung, geflügelte Worte gehörten zum Bereich der pragmatischen Phraseologie. ⫺ Verbgefüge wie poln. zadać pytanie, russ. postavit’/zadat’ vopros, dt. eine Frage stellen; slovak. mať strach, dt. Angst haben, die meistens durch ein einfaches Verb ersetzbar sind (zapytać/ стросить/fragen, bať sa /(sich) fürchten). Ihre lexikalische Zusammensetzung ist auch idiosynkratisch. ⫺ Numeralienreihen, die komplexe Zahlen benennen und somit ganzheitliche sprachliche Zeichen sind wie poln. sto dwadzieścia pięć ‚125‘; im Tschechischen kann ihre interne Syntax nach dem deutschen Vorbild umgestellt werden, und auch graphisch ist es ein Wort: stope˘tadvacet. Solche Zahlenbenennungen finden keinen Eingang in empirische Wörterbücher, weil sie semantisch völlig regelmäßig sind und zugleich eine unendliche Menge darstellen. Der Umfang eines Wörterbuchs ist dagegen beschränkt.

In allen oben dargestellten Fällen haben wir es mit Strukturen zu tun, die zwar einer syntaktischen Reanalyse zugänglich sind, ihre Funktion jedoch anders ist als die von Sätzen. Sie werden aus dem Gedächtnisspeicher abgerufen und nicht neu gebildet, sie symbolisieren lediglich etwas (haben eine Zeichenfunktion) und teilen dies nicht aktuell mit (ein Wort im Wörterbuch ist noch keine Mitteilung). Sie werden schließlich als Bausteine für die Bildung von prädikativen Äußerungen verwendet. Zum sprachlichen „Vorratslager“ gehören auch Sprichwörter wie russ. Jazyk i do Kieva dovedet, dessen kommunikativer Gehalt dem dt. Mit Fragen kommt man durch die Welt entspricht. Anders als die oben dargestellten phrasenähnlichen Strukturen sind sie autonom, komplett und strukturell gesehen nicht weiter kombinierbar. Obwohl sie auch in Lexika registriert werden, wäre es nicht sinnvoll, sie mit lexikalischen Einheiten gleichzusetzen. Eine bessere Lösung ist es, in Sprichwörtern allgemein bekannte Minitexte zu sehen, die wiederholbar und paraphrasierbar und zugleich eine vollständige Äußerung sind.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

1.4. Permanentes vs. potentielles Lexikon. Idiomatikon Es ist nicht möglich, den Umfang des Lexikons einer Sprache genau zu bestimmen. Der Grund dafür ist nicht nur der unter 1. dargestellte methodologische Streit um die Grenzen zwischen einem Wörterbuch und einer Grammatik. Es gibt auch objektive Gründe. Der Wortschatz unterliegt nämlich ständigen Veränderungen, er ist viel weniger stabil als das grammatische System. Wörter sind Benennungen der außersprachlichen Objekte und Sachverhalte, die sich immer verändern, und den Veränderungen der Umwelt und der Gesellschaft muss sich die Sprache anpassen, wenn sie ein effizientes Kommunikationsmittel bleiben soll (mehr darüber unter 5). Man kann eine relativ stabile lexikalische Schicht ausgliedern, zu der in erster Linie Funktionswörter wie Präpositionen, Konjunktoren, Subjunktoren, Konnektoren u. ä. gehören, deren Funktion überwiegend darin besteht, auf Relationen innerhalb des Textes zu verweisen. Weiterhin gehören hierzu Autosemantika, d. h. Wörter, die semantisch relativ selbständig sind und die in der Alltagskommunikation benutzt werden. (Es sind die grammatischen Hauptklassen: Substantive, Adjektive, Verben, Adverbien). Viele davon sind von langer Dauer, sie gehören sogar zum urslavischen Erbe. (Im Polnischen haben sich ungefähr 1700 urslavische Wörter erhalten, im Tschechischen ca. 2 000, im Russischen ungefähr 1200; nicht immer sind es dieselben Wörter). Wenn man den Basiswortschatz der einzelnen Sprachbenutzer oder das Vokabular sozialer Gruppen bemessen will, ist die Größe variabel. Es gibt Minima für den Fremdsprachenunterricht, die mit 1500 bis 2 000 Einheiten auskommen. Muttersprachler benutzen mehr Wörter, wobei zwischen einem aktiven und einem passiven Wortschatz unterschieden werden muss, denn wir verstehen mehr Wörter als wir tatsächlich benutzen; ebenso kommt im Fremdsprachenlernen das Verstehen vor dem Sprechen. Ein Wörterbuch der polnischen Umgangssprache zählt ca. 8 000 Stichwörter. Die Autorenlexika, zu denen die Wörterbücher der großen Schriftsteller gehören, umfassen über 20 000 lexikalische Einheiten, z. B. Slovar’ jazyka Puškina oder Słownik języka Adama Mickiewicza. Neben dem relativ stabilen, permanenten Lexikon gibt es eine Zone mit potentieller Lexik. Das, was im Sprachsystem als potentielle Einheit einzustufen ist, wird auf der Textebene (in der parole) als Individualismus, Okkasionalismus und schließlich als Neologismus je nach Verbreitungsgrad identifiziert. Potentielle Wörter im engeren Sinne sind vorhersehbar und semantisch völlig regelmäßig, sie fallen nicht als neue Wörter auf, auch wenn sie noch nicht im Sprachkorpus belegt waren, z. B. russ. sovetskost’ von sovetskij. Individualismen sind Schöpfungen, die nur einem Idiolekt eigen sind, d. h. sie werden von einem Individuum gebildet und finden außerhalb des individuellen Sprechens keine Verbreitung. Nicht selten erscheinen sie in der Dichtersprache, z. B. poln. słowowierca ‚Wortgläubiger‘ als eine Selbstbezeichnung von Julian Tuwim, geprägt nach dem Muster innowierca ‚Andersgläubiger‘. Die Okkasionalismem sind ebenfalls einmalig, sie werden ad hoc in einer bestimmten Kommunikationssituation gebildet und weiter nicht gebraucht. Anders als Individualismen bleiben sie anonym und nicht erkennbar. Neologismen sind Neubildungen, die Eingang in den breiteren Usus finden: als vorübergehendes Modewort, z. B. denominale Verben in der russischsprachigen Werbung snikersnut’ von Snickers, marsnut’ von Mars, bauntnut’ von Bounty, oder sie werden mit der Zeit zu festen Sprachmitteln.

52. Struktur des Lexikons Das Hauptaugenmerk der strukturellen Linguistik des 20. Jhs. richtete sich auf das Gemeinsame, das Gesellschaftliche in der Sprache. Heutzutage wird das Interesse an individuellen Sprachgewohnheiten wieder wach. Neben dem allgemeinen Lexikon wendet sich die Lexikographie dem Idiomatikon zu. Es entstehen zahlreiche Spezialwörterbücher sozialer und beruflicher Sprachvarietäten. Letztere haben ihre entwickelte Fachterminologie sowie einen Fachjargon, die sich ständig erweitern und für den enormen Zuwachs an Lexik verantwortlich sind. Einen nicht geringen Teil davon stellen Internationalismen dar, z. B. poln. globalizm, infolinia, klonowanie.

2. Grundeinheiten des Lexikons 2.1. Morphem oder Wort? Die kleinsten Bedeutungsträger der Sprache sind Morpheme, die in Texten als konkrete Morphe realisiert werden, deren Form in einem gewissen Rahmen variieren kann, während ihre Bedeutung konstant bleibt, vgl. z. B. das poln. Substantiv łeb-ø ‚Kopf von Tieren‘, Gen. łb-a, also mit phonetischen Varianten des Wurzelmorphems: łep-, u4 ep-, łb-, u4 b-, łb’-, u4 b’-. Morpheme sind bilaterale sprachliche Einheiten, d. h. zu ihrer Charakteristik gehören sowohl die Form als auch die Bedeutung. Die Abweichungen von der Form sind mit morphonologischen Regeln erklärbar. Obwohl Morpheme eine Bedeutung besitzen, sind sie meist nicht selbständig. Sie treten als Teile einer Konstruktion auf. Sie können trotzdem auch eine gewisse Autonomie gewinnen. Dies trifft vor allem auf Wortbildungsaffixe zu, wie poln. -izm, -ość. Manchmal ist es sogar umstritten, ob wir es im gegebenen Fall mit einem Wort oder nur mit einem Morphem zu tun haben, vgl. poln. mini in Strukturen wie minispódniczka und spódniczka mini ‚Minirock‘. Eine Segmentierung in Morphe(me) scheitert nicht selten daran, dass die Grenze zwischen der Dia- und der Synchronie fließend und subjektiv ist: Sie hängt von dem Wissensvorrat des Sprechers und seiner sprachlichen Sensibilität ab. Es ist offen, ob das Substantiv russ. narod ‚Volk‘, analog poln. naród, tschech. národ u. ä. noch mit dem Verb rodit’(sja)/rodzić (się)/rodit (se) ‚gebären‘ assoziierbar und dementsprechend in na-ród-ø teilbar ist. Etymologisch gesehen sind sie miteinander verknüpft, semantisch besteht noch ein metaphorischer Bezug, jedoch ist für eine Definition des Substantivs mit der Bedeutung ‚Volk‘ das Merkmal der Blutsverwandtschaft nicht offensichtlich. Problematisch für die Fixierung eines Verzeichnisses der Morpheme ist auch die Existenz der sog. Nullmorpheme, die bekanntlich erst im Rahmen einer Konstruktion als solche erkennbar sind, wie z. B. die grammatische Nullendung in der Form naród. Neben grammatischen Nullexponenten werden auch Nullaffixe in der Wortbildung postuliert.

2.2. Das graphische Wort Die konkreteste Stufe bei der Bestimmung dessen, was ein Wort ist, ist das graphische Wort in der geschriebenen Sprache. Es ist jede Buchstabenverkettung zwischen zwei

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Leerzeichen. Diese einfache Definition verzichtet auf weitere Merkmale, die wiederum mehr Probleme bereiten können, und sie ist leicht zu handhaben. Zugleich ist ihr Anwendungsbereich für linguistische Zwecke begrenzt; denn mit solch einem Wortverständnis kann man computergestützte Sprachdatenverarbeitung durchführen, man kann auch eine Textlänge formal objektiv bestimmen, aber das graphische Wort ist noch weit von dem entfernt, was unter einem Wort in der Linguistik zu verstehen ist. Allerdings findet eine so definierte Einheit mitunter auch in der Sprachwissenschaft Anwendung, wenn z. B. von „Mehrwortbenennungen“ die Rede ist. Natürlich werden darunter autonome lexikalische Einheiten verstanden, die lediglich in graphische Wörter zerlegbar sind. Eine Variante für die gesprochene Sprache stellt die Größe ,das phonologische Wort‘ dar. Es ist ein Abschnitt des Redeflusses, der seinen eigenen Akzent hat. Natürlich gelangen wir bei dem Verständnis eines Wortes zu einer eigenartigen Segmentierung, die nichts mit der morphologischen Gliederung zu tun hat. So müssen wir als einzelne Wörter u. U. ganze Sätze bzw. Satzäquivalente wie dt. Hat er? bzw. poln. Która godzina? ‚Wie spät ist es?‘ oder wörtlich ‚Welche Stunde?‘ anerkennen, weil sie bei schnellem Sprachtempo nur eine Akzentstelle aufweisen.

2.3. Das Textwort Mit der Größe Textwort gelangen wir zu einer linguistisch besser begründeten Einheit, die jedoch ausschließlich durch ihre distributiven Merkmale zu bestimmen ist. Ein Textwort ist ein Textsegment, das folgende Kriterien erfüllt: ⫺ Es kann als eine minimale Antwort auf eine Frage fungieren wie russ. da, ploxo, poln. tak, źle, tschech. ano, špatně. ⫺ Es ist nicht in Segmente zerlegbar, deren Reihenfolge umgestellt werden könnte: Eine morphologische Konstruktion wie poln. nogami, tschech. nohama repräsentiert ein Textwort. Es ist nicht möglich, die Morphemfolge zu ändern, vgl. *aminog, *amanoh. Dieses Kriterium führt jedoch dazu, auch Präpositionalphrasen wie poln., tschech. z domu ‚vom Hause‘, russ. v lesu ‚im Wald‘ als einzelne Textwörter zu betrachten, weil ihre lineare Folge festgelegt ist. (Phrasen wie *domu z sind inakzeptabel). Das macht es notwendig, einen weiteren Test anzuwenden: ⫺ Zwischen Teile eines Textwortes kann kein weiteres Segment eingefügt werden. Gewiss, Phrasen wie z domu sind trennbar, denn es ist möglich, ein anderes Wort oder Wörter dazwischen zu platzieren, vgl. z mojego domu ‚von meinem Haus‘, z tego ogromnego domu ‚von diesem riesigen Haus‘. Auf diese Weise erreichen wir die erwünschte Teilbarkeit in Textwörter der Phrasen wie z domu. ⫺ Ein Textwort eröffnet um sich nur eine Stelle für Flexionsendungen. Komposita, deren beide Glieder dekliniert werden können, bestehen somit aus zwei (und mehr) Textwörtern, vgl. das poln. Rzeczpospolita (eine Lehnprägung aus dem lat. respublica), das an zwei Stellen die Endungen zulässt, vgl. Gen. Sg. Rzecz-y-pospolit-ej, im Russischen sind das komplexe Numeralien wie četyr-e-st-a, četyr-ex-sot-ø.

Es gibt keine 1:1-Entsprechung zwischen einem graphischen Wort und einem Textwort. Letzteres kann auch getrennt geschrieben werden. In solch einem Fall besteht nur ein Textwort aus zwei graphischen Segmenten. So ist es z. B. im Fall der analytischen Adverbien wie poln. po polsku ‚auf Polnisch‘, po kobiecemu ‚auf Frauenart‘, russ. po-čerepaš’i ‚im Schildkrötentempo‘ von čerepaš’im šagom. Es ist ausgeschlossen,

52. Struktur des Lexikons die Reihenfolge der Segmente zu verändern (*polsku po) oder sie zu unterbrechen (*po czysto polsku), im Russischen werden sie auch graphisch mit dem Bindestrich verbunden. Es sind aber auch umgekehrte Situationen bekannt: Ein graphisches Wort kann zwei Textwörter repräsentieren. Eine solche Struktur haben im Polnischen Präteritalformen, deren Personalendungen beweglich sind, vgl. A bitew dużośmy, dużo przegrali (= przegraliśmy) (Cz. Miłosz). In der Form przegraliśmy ,wir haben verloren‘ ist die Verbindung zwischen dem Verbstamm und der Endung locker, man kann davon ausgehen, dass beide Segmente separate Textwörter sind. Die Struktur erinnert an eine agglutinierende Erscheinung.

2.4. Das grammatische Wort (Wortform) Das grammatische Wort, auch grammatische Form bzw. Wortform genannt (russ. slovoforma), ist das eigentliche Objekt der Flexionsmorphologie. Was es ausmacht, ist seine grammatische Rolle. Die Wortform ist ein Textwort/Textwörter mit einer grammatischen Funktion. Strittig ist dabei der Status der sog. analytischen Formen, die aus mehr als einem graphischen Wort bestehen, wie z. B. das Futur der imperfektiven Verben, der Modus irrealis, der Imperativ in der dritten Person und das Genus verbi. Solange es analoge synthetische Formen gibt, was meistens der Fall ist, besteht ein Konsens bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Flexion. Problematischer gestaltet sich die Zuordnung des Genus verbi: Für manche Linguisten ist dies eine syntaktische Kategorie, denn Passivformen seien formal betrachtet nicht von Kopulaprädikaten zu unterscheiden, vgl. poln. był przepełniony/był pełen ‚[X] war überfüllt/war voll‘.

2.5. Das Lexem als die abstrakteste Stufe Das Wort im Lexikon wird auch Lexem genannt. Es kann als eine Gesamtmenge von grammatischen Formen bzw. Textwortvarianten gefasst werden. Nicht zu übersehen ist seine semiotische Funktion. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass jede semantische Abweichung von dem grammatisch regulären Paradigma zu einer neuen lexikalischen Einheit führt, wie z. B. poln. ból ‚Schmerz/Weh‘ und bóle in bóle porodowe ‚Geburtswehen‘, dies ist kein gewöhnlicher Plural, der in der Grammatik verankert ist, sondern eine Bedeutungsveränderung, über die das Lexikon informieren muss. Die ‚Geburtswehen‘ sind keineswegs ein Symptom einer Dysfunktion des Körpers, die sonst ein Schmerz signalisiert. Formal gesehen ist kein Singular bei der Bedeutung möglich, was angeblich durch das Wissen über die Natur der Geburtswehen motiviert wird; denn gemeint ist ein Vorgang, der sich in gewissen Zeitabständen wiederholt. Die Grammatiken verzeichnen in solchen Fällen defekte Paradigmen. Sie sind jedoch meist semantisch nicht unbegründet und somit in das Lexikon einzustufen. In empirischen Lexika werden sie in der Regel unter einem Stichwort registriert wie das oben genannte Beispiel unter dem Stichwort ból. Man muss dabei beachten, dass jeder Stichwortartikel im Wörterbuch praktisch mehrere Lexeme nacheinander zusammen-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen stellt. Deswegen lässt sich nicht nach dem Umfang eines Wörterbuchs (gemessen an der Anzahl der Lexikoneinträge) die Anzahl der Lexeme einer Sprache bestimmen. Die größten Lexika der Nationalsprachen umfassen zwischen 125 000 bis zu 280 000 Lemmata, die Anzahl der Lexeme einer Sprache übersteigt ein paar Millionen.

3. Semantische (In)kohärenz im Lexikon Da Lexeme bilaterale sprachliche Einheiten sind, führt nicht nur eine formale, sondern auch eine semantische Abweichung zu dem Schluss, dass es sich um ein separates Lexem handelt. In empirischen Wörterbüchern wird diese Wahrheit unterschiedlich gehandhabt. Schon der erste Schritt ⫺ eine Bedeutung (Monosemie) oder mehr als eine (Polysemie) ⫺ ist nicht immer offensichtlich. Und wenn bereits genug Gründe für eine semantische Teilung vorliegen, bleibt immer noch eine Entscheidung offen: Haben wir es mit Mehrdeutigkeit (Polysemie) oder gar mit Homonymie zu tun?

3.1. Monosemie Die lexikalische Bedeutung ist immer etwas Abstraktes, auch wenn es um einen sog. konkreten Wortschatz geht. Konkret, materiell sind außersprachliche Objekte, die mit einem Wort benannt werden. Wörter selbst sind verallgemeinerte Entitäten, deren semantische Struktur nicht unbedingt alle Eigenschaften der wirklichen Objekte aufweist. So besitzen z. B. slavische Sprachen nur ein Lexem für die Benennung von Fingern und Zehen: poln. palec, russ. palec, tschech., slovak. prst. Trotz der Unterschiede, die jedem aus der Erfahrung mit dem eigenen Körper bekannt sind, werden diese Glieder einheitlich genannt. Die moderne polnische Lexikographie sieht keinen Grund dafür, für das Wort palec eine Mehrdeutigkeit zu postulieren, vgl. die Definition in ISJP: „Palec to jedna z pięciu ruchomych części ciała na końcu dłoni lub stopy.“ (‚... einer der fünf beweglichen Körperteile am Ende der Hand oder des Fußes‘). Traditionelle Wörterbücher beziehen sogar analoge Körperteile bei „Tieren und Vögeln“ in eine gemeinsame Definition mit ein. Es ist nicht auszuschließen, dass die etwas andere Praxis in der tschechischen und slowakischen Lexikographie, wo von der Polysemie des Typs ‚ein beweglicher Körperteil am Ende der Hand‘ und ‚ein beweglicher Körperteil am Ende des Fußes‘ ausgegangen wird, auf den mehr oder weniger bewussten Einfluss des Deutschen zurückführbar ist. Wenn wir auch die Diskussion über definitorische Merkmale, die eine Wortbedeutung ausmachen, beiseite lassen, können wir an dieser Stelle andere, keinesfalls weniger gravierende Fragen nicht umgehen. Sie betreffen bestimmte Arten der Wortverwendung, über die man sich nicht unbedingt im Klaren ist, ob es sich um eine Abweichung von der Grundbedeutung handelt. Solche Fälle werden als eine sog. regelmäßige Polysemie (Apresjan 1974, 243) diagnostiziert. Häufig werden sie überhaupt nicht in Wörterbüchern als Fälle von Polysemie registriert. Es ist eine Scheinpolysemie, die als solche nicht vermerkt werden muss. Diese Art semantischer Variabilität kann exemplarisch mit substantivischen Beispielen belegt werden: Klasse⫺Exemplar (poln. Pies jest ssakiem / Ten pies wygląda na głodnego ‚der Hund ist ein Säugetier‘ / ‚Dieser

52. Struktur des Lexikons Hund sieht hungrig aus‘), Gegenstand⫺Spielzeug⫺Abbildung (Dziecko bawiło się lwem / Pokazał mu w książce lwa ‚Das Kind spielte mit dem Löwen / Er zeigte ihm einen Löwen im Buch‘), Behälter⫺Inhalt (miska / miska zupy ‚Schale / Suppenschale‘), Tier⫺Fleisch (kurczę pieczone ‚gebratenes Hähnchen‘, zając w buraczkach ‚Hase mit roter Beete‘), Pflanze⫺Blume (róża w ogrodzie / cięte róże ‚Rose im Garten / Schnittrosen‘), Gemüse⫺Gericht (szpinak zasmażany ‚gebratener Spinat‘) etc. In solchen Fällen entscheiden sich Lexikographen meistens für die Monosemie.

3.2. Heterosemie Dieser Terminus wird als Oberbegriff benutzt, der Homonymie und Tautonymie umfasst. Es handelt sich um eine, synchron gesehen, zufällige formale Identität zweier semantisch voneinander unabhängiger Einheiten. Homonymie greift auf lexikalische Relationen innerhalb eines sprachlichen Systems zurück. Tautonymie betrifft einen Vergleich von verschiedenen Sprachen.

3.2.1. Homonymie Homonymie und Polysemie stellen zwei Pole eines sprachlichen Phänomens dar. Es handelt sich also nicht um eine unüberwindbare Kluft zwischen ihnen, sondern um eine skalare Erscheinung. Gemeint ist in beiden Fällen eine semantische Diskrepanz, die wir bei formal konformen lexikalischen Einheiten beobachten. Homonymie stellt einen Extremfall dar, in dem keine gemeinsamen Bedeutungselemente zweier Einheiten zu finden sind. Manchmal ist die zufällige Übereinstimmung der Formen genetisch bedingt. Dazu kommt es bei der Übernahme der Wörter aus unterschiedlichen Quellen, wie z. B. slovak. čelo ‚Stirn‘ aus dem Urslavischen und čelo ‚Cello‘ aus dem Italienischen, poln. muł, tschech. mul ‚Maultier‘ von lat. mūlus und muł /mul ‚Schlamm‘, wahrscheinlich von dt. Mull; oder poln., tschech. bez ‚Flieder‘ als Kontinuierung des ursl. bъzъ und bez ‚ohne‘ von ursl. bezъ. Es herrscht eine einheitliche Meinung darüber, dass eine Überschreitung der grammatischen Wortklasse zur Homonymie führt, was im zuletzt angeführten Beispiel der Fall ist (Substantiv bez und Präposition bez). Manche Lexikographen entscheiden sich auch dann für eine Homonymie, wenn trotz derselben Wortklassenzugehörigkeit Unterschiede im Flexionsparadigma zum Vorschein kommen, z. B. poln. I włóczęga als Singulare tantum ‚Landstreicherei‘, II włóczęga ‚Landstreicher‘ (maskulin, vgl. Akk. Pl. tych włóczęgów) und III włóczęga ‚Landstreicherin‘ (feminin, vgl. Akk. Pl. te włóczęgi). Es ist offensichtlich, dass semantische Gemeinsamkeiten der Lexeme ignoriert werden. Es ist üblich, zwischen einer grammatischen (z. B. poln. przepaść ‚Abgrund‘ als Substantiv und przepaść ‚verlorengehen‘ als Verb, slovak. večer ‚Abend‘ als Substantiv und večer ‚abends‘ als Adverb) und einer lexikalischen Homonymie zu unterscheiden. Im letzteren Fall handelt es sich um zwei (oder mehr) formal identische Einheiten, die keine Berührungspunkte in ihrer Semantik aufweisen, vgl. poln. staw ‚Teich‘ und staw ‚Gelenk‘. Manchmal ist ihre Wortbildungsmotivation daran schuld, vgl. das polnische Adjektiv ranny ‚verwundet‘ von rana ‚Wunde‘ und ranny ‚Morgen‘ von rano oder slo-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen vak. Verben nadrobiť ‚zerbröckeln‘ (na C drobiť) und nadrobiť ‚nachholen‘ (nad C robiť). In solchen Fällen spricht man von Wortbildungshomonymie, auch Kosemie genannt. Da die Annahme von Homonymie auf der formalen Gleichheit sprachlicher Einheiten beruht, wird terminologisch zwischen einer Lautform (Homophonie) und einer graphischen Form (Homographie) unterschieden. Homophon sind z. B. im Polnischen die Wortformen w sądzie (Lok. zu sąd ‚Gericht‘) und w sondzie (Lok. zu sonda). Einen Fall von Homographie haben wir bei cis ‚Eibe‘ (Aussprache mit mediodorsal-palatalem ć) und cis als Bezeichnung des Musiktons c# (mit präpalatalem c` ).

3.2.2. Tautonymie Die Tautonymie wird auch zwischensprachliche Homonymie genannt. Die terminologische Unterscheidung ist beim Sprachvergleich nützlich, wenn es um Hinweise auf Risiken für Übersetzer geht, die sich nach einer formalen Ähnlichkeit zu rasch für ein translatorisches Äquivalent entscheiden, das keines ist, vgl. tschech. nájemník ‚Mieter‘ und poln. najemnik ‚Söldner‘. Wörter mit einer solchen rein formalen Übereinstimmung werden auch metaphorisch „falsche Freunde“ des Übersetzers genannt (nach franz. faux amis).

3.3. Polysemie Die semantische Nähe ist jedoch relativ. Eine Quelle der Polysemie ist z. B. die Konzeptualisierung von etwas mit Hilfe sprachlicher Metaphern. Die Grundbedeutung und die metaphorische Bedeutung sind zwar weit voneinander entfernt, trotzdem bleibt man hier gewöhnlich bei der Annahme einer Polysemie. Was haben z. B. im Slovakischen pamäť človeka und pamäť počitača gemein? Zwischen dem menschlichen Gedächtnis und dem Speicher im Computer liegen Welten, trotzdem hat der menschliche Geist hier eine Analogie entdeckt. Im Polnischen pamięć człowieka / pamięć komputera, wie auch in anderen slavischen Sprachen, ist diese Art von Polysemie eine Lehnübersetzung aus dem Englischen memory. Mit dem Internet wurde die Eroberung eines virtuellen Cyberraumes (vgl. eine ähnliche hybride Bildung im Polnischen cyberprzestrzeń) möglich, dessen Existenz ohne Computertechnik früher nicht denkbar war. Dessen sprachliche Aneignung vollzieht sich durch Analogie zu einer dem Menschen bereits bekannten Eroberung des Weltalls, vgl. die Analogiebildung internauta : astronauta /kosmonauta, die ihrerseits auf das Kolumbus-Abenteuer der Frühen Neuzeit zurückgreift, auf die Eroberung der Seen und Ozeane, vgl. russ. kosmičeskij korabl’ / vozdušnyj korabl’, poln. statek kosmiczny / statek powietrzny ‚Raumschiff‘ und korabl’ / statek ‚Schiff‘ in seiner Grundbedeutung als Transportmittel auf dem Gewässer. Eine metaphorische Übertragung, mit deren Hilfe neue Erkenntnisse kodiert werden, hat häufig einen sprachenübergreifenden Charakter, der durch den zunehmenden Sprachkontakt bedingt ist. Genuine Metaphern erstarren jedoch schnell zu festen Benennungseinheiten, und sie werden dann nicht mehr als Metaphern empfunden.

52. Struktur des Lexikons Bei der Polysemie wird angenommen, dass zwischen einzelnen Bedeutungen Gemeinsamkeiten feststellbar sind, nämlich das Vorhandensein derselben Seme (so werden die kleinsten Bedeutungselemente genannt). Diese Abhängigkeiten werden dann von Forschern auf bildhafte Modelle zurückgeführt. Meistens ist von einer radialen bzw. Sternpolysemie die Rede, von einem Kettenmodell der Mehrdeutigkeit und von einem gemischten Typus: radial und zugleich kettenartig (s. Apresjan 1974, 233). Im ersten Fall ist zu beobachten, wie von einer Grundbedeutung andere darauf basierende Bedeutungen ausgehen. Man kann die mehrdeutige Struktur fast wie einen Stern mit einem Kern (die zentrale Bedeutung) und mit strahlenförmig angelegten Radien (die von ihr motivierten weiteren Bedeutungen) sehen. Bei solch einem Typus haben alle Sekundärbedeutungen einen gemeinsamen Teil der Semantik. Als Beispiel könnte man hier poln. człowiek1 ‚ein Lebewesen wie wir‘ und sekundäre Bedeutungen von diesem Lemma: człowiek2 ‚erwachsener Mann‘, człowiek3 ‚jemand, der im Hinblick auf seine menschlichen Eigenschaften beurteilt wird‘ etc. nennen. Bei der kettenartigen Polysemie gibt es Überlappungen von direkt benachbarten Gliedern; diejenigen jedoch, die weit voneinander entfernt sind, müssen keine gemeinsamen Seme aufweisen. Exemplarisch kann man diese Art Mehrdeutigkeit am polnischen Adjektiv ostry1 zeigen, vgl. ostry nóż / scharfes Messer ‚eines, das gut zum Schneiden bzw. Einstechen ist‘ und weitere Bedeutungen: ostry2 nos / scharfe Nase ‚eine, deren Form an scharfe Gegenstände erinnert‘, ostry3 obraz / scharfes Bild ‚auf dem alle Objekte deutliche Konturen haben‘, ostry4 dźwięk / scharfer Ton ‚der für die Ohren unangenehm ist‘, ostra5 biegunka / akuter Durchfall ‚mit einem bedrohlichen Verlauf‘ etc. Zwischen ostry nóż und ostra biegunka gibt es außer dem allgemeinen kategoriellen Merkmal Eigenschaft keine gemeinsamen Bedeutungskomponenten. Es lässt sich jedoch eine Kettenstruktur zusammenstellen, in der einzelne Bedeutungen von ihrem Nachbarn motiviert sind. Solche reinen Typen der Polysemie sind eher selten. Besser geeignet ist ein gemischtes Radial- und Kettenmodell, welches sich in den 1980er Jahren in der kognitiven Semantik durchsetzte. Es basiert auf einem Netzmodell (engl. network model) von Langacker (1987, 162 ff.). Seine Theorie geht davon aus, dass eine Mehrdeutigkeitsstruktur nicht nur ein Zentrum hat, sondern an mehreren Stellen neue Knoten entstehen können. Z. B. ist poln. klucz ‚Schlüssel‘ als ‚Werkzeug zum Schließen/Öffnen von Schlössern‘ nur für manche semantische Erweiterungen zentral, vgl. klucz do zegara ‚Werkzeug zum Aufziehen der Mechanismen‘ und klucz francuski ‚Werkzeug zum Zuschrauben von etwas‘. Aber bereits weitere Bedeutungen knüpfen an einen anderen Prototyp innerhalb der gesamten Struktur an: Es ist klucz ‚Schlüssel‘ als ‚Gesamtheit von Regeln, die ein Verfahren bestimmen‘, vgl. klucz czytania nut ‚Notenschlüssel‘, klucz podziału zysków ‚ein Schlüssel, wonach Gewinne verteilt werden‘ etc. (vgl. Tabakowska 1995, 51).

4. Semantische Zusammenhänge im Lexikon Es wird allgemein angenommen, dass das Lexikon ein System darstellt, auch wenn es offene Grenzen hat. Dieses System zerfällt in kleinere Wortfelder ⫺ Gruppen von Wörtern, zwischen denen gewisse semantische Relationen festzustellen sind. Solche Relationen werden im Folgenden genauer definiert.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

4.1. Synonymie (Plesionymie) Im Wörterbuch bezieht sich Synonymie auf die semantische Äquivalenz von zwei oder mehreren lexikalischen Einheiten, die dann ganze Synonymreihen bilden können, vgl. russ. agressija, napadenie, intervencija, vtorženie mit der semantischen Dominante ,Verletzung der Souveränität eines Staates durch gewaltsames Eindringen von Truppen eines anderen Staates auf sein Territorium‘. Eine vollständige semantische Übereinstimmung, die bei der Synonymie postuliert wird, ist jedoch selten anzutreffen, weil sie dann ein sprachliches Phänomen wäre, welches dem Prinzip der Sprachökonomie widersprechen würde. Häufiger haben wir es mit Bedeutungsverwandtschaft zu tun, die Quasi-Synonymie bzw. Plesionymie genannt wird. Dabei sind geringe semantische bzw. pragmatische Unterschiede möglich. Im ersten Fall kann es sich z. B. um verschiedene Akzentsetzung, unterschiedliche kognitive Profile handeln, z. B. bei den polnischen Plesionymen zagranica und obczyzna ‚Ausland‘. Sie sind nicht in jedem Kontext austauschbar: Bei obczyzna wird die psychologische Erfahrung ‚Fremdsein‘ im Ausland hervorgehoben. Pragmatische Plesionyme entsprechen dem Bereich, der traditionell als stilistische Synonymie subsumiert worden ist. Pragmatische Merkmale, die ehemalige stilistische Register ersetzen, weisen auf den sozialen und situativen Verbreitungskreis eines gegebenen Wortes, eventuell auf seinen emotionalen Gehalt, hin. Plesionyme können sich also dadurch unterscheiden, dass eine Benennung familiär, eine andere offiziell ist, umgangssprachlich, ordinär, euphemistisch, publizistisch, professionell etc. Es können auch emotionale Komponenten hinzukommen: wie zärtlich, vgl. poln. dzieciątko ‚Kindlein‘; scherzhaft, vgl. poln. brzdąc ‚Knirps‘; grob, vgl. poln. dzieciuch ‚Göre‘; verächtlich, vgl. poln. bękart ‚Bastard‘; abschätzig, vgl. poln. zasmarkaniec ‚Rotznase‘; ironisch, vgl. poln. progenitura ‚Progenitur‘ etc.

4.2. Hypo- und Hyperonymie; Kohyponymie Eine Relation der Über- und Unterordnung (Hepero- und Hyponymie) zeigt die hierarchische Organisation der Lexik, in der sich eine Kategorisierung der Welt widerspiegelt, vgl. Dackel ⫺ Hund ⫺ Tier ⫺ Geschöpf. Wörter auf derselben Kategorisierungsstufe heißen Kohyponyme, vgl. Dackel und Schäferhund. Das Hauptaugenmerk der Sprachwissenschaft wendet sich dem „naiven Weltbild“ zu, das in der umgangssprachlichen Lexik erkennbar ist. Natürliche Hierarchien und Zuordnungen entsprechen nicht unbedingt den wissenschaftlichen Taxonomien. Gattungsnamen können salient sein, z. B. poln. ryba ‚Fisch‘, drożdże ‚Hefe‘, oder sie können in hierarchische Klassifikationen involviert sein. In letzterem Fall werden zwischen einer und bis zu vier Korrelationsstufen unterschieden. Die Bestimmung einer zentralen Stufe in der Taxonomie richtet sich danach, wie oft ein Wort benutzt wird, inwieweit er den Sprechern vertraut, „psychologically basic“ ist (Wierzbicka 1985, 162). So ist z. B. motyl ‚Schmetterling‘ zentral, obwohl das Wort ein Hyperonym owad ‚Insekt‘ und Hyponyme wie bielinek kapustnik ‚Kohlweißling‘, paź królowej ‚Schwalbenschwanz‘ hat. Die Erkenntnisse der Spezialwissenschaften sind irrelevant, manchmal werden sogar sprachliche Taxonomien entgegengestellt. So ist z. B. für durchschnittliche Muttersprachler im Polnischen pająk ‚Spinne‘ ein Vertreter der Klasse Insekten, jedoch zählen Biologen diese Spezies

52. Struktur des Lexikons zu den Gliederfüßlern. Diese Kategorie ist rein wissenschaftlich, sie repräsentiert das Fach- und nicht das Sprachwissen. Die moderne Lexikographie, die das Sprachwissen zu fixieren anstrebt und doch nicht völlig mit Erkenntnissen der Naturwissenschaften brechen will, benutzt bei der Explikation des Wortes pająk ‚Spinne‘ das Hyperonym stworzenie ‚Geschöpf‘.

4.3. Meronymie Die Meronymierelation betrifft eine Bedeutungshierarchie der Art Teil-Ganzes zwischen Elementen, vgl. Haar⫺Kopf, Hand⫺Finger. Die Benennung eines Teiles kann im Text durch einen Ganzheitsnamen ersetzt werden, vgl. Haare waschen und Kopf waschen, wodurch diese Relation der Hypo-/Hyperonymie nahe steht. Zwischen ihnen besteht jedoch ein großer Unterschied. Letztere vertritt eine taxonomische Ordnung, wodurch eine Klassenzugehörigkeit bestimmt wird. Bei Meronymie geht es nicht um Taxonomien, sondern um das Begreifen von etwas als Bestandteil. Bei Benennungen wie Fenster, Dach, Fuß, Stoßstange usw. handelt es sich nicht um Gattungen, sondern um Teile von Gegenständen ⫺ Systeme statt Klassen. Zur konzeptuellen Vorstellung ihrer Denotate gehört die „Unvollständigkeit“. Partonymische Begriffe rekurrieren auf ihre Bezugssysteme, was u. a. metonymische Figuren des Typs pars pro toto zum Ausdruck bringen, oder auch z. B. vergleichende Phraseologie, vgl. dt. jdm auf die Finger gucken und poln. patrzeć komuś na ręce.

4.4. Gegensätzlichkeit (Polarität) Anders als die bisher analysierten hierarchischen Beziehungen (4.2, 4.3) hat Polarität Kontrastcharakter. Die in diese Relation eingehenden Lexeme sind somit nicht in demselben Kontext austauschbar.

4.4.1. Antonymie Eine antonymische Relation gehört zu der Art skalarer Opposition, wo zwischen zwei Kontrastwörtern ein Raum mit Zwischenstufen besteht. Die Negation eines Wortes impliziert nicht notwendigerweise die Behauptung eines Gegenpols, z. B. poln. jasny ‚hell‘ vs. ciemny ‚dunkel‘, da eine Farbe weder hell noch dunkel sein kann; poln. młody ‚jung‘ vs. stary ‚alt‘, da man das Alter von jemandem auch als weder jung noch alt bezeichnen kann, etc. Antonyme sind morphologisch, vgl. poln. jasny ⫺ jaśniejszy ⫺ najjaśniejszy, bzw. lexikalisch, vgl. poln. (naj)bardziej jasny, graduierbar. Auf der Graduierungsskala befindet sich ein Mittelpunkt, der dem Durchschnittswert einer Eigenschaft entspricht.

4.4.2. Komplementarität Eine solche Relation bilden zwei Kontrastwörter, die in einem polaren, nicht graduellen Gegensatz zueinander stehen, vgl. poln. żywy ‚lebendig‘ und martwy ‚tot‘, ciężarna

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen ‚schwanger‘ und nieciężarna ‚nicht schwanger‘. Sie sind komplementär zueinander, d. h. sie decken restlos ein bestimmtes Spektrum. Man kann z. B. entweder lebendig oder tot sein, eine Zwischenstufe ist nicht möglich.

4.4.3. Konversivität Konverse liegen vor, wenn zwei Lexeme aus gegensätzlichen Blickwinkeln dieselbe Situation beleuchten bzw. reziproke soziale Rollen darstellen, z. B. poln. kupić ‚kaufen‘ vs. sprzedać ‚verkaufen‘, dt. Mutter⫺Kind, poln. ożenić się und wyjść za mąż ‚heiraten‘, wobei im ersten Fall als Subjekt der Bräutigam im Fokus steht, im zweiten die Braut. Konverse, deren Bedeutung sich „spiegelbildlich“ aufeinander bezieht, stehen der Synonymie nahe. Um jedoch mit Konversen auf denselben Sachverhalt verweisen zu können, müssen bestimmte syntaktische Operationen angewendet werden: Bei Prädikaten handelt es sich um die Umstellung der Subjekt- und Objektfunktion.

5.

Die Dynamik des Lexikons

5.1. Der Zeitparameter Zu den methodologischen Prämissen des Strukturalismus gehörte die Annahme, den Wortschatz synchron als ein stabiles System zu sehen. In Wirklichkeit unterliegt das Lexikon einem ständigen Umbau, weil sich an diesem Ort durch das semantische Modul das Anknüpfen an die außersprachliche Wirklichkeit vollzieht. Die Lexik reagiert somit auf Veränderungen in der Welt sowie auf die Bedürfnisse der Sprecher. Gut bekannt ist das Phänomen der Alterung der Lexik: Markiert werden im Lexikon je nach Abnutzungsgrad Archaismen und veraltete Wörter. Ein Teil davon sind Historismen, wenn es um die Benennung von Realien der Vergangenheit geht, sowohl von alten Realien, z. B. russ. gaubist ‚Haubitzenartillerist‘, als auch von nicht unbedingt alten, vgl. poln. realny socjalizm und seine Abkürzung real-soc, die sich auf ein schon abgeschlossenes Kapitel der Zeitgeschichte beziehen. Veränderungen der Umwelt, der Gesellschaft, der Technik führen aber keineswegs automatisch zum semantischen Wandel. Obwohl die Gegenstände, die Menschen im Alltag begleiten, wie Haus, Fenster, Schuh, heute anders als früher aussehen, sind wir nicht geneigt, eine neue Bedeutung für ihre Benennungen zu postulieren. Ihre Bedeutungsstruktur greift auf die gleiche Funktion zurück und viel weniger auf ihre Konstruktion und Aussehen. Bei technischen Apparaten wird jedoch der technische Fortschritt durch eine Parallele zwischen einem veralteten, heute als Historismus anzusehenden Wort und einem neueren Wort gekennzeichnet, vgl. poln. automobil und samochód, aeroplan und samolot. Darüber hinaus ist die Abnutzung der Lexik im affektiven Bereich sichtbar, wo es um die expressive Funktion der Sprache geht. So beobachtet man ständig einen Wechsel der Sprachmittel, die emotional gefärbt sind, vor allem in Milieusprachen. Traditionell wird die ältere Schicht der Lexik in Wörterbüchern mit Merkmalen wie arch. für „archaisch“ und veralt. für „veraltet“ markiert. Deutlich seltener wird das Merkmal neu verwendet. Es hängt damit zusammen, dass neue lexikalische Einheiten

52. Struktur des Lexikons eine Zeitprobe bestehen müssen, bis sie in Wörterbücher gelangen. Trotz dieser Praxis sind Muttersprachler dazu fähig, etwas als „neu“ zu erkennen und die stilistisch-pragmatische Wirkung von solchen Mitteln entsprechend nutzen.

5.2. Erweiterung des Lexikons durch Sprachkontakt Sprachen, die nur mit ihrem „eigenen“ Wortschatz auskommen, gibt es nicht. Es wäre schon schwierig zu bestimmen, was aus genetischer Sicht das Heimische im Lexikon darstellt ⫺ man denke nur an das gemeinsame urindogermanische und urslavische Erbe. Die Kontakte mit Fremden in der Vergangenheit und noch umso mehr die Globalisierungsprozesse in der Gegenwart führen zur Erweiterung der Lexik um immer neue Entlehnungen. Nicht selten sind es im Hinblick auf den Verbreitungsgrad Internationalismen, d. h. Wörter, die in mehrere (wenigstens drei) miteinander nicht näher verwandte Sprachen eingedrungen sind. Es handelt sich dabei oft um Wortschatz lateinisch-griechischer Herkunft wie dt., poln. Akt, Autor, darunter moderne künstliche Termini, die mit Morphemen der klassischen Sprachen geprägt wurden, wie Hämotherapie, Astrophysik. Puristische Sprachpolitik, die das Vermeiden von fremdem Gut bestrebt, hat zur Folge, dass auch in solchen Fällen entweder einheimische Entsprechungen sich gänzlich durchsetzen, vgl. dt. Fernsehen vs. engl. television, ital. televisione, tschech. televize, poln. telewizja (im russ. televidenie wurde das zweite Glied dieses künstlichen Kompositums bereits übersetzt ⫺ es ist also schon ein Hybrid), oder die Sprache verfügt über zwei synonyme Ausdrücke: einen entlehnten sowie einen einheimischen, vgl. dt. Autor und Verfasser, poln. malaria und zimnica, kroat. kopija/fotokopija und preslik/preslika. Ein Garant für die Identität einer Sprache ist ihr phonologisch-grammatisches System und nicht nur die Lexik. Entlehnungen unterliegen Assimilationsprozessen, die eine allmähliche Anpassung an die Aussprache, Schreibweise und Grammatik der Zielsprache nach sich ziehen. Nur kurze Zeit haben sie einen zitatähnlichen Charakter und sind als Fremdkörper sofort erkennbar. (Solche Fremdwörter werden auch Zitate genannt, vgl. dt. Schadenfreude, engl. fair play in vielen slavischen Sprachen). In der Regel erfolgt dann stufenweise deren Umwandlung in spracheigene lexikalische Mittel. Manchmal können jedoch entlehnte Wörter indeklinabel bleiben, vgl. russ. pal’to von franz. paletot, kofe von ndl. koffie, was als ein synchrones Zeichen ihrer fremden Herkunft zu betrachten ist. Entlehnungen kann man je nach ihrer Wanderungsgeschichte in direkte und indirekte aufteilen, vgl. griech. poiētēs > lat. poēta > dt. Poet und franz. poète > russ. poėt. Manchmal beobachtet man sog. Rückentlehnungen, wenn ein Wort zurückerobert wird, vgl. dt. dialektal Schkrodaua aus dem sorbischen škrodawa, das seinerseits wahrscheinlich eine alte Entlehnung aus mitteldt. kröde ist. Je nach Art der Übernahme unterscheidet man eigentliche (vollständige) Entlehnungen und Repliken (Calque, Lehnprägungen). Im ersten Fall wird eine Einheit als Ganzes übernommen, d. h. hinsichtlich der Form sowie der Bedeutung. Im zweiten Fall dient die Fremdsprache nur als Impuls für eine Neubildung aus einheimischen Elementen bzw. für eine neue semantische Lesart eines bereits existierenden Wortes (Neusemantismus). Die Neubildungen können als morphologische Lehnprägungen interpretiert werden, die eine fremde Struktur nachahmen, vgl. russ. parovoz und dt. Dampfwagen, poln. nastolatek und engl. teenager, tschech. zázemí und dt. Hinterland.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Manchmal ist von Hybriden die Rede, wenn eine Konstruktion nur teilweise durch eigene Morpheme ersetzt wird, z. B. tschech. vánoce und dt. Weihnachten. Häufiger motivieren jedoch Fremdwörter zur eigenen Wortbildung ⫺ so entstehen Lehnschöpfungen, die das Original zwar nicht ganz treu nachbilden, jedoch ist der Anstoß von außen leicht erkennbar, vgl. tschech. silnice, motiviert durch sila ‚Kraft‘, analog zu lat. via von vīs ‚Kraft‘; poln. ziemniak, franz. pomme de terre und dt. regional Erdapfel. Durch Sprachkontakt ist letztendlich die Übertragung einer Neubedeutung auf ein bereits existierendes Wort möglich, vgl. z. B. poln. reaktive Partikeln dokładnie! und engl. exactly!, poln. zapomnij! und engl. forget it!. Viele Neusemantismen findet man im Computerjargon, vgl. poln. mysz komputerowa, wirus ⫺ program antywirusowy u. v. a., die nach dem Vorbild des Englischen bzw. Amerikanischen in vielen Sprachen entstehen. All diese Faktoren weisen darauf hin, dass das Lexikon ein offenes, sich ständig erneuerndes, zugleich aber auch gut organisiertes System darstellt.

6. Literatur (in Auswahl) Apresjan, Ju. D. (1974): Leksičeskaja semantika. Sinonimičeskie sredstva jazyka. Moskva. Bogusławski, Andrzej (1988): Język w słowniku. Warszawa. Bańko, Mirosław (ed.) (2000): Inny słownik języka polskiego (ISJP). Warszawa. Filipec, Josef (1996): Studia Lexicologica. München. Langacker, Robert (1987): Foundations of Cognitive Grammar. Stanford. Nagórko, Alicja (2007): Lexikologie des Polnischen. Hildesheim/Zürich/New York. Tabakowska, Elżbieta (1995): Gramatyka i obrazowanie. Kraków. Wierzbicka, Anna (1985): Lexicography and Conceptual Analysis. Ann Arbor. Wierzbicka, Anna (1999): Język ⫺ umysł ⫺ kultura. Warszawa. Wierzbicka, Anna (2006): Semantyka. Jednostki elementarne i uniwersalne. Lublin.

Alicja Nagórko, Berlin (Deutschland)

53. Verfahren und Mittel der Nomination 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorbemerkung Grundbegriffe der Benennungsbildung Wortbildung Nomination/Wortbildung im Sprachvergleich Neuere Entwicklungen Literatur (in Auswahl)

Abstract Denomination and word formation (WF) research have undergone various paradigm changes, which were characteristic of linguistics in general. WF was dealt with in historical-comparative linguistics, it was integrated in the emancipation of modern language

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Manchmal ist von Hybriden die Rede, wenn eine Konstruktion nur teilweise durch eigene Morpheme ersetzt wird, z. B. tschech. vánoce und dt. Weihnachten. Häufiger motivieren jedoch Fremdwörter zur eigenen Wortbildung ⫺ so entstehen Lehnschöpfungen, die das Original zwar nicht ganz treu nachbilden, jedoch ist der Anstoß von außen leicht erkennbar, vgl. tschech. silnice, motiviert durch sila ‚Kraft‘, analog zu lat. via von vīs ‚Kraft‘; poln. ziemniak, franz. pomme de terre und dt. regional Erdapfel. Durch Sprachkontakt ist letztendlich die Übertragung einer Neubedeutung auf ein bereits existierendes Wort möglich, vgl. z. B. poln. reaktive Partikeln dokładnie! und engl. exactly!, poln. zapomnij! und engl. forget it!. Viele Neusemantismen findet man im Computerjargon, vgl. poln. mysz komputerowa, wirus ⫺ program antywirusowy u. v. a., die nach dem Vorbild des Englischen bzw. Amerikanischen in vielen Sprachen entstehen. All diese Faktoren weisen darauf hin, dass das Lexikon ein offenes, sich ständig erneuerndes, zugleich aber auch gut organisiertes System darstellt.

6. Literatur (in Auswahl) Apresjan, Ju. D. (1974): Leksičeskaja semantika. Sinonimičeskie sredstva jazyka. Moskva. Bogusławski, Andrzej (1988): Język w słowniku. Warszawa. Bańko, Mirosław (ed.) (2000): Inny słownik języka polskiego (ISJP). Warszawa. Filipec, Josef (1996): Studia Lexicologica. München. Langacker, Robert (1987): Foundations of Cognitive Grammar. Stanford. Nagórko, Alicja (2007): Lexikologie des Polnischen. Hildesheim/Zürich/New York. Tabakowska, Elżbieta (1995): Gramatyka i obrazowanie. Kraków. Wierzbicka, Anna (1985): Lexicography and Conceptual Analysis. Ann Arbor. Wierzbicka, Anna (1999): Język ⫺ umysł ⫺ kultura. Warszawa. Wierzbicka, Anna (2006): Semantyka. Jednostki elementarne i uniwersalne. Lublin.

Alicja Nagórko, Berlin (Deutschland)

53. Verfahren und Mittel der Nomination 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorbemerkung Grundbegriffe der Benennungsbildung Wortbildung Nomination/Wortbildung im Sprachvergleich Neuere Entwicklungen Literatur (in Auswahl)

Abstract Denomination and word formation (WF) research have undergone various paradigm changes, which were characteristic of linguistics in general. WF was dealt with in historical-comparative linguistics, it was integrated in the emancipation of modern language

53. Verfahren und Mittel der Nomination research, first within the bounds of morphology (mainly in Slavonic studies) and lexicology. The functional approach to languages led to the integration of WF into the theory of denomination. The increasing interest in semantics and the idea of the systematicality of the lexicon were clearly reflected in WF. The pragmatic turn and the resulting study of text fostered for some time (as it does again now) the increased consideration of textconstituting functions of WF; not to forget the tradition of studies on the relationship of WF and stylistics. The pragmatic aspect of WF became again a matter of interest when the current changes in the lexicon of the Slavonic languages were investigated. The „cognitive turn” finally led to a revival of research, in Russian and Polish linguistics especially, which is linked to an updated comprehension of the „linguistic concept of the world” and the reflection of cognitive processes in denomination. The article treats basic concepts and methodological approaches in the theory of denomination and in the onomasiologic studies of WF (Dokulil), their further development in cognitive linguistics and in contrastive studies of WF. Furthermore, it deals with the description of WF in academic grammars of the Slavonic languages and with the fields of application, such as WF-dictionaries. Last but not least, the article concentrates on recent tendencies in the Slavonic languages (internationalisation, nationalisation, systemic, typological and pragmatic tendencies) and on the consequences for WF and word use.

1. Vorbemerkung Die Nominations- resp. Wortbildungsforschung vollzog verschiedene Paradigmenwechsel mit, die für die Linguistik im Allgemeinen kennzeichnend waren. Einen angestammten Platz hatte sie in der Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft, sie war einbezogen in die Emanzipation der Erforschung der modernen Sprachen, zunächst noch im Rahmen der Morphologie (vor allem in der Slavistik) bzw. in der Lexikologie. Die funktionale Sprachauffassung förderte die Integration der Wortbildung in die Theorie der Benennung. In dieser Tradition stand M. Dokulil, auf den sich in vielen Aspekten die Studien zur sprachlichen Nomination stützten, die in den 1970er Jahren in Russland publiziert wurden (vgl. Jazykovaja nominacija 1977). Das zunehmende Interesse an der Semantik widerspiegelte sich in der Wortbildung ebenso wie die Idee von der Systemhaftigkeit des Lexikons (vgl. z. B. die Beschreibung der Wortbildungsbedeutung in den „Akademiegrammatiken“, Arbeiten zu Wortbildungsparadigmen und Wortbildungsnestern in den 1970/80er Jahren ⫺ s. unten). Die mit der „pragmatischen Wende“ eintretende Beschäftigung mit dem Text förderte für eine gewisse Zeit (und auch neuerdings wieder) die Hinwendung zu den textbildenden Funktionen der Wortbildung; zu bedenken ist jedoch auch die Tradition von Studien zum Verhältnis von Wortbildung und Stilistik. Der pragmatische Aspekt der Wortbildung erlangte neue Aktualität bei der Erforschung der Veränderungen im Wortschatz der slavischen Sprachen seit Ende der 1980er Jahre. Die „kognitive Wende“ schließlich führte namentlich in der polnischen und russischen Sprachwissenschaft zu einer Belebung von Forschungen, die mit einem aktualisierten Verständnis des „sprachlichen Weltbildes“ bzw. mit der Widerspiegelung kognitiver Prozesse in der Benennung verbunden sind.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

2. Grundbegriffe der Benennungsbildung In den Thesen des Prager Linguistenkreises (1929/1976, 49) heißt es u. a.: „Das Wort, unter dem Gesichtspunkt der Funktion betrachtet, ist das Ergebnis der sprachlichen Benennungstätigkeit, die manchmal untrennbar mit der syntagmatischen Tätigkeit verbunden ist. [...] Durch die Benennungstätigkeit gliedert die Sprache die Wirklichkeit ⫺ sei es nun die äußere oder die innere, die reale oder die abstrakte ⫺ in linguistisch greifbare Elemente.“

Neben bzw. im Verein mit der Nominationsfunktion werden der Wortbildung später weitere Funktionen zugeschrieben, z. B. expressive und stilistische, syntaktische bzw. kondensierende Funktionen sowie eine integrative Funktion bei der Adaption von Entlehnungen, wie z. B. russ. grotesknyj ‚grotesk‘ (vgl. Zemskaja 1992; Furdík 1993) u. a. Die Einzelsprachen nutzen verschiedene Nominationsverfahren wie Derivation, Komposition, Mehrwortbenennung und semantische Derivation in unterschiedlichem Grade. Die funktionale Auffassung der Benennung gestattet es, „isolierte Erscheinungen miteinander in Zusammenhang zu bringen“ (Thesen 1929/1982, 49). In der tschechischen Linguistik wurden diese Ideen später vor allem von Dokulil (1961 u. a.) aufgegriffen. Die „innere Formierung des Begriffs im Hinblick auf seine sprachliche Ausdrucksweise“ erfolgt ⫺ so Dokulil ⫺ im Rahmen onomasiologischer Kategorien, auf denen die Kategorien der derivativen Wortbildung wie auch anderer Benennungsarten (s. o.) basieren. Die zu benennenden Phänomene werden in eine Begriffsklasse (onomasiologische Basis) einbezogen und durch ein Merkmal (onomasiologisches Motiv) bestimmt. Dokulil (1961, 32) beschreibt die Grundtypen onomasiologischer Strukturen ⫺ die onomasiologischen Kategorien ⫺ nach dem kategoriellen Charakter der Glieder dieser Strukturen, z. B. Begriff der Kategorie der Substanz, der bestimmt wird durch die Beziehung zu einem Begriff der Kategorie (a) der Substanz (tsch. člen strany ‚Mitglied einer/der Partei‘; straník ‚Parteimitglied‘); (b) der Eigenschaft (tsch. černá zem ‚schwarze Erde‘; černozem, černice ‚Schwarzerde‘); (c) der Handlung (tsch. člověk, který soudí ‚ein Mensch, der richtet‘; soudce ‚Richter‘); (d) des Umstandes/der Umstandsbestimmung (tsch. večerník ‚etw., das abends erscheint; Abendzeitung‘; nástěnka ‚etw., das sich an der Wand befindet; Wandzeitung‘).

In gleicher Weise werden Begriffe der Kategorien „Eigenschaft“, „Handlung“, „Umstand“ durch die Beziehung zu einem Begriff der Kategorien der Substanz, der Eigenschaft, der Handlung und des Umstandes bestimmt. Lexikalische Äquivalente in den Einzelsprachen können unterschiedliche onomasiologische Strukturen aufweisen (vgl. z. B. die Bezeichnungen für „Fleischer“: tsch. řezník < řezat ‚schneiden‘, aber slovak. mäsiar < mäso ‚Fleisch‘ wie auch russ. mjasnik < mjaso). Darüber hinaus werden drei Grundtypen von Ableitungsbeziehungen unterschieden: Mutation (inter- und intrakategoriell), die den eigentlichen Kern neuer Benennungen darstellt, Modifikation (nur intrakategoriell) und Transposition (stets interkategoriell). Mutation und Modifikation korrespondieren mit J. Kuryłowiczs, an Ch. Bally

53. Verfahren und Mittel der Nomination angelehnte, Auffassung von der „lexikalischen Derivation“, die Transposition dagegen mit Wortbildungsprozessen, die von Kuryłowicz als „syntaktische Derivation“ bezeichnet werden (vgl. Kuryłowicz 1962). Nach E. S. Kubrjakova (1997, 42) besteht das Wesen der Nomination nicht darin, „dass ein sprachliches Zeichen einen Gegenstand bezeichnet oder in irgendeiner Weise mit einem Gegenstand korreliert, sondern darin, dass es eine bestimmte Abstraktion als Ergebnis der Erkenntnistätigkeit des Menschen repräsentiert“. Die Nomination sei deshalb als „sprachliche Verfestigung begrifflicher Merkmale aufzufassen, die die Eigenschaften von Objekten widerspiegeln“. Das abgeleitete Wort vereint in sich seine allgemeinen kategoriellen (= Wortart-)Bedeutungen mit denen des Ausgangswortes und reflektiert diese in seiner formalen und inhaltlichen Struktur, was in der neueren Linguistik mit dem Terminus „Vererbung“ beschrieben wurde (Kubrjakova 1997, 204). In die Benennung geht ⫺ wie auch die o. a. Beispiele zeigen ⫺ nur ein bestimmter Teil der Information über das bezeichnete Objekt ein, die Bezeichnungen selbst treten gleichsam ⫺ so Kubrjakova (1997, 47) ⫺ wie metonymische Einheiten auf, d. h. als Einheiten, die das gesamte Objekt über einen Teil seiner Merkmale erfassen. Lexikalische und onomasiologische Strukturen widerspiegeln also ausgewählte Eigenschaften des zu bezeichnenden Objekts, einen Teil des Wissens über das Objekt, dennoch stehen die Zeichen für den gesamten Inhalt, die Bedeutung. Die Ausgliederung von Merkmalen bei der Benennungsbildung vollzieht sich nicht in jedem Fall als bewusste Prozedur. Es sind hierbei auch die Wirkung der Analogie sowie bereits verfestigte sprachliche Gewohnheiten zu bedenken. Ging Dokulil zunächst von einer grundsätzlichen Zweigliedrigkeit der Benennung aus, so findet sich in späteren Publikationen noch der Begriff der „onomasiologischen Kopula“. Auch Kubrjakova (1997, 206) verwies darauf, dass die Zuschreibung eines onomasiologischen Motivs zur Basis mittels eines besonderen „onomasiologischen Prädikats“ erfolgt. Die onomasiologische Struktur des abgeleiteten Wortes sei deshalb dreigliedrig, vgl. z. B. russ. pisat’ ‚schreiben‘ in fel’etonist ‚Feuilletonist‘ [jd. , der Feuilletons schreibt ]. Bei Adjektiven wie russ. otcovskij ,Vater-, dem Vater gehörend‘ oder kletčatyj ‚kariert‘ können als „onomasiologische Prädikate“ prinadležat’ ‚gehören‘ bzw. obladat’ ‚verfügen über‘ bestimmt werden.

Mit der Implikation formal nicht ausgedrückter Bedeutungselemente im abgeleiteten Wort befassten sich u. a. Ermakova (1984) sowie mit Bezug auf Erscheinungen der Inferenz bei polnischen Ableitungen Nagórko (2002). In der Russistik wurde in diesem Zusammenhang der Begriff der Idiomatizität des abgeleiteten Wortes geprägt ⫺ in Anlehnung an die Verwendung des Begriffs in der Phraseologie, wo mit Idiomatizität gemeint ist, dass die Gesamtbedeutung eines Phraseologismus mehr ist als die Summe der Bedeutungen seiner Komponenten bzw. nicht aus der Bedeutung seiner Komponenten erschlossen werden kann. In der onomasiologischen Richtung der slavistischen Sprachwissenschaft sieht Kubrjakova (1997, 42) eine der frühen Versionen des Kognitivismus. Aus kognitiver Sicht könne nunmehr jede onomasiologische Struktur abgeleiteter Wörter als Wissensstruktur interpretiert werden. Die Reinterpretation der Begriffe „onomasiologische Basis“, „onomasiologisches Motiv“ und „onomasiologisches Prädikat“ in kognitiven

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen oder konzeptuellen Termini bedingte auch die Rückkehr zu den Begriffen Gegenständlichkeit, Merkmalhaftigkeit und Prozessualität als grundlegende Kategorien der Wortbildung. Die Benennungstätigkeit müsse jedoch noch unter weiteren Aspekten betrachtet werden: als Widerspieglung bestimmter Intentionen des Sprechers, seiner pragmatischen Absicht und der situativen Abhängigkeit der Benennung. Bisher sei v. a. die kognitive Grundlage der Nomination untersucht worden, es müsse aber auch bedacht werden, dass der Nominationsakt in nicht geringerem Maße von kommunikativen Faktoren abhängig ist, d. h. davon, in welcher Rolle man sich das Resultat des Nominationsaktes im Diskurs vorstellt. Wortarten seien in diesem Sinne „kognitivdiskursive Gebilde“ (Kubrjakova 1997, 54). (Vgl. zu kognitiven Aspekten der Wortbildung auch Lehmann 2003, Waszakowa 2003 u. a.)

3.

Wortbildung

3.1. Beschreibungsansätze Die kategoriellen Beziehungen, d. h. die Wortartbeziehungen zwischen motiviertem und motivierendem Wort, werden den meisten synchronen Beschreibungen der Wortbildung slavischer Sprachen zugrunde gelegt (s. unten). Darauf baute auch das applikativ-generative Modell von S. K. Šaumjan und P. A. Soboleva (1968) auf, in dem die Genotypen (die potenziellen Ableitungen/Ableitungsstrukturen) den Phänotypen (den realisierten Bildungen) gegenüberstellt werden. In den Sprachen, in denen vier Hauptwortarten unterschieden werden, existieren 16 Derivationsschritte: R1R1X (Verb < Verb), R2R1X (Verb < Substantiv), R3R1X (Verb < Adjektiv), R4R1X (Verb < Adverb/ adv. Ausdruck); R2R2X (Substantiv < Substantiv) …; R3R3X (Adjektiv < Adjektiv) …; R4R4X (Adverb < Adverb) … Da die motivierenden Wörter ihrerseits bereits abgeleitet sein können, ergeben sich weitere Ableitungsstufen, z. B. R2R3R1X (Verb < Adjektiv < Substantiv) wie russ. umničat’ ‚klügeln, klug tun‘< umnyj ‚klug‘ < um ‚Verstand‘ (das dt. Äquivalent ‚klügeln‘ weist die Struktur R3R1X, d. h. Verb < Adjektiv, auf). (Zu den semantischen Begrenzungen der Ableitungstiefe, die neben morphonologischen Restriktionen wirken, vgl. Ohnheiser 1987, 15⫺44). Auch die neueren slavischen „Akademiegrammatiken“ ⫺ z. B. Russkaja grammatika I, 1980, 123⫺452 (RG); Mluvnice češtiny I, 1986, 191⫺526 (MČ); Gramatyka współczesnego języka polskiego. Morfologia. 2. Aufl. 1998, 361⫺583 (GWJP) ⫺ sowie z. B. die Monographie Tvorba riječi u hrvatskom književnom jeziku (Babić 1986) gehen von der Wortart des motivierten Wortes, also der onomasiologischen Basis, aus, unterscheiden sich voneinander jedoch z. T. in der Hierarchisierung der Beschreibungsschritte. So nimmt die RG (1980, 142 ff.) die weitere Untergliederung nach den Motivationsverhältnissen (also dem onomasiologischen Motiv) vor und im Folgenden nach der Bedeutung einzelner Wortbildungskategorien (bei den aus Verben abgeleiteten Substantiven, z. B. „Abstraktum“, „Träger eines prozessualen Merkmals“) und einzelner Wortbildungstypen, d. h. nach den Suffixen (z. B. -enij(e), -k(a), -Ø; -tel’, -nik). Erst im Anschluss an die Beschreibung der einzelnen Wortbildungskategorien und -typen der Wortarten erfolgt eine zusammenfassende Darstellung zu den Wortbildungsbedeutun-

53. Verfahren und Mittel der Nomination gen der jeweiligen Wortart und den Mitteln ihres Ausdrucks, wobei eine Untergliederung vorgenommen wird in Bedeutungen, die der Mutation entsprechen (die RG verwendet diesen Begriff jedoch nicht), in Transpositions- und Modifikationsbedeutung. Die MČ stellt dagegen vor die Betrachtung der Wortbildungskategorien und der entsprechenden Affixe bzw. Wortbildungstypen die Untergliederung in Mutation (bei S < V z. B. Nomina agentis, Nomina instrumenti, bei S < S z. B. „Träger eines gegenständlichen Merkmals“ [názvy konatelské], bei S < A „Träger eines Merkmals“), Transposition (Nomina actionis, Adjektivabstrakta) und Modifikation (Diminutiva, Augmentativa etc.). Die GWJP greift ebenfalls die Differenzierung zwischen Mutation, Transposition und Modifikation auf, wobei auch auf „Mischtypen“ (derywaty mieszane) verwiesen wird, z. B. auf die Verbindung von Modifikation und Transposition wie in bijatyka ‚Schlägerei‘ und von Mutation und Modifikation, z. B. pracuś ‚Arbeitsmensch, Arbeitstier‘. Im Verständnis der GWJP (378) stellen nur Mutationsderivate das Ergebnis einer wirklichen Nominationsoperation dar ⫺ im Unterschied zur Transposition, die eine Umformung zu rein syntaktischen Zwecken darstellt, und zur Modifikation, bei der keine neue Bezeichnung deriviert, sondern die Bedeutung des Ausgangslexems in irgendeiner Weise präzisiert wird. Die Nominationsoperation basiert nach Auffassung der GWJP auf einer PrädikatArgument-Struktur, d. h. auf demselben Begriffsschema wie die Bildung eines Satzes. In dieser Auffassung, die dann auch die Beschreibung der Ableitungen bestimmt, unterscheidet sich die polnische Grammatik von den anderen hier erwähnten Grammatiken. So kann z. B. die Prädikat-Argument-Struktur von pisać ‚schreiben‘ (jemand schreibt etwas, an jemanden, mit etwas, irgendwo) transformiert werden in die Bezeichnung von Argumenten (z. B. Subjekt: pisarz ‚Schriftsteller‘, hist. ‚Schreiber‘; Resultat: pismo ‚Brief‘; Instrument: pisak ‚Schreibstift, Schreibfeder‘). In desubstantivischen Bildungen besteht eine Beziehung zwischen zwei Argumenten mit Bezug auf ein formal nicht ausgedrücktes Prädikat (vgl. dazu bereits oben): so bringt z. B. rybak ‚Fischer‘ eine Relation zwischen Agens und Objekt der Handlung zum Ausdruck. Deverbale Adjektive verweisen auf eine Relation zwischen dem von ihnen determinierten Substantiv und dem Prädikat, das durch den Verbstamm ausgedrückt wird, z. B. jadalny grzyb ‚ein essbarer/genießbarer Pilz‘ (Objekt). In desubstantivischen Verbableitungen des Mutationstyps vertreten die zugrunde liegenden Substantive Argumente verschiedener Rollen, die Affixe dagegen die Prädikate, z. B. X korkuje butelkę [korkować ‚verkorken, zustöpseln‘ < korek ‚Korken, Stöpsel‘] ⫺ ,X zamyka butelkę korkiem‘ ‚X verschließt die Flasche mit einem Korken‘. Deverbale Mutationsverben weisen eine Struktur mit zwei Prädikaten auf: X zastrzelił Y-a ‚X erschoss Y‘, d. h. ‚X zabil Y-a strzelając‘ ⫺ ‚X tötete Y schießend‘ u. a. Von besonderem Interesse ist die Beschreibung von Ableitungen bei nichtausgedrücktem Prädikat (vgl. dazu bereits oben), dessen Bedeutung gleichsam über die Bedeutung der Aktanten erschlossen werden kann: SUBag (OB), z. B. kominiarz ‚Schornsteinfeger‘ [das polnische Derivat enthält nur den Nominalstamm], SUBag (INSTR) flecista ‚Flötist‘, SUBag (MAT) złotnik ‚Goldschmied‘, SUBag (LOC) poczciarz ‚Postler‘. Auch Unterschiede zwischen den (impliziten) Prädikaten werden verdeutlicht; so stehen den SUBag (OB) Bezeichnungen des Typs SUBamat (OB) gegenüber, z. B. herbaciarz [< herbata ‚Tee‘] ‚wer gern Tee trinkt‘ u. a. Ebenso werden die Bedeutungstypen adjektivischer Bildungen diffe-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen renziert, z. B. Prädisposition (‚zur Handlung neigend‘) gniewliwy ,zum Zorn neigend, aufbrausend‘ < gniewać się; kausativ: gnilne bakterie ‚Fäulnisbakterien‘ u. a.

Bei der Beschreibung der kroatischen Wortbildung geht Babić (1986) ebenfalls von den Wortarten des abgeleiteten Wortes aus. Bei den Substantiven gelten als Gliederungsprinzip die Affixe sowie das Wortbildungsverfahren, die Einteilung nach den Ableitungsbeziehungen (S < S, S < V, S < A ...) und innerhalb derer wiederum bestimmte Bedeutungsgruppen.

3.2. Einheiten des Wortbildungssystems Als zentrale Beschreibungseinheiten der Wortbildung erweisen sich in den Grammatiken also (in unterschiedlicher Hierarchisierung) die Wortbildungskategorie als semantische Abstraktion von Wortbildungstypen ein und derselben Bedeutung (der Begriff ist v. a. in der tschechischen und polnischen Wortbildungsforschung verbreitet), das Wortbildungsverfahren (Suffigierung, Präfigierung usw.) und der Wortbildungstyp, der Ableitungen mit ein und demselben Affix bei Gleichheit der Motivationsverhältnisse und der Wortbildungsbedeutung umfasst (vgl. zu diesen und anderen Termini in der Russistik auch Jelitte 2000). In den 1970er Jahren ist in der slavischen Wortbildungsforschung ein zunehmendes Interesse an so genannten komplexen Einheiten des Wortbildungssystems zu verfolgen wie dem Wortbildungsparadigma (z. B. Buzássyová 1974, Zemskaja 1974) und dem Wortbildungsnest (s. unten). Als Wortbildungsparadigma wird die Gesamtheit der Koderivate zu einem Basiswort bestimmt, die sich auf ein und derselben Ableitungsstufe befinden. Die Glieder sind semantisch nicht voneinander abhängig, sondern nur mittelbar ⫺ über die Semantik des gemeinsamen Basiswortes ⫺ miteinander verbunden, vgl. z. B. russ. ruka ‚Hand‘ ⫺ ruč-k-a ‚Händchen‘ ⫺ ruč-en’k-a ‚Händchen‘ ⫺ ruč-išč-a ‚große Hand, Pranke‘ ⫺ ruč-n-oj (Adj.) ‚Hand-, manuell‘.

Die größten Gemeinsamkeiten in der Organisation von Wortbildungsparadigmen zeigen Wörter ein und derselben semantischen Gruppe innerhalb einer Wortart. So können z. B. von Farbadjektiven modifizierende Adjektive, Verben (Faktitiva, Durativa, Inchoativa) und Abstrakta abgeleitet werden, während die von diesen Adjektiven derivierten Substantive mit gegenständlicher Bedeutung semantisch stark divergieren (gemeinsam ist ihnen nur die allgemeine Wortbildungsbedeutung ,etw., das rot, gelb … ist’).

Ungeachtet der Unterschiede in der konkreten Ausfüllung (realisiertes Paradigma) ergibt sich ⫺ so Zemskaja ⫺ für Ausgangswörter einer bestimmten semantischen Gruppe ein typisiertes Paradigma.

53. Verfahren und Mittel der Nomination Die komplexen Einheiten der Wortbildung vermitteln also Einsichten in die Systemhaftigkeit des Lexikons bzw. von Teilbereichen des Lexikons, die durch Ableitungs-/Motivationsbeziehungen miteinander verbunden sind. Besonders aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Wortbildungsnester (russ. slovoobrazovatel’noe gnezdo; poln. gniazdo słowotwórcze), die im Vorfeld der Erstellung von Nestwörterbüchern verschiedener slavischer Sprachen der Klärung einer Reihe von theoretischen Fragen der Wortbildung bedurften.

3.3. Wortbildungswörterbücher Nachdem seit den 1960/70er Jahren mehrere rückläufige Wörterbücher slavischer Sprachen entstanden waren, die einen Einblick in die morphematische Gliederung des Wortschatzes und in die Häufigkeit von Bildungselementen gestatteten, galt später der Erarbeitung von Wortbildungswörterbüchern besondere Beachtung. Als zentrale Fragen aus wortbildungstheoretischer Sicht erwiesen sich dabei (a) die Ermittlung der synchronen Grenzen eines Wortbildungsnests und (b) die Widerspieglung der Polysemie des Ausgangswortes und des semantischen Bezugs der Ableitungen auf die Sememe des Ausgangswortes: zu (a): Das russische Wortbildungswörterbuch (Tixonov 1985) z. B. geht strikt synchron vor, d. h. Ableitungsbeziehungen werden nur erfasst, wenn sich auch in der Gegenwartssprache noch eine Motivation durch das betreffende Ausgangswort (Lemma) herstellen lässt. So werden z. B. Entlehnungen wie počt-amt und počt-al’on als Ableitungen zu počta erfasst, bei ruka ‚Hand‘ finden sich jedoch z. B. nicht mehr priručit’ ‚zähmen‘, poručit’ ‚beauftragen‘ oder zaručit’ ‚bürgen; garantieren‘, während analoge Bildungen im polnischen Wortbildungswörterbuch (Jadacka 2001) zu finden sind. Ähnliches gilt für das bulgarische Wortbildungswörterbuch (Penčev 1999), obwohl der Herausgeber seinen Zugang als synchron bezeichnet. Während sich das russische Wortbildungswörterbuch auf die Nummerierung der Ableitungsschritte beschränkt, kennzeichnen das bulgarische und das polnische Wortbildungswörterbuch auch die jeweiligen Wortartrelationen, wobei die Ableitungen in Anlehnung an Šaumjan/Soboleva (vgl. oben) bezüglich ihrer Wortart und ihrer Ableitungsgeschichte/ Ableitungstiefe gekennzeichnet werden (in Modifikation der von Šaumjan/Soboleva vorgenommenen Notation); zu (b): Die mögliche Polysemie des Ausgangswortes wird konsequent im polnischen Wortbildungswörterbuch berücksichtigt. So erscheint z. B. das Adjektiv ciężki ‚schwer‘ (physikalisch), ‚schwerfällig‘, ‚schwierig‘, ‚tief‘ [in Bezug auf Trauer] u. a. siebenmal als Basiseinheit, wobei die Wiederholung von Ableitungen, die sich auf verschiedene Sememe beziehen, in Kauf genommen wird, z. B. ciężkość [Subst. (Abstr.)], ciężko [Adv.] (Jadacka 2001, 61 f.). In den bulgarischen und russischen Wortbildungswörterbüchern (Ilieva 1999; Tixonov 1985) werden Polysemie und Homonymie über Indices differenziert.

Einen direkten bzw. engen Bezug zur Wortbildung (unter Berücksichtigung morphonologischer Erscheinungen) weisen auch Morphemwörterbücher auf (vgl. z. B. zum Ukrainischen Karpilovs’ka 2002, zum Slovakischen Sokolová et al. 1999; 2005).

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

4. Nomination/Wortbildung im Sprachvergleich Die einleitend genannten Richtungen der Wortbildungsforschung wurden von vergleichenden Untersuchungen in unterschiedlichem Maße mitgetragen, wobei der innerslavische Vergleich stärker auf Einheiten des Wortbildungssystems i. e. S. basierte, während kontrastive Studien nicht nahverwandter Sprachen auch kompensatorische Verfahren der Benennungsbildung über die Wortbildung hinaus zu berücksichtigen suchten (vgl. Ohnheiser 1987). Aus der Sicht der strukturellen Typologie beschäftigte sich z. B. Isačenko (1958) mit der (historisch) unterschiedlichen Vertretung von Ein- und Mehrwortbenennungen, auch unter dem Einfluss von Entlehnungen und deren unterschiedlicher Integration, z. B. ins Russische und Tschechische.

Ein System grundlegender Parameter für den Vergleich der slavischen Wortbildung entwickelte Dokulil (1963), womit er einen Beitrag zur Charakterologie der Einzelsprachen und zu einer Typologie der Slavinen im Bereich der Wortbildung anstrebte. Der Vergleich dürfe sich nicht auf die formalen Mittel beschränken, da deren weitgehende Identität Unterschiede in der konkreten Anwendung (auch im Zusammenhang mit der möglichen unterschiedlichen Produktivität bestimmter Typen und Verfahren) verdecken könne. Es gelte vielmehr festzustellen, wie Bezeichnungsinhalte im sprachlichen Denken gegliedert und geformt werden, um mit Mitteln benannt zu werden, über die die gegebene Sprache verfügt. Auch das jeweilige Verhältnis von nichtmotivierter und motivierter Lexik könne ein bedeutsames Charakteristikum von Sprachen sein. Somit sah Dokulil in einem von onomasiologischen Kategorien ausgehenden Vergleich eine geeignete Basis für die Wort- und Benennungsbildung. Als unterscheidendes Merkmal sollte auch die Verteilung des Wortschatzes auf Wortbildungsfamilien (slovotvorné čeledi) betrachtet werden, deren Strukturen, einschl. der Affixe der darin vertretenen Ableitungen, weitere Verallgemeinerungen erlauben. Neben diesen, der Wortbildung inhärenten, Vergleichseinheiten gelte es, zur vollständigen Erkenntnis der Wortbildungssysteme und des in den Wortbildungssystemen organisierten Wortschatzes die vergleichende Untersuchung in zwei Richtungen zu ergänzen (Dokulil 1963, 102 f.): 1. durch die Ermittlung dessen, wie die Gesamtheit auszudrückender Inhalte durch das Wortbildungssystem erfasst ist, welche individuellen Inhalte (Bedeutungen) die eigentliche Ausfüllung dieser oder jener Wortbildungskategorien, Typen, Strukturen bilden, wie also die Wortbildungstypen bestimmten außersprachlichen Inhalten zugeordnet sind; 2. durch die Ermittlung dessen, wie in den verschiedenen Wortbildungsprozessen der Wortschatz der jeweiligen Sprache ausgenutzt wird. K. Chlupáčová (1974) zeigte z. B., dass die Wortbildung als systembildender Faktor in der tschechischen Lexik eine größere Rolle spiele als im Russischen, das mehr Entlehnungen aufweise, vgl. z. B. tsch. léčit ‚heilen‘, lékař ‚Arzt‘, lékárna ‚Apotheke‘, lékarství ‚Arznei‘, lečbený ‚Heil-‘, léčivý ‚heilsam, Heil-‘ gegenüber russ. lečit‘, vrač (neben veralt. lekar‘), apteka, medicina (neben lekarstvo), lečebnyj, celebnyj.

Zahlreiche Untersuchungen bezogen sich, obwohl zumeist nur in Teilaspekten, auf die Konzeption Dokulils, z. B. Studien zur Semantik und Verbindbarkeit genetisch verwandter Affixe im Tschechischen und Russischen (Straková 1973). V. T. Kolomijec’

53. Verfahren und Mittel der Nomination (1973) legte dem Vergleich der Entwicklung der Wortbildung aller Slavinen im 20. Jh. einen onomasiologischen Zugang zugrunde (einschl. der funktional-stilistischen Differenzierung der die einzelnen Kategorien realisierenden Wortbildungstypen mit Kommentaren zur Produktivität, die sich auf statistische Daten stützten). In jüngerer Zeit wurde das onomasiologische Modell für eine kontrastiv-typologische Betrachtung der Suffigierung und Komposition (am Beispiel des Finnischen, Ungarischen und Russischen) von V. Deltcheva-Kampf (2000) wieder aufgegriffen. Während sich zahlreiche kontrastive Arbeiten auf die Affigierung beschränkten, prägte V. M. Nikitevič (1976 u. a.) den Begriff der Derivationsgrammatik, die die Belegung bestimmter Benennungskategorien durch synthetische wie auch durch analytische Benennungen erfasste. Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen von Dokulils Aufsatz sahen V. V. Lopatin und I. S. Uluxanov in den Fortschritten der systematischen Beschreibung slavischer Einzelsprachen günstigere Voraussetzungen für eine komplexe vergleichende Untersuchung der Wortbildung. Ihre Darstellung bezog sich jedoch ⫺ im Unterschied zu Dokulil (und Nikitevič) ⫺ ausschließlich auf das Wortbildungssystem i. e. S., nicht auf komplementäre Benennungsverfahren, vgl. z. B. Lopatin/Uluxanov (1983, 169 ff.): 1. Übereinstimmung des Zentrums der Wortbildungssysteme in den wesentlichen Zügen, z. B.: Dominanz der Affigierung, bei Überwiegen der Suffigierung in der nominalen und der Präfigierung in der verbalen Wortbildung; ausgeprägte affixale Synonymie; Vorhandensein von Mischtypen (wie präfixal-suffixalen, zusammengesetzt-suffixalen Bildungstypen); Varianz der häufigsten Suffixe. 2. Angesichts der allgemeinen typologischen Einheit der Wortbildungssysteme weitgehende Identität der Wortbildungsverfahren; Unterschiede in der Verbreitung bestimmter Verfahren (z. B. russ. präf.-suff. predvečer’e, tsch. präf. předvečer) und im Inventar von Wortbildungsbedeutungen einzelner Affixe. 3. Übereinstimmung im Grundinventar der Affixe; z. T. areale Begrenzungen, z. B. -izna nicht in den südslavischen, jedoch aktiv in den westslavischen Sprachen, Parallelen Polnisch ⫺ Weißrussisch: -cz(y)/-wcz(y)/-nicz(y) ⫺ čy (vybarčy), im Russischen nur sechs Bildungen auf -čij u. a.; Unterschiede v. a. bei drei Gruppen relativ später Affixe 1) entlehnte (nichtslav.), z. B. russ. organizacionnyj ‚Organisations-‘, ukr. orhanizacijnyj, weißruss. arhanizacyjny, poln. organizacyjny, 2) sekundäre Affixe (durch Verlagerung der Silbengrenze), z. B. ostsl. -ščik, -čik, -čiv, ukr. -čuk u. a., 3) Gruppen expressiver Affixe. 4. Aus vergleichender Sicht Notwendigkeit von Forschungen zur semantischen Verbindbarkeit der Affixe mit Wörtern/Basen nur einer oder mehrerer Wortarten (breite Verbindbarkeit z. B. bei russ. -ar’, poln. -arz) sowie zur divergierenden Produktivität von Affixen in Verbindung mit Basen unterschiedlicher Wortarten u. a. 5. Unterschiede in der lexikalischen Realisierung von systemhaft äquivalenten Wortbildungsmöglichkeiten, z. B. tsch. hostiti, poln. gościć ,wie einen Gast behandeln’ vs. russ. gostit’ ,(zu) Gast sein‘. 6. Morphonologische Besonderheiten Ferner wurde u. a. auf innerslavische Unterschiede in der Ableitungsrichtung verwiesen, z. B. russ. pobedit’ > pobeditel’ ‚siegen > Sieger‘, tschech. vítěz > vítěziti ‚Sieger > siegen‘.

Die hier aufgeworfenen Fragen, aber auch die Beziehungen zwischen Wortbildung und lexikalischem System, waren Gegenstand einer Reihe von Konferenzen bzw. Publikationen (vgl. z. B. Neščimenko 1987; 1994). Einen neuen Aufschwung erfuhren vergleichende Arbeiten zur slavischen Wort- und Benennungsbildung sowie zum Vergleich

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen slavischer und nichtslavischer Sprachen seit den 1990er Jahren, bedingt durch die Veränderungen im Wortschatz und in der Wortverwendung im Zuge des politischen, ökonomischen und soziokulturellen Wandels in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.

5. Neuere Entwicklungen Die Literatur zu neueren Entwicklungen in den slavischen Einzelsprachen ist kaum noch überschaubar (vgl. nur: Gajda 1996⫺2004; Zemskaja 1996; Daneš 1997; Ondrejovič 1997; Pisarek 1999 sowie zum innerslavischen Vergleich z. B. Bosák 1999; Zybatow 2000; Ohnheiser 2003). Die Wandlungserscheinungen lassen sich verschiedenen Tendenzen zuordnen, die ⫺ so Gutschmidt (1998) ⫺ die Richtung sprachlicher Prozesse bzw. Veränderungen in einem relativ begrenzten Zeitraum bestimmen, wie sie in der Konsolidierung von Innovationen bzw. im Abkommen von bestehenden sprachlichen Einheiten, Mustern und Normen ihren Ausdruck finden. Dabei können standardsprachenspezifische Tendenzen (und hier insbes. die Tendenz zur Internationalisierung einerseits und die zur Autochthonisierung (Nationalisierung) andererseits), pragmatische, systemhaft-strukturelle und typologische Tendenzen unterschieden werden. Vgl. dazu aus kontrastiver Sicht Ohnheiser (2003), worauf auch die folgenden Ausführungen mit Verweis auf die jeweiligen Mitautor/inn/en basieren.

5.1. Internationalisierung Zu den führenden Tendenzen der Entwicklung slavischer Gegenwartssprachen gehört die Internationalisierung, die ihrerseits auf eine Reihe anderer Tendenzen Einfluss nimmt, namentlich auf systemhafte und typologische, aber auch auf pragmatische und stilistische Tendenzen. Die Übernahme zahlreicher internationaler Elemente in alle Slavinen stellt bis zu einem gewissen Grade eine unifizierende Tendenz dar, die mitunter Befürchtungen hervorruft, die Sprachen könnten ihre nationale Eigenart einbüßen. Deshalb stellen Internationalismen (und andere Neologismen) auch einen Gegenstand der Sprachkultur sowie ⫺ in einigen Ländern ⫺ der Sprachgesetzgebung dar.

Die Internationalisierung findet z. B. ihren Ausdruck in der 1. Einbeziehung von Internationalismen in den Grundwortschatz und deren Nutzung als Basis für neue Ableitungen, was vielfach zur Herausbildung ganzer Wortbildungsnester und -reihen führt, vgl. z. B. poln. dumping, dumpingowy (Adj.), dumpingować (Verb); 2. Aktivierung einiger entlehnter Affixe für Ableitungen nicht nur aus entlehnten Wörtern, sondern auch aus heimischen Basen, vgl. russ. postperestrojka, poln. postsolidarnościowy ‚auf die Zeit nach der Solidarność-Bewegung bezogen‘, -gate u. a.; verschiedene Arten hybrider Bildungen oder direkter Übernahmen, z. B. tschech. work(o)holik und poln. pracoholik von prac(a) ‚Arbeit‘, ebenso russ. trudogolik;

53. Verfahren und Mittel der Nomination 3. funktionalen Veränderung einer Reihe von Elementen entlehnter Wörter, die den Status von Präfixen/Präfixoiden oder Suffixen/Suffixoiden erlangen, z. B. video-, audio-, eko-, super- u. v. a.; 4. zunehmenden Rolle der Komposition und wachsenden Vielfalt der Bildungsmuster, z. B. russ. šou-biznes, internet-kafe ⫺ da die Komponenten dieser Bildungen auch als einzelne entlehnte Wörter bekannt sind, kann die (wahrscheinliche) Übernahme wie eine Eigenbildung empfunden werden.

Gleichzeitig bewirkt die Internationalisierung eine Stärkung der adaptiven Funktion der Wortbildung. Ausdruck der Adaption ist z. B. die Verbindung entlehnter/internationaler Stämme mit heimischen Affixen, weshalb einige fremde Lexeme eine Wortbildungsmotivation auf der Grundlage der übernehmenden Sprache erfahren. So ging z. B. das Substantiv globalizacja ‚Globalisierung‘ im Polnischen (wie auch in anderen Sprachen) dem Verb globalizować ‚globalisieren‘ voraus, die sekundär gebildeten Verben werden mit der Zeit jedoch als Ausgangseinheiten empfunden (und beschrieben).

Angesichts der zunehmenden Aktivität von nichtslavischen affixalen Morphemen und Kompositionselementen, die sich sowohl mit slavischen als auch mit entlehnten Basen verbinden können, kann es zu deren Konkurrenz mit heimischen Bildeelementen bzw. zur stilistischen Differenzierung kommen, vgl. z. B. slovak. autentickosť (neutral) und autenticita (buchsprachlich) ,Authentizität‘. Internationalismen sind (früher) vor allem über die Terminologie und über schriftliche Texte in die Slavinen gelangt. Auf Grund der allgemeinen Verbreitung kommt es zur Neutralisierung (ohne die Kennzeichnung „buchsprachlich“ in zeitgenössischen slowakischen Wörterbüchern z. B. netolerancia, decentralizácia, devastácia, finálny ‚Final-, End-‘). Ein Teil der Internationalismen und deren Ableitungen bereichern zunehmend die Alltagssprache sowie die umgangssprachliche Lexik. Eine besondere Mittlerrolle kommt dabei seit der Wende zu den 1990er Jahren den Medien zu, die nicht nur zahlreiche Fachbegriffe und Quasitermini einführen, sondern auch ⫺ vielfach in Verbindung mit Wertungen ⫺ eine größere Expressivität (super-, mega-) sowie eine Enttabuisierung des Wortschatzes (porno-, sex(y) / sex(o)-) erkennen lassen (vgl. Buzássyová/Waszakowa 2003; Waszakowa 2004). Eine Spezifik des Weißrussischen und Ukrainischen besteht darin, dass das Aufkommen direkter Entlehnungen und deren Ableitungen unter starkem Einfluss des Russischen erfolgte. Zahlreiche Bildungen werden heute als Russismen betrachtet und einer Umwertung hinsichtlich ihres normativen Status unterzogen (vgl. Lukašanec 2003a). Ein Problem, das die Internationalisierung begleitet, ist die graphische Integration oder Nichtintegration von Wörtern aus nichtslavischen Sprachen in slavische, insbes. kyrillisch basierte, Texte (vgl. Mannewitz 2003).

5.2. „Nationalisierung“ Neben der Tendenz zur Internationalisierung (teils in Verbindung mit ihr, teils in bewusster Abkehr von ihr, wenn damit die Eigenständigkeit einer Sprache gegenüber einer nah verwandten bezeugt werden soll) wird die Tendenz zur Nationalisierung betrachtet. Die Manifestierung sprachlicher Spezifika ist vor allem in denjenigen Slavi-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen nen zu verfolgen, die in der (jüngeren) Vergangenheit auf dem Territorium eines Staates bzw. eines Staatenbundes vertreten waren und sich dem Einfluss einer dominierenden Sprache ausgesetzt sahen, was u. a. in der (gezielten) Stärkung gemeinsamer Züge auch in der Wortbildung seinen Ausdruck fand. Die Tendenz zur Nationalisierung äußert sich z. B. in der Beseitigung von Varianten und Wortbildungssynonymen und der Stärkung der „nationalen“ Variante. Dabei kann auch auf ältere oder volkssprachliche Wortbildungsmittel zurückgegriffen werden bzw. auf Affixe und Modelle, die in ebenfalls benachbarten Slavinen begegnen, in diesem Fall jedoch nicht als Bedrohung der nationalsprachlichen Spezifik empfunden werden, vgl. z. B. die Stärkung von weißrussischen Wortbildungstypen, die dem Polnischen näher stehen als dem Russischen (vgl. Lukašanec 2003b).

Eine besondere Stellung hinsichtlich der Sprachsituation und Sprachpolitik, einschließlich der für die Schriftsprache institutionell gelenkten Wortschatzerweiterung, nehmen das Obersorbische und das Niedersorbische unter den Bedingungen des engen Sprachkontakts mit einer nichtslavischen Sprache, dem Deutschen, ein. Es ist eine für das Alltagsleben wichtige und im Bereich der Verwaltung unumgängliche Quelle für Übernahmen in Form von Lehnprägungen unterschiedlichen Typs, z. B. os. nadhodźina : ns. nadgodźina ‚Überstunde‘, os. dźełopřijimar ‚Arbeitnehmer‘, renta při njezamóžnosći dźěła ,Berufsunfähigkeitsrente‘. Es spielt auch eine wichtige Rolle als Mittlersprache für neue Entlehnungen/Internationalismen und hybride Bildungen, die ⫺ wie in anderen Slavinen ⫺ in unterschiedlichem Maße adaptiert und durch Wortbildung integriert werden, vgl. z. B. os. boomować ‚boomen‘, ekobur ‚Ökobauer‘, aber auch Lehnübersetzungen wie slyšenje ‚Hearing‘ (vgl. Šołćina/Pohončowa).

5.3. Systemhafte und typologische Tendenzen Durch die Wirkung der betrachteten Tendenzen werden bestimmte Wortbildungsverfahren oder -typen, einschließlich der ihnen zugrunde liegenden Motivationsverhältnisse, entweder gestärkt oder in ihrer Produktivität bzw. Aktivität eingeschränkt, wobei sich angesichts divergierender Nominationsbedürfnisse in einzelnen funktionalen Sphären Unterschiede zeigen können. Ausgehend von der Rolle der Wortarten der motivierenden und der motivierten Wörter (z. B. zentrale Stellung des Substantivs, gefolgt von Adjektiv und Verb, Dominanz bestimmter Kategorien wie Abstrakta, Personenbezeichnungen, Beziehungsadjektive) können gewisse Verallgemeinerungen hinsichtlich des Anteils von Transposition, Mutation und Modifikation angestellt werden. Diese Zuordnung ermöglicht zugleich bestimmte Voraussagen bezüglich der weiteren Wortbildungsaktivität von Neologismen. So ist z. B. hinsichtlich der Rolle der Substantive als motivierender Einheiten die Zunahme der so genannten vermittelten Motivation zu nennen, z. B. die Bildung von Substantivabstrakta mit aktionaler Bedeutung, denen jedoch kein Verb zugrunde liegt und die als desubstantivisch betrachtet werden müssen (z. B. Ableitungen wie kroat. balkanizacija ‚Balkanisierung‘ ⫺ dieser Typ wurde in den meisten Slavinen auch im Zuge der Internationalisierung gestärkt); Bildung von Adverbien, die formal von

53. Verfahren und Mittel der Nomination Beziehungsadjektiven abgeleitet sind, sich semantisch jedoch auf das Substantiv beziehen, welches das Adjektiv motiviert, z. B. poln. pokoleniowo ,generationsmäßig, Generations-‘ u. a.

Bei der Analyse der Komposition erweist sich, dass die Systeme der slavischen Einzelsprachen in den letzten Jahrzehnten nicht so sehr durch neue Kompositionsverfahren bereichert wurden als vielmehr durch den Ausbau derjenigen Modelle, die am besten der Integration von Internationalismen entsprechen. Aus typologischer Sicht (vgl. Gutschmidt 2003) dominiert jedoch in allen slavischen Sprachen nach wie vor die affixale Derivation im Rahmen des flektierenden Typs. Neben Neubildungen gibt es v. a. in den West- und Оstslavinen sekundäre Nominationen durch suffixale Univerbierung; im Bulgarischen sind sie wohl unter russischem Einfluss aufgekommen (vgl. bulg. und russ. maršrutka ‚Linientaxi‘; bulg. neu panelka ,Plattenbau‘ u. a.). In den modernen Slavinen ist aber auch eine deutliche Tendenz zur Agglutination festzustellen (z. B. zunehmende nominale Präfigierung). Analytische Benennungen werden in allen slavischen Sprachen nach wie vor neben den affixalen Benennungen gebildet. Auffällig ist das im Russischen, Weißrussischen und Bulgarischen seit den 1990er Jahren zunehmende Vorkommen kongruenter Konstruktionen des Typs Adjektiv C Substantiv, z. T. als Synonyme zu Konstruktionen mit nichtkongruentem Attribut (z. B. russ. vlastnye struktury ‚Machtstrukturen‘, bulg. porăčkovo ubijstvo ‚Auftragsmord‘ (neben ubijstvo po porăčka wörtlich ‚Mord auf Auftrag‘). Die kongruenten Strukturen widerspiegeln ihrerseits die Tendenz zur Flexion. Eine Tendenz zur Zunahme polysynthetischer Züge ist auch bei nichtkalkierten Wortbildungsmodellen sowohl für die ostslavischen Sprachen (insbesondere das Russische) als auch für das Bulgarische, nicht aber ⫺ so Gutschmidt ⫺ für das Polnische und Tschechische festzustellen. Die Zunahme von Komposita im Kroatischen wiederum ist nicht nur Neubildungen geschuldet, sondern auch der Wiederbelebung von älteren Komposita. Beim jetzigen Stand der Forschung ist es Gutschmidts Auffassung nach schwierig, wenn nicht unmöglich, die Stärke der genannten Tendenzen in den einzelnen slavischen Sprachen genauer zu bestimmen.

5.4. Wortbildung, Stilistik, Pragmatik Zahlreiche Entwicklungen im Wortschatz, in der Nutzung der Ressourcen des Wortbildungssystems bzw. in der Wortverwendung, die mit den in der Slavistik traditionell verwendeten Begriffen wie Intellektualisierung, Demokratisierung und ⫺ in jüngerer Zeit ⫺ Kolloquialisierung verbunden sind, besitzen eine deutlich ausgeprägte pragmatische Funktion. Bislang wurden sie vor allem als Gegenstand der Stilistik behandelt. Die einschlägigen Untersuchungen (vgl. z. B. Vinogradova 1993) vermittelten den Eindruck einer relativ klaren Zuordnung bestimmter Wortbildungstypen und -verfahren zu einzelnen Funktionalstilen. Inzwischen haben veränderte Kommunikationsnormen bestimmte Verschiebungen traditioneller Stilgrenzen bewirkt, die auch pragmatische Entwicklungstendenzen der Benennungsbildung bzw. der Wortverwendung reflektieren. Vor allem Ironie, Komik und Emphase sowie zahlreiche Elemente der sprachlichen Bewertung sind ⫺ so Nagórko (2003) ⫺ häufig verwendete Instrumente in zwischenmenschlichen Interaktionen, was auch das Wortbildungsrepertoire beweist. Zu

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen dem für die Wortbildung relevanten Teil der Pragmatik, von Nagórko als Morphopragmatik bezeichnet, gehören: Wortbildungssynonymie, Hypokoristika, Quasi-Diminutiva und Quasi-Augmentativa, Intensiva, Exzessiva, Affixe mit gemischter semantisch-pragmatischer Funktion, Univerbierung u. a. In Bezug auf bestimmte Stilregister bzw. Diskursebenen kann mit Nagórko von folgenden Typisierungen ausgegangen werden: Für den inoffiziellen Diskurs, für die vor allem mündliche Kommunikation, sind die Univerbierung, expressive Wiederholungen sowie eine ausgebaute pragmatische Wortbildungssynonymie charakteristisch. In milieugebundenen Soziolekten (wie der Jugendsprache, vgl. dazu auch Neščimenko (2003) im Zusammenhang mit der Tendenz zur Sprachökonomie) werden Desintegration, ersatzloses Abtrennen von Wortteilen und deren Kürzung als ein wirkungsvolles Mittel eingesetzt. Hinsichtlich der Pragmatik kommt der Sprache der Werbung eine Sonderrolle zu (für die Wortbildung sei nur verwiesen auf die Hyperbolisierung mit Hilfe von Präfixen). Gleichzeitig sind Tendenzen zur Nivellierung pragmatischer Unterschiede bzw. zur Verwendung heterogener Mittel zu beobachten, wie dies der Sprachgebrauch der Massenmedien bestätigt (z. B. Wortkondensate, Komik, Wortspiel). Damit berührt sich die Problematik der nichtusuellen Wortbildung, z. B. Derivation nach produktiven Typen ohne formale und semantische Anomalien oder morphologische Deformationen, z. B. tschech. ponáspotopizmus ‚gleichgültiges Verhalten (von Politikern)‘‚ ⫺ zum Phrasem po nás potopa ,nach uns die Sintflut‘, ungewöhnliche Ausfüllung usueller Modelle; einmalige (Analogie-)Bildungen, z. B. poln. matriota ‚Matriot‘ (nach: patriota ‚Patriot‘). Hinzu kommen Wortspiele, die auf dem ähnlichen Klang von Wörtern unterschiedlicher Bedeutungen beruhen, wie serb. glupština < glup ‚dumm‘ und skupština ‚Parlament‘, ähnl. russ. bandidat v deputaty Gosudarstvennoj dumy ,Bandidat für die Staatsduma’ (Überlagerung von bandit und kandidat), vgl. Belentschikow/Buzássyová/Likomanova/Martincová (2003).

Wie die Belege zeigen, liegen hier kaum neue Verfahren vor, bemerkenswert sind jedoch die zunehmende Vorkommenshäufigkeit und die veränderten Gruppen von Denotaten, die solcherart in den polemischer gewordenen Medien charakterisiert werden.

5.5. Nomination und Neologismenwörterbücher Eine unverzichtbare Voraussetzung für die Beschäftigung mit Entwicklungstendenzen in den modernen slavischen Sprachen stellen Neuwörterbücher dar. Die Neographie hat für einzelne Slavinen eine längere Tradition und ist durch die bedeutsamen Wortschatzinnovationen der letzten Jahrzehnte zusätzlich stimuliert worden (vgl. Belentschikow/Martincová). Die Edition von Neologismenwörterbüchern setzt in der Slavistik mit dem russischen Wörterbuch Novye slova i značenija [der 1960er Jahre] (1971) ein. Rečnik novih reči (Ćirilov 1982) erfasste Wörter, Wendungen und Bedeutungen, die im Serbokroatischen seit dem 2. Weltkrieg entstanden waren, und das zweibändige polnische Werk Nowe słownictwo polskie (1988/89) basierte auf Belegen aus der Presse der Jahre 1972⫺1981. Eine rege lexikographische Tätigkeit, die sich auf fast alle Slavinen erstreckt, ist seit dem Ende der 1980er Jahre bis in die Gegenwart dokumentiert. Zu den häufigsten Neologismen gehören Belege für morphologische Wortbildungsverfahren und Entlehnung, gefolgt von Bedeutungswandel und Mehrwortbenennung, z. T.

53. Verfahren und Mittel der Nomination werden auch (hoch-)produktive Affixe und Kompositionselemente als eigene Stichwörter erfasst (z. B. mega-, mini-, eko-, video- u. v. a.). Inzwischen liegen auch zweisprachige Neologismenwörterbuch vor (Savický et al. 1999; Uluxanov et al. 2007; Worbs et al. 2007). Ergeben sich bei der neueren internationalen Lexik bzw. bei Bildungen auf deren Grundlage weit reichende Parallelen (vgl. z. B. russ. // tschech. Ableitungen aus klon wie klonal’nyj // klonový (Adj.) ‚Klon-‘‚ klonirovat’ // klonovat ‚klonen‘, klonirovanie // klonování ,Klonen‘, klonirovannyj // klonovaný ‚geklont‘ u. a.), bedürfen zahlreiche umgangssprachliche Neubildungen auf heimischer Basis oft größerer Kontextbeispiele, um auch die pragmatischen Verwendungsbedingungen nachvollziehbar zu machen. Zusammenfassend ist anzumerken, dass bei der Betrachtung der Neubildungen insgesamt stärker differenziert werden muss zwischen der Zahl der Wörterbucheintragungen, den potenziellen Bildungen und dem tatsächlichen Auftreten der Benennungen in Texten unterschiedlicher Funktionalstile und Diskurse. Die Klärung dieser Fragen bedarf weiterer, auch korpusbasierter, Untersuchungen.

6. Literatur (in Auswahl) Babić, Stjepan (1986): Tvorba riječi u hrvatskom književnom jeziku. Zagreb. Belentschikow, Renate/Buzássyová, Klara/Likomanova, Iskra/Martincová, Olga (2003): Neuzual’noe slovoobrazovanie. // Ohnheiser, Ingeborg (red.) Komparacja współczesnych języków słowiańskich. T.1. Słowotwórstwo/Nominacja. Opole. 234⫺281. Belentschikow, Renate/Martincová, Olga (2003): Neologizmy i leksikografija. // Ohnheiser, Ingeborg (red.) Komparacja współczesnych języków słowiańskich. T.1, 34⫺46. Bosák, Ján (ed.) (1999): Internacionalizácia v súčasných slovanských jazykoch: za a proti. Bratislava. Buzássyová, Klára (1973): Semantická štruktúra slovenských deverbatív. Bratislava. Buzássyová, Klára/Waszakowa, Krystyna (2003): „Tendencia k internacionalizácii (s ohl’adom na funkčnú diferenciáciu internacionalizácie v rozličných sférach komunikácie)“. // Ohnheiser, Ingeborg (red.). 2003. Komparacja współczesnych języków słowiańskich. T.1. Słowotwórstwo/ Nominacja. Opole. 49⫺58. Daneš, František/a kol. (1997): Český jazyk na přelomu tisíciletí. Praha. Deltcheva-Kampf, Veronika (2000): Onomasiologisches Modell für eine kontrastiv-typologische Betrachtung des suffixalen und kompositionellen Wortbildungsbereichs. Wiesbaden. Dokulil, Miloš (1961): Tvořění slov v češtině. 1. Teorie odvozování slov. Praha. Dokulil, Miloš (1963): „Ke koncepci porovnávací charakteristiky slovanských jazyků v oblasti ‚tvoření slov‘“. // Slovo a slovesnost 24. 85⫺105. Ermakova, O. P. (1984): Leksičeskie značenija proizvodnyx slov v russkom jazyke. Moskva. Furdík, Juraj (1993): Slovotvorná motivácia a jej jazykové funkcie. Levoča. Gajda, Stanisław (ed.) (1996⫺2004): Najnowsze dzieje języków słowiańskich. Opole. Grzegorczykowa, Renata/Laskowski, Roman/Wróbel, Henryk (eds.) (1998): Gramatyka współczesnego języka polskiego. Morfologia. Warszawa. Gutschmidt, Karl (1998): „Obščie tendencii i specifičeskie formy ix realizacii v slavjanskix jazykax“. // Jazykovedný časopis 49. 15⫺26. Gutschmidt, Karl (2003): Tipologični tendencii. // Ohnheiser, Ingeborg (red.) Komparacja współczesnych języków słowiańskich. T.1, Opole. 339⫺355. Ilieva, Kornelija et al. (1999): Slovoobrazuvatelen rečnik na săvremennija bălgarski knižoven ezik. Sofija.

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54. Wortbildungsbedeutung

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Ingeborg Ohnheiser, Innsbruck (Österreich)

54. Wortbildungsbedeutung 1. 2. 3. 4.

Wortbildungsbedeutung und Derivation Wortbildungsbedeutung und Funktionen der Wortbildung Wortbildungsbedeutung unter anderen Sprachbedeutungen Literatur (in Auswahl)

Abstract Linguistics does not define the term of word-formation meaning precisely, which is in general considered to be controversial. In the first place (although not exclusively), it has its origins in Russian philology and linguistics. Undoubtedly, the phenomenon associated with the notion of “word-formation meaning” belongs to the sphere of “wordmeaning accretion”, which results from new words being formed using linguistic means already available in the lexical stock of a language. What is meant here is the sphere of

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Ingeborg Ohnheiser, Innsbruck (Österreich)

54. Wortbildungsbedeutung 1. 2. 3. 4.

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Abstract Linguistics does not define the term of word-formation meaning precisely, which is in general considered to be controversial. In the first place (although not exclusively), it has its origins in Russian philology and linguistics. Undoubtedly, the phenomenon associated with the notion of “word-formation meaning” belongs to the sphere of “wordmeaning accretion”, which results from new words being formed using linguistic means already available in the lexical stock of a language. What is meant here is the sphere of

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen the meaning relation between the base (already available in a language), or the motivating word, and its derivative, or the motivated word. It is from this viewpoint that Kuryłowicz (1936) described the process of word-formation as derivation, differentiating between syntactic and lexical derivation depending on the quality of word-meaning accretion in the derivative, or the motivated word. Dokulil (1968) further differentiated three types of derivation, namely transposition, modification, and mutation. In the case of transposition, or syntactic derivation, the lexical meaning of the base remains intact, whereas it is modified by an additional element of meaning in the case of modification and considerably altered in the derivative in the case of mutation. Such a description of the semantic relations observable in the process of word-formation, which falls within the theory of derivation, has gained general recognition in contemporary linguistics. In this sense, word-formation meaning can be described as “structural meaning” (Dokulil 1968). A look from the perspective of the linguistic functions of word-formation (Zemskaja 1992) as well as from the standpoint of cognitive linguistics (Kubrjakova 2002) allows some other modes of description to be sketched in this contribution.

Der Terminus Wortbildungsbedeutung ist in der Sprachwissenschaft nicht eindeutig definiert und gilt im allgemeinen als umstritten. Seine Begründung findet er vor allem (jedoch nicht ausschließlich) in der Russistik und der russischen Linguistik. Aus dieser Priorität heraus wird im Folgenden das Russische als Demonstrationsmaterial benutzt.

1. Wortbildungsbedeutung und Derivation Nicht zu bezweifeln ist, dass das mit dem Begriff Wortbildungsbedeutung zu verbindende Phänomen in den Bereich des Wortbedeutungszuwachses fällt, der während der Bildung neuer Wörter aus bereits vorhandenen sprachlichen Mitteln entsteht, d. h. es handelt sich um die Bedeutungsrelation zwischen dem (in der Sprache bereits vorhandenen) Basiswort (dem motivierenden Wort) und dessen Ableitung (dem motivierten Wort). 1.1. Unter diesem Gesichtspunkt beschrieb Kuryłowicz (1936) erstmalig den Prozess der Wortbildung als Derivation, die er entsprechend der Qualität des Bedeutungszuwachses im Derivat (im motivierten Wort, in der Ableitung) in syntaktische und lexikalische Derivation unterteilte. Bei der syntaktischen Wortbildung bleibt die lexikalische Wortbedeutung des Basiswortes unverändert. In der Ableitung verändert sich ⫺ durch die Überführung in eine andere Wortart ⫺ nur seine syntaktische Funktion. Das Wortpaar Basis > Ableitung stellt demzufolge syntaktische Synonyme dar, vgl. pet’ ‚singen‘ > penie ‚das Singen‘; (plat’e iz) šelk(a) ‚(Kleid aus) Seide‘ > šelkovoe (plat’e) ‚Seiden(kleid)‘. Bei der lexikalischen Wortbildung erfährt die Ableitung ihrem Basiswort gegenüber einen Wortbedeutungszuwachs, vgl. pet’ ‚singen‘ > zapet’ ‚anfangen zu singen‘; pevec ‚Sänger‘. Diese Theorie wurde Jahrzehnte später von verschiedenen Wissenschaftlern aufgegriffen und speziell im Bereich der lexikalischen Derivation weiter entwickelt. Dokulil (1968, 203 ff.) unterscheidet drei Typen der Derivation: Transposition (syntaktische Derivation), Modifikation und Mutation. Bei der Modifikation unter-

54. Wortbildungsbedeutung scheiden sich das Basiswort und sein Derivat lexikalisch nur schwach voneinander. Die Wortbedeutung des motivierenden Wortes wird in seinem Derivat durch das Hinzufügen eines zusätzlichen Bedeutungselements modifiziert, jedoch nicht grundsätzlich verändert, vgl. pet’ > zapet’; dom ‚Haus‘ > domik ‚Häuschen (kleines Haus)‘. Bei der Mutation verändert sich die lexikalische Bedeutung des Basiswortes in seinem Derivat durch einen Wortbedeutungszuwachs, vgl. pet’ > pevec; šelkovyj ‚Seiden-‘ > šelkovica ‚Maulbeerbaum‘. Diese Beschreibung der semantischen Relationen während des Wortbildungsprozesses im Rahmen der Derivationstheorie findet in der modernen Sprachwissenschaft allgemeine Anerkennung. Man geht von den drei „funktional-semantischen Haupttypen“ (Günther 1978, 160 ff.) der Wortbildung aus, unterscheidet die Modifikations-, Transpositions- und Mutationsbedeutung des Wortbildungsformans (Uluxanov 1991, 108 ff.; 2000, 85 ff.; 2000a, 620) bzw. erstellt eine entsprechende Klassifikation von Wortbildungstypen (Zemskaja 1973, passim). 1.2. Seine weitere Entwicklung in Bezug auf die Präzisierung von drei Typen der Wortbildungsbedeutungen und ihre Träger erfährt dieser Ansatz bei der Betrachtung der Wortbildung in ihrer Funktion, neue Benennungen in der Sprache zu schaffen, d. h. im Rahmen der Benennungslehre. Durch das Spezifikum der Wortbildung in den slavischen Sprachen bedingt, konzentriert sich die Forschung auf die morphologische Wortbildung im Bereich der Affigierung. 1.2.1. In der russischen Wortbildungslehre gilt der Grundsatz, dass die Wortbildungsbedeutung anhand der Derivate eines Wortbildungstyps zu ermitteln ist, den man als ein Strukturschema für die Ableitungen mit kategorialer Einheitlichkeit (der gleichen Wortart) der Basis und formaler sowie semantischer Einheitlichkeit des Formans (Zemskaja 1973, 182; Lopatin/Uluxanov 1980, 135; Jelitte 1982, 81) versteht. Die einheitliche Bedeutungsrelation, die alle Ableitungen des gegebenen Typs von ihren Basiswörtern unterscheidet, bildet die Wortbildungsbedeutung. Man unterscheidet die Wortbildungstypen mit ausschließlich allgemeiner Wortbildungsbedeutung, die als einzige und immer die gleiche in allen Ableitungen des gegebenen Wortbildungstyps auftritt ⫺ dazu gehören die syntaktischen Derivate und die Derivate mit Modifikationsbedeutung ⫺, und die Wortbildungstypen, deren allgemeine Wortbildungsbedeutung anhand der nur teilweise gleichen Wortbildungsbedeutungen der Derivate, d. h. derjenigen mit der Mutationsbedeutung, abstrahiert werden muss. Der nichtidentische Teil der Wortbildungsbedeutungen solcher Derivate, der sich weiter klassifizieren lässt, bildet „partielle“ (častnye) Wortbildungsbedeutungen eines Wortbildungstyps, die für seine Untertypen stehen (Lopatin/Uluxanov 1980, 136). Die Anzahl der allgemeinen Wortbildungsbedeutungen (für jeden Wortbildungstyp nur eine) kann in der Sprache festgestellt werden, z. B. die abstrakteren „transponierenden“ Wortbildungsbedeutungen wie Gegenständlichkeit (pet’ > penie; igrat’ ‚spielen‘ > igra ‚Spiel‘; molodoj ‚jung‘ > molodost’ ‚Jugend‘), Prozess (staryj ‚alt‘ > staret’ ‚altern‘; vdova ‚Witwe‘ > vdovet’ ‚zu Witwe(r) werden‘), Merkmal (šelk > šelkovyj; včera ‚gestern‘ > včerašnij ‚gestriger‘), die modifizierenden Wortbildungsbedeutungen wie Deminutivum (dom > domik), Augmentativum (dom > domišče ‚großes Haus‘), feminine Personenbezeichnung (pevec > pevica ‚Sängerin‘) u. ä. oder die klassifizierenden Wortbildungsbedeutungen (Kubrjakova 1990, 468; vgl. „Benennungsmotive“ bei Günther 1978, 185) wie Nomen agentis (vyključat’ ‚ausschalten‘ > vyključatel’ ‚Schalter‘), Nomen loci (saxar ‚Zucker‘

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen > saxarnica ‚Zuckerdose‘), Personenbezeichnung (pet’ > pevec), Merkmalträger (staryj > starik ‚alter Mann‘) u. ä. Die Anzahl „partieller“ Wortbildungsbedeutungen innerhalb eines Wortbildungstyps ist nach Lopatin/Uluxanov (1980, 136) prinzipiell unbegrenzt. Andere Wissenschaftler meinen jedoch, für bestimmte Teile des Wortbildungssystems einen Index solcher Wortbildungsteilbedeutungen erstellen zu können, z. B. für Personenbezeichnung : Berufsbezeichnung (aruss. žito ‚Getreide‘ > žitnik ‚Getreidekaufmann‘; more ‚See‘ > morjanin ‚Seemann‘), Einwohnername (aruss. selo ‚Dorf‘ > sel’nik ‚Dorfbewohner‘; poselenie ‚Dorf‘ > poseljanin ‚Dorfbewohner‘) u. a. (Mengel 1997, 105 passim; vgl. Miloslavskij 1980, 127⫺162). Als Träger der Wortbildungsbedeutung wird das Wortbildungsformans ⫺ eine explizite Spracheinheit, ein Bauelement der Sprache ⫺ identifiziert. Dadurch unterscheidet sich die Wortbildungsbedeutung des Formans von der Bedeutung des Wortbildungstyps und der Strukturbedeutung des Derivats, obwohl alle drei Bedeutungen gemeinsame Komponenten aufweisen und im Bereich der Bedeutungsrelation zwischen dem Basiswort und seiner Ableitung angesiedelt sind (Uluxanov 1991, 112). Die Wortbildungsbedeutung wird als eine Sprachbedeutung durch ihre Gebundenheit an eine explizite Spracheinheit ⫺ das Formans ⫺ legitimiert (vgl. Dokulil 1968a, 13). 1.2.2. Dieser Grundsatz gilt problemlos im Bereich der morphologischen Wortbildung, wo das Affix als Formans ⫺ Träger von Transpositions-, Modifikations- und Mutationsbedeutungen ⫺ auftritt. Der Versuch, ihn auf andere Bereiche des Wortbildungssystems auszudehnen, erweist sich m. E. als fragwürdig. Im Bereich der Komposition wird das Fugenelement (zusammen mit der festen Reihenfolge der Bestandteile des Kompositums und seiner einzigen Betonung) als Formans angesehen, das die „verbindende“ (soedinitel’noe) Wortbildungsbedeutung (Uluxanov 1991, 112 f.; vgl. Lopatin 1977, 54 f.) trägt, vgl. neft’ ‚Erdöl‘ C provod ‚Leitung‘ > nefteprovod ‚Erdölleitung‘. Im Gegensatz zu den drei anderen Wortbildungsbedeutungstypen wird hier nicht die Bedeutungsrelation während des Wortbildungsprozesses (vgl. Kopulativ- und Determinativkomposita), sondern das rein formale Vorhandensein eines expliziten Elements der Wortstruktur zu Grunde gelegt.

2. Wortbildungsbedeutung und Funktionen der Wortbildung Neue Perspektiven eröffnen sich bei der Betrachtung der Wortbildungsbedeutung im Zusammenhang mit Funktionen des Wortbildungsmechanismus innerhalb des Sprachsystems und im Sprachverhalten. 2.1. Außer der wichtigsten sprachlichen Funktion der Wortbildung ⫺ der Benennungsfunktion ⫺ nennt Zemskaja (1992, 8 ff.) vier weitere: die konstruktive, die kompressive, die expressive und die stilistische Funktion. In Abhängigkeit davon schlägt sie vor, verschiedene Arten der Wortbildungsbedeutung zu unterscheiden. Während die Modifikations- und die Mutationsbedeutung mit der Benennungsfunktion der Wortbildung verbunden sind, gehört die Transpositionsbedeutung zur konstruktiven Wortbildungsfunktion. Ihre Aufgabe ist es, syntaktische Strukturen während des Sprechakts (v reči) durch Verdichtung der Proposition (nach Kuryłowicz 1936) kategorial zu transponieren

54. Wortbildungsbedeutung (Zemskaja 1992, 35). Die kompressive Funktion der Wortbildung dient der Verkürzung der in der Sprache bereits vorhandenen Benennungen mittels verschiedener Abkürzungsverfahren. Die stilistische und die expressive Funktion übernehmen die stilistischwertende sprachliche Markierung mit Hilfe der Wortbildungsmittel. 2.2. Die weitere Entwicklung der funktionalen Betrachtung des Wortbildungsmechanismus im Zusammenhang mit der Wortbildungsbedeutung, die bei Zemskaja (1992, 34 ff.) erst angedeutet ist, würde sich m. E. als sehr produktiv erweisen. Durch die kompressive Funktion der Wortbildung erfolgt z. B. auch eine syntaktische Transposition: Die Wortfügung wird in die Einwortbenennung „überführt“. Die Bedeutungsrelation zwischen der Basis (= Wortfügung) und ihrer Ableitung (= Einwortbenennung) ist analog der syntaktischen Derivation bei der konstruktiven Funktion der Wortbildung und kann m. E. als Transpositionsbedeutung verstanden werden. Allerdings muss diese Bedeutung hier nicht an ein explizites Element in der Wortstruktur gebunden sein, vgl. bystro ‚schnell‘ C rastvorimyj ‚löslich‘ > bystrorastvorimyj ‚schnelllöslich‘ („verbindende“ Wortbildungsbedeutung nach Uluxanov 1991, 113; 2000, 86), pjatiėtažnyj dom > pjatiėtažka [umgangsprachlich] ‚fünfstöckiges Haus‘ (die Wortbildungsbedeutung ‚Gegenständlichkeit‘ ist nach Zemskaja 1992, 35 an das Suffix -k- gebunden, ist jedoch m. E. bereits dem subordinierenden Substantiv der Basis immanent). So wird die gleiche (abstrakte, vgl. Zemskaja 1992, 35) Wortbildungsbedeutung während der Wirkung zweier „umstrukturierender“ Funktionen in verschiedenen Bereichen des Wortbildungssystems erzeugt. Geht man davon aus, dass die Träger der Wortbildungsbedeutung nicht nur explizite Wortstrukturelemente, sondern auch implizite Wortbildungsstrukturen sind und dass das Wortbildungssystem keine selbstständige Sprachebene des Sprachsystems, sondern eine funktional-strukturierende Verbindung zwischen den bedeutungstragenden Sprachebenen ⫺ den grammatischen (morphologischen und syntaktischen) einerseits und der lexikalischen anderseits ⫺ darstellt und die Aufgabe erfüllt, die Spracheinheiten grammatischer Ebenen in die lexikalische Ebene zu überführen (Mengel 1997, 31 ff.), kann die Wortbildung als gesamte funktional-strukturierende Verbindung die sprachliche Funktion stilistischer oder emotional-wertender Markierung übernehmen. Auch diese beiden Wortbildungsfunktionen können mittels expliziter oder impliziter Wortbildungsmittel durchgeführt werden, vgl. lisa > lisica [buchsprachlich] ‚Fuchs‘; staruxa ‚alte Frau‘ > starušencija ‚die alte Schachtel‘; magnitofon > mag [umgangsprachlich] ‚Tonbandgerät‘ (Modifikationsbedeutung nach Uluxanov 1991, 113, keine Wortbildungsbedeutung nach Zemskaja 1992, 35). Die Bedeutungsrelation zwischen der Basis und der Ableitung kommt als stilistisch-wertende sprachliche Markierung zum Ausdruck. Die Funktionen der Wortbildung können sich überschneiden und zur Entstehung eines synkretistischen Bedeutungszuwachses im Derivat führen, vgl. z. B. stilistische Markierung in kompressiven Bildungen wie pjatiėtažka, mag.

3. Wortbildungsbedeutung unter anderen Sprachbedeutungen 3.1. Im Rahmen der Benennungslehre wird der Wortbedeutungszuwachs, der während des Derivationsprozesses entsteht, mit dem Wortbildungsformans (Affix) des Derivats verbunden (vgl. 1.2). Über seine sprachliche Qualität herrscht jedoch keine einheitliche

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Meinung. Wenn Günther (1978, 160 ff.) die ausschließlich syntaktische Funktion des Affixes bei der syntaktischen Derivation betont und von seiner lexikalischen Bedeutung während der Modifikation und besonders der Mutation spricht (vgl. Derivatem bei Jachnow 1980, 40), definieren andere Linguisten die mit dem Formans verbundene Sprachbedeutung als Wortbildungsbedeutung bzw. Derivationsbedeutung (Zemskaja 1973, 184; 1992, 27) und weisen darauf hin, dass zwischen der Wortbildungsbedeutung und der lexikalischen Wortbedeutung ein prinzipieller Unterschied besteht. Die Wortbildungsbedeutungen sind ausschließlich verallgemeinerte, kategoriale Bedeutungen, während die lexikalischen Wortbedeutungen sowohl kategorial als auch konkret sein können. So besitzen z. B. die Derivate saxarnica, seledočnica, čajnik, kofejnik die konkreten lexikalischen Wortbedeutungen ‚Zuckerdose‘, ‚Heringsschiffchen‘, ‚Teekessel‘, ‚Kaffeekanne‘ und eine kategoriale lexikalische Bedeutung Behälter (auch für nichtabgeleitete Wörter immanent, vgl. kotel ‚Kessel‘), ihre Wortbildungsbedeutung ist jedoch nur kategorial, nämlich Behälter (Zemskaja 1992, 31). Prinzipiell wird der Wortbildungsbedeutung eine Mittelstellung zwischen der grammatischen und der lexikalischen Sprachbedeutung eingeräumt unter der Voraussetzung, dass die Wortbildung als eine selbstständige Sprachebene im Sprachsystem angesehen wird. Mit dieser Mittelstellung steht die Wortbildungsbedeutung der lexikalischen Bedeutung näher (Dokulil 1968a, 13 f.). 3.2. Die Betrachtung der Bedeutungsrelation zwischen der Basis und ihrer Ableitung im Zusammenhang mit verschiedenen Funktionen der Wortbildung könnte neue Erkenntnisse bringen (vgl. 2.2). Die sprachliche Qualität dieser Bedeutungsrelation kann unterschiedlicher Natur sein entsprechend den Aufgaben der Wortbildungsfunktionen und ihrer Nähe zur grammatischen oder lexikalischen Ebene. Der Bedeutungszuwachs, der durch die Benennungsfunktion der Wortbildung erzeugt wird und sich als Modifikations- und Mutationsbedeutung präsentiert, steht den lexikalischen Sprachbedeutungen nahe. Die Bedeutungsrelation, die während der Ausübung der konstruktiven und der kompressiven Wortbildungsfunktion entsteht, ist den abstrakten, grammatischen Bedeutungen ähnlicher. Sie entspricht der stilistisch-wertenden sprachlichen Markierung bei der stilistischen und der expressiven Wortbildungsfunktion. 3.3. Ein spezielles Untersuchungsobjekt stellt die Wortbedeutung des motivierten Wortes im Hinblick auf das Zusammenwirken von Bedeutungen der Basis und des Formans dar. Beim onomasiologischen Herangehen wird sie als eine gesonderte Beziehung zwischen onomasiologischer Wortbasis, ihrem Merkmal und dem vorhandenen oder gedachten Prädikat verstanden (vgl. škol’nik ‚Schüler‘: das Suffix -nik ist die onomasiologische Basis mit der Bedeutung ‚derjenige, der‘; ihr wird das Merkmal škola ‚Schule‘ durch das gedachte Prädikat ,lernen‘ zugeschrieben). Eine prinzipiell neue Sichtweise auf die komplexe Semantik des Derivats eröffnet der kognitive Ansatz, der von der Integration der Konzepte, Aktivierung der Frames u. a. innerhalb der Basis und der Ableitung ausgeht (Kubrjakova 2002; Waszakowa 2003). Es wird dabei der Versuch unternommen, einen detaillierten Katalog aus Regeln und Hinweisen für die Beschreibung der funktionalen kognitiven Operationen während des Wortbildungsprozesses aufzustellen (Lehmann 1996; 2003; Gutschmidt 2003).

54. Wortbildungsbedeutung

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4. Literatur (in Auswahl) Dokulil, Miloš (1968): „Zur Theorie der Wortbildung“. // Wissenschaftliche Zeitschrift der KarlMarx-Universität Leipzig: Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 17. 203⫺211. Dokulil, Miloš (1968a): „Zur Frage der Stellung der Wortbildung im Sprachsystem“. // Slovo a slovesnost 29. 9⫺16. Günther, Erika (1978): „Wortbildung“. // Wilske, Ludwig (ed.). Die russische Sprache der Gegenwart. Bd. 4. Leipzig. 149⫺202. Gutschmidt, Karl (2003): „Slovoobrazovatel’nye novacii (premorfemnye derivaty) v slavjanskix jazykax s točki zrenija kognitivnoj lingvistiki“. // Rudnik-Karwatowa, Zofia (red.). Procesy inowacyjne w językach słowiańskich. Warszawa. 63⫺76. Jachnow, Helmut u. a. (1980): Zur Erklärung und Modellierung diachroner Wortbildungsprozesse (anhand russischer substantivischer Neologismen). München. Jelitte, Herbert (1982): Die abstrakten Nominabildungen im Russischen. Teil 2: Analyse. Frankfurt am Main. Kubrjakova, E. S. (1990): „Slovoobrazovanie“. // Jarceva, V. N. (red.). Lingvističeskij ėnciklopedičeskij slovar’. Moskva. 467⫺469. Kubrjakova, E. S. (2002): „Ob osobennostjax kompozicionnoj semantiki u proizvodnyx slov“. // Mengel, Swetlana (ed.). Slavische Wortbildung: Semantik und Kombinatorik. Münster. 55⫺71. Kuryłowicz, Jerzy (1936): „Dérivation lexicale et dérivation syntaxique“. // Bulletin de la Société linguistique de Paris 37. 79⫺92. Lopatin, V. V. (1977): Russkaja slovoobrazovatel’naja morfemika. Moskva. Lopatin,V. V./Uluxanov, I. S. (1980): „Slovoobrazovanie“. // Švedova, N. Ju. (red.). Russkaja grammatika. 1. Moskva. 133⫺452. Lehmann, Volkmar (1996): „Die Rekonstruktion von Bedeutungsentwicklung und -motiviertheit mit funktionalen Operationen“. // Girke, Wolfgang (ed.). Slavistische Linguistik 1995. München. 255⫺289. Lehmann, Volkmar (2003): „Slovoobrazovanie i leksičeskie koncepty“. // Ohnheiser, Ingeborg (ed.). Słowotwórstwo. Nominacja. Opole. 391⫺410. Mengel, Swetlana (1997): Wege der Herausbildung der Wortbildungsnorm im Ostslawischen des 11.⫺17. Jahrhunderts. Berlin. Miloslavskij, I. G. (1980): Voprosy slovoobrazovatel’nogo sinteza. Moskva. Uluxanov, I. S. (1991): „Slovoobrazovanie i semantika“. // Jelitte, Herbert/Nikolaev, G. A. (eds.). Die Beziehungen der Wortbildung zu bestimmten Sprachebenen und sprachwissenschaftlichen Richtungen. Frankfurt am Main. 97⫺121. Uluxanov, I. S. [Uluchanov, I. S.] (2000): „Wortbildung und Semantik“. // Jelitte, Herbert (ed.). Handbuch zu den modernen Theorien der russischen Wortbildung. Frankfurt am Main. 77⫺89. Uluxanov, I. S. [Uluchanov, I. S.] (2000)a: „Wortbildungsbedeutung“. // Jelitte, Herbert (ed.). Handbuch zu den modernen Theorien der russischen Wortbildung. Frankfurt am Main. 619⫺ 626. Waszakowa, Krystyna (2003): „Kognitywne aspekty tworzenia nowych derywatów słowotwórczych (na prykladzie języka polskiego)“. // Ohnheiser, Ingeborg (red.). Słowotwórstwo. Nominacja. Opole. 411⫺435. Zemskaja, E. A. (1973): Sovremennyj russkij jazyk: Slovoobrazovanie. Moskva. Zemskaja, E. A. (1992): Slovoobrazovanie kak dejatel’nost’. Moskva.

Swetlana Mengel, Halle a. d. Saale (Deutschland)

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva 1. 2. 3. 4. 5.

Vorbemerkungen Substantivische Diminutiva Augmentativa Kollektiva Literatur (in Auswahl)

Abstract If judged quantitatively, the Slavonic system of word formation has a wide range of means at its disposal. If something is to be classified as smaller or bigger than the average, diminutives and augmentatives are resorted to. It is further possible for single, countable things to be embraced by one collecting term, with the mass of things being perceived as a whole and single shapes no longer in focus. Thus, collectives and collecting nouns can be distinguished. Classified as a modification of the basic meaning, these semantic functions are accompanied or even dominated by pragmatic effects. Therefore, the terms quasi-diminutives and quasi-augmentatives seem more appropriate. Apart from actual diminutives, which are derived from subjects with a real material basis, quasi-diminutives can be coined if the basis words do not meet the semantic conditions. Especially remarkable are quasi-diminutives in the language of attendants, where they are used as a means to show politeness. Hyponymes (‘a kind of X’), similatives and names of young creatures are formed by the same morphological means. Striking in the case of purely affective hypocoristics are whole chains of synonymes with different suffixes. Nowadays, the category of collectives is restricted in terms of productivity. In addition to prototypical collectives with the names of individuals at its basis, there are derivates with collective meaning. These are secondary, being a result of semantic derivation. Characteristic of the Slavonic languages are spatial collectives denominating forests and shrubbery, or the like: here, spatial and collective meanings overlap. Collectives of this kind are transitional in character and tend towards names denoting materials and substance. To size up or count the latter, the rules governing the formation of singulatives can be made use of.

1. Vorbemerkungen Die slavische Wortbildung verfügt über ein Repertoire von Affixen und sonstigen Wortbildungsmitteln, die ein quantitatives Urteilen erlauben. Es kann sich einfach auf Maße physikalischer Objekte beziehen und eine Bewertung von etwas als größer bzw. als kleiner im Vergleich mit dem Durchschnitt seiner Klasse zum Ausdruck bringen. Diese Funktion erfüllen sog. Diminutiva (Verkleinerungssubstantive) einerseits, Augmentativa (Vergrößerungssubstantive) andererseits. Es ist bei quantitativer Betrachtung der Dinge auch möglich, einzelne zählbare Elemente in einem Sammelbegriff

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva verschmelzen zu lassen, in welchem sie eigene Konturen verlieren und als Ganzes bzw. als Masse wahrgenommen werden. Dies ist bei Kollektiva und Sammelsubstantiven der Fall. Diese semantische Funktion, die als Modifikation der Grundbedeutung angesehen wird, wird von verschiedenen pragmatischen Effekten begleitet. Mit dem, was klein(er) ist, assoziieren wir meist positive Affekte, etwa nach dem emotionalen Einstellungsmuster, das Kleinkinder und Jungtiere bei erwachsenen Menschen auslösen; übergroße Gegenstände rufen dagegen eher Ablehnung hervor, vermutlich deswegen, weil sie als Gefahr, als Bedrohung in der kollektiven Erfahrung eingeprägt sind. Ebenso sind auch Kollektiva für eine negative Bewertung anfällig, denn unsere Kultur misst Individuen einen Sonderstatus bei, vor allem wenn es um Menschen geht. Die Darstellung von Individuen, die in der Masse verschwinden, wirkt abwertend. Etwas problematisch scheint die Platzierung von Kollektiva innerhalb der Modifikation (wie es die tschechische und die russische Wortbildungstheorie tut). Für die Modifikation gilt, dass das zu bestimmende Glied im Rahmen einer Wortbildungsstruktur der Wortbildungsstamm ist (z. B. Häuschen ⫺ ein Haus, das klein ist). Im Fall der Kollektiva müssten wir die Formel anwenden: ‚ein X, welches zahlreich/vielfach ist‘ (z. B. Lehrerschaft ⫺ ein Lehrer, der vielfach ist), die jedoch völlig artifiziell scheint. Darüber hinaus werden dieser Kategorie auch nicht desubstantivische Derivate zugeordnet, vgl. poln. starszyzna ‚die Älteren‘ von starszy ‚älter‘, russ. molodež’ ‚Jugend‘ von molodoj ‚jung‘, wogegen eine Überschreitung der grammatischen Wortklasse bei der Modifikation ausgeschlossen ist. Die Annahme, wir hätten es hier mit purer Modifizierung der Bedeutung zu tun, stützt sich darauf, dass Kollektiva den generellen Begriffen bzw. Gattungskategorien nahe stehen, vgl. Geschichte des Menschen ≈ Geschichte der Menschheit, wo Menschheit für die Gattungsbedeutung Mensch benutzt werden kann.

2. Diminutiva Semantisch gesehen handelt es sich um eine Information, dass etwas (jemand) kleiner als ein typischer Vertreter seiner Klasse ist. Diese Lesart betrifft substantivische Derivate ⫺ adjektivische Derivate, die auch Diminutiva genannt werden, drücken die Bedeutung ‚Abschwächung der Intensität einer Eigenschaft‘ aus, vgl. poln. zielonkawy, dt. grünlich ‚leicht grün, nicht ganz grün‘. Nur ein physikalischer Gegenstand kann kleiner als ein Durchschnittsobjekt seiner Klasse sein. Gemeint sind dessen Dimensionsparameter, seine räumliche Ausdehnung, wie z. B. tschech. okénko, poln. okienko, russ. okoško ‚ein kleines Fenster, Fensterchen‘. Derivate, die mit ähnlichen Affixen von nicht konkreten Basissubstantiven gebildet werden (vgl. poln. wojenka von wojna ‚Krieg‘) sind streng genommen keine Diminutiva, ihre Funktion erstreckt sich auf den pragmatischen Bereich. Wir nennen sie Quasi-Diminutiva (s. 2.2). Eine weitere Stufe stellen emotional stark gefärbte Liebkosungswörter dar, die mit denselben Wortbildungsmitteln gebildet werden können und vor allem für die Familiensprache, für Babytalk u. ä. typisch sind (s. 2.3). Um Klarheit zu schaffen, was echte Diminutiva sind, werden ihnen formal nahe stehende Substantive angeführt, bei denen es sich um andere semantische Funktionen scheinbar derselben Affixe handelt (s. 2.4).

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

2.1. Eigentliche Diminutiva Als mögliche Basis kommen Namen materieller Gegenstände mit fester Gestalt in Frage wie tschech. und poln. šavlička/szabelka von šavle/szabla ‚Säbel‘, kolečko/kółeczko von kolo/koło, Benennungen von Körperteilen wie ouško/uszko von ucho, hrdélko/gardziołko von hrdlo/gardło, von Lebewesen wie rybička/rybka von ryba, von Orten wie ulička/uliczka von ulice/ulica, vršek/górka von vrch/góra. Die entsprechenden Derivate fixieren eine Beurteilung von etwas als kleiner im Vergleich zu der erwarteten Größe (Ausdehnung). Es sind auch Verkleinerungsformen von Substantiven möglich, die konventionelle quantitative Angaben darstellen wie poln. grupka von grupa, stosik von stos ‚Haufen‘, analog slovak. stôsik von stôs. Die Wortbildungsmittel sind in den slavischen Sprachen weitgehend einheitlich. Es ist vor allem das ansonsten polyfunktionale Suffix -k-, welches in Verbindung mit unterschiedlichen Genusklassen folgende Formantien bildet: -(e)kø maskulin, -ka feminin, -ko neutrum, -ki Pluralia tantum wie poln. saneczki von sanki. Die Maskulina haben ein weiteres Suffix -ik/-yk (tschech. -ík) zur Verfügung. Die Grundmorpheme können linksseitig um neue Segmente ergänzt werden, was zu erweiterten Varianten führt wie slovak. -ček in stromček von strom, poln. -eczek in domeczek, -aszek in kijaszek, -uszek in dzbanuszek etc. Sie werden auch Diminutiva der zweiten Stufe genannt, weil es sich genetisch gesehen um sekundäre Ableitungen in einer Wortbildungskette handelt (vgl. tschech. -eček: strom ‚Baum‘ / stromek / stromeček). Die Existenz einer solchen Abstufung ist jedoch nicht immer nachweisbar. Die erweiterten Varianten funktionieren auch völlig unabhängig davon (vgl. das tschechische Substantiv vrbička, das direkt durch vrba ‚Weide‘ motiviert ist). In solchen Diminutiva wird der subjektive Eindruck von Kleinsein deutlich verstärkt. Sprachspezifische Wortbildungsmittel sind in dieser Kategorie z. B. für das Weißrussische -ca (vgl. akenca von akna) und -ak (vgl. vjanočak, arėšak). Nur als Archaismus kann man an dieser Stelle das alte Suffix -c(e) im Tschechischen erwähnen (vgl. okénce, auch stádce, hrdélce). (Im Slovakischen aber fungiert hrdielce genauso wie hrdielko als Verkleinerungswort). Ähnlich einzustufen sind -ic(a) wie tschech. und slovak. hlavica, poln. głowica sowie -ec wie tschech. sloupec, die ihre Diminutivbedeutung längst verloren haben.

2.2. Quasi-Diminutiva Dieselben Suffixe -ek /-ik /(-ík)/-k- bilden desubstantivische Derivate, die streng genommen keine Diminutiva sein können, weil ihre Basiswörter nicht die unter 2.1 skizzierten semantischen Bedingungen erfüllen. Es handelt sich um Abstrakta (Gedanke), festgelegte Maßeinheiten (Sekunde, Kilogramm, Tag), Namen von singulären Objekten (Erde, Sonne), Benennungen, bei denen quantitative Maße irrelevant sind (wie z. B. bei Vertretern von Berufs- und Sozialgruppen). In solchen Fällen haben entsprechende Derivate keine semantische, sondern eine pragmatische Funktion. Sie klingen ironisch (vgl. russ. intelligentik, poėtik, carek, božok, mysliška). Sie können auch als Mittel der Emphase eingesetzt werden (vgl. poln. dzionek von dzień ‚Tag‘, tschech. sluničko von slunce ‚Sonne‘, russ. zdorov’iško von zdorov’e ‚Gesundheit‘).

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva Ihr Element ist die mündliche Kommunikation. Besonders auffallend sind die Quasi-Diminutiva in der Sprache der Bediensteten, die mit Kunden zu tun haben, weil sie von ihnen als lexikalischer Ausdruck von Höflichkeit gemeint sind, vgl. poln. jabłuszka (von jabłka), schabik (von schab), momencik (von moment), rachuneczek (von rachunek), dokumenciki (von dokumenty), bilecik (von bilet), tschech. pivečko, vínečko, chvilička/chvilečka, kávička, russ. Pozvol‘te vašu sumočku, vaš portfel’čik.

2.3. Verwandte Formen Unter Verwendung scheinbar derselben Wortbildungsmittel entstehen Substantive, für die jedoch eine andere kategoriale Zuordnung gefunden werden muss, weil bei ihnen nicht das Kleinsein im Vordergrund steht. Nicht selten haben wir es mit Gattungsunterschieden zu tun (vgl. poln. stolik, szafka, parasolka, rękawiczka, torebka; tschech. palička von palice). Es wird hier nicht primär an das in der Tat kleinere Ausmaß der Objekte gedacht, sondern daran, dass sie eine bestimmte Art dessen sind, was das Basiswort symbolisiert. So ist russ. stolik nicht einfach ein ‚kleiner Tisch‘, sondern eine Sorte innerhalb der Klasse ‚Tisch‘, vgl. stolik pod televizor. Regelmäßig kann es sich dabei auch um parallele Artefakte handeln, die eigens für Männer oder Frauen erzeugt werden wie poln. parasol vs. parasolka ‚eine Art Regenschirm für Frauen‘. Eine weitere Serie von Derivaten, die formal den Diminutiva nahe stehen, sind solche, bei denen die Basiswörter auf das Material hinweisen, woraus die benannten Artefakte erzeugt werden wie z. B. poln. żelazko ‚Bügeleisen‘, ciastko ‚Kuchenstück‘, das aus ciasto ‚Teig‘ gemacht wird. Eine durchaus nicht geringe Gruppe stellen die Similativa (lat. similis ‚ähnlich‘) dar. Gemeint sind Derivate, die auf der Grundlage einer Ähnlichkeit ihrer Denotate mit dem, was das Basiswort symbolisiert, motiviert sind, vgl. russ. nožka (stola) ‚Tischbein‘, ručka (dveri) ‚Türgriff‘, poln. nosek (buta) ‚Schuhspitze‘, szyjka (butelki) ‚Flaschenhals‘, slovak. krížiky von kríž ‚Kreuz‘ als Muster in der Stickerei etc. Es ist fraglich, ob es sich hier um Wortbildung (direkte Ableitung vom Basiswort) oder um eine rein semantische Derivation handelt, also um semantischen Wandel eines bereits bestehenden Diminutivs; Wörter wie nóżka, nosek können sich auch auf ‚kleine‘ Körperteile etwa bei Kindern beziehen. Spezielle Affixe für eine Bedeutung mit metaphorischem bzw. vergleichendem Bezug sind bei Substantiven nicht vorhanden, das internationale -oid ausgenommen, vgl. russ. mongoloid, tschech. elipsoid, welches nur für die Terminologiebildung genutzt wird. Die Entdeckung einer Ähnlichkeit spielt jedoch eine nicht geringe Rolle in der menschlichen Kognition, wo durch Vergleichen ein mentales Zuordnen verschiedener Kategorien zustande kommt. In den angeführten Derivaten verdrängt die similative Bedeutung eine noch mögliche Lesart als Diminutiv. Kleinsein wird auch mit jungen Lebewesen assoziiert, deren Namen (vor allem die der Tiere) in den slavischen Sprachen jedoch über eigene morphologische Spezialmittel verfügen und als eine gesonderte Kategorie betrachtet werden. Infolge des objektiven Zustandes, dass junge, neugeborene Lebewesen kleiner als erwachsene Vertreter ihrer Gattung sind, spielt bei ihrer Benennung das Merkmal Kleinsein auch eine Rolle. Die tschechische Grammatik (MČ1 1986, 303) rechnet sowohl Derivate des Typs housátko (von husa ‚Gans‘) als auch des Typs nemluvňátko (von nemluvňe˘ ‚Baby‘) den Diminutiva zu. Der erste Typus repräsentiert eigentlich die Kategorie „Jungtiere“ mit dem

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Gattungssubstantiv als Basis. Von husa gibt es auch eine Ableitung house ⫺ vor diesem Hintergrund ist housátko stärker als Bezeichnung von etwas Kleinem markiert. Das Suffix -átko sowie sein polnisches Äquivalent -ątko werden auf die Weise mit semantischer Verkleinerung identifiziert.

2.4. Hypokoristika So werden Liebkosungswörter genannt, die vor allem im privaten, inoffiziellen Sprachkontakt benutzt werden, in der Familie bzw. um eine familiäre Atmosphäre zu schaffen. Ihre Funktion beruht darauf, dem Hörer gegenüber eine positive und zärtliche Einstellung verstehen zu geben. Auf eine Information über objektive Eigenschaften des Genannten kommt es nicht an. Somit liegt das Potential der Hypokoristika im Bereich der sprachlichen Pragmatik und nicht der Semantik. Das Bedürfnis, Gefühle zu zeigen, gilt in allen slavischen Kulturen als hoher Wert. Dementsprechend verfügt auch die slavische Wortbildung über ein reiches Repertoire an Affixen, die diesem Verlangen entgegenkommen, wie tschech. -aček in synáček, -ínek in tatínek. Da dieser Wortschatz hauptsächlich im Familienkreis benutzt wird, stellen Benennungen von Familienangehörigen eine markante Gruppe dar. Häufig bilden sie ganze Synonymreihen, vgl. die Synonyme zu ‚Tante‘ im Slovakischen: teta, tetka, tetuška, tetuľka, und zu ‚Tochter‘ im Polnischen: córeczka, córunia, córcia, córuchna, córuś. Positive Gefühle implizieren eine gewisse Nähe zum Adressaten, die nicht nur symbolischer Natur ist. Dieser Umstand erklärt auch die hohe Präsenz der Benennungen von Körperteilen unter den Hypokoristika wie poln. główeńka, oczęta, buziuchna. Die zärtlichen Koseformen sind auch dann angebracht, wenn von Tieren, darunter Kuscheltieren, Fabeltieren usw., die Rede ist. Sie tauchen häufig in der Kindersprache auf, weil es sich oft um Abbildungen und Helden der Kinderbücher und um Spielzeug handelt, vgl. poln. kotek ‚kleine Katze‘ und koteczek, kotuś, kociaczek, kiciuś, kicia (vom Lockruf kici-kici!); russ. solovej ‚Nachtigall‘ und solovejčik, solovejuška, solovušek, solovuška. Charakteristisch ist für das Polnische z. B., dass zum Lautbestand der Wortbildungsmittel palatale Konsonanten /ś /, /ź /, /ć /, /dź /, /ń / gehören, die sonst in der Kindersprache im Übermaß vertreten sind. Gemeint sind Suffixe bzw. wortbildende Alternationen wie rąsia (von ręka /rączka ‚Hand‘), pysio (von pysk/pyszczek ‚Maul‘), nózia von noga / nóżka ‚Bein‘), Bozia (von Bóg ‚Gott‘), żabcia (von żaba /żabka ‚Frosch‘), tatunio (von tata /tato ‚Papa‘), siostrunia (von siostra /siostrzyczka ‚Schwester‘) usw. Man muss hinzufügen, dass solche Mittel außerhalb der Familiensprache alles andere als ein Ausdruck einer herzlichen Einstellung sind. „Zärtliche“ Suffixe klingen dann ironisch und ablehnend. Zum Wortbestand gehören auch zahlreiche Koseformen (Hypokoristika) von weiblichen und männlichen Vornamen. Ihre Wahl bestimmen pragmatische Regeln, in denen solche Variablen wie das Alter, der soziale Status u. ä. der angeredeten Person berücksichtigt werden. Formen wie poln. Ania von Anna, Józio von Józef sind dabei nicht mit englischen Formen des Typs Kate oder Jim vergleichbar. Letztere manifestieren einfach eine egalitäre Einstellung, während die polnischen Ableitungen als Anrede für jüngere oder gesellschaftlich tiefer stehende Personen verwendet werden.

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva

3. Augmentativa Semantisch gesehen handelt es sich um eine zusätzliche Information über eine ungewöhnliche Übergröße von etwas. Diese rein semantische Modifikation der Bedeutung des Basiswortes ist jedoch selten. Meistens kommt noch eine negative Bewertung des so bezeichneten Objekts dazu, die entweder eine ästhetische oder sogar eine moralische Ablehnung manifestiert. Es gibt auch Derivate, bei denen es sich ausschließlich um eine negative Bewertung handelt ⫺ sie werden Pejorativa genannt.

3.1. Eigentliche Augmentativa Eine semantische Bedingung, die an das zugrunde liegende Wort gestellt wird, ist sein Bezug auf konkrete Gegenstände im weiteren Sinne. Es werden Suffixe herangezogen, z. B. russ. -ug(a) wie in zverjuga von zver’ ‚Tier‘; -ox(a) wie in kartoxa von kartofel’; -išč(е) wie in drakonišče von drakon ‚Drache‘. Solche Mittel wie -ux-, -ox-, -ag- sind für Jargons typisch, wo eine expressive Ausdrucksweise besonders gefragt ist. Im Tschechischen sind es exemplarisch allgemeinslavische Suffixe: -isk(o) wie in psisko, -izn(a) wie in hlavizna. Häufig überwiegt jedoch die subjektive Abwertung wie in chlapisko (poln. chłopisko), babizna (poln. babsko).

3.2. Quasi-Augmentativa Rein semantische Vergrößerungswörter ohne eine emotional bewertende Komponente sind eher selten. Mit Diminutiva und Hypokoristika werden meistens positive Gefühle assoziiert. Manchmal werden sie von Sprechern jedoch als infantil empfunden, besonders von der Jugend, die eine antisentimentale Einstellung für angebracht hält. Zu diesem Modell der Gefühlsmäßigkeit passen sog. Quasi-Augmentativa, die eine raue, kühle Haltung ausdrücken. In Milieusprachen ist die Subtraktion als Wortbildungsmittel produktiv, wo den negativen Gefühlen fast ikonisch ein Nullaffix auf der Ausdrucksebene angehängt wird, vgl. russ. alk von alkogolik, vospit von vospitatel’ ‚Erzieher‘; tschech. káma von kámarad, haš von hašiš, prófa von profesor; kroat. Amer von Amerikanac etc. Die Bildungen sind für die gesprochene Sprache kennzeichnend, in der das Prinzip der Sprachökonomie eine wichtige Rolle spielt. Die subtrahierten Formen werden im Polnischen oft durch ein Segment mit /ch / bereichert, vgl. piącha von pięść ‚Faust‘, radocha von radość ‚Freude‘, towarzycho von towarzystwo ‚Gesellschaft‘. Es gibt Gründe, das Element -ch- als Suffix und nicht bloß als Alternation zu bewerten. Der Laut selbst wird auch mit Lautsymbolik in Verbindung gebracht, weil /ch / zur phonischen Substanz der Wörter gehört, die Lachen, Schluchzen und Niesen in den slavischen Sprachen nachahmen. So erklärt sich wohl auch, warum slavische Suffixe mit dem Element -ch-/-ch, wie in russ. -ux(a), vgl. igruxa, -ox(a), vgl. kartoxa, tschech. -och, vgl. lenoch, den Derivaten oft eine negative Konnotation verleihen. Quasi-Augmentativa werden mit denselben Mitteln gebildet, wie semantische Vergrößerungswörter. Bei ihnen entfallen jedoch Beschränkungen, die sonst für Bestim-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen mung der Basen gelten. Quasi-Augmentativa können auch von abstrakten Substantiven gebildet werden wie russ. jubilejščina zu jubilej, zastojščina zu zastoj bzw. von Personennamen, bei denen es sich primär nicht um physikalische Größen handelt, vgl. russ. žurnaljuga von žurnalist. Es können hier auch die Grenzen einer Wortbildungsmodifikation gesprengt werden, wie es z. B. bei Mutationsderivaten der Fall ist, die auch stark ablehnend wirken, vgl. tschech. staroch, poln. staruch von starý/stary ‚alt‘. Solche Benennungen werden auch Pejorativa genannt.

4. Kollektiva Diese alte Kategorie ist in der Gegenwart in den slavischen Sprachen nur beschränkt produktiv. Wegen ihrer referentiellen Ausdehnbarkeit auf „alle“ Denotate einer gegebenen Klasse ist ein Übergang zur abstrakter Bedeutung möglich (nach der gewöhnlichen Annahme, dass die Intension durch die Extension bestimmt wird, d. h. kategorielle Eigenschaften einer Klasse werden aus den Merkmalen projiziert, die all ihren Denotaten eigen sind). Im Polnischen hatte z. B. das Substantiv obywatelstwo von obywatel (Bürgertum von Bürger) zuerst die Bedeutung ‚eine Menge von adligen Mitgliedern der Gesellschaft‘, weil noch im 19. Jh. nur Adlige als eigentliche Bürger galten. In der Gegenwartssprache hat obywatelstwo eine abstrakte Bedeutung ‚im Besitz der Rechte eines Bürgers zu sein‘. Analog hatte poln. braterstwo (von tschech. bratrstvo) ursprünglich eine kollektive Bedeutung (wie dt. Bruderschaft), heute ist dies eine Benennung der Eigenschaft ‚Brüderlichkeit‘. Die kollektive Bedeutung setzen bractwo und (ta) brać fort, allerdings ist ihre Motiviertheit nicht mehr vollständig. Der zu erwartende semantische Wandel vom Kollektivum zum Abstraktum ist bei prototypischen Kollektiva möglich, d. h. bei denen, deren Basen Substantive mit der Bedeutung ‚Einzelelement/Mitglied einer Gruppe‘ sind, wie es in den angeführten Beispielen der Fall ist (s. auch 4.1.1). Die Wortbildung kennt jedoch auch Kollektiva, die von Adjektiven, vgl. tschech. chudina, poln. biedota ‚Armut ⫺ als arme Menschen‘, bzw. von Verben, vgl. poln. obsada ‚Besetzung von Stellen‘ von obsadzić ‚besetzen‘, abgeleitet wurden. Hier handelt es sich um sekundäre Kollektiva, die im Zuge einer semantischen Derivation entstehen (s. 4.1.2). Die Verschwommenheit der Grenze zwischen einer Gruppenbedeutung und einer ideellen Bedeutung erklärt, warum dieselben Wortbildungsmittel beide Kategorien bedienen können (wie die allgemeinslavischen Suffixe -stv- und -in(a)). In der Forschung führt dieser Umstand zu unterschiedlichen Klassifikationen des Sprachmaterials. Zemskaja (1992, 157) betrachtet als Kollektiva neue russische Wörter, die auf -iada ausgehen wie spartakiada, olimpiada, al’pinada, ekscentriada, die andere als abstrakte Nomina actionis auffassen. Grzegorczykowa/Puzynina (1984, 359) weisen auf eine kollektive Lesart der Nomina sessendi des Typs zieloność ‚das Grüne‘, ruchomość ‚das Mobile‘, słodkość ‚das Süße‘ hin, die meistens im Plural verwendet werden, vgl. pyszności ‚Leckereien‘, nieczystości ‚Unreinheiten‘ (auch öfter im Plural ruchomości ‚Mobilien‘ als im Singular ruchomość verwendet). Bei Kollektiva kommt nicht selten eine räumliche Bedeutung hinzu, entweder als die Zugabe ,eine dichte Ansammlung von etwas auf einer Fläche’ (meistens Bäume, Gebüsch und sonstige Pflanzen) oder als ‚eine innere Hierarchie vor Ort‘, wie z. B. bei Benennungen von Führungsgruppen (s. 4.2).

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva Eine verwandte Kategorie stellen Materialsubstantive wie Wasser, Papier dar, deren Nähe zu unbelebten Kollektiva wie listowie ‚Laub/Blattwerk‘ offensichtlich ist (s. 4.3). Das Bedürfnis, ein Einzelelement bzw. eine kleine Menge (Portion) davon auszusondern, wird durch die Möglichkeit der Bildung von Singulativa befriedigt (s. 4.4).

4.1. Eigentliche (prototypische) Kollektiva Diese Bildungen, Kollektiva im engeren Sinne genannt, sind desubstantivische Derivate, deren Basen Namen von Individuen sind wie tschech. žactvo von žák, včelstvo von včela, russ. pionerija von pioner, zver’e von zver’ u. ä. Sie bilden in der Regel keinen Plural, sie sind also in der grammatischen Kategorie Numerus unflektierbar und bleiben Singularia tantum. Semantisch dagegen ähneln sie dem Plural, sind mit ihm jedoch nicht identisch: Es ist eine Vielheit, die einen Einheitscharakter hat. Das der Kategorie zugrunde liegende Ganzheitskonzept bringt ein Test hervor, nämlich die Verbindbarkeit der Substantive mit dem quantifizierenden Exponenten cały ‚ganz‘ und nicht mit wszystek /wszystko ‚aller/alles‘ im Polnischen, vgl. całe chłopstwo und nicht *wszystko chłopstwo. Beim regulären Plural wie chłopi ist dagegen der Ausdruck wszystek richtig, vgl. wszyscy chłopi und nicht *cali chłopi. Dieser Test versagt allerdings im Russischen, wo celyj und ves’ andere Kollokationseigenschaften besitzen, denn nur ves’ verbindet sich mit Stoffnamen wie vse moloko und nicht *celoe moloko, mit Eigennamen, vgl. vsja Moskva in Bedeutung ‚alle Bürger Moskaus‘ und nicht *celaja Moskva. Jedoch unterstreicht auch im Russischen die Verwendung von celyj die Totalität, Vollständigkeit von etwas. Die semantische Kollektivität geht über die Grenzen der Wortbildungskategorie hinaus. Es gibt zahlreiche Kollektiva, die strukturell opak, nicht motiviert sind, darunter solche schon urslavischen Wörter wie poln. drób (< *drobь) ‚Geflügel‘, śmiecie (< *sъmetьje) ‚Müll‘, tschech. skot, dobytek ‚Vieh‘. Unter semantischen Kollektiva sind Gruppenbezeichnungen auffallend, sog. Mengenangaben, wie grono ‚Kreis / Freundeskreis‘, gromada ‚Schar‘, stado ‚Herde‘, sfora ‚Rudel‘, tabun ‚Herde/Horde / Pferdeherde‘, sterta ‚Haufen‘ etc., die ein implizites, semantisch eingebautes Argument haben, das neben der Bezeichnung auftauchen kann, vgl. gromada ludzi ‚eine Schar von Menschen‘, sfora psów ‚ein Rudel Hunde‘, ławica ryb ‚Fischschwarm‘. In dieser Rolle können metaphorisch auch andere Substantive verwendet werden, vgl. morze ‚Meer‘ und morze głów ‚ein Meer von Köpfen‘, las ‚Wald‘ und las rąk ‚ein Wald von Händen‘. Letztere gewinnen ihre Mengenbedeutung erst mit ihrem Argument; für erstere sind ihre Argumente fakultativ, vgl. tłum ludzi ‚Menschenmenge‘ oder tłum. Der semantische Kern der Kollektivität, d. h. Ganzheit, Totalität, kann entweder als allumfassend, vgl. poln. ludzkość ‚Menschheit‘, bzw. auf eine unbestimmte (Teil-)Menge bezogen sein, vgl. ludność ‚Bevölkerung‘, die dann jedoch als etwas Ganzes aufgefasst werden kann, vgl. cała ludność miasteczka ‚die ganze Bevölkerung des Städtchens‘.

4.1.1. Wortbildungsderivation Bei den Derivaten ist das Einzelelement der Menge explizit durch das Basiswort benannt. Produktive Formantien sind noch:

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen ⫺ im Tschechischen: -(s)tv(o) wie in obyvatelstvo, lidstvo, letectvo; -(í)/-ov(í) wie in peří, sloupoví (arch. poln. słupkowie); -iv(o) wie in kamenivo (arch. poln. kamienie, kamieniec); ⫺ im Polnischen: -(s)tw(o) wie in krzyżactwo (von krzyżak ‚Kreuzritter‘); -ostw(o) wie in wujostwo, stryjostwo (dieses Suffix bildet Bezeichnungen von Ehepaaren, die einzeln als Onkel und Tante bezeichnet werden, wobei als Ableitungsbasis eine der polnischen Bezeichnungen für ‚Onkel‘ dient); -in(a) wie in zwierzyna; -arni(a) wie in dzieciarnia; die alten Suffixe -iwi(e)/ -owi(e), -iw(o) sind nicht mehr aktiv; ⫺ im Russischen ist -stv(o) wie in učitel’stvo in dieser Funktion nicht produktiv. Es bildet häufiger Nomina sessendi. Aktiver sind -j- wie in bab’e und -nj(a) wie in šofernja; ⫺ im Weißrussischen: -j- wie in zvjar’jo, -nj(a) wie in saldatnja ‚Soldaten‘; ⫺ im Slovakischen: -stv(o) wie in ľudstvo ‚Menschheit‘, rastlinstvo ‚Pflanzen‘, služobníctvo ‚Dienstleute‘; -in(a), -iv(o) wie in liečivo ‚Arzneimittel‘.

Hinzu kommen fremde Suffixe wie -eria: poln. chuliganeria; -at: poln. laikat; -it(a): tschech. generalita; -ika im russ. strofika, aksiomatika; -iana im russ. Leniniana; -teka im russ. patentoteka, weißruss. fotatėka etc. Präfixe wie po- im poln. pogłowie von głowa ‚Viehbestand‘ (früher ‚Menschenmenge/Menschengeschlecht‘); sou- im tschech. soukolí ‚Rädersatz‘, ähnlich su- im slovak. súkolesie von koleso, sind jedoch heute unproduktiv. Auffallend ist die pragmatische Markierung der Bezeichnungen von Menschenmengen, die auch die beschränkte Produktivität der Wortbildungsmittel plausibel macht. Vielen Kollektiva wie z. B. poln. krzyżactwo ‚Kreuzritterorden‘, kozactwo ‚Kosakentum‘, żydostwo ‚Judentum‘ haftet eine negative Bewertung an. Ein neutraler Ausdruck ist in solchen Fällen der Plural: Krzyżak ⫺ Krzyżacy. Die Kollektivformen erinnern zu sehr an die Muster der Wahrnehmung von Tieren und unbelebten Objekten, was auf Menschen übertragen abwertend wirkt.

4.1.2. Semantische Derivation Es handelt sich hier um Derivate, deren kollektive Bedeutung sekundär ist. Ihre Basiswörter sind Adjektive bzw. Verben wie poln. ciemnota, emigracja, służba, zaprzęg ‚Gespann‘; tschech. oběživo ‚Geld im Umlauf‘ (von oběžný ‚geläufig‘), pěchota; russ. star’e, brodežnja im Jargon. Genetisch gesehen handelt es sich um eine Übertragung der abstrakten Bedeutung der Nomina sessendi bzw. actionis auf ein Kollektiv, dem die Eigenschaft oder die Handlung eigen ist. Die Mitglieder des Kollektivs (Einzelelemente einer Menge) können mit dem substantivierten Basisadjektiv benannt werden wie z. B. tschech. mládež und mladí. (Aber schon bei pěchota gibt es heute eine semantische Irregularität: Es sind nicht einfach pěší ‚zu Fuß gehende‘, sondern ‚Fußsoldaten‘, die im Übrigen in der modernen Armee längst motorisiert sind). Bei verbalen Basen können parallel gebildete Nomina agentis als einzelpersonbezogene Bezeichnungen benutzt werden wie russ. ėmigracija ‚Gesamtheit von Emigranten‘ und ėmigrant. Viele Kollektiva in der Gruppe haben jedoch keine Paraphrase dieser Art, weil eine Einzelbenennung nicht existiert, vgl. poln. obstawa ‚Personenschutz‘ (aber zu ochrona ‚Sicherheitsdienst‘ gibt es schon ochroniarz). Wenn es sie auch gibt, muss man mit semantischen Idiosynkrasien rechnen wie z. B. im Fall des Paares im Polnischen opozycja und opozycjonista. Ein Mitglied der parlamentarischen Opposition ist nicht gleich ein Oppositioneller.

55. Diminutiva/Augmentativa und Kollektiva

4.2. Raumkollektiva Sie weisen auf die räumliche Ausdehnung, auf die räumliche Nähe der Elemente hin. Es treffen hier lokative und kollektive Bedeutung aufeinander. Eine zahlreich repräsentierte Gruppe bilden Derivate, die Wälder, Gebüsch und sonstige Pflanzenansammlungen benennen wie poln. dąbrowa, olszyna, buczyna /bukowina, maliniak; tschech. dubina, smrčina /smrčí, březí, lipoví, malinovi /maliní; slovak. vrbina, dúbrava; weißruss. arėšnik, beraznjak, sasonnik. Sie haben Eigenschaften eines kollektiven Namens (in der Regel sind sie Singularia tantum), können jedoch ambigue paraphrasiert werden. So kann z. B. poln. dąbrowa, tschech. dubina, weißruss. dubnjak entweder als ‚Eichenwald‘ oder als ‚Menge von Eichen‘ verstanden werden. Solche Derivate, die auf eine gewisse Naturnähe hinweisen, werden in der modernen urbanen Gesellschaft immer seltener gebraucht. Das urslavische Kollektivum *bučina gewinnt im Gegenwartspolnischen also primär die Bedeutung ‚Buchenholz‘, ebenso kann es sich bei slovak. vrbina in erster Linie um ein Stoffsubstantiv handeln, vgl. košík z vrbiny ‚Weidenkorb‘, dann aber auch um vŕbový porast ‚Weidengebüsch‘. Wir gelangen auf diese Weise immer mehr in die Nähe zu Materialsubstantiven, die als eine weitere Stufe im Prozess der Konturverwischung gedeutet werden können. Es ist noch eine Untergruppe innerhalb der räumlich markierten Kollektiva zu unterscheiden, die ⫺ anders als die oben diskutierte ⫺ an Produktivität zunimmt. Es handelt sich um die Benennung des Mitarbeiterteams einer leitenden Person wie russ. dekanat ‚Dekan und seine Stellvertreter‘ von dekan, rektorat ‚Rektor und seine Stellvertreter‘ von rektor; weißruss. dyrėktarat; ebenso tschech. direkcie (vgl. direktor); poln. dowództwo von dowódca ‚Befehlshaber‘, kierownictwo ‚Leitung‘ etc. Solche Benennungen haben zugleich eine lokale Bedeutung, vgl. rektorat ‚Büro des Rektors‘.

4.3. Stoffnamen; Singulativa Es gibt Derivate, die einfachen Stoffsubstantiven des Typs poln. fusy ‚Tee- und Kaffeesatz‘, russ. zerno ‚Korn‘, tschech. písek ‚Sand‘ nahe stehen, vgl. poln. igliwie, pierze, kwiecie, weißruss. zelle, tschech. kvítí, uhlí. Gemeinsam sind die Bedeutungsmerkmale unbelebt, aus kleinen Elementen bestehend. Als Wortbildungsmittel wird hier häufig an Stelle von Suffixen ein bloßer Paradigmenwechsel angesetzt, wobei die Derivate die grammatische Klasse Neutrum repräsentieren, vgl. tschech. květ > kvítí. Kollektiva dieser Art schlagen eine Brücke zu Stoff- und Substanznamen. Im Gegensatz zu ihnen sind sie motiviert, und zwar durch den Namen eines Einzelelements. Bei Substanzen kommt es auch manchmal darauf an, sie zu zählen oder zu portionieren. Diese Möglichkeit wird lexikalisch durch die Bildung von Singulativa fundiert, vgl. russ. Suffixe -(in)k(a) in rjabininka von rjabina ‚Vogelbeere‘, -in(a) in sveklina von svekla ‚Rübe‘, morkovka von morkov’ ‚Möhre‘, konfetka von konfeta ‚Bonbon‘ etc. mit der Bedeutung ‚ein Stück‘, vgl. auch poln. -ik in wacik ‚ein Wattebausch‘, -k(a) in czekoladka ‚eine Praline‘.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

5. Literatur (in Auswahl) Bogusławski, Andrzej (1988): Język w słowniku. Wrocław/Warszawa/Kraków. Grzegorczykowa, Renata/Puzynina, Jadwiga (1984): „Słowotwórstwo rzeczowników“. // Grzegorczykowa, Renata/Laskowski, Roman/Wróbel, Henryk (red.). Gramatyka współczesnego języka polskiego. Morfologia. Warszawa. 332⫺407. Petr, Jan (ed.) (1986): Mluvnice češtiny. Fonetika. Fonologie. Morfonologie a morfemika. Tvoření slov. Praha. Zemskaja, E. A. (1992): Slovoobrazovanie kak dejatel’nost’. Moskva.

Alicja Nagórko, Berlin (Deutschland)

56. Phraseologie 1. 2. 3. 4.

Der Begriff der Phraseologie Die Phraseologie als Ebene des Sprachsystems Die Phraseologie und das „sprachliche Weltbild“ Leistungen und Aufgaben der Phraseologie als slavistischer sprachwissenschaftlicher Disziplin 5. Literatur (in Auswahl)

Abstract In this article the terms phraseological unit and phraseology are defined and the basic attributes of phraseological units are specified. Several classifications of phraseological units are reviewed and differentiated. The article also deals with different linguistic levels against the background of which the place of phraseology in the system of the other language units is defined. The system characteristics of phraseology are described and compared with those of lexicology. Furthermore, the opportunities offered by the synchronic and diachronic approaches to phraseology are considered. The article also includes a selected list of bibliography.

1. Der Begriff der Phraseologie Unter Phraseologie wird 1. eine eigenständige linguistische Teildisziplin, die feste Wortverbindungen der Sprache als System in all seiner Vielschichtigkeit untersucht, und 2. die Gesamtheit der festen Verbindungen (vgl. Artikel 57. Phraseologische Einheiten), die für eine Sprache charakteristisch ist, verstanden. Nicht im terminologischen Sinne bezeichnet man als Phraseologie oft auch die charakteristischen Ausdrucksmittel einer bestimmten sozialen Gruppe oder eines Berufs-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen

5. Literatur (in Auswahl) Bogusławski, Andrzej (1988): Język w słowniku. Wrocław/Warszawa/Kraków. Grzegorczykowa, Renata/Puzynina, Jadwiga (1984): „Słowotwórstwo rzeczowników“. // Grzegorczykowa, Renata/Laskowski, Roman/Wróbel, Henryk (red.). Gramatyka współczesnego języka polskiego. Morfologia. Warszawa. 332⫺407. Petr, Jan (ed.) (1986): Mluvnice češtiny. Fonetika. Fonologie. Morfonologie a morfemika. Tvoření slov. Praha. Zemskaja, E. A. (1992): Slovoobrazovanie kak dejatel’nost’. Moskva.

Alicja Nagórko, Berlin (Deutschland)

56. Phraseologie 1. 2. 3. 4.

Der Begriff der Phraseologie Die Phraseologie als Ebene des Sprachsystems Die Phraseologie und das „sprachliche Weltbild“ Leistungen und Aufgaben der Phraseologie als slavistischer sprachwissenschaftlicher Disziplin 5. Literatur (in Auswahl)

Abstract In this article the terms phraseological unit and phraseology are defined and the basic attributes of phraseological units are specified. Several classifications of phraseological units are reviewed and differentiated. The article also deals with different linguistic levels against the background of which the place of phraseology in the system of the other language units is defined. The system characteristics of phraseology are described and compared with those of lexicology. Furthermore, the opportunities offered by the synchronic and diachronic approaches to phraseology are considered. The article also includes a selected list of bibliography.

1. Der Begriff der Phraseologie Unter Phraseologie wird 1. eine eigenständige linguistische Teildisziplin, die feste Wortverbindungen der Sprache als System in all seiner Vielschichtigkeit untersucht, und 2. die Gesamtheit der festen Verbindungen (vgl. Artikel 57. Phraseologische Einheiten), die für eine Sprache charakteristisch ist, verstanden. Nicht im terminologischen Sinne bezeichnet man als Phraseologie oft auch die charakteristischen Ausdrucksmittel einer bestimmten sozialen Gruppe oder eines Berufs-

56. Phraseologie feldes, z. B. die Phraseologie der Lagerinsassen, der Böttcher, der Eisenbahner, eines Schriftstellers, z. B. die Phraseologie Puškins, Mickiewiczs, oder einer literarischen Epoche, z. B. die Phraseologie des Klassizismus, der Romantik. Aufgaben der Phraseologie sind die Bestimmung kategorialer Merkmale fester Wortverbindungen, die Untersuchung des phraseologischen Bestandes einer Sprache als System sowie der inneren Gesetzmäßigkeiten ihrer Entwicklung und ihres Funktionierens, zudem die Eingrenzung der Disziplin Phraseologie, die Klassifikation verschiedener Typen von Phraseologismen, die Bestimmung ihrer semantischen, grammatischen, funktional-semantischen und stilistischen Besonderheiten. Das Objekt der Phraseologie ist demnach die Erforschung fester Wortverbindungen bestimmter Sprachen im Vergleich mit anderen Sprachen, die Ermittlung des kulturologischen Fonds und der nationalen Spezifik von phraseologischen Einheiten, die Art und Weise der Bildung phraseologischer Einheiten, die Analyse der Geschichte und Etymologie der Phraseologismen. Die Spezifik der Phraseologie als besonderer Teil des Sprachsystems lässt sich nicht durch irgendein, selbst nicht durch ein dominierendes Merkmal ausdrücken. Sie ist durch die Gesamtheit mehrerer sprachlicher Charakteristika bestimmt. Linguisten grenzen diese Gesamtheit unterschiedlich ab, quantitativ wie qualitativ. In Abhängigkeit von den jeweils ausgewählten kategorialen Merkmalen phraseologischer Einheiten unterscheidet man die Phraseologie im engeren oder weiteren Sinne (s. 57. Phraseologische Einheiten).

2. Die Phraseologie als Ebene des Sprachsystems Das Problem der Zuordnung der Phraseologie zu einer der sprachlichen Ebenen ist mit solch wesentlichen Fragen verknüpft wie der Systemhaftigkeit der phraseologischen Einheit, ihrer Fähigkeit, als Kombination selbständiger sprachlicher Einheiten zu funktionieren. I. E. Aničkov, der Wegbereiter der russischen Phraseologie als eigenständigem Zweig der Linguistik, interpretierte bereits im Jahre 1937 die Idiomatik lakonisch „als die Lehre von der Verbindung von Wörtern in Abgrenzung zur Syntax“ (Aničkov 1997, 103). Dabei polemisierte er fast 10 Jahre vor V. V. Vinogradov mit der stilistischen Interpretation von Charles Bally. Dieser war der Meinung, dass Idiomatik „einen zwiefachen Charakter aufweist und sich teilweise auf die Linguistik, teilweise auf die Literaturwissenschaft bezieht“ (Aničkov 1997, 120). Aničkovs eigene Hierarchie der linguistischen Disziplinen sah folgendermaßen aus: Phonetik ⫺ Morphologie ⫺ Syntax ⫺ Idiomatik ⫺ Semantik, wobei er diese Reihenfolge „unveränderlich“ nannte (Aničkov 1997, 121). Auch nach Jahrzehnten ist der Platz der Phraseologie im hierarchischen Sprachsystem bei weitem nicht so fest und „unveränderlich“: Man sucht ihn in der Syntax, Lexik, Wortbildung und sogar in der Phonologie der Sprache. Diese Diskussionen sind durch die Tatsache bedingt, dass die Phraseologie ein Bereich des Sprachsystems ist, der aus dem Zusammenwirken von Einheiten verschiedener Ebenen entsteht. Da eine ihrer spezifischen Eigenschaften Festigkeit, ein gewisser „Konservatismus“ ist, bewahrt sie Eigenschaften jener Sprachebenen, aus denen sie hervorgegangen ist und die sie in ihrem Funktionieren weiter beeinflussen, da gerade

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen diese Beeinflussung, dieses „Nähren“, eine der mächtigen Ressourcen einer ihrer kategorialen Eigenschaften ⫺ der Expressivität ⫺ ist. Die Tatsache der relativen Selbständigkeit der Phraseologie im allgemeinen Sprachsystem wird gegenwärtig von der Mehrheit der Sprachwissenschaftler (in unterschiedlichen Abgrenzungen und Kommentaren) anerkannt. Die Untersuchungen zeigen dabei, dass sich die phraseologische Ebene des Sprachsystems strukturell und funktional-semantisch von den anderen wie der phonologischen, morphologischen, Wortbildungs-, lexikalischen und syntaktischen Ebene unterscheidet. Dieser Unterschied wurzelt v. a. im kombinierten und komplikativen Charakter phraseologischer Einheiten: Indem sie über Merkmale der anderen Sprachebenen verfügen, explizieren phraseologische Einheiten diese Merkmale auf ihre eigene Weise, nämlich durch den Filter der phraseologischen Semantik und Form. Gerade das Verhältnis der phraseologischen Einheiten zu den sprachlichen Einheiten anderer Ebenen bestimmt auch die Spezifik des phraseologischen Systems, macht es zu einem besonderen selbständigen System. Während sich die phonologische, morphologische, lexikalische und syntaktische Ebene in der ganzen Breite ihrer Realisierung im Sprachsystem insbesondere über ihre funktionale Wirkungsbreite definieren, ist die phraseologische Ebene gewissermaßen von der entgegengesetzten Seite zu erkennen; sie zeigt sich als „System der Beschränkungen“ der funktionalen Amplitude der anderen Sprachebenen. Abgrenzungen und Restriktionen ziehen sich durch das gesamte sprachliche Gewebe der Phraseologie, bilden ihre strukturelle und funktional-semantische Hülle. Denn über phraseologischen Status verfügen im Sprachsystem nur diejenigen sprachlichen Einheiten, deren funktionale Potenzen in der einen oder anderen Hinsicht beschränkt sind. So hat die rein phonetische Korrelation u-/vu- (mit v-Epenthetikon) in einer Reihe slavischer Sprachen regelmäßigen Charakter, vgl. russ. uda, udočka, tschech. udice, ukr. vudka, weißruss. vuda, bulg. vădica, pol. węda, wądka, obersorb. wuda u. a. m. Die russische scherzhafte Wendung vumnyj kak vutka über einen einfachen, dümmlichen Menschen wurde als solche deshalb möglich, weil in der russischen Sprache diese allgemein slavische Korrelation äußerst eingegrenzt wurde und als phonetische Ausnahme wahrgenommen wird. Aufgrund dessen erlangt dieser durchsichtige Vergleich phraseologischen und höchst expressiven Status. Die Interaktion zwischen phraseologischen Einheiten und den Einheiten anderer Sprachebenen zeigt, dass die „materielle Abhängigkeit“ ersterer von den zweiten zwar unzweifelhaft, aber bei weitem nicht ausgewogen ist. Das phraseologische Untersystem übernimmt aus jeder Ebene das, was seinem eigentlichen Status entspricht und trennt das Unverbindliche und Redundante ab. Die Quote dieses „Beschneidens“ lässt sich durch die Analyse der phraseologischen Varianz ermitteln, die das gesamte sprachliche Ebenensystem erfasst. Da die allgemeine Spezifik der phraseologischen Varianz in der Möglichkeit verschiedener formaler Transformationen bei Erhalt der relativen Stabilität des struktur-semantischen Modells besteht, wird die Grenze der paradigmatischen Freiheit der Einheiten im Bestand einer phraseologischen Einheit gerade durch eine solche Stabilität bestimmt. Die formulierte Abgrenzung determiniert die Spezifik des Funktionierens von Einheiten verschiedener Ebenen im Bestand phraseologischer Einheiten. Da sie sich im Unterschied zum Lexem nicht in Morpheme, sondern in Wortkomponenten (allerdings mit abgeschwächter lexikalischer Bedeutung) gliedern lassen, ist die paradigmatische Amplitude der Phoneme und Morpheme in diesen Komponenten merklich verengt.

56. Phraseologie Phonetische Varianten z. B. erweisen sich in der Mehrzahl der Fälle für die phraseologische Ebene als nicht relevant, da sie das struktur-semantische Modell praktisch nicht beeinflussen. Die morphologische Paradigmatik sowohl der Komponenten der phraseologischen Einheit als auch des Phraseologismus im Ganzen wird v. a. durch die Interaktion des phraseologischen Modells (oder der konkreten phraseologischen Einheit) mit der kontextuellen Umgebung bestimmt. Darin gründet die gut erforschte paradigmatische „Defektivität“ der Komponenten der phraseologischen Einheit auf morphologischer und Wortbildungsebene. Als Ausnahmen erscheinen Fälle wie russ. muraški begajut po spine (u kogo-l.) (aus Angst, Kälte u. ä.), wo die Spezialisierung des Wortbildungsformanten den in anderen slavischen Sprachen möglichen Komponentenwechsel verhindert (vgl. ukr. (až) murašky bihajut’ po spyni, weißruss. muraški behajuc’ pa spine; obersorb. běhaja zymne ješćelcy po chribjeće komu, tschech. mrávenci běhají po zádech komu; slovak. zimomriavky behajú po chrbte (po tele) komu, poln. ciarki chodzą po skórze (po krzyżach, po plecach), mrowie przechodzi po skórze; kroat. podilaze mravci koga u. a. Die Interaktion phraseologischer Einheiten mit der lexikalischen Ebene ist durch eine besondere Spezifik des Sprachsystems gekennzeichnet. Die phraseologische Ebene bedingt wesentliche Restriktionen der formalen und semantischen Paradigmatik der Wortkomponenten. Polyseme Lexeme werden im Bestand der phraseologischen Einheit gewöhnlich zu monosemen, ihre Verbindbarkeit mit anderen Wörtern wird stark eingeschränkt, die stilistischen Parameter ändern sich in Abhängigkeit von der Stilistik der phraseologischen Einheit als unteilbarem Ganzen. Die Grenze der Freiheit der Lexeme im Bestand einer phraseologischen Einheit ist das Absterben von Komponenten, welches oftmals zur Zerstörung der phraseologischen Einheit führt, d. h. zu ihrer Umwandlung in ein Wort (z. B. bei Adverbien wie načeku, nastorože, dotla, vzdryg, vdrebezgi, ukr. nastoroži, dotla, uščent, doščentu). Die lexikalische Varianz ist eine spezifische Ausprägung der phraseologischen Varianz, sie gewährleistet die Identität des relativen Wortcharakters der Komponenten einer phraseologischen Einheit. Phraseologismen sind mit Wörtern sowohl genetisch als auch funktional verbunden. Die Komponenten von Phraseologismen sind aus Wörtern hervorgegangen und bewahren die phonetischen, morphologischen und z. T. semantischen Merkmale dieser Wörter, was die Möglichkeit eröffnet, sie in der Rede zu variieren. Die Einheit des Inhalts bei unterschiedlicher Form ist ein grundlegender Widerspruch, der das Wesen des Phraseologismus ausmacht und ihn vom Wort unterscheidet. Die Spannung, die durch diesen Widerspruch erzeugt wird, ist eine der Quellen der Expressivität des Phraseologismus. Diese Eigenschaften bedingen ihre breite Nutzung für künstlerische Zwecke als besonders ausdrucksvolle Wortäquivalente, was auch ihre Übersetzung in andere Sprachen erschwert. Im slavischen Sprachraum manifestiert die Lexemvariation die Gemeinsamkeit vieler struktur-semantischer und bildhafter Modelle. Die feste Verbindung idti komu-l. kak korove sedlo, welche die Vorstellung von etwas Unvereinbarem widerspiegelt, ist in den meisten slavischen Sprachen bekannt. Die ursprüngliche innere Form ist zu rekonstruieren als „passt C wie C Tier, das nicht gesattelt wird C Sattelzeug“. Die Motivierung dieses Modells basiert auf der Opposition einfach vs. edel und baut auf der traditionellen Unterscheidung von Lebewesen in einfache (Schwein, Kuh) und edle (Pferd) auf (Ivčenko 1999, 46⫺47). Vgl. auch sloven. podati se komu kot kravi sedlo, podati se komu kot svinji sedlo, podati se komu kot zajcu boben; kroat. pristajati komu kao magarcu sedlo (Keber 2003, 117) sowie ihre europäischen Parallelen.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Die syntaktische Paradigmatizität phraseologischer Einheiten hat, wie auch die lexikalische Paradigmatizität, eine zweifache Ausrichtung. Einerseits sind phraseologische Einheiten als Wortverbindungen ihrem Wesen nach Einheiten der „kleinen Syntax“. Sie sind dabei, wie auch Lexeme, durch eine wesentlich geringere Kombinatorik gekennzeichnet, die sowohl durch die Semantik der Komponenten als auch durch die ganzheitliche phraseologische Bedeutung bestimmt ist. Dabei sind die Modelle von phraseologischen Einheiten und freien Wortverbindungen in syntaktischer Hinsicht identisch. Andererseits treten phraseologische Einheiten als ganzheitliche, nicht teilbare Einheiten in aktive syntaktische Beziehungen mit Texten verschiedenen Umfangs, was sie funktional dem Wort annähert. Die Grenzen dieser Beziehung werden ebenfalls in vielem durch die semantische Spezifik der phraseologischen Einheit bestimmt. Daher zeigen phraseologische Einheiten auf syntaktischer Ebene die gleiche funktionale Zweigeteiltheit wie auf den anderen Ebenen. Als semantisch ganzheitliche Einheit demonstrieren phraseologische Einheiten permanent ihre strukturelle Gegliedertheit, ohne die ihre hohe Expressivität verloren ginge. Nicht selten führt das zu einer bewussten Ausformung eines Wortes oder einer Wortverbindung in größere getrennt geformte Komplexe. Die grundlegende Spezifik der phraseologischen Ebene im Vergleich zu den anderen Ebenen wird auf diese Weise durch die struktur-semantischen Begrenzungen bestimmt, die in dem komplikativen Wesen der phraseologischen Einheit gründen. Diese Komplikativität ist durch die innere Dynamik des phraseologischen Systems bedingt, die durch die Oppositionen Festigkeit vs. keine Festigkeit, Modellhaftigkeit vs. Nichtmodellhaftigkeit, Implizitheit vs. Explizitheit, Bildhaftigkeit vs. Nichtbildhaftigkeit, Expressivität vs. Neutralität, Synchronie vs. Diachronie (Mokienko 1980, 1989) bestimmt sind. Die Reihe solcher „energetischen“ Polarisationen ist in der Phraseologie sehr hoch, aber nicht unendlich. Ihre Bestimmung, Hierarchisierung und objektive Analyse sind für die weitere Erforschung der Spezifik einer so widersprüchlichen sprachlichen Ebene wie der Phraseologie unerlässlich.

3. Die Phraseologie und das „sprachliche Weltbild“ Eines der aktuellen Probleme der gegenwärtigen slavischen Phraseologie ist ihre kognitive Analyse, die mit der in der allgemeinen Linguistik einhergehenden Suche nach nationalen Besonderheiten der Sprache verbunden ist. Sie geht in die Richtung der Erstellung eines sogenannten „sprachlichen Weltbildes“, das bekanntermaßen sehr alte Wurzeln hat. Der Terminus Weltbild geht zurück auf das didaktische System J. A. Komenskýs (vgl. sein Svět v obrazech 1658). Von W. v. Humboldt philosophisch interpretiert, wurde dieser Begriff in der heutigen Zeit in der Linguolandeskunde (E. M. Vereščagin, V. G. Kostomarov) und bei der Erarbeitung verschiedener Modelle eines „naiven“ oder „wissenschaftlichen“ Weltbildes (A. Wierzbicka, Ju. D. Apresjan, N. D. Arutjunova, Ju. N. Karaulov, V. V. Kolesov, S. E. Nikitina, V. N. Telija, N. I. Tolstoj, E. S. Jakovleva u. a.) operationalisiert. Diese Forschungen konnten verschiedene Aspekte der Interaktion Sprache⫺Kultur aufzeigen, die dominierenden Bereiche eines sprachlichen Weltbildes herausstellen (z. B. ‚Zeit‘, ‚Raum‘, ‚Schicksal‘, ‚Seele‘), verschiedene Herangehensweise an ihre Interpretation vorschlagen.

56. Phraseologie Bei allen theoretischen Errungenschaften, die diese Modelle eines Bildes der „russischen Welt“ zweifellos aufweisen, gibt es doch auch Unzulänglichkeiten. Die Hauptschwierigkeit scheint darin zu liegen, dass sprachliche Fakten, die als nationale Stereotypen ausgegeben werden, übermäßig verallgemeinert sind und daher subjektiv interpretiert werden. Die allgemeine methodologische Besonderheit vieler Forschungen dieser Art liegt in der Globalität der Schlussfolgerungen, die auf einer inadäquaten Gegenüberstellung von Fakten verschiedener Sprachen oder auf dem gänzlichen Fehlen eines vergleichenden Hintergrundes basieren. Solcherart ist beispielsweise die Interpretation des russischen Phraseologismus na avos’ bei Anna Wierzbicka, der gleichermaßen auf „ein kurzes Resümee eines Themas, das die russische Sprache und die russische Kultur durchzieht ⫺ des Themas des Schicksals, der unkontrollierbaren Ereignisse, der Existenz in einer unerkennbaren und rational nicht kontrollierbaren Welt“ (Wierzbicka 1996, 78⫺79) hinausläuft. Wendet man sich den sprachlichen Fakten zu, die insbesondere die russische und europäische Parömiologie liefern (Mokienko 2003, 9⫺17), zeigt sich allerdings die Möglichkeit einer anderen Interpretation des „nationalen Status“ des russ. avos’, und dies lässt auch an dem verbreiteten Stereotyp vom hypertrophierten Fatalismus der Russen zweifeln. In Russland sind der Glaube an das Schicksal und ebenso das Fehlen des Glaubens daran sowohl individuell als auch regional, situativ, sozial, generationsabhängig sowie ⫺ das ist das Wichtigste ⫺ historisch bedingt und begrenzt, ebenso wie bei anderen Völkern. Die Erarbeitung eines national spezifischen „sprachlichen Weltbildes“ interessiert auch die Phraseologen. D. O. Dobrovol’skij konstatiert zu Recht die Existenz eines „phraseologischen Weltbildes“ (Dobrovol’skij 1992), und V. N. Telija versucht beharrlich und in verschiedener Hinsicht die Dominanten der russischen Mentalität zu rekonstruieren, die sich in thematischen Gruppen der Phraseologie und Parömiologie widerspiegelen, beispielsweise in den phraseologisch-parömiologischen Feldern ‚Nichtstun‘ und ‚Frau‘ (Telija 1996, 231; 246; 262⫺268). Die negativistische Ausrichtung solcher Forschungen ist objektiv gerechtfertigt, weil negativ konnotierte Felder in der Phraseologie gegenüber den positiven überwiegen. Aber ⫺ und darin liegt das Paradox der phraseologischen Sicht des sprachlichen Weltbildes ⫺ da die negative Wertigkeit ein universelles, typologisches, internationales Merkmal der Phraseologie ist, kann die Zuschreibung einer nationalen Spezifik ohne breite vergleichende Gegenüberstellungen nur subjektiv geprägt sein. Das Feld ‚Nichtstun‘ im russischen phraseologischen System hat beispielsweise tatsächlich eine gewisse bildhafte Spezifik, die von der Position einer „reinen“ Russistik als nationale Spezifik erscheinen kann. Dennoch zeigt die Gegenüberstellung der Phraseologismen dieses Feldes mit Material aus anderen slavischen und nichtslavischen Sprachen (Mokienko 1980, 1989), dass die grundlegenden struktur-semantischen Modelle der russischen Phraseologismen universell sind und dass sich die russische Bewertung des Nichtstuns durch phraseologische Einheiten von dessen Bewertung in anderen Regionen des slavischen Raums oder Europas insgesamt nicht unterscheidet. Im Lichte eines innerslavischen (resp. innereuropäischen) frontalen Vergleichs erscheint auch der nationale Stereotyp von der „rätselhaften russischen Seele“, die Kulturologen, Literaturwissenschaftler und Philologen seit Jahrhunderten zu entschlüsseln versuchen, nicht weniger angreifbar. Die Wurzeln der Eigenart der Wendung russkaja duša ,die russische Seele‘ liegen nicht in der Mentalität, sondern im konnotativen Potential des russischen sprachlichen (resp. parömiologischen) Systems. Wie auch in ande-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen ren europäischen Sprachen ist das ein reichlich später, durch die Zeit markierter kulturologischer Stereotyp ⫺ wie etwa dt. der germanische Geist oder franz. esprit français ‚der französische Geist‘, die sich mit dem von A. S. Puškin besungenen russkij dux ,russischer Geist‘ überschneiden. Bei der Interpretation solcher phraseologischen Stereotypen muss man von ihrer einseitigen spezifisch nationalen Qualifizierung wegkommen und auch andere Faktoren berücksichtigen, die ihre Formierung in einer konkreten Sprache und in einer konkreten Kultur beeinflussen. Eine übermäßige Geradlinigkeit der Schlussfolgerungen über die nationale Spezifik der Mentalität auf der Grundlage phraseologischen und parömiologischen Materials veranlasst einige Linguisten, sich gegenüber der verlockenden und im Prinzip produktiven Idee der Suche skeptisch zu verhalten. W. Eismann bemerkt in Bezug auf die neuesten Versuche V. I. Telijas, die Mentalität des Volkes, den nationalen Charakter bzw. das Weltbild auf der Grundlage phraseologischen Materials zu rekonstruieren, zu Recht, dass das russische phraseologische Weltbild strenger gegenüber anderen Sprachen abgegrenzt werden müsse (Eismann 1999, 357). In der Tat ist der Anteil des „rein“ Nationalen bei der Interpretation der russischen Phraseologie aus kognitiver Sicht deutlich überhöht. Oftmals wird als „Nationalspezifisches“ das Allgemeineuropäische, wenn nicht gar das universelle menschliche Weltbild rekonstruiert. Der Grund dafür liegt in der kumulativen Funktion der Sprache, die Spuren des vergangenen Daseins und vergangener Mentalität bewahrt. Eine konsequente Überprüfung des als „spezifisch national“ Festgestellten in einem zwischensprachlichen Vergleich und unter Berücksichtigung der struktur-semantischen Modellierung (vgl. die Arbeiten von N. I. Tolstoj, R. Eckert, W. Eismann, D. Mršević-Radović, L. I. Ivaško, I. A. Podjukov, O. O. Ivčenko, V. I. Koval’, V. M. Mokienko, T. G. Nikitina, J. Opalková, A. SpagińskaPruszak, L. Stěpanova u. a.) kann nicht nur den Anteil der national „spezifischen“ Phraseologismen in den slavischen Sprachen deutlich senken, sondern auch den Mythos von deren „Entfremdung“ vom europäischen phraseologischen Weltbild widerlegen. Eine vergleichende Analyse der slavischen phraseologischen Systeme kann in verschiedene Richtungen und in unterschiedlichem Umfang vorgenommen werden. Ihre Dominanten sind der typologische oder genetische Vergleich. Der erste hat die Rekonstruktion des konzeptuellen Weltbildes zum Ziel, das für viele Völker, die unter ähnlichen ökonomischen und kulturellen Bedingungen leben, gleich ist. Hauptziel des zweiten ist die Bestimmung national markierter sprachlicher Elemente, d. h. des eigentlichen sprachlichen Weltbildes. Der typologische und der genetische Vergleich haben bei aller Verschiedenheit der Ausrichtung auf ein bestimmtes Weltbild doch auch eine Berührungszone, da ohne das universell Gemeinsame auch das national Spezifische nicht beschrieben werden kann. Das sprachliche Weltbild zeigt sich im Vergleich als Mosaik, das sich aus den „Teilbildern“ verschiedener sprachlicher Ebenen zusammensetzt: von der phonetischen bis hin zur syntaktischen. Spezifisch für die Phraseologie ist die quantitative Begrenzung der konzeptuellen Dominanten im Vergleich zu den lexikalischen, denn während die Lexikfelder praktisch das gesamte konzeptuelle Weltbild abdecken, charakterisieren die phraseologischen Felder im Wesentlichen die Bereiche mit einer anthropomorphen Semantik und mit einer starken expressiv-emotionalen Gefärbtheit und konnotativen Markiertheit. Die Zusammensetzung dieser semantischen Felder ist in vielen Sprachen relativ gleich, was von dem universellen, typologischen Charakter der allgemeinen se-

56. Phraseologie mantischen Struktur der phraseologischen Systeme in verschiedenen Sprachen zeugt. Ihre Spezifik ist nicht in dieser Struktur zu finden, sondern in der inneren Form der Phraseologismen verschiedener Sprachen und in der speziellen sprachlichen Realisierung dieser inneren Form.

4. Leistungen und Aufgaben der Phraseologie als slavistischer sprachwissenschaftlicher Disziplin Das Problem der nationalen Spezifik ist schon deshalb das zentrale theoretische und praktische Problem der slavischen Phraseologie, weil mit ihm die Mehrzahl der anderen Aspekte ihrer Erforschung verbunden ist. Die historische Phraseologie, die zweisprachige und historische Phraseographie, die vergleichende (resp. kontrastive) und translatologische Phraseologie, die Dialektphraseologie, die Phraseodidaktik und andere spezialisierte Richtungen dieser Disziplin interpretieren dieses Problem auf unterschiedliche Weise und diagnostizieren die nationale Spezifik von phraseologischen Einheiten mit verschiedenen Verfahren. Eine direkte Beziehung zu diesem Problem haben auch solch kardinale Fragen wie die semantische Charakteristik von phraseologischen Einheiten, ihre paradigmatischen und syntagmatischen Verhältnisse, die Phrasenbildung (unter synchronem wie auch diachronem Aspekt), die stilistische Charakterisierung der phraseologischen Einheit, die Phraseologie und die Psycholinguistik, die Phraseologie und Folklore, Phraseologie und Kultur (resp. solche kulturologischen Einheiten wie geflügelte Worte und Ausdrücke, Mythologeme, Periphrasen usw.) u. a. Alle genannten Zweige der Phraseologie sind in vielzähligen Monographien und Aufsätzen detailliert erforscht worden; deren Zahl beläuft sich in den vergangenen 60 Jahren auf etwa 100 000. Komprimierte Informationen zu den Richtungen solcher Forschungen in verschiedenen slavischen Regionen und deren Wertung gibt es in linguistischen Nachschlagewerken und Übersichten (Alefirenko 2000; Birich/Volkov/Nikitina 1993; Chlebda 2003; Günther 1990, 103; Eismann 1999; Mlacek 1993; Ďurčo 1995; Mokienko 1975; Telija 1997 u. a.). Eine wichtige Rolle bei der konsequenten Erarbeitung vieler Aspekte der slavischen Phraseologie haben die phraseologischen Konferenzen und die entsprechenden wissenschaftlichen Sammelbände gespielt, die mit dem Leningrader Sammelband Problemy frazeologii (1964) ihren Anfang nahmen und in 15 Ausgaben der Samarkander Voprosy frazeologii (1968⫺1980) fortgesetzt wurden. 1978 wurde diese Initiative vom Internationalen Komitee der Slavisten aufgegriffen. Auf dem VIII. Internationalen Slavistenkongress wurde auf Vorschlag N. I. Tolstojs die Phraseologische Kommission unter Vorsitz von J. Matešić (Deutschland) gegründet, deren Hauptaufgabe die Organisation regelmäßiger Konferenzen zur slavischen Phraseologie und die Herausgabe entsprechender Sammelbände wurde, insbesondere der Serie Z problemów frazeologii polskiej i słowiańskiej (1983⫺1989) sowie danach von thematisch organisierten Materialsammlungen zu solchen Konferenzen, z. B. Ideografičeskij i istoriko-ėtimologičeskij analiz slavjanskoj frazeologii (Pskov 1994), Funkcionirovanie frazeologii v tekste v periody krizisa ideologii i kul’tury (Olomouc 1995), Slavjanskaja frazeologija i religija (Problemy frazeologii europejskiej II. ⫺ Warszawa 1997), Frazeografija słowiańska (Opole 2001), Nowa frazeologia w nowej Europie. Słowo. Tekst. Czas. VI. Szczecin⫺

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen Greifswald 2002) u. a. Zu den Publikationen slavistischer Phraseologen, deren Forschungen von der Kommission koordiniert werden, gehören über 200 Bücher, deren thematische Spannbreite sehr umfassend ist. Eine entsprechende Bibliographie findet sich in den genannten wissenschaftlichen Sammelbänden. Die Ergebnisse der langjährigen Forschungen der slavischen Phraseologie haben viele weiße Flecken auf der Karte dieser jungen Disziplin der Sprachwissenschaft getilgt. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen ist nunmehr die Konzentration auf drei Richtungen in der Forschung möglich, die als besonders perspektivreich erscheinen: die kulturologische, die historisch-etymologische und die lexikographische. Gerade in diesen Richtungen sind neue Ergebnisse zu erwarten, wenn sich die Bemühungen der Phraseologen vereinen.

5. Literatur (in Auswahl) Aksamitauˇ, A. S. (1978): Belaruskaja frazealohija. Minsk. Alefirenko, M. F. (1987): Teoretyčni pytannja frazeolohiï. Xarkiv. Alefirenko, M. F. (2000): „Frazeolohizacija-Frazeolohija“. // Rusanivs’kyj, V. M./Taranenko, O. O./Zjabljuk, M. P./et al. (red.). Ukraïns’ka mova: Encyklopedija. Kyïv. 708⫺713. Aničkov, I. E. (1997): Trudy po jazykoznaniju. Sankt-Peterburg. Avksent’ev, L. H. (1983): Sučasna ukraïns’ka mova: Frazeolohija. Xarkiv. Avksent’ev, L. H./Užčenko, V. D. (1990): Ukraïns’ka frazeolohija. Xarkiv. Babkin, A. M. (1964): Problemy frazeologii: Issledovanija i materialy. Moskva/Leningrad. Basaj, Miecisław/Rytel, Danuta (red.) (1982⫺1988): Z problemów frazeologii polskiej i słowiańskiej I⫺V. Wrocław u. a. Basaj, Miecisław/Rytel, Danuta (red.) (1994): Z problemów frazeologii polskiej i słowiańskiej VI. Warszawa. Birix, A. K./Volkov, S. S./Nikitina, T. G (1993): Slovar’ russkoj frazeologičeskoj terminologii. Pod red. V. M. Mokienko. München. Buffa, Ferdinand (1993): O pol’skiej a slovenskej frazeológii. Bratislava. Čermák, František (1982): Idiomatika a frazeologie češtiny. Praha. Chlebda, Wojciech (1999): Elementy frazematyki. Wprowadzenie do frazeologii nadawcy. Opole. Chlebda, Wojciech (2003): „Frazeologia polska okresu ‚przemiany i przełomu‘“. // Gajda, Stanisław/Vidovič-Mucha, Ada (red.). Współczesna polska i słoweńska sytuacija językowa. Opole. 151⫺190. Daszczyńska, Izabella (1987): Rosyjsko-polskie pozorne ekwiwalenty frazeologiczne. Słupsk. Djadečko, L.P (2002): Krylatye slova kak ob-ekt lingvističeskogo opisanija: Istorija i sovremennost’. Kyïv. Dobrovol’skij, Dmitrij (1992): „Phraseologie und sprachliches Weltbild (Vorarbeiten zum Thesaurus der deutschen Idiomatik)“. // Földes, Csaba (ed.). Deutsche Phraseologie in Sprachsystem und Sprachverwendung. Wien. 171⫺195. Ďurčo, Peter (1994): Probleme der allgemeinen und kontrastiven Phraseologie. Heidelberg. Eismann, Wolfgang (1999): „Phraseologie“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihrer Grenzdisziplinen.Wiesbaden. 321⫺366. Fedorov, A. I. (1973): Razvitie russkoj frazeologii v konce XVIII ⫺ načale XIX vv. Novosibirsk. Fink-Arsovski, Željka (2002): Poredbena frazeologija: pogled izvana i iznutra. Zagreb. Günther, Kurt (1990): Wörterbuch phraseologischer Termini. Berlin. Habovštiaková, Katarína/Krošláková, Ema (1990): Človek v zrkadle frazeólogie. Bratislava. Ivčenko, A. O. (1999): Ukraïns’ka narodna frazeolohija: arealy, etymolohija. Xarkiv.

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Valerij Mokienko, Greifswald (Deutschland)

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57. Phraseologische Einheiten 1. Begriffsbestimmung und Terminologie 2. Abgrenzung von phraseologischer Einheit einerseits und Sprichwort und Redewendung andererseits 3. Merkmale phraseologischer Einheiten 4. Typen von Phraseologismen 5. Literatur (in Auswahl)

Abstract The present paper is concerned with the term phraseological unit. The main features of the term are distinguished in its relation to idioms, word combinations, collocations, and proverbs. The boundaries between the wide and the narrow concepts of phraseology are drawn. Such categorial qualities of the phraseological unit as stability, reproductivity, expressivity and semantic totality are analysed. Different types of classification of phraseological units are given.

1. Begriffsbestimmung und Terminologie Phraseologismus oder phraseologische Einheit ist die allgemein übliche Bezeichnung für stabile Wortverbindungen verschiedener Art, die sich von den freien Wortverbindungen durch Stabilität, regelmäßige Reproduzierbarkeit und andere Merkmale (s. Punkt 3) unterscheiden. Den Kernbereich des phraseologischen Bestandes stellen die Idiome dar ⫺ stabile Wortverbindungen, die über alle genannten Merkmale verfügen, z. B.: russ. pokupat’ kota v meške, č. kupovat zajíce v pytli, kroat. kupiti (uzimati) mačka u vreći, sloven. kupiti mačka v žaklju, maked. kupuva mačka vo vrek´a; ukr. kydaty pisok u viči komu, pyl puskaty v oči komu, weißruss. pyl puskac’ u vočy kamu, obersorb. proch do wočow dawać; sloven. metati (sipati, vreči) komu pesek v oči, bulg. xvărljam njakomu prach v očite usw. Zu den Phraseologismen gehören auch nichtbildhafte Wendungen, z. B. russ. ni to ni se, v vidu togo, čto; slovak. ani tak ani onak; pol. co za co, nic za nic; bulg. sega zasega. Die Termini Phraseologismus und phraseologische Einheit (s. auch 4) werden in verschiedenen linguistischen Interpretationen unterschiedlich gehandhabt. Daher werden auch die Grenzen der Phraseologie unterschiedlich gezogen, es gibt ein weiteres und ein engeres Verständnis. Wenn manche Autoren versuchen, die Anzahl der für eine phraseologische Einheit relevanten Merkmale auf ein einziges oder allenfalls zwei bis drei zu beschränken, wird der Umfang der Einheiten, die im Bereich der Phraseologie behandelt werden, übermäßig weit festgesetzt. Werden lediglich Stabilität und Getrenntgeformtheit als relevante Merkmale eines Phraseologismus anerkannt, dann schließt der Begriff der phraseologischen Einheit auch sog. stabile Wortkomplexe ein ⫺ nicht nur mehr oder weniger stabile Wortverbindungen, sondern auch umfang-

57. Phraseologische Einheiten reiche Aphorismen, Zitate, Textfragmente, sowohl bildhafte als auch nichtbildhafte (L. I. Rojzenzon, M. M. Kopylenko, Z. D. Popova, Fr. Čermák u. a.). Bei einem engeren Verständnis der Phraseologie ist der Komplex der kategorialen Merkmale ziemlich umfangreich und in den Bereich der Phraseologie werden nur idiomatische Wortverbindungen aufgenommen, die für die jeweilige Sprache typische Bilder oder archaische Konstruktionen bewahren. Dabei bedeutet Idiomatizität, dass die Gesamtbedeutung der phraseologischen Einheit nicht aus der Summe der Bedeutungen der Wortkomponenten abgeleitet werden kann (Birix/Volkov/Nikitina 1993, 19). Unter phraseologischer Einheit versteht man in diesem Fall relativ stabile, reproduzierbare, expressive Lexemverbindungen, die in der Regel über eine Gesamtbedeutung verfügen (А. М. Babkin, B. A. Larin, A. I. Molotkov, V. M. Mokienko, V. P. Žukov, V. N. Telija, K. Ničeva, J. Mlacek, M. Basaj, W. Eismann u. v. a.). Die Vertreter eines engeren Verständnisses der Phraseologie rechnen zu den grundlegenden Merkmalen zudem Bildhaftigkeit, Idiomatizität, stilistische Markiertheit u. a. Einen gewissen Kompromiss zwischen diesen entgegengesetzten Auffassungen stellen Bestimmungen des Objektbereichs der Phraseologie dar, die außer der Verbindbarkeit und der Stabilität noch weitere Merkmale berücksichtigen, z. B. die semantische Umdeutung. Dies ist Grundlage dafür, auch syntaktisch abgeschlossene Einheiten zu den phraseologischen Einheiten zu zählen wie Sprichwörter (A. V. Kunin, N. M. Šanskij, S. G. Gavrin, V. G. Gak, A. G. Nazarjan u. a.) oder ⫺ weiter gefasst ⫺ Phraseotexteme (R. Eckert, K. Günther), Linguoepisteme (N. D. Burikova, V. G. Kostomarov, Ju. E. Proxorov), Eptonyme (L. P. Djadečko) und andere Bezeichnungen für Zitate, Aphorismen, geflügelte Worte, Satzmuster usw.

2. Abgrenzung von phraseologischer Einheit einerseits und Sprichwort und Redewendung andererseits Die Termini Sprichwort und Redewendung wurden und werden jedoch schon lange von Folkloreforschern präzise unterschieden. Das Sprichwort ist ein geschlossener bildhafter oder nichtbildhafter Ausspruch mit erbaulichem Sinn, der durch eine bestimmte rhythmische und phonetische Organisation gekennzeichnet ist (Eismann/Grzybek 1993). Die Redewendung hingegen wird von der Mehrheit der Fachleute als Idiom oder Phraseologismus im engeren Sinne kategorisiert (Röhrich 1991). Diese europäische Tradition der Unterscheidung zwischen Sprichwort und Redewendung findet seit langem Widerhall in der slavischen Folkloristik und Linguistik. Diesen Termini entspricht eindeutig das Verständnis der entsprechenden slavischen Bezeichnungen: ukr. prysliv’ja und prykazky, weißruss. prykazki und prymau˘ki, pol. przysłowie und wyrażenia (zwroty) przysłowiowe, č. přísloví und rčení (pořekadla), slovak. príslovia und porekadlá (úslovia), bulg. poslovici usw. Die slavischen Bezeichnungen für Sprichwort und Redewendung entsprechen im Wesentlichen den europäischen, die in der antiken parömeologischen Tradition verwurzelt sind: engl. proverb und saying, dt. Sprichwort und Redensart, frz. proverbe und dicton.

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3. Merkmale phraseologischer Einheiten Bei aller Schärfe der Diskussion über ein weites oder enges Verständnis des Terminus Phraseologie haben selbst extreme Standpunkte ihre raison d’être. In theoretischer Hinsicht eröffnet das weite Verständnis der Phraseologie mehr Möglichkeiten für deren vergleichende und diachrone Erforschung, denn sie schlägt eine Brücke zwischen der Phraseologie im engeren Sinn und der Lexikologie, der Aphoristik und Textologie. In praktischer Hinsicht (z. B. beim Erstellen eines phraseologischen Wörterbuches) führt dieses Verständnis zum „Verschwimmen“ der Grenzen zwischen gebundenen und freien Wortverbindungen und damit zur Negation des Begriffs Phraseologismus als spezielles Objekt lexikographischer Beschreibung. Unterschiedliche Herangehensweisen an die Bestimmung der Grenzen von Phraseologie werden dabei durch das Verhältnis der Phraseologismen zu den Einheiten anderer Sprachebenen determiniert (s. Artikel 56. Phraseologie). Unter phraseologischer Einheit kann man demnach eine relativ stabile, reproduzierbare, expressive Wortverbindung mit einer ganzheitlichen Bedeutung verstehen (Mokienko 1980, 4; Birix/Volkov/Nikitina 1993, 89). Bei dieser Definition muss besonders die Relativität der entsprechenden Charakteristika des Phraseologismus hervorgehoben werden. Im Folgenden sollen diese Merkmale genauer beleuchtet werden, da gerade sie es sind, die Einfluss auf die gegenwärtigen Klassifikationen der Phraseologismen und die Art ihrer funktional-semantischen Analyse durch die Linguisten haben. 3.1. Stabilität ist ein obligatorisches Merkmal eines Phraseologismus, denn gerade sie bedingt dessen konservierende Wirkung in Raum und Zeit. Dank der Stabilität zerfällt eine einmal entstandene Wortverbindung nicht jedes Mal in frei verbindbare Teile, sondern wird in der gleichen Form reproduziert, in der sie irgendwann stabil geworden ist. Darin unterscheidet sich der Phraseologismus von einer freien Wortkombination einerseits und von Text(teilen) (sowohl literarischen als auch Alltagstexten), die jedes Mal aufs Neue entstehen, andererseits. Trotz der besonderen Bedeutung, die diesem Merkmal zukommt, darf nicht übersehen werden, dass in der Sprachpraxis die Stabilität der Phraseologismen des Öfteren gestört wird. Daher darf dieses Merkmal nicht verabsolutiert werden. Stabilität ist nicht als starre, ein für allemal gegebene Rigidität der Konstruktion und der lexikalischen Zusammensetzung des Phraseologismus zu verstehen. Die Spezifik der phraseologischen Stabilität liegt in der Identität des struktursemantischen Modells der Ausgangskombination und nicht in der Konservierung einer einzigen Variante. Die phraseologische Variabilität, die auf der Grundlage verschiedener slavischer Sprachen erforscht worden ist, bedingt die Relativität der Stabilität der phraseologischen Einheit. Allerdings hebt diese Relativität die Stabilität nicht auf, da diese auf dem dauerhaften, wenn auch durchweg flexiblen Gerüst des struktursemantischen Modells gründet. 3.2. Reproduzierbarkeit wird von den Phraseologen zumeist als die Fähigkeit der phraseologischen Einheit, in fertiger Form reproduziert zu werden, oder als reguläre Wiederholbarkeit bzw. Erneuerbarkeit in der Rede bestimmt. Diese Eigenschaft der phraseologischen Einheit ist, da sie eng mit der Stabilität verbunden ist, bekanntlich relativ. In der Tat kann in der Rede, ungeachtet dessen, dass die überwiegende Mehrheit der Phraseologismen regelmäßig reproduziert wird, in vielen Fällen ebenso eine nichtregu-

57. Phraseologische Einheiten läre Reproduktion stabiler Wortverbindungen beobachtet werden (Melerovič/Mokienko 1997). Darüber hinaus können oftmals gerade die Wendungen, für die die traditionelle Reproduzierbarkeit ihres Bestandes über lange Zeit charakteristisch war, in der schriftstellerischen und journalistischen Praxis aufgebrochen werden. Ein Schriftsteller oder Journalist, der solche Wendungen in ihre Bestandteile auflöst, vertraut darauf, dass der Sprachträger sie selbst entsprechend der nötigen und gewohnten, d. h. der stabilen und reproduzierbaren Konstruktion zusammensetzt. Auch hier stellt folglich das struktursemantische Modell des Phraseologismus den Garanten seiner Ganzheit dar. 3.3. Expressivität ist ein charakteristisches, differenzierendes Merkmal. Sie stellt die „Abbildung der emotionalen Beziehung des Redesubjekts zu den Elementen der inneren und äußeren Welt des Menschen in den sprachlichen Einheiten dar. Diese emotionale Beziehung entsteht bei der Benennung“ (Telija 1981, 203). Dies ist gleichbedeutend mit der Fähigkeit, die umgebenden Subjekte, Objekte und Erscheinungen zu bewerten und diese Bewertung abzustufen. Als Merkmale der Expressivität werden gewöhnlich die Intensität des Denkinhalts, die Abstufung des vom Phraseologismus ausgedrückten Merkmals u. a. gesehen. Dabei unterscheidet man drei Arten expressiver Bedeutungen (V. N. Vakurov u. a.): quantitative, qualitative und qualitativ-quantitative. Die Expressivität wird ebenfalls bei weitem nicht von allen Phraseologen als relevantes Merkmal einer phraseologischen Einheit anerkannt, da diese Eigenschaft zuweilen zu subjektiv erscheint, um sie als obligatorisch für die gesamte Phraseologie zu betrachten, vgl. die Ausdrücke russ. oderžat’ pobedu, pol. odnieść zwycięstwo, deren Expressivität praktisch gegen Null geht. Für die meisten synonymischen Gruppen von Phraseologismen gilt, dass die Expressivität das dominierende semantische Merkmal darstellt. Das gilt z. B. für die in allen slavischen Sprachen aktiven Synonymreihen zur Bezeichnung der Trunkenheit: russ. p’jan kak sapožnik, p’jan kak izvozčik; p’jan v stel’ku, p’jan v drezinu; lyka ne vjažet; ele jazykom voročaet, vjažet nogami venzelja; pod muchoj, pod šefe, pod baldoj, pod gazom, pod gradusom; pol. pić jak smok, pić na umór; č. pije jako holendr, pije jako Flamendr, pije jako Dan, má špičku; slovak. opit’ sa ako čík, opit’ sa ako snop, byt’ na mol; sloven. piti kot žaba, piti kot žolna, pijan kot čep. Die Expressivität solcher Reihen ist durch die soziale Spannung der entsprechenden Begriffe „vorprogrammiert“. Das Problem, das Maß der Expressivität zu bestimmen, wird für die Phraseologen dadurch erschwert, dass sich das Sprachsystem in einem Zustand ständiger Veränderung befindet. Vieles wird im Prozess seiner Entwicklung „abgenutzt“ und fordert Ersatz. Die Sprache hat es doch nicht eilig, sich des „Abgenutzten“ zu entledigen. Geht das motivierende Wort in den passiven Wortschatz über, kann damit die Bildhaftigkeit, auf die sich der Phraseologismus gründete, verloren gehen. In jeder Sprache gibt es nicht wenige solcher Ausdrücke. Dies ist kein Zufall, da Phraseologismen eine Art sprachlicher „Konservanten“ darstellen. Gerade solche Ausdrücke werden in erster Linie als Idiome bezeichnet, z. B. ist das russische Wort bakluša in der Wendung bit’ bakluši ‚nichts tun‘ den Sprechern nicht bekannt, ebenso wie die Wörter bajdyk, bibik in den ukrainischen (bajdyky byty), weißrussischen (bibiki bic’) und polnischen Parallelen (zbijać bąki), die in diesen Sprachen längst zu einer populären Kennzeichnung für Nichtstuer wurden. Ebenso ist zga in dem russischen Phraseologismus ne videt’ ni zgi

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen ‚absolut nichts sehen (stockdunkel)‘ ebenso dunkel wie die bezeichnete Situation. Das tschechische zblo als ‚Getreidehalm‘ in der Wendung ani zbla (nevědět) kann nur durch eine spezielle etymologische Analyse aufgelöst werden. Die phraseologische Expressivität bleibt in diesen Fällen in den entsprechenden Ausdrücken erhalten oder wird sogar regeneriert, denn es handelt sich dabei nicht um die gleiche Expressivität, über die diese Phraseologismen im Moment ihrer Entstehung verfügten. Diese Expressivität wurde von der ursprünglichen Bildhaftigkeit genährt, aber mit dem Vergessen des ursprünglichen Sinns solcher Wörter wie bakluša, zga, zblo verschwand sie, hüllte sich in den geheimnisvollen Umhang des Nicht-Verstehens. Aber gerade dieser „Umhang“ schuf die neue Expressivität, die alle Sprecher der jeweiligen Sprache empfinden. Folglich kann man die Expressivität ungeachtet ihrer Differenziertheit, Abstufung und Relativität in einigen Fällen als relevantes Merkmal eines Phraseologismus werten. 3.4. Semantische Ganzheit oder semantische Geschlossenheit ist die Fähigkeit der phraseologischen Bedeutung, als Äquivalent zum Wort zu fungieren. Bereits vor langem wurde festgestellt, dass die Mehrzahl der Redewendungen (resp. Phraseologismen) im Vergleich zu Sprichwörtern semantisch kompakter ist. Viele von ihnen treten frei in synonymische Beziehungen zu Wörtern: russ. bit’ bakluši ‚bezdel‘ničat’‘ ‚auf der faulen Haut liegen‘, zalivat’ za galstuk ‚vypivat‘ (spirtnoe)’ ‚sich einen hinter die Binde gießen‘, slonov slonjat’ ‚slonjat’sja‘ ‚herumlungern‘, zadat’ drozda ‚otrugat’‘ ‚jemandem die Leviten lesen‘, pol. buty komu szyć ‚intrygować przeciw komuś‘ ‚gegen jemand intrigieren, Intrigen spinnen‘; sloven. sedeti komu na jetrih ‚dražiti, jeziti koga‘ ‚jemandem auf die Nerven gehen‘, seči komu pod pázduho ‚podpreti koga‘ ‚jemandem unter die Arme greifen‘ usw. Diese Eigenschaft der Phraseologismen hat weit reichende Konsequenzen für die Bestimmung der semantischen Spezifik des phraseologischen Systems. Durch die semantische Geschlossenheit büßen die Komponenten des Phraseologismus Merkmale der Wörtlichkeit ein (sie schwächen sich ab), werden deaktualisiert, was zu einer größeren Abstraktion des inneren Bildes des Phraseologismus führt bis hin zur völligen Demotivierung. Der Verlust oder die Abschwächung der semantischen Geschlossenheit nähert den Phraseologismus den freien Wortverbindungen an. Die semantische Geschlossenheit als kategoriales Merkmal des Phraseologismus wurde zum Ausgangspunkt für Versuche, die Phraseologie als besondere linguistische Disziplin zu etablieren. Charles Bally versuchte als Erster, den besonderen Platz der Phraseologie auf der Grundlage dieser Charakteristik zu bestimmen. In seinem Buch Traité de stylistique francaise (3. Aufl., Genève/Paris 1951) schließt er die Phraseologie zwar in den Bereich der Stilistik ein, gesteht ihr aber eine eigenständige Position zu, weil Phraseologismen durch ein allgemeines Merkmal gekennzeichnet sind: Sie werden durch die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit bestimmt, durch ein Wort ersetzt zu werden, das von Bally als Identifikatorwort bezeichnet wird. Dieses Merkmal ist nach Bally das allgemeinste klassifizierende Merkmal des Phraseologismus: Es kann alle anderen ersetzen. Dabei macht er auch eine wesentliche Einschränkung (dies wird von seinen Nachfolgern bei weitem nicht immer berücksichtigt), die die Relativität dieses globalen Merkmals hervorhebt: Das Identifikatorwort kann nicht gänzlich gleichbedeutend mit dem zu identifizierenden Ausdruck sein, weil zwei Redeinhalte nie absolut synonym sein können.

57. Phraseologische Einheiten Da Ballys Theorie zum „theoretischen Sprungbrett“ für die Arbeiten des Begründers der russischen Phraseologie V. V. Vinogradov wurde (wie auch für die Arbeiten seines Vorgängers in Russland I. A. Aničkov, der bereits in den 1930er Jahren die Typologie des Schweizer Linguisten in seinen phraseologischen Untersuchungen nutzte), lenkte die semantische Geschlossenheit als relevantes Merkmal des Phraseologismus große Aufmerksamkeit auf sich. Nicht zufällig baut die bekannte und von zahlreichen Wissenschaftlern übernommene Klassifikation der russischen Phraseologismen, die Vinogradov vorlegte, v. a. auf der differenzierenden Abstufung des semantischen Zusammenhalts ihrer Komponenten auf.

4. Typen von Phraseologismen Der phraseologische Gesamtbestand wurde von Vinogradov in drei Typen von Wendungen eingeteilt: phraseologische Fügungen (frazeologičeskie sraščenija), phraseologische Ganzheiten (frazeologičeskie edinstva, während frazeologičeskie edinicy die Bezeichnung für alle Klassen phraseologischer Einheiten ist) und phraseologische Verbindungen. 4.1. Zu den phraseologischen Fügungen zählen absolut untrennbare, nicht zerlegbare Wortverbindungen, „deren Bedeutung völlig unabhängig von ihrem lexikalischen Bestand, von der Bedeutung ihrer Komponenten ist und die ebenso relativ und willkürlich sind wie die Bedeutung eines nicht motivierten Wort-Zeichens“ (Vinogradov 1977, 121). Sie stellen Idiome im engeren Sinne des Wortes dar, z. B. russ. sobaku s-est’ na čem-l. ‚große Fertigkeit in etwas erlangen, ein Meister seines Faches sein‘, pokazat’ kuz’kinu mat’ komu ‚jmd. hart, grausam bestrafen (Drohung)‘, kak pit’ dat’ ‚wahrscheinlich, bestimmt‘. Die Verbindung zwischen „dem Essen eines Hundes“ und dem Erwerb professioneller Meisterschaft ist niemandem bekannt, zwischen „Kuzkins Mutter“ und einer Drohung oder zwischen einem Trank (kak pit’ dat’) und einer Verbindlichkeit empfindet ein heutiger Russe nicht mehr. Diese Ausdrücke haben ihre Motiviertheit, sogar ihre potentielle Motiviertheit, verloren. Die Komponenten dieser Ausdrücke sind „miteinander verwachsen“, daher auch der Terminus sraščenija. 4.2. Phraseologische Ganzheiten sind „ebenfalls semantisch unteilbar und ebenso erscheinen sie als Ausdruck einer einzigen, ganzheitlichen Bedeutung“, aber bei ihnen ist „diese ganzheitliche Bedeutung motiviert, sie erscheinen als Produkt, dass aus der Verschmelzung der Bedeutungen der lexikalischen Komponenten entstanden ist“ (Vinogradov 1977, 131). Die einzelnen Wörter sind hier dem ganzheitlichen Bild oder der inneren Ganzheit der allgemeinen Bedeutung untergeordnet und deshalb lässt sich keine der Komponenten durch ein beliebiges Synonym ersetzen. Dies würde den bildhaften oder expressiven Sinn dieser phraseologischen Einheit zerstören. Beispiele für solche Ganzheiten sind die russischen Ausdrücke deržat’ kamen’ za pazuxoj ‚eine Gemeinheit jmd. gegenüber planen, vorhaben‘, vynosit’ sor iz izby ‚Streitigkeiten, Unannehmlichkeiten, die nur einen engen Kreis von Peronen betreffen, allgemein verbreiten‘, plyt’ po tečeniju ‚sich im Leben und Handeln passiv dem Gang der Ereignisse unterordnen‘, stavit’ (sovat’) palki v kolesa komu ‚jmd. in einer Sache bewusst behin-

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen dern‘ u. a. m. Im Unterschied zu den phraseologischen Fügungen ist die Bildhaftigkeit dieser Ausdrücke durchschaubar. Wenn man die Komponenten wörtlich in eine andere Sprache übersetzt, wird ihr übertragener Sinn deutlich, selbst wenn es in der anderen Sprache solch eine Wendung nicht gibt. 4.3. Phraseologische Verbindungen sind „ein Typ von Verbindungen, die durch die Realisierung der gebundenen Bedeutung der Wörter gebildet werden“, in denen „ein Wort mit gebundener Bedeutung die synonymische Ersetzung und Identifizierung zulässt“ (Vinogradov 1977, 137⫺138). Für diese Gruppe von Phraseologismen ist charakteristisch, dass ihre Komponenten ungeachtet der sehr engen gegenseitigen Angepasstheit von den Sprechern als getrennt empfunden werden, wobei die Wörter ihre eigene Bedeutung aufweisen. Allerdings wird eines der Wörter, die in die phraseologische Wortverbindung eingehen, gewöhnlich in einer festen, „phraseologisch“ gebundenen Bedeutung verwendet und ist deshalb nicht völlig frei. Es verliert aber nicht seine semantische Eigenständigkeit. Zu den phraseologischen Verbindungen rechnen Vinogradov und seine Nachfolger (S. G. Gavrin, M. N. Šanskij, J. Mlacek, D. Mršević-Radović u. a.) Wendungen folgenden Typs: russ. zakadyčnyj drug ‚Busenfreund‘, černaja rabotaø ‚schwere und unqualifizierte körperliche Arbeit‘, kartoška v mundire ‚Pellkartoffel‘, beloe zoloto ‚Baumwolle‘ u. a. Es zeigt sich, dass im Hinblick auf die Durchsichtigkeit der Motivation diese Gruppe sehr unterschiedlich ist. Einige Verbindungen lassen sich auf Anhieb entschlüsseln (černaja rabota, beloe zoloto), weil die Motivation aktuell ist, andere sind in etymologischer Hinsicht nicht weniger geheimnisvoll als Verbindungen des Typs bit’ bakluši oder sobaku s-est’. Die verbreitete Wendung zakadyčnyj drug führt bei weitem nicht jeder Russe auf den heute veralteten Verbalphraseologismus zalivat’ za kadyk ‚viel Alkohol trinken‘ von kadyk ‚besonders bei Männern sichtbar hervortretender Kehlkopf, Adamsapfel‘ zurück. Die drei von Vinogradov beschriebenen Typen von Phraseologismen weisen unterschiedliche Verbindungen mit dem sog. Identifikatorwort auf. Der erste und zweite Typ sind im Wesentlichen kommensurabel mit diesem Wort. Bei der Explikation der Beispiele müsste man zwar umfassende Bestimmungen geben, aber diese lassen sich bei Weglassen der zusätzlichen Merkmale leicht auf lexikalische Synonyme zurückführen: 1) sobaku s-est’ v čem-l. ‚razbirat’sja v čem-l.‘, pokazat’ kuz’kinu mat’ komu-l. ‚nakazat‘ kogo-l.’, kak pit’ dat’ ‚navernjaka‘; 2) deržat’ kamen’ za pazuxoj ‚zlobstvovat’‘, vynosit’ sor iz izby ‚progovarivat’sja‘, plyt’ po tečeniju ‚žit’ passivno‘, stavit’ (sovat’) palki v kolesa komu-l. ‚mešat‘, prepjatstvovat’ komu-l.’. Auch die phraseologischen Einheiten ordnen sich bis zu einem bestimmten Grad einer solchen Identifizierung durch ein Wort unter (vgl. Wendungen des Typs beloe zoloto), aber die Mehrheit bedarf dennoch eines semantischen Kommentars aus zwei oder mehr Wörtern. Aufgrund dieser Verschiedenheit der Wortverbindungen im Hinblick auf ihre semantische Ganzheitlichkeit hat die Frage, ob man diese Eigenschaft als bestimmend bei der Definition eines phraseologischen Systems innerhalb des Sprachsystems ansehen sollte, lebhafte Diskussionen hervorgerufen und tut dies bis zum heutigen Tage. Das Problem der semantischen Ganzheit wird in diesen Diskussionen als Äquivalenz/Nichtäquivalenz des Phraseologismus zum Wort bezeichnet.

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Die Lösung dieses Problems hat wesentliche Bedeutung für die Bestimmung der Grenzen der Phraseologie. Linguisten, die die Äquivalenz zum Wort und folgerichtig die semantische Ganzheit als kategoriales Merkmal von Phraseologismen nicht akzeptieren, erweitern in der Regel die Grenzen der Phraseologie. Die Darstellung verschiedener Sichtweisen bezüglich des Bestandes und der Eigenschaften der Phraseologismen zeigt, dass ungeachtet der Relativität bei der Abgrenzung der vier genannten Merkmale diese als bestimmend anzusehen sind, wenn man die Grenzen der Phraseologie bestimmen will. Die lexikographische Praxis (s. Artikel 189. Phraseographie) bestätigt nachdrücklich die Richtigkeit der Differenzierung eines solchen Beschreibungsobjekts.

5. Literatur (in Auswahl, s. auch Artikel 56) Birix, A. K./Volkov, S. S./Nikitina, T. G. (1993): Slovar’ russkoj frazeologičeskoj terminologii. Pod red. prof. V. M. Mokienko. Hrsg. von Alexander Bierich. München. Eismann, Wolfgang/Grzybek, Peter (1994): „Sprichwort, sprichwörtliche Redensart, Phraseologismus: vom Mythos der Nicht-Trennbarkeit“. // Chlosta, Christoph/Grzybek, Peter/Piirainen, Elisabeth (eds.). Sprachbilder zwischen Theorie und Praxis: Akten des Westfälischen Arbeitskreises „Phraseologie /Parömiologie“ (1991/1992). Bochum. 89⫺132. Melerovič, A. M./Mokienko, V. M. (1997): Frazeologizmy v russkoj reči: slovar’. Moskva. Mokienko, V. M. (1980/19892): Slavjanskaja frazeologija. Moskva. Röhrich, Lutz (1991⫺1993): Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. 1⫺4. Freiburg/ Basel/Wien. Telija, V. N. (1981): Tipy jazykovyx značenij: svjazannoe značenie slova v jazyke. Moskva. Vinogradov, V. V. (1977): Izbrannye trudy: leksikologija i leksikografija. Otv. red. V. G. Kostomarov. Moskva.

Valerij Mokienko, Greifswald (Deutschland)

58. Word Frequency in Slavic (with an Emphasis on Russian) Abstract Frequency dictionaries exist for several Slavic languages, but the bulk of the work has been done for Russian. In this brief outline two Russian frequency dictionaries are compared: “Z” (Zasorina’s dictionary from 1977) and “U” (the Uppsala corpus dictionary from 1993). The corpora underlying these dictionaries are of the same size and have approximately the same composition of text genres. However, the presentation of the data is very

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Die Lösung dieses Problems hat wesentliche Bedeutung für die Bestimmung der Grenzen der Phraseologie. Linguisten, die die Äquivalenz zum Wort und folgerichtig die semantische Ganzheit als kategoriales Merkmal von Phraseologismen nicht akzeptieren, erweitern in der Regel die Grenzen der Phraseologie. Die Darstellung verschiedener Sichtweisen bezüglich des Bestandes und der Eigenschaften der Phraseologismen zeigt, dass ungeachtet der Relativität bei der Abgrenzung der vier genannten Merkmale diese als bestimmend anzusehen sind, wenn man die Grenzen der Phraseologie bestimmen will. Die lexikographische Praxis (s. Artikel 189. Phraseographie) bestätigt nachdrücklich die Richtigkeit der Differenzierung eines solchen Beschreibungsobjekts.

5. Literatur (in Auswahl, s. auch Artikel 56) Birix, A. K./Volkov, S. S./Nikitina, T. G. (1993): Slovar’ russkoj frazeologičeskoj terminologii. Pod red. prof. V. M. Mokienko. Hrsg. von Alexander Bierich. München. Eismann, Wolfgang/Grzybek, Peter (1994): „Sprichwort, sprichwörtliche Redensart, Phraseologismus: vom Mythos der Nicht-Trennbarkeit“. // Chlosta, Christoph/Grzybek, Peter/Piirainen, Elisabeth (eds.). Sprachbilder zwischen Theorie und Praxis: Akten des Westfälischen Arbeitskreises „Phraseologie /Parömiologie“ (1991/1992). Bochum. 89⫺132. Melerovič, A. M./Mokienko, V. M. (1997): Frazeologizmy v russkoj reči: slovar’. Moskva. Mokienko, V. M. (1980/19892): Slavjanskaja frazeologija. Moskva. Röhrich, Lutz (1991⫺1993): Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. 1⫺4. Freiburg/ Basel/Wien. Telija, V. N. (1981): Tipy jazykovyx značenij: svjazannoe značenie slova v jazyke. Moskva. Vinogradov, V. V. (1977): Izbrannye trudy: leksikologija i leksikografija. Otv. red. V. G. Kostomarov. Moskva.

Valerij Mokienko, Greifswald (Deutschland)

58. Word Frequency in Slavic (with an Emphasis on Russian) Abstract Frequency dictionaries exist for several Slavic languages, but the bulk of the work has been done for Russian. In this brief outline two Russian frequency dictionaries are compared: “Z” (Zasorina’s dictionary from 1977) and “U” (the Uppsala corpus dictionary from 1993). The corpora underlying these dictionaries are of the same size and have approximately the same composition of text genres. However, the presentation of the data is very

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen different. In Z, there is one alphabetical list comprising all words occurring in the corpus, and one shorter list with ten thousand most frequent words. In U, the longest list corresponds to the shorter list in Z. In addition, U gives short separate lists ⫺ based on modified frequency ⫺ for words and word forms as well as for words occurring frequently in informative prose and rarely in literary texts and vice versa. A concluding appendix presents some high frequency data extracted from U.

Frequency dictionaries are normally based on text corpora, but the latter can certainly exist in their own right, their usefulness in linguistic research being indisputable. Although a fairly comprehensive corpus is a prerequisite for a reliable frequency dictionary, this factor alone is not sufficient. To range the words or word forms correctly, it is also necessary to take into account their distribution over different parts of the corpus. Moreover, if a dictionary aims at general vocabulary, it is essential that the corpus be representative and balanced. There exist a number of frequency dictionaries covering several of the Slavic languages: Polish [1], Czech [2], Ukrainian [3], Belorussian [4], Bulgarian [5]. The bulk of this work has, not surprisingly, been done for Russian [6⫺10]. The text base is in many cases one million running words (word tokens), sometimes less; [7], for instance, is based on 400,000 words. Most dictionaries aim at general vocabulary, others ([2], [5]) examine specific text genres. [4] is divided into several volumes according to genre. In this article, I will focus on a description and comparison of two Russian dictionaries, [8] and [9]. I will henceforth refer to them as “Z” (Zasorina) and “U” (the dictionary based on the Uppsala Corpus). These dictionaries share much in composition. Both are based on a one-million corpus (Z slightly more). Although Z does not draw the main borderline in the same way as U, i. e. between informative and literary texts, it is quite safe to group the four “genres” of Z together in a way that makes the ratio between informative and literary texts approximately the same as in U, i. e. fifty-fifty. However, the way the material is presented is quite different. Apart from certain statistical overviews, the information in Z is contained in two lists. The first list, which is given in alphabetical order, is very comprehensive. It includes all the lexemes of the corpus. The second list is given in frequency order, and it comprises just over 9,000 units. It includes words with a frequency of ten and more. Both lists only calculate absolute frequency, but the first list gives numbers for each subcorpus so it is possible to estimate the distribution. No such indication is given in the frequency list, which makes it necessary to use this list carefully. Cases of inappropriate ranking, for example the fact that kater is ranked above syn, can be detected only by means of intuition. In U, the longest list closely corresponds to Z’s shortest list. It is, however, ordered alphabetically. Besides the absolute frequency a dispersion value is given for each word. This means that the user can estimate approximately to which degree the word “deserves” its frequency value. In addition, words whose uneven distribution depends on the fact that they predominate in either of the two main text types, are supplied with this information. Other lists in U are based directly on modified frequency, i. e. the absolute frequency modified according to the dispersion (uneven distribution giving lower value). There are separate lists for lexemes and word forms. These lists are cut at a fairly high

58. Word Frequency in Slavic frequency level, lexemes are listed already at the modified frequency of 80. The reason for this was the conviction that only the higher strata of a frequency dictionary based on a relatively limited corpus are reliable. The ranking reflected in these lists should with a high degree of probability be repeated in a parallel corpus of the same size and composition or be confirmed in a considerably larger corpus. In order to demonstrate the lexical profile of each of the main text types, two additional lists were created. One list contains words occurring frequently in informative prose and rarely or not at all in literary texts. The other list has the opposite properties. The informative list includes abstract nouns, non-gradable adjectives, abbreviations, initials, etc., while the literary list is much different, with predominantly concrete nouns, verbs, and gradable adjectives. The main difference between the corpora underlying Z and U is the periods which they represent. Z contains texts from the beginning of the 20th century, while U contains texts only from the beginning of the 1960s. In U, informative texts were taken only from a brief and recent period (1985⫺89). There has been another attempt to rank Russian words [10]. Although this is certainly a useful dictionary, it can hardly be called an investigation. The author has compiled this 10,000 item list over many years. It is based on earlier investigations, mainly Z but to some degree also U. It also reflects the author’s own intuition and experience as a teacher of Russian. The dictionary is directed to students of Russian. As the author rightly claims, this aim calls for a certain selection of words, namely those characteristic of colloquial Russian. When a frequency dictionary ages, it loses its actuality but not necessarily its value. It can still serve as a base for comparison with more recent investigations. After the radical transformation of the society in the 1990s, the time has now undoubtedly come to make a new frequency investigation of Russian vocabulary, preferably ⫺ for the sake of comparison ⫺ based on material composed in the same way as that of Z and U. Short samples of the lexical data extracted from the Uppsala Corpus are presented in the Appendix in a somewhat different form than in U and with some modifications.

Literature (selected) [1] Saloni, Zygmunt (ed.) (1990): Słownik frekwencyjny polszczyzny współczesnej. Kraków. [2] Těšitelová, Marie/Petr, Jan/Králík, Jan (1986): Retrográdní slovník současné češtiny. Praha. [3] Darčuk, N. P. et al. (red.) (1981): Častotnyj slovnyk sučasnoï ukraïnskoï xudožn’oï prozy. Kiev. [4] Mažėjka, N. S./Suprun, A. Ja. (1976⫺1992): Častotny slou˘nik belaruskaj movy: Mastackaja proza. Publicystyka. Vusnaja narodnaja tvorčasc’. Hutarkovaja mova. Paėzija. Minsk. [5] Todorova, Elena/Pančovska, Rada (2001): Čestoten rečnik na bălgarskata publicistika: 1944⫺ 89. Sofija. [6] Josselson, Harry H. (1953): The Russian Word Count and Frequency Analysis of Grammatical Categories of Standard Literary Russian. Detroit. [7] Štejnfel’dt, E. A. (1963): Častotnyj slovar’ sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Tallinn. [8] Zasorina, L. N. (red.) (1977): Častotnyj slovar’ russkogo jazyka. Moskva.

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X. Das Lexikon der slavischen Sprachen [9] Lönngren, Lennart (ed.) (1993): Častotnyj slovar’ sovremennogo russkogo jazyka. (A Frequency Dictionary of Modern Russian. With a Summary in English.). Uppsala. [10] Brown, Nicholas J. (1996): Russian Learners’ Dictionary: 10,000 words in frequency order. London/New York.

APPENDIX: Data extracted from the Uppsala Corpus 50 most frequent representatives of paradigms быть, этот, он, весь, тот, они, что, она, который, я, мы, свой, один, мочь, такой, год, другой, время, себя, сказать, человек, самый, стать, наш, жизнь, дело, сам, люди, говорить, два, раз, первый, новый, каждый, большой, идти, работа, какой, кто, день, знать, место, должен, вы, много, вода, нужный, сторона, ты, оно. 50 most frequent word forms (parts of paradigms) он, что, все, это, было, я, они, она, мы, может, был, время, быть, то, были, этого, раз, была, них, его, этом, есть, их, того, ее, этот, лет, том, будет, нас, всех, себя, которые, эти, жизни, этой, ему, один, мне, кто, такой, дело, который, человек, него, два, чем, жизнь, меня, тем. 50 most frequent indeclinables (not connected with paradigms) и, в, на, не, с, а, что, как, к, по, но, из, от, за, о, же, так, у, бы, для, только, еще, его, до, уже, или, это, если, когда, то, чтобы, даже, вот, ли, ни, при, ее, без, где, нет, можно, их, под, очень, сейчас, надо, после, здесь, теперь, более. 50 most promoted “informative” words (excluding abbreviations) система, проблема, развитие, производство, метод, экономический, год, использовать, исследование, перестройка, для, вещество, различный, предприятие, советский, страна, процесс, народный, условие, создание, при, орган, социальный, использование, химический, структура, область, наш, космический, задача, международный, совет, результат, уровень, партийный, хозяйство, среда, работа, вопрос, новый, металл, продукция, партия, процент, социалистический, анализ, промышленный, решение, основной, более. 50 most promoted “literary” words (excluding prоper names) он, я, она, ты, и, глаз, нога, потом, сидеть, рука, себя, мать, когда, сказать, знать, голова, любить, дед, отец, что-то, стоять, вдруг, ну, волос, мама, лицо, ни, грудь, вы, ночь, дом, глядеть, дверь, ничто, рот, окно, белый, мой, солнце, тоже, спросить, густой, там, губа, какой-то, день, жить, нос, плакать, гриб. Lennart Lönngren, Tromsø (Norway)

XI. Semantik der slavischen Sprachen 59. Moscow Semantic School 1. 2. 3. 4.

The Beginnings General Linguistic Principles of Research Semantic Description Literature (selected)

Abstract Moscow Semantic School, or MSS, is a rather loose designation of a direction of semantic studies carried on by a number of linguists, for the most part working in Moscow. The fact that this article is given under the heading of General Semantics is substantiated by the following two reasons. On the one hand, this direction of research, pursued for almost four decades now, has brought to life a thoroughly elaborated, holistic and integrative semantic theory based on ample linguistic material of diverse character. On the other hand, work done within this direction, first of all that of Igor A. Mel’čuk and Jurij D. Apresjan, has greatly influenced linguistic research which does not formally fall within the school and has changed, to a large extent, the style of scientific thinking of many authors. Rather than trying to present the work of all scholars who can be classed, with more or less reason, within this direction of studies, we fill focus on the major results that form together an integral concept of Moscow Semantic School in the narrow sense. Accordingly, a lot of papers and authors, close to Moscow Semantic School but sharing only some of its guidelines will not be covered. Our task is facilitated by the existence of a recently published survey of the main postulates of Moscow Semantic School (Apresjan 2005).

1. The Beginnings A benchmark in the making of the Moscow Semantic School was set in 1964, when a special issue of Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika (MPiPL) expressly devoted to semantics appeared. In the preface to this issue and two papers (Žolkovskij 1964a, b, c), Alexander Žolkovskij formulated the tasks of semantics and offered a number of insightful observations, some of which can be viewed as precursors for certain Moscow Semantic School ideas, in particular, for analytical lexicographic definitions. To give an example, Žolkovskij (1964a) analyzed two Russian words, izvinite ‘excuse me’ and spasibo ‘thank you’, as entities sharing nontrivial semantic elements, interpreting the former as ‘a conditional compensation for some small damage inflicted by the speaker to the addressee’ and the latter as ‘a conditional compensation for some small service

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XI. Semantik der slavischen Sprachen rendered by the addressee to the speaker’. In this way he explained why in certain situations both words can be used as quasisynonyms. He also mentioned “some most simple and most naïve physics, the laws of which are intuitively applied by language speakers” ⫺ these ideas, however vague at the time, later developed into a most important notion of the naïve picture of the world (see below). An exceedingly important contribution to Moscow Semantic School was made in 1960⫺70s by the studies in the framework of the Meaning-Text Theory (MTT) done by Igor A. Mel’čuk, Alexander K. Žolkovskij, Jurij D. Apresjan, Lidia N. Iordanskaya, and others. These studies focused on the functional description of language and involved a holistic approach to linguistics (from the semantic structure to the real text). The main purpose of the theory was to build an operating model of language. An important feature of the Meaning-Text Theory was very clear stratification of linguistic description, which is segmented into several independent modules corresponding to linguistically reasonable levels. Priority was given to the semantic level, and utmost attention was paid to the dictionary whose role in linguistic description was considered to be predominant. The computer implementation of the Meaning-Text model in the ETAP machine translation system developed by a group of scientists under the guidance of Jurij Apresjan (Apresjan et al. 1989, 1992, 2003) led to the formulation and practical realization of the integrality principle (see below). Today, the Moscow Semantic School can be roughly divided into two main lines: (1) The Montreal line headed by Igor Mel’čuk who focuses on the system of linguistic notions (see Mel’čuk 1982, 1992), communicative organization of the text (Mel’čuk 2001), and Explanatory and Combinatorial Dictionaries (Mel’čuk and Žolkovskij 1984, Mel’čuk et al. 1984, 1988, 1992, 1999); (2) The Moscow line, headed by Jurij Apresjan, where the main focus is placed on the theory of integrated description of language and systematic lexicography. The major achievements include the New Explanatory Dictionary of Synonyms (NEDRS 2004), the integral dictionary of Russian, work on the linguistic picture of the world, sense composition, and fundamental classification of predicates. In what follows we concentrate on the Moscow line of Moscow Semantic School. Its most essential features are related to the principles of semantic study, its tools, objects, and methods.

2. General Linguistic Principles of Research All research work done within Moscow Semantic School is based on two main principles: integrality and systematicity. Neither principle as such is in any way original. Both follow directly from Saussurian views that all is interrelated in a language, and, to the best of our knowledge, the very idea that any linguistic description must account for the systemic character of a language and be internally consistent has never been questioned by anybody. Moreover, both maxims have not infrequently been highlighted by diverse linguistic theories and even made part of their names; e.g. “integrated theory of linguistic descriptions” (Katz/Postal 1964) or “systemic grammar” (Halliday 1973).

59. Moscow Semantic School An indisputable achievement of Moscow Semantic School, though, and first of all a merit of Jurij Apresjan, is the fact that these principles have been implemented in a description of language covering the whole dictionary and the material of the whole grammar.

2.1. Integrality This principle requires a harmonized description of the grammar and the dictionary of any language. (In this context, the grammar is understood extensively ⫺ as a collection of all rules of the language, including the semantic rules). In a more detailed way, the principle of integrality may be presented as a set of the following three requirements: a) Natural distribution of linguistic information between the grammar and the dictionary; b) Tuning of the dictionary to the grammar. When describing a lexeme (a word in a given sense), the lexicographer has to operate throughout the whole space of language rules, which means that he or she has to ascribe to the lexeme all relevant properties mentioned in the grammar. In certain cases, this requires that the relevant rules be directly included in the dictionary entry; c) Tuning of the grammar to the dictionary. The grammarian who formulates a certain linguistic rule has to operate over the whole space of lexical units and take into consideration all lexemes that obey the rule being created. In very many cases, this requires that specific lexemes be directly mentioned in the grammar rules. Even though such understanding of integrality principle is perfectly natural, the awareness of the need for its full implementation was first achieved only by the Moscow Semantic School. An important impulse towards this awareness was provided by the activities of a group of linguists, logicians and computer scientists, led by Jurij Apresjan, which were aimed at the creation of a system of machine translation, ETAP (Apresjan et al. 1989, 1992, 1993). At the very start of the project, the attempts to create a system that should operate with sufficiently sophisticated linguistic data were hampered by the fact that the available dictionaries and grammars were egregiously uncoordinated with each other in the character of data provided by them. The developers’ striving to create a formal model of language which could operate within a computer system and take account of behavior patterns of various lexical classes resulted in the fact that, in parallel to grammar rules, a dictionary had to be compiled, in which all lexical properties referred to in these rules could be captured. It proved impossible to compile such a dictionary independently, irrespective of the linguistic model, because the inventory of features that should be ascribed to words in the dictionary was only becoming clear and gradually evolving as the construction of grammar rules progressed. Practical implementation of the integrality principle turned out to be an exceptionally difficult task, if it was to be taken seriously. One of the consequences that follow from this principle is the fact that, since the dictionary must contain all data which the grammar rules may require, the amount of information to be included in the dictionary entry grows immensely (for details, see below, section 3.1). The proportion between the grammar and the dictionary in a linguistic description may be viewed differently. Many researchers, first of all those belonging to the genera-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen tive school, consider the grammar as the priority component of linguistic description whilst the dictionary is regarded as an auxiliary means. In the Moscow Semantic School, two other approaches are represented. The first approach gives priority to the dictionary: as Mel’čuk and Polguère (1987, 261) have it, the dictionary takes “a central place, so that the rest of linguistic description is supposed to pivot around the lexicon”. According to the second approach, the grammar and the dictionary are equal partners of the integral description of language so that the problem of their coordination boils down to finding an optimal way of distributing linguistic information between the two (Apresjan 2002). To illustrate this problem, we will consider a rather complex Russian example from the domain of lexical government (Apresjan 1998). Specifically, we will discuss nontrivial properties of different complements of the verb sčitat’ ‘consider’ in sentences (1)⫺(4): (1)

Ja sčitaju bespoleznym žalovat’sja ‘I consider it useless to complain’

(2)

Ja sčitaju maloverojatnym, čto on vernёtsja ‘I consider it unlikely that he would return’

(3)

Ja sčitaju necelesoobraznym, čtoby on vozvraščalsja ‘I consider it inadvisable that he should return’

(4)

Sledstvie do six por sčitaet nejasnym, kak prestupnik pronik v dom ‘The investigators still consider it uncertain how the criminal made his way into the house”

On the one hand, it is obvious that all these items (the infinitive, the čto/čtoby/kak clauses) instantiate the valency of the theme of the putative verb sčitat’ ‘consider’ and are syntactically linked with this verb rather than any other word: this will be all the more obvious if we compare e.g. (1) and (5)

Tvoi žaloby ja sčitaju bespoleznymi ‘I consider your complaints useless’.

On the other hand, none of these items in (1)⫺(4) are controlled or predicted by the verb sčitat’; the controllers are adjectives and nouns bespoleznyj ‘useless’, maloverojatnyj ‘unlikely’, necelesoobraznyj ‘inadvisable’, nejasnyj ‘unclear, uncertain’, ošibka ‘mistake’ in the instrumental case, syntactically governed by the verb. Cf. the perfectly correct phrase Ego žaloby ja sčitaju črezmerno nastojčivymi ‘I consider his complaints too persistent’ and the incorrect expression *Žalovat’sja ja sčitaju nastojčivym / ‘I consider it persistent to complain’. Further, example (4) illustrates that in the context of adjectives like nejasnyj ‘unclear, uncertain’ putative verbs (sčitat’, polagat’ ‘believe’ or naxodit’ ‘find’) are able to take indirect questions, whereas no such verb can take indirect questions without the context of these adjectives: expressions like * sčitat’ , kak on mog proniknut’ v dom lit. ‘consider how he could make his way into the house’ are ungrammatical. This is the fundamental property that distinguishes putatives from factive verbs: the latter are perfectly compatible with the indirect question, cf. znat’ , kak on mog proniknut’ v dom ‘know how he could make his way into the house ’. All forms listed above (the infinitive, the conjunctions čto, čtoby ‘that’, the indirect question) may appear with the same adjectives and nouns outside of the context of putative verbs, provided that the sentence contains a copula: (6)

Žalovat’sja na direktora bylo bespolezno ‘It was useless to complain about the director.’

(7)

Kažetsja maloverojatnym, čto on vernëtsja ‘It seems unlikely that he would return.’

(8)

Predstavljaetsja necelesoobraznym, čtoby on vozvraščalsja ‘It appears inadvisable that he should return.’

(9)

Do six por ostaëtsja nejasnym, kak prestupnik pronik v dom. ‘It remains uncertain until now how the criminal made his way into the house.’

In sentences (6) through (9) the specified forms play the role of a grammatical subject, just like the pronoun ėto ‘this’ in the sentence Ėto bylo bespolezno / ‘This was useless’ or the noun vozvraščenie ‘comeback’ in the sentence Vozvraščenie predstavljaetsja necelesoobraznym / (lit. ‘the comeback appears inappropriate’). The ability to have such a subject is inherent in adjectives and nouns adjoining the copulative verb. In the context of putative verbs like sčitat’ ‘consider’, polagat’ ‘believe’, naxodit’ ‘find’ etc. this subject naturally moves into the position of the (direct) complement. Such observations may be used to make certain conclusions about an optimal distribution of information between the lexicon and the grammar. In the lexicon, putative words are provided with two subcategorization frames: a two-valency frame represented by expressions like Ja sčitaju, čto žalovat’sja bespolezno / ‘I consider that it is useless to complain’ and a three-valency frame, as in Ja sčitaju žaloby bespoleznymi / ‘I consider the complaints (to be) useless). Adverbs, adjectives and nouns like nado ≈‘one needs’, žalko ‘pity’, nel’zja ≈ ‘one may not’, verojatnyj ‘probable’, vozmožnyj ‘possible’, somnitel’nyj ‘doubtful’, interesnyj ‘interesting’, radost’ ‘joy’, udovol’stvie ‘pleasure’, ošibka ‘mistake’ etc. are assigned one or more syntactic features (they are called PRED-INF, PRED-CHTO, PRED-QU etc.) that signal the ability of a word to induce (a) the infinitive, (b) a whole clause introduced with the conjunction čto ‘that’ or čtoby ‘in order to’, or (c) an indirect question ⫺ once this word fills the position of the complement. At the same time, a few rules that handle the governing properties of the verbs and syntactic features that have just been referred to are introduced into the grammar. These rules account for the non-prototypical instantiation of the subject in copula sentences and of the direct object in the sentences featuring putative verbs: such instantiations become possible if they are represented by a word assigned the respective features of the PRED family. This is the way to achieve a compact, exhaustive, and adequate description of the facts discussed above.

2.2. Systematicity The idea of the systematic character of the language that must be embodied in the linguistic description is conveyed by the following theses of the Moscow Semantic School (Apresjan 2005):

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XI. Semantik der slavischen Sprachen 1) The grammatical structure of a natural language is systematic, and so is its lexicon; 2) The systematic behavior of the lexicon is not only manifested at the macrolevel (as the way in which all words of the language are organized) but also at the microlevel (as the mode of existence of individual words). In the latter case, the systematicity is realized in two aspects: the arrangement of lexical meanings of a polysemous word and the interrelations between all properties of one word; 3) The most important manifestation of the systematicity of the lexicon is the language-specific conceptualization of the world (the “linguistic picture of the world”); 4) The lexical system has a classificational and an operational facet. As a classificational system, the lexicon is a nonstrict classification with intersecting classes. As an operational system, it is characterized by a set of rules describing the interaction of meanings in the text; 5) Both, the classification and the rules of meaning interaction are built on the basis of one and the same set of system-forming meanings. We will now discuss some of these issues in more detail.

2.2.1. Systematic Organization of the Lexicon Moscow Semantic School strives to present the whole lexicon of the language as a system of units organized by a relatively small number of all-pervading through-andthrough semantic features. The key notion here is the notion of lexicographic type, which contributes to formalization of systematic properties of the vocabulary and relates theoretical linguistics to lexicography. A lexicographic type is a group of lexemes that show a similar behavior in some respect. More precisely, a lexicographic type is a class of lexemes that have at least one shared property, which are addressed by one or more linguistic rules and which should therefore be uniformly described in the dictionary (Apresjan 2002). As can be seen from this definition, the notion of lexicographic type is not only motivated by the systematicity requirement but also by the integrality requirement: if the description of lexemes must be matched with the description of grammar then clearly the lexemes that have the same reflexes in the grammar must be uniformly presented in the dictionary. Since different properties of a lexeme or different sets of such properties determine its belonging to different lexicographic types, the multitude of lexicographic types forms multiply intersecting classes, which enables the linguist to detect a lot more systematic links than is possible in hierarchical classifications. Two more important distinctions of this approach to the lexicon from traditional segmentation into lexico-semantic classes should be mentioned. First, a lexicographic type can be set up on the basis of any shared properties of lexemes ⫺ morphological, syntactic, prosodic, combinatorial etc., not only semantic ones. Second, the notion of lexicographic type is strictly oriented to the reflection of lexical peculiarities in grammar rules of the given language, whilst the distribution of the lexicon into lexico-semantic classes is only determined by ideographic considerations. In the traditional approach, such semantic classes as “freshwater fishes” or “domestic appliances” are perfectly legitimate while they can hardly be expected to provide any specificity regarding linguistic rules of any kind and as such do not form lexicographic types.

59. Moscow Semantic School The idea of lexicographic type can be illustrated by the following example from Apresjan (1998, 23⫺24). The Russian verb vyjti in its basic sense ‘go out’ belongs to several lexicographic types, which together represent a substantial part of its properties. First, along with most motion verbs, the verb has the valency structure including the agent (who), starting point (from where), destination point (where to), and the area of movement (along what), cf.: Iz ulic i pereulkov na ploščad’ vyxodili tolpy ljudej / ‘Crowds of people were going out from streets and lanes to the square’. Secondly, inside the motion verb class, this verb joins other verbs with the prefix vy- roughly meaning outward motion (vybežat’ ‘run out’, vyletet’ ‘fly out’, vypolzti ‘crawl out’ etc.) with which it shares the meaning of moving from an enclosed space to a more open one. Cf. vyjti iz komnaty v koridor ‘go out from the room into the hall ’ but not *vyjti iz koridora v komnatu ‘go out from the hall into the room ’. Third, the lexicographic type of verbs with the prefix vy- is systematically related to the antonymic class of verbs with the prefix v- roughly meaning inward motion: these two verb classes possess a high degree of symmetry. Cf. vojti iz koridora v komnatu ≈ ‘come in from the hall to the room ’ but not * vojti iz komnaty v koridor ≈ ‘come in from the room to the hall ’. From the viewpoint of polysemy structure, the verb vyjti is close to the prefixless verb idti ‘go, walk’ from which it inherits most of the senses. In particular, both verbs are used to denote a) the movement of means of transportation (Teploxod vyšel iz Sevastopolja v Jaltu / ‘The ship sailed from Sevastopol to Yalta’), b) an activity phase (idti v boj ‘march into battle’⫺ vyjti iz boja ‘come out of battle’), c) transition to a new state (idti zamuž ‘marry’, lit. ‘go to be with husband’⫺ vyjti v generaly ‘become a general’), d) existence of a situation (Idët ėksperiment / ‘An experiment is taking place’⫺ Vyšla neprijatnost’ / ≈ ‘Somebody got into trouble’). It is clear that both verbs should be described in such a way as to maximally retain this parallelism. In addition, the verb vyjti, along with some other verbs, has inceptive and terminative groups of senses, which should be represented as regular blocks in a systematic description. Cf., for example, inceptive senses in vyjti na rabotu ‘start working (e.g. after a vacation or when getting a new job)’, vyjti na ėkrany ‘be released (of a film)’, vyjti na pomošnika prezidenta ‘find access to the president’s aide’ (i. e. ‘start having access’), vyjti v generaly ‘be promoted to general’ (i. e. ‘start being a general’) etc., and, on the other hand, terminative senses like vyjti iz tjur’my ‘leave the prison’ (i. e. ‘stop being in prison’), vyjti iz sostava komiteta ‘resign from the committee’ (i. e. ‘stop being part of the committee’), vyjti iz terpenija ‘lose patience’ (i. e. ‘stop being in a state of patience’), etc. Finally, the verb vyjti is one of the dynamic verbs whose polysemy structure rests on the foundation of a set of most simple ideas of location, state, property, and existence. The combination of these meanings is a characteristic feature of existential and copula verbs. Accordingly, a systematic description of verbs of movement must be consistent with the description of existential verbs. A vast amount of material devoted to the description of lexicographic types can be found in the New Explanatory Dictionary of Russian Synonyms (NEDRS 2004).

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2.2.2. The Linguistic Picture of the World One of the most important ambitions of the Moscow Semantic School is the reconstruction of the language (or “naïve”) picture of the world. Since this volume has a special paper devoted to this topic, only a brief account of it is given here. For the first time, sufficiently concrete fragments of the naïve picture of the world presented on graphic linguistic material were given in Apresjan 1974. Since then this line of research has been advancing rapidly and extensively, so that several fragments of the Russian-language naïve picture of the world elaborated in varying degrees of detail are now available. These are naïve geometry, naïve physics of space and time, naïve ethics, naïve psychology, naïve anatomy. Researchers who made the most significant contributions the development of these fragments include Jurij Apresjan (space and time, deixis), Valentina Apresjan (human emotions), Olga Boguslavskaja (causes and effects), Boris Iomdin (human understanding), Tat’jana Krylova (ethics), Irina Levontina (teleology, causes and effects), Andrej Sannikov (ethics), Alexej Šmelëv (psychology), Elena Uryson (anatomy, physics), Anna Zaliznjak (psychology, physics). (See, in particular, Apresjan 1986, 2006; Apresjan et al. 2006a; Boguslavskaja/Levontina 2004; Iomdin 2003; Krylova 2000; Sannikov 2006; Šmelëv 2002; Uryson 2003; Zaliznjak/Levontina/Šmelëv 2005). The main principles underlying the research of the linguistic picture of the world in the Moscow Semantic School are as follows (Apresjan 2005): a) The linguistic picture of the world is reconstructed solely on the basis of evidences of the language. No extralinguistic data or deliberations may be taken into account. This emphasis distinguishes the Moscow Semantic School approach from studies that rely on a wide range of cultural, literary, artistic, and psychological and even natural science factors. b) In many respects, the world picture embodied in the language is not isomorphic to the scientific picture of the world, and in many cases the former is no simpler, or more primitive, than the latter. c) The linguistic picture of the world is language-specific, i. e. it reflects a special view of the world through the prism of a concrete language. As a rule, world pictures reflected in different languages do not coincide. The latter thesis can be illustrated by the following example (Zaliznjak 2000). The Russian concept obida can hardly be adequately represented in West European languages: words like offence or hurt, Beleidigung or Kränkung are very different from obida and, unlike the Russian word, which presupposes the egocentric source of the emotion, emphasize its external character. For the Russian-speaking person, obida is one of the most essential feelings, whereas none of the English or German words above are frequent enough to be listed among crucial emotions.

2.2.3. System-forming Meanings System-forming meaning is one of the key notions in the semantic theory of Moscow Semantic School. A meaning is called system-forming if, in a given language, it has many realizations and at the same time is uniformly manifested. Specifically, such a

59. Moscow Semantic School meaning is part of the semantics of a large number of linguistic units of varying character and under certain conditions exhibits the same behavior in linguistic rules. Systemforming meanings include: a) Semantic primitives, i. e. meanings that do not allow decomposition into simpler elements within the given language: ‘do’, ‘perceive’, ‘want’, ‘can’, ‘feel’, ‘know’, ‘believe’, ‘exist’, ‘be’, ‘precede’, ‘I’, ‘relation’, ‘time’, ‘space’, ‘cause’, ‘condition’, ‘feature’, ‘part’, ‘number’, ‘amount’, ‘norm’, situation’, ‘one’, ‘good’, ‘more’, ‘not’, and some others. b) Certain meanings that are more complex than semantic primitives, such as ‘ready’, ‘must’, ‘begin’, ‘stop’, ‘moment’, ‘purpose’ and others. These meanings are reducible to semantic primitives in a small number of steps; c) Certain meanings which are simpler than semantic primitives. They cannot be verbalized in the given language by any “first-range” words. These meanings are referred to as semantic quarks. Jurij Apresjan, who introduced the term, maintains that quarks are such semantic elements that can be represented as an intersection of meanings of two or more semantic primitives (e.g. those of stative verbs like know, believe, want, consider whose meanings have a common element ‘internal state’) or a semantic primitive and its closest imprecise synonym, like want and wish (Apresjan 2005, 12). Elena Uryson expands the inventory of such meanings with situations where a word’s meaning consists of a part that allows a regular interpretation plus a nonverbalizable remainder. These remainders, which can be found in the meanings of conjunctions and and if, Elena Uryson called quarks and, later, photons (Uryson 2000).

3. Semantic Description The Moscow Semantic School views the goal of the semantic description in (1) defining the meanings of elementary linguistic units and (2) representing the way in which such linguistic units make up the utterance.

3.1. Objects of Semantic Description All meaningful units of the language need semantic description, including lexemes, grammemes, syntagmemes, and prosodemes. Of these, lexemes are the most important and are treated with utmost attention. However, other types of units have been given thorough considerations, too; see in particular Glovinskaja (1982, 2001), who handles the semantics of aspect and tense. Many lexical meanings have multilayer structure which contains assertions, presuppositions, modal frames, frames of observation, and motivations. This structure can be exemplified by the analytical definitions of the Russian verb prosit’ ‘ask’ and trebovat’ ‘require’ given in Apresjan 2005, 14: X prosit Y-a sdelat’ P (X asks Y to do P) = ‘(a) human X wants that P takes place and believes that human Y can do P and does not believe that Y must do P (presuppo-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen sitions); (b) X says to Y that X wants Y to do P (assertion); (c) X says it because X wants that P takes place (motivation)’. All properties of any lexical unit should be described in full, which means that in addition to the lexical meaning all morphological, syntactic, combinatorial, prosodic and communicative peculiarities of the lexical unit are to be described (Apresjan 2001b, 2002). Wherever possible, semantic motivation of these peculiarities is traced. Many of the properties of lexical units are interrelated, and special rules of interaction are used to represent this correlation. An example of nontrivial interrelation is the fact that Russian verbal predicates denoting natural effects, unlike predicates of actions, cannot be purposeful and, accordingly, cannot have prophetic present tense: cf. Zavtra my progrevaem obrazec do 1000 gradusov, a potom v tečenie nedeli oxlaždaem. / ‘Tomorrow we are heating [action] the sample to 1000 degrees and then we are cooling it for a week’ but not *Zavtra solnce progrevaet vozdux do 15 gradusov. / ‘Tomorrow the sun heats the air to 15 degrees’.

3.2. Tools of Semantic Description Semantic description of language is based on the following theoretical assumptions (Apresjan 1999): 1) the meaning of all meaningful language units and entities (lexical, morphological, syntactic, word formative, prosodic and communicative) may, and must, be described in one and the same semantic metalanguage. 2) Since the linguistic picture of the world is language-specific, no artificial universal language should be used; rather, the semantic metalanguage to be used in lexical descriptions should be a simplified and standardized sublanguage of the natural language described. The latter argument can be substantiated by Jurij Apresjan’s comparison of English verbs want and wish, on the one hand, and Russian verbs xotet’ and želat’, on the other hand. These two verbs are normally considered to be translation equivalents of want and wish, respectively. However, of the two English verbs, wish, rather than want, is shown to be semantically more primitive (even though its meaning is not fully contained in the meaning of want), whereas the Russian verb xotet’ is demonstrated to be less specific and more primitive, so wish and xotet’ are suitable candidates to the semantic metalanguages of English and Russian (Apresjan 1995). Simplification of the semantic sublanguage consists in the fact that it should contain only relatively simple words in their basic senses, simple grammatical forms and syntactic constructions. The sublanguage is standardized in the sense that, ideally, its elements should not have any synonyms and homonyms. 3) The main method of describing any meaningful units of the language is the creation of an analytical definition of their meanings in the metalanguage mentioned above. 4) Dictionary definitions must meet the requirements of sufficiency and nonredundancy and be made in such a way as to allow identification of all paradigmatic semantic relations between words in the dictionary, as well as formulation of rules of their syntagmatic semantic interaction in the text.

59. Moscow Semantic School Illustrative examples are analytical definitions of Russian verbs prosit’ ‘ask’, given above, and trebovat’ ‘require’: X trebujet ot Y-a, čtoby Y sdelal P (X requires from Y that Y do P) = ‘(a) human X wants that human Y does P and X believes that Y must do P (presuppositions); (b) X says to Y that X wants Y to do P (assertion); (c) X says it because X believes that Y must do P (motivation)’. If we compare the two definitions, we will see subtle differences between the two words and understand why requiring is not a subtype of asking.

3.3. Rules of Sense Composition A number of the Moscow Semantic School publications discussed the issue of how meanings of individual words and other meaningful linguistic units are put together to form the meaning of the whole sentence. The most detailed description of this approach is given in Boguslavskij 1996. The main mechanism combining meanings of individual words within sentences is the instantiation of its semantic valencies. Moscow Semantic School assumes valencies in any word that denotes situations having one or more participants which can be expressed in the sentence alongside the given word. Accordingly, words belonging to almost any part of speech may have valencies ⫺ not only verbs but nouns, adjectives, adverbs, prepositions, or conjunctions. As the range of word classes for which valencies are seen broadened, Moscow Semantic School researchers found that the mechanism of valency instantiation is much more complex than could be presumed when dealing with verbal valencies alone, while the expressions that instantiate valencies are extremely diverse. The notion of scope has proven to be quite useful for the description of the whole range of these phenomena. Traditional actants are a particular case of scope.

3.3.1. Syntactic Relationship between a Valency Word and its Scope From the syntactic point of view, three types of valencies should be distinguished: active, passive and discontinuous. A valency instantiated with actant A of word L is active if A is syntactically dominated by L: L / A. Such are actants of archetypal valency words: verbs and nouns. A valency is passive if actant A syntactically dominates L: L ) A. In the case of discontinuous valency, the latter is not related to the valency word by any syntactic link: L ... A. For example, both valencies of the verb precede are active, since in the sentence (10) The mass preceded the concert both mass and concert syntactically depend on precede. Unlike verbs, prepositions normally have two valencies of different types: an active and a passive one. In the sentence (11) The mass finished before the concert

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XI. Semantik der slavischen Sprachen one valency of the preposition before is active (before / concert), and the other is passive (finished / before). The quantifying adjective most, like other quantifiers, has two valencies (P and Q). In the sentence (12) Most questions remained unanswered the first valency of most, Q, is filled by the noun questions while the other valency, P, is filled by the verbal phrase remained unanswered. Valency P distinguishes the quantifier most from words like numerous, which only has one semantic valency (Q). Indeed, nominal phrase most questions, unlike numerous questions, is incomplete and cannot be interpreted without a verbal phrase. According to the above definitions, valency Q of most is passive and valency P is discontinuous. In most cases, passive valencies are filled in accordance with the syntactic nature of the valency word. For example, a prototypical adjective has one valency which is filled by the noun it modifies (a yellow fence). Sentential adverbs normally have their passive valency filled by the proposition which syntactically dominates them: Tomorrow, he is leaving for Stockholm. These regularities refer to large word classes; hence, they relate to the grammar and need not be tackled in the lexicon. Conversely, instances of less standard or totally non-standard behavior should be treated lexicographically. A good example is three-valency prepositions. The Russian temporal preposition čerez ‘in, after’ refers not only to a time interval separating two situations or moments (On priedet čerez dvadcat’ minut ‘he will come in twenty minutes’) but also to the situations themselves: (13) On priexal čerez dvadcat’ minut posle obeda ‘He came twenty minutes after lunch’. In (13), the preposition čerez participates in three semantic and syntactic links: a link with dvacat’ minut ‘twenty minutes’, with priexal ‘came’ and with pоslе obeda ‘after lunch’. A preposition can be syntactically connected to a phrase which instantiates two of its valencies at a time. In the sentence (14) Unlike Mary, John speaks French the preposition unlike has three valencies: two denote the entities compared (Mary and John) and the third denotes a property that one of them has and the other has not (speak French). Syntactically, unlike is linked to the phrase John speaks French which contains its two actants.

3.3.2. Scope Characteristics The examples given above illustrate the prototypical cases of valency instantiations by words or phrases. However, more exotic situations are not infrequent. The meaningful element that fills a valency of a word may also be (a) part of the lexical meaning of a

59. Moscow Semantic School word; (b) meaning of a grammatical category; (c) meaning of a syntactic construction and (d) meaning of a speech act. Case (a) can be illustrated by the following example. The Russian adverb tože, like its English equivalent also, has two valencies. X tože P / ‘X also P’ means ‘X does P and there exists A different from X that does P’. The sentence Ja tože tak sčitaju / ‘I also think so’ means ‘I think so and there are other people who think so’. If we now consider the dialog (15) Po-moemu, ėto perexodit vse granicy! ⫺ Po-moemu, tože ‘In my opinion, that’s the limit! ⫺ I also think so (lit. ‘In my opinion, also’), we will see that the valencies X and P of the adverb tože are filled by different components of the lexical meanings of po-moemu (po-moemu P = ‘I think that P’). Case (b) is exemplified by the Russian sentence (16) Ivan počti ne ošibaetsja v svoix prognozax (lit ‘Ivan almost makes no mistakes in his predictions’). Sentence (16) has two meanings: (16a) ‘Ivan’s predictions are always almost right’ and (16b) ‘Ivan’s predictions are almost always right’. In (16a), the adverb almost affects part of the lexical meaning of the verb ošibat’sja ‘make mistakes’. To be more precise, it affects the part of the lexical meaning of the verb plus the negation: ‘X nе оšibaetsja’ means that X’s predictions are correct’. In (16b) almost affects the habitual meaning of the imperfect aspect. Case (c) is represented by the Russian sentence (17) Ivanu tože ne rešit’ ėtu zadaču ‘Ivan cannot solve this problem either’ lit. ‘to Ivan also not to solve this problem’ which contains the modal meaning ‘can’ that can only be ascribed to the whole infinitival construction. The adverb tože was above shown to have a valency P filled by a verbal phrase. In (17), the scope of tože includes the meaning of ‘can’ rendered by syntactic means. Finally, case (d) can be illustrated as follows. The sentence (18) He is staying at this hotel again says that someone is staying at the same hotel one more time. In contrast to that, in the sentence (19) At what hotel is he staying, again? the meaning of repetition has a totally different scope, namely the speech act of question, as (19) means, roughly, ‘I am asking you for the second time at what hotel he is staying’. Moscow Semantic School researchers have found that nontrivial scopes are not only inherent in “semantically active” senses like negation, modality, estimation, or quantity but also in words belonging to open classes. In many cases, nontrivial scopes are lexically restricted and have to be described in the dictionary.

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3.4. Fundamental Classification of Predicates Quite recently, Jurij Apresjan offered a comprehensive classification of linguistic predicates vital for linguistic rules of all types: morphological, prosodic, syntactic, semantic, communicative, combinatorial and others. Apresjan’s classification of predicates differs from those of Zeno Vendler, Charles Fillmore and several Russian researchers (Jurij Maslov, Tat’jana Bulygina and Elena Padučeva) in that its principal classes, apart from such “traditional” classes as ‘actions’ (build, run), ‘activities’ (sell, teach), ‘processes’ (grow, decay), ‘states’ (know, wish), ‘properties’ (stammer, curl) etc. include ‘occupations’ (play, rest), ‘behaviors’ (frolic, show up), ‘impacts’ (cook, mold), ‘spatial positions’ (sit, hang, lean, squat), ‘interpretations’ (tempt, agree, cheat, russ. ošibat’sja ‘be mistaken’), existences (exist, be, loom, darkle, russ. vidnet’sja ‘be seen’, belet’ ‘show up white’), relations (consist, include, differ), parameters (cost, weigh, measure [30 feet across]) and so on. Further breakdown of the classes is based on such semantic oppositions as ‘beginning’ vs. ‘cessation’, ‘causation’ vs. ‘elimination’ etc. and such specific semantic features as ‘volitional’, ‘emotional’, ‘quantitative’, ‘qualitative’, or ‘multiple’. The fundamental classification of predicates serves as basis for a comprehensive system of semantic tagging of a Russian text corpus (Apresjan et al. 2006b), where words are assigned semantic classes as well as semantic roles of their actants. Apart from such familiar roles as ‘agent’, ‘result’, ‘patient’ and ‘instrument’, assigned for example to the verb vjazat’ ‘to knit’ in such sentences as Maša [‘agent’] vjažet šarfy [‘result’] iz šersti [‘patient’] maminym krjučkom [‘instrument’] / ‘Masha knits scarves from wool with her mother’s crochet hook’, a number of new roles have been introduced, e.g. ‘duration’ (for certain Aktionsarten of Russian, cf. prorabotat’ tri časa ‘work for three hours’), ‘date’ (Zasedanie bylo otloženo do ponedel’nika / ‘The session was postponed till Monday’), ‘term’ (arenda na pjat’ let ‘lease for five years’).

4. Literature (selected) Аpresjan, Ju. D. (1974): Leksičeskaja semantika: Sinonimičeskie sredsva jazyka. Moskva. Аpresjan, Ju. D. (1986): “Dejksis v leksike i grammatike i naivnaja model’ mira”. // Semiotika i informatika 28. 5⫺33. Аpresjan, Ju. D. (1995): “О jazyke tolkovanij i semantičeskix primitivax”. // Аpresjan, Ju. D. Izbrannye trudy: Integral’noe opisanie jazyka i sistemnaja leksikografija. Moskva. Аpresjan, Ju. D. (1998): “Leksičeskoe značenie i upravlenie: leksikografičeskij aspekt”. // Jazykovědné aktuality. Informativní zpravodaj českých jazykovědců. Roč. XXXV. Zvláštní číslo. Praha. 15⫺28. Аpresjan, Ju. D. (1999): “Principy sistemnoj leksikografii i tolkovyj slovar’”. // Poėtika. Istorija literatury. Lingvistika. Sbornik k 70-letiju Vjačeslava Vsevolodoviča Ivanova. Moskva. Apresjan, Jurij (2001): Systematic Lexicography. Oxford. Аpresjan, Ju. D. (2001): “Ot značenij k nesemantičeskim svojstvam leksem: znanie i mnenie”. // Russkij jazyk: peresekaja granicy. Dubna. 7⫺18. Аpresjan, Ju. D. (2002): “Vzaimodejstvie leksiki i grammatiki: leksikografičeskij aspekt”. // Russkij jazyk v naučnom osveščenii. 3.1. 10⫺29. Аpresjan, Ju. D. (2003): “Fundamental’naja klassifikacija predikatov i sistemnaja leksikografija”. // Grammatičeskie kategorii: ierarxii, svjazi, vzaimodejstvie. Trudy meždunarodnoj konferencii. Sankt-Peterburg. 7⫺21.

59. Moscow Semantic School Аpresjan, Ju. D. (2004): “Lingvističeskaja terminologija slovarja”. // Novyj ob’’jasnitel’nyj slovar’ sinonimov russkogo jazyka. Moskva. VIII⫺XLV. Vtoroj vypusk. (Jazyki russkoj kul’tury). Аpresjan, Ju. D. (2005): “O moskovskoj semantičeskoj škole”. // Voprosy jazykoznanija 1. 3⫺30. Аpresjan, Ju. D./Boguslavskij, I. M./Iomdin, L. L./Lazurskij, A.V./Mitjušin, L. L./Sannikov, V. Z./ Cinman, L. L. (1992): Lingvističeskij processor dlja složnyx informacionnyx sistem. Moskva. Apresian, Juri/Boguslavsky, Igor/Iomdin, Leonid/Lazursky, Alexander/Sannikov, Vladimir/Sizov, Victor/Tsinman, Leonid (2003): “ETAP-3 Linguistic Processor: a Full-Fledged NLP Implementation of the MTT”. // MTT 2003. First International Conference on Meaning-Text Theory. Paris. 279⫺288. Apresian, Juri/Boguslavsky, Igor/Iomdin, Leonid/Lazursky, Alexander/Sannikov, Vladimir/Sizov, Victor (2006): ”A Syntactically and Semantically Tagged Corpus of Russian: State of the Art and Prospects“. // Proceedings of the 5 th International Conference on Language Resources and Evaluation (LREC’2006). Genoa. 1378⫺1381. Аpresjan, V. Ju. (2006): “Semantika i gramatika sud’by”. // Komp’juternaja lingvistika i intellektualnye texnologii. Trudy Meždunarodnoj konferencii “Dialog-2006”. Moskva. 31⫺37. Аpresjan, V. Ju./Аpresjan, Ju. D./Babajeva, E. Ė./Boguslavskaja, O. J./Galaktionova, I. V./Glovinskaja, M. Ju./Grigor’eva, S. A./Iomdin, B. L./Krylova, T. V./Levontina, I. B./Ptencova, A. V./ Sannikov, A. V./Uryson, E. V. (2004): Novyj ob’’jasnitel’nyj slovar’ sinonimov russkogo jazyka. Moskva. Аpresjan, V. Ju./Аpresjan, Ju. D. /Babaeva, E. Ė./Boguslavskaja, O. J./Iomdin, B. L./Krylova, T.V./Levontiva, I. B./Sannikov, A. V./Uryson, E. V. (2006): Russkaja jazykovaja kartina mira i sistemnaja leksikografija. Moskva. 2006. Аpresjan, Ju. D./Boguslavskij, I. M./Iomdin, L. L./Lazurskij, A. V./Percov, N.V./Sannikov, V. Z./ Cinman, L. L. (1989): Lingvističeskoe obespečenie sistemy ETAP 2. Moskva. Abatchewsky-Jumarie, Nadia/Elnitsky, Léo, Iordanskaja, Lidia/Lessard, A./Mel’čuk, Igor (1984): Dictionnaire explicatif et combinatoire du français contemporain: Recherches lexico-sémantiques I. Montréal. Arbatchewsky-Jumarie, Nadia/Dagenais, L./Elnitsky, Léo/Iordanskaja, Lidia/Lefevre, M.-N./Mantha, Syliso/Mel’čuk, Igor (1988): Dictionnaire explicatif et combinatoire du français contemporain. Recherches lexico-sémantiques II. Montréal. Arbatchewsky-Jumarie, Nadia/Iordanskaja, Lidia/Mantha, Syliso/Mel’čuk, Igor (1992): Dictionnaire explicatif et combinatoire du français contemporain. Recherches lexico-sémantiques III. Montréal. Arbatchewsky-Jumarie, Nadia/Iordanskaja, Lidia/Mantha, Syliso/Mel’čuk, Igor/Polguère, A. (1999): Dictionnaire explicatif et combinatoire du français contemporain. Recherches lexicosémantiques IV. Montréal. Boguslavskaja, O. J./Levontina, I. B. (2004): “Smysly ‘pričina’ i ‘cel’ v estestvennom jazyke”. // Voprosy jazykoznanija 2. 68⫺88. Boguslavskij, I. M. (1996): Sfera dejstvija leksičeskix edinic. Moskva. Glovinskaja, M. J. (1982): Semantičeskie tipy vidovyx protivopostavlenij russkogo glagola. Moskva. Glovinskaja, M. J. (2001): Mnogoznačnost’ i sinonimija v vido-vremennoj sisteme russkogo glagola. Moskva. Halliday, M. A. K. (1973): Explorations in the Functions of Language. London. Iomdin, B. L. (2003): “Semantica ponimanija: leksikografičeskij portret glagola ponimat’”. // Komp’juternaja lingvistika i intellektual’nye texnologii. Trudy Meždunarodnoj konferencii “Dialog-2003”. Moskva. 210⫺215. Katz, Jerry/Postal, Paul (1964): An Integrated Theory of Linguistic Descriptions. Cambridge. Krylova, T. B. (2000): “Statusnye pravila v naivnoj ėtike”. // Slovo v tekste i slovare. Sbornik statej k semidesjatiletiju akademika Ju. D. Apresjana. Moskva. Mel’čuk, I. A. (1974): Opyt teorii lingvističeskix modelej “Smysl 5 Tekst”. Moskva. Mel’čuk, I. A. (1982): Towards a Language of Linguistics. A System of Formal Notions for Theoretical Morphology. München.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Mel’čuk, I. A. (1992): “Towards a Logical Analysis of the Notion Ergative Construction” // Studies in Language 16/1. 91⫺138. Mel’čuk. I. A. (2001): Communicative Organization in Natural Language ⫺ The Semantic-communicative Structure of Sentences. Amsterdam [u. a.] Mel’čuk, I. A./Polguère, A. (1987): “A Formal Lexicon in the Meaning-Text Theory, or: How to Do Lexica with Words”. // Computational Linguistics 13. (Numbers 3⫺4, July⫺December 1987). 261⫺275. Mel’čuk, I. A./Zholkovsky, A. K. (1984): An Explanatory Combinatorial Dictionary of Modern Russian Vienna. Sannikov, A. V. (2006): Samoocenka čeloveka v russkoj jazykovoj kartine mira. Moskva. Šmelev, A. D. (2002): Russkaja jazykovaja model’ mira. Materialy k slovarju. Moskva. Uryson, E. V. (2003): Problemy issledovanij jazykovoj kartiny mira. Analogija v semantike. Moskva. Uryson, E. V. (2004): “Nekotorye značenija sojuza a v svete sovremennoj semantičeskoj teorii”. // Russkij jazyk v naučnom osveščenii 2/8. 17⫺48. Zaliznjak, A. A. (2000): “O semantike ščepetil’nosti (obidno, sovestno i neudobno na fone russkoj jazykovoj kartiny mira)”. // Logičeskij analiz jazyka. Jazyki ėtiki. Moskva. Zaliznjak, A. A./Levontina, I. B./Šmelëv, A. D. (2005): Ključevye idei russkoj jazykovoj kartiny mira. Moskva. Žolkovskij, A. K. (1964a): “Predislovie k sborniku statej”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva. 3⫺16. Žolkovskij, A. K. (1964b): “O pravilax semantičeskogo analiza”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva.17⫺32. Žolkovskij, A. K. (1964c): “Leksika celesoobraznoj dejatel’nosti”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva. 67⫺103.

Igor’ M. Boguslavskij, Moscow (Russia) / Madrid (Spain), Leonid L. Iomdin, Moscow (Russia)

60. Prototypensemantik und Stereotypen 1. Einleitung 2. Stereotypen- und Prototypen in der Wortsemantik 3. Beziehung der linguistischen Konzepte „Stereotyp“ und „Imago-Typ“ zu den Nachbardisziplinen 4. Nationale Stereotypen 5. Zusammenfassung und Ausblick 6. Literatur (in Auswahl)

Abstract In this article the notions ‘stereotypes’ and ‘prototype’ are explained and analyzed. We adopt them from cognitive psychology (E. Rosch), from philosophy (H. Putnam) and from sociopsychology (W. Lippmann). The linguistic introduction by Uta Quasthof in

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Mel’čuk, I. A. (1992): “Towards a Logical Analysis of the Notion Ergative Construction” // Studies in Language 16/1. 91⫺138. Mel’čuk. I. A. (2001): Communicative Organization in Natural Language ⫺ The Semantic-communicative Structure of Sentences. Amsterdam [u. a.] Mel’čuk, I. A./Polguère, A. (1987): “A Formal Lexicon in the Meaning-Text Theory, or: How to Do Lexica with Words”. // Computational Linguistics 13. (Numbers 3⫺4, July⫺December 1987). 261⫺275. Mel’čuk, I. A./Zholkovsky, A. K. (1984): An Explanatory Combinatorial Dictionary of Modern Russian Vienna. Sannikov, A. V. (2006): Samoocenka čeloveka v russkoj jazykovoj kartine mira. Moskva. Šmelev, A. D. (2002): Russkaja jazykovaja model’ mira. Materialy k slovarju. Moskva. Uryson, E. V. (2003): Problemy issledovanij jazykovoj kartiny mira. Analogija v semantike. Moskva. Uryson, E. V. (2004): “Nekotorye značenija sojuza a v svete sovremennoj semantičeskoj teorii”. // Russkij jazyk v naučnom osveščenii 2/8. 17⫺48. Zaliznjak, A. A. (2000): “O semantike ščepetil’nosti (obidno, sovestno i neudobno na fone russkoj jazykovoj kartiny mira)”. // Logičeskij analiz jazyka. Jazyki ėtiki. Moskva. Zaliznjak, A. A./Levontina, I. B./Šmelëv, A. D. (2005): Ključevye idei russkoj jazykovoj kartiny mira. Moskva. Žolkovskij, A. K. (1964a): “Predislovie k sborniku statej”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva. 3⫺16. Žolkovskij, A. K. (1964b): “O pravilax semantičeskogo analiza”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva.17⫺32. Žolkovskij, A. K. (1964c): “Leksika celesoobraznoj dejatel’nosti”. // Mašinnyj perevod i prikladnaja lingvistika 8. Moskva. 67⫺103.

Igor’ M. Boguslavskij, Moscow (Russia) / Madrid (Spain), Leonid L. Iomdin, Moscow (Russia)

60. Prototypensemantik und Stereotypen 1. Einleitung 2. Stereotypen- und Prototypen in der Wortsemantik 3. Beziehung der linguistischen Konzepte „Stereotyp“ und „Imago-Typ“ zu den Nachbardisziplinen 4. Nationale Stereotypen 5. Zusammenfassung und Ausblick 6. Literatur (in Auswahl)

Abstract In this article the notions ‘stereotypes’ and ‘prototype’ are explained and analyzed. We adopt them from cognitive psychology (E. Rosch), from philosophy (H. Putnam) and from sociopsychology (W. Lippmann). The linguistic introduction by Uta Quasthof in

60. Prototypensemantik und Stereotypen the seventies (Quasthof 1973) allows for a proper treatment in the field of word semantics (Schwarze 1996). In the last section we concentrate on ethnical or ‘national’ stereotypes in Slavic and European contexts.

1. Einleitung In der Forschung ist der Begriff des Stereotyps zumeist sehr unterschiedlich belegt und definiert, abhängig von der jeweiligen Disziplin. Aus linguistischer Sicht handelt es sich um etwas Anderes als aus sozialpsychologischer Sicht. Mein Beitrag soll zum einen darin bestehen, die unterschiedliche theoretische Fundierung und Einbettung dieses Begriffs in der Linguistik (speziell Wortsemantik) im Vergleich zu anderen Disziplinen darzulegen; zum anderen werde ich eine kurze Übersicht über die wichtigsten Grundlagen der Prototypensemantik geben. Schließlich werde ich einige Beispiele für Stereotypen nennen, die in den letzten Jahren als Konzepte der semantischen Forschung in der Slavistik eine Rolle gespielt haben.

2. Stereotypen- und Prototypen in der Wortsemantik Zwei der wichtigsten Beiträge zu Grundlagenproblemen der Wortsemantik stammen von Autoren, die nicht Linguisten, sondern Vertreter von Nachbardisziplinen sind: ich meine die Psychologin Eleanor Rosch und den Philosophen Hilary Putnam (Rosch 1977; Putnam 1978). Beide verstehen sich als Kritiker der damals herrschenden Lehre im Bereich der lexikalischen Semantik, beide kommen von ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und mit völlig verschiedenen Arbeits- und Argumentationsweisen zu sehr ähnlichen Ergebnissen, und beide besitzen eine so starke Überzeugungskraft, dass sie für die linguistische Wortsemantik eine echte Herausforderung darstellen. Diese Arbeiten sind nicht ohne Konsequenzen für die vom Strukturalismus geprägte Wortsemantik (Merkmalsemantik, Komponentialanalyse) geblieben (siehe Schwarze 1996; Kleiber 1993; Fanselow/Staudacher 1991; Lakoff 1987; Putnam 1970, 1973, 1975a, b, 1979, 1982; Rosch 1973, 1975, 1976, 1978; Schwartz 1977, 1978, 1980). Rosch berichtet über eine ganze Reihe beeindruckender sprachpsychologischer Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass Farbkategorien (und mit ihnen die Bedeutungen von farbbezeichnenden Lexemen) eine sog. Prototypenstruktur haben: „[…] Colour appears to be one domain in which all evidence ⫺ physiology, language, memory, learning, child development, and information processing experiments ⫺ converge in supporting that the categories possess an analog prototype structure.“ (Rosch 1977, 15). Damit ist gemeint, dass die Kategorie jeweils um ein Zentrum organisiert ist, und dass ihre Ausdehnung nicht durch die Abgrenzung zu einer Nachbarkategorie, sondern durch den (variablen) Abstand der Randbereiche zum Zentrum bestimmt ist. Dieses Zentrum ist ein typischer Vertreter der Kategorie, z. B. für die Kategorie ,rot‘ ein ganz bestimmtes Rot; die Bezeichung für dieses Zentrum einer Kategorie ist Prototyp. Die grundlegende Idee besteht darin, dass sich die Kategorien nicht aus Exemplaren zusammensetzen, die im gleichen Verhältnis zur überdachenden Kategorie stehen, son-

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830

XI. Semantik der slavischen Sprachen

Abb. 60.1: Prototypen nach Rosch (1973)

dern dass es Exemplare gibt, die bessere Vertreter sind als andere. So ergaben die Antworten der von Rosch (1973) befragten Personen, dass der Apfel das beste Exemplar für die Kategorie Obst (englisch fruit) darstelle, während die Olive am wenigsten repräsentativ sei; dazwischen findet man (in der Reihenfolge absteigender Repräsentativität) Pflaume, Ananas, Erdbeere und Feige, vgl. Abb. 60.1. Die Ergebnisse hat Rosch dann entsprechend für geometrische Formen, Gesichtsausdrücke und konkrete Gegenstände bestätigt gefunden. Wenn Menschen ihre Kategorien nach universell gültigen Prinzipien bilden, wie kann man dann in Experimenten nachweisbare individuelle Abweichungen in der Beurteilung der besten Exemplare einer Kategorie erklären? Auf diese Fragen wird hier nicht eingegangen, sie stellen jedoch ein ernst zu nehmendes empirisches und damit auch ein Problem der Theorie dar.

60. Prototypensemantik und Stereotypen

831

Wenn Kategorien von Sprache zu Sprache und von Kultur zu Kultur verschieden sind, so erklärt Rosch diese Abweichungen damit, dass einer der drei Fälle vorliegen: entweder sie unterscheiden sich nur in den „Rändern“, sind aber hinsichtlich des Prototyps gleich (dies gilt für Farben und Formen), oder sie beruhen darauf, dass die Welt, in Bezug auf die die Kategorien gebildet werden, nicht dieselbe ist (dies gilt z. B. für natürliche Gattungen und Artefakte), oder es bestand für die Bildung bestimmter Kategorien kein Anlass. Wir können hier nicht auf sämtliche Probleme und Schwächen der Prototypensemantik eingehen. Wir müssen jedoch kurz auf die Erweiterung der Prototypensemantik durch den Begriff des Stereotyps bei Hilary Putnam eingehen. Während Rosch von Untersuchungen über Begriffsbildung, Kategorienlernen und Kategorienzuweisung ausgeht, analysiert Putnam zeichentheoretische Grundprobleme der Wortsemantik im philosophischen Diskurs. Seine Grundannahmen sind: Zum „Haben“ eines Wortes gehören folgende Komponenten: ⫺ die Kenntnis der syntaktischen Eigenschaften des Worts; ⫺ die Fähigkeit, die Kategorie einer bestimmten, allgemeineren Kategorie zuzuordnen; solche übergeordneten Kategorien sind z. B. ,Tier‘, ,Lebewesen‘, ,Artefakt‘, ,Wochentag‘, ,Zeiteinheit‘ (für z. B. ,Tiger‘, ,Venusmuschel‘, ,Stuhl‘, ,Donnerstag‘, ,Stunden‘); ⫺ die Kenntnis von Stereotypen, die mit dem Wort verbunden sind. Diese Stereotypen bestehen aus denjenigen Eigenschaften, die einen Prototyp im Rosch’schen Sinne zum Prototypen machen, d. h. es sind Eigenschaften eines typischen Vertreters der Kategorie. Diese Eigenschaften kommen aber nicht allen Referenten des Worts in gleicher Weise zu; ⫺ die Kenntnis der Extension. Zur Veranschaulichung führe ich das folgende Beispiel aus Putnam (1978, 80) für englisch water an: Tab. 60.1: nach Schwarze (1996, 717) Syntactic markers

Semantic markers

Stereotype

Extension

Mass noun

natural kind

colourless

H20

Concrete

liquid

transparent tasteless thirst-quentching

Zwei weitere Gedanken vervollständigen bzw. stützen diese Konzeption. Der erste ist der der sprachlichen „Arbeitsteilung“: das „Haben“ eines Worts muss nach Putnam im Hinblick auf die Sprachgemeinschaft als ganze betrachtet werden, nicht etwa im Hinblick nur auf den „Durchschnittssprecher“. Wenn die entsprechende Gesellschaft arbeitsteilig organisiert ist, so schlägt sich dies auch auf den Sprachbesitz nieder: bei einem Wort wie z. B. Gold kennt die Masse der Sprecher nur das Stereotyp, dazu kommen die Spezialisten, die die Extension von Gold kennen, und unter diesen sind wiederum solche, die darüber hinaus auch überprüfen können, ob ein gegebenes Muster, das dem Stereotyp von Gold entsprechen mag, auch in die Extension von Gold

832

XI. Semantik der slavischen Sprachen fällt. Die lexikalische Analyse muss diese sprachliche Arbeitsteilung berücksichtigen und deshalb sowohl die Stereotypen als auch die Extension erfassen. Im Folgenden sei unter einem Prototyp ein typischer Referent verstanden: so ist z. B. ein besonders typischer konkreter Stuhl ein Prototyp im Hinblick auf die Kategorie ,Stuhl‘. Ein Stereotyp hingegen sei die Menge der Eigenschaften, die einen Prototyp definieren; so ist z. B. das Stereotyp von Stuhl: ,dient zum Sitzen, hat eine Lehne und vier Beine, ist aus festem Material, bietet Platz für eine Person‘. Stereotypische Eigenschaften schließlich seien diejenigen Eigenschaften, aus denen ein Stereotyp besteht. So ist z. B. ,hat eine Lehne‘ eine stereotypische Eigenschaft von ‚Stuhl‘. Wesentliche theoretische Prämisse für den empirischen Teil meiner Untersuchung ist die folgende Überlegung: Jede stereotypische Eigenschaft gehört analytisch zum betreffenden Stereotyp. Aber die Zugehörigkeit eines Objekts zu der um das Stereotyp organisierten Kategorie setzt die vollständige Übereinstimmung (Identität) mit dem Stereotyp nicht voraus. Deshalb ist eine stereotypische Eigenschaft nicht eine analytische Eigenschaft aller in die Kategorie fallenden Objekte. Eine stereotypische Eigenschaft E kann daher nicht als Implikation einer Kategorie K : K (x) / E (x) dargestellt werden, sondern nur als eine (revidierbare) Inferenz. Stereotypische Eigenschaften können untereinander hierarchisch geordnet sein: so ist z. B. für das Stereotyp des Vogels wichtiger, Federn zu haben, als singen zu können. Für das Ethnonym ‚Pole‘ ist es wichtiger, Angehöriger des Landes Polen zu sein, als ,Mann‘, ,Frau‚ oder ,Kind‘ zu sein. Die an den Rändern der sprachlichen Bedeutung eines Wortes situierten stereotypischen Eigenschaften (wie z. B. die Polen sind mutig ... nonkonformistisch, die Tschechen sind gemütlich ... konformistisch) speisen sich aus verschiedenen Einstellungsoperatoren (Meinungsbildern, Urteilen und Vorurteilen der historischen, sozialen, ethnischen, kulturellen, politischen usw. Wirklichkeit) einer Sprach- bzw. Kulturgemeinschaft und sind somit nicht als scharf umrissene Kategorien der Wortbedeutung fixiert, sondern als klischeehafte Vorstellungen einer Sprach- bzw. Kulturgemeinschaft (einschließlich sozialer Gruppen bzw. Ethnien) inferiert. Im Unterschied zu Lakoff (1987, 85), der von sozialen Stereotypen spricht (Beispiele wären Mütter sind Hausfrauen, Frauen sind schlechte Autofahrer, Japaner und Deutsche sind fleißig, etc.), möchte ich hier von Imago-Typen sprechen. Imago-Typen sind Vorstellungen (wörtlich Bilder) einer sozialen Gruppe, einer Ethnie oder eines Kollektivs über eine andere soziale Gruppe, Ethnie oder ein anderes Kollektiv, die häufig als ständige Markierung einer Kategorie K der betreffenden sozialen Gruppe, Ethnie oder des Kollektivs existieren, selbst aber keine Eigenschaft dieser Kategorie sind. In der Kommunikation kommen sie oft als verbal kodierte, feste bzw. festgefahrene generalisierte, nicht wahrheitsfähige bzw. zumindest nicht falsifizierbare Meinungsäußerungen in Form von einfachen oder mehrfachen Prädikationen, festen Redewendungen, Vergleichen, Metaphern, Metonymien, Sprichwörtern, nick names (Schimpf- oder Kosenamen) zum Ausdruck. Um den Unterschied zwischen stereotypischen Eigenschaften bzw. Stereotypen (im Sinne der Stereotypen- und Prototypensemantik) und Imago-Typen zu verdeutlichen, nenne ich die folgenden Beispiele (1)⫺(4): (1)

Alle Polen sind Europäer

(2)

Alle Polen sind Menschen

(3)

Alle Polen sind z. B. unordentlich, unpünktlich, betrügerisch, heldenhaft, mutig, romantisch, nonkonformistisch, Anarchisten

60. Prototypensemantik und Stereotypen (4)

Alle Tschechen sind z. B. gemütlich, zynisch, Biersäufer, geschwätzig, konformistisch, feige, unverbindlich, unzuverlässig

Nur die Sätze (1) und (2) sind wahrheitsfähig bzw. zumindest falsifizierbar, d. h. sie lassen sich in Bezug auf ihre Wahrheitswerte überprüfen. Wir können z. B. für (1) den Wahrheitswert ,f(alsch)‘ angeben, weil in die semantische Kategorie (Klasse) außer den in Europa lebenden Polen extensional auch die außerhalb Polens lebenden Polen gehören. Der Satz (2) lässt sich für alle Exemplare der Kategorie mit ,w(ahr)‘ angeben. Die Aussagen (3), (4) als teilweise bewertende, teilweise konstatierende Sprechakte lassen sich hingegen nicht auf Wahrheitswerte überprüfen oder lassen sich zumindest nicht für alle Exemplare der Kategorie bzw. mit den Wahrheitswerten ,f/w‘ überprüfen. Obwohl in der traditionellen Terminologie der Sozialwissenschaften gerade Aussagen des Typs (3) und (4) als Stereotypen oder stereotype Vorurteile definiert sind (seit Lippmann 1922; vgl. weiter unter 3., sollte man zumindest aus der Sicht der Linguistik (Wortsemantik) den Begriff Stereotyp nur auf die zu einem Prototyp gehörenden stereotypischen Eigenschaft beschränken (d. h. nur Sätze (1) und (2) enthalten stereotypische Eigenschaftszuschreibungen, die das Prototyp der ethnischen Bezeichnung oder definieren). Für Sätze oder Prädikationen des Typs (3) und (4) werde ich fortan die Terminologie des Bildes (Imago) benutzen.

3. Beziehung der linguistischen Konzepte „Stereotyp“ und „Imago-Typ“ zu den Nachbardisziplinen Der Begriff Stereotyp [griechisch stereós ,fest‘; týpos ,Gestalt‘] existiert in der Linguistik natürlich auch in dem aus den Sozialwissenschaften übernommenen Sinne, d. h. als „Bezeichnung von gruppenspezifischen, durch Emotionen geprägten, meist unbewussten, stark verfestigten (Vor-)Urteilen.“ (Bußmann, 1990, 735). Dieser aus der Druckersprache von Lippmann (1922) in die Sozialpsychologie übernommene Begriff hat in den verschiedenen Nachbardisziplinen unterschiedliche Ausprägung und Reichweite erfahren, oft auch entscheidende Revision. Ich möchte daher kurz auf die wesentlichen Positionen zunächst der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung eingehen. Die Stereotypenforschung setzt in der Sozialpsychologie bekanntlich mit dem Standardwerk Lippmanns (1922/1965) „Public Opinion“ an. Lippmann betont hier, dass stereotypische Repräsentationen sozialer Gruppen sowohl unvollständig als auch tendenziös sind. Darüber hinaus betont er, dass Stereotype nicht sensitiv hinsichtlich individueller Variabilität innerhalb entsprechender sozialer Gruppen seien und dass sie fortbestehen trotz offensichtlicher Gegenevidenz. Zugleich unterstrich Lippmann die kognitive Leistung von Stereotypen, die zur Entlastung bzw. Ökonomisierung der kognitiven Kapazität von Konzepten des Gehirns dienen. Lippmann (1922) bezeichnet das Stereotyp als eine „prägnante Akzentuierung ausgewählter Elemente der Umwelt in einer einfachen, entscheidungserleichternden Formel.“ Damit sind sowohl soziologische als auch psychologische (kognitive) Kriterien genannt. Das Einleitungskapitel seines Buches trägt bezeichnenderweise den Titel „The world outside and the pictures in our head“; daran wird bereits der entscheidende methodologische Ansatz sichtbar,

833

834

XI. Semantik der slavischen Sprachen nämlich die Diskrepanz zwischen den inneren kognitiven Prozessen und der Realität. Diese Diskrepanz wird noch gefördert durch die individuelle Notwendigkeit einer raschen Orientierung: „We are told about the world before we see it. We imagine things before we experience them. And those preconceptions ... govern deeply the whole process of perception.“ (Lippmann 1922, 89). Stereotype bieten also kein vollständiges Bild von der Umwelt, aber das Bild einer möglichen (imaginierten) Umwelt, auf das wir uns eingestellt haben, so dass uns jede Störung dieses festgelegten (oder vorgefassten) Bildes wie ein Angriff auf deren Grundlage vorkommt. Bei der Begründung seiner Annahme, dass die „Bilder in unserem Kopf“ mit der äußeren Welt nicht übereinstimmen müssen, und dennoch das Verhalten im sozialen Feld stärker beeinflussen als die herrschenden Bedingungen, hat sich Lippmann auf Dewey und James berufen. Es wurden zahlreiche Versuche mit Versuchspersonen durchgeführt. Rice (1926) legte Studenten einige Zeitungsfotos, auf denen Personen verschiedener Berufe abgebildet waren vor, sie nannte Berufe und forderte die Probanden auf, diese Fotos zuzuordnen. Er fand hohe Festigkeit der Zuordnungen und große Übereinstimmungen zwischen den Versuchspersonen in den Fällen falscher Zuordnung, was er als Indiz für die Existenz von Berufsstereotypen ansah. Die Stereotypenforschung wurde durch die Untersuchung von Katz/Braly (1933) maßgeblich geprägt, die die Begriffe Stereotype und Vorurteile dem Einstellungsbegriff unterordneten. Danach beschreiben Stereotype den kognitiven, und Vorurteile dagegen den affektiven Teil einer Attitüde zu fremden Gruppen (vgl. näher dazu Lilli 1982, 4). Die in der sozialpsychologischen Forschung vorherrschenden Konzepte des Stereotyps bis zu den 80er Jahren werden in den Arbeiten von Lilli (1982) und Schäfer/ Six (1978) genannt: (1) Stereotype als inkorrekte Generalisierungen: In vielen Fällen ist von falschen Verallgemeinerungen oder Übergeneralisierungen die Rede. Verallgemeinerungen (z. B. über die Mitglieder einer Gruppe) können der Richtung nach inkorrekt sein (wenn einer Person dieser Gruppe eine Gruppeneigenschaft zugeschrieben wird, die sie als Individuum nicht hat; meist mit Allquantoren wie alle, jeder oder generischen Sätzen sprachlich ausgedrückt) und sie können dem Umfang (Extension) nach inkorrekt sein (z. B. wenn eine Person die ihr zugeschriebenen Eigenschaften hat, jedoch nicht in dem behaupteten Umfang). Viele Autoren dieser Richtung halten das Validitätsproblem für wichtig (z. B. Fishman 1956; Mann 1967), andere halten eine Validierung für überflüssig (Abata/Berrien 1967; Brown 1965; Diab 1963), u. a. deshalb, weil eine Übergeneralisierung selbstevident ist. (2) Stereotype als Ergebnis fehlerhafte Denkprozesse: Manche Forscher, die Stereotype ebenfalls unter dem Gesichtspunkt von Generalisierungen sehen, stellen die Frage, wie man eine Abgrenzung zu gewöhnlichen (validen) Verallgemeinerungen vornehmen könne. Die erste Antwort ist, dass es sich bei Stereotypen um fehlerhafte Denkprozesse handele, die auf einer niedrigen, nicht-logischen Ebene ablaufen würden (z. B. Bogardus 1950; Fishman 1956). Die zweite Antwort ist, dass der Denkprozess durch Fehlinformation beeinflusst ist (z. B. zweifelhafte Quellen; vgl. Lilli 1982, 9). (3) Stereotype als Kategorisierungen und Konzepte: In einigen Untersuchungen werden Stereotype als Verwendung oder Missbrauch (use or misuse) von Kategorien verstanden, indem die Zugehörigkeit einer Person zu einer Gruppe oder Ethnie als hinreichend angesehen wird, dieser Person alle die Eigenschaften zuzuschreiben,

60. Prototypensemantik und Stereotypen die in der Kategorie enthalten sind. In diesem Sinne sind Stereotype als Konzepte aufzufassen, die jemand von einer Gruppe hat, der er eine stereotypische Eigenschaft zuordnet, und die als kognitive Organisationssysteme fungieren. (4) Stereotype als Generalisierungen mit Rigiditätscharakter: Stereotype sind „petrifizierte“ Einstellungen, die sich so gut wie überhaupt nicht ändern lassen. (Schäfer/ Six 1978, 20). (5) Stereotype als Gewohnheiten (habits): Die Analyse von Stereotypen als „habits“ hat Campbell (1967) vorgenommen, der unter Verwendung der Hullschen Lerntheorie Stereotype als Reaktionspotentiale interpretiert. Der Entwicklung der Stereotypen- und Vorurteilsforschung in der Sozialpsychologie bis zum heutigen Tage kann hier nicht nachgegangen werden. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Homepage des Instituts für Friedenspädagogik Tübingen e.V. sowie auf die weiterführende Literatur.

4. Nationale Stereotypen Die in der Stereotypenforschung am häufigsten untersuchten Themen bezogen sich traditionell auf nationale und rassische Stereotype (Katz/Braly 1933), Personen-Stereotype im Rahmen der Rollen-Theorie, Berufs-Stereotype, regionale Stereotype, ideologische Stereotype bis hin zu den von der Genderforschung untersuchten GeschlechterStereotypen (siehe Lilli 1982). Eine Taxonomie der nationalen Vorurteile und Urteile über Völker nach der Art, in der sie Aussagen über soziale Sachverhalte enthalten, lässt sich wie folgt strukturieren: (1) Das S1 / S2 Urteil (das übliche Heterostereotyp): Ein Deutscher sagt, die Engländer seien voller Humor; (2) Das S1 / S1 Urteil (Autostereotyp): Ein Berliner sagt, die Berliner seien schlagfertig; (3) Das S1 / (S2 / S1) Urteil (vermutetes Heterostereotyp): Ein Deutscher sagt, die Italiener halten alle Deutschen für aggressiv; (4) Das S1 / (S2 / S2) Urteil (vermutetes Autostereotyp): Ein Deutscher sagt, die Amerikaner halten sich für hilfsbereit. (Beispiele nach Schäfer/Six 1978, 20) In der neueren slavistischen Forschungsliteratur zu Stereotypen in Sprache, Literatur und Kunst ragen drei Sammelbände hervor, die im Zusammenhang mit meiner Fragestellung eine Rolle spielen. Es ist erstens der Sammelband eines Kolloquiums „Stereotypes and Nations“ (Walas, Teresa (ed.)) in Krakau 1993, publiziert 1995, in welchem vier Beiträge das gegenseitige Verhältnis der Polen und Tschechen und die mit dieser Nachbarschaft verbundenen nationalen Auto- und Hetero-Stereotypen (in meiner Terminologie Imago-Typen) reflektieren. Der Beitrag des Bohemisten und Polonisten Antonín Měšťan beschäftigt sich mit dem Autostereotyp der Tschechen im Vergleich zum Heterostereotyp, also dem Polenbild bei den Tschechen (Měšťan 1995, 35 ff.), der kurze Beitrag des Polen Antoni Kroh (1995, 45 ff.) setzt sich mit dem Tschechenbild in polnischer Literatur auseinander und die beiden ausführlicheren Beiträge von Jasna Hloušková (1995, 49 ff.) und Jerzy Bartmiński (1995a, 252 ff.) stellen jeweils aus der Sicht der Literaturwissenschaft bzw. Linguistik die Ergebnisse ihrer Forschungsprojekte vor.

835

836

XI. Semantik der slavischen Sprachen Der zweite Sammelband, den ich mir hinsichtlich des Auto- und Hetero-Imago näher angeschaut habe, ist der von Zimmermann (1997) herausgegebene Band „Mythen und Stereotypen auf beiden Seiten der Oder“, der in erster Linie dem gegenseitigen Verhältnis der Polen und Deutschen gewidmet ist. Drittens sei auf den von mir und Katrin Berwanger edierten Band (Berwanger/Kosta eds. 2005) verwiesen, der Beiträge zu Stereotypen und Geschichtsmythos in Kunst, Literatur, Musik und Sprache versammelt. In der Polonistik und Russistik sind die meisten Arbeiten zu nationalen und ethnischen Stereotypen in den letzten Jahrzehnten in der von Jerzy Bartmiński in Lublin herausgegebenen Reihe „Ethnolingwistyka. Problemy języka i kultury“ zu finden, wobei unterschiedliche Textsorten und theoretischen Ansätze (u. a. auch das Naive Weltbild) betrachtet werden. Repräsentativ dafür bleibt der Band 14, der linguistische Aspekte der nationalen Stereotypen (stereotypy narodowe) zum Gegenstand hat, vgl. Chlebda (2002), Bartmiński et al. (2002). Allgemein über Stereotypen haben in der Polonistik bzw. Russistik auch Bartmiński/Panasiuk (2001) sowie Hansen (2006) gehandelt.

4.1. Polen über Tschechen Welche Imago-Typen werden Tschechen durch Polen zugewiesen? Welche Daten, Beschreibungsmethoden bzw. Beschreibungsverfahren stehen uns Linguisten zur Verfügung, um dies festzustellen? Damit bin ich bei der Frage einer möglichst wertneutralen wissenschaftlichen Methode angelangt. Die Möglichkeiten einer streng linguistischen bzw. wortsemantischen Beschreibung sind sicherlich für den gewählten Bereich stärker eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aufgrund der im ersten Teil vorgestellten Analyse, aus der hervorgeht, dass die an den Rändern der sprachlichen Bedeutung eines Wortes situierten stereotypischen Eigenschaften Reflexe von Einstellungsoperatoren (Meinungsbildern, Urteilen und Vorurteilen der historischen, sozialen, ethnischen, kulturellen, politischen usw. Wirklichkeit) einer Sprach- bzw. Kulturgemeinschaft sind, und mithin nicht als scharf umrissene Kategorien der Wortbedeutung fixiert werden können, sondern als klischeehafte Vorstellungen einer Sprach- bzw. Kulturgemeinschaft (einschließlich sozialer Gruppen bzw. Ethnien) inferiert werden müssen. Uta Quasthoff, die die linguistische Erforschung von Stereotypen initiierte (Quasthoff 1988, 184 ff.; 1987, 789 ff.), ist der Meinung, dass die kognitive Funktion der Stereotype wichtiger sei als die soziale oder emotive. Die kognitive Funktion von stereotypem Denken ist Resultat von kognitiven Vereinfachungsprozessen. Diese Vorstellung entspricht neueren Ergebnissen der kognitiven Psychologie, für die Vorurteile und Stereotypen Ergebnisse der normalen Informationsverarbeitung sozialer Wahrnehmungen sind: Zur Aufrechterhaltung der Orientierung in der Umwelt müssen die ankommenden Wahrnehmungen geordnet werden. Dies geschieht so, dass das Wahrgenommene Kategorien zugeordnet wird, die im Laufe der Erziehung gelernt werden. Äußere und soziale Unterscheidungsmerkmale wie Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit etc. bilden gelernte Kategorien, nach denen Personen eingeordnet werden. Diesen Zuordnungsprozess nennt man Attribution: in ihm werden Personen oder Sachverhalte derjenigen Kategorie zugeordnet, die als besonders geeignet erscheint. Mit diesen Kategorien sind Wertungen und Präferenzen verbunden. Durch die Attribuierung einer Person zu einer negativ bewerteten Kategorie überträgt sich diese negative Bewertung auf die Person. Die soziale Kategorisierung folgt drei Grundformen:

60. Prototypensemantik und Stereotypen ⫺ dem Vergleich: Personen und Gruppen werden bestimmte Merkmale nicht absolut, sondern immer im Verhältnis zu anderen zugeschrieben. Bezeichnen sich z. B. die Deutschen selbst als fleißig, gelten andere Völker automatisch als weniger fleißig, letztlich als faul; ⫺ der Klassenbildung: Die Wahrnehmung der Umwelt ist immer durch unser Wissen, unsere Erwartungen und durch soziale Normen und Situationen vorstrukturiert. Aufgrund dieser stereotypen Wahrnehmung fassen wir Personen oder Gruppen zu allgemeinen Klassen zusammen, wodurch diese uns untereinander ähnlicher erscheinen als sie tatsächlich sind; ⫺ der Ähnlichkeits- bzw. Differenzakzentuierung: Aufgrund der Klassenbildung werden die Ähnlichkeiten zwischen den Mitgliedern einer Gruppe (z. B. einer Nation) überschätzt, während die Differenzen zwischen den Gruppen überbetont werden. Die drei Kategorisierungsformen zeigen, wie in jedem normalen Zuordnungsprozess bereits Momente stereotyper Wahrnehmung und ethnozentrischer Wertungen enthalten sind. Diese kognitiv-beschreibenden und zunächst nicht wertenden Erklärungen für die Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen wurden jedoch zum Teil relativiert. Henri Tajfel (Tajfel 1982) hat gezeigt, dass soziale bzw. nationale Stereotypen neben ihrer Funktion, durch Kategorisierung als Orientierungshilfe zu dienen, zusätzlichen Verzerrungen unterliegen. Damit erfüllen sie bestimmte Funktionen für Gruppen. So kann z. B. durch die Theorie der sozialen Identität als belegt gelten, dass dem Bedürfnis nach positiver sozialer bzw. nationaler Identität im Sinne von Selbstwertschätzung durch die begünstigende Bewertung der eigenen Gruppe nachgegeben wird und dass Stereotypen somit der Stabilisierung der Eigengruppe durch die Abwertung der Fremdgruppe dienen. So können im Rahmen kognitiver Erklärungsansätze auch sozialpsychologische Motive für die Stabilisierung von Stereotypen und schließlich Vorurteilen gegenüber Fremdgruppen eine wichtige Funktion erfüllen. Einen interessanten Ansatz wählte der polnische Stereotypenforscher Jerzy Bartmiński (1995a), der sich mit der Frage der nationalen Stereotypen in einem umfangreichen Projekt auseinandergesetzt hat und dabei wie folgt vorgegangen ist. In der ersten Phase des Projekts (im Jahre 1979) kompilierte und analysierte sein Team ein Korpus linguistischer Daten, bestehend aus Sprichwörtern, Komposita und idiomatischen Ausdrücken, mit Bezug zu ethnischen Referenten. Das Korpus bestand aus lexikographischen Quellen und Textmaterial. Ergänzt wurde dieses Material durch einen Fragebogen, der in den Jahren 1980⫺1990 zwischen den Lubliner Studenten verteilt wurde. Gefragt wurde zunächst danach, welche Ausdrücke die wahre Natur von X (X = Polen, Deutsche, Russen, Ukrainer, Litauer, Tschechen, Slovaken und Juden) definieren würden. Es ergaben sich dabei folgende 26 essentielle Merkmalspaare, die nach den folgenden Kategoriebündeln geordnet wurden: a) Merkmale der sozialen Einstellung: tolerant ⫺ intolerant; ehrlich ⫺ unehrlich; offen (extrovertiert) ⫺ verschlossen (introvertiert); sozial ⫺ unsozial; höflich, sensibel und wohlerzogen (polnisch kulturalny) ⫺ primitiv; vulgär; unsensibel (polnisch niekulturalny); ehrlich ⫺ falsch, unehrlich; sanft ⫺ roh; frei, unabhängig, souverän ⫺ unterwürfig, servil; ruhig, friedfertig ⫺ aggressiv. b) Merkmale der Psyche (mentaler Nationalcharakter): emotional offen ⫺ kühl, gehemmt, verschlossen; mutig ⫺ feige; stolz ⫺ demütig; humorvoll, lustig, fröhlich ⫺

837

838

XI. Semantik der slavischen Sprachen traurig, melancholisch; wild, ungestüm, kämpferisch ⫺ zahm, unterwürfig, pazifistisch; intelligent ⫺ unintelligent; weise ⫺ stupide. c) Lebensstil (soziale Einstellung): fleißig, Arbeit liebend ⫺ faul, sich vor der Arbeit drückend; hilfsbereit ⫺ nicht hilfsbereit; sparsam ⫺ verschwenderisch, spendabel; wohlhabend ⫺ arm; abstinent ⫺ trunksüchtig. d) Weltanschauung (philosophische, moralische und ideologische Prinzipien und Werte): religiös ⫺ nicht religiös; patriotisch ⫺ unpatriotisch; nationalistisch ⫺ kosmopolitisch. e) Äußeres Erscheinungsbild: sauber, ordentlich ⫺ schmutzig, unordentlich. Befragt wurden 100 Studenten aus Lublin im Alter von 19⫺25 Jahren, die die vier Lubliner Universitäten repräsentierten: 74 Studenten der psychologischen, pädagogischen und Wirtschaftsfakultät der Staatsuniversität (UMCS), 7 von der Katholischen Universität, 5 von der Medizinischen Akademie und 14 von der Lubliner Polytechnischen Hochschule, davon 68 Frauen und 32 Männer. Die Ergebnisse dieser Studie sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Tab. 60.2: nach Bartmiński (1995a, 263) Nation/Stereotyp

P

D

R

Ukr.

Lit.

Tsch.

Slk.

Juden

1. patriotisch ⫺ unpatriotisch

79.3

70.0

49.0

71.3

72.6

54.0

66.3

60.6

2. gesellig ⫺ nicht gesellig

77.6

26.0

48.0

14.3

21.0

51.6

47.3

14.3

3. religiös ⫺ nicht religiös

70.3

⫺11.0

2.6

19.6

37.3

4.3

24.3

81.3

4. mutig ⫺ feige

60.6

39.0

32.3

45.6

39.0

5.0

23.6

⫺6.6

5. fröhlich ⫺ melancholisch

59.0

40.0

42.3

23.3

18.6

62.6

53.0

21.0

6. intelligent ⫺ unintelligent

59.0

55.0

17.6

18.3

30.6

39.3

39.6

71.6

7. stolz ⫺ unsicher

58.3

75.0

23.3

53.6

38.0

23.6

37.6

42.6

8. emotional offen ⫺ verschlossen

58.3

⫺10.0

29.3

7.0

26.0

35.0

42.3

8.3

9. extrovertiert⫺ introvertiert

53.0

⫺11.0

37.6

⫺9.3

6.6

36.6

31.3

⫺11.0

10. kulturalny ⫺ nicht kultturalny

49.3

64.0

12.0

1.0

24.6

42.0

42.6

61.3

11. stur ⫺ nachgiebig

43.0

54.0

38.3

62.0

33.6

6.3

22.0

33.6

12. schlau ⫺ dumm

39.6

42.0

15.6

12.3

27.0

31.3

35.3

67.6

13. aufrichtig ⫺ unaufrichtig

27.0

⫺5.0

5.0

13.6

14.3

20.6

31.0

⫺13.6

14. fähig ⫺ unfähig

26.0

82.0

18.3

10.3

⫺1.3

18.2

22.6

84.6

60. Prototypensemantik und Stereotypen

839

Tab. 60.2: (continued) Nation/Stereotyp

P

D

R

Ukr.

Lit.

Tsch.

Slk.

Juden

15. autonom ⫺ konform

23.3

36.0

⫺9.0

18.6

22.0

⫺10.3

14.3

4.3

16. nationalist. ⫺ kosmopolit.

22.6

82.0

34.0

64.0

53.0

35.6

44.0

33.0

17. wohl erzogen ⫺ primitiv

15.6

35.0

⫺21.0

13.3

20.0

36.6

42.3

44.3

18. sauber ⫺ schmutzig

7.0

74.0

⫺58.0

⫺29.6

3.6

35.3

39.3

22.3

19. ehrlich ⫺ unehrlich

6.3

24.0

⫺16.3

14.0

16.3

25.6

30.0

⫺27.6

20. sanftmütig ⫺ brutal

1.6

⫺48.0

⫺31.3

⫺33.3

6.0

19.0

17.6

17.6

21. sparsam ⫺ verschwend.

⫺1.6

76.0

30.6

17.6

23.3

24.0

22.6

87.6

22. tolerant ⫺ intolerant

⫺4.6

⫺45.0

⫺1.3

⫺37.6

⫺14.3

16.6

14.0

⫺17.0

23. friedfertig ⫺ aggressiv

⫺13.6

⫺49.0

⫺19.6

⫺45.6

⫺1.0

11.6

8.6

21.0

24. reich ⫺ arm

⫺19.6

74.0

⫺65.0

⫺40.6

⫺35.0

8.6

2.0

72.6

25. fleißig ⫺ faul

⫺21.6

84.0

2.6

7.3

22.3

30.0

27.6

65.3

26. abstinent ⫺ Trinker

⫺59.0

17.0

⫺65.3

⫺42.6

⫺16.0

⫺5.3

0.0

35.3

Die Ergebnisse lassen folgendes Bild des Tschechen durch die Brille der polnischen Studenten entstehen: Tschechen sind demnach joviale, gemütliche, gesellige, sanftmütige, tolerante, fleißige und intelligente Nachbarn, die an nichts glauben, die ihre Nation zwar lieben, aber im Zweifelsfall ihre eigene Großmutter für eine Portion svíčková und einen Krug Pilsner Urquell oder für eine chata an der Sázava verkaufen würden. Das Autostereotyp des Polen enthält 10 dominante Merkmale, wonach der Pole sich als gastfreundlichen und geselligen Patrioten sieht, der beherzt, stolz und fröhlich jeden Sonntag zum Gottesdienst geht und seiner Emotionalität (und manchmal auch Aggressivität) bei einer Flasche Wódka freien Lauf lässt. Das in der Untersuchung Bartmińskis (1995a) demonstrierte relativ positive Bild der Tschechen bei den polnischen Studenten lässt erstens erkennen, dass Stereotypen keineswegs nur negative Bewertungen enthalten müssen, und zweitens, dass selbst die Autostereotypen der Polen neben positiven Bewertungen auch selbstkritische negative Bewertungen enthalten können. Neben dem Geschichtsmythos des tapferen, heldenhaften und unbeugsamen Polen finden wir hier Hinweise auf nicht besonders ehrlichen, nicht besonders sauberen und nicht gerade dem Alkohol abschwörenden Polen. Natürlich lassen sich die Ergebnisse weder als absolute noch als repräsentative Größen betrachten. Immerhin lassen sich ⫺ meist in umgekehrter Reihenfolge der Werteskala ⫺ entsprechende oder ähnliche Stereotype in den tschechischen Medien nachweisen. Damit komme ich zu den Polen-Imagos bei den Tschechen.

840

XI. Semantik der slavischen Sprachen

4.2. Tschechen über Polen Im Internet fand ich den Hinweis auf einen Artikel des Polonisten Jan Linka unter dem Titel Poláci a Češi ⫺ Descripta gentium, eine Zusammenfassung eines in den 70er Jahren bereits publizierten Artikels, in dem sich der Verfasser mit dem Problem der nationalen Stereotypen befasst und dabei feststellt: „Na úrovni stereotypů, které umožňují bez námahy přemýšlení snadno vykládat tento svět, Češi znají Poláky jako zloděje, šmelináře, opilce, romantiky, antisemity, nacionalisty a (chápáno na stejné úrovni) katolíky, kteří navíc směšně šišlají. Netuší, že Poláci o nich mluví jako o Pepících, knedlících a Švejcích, pacifistech, kteří nad džbánky piva sní o návratu Rakousko⫺Uherska, neboť si neumějí vládnout ...“. (Jan Linka, Poláci a Češi ⫺ Descripta gentium. http://www.souvislosti.cz/3498p.pdf) „Auf der Ebene der Stereotypen, die ohne große Denkleistung die Welt leicht zu erklären versuchen, kennen die Tschechen die Polen als Diebe, Schieber, Säufer, Romantiker, Antisemiten, Nationalisten (und auf gleicher Ebene) Katholiken, die zudem lispeln. Sie ahnen nicht, dass die Polen über sie sprechen wie von den ‚Pepiks‘, Knödeln und Schwejks, Pazifisten, die über einem Bierkrug über die Rückkehr Österreich⫺Ungarns träumen, da sie selbst ihr eigenes Land nicht regieren können ...“. (dt. übers. P. K.)

Es ist unschwer zu erkennen, dass Stereotype nicht zuletzt auch über Literatur, Sprache und Kultur vermittelt werden. Die Rolle der Medien und der Presse muss dabei eine sehr umsichtige sein. Gerade weil Bilder in den Köpfen der Menschen länger bleiben als die durch sie bezeichnete Wirklichkeit, muss die Aufgabe der künftigen Stereotypenforschung und Imagologie eine kritische Analyse und Infragestellung dieser Bilder beinhalten. Die Bilder des konformistischen, gemütlichen braven Soldaten Švejk, der aus einem Bierkrug U Kalicha sein Bierchen trinkt oder des verwegenen Ritters, der für Ehre und Gott seine Heimat verteidigt, leben fort. Sie repräsentieren aber nur einen Teil des sehr komplexen nationalen oder kulturellen Modells einer Ethnie und werden meist umgewertet und in neue kulturelle Kontexte gebracht. Auf die Wandelbarkeit und Modifizierbarkeit von nationalen Imagos weist für die tschechische Literatur die Darstellung von Jasna Hloušková (1995, 49 ff.) hin. Sie zeigt, dass das eher positive Bild des romantischen Polen (Ritter und Edelmann) und des negativbewertenden Imago des schlitzohrigen Händlers, Betrügers und Diebs (cinkciarz) einem bipolaren axiologischen Modell des sozialen Imago-Typs A als good guy und B als bad guy entspricht. Da das Imago-Typ A der good guys zumeist über Literatur, Theater und Medien weiter tradiert wurde und in erster Linie Vertreter der Bildungsschicht erreichte, hielt es sich in der polnischen und tschechischen Intelligenz länger als unter der einfachen tschechischen Bevölkerung, wo sich das negative Erscheinungsbild der bad guys des Imago-Modells B nicht zuletzt durch den direkten sozialen Kontakt in den Grenzregionen in der letzten Zeit leider verfestigte. Bereits die Übersetzung der historischen Romane Sienkiewiczs ins Tschechische im ausgehenden 19. Jahrhundert trug dazu bei, dass das Imago-Typ A als eine Art

60. Prototypensemantik und Stereotypen soziologischer Superioritätskode auch unter der einfachen tschechischen Bevölkerung positiv aufgenommen und weiter tradiert wurde; und dies bis ins 20. Jahrhundert, wo es durch das Bild des unbeugsamen und kämpferischen Führers der Solidarność Lech Walęsa, der gegen die Übermacht des totalitären kommunistischen Regimes kämpft, abgelöst wurde. Dass dieses positive Erscheinungsbild auch in der neueren tschechischen Literatur der 80er Jahre weiter tradiert wird, ändert nichts an der Tatsache, dass z. B. in der Erzählung des tschechischen Dissidenten Jan Pelc „... A bude hůř“ das gezeichnete Image der Polen zwiespältig ist und durch den Inferioritätskode B für Polen als bad guys belegt ist: Polen werden in der Erzählung als Gastarbeiter in Kadaň (Nordböhmen) der späten 70er Jahre dargestellt, die sich als cinkciarze und Zuhälter mit tschechischen Jugendlichen prügeln. In der zweiten Episode des Romans befinden sich dieselben Polen in einem österreichischen Flüchtlingslager, sie bilden eine dem Helden nahe stehende eingeschworene Gemeinschaft von Dissidenten, diskutieren mit ihm über Treue, Freiheit und Papst und nehmen zugleich ihre eigenen Landsleute aus, wo sie nur können. Dieses eher negative Bild der Polen in der tschechischen Presse der 90er Jahre setzt sich in den tschechischen Medien des beginnenden 21. Jahrhundert teilweise fort.

4.3. Weitere ethnische Heterostereotypen Die Heterostereotypen des Russen in Polen sind in den letzten zehn Jahren häufig Gegenstand von Monographien, Sammelbänden und Aufsätzen gewesen. In allen diesen Untersuchungen wird deutlich, dass das seit dem 16. Jahrhundert entstandene polnische Imago des Russen und das russische Heterostereotyp des Polen sehr beständig und negativ markiert sind. Durch den historischen Abstand nehmen sie stellenweise bereits die Gestalt eines Mythos an. Die Frage, die sich stellt, lautet: Kann man diese Stereotypen aufbrechen? Besonders deutlich wird die petrifizierte Gestalt von Stereotypen in der Gestalt von Schimpfnamen und nick names: 1) Bezeichnungen für die Russen bei den Polen (nick names): Rosjanin, umg. Rusek, Ruski, Wielkorus; Moskwicin; Moskal; Iwan; Wania, Sasza 2) Charakterisierende Namen: Kacap: Der Nickname Kacap enthält im SWJP von Dunaj die Bedeutung ‚człowiek ciemny, zacofany, głupi; tępy‘, ‚ein dummer Mensch‘ Belege für diese Bezeichnung kann man z. B. im Korpus der polnischen Sprache finden: „Kacap, mówiła, to kacap. Dla Artura realnymi Rosjanami były ziemniaczane buce z targowiska na Stadionie Dziesięciolecia, na który docisnął się ze trzy razy w życiu. Wiedział coś jednak o powstaniu listopadowym, Katyniu, Stalinie, bo nawet dosyć lubił historię, zwłaszcza że czasem dostawał z niej lepsze stopnie.“ (http://korpus.pl/poliqarp/poliqarp.php?context=2)

841

842

XI. Semantik der slavischen Sprachen Häufig sind die in der polnischen Umgangssprache (język potoczny) auftretenden Namen Rusek, Ruski, Ruscy, Ruskie als negativ bewertende, pejorative Bezeichnungen zu finden. Die negative Bewertung enthält eine abwertende, aber auch eine ironische Komponente. Traditionell sind auch die Namen Moskal (im Altpolnischen auch Moskwicin). Der Begriff Moskal ist eine abwertende Bezeichnung des Einwohners des Machtzentrums Moskau und dann eine pars-pro-toto-Synekdoche für alle Russen: „kanastę zawsze przegrał, a z honorem wódeczkę stawiał. Bo co było robić? Jak przegrywał, musiał płacić. ' Proboszcz głęboko zamyślił się nad tą niegdysiejszą niesprawiedliwością i wyszeptał szybki pacierz. ' Niemiec, Żyd i Rusek ' westchnął jeszcze ' stąd i stamtąd. Nasi i nie nasi. A zawsze razem ... W biedzie i w małej radości. Jeden drugiemu świadkował, dziecko do chrztu potrzymał, lekarstwa kupił. I zobacz, moja droga, co się teraz porobiło.“ (http://korpus.pl/poliqarp/poliqarp.php?context=1)

Interessant ist, dass der Begriff Moskal zuweilen auch als Happax legomenon und Lehnwort in die tschechische Sprache der Zeit nach Josef Jungmann erwähnt wird: „Zapożyczeń pojungmannowskich z drugiej połowy XIX lub z XX wieku jest stosunkowo niewiele, ponad trzydzieści, np. baršč, Moskal, valčík. Polonizmy te występują przede wszystkim w utworach pisarzy pochodzących z terenów pogranicznych, np. u Petra Bezruča, lub też opisujących polskie realia, m.in. u Antala Staška i Jaroslava Haška.“ (http://korpus.pl/poliqarp/poliqarp.php?context=0)

Zwischen einer positiven (scherzhaft) und negativen (ironisch) Bewertungsskala sind dagegen die Typennamen: Iwan, Wania, Wańka, Sasza, Tamara und Wowa einzuordnen. Weitere, auf die Zeit des Kommunismus zurückgehende Bezeichnungen des Russen, sind Sowiet, bolszewik, czerwony, komunista; towarzysz, kołchoźnik, człowiek radziecki, meszkaniec republiki radzieckiej sowie die scherzhaft-ironischen Bezeichnungen (die auch in anderen Satellitenstaaten des Warschauer Pakts bekannt sind): bracia, przyjaciele ze Wschodu. Letztere kann man auch als Euphemismen bezeichnen. 3) Ableitungen (Derivation, Wortbildung): Die weibliche Ableitungsform Rosjanka aus Rosjanin hat bereits eine starke konnotative Komponente, die sie selbst zum Stereotyp macht. Bei den Ableitungen als Verbalnomina oder als denominale Bildungen kommen Formen vor des Typs rusyfikować, ruszczyć, rusyfikacja; sie haben in der polnischen Sprache eine negativ bewertende Konnotation und beziehen sich auf die Teilungsperiode. 4) Phraseologische (idiomatische) Wendungen: Bei den Vergleichen wird das Individuum als Repräsentant eines ganzen Volkes, einer ganzen Nation betrachtet. Das Merkmal wird meist in Form eines qualitativen Merkmals (als attributives Adjektiv oder Adverb) dem Merkmalsträger zugewiesen. In manchen Fällen wird sogar die konnotative Bedeutung des Merkmalsträgers eindeutig und braucht keine explizite Markierung. Dazu sagt Hansen (2006):

60. Prototypensemantik und Stereotypen

843

„При сравнениях названный народ рассматривается как образцовый носитель признакa. Сам признак приводится в большинстве случаев в виде прилагательного или наречия. В некоторых случаях, однако, коннотативное значение национального названия настолько однозначно, что упоминание подразумеваемого признака излишне и сравнение осуществляется без его употребления.“

Als Beispiele für phraseologische Vergleiche führt Hansen (2006) die folgenden kak-Konstruktionen (wie-Konstruktionen) an, die die stereotypischen Eigenschaften einzelner Ethnien veranschaulichen sollen: Sparsamkeit, Genauigkeit und Pünktlichkeit der Deutschen (aus russischer Sicht): «как немец» „wie ein Deutscher“ (1) [...] на который у них купон, чтобы сэкономить десять центов. Не потому, что они экономные, как немцы, а потому, что у них реально нет этих десяти центов! [Огонек 2000/46] (2) Ну ты, как немец, ⫺ пунктуальный и точный.

[Огонек 2000/46]

(3) Где вы наберете аккуратных, как немцы, работников?

[Огонек 2001/30]

(4) Это одно из наших самоутешений: вот мы не такие рациональные, как немцы, зато добрые, душевные, глубокие, чувствительные. [Огонек 2001/33] (5) Разделились Чехия со Словакией. Но эти, хоть и славяне, повели себя как немцы. Все посчитали, потом поделили. [Огонек 2001/48] (6) [...] и очень боюсь, что наши тины скоро станут такими же дебилами, как немцы. [Огонек 2001/38] Stereotype können auch als diachrone Klischeevorstellungen und intertextuelle Einheiten fortleben, obwohl sich die tatsächlichen Vorstellungen längst gewandelt haben mögen. Im folgenden Zitat (7) aus Tol’stojs „Krieg und Frieden“ werden die Franzosen durchweg mit positiven Eigenschaften aus Sicht eines russischen Intellektuellen beschrieben, während die Franzosen in Dostoevskijs „Podrostok“ (8) etwas schlechter wegkommen: «как француз» „wie ein Franzose“ (7) [...] в Москве жил быстро вошедший в моду французский доктор, огромный ростом, красавец, любезный, как француз, и, как говорили все в Москве, врач необыкновенного искусства. [Толстой. Война и мир] (8) Я уже говорил тебе вчера , но ты все не понимаешь. Ламберт, ты ⫺ ребенок и глуп, как француз. [Достоевский. Подросток] «как англичанин» „wie ein Engländer“ (9) Роскошь нужна была там, за стеной, где президент Джозеф Макклоски, чопорный, как английский лорд, принимал особо важных персон. [Андрей Таманцев. Двойной капкан]

844

XI. Semantik der slavischen Sprachen «как итальянец» „wie ein Italiener“ (10) Дугони, как все итальянцы, был очень романтичен, даже поэтичен. [Лопато. Волшебное зеркало воспоминаний 2002⫺2003] «как цыгане» „wie ein Zigeuner“ (11) [...] покупал, как и все, на Серебряном и Золотом базарах мелкие сувениры у назойливых, как цыгане, торговцев. [Андрей Таманцев. Двойной капкан] 5) Wortverbindungen: ruski miesiąc ‚russischer Monat‘ = „langer Zeitabschnitt“ (bei den katholischen Polen entstandene Auffassung, dass der Monat länger sei (die Feiertage bei den Orthodoxen setzen später ein als bei den Katholiken, da der gregorianische und julianische Kalender sich um 10 Tage unterscheiden)), vgl.: „Gród Poznań wykazuje właśnie najwięcej gorliwości w krzewieniu nowej wiary. Nie wolno puszczać płazem takiego wiarołomstwa. "Ukarz ich, Lucyperze, jak najsurowiej ⫺ ozwali się chórem diabli. "Tak też i uczynię. Zadam wiarołomnym poznańczykom takiego bobu, że ruski miesiąc pamiętać mnie będą. Zazgrzytał ze złości zębami, aż zrobiło się jasno jak od błyskawicy, a woń siarki uderzyła w czartowskie nozdrza. "Zatem ⫺ ciągnął Lucyper ⫺ rozkazuję wam w najbliższą noc, gdy księżyc będzie w nowiu, a niebo chmurne, [...].“ (http://korpus.pl/poliqarp/poliqarp.php?context=0)

5. Zusammenfassung und Ausblick In der Forschungsliteratur zu Stereotypen in der Sprache gibt es natürlich viel versprechende Ansätze zur linguistischen, insbesondere semantischen Entschlüsselung von stereotypischen Konzepten. Bartmiński geht in dem von ihm herausgegebenen Słownik stereotypów i symboli ludowych (SsiSL, 1996, 1999) von einem breiteren Stereotypenbegriff aus als Putnam (1975), so dass die Grenzen zwischen grundlegenden oder auch zentralen stereotypischen Eigenschaften und peripheren stereotypischen Eigenschaften eines Prototyps einer Kategorie fließend sind. Die von ihm definierten stereotypischen Eigenschaften eines Konzepts hängen u. a. auch von pragmatischen und soziolinguistischen Aspekten ab, wie z. B. Einstellung des Sprechers zum Objekt, soziologische Rolle des Sprechers, Alter, Geschlecht, Redeabsicht usw. Diese variablen pragmatischen Faktoren profilieren bzw. akzentuieren die für den Sprecher jeweils relevanten stereotypischen Eigenschaften eines semantischen Konzepts. Problematisch an diesem Ansatz ist jedoch die fehlende Repräsentativität und Invarianz des so beschriebenen semantischen Konzepts. Die Frage, ob es auch kategoriale semantische invariante stereotypische Eigenschaften eines Prototyps gibt, die das Prototyp als das beste Exemplar einer Kategorie bzw. als besten Gebrauch eines Wortes für alle Sprecher einer Sprachgemeinschaft ausweisen, bleibt damit unbeantwortet. Hilfreich wäre daher neben der Befragung von Versuchspersonen auch die Auswertung des sprachlichen Materials. Die Beschreibungsmöglichkeiten, Anwendungsbereiche und Ressourcen für den Stereotypen-Semantiker wären die folgenden: Analyse von festen Redewendungen, Sprichwörtern und phraseologischen Vergleichen, von Metaphern und Vergleichen, von Eigennamen und Ethnonymen (insbesondere sprechenden Namen, Kose- und Schimpfnamen) und dies sowohl in literarischen als auch Alltagstexten (einschließlich

60. Prototypensemantik und Stereotypen Medien), aber auch in der Sprache der Werbung und der Politik. Das Autostereotyp der Polen reflektieren die folgenden idiomatische Vergleiche und Sprichwörter: Co Polak to rycerz ; Polska cnota każdemu otworzyć wrota , Pijany jak Polak , Polak głodny to zły, jak zje, to by poleżał . Das Autostereotyp der Tschechen wird durch folgende phraseologische Vergleiche und Metaphern bestätigt: Co Čech to muzykant , Švejkovina, švejkovat u. a. m. Nicht zuletzt sollte man sich mit der semantischen Analyse von so genannten Schlüsselwörtern wie poln. ojczyzna, tschechisch vlast, domovina; deutsch Heimat, Vaterland beschäftigen, um den nationalen, historischen und sozialen Kode nationaler Stereotypen zu knacken. Anna Wierzbicka (1997, 176), führende Semantikerin auf diesem Gebiet, konnte zeigen, dass das polnische Wort ojczyzna für Polen eine andere Bedeutung hat als das Wort Heimat bzw. Vaterland für Deutsche oder das Wort rodina für Russen. Sie konnte diesen Nachweis führen, indem sie Konzepte der Literatur und Kultur in ihre Analyse einbezogen hat. Wie der tschechische Linguist Damborsky (1993) bestätigt, assoziiert sich das nationale Stereotyp für die Tschechen traditionell mit drei Schlüsselkonzepten: Bóg, honor, i ojczyzna „Gott, Ehre und Vaterland“. Dieses nationale Heterostereotyp deckt sich mit dem Autostereotyp der Polen über Polen, wie die Tabelle 60.2, S. 838 f., eindeutig demonstriert. Das negative Stereotyp wird dagegen mit den Begriffen , , reflektiert. Würde man die so gewonnenen Schlüsselkonzepte in der Sprache mit entsprechenden Stereotypen anderer, v. a. visueller, Zeichensysteme vergleichen, träfe man sicher auf weitere interessante Parallelen.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Schäfer, Bernd/Six, Bernd (1978): Sozialpsychologie des Vorurteils. Stuttgart usw. Schaff, Adam (1981): Stereotypy i działania ludzkie. Warszawa. Schwartz, Stephen (1977): Naming, Necessity and Natural Kinds. Ithaca/New York 1977. Schwartz, Stephen (1978): „Putnam on Artifacts“. // The Philosophical Review 87. 566⫺574. Schwartz, Stephen (1980): „Natural Kinds and Nominal Kinds“. // Mind 89. 182⫺195. Schwarze, Christoph (1996): „Stereotyp und lexikalische Bedeutung“. // Hoffmann, Ludger (Hrsg.). Sprachwissenschaft. Ein Reader. Berlin/New York. 714⫺738. Słownik stereotypów i symboli ludowych (SsiSL) (1996/1999): Siehe: Bartmiński, Jerzy (Red.). 1996/1999. Stereotypes and Nations (1995): Siehe: Walas, Teresa (ed.) 1995. Tajfel, Henri (1982): Gruppenkonflikt und Vorurteil. Entstehung und Funktion sozialer Stereotypen. Bern usw. Walas, Teresa (ed.) (1995): Stereotypes and Nations. International Cultural Centre Craeew. Wierzbicka, Anna (1997): Understanding Cultures Through Their Key Words. English, Russian, Polish, German, and Japanese. New York/Oxford. Wierzbicka, Anna (1996): Semantics. Primes and Universals. Oxford/New York. Winkler, Annette (1994): „Ethnische Schimpfwörter und übertragener Gebrauch von Ethnika (Ein erster Überblick mit Glossar)“. // Muttersprache 4/94. 320⫺337. Zimmermann, H. D. (Hrsg.) (1997): Mythen und Stereotypen auf beiden Seiten der Oder. Herausgegeben im Auftrag der Guardini Stiftung und der Hans Werner Richter-Stiftung Berlin.

Peter Kosta, Potsdam (Deutschland)

61. The Theory of the Mental Lexicon 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

The Core of the Lexicon: Semantic Primes Words whose Meanings are built directly out of the Primes Semantic Molecules The Hierarchical Structure of the Lexicon Lexical Fields and Semantic Structures Derivational Mechanisms Conclusion Literature (selected)

Abstract The main thesis of this article is that (contrary to what, for example, Chomsky 2004 claims) a great deal is now known about the mental lexicon. First of all, there is now a great deal of evidence that at the heart of this lexicon lies a set of sixty or so universal semantic primes, each with its own set of combinatory characteristics. Second, crosslinguistic evidence suggests that large sections of the mental lexicon have a hierarchical structure, with several levels of semantic molecules operating and thus allowing for great conceptual complexity to be combined with relatively simple semantic structures. Third, it is now clear that many sections of the mental lexicon are organized according to a

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Schäfer, Bernd/Six, Bernd (1978): Sozialpsychologie des Vorurteils. Stuttgart usw. Schaff, Adam (1981): Stereotypy i działania ludzkie. Warszawa. Schwartz, Stephen (1977): Naming, Necessity and Natural Kinds. Ithaca/New York 1977. Schwartz, Stephen (1978): „Putnam on Artifacts“. // The Philosophical Review 87. 566⫺574. Schwartz, Stephen (1980): „Natural Kinds and Nominal Kinds“. // Mind 89. 182⫺195. Schwarze, Christoph (1996): „Stereotyp und lexikalische Bedeutung“. // Hoffmann, Ludger (Hrsg.). Sprachwissenschaft. Ein Reader. Berlin/New York. 714⫺738. Słownik stereotypów i symboli ludowych (SsiSL) (1996/1999): Siehe: Bartmiński, Jerzy (Red.). 1996/1999. Stereotypes and Nations (1995): Siehe: Walas, Teresa (ed.) 1995. Tajfel, Henri (1982): Gruppenkonflikt und Vorurteil. Entstehung und Funktion sozialer Stereotypen. Bern usw. Walas, Teresa (ed.) (1995): Stereotypes and Nations. International Cultural Centre Craeew. Wierzbicka, Anna (1997): Understanding Cultures Through Their Key Words. English, Russian, Polish, German, and Japanese. New York/Oxford. Wierzbicka, Anna (1996): Semantics. Primes and Universals. Oxford/New York. Winkler, Annette (1994): „Ethnische Schimpfwörter und übertragener Gebrauch von Ethnika (Ein erster Überblick mit Glossar)“. // Muttersprache 4/94. 320⫺337. Zimmermann, H. D. (Hrsg.) (1997): Mythen und Stereotypen auf beiden Seiten der Oder. Herausgegeben im Auftrag der Guardini Stiftung und der Hans Werner Richter-Stiftung Berlin.

Peter Kosta, Potsdam (Deutschland)

61. The Theory of the Mental Lexicon 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

The Core of the Lexicon: Semantic Primes Words whose Meanings are built directly out of the Primes Semantic Molecules The Hierarchical Structure of the Lexicon Lexical Fields and Semantic Structures Derivational Mechanisms Conclusion Literature (selected)

Abstract The main thesis of this article is that (contrary to what, for example, Chomsky 2004 claims) a great deal is now known about the mental lexicon. First of all, there is now a great deal of evidence that at the heart of this lexicon lies a set of sixty or so universal semantic primes, each with its own set of combinatory characteristics. Second, crosslinguistic evidence suggests that large sections of the mental lexicon have a hierarchical structure, with several levels of semantic molecules operating and thus allowing for great conceptual complexity to be combined with relatively simple semantic structures. Third, it is now clear that many sections of the mental lexicon are organized according to a

61. The Theory of the Mental Lexicon certain pattern, or template, shared by a large number of words. Fourth, a large body of research has shown that the mental lexicon of the speakers of any given language includes many words whose meanings are unique to that particular language, and that such words ⫺ a language’s cultural key words ⫺ help bind the speakers of a language into a cohesive cultural community. The chapter focuses in particular on the relatively new areas of semantic molecules and semantic templates. The illustrative material analysed is drawn from Polish.

1. The Core of the Lexicon: Semantic Primes The phrase “mental lexicon” conjures up the image of a large collection of words held in some way in a person’s mind. Let’s assume for the sake of simplicity that the person we are talking about is a monolingual speaker of Polish. What sort of “lexicon” does this person “carry” in his or her “mind”? As the inverted commas in the last sentence indicate, the word mind is of course problematic (no less so than verbs like carry or hold), and consequently, so is mental. Whatever the collection of words in the head of our monolingual speaker of Polish is, it certainly includes neither the English word mind nor its Polish equivalent, because there is no exact equivalent of mind in Polish. The concept of ‘mind’, often taken for granted as a valid analytical tool for talking about languages and their speakers, is in fact an element of ethnophilosophy associated with English (cf. Wierzbicka 1992; Yoon 2004). Trying to clarify the intended meaning of the phrase “mental lexicon” we have to turn to words like know, say, think and word(s), that is words which (as will be discussed below) have equivalents in all languages, including Polish, and thus stand for universal human concepts, which can serve us as valid, non-ethnocentric tools for investigating any language and any way of thinking. The question, then, is, essentially, this: what can we say about the words that a monolingual speaker of Polish knows and can use in thinking and in speaking to other people? As the remarks already made indicate, one layer of the Polish “mental lexicon” (in the sense elucidated in the last paragraph) includes Polish words which are the exponents of universal human concepts, such as know, say, think and word(s). Empirical research conducted by many scholars over three decades within the so-called “NSM” framework (from “Natural Semantic Metalanguage”) indicates that there are sixty or so such concepts, and the result of the investigations carried out into languages as different as English and Chinese, Spanish and Lao, or Mbula (New Guinea) and Malay (cf. Goddard and Wierzbicka eds. 2002) allow us to confidently expect that lexical exponents for these sixty or so universal concepts will be found in Slavic languages as well. In fact, full lists of such exponents have already be drawn for Polish as well as Russian (cf. Wierzbicka 2002 and 2004a; cf. also Gladkova 2008). The universal human concepts which can be found in every language in the form of specific, readily identifiable lexical units (words and wordlike elements), constitute the core of a language’s lexicon ⫺ a core on the basis of which all other, more complex, meanings can be built, and through which all other, more complex, meanings can be understood. Within the “Natural Semantic Metalanguage” theory, the sixty or so empirically identified univer-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Tab. 61.1: Polish lexical exponents of universal semantic primes (cf. Wierzbicka 2002) Substantives i ja you ty someone ktoś something coś people ludzie body ciało Mental Predicates think myśleć know wiedzieć /znać want chcieć feel czuć see widzieć hear słyszeć Speech say powiedzieć /mówić words słowo true prawda Actions, Events, Movement do robić happen dziać się /stać się move ruszać się Existence, Possession there is jest have mieć Life and Death live żyć die umrzeć Determiners this ten the same ten sam other inny Quantifiers one jeden two dwa much/many dużo some niektórzy/niektóre all wszyscy/wszystko

Evaluators and Descriptors good dobry bad zły big duży small mały Time when/time kiedy/czas now teraz before przed after po a long time długo a short time krótko for some time przez pewien czas moment moment /chwila Space where/place gdzie /miejsce here tutaj above nad below pod inside wewnątrz/w on (what) side z (której) strony near blisko far daleko Logical Concepts because bo /z powodu if jeżeli not nie maybe być może can móc Intensifier, Augmentor very bardzo more więcej Taxonomy and Partonomy kind of rodzaj part część Similarity like tak (jak)

sal human concepts are regarded as each language’s set of “semantic primes” ⫺ unanalyzable elements of meaning which underlie a given language’s entire semantic system and which are the cornerstone of its entire lexicon. Thus, the first, universal layer of the “mental lexicon” of a speaker of Polish can be presented in the form of the table 61.1.

2. Words whose Meanings are built directly out of the Primes Semantic primes constitute the deepest layer of the “mental lexicon”, on which everything else rests. Hundreds of concepts encoded in the Polish lexicon as words are built directly out of the primes. For the most part, these concepts are organized into domains

61. The Theory of the Mental Lexicon each of which is characterized by a distinctive type of structure. Two salient examples of such highly structured domains are the fields of emotions and of speech acts. To start with two simplified examples, the Polish words zazdrościć (roughly, ‘to envy someone’) and współczuć (roughly, ‘to have compassion for someone’) can be represented as follows: X zazdrości Y-owi (‘X envies Y’) = X thinks like this about Y: “something good happened to this someone it didn’t happen to me this is bad” when X thinks like this, X feels something bad because of this like people feel when they think like this X współczuje Y-owi (‘X has compassion for Y’) = X thinks like this about Y: “something bad happened to this someone this person feels something bad because of this this is bad I want to do something good for this someone” when X thinks like this, X feels something because of this like people feel when they think like this While the two emotion verbs explicated above have equivalents, or rough equivalents, in English, many other Polish emotion verbs ⫺ for example, martwić się and denerwować się do not. Nonetheless, as shown below, their meanings can be made transparent for the speakers of English through universal semantic primes. X martwi się = X thinks like this about something: “something bad is happening now I don’t know what else can happen because of this something very bad can happen” when X thinks like this, X feels something bad because of this like people feel when they think like this X się denerwuje. = X thinks like this about something: “something bad can happen I don’t want it to happen I have to do something because of this I don’t know what I have to do” when X thinks like this, X feels something bad because of this like people feel when they think like this Thus, every language lexicalises and, as it were, codifies a different set of emotions. While the content of the thoughts which underlie a given (lexically distinguished) kind

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XI. Semantik der slavischen Sprachen of emotion differs from one word to another the overall semantic organization of the words within the domain of emotions is more or less stable, for a large number of words. Turning now to speech act verbs, I will start with the Polish verb kazać, which has an equivalent in the English verb to order (in the relevant sense). X kazał Y-owi zrobić Z. (X ordered Y to do Z) = X said something like this to Y: “I say: I want you to do something [Z] you have to do it because I say this” In Polish, kazać has its “softer” counterpart in prosić (perfective poprosić), which is different in meaning from the English to ask (for): X poprosił Y-a, żeby zrobił Z. = X said something like this to Y: “I say: I want you to do something good [Z] for me you don’t have to do it I think that you will do it because you will want to do something good for me” As this explication shows, in prosić, the speaker is appealing to the addressee’s good will, and in a sense is putting pressure on the addressee in the name of this presumed good will. The English verb to ask (for), which bilingual dictionaries offer as the English counterparts of prosić, does not imply the same expectation of “benevolence”, and it is semantically, as well as formally, related to the verb to ask used in relation to questions. The Polish verb pytać ‘to ask (questions)’ is semantically much further away from prosić than to ask (questions) is from to ask (for): both in to ask for and to ask (questions), the verb to ask includes the component “I don’t know”, which is not included in the meaning of prosić. X asked Y to do Z. = X said something like this to Y: “I say: I want you to do something [Z] I don’t say: I know that you will do it because I say this I don’t know it I know that you will do it if you want to do it” X zapytał Y-a o Z. (X asked Y about Z) = X said something like this to Y: “I say: I want you to say something because I want to know something [about Z] I don’t know it now I can know it if you say it” (For further discussion of the semantic patterning of speech act verbs see Wierzbicka 1987 and 1996; Goddard 1998.)

61. The Theory of the Mental Lexicon As these explications of emotion terms and speech act verbs show, the meanings of words from one semantic domain can not only show a good deal of semantic patterning, but can also share certain recurrent semantic components. For example, many emotion terms share the component “when this person thinks like this, this person feels something because of this”, and many speech act verbs share components like “I want you to do something” or “I want you to say something”. Such recurrent components may not be lexicalized in a language, and yet they can play a significant role in the semantic organization of the lexicon ⫺ alongside lexicalized “semantic molecules”, which will be discussed in the next section.

3. Semantic Molecules Evidence suggests that while hundreds of words in the Polish mental lexicon encode meanings built directly out of semantic primes, many more are built out of “semantic molecules” of various degrees of complexity. This applies, in particular, to the bulk of the concrete lexicon, that is, to the names of artefacts and cultural kinds, but also to many other semantic domains. Consider, for example, the Polish word ręce ‘hands’. As I have shown in Wierzbicka (2003), the concept of ‘hands’ can be explicated directly via semantic primes. At the same time, the configuration of primes encoded in the words ręce constitutes a chunk which enters, as a single unit, many other, more complex concepts. Words like ręcznik ‘towel’, rękawiczki ‘gloves’ and poręcz ‘bar’ (to be held by hands), which are derived from ręka ‘hand’, present clear examples of such conceptual chunking; obviously, psychologically plausible explications of these words would include the word ręka (or ręce). But even apart from morphological derivation, the concept of ‘hands’ enters as a whole into the semantic structure of a great many other Polish words, for example, nouns such as garść ‘handful’ or ‘fistful’, pięść ‘fist’, and palec ‘finger’ and verbs such as łapać ‘to catch’, chwytać to catch’, klaskać ‘to clap’ and głaskać ‘to stroke’. Furthermore, as I have tried to show in my explications of numerous words for artefacts (in Wierzbicka 1985, see also Goddard 1998), words like filiżanka ‘cup’, kubek ‘mug’ or łyżka ‘spoon’ also contain in their meaning the conceptual chunk ‘hand(s)’. For example, one of the essential features of the concept embodied in the word filiżanka ‘cup’ is the requirement that a person should be able to hold it in one hand while drinking from it. Similarly, the word nogi ‘legs’, which can be explicated directly in terms of semantic primes, enters as a semantic molecule the meanings of nouns such as stopa ‘foot’, łydka ‘calf’, kolano ‘knee’, udo ‘thigh’, buty ‘shoes’, skarpetki ‘socks’, pończochy ‘stockings’, verbs such as chodzić ‘to walk’, biec ‘to run’, skakać ‘to jump’, stać ‘to stand’, klęczeć ‘to kneel’, and many other words. Many semantic molecules which play an important role in the Polish lexicon appear to have their exact semantic equivalents in many other languages but on closer inspection many such molecules turn out to be language-specific. For example, the meanings of the names of both cultural and natural kinds contain in many cases references to shape concepts such as ‘long’ and ‘round’ in English, or ‘podłużny’ and ‘okrągły’ in

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Polish, and as I have shown in a recent study (Wierzbicka 2007), the Polish word podłużny ‘oblong, elongated’ doesn’t mean the same as the English word long. Thus, the Polish molecule ‘podłużny’ does not match the English molecule ‘long’. Having tried to explicate, either fully or partially, hundreds of Polish words, I can offer a list of two or three dozens of semantic molecules which play a very important role in the Polish lexicon: for each word on this list, at least ten other words can be listed which are “semantically generated” by the molecule in question. One domain which is a rich source of such molecules is that of body parts, as has already been illustrated with the words ręce ‘hands’ and nogi ‘legs’. Another one is that of natural environment, where the words woda ‘water’ and ziemia ‘the ground’ show the greatest “generative power”. Yet another domain is that of people (kinds of people), where the words kobiety ‘women’, mężczyźni ‘men’ and dzieci ‘children’ play a central role. Other taxonomic concepts (i. e. words for “kinds”) which enter the meaning of numerous Polish words are zwierzę ‘animal’, ptak ‘bird’, ryba ‘fish’, drzewo ‘tree’, kwiat ‘flower’ and grzyb ‘mushroom’. The last element on this list is particularly interesting in a comparative perspective: while in English, too, it would be easy to cite ten or more words which include in their meaning the concepts ‘animal’, ‘bird’, ‘fish’, ‘tree’ and ‘flower’, it would not be possible to do the same for ‘mushroom’. In Polish, however, there are many words for kinds of grzyby (mushrooms), and so words which include in their meaning the concept ‘grzyb’: kurki, maślaki, koźlaki, prawdziwki, borowiki, rydze, pieczarki, muchomory. There are also well established words like grzybobranie ‘a mushroom-gathering expedition’ and expressions like psie grzyby ‘toadstools’ (lit. ‘dog’s mushrooms’) and grzybek do cerowania ‘mushroom-shaped wooden object used to hold a sock tight while darning it’ (cf. darning ball in English). Among verbs which function as semantic molecules in Polish the following ones are particularly productive: jeść ‘to eat’, pić ‘to drink’ and pracować ‘to work’, and also czytać ‘to read’ and pisać ‘to write’. Thus, jeść is included as a molecule in the meaning of the names of numerous eating and cooking utensils, such a łyżka ‘spoon’, widelec ‘fork’, talerz ‘plate’, talerzyk ‘small plate’, garnek ‘pot’, patelnia ‘frying pan’, and foods like chleb ‘bread’, kluski ‘noodles/pasta’, kasza ‘gruel/porridge’, masło ‘butter’, kartofle ‘potatoes’, zupa ‘soup’ and so on. Pić is included in the names of utensils like filiżanka ‘cup’, kubek ‘mug’, szklanka ‘glass’, and beverages like mleko ‘milk’, herbata ‘tea’, kawa ‘coffee’, sok ‘juice’, and so on. The molecule pracować is included in the meaning of numerous nouns describing professions, for example, lekarz ‘doctor’, nauczyciel ‘teacher’, krawiec ‘tailor’, szewc ‘shoemaker’, kucharz ‘cook’, ogrodnik ‘gardener’, kolejarz ‘railway worker’, praczka ‘washerwoman’ and so on.

4. The Hierarchical Structure of the Lexicon The molecular structure of the lexicon has not yet been investigated for a long time and much remains to be discovered. It is already known, however, that there are several levels of molecules: those of level one (M1) are built directly of semantic primes, those of level two (M2) include in their meaning molecules of level one, those of level three (M3) ⫺ molecules of level one. It is very likely that there are also molecules of level four and five.

61. The Theory of the Mental Lexicon For example, if we consider a complex concept like ‘parasol’ (‘umbrella’), we will see that it includes the molecule ‘deszcz’ (‘rain’), which in turn includes the molecule ‘woda’ (‘water’). ‘Woda’ can be explicated directly in terms of primes and thus is an M1, whereas ‘deszcz’ is an M2. A more complex sequence is built on the concept ‘niebo’ (‘sky’). ‘Niebo’ itself, which is an M1, generates, as it were, molecules like ‘słońce’ (‘sun’), ‘gwiazda’ (‘star’), ‘księżyc’ (‘moon’), ‘chmura’ (roughly, ‘dark cloud’), ‘zorza’ (aurora) and ‘niebieski’ (roughly, ‘blue’) ⫺ each an M2. ‘Słońce’, in turns, generates ‘dzień (‘day’), which is an M3, and which is included, for example, in the meanings of words like poniedziałek ‘Monday’, wtorek ‘Tuesday’ and so on. The hierarchical structure of this kind should not be confused with levels of categorisation such as those posited in the work of Eleanor Rosch (1978) or Brent Berlin (1992). What matters here is a structure which can only be discovered by trial and error, by attempting to explicate complex concepts in terms of independently identified semantic primes. Thus, it is by trying to explicate ‘parasol’ (‘umbrella’) in terms of primes that we discover the need to include in the explication the molecule ‘deszcz’ (‘rain’), and only by trying to explicate ‘deszcz’ in terms of primes that we discover the need to take a shortcut via the molecule ‘woda’ (‘water’). Our hypothesis that ‘parasol’ (‘umbrella’) includes the molecule ‘deszcz’ (‘rain’), and ‘deszcz’, the molecule ‘woda’ (‘water’), can only be validated by explications showing that ‘woda’ can be explicated in terms of primes, ‘deszcz’, via ‘woda’, and ‘parasol’ via ‘deszcz’. Relations of this kind cannot be posited on the basis of a priori logical schemas, but have to be established by trial and error, on a case by case basis, and always with reference to the independently identified semantic primes. The idea of a molecular structure of the lexicon illustrated here with some examples from Polish bears a certain resemblance to the conception of “intermediate concepts” developed in the Moscow school of semantics (cf. in particular Apresjan 2000). One key difference between the two approaches is that in the present one, the whole edifice of concepts is seen as built on a specific, clearly identified, set of universal semantic primes, lexically embodied in all languages. Another difference is that in the present approach molecules are posited very sparingly and that their validity has to be justified in terms of very strict criteria. Many semantic domains ⫺ for example, those of emotions and speech acts ⫺ are analysed directly in terms of primes, without any recourse to any molecules at all. Generally speaking, molecules are not introduced for the semanticist’s convenience, but have to justify themselves as psychologically real parts of many words’ meaning (as is clearly the case with ‘rain’ as a component in the meaning of umbrella, or ‘water’, in the meaning of rain). A full description of a language has to include a complete list of this language’s semantic molecules and an account of their hierarchical arrangements. Since semantic primes are universal whereas semantic molecules can be language-specific, in a sense, the set of a language’s molecules gives us the best “semantic portrait” of this particular language, including its “family resemblance” to other languages with which it is genetically, geographically or culturally related. For example, Polish shares, naturally, very many molecules with other Slavic languages.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

5. Lexical Fields and Semantic Structures The bulk of a language’s lexicon consists of words which are neither primes nor molecules but complex configurations of either primes alone or primes and molecules. How can one hold such a huge collection of words ⫺ a whole mental dictionary ⫺ in one’s head? And how can one retrieve the one word necessary or appropriate at a particular moment, in a particular situation? The key factor in this astonishing capacity of the human mind appears to be the systematic character of that seemingly haphazard “collection”: the many thousands of words included in it are not so many idiosyncratic semantic elements, but rather, fairly tightly structured groups of elements. Two examples of such a tight patterning were mentioned earlier: emotion terms and speech act verbs. (For many more examples of such tight patterning within these particular semantic domains, see my 1987 book English Speech Act Verbs ⫺ A semantic dictionary and chapter 2 of my 1999 book Emotions Across Languages and Cultures). Other semantic domains which include a very large number of words with the same or similar overall semantic organization are names of artefacts and natural kinds. For example, the meanings of words designating kinds of animals, such as dog, cat, horse, tiger, lion, mouse and so on, are very complex, and looked at individually might seem to be a horrendous burden on a person’s memory. (I don’t mean here scientific concepts linked with such words, but “naïve” everyday concepts in the sense of Apresjan 2000, which include a great deal of cultural knowledge and cultural ideas.) The semantic organization of such concepts can be illustrated with the following explication of the word mysz ‘mouse’ (cf. Wierzbicka 1985, 1996; Goddard 1998). mysz (‘mouse’) a kind of small animal they live in or near places where people live sometimes there can be many small animals of this kind in one place they are very small a person can hold one easily in one hand not many people want to hold them

Category Habitat

Size

people cannot see them easily in a place Appearance because they look like part of the ground when they move people can’t see their legs if people see them when they are moving in a place they can think that their whole body is touching the ground when they are moving in a place, they can go quickly into small holes in this place they can squeeze into very narrow places they have a long thin tail their head doesn’t look like a separate part of the body the front part of the head is pointed

61. The Theory of the Mental Lexicon

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a few stiff hairs stick out on both sides of the head two round ears stick out on two sides of the top of the head they have small sharp teeth they don’t want to be near people or other animals

Behaviour

when people or other animals are near they make no noise they hide from people and animals in places where people and animals can’t reach them they move in places where people live looking for something to eat when people are not there they can move very quickly they can move without making any noise Relation to People people think that they can do bad things in places where people live because of this people don’t want them to live in places where people live sometimes when small animals of this kind live in a place people want animals of another kind [cats] to live in the same place because they think that these other animals can kill these small animals sometimes people leave things of a certain kind [mouse traps] in some places because if these small animals touch things of this kind these things can kill them if there are many small animals of this kind in a place where people live this can be very bad for these people This explication of the “naïve” (non-scientific) concept ‘mysz’ starts with a component labelled here (for the sake of convenience) as “category”, which presents this concept as what Berlin (1992) calls a “folk genus”. But the fact that myszy (‘mice’) are presented here as a kind of a small animal (in Polish, zwierzątko) rather than animal tout court (in Polish, zwierzę), constitutes a further departure from the biological model. The “category” component is followed by a series of components spelling out what Putnam (1975) calls the stereotype: what people think about mice. As with most other stereotypes of animals, the stereotype is organized around the following signposts: habitat, size, appearance, behaviour, and relation to people. The sequence in which the components are given is not arbitrary but seeks to elucidate the internal logic of the folk concept (see Wierzbicka 1985). Many “smaller” domains (with fewer members) also exhibit fairly tight semantic patterning. These include, for example, verbs of bodily movement and posture, verbs of thinking, colour terms, words for dimensions, categories of people, illocutionary particles, and so on. Many such domains are similarly structured in many different languages, but there are also many differences, even among closely related languages such as Polish and Russian. For example, some of the most common verbs of thinking (such as sčitat’ in Russian and sądzić in Polish) do not match in meaning (cf. Gladkova 2004), and neither do colour terms (e.g. niebieski in Polish and goluboj and sinij in Russian, all three, roughly, ‘blue’; cf. Wierzbicka 2004b).

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Some domains, for example, that of illocutionary particles, differ greatly between Polish and Russian. Finally, each language has its own cultural key words, such as, for example, los in Polish and sud’ba in Russian (both, roughly, ‘fate/destiny’, cf. Wierzbicka 1992), which have no semantic equivalents in other languages and yet play an important role in the speakers’ mental lexicon, in their thinking and their lives.

6. Derivational Mechanisms In Polish, as in other Slavic languages, the organization of the lexicon depends to a large extent on derivational mechanisms of various kinds and various degree of productivity. I will illustrate this aspect of the Polish lexicon with two examples: aspectual prefixes on verbs of motion and diminutive suffixes on names of artefacts. Thus, consider the verb iść ‘to walk’, and its semantic relatives pójść, przyjść, dojść, przejść, wyjść, and wejść. The past tense stem of this verb is -szed-, as in the examples below, and -ł- indicates third person singular, masculine gender, past tense. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

X X X X X X X

szedł do miejsca P. (‘Person X was walking to place P’) przyszedł do miejsca P. (‘Person X came, walking, to place P’) doszedł do miejsca P. (‘Person X reached, walking, place P’) poszedł do miejsca P. (‘Person X went, walking, to place P’) wszedł do miejsca P. (‘Person X entered, walking, place P’) przeszedł koło miejsca P. (‘Person X passed, walking, place P’) wyszedł z miejsca P. (‘Person X went, walking, out of place P’)

The English glosses used above rely, for the most part, on separate verbs of motion: to come, to reach, to go, to enter, to pass. In Polish, however, the semantic distinctions in question rely on prefixes which can be used, depending on semantic compatibilities, in many domains other than motion. For example, while doszedł refers to the last phase of walking to a target place, dojeść (from jeść ‘to eat’) refers to the last phase of eating something (e.g., a sandwich), and doczytać (from czytać ‘to read’), to the last phase of reading something (e.g., a book). In some cases, the meanings of the prefixes illustrated above can be compared to the meanings of some English prepositions: w- to in, wy- to out of, przy- to to. But Polish, too, has spatial prepositions of this kind, for example do, w, z. The system of verbal prefixation is something over and above the system of prepositions, and it can be better compared to prefixes in English words of Latin origin such as ex- (as in extricate oneself or exit), or trans- (as in transcontinental or trans-Atlantic). To understand how the Polish lexicon “works” we need to understand the meaning of the prefixes as such, and loose ad hoc glosses such as “the last phase” will not give us that understanding ⫺ especially in view of the fact that most prefixes present us with intricate patterns of polysemy. So here is a set of explications, which keeps the meaning of szed- ‘walk’ intact but seeks to portray the differences in meaning between the different verbs based on a combination of this stem with a particular prefix.

61. The Theory of the Mental Lexicon Przyszedł do P (≈ he came to place P) he was doing something [walking] for some time because he wanted something to happen [he wanted to be in P] at one time, it happened [he was in P] after this, he could be in P for some time Doszedł do P (≈ he reached place P) he was doing something [walking] for some time because he wanted something to happen [he wanted to be in P] at one time, it happened [he was in P] a short time before, someone could think about him like this: “he doesn’t have to do much more now” Przeszedł koło P (≈ he passed place P) he was doing something [walking] for some time at one time, something happened [he was near P] a short time before, he was on one side of P a short time after, he was on the other side of P Wszedł do P (≈ he entered P) he was doing something [walking] for a short time because he wanted something to happen [he wanted to be inside P] at one time, it happened [he was inside P] before this, he was not inside P after this, he was inside P Wyszedł z P (≈ he left P) he was doing something [walking] for a short time because he wanted something to happen [he wanted not to be inside P anymore] at one time, it happened [he was not inside P anymore] before this, he was inside P after this, he was not inside P anymore Poszedł do P (≈ he went to P) he was doing something [walking] for a short time because he wanted something to happen [he wanted not to be in the same place any more, he wanted to be in P] at one time, it happened [he wasn’t in the same place anymore] some time after, someone could think about him like this: “he can be now in P” Can the meanings of verbs like przyjść, dojść, przejść, wejść, wyjść and pojść be computed from the meaning of the stem and that the prefix or are such combinations of stems and prefixes lexicalized to some extent? Presumably, both. There are in Polish series of verbs based on jechać ‘to go by vehicle’, biec ‘to run’, lecieć ‘to fly’ and płynąć ‘to swim’, which are entirely (or almost entirely) analogous in form and meaning to those based on iść ‘to walk’, to wit:

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XI. Semantik der slavischen Sprachen 1. 2. 3. 4.

przyjechać, dojechać, przejechać, wjechać, wyjechać, pojechać przybiec, dobiec, przebiec, wbiec, wybiec, pobiec przylecieć, dolecieć, przelecieć, wlecieć, wylecieć, polecieć przypłynąć, dopłynąć, przepłynąć, wpłynąć, wypłynąć, popłynąć

And yet the very fact that people normally enter, and go out of, places by walking rather than, say, flying or swimming, means that the verbs wpłynąć and wlecieć have a somewhat different status in the Polish lexicon than wejść and that their metaphorical or other meanings are more salient than their meanings parallel to that of wejść. In the case of other motion verbs, for example, skoczyć ‘to jump’, the parallels with the derivational family of iść are far more limited. For example, while wskoczyć (‘to jump in’) is parallel to wejść, and wyskoczyć (‘to jump out’), to wyjść, przeskoczyć would normally be interpreted as ‘to jump over something’ rather than ‘to jump past something/someone/some place’. The reason is obvious: people normally walk rather than jump past other people or places, and in fact skoczyć ‘to jump’ (a perfective verb) implies one jump (and the iterative skakać is derived from it), whereas iść (an imperfective verb) implies a certain duration. Furthermore, when we compare Polish words like wejść and wyjść with the English expressions to walk in and to walk out it becomes clear that these words are established units of the “mental lexicon” in a sense in which the combinations to walk in and to walk out are not. As mentioned earlier, some parts of Polish derivational morphology may be more productive and more “computable” than others, but large parts of it are no doubt parts of the Polish mental lexicon. As another example of this, let’s consider the diminutive versions of the names of artefacts. Since size is an important semantic dimension in Polish, variation in the size of artefacts is often indicated obligatorily by derivational means. Consider, for example, the following sets: butelka ‘bottle’, butla ‘big bottle’, buteleczka ‘small bottle’ ławka ‘bench’, ława ‘big bench’, ławeczka ‘small bench’ In words like butelka and ławka, the suffix -k- indicates a standard size, the deletion of this suffix ⫺ a large size, and the expansion from -k- to -eczk-, a small size. In many other words, however, -k- indicates a small size, and -eczk-, a very small size. For example: dom ‘house’, domek ‘small house’, domeczek ‘very small house’ kwiat ‘flower’, kwiatek ‘small flower’, kwiateczek ‘very small flower’ The words domek and kwiatek have a stable position in the Polish lexicon, and have to be used to refer to small houses and small flowers. For example, pansies are kwiatki (‘small flowers’), not kwiaty. On the other hand, forms like domeczek and kwiateczek can be derived at will but are not really part of the lexicon. Similarly, the word for a bicycle is rower, the word for a child’s bicycle (or tricycle), rowerek, and the form rowereczek can be created at will but does not “exist” as part of the lexicon. What complicates the situation much more is that Polish has several other “diminutive” suffixes, in addition to -k- and -eczk, and that in many cases, the use of forms based on those other suffixes is lexicalized. For example:

61. The Theory of the Mental Lexicon dzbanek ‘jug’, dzban ‘big jug’, dzbanuszek ‘little jug’ garnek ‘pot’, gar ‘big pot’, garnuszek ‘little pot’ wianek ‘wreath’, wieniec ‘big wreath’, wianuszek ‘little wreath’ nóż ‘knife’, nożyk ‘little knife’ widelec ‘fork’, widelczyk ‘little fork’ stół ‘table’, stolik ‘little table’, stoliczek ‘very little table’ głos ‘voice’, głosik ‘little voice’ (i. e. a child’s voice) tom ‘volume’ (i. e. a book), tomik ‘little volume’ The overall picture of the relations between forms and meanings in this area is extremely complex. It is clear, however, that derivation of the kinds illustrated here is a powerful resource for building and organizing the Polish “mental lexicon”.

7. Conclusion In a recent extended interview for the journal “Intercultural Pragmatics”, Noam Chomsky (in Andor 2004) declared that next to nothing is currently known about the mental lexicon. Since evidently all that falls into Chomsky’s field of vision is the work done within the generative paradigm, his conclusion is not surprising: the sterility of the generative approach to semantics in general and to the mental lexicon in particular must be evident to anyone, friend or foe, who has followed the fortunes of the generative enterprize. As this article shows, however, outside the Chomskyan paradigm a great deal has come to be known about the mental lexicon. Since only the Natural Semantic Metalanguage approach could be presented in some detail in the confines of this article, in this brief summary I will restrict myself to generalizations emerging from the Natural Semantic Metalanguage work, and will leave aside other contemporary approaches, including the extraordinarily fruitful and productive work of the Moscow semantic school (cf. e.g. Apresjan, 2000, 2004; Mašinnyj Perevod i Prikladnaja Linguistika 1964; Mel’čuk/Žolkovskij 1984; Padučeva 2004). First of all, it has been established that at the heart of this lexicon lies a set of sixty or so universal semantic primes, each with its own set of combinatory characteristics. This set corresponds to the indefinables posited as a logical necessity by Descartes and Cartesians ⫺ a key feature of their theory of language and thought, curiously ignored in Chomsky’s (1966) profoundly asemantic account of “Cartesian Linguistics”. Secondly, it is now known that large sections of the mental lexicon have a hierarchical structure, with several levels of semantic molecules operating as chunks of meaning and providing a way to combine great conceptual complexity with relative simplicity of semantic structures. Thirdly, it is now known that many sections of the mental lexicon are organized according to a certain pattern shared by a large number of words (such as, for example, emotion terms or speech act verbs); and also, that such patterns include shared semantic components, such as, for example, “when this person (X) thinks like this, this person feels something because of this” ⫺ components which have not been lexicalized and which nonetheless contribute greatly to the systematic character of the lexicon. Finally, it is now known that the mental lexicon of the speakers of any given language includes many words whose meanings are unique to that particular language;

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XI. Semantik der slavischen Sprachen and that such words (a language’s cultural key words, cf. Wierzbicka 1997) play an important role in binding the speakers of a language into a cohesive cognitive and cultural community. The empirically discovered set of universal semantic primes and the Natural Semantic Metalanguage based on it provide an effective tool for exploring both the diversity and the similarity of conceptual systems embodied in the languages of the world; and in relation to individual speakers, both the universal and the culture-specific aspects of their mental lexicon.

8. Literature (selected) Andor, József (2004): “The master and his performance: An interview with Noam Chomsky”. // Intercultural Pragmatics. 1⫺1. 93⫺111. Apresjan, Ju. D. (2000): Systematic Lexicography. Translated by Kevin Windle. Oxford. Apresjan, Ju. D. (2004): Novyj Ob”jasnitel’nyj Slovar’ Sinonimov Russkogo Jazyka. Moskva. Berlin, Brent (1992): Ethnobiological Classification: Principles of Categorization of Plants and Animals in Traditional Societies. Princeton. Chomsky, Noam (1966): Cartesian Linguistics: A chapter in the history of rationalist thought. New York. Gladkova, Anna (2007): Universal and language-specific aspects of “propositional attitudes”: English vs. Russian. // Schallen, Andrea/Drew, Khlentzos eds. Mental States, vol. 2: Language and cognitive structure, 61⫺83. Amsterdam. Gladkova, Anna (2008): “Terpimyj and tolerant: in what ways are they different? Contrastive semantics of value words in Russian and English”. // Goddard, Cliff (ed.). Crosslinguistic Semantics: Metalanguage, scripts, and explications. Amsterdam. 301⫺329. Goddard, Cliff (1998): Semantic Analysis: A practical introduction. Oxford. Goddard, Cliff/Wierzbicka, Anna (eds.) (2002): Meaning and Universal Grammar: Theory and empirical findings. 2 volumes. Amsterdam. Mašinnyj Perevod i Prikladnaja Linguistika (1964): 8. Mel’čuk, I. A./Žolkovskij, A. K. (1984): Tolkovo-kombinatornyj slovar’ sovremennogo russkogo jazyka. Vienna. Padučeva, E. V. (2004): Dinamičeskie modeli v semantike leksiki. Moskva. Putnam, Hilary (1975): “The Meaning of Meaning”. // Guderson, Keith (ed.). Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Minneapolis. 131⫺93. Rosch, E. (1978): “Principles of Catagorization”. // Rosch, Eleanor/Lloyd Barbara, L. (eds.). Cognition and Categorization. Hillsdale, Wierzbicka, Anna (1985): Lexicography and Conceptual Analysis. Ann Arbor. Wierzbicka, Anna (1987): English Speech Act Verbs: A semantic dictionary. Sydney. Wierzbicka, Anna (1992): Semantics, Culture, and Cognition: Universal human concepts in culturespecific configurations. New York. Wierzbicka, Anna (1996): Semantics: Primes and universals. Oxford. Wierzbicka, Anna (1997): Understanding Cultures Through Their Key Words: English, Russian, Polish, German, and Japanese. New York. Wierzbicka, Anna (1999): Emotions Across Languages and Cultures: Diversity and universals. Cambridge. Wierzbicka, Anna (2002): “Semantic Primes and Universal Grammar in Polish”. // Goddard, Cliff/ Wierzbicka, Anna (eds.). Meaning and Universal Grammar: Theory and empirical findings. Amsterdam. Vol. 2. 65⫺144.

62. Semantik der Eigennamen

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Wierzbicka, Anna (2003): Empirically established universals of language and their importance for cognitive science: The human conceptualisation of shape. Plenary paper presented at the International Conference on Cognitive Science. Sydney. 13⫺17 th July, 2003. Wierzbicka, Anna (2004a): “Evrejskie kul’turnye skripty i ponimanie Evangelija”. // Apresjan, J. D. (ed.). Sokrovennye smysly. Festschrift for N. D. Arutjunova. Moskva. 533⫺547. Wierzbicka, Anna (2004b): The Semantics of Colour: A New Paradigm. A plenary paper presented at the “Progress in Colour Studies” conference, Glasgow University. 30 th June⫺2 nd July 2004. Wierzbicka, Anna (2007): “Shape and Colour in Language and Thought”. // Schalley, Andrea/ Khlentzos, Drew. (eds.). Categorisation, Mental States and Development. Amsterdam. 37⫺60. Yoon, Kyung-Joo (2004): Korean maum vs. English heart and mind: Contrastive semantics of cultural concepts. Proceedings of the 2003 Conference of the Australian Linguistic Society. http:// www.newcastle.edu.au/school/lang-media/news/als2003/proceedings.html

Anna Wierzbicka, Canberra (Australia)

62. Semantik der Eigennamen 1. 2. 3. 4.

Vorbemerkungen zur Semantik der Eigennamen Beitrag der slavischen Namenforschung Methodologisches Literatur (in Auswahl)

Abstract The article is concerned with the semantics of proper names (PN). The definition of PN belongs to the most complicated and complex problems of onomasiology. It has to be studied on the base of the relation of the name as a linguistic sign to its content, structure, function and reference to the objects and situations. After a short overview of the state-of the-art from theoretical point of view, discussing the concept of PN in Mill (1843); Frege (1892); Kripke (1974); Windberger-Heidenkummer (2001) and others, the author gives an in-depth analysis of the semantics of PN in Slavic (Miklosich 1860; Černý/Váša 1907; Profous 1947⫺1960; Blanár 1950 and Trost 1958) from the point of view of their linguistic structure, as well as etymological, onomastic and functional perspective.

1. Vorbemerkungen zur Semantik der Eigennamen Die Definition der Semantik der Eigennamen (EN) gehört zu den kompliziertesten Problemen der Namenforschung, die ohne eine Analyse des Zusammenwirkens der Kategorien Benennung, Benennung als sprachliches Zeichen, Benennungsinhalt/

62. Semantik der Eigennamen

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Wierzbicka, Anna (2003): Empirically established universals of language and their importance for cognitive science: The human conceptualisation of shape. Plenary paper presented at the International Conference on Cognitive Science. Sydney. 13⫺17 th July, 2003. Wierzbicka, Anna (2004a): “Evrejskie kul’turnye skripty i ponimanie Evangelija”. // Apresjan, J. D. (ed.). Sokrovennye smysly. Festschrift for N. D. Arutjunova. Moskva. 533⫺547. Wierzbicka, Anna (2004b): The Semantics of Colour: A New Paradigm. A plenary paper presented at the “Progress in Colour Studies” conference, Glasgow University. 30 th June⫺2 nd July 2004. Wierzbicka, Anna (2007): “Shape and Colour in Language and Thought”. // Schalley, Andrea/ Khlentzos, Drew. (eds.). Categorisation, Mental States and Development. Amsterdam. 37⫺60. Yoon, Kyung-Joo (2004): Korean maum vs. English heart and mind: Contrastive semantics of cultural concepts. Proceedings of the 2003 Conference of the Australian Linguistic Society. http:// www.newcastle.edu.au/school/lang-media/news/als2003/proceedings.html

Anna Wierzbicka, Canberra (Australia)

62. Semantik der Eigennamen 1. 2. 3. 4.

Vorbemerkungen zur Semantik der Eigennamen Beitrag der slavischen Namenforschung Methodologisches Literatur (in Auswahl)

Abstract The article is concerned with the semantics of proper names (PN). The definition of PN belongs to the most complicated and complex problems of onomasiology. It has to be studied on the base of the relation of the name as a linguistic sign to its content, structure, function and reference to the objects and situations. After a short overview of the state-of the-art from theoretical point of view, discussing the concept of PN in Mill (1843); Frege (1892); Kripke (1974); Windberger-Heidenkummer (2001) and others, the author gives an in-depth analysis of the semantics of PN in Slavic (Miklosich 1860; Černý/Váša 1907; Profous 1947⫺1960; Blanár 1950 and Trost 1958) from the point of view of their linguistic structure, as well as etymological, onomastic and functional perspective.

1. Vorbemerkungen zur Semantik der Eigennamen Die Definition der Semantik der Eigennamen (EN) gehört zu den kompliziertesten Problemen der Namenforschung, die ohne eine Analyse des Zusammenwirkens der Kategorien Benennung, Benennung als sprachliches Zeichen, Benennungsinhalt/

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XI. Semantik der slavischen Sprachen -struktur, Funktion und Referenzbeziehung nicht lösbar sind. Zum Gegenstand systematischen Forschungsinteresses wurde die Eigennamensemantik erst nach dem Erscheinen der Arbeit von Mill (1843). In die Diskussionen griffen auch Philosophen, Soziologen, Psychologen ein. Die von Frege (1892, 1918/19) formulierten Erkenntnisse über Sinn und Bedeutung der Eigennamen haben an ihrer namentheoretischen Geltung bis heute nichts verloren. Nach Windberger-Heidenkummer (2001, 84 ff.) und Kaleta (1998, 15 ff.) können die theoretischen Ausgangspositionen in (a) philosophische und (b) linguistische eingeteilt werden. Für (a) lassen sich drei theoretische Konzepte nennen: (i) Die Denotationstheorie, deren zentralen Aspekt die Bedeutungslosigkeit der Eigennamen bildet. Für das Verhältnis des Eigennamens zu seinem Referenzobjekt wird eine Eins-zu-eins-Relation angenommen (Wimmer 1989, 129 f.), was eine Abweichung der Struktur des proprial Semantischen von der begriffsartig konstruierten Bedeutung der Gattungsnamen verursacht. (ii) Die Konnotationstheorie, die die Zurückführung der Abgrenzung der Eigennamensemantik auf deskriptive, über konkrete Objekte prädizierende Ausdrücke bevorzugt. Nach Wittgenstein (1969, 20, 331) sind Eigennamen „stützbedürftige Uhrzeichen ohne feste Bedeutung“, weil die Verwendung der Eigennamen in Prädikationsakten nicht eine primäre Bedingung sei. Searle (1958; 1979, 284) meint, Propria besässen Sinnhaftigkeit, aber „keine definitorisch festgelegte Äquivalente.“ (iii) Es haben sich auch pragmatische (vertreten durch Strawson 1974) und besonders kausal orientierte Konzepte (Kripke 1980) durchgesetzt. Bei Kripke wird die Eigennamensemantik zum Hauptkriterium des Wesens des Eigennamens: Eigennamen sind „starre Bezeichnungsausdrücke [...], die in allen möglichen Welten (Situationen) ihr Referenzobjekt designieren“. Die Eigennamenbedeutung wird als eine Verhältniskategorie betrachtet, die das Kommunizieren als Verbindungsglied zwischen dem Eigennamen und seinem Inhalt voraussetzt. Für die Eigennamensemantik sind der Namengebungsakt und die Verwendung des Eigennamens in der Kommunikationskette notwendig, d. h. das Funktionale wird dem Semantischen übergeordnet (Šrámek 1989, cf. 2.2.2). Gemeinsames Zeichen der zu (a) gehörenden Konzeptionen sind die Betonung des Verhältnisses Eigennamen ⫺ sein Referenzobjekt und die Hervorhebung der sich in der Kommunikationskette durchsetzenden kommunikativ relevanten Eigenschaften des Eigennamens. Die Eigennamensemantik wird als proprial typische Eigenschaft des Eigennamens betrachtet, welcher eine begriffsgebundene und appellativisch konstruierte Inhaltsstruktur nicht entsprechen kann, weil diese nicht eine individualisierende Funktion ausüben kann. Als Vorgänger der Konzepte (b) könnten Methoden des sprachwissenschaftlichen Positivismus bezeichnet werden. Das Ziel namenkundlichen Forschungsinteresses sah man in der Analyse der sprachlichen Eigenschaften der Eigennamen, des namengeschichtlichen, -etymologischen und komparatistischen Prinzips. Unter Semantik der Eigennamen wurde die (‚ursprüngliche‘ etymologische) Bedeutung der Eigennamen verstanden, was sich als ein Nichtunterscheiden der Eigennamen von den Gattungsnamen widerspiegelt hat. Die sich in der Linguistik des 20. Jahrhunderts durchsetzende Orientierung auf das Funktionale, Kommunikative, Synchrone und Strukturelle fand in der Namentheorie nur zögernd ihren Widerhall. Zwar hat Noreen schon 1923 versucht, die im Eigennamengebrauch in der Eigennamenform vorkommenden Unterschiede auf Grund der

62. Semantik der Eigennamen Langue-Parole-Opposition als Varianten der Eigennamenstruktur zu erklären, aber von einer tatsächlichen Öffnung der Onomastik gegenüber den neuen theoretischen Impulsen kann erst in der Nachkriegszeit die Rede sein. So wird erst bei Gardiner (1957), in Ansätzen schon bei Blanár (1950) das Wesen und die Semantik der Eigennamen im Sinne der strukturalistischen Benennungs- und Zeichentheorie beschrieben. In den seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts geführten Untersuchungen (z. B. Trost 1958; Soerensen 1963; Leys 1965; Jespersen 1968; Superanskaja 1973; Debus 1977; Wimmer 1989, 1995; Grodziński 1981; Wotjak 1989; Hansack 1990; Blanár 1996; Šrámek 1999 u. a.) wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass die propriale Referenz mittels der kommunikativen Funktion des Eigennamens einen semantisch abgrenzbaren Rahmen bildet, der zur Konstituierung eines typisch proprialen Inhaltes, d. h. der proprialen Semantik des Eigennamens führt. Dementsprechend ist die propriale Referenz nicht auf ein bedeutungsloses Namen-Objekt-Verhältnis zu reduzieren, welches der Ausübung nur einer bloßen deiktischen, semantisch jedoch nicht „besetzten“ Funktion entsprechen würde. Die Verankerung der Referenzfunktion im Kommunikativen ist mit der Notwendigkeit verknüpft, den Eigennamen als Zeichen sui generis auch inhaltlich semantische Eigenschaften (nach Christoph 1987 Onoseme) zuzuordnen. Nur auf Grund dessen, dass Propria über einen proprialen Inhalt verfügen, ist die Ausübung ihrer Funktion „als Propria zu wirken“ überhaupt möglich (Šrámek 1989). Vertreter der beschreibungstheoretischen Referenzpositionen sind also „gezwungen“, die propriale Bedeutung als Gegenpol der proprialen Referenz aufzustellen und sich somit zu entscheiden, ob die Eigennamenbedeutung als eine Beschreibung des Referenzobjektes zu verstehen ist, oder ob dabei auch die im sprachlichen Kontext eingebetteten inhalts- und bedeutungsbestimmenden Erscheinungen sowie das Extralinguistische heranzuziehen sind. Das Hervorheben des Kontextuellen führt Wotjak (1989) zur Ansicht, Eigennamen verfügen über eine eigene „Kontext-Bedeutung“. Zum Effekt der Untersuchungen zur Eignamen-Semantik gehört (Oliva 1982) auch das erhöhte Interesse für die pragmatischen Werte, die im aktuellen Namengebrauch die Funktion kontextbedingter Identifikatoren einer bestimmten Eigennamenklasse ausüben und somit zum Abbild des proprial Semantischen werden. Auch der Struktur der Bedeutung wird im Rahmen der Kategorie der EignamenSemantik eine sich von den Appellativa unterscheidende Konstruktion zugemessen. Nach Nicolaisen (1976) ist diese dreiebenig: (i) die lexikalische Bedeutungsebene, die ein Verbindungselement zu den Inhalten der den Eigennamen zu Grunde liegenden Gattungsnamen (derer Etyma) darstellt; (ii) die assoziative Bedeutungsebene; sie setzt sich im Namengebungsakt durch und ist mit dem semantisch definierbaren proprialen Benennungsmotiv fast identisch (cf. 1.3.3); (iii) die onomastische Bedeutungebene, die die Auswirkungen der ersten und zweiten Ebene (meines Erachtens zugunsten der Konstituierung des typisch proprialen Eigennameninhaltes) ausschaltet und das proprial Benennungstypische ausmacht. Die Eigennamensemantik setzt sich dann meines Erachtens nur über die Einschaltung der Referenz- und Konnotationsfunktion durch. Nicolasien’s Dreiebenigkeit der Bedeutungsstruktur der Eigennamen ist insofern wichtig, (i) als sie die Teilnahme der Seme appellativischer Natur nur auf das Vorkommen im proprialen Benennungsakt einschränkt; (ii) als sie die oft diskutierte Bedeutungslosigkeit der Eigennamen als einen proprial semantisch sowie funktional nicht haltbaren Standpunkt ablehnt. Untersuchungen zur Eigennamensemantik werden dauerhaft fortgesetzt. Eine allgemein akzeptable Lösung konnte bisher deswegen nicht formuliert werden, weil es in

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XI. Semantik der slavischen Sprachen der Auffassung der Kategorie Bedeutung der Eigennamen zu große Unterschiede und Uneinheitlichkeiten gibt (Hansack 1990, 34). Nach Mill (1843) sind Eigennamen „bedeutungslose Wörter“. Jespersen (1968) spricht von einem „Maximum an Bedeutungselementen“, andere behaupten, die Eigennamensemantik bestehe aus einer Reduzierung der Bedeutung. Immer wird jedoch die Verknüpfung der Eigennamenbedeutung mit dem außersprachlichen Wissen betont, d. h. die Eigennamensemantik ist von der Sprachkompetenz unabhängig (Blanár 1996, 53; Leys 1979, 67), was auch dem pragmatisch orientierten Modell der Eigennamenbedeutung von Debus (1985, 54 ff.) entspricht.

2. Beitrag der slavischen Namenforschung 2.1. Einführung Auch in der Slavistik sind Untersuchungen zum Namentheoretischen mit der Konstituierung der Onomastik als einer relativ selbständigen Wissenschaftsdisziplin verbunden. Das Forschungsziel wurde in der detaillierten philologischen Analyse der Eigennamen und im Nachgehen der Frage ihrer Herkunft und ursprünglichen Bedeutung gesehen. Die Arbeitsmethoden entsprachen diesem Ziel: In der Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand die etymologische Namenkunde. Ihre theoretischen Ansichten gehen von den von Dobrovský (1753⫺1829) verfassten und in der Slavistik als Muster angesehenen Studien zur Wortbildung aus und folgen dem von ihm formulierten Prinzip, die Bedeutung der Toponyme und Anthroponyme ist über die Einteilung in Deappelativa und Depropria erschließbar, was bei systematischer Heranziehung des Etymologischen erst von Miklosich (1860, 1865) realisiert wurde. Noch Černý/Váša (1907), Profous (1947⫺ 1960) u. v. a. verstanden unter Bedeutung der Eigennamen die Erschließung ihrer Etyma. In den einzelnen slavischen Philologien herrschte (z. T. herrscht noch) eine starke Abhängigkeit der Namenkunde vom Sprachhistorischen, so dass nur ein geringer Anschluss an die zur Etablierung der modernen Linguistik führenden Entwikklungsströmungen zu verzeichnen war. Die Forschungen zu den theoretischen Grundlagen der Namenkunde begannen sich erst seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zu entwickeln (Blanár 1950; Trost 1958 u. a.). An erster Stelle sind Prinzipien der strukturalistischen und funktionalen Benennungstheorie und der Semiotik zu nennen. An diese knüpften nach dem zweiten Weltkrieg kommunikations- und handlungstheoretisch orientierte Untersuchungen zur Referenzfunktion an (Šrámek 2001). Dadurch konnte sich das Interesse der slavischen Namenkunde für die ursprüngliche Bedeutung auf die Problematik der Semantik der Eignnamen als auf ein Merkmal des typisch Onomastischen verlagern (Blanár 1950; Kuryłowicz 1956; Trost 1958; Reformatskij 1967). Es lassen sich gegenwärtig einige für die slavische Namentheorie typische Problemkreise erkennen: (a) Verkoppelung der Eigennamensemantik mit den Untersuchungen zum Wesen des Eigenamens, besonders mit der onymischen Funktion. (b) Die propriale Sprachsphäre stellt eine systemartig organisierte Struktur dar, die auf Grund ihrer Sprach- und Kommunikationsbezogenheit zweidimensional ist; so auch die Eigennamensemantik: eine Einbettung in das Morphem- und lexikalische System der Sprache und durch das proprial individualisierende Namen-Objekt-Verhältnis eine

62. Semantik der Eigennamen Einbettung in die Kommunikation. Im Schnittpunkt liegt die Herausbildung einer nichtappellativischen, weil proprialen Semstruktur, die den Inhalt des Eigennamens darstellt und somit über das Semantische die Ausübung der Funktion der Eigennamen als Propria ermöglicht. (c) Das Entstehen sowie der Gebrauch der Eigennamen sind funktional und kommunikativ bedingt. Die propriale Bedeutung wird als Komplex von Funktionen verstanden, die die Eigennamen in der Kommunikation auszuüben haben und die sich als Referenzverhältnis des Eigennamens zum benannten Objekt manifestieren. Folgende Forschungsergebnisse könnten als Beitrag der slavischen Onomastik zur Erforschung der Semantik der Eignamen genannt werden:

2.2. Status der Eigennamen 2.2.1. Linguistischer Status Nach Kuryłowicz (1956) besteht der linguistische Status der Eigennamen in der besonderen Art der Verankerung morphologischer sowie lexikalischer (samt semantischer) Eigenschaften der Eigennamen im Sprachsystem. Für die Interpretierung der Semantik der Eignamen ist Kuryłowiczs linguistischer Status insofern wichtig, als er auf Grund der These „l’appellatif etant la forme-base, le nome propre, la forme fondée“ (1956, 1,14) die Bezeichnung und Interpretation des Eigennamenbereiches als eine zweite Sprachebene ermöglicht. Trotz der Hervorhebung der Unterschiede in der Distribution und Produktivität einiger proprial typischen Morpheme ist es Kuryłowicz nicht gelungen, die Grenzen der Appellativität zu überschreiten, da sein Standpunkt die Kategorie der allgemeinen Proprialität nicht erreicht. Für die Lösung der Frage der Eigenamensemantik findet man bei Kuryłowicz eine Begründung der Einstufung der Bedeutungsebene in eine primäre (d. h. appellativische) und eine sekundäre (d. h. propriale). Beide werden auf einen gemeinsamen Nenner, d. h. auf die fundierende Rolle der appellativisch interpretierten Bedeutungsstruktur des Basislexems zurückgeführt. Den appellativischen Charakter der Konzeption hat man erst später im Zusammenhang mit den Untersuchungen zu den spezifisch proprialen Funktionen erkannt.

2.2.2. Onomastischer Status Als Reaktion auf den linguistischen Status der Eigennamen postulierte Blanár (in Ansätzen 1950, 1976 [1977]) den onomastischen Status der Eigennamen, der von den onymisch relevanten Merkmalen ausgeht, d. h. er ordnet den Eigennamen eine spezifische, non-appellativische Art des semantischen Verhältnisses zum Denotat zu, wodurch Eigennamen Sprachzeichen sui generis werden. Wie Leys (1979, 72) meint auch Blanár (1996, 59), dass die „onymische Bedeutung [...] nicht von der gleichzeitigen Durchsetzung des Referenzverhältnisses bedingt“ ist, was ein Unterscheiden des Namenbenennenden vom Eigennamengebrauch ermöglicht und die Interpretation der Eigennamensemantik mit semiotischen Kriterien verbindet. Die Blanársche Auffassung ist allgemeiner als die von Wotjak (1985), der den onomastischen Status auf die sich in

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XI. Semantik der slavischen Sprachen der Kommunikation realisierenden kognitiven Seme der Eigennamensemantik einengt. Blanárs Konzeption trägt wesentlich zur Etablierung der allgemeinen Namentheorie bei.

2.3. Funktionale Namenforschung Handlungs- und kommunikationstheoretische Gründe führten Šrámek (1989, 367 ff.; 1999, 22 ff.) zur Formulierung einer funktional orientierten allgemeinen Namentheorie an. Der durch die namenerklärende Etymologie eruierbare Inhalt des Eigennamens und die einzelobjektgebundene Referenz des Eigennamens stehen nicht in einer gradlinigen Korrelation. Die Hauptfunktion des Eigennamens ist im ‚Als-Proprium-Wirken‘ zu sehen und stellt ein untrennbares Ganzes von Indentifizierungs-, Differenzierungsund Lokalisierungsfunktion dar. Semantisch gesehen setzen sich Eigennamen als Ganzes in Form eines einzelobjektbezogenen Semkomplexes durch: Herr Novák ist ‚der und der‘ und nicht etymologisch nov- ‚neu‘C -ák, d. h. ‚der Neue, Neumann‘. Einzelobjekte derselben Klasse untereinander zu unterscheiden, ist Aufgabe der Differenzierungsfunktion: Herr Novák ist nicht Herr Kovář der unterschiedlichen Etyma wegen, sondern auf Grund der Bezogenheit des Eigennamensemantischen auf das Individuelle, auf das propriale Einzelobjekt (Šrámek 1976, 123 ff.). Über das Namen-Objekt-Indivuelle werden proprial benannte Objekte in Namenklassen „lokalisiert“: Novák, Kovář, Šmunović, Długi, Novikov [...], Andrej, Pavel, Ivan, Józef [...] sind Anthroponyme; Dubno, Bohuslavice, Częstochowa, Rijeka, Ivanovka [...] Ortsnamen, Dněpr, Odra, Sava, Volga [...] Hydronyme. Auf diese Weise enstehen Subdisziplinen der Namenkunde. Die Eigennamensemantik beteiligt sich an der Ausübung der Lokalisierungsfunktion (i) mittels der Systematik der proprial zu benennenden Objekte (vgl. Familien-, Kose- Berg-, Städte-, Film-, Autonamen usw.), (ii) mittels des proprialen Benennungsmotivs (cf. 3.2). Der eigentliche Sinn der Existenz der Eigennamen sowie ihre Fähigkeit, in der gesellschaftlichen Kommunikation als Sprachzeichen sui generis zu wirken, sind gerade in der Verknüpfung des Funktionalen mit dem proprial Semantischen begründbar (Karpenko 1980; Knappová 1980; Kosyl 1983; Blanár 1966; Rutkowski 2001 u. a.). Die proprialen Hauptfunktionen und die Kategorie der proprialen Bedeutung (d. h. des Eigennamen-Semantischen) sind es, die das Entstehen sowie das Funktionieren der Eigennamen in der Sprache und Kommunikation ermöglichen und somit auch alle proprial wirkenden Erscheinungen und Elemente als typisch onymische abgrenzen. Auf diesem Wege bildet sich innerhalb des Sprachsystems eine spezifische, propriale Sprachsphäre heraus, für die drei Merkmale typisch sind: (a) sie ist langueartig und systemhaft organisiert, (b) weil Eigennamen benennen, nicht aber prädizieren, können sich an ihrer Existenz und ihren Funktionen nur Teilsysteme der Sprache beteiligen, (c) Prinzipien der Bildung der Gattungsnamen setzen sich als potentielle Intentionsimpulse in Form von Bildungsmustern durch. Auf Grund der Notwendigkeit, das Eigennamensemantische erfassen und ausdrücken zu müssen, weichen diese von den Modellen der appellativischen Benennungen oft ab. So ist bei der Bildung der slavischen Kosenamen das Vorkommen mehrstufiger Suffixe vom Typ tsch. -íček, -ínek (Petr > Petříček, Petřínek), -ulenka (Eva > Evulenka), poln. -iutko (Jan > Janiutko), russ. -ušenka (Ivan > Vanja > Vanjušen’ka) usw. nicht als

62. Semantik der Eigennamen eine bloße propriale Suffixerweiterung, sondern als eine Auswirkung des emotional exponierten, appellativisch kaum verbleichbaren Kosewertes zu interpretieren. Da das Emotionale Bestandteil des Eigenamensemantischen ist, beteiligt es sich auch an der Struktur des onomasiologischen Hintergrundes des proprialen Benennungsprozesses (im Sinne von Dokulil 1962). Die sich seit den 80er Jahren stark durchsetzende funktionale Namentheorie kann in der slavischen Onomastik als eine neue Welle bezeichnet werden, die wesentlich zur linguistischen (nicht ‚nur‘ philologischen) Prägung der Namenkunde beiträgt.

2.4. Das onymische Feld Der aus der allgemeinen Lexikologie übernommene Feldbegriff hat besonders in der russischen Namenkunde Anwendung gefunden. Theoretische Begründungen des onymischen Feldes sind (nach Reformatskij 1967, 147 f.) im Unterschied zur Bedeutungsgültigkeit (Position des Wortes im lexikalischen Feld) in der Wortbedeutung (Beziehung des Wortes zum benannten Denotat) zu suchen. Da das Feld eine lexikologisch systembildende Erscheinung ist, wird (besonders von Superanskaja 1973; Superanskaja et al. 1986) analogisch auch für den Eigennamenbereich eine Systematik der onymischen Felder vorausgesetzt und auch konstruiert. Der nichtappellativische Charakter der Eigennamensemantik macht eine Gleichstellung der begriffsartig definierbaren Felder der Gattungsnamen mit den der Proprien unmöglich. Propriale Felder sind eigentlich Abbild der Systematik der proprial zu benennenden Objekte, nicht der Semantik der individuellen Objektbezogenheit ihrer Eigennamen. Dementsprechend sind (nach Bolotov 1972, 333 f.) zu unterscheiden: (a) onymische Felder, wo sich die „allgemeine Bedeutung“ (das allgemein Propriale) der Eigenname geltend macht, (b) „soziale Felder der Eigenamen“ d. h. der Bereich der individuellen, im Kommunikativen verankerten Objektbezogenheit. Die Betonung des Kommunikativen, des NamenObjekt-Verhältnisses und der Nichtappellativität der Eigennamensemantik verbindet die Theorie der onymischen Felder mit dem onymischen Status der Eigennamen (cf. 2.1.3) sowie mit der funktionalen Namenforschung (cf. 2.2).

2.5. Anderes Es sind noch drei theoretisch unterschiedlich begründete Konzeptionen zu erwähnen: (a) Dokulil (1977) versucht von den Eigennamen die sog. Eigennamenbenennungen zu trennen, indem er diesen eine appellativisch durchsichtige Semantik zuordnet, z. B. Slavisches Institut (der Universität in [...]), Verfassungsgericht der Tschechischen Republik, Vertrag von Jalta usw. (b) Nach Dolník (1991, 1995) ist die Eigennamensemantik Ergebnis einer Umwertung der auf das propriale Objekt bezogenen pragmatisch-metalingualen Informationselemente, was die Anerkennung der Ansichten, Eigennamen seien nur bedeutungslose Sprachzeichen, mit Recht ausschließt. (c) Die besonders von Kaleta (1995, 1996, 1998) entwickelte Wertetheorie beruht auf der Verbindung der appelativisch verstandenen Semantik der proprialen Grundwörter mit den sich in der Eigennamenbedeutung widerspiegelnden und im Gesellschaftlichen (Sozialen, Ökono-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen mischen, Kulturellen) verankerten Wertesystemen, z. B. das in den slavisch komponierten Vollnamen vorkommende -slav (Boguslav, Slavomir etc.) könnte aus semantischen Gründen (-slav- ‚Ruhm‘) bei der Personennamenbildung auch als Zeichen eines gesellschaftlich höheren Status einer Person, seiner (gewünschten) moralischen Autorität u. ä. ausgenutzt werden.

3.

Methodologisches

3.1. Das appellativische Konzept der Eigennamensemantik Im Zentrum der Namenerklärung steht die Etymologie des Eigennamens und die Eruierung seiner appellativisch interpretierten ursprünglichen Bedeutung: der allgemein slavische Familienname Lipa (Lípa, Lejpa, Lypa usw.) wird dem allgemein slavischen Substantiv lipa, lípa < ursl. *lipa gleichgestellt. Dementsprechend „bedeutet“ der Familienname L. ‚lipa, Linde‘. Die Hauptmethode der etymologischen Namenforschung ist die Rekonstruktion der den Eigennamen zu Grunde liegenden Etyma bzw. ihrer Morphemstruktur. Zu den Vorteilen dieser Methode zählen: (a) Verankerung der Eigennamen und ihrer Etyma im historischen (Ur-)Wortschatz und Wortbildungssystem. (b) Klassifikation der Eigennamen nach Basiselementen und Semantik der Gattungsnamen (vgl. die Schule von Miklošič 1872⫺1874). (c) Semantisch erfassbares Abbild des Außersprachlichen, z. B. der Besiedlungsprozesse, des jeweiligen gesellschaftlichen und kulturellen Lebens u. ä. (d) Die Hervorhebung des Historischen lässt den Entwikklungsdynamismus des Eigennamenschatzes erkennen. Als Nachteile können gewertet werden: (a) die Nichtberücksichtigung des proprial Spezifischen, besonders der Eigennamensemantik. (b) die Ausklammerung des proprial Funktionalen, besonders der kommunikativen Funktion der Eigennamen; (c) und schließlich die Gradlinigkeit der gattungsnamengleichen Rekonstruktion der Eigennamen. Fast bei jedem Eigennamen wird die Existenz eines homonymen Gattungsnamens vorausgesetzt, auch dann, wenn ein solcher nicht belegt ist: tsch. Lipník ist (ebenso wie pol., ukr., russ., sloven., bulg. Lipnik) auf ursl. *Lipьńikь < appell. *lipьńikь ‚Linden- wald, -bach, -ort‘ zurückführbar, aber als ein phytonymisches Lexem ist es aus dem Tschechischen, Polnischen, Ukrainischen, Russischen nicht bekannt (cf. Sławski 1972, 273 ff.). Ein solcher Vorgang hat falsche Bemühungen zur Folge: rekonstruierte Lexeme deproprialer Herkunft werden wie existierende Appellativa interpretiert, was zu der Behauptung führt, die Eigennamenetymologie sei ein zuverlässiger Weg zur Entdekkung der ältesten Schichten eines Wortschatzes. Hinsichtlich der in den Eigennamen versteckten appellativischen Etyma lassen sich Eigennamen (bes. Geonyme) in zwei Gruppen einteilen: (a) real existierende Deappellativa (Ortsnamen tsch. Hory, poln. Góry, russ Gory usw. < ursl. gora ‚Berg‘); (b) potentielle Deappellativa, deren Ausgangsform als eine systemhaft fehlerlose Morphemstruktur, nicht aber immer als ein real existierendes Lexem zu betrachten ist. Das Eigennamengebilde ist eigentlich eine Materialisierung der in einer Sprache potentiell vorhandenen Benennungsmöglichkeiten und nicht des Vorkommens eines real existierenden Lexems. Nach diesem Prinzip liegt dem Ortsnamen Lipník nicht ein morphematisch zwar korrekt rekonstruierter Gattungsname *lipьńikь, sondern eine der onomasiologischen Semstruktur des Wortbildungstyps ‚desubstant. Adjektiv auf -ьn C masc. -ikь‘ > *lip-

62. Semantik der Eigennamen ьń-ikь (vgl. ryb-ьń-ikь) entsprechende und ad hoc gebildete propriale Benennung zugrunde. Namenmotivierend ist die Bedeutung lipьn- ‚Linden-‘, die im Eigennamen individuell objektbezogen ist und mit -ikь substantivisiert wird. Trotz allem ist die etymologische Erklärungsmethode als einer der ersten Arbeitsschritte aller namenkundlichen Untersuchungen anzusehen.

3.2. Das propriale Konzept der Eigennamensemantik Das propriale Konzept der Eigennamensemantik geht vom typisch Proprialen aus, das in der propriale Benennungshandlung als eine sprachliche Verwirklichung des kommunikativ und gesellschaftlich bedingten proprialen Benennungsbedürfnisses verstanden und in Form von proprialen Benennungsmodellen erfasst wird. Im proprialen Sprachbereich üben diese die Funktion eines systembildenden und systemtragenden Elements aus. So trägt das propriale Konzept Eigenschaften einer systemhaft strukturierten Langue-Erscheinung. Das lexikalisch Semantische beteiligt sich am Benennungsakt mittels der die zu benennenden Objekte proprial charakterisierenden Merkmale, wodurch das propriale Benennungsmotiv semantisch bestimmt wird: Mensch mit ‚auffällig langem Haar‘ > Metapher tsch. vrba ‚Weide‘ > Familienname Vrba. Die Stabilisierung des Ein-Objekt-ein-Namen-Verhältnisses ruft die Etablierung des proprial Semantischen hervor (Person namens Vrba ist nicht ‚langhaarig‘, sondern ‚die und die‘), wodurch das Fungieren des Benennungsgebildes Vrba als Eigenname ermöglicht wird. Die Semantik des Eigennamens ist immer zweidimensional, was nicht etymologisch, sondern durch Anwendung der Methoden des onymischen Rekurses (a) auf propriale Namenbildungsmodelle, (b) auf semantisch abgrenzbare Gruppen von Benennungsmotiven und (c) auf morphologische Benennungsstrukturen erfassbar ist. Frequenz, Produktivität, temporale und areale Eigenschaften werden als äußere Manifestierungen des proprialen Systems der Sprache gewertet (Eichler 1988; Šrámek 1999, 95 ff.).

3.3. Transonymisierung, Depropria Die Rolle eines proprialen Benennungsmotivs können neben appellativischen Bezeichnungen der proprial zu benennenden Objekte (App. > Prop.) auch Propria übernehmen (Prop. > Prop.). Die Beteiligung der Kategorie des Semantischen am proprialen Benennungsakt unterscheidet sich bei P > P’ von A > P dadurch, dass das Benennungsmotiv an ein Element der proprialen, nicht der appellativischen Semstruktur des Basiseigennamens anknüpft und dass dieses beim Entstehen des Eigennamens P’ die Funktion des Hauptmotivs übernimmt: der Name des sich in der Stadt Nový Jičín befindenden Hotels Praha ist vom Ortsnamen Praha (Prag) in dem Sinne motiviert, als er mit Absicht die proprialen Seme „Groß-, Weltstadt“, „allgemein anerkannter hoher Prestigewert“ u. ä. ausnutzt. Dieser Semkomplex wird in der Rolle eines Prestigemotivs in den Hotelnamen bildenden Benennungsakt „übertragen“. Element einer Eigennamenklasse wird zum Element anderer Eigennamenklasse, was in der slavischen Namentheorie als Transonymisierung bezeichnet wurde (Superanskaja-Staltmane 1986; Cieślikowa 1994; Šrámek 1999, 56). Man spricht von Eigennamen deprorialer Herkunft. In der proprialen Sprachsphäre bilden sie den Gegenpol der Deappellativa (cf.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen 3.1.1). Dies bedeutet, dass die appellativisch erfassbare Semantik der Basislexeme und die proprial merkmalhafte Semantik der transponierten Benennungsmotive voneinander zu trennen sind. Diesem Prinzip gemäß lässt sich eine ziemlich häufig vertretene alte Gruppe von Deproprien eruieren, z. B. Fluss Bystřice > Stadt Bystřice; Waldbach Bukovec > Dorf Bukovec; Berg Soláň > Häusergruppe Soláň, Dorf Solánec; sogar dreistufig: Stelle am Fluss Loket ‚Ellbogen‘ > Burg Loket > Suburbium Loket. Das Namen motivierende ist die Lage ‚am Fluss, Bach‘, ‚unter/auf dem Berg‘, ‚unter der Burg‘ usw. Im Ausgangsnamen ist die semantische Abgrenzung des Benennungsmotivs modellartig jedoch völlig anders: Fluss Bystřice < *bystrica zu Adj. bystra ‚schnell‘ C Suff. -ica d. h. ‚was für ein, wie‘, im Ortsnamen Bystřice aber ‚am Fluss B. gelegen‘, also ‚wo‘. Als Depropria können auch Deanthroponyme gewertet werden. Die Transponierung ist lediglich nur auf den Bereich des Eigennamengrundwortes einzuschränken: z. B. der Personenname Jaroslav oder seine Koseformen Jaroš, Slávek, Slavoš in den Ortsnamen Jaroslavice, Jarosławsko, Jarosljavyčy, Slavkov, Sławoszyce, Jaroszów.

3.4. Klassifizierungsprobleme Mit der Eigennamensemantik stehen im engsten Zusammenhang Prinzipien der Klassifikation der Eigennamen. In der slavischen Namenkunde begegnet man grundsätzlich vier Klassifikationsarten, deren theoretische Begründungen unvergleichbaren Konzeptionen folgen: (a) Etymologische Klassifikation im Sinne des philologischen Positivismus und der sprachgeschichtlichen Komparatistik mit der Betonung der Namenetyma als Träger der „ursprünglichen“ Bedeutung (Miklosich 1872⫺74; Černý/Váša 1907; Profous 1947⫺1960; Bezlaj 1958, 1956⫺1961 u. a.). (b) Klassifikation der Eigennamen (bes. der Ortsnamen) nach ihrer Morphemstruktur (Eichler/Šrámek 1988; Wenzel 1987). (c) Klassifikation nach dem appellativisch interpretierten Eigennamen-Motivierenden (Krakauer Schule, Cieślikowa 1990, 1994). (d) Klassifikation nach den die typisch proprialen Eigenschaften der Eigennamen verallgemeinernden Benennungsmodellen (Blanár/Matejčík 1978; Šrámek 1972, 1999, Wenzel 1987; Pleskalová 1992). Die in der slavischen (mit Ausnahme der tschechischen und slovakischen) Toponomastik sehr verbreiteten Klassifikationen nach Taszycki (1946, mit Hervorhebung des Semantischen) oder Rospond (1957, mit Betonung des Strukturellen) stellen eigentlich eine Kombination von (a), (b), (c) dar. V. Šmilauer (1958) entwickelte die Theorie der sog. kleinen Typen, die auf Grund der Kombination namenbildender Morpheme proprialer oder/und apellativischer Herkunft, der sachlich inhaltlichen Einteilung der appellativischen Basislexeme und der toponymischen Namensuffixe eine Eruierung zeitlich sowie räumlich abgrenzbarer Namentypen ermöglicht, die toponymisch systemtragend sind und besonders in besiedlungsorientierten Untersuchungen Verwendung finden (Šmilauer 1960).

4. Literatur (in Auswahl) Bezlaj, France (1956⫺1961): Slovenska vodna imena. Ljubljana. Bezlaj, France (1958): „Význam onomastiky pro studium praslovanského slovníku“. // Slavia 27. 353⫺364.

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63. Connotation (in Linguistic Semantics)

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Superanskaja, A. V. (1973): Obščaja teorija imeni sobstvennogo. Moskva. Superanskaja, A. V./Staltmane, V. E./Podoľskaja, N. V./Sultanov, A. (1986): Teorija i metodika onomastičeskix issledovanij. Moskwa. Svoboda, Jan (1964): Staročeská osobní jména a naše příjmení. Praha. Taszycki, Witold (1946): Słowiańskie nazwy miejscowe. (Ustalenie podziału). Kraków. Trost, Pavel (1958): „Zur Theorie des Eigennamens“. // Omagiu lui Iorgu Jordan a 70 de ani. Bucureşti. 867⫺869. Wenzel, Walter (1987): Studien zu sorbischen Personennamen 1: Systematische Darstellung. Bautzen. Wimmer, Reiner (1989): „Die Bedeutung des Eigennamens“. // Debus, Friedhelm/Seibicke, Wilfrid (eds.). Reader zur Namenkunde 1. Namentheorie. Hildesheim/Zürich/New York. 125⫺142. Wimmer, Reiner (1995): „Eigennamen im Rahmen einer allgemeinen Sprach- und Zeichentheorie“. // Eichler, Ernst/Hilty, Gerold/Löffler, Heinrich/Steger, Hugo/Zgusta, Ladislav (eds.). Namenforschung. Ein internationales Handbuch zur Onomastik. Berlin/New York. 372⫺379. Windberger-Heidenkummer, Erika (2001): Mikrotoponyme im sozialen und kommunikativen Kontext. Frankfurt am Main etc. 84⫺101. Wittgenstein, Ludwig (1969): Schriften 1: Tractatus logico-philosophicus. Tagebücher 1914⫺1916. Frankfurt am Main. Wotjak, Gerd (1985): „Zur Semantik der Eigennamen“. // Namenkundliche Informationen 48. 1⫺17. Wotjak, Gerd (1989): „Zum Problem der Eigennamen aus der Sicht der Semantikheorie“. // Debus, Friedhelm/Seibicke, Wilfried (eds.). Reader zur Namenkunde 1: Namentheorie. Hildesheim/Zürich/New York. 51⫺66.

Rudolf Šrámek, Brno (Tschechien)

63. Connotation (in Linguistic Semantics) 1. 2. 3. 4. 5. 6.

The Term Connotation Lexical Connotation Linguistic Manifestations of Lexical Connotations Distinguishing a Connotation from a Component of a Lexicographic Definition Lexical Connotation in the Dictionary Literature (selected)

Abstract The article deals with the semantic term “connotation”. It is claimed that the common linguistic understanding of connotation is too broad and vague: it covers variegated phonetic, stylistic, enunciative, and semantic properties of linguistic units (Kerbrat-Orecchioni 1977; Sansome 1986). In this study connotation is defined in a more constrained way, namely, it is restricted to semantic connotations of lexical units. A line is drawn between lexical connotations and metaphorical associations implied by a lexical unit. The wide-spread idea that lexical connotations are “non-cognitive semantic components”

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Superanskaja, A. V. (1973): Obščaja teorija imeni sobstvennogo. Moskva. Superanskaja, A. V./Staltmane, V. E./Podoľskaja, N. V./Sultanov, A. (1986): Teorija i metodika onomastičeskix issledovanij. Moskwa. Svoboda, Jan (1964): Staročeská osobní jména a naše příjmení. Praha. Taszycki, Witold (1946): Słowiańskie nazwy miejscowe. (Ustalenie podziału). Kraków. Trost, Pavel (1958): „Zur Theorie des Eigennamens“. // Omagiu lui Iorgu Jordan a 70 de ani. Bucureşti. 867⫺869. Wenzel, Walter (1987): Studien zu sorbischen Personennamen 1: Systematische Darstellung. Bautzen. Wimmer, Reiner (1989): „Die Bedeutung des Eigennamens“. // Debus, Friedhelm/Seibicke, Wilfrid (eds.). Reader zur Namenkunde 1. Namentheorie. Hildesheim/Zürich/New York. 125⫺142. Wimmer, Reiner (1995): „Eigennamen im Rahmen einer allgemeinen Sprach- und Zeichentheorie“. // Eichler, Ernst/Hilty, Gerold/Löffler, Heinrich/Steger, Hugo/Zgusta, Ladislav (eds.). Namenforschung. Ein internationales Handbuch zur Onomastik. Berlin/New York. 372⫺379. Windberger-Heidenkummer, Erika (2001): Mikrotoponyme im sozialen und kommunikativen Kontext. Frankfurt am Main etc. 84⫺101. Wittgenstein, Ludwig (1969): Schriften 1: Tractatus logico-philosophicus. Tagebücher 1914⫺1916. Frankfurt am Main. Wotjak, Gerd (1985): „Zur Semantik der Eigennamen“. // Namenkundliche Informationen 48. 1⫺17. Wotjak, Gerd (1989): „Zum Problem der Eigennamen aus der Sicht der Semantikheorie“. // Debus, Friedhelm/Seibicke, Wilfried (eds.). Reader zur Namenkunde 1: Namentheorie. Hildesheim/Zürich/New York. 51⫺66.

Rudolf Šrámek, Brno (Tschechien)

63. Connotation (in Linguistic Semantics) 1. 2. 3. 4. 5. 6.

The Term Connotation Lexical Connotation Linguistic Manifestations of Lexical Connotations Distinguishing a Connotation from a Component of a Lexicographic Definition Lexical Connotation in the Dictionary Literature (selected)

Abstract The article deals with the semantic term “connotation”. It is claimed that the common linguistic understanding of connotation is too broad and vague: it covers variegated phonetic, stylistic, enunciative, and semantic properties of linguistic units (Kerbrat-Orecchioni 1977; Sansome 1986). In this study connotation is defined in a more constrained way, namely, it is restricted to semantic connotations of lexical units. A line is drawn between lexical connotations and metaphorical associations implied by a lexical unit. The wide-spread idea that lexical connotations are “non-cognitive semantic components”

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XI. Semantik der slavischen Sprachen in the meaning of a lexical unit ⫺ emotive/expressive and modal/evaluative components in particular ⫺ is rejected. Following Apresjan 1974, 1995, it is further claimed that the lexical connotation is not a component of the meaning of a lexical unit L: it is rather a characteristic of L that is both language-specific and definitely not part of the lexicographic definition of L.

1. The Term Connotation The term connotation, which often appears in linguistic studies, especially in semantics, is used by various authors in different senses. (On the history of the term, which originated with William of Ockham (1295⫺1349), and its various uses and interpretations, see Garza-Cuarón 1991.) The known senses of the term connotation fall in two groups (Lyons 1977, 176): connotation as a logical-philosophical notion and connotation as a linguistic notion. The logical-philosophical connotation is opposed to denotation: the former is the intension (in Carnap’s sense) of the name N of a class of objects, i. e., the content of the corresponding concept, while the latter is the extension of N, i. e., the set of all objects named by N. As for the common linguistic understanding of connotation, it is extremely broad and vague: it covers variegated phonetic, stylistic, enunciative, and semantic properties of all sorts of linguistic units (e.g., Kerbrat-Orecchioni 1977 and Sansome 1986). Contrary to this trend, the linguistic connotation will be defined here in a more constrained way. First, the term connotation will be restricted to semantic connotations of lexical units only, that is, to lexical semantic connotations ⫺ for short, lexical connotations (this excludes synaestetic characteristics, as well as dialectal and stylistic features). Second, a line is drawn between, on the one hand, lexical connotations and, on the other hand, cultural and metaphorical associations implied by a lexical unit (such information as ‘love is like war’, ‘love is like a game’, ‘anger is like a dangerous animal,’ etc. ⫺ see Lakoff 1987, 381 ff.). Third, the widespread idea that lexical connotations are “non-cognitive semantic components” in the meaning of a lexical unit, in particular emotive/expressive and modal/evaluative components, is rejected. For us, lexical connotation is not a component of a word meaning at all. We believe (following Apresjan 1974, 67 f.; 1995, 159) that lexical connotation is a characteristic of a lexical unit L that, first, is language-specific, and second, is not part of the lexicographic definition of L.

2. Lexical Connotation Let us consider the two above mentioned properties of lexical connotations. i) The extent to which lexical connotations are language-specific is well shown by Isačenko (1972), who presents different connotations associated with the names of the same animal in Russian, German, and Czech. Thus, the Russian noun koza ‘she-goat’ and its diminutive form kozočka connote ‘extraordinary mobility and grace [in a young female]’ ⫺ something pleasant. The German noun Ziege, also ‘she-goat’, has a set of very different ⫺ unpleasant ⫺ connotations: ‘excessive curiosity’, ‘choosiness’ and

63. Connotation (in Linguistic Semantics) ‘stupidity’ [in a woman]. In Russian, vol ‘ox’ connotes ‘ability to patiently do hard work without balking’, but the Czech noun vůl ‘ox’ connotes ‘extreme stupidity’. In German, the noun Frosch ‘frog’ (often with the adjectives süßer ‘sweet’ or lieber ‘dear’) is a standard term of endearment for a baby; in Czech, the corresponding nouns žába ‘frog’, žábě ‘small male frog’, žabka ‘small female frog’ are used as familiar terms for little girls, adolescent girls, and young women. In Russian, however, it would be impossible to call a young girl ljaguška ‘frog’, or even ljagušečka ‘dear little frog’, without insulting her, because the connotation of this Russian noun is completely different ⫺ ‘slippery and cold’: skol’zkij/xolodnyj, kak ljaguška ‘slippery/cold like a frog’. (For interesting data about different connotations of animal names in Russian and French, see Gutman/Čeremisina 1972, 1975.) Purely linguistic nature of lexical connotations can be observed within one language as well. Russian nouns osël ‘donkey’ and išak ‘donkey’ denote exactly the same animal and have roughly the same meaning (although išak includes an additional component: ‘in Central Asia or Caucasus’). However, these nouns have quite different connotations: OSËLIb ‘male donkey’ connotes ‘(stubborn) stupidity’ (OSËLIa) ‘donkey’ refers to the species), and IŠAKIa ⫺ ‘accepting exploitation without balking’. These connotations manifest themselves, among other things, in the figurative senses of these nouns: OSËLII ) means ‘(stubbornly) stupid male individual’ and IŠAKII is ‘person who accepts exploitation without balking’. ii) As was pointed out, a connotation of a lexical unit L is not part of L’s lexicographic definition. The components of a lexicographic definition must ensure correct lexical selection and correct lexical cooccurrence, and connotations do nothing of the kind. If the connotations of OSËLIb and IŠAKIa were included into the meanings ‘osëlIb’ and ‘išakIa’, they would bar some correct phrases ⫺ such as umnyj osël ‘an intelligent hedonkey’ and lenivyj išak ‘a lazy donkey’ (when speaking of animals). Which is more, different connotations of the same lexical unit can be almost contradictory: Rus. sobaka ‘dog’ connotes both ‘devotion’ (which manifests itself in the derived adjective SOBAČIJII.1 ‘embodying or expressing high devotion’: cf. sobač’ja predannost’ ‘dog’s devotion’ or sobačij vzgljad ‘doggishly devoted look’) and ‘despicability’ (SOBAKAII ‘despicable person’ ≈ ‘scoundrel’). A lexicographic definition cannot of course contain two (quasi-)contradictory components. A rigorous definition of lexical connotation (Iordanskaja/Mel’čuk 1980, 1984) follows: A lexical connotation ‘C’ of a lexical unit L of language L is a meaning such that 1) it is associated with the referent of L by language L, but 2) is not part of L’s lexicographic definition. These two properties of lexical connotation are discussed in Sections 3 and 4.

3. Linguistic Manifestations of Lexical Connotations As we have said, lexical connotations of a lexical unit L are associated with the referent of L by language L, that is, they have explicit manifestations in L. More precisely: The meaning ‘C’ associated with the referent of an lexical unit L by language L has a linguistic manifestation in L if and only if L has an lexical unit L# such that 1) L and L# have a common stem and 2) the lexicographic definition of L# includes ‘C’.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Such a situation obtains in the following three cases (illustrated with the Russian noun svin’jaI ‘pig’, having the connotation ‘dirtiness’): i.

L and L# stand in a relation of polysemy: svin’ja I ~ svin’ja II ‘dirty person’. (For more on the role of connotations for polysemy, see Percova 1985.) ii. L and L# stand in a relation of derivation: svin’jaI ~ svinjačit’ ‘[to] cause much dirt [somewhere]’ ≈ ‘[to] make a mess’. iii. L is part of a phraseme L# whose meaning includes ‘C’: svin’jaI ~ [žit’] kak svin’ja ‘[live] dirtily’. Here are four more Russian examples. veter ‘wind’ Connotations a) ‘Freedom’: the phraseme vol’nyj, kak veter lit. ‘free as the wind’. b) ‘Fast motion’: the phrasemes mčat’sja, kak veter lit. ‘[to] rush as the wind’; [Ego] kak vetrom sdulo lit. ‘[He] disappeared as if blown away by the wind’. c) ‘Excessive changeability’: the phrasemes deržat’ nos po vetru lit. ‘[to] keep one’s nose in the wind’ ≈ ‘being unscrupulously changeable, [to] try to perceive the changes in the situation so as to better adapt oneself to it’; znat’, kuda /otkuda veter duet lit. ‘[to] know which way the wind is blowing’ ≈ ‘being unscrupulously changeable, [to] be able to perceive quickly the changes in the situation so as to better adapt oneself to it’. d) ‘Being not serious’: the noun vetrenik lit. ‘windy person’ ≈ ‘flighty person’ ≈ ‘person who is not serious in amorous relationships’ and the phraseme [U nego] veter v golove lit. ‘[He has] wind in his head’ ≈ ‘[He is] not serious in whatever he does’. e) ‘Blowing away’: brosat’ slova na veter lit. ‘[to] throw one’s words to the winds’ ≈ ‘[to] speak so that words are wasted’; pustit’ Y po vetru ≈ lit. ‘[to] throw Y to the winds’ ≈ ‘[to] waste fortune Y’. voda ‘water’ Connotation ‘Insufficient content’: manifested in a figurative sense of voda ⫺ ‘text with insufficient information content’ [in predicative construction only], as in Vsja pervaja glava knigi ⫺ (čistaja) voda lit. ‘The whole first chapter of the book is nothing but (pure) water’.

pilit’I ‘[to] saw’ (from Apresjan 1974, 67) Connotation ‘Tedious cyclicity’: manifested in a figurative sense of pilit’II ‘[to] nag, [to] pester’, as in Žena večno pilit ego ‘His wife nags him all the time’. rozovyjI ‘pink, rosy’ Connotation ‘Idealizing the world’: manifested in a figurative sense of rozovyjII ‘pleasant, but unreal’, as in rozovye mečty ‘rosy dreams’, and in the phrasemes v rozovom svete ‘idealizing’, as in videt’ N v rozovom svete lit. ‘[to] see N in a rosy light’, and (smotret’) skvoz’ rozovye očki lit. ‘([to] look) through rosy glasses’.

63. Connotation (in Linguistic Semantics) Linguistic manifestations oppose lexical connotations of lexical units to encyclopedic connotations of the referents of lexical units. Encyclopedic connotations of an entity R referred to by the lexical unit L are determined by either real properties of R or culturally-determined received ideas about R; they have no particular linguistic manifestation in L. Encyclopedic connotations based on real, inherent properties of R are universal, as they come from the knowledge of the referents. Such are, for instance, the nutritiousness of meat or the care-requiring helplessness of a baby. Note that a drawing of a baby conjures up the same encyclopedic connotations as the word for ‘baby’ in any language (Leech 1975, 15). Encyclopedic connotations based on cultural associations are of course not universal (cf. cultural connotations of women that change with geography and history: Leech 1975, 14). Thus, for Russians, brown rye bread, called čërnyj xleb, connotes poverty; however, the collocation čërnyj xleb does not have the lexical connotation ‘poverty’ ⫺ such a lexical connotation would have no linguistic manifestations. On the other hand, the collocation čërnaja ikra, lit. ‘black caviar’, connotes ‘luxury’ ⫺ and this is a lexical connotation, because Russian has a phraseme est’ čërnuju ikru ložkami ‘[to] eat caviar with spoons’ = ‘[to] have a luxurious life’. Encyclopedic connotations may serve as a basis for comparisons not codified by the language (codified comparisons are phrasemes, so that properties of objects mentioned in them may constitute lexical connotations), for oppositive and pseudo-tautological constructions, etc. Such expressions as Rus. Mal’čiki est’ mal’čiki ‘Boys will be boys’, On nastojaščij mal’čik ‘He is a real boy’ or Perestan’ plakat’, ty že mal’čik! ‘Stop crying, you are a boy!’ are produced based on culturally-determined information: a typical boy is strong, courageous, unruly, etc. These encyclopedic connotations of boys have no linguistic manifestations in Russian. Therefore, the noun mal’čik has no lexical connotations. However, any encyclopedic connotation may in principle become lexical in a particular language. Thus, culturally-induced encyclopedic connotations of men ⫺ strong, courageous, self-possessed, firm ⫺ are linguistically manifested in Russian: cf. the derivatives mužskoj ‘manly’/ po- mužski ‘in a manly way’ and the phrasemes kak mužčina lit. ‘as a man’ ≈ ‘courageously/in a reliable way’ and bud’ mužčinoj! lit. ‘Be a man!’ ≈ ‘Behave courageously!’ Interestingly, the noun ženŠčina ‘woman’, which has lexical connotations ‘grace’ and ‘carefulness’, seen in the derivatives ženskij ‘womanly’, poženski ‘in a womanly way’, ženstvennyj ‘feminine, woman-like’, does not form phrasemes *kak ženščina or *bud’ ženŠčinoj!

4. Distinguishing a Connotation from a Component of a Lexicographic Definition Meanings linked to a lexical unit L are of two types: some are part of [= are included in] the meaning of L, while some others are not. Meanings of the first type are components in the lexicographic definition of L; they appear in the semantic representation of the utterance which contains L and participate in transition from meaning to text. Namely, a linguistic meaning ‘s’ is a component in the lexicographic definition of L if ‘s’ is necessary for the description of one of the two major linguistic operations:

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XI. Semantik der slavischen Sprachen ⫺ Lexical selection: ‘s’ is necessary to choose L correctly when starting from a representation of the meaning of an utterance. ⫺ Lexical combination: ‘s’ is necessary to ensure the correct cooccurrence of L with other lexical units. Meanings of the second type are lexical connotations of L; they do not appear in the semantic representation and are not involved in ‘Meaning ⫺ Text’ processes. Such meanings reflect the paradigmatic correlations between lexical units: the lexical connotation ‘s’ of L is necessary to represent explicitly the semantic links between L and formally related lexical units L#. Each full lexical unit has a lexicographic definition, but not all full lexical units have lexical connotations. Theoretically, the distinction between definition components and lexical connotations is clear and can be easily drawn in many cases. Consider, for instance, the staple example: the adjectives famous vs. notorious, which are commonly said to have the same (denotative) meaning ⫺ ‘widely known’, but different connotation ⫺ ‘approved’ vs. ‘disapproved’. However, meanings ‘approved’ vs. ‘disapproved’ are necessary for the correct selection of the adjective (famous philanthropist vs. notorious robber) and, therefore, they are components in the corresponding definitions. Practically, however, this distinction is not always easy to establish so that some special tests may be helpful. For the time being, two such tests can be proposed. Let there be a lexical unit L with a hypothetical connotation ‘C’. A. Antonymy test. If the addition to L of a modifier with a meaning antonymous to ‘C’ produces logical contradiction, then ‘C’ is not a connotation of L but a part of L’s definition; otherwise, ‘C’ is a connotation of L. For example, the Russian lexeme osëlII ‘ass’ [person] implies ‘stupidity’. Since the sentence #Ivan ⫺ umnyj osël ‘Ivan is an intelligent ass’ is contradictory, ‘stupidity’ must be a component in the definition of the lexeme in question: osëlII ‘(stubbornly) stupid male individual’. Any Russian speaker feels that osëlII is related to osëlIb ‘he-donkey’ [animal] and in this way ‘stupidity’ becomes associated with osëlIb. Since the expression umnyj osël ‘intelligent he-donkey’ applied to an animal is not contradictory, ‘stupidity’ cannot be a part of the definition of osëlIb; consequently, it is its connotation. B. Function test. This test applies in case when ‘C’ refers to an essential function of the object denoted by L. If the fact that this object is out of order entails that it cannot normally perform the function ‘C’, then ‘C’ is a component of L’s definition; otherwise, it is a connotation of L. For example, compare the description of Russian golova ‘head’ [body part] and serdce ‘heart’ [internal organ]. A Russian speaker associates with golova the meaning ‘seat of reason’ and with serdce, the meaning ‘seat of emotions’ ⫺ in quite a parallel fashion. However, U menja bolit golova, i poėtomu ona ploxo rabotaet, lit. ‘My head aches and therefore it works poorly’ ≈ ‘ […] and therefore I cannot reason’, is a normal sentence, while #U menja bol’noe serdce, i poėtomu ono ne sposobno čuvstvovat’, lit. ‘My heart is sick and therefore it is unable to feel’, is pragmatically deficient. As a

63. Connotation (in Linguistic Semantics) result, the meaning ‘seat of reason’ is a component in the definition of golova; but the meaning ‘seat of emotions’ cannot be part of the definition of serdce ⫺ it is a connotation of this lexical unit. These tests are of course not applicable in all cases (the first does not work if ‘C’ has no antonym; the second is limited to nouns denoting ‘functioning’ objects). As a result, sometimes it is difficult to say whether ‘C’ linked to L is L’s connotation or a component in L’s definition. However, the existence of intermediate situations without a unique solution is quite typical of natural language and linguistics.

5. Lexical connotation in the dictionary Lexical connotation is thus a way of representing in the dictionary the semantic link perceived by speakers between lexical units L and L# that have the common stem but whose definitions have no non-trivial part in common (no semantic bridge). More precisely, the definition of L# contains a semantic component ‘C’ which, according to our criteria, cannot be a semantic component in the definition of L, but can be L’s lexical connotation. In such a case, a semantic bridge between L and L# is ensured by the connotation ‘C’. For instance: OsëlIa ‘domestic animal used to carry loads and which is smaller than a horse, gray, with long hanging ears, […]’. OsëlIb ‘male osëlIa’ Connotation: ‘(stubbornly) stupid’ OsëlII ‘(stubbornly) stupid male person’ Formally, then, these lexical units show a semantic bridge and thus can be united in one vocable, which corresponds to speakers’ intuition: osëlIb and osëlII obviously represent polysemy rather than homonymy. Nevertheless, such a description does not fully reflect the linguistic intuition: namely, the speaker knows that he deals here with a metaphor, i. e., a comparison. Thus, any Russian knows that if someone is called osëlII, this is because he is somehow like osëlIb. This intuition must be reflected in the lexicographic definition of osëlII, but in such a way as to show that the role of this comparison component is different from that of other definition components. It can be done along the following lines: OsëlII ‘(stubbornly) stupid male individual [as though he were an osëlIb]’. The component ‘[as though it were L]’ has a special status in the definition of a lexical unit (which is shown by the square brackets around it). Unlike the other components, it is not part of informative meaning. It only presents the ‘internal form’ of the meaning, its metaphoric structure (comparison) ⫺ one might say, its semantic etymology. A full-fledged semantic theory must take this aspect of meaning into consideration (in order to model the creative use of language ⫺ word play, puns, etc. ⫺ or to account better for language psychological processing).

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XI. Semantik der slavischen Sprachen The component ‘[as though it were L]’ can appear in a lexicographic definition of L# not only in the case of lexical connotations, but whenever it seems appropriate to explicitly show the metaphoric structure of the meaning of L# in terms of the meaning of L. For example, if one wishes to indicate the metaphoric relation between Rus. serdceII.2 ‘central part of a space’ and serdceI.1 ‘main organ of the circulatory system of a person X found in the central part of the body’ (which are linked by a semantic bridge ‘central part’), one has to add to the definition of serdceII.2 the component ‘[as though it were serdceI.1]’. Lexical connotations of L are represented in the semantic zone of the lexical entry of L ⫺ but of course separately from L’s definition. As for the encyclopedic connotations of the referent of L, the culturally-determined ones may be also presented in the lexical entry of L, although not in the semantic, but in a special encyclopedic zone.

6. Literature (selected) Apresjan, Jurij (1974): Leksičeskaja semantika. Moskva. Apresjan, Jurij (1995): Integral’noe opisanie jazyka i sistemnaja leksikografija. Izbrannye trudy. Tom 2. Moskva. Bartmiński, Jerzy (ed.) (1988): Konotacja. Lublin. Garza-Cuarón, Beatriz (1991): Connotation and Meaning. Berlin/New York. Gutman, E./Čeremisina, Majja I. (1972): “Zoomorfizmy v sovremennom francuzskom jazyke v sopostavlenii s russkim”. // Kuprejanova, Vera N. (red.). V pomošč’ prepodavateljam inostrannyx jazykov 3. Novosibirsk. 42⫺52. Gutman, E./Čeremisina, Majja I (1975): “Soderžanie obraza lošad’ (cheval) v russkix i francuzskix tekstax”. // Kuprejanova, Vera N. (red.). V pomošč’ prepodavateljam inostrannyx jazykov 6. Novosibirsk. 56⫺70. Iordanskaja, Lidija/Mel’čuk, Igor (1980): “Konnotacija v lingvističeskoj semantike”. // Wiener Slawistischer Almanach 6. 191⫺210. Iordanskaja, Lidija./Melčuk, Igor (1984): “Connotation en sémantique et lexicographie”. // Mel’čuk, Igor’ et al. Dictionnaire explicatif et combinatoire du français contemporain. Vol. 1. Montréal. 33⫺43. Isačenko, Aleksandr (1972): “Figurative meaning, derivation, and semantic features”. // Worth, D. (ed.). The Slavic Word. The Hague/Paris. 76⫺91. Kerbrat-Orecchioni, Catherine (1977): La connotation. Lyon. Lakoff, George (1987): Women, Fire, and Dangerous Things. Chicago/London. Leech, Geoffrey (1975): Semantics. Harmondsworth. Lyons, John (1977): Semantics. Volume 1. Cambridge. Percova, Natal’ja (1985): “Ob obrazovanii novyx značenij slov na osnove konnotacij”. // Južnoslovenski filolog 41. 25⫺34. Sansome, Rosemary (1986): “Connotation and lexical field analysis”. // Cahiers de lexicologie 49/2. 13⫺33.

Lidija Iordanskaja, Igor Mel’čuk, Montreal (Kanada)

64. Die Beziehung von lexikalischer Bedeutung und innerer Form

64. Die Beziehung von lexikalischer Bedeutung und innerer Form 1. 2. 3. 4. 5.

Einleitende Bemerkungen Lexikalische Bedeutung und innere Form bei W. v. Humboldt und H. Steinthal Rezeption in Russland: A. A. Potebnja Innere Form in der Potebnja-Nachfolge Literatur (in Auswahl)

Abstract The article reconsiders the notion of ‘inner form’ as postulated first by Wilhelm von Humboldt and then further developed in the semantic theories of 19th century. The division of phonetic form, content or meaning and idea has first come up in Plato’s Dialogue Kratylos with the notion idea or image. The author shows the development of this idea in different stages of language history and philosophy (Nikolas von Kues/Cusanus, G. W. Leibniz) but concentrating on the reception of this concept in 19th century Germany (W. v. Humboldt and H. Steinthal) and Russia (especially, in A. A. Potebnja’s work).

1. Einleitende Bemerkungen Im 19. Jahrhundert rückte ein Thema in das Blickfeld der Sprachwissenschaft, das im Kern bereits den frühen philosophischen Systemen der Antike bekannt und z. B. bei Platon behandelt worden war, eine spezielle Einheit, die von der Bedeutung zu unterscheiden ist: Im Kratylos-Dialog stellte Platon neben Lautform und Bedeutung als dritte Komponente die Idee, das Bild. In Platons Nachfolge hierzu stehen unter vielen anderen Nikolaus von Kues (Cusanus) und später G. W. Leibniz. Im folgenden wird die Funktion dieser ‚inneren Form in der Sprache‘ im 19. Jahrhundert in Deutschland und vor allem in Russland erörtert, und zwar nicht nur eingegrenzt auf die lexikalische Bedeutung, sondern auch mit einem Blick auf die grammatische Bedeutung sprachlicher Einheiten.

2. Lexikalische Bedeutung und innere Form bei W. v. Humboldt und H. Steinthal Die Sprachforschung des 19. Jahrhunderts sah in Wilhelm von Humboldt (1767⫺1835) den ‚Vater der allgemeinen Sprachwissenschaft‘. In seinen sprachtheoretischen Arbeiten, vor allem in der Abhandlung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (postum 1836), behandelte er das zentrale Thema der Sprachphilosophie seiner Zeit, den

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Ursprung der Sprache, in Wechselbeziehung zu ihrem Wesen. Dieses erklärte er aus dem Zusammenspiel zweier ‚constitutiver Principe‘, dem artikulierten Laut und der inneren Formung als Ordnungsprinzip und gestaltende Kraft. Er steht damit in der Tradition, auf die in (1) Bezug genommen worden ist. Für die innere Formung verwendete Humboldt noch nicht durchgängig die in seiner Nachfolge als Terminus etablierte Bezeichnung ‚innere (Sprach)Form‘ (= i. F.), sie erscheint bei ihm auch als ‚innerer Sprachsinn‘‚ sowie ‚Urbedeutung‘ (für die Bildsphäre) und ‚Sprachform‘ (für die syntaktischen Beziehungen). Die innere (Sprach)Form ist einzelsprachlich, sie drückt den Sprach-/Volksgeist aus und widerspricht so einer Gleichsetzung der sprachlichen mit den logischen Kategorien: Letztere sind allgemeingültig, erstere berücksichtigen die Gegebenheiten der jeweiligen Sprache. Im Wesen der inneren (Sprach)Form wollte Humboldt das Wesen der Sprache verdeutlichen. Aber er hat die innere Form ausschließlich historisch gesehen und ihr Wirken vorwiegend theoretisch behandelt, mit nur wenigen Beispielen (wie dem Namen des Elefanten im Sanskrit als zweimal Trinkenden bzw. Zweizahnigen bzw. mit einer Hand Versehenen). Den Begriff der inneren Formung nahm in Deutschland vor allem Hajim/Heymann/ Steinthal 1823⫺1899 auf. Ausgehend von der Idee der inneren (Sprach)Form als dem „individuellen Prinzip einer Sprache, nach welchem der lautliche Bau der Sprache einerseits und ihr System von Vorstellungen und Vorstellungsbeziehungen andererseits gebildet ist“ (Steinthal 1855, XXII), erarbeitete er seine Theorie von den drei Etappen bei der Entwicklung der inneren (Sprach)Form: 1. die ‚pathognomische‘ zum Ausdruck von Gefühlen, 2. die ‚charakterisierende‘, auf der die Etymologie wirkt, und 3. eine Stufe, auf der nichts Neues auftritt, aber Laut und Bedeutung nun ohne Vermittlung der inneren (Sprach)Form verbunden sind, weil diese aus dem Bewusstsein der Sprecher gelöscht ist. Steinthal gab der dritten Stufe 1855 noch keinen Namen, in seinem Abriss der Sprachwissenschaft 1871 bezeichnete er sie als den ‚Sprachgebrauch‘ (Ringmacher 1996, 109). Damit grenzte er die innere Form vom Etymon ab, insofern als Beziehungen zwischen beiden nur auf der mittleren Stufe bestehen. Während Humboldt weitgehend offen ließ, ob er die innere Form auf die Gesamtsprache oder das Einzelwort bezog, wählte Steinthal ausdrücklich das Einzelwort und die einzelne grammatische Bedeutung. Wie Humboldt berücksichtigte Steinthal aber ausschließlich historisch Entstehung und Entwicklung der inneren Form, und er illustrierte seine Thesen ebenfalls an sehr wenigen sprachlichen Beispielen. In der Humboldtnachfolge in Deutschland wurde das Thema der inneren Formung später insbesondere von Anton Marty aufgegriffen; siehe dazu Marty (1908); Funke (1924) und Bartschat (1990).

3. Rezeption in Russland: A. A. Potebnja 3.1. Einen eigenen Weg nahm die Humboldt-Rezeption in Russland mit ihrem bedeutendsten Vertreter Aleksandr Afanas’evič Potebnja (1835⫺1891). Zwar berief sich auch Jan Baudouin de Courtenay (1845⫺1929) auf Humboldts These vom Einfluss der Weltsicht des Volkes auf die je spezifische Entwicklung einer Einzelsprache und vice versa, aber Potebnja entwickelte insbesondere die humboldtsche Idee der inneren (Sprach)Form weiter. Seine Hauptwerke sind Mysl’ i jazyk (1862), Iz zapisok po russkoj grammatike (4 Bände ab 1874, zum Teil erst postum erschienen) und Iz zapisok

64. Die Beziehung von lexikalischer Bedeutung und innerer Form po teorii slovesnosti (postum 1905). Mysl’ i jazyk war eine großartige Adaption des unter (2) skizzierten sprachtheoretischen Hauptwerkes Humboldts über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die Entwicklung des Menschengeschlechts. Potebnja hatte dieses Werk im Original gelesen, noch ehe die russische Übersetzung 1859 (Grečko 1985; 1863) erschien, ebenso die darauf aufbauende Schrift Steinthals Grammatik, Logik und Psychologie (1855), dessen Übersetzung erst 1865 und damit 3 Jahre nach dem Erscheinen von Mysl’ i jazyk herauskam. Aber Potebnja übernahm nicht einfach Humboldts Sprachtheorie, sondern er entwickelte sie weiter und leistete so einen eigenständigen Beitrag zur Grundlegung der allgemeinen Sprachwissenschaft. Leider sind seine Werke im Ausland wenig bekannt und folglich auch nicht gebührend diskutiert und gewürdigt worden, vor allem, weil sie nur in russischer Sprache und in russischen Verlagen erschienen waren. 3.2. Potebnjas eigenen Beitrag zum Konzept der inneren (Sprach)Form prägte insbesondere, dass er sowohl sprachphilosophische Werke als auch Werke zur grammatischen Theorie als auch Arbeiten zu speziellen philologischen Themen verfasst und alle diese Bereiche mit einer einheitlichen wissenschaftlichen Methode bearbeitet hat. Die Hauptthesen seines ersten großen Werkes Mysl’ i jazyk hat er für sein wissenschaftliches Programm nie zu korrigieren brauchen, Iz zapisok po russkoj grammatike und Iz zapisok po teorii slovesnosti wurden gleichermaßen auf Mysl’ i jazyk bezogen, andererseits sind es gerade seine empirischen Forschungen, durch die er eine differenziertere Sicht auf die Triade ‚Laut ⫺ Bedeutung ⫺ innere Form (vnutrennjaja forma/predstavlenie)‘ gewann. Als reiche Quelle für das Wirken der inneren (Sprach)Form berücksichtigte er zudem auch die Volkspoesie, die Dialekte und die Kindersprache. Für ihn gibt die innere (Sprach)Form eines ausgesprochenen Wortes dem Denken des Hörers eine Richtung, erlaubt, Bedeutungen zu entwickeln, legt aber das Verstehen nicht zwingend fest. Zunächst haben alle sprachlichen Einheiten ⫺ Wurzeln, Stämme, Wörter, Hilfswörter und grammatische Formen ⫺ Laut, Bedeutung und innere Form. Letztere war für Potebnja gerade nicht die Bedeutung einer sprachlichen Einheit, sondern ein einzelnes Merkmal, das objektiv gesehen das hervorstechendste war oder subjektiv vom Hörer so bewertet wurde. Dieses Merkmal diente als tertium comparationis, als Bindeglied zwischen einer sprachlichen Einheit und einer anderen, die aus ihr abgeleitet worden ist. Dabei kann die bisherige Bedeutung zur inneren (Sprach)Form einer neuen sprachlichen Einheit werden. Im Laufe der Sprachentwicklung geht der Zusammenhang häufig verloren; viele, wenn nicht die meisten Laut-Bedeutungs-Zuordnungen sind heute nicht mehr nachvollziehbar, weil ihre innere (Sprach)Form verdunkelt ist. Das kann darin begründet sein, dass das ursprünglich so herausragende Merkmal mit der Zeit in der Reihe gleichzeitig bezeichneter Merkmale unwesentlich wird oder den anderen Merkmalen sogar widerspricht. Eine solche Verdunklung (zatemnenie) ist dann sogar notwendig, sonst müsste ein Wort außer seiner eigenen Bedeutung auch alle Bedeutungen der in der Ableitung vorausgehenden Wörter mit einschließen, was die Sprache völlig überfrachten würde [‚Ableitung‘ bezieht sich für Potebnja hier auf die innere (Sprach)Form, auf dieses eine ausgewählte Merkmal, und ist also nicht zu verwechseln mit dem Begriff der ‚abgeleiteten Bedeutung‘]. Aber diese Zusammenhänge bleiben als wirkendes Prinzip im humboldtschen Sinne latent erhalten. Potebnja sah die innere (Sprach)Form als auch heute noch in der Sprechtätigkeit des Menschen lebendiges

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Prinzip; nach Verlust der inneren (Sprach)Form wird z. B. ein Wort nicht zum ‚toten Wort‘: Es sind noch Ableitungen möglich, wie zu dub ohne innere (Sprach)Form dubovik (Pilz unter Eichen). Insbesondere in poetischen Symbolen ⫺ deren Deutung und Funktion Potebnja seit seiner Magisterarbeit beschäftigt haben ⫺ wird die innere (Sprach)Form immer wieder „zum Leben erweckt“. Denn ein Wort mit erkennbarer inneren (Sprach)Form ist bildhaft und damit per se poetisch. Potebnjas Interpretation der inneren (Sprach)Form steht in enger Wechselbeziehung mit seiner psychologischen Theorie des Wortes, die auch Widerspruch provozierte, aber in seinem Gesamtkonzept nur folgerichtig war. Für ihn kann ein Wort immer nur mit einem Denkinhalt verknüpft sein; es gibt deshalb keine mehrdeutigen Wörter, sondern nur gleichlautende, jede kleinste Bedeutungsveränderung macht aus einem Wort ein anderes ⫺ dies gilt für die Lexik wie für die grammatische Formung. Beispiel: (a) versta ‚Längenmaß‘ ⫺ versta ‚Werststein‘ ⫺ versta ‚Reihe, Anordnung‘, nach Dal’ 1880 = semantisch; (b) versta ⫺ versty ⫺ verste, Kasus Nominativ, Genitiv, Dativ = grammatisch, (c) versta = ‚Längenmaß‘ > ‚Furche‘ > ‚Pflugwende‘ = historisch. Die Ketten (a) und (b) sind heute noch aktiv, (c) vollzieht etymologisch die historischen Entwicklungsstufen nach. Da die innere Form auf alle drei Ketten Bezug nimmt, ist sie folglich nicht identisch mit dem Etymon. Potebnjas zweites Hauptwerk, das den viel zu bescheidenen Titel Iz zapisok po russkoj grammatike trägt, behandelt in 4 Bänden ab 1874 das Wirken der inneren (Sprach)Form in der Grammatik anhand der Morphologie, Wortartenlehre und insbesondere der Syntax. Das Werk stellt die Anwendung der sprachphilosophischen Thesen aus Mysl’ i jazyk auf die Slavinen dar. Potebnjas Hauptanliegen, die Entstehung und Veränderung grammatischer Kategorien als psychologische Grundkategorien des Denkens aufzuzeigen, wird insbesondere an den Wortarten Substantiv und Verb und an deren Funktionen im Satz exemplifiziert. Sprachwissenschaft war für ihn vor allem Syntax. Dieses Postulat erklärt sich aus seiner Behandlung der Einheit Wort: Das Wort funktioniert nur im Satz, nur in der Umgebung anderer Wörter. Die innere (Sprach)Form ist hierbei der Bezug auf bereits gegebene grammatische Bedeutungen, indem die zu ihnen gehörenden morphologischen Einheiten in neue Verknüpfungen eingesetzt werden. Humboldts Dichotomie ergon ⫺ energeia veranlasste Potebnja zur Erforschung der Rolle der Rede (reč’) im Leben der Sprache (jazyk), denn für ihn vollzieht sich das wahre Leben des Wortes in der Rede (siehe dazu auch unter (4)). Durch den sprachphilosophischen Bezug ist dieses Werk mehr als nur eine historische Grammatik der slavischen Sprachen, insbesondere des Russischen. 3.3. Im dritten Hauptwerk Potebnjas Iz zapisok po teorii slovesnosti, erst postum 1905 erschienen, sind seine vielen Vorarbeiten zu Volkspoesie, Prosa und Poesie, Kindersprache, zu Stilschichten, ukrainischen Dialekten u. a. m. zusammengefasst. Wie Humboldt ein künstlerisch begabter Mensch, zog Potebnja konsequent die Verbindungslinie zwischen Sprachwerk und Kunstwerk, zu einer parallelen Behandlung der inneren (Sprach)Form des Wortes und der inneren Form des künstlerischen Textes.

4. Innere Form in der Potebnja-Nachfolge In Russland war das Ungleichgewicht zwischen der allgemeinen und der historischvergleichenden Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert vor allem auch dank Potebnja

64. Die Beziehung von lexikalischer Bedeutung und innerer Form nie so gravierend wie in Deutschland. Dessen fachliches Spektrum war bei einer gemeinsamen sprachtheoretischen Grundlage, der humboldtschen, so breit und seine wissenschaftliche Autorität war so groß, dass seine Lehrmeinung ohne Bruch von den folgenden Generationen aufgegriffen wurde, während es z. B. in Deutschland erst wieder im 20. Jahrhundert eine Renaissance der Sprachtheorie Humboldts gab. In Potebnjas Nachfolge stehen insbesondere seine Kollegen und Schüler in Xar’kov, an dessen Universität er sein gesamtes Wissenschaftlerleben verbracht hat, weiterhin die russischen Symbolisten und auch die sowjetische Psycholinguistik. In Xar’kov führte vor allem V. I. Xarciev die grammatischen Arbeiten Potebnjas weiter. Zum Erscheinen des 3. Bandes von Iz zapisok po russkoj grammatike veröffentlichte er 1899 eine lange Besprechung und Würdigung. Später hat Xarciev an Potebnjas Poetik angeknüpft. Dazu im folgenden bei einem anderen Schüler, Dmitrij Nikolaevič Ovsjannikov-Kulikovskij (1853⫺1920). Dieser kannte Potebnja schon als Gutachter seiner Magisterarbeit 1884, bewunderte dann während gemeinsamer Jahre in Xar’kov insbesondere die methodische Konsequenz, mit der Potebnja hinter den Fakten ganz im humboldtschen Geist das Wesen der Sprache transparent machte. Nach Potebnjas Tod arbeitete Ovsjannikov-Kulikovskij ab 1892 intensiv zur historisch-vergleichenden Syntax, „nach der Methode und im Geist der Ideen Potebnjas“, wie er in seinen Erinnerungen 1923 schrieb. Die Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Methode Potebnjas hielt er für die Grundvoraussetzung für erfolgreiche eigene Arbeit. In der Folgezeit verschob sich Ovsjannikov-Kulikovskijs Interessengebiet stetig in Richtung einer psychologisch begründeten Literaturwissenschaft. Er blieb dabei aber den Thesen Potebnjas treu, der in seinen Studien zur Parallelität der inneren (Sprach)Form des Wortes und der inneren (Sprach)Form des künstlerischen Textes nicht nur die Parallelität der Sprechtätigkeit des Menschen im Alltagsgebrauch und im Kunstwerk herausgearbeitet hatte, sondern so auch zum Begründer der linguistischen Poetik geworden war. Zu internationaler Bedeutung hat dieser Disziplin später Roman Jakobson verholfen, der in seinen eigenen Arbeiten zur Poetik explizit Bezug auf Potebnja genommen hat. Potebnjas Postulat „Die neue Literaturtheorie muss sich auf die Fakten der modernen Sprachwissenschaft stützen, sie muss die gleichen Grundlagen wie die Sprachtheorie haben“ (Iz zapisok po russkoj slovesnosti) wurde richtungsweisend für literarische Studien mit wissenschaftlichem Anspruch in Russland, insbesondere durch die Vermittlung Ovsjanikov-Kulikovskijs. [Dessen spätere Arbeiten wurden jedoch mehr und mehr zu detaillierten psychologisch-literarischen Analysen bedeutender russischer Schriftsteller und ihrer literarischen Helden]. Zweitens übernahmen Potebnjas parallele Behandlung des Wortes und des künstlerischen Textes die Theoretiker des russischen Symbolismus um Andrej Belyj (1880⫺ 1934). Und drittens: Sowohl in der Psychologie als auch in der Linguistik blieben Potebnjas Lehren in der russisch-sowjetischen Wissenschaft lebendig, und zwar in der psychologischen Schule von Lev Semenovič Vygotskij und in der linguistischen Teorija rečevoj dejatel’nosti, die seit den sechziger Jahren insbesondere von Aleksej Alekseevič Leont’ev mit expliziten Verweisen auf Humboldt und Steinthal, vor allem aber auf Potebnja, ausgearbeitet worden ist. In diesen Kontext ordnet sich auch ein Artikel von T. R. Kijak (1987) ein, in dem die innere (Sprach)Form ebenfalls als das Bild gesehen wird, das der Benennung in der Sprechtätigkeit zu Grunde liegt, und zwar auch synchron betrachtet. Wie bei Potebnja dient dieses Bild dem Hörer als Richtungsweiser

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XI. Semantik der slavischen Sprachen für das Verständnis, legt ihn aber nicht zwingend fest. Die psycholinguistische Funktion der inneren (Sprach)Form sei es, mit Hilfe von apperzipierten Vorstellungen zu gewährleisten, dass unser Gedächtnis lexikalische Einheiten speichern kann. Die nachhaltige Wirkung, die Potebnja hervorgerufen hat, beweist, wie bedeutsam es war, dass er seine sprachphilosophischen Erkenntnisse in empirische Sprachforschungen einbrachte und umgekehrt. Er nimmt damit einen besonderen Platz in der Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts ein.

5. Literatur (in Auswahl) Bartschat, Brigitte (1987): „Ideengeschichtliche Bezüge zwischen Hajim Steinthal und Aleksandr Afanas’evič Potebnja“. // Bahner, Werner/Schildt, Joachim/Viehweger, Dieter (eds.). Proceedings of the Fourteenth International Congress of Linguists, Berlin/GDR, August 10⫺August 15, 1987. vol. III. Berlin. 2607⫺2610. Bartschat, Brigitte (1990): „Anton Marty (Zur Einordnung seines sprachphilosophischen Werkes)“. // Zeitschrift für Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung 43. 397⫺411. Bartschat, Brigitte (2004): „Grammatikographie der slavischen Sprachen“. // Schmitter, Peter (ed.). Geschichte der Sprachtheorie. Bd. 6. Sprachtheorien der Neuzeit III. Sprachbeschreibung und Sprachunterricht. Tübingen. 1⫺42. Frančuk, V. Ju. (1985): Oleksandr Opanasovič Potebnja. Kiev. Frančuk, V. Ju. (red.) (1985): Naukova spadščina O. O. Potebni i sučasna filologija. Kiev. Frančuk, V. Ju. (1986): A. A. Potebnja. Moskva. Funke, Otto (1924): Innere Sprachform. Eine Einführung in Anton Martys Sprachphilosophie. Prag. Grečko, V. A. (1985): „Semantičeskaja terminologija A. A. Potebni kak sistema. (K strukture leksičeskogo značenija)“. // Frančuk, V. Ju. (red.): Naukova spadščina O. O. Potebni i sučasna filologija. Kiev. 163⫺179. Grübel, Rainer (1999): „Entwürfe der poetischen Sprache in der Russistik“. // Jachnow, Helmut. (ed.) Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik. Wiesbaden. 1245⫺1273. Gutschmidt, Karl (1999): „Forscherpersönlichkeiten in der sprachwissenschaftlichen Russistik“. // Jachnow, Helmut (ed.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik. Wiesbaden. 1106⫺ 1137. Humboldt, Wilhelm von (1836/1995): „Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts“. // History of Linguistics. 18 th and 19 th Century German Linguistics. vol. V. London. Kijak, T. R. (1987): „O ‚vnutrennej forme‘ leksičeskix edinic“. // Voprosy jazykoznanija 3. 68⫺78. Leont’ev, A. A. (1965): Slovo v rečevoj dejatel’nosti. Nekotorye problemy obščej teorii rečevoj dejatel’nosti. Moskva. Marty, Anton (1908): Untersuchungen zur Grundlegung der allgemeinen Grammatik und Sprachphilosophie I. Halle/S. Os’makov, N. V. (1981): Psichologičeskoe napravlenie v russkom literaturovedenii. D(mitrij). N(ikolaevič) Ovsjanikov-Kulikovskij. Moskva. Ovsjanikov-Kulikovskij, D. N. (1923): Teorija poėzii i prozy (Teorija slovesnosti). 5-e izd. Moskva/Petrograd. Potebnja, A. A. (1862): „Mysl’ i jazyk“. // Žurnal Ministerstva narodnogo prosveščenija (auch als Separatdruck; 2. Aufl. 1892, 3. Aufl. 1913, 4. Aufl. 1922, 5. Aufl. 1926). St. Peterburg. Potebnja, A. A. (1874): Iz zapisok po russkoj grammatike. Bde 1⫺2: Voronež/Xar’kov, Bd. 3. Xar’kov. Potebnja, A. A. (1905): Iz zapisok po teorii slovesnosti. Xar’kov.

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter Ringmacher, Manfred (1996): Organismus der Sprache. H. Steinthals Weg von Humboldt zu Humboldt. Paderborn. Steinthal, Hajim (1855): Grammatik, Logik und Psychologie. Berlin. Vygotskij, L. S. (1982): Myšlenie i reč’. Sobranie Sočinenij. Tom 2. Moskva. Xarciev, V. I. (1910): „Osnovy poėtiki A. A. Potebni (po lekcijam A. A. Potebni)“. // Voprosy teorii i psixologii tvorčestva 2, vypusk 2. Sankt-Peterburg. Filin, F. P. (red.) (1973): Xrestomatija po istorii russkogo jazykoznanija. Moskva.

Brigitte Bartschat, Leipzig (Deutschland)

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einleitung Forschungstand (Überblick) Metakommunikative Modifizierung Rationale Modifizierung Emotionale Modifizierung Resümee Literatur (in Auswahl)

Abstract Particles, adverbs, modal verbs and other modal words (i. e. vvodnye slova) can function as discourse markers, also in combination with each other. Most of these lexical units can be considered polyfunctional. It is the homonymy with auto-semantic units, the polysemous nature of the individual lexical units, and their dependency on prosodic and syntactic factors which complicate their description considerably. The extension of this class is determined by their pragmatic semantics in the sense of Apresjan (1988, 8), i. e. it verbalises the speakers’ relations, attitudes and evaluations regarding reality, the utterance contents, and the adressee(s). After a literature review of pragmatics in general, this article is intended to provide a review of the latest approaches to researching Russian particles and discourse markers in particular. The starting point is the intention behind the utterance, the speaker’s perspective, which is considered central in pragmatics. Linguistic material will thus be categorised according to the meta-cognitive, cognitive, and emotional modifications of an utterance. The largest share will be taken by meta-communicative functions like indicating phrasing and rephrasing, signalling the incompleteness of a phrase, text-structuring devices, feedback channelling, or responding. Coherent discourse is created through the integration of such non-explicit pre-conditions which refer to content as well as to the people concerned. The discourse markers contribute significantly to this very integration.

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65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter Ringmacher, Manfred (1996): Organismus der Sprache. H. Steinthals Weg von Humboldt zu Humboldt. Paderborn. Steinthal, Hajim (1855): Grammatik, Logik und Psychologie. Berlin. Vygotskij, L. S. (1982): Myšlenie i reč’. Sobranie Sočinenij. Tom 2. Moskva. Xarciev, V. I. (1910): „Osnovy poėtiki A. A. Potebni (po lekcijam A. A. Potebni)“. // Voprosy teorii i psixologii tvorčestva 2, vypusk 2. Sankt-Peterburg. Filin, F. P. (red.) (1973): Xrestomatija po istorii russkogo jazykoznanija. Moskva.

Brigitte Bartschat, Leipzig (Deutschland)

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einleitung Forschungstand (Überblick) Metakommunikative Modifizierung Rationale Modifizierung Emotionale Modifizierung Resümee Literatur (in Auswahl)

Abstract Particles, adverbs, modal verbs and other modal words (i. e. vvodnye slova) can function as discourse markers, also in combination with each other. Most of these lexical units can be considered polyfunctional. It is the homonymy with auto-semantic units, the polysemous nature of the individual lexical units, and their dependency on prosodic and syntactic factors which complicate their description considerably. The extension of this class is determined by their pragmatic semantics in the sense of Apresjan (1988, 8), i. e. it verbalises the speakers’ relations, attitudes and evaluations regarding reality, the utterance contents, and the adressee(s). After a literature review of pragmatics in general, this article is intended to provide a review of the latest approaches to researching Russian particles and discourse markers in particular. The starting point is the intention behind the utterance, the speaker’s perspective, which is considered central in pragmatics. Linguistic material will thus be categorised according to the meta-cognitive, cognitive, and emotional modifications of an utterance. The largest share will be taken by meta-communicative functions like indicating phrasing and rephrasing, signalling the incompleteness of a phrase, text-structuring devices, feedback channelling, or responding. Coherent discourse is created through the integration of such non-explicit pre-conditions which refer to content as well as to the people concerned. The discourse markers contribute significantly to this very integration.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

1. Einleitung Gesprächswörter, Gesprächspartikeln, Schaltwörter, modale Partikeln, Modalwörter, Modalpartikeln, Abtönungspartikeln, Diskurspartikeln, Diskursmarker ⫺ modalnye slova, modalnye časticy, vvodnye slova, vvodnye časticy, diskursivnye slova, diskursivnye markery ⫺ diese und einige andere Bezeichnungen kursieren in der sprachwissenschaftlichen Literatur, wenn es um die „kleinen Wörter“ geht, die so zentrale Aspekte der Kommunikation versprachlichen wie Einstellungen und Einschätzungen gegenüber dem Kommunikationspartner und den Gesprächsinhalten. Einen guten Überblick über die kontroversen Fragen der Klassifizierung und Beschreibung der discourse marker (dieser Terminus dominiert seit Mitte der 1980er Jahre, s. Fraser 1999) findet man bei Schourup (1999). Die Diskurswörter sind auf funktioneller oder distributioneller Ebene als solche bezeichnet worden, wobei in der deutschsprachigen Linguistik Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre der Terminus Gesprächswörter in Gebrauch war (Henne 1978; Burkhardt 1982), in der Russistik ist der Terminus Diskurswörter (diskursivnye slova) üblich, der aus dem französischen mots du discours ins Russische übernommen wurde (Baranov/Plungjan/Rachilina 1993, 7). Als Diskurswörter können Partikeln, Adverbien, Schalt- und Modalwörter sowie Kombinationen dieser lexikalischen Einheiten fungieren (Kiseleva/Pajar 1998, 7), letztere werden auch als Phraseme (Apresjan 2001), leksii, èkvivalenty slova (Rogožnikova 1991), skrepy oder funktivy (vgl. Infantova 2003) bezeichnet. Die Diskurswörter haben einen „relativ weiten anaphorischen und kataphorischen Wirkungsbereich im Diskurs“ (Dittmar 2002, 163). Die Fragen, was sind und was bedeuten Diskurswörter, können nicht getrennt beantwortet werden, da die Extension der Klasse durch ihre Semantik bestimmt ist. Diese ist pragmatischer Natur im Sinne von Apresjan (1988, 8), also Versprachlichung der Beziehung der Sprecher zur Wirklichkeit, zum Inhalt der Äußerung und zur Adressat. Ich werde im Folgenden kurz auf den Forschungsstand eingehen und die neuesten Ansätze der Partikeln- und Diskurswörter-Forschung vorstellen. Um in einer allgemein zugänglichen Terminologie ein möglichst breites Bedeutungsspektrum der zu beschreibenden lexikalische Einheiten abzudecken und möglichst viele Forschungsergebnisse zu berücksichtigen, gehe ich von der für die Pragmatik zentralen Sprecherperspektive aus, also von Äußerungsintentionen, und behandle metakommunikative, rationale und emotionale Charakteristik als zentrale semantische Funktionen. Zitate aus der Fachliteratur werden großteils nur in Übersetzung angeführt, russische Beispiele, zumindest beim ersten Vorkommen, übersetzt, wobei die Problematik der Übersetzbarkeit von Partikeln und Diskurswörtern (Weydt 1981/Rathmayr 1989; Wierzbicka 1991, 341 ff.) ausgeblendet werden muss und möglichst transparente Rohübersetzungen geboten werden.

2. Forschungsstand (Überblick) Die Partikeln sind als Wortart morphologisch durch das Merkmal der Unflektierbarkeit gekennzeichnet, syntaktisch können sie im Unterschied zu den deskriptiven lexikalischen Einheiten (Autosemantika) weder verneint noch in Frage gestellt oder modifi-

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter ziert werden (vgl. Iordanskaja/Mel’čuk 2002, 5). Sie sind eine offene Klasse, da sich Autosemantika zu Synsemantika entwickelt haben und auch weiterhin entwickeln (Mendoza 2000 zur Entwicklung von uže und už). Sie gehören gemeinsam mit den Konjunktionen, Präpositionen, Pronomina und Quantifikatoren zu den Funktionswörtern (služebnye slova, nepolnoznačnye slova, strukturnye slova). Semantisch sind sie durch die (im Unterschied zu Präpositionen, Konjunktionen und Pronomina) nicht grammatische Bedeutung gekennzeichnet. Die Partikeln unterscheiden sich auch von den Interjektionen, weil diese keinerlei Beziehung zu anderen Äußerungsteilen eingehen. Die Interjektionen wurden von Henne (1978, vgl. auch Burkhardt 1982) den Gesprächswörtern oder kommunikativen Funktionswörtern zugerechnet, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes Wörter des Gesprächs sind, die z. B. in Fachtexten fast nicht vorkommen. In der russistischen Tradition werden sie allerdings konsequent als eigene Klasse behandelt, weshalb sie auch hier im Wesentlichen unberücksichtigt bleiben. Die ersten Monographien über Partikeln erschienen Mitte der 1980er Jahre (Nikolaeva 1985; Rathmayr 1985; Kobozeva 1991). Als Wortart sind die Partikeln freilich viel länger bekannt und Vinogradovs (1947, 1986, 573 ff.) Beschreibung der modalen Partikeln ist immer noch aktuell. Die Partikeln wurden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt, sodass modale Partikeln (s. Beitrag 78), logische Partikeln (s. Beitrag 125), Fokuspartikeln, Gliederungspartikeln, Negationspartikeln, formbildende Partikeln, Fragepartikeln, Eröffnungspartikeln, delokutive Partikeln etc. unterschieden werden. Die Diskurswörter könnten nach der Wortartenzugehörigkeit oder der syntaktischen Rolle eingeteilt werden, die Einteilung nach der Funktion im Diskurs gilt aber derzeit als adäquateste (vgl. Kiselevea 1995, 8), sodass konkurrierende Termini zunehmend synonym verwendet werden, vgl. vvodnye slova und modal’nye slova bei Kobozeva (2003, 49). Insgesamt wurde das Streben nach der eindeutigen Zuordnung einzelner lexikalischer Einheiten zu bestimmten Wortarten durch das Bemühen abgelöst, die unterschiedlichen Funktionen der einzelnen Lexeme in ihrer Vielfalt möglichst umfassend zu beschreiben. Vereinigt unter diesem funktionalen Aspekt finden sich also in einer neuen Synthese Vertreter verschiedener Wortarten als Diskurswörter wieder. Die Beschreibungsmethoden wurden dabei, wie die unten angeführten Beispiele zeigen, wesentlich verfeinert. Die Suche nach einer invarianten oder Grundbedeutung der Diskurswörter oder zumindest der Partikeln ist eine Herausforderung, die immer wieder zu bewältigen versucht wird (vgl. Zybatow 1990). Allerdings ist sie untrennbar mit dem von Padučeva (1987, 43) lokalisierten Problem verknüpft, dass eine invariante Bedeutung, die tatsächlich alle Funktionsweisen erfasst, so allgemein sein muss, dass sie schon fast inhaltesleer wird. So hat Padučeva (ebd.) für žе „das Vorhandenseins von zwei Situationen, die irgendwie miteinander zu tun haben“ ermittelt. Der funktionale Ansatz ist eine Möglichkeit, ohne Gesamtbeutung auszukommen, die auch von der russisch-französischen Forschergruppe um Kiseleva, Paillard u. a. vertreten wird, die den Terminus Diskurswort eingeführt haben. Die aus der russischfranzösischen Zusammenarbeit entstandenen wörterbuchartig aufgebauten Nachschlagewerke zu den Diskurswörtern, enthalten jeweils auch theoretische Teile: „Putevoditel’ po diskursivnym slovam russkogo jazyka“ (Baranov/Plungjan/Rachilina 1993), „Diskursivnye slova russkogo jazyka“ (Kiseleva/Pajar 1998) und zuletzt: „Diskursivnye slova russkogo jazyka: kontekstnoe var’irovanie i semantičeskoe edinstvo (Kiseleva/

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Pajar 2003). Kiseleva (1995) spricht von invarianten und variativen Anteilen der Partikeln-Semantik, Baranov, Kobozeva (1988) von kettenartiger Polysemie (polisemija cepočnogo tipa), um den inhaltlichen Zusammenhang und jedenfalls Nicht-Widerspruch zwischen den einzelnen Bedeutungen zu unterstreichen. Die Forschergruppe um Kiseleva, Paillard (1998, 13 ff.) setzt zwar für jedes Diskurswort ein einziges „Szenario“ an, das jedoch explizit „nicht als semantische Invariante oder prototypische Bedeutung“ verstanden werden soll, sondern als rein „abstraktes Konstrukt“, das die Funktionsprinzipien des Wortes in der Gesamtheit der verschiedenen Situationen und Kontexte expliziert. Je nach Situation und Kontext ergeben sich Typen semantischer Variationen der einzelnen Diskurswörter: Die „innere Variation“ betrifft die Inhaltskomponenten des Wortes, die „äußere“ beschreibt die Rolle der Situations- und Kontextelemente, und die dritte, vom Fokus abhängige Variation, ist im Wesentlichen durch Intonation, Wortstellung und Thema-Rhema-Gliederung bedingt. In der neuesten Überarbeitung ist der Kern der Definition der russisch-französischen Forschergruppe der reflexive Bezug auf die Äußerung, wobei Diskurswörter Relatoren sind, d. h. eine Beziehung zwischen zwei Textfragmenten ausdrücken (Kiseleva/Pajar 2003, 8⫺9). Die Diskurswörter verleihen einem bestimmten Fragment der diskursiven Abfolge, auf das sie bezogen sind (sfera dejstvija (Skopus)), einen bestimmten diskursiven Status, entweder als Theorie- oder Standpunktaussagen (vyskazyvanija⫺teorii bzw. vyskazyvanija⫺točki zrenija). Theorieaussagen werden von Diskurswörtern mit der Semantik der Adäquatheit zwischen der Äußerung und dem bezeichneten Sachverhalt (Garant, diskursive Semantik der Bestätigung, Verifikation) signalisiert, z. B. ⫺ А vy zakrojte glaza, ⫺ posovetobal Drobaxa, ⫺ inogda èto pomogaet. Ženšžina ulybnulas’ i pravda zakryla glaza. Standpunktaussagen werden durch Diskurswörter mit Einstellungsbasis signalisiert, z. B. Pozvol’te podnesti Vam kolokol’čiki. Pravda, oni zvenjat nemnogo pečal’no, no èto ničego. Utrom oni zavjanut i uspokojatsja (vgl. ebd. 15). Wie das Beispiel pravda zeigt, können einzelne Diskurswörter auch beide diskursiven Semantiken ausdrücken. Außerdem sind in der Partikeln- und Diskurswort-Forschung die Vertreter der Moskauer Semantischen Schule (s. Beitrag 77) hervorzuheben, deren Forschungsergebnisse u. a. in den drei bisher unter der Redaktion von Ju. D. Apresjan erschienenen Bänden des „Novyj ob”jasnitel’nyj slovar’ sinonimov“ (NOSS 1997, 2000, 2003) nachzuschlagen sind, z. B.: imenno, konečno (vyp. 2, 2000), vključaja, vrjad, polnost’ju, tol’ko by, xotja (vyp. 3, 2003). Iordanskaja, Mel’čuk (2002) klassifizieren Diskurswörter, indem sie solche lexikalischen Einheiten als „Lokutiva“ bezeichnen, mit deren Realisierung etwas die Äußerung Betreffendes signalisiert wird. Innerhalb dieser, wird weiter in „Evaluativa“ differenziert, die eine Beziehung zum Inhalt der Äußerung signalisieren und in „Diskursiva“, deren Realisierung eine bestimmte Eigenschaft der Äußerung signalisiert. Diese metasprachlichen bzw. metadiskursiven und metatextuellen Funktionen, zusätzliche Bedeutungen, die unmittelbar auf die Äußerung bzw. den Text als solche und nicht auf die außersprachliche Wirklichkeit bezogen sind, zu signalisieren, ist seit den späten 1990er Jahren ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt (vgl. Glovinskaja 2001, 33 ff.). Allerdings hat bereits Hinrichs (1983, 20) eine metadiskursive Funktion für die Modalwörter (vvodnye slova) hervorgehoben, indem er ihre Leistung als „direkte Verweisung auf eine Sagenhandlung der direkten Umgebung“ bezeichnete.

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter

3.

Metakommunikative Modifizierung

3.1. Indikation von Formulierungsproblemen und Reformulierungen Probleme bei der Formulierung oder Reformulierungen werden durch lexikalische Einheiten wie to est’, skažem tak, tak skazat’, dopustim, skažem, sobstvenno, etc. und deren Kombinationen signalisiert. Mit ihnen möchte der Sprecher den Hörer darüber orientieren, dass er umformuliert (daher der Begriff Reformulierungsindikatoren, s. dazu fürs Russische Grimm 1993; Rathmayr/Kappel 1996), einerseits um sich gegen den möglichen Vorwurf etwas doppelt zu sagen (Maxime der Quantität) abzusichern, andererseits um das Verständnis zu sichern, oder um eine mangelhafte Formulierung zu korrigieren bzw. zu signalisieren, dass die Formulierung Probleme bereitet. Eine Typologie der Diskurswörter, die verschiedene Aspekte der Redeinterpretation signalisieren, geben Kobozeva, Laufer (1994, 65), z. B.: Anzeigen eines kausalen Konnexes (značit, vyxodit, takim obrazom etc.), Signalisieren der Gleichheit des Inhalts (to est’, iniče govorja, inymi slovami), Anzeigen von Resümieren (odnim slovom, koroče govorja), Anzeigen des Interpretationsmodus (po-vašemu). Partikeln und Diskurswörter mit dieser Funktion werden von Iordanskaja, Mel’čuk (2002) zu den Konnektoren, zu denen primär Konjunktionen wie poètomu gehören, gezählt. Sie zeigen eine textuelle Verknüpfung oder Relation zu anderen Textelementen an, für koroče govorja, dass es sich um eine verkürzte Reformulierung einer vorangegangenen Äußerung handelt (ebd. 88). Die konnektive Funktion von a als „Konjunktional-Partikeln“ in bestimmten Dialogfunktionen in der Funktion der deutschen Abtönungspartikeln denn beschreibt Freidhof (1993). In diese Reihe gehören natürlich noch weitere Wendungen wie z. B. esli xotite, grubo govorja, skažem (s. Chačaturjan in Kiseleva/Pajar 2003, 80⫺102), po bol’šomu sčetu, v polnom smysle slova, bez preuveličenija, kak govoritsja, čto nazyvajetsja, čestno, govorja, skazat’ po pravde, čtoby ne sovrat’, poprostu govorja, de-fakto, de-jure (Glovinskaja 2001, 38). Mit požaluj wird die Nachdenklichkeit, das Abwägen der diskursiven Reaktionsmöglichkeiten signalisiert, woraus als situative Kontextbedeutungen in Antwortposition „Meinen Sie?“, „Ich habe nichts dagegen, nur …“ und Nachgeben (Annahme der vom Gesprächspartner ins Gespräch gebrachten Präposition) resultieren, sowie als zweite „innere Variation“ das laute Nachdenken und Inbetrachtziehen auch anderer Alternativen durch den Sprecher (Kiseleva/Pajar 1998, 331⫺336). Mit den immer parenthetisch verwendeten und nur teilweise zur Standardsprache gehörenden Partikeln mol, deskat’, -de, govorit, grit, grju, čaj, požalyj, die bei Hinrichs (1989) nach einem etymologischen Kriterium als delokutive Partikeln bezeichnet sind, wird metakommunikativ auf eine wie immer geartete Kommunikationskette verwiesen (ebd. 91).

3.2. Signalisierung der Unvollkommenheit der Formulierung Unter den Verwendungsbedingungen der gesprochenen Sprache muss insbesondere in alltäglichen Situationen normalerweise ohne Vorbereitung formuliert werden, dennoch kann der Sprecher in weiterer Folge auf eine bestimmte Formulierung festgelegt wer-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen den. Möglicherweise ist dies ein Motiv für die häufige Signalisierung der Unvollkommenheit der Formulierung. Diese Tendenz zur Unschärfe wird besonders anhand der häufigen Verwendung von kak by beobachtet und einerseits als (postmodernistische) Absicherung gegen spätere Festlegung auf eine bestimmte Meinung, andererseits als unsinnige Modeerscheinung auch der Mediensprache interpretiert (Sirotinina 2003, 10 f., s. auch Infantova 2003). Eine weitere Funktion von kak by kann in der Umgangssprache neben der reinen Füllung von Formulierungspausen auch die Signalisierung von Bescheidenheit sein (Glovinskaja 2001, 38). Diese Funktion der Reduktion der Präzision beschreibt Arutjunova (1999, 651 ff.) anhand von Dostojewski-Texten unter dem Aspekt der modalen Unbestimmtheit (modal’naja neopredelennost’) und behandelt neben kak by die Quasisynonyma kak budto, slovno und točno. Diese Diskurswörter sind Zeichen der Scheinbarkeit (kažimost’), die immer einen Betrachter implizieren, der auch der Sprecher selbst sein kann. Im Unterschied zu den semantisch nahe stehenden Quantifikatoren (počti, otčasti, polnost’ju), die sich auf die tatsächliche Sachlage beziehen, bringen die Diskurswörter die „Idee von der Meinung vom Sprecher“ ein (Glovinskaja 2001, 37). Glovinskaja (2001) behandelt folgende lexikalische Einheiten mit dieser Funktion: faktičeski, po suti, praktičeski; bukval’no, prosto, prjamo, nastojašij; v izvestnom otnošenii,v nekotorom rode, po svoemu; kak skazat’, skažem tak, možno skazat’ esli tak možno vyrazit’sja; edva li ne, čut’ li ne, esli ne; grubo govorja (die auf andere Bedeutungen der lexikalischen Einheiten verweisenden Ordnungszahlen bei Glovinskaja sind hier und in der Folge eliminiert). Der Sprecher gibt mit diesen Diskurswörtern zu verstehen, dass eine Situation oder ein Objekt nicht mit seinem eigentlichen sondern einem sehr ähnlichen „Namen“ benannt wird, wobei die einzelnen Diskurswörter verschiedene Gründe für die Formulierungswahl signalisieren, z. B. die Mitteilungsabsicht, der Adressat solle sich so verhalten, als ob die genannte Situation zutreffen würde: Vy praktičeski zdorovy ~ možete sebja vesti kak zdorovyj čelovek oder einen Vergleich zu einer Sachlage oder Situation, die viele Gemeinsamkeiten aufweist, der die zentrale Gemeinsamkeit aber fehlt: My byli bukval’no ubity ètim izvestiem (Glovinskaja 2001, 33 f.). In der Interpretation von Jakovleva (1994, 262 f.; 278 ff.) signalisiert bukval’no einerseits eine „leichte Entstellung des realen Sachverhalts“, andererseits Expressivität und Individualität. Durch die Metapher wird bei dem Hörer jedenfalls eine bessere Vorstellung erreicht, worin sich einmal mehr die Polyfunktionalität der Diskurswörter zeigt. Die synonyme Reihe faktičeski, po suščestvu, po suti, praktičeski signalisiert ebenfalls Unvollkommenheit der Formulierung, unterscheidet sich aber hinsichtlich der Quantifizierung oder Interpretation (vgl. ‚stol‘ mnogie ili stol’ važnye priznaki situacii; vgl. Glovinskaja 2001, 38). Die synonyme Reihe v principe, v suščnosti, voobšče govorja, po bol’šomu sčetu i t. p. signalisiert eine Konzentration auf die wesentlichen Merkmale, z. B. Voobšče govorja (v principe) naši pozicii očen’ bliski; v suščnosti bringt als Zusatzbedeutung das Element der Zusammenfassung.

3.3. Textgliederung Die Gliederung durch Absätze, unterschiedliche Schriftgröße etc. ist in der gesprochenen Sprache nicht möglich, dafür erfüllen gesprächsorganisierеnde Wörter und Formen eine Orientierungshilfe für den Hörer und Planungs- und Formulierungshilfen für den

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter Sprecher (Bublitz 2001, 1338). In der monologischen mündlichen Rede werden als Diskurswörter vyše, niše, vo-pervyx, meždu pročim u. a. lexikalische Einheiten verwendet (Glovinskaja 2001, 33). Den mündlichen Dialog gliedern die in der deutschsprachigen Partikeln-Forschung erstmalig von Gülich (1970) beschriebenen Gliederungssignale (Eröffnungs-, Schluss- und interne Gliederungssignale), deren Funktionen als „mehrfache und nur filigran beschreibbare“ bezeichnet werden (Gloning 1994, 263), um z. B. „Korrektur und Einschub, Gliederung und Fortsetzung, Vergewisserung und Redeanknüpfung, Themenkohärenz und -bruch und andere Kontextualisierungen anzuzeigen“ (Schwitalla 2001, 900). Im Russischen fungieren als Eröffnungs-Partikeln а, vot, da, nu und tak sowie verschiedene Kombinationen dieser Partikeln. Bei aller Polyfunktionalität erfüllen sie auch gemeinsame Minimalfunktionen wie Kontaktherstellung, Kohärenzerzeugung, Appell an die Aufmerksamkeit und Erzeugen einen im musikalischen Sinne „weichen Einsatz“. Gesprächsschritte wie Widerspruch, Ablehnung und Themenwechsel (s. unten), die gegen eine der Grice’schen Maximen verstoßen, werden vielfach mit betonten Eröffnungspartikeln eingeleitet, ansonsten sind sie meist unbetont (Rathmayr 1985, 159⫺182; Nikolaeva 1985, 122 ff.; Kuosmanen/Multisilta 1999, 50). Nu und vot sind die häufigsten Partikeln der russischen gesprochenen Sprache (Ževako 1968) und erfüllen nach Kuosmanen, Multisilta (1999, 49) 20 verschiedene Funktionen. Nu erscheint am häufigsten als Eröffnungs-Partikeln in Antworten und anderen zweiten Repliken, vot hat am häufigsten hervorhebende und demonstrative Funktion, als Gliederungspartikeln eröffnet es Antworten und Themenwechsel (ebd. 53). In der gesprochenen Sprache fungiert vot in der Kombination mit nu (nu vot) oftmals auch als Ersatz für die fallende Intonation, also als Schlusspartikeln oder Stopp-Signal (Svetozarova 1988, 145). Da und a, die ebenfalls große Häufigkeit aufweisen, werden gemeinsam mit nu von Baranov, Kobozeva (1988) unter prosodischem und semantischem Aspekt als Eröffnungspartikeln von Antworten analysiert. Kodzasov (1996, 102⫺104) findet darauf aufbauend 5 Bedeutungsklassen von nu als Platzhalter und Quasiantwort, zur Eröffnung von Hilfestellungen, aggressiven Ausrufen und anderem. Eine weitere Verwendungssituation für betonte Partikeln sind thematische Abschweifungen oder Exkurse und Themenwechsel (Rathmayr 1985, 175 ff.; Kuosmanen/Multisilta 1999, 57 f. insbesondere nu). Eröffnende Diskurswörter wie kstati ‚übrigens‘, vpročem ‚im Übrigen‘, meždu pročim ‚unter anderem‘, krome togo ‚außerdem‘, (s. Kiseleva/Pajar 1998, 236 ff.) kennzeichnen den folgenden Gesprächsbeitrag explizit als thematische Abschweifung.

3.4. Reaktionen des Hörers/der Hörerin Rückmeldungen sind akustische Signale vom Hörer ohne Sprecherwechsel und übermitteln die Bereitschaft weiter zuzuhören (ugu ‚mhm‘), eine kognitive Einschätzung der Sprecheräußerung (Konsens: Nu vot. ‚Ja genau.‘; Skepsis: Neuželi? ‚Tatsächlich?‘ etc.) und insbesondere, wenn es sich um Interjektionen handelt, auch ein Signal auf der Beziehungsebene (Оj-оj-оj! ‚Du meine Güte!‘; Rathmayr 1985, 183 ff.). Sie haben also keinesfalls nur eine den „Kommunikationskanal“ bestätigende, sondern metakommunikative Funktion.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Die Grenze zwischen Hörerrückmeldung und Übernahme der Sprecherrolle ist fließend und in dieser Funktion verwendete Diskurswörter können satzwertig sein, d. h. als selbstständige Repliken verwendet werden, was insbesondere für viele den Geltungsanspruch signalisierenden Diskurswörter (s. 4.2) gilt. In dieser „autonomen“ Verwendung werden sie als Antwortpartikeln oder Zustimmungspartikeln bezeichnet, z. B.: ⫺ Èto budet⫺ firma? ⫺ Estestvenno. (NOSS 2000, 173) oder Neuželi? in der Bedeutung „vor Erstaunen erstarren“ (Kiseleva/Pajar 1998, 304) und razve mit der Paraphrase ‚nemyslimo‘ ‚undenkbar‘ (ebd., 296; zu razve und neuželi s. auch Baranov 1986; Bulygina/Šmelev, 1987). Diese Fähigkeit modaler Partikeln als Antwort in der Umgangssprache zu fungieren ist schon bei Zemskaja (1979, 93) verzeichnet, die sie in dieser Funktion „Relativa“ nennt.

4. Rationale Modifizierung 4.1. Fokussierung eines Textelementes Zu den logischen Partikeln oder ⫺ in der Germanistik ⫺ Grad-Partikeln (König 1991), die unter Berücksichtigung ihrer syntaktischen Merkmale auch Fokus-Partikeln (fokal’nye časticy, Boguslavskij 1996) genannt werden, gehören restriktive (tol’ko ‚nur‘), additive (takže ‚auch‘) und skalare Partikeln (daže ‚sogar‘). Im Unterschied zu anderen Partikeln und Diskurswörtern ist ihre Klasse relativ geschlossen. Sie leisten keinen Beitrag zu den Wahrheitsbedingungen, d. h. sie implizieren logisch die entsprechenden Sätze ohne Partikeln, lösen aber Präsuppositionen aus: Sie wählen Alternativen zu dem genannten Fokuswert und schließen diese für den offenen Satz entweder aus oder ein (König 1991, 791). Ihre Beschreibung mit logischen Operatoren wurde früher in Angriff genommen, als die der „nicht logischen“ Partikeln (Kobozeva 1991, 148). Eine kontrastive Analyse von daže und sogar im Russischen und Deutschen stammt von Poljakova (2000). Der semantische Beitrag der Fokuspartikeln, die propositionsbezogen sind und mit dem Fokus im Satz interagieren, hängt vom Kontext, der Intonation und der Wortstellung ab und wird mit den zentralen Begriffen Fokus, Skopus (sfera dejstvija) und Implikatur beschrieben (Boguslavskij 1996, 306), z. B.: Nad prošedšim daže bogi ne vlastny. ‚Über die Vergangenheit haben selbst die Götter keine Macht‘. Die Partikeln setzen die Präposition, wonach die Götter keine Macht über die Vergangenheit haben, mit der existenziellen Implikatur, dass es andere Instanzen gibt, die keine Macht über die Vergangenheit haben, und der skalaren Implikatur, dass man es aber gerade von den Göttern eher erwartet hätte, in Relation. Diese Skalierung der Implikaturen ist methodisch besonders interessant, erlaubt sie doch, wissenschaftlich zu erklären, warum ein alltagspraktisch falscher Satz wie *Ivan kupaetsja v more osen’ju i daže letom ‚Ivan badet im Meer im Herbst und sogar im Sommer‘ inakzeptabel ist (Boguslavkij 1996, 353). Neben den klassischen Grad-Partikeln erfüllen die Diskurswörter vključaja, ne isključaja, v tom čisle fokussierende Funktionen (V. Ju. Apresjan, NOSS 2003). Mit ihnen wird aus einer Reihe von Elementen aus einem bestimmten Grund eines herausgehoben, das den Erwartungen widerspricht, z. B.: On peressorilsja so vsemi druzjami,

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter vključaja i samyx blizkix. Die Reihe imenno, kak raz wurde im 2. Band des NOSS (2000, 153 ff.) von Levontina mit folgender Bedeutungserklärung versehen: ‘r, i govorjaščemu važno, čto r, a ne čto-to drugoe, čego v ravnoj ili bol’šej stepeni možno bylo ožidat’. Z. B.: Kak raz v ėtot moment zazvonil telefon. Zum Phrasem v čisle pročego s. Ju. D. Apresjan (2001, 39).

4.2. Signalisierung eines hohen Geltungsanspruchs In der Kommunikation besteht offenbar das Bedürfnis, den Geltungsanspruch von potentiell unwahrscheinlich erscheinenden Redebeiträgen zu betonen. In Baranov, Plungjan, Rachilina (1993) werden unter dem Oberbegriff „Idee der Realität“ folgende Diskurswörter beschrieben: dejstvitel’no, v samom dele, na samom dele, v dejstvitel’nosti, später sind konečno, razumeetsja, estestvenno hinzu gekommen (Kiseleva 1995; Kiseleva/Pajar 1998, 345⫺381). Die hier einzuordnenden Diskurswörter vereint die Idee der Wahrhaftigkeit oder Realität aus der Sicht vom Sprecher betreffend eine gegebene Situation, die ein Ereignis, eine Meinung oder eine Hypothese sein kann. Mit ihnen antwortet der Sprecher gleichsam auf eine Frage, ob nach seiner Meinung die angesprochene Situation in einer Bezugswelt stattfindet. Je nachdem, ob die Ausgangslage in der Bezugswelt zutrifft oder falsch ist, drücken die Diskurswörter eine Bestätigung oder Zurückweisung bzw. Widerlegung aus (Baranov/Plungjan/Rachilina 1993, 76). Girke (1986) hatte konečno mit den Kategorien „Informationswiederholung, Adversativität und Prädikativität“ beschrieben, Dobrušina (1993) beschreibt die Rolle dieser Diskurswörter im Zusammenhang mit der Verifikation im Dialog. Interessante Zusatzbedeutungen ermittelt Jakovleva (1994, 261 ff.), die unter dem Aspekt der expressiven Modifizierung von Behauptungen bukval’no und dejstvitel’no gegenüberstellt (vgl. dazu auch Iordanskaja, Mel’čuk 2002, 93), unter dem der Individualität bzw. Beachtung allgemeiner Klischees bukval’no und poistnie (Jakovleva 1994, 278 f.). Die synonyme Reihe ist bei V. Ju. Apresjan (NOSS 2000, 169) erweitert und umfasst die entsprechenden Bedeutungen von konečno, razumeetsja, estestvenno, bezuslovno, nesomnenno, bessporno, für die folgende allgemeine Bedeutungserklärung gegeben wird, die freilich nur in Bezug auf eine andersartige, im Dialog durch den Interaktionspartner geäußerte Meinung Sinn ergibt: ‚znaja ili buduči absoljutno uverennym, čto imeet ili budet imet’ mesto nekotoraja situacija r, govorjaščij svoim vyskazyvaniem isključaet vozmožnost’ nesuščestvovanija ili neosuščestvlenija r‘. Die Signalisierung eines hohen (bzw. geringen) Geltungsanspruches ist bei anderen Diskurswörtern mit der quantitativen Charakteristik als vollständig oder minimal gekoppelt. So signalisieren z. B. vovse und sovsem die „Idee der Vollständigkeit“ (Baranov/Plungjan/Rachilina 1993, 141 ff.). Mit der rein metakommunikativen Indikation der Formulierungsarbeit (3.1) schließlich geht bei den Diskurswörtern voobšče, v obščem, v celom, v principe die Signalisierung der „Idee der Verallgemeinerung“ einher (s. ebd., 105 ff.). Diese Diskurswörter vermitteln „die Idee der Umwertung eines gegebenen Elements, einer gegebenen Situation, die von der isolierten Betrachtung zur Betrachtung gemeinsam mit anderen irgendwie vergleichbaren Elementen umgewertet wird“ und sind nur in wenigen Kontexten substituierbar, signalisieren aber zugleich erhöhten Geltungsanspruch.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen In einer umfassenden Untersuchung der epistemischen Marker beschreibt Krause (2003) unter anderem, Lexeme mit der Semantik des hohen Geltungsanspruchs unter besonderer Berücksichtigung auch prosodischer Merkmale.

5. Emotionale und expressive Modifizierung Emotionale und/oder expressive Nuancierungen, z. B. Verwunderung, wird durch die adverbiale Wendung kak ni stranno signalisiert: On, kak ni stranno, opozdal. (vgl. die Bedeutungserklärung bei Jordanskaja, Mel’čuk 2002, 87, die dieses Diskurswort als „Evaluativum“ bezeichnen). Verdeckter wird diese emotionale Komponente mit den Partikeln razve und neuželi signalisiert. In Fragen bewirkt dies als kontextuelle Ableitung auch eine Veränderung der Illokution: aus der Frage wird durch die Verwunderung ein Vorwurf oder der Ausdruck von Bewunderung, z. B.: Neuželi éto ty sdelal? (mit Betonung auf dem ty). In Kiseleva, Pajar, Razlogova (1998, 293⫺309) werden die beiden Partikeln razve und neuželi besonders eingehend beschrieben und auch einander gegenüber gestellt, wobei für razve die treffende Paraphrase gotov sporit’, čto ne tak, für neuželi ⫺ „Foma neverujuščij“ ‚der ungläubige Thomas‘ angeführt ist. Das Modalwort bukval’no ‚buchstäblich‘ (s. 3.2), das in neutralen Kontexten nicht verwendet werden kann, bringt zusätzliche emotionale und expressive Bedeutungen ins Spiel, vgl. bukval’no s’est’ glazami (aber nicht *bukval’no s’est’ s pomošč’ju vilki i noža, Jakovleva 1994, 263). Mit avos’ charakterisiert der Sprecher die Präposition als unrealistische oder unbegründete Hoffnung, die sich erfüllen oder nicht erfüllen kann z. B.: Golova bolit. Vyšla na vozdux ⫺ avos’ projdet! (Kiseleva, Pajar, Razlogova 1998, 321). Bei Šmelev (2002, 134⫺136) wird dieser Partikeln im Hinblick auf das sprachlich geprägte russische Weltbild als Signal für eine charakteristische Lebenseinstellung behandelt. Mit nebos’ erfolgt die Charakteristik von Präpositionen als dem Sprecher vertraute Situation, außerdem wird (intime oder anmaßende) Vertraulichkeit signalisiert (Šmelev 2002, 142⫺144).

6. Resümee Partikeln und Diskurswörter schaffen über die Einzeläußerung hinausgehende Zusammenhänge auf der Textebene und drücken gleichzeitig eine Einstellung des Sprechers zum Gesagten aus, wodurch dieses modifiziert wird. Die Polyfunktionalität der einzelnen Diskurswörter macht einerseits ihren großen Reiz für die Kommunikation aus, andererseits erschwert sie ihre Beschreibung ⫺ vgl. z. B. die 20 verschiedenen Funktionen von nu (3.3) oder die Überlagerung metakommunikativer und emotionaler Bedeutungen bei bukval’no (3.2, 5). Je nach Situationstyp, Kontext und prosodischen Merkmalen entfalten die einzelnen Diskurswörter zum Teil durchaus heterogene Bedeutungen (vgl. vier Bedeutungen für v samom dele bei Iordanskaja, Mel’čuk 2002, 93 ff.), die nur schwer unter eine Gesamtbedeutung subsumiert und nicht leicht von den Umgebungsfaktoren isoliert werden können. Im vorliegenden Beitrag musste vieles ausgespart bleiben, z. B. die Minimalisierung, ausgedrückt durch prjamo und prosto (Baranov, Plungjan, Rachilina 1993, 160 ff.; Zur Funktion von bukval’no, prjamo und

65. Die Semantik der Partikeln und der so genannten Diskurswörter prosto als Hyperbolisatoren in der Umgangssprache s. Krysin 1988, 109), in bestimmten Kontexten auch tol’ko, liš’, vsego, vsego liš’, vsego-navsego (Kiseleva/Pajar 1998), sowie edva, ele, s trudom, čut’ nemnogo, počti. Der Großteil der hier beschriebenen Bedeutungen ist metakommunikativer Art (Formulierungs- und Reformulierungsindikation, Signalisierung der Unvollkommenheit der Formulierung, Textgliederung, Rückmeldungen oder Antworten). Wesentlich knapper wurden auch rationale und emotionale Modifikationen beschrieben. Untereinander gehen die verschiedenen Diskurswörter vielfältige Beziehungen der Synonymie und Bedeutungsüberschneidung ein, die nicht Ausnahme sondern die Regel sind, was abschließend an einem Beispiel (aus Kiseleva/ Pajar/Razlogova 1994, 76) illustriert werden soll: A. Poezd, konečno, opozdal? B. Net, kak ni stranno, prišel vovremja. Die hier in Parenthese gestellten Diskurswörter können ohne Veränderung hinsichtlich des Wahrheitswertes auf der Inhaltsebene, weggelassen werden: ⫺ Poezd opozdal? ⫺ Net, prišel vovremja. In beiden Mikrodialogen erfahren wir, dass der Zug pünktlich angekommen ist. Im verkürzten Dialog fehlt aber die Signalisierung der Einstellung von A., dass er/sie die Verspätung für in hohem Maße wahrscheinlich hält, sodass die Frage fast überflüssig ist, und die Signalisierung der Verwunderung darüber, dass der Zug keine Verspätung gehabt hat, durch den Gesprächspartner B., der damit zugleich die Gemeinsamkeit seiner Erwartungshaltung und der des Partners signalisiert. Kohärenter Diskurs wird durch die Integration solcher nicht expliziter Voraussetzungen, die sowohl den Inhalt als auch die beteiligten Personen betreffen, geschaffen. Zu eben dieser Integration leisten die hier betrachteten lexikalischen Einheiten einen wichtigen Beitrag. Der Eliminierungstest des zitierten Beispiels zeigt auch, dass Diskurswörter ein Bestandteil insbesondere der Alltagssprache sind, denn die Anfrage bei der Zugauskunft würde ohne Diskurswörter gestellt werden. Und in der Tat wurden diese „kleinen“ Wörter vor allem im Zusammenhang mit der Erforschung der gesprochenen Sprache entdeckt, wo sie eine höhere Frequenz haben. Die Homonymie zu Autosemantika sowie die Polysemie der einzelnen lexikalischen Einheiten und die Abhängigkeit von prosodischen und syntaktischen Faktoren erschweren ihre Beschreibung allerdings erheblich, sodass die Frage nach der Semantik der Partikeln und Diskurswörter trotz aller neuen Ansätze und verfeinerten Beschreibungsmethoden nach wie vor nicht erschöpfend beantwortet ist.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Sirotinina, O. B. (2003): „Tipy rečevych kul’tur v professional’noj dejstel’nosti čeloveka“. // Jazyk i vlast’. Mežvuzovskij sbornik naučnych trudov. Saratov. 3⫺12. Svetozarova , N. D. et al. (1988): Fonetika spontannoj reči. Leningrad. Šmelev Aleksej D. (2002): Russkaja jazykovaja model’ mira. Materialy k slovarju. Moskva. Vinogradov, V. V. (1986): Russkij jazyk. Grammatičeskoe učenie o slove. (1. Aufl. 1947). Moskva. Weber, Petra (1997): Kommentierung und Ankündigung von Sprechhandlungen. Metakommunikative Strukturen im russischen dramatischen Text (= Specimina Philologiae Slavicae Bd. 113). München. Weydt, Harald (1981): Partikeln und Deutschunterricht. Heidelberg. Wierzbicka, Anna (1991): Cross-Cultural Pragmatics. Berlin/New York. Zemskaja, E. A. (1979): Russkaja razgovornaja reč’. Lingvističeskij analiz i problemy obučenija. Moskva. Ževako, G. A. (1968): 2380 naibolee upotrebitel’nych slov russkoj razgovornoj reči. Moskva. Zybatow, Lew (1990): Was die Partikeln bedeuten. Eine kontrastive Analyse Russisch⫺Deutsch (= Münchner Slavistische Beiträge 254). München.

Renate Rathmayr, Wien, (Österreich)

66. Die Semantik der logischen Wörter Abstract Logical words (LW) constitute the linguistic manifestation of functors or operators in logical mathematics, and in predicate logic in particular. The category of logical words contains functors, i. e., propositional conjunctions, quantifiers and the operator of negation. There are theories which also include modal operators, reference operators and determiner operators functioning as LW. From the perspective of logic, the content of LW refers to the true-false specification of an utterance; from the linguistic perspective, however, these are syncretic signs: their semantic structure encapsulates features of other linguistic categories as well, i. e. the pragmatic one. In Slavonic languages, LW differ according to the scope of reference and the morphological, lexical-semantic, syntactic and pragmatic subcategorisation.

Die Kategorie der „logischen Wörter“ (LW) als Beschreibungsobjekt der intensionalen Semantik sowie der logischen Grammatik stellt das charakteristische Beispiel einer diffusen Menge dar: die Grenzen und der Bestand dieser Kategorie sind nicht streng bestimmt. Gewöhnlich werden unter „logischen Wörtern“ die Ausdrücke der natürlichen Sprache verstanden, die nach ihrem Inhalt den Funktoren (den Operatoren) der mathematischen Logik (der Prädikatenlogik) entsprechen. Als logische Wörter werden vor allem aufgefasst: junktive Operatoren (propositionale Kopulas), Quantoren und Negationsoperatoren (Negatoren). Dieser Kategorie gehören darüber hinaus modale,

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Sirotinina, O. B. (2003): „Tipy rečevych kul’tur v professional’noj dejstel’nosti čeloveka“. // Jazyk i vlast’. Mežvuzovskij sbornik naučnych trudov. Saratov. 3⫺12. Svetozarova , N. D. et al. (1988): Fonetika spontannoj reči. Leningrad. Šmelev Aleksej D. (2002): Russkaja jazykovaja model’ mira. Materialy k slovarju. Moskva. Vinogradov, V. V. (1986): Russkij jazyk. Grammatičeskoe učenie o slove. (1. Aufl. 1947). Moskva. Weber, Petra (1997): Kommentierung und Ankündigung von Sprechhandlungen. Metakommunikative Strukturen im russischen dramatischen Text (= Specimina Philologiae Slavicae Bd. 113). München. Weydt, Harald (1981): Partikeln und Deutschunterricht. Heidelberg. Wierzbicka, Anna (1991): Cross-Cultural Pragmatics. Berlin/New York. Zemskaja, E. A. (1979): Russkaja razgovornaja reč’. Lingvističeskij analiz i problemy obučenija. Moskva. Ževako, G. A. (1968): 2380 naibolee upotrebitel’nych slov russkoj razgovornoj reči. Moskva. Zybatow, Lew (1990): Was die Partikeln bedeuten. Eine kontrastive Analyse Russisch⫺Deutsch (= Münchner Slavistische Beiträge 254). München.

Renate Rathmayr, Wien, (Österreich)

66. Die Semantik der logischen Wörter Abstract Logical words (LW) constitute the linguistic manifestation of functors or operators in logical mathematics, and in predicate logic in particular. The category of logical words contains functors, i. e., propositional conjunctions, quantifiers and the operator of negation. There are theories which also include modal operators, reference operators and determiner operators functioning as LW. From the perspective of logic, the content of LW refers to the true-false specification of an utterance; from the linguistic perspective, however, these are syncretic signs: their semantic structure encapsulates features of other linguistic categories as well, i. e. the pragmatic one. In Slavonic languages, LW differ according to the scope of reference and the morphological, lexical-semantic, syntactic and pragmatic subcategorisation.

Die Kategorie der „logischen Wörter“ (LW) als Beschreibungsobjekt der intensionalen Semantik sowie der logischen Grammatik stellt das charakteristische Beispiel einer diffusen Menge dar: die Grenzen und der Bestand dieser Kategorie sind nicht streng bestimmt. Gewöhnlich werden unter „logischen Wörtern“ die Ausdrücke der natürlichen Sprache verstanden, die nach ihrem Inhalt den Funktoren (den Operatoren) der mathematischen Logik (der Prädikatenlogik) entsprechen. Als logische Wörter werden vor allem aufgefasst: junktive Operatoren (propositionale Kopulas), Quantoren und Negationsoperatoren (Negatoren). Dieser Kategorie gehören darüber hinaus modale,

66. Die Semantik der logischen Wörter und zwar deontische, aletische, epistemische, normative, axsiologische und metasprachliche Operatoren sowie referentielle und determinative Operatoren an. Die Kategorie „logisches Wort“ wird mit anderen semantischen Kategorien verbunden: mit den synsemantischen Wörtern in der traditionellen Grammatik, mit den sog. funktionalen Wörtern in der funktionalen Grammatik; mit den „nicht eigenen Mitteln der Erweiterung der Grundketten“ („nesobstvennye sredstva rasširenija jadernych cepoček“) in der Theorie des universellen semantischen Kodes ((USK) V. V. Martynova). Im Unterschied zu den Prädikaten und den Argumenten besitzen logische Wörter keine nominative Funktion, sondern sie lassen sich bei der logisch-semantischen Modellierung der Aussage als Prädikate der zweiten Stufe darstellen. Die Idee solcher Beschreibung wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den Vertretern der Lwow-Warschauer-Schule („Szkoła Lwowsko-Warszawska“) der analytischen Philosophie, besonders von К. Ajdukiewicz in seinem Aufsatz „O spójności syntaktycznej“ (1935) vertreten. Vgl. die semantische Darstellung der Konjunktionen (das Beispiel von. F. von Kutschera): Eva ist jung und schön = ‘UND (JUNG (Eva), SCHÖN (Eva))’ UND

JUNG Eva SCHÖN Eva Je nach dem Inhalt der o. g. Prädikate werden in der Struktur jeder logischen WortSubkategorie einige (manchmal mehr als zehn) semantische Klassen ausgesondert. Die Einheit der logischen Wort-Kategorie wird teilweise durch Isomorphismus der abgesonderten Subkategorien bewiesen, vgl.: [Konjunktion ⫺ absolute Quantifikation ⫺ Notwendigkeit] [Disjunktion ⫺ relative Quantifikation ⫺ Möglichkeit] Dieser Isomorphismus zeigt sich auch bei der Möglichkeit, die Bedeutungen einer Subkategorie mithilfe anderer Subkategorien darzustellen, z. B.: russ. Vse moi druz’ja talantlivy [absolute Quantifikation] 5 Neobchodimo, čto esli X javljaetsja moim drugom, to X talantliv [aletische Notwendigkeit] 5 Peter talantliv, Jarmila talantliva, Staszek talantliv i Vjara talantliva [Konjunktion]. Die Beziehungen zwischen den logischen Wörtern und den Wörtern der natürlichen Sprache sind nicht eineindeutig, was ausschließt, das logische Kriterium bei der Klassifikation der Wortarten zu benutzen. Gewöhnlich sind die logischen Wort-Subkategorien als ein funktionales Feld strukturiert: ihr Kern wird von einer bestimmten synse-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen mantischen Wortart (russisch „služebnye časti reči“) gebildet; Junktoren werden als Konjunktionen, Quantoren als Pronomen, Negatoren als Partikeln, die modalen Operatoren als Modalwörter, die referentiellen und determinativen Operatoren als Pronomen und Artikel realisiert. An der Peripherie der Subkategorie befinden sich die Wörter, die den verschiedenen (einschließlich autosemantischen) Wortarten angehören. So werden für den Ausdruck der Quantifikation nicht nur allgemeine, unbestimmte und negative Pronomen, sondern auch die Substantive, die Verben, die Adjektive, die Adverbien sowie die syntaktischen Mittel wie z. B. die Wortfolge oder die Intonation verwendet. Die Logik berücksichtigt hauptsächlich den extensionalen Aspekt von logischen Wörtern, der sich auf die Kategorie der Wahrheit bezieht. In Bezug auf die Konjunktionen bedeutet das, dass es eine Liste (oder eine Matrix) der möglichen, von Junktor bestimmten Welten gibt, in Bezug auf die die einfachen Sätze wahr oder falsch sind. Aber aus linguistischer Sicht ist der andere, intensionale Aspekt von logischen Wörtern, und zwar ihr Inhalt als Prädikate der zweiten Stufe sowie ihr Zusammenwirken mit dem semantischen Kontext der Aussage, d. h. die sog. selektiven semantischen Merkmale, viel interessanter und wichtiger. So hängt der Unterschied zwischen russischen Quantorenwörtern každyj und vse von der Semantik der Kollektivität/Distributivität der Ausgangsmenge, der Unterschied zwischen den Quantoren každyj und ljuboj von der Semantik der Realität/Potentialität der Aktion, der Unterschied zwischen den Quantoren každyj und vsjakij von der Semantik der Einschätzung usw. ab. Darüber hinaus enthalten die sprachlichen logischen Wort-Formen ein ziemlich breites Spektrum von konnotativen, expressiven und pragmatischen Merkmalen. Stellen in der Logik die logischen Wörter bestimmte Zeichen eindeutig dar, so sind sie in der natürlichen Sprache dynamisch: einerseits sind die logischen Wörter manchmal in die Semantik der Prädikate und der Argumente inkorporiert, und andererseits nehmen sie aktiv an den Prozessen der semantischen Derivation teil (z. B. die Formen der absoluten negativen Quantifikation fungieren in der Umgangssprache als Ausdrucksmittel der Entschiedenheit). In der letzten Zeit wurden die logischen Wörter Objekt der funktionalen Semantik und sind in Hinsicht auf ihre semantische Ambisemie („minimal specification view“ nach R. Dirven) und ihr Zusammenwirken mit dem semantischen Kontext immer attraktiver. Die Unterschiede der logischen Wort-Kategorien in den slavischen Sprachen betreffen: 1) ihren Umfang (z. B. den Gesamtbetrag der Konjunktionen im Polnischen ist größer als im Russischen); 2) ihre grammatischen Merkmale (z. B. die Pluralformen der unbestimmten Pronomen stellen eine Besonderheit des Bulgarischen und Mazedonischen dar, vgl.: bulgarisch Ostavjam neščtata da sledvat svoja chod); 3) den Grad der Lexikalisierung und Grammatikalisierung einiger semantischer Oppositionen (z. B. besteht die Besonderheit des Tschechischen und Slowakischen darin, dass es in ihrem grammatischen System die lexikalischen Quantoren mit der zusätzlichen Semantik der Indifferenz gibt, vgl. slowakisch ledakto, hocikto, všelokto, bárkto/bárskto, ktokol'vek, kadekto/kdekto, die unbestimmten Pronomen ohne diese Merkmale entgegengesetzt werden: niekto, dakto, vol'akto, ktosi, bohviekto, ktoviekto); 4) die innere syntaktische, semantische und pragmatische Subkategorisierung.

66. Die Semantik der logischen Wörter

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Literatur (in Auswahl) Cresswell, Max J. (1979): Die Sprachen der Logik und die Logik der Sprache. Berlin/New York. Döhmann, Karl (1974): „Die sprachliche Darstellung logischer Funktionen“. // Menne Albert/ Frey, Gerhard (Hrsg.). Logik und Sprache. München. S. 28⫺56. Döhmann, Karl (1974): „Die sprachliche Darstellung der Modalfunktoren“. // Menne Albert/Frey, Gerhard (Hrsg.). Logik und Sprache. München. S. 57⫺91. Gladrow, Wolfgang (1979): Die Determination des Substantivs im Russischen und Deutschen. Leipzig. Hajičová, Eva (1975): Negace a presupozice ve významové stavbě věty. Praha. Karolak, Stanisław (1990): Kwantyfikacja a determinacja w językach naturalnych. Warszawa. Kiklewicz, Aleksandr (1998): Jazyk i logika. Lingvističeskie problemy kvantifikacii. München. Koseska-Toševa, Violetta/Gargov, Georgi (1990): Bălgarsko-polska săpostavitelna grammatika. T. 2. Semantičnata kategorija opredelenost/neopredelenost. Sofija. Kosta, Peter (1999): „Quantoren und Satznegation im Slavischen aus typologisch-vergleichender Sicht“. // Hansack, Ernst/Koschmal, Walter/Nübler, Norbert/Večerka, Raroslav (Hrsg.). Festschrift für Klaus Trost zum 65. Geburtstag. München. S. 171⫺187. von Kutschera, Franz (1971) (1975): Sprachphilosophie. München. Ljapon, M. V. (1986): Smyslovaja struktura složnogo predloženija i tekst. K tipologii vnutritekstovyx otnošenij. Moskva. Maldžieva, Vjara (1989): Gramatyczne sposoby wyrażania znaczenia „możliwość“ w języku polskim i bułgarskim. Wrocław etc. Nikolaeva, T. M. (1985): Funkcii častic v vyskazyvanii (na materiale slavjanskix jazykov). Moskva. Nicolova, Ruselina (1986): Bălgarskite mestoimenija. Sofija. Nozsicska, Alfred (1988): Die Grammatik der Negation. Am Beispiel des Deutschen und Russischen. Wien. Padučeva, E. V. (1985): Vyskazyvanie i ego sootnesennost’ s dejstvitel’nost’ju (Referencial’nye aspekty semantiki mestoimenij). Moskva. Sekulić, Vladimir (1973): Negacja u engelskom i srpskohrvatskom jeziku. Cetinje. Sgall, Petr a kol. (1986): Úvod do syntaxe a sémantiky. Praha. Stanosz, Barbara/Nowaczyk, Adam (1976): Logiczne podstawy języka. Wrocław [etc.]. Zel’dovič, G. M. (1998): Russkie vremennye kvantifikatory. Wien.

Aleksander Kiklewicz, Olsztyn (Polen)

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

67. Typen semantischer Relationen 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Geltungsbereich Assoziationstypen Inhaltsrelationen Polysemie-Relationen Wortbildungsrelationen Literatur (in Auswahl)

Abstract Semantic relations are understood as classes of relations between meanings of words. They exist at different levels: 1. between meanings of different words (interlexical relations), and 2. between meanings of the same word (intralexical relations). Semantic relations are based on some foundational types of associations: similarity, contiguity, contrast, and categorical connection. At the level of interlexical relations they are reflected as synonymy, meronymy, antonymy and conversion as well as hyponymy and cohyponymy respectively. At the level of intralexical relations they give rise to metaphor, metonymy, enantiosemy and taxonomic relations.

1. Geltungsbereich Semantische Relationen werden hier als Klassen von möglichen Beziehungen zwischen Wortbedeutungen verstanden, die auf einigen grundlegenden Assoziationen beruhen. Beziehungen zwischen Bedeutungen bestehen in drei Bereichen: 1. Zwischen Bedeutungen unterschiedlicher Wörter eines Wortfeldes oder Frames (interlexikalische Relationen, Inhaltsrelationen), 2. zwischen Bedeutungen desselben Wortes (intralexikalische Relationen, Polysemie-Relationen), 3. zwischen Bedeutungen von Wörtern, deren eines durch Wortbildung von dem anderen abgeleitet wurde (Wortbildungsrelationen). (Syntagmatische Relationen werden hier nicht betrachtet; einen Überblick hierzu gibt z. B. Apresjan 1995, 44 ff.) Mit diesem integrierten Ansatz ist es möglich, konzeptuelle Regularitäten mit breiter Geltung aufzudecken, die in verschiedenen sprachlichen Bereichen zum Tragen kommen. In der Slavistik wird im Rahmen dieser breiteren Sichtweise in jüngerer Zeit auf die Parallelen zwischen interlexikalischen Relationen und Wortbildungsprozessen hingewiesen (s. Apresjan 1995, 175 ff., dort auch weitere russische Literatur, sowie Lehmann 1999). Apresjan (1995, 187) spricht von einer inneren Nähe der Wortbildung zur lexikalischen Polysemie, die daher auch als semantische Derivation bezeichnet werde. Lehmann (1999) entwickelt mit den Funktionalen Operationen (FO) ein Instrumentarium, das sowohl zur Analyse von Polysemie- als auch von Wortbildungs-Relationen geeignet ist und mit dessen Hilfe die substanziellen Analogien zwischen beiden sichtbar werden. Im Rahmen des vorliegenden Artikels wird der Bereich der Wortbildungsrelationen nur gestreift, um seine Zugehörigkeit zum

67. Typen semantischer Relationen behandelten Gebiet deutlich zu machen, der Schwerpunkt liegt jedoch auf den interund intralexiklischen Relationen. Die Behandlung des Verhältnisses zwischen den letzten beiden ist in der slavistischen (wie auch in der allgemein linguistischen) Literatur uneinheitlich. In der jüngeren Literatur werden unter dem Begriff „semantische Relation“ oder auch „paradigmatische Relation“ (russ. „semantičeskoe otnošenie“, „semantičeskaja (kor)reljacija“, „paradigmatičeskoe otnošenie“) analog zu Verwendungen vieler nichtslavistischer Autoren nur interlexikalische Relationen verstanden (so z. B. Kobozova 2000, 97 ff.; Krongauz 2001, 168 ff.). Anders Novikov (1982, 187 ff.), der unter „lexikalisch-semantische Kategorien“ sowohl interlexikalische Relationen als auch Polysemie (mit den Untertypen Metonymie und Metapher) subsummiert, ebenso fassen Markowski (1992) und Dubisz (2002) für das Polnische Polysemie mit Antonymie, Synonymie und Hyperonymie unter „Relacje semantyczne“. Außerhalb der Slavistik fasst z. B. Saeed (1997) diese analog mit dem Begriff „lexical relations“ zusammen. Auch auf Analogien zwischen interlexikalischen- und Wortbildungsrelationen wird in der slavistischen Forschung hingewiesen, etwa bei Kobozeva, die die Beschränkung der semantischen Relationen auf die paradigmatischen kritisiert. Diese Beschränkung, die aus dem strukturalistischen Testverfahren der Substituierbarkeit resultiert, verstelle den Blick auf weitere Arten systematischer semantischer Beziehungen (Kobozeva 2000, 105 f.). Krongauz (2001, 182) nennt „derivationale Beziehungen“ als einen gesonderten Untertyp der paradigmatischen Relationen. Ansätze zur systematischen Zusammenfassung aller drei Bereiche bestehen bisher v. a. in der romanistischen Literatur, s. Gévaudan (1999); Koch (2005).

2. Assoziationstypen Die semantischen Relationen (in der eingangs zugrunde gelegten breiten Verwendung des Begriffs) basieren auf einigen fundamentalen, sprachunabhängigen Assoziationstypen. Als zentral sind die seit Aristoteles bekannten und besonders seit Beginn des 20. Jhs. in Psychologie und Sprachpsychologie breit diskutierten Assoziationen der Similarität (Gleichheit), Kontiguität (Berührung) und des Kontrastes anzusehen. Ihre konzeptuelle Relevanz lässt sich durch psychologische Forschungen untermauern (einen Überblick über die für die Linguistik relevante Forschung gibt Blank 1997, 131 ff.). Vorzugsweise wird zum einen Gleiches, zum anderen sich Berührendes als zusammengehörig wahrgenommen und kognitiv gruppiert. Kontraste spielen einerseits eine Rolle, da sie Gleiches erst wahrnehmbar machen, andererseits stellen sie selber ein starkes assoziatives Moment dar, wie in Assoziationstests nachgewiesen werden konnte. Zusätzlich zu diesen drei klassischen Typen soll hier mit der Kategorie- (oder auch taxonomischen) Assoziation ein vierter Assoziationstyp zugrunde gelegt werden (so auch Koch 2005): Die Forschungen der letzten Jahrzehnte sowohl im Bereich der Psychologie bzw. Psycholinguistik als auch im Bereich der Semantik haben gezeigt, dass der Kategorienstruktur und den Beziehungen zwischen den Elementen eine zentrale explanatorische Stellung in Bezug auf das menschliche Denken zukommt. Die vier genannten Assoziationstypen lassen sich nun auf jede der drei Ebenen der semantischen Relationen beziehen.

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3. Interlexikalische Relationen Interlexikalische Relationen treten zwischen Bedeutungen unterschiedlicher Formen, d. h. zwischen Lexemen auf (wobei als Lexem eine Form mit einer Bedeutung verstanden wird, s. Mel’čuk 1988). Assoziationstests zeigen, dass interlexikalische Relationen weit mehr als ein linguistisches Konstrukt sind, sondern vielmehr einen kognitiv relevanten Status haben. In den slavischen Sprachen wird in Assoziationstests allerdings ⫺ anders als in englischen oder deutschen Assoziationstests ⫺ bevorzugt syntagmatisch assoziiert (auf das russische Stimuluswort temnyj ist die häufigste Assoziation les, im englischen Assoziationstest wird auf dark am häufigsten light genannt, vgl. Anstatt 2008). Unter den paradigmatischen Assoziationen kommt die Kontrastassoziation am häufigsten zum Tragen (belyj ⫺ černyj ‚weiß ⫺ schwarz‘, mat’ ⫺ otec ‚Mutter ⫺ Vater‘) (s. Anstatt 2008; Raible 1981). Assoziationen nach Kontiguität (golova ⫺ šapka ‚Kopf ⫺ Mütze‘), Similarität (rebenok ⫺ ditja ‚Kind‘) und Kategorie (gorod ⫺ Moskva ‚Stadt ⫺ Moskau‘) treten etwa gleich häufig auf (vgl. die russischen Assoziations-Wörterbücher von Leont’ev 1977 und Karaulov et al. 1994 ff., zum Polnischen Kurcz 1967, zu weiteren slavischen Sprachen s. die Angaben bei Keipert 1996). Die in der slavistischen Literatur verbreiteten Klassifikationen von interlexikalischen Assoziationen gehen im Wesentlichen auf die von Lyons (1977) erstellte Typisierung zurück (vgl. zum Russischen Kobozeva 2000, 95 ff.; Krongauz 2001, 168 ff.; sehr ausführlich Novikov 1982, 187 ff.; zum Polnischen Tokarski 1978; Żmigrodski 2002). Eine eigene Konzeption wurde im Rahmen der Moskauer Semantischen Schule erarbeitet (s. v. a. Apresjan 1995). Im Model’ Symsl 5 Tekst (Mel’čuk 1974) werden die interlexikalischen Assoziationen durch sog. lexikalische Funktionen abgebildet (einen Überblick über diese gibt Kobozeva 2000).

3.1. Similarität: Synonymie Die auf Similarität der Denotate basierende interlexikalische Assoziation wird als Synonymie bezeichnet: Unter Synonymie wird die vollständige oder teilweise Übereinstimmung der Funktionen zweier unterschiedlichen Formen verstanden. Zu beachten ist, dass es dabei nur um jeweils eine lexikalische Bedeutung der beiden Formen geht. Vollständige Synonymie ist selten, sie tritt auf, wenn zwischen den beiden Bedeutungen auf keiner Ebene ein Unterschied besteht (mögliche Kandidaten: gljadet’ ⫺ smotret’ ‚schauen‘, eine Liste findet sich bei Apresjan 1995, 224 ff.). Häufiger ist stilistische Synonymie, bei der Unterschiede im nicht-denotativen Bereich auftreten (vgl. oči [poetisch] ⫺ glaza [stilistisch neutral] ⫺ gljadelki [umgangssprachlich] ‚Augen‘). Als Quasisynonyme werden Lexeme bezeichnet, die geringe Unterschiede in der denotativen Bedeutung aufweisen. Synonyme müssen derselben Wortart angehören (čitat’ ‚lesen‘ und čtenie ‚das Lesen‘ sind keine Synonyme) (s. z. B. Krongauz 2001, 169; anders dagegen Kobozeva 2000, 100, die hier von syntaktischer Synonymie spricht) und eine identische Rollenstruktur aufweisen (stroit’ ‚bauen‘ und stroit’sja ‚gebaut werden‘ sind keine Synonyme) (Apresjan 1995, 221). Traditionell wird zur Ermittlung von Synonymen der Austauschbarkeitstest verwendet: Kann ein Wort durch ein anderes ersetzt werden, ohne dass sich die Bedeutung des Satzes ändert, liegt Synonymie vor. Apresjan arbeitet

67. Typen semantischer Relationen dagegen mit dem Vergleich der Explikation (der exakten Bedeutungsbeschreibung): Stimmen die Explikationen der zwei Lexeme vollständig überein, liegen exakte Synonyme (točnye sinonimy) vor, weisen sie einen großen gemeinsamen Bestandteil auf, handelt es sich um Quasisynonyme (1995, 218). Im Rahmen der Synonymie-Wörterbücher (Apresjan u. a. 1997 ff.) wird diese Konzeption systematisch auf den Wortschatz des Russischen angewendet. Apresjan (1995) analysiert Synonyme weiter nach Arten der Verbindbarkeit und kommt durch Kreuzung mit Untertypen nach Grad des Zusammenfalls der Bedeutung (voller Zusammenfall, Inklusion, Überkreuzung) zu einem Set elementarer Synonymie-Typen. Zur textuellen Funktion russischer Synonyme s. Schuster (1995).

3.2. Kontiguität: Meronymie Auf Kontiguität, d. h. räumlicher, zeitlicher oder kausaler Beziehung, beruhen diverse Assoziationen zwischen Bedeutungen verschiedener Wörter, vgl. z. B. golova ⫺ nos ‚Kopf ⫺ Nase‘, bumaga ⫺ černila ‚Papier ⫺ Tinte‘, golos ⫺ zvuk ‚Stimme ⫺ Ton‘ (Beispiele nach Leont’ev 1977). Im Rahmen der interlexikalischen Relationen ist jedoch lediglich für Teil-Ganzes-Beziehungen ein eigener Terminus eingebürgert: sie werden als Meronyme bezeichnet. Als diagnostischer Kontext gilt X ⫺ čast’ Y (nos ⫺ čast’ lica) (Krongauz 2001, 181). Weitere Untertypen der Meronymie sind die Relationen zwischen einer Masse und ihrer Portion (voda ⫺ kaplja vody) sowie Sammelbegriffen und Einzelbestandteilen (flot ⫺ korabl’) (Kobozeva 2000, 104).

3.3. Kontrast: Antonymie, Konversion Die Kontrastassoziation ist Grundlage für eine Reihe unterschiedlicher interlexikalischer Relationen. Als Antonyme werden Bedeutungen von Wörtern derselben Wortart bezeichnet, die eine entgegengesetzte Bedeutung haben. Dabei werden verschiedene Arten von Antonymien unterschieden: (1) Komplementäre Antonymie: ‚X‘ ⫺ ‚nicht X‘ (wobei X eine pro Antonympaar spezifische Variable ist) (živoj ‚lebendig‘ ⫺ mertvyj ‚tot‘). (2) Konträre Antonymie: ‚mehr X‘ ⫺ ‚weniger X‘ (vysokij ‚hoch‘ ⫺ nizkij ‚niedrig‘). (3) Die vektorielle Antonymie tritt bei einander entgegengesetzten Handlungen auf (podnjat’sja ‚hinaufgehen‘ ⫺ spustit’sja ‚hinuntergehen‘; bei Apresjan (1995, 288 ff.) in zwei Untertypen aufgegliedert: in den Typ načinat’ ⫺ perestavat’ ‚anfangen ⫺ aufhören‘ sowie den Typ „Handlung ⫺ Annullierung des Handlungsresultats“). Ausführlicher zur Antonymie s. Novikov (1973); Apresjan (1995, 284 ff.); Patzke (2000); Markowski (1992). Die Konversion stellt einen Grenzfall der Kontrastrelation dar (s. Patzke 2000). Bei ihr bestehen die Explikationen der betroffenen Lexeme aus denselben Komponenten, jedoch weisen sie eine entgegengesetzte Argumentstruktur auf (kupit’ ‚kaufen‘ ⫺ prodat’ ‚verkaufen‘). Ausführliche Darstellungen und Listen der Untertypen finden sich bei Novikov (1982, 217 ff.) und Apresjan (1995, 256 ff.).

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3.4. Kategorie: Hyponymie, Kohyponymie Innerhalb von Kategorien gibt es Assoziationen (1) zwischen Über- und Untergeordnetem (Hyperonym und Hyponym), (2) zwischen gleichrangigen Mitgliedern einer Kategorie (Kohyponymen). In Bezug auf interlexikalische Relationen wird der erste Typ als Hyponymie (auch umständlicher als Hyponymie-/Hyperonymie-Beziehung) bezeichnet (derevo ‚Baum‘ ⫺ dub ‚Eiche‘), der zweite als Kohyponymie (auch Inkompatibilität) (dub ‚Eiche‘ ⫺ bereza ‚Birke‘) (Beispiele nach Karaulov et al. 1994 ff.). Die Relevanz von Relationen innerhalb von Kategorien ist in jüngerer Zeit insbesondere im Zusammenhang mit psycholinguistischen Arbeiten zur kognitiven Kategorienstruktur in den Vordergrund getreten (s. hierzu z. B. Frumkina 1991).

4. Intralexikalische Relationen Diejenigen Relationen, die hier als intralexikalische Relationen zusammengefasst werden, treten in weit mehr Bereichen auf als nur bei den zu polysemen Bedeutungen geronnenen Entwicklungen, auf die sich die folgende Darstellung beschränkt. Einerseits gehören zu ihnen spontane, nicht lexikalisierte Verwendungen von Wörtern (adhoc-Metaphern usw.), andererseits greifen sie eng mit Bedeutungswandelbeziehungen ineinander: Polysemie ist ein Resultat von Bedeutungswandel, umgekehrt führt Bedeutungswandel in der Regel zu einer Phase der Polysemie (wobei zu Bedeutungswandelbeziehungen noch einige weitere Phänomene gehören, s. Blank 1997; Koch 2005). Auch die abweichenden Verwendungen von Wörtern in der Kindersprache basieren im Wesentlichen auf denselben Prinzipien. Entscheidend ist, dass es hier um solche Relationen geht, die zwischen den Lexemen eines Wortes bestehen, d. h. sie sind sprachlich deutlicher manifest und klarer umgrenzt als die interlexikalischen Relationen. In ihnen spiegeln sich kognitive Modelle, d. h. die subjektiven Verbindungen, die die Sprecher einer Sprache zwischen Entitäten der außersprachlichen Realität herstellen (s. dazu z. B. jüngst Kustova 2004). Die hier beschriebenen Beziehungen gelten nicht nur für Inhaltswörter, die vorliegende Darstellung beschränkt sich jedoch auf diese.

4.1. Similarität: Metapher Similarität ist diejenige Assoziation, die der Metapher zugrunde liegt. Sprachlich assoziiert werden dabei zwei Entitäten, die verschiedenen Konzeptbereichen (auch Domänen) angehören. Dabei wird eine subjektiv wahrgenommene Similarität zwischen den betroffenen Entitäten hervorgehoben (profiliert) und eine Entität aufgrund dieser Similarität sprachlich von Kategorie A in Kategorie B verschoben; die zugrunde liegende Operation kann entsprechend als Rekategorisierung bezeichnet werden (Lehmann 1995, 1999). Angezeigt wird die metaphorische Verwendung durch den Kontext. Im Beispiel golova sem’i ‚Kopf der Familie, Oberhaupt‘ werden Eigenschaften eines Menschen gleichgesetzt mit Eigenschaften eines Körperteils, hier etwa aufgrund des Merkmals ‚steuernde Funktion‘, und der bezeichnete Mensch wird metaphorisch verschoben in den Bereich der steuernden Körperteile. Derartige metaphorische Beziehungen zwi-

67. Typen semantischer Relationen schen zwei Konzeptbereichen treten oft systematisch auf (strukturelle oder Konzeptmetaphern). Konzeptmetaphern und ihre Rolle für menschliche Denkstrukturen wurden in den 1980er Jahren besonders durch die Arbeiten der amerikanischen kognitiven Linguistik ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt, vgl. z. B. Lakoff/Johnson (1980), in jüngerer Zeit s. die Arbeiten in Barcelona (2003). So wird z. B. für den Konzeptbereich „Gefühle“ eine ganze Reihe von Metaphern aus dem Konzeptbereich „Flüssigkeiten“ verwendet (volna/more radosti ‚Welle/Meer der Freude‘, radost’ kipit ‚die Freude brodelt‘ usw., Skljarevskaja 2004; vgl. auch Petrova 1989). Bei der Bildung von Metaphern können einerseits Merkmale profiliert werden, die zur lexikalischen Bedeutung des metaphorisch verwendeten Ausdrucks gehören, die also denotativ sind (z. B. gehört das Merkmal ‚untere Extremität‘, auf dessen Basis die Metapher noga stola ‚Tischbein‘ gebildet ist, zur Bedeutung von noga), dies wird als „intrinsische Profilierung“ bezeichnet (Lehmann 1999). Bei der extrinsischen Profilierung, die für Metaphern typischer ist, geht es hingegen um Merkmale, die nicht zur denotativen Bedeutung gehören, sondern die lediglich konnotativ sind; dies betrifft z. B. oft die Verwendung von Tierbezeichnungen für Menschen, vgl. kozel ‚1. Ziegenbock; 2. dummer Mensch‘. Metaphern treten bei verschiedenen Wortarten auf und sind dann jeweils unterschiedlich zu analysieren: Bei Verb- und Adjektivmetaphern ist in der Regel eine Alternation in der Argumentstruktur entscheidend für die Metaphernbildung (Lehmann 1999; Rachilina 2000). Weitere Literatur s. Telija (1988); Arutjunova (1990); Krupa (1990); Moskvin (2006); Tokarski (1988); Dobrzyńska (1994); Świątek (1998); Wróblewski (1998).

4.2. Kontiguität: Metonymie Als Metonymie werden Beziehungen zwischen Bedeutungen desselben Wortes bezeichnet, die auf Berührungsassoziationen zwischen zwei Erscheinungen beruhen. Dabei wird wiederum eine Komponente eines Konzeptes profiliert und gleichzeitig die Unterordungsrelation zwischen den Merkmalen verändert (Lehmann 1999): In čitat’ Tol’stogo wird die Bedeutung von Tol’stoj von ‚Autor X des Werkes Y‘ zur kontigen Bedeutung ‚Werk Y, das vom Autor X geschrieben wurde‘ verschoben, bei grustnyj pejsaž ‚traurige Landschaft‘ findet eine Verschiebung des Adjektivs grustnyj von ‚traurige Gefühle empfindend‘ zu ‚traurige Gefühle hervorrufend‘ statt. Bei metonymischen Verschiebungen werden typischerweise die folgenden Erscheinungen in Beziehung gesetzt: 1. Teil und Ganzes (lico ‚1. Gesicht; 2. Person‘, gruša ‚1. Birnbaum; 2. Birne‘), 2. Ursache und Wirkung (ty ⫺ moja radost’ ‚du bist meine Freude‘), 3. Situation und Elemente der Situation, z. B. Zeit für Situation (vgl. problemy sovremennoj Rossii izza 1917 goda ‚die Probleme des heutigen Russlands wegen 1917‘), Ereignis und Teilnehmer (konferencija rešila, čto … ‚die Konferenz entschied, dass …‚), Situationsmerkmale und Situation (chrapet’ ‚1. schnarchen; 2. schlafen‘); 4. Produkt und Produzent/ Material (čitat’ Tol’stogo ‚Tol’stoj lesen‘, farfor ‚1. Porzellan; 2. Geschirr aus Porzellan‘), 5. Container und Inhalt (s”est’ tarelku ‚einen Teller aufessen‘ (s. Radden/Kövecses 1999; Anstatt 1996; etwas anders Bierich 1994). Metonymien lassen sich produktiven und unproduktiven metonymischen Modellen zuordnen (s. Birich 1994 mit einer Auflistung solcher Modelle für russische Substantive und Adjektive; Ginzburg 1985 zu russischen Verben). Sie weisen insgesamt einen systematischeren Charakter auf als

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Metaphern, und in der Forschung der jüngeren Zeit wird die im Vergleich zur Metaphorisierung noch bedeutendere Rolle der Metonymiebildung für die Organisation der Lexik betont (vgl. Birich 1994 sowie in der allgemeinen kognitiv-linguistischen Forschung die Arbeiten in Panther/Radden 1999; Barcelona 2000).

4.3. Kontrast: Enantiosemie Auch unter den interlexikalischen Relationen treten solche auf, die auf Kontrast beruhen (vgl. Novikov 1973, 181 ff.; Lutzeier 1997; Wiemer 2008), wenngleich sie eine eher marginale Erscheinung darstellen. Ein klassisches Beispiel für diese sog. Enantiosemie (russ. auch vnutrislovnaja antonimija, dt. Gegensinn) ist das lateinische Adjektiv altus ‚1. hoch; 2. tief‘. Mit einer gewissen Systematizität tritt dieses Phänomen bei Lexemen auf, die sich auf eine Skala beziehen, und zwar insbesondere dann, wenn es um den expressiven Bereich geht, vgl. russ. čuma ‚Pest‘, jugendsprachl. ‚1. Fiasko; 2. etwas Hervorragendes‘. Ein zweiter etwas häufiger auftretender Typus entspricht der Konverse, vgl. russ. odolžit’, poln. pożyczyć ‚1. etwas ausleihen; 2. etwas verleihen‘, analog russ. dolžnik ‚1. Schuldner; 2. Kreditgeber‘, poln. kupiec ‚1. Händler; 2. Kunde‘. Nur noch diachron erkennbare enantiosemische Entwicklungen sind gewisse zwischensprachliche Beispiele, vgl. russ. von’ ‚Gestank‘, poln. woń ‚Duft, Wohlgeruch‘; russ. zapomnit’ ‚sich merken‘, poln. zapomnieć ‚vergessen‘ (s. Bunčić 2004).

4.4. Kategorie: Taxonomische Relation Polyseme Bedeutungen können durch Kategorie-Assoziationen miteinander verbunden sein, d. h. beide Denotate gehören derselben Kategorie an. Mit Lehmann (1999) kann die entscheidende Operation bei der Bildung polysemer taxonomischer Relationen als Modifikation bezeichnet werden: Durch Hinzufügen, Tilgen oder Austausch einer Komponente wird die Intension verändert, ohne dass der konzeptuelle Prototyp sich ändert. Unterschiede zwischen den zwei Bedeutungen bestehen also lediglich in der An- bzw. Abwesenheit eines einzigen Merkmals, z. B. vremja ‚1. Zeit; 2. passende Zeit‘; koška ‚1. Hauskatze; 2. Tier aus der Gruppe der Katzenartigen‘; svin’ja ‚1. Schwein; 2. Sau, weibliches Schwein‘; padat’ ‚1. fallen (von beliebigen Körpern); 2. fallen (von Niederschlägen)‘. Besonders produktiv ist die Verwendung von Prototypen zur Bezeichung der gesamten Kategorie, vgl. on ⫺ nastojašij Šekspir ‚er ist ein echter Shakespeare‘ (Shakespeare vertritt hier als besonders bedeutender Vertreter die Kategorie „berühmte Dichter“, s. Anstatt 1997). Die Behandlung dieser Relation in der Literatur und entsprechend die Terminologie sind uneinheitlich: In der traditionellen rhetorischen Literatur (z. B. Lausberg 1973) werden derartige Relationen unter ArtGattung-Beziehung behandelt und als Spielart der Teil-Ganzes-Beziehung mit dieser zur sog. Synekdoche zusammengefasst; in der klassischen Bedeutungswandelliteratur (z. B. Ullmann 1972) werden sie als Bedeutungsverengung bzw. -erweiterung bezeichnet. Gelegentlich werden sie auch unter die Metapher subsummiert (z. B. Krongauz 2001, 156). In jüngerer Zeit wird die taxonomische Relation jedoch zunehmend als eigener Typus behandelt und auf ihre Häufigkeit bei der Ableitung polysemer Bedeutungen hingewiesen (Anstatt 1996; Lehmann 1999; Koch 2005).

67. Typen semantischer Relationen

5. Wortbildungsrelationen Semantische Relationen bei Wortbildung sollen hier nur kursorisch dargestellt werden, um die Analogien deutlich werden zu lassen. Similarität tritt auf bei Fällen von Wortbildung, in denen bei Ableitung die lexikalische Bedeutung gleich bleibt, aber die Wortart geändert wird, z. B. čitat’ ‚lesen‘ ⫺ čtenie ‚das Lesen‘ (s. Lehmann 1999, dort als Rekategorisierung, bei Dokulil 1961 als Transposition). Ebenfalls auf Similarität basieren Fälle, bei denen gleichzeitig mit der Ableitung auch eine Metaphorisierung auftritt, z. B. vual’ ‚Schleier‘ ⫺ zavualirovat’ ‚verschleiern‘ (ausführlicher hierzu Selivanova 2000). Kontiguität ist die zugrunde liegende Assoziation bei Wortbildungen, mit denen andere Komponenten eines Konzeptes bezeichnet werden; als zugrunde liegende Operation ist wiederum Profilierung zu nennen, vgl. pokupat’ ‚kaufen‘ ⫺ pokupka ‚der Kauf‘ (Lehmann 1999; s. auch Selivanova 2000). Den metonymischen Teil-GanzesBeziehungen bzw. der Meronymie entsprechen z. B. Ableitungen von Verben, die eine Phase der betreffenden Situation bezeichnen (igrat’ ‚spielen‘ ⫺ zaigrat’ ‚zu spielen anfangen‘). Einen Kontrast markieren derivierte Antonyme des Typs složnyj ‚kompliziert‘ ⫺ nesložnyj ‚unkompliziert‘ bzw. auch des Typs dolgosročnyj ‚langfristig‘ ⫺ kratkosročnyj ‚kurzfristig‘ (s. Patzke 2000, mit Auflistung der diversen Typen im Russischen); hierher gehören auch zahlreiche Verben des Typs vojti ‚hineingehen‘ ⫺ vyjti ‚hinausgehen‘, die eine vektorielle Antonymie ausdrücken (Beispiele bei Apresjan 1995, 289). Kategorie-Assoziationen, denen die Operation der Modifikation zugrunde liegt, treten im derivationalen Bereich z. B. bei Bildung von Deminutiva, Augmentativa und Pejorativa (doroga ‚Weg‘ ⫺ dorožka ‚Weg [dim.]‘, umnyj ‚klug‘ ⫺ umnen’kij ‚klug [dim.]‘) oder movierten Formen (student ⫺ studentka) auf (Lehmann 1999). Besonders Komposita und Binomina werden auch zur Bildung von Hyponymen verwendet, vgl. ryba ‚Fisch‘ ⫺ meč-ryba ‚Schwertfisch‘ (Selivanova 2000, 164); zur Bildung von Hyperonymen kann z. B. das Suffix -ovye/-evye (seld’ ‚Hering‘ ⫺ sel’devye ‚Heringsartige‘) verwendet werden (s. Ginzburg 1985, 9). Weiterführend s. auch Deltcheva-Kampf (2000).

6. Literatur (in Auswahl) Anstatt, Tanja (1996): ‚Zeit‘. Motivierungen und Strukturen der Bedeutungen von Zeitbezeichnungen in slavischen und anderen Sprachen. München. Anstatt, Tanja (1997): „Polnische Deonyme: Vom Nomen Proprium zum Appellativum“ // Schulze, Jana/Werner, Eduard (eds.). Linguistische Beiträge zur Slavistik aus Deutschland und Österreich. München. 7⫺33. Anstatt, Tanja. (2008): „Assoziieren Russischsprecher nicht in Gegensätzen? Zum Umgang mit Assoziationswörterbüchern“. // Kosta, Peter/Weiss, Daniel (eds.). Slavistische Linguistik 2006/2007. 11⫺34. Apresjan, Ju. D. (1995): Leksičeskaja semantika. Moskva. Apresjan, Ju. D. u. a. (1997 ff.): Novyj ob”jasnitel’nyj slovar’ sinonimov russkogo jazyka. Moskva. Arutjunova, N. D. (ed.) (1990): Teorija metafory. Moskva. Barcelona, Antonio (ed.) (2003): Metaphor and Metonymy at the Crossroads: A Cognitive Perspective. Berlin/New York.

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Tanja Anstatt, Bochum (Deutschland)

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur 1. 2. 3. 4.

Einleitung Das Lexikon: Form und Funktion Verbalsemantik und Argumentstruktur Literatur (in Auswahl)

Abstract The article is concerned with the relation between syntactic structure and lexical semantics, focussing on a Chomskyan generative grammar. By telling apart representational and dynamic points of view in such a grammar, it is argued that there are only those rules and principles under consideration, that are of absolute necessity in investigating the mapping between syntax and semantics. Discussing the basic relations of lexical items under the premise of Interpretative Semantics in combination with Distributed Morphology, it is argued for an “atomic” lexicon (in hand with the grasp as the typical “list of exceptions”) in the sense of Fodore/Lepore (1998). Argument structure is thereby derived by universally syntactically driven, configurational processes, as in Hale/Keyser (1994, 1997, 1998), in hand with basic semantic predicates, which are also overtly expressed in certain languages. In consequence, argument selection does not consider theta-roles at all, but is driven by aspectual properties of verbs, i. e. telicity (Arad 1998).

1. Einleitung Die Darstellung des Verhältnisses von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur hat eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. In erster Linie betrifft dies das generelle Problem des Abbildens von Einheiten des Lexikons auf Einheiten der Syntax (engl. Mapping), das sog. „Linking-Problem“ und insbesondere die Erfassung von Regularitäten, die dabei zu beobachten sind. In zweiter Linie ist ⫺ damit einhergehend ⫺ die Beschreibung unbedingt abhängig vom jeweils gewählten grammatischen Modell, d. h. sowohl dem beschreibenden oder explanatorischen Anspruch der gewählten Theorie als auch den Vorstellungen über das Zusammenspiel und die Gewichtung der einzelnen Komponenten. In diesem Artikel steht die generative Grammatik in der Prägung von N. Chomsky im Vordergrund, dessen Ziel es ist, den (kindlichen) Spracherwerb in einer erklärenden, d. h. explanatorischen Theorie über die Ermittlung einer sog. Universalen Grammatik sowie seiner (Kern-)Bestandteile zu erfassen. In erster Annäherung kann man hinsichtlich dieses Modells von zwei Grundkonzeptionen ausgehen, die die Entwicklungsgeschichte der generativen Transformationsgrammatik prägten: einerseits einer repräsentativen Darstellung von verschiedenen, semantisch respektive syntaktisch determinierten Ebenen, die von einem theorieinternen, die Transformationsprozesse sozusagen „überwachenden“ Apparat begleitet werden (vgl.

68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur v. a. Chomsky 1981, 1986), und andererseits einer strikt derivationellen, dynamischen Darstellung, innerhalb der auf Ebenen wie die Tiefen- und die Oberflächenstruktur verzichtet wird und syntaktische Prozesse in Kombination mit der semantischen bzw. phonetisch/phonologischen Komponenten eine andere, nicht gleichwertige Gewichtung erhalten (vgl. v. a. Chomsky 1999, 2001). In der ersten Konzeption sind vor allem die formulierten Regeln und Prinzipien (siehe Abbildung 68.1) als zu verifizierende Bestandteile der Universalgrammatik von Wichtigkeit; im zweiten Modell steht dagegen im Zentrum des Interesses die Beschränkung auf die syntaktische Ebene als Verbindung von PF und LF. Die Abbildung 68.1 verdeutlicht in graphischer Form, wie ein repräsentationelles Modell in Form der Rektions- und Bindungstheorie (Chomsky 1981) gestaltet ist, Abbildung 68.2 schematisiert die derivationelle Variante mit den sog. (kognitiv, d. h. in diesem Sinne „von außen“ determinierten) Schnittstellen-Systemen des Artikulatorisch-Perzeptuellen A-P, d. h. der lautlichen Gestalt einer Äußerung, sowie des Konzeptuell-Intentionalen C-I, d. h. der Bedeutung einer Äußerung (die einzelnen Regeln bzw. Prinzipien sind an dieser Stelle irrelevant), vgl.:

Abb. 68.1: Repräsentationelles Modell der Rektions-Bindungs-Theorie (nach Kosta 1992, 185)

Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit dem Verhältnis, wie es am Übergang vom Lexikon zu den syntaktischen Prozessen zu charakterisieren ist, wobei anhand der lexikalischen Relationen diskutiert werden soll, welche Vorstellungen über Form und Funktion des Lexikons mit seinen Einträgen („Wörtern“) involviert sind, welche Rolle ehemals so zentralen Notationen wie denen der (initialen, d. h. tiefenstrukturell verankerten) thematischen bzw. Argumentstruktur einschließlich der Prinzipien, die über sie „wachen“, in der heutigen Theorieauffassung zukommt, sowie welches grundlegende Verständnis von Syntax im Zusammenhang mit bestimmten morphologischen Prozessen einem solchen System inne wohnt.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

Abb. 68.2: Chomskys derivationelles Phasenmodell (nach Chomsky 1999)

2. Das Lexikon: Form und Funktion Bevor ich mich dem konkreten Bild des (mentalen) Lexikons im generativ-transformationellen Verständnis, also den Projektionsflächen (der D-Struktur bzw. dem Lexikalischen Datenfeld (engl. lexical array), auf die die Syntax im Prozess des Erzeugens von Sätzen den verschiedenen Auffassungen nach zurückgreift) zuwende, soll hier kurz auf das eigentliche Aufgabenfeld der Lexikalischen Semantik im Zusammenhang mit generativer Syntax eingegangen werden (vgl. Bußmann 1990 passim). Relevant sind in diesem Zusammenhang vor allem (i) die Ermittlung einer internen Struktur von lexikalischen Einheiten, wie sie durch reduktionistische und (de-)kompositionale Verfahren gewonnen wird, sowie (ii) die Beziehungen der Ausdrücke untereinander, d. h. die sog. Basis-Relationen der Synonymie, der Polysemie und Homonymie bzw. Homophonie, der Hyponymie-Hyperonymie-Relation, der Antonymie sowie der sog. Partobzw. Meronomie (zu einem anderen theoretischen Ansatz vgl. Art. 67 in diesem Band). Punkt (i) verweist bereits innerhalb der Fragestellung nach der Relevanz und dem Status von interner „Wortstruktur“ sowie deren Wichtigkeit für die Prozesse der syntaktischen Manipulation auf einen Basisstreit in der Semantikkonzeption: während die Vertreter der sog. generativen Semantik davon ausgehen, dass sich die lexikalischen Elemente auf formal-logischer Basis in kleinere, atomare Bestandteile zerlegen lassen (wie z. B. der Ausdruck engl. kill, dt. ‚töten‘ zu dekomponieren sei in [cause to die], dt. ‚verursachen zu sterben‘), erklärt die sog. interpretative Semantik, dass die semantische Komponente lediglich dazu dient, syntaktisch determinierte Strukturen, jedoch in jedem Fall ebenso formal-logisch, zu deuten (für einen ersten Überblick vgl. Bußmann 1990 sowie die dort zitierte Literatur), woher z. B. nach einem Testverfahren wie dem der Erweiterung um eine temporale Angabe engl. on Saturday, dt. ‚am Samstag‘ geschlossen werden darf, dass jemanden am Samstag zu töten, und jemanden am Samstag verursachen zu sterben innerhalb der Implikationsverfahren nicht gleichbedeutend sind (der zweite Fall impliziert nicht, auch am Samstag zu sterben). Dieses postulierte Primat der Auffassung von Semantik als einer interpretativen Komponente des grammatischen Systems hat weitreichende Konsequenzen sowohl innerhalb der Beschrei-

68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur bung von lexikalischen Ausdrücken als auch im Verständnis von Syntax und seiner Reichweite. Zum einen gilt dies für die Relationen unter den „Wörtern“, die nur im syntaktischen, d. h. im Kontext eines Satzes zu sehen sind, zum anderen führt das Primat zu sehr unterschiedlichen Auffassungen in der Beschreibung von Form, Funktion und Aufbau des Lexikons. Synonyme sind dadurch nur im Verfahren des syntaktisch komplexen, wahrheitswertebedingten Ersatzes salva veritate (in etwa: den Wahrheitswert erhaltend nach G. Leibnitz) zu erfassen: totale oder echte Synonymie setzt dabei Uneingeschränktheit in der Austauschbarkeit sowohl im Rahmen kontextueller und syntaktischer Bedingungen als auch im Bereich der Denotation bzw. Konnotation voraus. Unter Kontext sind dabei ebenso stilistische sowie soziolinguistische (insbesondere dialektale) Aspekte zu verstehen; insoweit sind „echte“ lexikalische Synonyme vor allem unter sprachökonomischem Gesichtspunkt unwahrscheinlich. Daher spricht man von partieller Synonymie in Abhängigkeit vom jeweiligen Parameter: z. B. Fleischer/Metzger als dialektal bestimmt, Morgenstern /Abendstern als konnotativ unterschiedlich oder synonym /gleichbedeutend bzw. Nullwachstum /Stagnation als soziolinguistisch bedingt. Die Relation der Polysemie bzw. Homonymie beschreibt die Mehrdeutigkeit von Ausdrücken, wobei erstere im Unterschied zu letzterer als von einer etymologisch gleichen Wurzel abgeleitete Wortbedeutung angesehen wird. Hinsichtlich des Lexikons und der syntaktischen Abbildung seiner Elemente ist diese Beziehung besonders wichtig, da polyseme Ausdrücke als kontextuell, d. h. in diesem Sinne syntaktisch bedingt disambiguiert betrachtet werden. Ausgangsbeispiel hierzu sei der deutsche Ausdruck Bank, der drei unterschiedliche Bedeutungen trägt: als Institution (des Finanzwesens bzw. des allgemeinen Transfers, wobei hierunter auch Komposita wie Blut- oder Datenbank etc. zu fassen sind), als Objekt aus dem Bereich der Sitzmöbel, und als Sandbank in einem Fluss, See oder Meer (inwieweit Polysemie oder Homonymie vorliegt, ist irrelevant). Je nach Satzaussage und beteiligten Elementen kommt es zu einer starken Präferenz hinsichtlich einer dieser Bedeutungen: auf der Bank sitzen, ist schwerlich vorstellbar als auf dem Gebäude oder der Sandbank zu sitzen, … fest sitzen dagegen impliziert eher die Sandbank, und im Zusammenhang mit Geld kann weniger davon ausgegangen werden, dass wenn es auf/in der Bank liegen soll, es nicht die Institution betrifft. Gleiches gilt für eine Vielzahl weiterer Nomen (vgl. auch Bierwisch 1982): Oper (Gebäude, Musikstück, Libretto), Schule bzw. Universität (Institution, Gebäude, Personengruppe, etc.), Fenster (allg. Öffnung, Objekt oder Material, wie z. B. sich ein Fensterchen offen halten (vgl. auch Komposita wie Zeitfenster) vs. das Fenster öffnen vs. das Fenster reparieren). Diese kontextuell erzeugten, systematischen Mehrdeutigkeiten sind z. T. derart frequent, dass sie ihren Widerhall auch in allgemeineren Klassifikationen, beispielsweise der sog. Massen- vs. zählbaren Nomen (vgl. Bier trinken vs. ein Bier trinken, Apfel vs. einen Apfel in den Salat tun, etc.), finden. Dies führt hin bis zu Untersuchungen von Polysemie im Rahmen der Metonymie bzw. stilistisch bedingter metaphorischer Übertragungen. Obgleich hier nicht ausgeführt, gilt Mehrdeutigkeit ⫺ im angestrebten Verfahren ⫺ nicht nur für Nomen, sondern insbesondere auch für Verben, Adjektive und Adverbien (vgl. beispielsweise Frasek 2003 zum poln. pewn-). Die Relation der Hypo- und Hyperonymie (Über- bzw. Unterordnung) ist für Implikationsbeziehungen von Wichtigkeit: wenn jemand z. B. einen Apfel isst, so isst er Obst, der Umkehrschluss gilt nicht. Antonomie ⫺ die Gegensatzrelation ⫺ eröffnet neben der Implikatur einen Blick in den morphologischen Prozess der Steigerbarkeit: zunächst wird unterschieden in komplementäre Ausdrücke (vgl.

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XI. Semantik der slavischen Sprachen wahr-falsch, tot-lebendig, offen-geschlossen), die nicht graduierbar sind, und graduierbare Gegensatzpaare wie teuer-billig, dunkel-hell, schnell-langsam, groß-klein. Die TeilGanzes-Beziehung (Parto- bzw. Meronomie) schließlich setzt sich eine Beschreibung der strukturierten Teile einer Entität zum Ziel: unter formalsemantischem Aspekt ist darunter insbesondere die Relation der Inklusion, d. h. des Enthaltenseins zu sehen, wobei sowohl Körperteil-Beziehungen oder die auch kulturell verschieden ausgedrückten Verwandtschaftsgrade, ebenso jedoch abstraktere Relationen wie des sogenannten container-content Verhältnis zu berücksichtigen sind. Ein Zusammenspiel mit der Taxonomie (einer Art von Untertypenrelation bzw., allgemein, Abhängigkeitsrelation, die ebenfalls in Beziehung zu setzen ist mit der semantischen Erforschung von Prototypen und/oder sogenannten „natural kinds“ usw.) sowie mit der Hypo- bzw. Hyporonymie-Relation liegt dabei auf der Hand. Syntaktisch betrachtet ist der Test: X have Y ‚X hat Y‘ 4 Y is part of X ‚Y ist Teil von X‘ relevant (und, damit einhergehend, Untersuchungen zu sog. Small Clauses, vgl. zuletzt Soschen 2002; Castillo 2001; sowie Hornstein et al. 1994). Wie zu beobachten, sind Wortbedeutungen nur in einem komplexen Netzwerk verschiedenster, gleichfalls morphologisch wie syntaktisch geprägter Relationen zu erfassen: eine syntaktiko-zentristische Sichtweise, wie sie die interpretative Rolle der Semantik im Rahmen der generativen Syntax nahe legt, sucht daher nach zweierlei: 1. nach allen Sprachen gemeinsamen Regelmäßigkeiten in der Interpretation, und 2. nach einzelsprachlichen Abweichungen, d. h. Idiosynkrasien, wie sie in Idiomen, Paraphrasen etc. zum Ausdruck kommen. Die Vorstellung vom Lexikon als „list of exceptions“ (Liste von i. e. einzelsprachlichen Ausnahmen) entspricht demnach lediglich einem Punkt des Forschungsgebietes. Der unter 1. genannte Sachverhalt verweist wiederum auf Grundsätzliches: sind die Relationen zwischen den Ausdrücken semantisch (im Sinne der generativen Semantik) oder syntaktisch (im Sinne der interpretativen Semantik) determiniert? Klar ist, dass die Ausdrücke, oder ⫺ um an dieser Stelle den gebräuchlichen Terminus einzuführen: Konzepte ⫺ der Distinktion in Types (komplexe abstrakte Einheiten) vs. Tokens (sprachliche Äußerungen auf der Type-Grundlage) folgen: sie weisen zumindest komplexe phonetische, semantische und syntaktische Informationen auf. Die generative Semantik trennt zwischen semantischer und syntaktischer Determiniertheit; die interpretative Semantik sucht, sie qua transformationalistische Hypothese (vgl. Bußmann 1990 passim) möglichst zu vereinheitlichen. Dabei ist jedoch auf den Umstand der Trennung in grammatisch relevantes Wissen und Weltwissen zu achten: poln. drzwi dt. ‚Tür‘ ist grammatikalisch ein Pluraliatantum; dass es auch nur eine davon geben kann, gehört zum Welt- bzw. enzyklopädischen Wissen. Insoweit gilt einzig das Kompositionalitätsprinzip nach Frege als forschungstragendes Motiv: es besagt, dass die Gesamtbedeutung eines Satzes abzuleiten sei aus den Bedeutungen seiner einzelnen Bestandteile sowie der Art ihrer syntaktischen Verknüpfung. Problematisch ist nur, was genau die einzelnen „Wörter“ im Lichte der oben ausgeführten Relationen und dekompositionellen Verfahren bedeuten sollen, wobei die Schwierigkeit insbesondere in den systematischen Ambiguitäten und damit in der Fragestellung nach dem, worauf die Syntax zurückgreift, liegt: was bedeuten Bank, Schule oder Oper, heißt beispielsweise das Adjektiv gut in ein gutes Messer etwas anderes als in eine gute Sekretärin? Hier eröffnen sich zwei konkurrierende Modelle vom Lexikon: ein strikt interpretativ-atomares und ein generativ-dekomponierendes: erstere Konzeption entspricht (hier auch aus sprachphilosophischer Sicht) den Darlegungen von Fo-

68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur dor/Lepore (1998), aber gleichfalls der vom morphologischen Standpunkt aus formulierten Vorstellung über das Lexikon in der sogenannte Distributed Morphology (DM) (vgl. Harley/Noyer 1999: die Distributed Morphology unterteilt in sog. Wurzel-/Basismorpheme und den idiosynkratischen Bereich, hier „encyklopedia“); letztere findet ihre Ausformulierung v. a. im generativen Lexikon Pustejovskys (vgl. Pustejovsky 1996), das den Einträgen eine Typenstruktur aus Argumentstruktur, Eventstruktur, Qualiastruktur und einer übergeordneten, die einzelnen Strukturen verbindenden, sogenannten lexikalischen Vererbungsstruktur (engl. lexical inheritance structure) zuordnet (vgl. Pustejovsky 2001). Beiden Konzepten gemeinsam ist, dass sie die Ausdrücke unterspezifizieren, d. h. ihnen direkt keine spezifische Bedeutung geben (wie im Wörterbuch und dessen Lemmatisierung), sondern es entweder syntaktischen bzw. morphologischen Prozessen oder aber einer zuordnenden, semantisch evozierten Typenstruktur anheim stellen. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die Auffassung von Syntax im Zusammenhang mit dem Kompositionalitätsprinzip: während die einen von der Allgemeingültigkeit syntaktischer Prozesse ausgehen, wird dies von den generativen Vertretern bezweifelt, in dem sie externe, theoretisch zusätzlich zu verifizierende Bestandteile einbringen. Im ersten Fall ist die Syntax nicht rein oberflächenbezogen, d. h. nicht restringiert auf die Analyse einer vorliegenden Abfolge von Einheiten, sondern gleichsam nicht-trivial in der Annahme, dass zwischen einem Ausgangs- und einem Endpunkt syntaktische Prozesse der (Gesamtbedeutungs-)Modulation stattgefunden haben (vgl. hierzu Baker 1997), die es semantisch zu interpretieren gilt. Sogenannte Unifikationsgrammatiken (wie LFG, vgl. Bresnan 1995) oder HPSG, vgl. Sag/ Pollard 1987; Przepiórkowski 1999, passim) dagegen kodifizieren Bedeutung und ihre Nuancen vollständig im Lexikon und konzentrieren sich somit ausschließlich auf die Oberfläche. Eine Syntax, die qua Primat beides, d. h. sowohl eine korrekte semantische als auch eine korrekte phonetische Interpretation zu leisten hat und auf atomarer Basis fungiert, trägt somit zu einem tieferen Verständnis des Zusammenwirkens der einzelnen Komponenten einschließlich sprachspezifischer morphologischer Prozesse bei. Sie ist dabei ebenso in einem größeren Rahmen des Spracherwerbs und der Sprachevolution zu sehen (vgl. Hauser, Chomsky/Fitch 2002). Zu einem Überblick über den aktuellen Forschungsstand dieses Programms vgl. u. a. Uriagereka (2008) und die dort zitierte Literatur.

3. Verbalsemantik und Argumentstruktur Die semantisch betrachtet wohl komplexeste „Wortklasse“ sind die Verben: sie tragen v. a. aspektuelle, temporale und modale Merkmale; zentraler Gegenstand der Forschung ist die Argumentselektion, d. h. die Erklärung, warum einzelne Verben wie viele (sowie genau diese) Argumente selegieren. In der GB-Theorie übernahm diese Aufgabe die sog. Theta-Theorie, d. h. eine Theorie über thematische Rollen; sie „überwachte“ gemeinsam mit anderen (semantischen und kategorialen) Selektionsbeschränkungen, dass Prädikate die richtige Anzahl an Argumenten erhielten, und dass jedem Argument eine thematische Rolle (θ-Rolle) zugewiesen wurde. Unter Theta-/θ-Rollen versteht man dabei den Agens, das Patiens, das Thema, das Ziel, den Benefizienten etc. einer Handlung. Oberstes Ordnungsprinzip war das auf der Tiefenstruktur wir-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen kende, sog. UTAH nach Baker (dt. etwa: Hypothese über die Gleichmäßigkeit der Rollenverteilung): es besagt, dass identische θ-Relationen strukturell identisch repräsentiert werden, d. h. dass das Agens-Subjekt stets vor dem Patiens-Objekt erscheint. Eine dynamische Syntax stimmt dieser Beobachtung zu, kann sich aber nicht mehr auf die Wirksamkeit des Prinzips stützen, sondern muss es herleitend bestätigen: semantisch unterscheiden sich Verben v. a. in Hinsicht auf sogenannte Aktionsarten, wobei damit die Unterteilung in Zustände (Peter schläft), einfache Aktionen (Peter läuft), abgeschlossene Handlungen (Peter verließ das Zimmer) und sog. accomplishments, die sowohl Aktion, als auch Terminativ beinhalten (Peter schreibt einen Brief), gemeint ist. Syntaktisch betrachtet ist die Unterteilung in Transitiva (Subjekt/Objekt), Ditransitiva (Subjekt/direktes Objekt/indirektes Objekt) und Intransitiva (nur Subjekt oder nur Objekt) maßgebend. Interpretiert die semantische Komponente, was syntaktische Prozesse leisten, so ist beiden Beobachtungen gerecht zu werden. Hier hat sich die Syntax an semantische Einblicke auszurichten (vgl. insbesondere Bierwisch 1997 und Jackendoff 1999), was dem Einbezug von semantischen Basisprädikaten wie do ‚tun‘, cause ‚verursachen‘ oder become ‚werden‘ im Zusammenhang mit dem Terminus der Terminativität gleichkommt. In dieser Hinsicht wurde von C. Tenny (1992) die Hypothese über ein aspektuelles Mapping (engl. AIH) vorgeschlagen, welche besagt, dass nur aspektuelle (im Sinne aktionaler) Merkmale von Verben für syntaktische Modulationen ausschlaggebend sind (vgl. insbesondere Arad 1998, die in Weiterentwicklung von Borer (1994) syntaktische Projektionen für die Argumentselektion annimmt). Zentral in dieser neuen Methode ist, dass θ-Rollen nicht mehr explizit angenommen, sondern dass sie auf der Grundlage syntaktischer Prinzipien unter Einbezug semantischer Prädikate konfigurational erzeugt werden: dies entspricht dem Forschungsprogramm von Hale/Keyser (1994, 1998), die, ausgehend von Sprachen, in denen jene Prädikate phonetisch realisiert werden, sowie der Fragestellung folgend, ob nicht drei „θ-Rollen“ entsprechend dem höchsten syntaktischen (wie auch nach Dowtys 1991 semantisch definierten „Proto-Roles“) Komplexitätsgrad genügen, für morphologisch und phonetisch komplexe Prozesse der syntaktisch intendierten Erzeugung auf der Grundlage universaler transitiver Strukturen plädieren (vgl. auch Baker 1997; Harley 2002). Besondere Aufmerksamkeit erhalten hiermit auch intransitive Verben, die nach Perlmutter (1978) bzw. Burzio (1986) unterteilt werden in terminative Ergativa/Unakkusativa mit direktem Objekt (vgl. Das Eis schmolz), und nicht-terminative Unergativa mit Subjekt (vgl. Peter arbeitet) (s. auch Kosta/Frasek 2004 für eine Untersuchung zu slavischen Sprachen).

Abkürzungen: ECP PF LF A-P C-I UTAH

= = = = = =

Empty Category Principle (Leere Kategorien Prinzip) Phonetic Form (Phonetische Form) Logical Form (Logische Form) Articulatory-Perceptual Interface Level Conceptual-Intentional Interface Level Uniformity of Theta-Role Assignment Hypothesis

68. Zum Verhältnis von lexikalischer Semantik und syntaktischer Struktur

4. Literatur (in Auswahl) Arad, Maya (1998): VP-Structure and the syntax/lexicon interface. Doctoral dissertation. London. Baker, Mark (1997): „Thematic Roles and Syntactic Structure“. // Haegeman, Liliane (ed.). Elements of grammar. Dordrecht. 73⫺137. Bierwisch, Manfred (1982): „Formal and Lexical Semantics“. // Linguistische Berichte 80. 3⫺17. Bresnan, Joan (1995): Lexicality and Argument Structure. Ms. Stanford University. Burzio, Luigi (1986): Italian Syntax. A Governement-Binding Approach. Dordrecht. Bußmann, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart. Castillo, Juan (2001): Thematic Relations between Nouns. Doctoral dissertation. University of Maryland. Chomsky, Noam (1981): Lectures on Government and Binding. Dordrecht. Chomsky, Noam (1999): „Derivation by Phase“. // MIT Occasional Papers in Linguistics 18. Chomsky, Noam (2001): „Beyond Explanatory Adequacy“. // MIT Occasional Papers in Linguistics 20. 1⫺28. Dowty, David (1991): „Thematic Proto-Roles and Argument Selection“. // Language. Volume 67/ 3. 547⫺619. Hale, Kenneth/Keyser, S. J. (1994): „On argument structure and the lexical expression of syntactic relations“. // Hale, Kenneth/Keyser, John (ed.). The View from Building 20. Cambridge, Mass. 53⫺109. Hale, Kenneth/Keyser, S. J. (1998): Conflation. Ms. MIT. Harley, Heidi (2002): A Minimal(ish) Linking Theory. Paper presented at Maryland Minimalist Mayfest. Ms. Arizona University. Harley, Heidi/Noyer, Rolf (1999): „State-of-the-Article: Distributed Morphology“. // Glot International 4.4. 3⫺9. Hornstein, Norbert et al (1994): „Integrals“. // University of Maryland Working Papers in Linguistics 2. 70⫺90. Hauser, M. D./Chomsky, Noam/Fitch, W. T. (2002): „The Faculty of Language: What Is It, Who Has It, and How Did It Evolve?“ // Science 298. 1569⫺1579. Jackendoff, Ray (1999): What’s in a Word? Ms. Brandeis-University. Kosta, Peter/Frasek, Jens. (2004) „Neakuzativita (ergativita) vs. neergativita v češtině, polštině a jiných slovanských jazycích na rozhraní morfologie a syntaxe“. // Hladká, Zdenka/Karlík, Petr. (eds.). Čestina ⫺ univerzália a specifika 5. Praha. 172⫺194. Lepore, Ernest/Fodor, Jerry (1998): „The Emptiness of the Lexicon“. // Linguistic Inquiry 29/2. 269⫺288. Pustejovsky, James (1996): The Generative Lexicon. Cambridge. Pustejovsky, James (2001): „Type Construction and the Logic of Concepts“. // Bouillon, Pierrette/ Busa, Federica (eds.). The Language of Word Meanings. Cambridge. 91⫺123. Sag, Ivan/Pollard, Carl J. (1987): Head-Driven Phrase Structure Grammar: An Informal Synopsis. Center for the Study of Language and Information. Report 87⫺79. Stanford. Soschen, Alona (2002): On Subjects and Predicates in Russian. Doctoral dissertation. University of Ottawa. Tenny, Carol L. (1992): „The Aspectual Interface Hypothesis“. // Sag, Ivan. A./Szabolcsi, Anna (eds.). Lexical Matters. CSLI Lecture Notes 24, Center for the Study of Language and Information. Stanford, CA. 1⫺27. Uriagereka, Juan (2008): Syntactic Anchors: On Semantic Structuring. Cambridge.

Jens Frasek, Opole (Polen) und Potsdam (Deutschland)

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XI. Semantik der slavischen Sprachen

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung: Semantik und Pragmatik jenseits ihrer Dichotomie Bedeutungsbegriffe Invarianztheorie Pragmasemantik Die argumentationslinguistische Pragmasemantik Literatur (in Auswahl)

Abstract The semantic and pragmatic level of language cannot be strictly divided. Therefore the article provides some information about pragmatic contents of linguistic elements such as pronouns, conjunctions, particles, adverbs and adverbial qualifications, speech act verbs, verba dicendi, expressions of evaluation and so on. In chapter 2 terms of sense and meaning in Western and Slavonic, especially Russian theories of language are discussed. Chapter 3 raises the question of semantic invariance, which is one of the main questions in the theory of language as well as in linguistics in Russia. Chapter 4 deals with so called pragmasemantics, based on the theories of semantic and pragmatic, given by Anna Wierzbicka an Jurij D. Apresjan. The last chapter examines the argumentative force of particles, adverbs and verbs of cognition such as znat’, dumat’, sčitat’ in Russian.

1. Einleitung: Semantik und Pragmatik jenseits ihrer Dichotomie In strikter Opposition weist das Verhältnis von Semantik als Feld der sprachlichen Bedeutung und Pragmatik als Feld der sprachlichen Handlung eine Reihe von Dichotomien auf: Semantik ist die Relation von Zeichen und Zeichengegenständen (Inhalt der Zeichen), Pragmatik die Relation von Zeichen und Zeichenbenutzern (Verwendung der Zeichen). Die semantischen Bedeutungen erscheinen in der Relation von Zeichen und Zeichengegenständen als zeichengebunden und kontextfrei bestimmbar, folglich als innersprachlich systemisch und situativ nicht aufhebbar. Ihre Decodierung im Kommunikationsprozess ist damit wissensabhängig. Pragmatische Bedeutung wäre dagegen als kontext- und situationsgebunden zu charakterisieren. Sie ist kommunikativ (genauer: interaktional), subjektabhängig und in verschiedenen Situationsinterpretationen jeweils aufhebbar. Die Decodierung im Kommunikationsprozess geschieht inferenziell aus sprachlichen und außersprachlichen Informationen. Gegenstände der Semantik sind in dieser Opposition die emischen Einheiten Morphem und Lexem (womit grammatische und lexikalische Bedeutungen zu unterscheiden sind), sodann der Satz und der Text. Beschreibungsebene der Pragmatik sind die Äußerung und der (monologische oder ⫺ und vor allem ⫺ dia- bzw. polylogische) Text als Äußerung. Diese Gegenüberstellung von Semantik und Pragmatik kann jedoch nicht mehr als heuristisch sein. Schon in ihrer Formulierung zeigt sie unscharfe Ränder. Die sprachliche Ebene des Textes gehört sowohl dem Beschreibungsfeld der Semantik wie der

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik Pragmatik an, es kann ebenso von semantischen wie von pragmatischen Bedeutungen gesprochen werden. Die Rezeption der von Charles Morris (1938) und Rudolf Carnap (1942) eingeführten methodischen Trichotomie von Syntax, Semantik und Pragmatik als drei voneinander getrennten Bereichen der Sprachbeschreibung ist deshalb unhaltbar (Hörmann 1978, 25). Adäquater ist die Gegenüberstellung von Semantik als binärer Beziehung von Zeichen und Bedeutung und Pragmatik als ternärer Beziehung zwischen Zeichen, Bedeutung und Sprecher (Leech 1983; Padučeva 1996, 221 f.), in der das semantische Potenzial von Zeichen der Möglichkeit der Zeichenverwendung im Kommunikationsprozess vorausgesetzt wird, und zwar zunächst einmal unabhängig davon, ob der Begriff der Bedeutung repräsentationalistisch als Signifikation von Entitäten oder instrumentalistisch als Gebrauchsregel von Zeichen gefasst wird. Bedeuten (der Wörter und Sätze) und Meinen (der Sprecher) (z. B. bei Searle 1969) oder Sagen und Meinen (nach Grice 1993a, b) sind nicht unabhängig voneinander „zu haben“. Die Inferenz „nicht-natürlicher Bedeutungen“ als dem vom Sprecher Gemeinten (Grice), die ein Rezipient in der Kommunikation aufgrund von konversationellen Prinzipien und ihrer Maximen wie ⫺ je nach Theorie ⫺ dem Prinzip der Kooperation (Grice 1993b), der Relevanz (Sperber/Wilson 1995), der Rationalität (Kasher 1976; Keller 1995, 211) usw. leistet, setzt (zumindest virtuell) das Wissen von „natürlichen“, d. h. nicht inferierten Bedeutungen voraus. Der Gricesche Begriff der konversationellen Implikatur ebenso wie auch der des indirekten Sprechakts in der Sprechakttheorie entlasten somit die semantische Beschreibung (Padučeva 1996, 239), heben sie aber nicht auf. Für die natürliche Sprache bleibt eine von pragmatischen Gehalten abstrahierende Semantik ⫺ etwa ihre Reduktion auf die Wahrheitsbedingungen von Äußerungen in der logischen Semantik (Carnap; Tarski) ⫺ defizitär. Morris (1946) erkannte dagegen die Zweiseitigkeit von Zeichen im Modus ihrer Signifikation (was die Zeichen bezeichnen) und im Gebrauch (wozu die Zeichen bezeichnen). Ohne bereits auf den Begriff der sprachlichen Handlung abheben zu müssen, kann die kommunikative Funktionalität von Sprache als sprachimmanent in den Zeichen beschrieben werden, die semantisch den Verweis auf die Äußerungsaktualität und die Kommunikationssubjekte enthalten. Innerhalb des lexikalischen und grammatischen Bestandes von Sprachen weist das gesamte „Zeigfeld“, wie Karl Bühler (1934) die Deixis genannt hat, also deiktische Pronomen, Raum- und Zeitadverbien, Demonstrativa, Determination und Tempus, eine Deckung von Zeicheninhalt und Zeichenverwendung auf: Die Bedeutung der Indices (nach Charles Peirce), wesentlich okkasioneller Ausdrücke (nach Edmund Husserl), egocentric particulars (nach Bertrand Russell) oder shifters (nach Otto Jespersen und Roman Jakobson) ist, das jeweils aktuell Gezeigte zu bedeuten, d. h. ihre Bedeutungsbeschreibung enthält notwendig einen Äußerungsbezug (Padučeva 1996, 246; Posner 1997, 230; Stepanov 1998, 386; Wierzbicka 1999; Bondarko 2002, 165). Diese Aufhebung der strikten Trennung von System und Gebrauch in der Deixis (Auer 1999, 53) begründete das Verständnis von Pragmatik der aus der Logik (Russell) oder dem Strukturalismus (Benveniste, Jakobson) hervorgegangenen Sprachtheorien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (z. B. Lyons 1983, 248 ff.; Padučeva 1985; 1996, 245 ff.; 259 ff.; Bulygina 1992; Stepanov 1998, 373 ff.; Rathmayr 1999, 476). Aber auch in jüngeren Arbeiten konnte der Zuständigkeitsbereich der sprachimmanent verstandenen Pragmatik stark erweitert werden. Denn wird, was notwendig ist, unter einer pragmatischen Bedeutung auch die Dominanz der (nach Bühler) Ausdrucks- und/oder Appellfunktion über die Darstellungsfunktion eines Zei-

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XI. Semantik der slavischen Sprachen chens verstanden, so sind nicht nur Zeichenbedeutungen, die deiktisch die Beziehung zwischen Äußerungssubjekt und Äußerung anzeigen, pragmatisch, sondern auch jene Bedeutungen, die die Beziehung zwischen Subjekt und Aussage oder zwischen Absender und Adressat der Äußerung regeln (Volli 2002, 154 ff.; Rathmayr 1999, 476). Kořenský (1998, 218) rechnet neben der Deixis die Quantifikation und Identifikation, Modalität, Negation, Deagentivierung, Intensivierung, Emotionalität und die Satzperspektive zu den „pragmatischen Komponenten“ in der Sprache. Als pragmatisch wird die Axiologie der sprachlichen Evaluativa beschrieben (Vol’f 1985; Arutjunova 1988a). Konnotationen (periphere Seme, Nebenbedeutungen; Hartenstein 1999, 913) erlauben sowohl den Ausdruck der Sprechereinstellung zum bezeichneten Gegenstand (z. B. wertend Gaul versus neutral Pferd) wie zum Gesprächspartner (z. B. familiär Mama / Papa versus distanziert Mutter/Vater). Die schon systemisch in den Einzelsprachen angelegte pragmatische Semantik und Funktionalität der Sprachmittel ist hier nicht exhaustiv zu erfassen. Beispielhaft soll aber auf einige gut beschriebene Phänomene hingewiesen werden: Die funktionale, sprachkontrastive Beschreibung zeigt, dass z. B. Modalität und Sprechakttypen jeweils sprachspezifisch realisiert werden (z. B. Pisarek 1995; Łuczków 1997; Gladrow 1998). Überhaupt wird in sowohl onomasiologisch wie semasiologisch möglichen Darstellungen von funktional-semantischen Kategorien der grundsätzlich äußerungs-, also pragmasemantische Charakter sowohl der Funktionen wie der in ihnen verwendeten Sprachmittel deutlich (vgl. z. B. Girke 1999 zur Kausalität). Pragmatisch funktional sind jeweils sprachspezifische Schaltwörter (z. B. Hinrichs 1983 für die vvodnye slova im Russischen). Ebenso wie z. B. Konjunktionen (russisch bes. ili (‚oder‘), t. e. (‚d. h.‘)) oder Adverbialbestimmungen (russisch inače (‚anders‘), koroče (‚kürzer‘), lušče (‚besser‘) usw.) übernehmen Schaltwörter in Gestalt von Syntagmen (z. B. russisch inymi slovami (‚mit anderen Worten‘), v širokom smysle slova (‚im weiten Sinne des Wortes‘)) die textstrukturierende und interaktionale Funktion von Reformulierungsindikatoren (Grimm 1993; 1999), dienen aber auch der konversationellen Charakterisierung von Sprechakten: z. B. russisch otkrovenno govorja (‚offen gesagt‘) für die Qualitätsmaxime, russisch ved’ oder že (‚doch‘, ‚ja‘) für die Quantitätsmaxime oder russisch voobšče-to oder čto-li (‚etwa‘, ‚vielleicht‘) für die Modalitätsmaxime (Rathmayr 1985, 257 ff.; Hagemann 1997). Verba dicendi bezeichnen Illokutionen (z. B. sagen, bitten) oder Perlokutionen (z. B. trösten, überreden) und in den slavischen Sprachen auch über die Aspektopposition Sprechhandlungen als illokutiv (im imperfektiven Aspekt) oder perlokutiv (im perfektiven Aspekt) (Glovinskaja 1993; 2001), weshalb an die Bezeichnung einer Sprechhandlung im imperfektiven Aspekt adversativ eine Zurückweisung geknüpft werden kann, was beim perfektiven Aspekt nicht möglich ist: vgl.: „Přemlouvali [ipf.] ji, aby to nedělala, ale věděli, že již nemají dosti sil ani sebedůvěry ji tu zadržet“ (Milan Kundera) („Sie versuchten sie zu überreden, dass sie das nicht macht, aber sie wussten, dass sie nicht genug Kraft und auch nicht genug Selbstvertrauen hatten, sie hier aufzuhalten.”) versus „*On otgovoril [pf.] menja exat’ v Peterburg, no ja vsë ravno poexal“ („*Er hat mich davon abgebracht, nach Sankt Petersburg zu fahren, aber ich bin trotzdem gefahren.“) Pragmatische Bedeutungen sind bereits in den Verbalwurzeln nachweisbar. So steht, wie Leeuwen-Turnovcová (1986) gezeigt hat, im Tschechischen und Russischen -skaz- für „reines Sagen“, während -mlv- und -hovor/-govor- „die lokutive Tätigkeit als eine wechselseitige Handlung von mindestens zwei Personen“ und -rek- „den sprecherbezogenen und vom Sprecher dominierten Teil der lokutiven Tätig-

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik keit“ markieren (Leeuwen-Turnovcová 1986, 154). Partikel lassen sich als Pragmalexeme beschreiben (Rathmayr 1985). Sie sind Gliederungssignale zur textuellen und besonders zur interaktionalen Gliederung von Gesprächssequenzen (Gülich 1970; Shiffrin 1988; Willkop 1988; Christl 1992; Putevoditel’ 1993; Freidhof 1995; 1996; Nekula 1996), fungieren als Einstellungspartikel mit epistemischer Bedeutung zur Markierung von Dissens oder Konsens im persuasiven Dialog (Doherty 1985; Mann 2000, 179 ff.) oder dienen wie auch bestimmte Konjunktionen und Adverbien zur „Abtönung“ von Äußerungen (z. B. russisch ved’ (‚ja‘, ‚doch‘), a (‚aber‘), možet byt’ (‚vielleicht‘), sobstvenno govorja (‚im Grunde genommen‘)). Konjunktionale Konnektoren weisen pragmatische Bedeutungen auf, die die Möglichkeit der Verknüpfung von Sprechakttypen einschränken und potenziell argumentativ sind (Hoffmannová 1984; Eggs 1984; 2001; Padučeva 1985; Karlík 1995; Mendoza 1996; Kuße 1998). Finite Verbalformen können ebenso wie andere autosemantische Wortarten zunächst kontextuell und in Folge von Desemantisierung in der Sprachentwicklung dann auch invariant die Rolle von Pragmalexemen einnehmen; z. B. Freidhof (1996) zu russisch znaeš’/znaete (‚weißt Du‘/‚wissen Sie‘) und ponimaeš’/ponimaete (‚verstehst du‘/‚verstehen Sie‘) oder Zachar’in (1996) zur Entstehung der pragmatischen Funktionalität von Ausdrücken wie russisch naprimer (‚zum Beispiel‘), dejstvitel’no (‚wirklich‘). Pragmatische Bedeutungen sind weder von Wortarten noch von der Komplexität eines bedeutungstragenden Elementes abhängig. Bei semantisch elementaren Einheiten wie den von Anna Wierzbicka oder Jurij Apresjan postulierten „semantischen Primitiva“, weist gerade der Kernbestand pragmatische Sememe auf: Pronomen (ich, du), Determinatoren (dieses, dasselbe), Evaluatoren (gut, schlecht) (Apresjan 1999; Novyj ob’’jasnitel’nyj slovar’ 1997; Goddard/Wierzbicka 1994; Wierzbicka 1996; Goddard 1998; Reuther 2003). Auch ist es möglich, von einer „Morphopragmatik“ (Dressler/ Barbaresi 1994; Nagórko 2003) wie von „syntaktischer Pragmatik“ zu sprechen (Jürgens 1999; Liedtke/Hundsnurscher 2001; auch die spezielle Untersuchung zur Asyndese von Jurovskij 1996). Denn in der Wortbildung treten Affixe als Intensifikatoren und Evaluatoren auf (Nagórko 2003), und die immanente Kontextualität pragmatischer Bedeutungen führt über die Satzsemantik zur Syntax des Satzes, die als Form der Äußerung deren pragmatische Bedeutung aufzudecken erlaubt (Arutjunova 1988a, 7). Auf der Ebene des Satzes werden die Grenzen zwischen Semantik und Pragmatik fließend, sobald sich die satzsemantische Beschreibung nicht auf den propositionalen Gehalt beschränkt (Hartenstein 1999, 918 f.), was schon in der traditionellen Unterscheidung der Aussage von den Satzmodi der Aufforderung, des Wunsches, der Frage usw. der Fall ist; s. dazu schon Husserl (1913, 78 f.) oder Charles Ballys (1965 [1932], 32 ff.) Ergänzung der Saussureschen Dichotomie von Bezeichnendem und Bezeichnetem um die von Diktum und Modus, die heute z. B. für die kommunikative Grammatik von Zolotova u. a. grundlegend ist (Zolotova/Onipenko/Sidorova 2004, 75 ff.).

2. Bedeutungsbegriffe Unter pragmatischer Bedeutung kann die Subjektivität, der „menschliche Faktor“ (Kubrjakova 1991; Bulygina 1992) in der Sprache (einschließlich der subjektabhängigen Kontextbildung durch Deixis), zweitens der kontextuelle Äußerungssinn, d. h. die

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Bedeutung in ihrer Kontextualität von der unmittelbaren syntagmatischen Umgebung der bedeutenden Einheit bis hin zu ihren Text- und Diskurskontexten, sowie drittens der aus sprachlichen und außersprachlichen Informationen durch einen Rezipienten inferierte Sinn von Kommunikationshandlungen (i. e. Pragmatik als interpretatives Schlussfolgern) verstanden werden. Pragmatische Bedeutungen im ersten Sinne, also die Bedeutungsgehalte sprachlicher Einheiten, die auch die Zeichenbenutzer, und zwar sowohl in ihrem Verhältnis untereinander wie zu den Zeichengegenständen, erfassen, werden semantisch darstellbar, wenn der Bedeutungsbegriff als Verwendungsregel sprachlicher Einheiten bestimmt wird, die nicht auf die Möglichkeit zur Referenz begrenzt ist. Dem entsprechen etwa Weinrichs (1976) Unterscheidung von Instruktions- und Referenzsemantik oder Köllers (1988) Dreiteilung, die der Ontosemantik die Kognitions- und Instruktionssemantik gegenüberstellt. Während die Onto- bzw. Referenzsemantik sprachliche Zeichen Entitäten zuordnet, Zeichen also im Sinne der klassischen Definition „aliquid stat pro aliquo“ als Repräsentanten auffasst, sind in der Kognitionssemantik die Zeichen und ihre Bedeutungen „Manifestationsformen kognitiver Differenzierungsanstrengungen“. Die Instruktionssemantik wiederum, die ihre konsequenteste Ausprägung im Behaviorismus erhalten hat (Morris 1946), versteht Bedeutungen kommunikativ als Anweisungen eines Senders an einen Empfänger, um diesem situationsgerechtes Verhalten zu ermöglichen (für Morris 1946 ist Bedeutung die „Signifikation einer Verhaltensdisposition“). Mit diesen Aufspaltungen der Semantik in Semantiken lässt sich nicht nur „deklaratives Gegenstandswissen von unserem prozeduralen Handlungswissen“ deutlich unterscheiden (Köller 1988, 84), sondern auch die Annahme von infiniter Polysemie der deiktischen Zeichen vermeiden, die zum Beispiel Edmund Husserl in den Logischen Untersuchungen (1900/1913) zwang, bei den „wesentlich okkasionellen Ausdrücken“ von „unvermeidlichen Vieldeutigkeiten“ zu sprechen (Husserl 1913, 77 ff.; Niehues-Pröbsting 1987, 229 ff.). Tatsächlich können Deiktika oder shifters (nach Jespersen/Jakobson) als „Kreuzung“ zwischen Index und Symbol (Nozsicska 2000, 225) allgemeine konstante Bedeutungen zugeschrieben werden (so Jakobson 1974, 35 ff.), wenn diese nicht im jeweiligen Bezugsgegenstand, sondern in der Regel der Bezugnahme bzw. allgemeiner in der Regel des Zeichengebrauchs gesehen werden. Der Kontextualität von Zeichen im Gebrauch und der Inferenzialität des kommunikativen Verstehens wird mit Unterscheidungen wie Satz- und Äußerungsbedeutung, Bedeutung und Sinn usw. Rechnung getragen (Coseriu 1987, 88 ff.; 1994; Bondarko 2002, 99 ff.). Da jedoch in der Kommunikation die Kommunikanten für einander Kommunikationskontexte bilden (nach Tondl 1981 „Universen“), die sich zwar überschneiden, aber nicht decken (und zwar grundsätzlich nicht decken können), ist die kommunikative „Informationsübertragung“ immer „Transinformation“ (Tondl 1981, 22 f.; 1997, 21 ff.). Und damit wird die Grenze zwischen Bedeutung und Sinn unscharf und die Grenzziehung selbst von Bedeutungsbegriffen abhängig, deren Extrempositionen Posner (1979, 346 ff.) als Bedeutungsmonismus und Gebrauchsmonismus bezeichnet. Der semantischen Abstraktion vom Gebrauch (Bedeutungsmonismus), aufgrund derer Sinnvarianz mit der Annahme von Bedeutungsvagheit erklärt werden muss, steht die Negation der Vorstellung von kontextfreier Bedeutung gegenüber (Gebrauchsmonismus): Bedeutungen seien immer das Ergebnis selektiver Konstruktionen von Sprechern für jeweils besondere Verwendungskontexte (z. B. Deppermann 2002). Wird je-

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik doch Inferenz auf der Rezipientenseite der Kommunikation für die (Re-)Konstruktion von Äußerungsbedeutungen vorausgesetzt, so bleibt in beiden Monismen zu erklären, welche Bedingungen der Möglichkeit zur erfolgreichen Inferenz gegeben sein müssen. Die wissenschaftsgeschichtlich zu Ludwig Wittgensteins „Gebrauchstheorie der Bedeutung“ zurückführende Gleichsetzung von Bedeutung und Gebrauch ist, ungeachtet der Selbstverständlichkeit des Gebrauchs als solchem, zur Klärung nicht hinreichend. Sie erscheint vielmehr „wie eine große Verlegenheit“ und „ein kurzschlüssiger Reduktionismus“ (Nozsicska 2000, 484), der nur dann aufgehoben wird, wenn die Gleichung Bedeutung = Gebrauch holistisch auf die ganze Sprache bezogen wird (ebd., 488). Ist das der Fall (wie etwa bei Willard van Orman Quine 1979), steht jedoch der Bedeutungsbegriff grundsätzlich zur Disposition, da der „ganze Gebrauch“ nie erfasst werden, es nicht einmal einen „wohldefinierten Begriff vom Ganzen“ geben kann (Nozsicska 2000, 488). Ein nicht repräsentationalistisches Verständnis von Bedeutung als Bedingung der Möglichkeit zur erfolgreichen Inferenz ist dagegen ohne die Aporie des Holismus als Gebrauchsregel möglich, d. h. als semantischer Instrumentalismus (Keller 1995; 1996), in dem nicht das Was der Kommunikation Bedeutung genannt wird, sondern vielmehr das, „was kommunizieren ermöglicht“ (Keller 1995, 60). Bedeutungen sind danach die Regeln des Gebrauchs von Zeichen, die Prämissen im Schluss auf das Gemeinte bilden und so den Kommunikanten gegenseitige Interpretationen ihrer Äußerungen ermöglichen. Dieser, so es sich um sprachliche Zeichen handelt, auf der linguistischen Ebene angesiedelte Bedeutungsbegriff (Keller 1995, 61) negiert nicht die Möglichkeit der Repräsentation. Repräsentationalismus und Gebrauchstheorie sind vielmehr komplementär zu denken, indem der Begriff des Begriffs vom Begriff der Bedeutung unterschieden wird (wie in der russischen Linguistik z. B. bei Novikov 1982; Kobozeva 2000, 48). So gibt es Zeichen (sprachlich etwa alle Substantiva), deren Gebrauchsregeln (= Bedeutungen) die Ableitung von repräsentationalen Begriffen erlauben, während andere (z. B. die Synsemantika) nicht begriffsbildend sind und semantisch nicht als Repräsentationen (sondern als Operationen oder Instruktionen) beschrieben werden (zur Bedeutungsdefinition von Partikeln, z. B. Zybatow 1990, zu Konjunktionen Lang 1977; 1984; Kuße 1998 u. a.). Diese Gebrauchstheorie der Bedeutung, die Bedeutung als Regel des Gebrauchs (und nicht als den Gebrauch selbst) formuliert, gilt für alle sprachlichen Einheiten, denen Bedeutungen zugeschrieben werden können. Sie erfasst also sowohl grammatische als auch lexikalische Bedeutungen und Satzbedeutungen (vgl. den satzbezogenen Regelbegriff bei Searle 1969).

3. Invarianztheorie Die Erklärung von Bedeutung als Gebrauchsregel entgeht der voreiligen Identifikation von Gebrauchstheorie der Bedeutung und Negation semantischer Invarianz. Sie ermöglicht stattdessen ein, nach Kecskes (2002; 2004), „dynamisches Bedeutungsmodell“ (dynamic model of meaning), das (satzsemantisch) der Mitteilung (message) und dem Kontext (context) eine gleiche Wertigkeit im Bedeutungs- oder besser: Sinnaufbau (meaning construction) zuschreibt (Kecskes 2004, 12 f.). Auch unter der Voraussetzung des instrumentellen Bedeutungsbegriffs bleibt die Verhältnisbestimmung von Semantik und Pragmatik somit invarianztheoretisch eingebettet. Für die Ermittlung invarianter

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Gebrauchsregeln stellt sich speziell die Frage nach dem Ort der Regelbildung im Sprechen der Kommunikationsgemeinschaft oder im sprachlichen System. Zu denken ist etwa schon an Baudouin de Courtenays (1845⫺1929) Vorstellung von Sprache als einer psychosozialen Tätigkeit (Baudouin de Courtenay 1974 ff.; 1984) oder an die unterschiedliche Bestimmung von Bedeutung als jeweils relationaler Position in einem System von Bedeutungen bei de Saussure gegenüber der Opposition von persönlichem Sinn bzw. aktiver Sinngebung und der gesellschaftlichen Bedeutung als Resultat kollektiver menschlicher Tätigkeit in der Tätigkeitstheorie der russischen Psycholinguistik (Leont’ev 1974; Leontjew 1982; Prucha 1983; Leont’ev A. A./Leont’ev A. N./Judin 1984) oder auch in der systemtheoretischen Semantik (Fleischer 1990, 147 ff.). Auch hier ist kein Entweder-oder notwendig, denn einzelne Gebrauchsregeln sind in zweifacher Hinsicht ⫺ systemisch und durch die Sprechergemeinschaft ⫺ sowohl stabiliert als auch offen. „Regeln gibt es nur, wo es Subjekte gibt“ und diese Subjekte „stehen immer schon am Ende einer Kette von Sprachereignissen“ (Nozsicska 2000, 267, 269), weshalb Regeln grundsätzlich tradierte Regeln sind. Die Ordnung der Regeln untereinander, ohne die Sprachereignisse nicht sinnvoll aufeinander folgen können, ist aber aus der Kette dieser Ereignisse selbst nicht abzuleiten, sondern nur als Zusammenhang, als System zu beschreiben, und ist in dieser Beschreibung selbst stabiliert. Die Offenheit der Regel (Auflösung von Invarianz in die Varianz) wiederum heißt, dass erstens Veränderungen im System Veränderungen einzelner Regeln bedeuten und zweitens die Regelabweichung in einem neuen Sprachereignis möglich ist. Aufgrund dieser Komplementarität von Stabilierung und Offenheit der semantischen Regel setzt die Verhältnisbestimmung von Semantik und Pragmatik die Beantwortung invarianztheoretischer Fragen voraus, wie der Frage nach dem Verhältnis der invarianten lexikalischen oder grammatischen Bedeutung zu den Varianten des Gebrauchs, der Frage, ob für alle sprachlichen Einheiten invariante Bedeutungen angenommen werden müssen oder nicht, oder der Frage nach den Bedingungen des Bedeutungswandels, d. h. unter welchen Voraussetzungen bestehende Invarianz dynamisch und schließlich in neue invariante Bedeutungen transformiert wird. In einem einfachen Modell der Relation von Invarianz und Varianten, wie es zum Beispiel von Konstantin S. Aksakov (1817⫺1860) zur Beschreibung grammatischer Formen vertreten wurde, wird die Allgemeinbedeutung einer grammatischen Form strikt von ihrem Gebrauch unterschieden (Aksakov 1860; dazu Bondarko 1978, 128 ff.; 2002, 24 ff.). Ein komplexeres Bild deutet sich aber schon in Aleksandr A. Potebnjas (1835⫺1891) Unterscheidung von näherer (formaler) und fernerer Wortbedeutung an (bližajšee (formal’noe) ⫺ dal’nejšee značenie) (Potebnja 1958, 20 f.), die Bondarko (2002, 36) mit der Profilierung sprachlich-systemischer Bedeutung (sobstvenno jazykovoe značenie) gegenüber enzyklopädischer Information (ėnciklopedičeskaja informacija) vergleicht. Ein elaboriertes Modell innersprachlicher Semantik erlauben die im Prager Strukturalismus entwickelten Begriffe von Zentrum und Peripherie (Travaux lingustiques de Prague 1966; Bondarko 2002, 263; Nekula 2003). Aleksandr V. Bondarko (2002) kommt vor dem Hintergrund der Geschichte der Sprachtheorien zur Gegenüberstellung von uneingeschränkten Allgemein- und eingeschränkten Grundbedeutungen als den zwei konkurrierenden Annahmen grammatischer Invarianz (Bondarko 2002, 169). Während die Allgemeinbedeutung (obščee značenie) diejenige semantische Invariante darstellt, die alle Teilbedeutungen (častnye značenija) umfasst, ist die Grundbedeutung selbst eine Teilbedeutung, die für die Ge-

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik samtheit der Teilbedeutungen fundierend, aber nicht allumfassend ist (osnovnoe značenie ne imeet „vseoxvatyvajuščego“ xaraktera) (Bondarko 2002, 184). Semantiken der ersten Richtung sind z. B. die Theorien Mel’čuks, Apresjans oder Wierzbickas. Annahmen von Grundbedeutungen finden sich z. B. in der Prototypentheorie, der Unterscheidung von Zentrum und Peripherie im Prager Strukturalismus oder aktuell auch in der Kollokationssemantik Borisovas (Mel’čuk 1974; 1995; Apresjan 1995; Borisova 1995a⫺c; Wierzbicka 1996; Wirth 1996; den Überblick bei Hartenstein 1999). Zu den wohl bekanntesten „klassischen“ Invarianztheorien dürfte Roman Jakobsons Formulierung von Gesamtbedeutungen der grammatischen Kasus gehören, in der etwa der Nominativ als „merkmallose Form für die Nennfunktion der Rede“ den anderen Kasus als semantisch spezifizierten (markierten) Formen gegenübersteht (Jakobson 1936; 1958; 1974; Bondarko 2002, 161 ff.). Weniger bekannt ist Aleksej F. Losevs interpretationistische Semantik (Losev 1983), die hier als Beispiel einer Invarianztheorie der Grundbedeutungen Erwähnung finden soll. Als semantische Invariante einer grammatischen Form gilt in diesem Modell die Signifikation eines Sachverhalts unter einem bestimmten Aspekt. Nach diesem Ansatz, der der Schwierigkeit entgeht, für alle und aus allen Einzelbedeutungen der Kasus eine sinnvolle Gesamtbedeutung überhaupt abstrahieren zu können (vgl. Freidhof 1978, 31; 1999, 76 f.), bezeichnet zum Beispiel ein obliquer Kasus das Agens einer Handlung oder Experiens eines Vorgangs als Handlungsobjekt; ein grammatisches Tempus wie das Präsens bezeichnet im historischen Präsens vergangene Ereignisse als gegenwärtige usw. Das Hintergrundmodell des Interpretationismus ist letztlich die Metapher, d. h. ein Sprachgebrauch, in dem etwas als etwas anderes bezeichnet wird (Losev 1983, 190 f.). Mit dem semantischen Interpretationismus, das der gleichfalls interpretationistischen Bedeutungstheorie im Rahmen der funktionalen Grammatik verwandt ist (Bondarko 1996; 2002), überwand Losev seine mystifikatorische Semantikkonzeption, die er in den zwanziger Jahren in deutlicher Anlehnung an Florenskij vertrat (Kuße 2004, 188 ff.). Schon Potebnja war überzeugt, dass Kommunikation nur aufgrund gemeinsamer sprachlicher, d. h. „näherer“ Bedeutungen möglich ist (Potebnja 1958, 20 f.). Ebenso setzten Florenskij wie auch Losev invariante Bedeutung als Bedingung der Möglichkeit von Kommunikation voraus, hielten diese aber weder empirisch, noch durch logische Deduktion für letztgültig bestimmbar (Florenskij 1990; Losev 1993). Für Florenskij bleibt sie das „jenseitige“ Etymon eines Wortes (Kuße 2004, 200 f.), was konzeptionell immerhin die wesentliche Intention enthält, dass die kommunikative Voraussetzung von Invarianz nicht zugleich voraussetzt, diese Invarianz auch eruieren zu können. Die Unterscheidung von Grund- und Allgemeinbedeutung, interpretationistischer und mystifikatorischer Semantik geschieht grundsätzlich noch auf sprachsystemischer Ebene, also im Rahmen eines Code-Modells der Bedeutung, das nach Posner (1997, 235 f.) drei Möglichkeiten der Verhältnisbestimmung von invarianter und aktueller (nicht im Code verankerter) Bedeutung zulässt: zum einen die code-maximalistische Position, derzufolge sprachliche Mehrdeutigkeit in den verschiedenen Codes, denen ein Zeichen jeweils angehören kann, monosemiert wird; zum anderen die minimalistischen Positionen, in denen die minimale sprachliche Bedeutung entweder allgemein (eine Allgemeinbedeutung) oder speziell, also eine Grundbedeutung ist und spezialisiert oder situativ interpretiert werden muss. Im ersten Fall wirkt der Kontext als Filter, der die potenzielle Semantik einer sprachlichen Einheit im Gebrauch monosemiert (vgl. Moeschler/Reboul/Luscher/Jayez 1994, 15 ff.; Moeschler 1996, 51 ff.). Im zweiten

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Fall kann die situative Interpretation im Sinne des Interpretationismus Losevs oder drittens, wie es Moeschler (1996, 70) vorschlägt, als semantische Anreicherung verstanden werden. Der Entscheidung für eine der drei Positionen oder auch für die Annahme ihrer Komplementarität ist jedoch die Frage vorgeordnet, ob tatsächlich für alle sprachlichen Einheiten semantische Invarianz angenommen werden muss. Die gegenteilige Auffassung liegt nicht nur gebrauchsmonistischen Sprachtheorien, sondern z. B. auch dem Grundbedeutungsmodell der Prototypensemantik (Bondarko 2002, 264) mit ihrer den Prager Strukturalismus neu formulierenden Aufspaltung von Konzepten in kognitive Kern- und Peripheriezonen zugrunde, derzufolge aktuelle Bedeutungen näher oder ferner zu den typischen Vertretern von Bedeutungskomplexen verstanden werden können, nicht jedoch als Abweichungen von ⫺ oder Übereinstimmungen mit invarianten distinktiven Bedeutungsmerkmalen sprachlicher Einheiten (zur Prototypentheorie in der Slavistik s. Lampert 1992). Wierzbicka (1990; 1996) zeigt allerdings, dass zwischen komponentialsemantischer Invarianz und Prototypensemantik kein ausschließender Gegensatz besteht, sondern beide Modelle komplementär zu betrachten sind (was sich auch auf die Opposition von anderen Grundbedeutungs- und Allgemeinbedeutungsmodellen übertragen lässt). Außerdem können sowohl Ausdrücke ohne als auch solche mit Prototypenstruktur scharfe oder unscharfe Ränder haben, und zwar je nachdem, ob sie durch Eigenschaftsmerkmale (wie z. B. Vogel oder Primzahl) oder Nutzungsmerkmale (wie z. B. Haus oder Getränk) charakterisiert sind (Keller 1995; 1996). Die Voraussetzung von sprachlicher Invarianz impliziert folglich nicht, dass alle sprachlichen Einheiten auf allen Ebenen sprachlicher Komplexität im gleichen Umfang und in gleicher Weise invariant sind.

4. Pragmasemantik Wierzbicka (1991, 15 ff.) ergänzt die von Leech (1983, 6) unterschiedenen Relationen von Semantik und Pragmatik als Semantizismus, Komplementarismus und Pragmatismus, d. h. als Unterordnung der Pragmatik unter die Semantik in der generativen Semantik, als Gleichrangigkeit beider Ebenen bei Morris sowie als Auflösung von Bedeutungen im Gebrauch bei Wittgenstein, um die Unterscheidung zwischen semantisch integrierter linguistischer Pragmatik und außerlinguistischen Pragmatiken (im Plural). Den Unterschied verdeutlicht Wierzbicka graphisch mit zwei Quadraten, von denen eines das Gebiet der Semantik und eines das Gebiet der Pragmatik darstellt. Das Quadrat der Pragmatik ist gekippt, so dass ein Teil mit der Semantik eine Fläche bildet, die Spitzen jedoch über die Semantik und damit auch die Linguistik hinausragen. Für Wierzbicka (1991, 5, 19 f.) ist die linguistische Pragmatik ein Teil oder ein Aspekt der Semantik und als solche von den außerlinguistischen soziologischen, psychologischen, ethnomethodologischen u. ä. Pragmatiken zu unterscheiden. Sowohl Wierzbicka als auch Apresjan in seinem verwandten Ansatz der „integralen Sprachbeschreibung“ gehen von der semantischen Invarianz (oder mindestens einer begrenzten Anzahl von distinkten Varianten) lexikalischer Einheiten aus, die in Definitionen und Merkmalclustern lexikographisch erfasst werden und pragmatische, d. h. äußerungsbezogene und konnotative Bedeutungen enthalten (Wierzbicka 1996, 237 ff.; Apresjan

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik

Abb. 69.1: Semantik und Pragmatik nach Wierzbicka (1991, 20)

1995; 1999; Novyj ob”jasnitel’nyj slovar’ 1997). Apresjan versteht unter der integralen Sprachbeschreibung zunächst eine Methode, die Lexikon und Grammatik linguistisch aufeinander bezieht und in der Darstellung der Semantik lexikalischer Einheiten grammatische Bedeutungen integriert (Apresjan 1995/2, 135). In die Lexikographie der ‚Moskauer Schule‘ gehören für jede lexikalische Einheit aber auch Konnotationen und pragmatische Informationen, die die Beziehung des Sprechers zur Wirklichkeit, zum Inhalt der Mitteilung und zum Adressaten angeben, soweit sie sprachsystemisch (und nicht erst kommunikativ) beschreibbar, also lexikalisiert oder grammatikalisiert sind (vgl. ebd., 135 ff.; 1999; Novyj ob”jasnitel’nyj slovar’ 1997). Lexikalische Bedeutung ist in diesem Rahmen intrinsisch und extrinsisch. Während die intrinsische Bedeutung aus der assertiven Komponente und Argumentvariablen mit Selektionsrestriktionen besteht, gehören zur extrinischen Bedeutung „lexikalische Präsuppositionen und Implikationen, pragmatische Komponenten („modal’naja ramka“), Wissen über Prototypen, Frames und Skripts, Assoziationen, periphere (nicht assertive) expressive und stilistische Funktionen [...]“ (Lehmann 2004, 69). Pragmasemantik ist also bei Apresjan und Wierzbicka die Integration pragmatischer Bedeutungen in die semantische Beschreibung. So sinnvoll diese explizit gemachte Reintegration von Semantik und Pragmatik ist, so wenig ist jedoch mit der von Wierzbicka beanspruchten Trennung von zwei Pragmatiken gewonnen, weil hiermit gegenüber dem Morrisschen Komplementarismus nur eine Verschiebung der Trennlinie zwischen Pragmatik und Semantik stattgefunden hat. Der Äußerungspragmatik steht nun eine pragmatisch erweiterte Semantik gegenüber. Die oben abgebildete Graphik zeigt allerdings ein anderes Verhältnis der beiden sprachlichen Ebenen als in Wierzbickas eigener Erklärung. Die Pragmatik bildet hier ja ein Quadrat, das sowohl an der Linguistik (im Sinne der Semantik einschließenden Systemlinguistik) als auch

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XI. Semantik der slavischen Sprachen am gesamten Bereich menschlicher Kommunikation Anteil hat, der für Wierzbicka aus der Linguistik herausfällt. Das Bild veranschaulicht also tatsächlich ein Verständnis von Pragmatik als Überlagerung oder auch Klammer von sprachlichem System und Kommunikation im weitesten Sinne. Insofern jede konkrete Rede „an die sozialen Bedingungen der Kommunikation gebunden“ ist (Jacques 1986, 99), kann von diesen Bedingungen in der Pragmalinguistik schwerlich abgesehen werden. Sie sind vielmehr der Grund, warum die Pragmatik (und nicht die Semantik) die Integrationsbasis der linguistischen Disziplinen sein kann und sollte. Pragmatisch integriert ist dann auch jenseits der Gefahr des Neohumboldtianimus eine Kultursemantik möglich, die es erlaubt, Bedeutungen im Schnittbereich von sprachlichen Varietäten, institutionellen Diskursen und sprachsystemischer Semantik als „kulturelle Einheiten“ in „kulturellen Codes“ zu begreifen, „die die Welt der Kommunikation statt der Sachen zirkulieren“ lassen (Eco 1991, 73). Linguistisch greift in diesem pragmalinguistischen Holismus die Idee der semantischen Anreicherung, in der die prinzipielle Infinität von Kontextbildungen schon in der Theorie angelegt ist. Die Kontextbedeutungen falsifizieren die angenommene invariante Bedeutung: Eine Verwendungsweise darf nicht der gesetzten invarianten Bedeutung widersprechen, andernfalls ist die Bedeutung falsch gesetzt, oder wir haben es entweder mit Homonymie oder mit Bedeutungswandel zu tun. In diesem Rahmen lassen sich vom Begriff der Bedeutung (Invarianz) zwei Begriffe der Varianz unterscheiden: Verwendung und Vorkommen. Verwendungen (oder auch Verwendungsweisen) sind Abstraktionen des empirisch ermittelbaren Gebrauchs sprachlicher Einheiten, wozu auch die Diversifikation des Gebrauchs in Diskursen und Textsorten gehört, die textsorten- oder diskursspezifische semantische Varianten bildet. Das Vorkommen ist demgegenüber der Einzelfall des Gebrauchs einer sprachlichen Einheit mit ihrer singulären, von der aktuellen Äußerungssituation, Sprecherintention und aktuellem Kotext abhängigen semantischen Anreicherung. In die invariante Bedeutung gehen pragmatische Informationen ein wie unter anderem die kommunikative Funktionalität der sprachlichen Einheiten: ihre Emotivität, Konnotativität oder Argumentativität.

5. Die argumentationslinguistische Pragmasemantik Als Grundannahme der Pragmasemantik kann die von Janko (2001, 13) formulierte Hypothese gelten, dass der Sprechakt nicht elementar ist, sondern sich aus kommunikativen Komponenten zusammensetzt, deren verschiedene kommunikative Funktionen zu besonderen semantischen Effekten der Äußerung führen. Als argumentative Funktionen sind solche Effekte in der Argumentationslinguistik Anscombres, Ducrots, Raccahs u. a. beschrieben worden, deren „pragmatique integrée“ den Semantiken Wierzbickas und Apresjans verwandt ist, sich von ihnen aber durch eine dezidiert argumentationslinguistische Ausrichtung unterscheidet (Anscombre/Ducrot 1983; 1986; Anscombre 1995; Plantin 1990; Raccah 1996; Journal of Pragmatics 1995). In der Weiterentwicklung der Konzeption dominiert besonders bei Moeschler (1996) die pragmatische, an der Relevanztheorie Sperber/Wilsons (1995) orientierte Interpretation sprachlicher Einheiten gegenüber der semantischen. Von Anscombre und Ducrot wird die argumentative Pragmasemantik einer sprachlichen Einheit in der Auswahl ihrer

69. Zum Verhältnis von Semantik und Pragmatik argumentativ möglichen Äußerungsanschlüsse gesehen. So beruht z. B. die mittlerweile ausführlich beschriebene argumentative Funktionalität koordinierender Konjunktionen darauf, Inhalte in den verknüpften Konjunkten in eine argumentative Relation zueinander zu setzen, die syllogistisch abbildbar ist (vgl. Anscombre/Ducrot 1983; Eggs 1984; 2001; Moeschler 1985; Kuße 1998). Operatoren wie v. a. Partikeln und Adverbien erfüllen dagegen die Funktion, Äußerungsinhalte argumentativ zu modifizieren. Wird z. B. eine Äußerung wie „Il est huit heures“ durch den Operator ne ... que bzw. deutsch erst, russisch ešče tol’ko, tschechisch teprve, poln. dopiero usw. modifiziert (Es ist erst acht Uhr“, „Il n’est que huit heures“, „Ešče tol’ko vosem’ časov“, „Je teprve osm hodin“, „Jest dopiero ósma“), kann die Äußerung nicht mehr als Argument einer Aufforderung, sich zu beeilen fungieren, sondern erlaubt nur den Anschluss der Konklusion, zu bleiben, Ruhe zu bewahren o. ä. (vgl. Moeschler 1985, 57). Der Operator fügt dem Inhalt also nicht nur die Unbestimmtheit der Zeitangabe hinzu, sondern indiziert die Äußerung als Argument gegen die sofortige Ausführung einer bestimmten Handlung oder verneint indirekt die Frage, ob ein anderes Ereignis eingetreten sei. Die Äußerung, es sei erst acht Uhr, könnte z. B. auch die Vermutung zurückweisen, dass ein erwarteter Gast schon hätte eingetroffen sein müssen. An die Äußerung „Pierre a peu travaillé“ (deutsch „Peter hat wenig gearbeitet“, russisch „Pëtr malo rabotal“, tschechisch „Petr málo pracoval“, poln. „Piotr mało pracował“ usw.) sind Folgerungen anknüpfbar wie „Il risque donc ne pas réussir à son examen“ (deutsch „Er riskiert noch sein Examen“, russisch „On možet ne sdat’ ėkzamen“, tschechisch „Riskuje svou zkoušku“, poln. „Ryzykuje, że nie zda egzaminu“ usw.), wird jedoch der Operator modifiziert bzw. im Russischen oder Tschechischen durch einen anderen Operator ersetzt (französisch un peu, deutsch ein wenig, russisch nemnogo, tschechisch trochu, poln. trochę usw.), kehrt der Sprecher die Argumentationsrichtung um (vgl. Ioanesjan 1991, 176) ⫺ das vorgebrachte Argument ist nun positiv: deutsch „Peter hat ein wenig gearbeitet. Vielleicht kommt er durchs Examen“, russisch „Pëtr nemnogo rabotal. Vozmožno on sdast ėkzamen“, tschechisch „Petr trochu pracoval. Snad u zkoušky projde“, poln. „Piotr trochę popracował. Może zda egzamin“ usw. In der radikalen Version des Argumentativismus von Anscombre/Ducrot (1986) ist Argumentativität das Merkmal aller Wortbedeutungen im Gebrauch, die topisch bestimmt werden (vgl. Moeschler 1985, 72; Žagar 1995, 17; Anscombre 1995a, 115). Von Anscombre werden diese Topoi als intrinsisch, d. h. lexikalisch, und extrinsisch, d. h. sozial-ideologisch differenziert. Aus dem Prädikat reich kann in einer Äußerung wie „Peter ist reich“ intrinsisch gefolgert werden: „Er kann sich deshalb kaufen, was er möchte“, während der Schluss „Deshalb ist er geizig“ nur extrinsisch möglich ist (Anscombre 1995a, 133; 1995c, 54). Diese Unterscheidung ist jedoch pragmalinguistisch aufhebbar, wenn Topoi abstrakt formuliert werden und in der Abstraktion zugleich der argumentationstheoretische Status der semantisch indizierten Topoi geklärt wird. Die argumentative Semantik eines Lexems gibt dann die Einordnung des Lexems in einen allgemeinen Topos an, der wiederum die argumentative Orientierung von Äußerungen vorgibt, in denen das Lexem verwendet wird. Das soll abschließend am Beispiel mentaler Verben im Russischen illustriert werden (dazu Zybatow 1983; Arutjunova 1988; Arutjunova/Rjabceva 1993; Ioanesjan 1991; 1993; Zaliznjak 1992; Bogusławski 1994; Apresjan 1995/2; 2001; Novyj objasnitel’nyj slovar’ 1997; Kuße 2003; 2004, 504 ff.): So bezeichnen z. B. dumat’ (denken, glauben, meinen) oder sčitat’ (meinen) in Opposition zu znat’ (wissen, kennen) mentale Zustände und Prozesse als verantwortbare Sachverhalte (Handlungen oder

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XI. Semantik der slavischen Sprachen Folgen von Handlungen der „Meinungsbildung“), die von einem Subjekt gerechtfertigt werden können; vgl. kritische Fragen wie „Počemu ty tak dumaeš’/ty sčitaeš, čto ...?“ („Warum denkst du so?/ meinst Du, dass ...?“). Während jedoch sčitat’ und znat’ innerhalb der mentalen Ausdrücke den Bereich des invariant Argumentativen begrenzen, da sie die nachfolgende Proposition als strittig (und damit argumentationsbedürftig) qualifizieren, ist dumat’ auch in Konstruktionen möglich, in denen es als Prädikat keine Strittigkeit der Äußerung indiziert; vgl. „Ne ob“jazatel’no dumat’, kak dumal Rozanov“ (Aleksej Losev) („Man muss nicht so denken, wie Rozanov dachte“) versus „On dumaet o svoëm otce“ („Er denkt an seinen Vater“). Für Faktiva (insbesondere znat’) gilt invariant, dass sie Strittigkeit als möglichen Dissens aufgrund von Nichtwissen indizieren und topisch sowohl Wirkungen von Ursachen als auch Handlungsbedingungen bezeichnen; z. B. „Otkuda ja znaju kartinu neba segodnja? (Aleksej Losev)“ („Woher kenne ich das Bild des Himmels heute?“), „On znaet, čto X, poėtomu i možet skazat’, čto Y“ („Er weiß, dass X, deshalb kann er auch sagen, dass Y“). Diese invarianten Bedeutungsmerkmale gelten nicht nur für propositionales znat’, čto (wissen, dass), sondern auch für Wissen als Bekanntschaft, das Apresjan als znat’2 klassifiziert, und für das im Deutschen das Lexem kennen zur Verfügung steht; z. B. „On znaet ego“ d. h. „Er kennt ihn“, während z. B. im Tschechischen oder Polnischen die Äquivalente znát und znać auf diese Bedeutung beschränkt sind, und propositionales Wissen mit den Lexemen vědět, wiedzieć bezeichnet wird (zum Polnischen Laskowski 2000). Die Unterscheidung von propositionalem Wissen und Wissen als Bekanntschaft, die im Russischen als Verwendungsweise einzustufen ist, geht in Sprachen mit zwei Lexemen also jeweils in die Bedeutung ein.

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Holger Kuße, Dresden (Deutschland)

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen 70. Textkohärenz 1. 2. 3. 4. 5.

Einleitung Manifeste vs verborgene Kohärenz: die einzelnen Mittel und Verfahren Kodierungsaufwand und Kontinuität Kohärenzstörungen in mündlicher Sprachverwendung Literatur (in Auswahl)

Abstract After a brief explanation of the term ‘text coherence’, which is considered more fundamental than ‘text’ itself and comprises both written and oral monological texts, its application (in Gricean terms) to dialogical discourse is discussed. Then follows an overview of the most fundamental devices serving as textual ties, such as: anaphoric and cataphoric reference, sentence connexion, mixed cases, ‘information packaging’ (also known as Functional sentence perspective, Actual division, etc.), isotopic links, etc. Particular attention is given to the different impact of various kinds of empty signs on text interpretation: ellipsis signals maximal coherence (recurring material is simply omitted), whereas certain zero signs, e.g. the so-called indefinite-personal verb forms in Russian, on the contrary indicate the appearance of a new, ephemeral referent. Asyndetic linking is especially tricky in that it covers cases of both very tight and very loose links and may be semantically unequivocal, vague, ambiguous or empty. All this boils down to the statement that text coherence is a graded phenomenon and dialectally related to text delimitation. If we add hierarchical organization to this, we obtain an even more differentiated picture of the intricate interplay of manifest and hidden linguistic means and devices. Moreover, the widespread distinction between coherence and cohesion turns out to be far from being clear-cut: it rather marks two opposite poles of a whole scale of varying degrees of explicitness/implicitness. In the following section, I examine the interrelation between coherence and coding, the working hypothesis being that the weaker the former is, the more elaborated the coding has to be. The last section is devoted to the analysis of various coherence disturbances in spontaneous discourse caused by the speaker’s inappropriate assessment of the hearer’s knowledge or (more elementarily) his inability to correctly designate the referent he intends to establish.

1. Einleitung Die Unterbringung dieses Beitrags in einem slavistischen Kompendium weckt möglicherweise Erwartungen, denen er nicht gerecht werden kann. Gibt es etwa spezifisch slavische Charakteristika des inneren und/oder äußeren Zusammenhalts von Texten?

70. Textkohärenz Ist im europäischen Raum überhaupt mit Textkohärenz stiftenden Mitteln bzw. Strukturen zu rechnen, die spezifisch für eine bestimmte Sprachfamilie sein könnten? Die Frage stellen heißt sie verneinen: die hier zum Einsatz gelangenden Mechanismen haben entweder zumindest europaweit Geltung ⫺ so das Prinzip, dass die bereits aktualisierte Information prosodisch zurückgeblendet und in unmarkierter Wortfolge satzinitial platziert wird, das Neue hingegen prosodisch hervorgehoben und gegen das Satzende untergebracht wird (die umgekehrte Abfolge herrscht dagegen im Papago, einer utoaztekischen Sprache), oder die ikonische default-Wiedergabe einer zeitlichen Sequenz von Ereignissen als Abfolge perfektiver Präterita (bzw. ihrer funktionalen Äquivalente in Sprachen ohne systematische Aspektopposition, also z. B. den romanischen Sprachen) ⫺, oder sie betreffen den Einsatz von Mitteln, deren Genese nicht genetisch, sondern areal bedingt ist, wie dies beim bestimmten Artikel in den Balkansprachen der Fall ist, der unter anderem auch zur Markierung anaphorischer Textverweise dient. Textlinguistische Kriterien spielen sogar im Vergleich von Einzelsprachen kaum eine Rolle, weniger jedenfalls als etwa pragmatische Aspekte wie Präferenzen für direktere oder indirektere Kodierung bestimmter Sprechakte, Spielarten negativer oder positiver Höflichkeit, konventionelle Ironie etc. Dies heißt freilich nicht, dass im innerslavischen Vergleich nicht doch Divergenzen erkennbar werden, etwa bezüglich der bevorzugten Verwendung von Leerstellen im Russischen, der Opposition von prävs. postponierter Stellung des anaphorischen Demonstrativadjektivs im Polnischen, der Dreierdeixis und ihrer Verteilung beim Textverweis im Serbisch/Kroatisch/Bosnischen und Makedonischen, etc. Der beschränkte Umfang dieser Studie erlaubt jedoch keinerlei systematische innerslavische Vergleiche. Der Schreibende versteht seine Aufgabe vielmehr darin, typische kohärenzstiftende Verfahren und Prinzipen anhand des modernen Russischen zu illustrieren. Zuvor gilt es allerdings eine zumindest minimale Begriffsplattform zu zimmern. Das ehrwürdige Alter der Disziplin ⫺ in der deutschen Sprachwissenschaft blickt sie auf vierzig Jahre, in der russischen bzw. sowjetischen Sprachwissenschaft gar auf gut fünfzig Jahre zurück ⫺ erlaubt es, hier auf vieles zurückzugreifen, das schon seit langem zum Eisernen Bestand der Textlinguistik gehört. Vorausgeschickt sei, dass der Begriff ‚Textkohärenz‘ konstitutiv für den Textbegriff selber geworden ist: Satzfolgen ohne erkennbare Kohärenz sind per definitionem keine Texte, sondern allenfalls Pseudotexte. In der osteuropäischen Linguistik hat z. B. Wajszczuk (1983) pronociert diesen Standpunkt vertreten. Die zentrale Rolle der Kohärenz für den Textbegriff erhellt auch aus der von T. M. Nikolaeva stammenden Definition im „Lingvističeskij ėnciklopedičeskij slovar’“ (1990): „ob”edinnaja smyslovoj svjaz’ju posledovatel’nost’ znakovyx edinic, osnovnymi svojstvami k-oj javljajutsja svjaznost’ i cel’nost’“. Aus der deutschsprachigen Literatur sei auf die Textdefinition von Brinker (1992, 14, 18) verwiesen, der Text als „kohärente Zeichen- bzw. Satzfolgen“ bestimmt. Dabei gehört allerdings ebenfalls zum allgemeinen Konsens, dass praktisch jede Satzfolge als kohärent gelten kann, da die Rekonstruktion des inneren Zusammenhalts grundsätzlich nur von der Findigkeit des Interpreten abhängt. Bei der Textsynthese bzw. ⫺analyse können Textproduzent und Textrezipient auf vier unterschiedliche Speicher zurückgreifen, nämlich Sprachwissen, Textwissen, Situationswissen (dazu gehören alle deiktischen Elemente) und Weltwissen. Die Abgrenzung dieser vier Wissensbereiche ist im Einzelfall nicht unumstritten, vgl. unten die Diskussion von Bsp. 4. Innerhalb des Weltwissens sind ferner neben dem individuellen „background knowledge“ so genannte Frames und Scripts (z. B. ‚Hochzeit‘, ‚Fussballmatch‘, ‚Arztvi-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen site‘, ‚Gerichtsverfahren‘) zu unterscheiden, d. h. fertig abrufbar gespeicherte Szenarien; sie erlauben vor allem eine ökonomischere Vertextung, da nicht sämtliche Bestandteile bzw. Etappen des fraglichen Ablaufs genannt werden müssen. Generell erfahren jene Elemente, die der Sprecher als geteiltes Vorwissen voraussetzen darf, eine andere Realisierung als neu zu etablierende Informationen. Viele Textmodelle unterscheiden dabei zwischen einem Kurzzeitspeicher mit aktualisierter Information (in Yokoyama 1986 als „set of current concern“ bezeichnet) und einem Langzeitspeicher mit Hintergrundwissen, wozu auch Elemente des Textwissens gehören können, die seit längerem nicht mehr aktualisiert worden sind. Wie lange ein Element sich im Kurzzeitspeicher befindet, ist wohl von mehreren Variablen abhängig, die Entscheidung darüber fällt aber jedenfalls der Sprecher, der ggf. spezielle Mittel zur Reaktivierung der in den Hintergrund gerückten Elemente einsetzt. Die Begriffe ‚Text‘ und ‚Textkohärenz‘ sind entsprechend einem heute konsensfähigen Verständnis (so z. B. Brinker 1992, 19) nicht auf schriftlich fixierte Vorkommen beschränkt, sondern umfassen auch mündliche Monologe. Dabei kennzeichnen sie gleichermaßen geplante wie spontane Sprechereignisse, eine Unterscheidung, die sich auf die Wahl der eingesetzten Mittel auswirkt: ein wissenschaftlicher Vortrag erfordert ein anderes Instrumentarium als eine in Small talk eingebettete Alltagserzählung oder eine mündliche Gebrauchsanweisung. In spontaner Rede ist überdies mit gelegentlichen Kohärenzstörungen infolge lokaler Umplanungen, Gedächtnislücken etc. zu rechnen, die in kontrollierter Rede nicht auftreten. So oder so aber lassen sich alle Kohärenzsignale der sechsten, auf die Struktur der Nachricht bezogenen Zeichenfunktion in Jakobsons bekanntem, auf einem sehr rudimentären Kommunikationsmodell aufbauenden Katalog sprachlicher Funktionen zuordnen; diese Funktion wurde vom Autor selber reichlich irreführend als poetisch bezeichnet, zutreffender wäre stattdessen die Benennung textuelle Funktion. Im vorliegendem Beitrag werden schwergewichtig transkribierte Auszüge aus mündlichen Genres (Presseinterviews mit Politikern, Erinnerungen von Kriegsveteranen) behandelt, um so auch einen neueren Forschungsbereich zu seinem Recht kommen zu lassen und die ganze Bandbreite von Kohärenzphänomenen zu illustrieren; insbesondere kann auf diese Weise auf Kohärenzstörungen und Mechanismen ihrer Behebung eingegangen werden, vgl. Abschnitt 3. Unser Material enthält entsprechend nicht nur syntaktische Konstruktionsbrüche, Anakoluthe usw., sondern auch ‚autistische‘ Fixierungen auf den eigenen Wissensstand unter Missachtung des Wissensstands des Hörers. Was im übrigen die Analyse schriftlicher monologischer Texte angeht, so ist das komplexe Zusammenspiel der verschiedenen unten beschriebenen Subsysteme von kohärenzstiftenden Mitteln vom Schreibenden schon in Weiss 1989 und 1995 anhand von Ausschnitten aus literarischen und publizistischen Texten beschrieben worden. Kontrovers ist die Ausweitung des Kohärenzgebots vom Monolog auf den Dialog. Sie wird z. B. von Brown und Yule (1983) vertreten, vgl. das mit „Coherence in the interpretation of discourse“ betitelte Kap. 7 dieses Handbuchs, dagegen verworfen von Brinker (1992, 19). Da die Dialogpartner über unterschiedliche Referenzwelten und Textstrategien, unterschiedliches Vorwissen und bei vielen Themen auch über konfligierende Ansichten verfügen, kann Kohärenz kann hier nur interaktiv zustande kommen, und sie wird als neue Dimension gegenüber dem Monolog auch das Kontinuum zwischen Konsens und Dissens umfassen müssen; es handelt sich hier also um eine Kohärenz höherer Ordnung, die bei argumentativen Dialogen (Streitgesprächen, Ver-

70. Textkohärenz handlungen, Gerichtsverfahren etc.) auch ein gehöriges Ausmaß an Dissens einschließt. Dagegen lässt sich einwenden, dass auch im Monolog zum Beispiel bei der Wiedergabe einer fremden Perspektive, sei sie nun als direkte, indirekte oder erlebter Rede formuliert, andere Referenzwelten etabliert werden und auch Autoren von Monologen sich durchaus inkonsistent äußern können. Außerdem wirkt die Ausblendung des primären Vorkommens von Sprache (nämlich eben im Dialog) bei einem so grundlegenden Begriff wie ‚Kohärenz‘ störend; letzteren einfach in toto der Gesprächsanalyse zuzuweisen, wie dies z. B. Brinker (1992, 19) vorschlägt, vermag kaum zu befriedigen, da der bisherige Stand dieser Disziplin kaum Ansätze zur Erforschung der Kohärenz von Dialogen erkennen lässt. Der Einbezug der dialogischen Dimension erscheint im übrigen nur konsequent, wenn man das Kohärenzgebot des Sprechers bzw. die Kohärenzerwartung des Adressaten einfach als Entfaltung der Grice’schen Relevanzmaxime auffasst; die monologische Kohärenz erweist sich dann als Spezialfall der Forderung, jeden eigenen Beitrag als zum Kontext passend zu gestalten. Dafür spricht z. B., dass etwa die thematische Abweichungen und damit die Verletzung der Relevanzmaxime anzeigenden Partikeln wie russ. kstati, vpročem oder voobšče ja auch im Monolog anzutreffen sind, ebenso Sprichwörter, kreative Metaphern und andere die Relevanzmaxime tangierende Figuren. Ein Beispiel für eine durch die Verletzung der Relevanzmaxime ausgelöste konversationelle Implikatur als Kohärenzreparatur liefert Bsp. 2, s. u. Als Domäne der Textkohärenz soll jedes sprachliche Erzeugnis von der Abfolge zweier selbständiger Sätze bis zum abgeschlossenen Textganzen gelten. Dabei wird die Grenze zwischen Komplexem Satz (= Satzgefüge) und Satzfolge bei schriftlicher Fixierung nach der Interpunktion festgesetzt: ein Komma verbindet die Gliedsätze eines Komplexen Satzes, alle andern Satzzeichen verknüpfen selbständige Sätze zu einer Satzfolge. Bei mündlicher Realisierung kommen entsprechend unterschiedliche Intonationsverläufe in Frage (z. B. entspricht einem Doppelpunkt u. U. eine bis zum Schluss steigende Kontur), entscheidend ist die Pause zwischen zwei Segmenten. Gewiss sind damit bei der Analyse mündlicher spontaner Rede noch viele Delimitationsprobleme offen, die im Rahmen dieses Beitrags jedoch nicht behandelt werden können.

2. Manifeste vs verborgene Kohärenz: die einzelnen Mittel und Verfahren Textkohärenz beruht in jedem Fall auf der Rekurrenz (Wiederkehr) bestimmter Elemente innerhalb der eben definierten Domäne. Dies wird auf sehr verschiedene Weise realisiert. Zum einen existiert eine Reihe von für diese Zwecke spezialisierten Ausdrucksmitteln. In erster Linie sind dies Textverweismittel wie adjektivische und substantivische Demonstrativpronomina und Personalpronomina der 3. Pers., die entweder anaphorische Suchanweisungen (Rückverweise) zur Auffindung des passenden Antezedens oder (weit seltener) kataphorische (Voraus-)Verweise realisieren; zum letzteren Fall vgl. unten Bsp. 10. Neben eigentlichen koreferenten Verweissequenzen können sie ferner den Wechsel des Elements unter Wahrung der Klassenidentität signalisieren (vgl. russ. takoj). Neben den Textverweismitteln sind die Satzkonnektoren (Konjunktionen, Adverbien, Partikeln) der zweitwichtigste Garant des äußeren Zusammenhalts:

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen sie verknüpfen jeweils ein Vorder- und ein Nachkonjunkt, die beide aus einem oder mehreren Sätzen bestehen. Das Inventar der möglichen Konnexionsbedeutungen entspricht demjenigen, das traditionelle Grammatiken bei Konjunktionen unterscheiden: neben den auf der logischen ‚und‘-Verknüpfung basierenden bloßen ‚und‘- sowie der adversativen, der temporal-sequentiellen sowie -simultanen Relation, der inklusiven und exklusiven ‚oder‘-Relation handelt es sich v.a um die mit der Bedingtheits-Relation verbundenen Verhältnisse (konditional, kausal, konsekutiv, konzessiv). Die textuelle Spezialisierung ist bei beiden Typen von Ausdrucksmitteln nicht exklusiv: die genannten Pronomina versehen im dialogischen Register auch deiktische Funktionen und treten auch im einfachen und komplexen Satz auf, und innerhalb der Konnektoren ist ebenfalls eine Unterklasse von parataktischen Konjunktionen wie russ. i, da, no, a zu unterscheiden, die sowohl transphrastisch innerhalb einer Satzfolge als auch intraphrastisch innerhalb eines komplexen Satzes verbinden. Neben den genannten explizit Kohärenz anzeigenden Zeichen gibt es ein triviales Verfahren, das ebenfalls Rekurrenz signalisiert, nämlich die totale oder partielle Wiederholung. Handelt es sich um eine NP, so funktioniert das Zweitvorkommen als anaphorischer koreferenter oder klassenidentischer Textverweis, werden Prädikationen wiederholt, so werden die zugehörigen Aktanten (-paare, -tripel) ad hoc zu einer neuen Klasse vereint. Und schließlich existiert neben den primär textuell ausgerichteten Zeichen auch eine Klasse von Zeichen, die sekundär ebenfalls kohärenzstiftend eingesetzt werden können. Je nach Textsorte können z. B. exophorische Mittel zu Texterweiszwecken metaphorisiert werden, so Ordinalzahlen wie pervyj oder poslednij oder lokaldeiktische Adjektive und Adverbien wie vysšij, niže, dal’nejšij; selbst Partizipien von sprechaktbezeichnenden Verben wie obsuždaemyj, privedennyj, upomjanutyj finden in wissenschaftlichen Textsorten Anwendung (Inventar und Funktionsweise solcher textverweisender Adjektive sind für das Polnische in Weiss 1999a, 78⫺86 beschrieben worden). Überdies können Textverweismittel an der Satzkonnexion teilhaben, vgl. die russ. Konnektoren poėtomu, potom, takim obrazom, k tomu že etc. Aus der Kombination von textverweisenden Demonstrativa und Nomina, die ein mögliches Konnexionsverhältnis bezeichnen, entsteht eine ganze Klasse von Präpositionalphrasen mit Konnektorenfunktion, vgl. v ėtot moment, po toj že pričine. Da sich die anaphorische Komponente beliebig ausbauen lässt (vgl. z. B. v rezul’tate ėtoj bombardirovki, posle ėtoj vstreči etc.), bilden die Konnektoren gemäß dieser Auslegung eine offene Klasse. Der Vollständigkeit halber sei schließlich erwähnt, dass sogar ganze Sätze Textverweis- oder Konnexionsfunktionen übernehmen können, vgl. Vyše bylo ukazano na to, čto ... oder Proisxodilo ėto po toj pričine, čto. Noch weniger speziell auf Kohärenzfunktion ausgerichtet ist der Komplex der so genannten Aktuellen Satzgliederung. Der hier seit Jahrzehnten herrschende terminologische Wirrwarr lässt es nicht geraten erscheinen, Begriffspaare wie ‚Thema ⫺ Rhema‘, ‚Topic ⫺ Comment‘, ‚gegeben vs. neu‘ oder ‚bekannt vs. unbekannt‘ an dieser Stelle zu erörtern; zu einer formalen Definition dieser Begriffspaare vgl. (Mel’čuk 2001). Für unsere Zwecke relevant ist in erster Linie die Unterscheidung von bereits aktualisierten, d. h. im gemeinsamen Kurzzeitspeicher von Produzent und Rezipient befindlichen Elementen, und der neuen Information, die entweder ausschließlich neue Prädikationen bzw. Referenzakte enthält oder aber partiell auf Elemente aus dem Welt- und Sprachwissen des Rezipienten zurückgreift. Wie schon in der Einleitung angedeutet, wird in slavischen Sprachen diese Unterscheidung primär durch Prosodie und Wort-

70. Textkohärenz folge realisiert. Diese Mittel können im Verbund mit anderen zusätzliche Kohärenzfunktionen übernehmen. Wird z. B. statt eines spezialisierten (pronominalen) Textverweismittels eine unmarkierte NP gewählt, so zeigt deren Stellung und prosodische Behandlung an, ob sie als anaphorischer umschreibender Verweis ⫺ als Gegenbegriff zur nominalen Wiederholung sei hier von Periphrase die Rede ⫺ oder als exophorische Installierung eines neuen Referenten dient. Parallele Wortfolgen und Intonationsverläufe in einer Satzfolge zeigen ferner u. U. Zugehörigkeit zum selben Vorder- oder Nachkonjunkt eines Konnektors an. Die genannten manifesten Verknüpfungsmittel stellen allerdings nur die Spitze des Eisbergs dar. Um auch die ganzen im Textuntergrund wirksamen Verbindungslinien adäquat zu erfassen, müssen im Prinzip sämtliche vorkommenden Wortformen mit einbezogen werden. Dabei ist von einem drei- bis vierdimensionalen Zeichenbegriff auszugehen, der neben dem signifiant und dem signifié auch die Syntaktik (= Kombinationspotential) des Zeichens und fallspezifisch seine Pragmatik (das Verhältnis zum Zeichenbenützer) umfasst. Im Prinzip kann jede in einem gegebenen Textfragment vorkommende Wortform über mindestens eine dieser drei Dimension mit anderen Zeichen verzahnt und damit an der Kohärenzbildung beteiligt sein, sofern sich diese Verzahnung über die Satzgrenze hinweg erstreckt. Eine vollgültige Beschreibung der Kohärenz setzt mithin die Integration von Grammatik und Wörterbuch voraus, d. h. die Modellierung des gesamten Sprachwissens des idealen Sprechers/Hörers. In diesem Zusammenhang sei an den vom französischen Strukturalismus (Greimas, Rastier) zu Beginn der 70er Jahren entwickelten Begriff der Isotopie erinnert, der die Rekurrenz von Semen, d. h. elementaren Bedeutungsbausteinen von Wörtern, auf der Textebene zum Inhalt hat. Eine gesonderte Erörterung verdient der Beitrag der besonders für das Ostslavische charakteristischen syntaktischen Leerstellen (zu deren Typologie und Restriktionen s. Weiss 1993, zu ihrer syntaktischen Modellierung Mel’čuk 1995) an den inneren Zusammenhalt von Texten: sie verfügen zwar über ein leeres signifiant, aber eine eigene Bedeutung und Syntaktik, die beide satzübergreifend wirksam bleiben können. Dies sei an einem Fragment aus den Erinnerungen eines Veteranen an den Kriegsausbruch erläutert, das zwei aufeinander folgende Ellipsen enthält: (1)

Nasi poveli v stolovuju, Øi poobedali. Posle obeda opjat’ Øi pošli na aėrodrom. Delo uže kak by k večeru ... (Ivan Ivanovič Konovalov vspominaet o bombardirovke aėrodroma 22 ijunja 1941 g.)

Per definitionem muss in beiden Ellipsen das Weggelassene eindeutig rekonstruierbar sein, was hier zutrifft: in beiden Fällen handelt es sich um eine koreferente Wiederaufnahme des satzinitialen Aktanten nam, die Leerstelle ist damit als [Cdefinit] zu interpretieren. Die Syntaktik des Weggelassenen bewirkt beide Male Numeruskongruenz des Prädikats. Solche Leerstellen zeigen eigentlich maximale Kohärenz an, weggelassen wird ja rekurrentes Material. Andererseits weist längst nicht jede Leerstelle ein transphrastisches Anwendungspotential auf. Z. B. zeichnet sich das Null-Lexem der 3.Pers.Pl. (d. h. Mel’čuks Øljudi) im Russischen gerade dadurch aus, dass es im Normalfall keine anaphorischen Koreferenzbezüge herstellt, da es in der default-Lesung als [⫺definit] markiert ist, vgl. Weiss

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen 1993, 68 f. (vgl. poveli in Bsp. 1). Darüber hinaus ist im Russischen auch mit ambigen Bezügen zu rechnen. Im folgenden Auszug aus einem am 6. April 2006 in „Ėcho Moskvy“ ausgestrahlten Radiointerview mit Ju. Baturin, dem seinerzeitigen Sicherheitsberater von Präsident El’cin und nachmaligen Kosmonauten, hat der Journalist soeben die Frage nach der Autorschaft des Interviewten bei El’cins Dekreten aufgeworfen. Baturin kontert mit dem Hinweis auf die genaue Chronologie, die diese Autorschaft ausschließt: (2)

Ju. BATURIN: Ėto faktičeskaja ošibka. Ja stal pomoščnikom prezidenta 2 ijunja 93 goda. A členom prezidentskogo soveta ja stal 17 marta, i pervyj raz byl priglašen, pozže drugix. 17 marta, nu, i esli podumat’, čto priglašennyj tol’ko čto otkuda-to neizvestnyj nikomu čelovek vdrug srazu že vse podgotovil ėti ukazy i perevernul tam vse. S. KORZUN: T.e. pisal zakon o sredstvax massovoj informacii ⫺ pisal. V kosmos letal. A ukazy prezidenta Еl’cina ne pisal. Ju. BATURIN: Počemu? Kogda ja rabotal pomoščnikom po pravovym voprosam, mne mnogoe prixodilos’ delat’.

Die Replik des Journalisten enthält gleich drei ambige Leerstellen: das Subjekt von pisal ⫺ letal ⫺ pisal kann entweder als on rekonstruiert werden ⫺ in diesem Fall wendet sich der Interviewer quasi dem Publikum zu und verweist auf seinen Partner in der 3. Pers. ⫺ oder aber als ja, quasi als Echo bzw. Imitierung der Replik Baturins. Auf die Textkohärenz hat diese Doppeldeutigkeit aber keinen Einfluss: so oder ist Koreferenz mit dem Angesprochenen garantiert. Etwas anders liegt der Fall bei Leerstellen, deren Bedeutung vage bleibt, d. h. nicht eindeutig zu bestimmen ist. Hier kommen v. a. zwei Typen in Frage: die Weglassung aktionaler Prädikate und die asyndetische Satzverknüpfung. Der erstere Fall hat insofern auf die Textkohärenz wenig Auswirkungen, als es sich meist um ein einmaliges, semantisch kaum vorbereitetes Vorkommen handelt; solche Leerstellen signalisieren also das Gegenteil von Kontinuität, sie treiben das Textgeschehen vielmehr voran (vgl. aber unten Bsp. 6, wo die Leerstelle über eine Inferenz aus dem Vorgängersatz indirekt Kohärenz herstellt). Eine Asyndese an der Satzgrenze ist dagegen sehr wohl relevant, da sie ja Konnexionsfunktion versieht. Allerdings werfen solche Leerstellen ein doppeltes Problem auf: sowohl die Konnexionsanweisung selber als auch die Rekonstruktion der genauen Konnexionsbedeutung sind skalare Größen. Ob überhaupt ein expliziter Konnektor substituierbar ist und wenn ja, welcher, hängt von den unterschiedlichsten Faktoren ab (eingehender dazu z. B. Breuer 2002, 173 ff.). Herausgegriffen sei hier der prosodische Verlauf (G Abgeschlossenheit der Vordersatzintonation) bzw. seine typographische Entsprechung, das Interpunktionszeichen. Die IK 3 bzw. der Doppelpunkt eröffnen Fortsetzungserwartungen, die im Nachsatz eingelöst werden müssen, dementsprechend wächst auch das Bedürfnis nach Dekodierung der Verknüpfungsbedeutung. Dass diese durchaus unterschiedlich ausfallen kann, illustriert die folgende Häufung von Doppelpunkten im Beitrag des Interviewers: (3)

Dlja načala: trudjaščeesja naselenie interesuetsja: kuda ministr finansov vložil svoj vaučer? Tol’ko ne govorite, čto v „Čejz Manxetten bank“: ja sprašival ⫺ tam ne voz’mut. (B. Fedorov, 8. 9. 1993)

70. Textkohärenz Während die erste Zäsur einen impliziten performativen Hypersatz der Art dlja načala skažu abgrenzt, markiert die zweite den Beginn direkter Rede. Keine der beiden Asyndesen weist somit eine Eigenbedeutung auf. Der dritte Doppelpunkt steht für einen Konnektor wie poskol’ku o. ä., mit dem die im vorausgegangenen Sprechakt formulierte Zurückweisung einer antizipierten möglichen Replik des Angesprochenen begründet würde. Und schließlich ersetzt der Gedankenstrich ein ganzes prädikatives Fragment der Art i vyjasnil(os’), čto. Noch verstärkt stellt sich die Frage nach der Substituierbarkeit bei der asyndetischen Punktgrenze, die ja die maximale Autonomie des Vorder- und Nachsatzes markiert. Sehr häufig geht damit eine erhöhte Vagheit der Verknüpfungsbedeutung einher, oder aber eine überzeugende Substitution ist überhaupt nicht möglich. Die folgenden drei Beispiele mögen dieses Kontinuum illustrieren. In (1) und in der Interviewerreplik von (2) ergibt sich unschwer ein koordinierender Bezug im Sinne einer ‚und‘-Konnexion, aber schon der Schlusssatz in (1) Delo uže kak by k večeru blockiert wegen seinem Hintergrund-Charakter eine solche Einreihung in eine Aufzählung gleichartiger bzw. gleichrangiger Sachverhalte (zur Unterscheidung von narrativem Vorder- und Hintergrund s. Chvany 1985 und 1990, zur Kritik an dieser Unterscheidung s. Weiss 1995). Irgendwo im Mittelfeld der Skala zu platzieren wäre der Schlusssatz von Bsp. 9 unten, wo das Juščenko-Zitat mit einem konsekutiven oder erklärenden Konnektor eingeleitet werden könnte, was aber einen Umbau der Wortfolge erfordern würde. Eine weitere unüberbrückbare Lücke besteht in 3 zwischen der zitierten Frage mit Kuda … und der nachfolgenden Warnung mit Tol’ko …; als Störenfried erweist sich hier der doppelte Wechsel der Perspektive (vom Publikum zum Sprecher zurück) und der Illokution. Zwei weitere Blockaden für die Einsetzung eines expliziten Konnektors seien lediglich angedeutet: in Bsp. 10 unten verhindert das kataphorische takaja istorija die Substitution, und in dem in Weiss (1989) behandelten Fragment aus Il’f/Petrov „Dvenadcat’ stul’ev“ erstreckt sich eine Begründung über eine ganze umfangreiche Satzfolge, eine einleitende Kausalkonjunktion würde das Nachkonjunkt aber lediglich auf den nächsten Satz begrenzen. In beiden Fällen ist somit die Leerstelle unumgänglich. Auf diese Weise bestätigt sich, dass bei der Asyndese zwei Probleme miteinander verquickt sind, nämlich einerseits die Frage nach der präzisen, vagen oder fehlenden Konnexionsbedeutung, auf der anderen Seite jene nach der möglichen Trennungs- bzw. Zäsurfunktion der Leerstelle: es zeichnet sich hier ein Kontinuum von zunehmenden Autonomie- (bzw. nach Breuer 2002: Separations-) -graden ab, die die Textkohärenz an der betreffenden Stelle lockern können. Diese Bemerkungen zur textuellen Leistung von Leerstellen erlauben bereits gewisse generelle Schlussfolgerungen. Zum ersten reicht ihr Spektrum offensichtlich von maximaler Kohärenz wie bei der Streichung von identischen Zweitvorkommen bei der Ellipse bis zur nicht zu überbrückenden Zäsur wie bei gewissen Asyndesen. Dies bedeutet weiterhin, dass eine „lückenhafte“ Ausdrucksseite nicht automatisch eine Kohärenzlücke anzeigen muss. Diese Einsicht ist in der Literatur längst Allgemeingut geworden, wie auch der Umkehr-Nachweis (die Konstruktion an der Oberfläche zusammenhängender, aber dennoch einer inneren Kohärenz entbehrender Texte) längst geführt worden ist, vgl. z. B. Gülich/Raible (1977, 52) oder Brown/Yule (1983, 196). Zum zweiten ⫺ diese Einsicht ist zwar z. B. schon in Stammerjohann (1976) formuliert worden, aber bis heute wenig verbreitet ⫺ zeigen die Beobachtungen zur Asyndese, dass Textkohärenz und Textgliederung einander dialektisch bedingende Grö-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen ßen sind: je schwächer der (offene oder verborgene) Zusammenhalt, desto eher ist eine Zäsur gegeben. Genauer formuliert: je mehr Bedeutungskomponenten von Einzelausdrücken sich über die Satzgrenze hinweg wiederholen, desto kohärenter ist der Text, je weniger dies der Fall ist, desto eher liegt eine Binnengrenze vor. Nimmt man nun auch die hierarchische Struktur längerer Textabschnitte hinzu, so wird man überdies feststellen, dass ein und dasselbe sprachliche Mittel auf der unteren Gliederungsebene Diskontinuität, auf der nächsthöheren dagegen Kontinuität (Rückkehr zum Rahmenthema, zur Haupthandlung etc.) signalisieren kann. Beispiele dieser Art liefern nominale Wiederholungen oder emphatische Wortfolgen, wie sie z. B. in Weiss 1989 und 1995 analysiert wurden. Das Gesagte erlaubt auch, ein seit Halliday und Hasan (1976) öfter (z. B. in de Beaugrande/Dressler 1981) zitiertes Begriffspaar in ein kritisches Licht zu rücken: die Unterscheidung zwischen der an der Textoberfläche durch spezielle Mittel angezeigten Kohäsion und der nur durch Rückgriff auf den „Textuntergrund“ zu erschließenden Kohärenz bezeichnet in Wirklichkeit lediglich zwei Pole eines Kontinuums von Explizitheitsgraden. Mangelnde Explizitheit kann dabei sehr verschiedene Gestalt annehmen. Der oben diskutierte Fall der Ellipse zum Beispiel, wo dem fehlenden Signifié ein klar definiertes Signifiant und eine ebenso klare Syntaktik entgegensteht, wäre mit der indefiniten Kennzeichnung priglašennyj tol’ko čto otkuda-to neizvestnyj nikomu čelovek in Bsp. 2 zu vergleichen, die zunächst gegen die Grice’sche Relevanzmaxime zu verstoßen scheint (vermeintliche Etablierung eines neuen Referenten), aber über die „kohäsive“ Wiederholung von priglašennyj die konversationelle Implikatur auslöst, dass der Sprecher hier eine Autoreferenz vollzieht. Die nichtkohäsive Ellipse ist dabei leichter zu dekodieren als die kohäsivere indefinite Kennzeichnung, die einen Schlussprozess erfordert. Dies hängt damit zusammen, dass letztere keine explizite Suchanweisung der Art „Suche im Vortext nach dem passenden Antezedens“ enthält, was alles darauf hinausläuft, dass erst aus der Wechselwirkung von Textoberfläche und Untergrund der eigentliche Zusammenhalt entsteht. Summa summarum ist nicht zu erkennen, was mit dem Begriff ‚Kohäsion‘ gewonnen wird, wir schließen uns daher Brinker (1992, 18) an, der ihn für entbehrlich hält. Was die innere „Klammer“ der Kohärenz angeht, so kommen hier wie erinnerlich neben dem im aktuellen Text aufzubauenden Textwissen vor allem Welt- und Sprachwissen in Frage. Deren Abgrenzung ist aber im Einzelfall strittig. Als Illustration sei hier nach Pörings/Schmitz (1999, 192) folgende Agenturmeldung zitiert: (4)

Das Kölner Amtsgericht verurteilte gestern einen Mann aus Mülheim zu einer zwölfjährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum Mord. Das Opfer, ein 41-jähriger Gebrauchtwagenhändler aus Düsseldorf, war letztes Jahr in einer Wohnung in der Kölner Innenstadt erschossen aufgefunden worden.

Da der Zweitsatz keinerlei sprachliches Material aus dem Erstsatz wiederholt, kommen die Autoren zum Schluss, hier ließen sich keinerlei kohäsive Verbindungen erkennen. Dies zeigt nur, wie klärungsbedürftig der Begriff ist: andere Autoren würden hier sehr wohl die definite Kennzeichnung das Opfer als kohäsiv anerkennen, da deren default-Interpretation die anaphorische ist, d. h. es entsteht eine Suchanweisung der Art „Finde im Vortext das Element, das eine Identifizierung des Referenten erlaubt“; damit wird der Bezug zum Mord hergestellt. Im Weiteren möchten die Autoren die

70. Textkohärenz trotz fehlender Kohäsion zweifelsfreie Kohärenz dieser Abfolge auf das Hintergrundwissen der Leser zurückführen, nämlich auf ein ‚Mörder-Script‘, d. h. ein abrufbar abgespeichertes Szenario. Dies ist aber völlig überflüssig, denn für die Dekodierung ist kein Welt-, sondern lediglich Sprachwissen erforderlich. Jede brauchbare Wörterbuchexplikation von Mord wird nämlich drei semantische Aktanten mit den Rollen ‚Täter‘, ‚Opfer‘ und ‚Tatwerkzeug‘ vorsehen. Davon wird hier der zweite im Nachsatz direkt genannt, der erste ist implizit in verurteilte einen Mann wegen enthalten (der Täter ist auch zweiter Aktant von verurteilen und damit mit einen Mann identisch) und der dritte (die Tatwaffe) erhellt aus der Bedeutung von erschossen; dank dieser Verzahnung der signifiés stellt sich also die ganze Abfolge als hochgradig kohärent heraus, ohne dass dabei irgendein zusätzliches Script bemüht werden müsste. Als Kontrastbeispiel, dessen Interpretation wirklich die Kenntnis eines Scripts voraussetzt, sei aus Brown und Yule (1983, 242) folgendes Fragment angeführt: (5)

John’s car crashed into a guard-rail. When the ambulance came, it took John to the x.

Das für die Interpretation entscheidende Konzept lautet hier ‚Unfall‘, es stellt aber keine Bedeutungskomponente einer einzelnen Wortform (z. B. to crash) dar, damit ist auch ambulance nicht durch Sprachwissen vorhersehbar. Zugleich erlaubt das UnfallScript, die Menge der erwartbaren Belegungen für die Variable x drastisch einzuschränken: in Frage kommen hospital, doctor, medical centre o. ä. Eine dritte Kategorie bilden Fälle, wo die Grenze zwischen Sprach- und Weltwissen, d. h. zwischen Wörterbuch und Enzyklopädie, nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Eine entscheidende Rolle spielt dann der jeweils gewählte lexikographische Approach; lehrreich ist in diesem Zusammenhang der Vergleich zwischen den maximalistischen Wörterbuch-Explikationen Anna Wierzbickas mit jenen der Moskauer Semantischen Schule. Noch weiter in den Textuntergrund tauchen wir ab, wenn nur noch Schlussprozesse wie konversationelle Implikaturen den inneren Zusammenhalt gewährleisten. In einem dialogischen Austausch wie: „There’s the doorbell. ⫺ I’m in the bath“ (Brown/Yule 1983, 196) wird ein indirektiver Direktiv ebenso indirekt (unter Verweis auf die Verletzung einer Glückensbedingung) zurückgewiesen. Das folgende Witzchen beleuchtet die Rolle von Schlussprozessen beim Zustandekommen einer Pointe: (6)

Zvonit odin novyj russkij drugomu: ⫺ Vas’, kak dela? ⫺ Slušaj, možno ja tebe perezvonju? Ja sejčas na kladbišče. ⫺ Bli-i-in!!! Kto ėto tebja?!

Die Pointe beruht zunächst auf einer falschen Auslegung des Vordersatzes: der Erstsprecher befindet sich auf dem Friedhof nicht als semantischer Aktant, d. h. als Toter, sondern als Zirkonstant (Besucher). Zusätzlich aber inferiert der Gesprächspartner, dass er gewaltsam zu Tode gekommen sein muss, was nicht mehr in der Bedeutung von kladbišče enthalten ist, aber mit unserem Hintergrundwissen über den Lebensstil der Neuen Russen harmoniert. Das Bemerkenswerte an der Inferenz ist, dass sie gar nicht versprachlicht wird: der Hörer/Leser rekonstruiert sie vielmehr aus der prädikativen Leerstelle.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

3. Kodierungsaufwand und Kontinuität Mit der Annahme, dass im Verlauf des Textes ein für Produzent und Adressat gemeinsamer Wissensspeicher aufgebaut wird, ist noch nichts ausgesagt über dessen interne Struktur: hat man sich diese als homogen vorzustellen, oder gibt es Elemente, die aufgrund ihrer hohen Rekurrenz besonders gut verankert sind? Vieles spricht für die letztere Hypothese. So nehmen Elemente, die eben erst in den Kurzzeitspeicher eingeführt wurden, im Folgesatz häufiger eine „prominentere“, satzinitiale Stellung ein als schon länger dort befindliche, vgl. z. B. Yokoyama (1986, 306 ff.). Noch klarere Indizien für eine interne Differenzierung des Kurzzeitspeichers liefert das Verhalten von anaphorischen Wiederaufnahmen innerhalb einer koreferentiellen Sequenz. Hier gilt als erste Faustregel: „je länger etabliert, desto kürzer die Verweisform“, d. h. textuelle Kontinuität und sprachlicher Aufwand stehen in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zueinander. Eine solche Sequenz weist oft folgenden Aufbau auf: der Referent wird zuerst mit einer maximalen Charakteristik eingeführt, im Zweitvorkommen wird diese eventuell etwas variiert und komprimiert, dann kommen nur noch minimale Wiederaufnahmen. Im Folgenden seien zwei Kontrastbeispiele vorgeführt, die beide auf ihre Weise diese Tendenz zur Verringerung des Aufwands illustrieren. Im ersten Fall wird ein ephemerer Referent mit seinem Eigennamen eingeführt, dann mit on und anschließend nur noch mit Ellipse wieder aufgenommen: (7)

Borot’sja s matom načal glava rajona Vladimir Gerasimovi. Oni sam čelovek kul’turnyj, daže kritika iz egoi ust zvučit zvučit korrektno. Øi Terpet’ ne možet, kogda drugie ne kontrolirujut svoju reč’. Vot Øi i ob”javil: každogo, kto vyrugaetsja, nakažut rublem. (Trud-7, 11 aprelja 2005 g.)

Damit verlässt der Protagonist auch schon die Bühne. Weit mehr Aufwand wird im folgenden Anfang eines Zeitungsartikels betrieben. Allerdings ist der Referent diesmal um einiges prominenter und liefert auch das Thema des ganzen Artikels, m. a. W. er stellt den Textreferenten dar (van Dijk 1990, 33 f.): (8)

Ukrainskij prezident Viktor Juščenko zapretil činovnikam myt’sja v bane, žit’ za gorodom i imet’ svoj biznes. Tem samym glava gosudarstva pokazal, čto on ⫺ gorazdo bolee surovyj načal’nik, čem predyduščij ukrainskij lider Leonid Kučma. Juščenko nameren usadit’ vsju ukrainskuju vlast’ na odnom gektare, a … (LG, 17 fevralja 2005 g.)

Im Unterschied zu Bsp. 7 gehört dieser Referent fraglos zum geteilten Weltwissen von Autor und Lesern, dennoch wird er mit voller Funktionsbezeichnung vorgestellt. Beide Beispiele weichen übrigens insofern von den jeweils in textlinguistischen Handbüchern angeführten Beispielen ab, als wegen des Eigennamens schon beim Erstvorkommen das Merkmal [Cdefinit] anzusetzen ist. Die erste Wiederaufnahme durch glava gosudarstva bietet eine synonyme Periphrase, vgl. prezident = glava gosudarstva; die Ukraine wird schlicht elidiert. Im eingebetteten Satz schnurrt die Wiederaufnahme dann bereits zum pronominalen Kürzel on zusammen. Das Auftauchen eines Kontrastreferenten (L. Kučma) motiviert womöglich, warum der Autor beim nächsten Vor-

70. Textkohärenz kommen nicht an dieser durchaus möglichen minimalen Variante festhält, sondern zur Verdeutlichung die partielle Wiederholung des Eigennamens wählt. Aufschlussreich ist die Struktur des nächsten (nicht direkt an 8 anschließenden) Absatzes: der Protagonist wird nochmals mit der Funktionsbezeichnung des Zweitvorkommens in (8) bedacht, dann aber in der kürzestmöglichen Form, nämlich elliptisch, weiterbehandelt: (9)

Glava gosudarstvai, ne želajuščij sidet’ v byvšem kabinete Kučmy, xotel razmestit’sja v znamenitom kievskom „dome s ximerami“j. Potom Øi rešil ne podčerkivat’ „ximernost’“ ukrainskoj vlasti i ponizil status ėtogo domaj ⫺ onj teper’ stanet mestom priema inostrannyx gostej. To obstojatel’stvo, čto v zdaniij razmeščaetsja muzejno-kul’turnyj centr „Xudožestvennye šedevry Ukrainy“, Juščenko ne smutilo. „Dlja menja ėto ⫺ nesuščestvujuščij centr“, ⫺ proiznes on zagadočnuju frazu.

Die Ellipse ist hier als maximaler Garant der Kontinuität erwartbar, ebenso die Wiederholung Juščenko als Wiederaufnahme der Sequenz nach der Etablierung eines konkurrierenden Referenten (dom) und das folgende on. Auffällig wirkt dagegen die nochmalige Periphrase am Absatzanfang. Sie ist einerseits ein mögliches zusätzliches Signal für Diskontinuität nach der typographischen Zäsur (Absatzgrenze), fügt sich aber vor allem bestens in die generelle ironisierend-herablassende Tonlage ein, mit der hier der aus großrussischer Sicht offenbar doch recht lästige ukrainische Präsident bedacht wird. Was die zweite referentielle Sequenz angeht, so weist diese wieder „kanonische“ Struktur auf: der Eigenname „dom s ximerami“, der wohl im Unterschied zu Juščenko nicht im Hintergrundwissen aller Leser präsent ist, wird diesen mit dem ein Vorhandensein im Speicher vorgaukelnden Attribut znamenityj aufgezwungen, dann als anaphorische NP ėtot dom wieder aufgenommen und schließlich zum Pronomen on verkürzt; das Viertvorkommen zdanii ist einem nochmaligen nem wegen dem konkurrierendes Antezedens mesto vorzuziehen. In den bisher betrachteten Beispielen fanden sich zweierlei Beeinträchtigungen der Kontinuität: der Beginn einer weiteren referentiellen Sequenz und der Wechsel des Subthemas, der auch einen typographischen Einschnitt (Absatzgrenze) hervorrief. Natürlich sind viele andere Textsituationen möglich, die ähnliche Brüche hervorrufen. Zu nennen wäre hier vor allem der Wechsel der Zeitebene in narrativen Texten, z. B. bei der Einblendung von flashbacks, Hintergrundkommentaren oder der Rückkehr zur Haupthandlung; zu Beispielen s. Weiss 1989 und 1995. Ebenso gehören dazu Konnexionen, die ganze Satzsequenzen als Vorder- und/oder Nachkonjunkten umfassen. So wird in Weiss 1989 eine Begründung der Aussage („Ippolit Matveevič ne ljubil svoej tešči“) untersucht, die eine in eine Abfolge von sechs Sätzen von steigender Komplexität und Länge verpackte Kaskade von zunehmend absurderen Eigenschaften der Schwiegermutter umfasst; das Ende dieses Nachkonjunkts und die Rückkehr zur Haupthandlung wird markiert durch eine Absatzgrenze und die anaphorische Wiederholung Ippolit Matveevič. Narrative Episoden können natürlich auch in einen argumentativen Dialog eingestreut werden, etwa zur Stützung einer argumentativen Position. Das folgende Beispiel stammt aus einem Interview mit El’cins seinerzeitigem Finanzminister B.Fedorov. Der Journalist zitiert zunächst eine Meldung, die 10 Jahre zuvor die Runde durch die Mas-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen senmedien gemacht hatte, um sie dann durch einen eigentlichen Konnektor-Satz („ėpizod vspomnilsja, kogda ...“) mit dem aktuellen Thema (Finanzhilfe Russlands für die übrigen GUS-Staaten) zu verknüpfen. Diese Analogie, die keine sein will (vgl. „Ja ne provožu nikakix analogij“), führt dann zur Geburt einer neuen Metapher, an der Material aus source und target (vgl. suverennyx, Rossiju) teilhaben. (10) A : Let 10 nazad slučilas’ takaja istorija. U korovy amerikanskogo fermera propalo moloko. Skoro vyjasnilas’ pričina ⫺ ėti kadry prošli po telekanalam vsego mira: smyšlenyj sosedskij porosenok prolezal v dyru v zabore, vydaival korovu i spokojno vozvraščalsja obratno. Ėpizod vspomnilsja, kogda byla obnarodovana vaša služebnaja zapiska, gde skazano, čto v prošlom godu Rossija okazala pomošč’ „stranam SNG v vide kreditov, zanižennyx cen, peredači naličnosti na 14⫺17 milliardov dollarov“. Ėto tak nazyvaemye texničeskie kredity, praktičeski bezvozvratnye. Ja ne provožu nikakix analogij ⫺ spasi Bog! ⫺ no est’ vopros: dolgo li ešče skvoz’ dyry v suverennyx zaborax budut doit’ Rossiju? Ved’ razvoda trebovala ne ona. (B. Fedorov, 8. 9. 1993) Umrahmt wird die metaphernspendende Geschichte mit dem kataphorischen takaja istorija und der zusammenfassenden Periphrase ėpizod. Das Textverweissystem markiert hier also beide Nahtstellen der narrativen Einblendung, gleichzeitig wird diese aber zunächst implizit (vspomnilsja setzt eine Ähnlichkeit voraus), dann explizit verwoben mit dem aktuellen Diskussionsthema. Statt Material aus vorhergehenden Textabschnitten in die Wiederaufnahme einzuarbeiten, können Periphrasen aber auch gänzlich neue Informationen enthalten; sie dienen dann nicht mehr bloß der Aufrechterhaltung der Kontinuität, sondern treiben gleichzeitig den Text voran. In den meisten Textsorten werden neue Informationen über den Referenten jeweils als Prädikationen realisiert. So liefern in Bsp. 7 der zweite und dritte Satz prädikative Charakterisierungen des Haupthelden, die seinen Bezug zum Hauptthema „Bußen für Fluchen auf öffentlichem Grund“ klarlegen; die referentielle Sequenz bildet demgegenüber gleichsam den ruhenden Pol, sie sorgt für bloße Kontinuität. Anders verhält sich dies in Zeitungsberichten über unbekannte Personen (z. B. in der Kriminalberichterstattung): hier wird das Zweit- und Drittvorkommen häufig angereichert mit neuen attributiven Charakterisierungen des Referenten, es kommt also zu einer Verquickung von referentieller und prädikativer Funktion und damit zu einem eigenartigen Mix von Kontinuität und Diskontinuität. Möglich wird dies dank der Grice’schen Relevanzmaxime: die Kohärenzerwartung siegt über scheinbare Diskontinuität. Brinker 1992, 28 führt ein Beispiel mit folgender Sequenz an: ein 43 Jahre alter Mann aus Pforzheim ⫺ der Facharbeiter ⫺ dem Betrunkenen ⫺ des Gefangenen ⫺ Dem Mann; davon ist einzig der Gefangene durch eine Prädikation im Vortext („in Notarrest gebracht“) motiviert, zusätzlich wirkt allerdings der bestimmte Artikel jeweils als anaphorischer Kitt. Ähnlich komprimierte Beispiele sind auch in der russischen Presse unschwer zu finden, vgl. die folgenden online-Beispiele: (11) V Japonii skončalsja samyj bogatyj žitel’ strany, peredaet agentstvo „Kiodo cusin“. O smerti 76-letnego Jasuo Takėi, osnovatelja torgovo-kreditnoj korpo racii „Takėfudzi“, soobščil predstavitel’ kompanii Xirosi Kanėko. On ne utočnil,

70. Textkohärenz

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kogda i ot čego skončalsja milliarder. Dopolnitel’nuju informaciju obnarodujut pozže. (Finansovye izvestija, 11. 08. 2006) Das Ungewöhnliche dieser Agenturmeldung besteht darin, dass der Referent zunächst nicht mit Eigennamen, sondern mit seiner wichtigsten Charakteristik vorgestellt wird. Das stärkste Kohärenzmittel im nächsten Satz ist dann smerti, das den Bezug zur Prädikation skončalsja herstellt, während der Referent jetzt mit den wichtigsten sozialen Parametern ausgestattet wird (Name, Alter, beruflicher Status); der dritte Satz führt lediglich die Charakteristik des ersten weiter aus. Auch das nächste Beispiel ist insofern nicht ganz „kanonisch“, als hier Titel und Haupttext eine sequentielle Einheit bilden: (12) Za golovu ubijcy grudnogo mladenca naznačena nagrada Rodstvenniki gotovy vyplatit’ bol’šuju summu deneg tomu, kto pomožet vyjti na sled žestokogo dušeguba. Rodnye zverski ubitogo v Moskve dvuxmesjačnogo malyša obratilis’ v našu gazetu s oficial’noj pros’boj pomoč’ im otyskat’ ubijcu syna. („Naša žizn’“, 10-go avgusta 2006 g.) Die NP žestokogo dušeguba kann nur als Rückverweis (mit zusätzlicher Wertung) auf den im Titel enthaltenen ubijca verstanden werden. Das ebenfalls im Titel vorkommenden Opfer wird erst im nächsten Satz wieder aufgenommen und mit Altersangabe, Geschlecht und Tatort versehen. Dieselbe Tendenz zur maximalen Informationsverdichtung innerhalb eines Referenzaktes manifestiert sich auch im Folgetext bei der Erwähnung der überlebenden Mutter: (12) a. Еdinstvennyj svidetel’, kotoryj možet opisat’ i opoznat’ ubijcu, čudom vyživšaja Sabirat, do six por ne prišla v sebja. Vrači delajut vse vozmožnoe, čtoby spasti žertvu dušeguba, no ot kakix-libo prognozov po povodu ee sostojanija vozderživajutsja. Beide zuletzt angeführten Beispiele zeigen, dass die in der Periphrase untergebrachte neue Information sowohl der sozialen Einordnung als auch der Wertung seitens des Autors dienen kann; beides sind nicht primär Aufgaben des Textverweissystems. Versuchen wir nun, diese Beobachtungen zu einer ersten Bilanz zu verdichten. Unsere Ausgangshypothese eines proportionalen Zusammenhangs zwischen Kontinuitätsskala und sprachlichem Aufwand führt in den slavischen Sprachen zu folgender Graduierung: Diskontinuität >>> NP1 ⫺ Demonstrativadj. C NP2



>>> Kontinuität Pers.pronomen ⫺ Ellipse

Diese Skala bildet zunächst den Verlauf innerhalb einer ununterbrochenen Sequenz ab, wobei der linke Pol den Beginn, d. h. die erste Erwähnung des Referenten, markiert. Der rechte, elliptische Pol kann aus satzsyntaktischen Gründen blockiert sein, z. B. bei Rektion durch eine Präposition wie in u nee. Wie der Vergleich unserer Textbeispiele zeigt, brauchen nicht alle Stufen der Skala durchlaufen werden. Z. B. wird in 7 die Variante mit NP und Demonstrativum übersprungen, in 9 endet die Episode mit

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen dem Haus dafür schon beim Personalpronomen, und in 8 steht an der zweiten Stelle eine Wiederholung von NP2 ohne Demonstrativum. Letzteres ist generell dann unwahrscheinlich, wenn der Referent zuvor schon Bestandteil des gemeinsamen Vorwissens war und jetzt zum Gesprächsgegenstand wird, d. h. in das „set of current concern“ eintritt. Die Skala operiert zyklisch: wird die Sequenz vorübergehend durch eine andere unterbrochen oder schiebt sich eine textuelle Bruchstelle (Wechsel der Zeitebene, des dominanten Themas etc.) dazwischen, so muss u. U. wieder das stärkste Mittel, d. h. die NP eingesetzt werden. Ein solcher zweiter Durchlauf der Skala erfolgt in aller Regel beschleunigt unter Auslassung von Zwischenstufen, also mit der Abfolge NP1 ⫺ Pers.pronomen oder gar NP1 ⫺ Ellipse; dies lässt sich am einfachsten dadurch erklären, dass die erneute Zentrierung eines bereits zuvor zentrierten und dann an die Peripherie gerückten Referenten weniger Aufwand erfordert als seine erste Lancierung. Innerhalb der Kategorie NP ist die Unterscheidung von totaler oder partieller Wiederholung (letztere war z. B. in 8 und 9 mit Juščenko vertreten) noch in die obigen Skala einzuordnen. Bei der Kategorie Demonstrativadj. C NP erlaubt das Polnische (anders als das Russische) eine weitere Differenzierung, da die Nachstellung des Adjektivs hier ein größeres Ausmaß an Kontinuität signalisiert als die Voranstellung; analog verhält sich i.ü. die präverbale Stellung von on zur postverbalen (Miemietz 1987, 267). Die Periphrase hingegen lässt sich aufgrund ihrer heterogenen Funktionen nicht mehr so einfach in dieses skalare Korsett zwängen: sie kann nach einer pronominalen oder elliptischen Wiederaufnahme ebenfalls eine Zäsur anzeigen, kommt aber textsortenspezifisch auch innerhalb einer ununterbrochenen Sequenz als Motor zum Einsatz, der das Textwissen mit neuen Informationen anreichert. Hier greift die in der Textlinguistik schon lange als gesichert geltende Erkenntnis, dass nicht nur referentielle Identität Kohärenz stiftet, sondern umgekehrt auch Kohärenzerwartung (mit anderen Worten: das Vertrauen in die Einhaltung der Grice’sche Relevanzmaxime) referentielle Identität herstellt. Es handelt sich freilich um ein stilistisch markiertes Verfahren, das auf wenige Textsorten in schriftlicher Sprachverwendung beschränkt bleibt. Das eben skizzierte Bild erfährt im übrigen sofort eine Relativierung, wenn statt der gemächlichen Entwicklung eines einzigen referentiellen Strangs die Interaktion zweier Referenten beschrieben wird: in dieser Situation greift man im Russischen als Zweitvorkommen zur bloßen Wiederholung oder zum substantivischen Demonstrativum tot (zu dessen Gebrauchsbedingungen s. Berger/Weiss 1987), was beides nicht mehr zu unserer Hypothese eines proportional zur zunehmender Verankerung im Kurzzeitspeicher schwindenden sprachlichen Aufwands passt. Die Abweichung resultiert daraus, dass in solchen Konkurrenz-Situationen das übergeordnete Gebot der eindeutigen Referenz der kontinuierlichen Entwicklung der Einzelsequenz im Wege steht.

4. Kohärenzstörungen in mündlicher Sprachverwendung Zum geteilten Sprach- und Weltwissen sollte sich eine optimale Vertextung gesellen: es müssen gleichsam die guten Sitten der kooperativen Kommunikation eingehalten werden. Hierher gehört beispielsweise das im letzten Kapitel skizzierte Verfahren, neu

70. Textkohärenz einzuführende Referenten zunächst exophorisch mit einer geeigneten nominalen Kennzeichnung zu etablieren und dann erst durch ein geeignetes anaphorisches Textverweismittel wieder aufzunehmen. Dieses scheinbar evidente Prinzip wird jedoch in mündlicher spontaner Rede des öfteren verletzt. In dem unmittelbar auf das in Bsp. 1 zitierten Ausschnitt folgenden Fragment aus den Erinnerungen eines Veteranen an den Kriegsausbruch 1941 (zitiert aus Bernold 2006, 106) finden wir gleich zwei Vorkommen (das zweite gleich noch wiederholt) von Personalpronomina der 3. Pers. ohne Antezedens: (13) I vdrug letjat bombardirovščiki. Ja načal sčitat’, ja pomnju, naxodjas’ u svoego samolëta ⫺ ja nasčital 24 nemeckix bombardirovščika ... I v ėto vremja vdrug kak zagudelo ... Ja dumal, čto ėto zvukovoj signal dlja bombometanija ⫺ no u nix takie bomby byli ... Tut srazu kto-to kričit: „Ložis’!“ ⫺ ja, značit, pod ploskost’, pod krylo ložus’. I vot ona letit-voet ⫺ i kažetsja, čto točno ona na golovu mne letit ... Ja, konečno, kak sъëžilsja, značit, tuda-sjuda ⫺ nu, strax, konečno ... Vot ⫺ opjat’, bux, opjat’ voet, opjat’ vzryv ⫺ v obščem, strax strašnyj ... Ja vot pod levoj ploskost’ju lëg, a v pravuju ploskost’ bomba udarila ... (Ivan Ivanovič Konovalov vspominaet o bombardirovke aėrodroma 22 ijunja 1941 g.) Beide Fälle sind offenbar exophorisch zu deuten: nich verweist auf den deutschen Kriegsgegner, ona auf eine heranfliegende Bombe. Trotzdem sind sie unterschiedlich gelagert: on bzw. oni funktionierten als feste Bezeichnung des Kriegsgegners (dem Material in Bernold 2006 nach zu schließen, übrigens auch der Finnen im Winterkrieg) und waren genau wie Fric oder nemec Bestandteil des Wörterbuchs, d. h. Sprachwissen, während ona zwar textuell durch bombardirovščiki, bombometanie und takie bomby vorbereitet wird, was alles aber nicht ausreicht zur Erstbenennung der nicht voridentifizierten Bombe als ona. In Umkehrung der normalen Verhältnisse wird diese dafür im Nachhinein dann als bomba bezeichnet, d. h. mit jener Form, die eigentlich bei der Neuetablierung des Referenten zu erwarten gewesen wäre. Die Erklärung für den scheinanaphorischen Gebrauch von ona ergibt sich vermutlich aus der psychologischen „salience“ des Referenten für den Sprecher, der damit die Grenze zwischen eigenem und mit dem Hörer geteiltem Vorwissen missachtet. Aufschlussreich ist hier der Vergleich mit der von dem Projektleiter nachredigierten Variante, zit. in Bernold 2006, 108: (13’) Vdrug letjat bombardirovščiki Xe-111, ja ix nasčital dvadcat’ četyre štuki. Pošel razgovor, ėto, mol, naši. Tak my i razgovarivali, poka ne zavyli posypavšiesja na nas bomby. Ėtot užasajuščij voj zaglušil vse ostal’nye zvuki. Kto-to rjadom kriknul: „Ložis’!!“ Ja zabralsja pod krylo. Kazalos’, bomby letjat točno v golovu. Voj, vzryvy! Ėto očen’ strašno … V protivopoložnuju ploskost’ samoleta, pod kotorym ja ležal, popala bomba. (Artem Drabkin, www.iremember.ru) Neben vielen anderen ärgerlichen Eingriffen am Original, die außer inhaltlichen Verfälschungen vor allem die verlebendigende Darstellung betreffen ⫺ ein systematischer Vergleich der beiden Versionen hinsichtlich ihrer Kohärenzmechanismen würde zweifellos ein entlarvendes Bild der in der russischen Öffentlichkeit herrschenden normativen Vorstellungen über publikationsfähige oral history-Texte ergeben ⫺ fällt hier die

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen „normgerechte“ Verwendung des Nomens bomby bei der Ersterwähnung auf; da der Bearbeiter unnötigerweise den Numerus gewechselt hat, muss er auch das Zweitvorkommen wegen dem Übergang von der referentiellen Klasse zum Einzelelement als bomba realisieren. Eine ähnlich „autistische“ Störung wie in 13 liegt wohl auch dem Gebrauch des Demonstrativums in einer Erzählung aus Zemskaja/Kapanadze (1978, 83) zugrunde, wo die Rede ist von einem Bummelzug mit etwas kapriziösem Verhalten: (14) A. … sadiš’sja i ne znaeš’, čto proizojdet// Ili on ostanovitsja u Fanderflita ili ne ostanovitsja// Odin raz ja daže zatormozil ego u Fanderflita// B. kak interesno// A. Potomu čto mne skazal glavnyj konduktor čto on ostanovitsja/ a on ne ostanovilsja idet dal’še/ a mne nado vyvozit’ sem’ju/ obratno// Čto ž delat’// A on uvezet nas v Serebrjanku/ a to ešče do Pljusova uvezet// B. Da konečno// A. Ja/ tak skazat’/ ešče … možno skazat’ … stojal uže na podnožke čtoby vyxodit’/ sxvatil ėtot tormoz/ dernul/ i dumaju čto naverno on ne zatormozit// B. Nu da// On zatormozil// A. On tak zatormozil čto vse poleteli s polok/ tam bog znaet čto/ bagaž ves’ popadal i vse takoe// A ja sxvatil svoi veščički vižu kusty rjadom skorej v kusty// (smex) […] Tak sel i sižu dumaju čto budet// Nu i vot proxodit potom ėtot oberkonduktor i mexanik// mexanik rugaetsja užasno … Wie ersichtlich, ist der Bremsakt zwar angekündigt durch Odin raz …, doch zwischen dem Verb zatormozil und ėtot tormoz liegen drei turns, und das Demonstrativum signalisiert fälschlicherweise eine Reidentifikation eines in Wirklichkeit noch nicht im „set of current concern“ etablierten Referenten. Diese Kohärenzstörung ist offensichtlich motiviert durch das besondere psychologische Gewicht, dass der Bremse innerhalb des narrativen Geschehens zukommt. Nach der in der vorhergehenden Replik geschilderten Komplikation bietet sie ja die Auflösung, zu deren Formulierung der Erzähler im übrigen (vermutlich auf der Suche nach einer möglichst spannenden Gestaltung) dreimal ansetzt und deren brisante Auswirkungen er in der nächsten Replik ausmalt. Möglicherweise ist hiermit ein quasi-deiktischer Effekt verbunden, der Hörer würde damit auch visuell unmittelbar ins Geschehen versetzt. Lehrreich ist hier der Vergleich mit der weniger prominenten Nebenfigur des Schaffners: dieser wird durchaus auf „kanonische“ Weise als glavnyj konduktor eingeführt und dann korrekt mit dem Demonstrativum ėtot oberkonduktor wieder aufgenommen. Ebenfalls nicht völlig normgerecht ist der Gebrauch des adjektivischen Demonstrativums im nächsten Beispiel: (15) Nu / doktor Ol’ga tož(e) byla fenomenom // Tam okol(o) každog(o) baraka byla kuča mërtvyx tel / i vot v ėtoj kuče ručka odnogo rebenka ševelilas’… // I vot doktor Ol’ga uvidela / čto / značit / tam kto-to živoj / v ėtoj grude mertvecov / poprosila nas / čtob my ėtu devočku ottuda dostali // Vyxodila ona eë / (Irina Mixajlovna Xarina rasskazyvaet o žizni v nacistskom lagere)

70. Textkohärenz Kuča im vorausgehenden Satz referiert distributiv: vor jeder Baracke befand sich ein Berg von Leichen. Nur aus einem aber ragt noch ein Kinderhändchen, entsprechend wäre im nächsten Satz v odnoj kuče oder eventuell v takoj kuče zu erwarten. Das stattdessen verwendete v ėtoj kuče muss wohl quasi-deiktisch verstanden werden, d. h. die Sprecherin hat die Szene unmittelbar vor Augen. Erst beim rein anaphorischen Zweitvorkommen v ėtoj grude mertvecov ist das Demonstrativum am Platz. Auch ėtu devočku ist kein regelkonformer Rückverweis auf odnogo rebenka, da es die Angabe der Geschlechtzugehörigkeit nachliefert. Angesichts der traumatischen Erinnerungen, die die Sprecherin bei diesem Thema überkommen, sind die genannten Verstöße natürlich nur allzu verständlich. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass der Gebrauch des Demonstrativums beim Erstvorkommen eines Referenten auch für engl. this und dt. dieser zu belegen ist, vgl. „Und dann kam dieser Penner“, „And then there came this bum“; in der Regel kündigt sich damit ein besonders wichtiger Referent an, über den in der Folge mehrere Aussagen getätigt werden. Nicht zu verwechseln mit solchen Verwendungen ist die in vielen Sprachen geläufige wiedererinnernde Funktion des Demonstrativs (im Sinne von K. Bühlers ‚Deixis ad phantasma‘) wie in dt. „Zieh doch diesen grünen Rock an“. Summa summarum ergibt sich also der etwas paradoxe Befund, dass ein und dasselbe Demonstrativadjektiv sowohl ein bereits im Kurzzeitspeicher befindliches Element als auch ein zwischenzeitlich ins Langzeitgedächtnis gerutschtes Element wiederaufnehmen oder gar ein völlig neues Element direkt im Kurzzeitspeicher etablieren kann. Die natürlichste Verwendung bleibt allerdings die erstgenannte, die erinnernde kommt nicht ohne geeignete zusätzliche Attribute aus, und die narrative begegnet nur in spontaner mündlicher Rede. Eine letzte Funktion des Demonstrativums (ebenfalls in andern Sprachen wie Dt. oder Poln. zu belegen) liegt vor in der Fortsetzung der Erzählung aus Bsp. 14: (15) a. No kogda ja prišel domoj/ to na menja užasnulis’// Potomu čto kogda vot ėto soplo/ vot ėto kotoroe/ otkuda vozdux vyxodit iz ėtogo tormoza/ ono okazalos’ na urovne moego lica/ i ottuda stoletnjaja pyl’ i maslo/ vsë ėto mne v lico// Ja prjamo prevratilsja v negra// Diesmal ist die Störung anders bedingt: der terminus technicus soplo (‚Düse‘) reicht nicht aus zur genaueren Bezeichnung des Gemeinten, erst die genauere Funktionsbeschreibung in Verbindung mit dem bereits im Kurzzeitspeicher befindlichen ėtogo tormoza erlaubt die Identifizierung. Das Demonstrativum kann also auch Formulierungsschwierigkeiten anzeigen, ähnlich wie die hier ebenfalls eingesetzte deiktische Partikel vot. Vermutlich liegt hier immer noch die erinnernde Funktion vor: der Sprecher kramt gleichsam ein Element aus einem entlegenen Speicher seines Langzeitgedächtnisses hervor. Im Interview einer Veteranin, die im Krieg als Scharfschützin arbeitete, begegnet dieser Gebrauch gleich dreimal: (16) I v ėtot, v pervyj den’, kogda my priexali na front, pod Varšavu, u nas ubilo devušku, kotoraja ⫺ leningradka, ona vsju blokadu byla v Leningrade probyla. […] Nu, značit, pervogo frica kogda ja ubila, vernulas’, ko mne prišel ėtot, žurnalist, xotel vzjat’ interv’ju. […]

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Vtorogo tože kogda ubila, tože bylo sostojanie užasnoe. Počemu? Potomu, čto ja v ėtot, v optičeskij pricel, ja že ego videla. Ja videla⫺molodoj oficer. On smotrel, vrode, na menja. I ja vdrug ego ubila. (Antonina Aleksandrovna Kotljarova rasskazyvaet o svoej pervoj snajperskoj oxote) Neben momentanen Wortfindungsstörungen dürfte hier auch die wieder auflebende psychologische Belastung durch das damalige Geschehen Einfluss nehmen auf die mangelnde Kontrolle der eigenen Äußerungen. Jedenfalls erweist sich ėtot auch diesmal als Symptom einer Kohärenzstörung (in derselben Funktion begegnet im übrigen auch ėto samoe, ebenso poln. tego). Eine wahre Kaskade an solchen Demonstrativa mit Füllsel- bzw. Überbrückungsfunktion findet sich in den als Text 18 in Kitajgorodskaja/ Rozanova (1999, 140 ff.) wiedergegeben Erinnerungen einer alten Moskauerin an den Luftkrieg über Moskau; der deutsche Kriegsgegner wird dort ebenfalls mit on bezeichnet. Wie nicht anders zu erwarten, beseitigt die auch für Bsp. 16 vorhandene „literarische“ Überarbeitung die „missbräuchlichen“ Demonstrativa, wobei allerdings das erste Vorkommen verschont bleibt, vgl. (16’) I v ėtot pervyj den’ u nas ubilo devušku-leningradku. Ona vsju blokadu byla v Leningrade i v pervyj den’ priezda, kogda ona sunulas’ v ambrazuru, ej pulja rikošetom popala pod glaz. Tak čto naša služba na vojne načalas’ s poxoron. Kogda pervogo frica ja ubila, vernulas’, ko mne prišel žurnalist, xotel vzjat‘ interv’ju. Čego už govorila ⫺ ja ne znaju, no ja ni v ėtot den’, ni na sledujuščij ni est’, ni pit’ ne mogla. Ja znala, čto on fašist, čto oni napali na našu stranu, oni ubivali, žgli, vešali našix, no vse-taki ėto čelovek. Takoe sostojanie čto … Vtorogo kogda ubila, tože bylo užasnoe sostojanie. Počemu? Potomu, čto ja že v optičeskij pricel ego videla: molodoj oficer. On smotrel vrode na menja i ja vdrug ego ubila. (www.iremember.ru) Als Bilanz dieses Abschnitts lässt sich festhalten, dass der Aufbau eines gemeinsamen Speichers an Textwissen zumindest in spontaner Rede nicht immer konform zu den im vorherigen Abschnitt skizzierten Regeln verläuft. Eine typische Abweichung besteht darin, dass der Sprecher zu Beginn den Wissensstand des Hörers nicht oder nur ungenügend berücksichtigt und Mittel einsetzt, die eigentlich maximale Kontinuität, d. h. Verankerung des betreffenden Referenten im Sektor des „current concern“ signalisieren, nämlich das Personalpronomen der 3. Pers. oder eine NP mit demonstrativem Adjektiv. Daneben kann auch eine Wortfindungsstörung wie in 14a und 16 den „parasitären“ Gebrauch des Demonstrativums auslösen; in diesem Fall kämpft der Sprecher schon mit der Zuordnung von Sprach- und Weltwissen, der Wissensstand des Hörers bleibt dann umso eher unbeachtet. In den hier behandelten Beispielen führte aber keine dieser Kohärenzstörungen zu einer eigentlichen kommunikativen Panne, d. h. einem Missverständnis oder einem falschen Schluss. Von pathologischen Kohärenzstörungen, wie man sie aus der Aphasieforschung kennt, trennen unsere Beispiele Welten.

70. Textkohärenz

5. Literatur (in Auswahl) Berger, Tilman/Weiss, Daniel (1987): „Die Gebrauchsbedingungen des Anaphorikums ‚tot‘ in substantivischer Verwendung“. // Freidhof, Gert/Kosta, Peter (eds.): Slavistische Linguistik 1986. München. 9⫺93. Bernold, Anna (2006): Narrativnye struktury v ustnyx i pis’mennyx rasskazax o perežitom: sopostavitel’nyj analiz. Unveröff. Lizentiatsarbeit. Universität Zürich. Breuer, Astrid Y. (2002): Asyndese? Zum Problem einer ‚negativen‘ Kategorie. München. Brinker, Klaus (31992): Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. Berlin. Brown, Gillian/Yule, George (1983): Discourse analysis. Cambridge/New York etc. Chvany, Catherine V. (1985): „Backgrounded Perfectives and Plot Line Imperfectives: Toward a Theory of Grounding in Text“. // Flier, Michael S./Timberlake, Alan. The Scope of Slavic Aspect. Columbus/Ohio. 246⫺273. Chvany, Catherine V. (1990): „Verbal aspect, discourse saliency, and the so-called „perfect of result“ in modern Russian“. // Thelin, Nils B. (ed.). Verbal Aspect in Discourse. Contributions to the Semantics of Time and Temporal Perspective in Slavic and Non-Slavic Languages. Amsterdam/Philadelphia. 213⫺235. De Beaugrande, Robert/Dressler, Wolfgang U. (1981): Einführung in die Textlinguistik. Tübingen. Gülich, Elisabeth/Raible, Wolfgang (1977): Linguistische Textmodelle. Grundlagen und Möglichkeiten. München. Halliday, Michael A. K./Hasan, Ruqaiya (1976): Cohesion in English. London. Kitajgorodskaja, M. V./Rozanova, N. N. (1999): Reč’ moskvičej: kommunikativno-kul’turologičeskij aspekt. Moskva. Mel’čuk, Igor’ (1995): The Russian Language in the Meaning-Text Perspective. Russkij jazyk v modeli „Smysl 5 tekst“. Moskva/Vienna. Mel’čuk, Igor’ (2001): Communicative Organization in Natural Language. The semantic-communicative structure of sentences. Amsterdam/Philadelphia. Miemietz, Bärbel (1987): Nominalgruppen als Textverweismittel. Eine Untersuchung zum Polnischen unter Berücksichtigung des polnisch-deutschen Sprachvergleichs. München. Nichols, Johanna (1985): The Grammatical Marking of Theme in Literary Russian. // Brecht, Richard D./Flier, Michael S. (eds.). Issues in Russian Morphosyntax. Columbus/Ohio. 170⫺186. Pörings, Ralf/Schmitz, Ulrich (eds.) (1999): Sprache und Sprachwissenschaft. Eine kognitiv orientierte Einführung. Tübingen. Stammerjohann, Harro (1976): „Kohärenz und Delimitation. Zur Struktur des Absatzes (am Beispiel von Camus’ Le mythe de Sisyphe)“. // Folia Linguistica 9, 1⫺4, 365⫺392. Van Dijk, Teun (1990): Textwissenschaft. Eine interdisziplinäre Einführung. Tübingen. Wajszczuk, Jadwiga (1983): „Tekst spójny czy po prostu tekst?“ // Dobrzyńska, Tereza/Janus, Elżbieta (eds.). Tekst i zdanie. Zbiór studiów. Wrocław. 223⫺229. Weiss, Daniel (1989): „Klavdija Ivanovnas Schnurrbart als Garant der Textkohärenz. Zur Struktur eines Textfragments aus dem Roman Dvenadcat’ stul’ev von Il’f und Petrov“. // Göhrke, Carsten/Kemball, Robin/Weiss, Daniel (eds). „Primi sobran’e pestrych glav“. Slavistische und slavenkundliche Beiträge für Peter Brang zum 65. Geburtstag. Bern u. a. 561⫺584. Weiss, Daniel (1993): „Die Faszination der Leere. Die moderne russische Umgangssprache und ihre Liebe zur Null“. // Zeitschrift für Slavische Philologie 53, 48⫺82. Weiss, Daniel (1995): „Die Rolle der Temporalität bei der Textkonstitution“. // Jachnow, Helmut/ Wingender, Monika (eds.). Temporalität und Tempus, Wiesbaden, 245⫺272. Weiss, Daniel (1999a): „Textverweis“. // Engel, Ulrich (ed.). Deutsch-polnische kontrastive Grammatik. Heidelberg. 57⫺86. Weiss, Daniel (1999b): „Komplexer Satz“. // Engel, Ulrich (ed.). Deutsch-polnische kontrastive Grammatik. Heidelberg. 366⫺381.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Yokoyama, O. (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam/Philadelphia. Zemskaja, E. A./Kapanadze, L. A. (red.) (1978): Russkaja razgovornaja reč’. Teksty. Moskva.

Daniel Weiss, Zürich (Schweiz)

71. Anaphorische Mittel 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorbemerkungen Beschreibungsansätze Problemdiskussion Pronominale anaphorische Ausdrucksmittel Nicht-pronominale anaphorische Ausdrucksmittel Literatur (in Auswahl)

Abstract At first this article describes anaphoric means formally and syntactically (2.1), in machine translation (2.2), from a functional (2.3) and a cognitive point of view (2.4). Subsequently these means are discussed in the context of reference (3.1), deixis (3.2), thematicity (3.3) and typology of anaphora (3.4). Then the most frequent pronominal anaphoric means are characterized (4). The final chapter (5) presents some non-pronominal anaphoric means and techniques which are typical of the Slavonic languages.

1. Vorbemerkungen „Anaphorische Wörter wiederholen schon Gesagtes.“ Diese Formulierung (Knobloch 1961, 120) erfasst wesentliche Aspekte der Anapher ⫺ und lässt ebenso wesentliche Aspekte unberücksichtigt. (Der Terminus „Anapher“ wird hier verkürzt im Sinne von „anaphorischer Relation“ verwendet.) Im Folgenden wird die Anapher zunächst im Licht verschiedener Beschreibungsansätze gezeigt (Abschnitt 2), dann im Zusammenhang mit den am häufigsten diskutierten Problemen charakterisiert (Abschnitt 3) und schließlich anhand slavischer Ausdrucksmittel illustriert (Abschnitte 4 und 5). Die vorgegebene Seitenzahl bedingt folgende Einschränkungen: bei den Beschreibungsansätzen beschränke ich mich im Wesentlichen auf Arbeiten der letzten 20 Jahre (und verweise im Übrigen auf die slavistischen Überblicksdarstellungen von Jachnow 1999 und Jelitte 1999 sowie ⫺ zur allgemeinen Forschungsgeschichte der Anapher ⫺ auf Hülsen 1994). Auch in der Problemdiskussion (Abschnitt 3) werden nur die Aspekte angesprochen, die sich aus den vorgestellten Beschreibungsansätzen ergeben und zugleich für

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Yokoyama, O. (1986): Discourse and Word Order. Amsterdam/Philadelphia. Zemskaja, E. A./Kapanadze, L. A. (red.) (1978): Russkaja razgovornaja reč’. Teksty. Moskva.

Daniel Weiss, Zürich (Schweiz)

71. Anaphorische Mittel 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Vorbemerkungen Beschreibungsansätze Problemdiskussion Pronominale anaphorische Ausdrucksmittel Nicht-pronominale anaphorische Ausdrucksmittel Literatur (in Auswahl)

Abstract At first this article describes anaphoric means formally and syntactically (2.1), in machine translation (2.2), from a functional (2.3) and a cognitive point of view (2.4). Subsequently these means are discussed in the context of reference (3.1), deixis (3.2), thematicity (3.3) and typology of anaphora (3.4). Then the most frequent pronominal anaphoric means are characterized (4). The final chapter (5) presents some non-pronominal anaphoric means and techniques which are typical of the Slavonic languages.

1. Vorbemerkungen „Anaphorische Wörter wiederholen schon Gesagtes.“ Diese Formulierung (Knobloch 1961, 120) erfasst wesentliche Aspekte der Anapher ⫺ und lässt ebenso wesentliche Aspekte unberücksichtigt. (Der Terminus „Anapher“ wird hier verkürzt im Sinne von „anaphorischer Relation“ verwendet.) Im Folgenden wird die Anapher zunächst im Licht verschiedener Beschreibungsansätze gezeigt (Abschnitt 2), dann im Zusammenhang mit den am häufigsten diskutierten Problemen charakterisiert (Abschnitt 3) und schließlich anhand slavischer Ausdrucksmittel illustriert (Abschnitte 4 und 5). Die vorgegebene Seitenzahl bedingt folgende Einschränkungen: bei den Beschreibungsansätzen beschränke ich mich im Wesentlichen auf Arbeiten der letzten 20 Jahre (und verweise im Übrigen auf die slavistischen Überblicksdarstellungen von Jachnow 1999 und Jelitte 1999 sowie ⫺ zur allgemeinen Forschungsgeschichte der Anapher ⫺ auf Hülsen 1994). Auch in der Problemdiskussion (Abschnitt 3) werden nur die Aspekte angesprochen, die sich aus den vorgestellten Beschreibungsansätzen ergeben und zugleich für

71. Anaphorische Mittel die Darstellung der anaphorischen Ausdrucksmittel in den slavischen Sprachen relevant sind. In der Darstellung der sprachlichen Ausdrucksmittel wiederum (Abschnitte 4 und 5) bildet das Russische den Ausgangspunkt; in einigen Fällen erfolgen Verweise auf das Polnische und das Tschechische. Diese Beschränkung ist vertretbar, weil Charakteristika und Funktionen der Anapher in den vorausgehenden Abschnitten skizziert worden sind und es somit problemlos möglich ist, die analogen Ausdrucksmittel für die betreffenden Anapherntypen in den hier nicht explizit aufgeführten slavischen Sprachen aufzufinden. Diese Beschränkung ist auch notwendig, weil die Beschreibung der (einzelsprachlichen) anaphorischen Ausdrucksmittel die Darstellung der (einzelsprachlichen) Pronominalsysteme voraussetzt, die wiederum im Zusammenhang mit der Differenzierung der slavischen Sprachen in Artikelsprachen (vs. Nicht-Artikelsprachen) und in Pro-Drop-Sprachen (vs. Nicht-Pro-Drop-Sprachen) erfolgen muss. Eine solche Darstellung kann jedoch nicht im Rahmen eines Handbuchartikels erfolgen; vgl. zu den einzelnen Slavinen Comrie/Corbett (1993, jeweils die Abschnitte 4.7 bis 4.9), zu den Indefinitpronomina allgemein Haspelmath (1993; 1997), zu den Pronomina im Russischen Garde (1984, 73 ff.), Paillard (1984, 205⫺403), Švedova/Belousova (1995), Švedova (1998), zur Artikelproblematik Birkenmaier (1979, 23⫺41; 89⫺105), zur (In)Definitheit Gladrov (1992), Paducheva (2000) und zu den Pro-Drop-Sprachen Bílý (1981, 107⫺125), Adamec (1984, 73 f.). Nicht nur mit Blick auf die Slavinen, sondern auch mit Blick auf die Textsorte(n) und den zugrundegelegten Zeitraum muss eine Auswahl getroffen werden: wie sich bereits exemplarisch am Russischen zeigen lässt, sind für Texte der „razgovornaja reč’“ z. T. andere anaphorische Ausdrucksverfahren charakteristisch als für Texte des „literaturnyj jazyk“ (vgl. zum Russischen Nichols 1985, 172; zu den Gebrauchsbedingungen der Demonstrativpronomina im Tschechischen Berger 1994, 27 ff.). Die nachfolgenden Überlegungen betreffen ausschließlich schriftsprachliche (wissenschaftliche und belletristische) Texte ab der zweiten Hälfte des 20. Jhs., d. h. weder gesprochene Texte noch ältere Sprachzustände werden berücksichtigt. (Dass auch der diachrone Aspekt für eine umfassende Beschreibung der einzelsprachlichen anaphorischen Ausdrucksmittel relevant ist, zeigt Berger (1990) am Beispiel der tschechischen Demonstrativpronomina.)

2. Beschreibungsansätze 2.1. Formal-syntaktische Darstellung Im traditionellen Verständnis bezeichnet der Terminus „Anapher“ einen sprachlichen Ausdruck, der zu einem anderen sprachlichen Ausdruck („Antezedens“) in einer anaphorischen Beziehung stehe; diese Tautologie wird dann mit Hilfe der Termini „Identität“ oder „Referenz“ („Koreferenz“) präzisiert (in dem Sinne, dass die Referenz des anaphorischen Ausdrucks nur durch Bezug auf (s)ein Antezedens bestimmbar sei bzw. Anapher und Antezedens koreferent seien). Typische anaphorische Ausdrücke seien substantivische Pronomina, insbesondere die sog. Personalpronomina der 3. Person (russ. on, ona, ono; oni) sowie Demonstrativpronomina (russ. ėtot; tot). Anders formuliert: Ausgangspunkt dieser Anaphernbeschreibung sind konkrete Pronominalformen,

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen deren Funktion über den Bezug zu einer anderen konkret realisierten sprachlichen Ausdrucksform als „anaphorisch“ beschrieben wird. Es ist evident, dass dieser Beschreibungsansatz nur anaphorische Phänomene erfassen kann, die pronominal realisiert werden, und somit nur einen Teilbereich anaphorischer Relationen abdeckt. Im Vergleich zu diesem formal-syntaktischen Ansatz verlagern kontrastive Untersuchungen den Schwerpunkt von anaphorischen Pronomina auf anaphorische Funktionen: da i. d. R. keine Eins-zu-eins-Entsprechungen als Übersetzungsäquivalente zu finden sind, werden verstärkt die betreffenden Antezedentien in die Funktionsbeschreibung der anaphorischen Pronominalformen einbezogen. Daraus ergibt sich eine differenziertere Darstellung der Antezedens-Anapher-Relation, weil für die pronominalen Anaphern bestimmte Restriktionen formuliert werden und zudem auch nicht-pronominale Übersetzungsäquivalente ins Blickfeld rücken. (Kontrastiv Russisch⫺Deutsch vgl. Mehlig 1984, 3 ff.; Кolpakova 1995, 308 f., 317 ff.; Gladrow 1997, 26 ff.; Geldbach 2001, 108 ff., die explizit darauf hinweist, dass darüber hinaus auch die einzelnen Sprachrichtungen getrennt betrachtet werden müssen.)

2.2. Maschinelle Übersetzung Bei der maschinellen Übersetzung geht es nicht um die Frage, „wieso an einer bestimmten Stelle des Textes ein anaphorisches Pronomen [...] steht, sondern darum, wie das Antezedens eines anaphorischen Pronomens gefunden werden kann“ (Geldbach 2001, 25), d. h. hier steht die Identifizierung des Antezedens im Vordergrund. Zu diesem Zweck werden verschiedene „Filter“ entwickelt, um aus der Menge der potentiellen Antezedenskandidaten das reale Antezedens auszuwählen. Art und Anzahl der Filter bestimmen die Qualität des Algorithmus und damit letztlich die Qualität der Übersetzung. (Zur Entwicklung verschiedener Algorithmen vgl. Geldbach 2001, 32⫺ 53). Am Anfang stehen morphologische Filter, mit denen Kongruenzaspekte überprüft werden. Für die slavischen Sprachen sind Genus und Numerus wesentliche Kongruenzaspekte; dabei sind jedoch einzelsprachliche Besonderheiten zu berücksichtigen: das Genus- resp. Numerus-Kongruenzverhalten kann bei bestimmten Substantiven kontextabhängig variieren (z. B. das Genuskongruenzverhalten bei hybriden Substantiven, vgl. russ. vrač, oder das Numeruskongruenzverhalten bei Quasinumeralia, vgl. russ. bol’šinstvo). Hier treten „Konflikte zwischen syntaktischer und semantischer Kongruenz“ auf (Geldbach 2001, 74), für die entsprechende Lösungsverfahren entwickelt werden müssen. (Zur Diskussion der Kongruenzproblematik im Russischen im Zusammenhang mit der maschinellen Übersetzung vgl. Iomdin 1990, 61⫺87; zur Genus- (und Numerus-)Kongruenz allg. Hentschel 1999, 262 ff.; zur Genuskongruenz Bulygina/Šmelev 1997.) Neben morphologischen werden auch syntaktische Filter angewendet. Im Unterschied zu den morphologischen Filtern, die ⫺ zumindest in neueren Algorithmen ⫺ auch vorausgehende Sätze nach Antezedenskandidaten durchsuchen, enden syntaktische Filter an der Satzgrenze. Sie filtern aus den (satzinternen) Antezedenskandidaten diejenigen heraus, die „gegen die Prinzipien der Bindungstheorie verstoßen“ (Geldbach 2001, 75). Mit anderen Worten: die syntaktischen Restriktionen, die u. a. für reflexive und reziproke Pronomina gelten, werden gleichsam abgefragt ⫺ und die entspre-

71. Anaphorische Mittel chenden Antezedenskandidaten ausgeschieden. Da diese Restriktionen einzelsprachlich verschieden ausfallen, müssen auch die syntaktischen Filter einzelsprachlich angepasst werden. (Zur unterschiedlichen Bindung von reflexiven und reziproken Pronomina in den slavischen Sprachen vgl. Růžička 1996, 39 ff.) Bleiben nach der Anwendung des morphologischen und syntaktischen Filters mehrere Antezedenskandidaten übrig, erfolgt anhand verschiedener Kriterien (u. a. semantische Merkmale, syntaktische Funktion, Thematizität) eine Bewertung der Kandidaten (Einzelheiten vgl. Geldbach 2001, 85⫺100), und der Antezedenskandidat mit der „besten“ Bewertung wird schließlich als Antezedens gewählt. Bereits diese grobe Skizzierung der Anapher in der maschinellen Übersetzung lässt erkennen, dass die Identifizierung des Antezedens anhand verschiedenartiger Kriterien ⫺ morphologischer, syntaktischer, semantischer und kommunikativer Kriterien ⫺ erfolgt: offensichtlich stellen anaphorische Relationen ein komplexes Phänomen dar, das für die Textkonstitution wesentlich ist und deshalb ⫺ zumindest auch ⫺ textfunktional beschrieben werden sollte. Zur Kritik am Smysl-Tekst-Modell, das satzübergreifende sprachliche Phänomene wie anaphorische Bezüge i. a. vernachlässige und z. B. der Arbeit von Iomdin (1990, 7) zugrunde gelegt wird, vgl. Geldbach (2001, 23 f.).

2.3. Funktionaler Beschreibungsansatz „Funktional“ ist hier nicht terminologisch (im Sinne einer bestimmten Schule) zu verstehen, sondern als Oberbegriff für Beschreibungsansätze, deren Interesse den möglichen Funktionen der Antezedens-Anapher-Relation und der möglichen Korrelation bestimmter Funktionen mit konkreten sprachlichen Ausdrucksmitteln gilt. An erster Stelle sind die Arbeiten von Berger und Weiss zu nennen, die im Rahmen eines Forschungsprojekts die „Gebrauchsbedingungen für die anaphorischen und kataphorischen nominalen Textverweismittel der modernen russischen Standardsprache“ (Weiss 1988, 249) untersucht haben. Wegen der theoretischen Grundlegung sind diese Untersuchungen auch für andere (nicht nur slavische) Sprachen relevant. Berger und Weiss unterscheiden vier Grundtypen nominaler Textverweismittel: Pronomina, Ellipse, lexikalische Wiederholung und Periphrase. (Zu den theoretischen Grundlagen vgl. Berger/Weiss 1987, 9⫺26; Weiss 1988, 249⫺253; zur Ellipse Weiss 1988, 253 ff.; Berger 1989; Weiss 1990a; zur lexikalischen Wiederholung Weiss 1983; 1987, 116⫺120). Angestrebt wird die Auflistung und interne Hierarchisierung möglichst aller Faktoren, die die Wahl der verschiedenen sprachlichen Mittel zum Ausdruck der genannten vier Grundtypen (sowie ihrer Mischformen) bestimmen (Berger/Weiss 1987, 9 f.). Zu diesem Zweck muss eine präzise und konsistente Terminologie entwickelt werden, insbesondere für die Begriffe der Referenz, der Thema-Rhema-Gliederung (resp. der Thematischen Progression) und der Textuellen Einheiten („sverxfrazovye edinicy“) (Weiss 1987, 116). Da die terminologische Begriffsklärung unter Punkt 3. abgehandelt wird, sei an dieser Stelle nur festgehalten, dass die Untersuchungen von Berger und Weiss die häufig separat behandelten Fragen nach der Pronominalisierbarkeit, dem referentiellen Status und der Thematizität von Nominalphrasen ⫺ vgl. Bílý (1981); Padučeva (1985, 79⫺132); Hauenschild (1984; 1985; 1985a); Girke (1985); Кibrik (1988, 5⫺9); Seliverstova (1988, 37⫺51) und Šmelev (1992) ⫺ im Zusammenhang betrachten und daraus folgende Postulate für eine adäquate Beschreibung anaphorischer Relatio-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen nen resp. anaphorischer Ausdrucksmittel ableiten (vgl. die Rezension von Weiss 1997 zu Nørgård-Sørensen 1992): zum einen die Präzisierung des Referenzbegriffes (Koreferenz, Textreferent), zum anderen die Berücksichtigung verschiedener Textfaktoren (Thema, Satz- und Abschnittsgrenze, Distanzstellung von Antezedens und anaphorischem Ausdruck). Die Untersuchungen von Berger und Weiss belegen, dass anaphorische Relationen den Rahmen der Einzel-Satz-Syntax überschreiten und deshalb in einer transphrastischen Grammatikbeschreibung verankert werden müssen (speziell zur Satzverknüpfung vgl. Weiss 1990).

2.4. Kognitiver Beschreibungsansatz Ein wesentlicher Beitrag der kognitiven Beschreibung ist die stärkere Gewichtung des Sprechers (resp. des Hörers) und damit die Loslösung des Anapherbegriffs vom „klassischen Antezedens“ (Consten 2002, 88). Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Fokus und Wissen werden als relevante Faktoren in die Anaphernbeschreibung aufgenommen (Кibrik 1987; 1988, 4 f.; 1992, 216 f., 221⫺224; Kibrik 1996). Die Begriffe „situatives Wissen“ und „Referenzdomäne“ relativieren das Kriterium der Koreferenz (ausführlicher hierzu vgl. Punkt 3.1) und erlauben die Beschreibung direkter und indirekter Anaphern als (nur) graduell unterschiedliche Phänomene (vgl. hierzu Consten 2002, 122, zu den textuellen Funktionen indirekter Anaphern ebd., 126, zur indirekten Anapher allgemein vgl. Schwarz 2000). Mit dem Begriff des „Ankers“ (zur Begriffsgeschichte vgl. Consten 2002, 87 f.) lassen sich nicht nur verschiedene Subtypen indirekter Anaphern differenzieren (semantisch-basierte, schema-basierte und inferenz-basierte indirekte Anaphern, vgl. Consten 2002, 114⫺121), sondern auch die sog. „antezedenslosen Anaphern“ in die Anaphernbeschreibung einfügen (vgl. Cornish 1996). Die Kombination der Begriffe des Ankers und der domänengebundenen Referenz (zum Domänenbegriff vgl. Schwarz 2000, 38) erlaubt zudem eine Klärung der strittigen Frage, wie Deixis und Anapher voneinander abgegrenzt werden können (ausführlicher hierzu vgl. Punkt 3.2). Es ist evident, dass auch in kognitiven Beschreibungen Anaphern-Suchmodelle entwickelt werden. Abschließend sei erwähnt, dass sowohl die Untersuchung von Geldbach (vgl. Punkt 2.2) als auch die Ergebnisse von Berger und Weiss (vgl. Punkt 2.3) zur Verwendung der Personalpronomina experimentell bestätigt werden können (Consten 2002, 164⫺184).

3.

Problemdiskussion

3.1. Referenz Im Folgenden wird nicht der Referenzbegriff i. a. diskutiert (vgl. Šmelev 1996), sondern lediglich auf die Referenzaspekte hingewiesen, die bei der Anaphernbeschreibung herangezogen werden und die darüber hinaus dem aktuellen Forschungsstand entsprechen.

71. Anaphorische Mittel Der traditionelle Referenzbegriff der Semantik (Stichwort: außersprachliche Referenten) wird aufgegeben zugunsten eines Referenzbegriffs, der sowohl außersprachliche als auch sprachliche Referenten erfasst (vgl. Burkhardt 1996, 78). Der Bezug auf sprachliche Referenten entspricht dem Begriff der Phorik (und der Bezug auf außersprachliche Referenten entspricht der Referenz im traditionellen Sinn). Diese Erweiterung des Referenzbegriffes führt häufig zu Missverständnissen, die vermieden werden könnten, wenn klar gesagt würde, dass (Text)Referenz in phorischem Sinne zu verstehen ist (s. u.). Der handlungsorientierte (oder: pragmatische) Referenzbegriff ermöglicht zudem die Unterscheidung zwischen referierenden sprachlichen Ausdrücken und dem Sprecher, der mittels sprachlicher Ausdrücke referiert i. S. v. ‚Bezug nimmt‘. Antezedentien (besser gesagt: sprachliche Einheiten, die als Antezedens fungieren) sind per se referentiell anders zu beschreiben als anaphorische Ausdrücke, die per definitionem auf Antezedentien Bezug nehmen (unabhängig von der Frage, in welcher Form das Antezedens konkret realisiert ist). Damit scheidet das Kriterium der Referenzidentität als konstitutives Merkmal anaphorischer Relationen aus (ähnlich Hoffmann (2000, 303 II)), und analog das Kriterium der Koreferenz ⫺ wenn Koreferenz i. S. der Referenzidentität verstanden wird (vgl. Čexov 1981; Burkhardt 1996, 79; zur Differenzierung syntaktischer und diskursiver Anaphern auf der Grundlage des Koreferenzkriteriums vgl. Кibrik 1992, 216 ff.). Es ist evident, dass der referentielle Status des Antezedens die Wahl der anaphorischen Ausdrucksmittel mitbestimmt; dabei sind einzelsprachliche Unterschiede festzustellen. (Zum „denotativen Status“ vgl. Padučeva (1985); in modifizierter Form liegt diese Referenztheorie auch den Untersuchungen von Berger und Weiss zugrunde (vgl. Weiss 1987, 116). ⫺ Zu den unterschiedlichen Restriktionen z. B. für die Pronomina der 3. Person in verschiedenen Sprachen vgl. Nørgård-Sørensen 1998, 173, und NërgorSërensen 2002, 42⫺47 zum Tschechischen, Serbischen und Bulgarischen im direkten Vergleich.) Da die ⫺ referentielle ⫺ Bestimmung der Antezedentien in der Forschung i. a. nicht strittig ist (wenn auch in terminologischer Hinsicht kein Konsens besteht), skizziere ich im folgenden den pragmatischen Referenzbegriff, der in der Anaphernbeschreibung zunehmend Anwendung findet; dabei beziehe ich mich im Weiteren auf Consten (2002, 47⫺72). Referenz wird ⫺ im Unterschied zu den traditionell sprecherorientierten Ansätzen, vgl. Šuvalova (2001, 65) ⫺ als hörerzentrierter Prozess verstanden. Anaphorische Referenz wird definiert als Ausprägung „definiter Referenz, deren wichtigstes Merkmal ein notwendiger Bezug auf situatives Wissen ist, mit dessen Hilfe ein bestimmter Referent identifiziert werden kann. Die Identifizierbarkeit eines Referenten ist eine Frage der Domänen-Selektion [...]. Wissen aus sämtlichen Domänen und seine Relevanz für den Referenzprozess wird im Begriff der Referenzsituation zusammengefasst“ (Consten 2002, 72). Die Referenzsituation ist die Gesamtheit der Umstände, die zu einem Referenzakt beitragen (und umfasst textuelle und nicht-textuelle Bestandteile; vgl. hierzu auch den discourse-Begriff von Cornish 1999, 32 ff.). Die domänengebundene Referenz bezeichnet eine „Referenz, für die ⫺ abhängig vom Situationstyp ⫺ ein Rückgriff auf eine von mehreren Domänen erforderlich ist. Eine Domäne ist dann ein mentaler Bereich, der durch (sprachliche oder nicht-sprachliche) Bestandteile einer Situation aktiviert wird.“ (Consten 2002, 4). Auch wenn dieser Referenzbegriff einige Probleme enthält ⫺ z. B. die Kategorisierung der Situationsfaktoren ⫺, bietet er doch die Möglichkeit, von dem (zu) engen

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Anapherbegriff (‚nur direkte Anaphern sind Anaphern‘) abzurücken. Seine Stärke liegt m. E. in der Betonung der Situationsabhängigkeit der Referenzherstellung, und dadurch wird die zentrale Rolle der Anapher in der Textkonstitution erklärbar. Außerdem erlaubt der pragmatische Referenzbegriff eine konsistente Beschreibung der verschiedenen Anapherntypen (ausführlich vgl. Punkt 3.4).

3.2. Anapher und Deixis Der pragmatische Referenzbegriff eignet sich auch für die Abgrenzung von Anapher und Deixis: deiktische Referenz wird analog zur anaphorischen Referenz definiert: in beiden Fällen handelt es sich um domänengebundene Referenz, „bei der jeweils auf einen Anker verwiesen wird, mit dessen Hilfe der Referent identifiziert werden kann. [...] Ist der Anker textuell, sprechen wir von Anaphora, ist er nicht-textuell, sprechen wir von Deixis. In beiden Fällen kann die Verbindung zwischen Anker und intendiertem Referenzkonzept mehr oder weniger direkt sein und unterschiedliche Arten von Wissen involvieren“ (Consten 2002, 130; ausführlich zu Anapher und Deixis ebd., 6⫺ 35). Die analoge Behandlung von Anapher und Deixis (als verschiedene Verweisdomänen) erlaubt somit auch die Einbeziehung und Beschreibung indirekter Deixis; sie bietet darüber hinaus eine Erklärungsgrundlage für die Verwendung derselben Pronominalformen in beiden Verweisdomänen. (Vgl. hierzu den Vorschlag von Seidel 1985.) Auch bei der (noch immer diskutierten) Frage, wie das Verhältnis der Textdeixis zur Anapher zu beschreiben ist (Forschungsüberblick vgl. Consten 2002, 36⫺44), hilft die Differenzierung der Verweisdomänen ⫺ textueller vs. nicht-textueller Anker ⫺ weiter: im Fall der Textdeixis lässt sich weder ein textueller noch ein nicht-textueller Anker ermitteln, denn der ‚Anker‘ der Textdeixis ist der Text selbst (und der ist weder Teil von sich noch nicht-textuell). Insofern wäre zu überlegen, wiederum analog zur Anapher von Gebundener Deixis zu sprechen, denn sowohl personal als auch temporal als auch lokal ist die Textdeixis gebunden (festgelegt auf den Produzenten bzw. auf den rezipierten bzw. zu rezipierenden Text, vgl. Burkhardt 1996, 77). Für die Beibehaltung des Deixis-Begriffs in der Beschreibung der Textdeixis spricht auch die Beobachtung, dass sie übereinzelsprachlich durch chrono- und topodeiktische Ausdrucksmittel realisiert wird. (Zur Deixis-Text-Diskussion vgl. Berger 1993, 83⫺85; Wiemer 1997, 131⫺145; Grenoble 1998, 3⫺76.)

3.3. Anapher und Thema(tizität) Die Menge der Literatur zu ‚Anapher und Thematizität‘ lässt einen Forschungsüberblick unmöglich erscheinen; deshalb werden im folgenden lediglich zwei Thesen referiert: die erste, weil sie den Status der Pronomina der 3. Person unter den Ausdrucksmitteln direkter Anaphern betrifft; die zweite ⫺ die indirekte Anaphern betrifft ⫺, weil sie dem traditionellen Verständnis der „thematischen“ Anapher nicht entspricht. („Thematizität“ wird hier als Oberbegriff für Thema- und Topik-Phänomene verwendet, die dem Kriterium ‚kommunikativ-textuell aktualisiert‘ genügen.)

71. Anaphorische Mittel (i) Pronomina der 3. Person indizieren ⫺ im Unterschied zu Demonstrativpronomina (vgl. Nørgård-Sørensen 1998, 178; ausführlicher Berger 1988, 28 ff.) ⫺ eine absolut neutrale Thematizität i. d. S., dass sie das betreffende Antezedens als ‚thematisch‘ fortsetzen. (Nur in dieser Funktion können Pronomina der 3. Person in manchen slavischen Sprachen auch als Nullanapher realisiert werden, vgl. Nichols 1985, 172; Grenoble 1998, 192 f.; Leafgren 2000, 59 ff.; ausführlicher hierzu vgl. Punkt 4.2) (ii) Zu den textuellen Funktionen, die durch indirekte Anaphern realisiert werden (können), gehört die Neueinführung eines Referenten: so erlauben beispielsweise schema-basierte indirekte Anaphern die Einführung eines neuen Referenten, weil durch die Gricesche Relationsmaxime die Zugehörigkeit des (neuen) Referenten zum Anker-Konzept gewährleistet wird (detailliert vgl. Consten 2002, 123⫺126; zu den semantisch-basierten indirekten Anaphern in dieser Funktion vgl. Schwarz 2000a, 123 ff.). Diese Textfunktion indirekter Anaphern wird normalerweise nicht pronominal realisiert, weil Pronomina einen „Extremfall semantischer Unterspezifikation“ darstellen (Consten 2002, 104; vgl. dazu auch Seliverstova 1988, 51, die „nesamodostatočnost’“ als charakteristisches Merkmal der Pronomina anführt).

3.4. Anapherntypen Die Problemdiskussion zeigt, dass die traditionell zur Beschreibung der Anapher herangezogenen Identitäts- und Similaritätsbeziehungen nicht ausreichen. Aus den o. g. Aspekten ergeben sich folgende Kriterien zur Differenzierung von Anaphern: das Antezedenskriterium, das Differenzkriterium und das Satzkriterium. (Zur Illustration wird jeweils ein Beispiel angeführt.) 3.4.1. Wenden wir das Antezedenskriterium an, erhalten wir die Unterscheidung direkte/indirekte Anapher. In direkten Anaphern lassen sich konkrete (textuelle) Antezedentien feststellen, während indirekte Anaphern durch semantisch-, schema- oder inferenz-basierte Ankerbeziehungen charakterisiert sind. Die Annahme eines graduellen Übergangs von direkten zu indirekten Anaphern wird der Anapher als Textphänomen eher gerecht als eine dichotomische Beschreibung. Indirekte anaphorische Ausdrücke werden i. d. R. nicht pronominal realisiert; vgl. die folgenden Beispiele: (1)

Ich schreibe einen Artikel. Er soll nicht mehr als zehn Seiten umfassen.

(2)

Ich schreibe einen Artikel. Hoffentlich erhalte ich die Formatvorlage noch rechtzeitig.

Zu den indirekten Anaphern gehören die sog. Kontiguitätsanaphern (vgl. Greber 1993; Burkhardt 1996, 92 f.; Consten 2002, 94⫺96), die entweder semantisch- oder schemabasiert sind. Daraus ergibt sich als eine charakteristische Eigenschaft von Kontiguitätsanaphern die prinzipielle Prognostizierbarkeit des anaphorischen Nomens (im Unterschied z. B. zu Komplexanaphern, vgl. den folgenden Abschnitt 3.4.2). 3.4.2. Das Differenzkriterium betrifft Unterschiede, die zwischen Antezedens und anaphorischem Ausdruck bestehen. Seine Anwendung erlaubt die Differenzierung fol-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen gender Anapherntypen (wobei auch hier bereits etablierte Termini beibehalten werden): koreferente Anaphern, konzeptuelle Anaphern, formale Anaphern und Komplexanaphern. In der koreferenten Anapher nimmt der anaphorische Ausdruck das Antezedens ohne Modifizierung auf i. d. S., dass der anaphorische Ausdruck die lexikalische Semantik und den Referenzstatus des Antezedens unverändert ‚übernimmt‘ (abgesehen von dem Merkmal ‚(in)definit‘, vgl. Berger (1988, 16); zur Referenzidentität vgl. Punkt 3.1). Typische (übereinzelsprachliche) Ausdrucksmittel koreferenter Anaphern sind Substantive (resp. Nominalphrasen) und Pronomina der 3. Person; vgl. Beispiel (1). In der konzeptuellen Anapher (auch „kosignifikante Anapher“, „pronoun of laziness“ („lenivye mestoimenija“), „mestoimenija povtora“ genannt, vgl. Padučeva 1985, 147; Burkhardt 1996, 79 f.; Geldbach 2001, 159) liegen verschiedene Exemplare eines Konzepts vor; vgl. (3)

⫺ Da ist ein Rhinozeros. ⫺ Da ist noch eins.

Es ist evident, dass in konzeptuellen Anaphern i. d. R. keine Pronomina der 3. Person auftreten. (Zur Diskussion des Beispielsatzes „U Мaši deti vzroslye, a u Daši oni v detskij sad xodjat.“ mit einem pluralischen Pronomen der 3. Person vgl. Burkhardt 1996, 80; im Übrigen lässt dieses Beispiel die Affinität von Possessivausdrücken zu konzeptuellen Anaphern erkennen.) Die formale Anapher (vgl. Klajn (1985, 126); auch „Anapher mit Suppositionssprung“ oder „Anapher sui generis“ genannt, vgl. Burkhardt (1996, 80 f.)) wird i. a. so definiert, dass die Zeichenform, die im Antezedens als „token“ vorkommt, anaphorisch als „type“ aufgenommen wird, wobei diese Relation über die Prädikatsemantik (z. B. schreiben, buchstabieren) identifiziert wird; vgl. (4)

⫺ Da ist ein Rhinozeros. ⫺ Ein was? Buchstabiere das bitte.

Im umgekehrten Fall, d. h. wenn ein „type“ anaphorisch als „token“ aufgenommen wird, liegt jedoch keine formale Anapher im o. g. Sinn vor, vgl. hierzu das folgende Beispiel (modifiziert nach Schwarz 2000, 24): (5)

Was wäre das Leben ohne die Liebe. Anna wurde durch die Liebe ihres Mannes gerettet.

Die Komplexanapher schließlich unterscheidet sich von den anderen Anapherntypen dadurch, dass ein nicht-nominales Antezedens anaphorisch nominal aufgenommen wird. Dazu folgende Anmerkungen: im Fall eines nicht-nominalen Antezedens von Anapher zu sprechen, setzt notwendigerweise einen erweiterten Anapherbegriff voraus. Erweitert i. d. S., dass die Beschränkung auf nominale Antezedentien aufgegeben wird und auch nicht-nominale (propositionale) Antezedentien mit dem Anapherbegriff erfasst werden können. Im Unterschied zu Burkhardt (1996, 86 ff.) bin ich inzwischen der Auffassung, dass eine derartige Erweiterung des Anapherbegriffs sinnvoll ist ⫺ unter der Voraussetzung, dass Anapher als textkonstitutiver Faktor beschrieben wird. Dabei ist eine konsistente Terminologie unverzichtbar (zum Terminus „Komplexanapher“ vgl. Schwarz (2000, 129 ff.); Consten (2002, 41)). Die Komplexanapher wird deshalb im folgenden etwas ausführlicher beschrieben als die anderen Anapherntypen.

71. Anaphorische Mittel Charakteristisch für die Komplexanapher ist die Textfunktion der Nomination. „Nomination“ bezeichnet nicht nur die Transposition i. S. eines syntaktisch bedingten Wortartwechsels z. B. zwischen verbalem Antezedens und nominalem anaphorischem Ausdruck, vgl. (6)

Infinitivnye predloženija po soderžaniju tesno svjazany s načal’nym stixom vtoroj časti. Ėta svjaz’ vyražena mestoimennym narečiem tuda.

Sie bezeichnet auch ⫺ und insbesondere ⫺ das textuelle Verfahren, eine Proposition (resp. einen Propositionskomplex) anaphorisch als Nomen (resp. Nominalphrase) aufzunehmen, vgl. (7)

⫺ A teper’ skaži mne, čto ėto ty vse vremja upotrebljaeš’ slova ⫺ dobrye ljudi? Ty vsex, čto li, tak nazyvaeš’? ⫺ Vsex, ⫺ otvetil arestant, ⫺ zlyx ljudej net na svete. ⫺ Vpervye slyšu ob ėtom, ⫺ skazal Pilat, usmexnuvšis’.

Anders formuliert: dem anaphorischen Ausdruck wird die kategorielle Bedeutung „Substantiv“ zugewiesen. Damit wird eine Proposition als (substantivischer) Bezugspunkt im aktuellen Diskurs etabliert, und daraus ergibt sich automatisch die Frage, welche Elemente (oder besser: welche Aspekte) der Proposition als Bezugspunkt etabliert werden? Der anaphorische Ausdruck sagt darüber nicht unbedingt etwas aus; erst durch das nachfolgende Prädikat (resp. die anschließende Prädikation) wird das ‚aktuelle‘ Antezedens endgültig festgelegt. Typische (übereinzelsprachliche) anaphorische Ausdrucksmittel der Komplexanapher sind substantivische Demonstrativpronomina (neutr.) bzw. adjektivische Demonstrativpronomina in Verbindung mit einem Nomen. Diese Nomina sind jedoch ⫺ im Unterschied zur Kontiguitätsanapher ⫺ nicht prinzipiell prognostizierbar. (Ausführlicher hierzu vgl. Punkt 4.5). 3.4.3. Wenden wir das Satzkriterium an, lassen sich drei Realisierungen von Anaphern unterscheiden: Anaphern, die obligatorisch innerhalb des Satzrahmens (= intraphrastisch) realisiert werden, Anaphern, die intra- oder transphrastisch realisiert werden, und Anaphern, die bevorzugt transphrastisch realisiert werden. Für diese Realisierungen und die o. g. Anapherntypen lassen sich nur mit Vorbehalt Korrelationen formulieren: so werden indirekte Anaphern und Komplexanaphern bevorzugt transphrastisch realisiert, während einige koreferente Anaphern obligatorisch intraphrastisch realisiert werden. Anders formuliert: intra- und transphrastische Realisierungen lassen sich mit den zwischen Antezedens und anaphorischem Ausdruck bestehenden Unterschieden korrelieren (ausführlicher hierzu vgl. Punkt 4). Auch diese Beobachtung bestätigt die zentrale Rolle der Anapher für die Textkonstitution und die Notwendigkeit ihrer Beschreibung im Rahmen einer (satzüberschreitenden) Textgrammatik.

4. Pronominale anaphorische Ausdrucksmittel 4.1. Vorbemerkungen Die folgende Darstellung anaphorischer Ausdrucksmittel in den slavischen Sprachen unterliegt verschiedenen Einschränkungen (zur Begründung vgl. Punkt 1). Da eine

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen bloße Aufzählung anaphorischer Ausdrucksmittel wenig sinnvoll erscheint, liegt es nahe, sich auf die Darstellung der frequentesten anaphorischen Ausdrucksmittel zu konzentrieren. Von diesen wiederum entfallen sämtliche Ausdrucksmittel, die lediglich Wiederholungen von Nomina sind (weil hier nicht das Nomen, sondern seine Wiederholung als anaphorisches Ausdrucksmittel fungiert) oder die lexikalisch in semantisch-, schema- oder inferenzbasierten Relationen zu einem antezedenten Nomen stehen (weil semantische Relationen den Wortschatz jeder Sprache strukturieren und wie schema- und inferenz-basierte Relationen für verschiedene Zwecke gleichermaßen geeignet sind). Zu den frequentesten anaphorischen Ausdrucksmitteln gehören die Pronomina der 3. Person und die Demonstrativpronomina, die deshalb im folgenden als einzige ausführlicher dargestellt werden. In den „für die russische Sprache insgesamt“ repräsentativen Häufigkeitswörterbüchern werden diese beiden Pronominaltypen zu den 25 frequentesten Wörtern überhaupt gezählt (Kempgen 1995, 56 f.); je nachdem, was als Lexem angesetzt wird, gehört zumindest das Pronomen der 3. Person sogar zu den zehn frequentesten Lexemen des Russischen. Diese Daten gelten im Prinzip analog für die anderen slavischen Sprachen, und so scheint die Beschränkung auf diese beiden Pronomina vertretbar. Nicht berücksichtigt werden im folgenden Identitäts-, Isolativ-, Reflexiv-, Possessiv- und Relativpronomina, die alle auch anaphorisch beschrieben werden können (zu russ. sam vgl. Girke 1994; zu den Reflexivpronomina im Tschechischen im Vergleich mit dem Russischen Bílý 1981, 126⫺178; im Tschechischen Toman 1991, Růžička 1996; zu den Relativsätzen im Serbokroatischen Kordić 1999a). Unberücksichtigt bleiben auch die Proadverbien; vgl. zur Konkurrenz zwischen Proadverbien und Pronomina der 3. Person im Russischen Berger (1988, 37 f.); zum kontrastiven Vergleich Russisch⫺Deutsch Geldbach (2001, 118⫺130).

4.2. Pronomina der 3. Person Das wesentliche Merkmal der Pronomina der 3. Person besteht darin, dass sie sich „ihre Referenz frei aus dem Diskurs holen“ können (Růžička 1996, 38); dabei sind allerdings verschiedenartige Restriktionen zu beobachten. Im folgenden bleiben spezielle Kontexttypen wie z. B. Quantoren oder bestimmte Prädikatklassen unberücksichtigt (vgl. zu den mentalen Prädikaten im Polnischen Bogusławski 1996); lediglich einige der Standardverwendungsweisen werden grob skizziert, wobei das Russische wiederum als Folie dienen soll. Allgemein restriktionsrelevant sind folgende Faktoren: der ontologische Status des (Antezedens-)Referenten, thematische (resp. rhematische) Eigenschaften des Antezedens und des Pronomens sowie die syntaktische Funktion des antezedenten Nomens (resp. der Nominalphrase). Die folgende Darstellung basiert im Weiteren auf den unter Punkt 2.3 angeführten Arbeiten von Berger und Weiss ⫺ zum Forschungsüberblick vgl. Berger (1988, 11⫺15) ⫺ und bezieht sich auf eine neutrale Wortfolge im Standardrussischen. (i) Der ontologische Status des Referenten lässt sich hierarchisch beschreiben als ‚Person vor Tier vor Sache vor Ereignis / Zustand / Prozess‘ und mit der Wiederaufnahmewahrscheinlichkeit durch ein Pronomen der 3. Person korrelieren i. d. S., dass eine Person das größte und ein Prozess das kleinste Antezedenspotential hat. (Prozesse fungieren i. d. R. nicht als Antezedens eines Pronomens der 3. Person, s. u.)

71. Anaphorische Mittel (ii) Thematische oder rhematische Eigenschaften des Antezedens korrelieren nicht mit Restriktionen. Für das Pronomen gilt ein Thema nullten Ranges als optimal; Restriktionen sind lediglich für satzinitiales Thema ersten Ranges (in Kontrast- oder Hervorhebungsfunktion) festzustellen (detailliert vgl. Berger 1988, 16 f.; 28 f.). (iii) Für die syntaktische Funktion des Antezedens gilt die Restriktion, dass freie Angaben in der Regel nicht als Antezedens fungieren. Zusammenfassend formuliert: der klassische Fall für eine Anaphernrealisierung mit einem Pronomen der 3. Person ist ein personales Antezedens als Aktant und ein (pronominales) Thema nullten Ranges. Normalerweise ist das Antezedens ein Vertreter der passenden Kongruenzklasse (d. h. kongruent bzgl. der Merkmale Genus, Numerus, Belebtheit); Sonderregelungen sind z. B. für hybride Substantive und Kollektiva (Quasinumeralia) zu beschreiben (vgl. hierzu Punkt 2.2). Andere anaphorische Ausdrucksmittel treten insbesondere dann als Konkurrenten des Pronomens der 3. Person auf, wenn die Abweichungen vom klassischen Muster (zu) groß sind. So wird beispielsweise ein (nicht-personales) Antezedens, das einen Prozess bezeichnet, anaphorisch nicht mit einem Pronomen der 3. Person, sondern mit einem substantivischen Demonstrativpronomen (neutrum) aufgenommen (vgl. Punkt 4.4); liegt z. B. ein (nicht-personales) Antezedens vor, das einen Ort bezeichnet, dann konkurriert das Pronomen der 3. Person mit Proadverbien (tam, zdes’ u. a.; Einzelheiten vgl. Berger 1988, 37 f.). Durch das Zusammenspiel der o. g. Faktoren wird nicht nur die Zuordnung von mehreren Antezedentien zu ‚ihren‘ Pronomina geregelt, sondern auch die Überbrückung größerer (Text)Abstände zwischen Antezedens und Pronomen ermöglicht. Die Anaphernrealisierung mit einem Pronomen der 3. Person verleiht dem Referenten eine größere „Lebensspanne“ (Hoffmann 2000, 301 I) als häufig angenommen; insbesondere in Sprachen, in denen auch die Nullrealisierung zur Verfügung steht (wie z. B. im Russischen), kann das Pronomen der 3. Person über deutlich mehr als zwei aufeinanderfolgende Sätze ‚fortgesetzt‘ werden ⫺ und zudem Absatzgrenzen überspringen. Schließlich sei ein Effekt erwähnt, der eintreten kann, wenn mehrere Pronomina der 3. Person nebeneinander auftreten, deren Antezedentien nicht-personal sind (vgl. Berger 1988, 32): (8)

Кontekst dnja okružaet každuju teleperedaču. Оna neizbežno prixodit s nim vo vzaimodejstvie, obnaruživaja svoju istinnuju cenu, svoju podlinnuju glubinu.

Berger weist auf den komischen Aspekt dieser „Vermenschlichung“ hin (der im vorliegenden Beispiel sicher nicht beabsichtigt war; zu anderen Lapsus in publizistischen Texten vgl. Мurav’eva 1997). Die eintretende „Vermenschlichung“ lässt sich leicht mit dem von Pronomina der 3. Person klar bevorzugten personalen ontologischen Status des Antezedensreferenten erklären.

4.3. Substantivische Demonstrativpronomina Bei den (anaphorischen) Demonstrativpronomina werden nah- und fernverweisende Pronomina unterschieden; die nahverweisenden bezeichne ich im folgenden abgekürzt als ėtot, die fernverweisenden analog als tot. (Zu den anaphorischen resp. deiktischen

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Demonstrativpronomina im Russischen und Tschechischen vgl. Hauenschild 1982; zum Problem der Unterscheidung von substantivischem ėtot und adjektivischem ėtot vgl. Weiss 1988, 253 ff.) Die folgenden Anmerkungen basieren ⫺ soweit nicht anders angegeben ⫺ auf Weiss (1988). (i) Als anaphorischer Ausdruck nimmt ėtot nur eine marginale Stellung ein, weil die Konkurrenten tot einerseits und ėto (neutrum) andererseits wesentlich frequenter sind; deshalb genügt eine kurze Beschreibung seiner Verwendungsbedingungen: der ontologische Status des Antezedensreferenten von ėtot ist in der Regel personal; kommunikativ unterliegt es praktisch keinen Restriktionen, und die syntaktischen Restriktionen entsprechen im Weiteren denen des Pronomens der 3. Person. Allerdings wird ėtot nur dann verwendet, wenn außer seinem Antezedensreferenten ein weiterer Referent im Text (explizit oder implizit) aktualisiert ist, wobei der Antezedensreferent in der Regel„hic et nunc präsent“ ist. Der zweite Referent muss derselben semantischen Klasse angehören wie der Antezedensreferent (d. h. es handelt sich normalerweise um eine zweite Person). Daraus ergibt sich als weiteres Charakteristikum von ėtot, dass die nachfolgende Prädikation eine Kontrastaussage ⫺ zur Aussage über den zweiten Referenten ⫺ darstellt (in seltenen Fällen auch eine Parallelaussage). Diese Eigenschaften von ėtot begründen sein Potential, den hic-et-nunc-Referenten auch über größere (Text)Distanz problemlos wiederaufzunehmen (und damit z. B. Digressionen in die Kontrast- oder Parallel-Welt des zweiten Referenten textuell abzuschließen; Einzelheiten vgl. Weiss 1988, 260⫺262). (ii) Auch tot wird nur verwendet, wenn ein zweiter Referent (textuell) aktualisiert ist. Im Unterschied zu ėtot handelt es sich dabei jedoch obligatorisch um den Antezedensreferenten eines Pronomens der 3. Person, d. h. (anaphorisches) tot tritt nur in Kombination mit einem Pronomen der 3. Person auf. (Die Analogie zum deiktischen tot, das auch nur in Begleitung ⫺ allerdings des deiktischen ėtot ⫺ auftritt, spricht m. E. für den Vorschlag von Consten, Anapher und Deixis mithilfe verschiedener Verweisdomänen zu beschreiben, vgl. Punkt 3.2. ⫺ Ein Forschungsüberblick zu anaphorischem tot findet sich in Berger/Weiss (1987, 30⫺35); zum Terminus „Demonstrativpronomen“ vgl. Berger 1991, 32.) Berger/Weiss nennen tot deshalb ein „sekundäres Anaphorikum, das immer nur dann verwendet wird, wenn on nicht ‚ausreicht‘“ (1987, 45). Deshalb beschränke ich mich in den folgenden Anmerkungen ⫺ die im Weiteren auf Berger/Weiss (1987) und Weiss (1987, 120⫺125) basieren ⫺ auf die Unterschiede, die zwischen dem Pronomen der 3. Person und tot bestehen: tot wird ausschließlich in koreferenten Anaphern verwendet; es tritt nicht in konzeptuellen Anaphern auf (d. h. es fungiert nicht als lazy pronoun). Tot unterliegt der kommunikativen Restriktion, dass sein Antezedens nicht Thema nullten Ranges sein kann; vgl. hierzu Grenoble (1998, 196): tot „signals a switch in topic“. Für das Pronomen selbst gelten im Prinzip dieselben Bedingungen wie für das Pronomen der 3. Person (Einzelheiten vgl. Berger/Weiss 1987, 41⫺44). Die syntaktische Restriktion, dass freie Angaben i. d. R. nicht als Antezedens fungieren, gilt für tot nur eingeschränkt: wenn in der freien Angabe eine Person vorkommt, kann sie mit tot problemlos anaphorisch aufgenommen werden, vgl. Berger/ Weiss (1987, 46):

71. Anaphorische Mittel (9)

⫺ Proščajte, Nikolaj Ivanovič! ⫺ zakričala Мargarita, pripljasyvaja pered Nikolaem Ivanovičem. Tot oxnul i popolz po skamejke, perebiraja po nej rukami i sbiv nazem’ portfel’.

Die o. g. Anmerkungen gelten für die meisten Vorkommen von tot (detaillierte Zusammenfassung vgl. Berger/Weiss 1987, 79⫺82); in seltenen Fällen steht das Pronomen in größerer Entfernung von seinem Antezedens (durch mindestens zwei Sätze von ihm getrennt). Dieses Distanz-tot unterliegt nicht den kommunikativen und syntaktischen Restriktionen, die für ‚normales‘ tot gelten; allerdings unterliegt der ontologische Status des Antezedensreferenten einer (zusätzlichen) Restriktion: distales tot nimmt ausschließlich personale Antezedensreferenten auf. Diese personale Restriktion im Zusammenhang mit der notwendigen (textuellen) Kopräsenz eines zweiten Referenten erklärt auch eine Textfunktion, die (distales) tot anders realisiert als ein Pronomen der 3. Person: gemeint ist die Perspektivierung („Perspektive“ bei Berger/Weiss 1987, 85 f.). Es ist evident, dass sie bei tot von einer anderen ⫺ an der Handlung beteiligten ⫺ Person ausgeht, während das Pronomen der 3. Person die Eigenperspektive einer an der Handlung beteiligten Person (oder die Perspektive des Erzählers) realisiert (vgl. Berger 1988, 33 f.).

4.4. Substantivisches Demonstrativpronomen (neutrum) Die substantivischen Demonstrativpronomina (neutrum) ⫺ im folgenden abgekürzt ėto resp. to ⫺ erfordern eine separate Darstellung, weil sie anaphorisch anders zu beschreiben sind als ėtot (bzw. tot). Dem Vorschlag von Weiss (1988, 268), ėtot und ėto als zwei verschiedene Lexeme zu beschreiben, ist zuzustimmen. (Zu ėto als Konkurrent der Pronomina der 3. Person in Kopulasätzen mit qualifizierender oder identifizierender Funktion vgl. Babajceva 1998; Grenoble 1998, 194⫺196; Nørgård-Sørensen 1998, 175 f.; 178 und insbesondere Bogusławski 2002, 251 ff., der Padučeva 1981; 1985, 167 ff. kritisch diskutiert. Šuvalova 2001, bezeichnet ėto in dieser Funktion als „mestoimeniesvjazka“. ⫺ Zum Vergleich russ. ėto vs. poln. to in dieser Funktion vgl. Nilsson 1982, 67⫺69; zur Funktionsbeschreibung des poln. Lexems to vgl. Hentschel 1998, 1998a und Bogusławski 2002.) Die folgenden Anmerkungen betreffen ėto als (anaphorisches) Ausdrucksmittel der Komplexanapher. Zunächst ist festzuhalten, dass ėto in dieser Funktion wesentlich frequenter ist als to. Die Behauptung, dass to in dieser Funktion nicht auftrete, wird von Bartels (1999) korrigiert. (Ausführlich zu den Unterschieden zwischen ėto und to in dieser Funktion vgl. Bartels (1999, 17⫺21), zur periphorischen Funktion (1999, 21 f.). ⫺ Zur funktionalen Beschreibung der Komplexanapher allg. vgl. Punkt 3.4.2; detailliert zu ėto vgl. Padučeva (1982; 1985, 164⫺167); Burkhardt (1996, 85⫺91); Grenoble (1998, 193 f.); zu russ. ėto vs. poln. to (in dieser Funktion) vgl. Nilsson (1982, 69 ff.).) Die wesentliche (Text)Funktion von ėto besteht in der Nomination, d. h. der substantivischen Aufnahme einer Proposition (resp. eines Propositionskomplexes), wobei praktisch alle Aspekte des propositionalen Antezedens als Bezugspunkt(e) etabliert und textuell fortgesetzt werden können. Auch verschiedene Aspekte einer Proposition können (direkt nacheinander) etabliert werden, vgl. die direkte Textfortsetzung von Beispiel (7) (Punkt 3.4.2):

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen (10) [... zlyx ljudej net na svete. ⫺ Vpervye slyšu ob ėtom, ⫺ skazal Pilat, usmexnuvšis’.] ⫺ No, možet byt’, ja malo znaju žizn’!.. Мožete dal’še ne zapisyvat’, ⫺ obratilsja on k sekretarju, xotja tot i tak ničego ne zapisyval, i prodolžal govorit’ arestantu: ⫺ V kakoj-nibud’ iz grečeskix knig ty pročel ob ėtom? ⫺ Net, ja svoim umom došel do ėtogo. ⫺ I ty propovedueš’ ėto? ⫺ Da. In (10) wird zunächst die These (zlyx ljudej net na svete) aus dem Vortext aufgenommen; dann wird dieselbe Proposition als Erkenntnis präsentiert (svoim umom došel do ėtogo) und als solche propagiert (propovedueš’ ėto). Anders formuliert: ėto unterliegt weder semantisch (Propositionsaspekt) noch syntaktisch (Distanz) nennenswerten Restriktionen. Erst die nachfolgende Prädikation lässt erkennen, was tatsächlich anaphorisch aufgenommen wird; das reale Antezedens wird ad hoc festgelegt. ėto fungiert somit als ‚Textknoten‘, und dieses Textpotential erklärt die hohe Frequenz des Lexems (vgl. Punkt 4.1).

4.5. Adjektivische Demonstrativpronomina Charakteristisch für adjektivische Demonstrativpronomina ⫺ im Folgenden abgekürzt ėtot (resp. tot) ⫺ ist der explizite (Text)Verweis auf ein Antezedens. Dabei sind zwei Antezedenstypen zu unterscheiden: nominale vs. propositionale Antezedentien. (i) Bei nominalen Antezedentien sichert das Pronomen die Re-Identifizierung des Antezedensreferenten. Wird das Nomen (resp. die Nominalphrase) wiederholt, erfolgt durch die Pronominalisierung ⫺ im Unterschied zur Wiederaufnahme durch ein Pronomen der 3. Person ⫺ eine Markierung, die als Hervorhebung oder als Außenperspektive beschrieben werden kann (vgl. Padučeva 1985, 158⫺164; zu Variationen in der Attribuierung des Nomens vgl. Weiss 1984, 246 ff.). Wird das Nomen nicht wiederholt, sondern lexikalisch variiert, ermöglicht diese Variation die Einführung neuer Information über den betreffenden Referenten (Einzelheiten zu den Restriktionen in der Periphrase vgl. Weiss 1984, 248 ff.; 258); dasselbe gilt für syntaktische Variationen z. B. in der Attribuierung (Einzelheiten vgl. Weiss 1984, 260 ff.; Girke 1988). Die lexikalische Variation kann auch dem Ausdruck von Evaluationen dienen (vgl. Weiss 1984, 268 f.; zur Korrelation von Pronominalisierung und Metapher vgl. Weiss 1984, 269 f.). Angesichts dieses Variationspotentials lassen sich für die anaphorischen Nomina zwar allgemeine Restriktionen formulieren, für konkrete Antezedentien sind sie jedoch prinzipiell nicht prognostizierbar. (ii) Bei propositionalen Antezedentien tritt das adjektivische Demonstrativpronomen (in Verbindung mit einem Nomen) in Konkurrenz zum substantivischen Demonstrativpronomen (neutrum) ėto. Wenn das Nomen intensional weitgehend festgelegt ist, wird dadurch die präzise Festlegung des Antezedens erleichtert. (Dies wird insbes. bei Transpositionen deutlich. Daß die Realisierungsvariante ‚ėtot C Nomen‘ in wissenschaftlichen Texten deutlich frequenter ist als die Realisierung mit ėto, lässt sich mit der in dieser Textsorte geforderten Präzision des Ausdrucks erklären; vgl. hierzu jedoch Burkhardt (1996, 75; 94).) Generell unterliegt das Nomen letztlich nur der Restriktion, dass es die Rekonstruktion eines Antezedens erlauben muss. Anders formuliert: ėtot zeigt in diesem Fall nicht die Re-Identifizierung, sondern lediglich die Identifizierbarkeit des Antezedens an.

71. Anaphorische Mittel Vor dem Hintergrund der textuellen Grundfunktionen der Periphrase ⫺ narrative Erinnerung, sprachliche Originalität, Neuinformation, vgl. Weiss (1984) ⫺ wird deutlich, dass ‚ėtot C Nomen‘ nur in seltenen Fällen die bloße Wiederaufnahme anzeigt: die ‚attributive‘ Struktur dieser Anaphernrealisierung ist prädestiniert, zusätzliche Informationen über bereits etablierte Textreferenten zu vermitteln (vgl. Burkhardt 1996, 81). Das adjektivische Demonstrativpronomen tot sei nur am Rande erwähnt, weil es im Weiteren auf die Realisierung einer Kontrastfunktion beschränkt ist. Abschließend zu den pronominalen anaphorischen Ausdrucksmitteln ist festzuhalten, dass ihre zentrale Rolle in der Realisierung von Anaphern auch terminologisch zum Ausdruck gebracht werden sollte: in einer transphrastischen (Text)Grammatik sollte die Beschreibung der (ana)phorischen Pronomina auch unter diesem Etikett erfolgen.

5. Nicht-pronominale anaphorische Ausdrucksmittel Im folgenden werden lediglich einige relevante Phänomene genannt; die Literaturverweise sind exemplarisch zu verstehen. Zu unterscheiden sind lexikalische, grammatische und strukturelle anaphorische Verfahren resp. Ausdrucksmittel: Als lexikalisches Verfahren sind die Wiederholung und die Periphrase (ohne pronominale Beteiligung) zu nennen. Unter den lexikalischen Audrucksmitteln sind bislang v. a. Partikeln (russ. z. B. tože/takže; zur Partikel i vgl. Uryson (2000, 114 f.); zum enklitischen -to vgl. Grenoble (1998, 200)) und Adjektive unter diesem Aspekt betrachtet worden (poln. vgl. Grzegorczykowa 1996, 75 f.). Darüber hinaus lassen funktional-semantische Beschreibungen verschiedener Adverbialklassen erkennen, dass die lexikalische ‚Kodierung‘ anaphorischer Indikatoren komplexer ist als angenommen (zu Temporaladverbien im Russischen vgl. Girke 1993, 58⫺61; 1995, 239 ff.; Lënngren 1995). Zu den grammatischen Ausdrucksmitteln gehören Kasus(oppositionen) (zur Opposition Akkusativ vs. Genitiv im Russischen vgl. Birkenmaier 1979, 131⫺143), Numerus(oppositionen), Aspekt(oppositionen), Aktionsarten und Adverbialpartizipien. (Zu Adverbialpartizipien allg. vgl. Haspelmath/König 1995; im Russischen Weiss 1990a, 64; Кozinceva 1996.) Generell scheint der Verbalbereich im Zusammenhang mit der Anaphernbeschreibung noch nicht angemessen berücksichtigt (vgl. Leiss 1994, 310 ff.; so sind z. B. Adverbialpartizipien im Russischen deutlich frequenter als in traditionellen Grammatikbeschreibungen dargestellt). Unter den strukturellen Verfahren ⫺ zu denen unter textfunktionalem Aspekt auch die Adverbialpartizipien gezählt werden können ⫺ ist v. a. die Ellipse zu nennen. (Vgl. Punkt 2.3; zu Ellipse, Asyndese und Null vgl. Breuer 2002, 80⫺84; zu Ellipse und Textsortenspezifik im Russischen vgl. Geldbach 2001, 141⫺150; zur Subjektellipse im Polnischen Wiemer 1997, 153⫺165; im Russischen vs. Tschechisch Adamec 1984, 73 f.; zur Ellipse des Pronomens der 3. Person Plural vgl. Bulygina/Šmelev 1991, 45⫺53.) Darüber hinaus zeigen funktional-semantische Beschreibungen z. B. der Lokativität, der Possessivität und der Konditionalität, dass Anaphern in verschiedenen semantischen und/oder strukturellen Kontexten spezifische Ausprägungen erfahren (können). (Zum Russischen vgl. Teorija funkcional’noj grammatiki (1996); Xrakovskij (1996).)

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Und schließlich legen die Pronomina der „3. Person“ und die vorrangige Position der Person in der ontologischen Hierarchie der Antezedensreferenten nahe, die Rolle der Person in der Anaphernbeschreibung zu überdenken. (Zur Personalität allg. vgl. Teorija funkcional’noj grammatiki 1991; Jachnow 1999a; zur Person als grammatische Kategorie Tafel 1999, 238 ff.; zur Person bei den Personalpronomina im Russischen Šmelev 1996, 145⫺154, im Serbokroatischen Kordić 1999, 142.)

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Weiss, Daniel (1984): „Die Periphrase als Mittel des Textverweises“. // Rehder, Peter (ed.). Slavistische Linguistik 1983. München. 241⫺275. Weiss, Daniel (1987): „K postroeniju grammatiki tekstovogo ukazanija“. // Schaller, Helmut (ed.). Funktion und Struktur in der Grammatik slawischer Sprachen. Neuried. 115⫺127. Weiss, Daniel (1988): „Zum substantivisch-anaphorischen Gebrauch von russ. ėtot“. // Zeitschrift für slavische Philologie 48. 249⫺269. Weiss, Daniel (1990): „Satzverknüpfung und Textverweis“. // Breu, Walter (ed.). Slavistische Linguistik 1989. München. 285⫺312. Weiss, Daniel (1990a): „Nominale Ellipse und sekundär-prädikativer Verweis im Vergleich“. // Linguistische Arbeitsberichte (Leipzig) 73. 58⫺80. Weiss, Daniel (1997): Rezension zu Nørgård-Sørensen, Jens. (1992): Coherence Theory. The Case of Russian. Berlin/New York. // Zeitschrift für slavische Philologie 56. 193⫺199. Wiemer, Björn (1997): Diskursreferenz im Polnischen und Deutschen aufgezeigt an der narrativen Rede ein- und zweisprachiger Schüler. München. Xrakovskij, V. S. (1996): „Anafora v uslovnyx konstrukcijax“. // Grochowski, Maciej (red.). Anafora w strukturze tekstu. Warszawa. 65⫺70.

Doris Burkhardt, Mainz (Deutschland)

72. Anaphorische Mittel: Konnexion 1. 2. 3. 4.

Explizite und implizite Konnexion Eigenschaften der Konjunkte Konnexionsrelationen Literatur (in Auswahl)

Abstract The term “connection” is defined as a relation between the content of two (or more) adjacent portions of discourse, each expressing at least one proposition. The connection relation occurs between clauses within a sentence, between independent sentences or even between discourse fragments consisting of more than one sentence. We can connect discourse fragments of one and the same speaker (monological linking) or turns of different speakers (dialogical linking). There are different levels of connection. The linkage may pertain to the denoted facts, i. e. the propositional level or other levels of discourse like modality or illocutionary force. The linking may exist implicitly without an overt marker or it may be explicitly marked by so-called connectives. The most typical connectives are conjunctions but other parts of speech like sentence adverbials or particles can also take on a connective function. One has to distinguish between several connective relations like additive, alternative, contrastive, temporal, causal-conditional or modal-instrumental relations.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Weiss, Daniel (1984): „Die Periphrase als Mittel des Textverweises“. // Rehder, Peter (ed.). Slavistische Linguistik 1983. München. 241⫺275. Weiss, Daniel (1987): „K postroeniju grammatiki tekstovogo ukazanija“. // Schaller, Helmut (ed.). Funktion und Struktur in der Grammatik slawischer Sprachen. Neuried. 115⫺127. Weiss, Daniel (1988): „Zum substantivisch-anaphorischen Gebrauch von russ. ėtot“. // Zeitschrift für slavische Philologie 48. 249⫺269. Weiss, Daniel (1990): „Satzverknüpfung und Textverweis“. // Breu, Walter (ed.). Slavistische Linguistik 1989. München. 285⫺312. Weiss, Daniel (1990a): „Nominale Ellipse und sekundär-prädikativer Verweis im Vergleich“. // Linguistische Arbeitsberichte (Leipzig) 73. 58⫺80. Weiss, Daniel (1997): Rezension zu Nørgård-Sørensen, Jens. (1992): Coherence Theory. The Case of Russian. Berlin/New York. // Zeitschrift für slavische Philologie 56. 193⫺199. Wiemer, Björn (1997): Diskursreferenz im Polnischen und Deutschen aufgezeigt an der narrativen Rede ein- und zweisprachiger Schüler. München. Xrakovskij, V. S. (1996): „Anafora v uslovnyx konstrukcijax“. // Grochowski, Maciej (red.). Anafora w strukturze tekstu. Warszawa. 65⫺70.

Doris Burkhardt, Mainz (Deutschland)

72. Anaphorische Mittel: Konnexion 1. 2. 3. 4.

Explizite und implizite Konnexion Eigenschaften der Konjunkte Konnexionsrelationen Literatur (in Auswahl)

Abstract The term “connection” is defined as a relation between the content of two (or more) adjacent portions of discourse, each expressing at least one proposition. The connection relation occurs between clauses within a sentence, between independent sentences or even between discourse fragments consisting of more than one sentence. We can connect discourse fragments of one and the same speaker (monological linking) or turns of different speakers (dialogical linking). There are different levels of connection. The linkage may pertain to the denoted facts, i. e. the propositional level or other levels of discourse like modality or illocutionary force. The linking may exist implicitly without an overt marker or it may be explicitly marked by so-called connectives. The most typical connectives are conjunctions but other parts of speech like sentence adverbials or particles can also take on a connective function. One has to distinguish between several connective relations like additive, alternative, contrastive, temporal, causal-conditional or modal-instrumental relations.

72. Anaphorische Mittel: Konnexion

1. Explizite und implizite Konnexion Mit dem textlinguistischen Begriff „Konnexion“ wird eine inhaltliche Beziehung zwischen Textabschnitten bezeichnet, die je mindestens eine Proposition zum Ausdruck bringen. Der Konnexionsbegriff wird in der Regel unabhängig davon verwendet, ob die jeweilige Beziehung sprachlich markiert wird, also explizit ist, oder nur implizit zu erschließen ist (anders Burkhardt 2002, 74⫺76). Bei der expliziten Verknüpfung wird die Konnexionsrelation durch einen sog. Konnektor (auch: Konnektiv, vgl. Kunzmann-Müller 1988; Breuer 2002, 78; Burkhardt 2002, 55) indiziert. Als Konnektor können verschiedene Wortklassen fungieren. Dazu gehören natürlich in erster Linie die Konjunktionen, deren Aufgabe eben in der Verknüpfung von sprachlichen Einheiten zu größeren Einheiten besteht. Daneben können aber auch Partikeln, hier v. a. die Modalpartikeln, Satzadverbien und sogar Einheiten größeren Formats, wie russ. koroče govorja ‚kurz gesagt‘ als Konnektoren fungieren. Eine Bestimmung der genauen Extension des Begriffes „Konnektor“ sowie eine verbindliche Definition sind wegen der Heterogenität dieser Gruppe nicht ganz einfach. Besonders schwierig ist die funktionale Abgrenzung und semantische Beschreibung von lexikalischen Einheiten bzw. Segmenten, die sowohl Partikel als auch Konjunktion sind, wie z. B. russ. i ‚und; auch‘, a ‚und; aber‘, da ‚und; aber‘ (Paillard 1986; Kručinina 1988, 43; Freidhof 1993; Mendoza 1996, 108⫺114, 171⫺174, 207⫺215; Uryson 2000; generell zur verknüpfenden Funktion von Partikeln s. Rogožnikova 1983; Nikolaeva 2004, 70⫺77). Einen guten Ausgangspunkt für eine Konnektorendefinition bieten Pasch et al. (2003, 331) mit folgenden Merkmalen: ein Konnektor ist a) nicht flektierbar, vergibt b) keine Kasusmerkmale an seine syntaktische Umgebung, seine Bedeutung ist c) eine zweistellige Relation, deren Argumente d) propositionale Strukturen sind, die e) als Satzstrukturen ausdrückbar sein müssen. Satzgliedverküpfendes und, das nicht als Ergebnis einer Konjunktreduktion interpretierbar ist, fällt bei dieser Definition nicht unter den Begriff Konnektor (op. cit. 297; Mendoza 1996, 51 f.; Breuer 2002, 79). Die Semantik der Konnektoren wird in der Slavistik, v. a. in der Polonistik, häufig mit der von Wierzbicka (1971) angestoßenen Diskussion um den „Metatext im Text“ in Verbindung gebracht (Ljapon 1986; Bednarek 1989; Ożóg 1990). Einige Konnektoren sind extrem vielseitig und können mehrere der unter 3. besprochenen Relationen indizieren. Dazu gehören v. a. Konnektoren mit den Bedeutungen ‚und‘ (in fast allen slavischen Sprachen als i und/oder a vertreten) und ‚aber‘ (russ. a, no, poln. a, ale, lecz). Die Frage, ob es sich dabei um Homonymie, Polysemie oder kontextabhängige Verwendungen handelt, muss für jeden Konnektor einzeln geklärt werden (zu den russ. koordinierenden Konjunktionen vgl. Kručinina 1988; Kuße 1998). Die Bedeutung bzw. Funktion von multifunktionalen koordinierenden Konjunktionen kann durch die Kombination mit sog. Konkretisatoren spezifiziert werden (russ. a k tomu že ‚und außerdem‘, i potom ‚und dann‘, a poėtomu ‚und deshalb‘, i pričem ‚und wobei‘ u. a.), wobei die Konkretisatoren alleine wiederum meistens ebenfalls Konnektorenfunktion übernehmen können. (Ljapon 1986; Čeremisina/Kolosova 1987; Kručinina 1988). Eine implizite Verknüpfung liegt vor, wenn es kein Element gibt, das eine Konnexionsrelation indiziert und die fragliche Relation erschlossen werden muss. Das Verhältnis der Begriffe „implizite Verknüpfung“ und „Asyndese“ kann man mit dem Vor-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen schlag Breuers (2002) klären, die Asyndese als eine Kategorie mit Zentrum und Peripherie zu betrachten, deren prototypischer Fall das parataktische Nebeneinander von Sätzen ist, die lediglich über das Textthema verbunden sind. Die implizite Verknüpfung ist dann als ein weniger typischer Fall der Asyndese anzusehen. Das Verhältnis einer impliziten Verknüpfung zu einem eventuellen expliziten Gegenstück kann verschiedener Art sein. Häufig ist es als Ellipse beschreibbar, bei der das weggelassene Element oder doch zumindest die Konnexionsrelation eindeutig rekonstruiert werden kann. Auch die Ansetzung eines Nullkonnektors ist mehrfach diskutiert worden (Weiss 1993, 72⫺74; Breuer 2002, 95⫺115). In manchen Fällen ist die Relation nicht genau bestimmbar. So kann im folgenden Beispiel nicht entschieden werden, ob es sich um eine begründende oder um eine konsekutive Relation handelt: (1)

(russ.)

Sil’nyj očen’ tuman / ne vidno ničego sovsem. ‚Der Nebel ist sehr dicht / man sieht gar nichts.‘

(Širjaev 1986)

Darüber hinaus gibt es auch Verknüpfungen, die nur ohne Konnektor möglich sind: (2)

(russ.)

Pogoda u nas zdes’ ustanovilas’ takaja: každyj den’ byvaet dožd’. ‚Das Wetter bei uns hat sich so eingespielt: es regnet jeden Tag.‘ (Širjaev 1986)

Die Frage, welche Relation sowohl implizit als auch explizit möglich ist, unter welchen Bedingungen der Konnektor elidiert werden kann und welche Relationen nur auf einen der beiden Typen festgelegt sind, muss vermutlich einzelsprachlich beantwortet werden. So ist das Russische, v. a. die russische Umgangssprache, im Vergleich zu anderen Sprachen extrem tolerant gegenüber impliziten Verknüpfungen (Širjaev 1986; Weiss 1993).

2. Eigenschaften der Konjunkte 2.1. Konjunktformat Die zu verknüpfenden Textabschnitte, im weiteren „Konjunkte“ genannt, können ein unterschiedliches Format aufweisen. Zunächst einmal ist zwischen intraphrastischer und transphrastischer Verknüpfung zu unterscheiden. Die transphrastische Verknüpfung ist nicht auf die Verknüpfung von Einzelsätzen beschränkt, Vorder- und Nachkonjunkt können auch aus mehreren Sätzen bestehen. Dabei sind nach oben hin theoretisch keine Grenzen gesetzt. Die untere Grenze für Konjunkte einer textlinguistischen Konnexionsrelation bilden Prädikationen mit einem nicht-finiten Verb als Regens eines Teilsatzes (z. B. Adverbialpartizipkonstruktionen). Konstruktionen unterhalb dieses Formats (z. B. Nominalisierungen) werden hier nicht betrachtet. Zur Frage nach dem Konjunktformat gehört auch die Unterscheidung von dialogischer und monologischer Verknüpfung. Die Konnexionsrelationen werden zwar meistens anhand monologischer Texte untersucht, doch auch zwischen Dialogrepliken verschiedener Sprecher sind vergleichbare inhaltliche Relationen möglich. Dialogische Konnexionen können auch explizit markiert werden, das geschieht häufig durch Partikeln.

72. Anaphorische Mittel: Konnexion

2.2. Verknüpfungsebenen Die Verknüpfung zwischen zwei Konjunkten kann auf unterschiedlichen Ebenen bestehen. So unterscheiden sich die Beispiele (3) und (4) dadurch, dass im ersten Beispiel ein Kausalnexus auf der Sachverhaltsebene dargestellt, im zweiten Beispiel hingegen eine Annahme begründet wird. (3)

(poln.)

Ojciec dzisiaj wziął parasol, ponieważ wczoraj zmókł. ‚Der Vater hat heute einen Schirm mitgenommen, weil er gestern nass geworden ist.‘

(4)

(poln.)

Pewnie ojciec wczoraj zmókł, ponieważ dzisiaj wziął parasol. ‚Der Vater ist gestern bestimmt nass geworden, denn er hat heute einen Schirm mitgenommen.‘ (E. Wierzbicka 1988)

Dieser Unterschied figuriert unter verschiedenen Bezeichnungen, wobei die Dichotomien freilich nicht unbedingt deckungsgleich sind: External vs. internal (Halliday/Hasan 1976), semantisch vs. pragmatisch (van Dijk 1981), illokutiv vs. nicht-illokutiv (Iordanskaja 1988) und deskriptiv vs. rhetorisch (Iordanskaja 1992). Darüber hinaus lässt er sich nicht auf eine einfache Dichotomie zurückführen. Zur „pragmatischen“ Verknüpfung gehören neben der Annahmebegründung mindestens noch die Illokutionsbegründung (5) und die Einstellungsbegründung (6) (vgl. Pasch 1987; Iordanskaja 1988; Mendoza 2003, 175 f.): (5)

(poln.)

Uważaj, bo jest ślisko. ‚Pass auf, denn es ist glatt.‘

(6)

(poln.)

Czy pójdzie dziś do szkoły? Bo jest chory. ‚Geht er heute in die Schule? Er ist nämlich krank.‘ (Grochowski 1984)

Unterschiedliche Verknüpfungsebenen gibt es natürlich nicht nur bei einem Begründungsverhältnis, sondern auch bei anderen Relationen. Dabei ist es manchmal nicht ganz einfach, die jeweilige Ebene genau zu bestimmen, v. a. bei transphrastischen Verknüpfungen (Breuer 2002, 146⫺152; Mendoza 1996, 57 f.). Manche Konnektoren sind auf eine oder mehrere Ebenen festgelegt, andere wiederum nicht. Die diesbezüglichen Eigenschaften gehören zur lexikographischen Beschreibung von Konnektoren.

3. Konnexionsrelationen In der Literatur zur Konnexion finden sich unterschiedliche Typologien von Konnexionsrelationen. Das liegt u. a. daran, dass die Begriffe Konnexion und Konnektor unterschiedlich definiert werden. So betrachten Hasan/Halliday (1976) nur transphrastische Verknüpfungen, Ljapon (1986) hingegen behandelt vorwiegend komplexe Sätze.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Die folgende Aufstellung berücksichtigt die Relationen, die in textlinguistischer Hinsicht am wichtigsten sind, und nennt typische Konnektoren aus ausgewählten slavischen Sprachen.

3.1. Addition Bei der Addition wird ein Textsegment zum nächsten hinzugefügt, wobei die Konjunkte, ähnlich wie bei der syntaktischen Koordination, auf ein gemeinsames Thema bzw. eine „Gemeinsame Einordnungsinstanz (GEI)“ (Lang 1977) zurückführbar sein müssen. Besteht die Verknüpfung auf der pragmatischen Ebene, handelt es sich um die Addition zweier Sprechakte, z. B. zweier Direktive wie in (7): (7)

(russ.)

posmotri čtoby kipelo // i čerez polčasa vyključi ‚schau, dass es auch kocht // und schalte nach einer halben Stunde ab.‘ (Zemskaja/Kapanadze 1978)

Als Konnektoren kommen koordinierende Konjunktionen mit der Bedeutung ‚und‘ in Frage (russ., poln. u. a. i, russ., poln. u. a. a), Lexeme mit der Bedeutung ‚auch‘ (russ., poln., tschech., bulg. u. a. i, russ., takže, tože, poln. także, też) u. a. m. in Frage. Als eine der Untertypen der Addition kann die Indikation eines Kohärenzbruchs zum unmittelbar vorhergehenden Textstück gelten. Dies wird immer explizit ausgedrückt, im Russischen z. B. durch kstati ‚übrigens‘, i kstati, a kstati ‚und übrigens‘.

3.2. Modal-instrumentale Relationen Die sog. modal-instrumentalen Relationen (Fabricius-Hansen 2000, 337) unterscheiden sich von den additiven Relationen dadurch, dass die Konjunkte bzw. die durch die Konjunkte beschriebenen Sachverhalte im Text nicht gleichberechtigt sind. Das eine Konjunkt bringt einen Nebenaspekt der durch das andere Konjunkt ausgedrückten Situation zum Ausdruck (Weiss 1991). Das untergeordnete Konjunkt kann durch Konnektoren wie russ. pričem eingeleitet, aber auch in einer Adverbialpartizipkonstruktion realisiert werden.

3.3. Alternative Wie bei der Addition müssen sich die Konjunkte einer alternativen Relation auf eine GEI zurückführen lassen. Der Sprecher bietet dem Hörer die Konjunkte sozusagen zur Auswahl an (Hasan/Halliday 1976, 246 f.; Ljapon 1986, 70⫺92): (8)

(russ.)

Ne dumaete li Vy byt’ v Moskve? Ili, esli ėto Vam udobnee, ja s udovolst’viem priexal by k Vam na Podsolnečnuju. ‚Gedenken Sie nach Moskau zu kommen? Oder, wenn Ihnen das lieber ist, würde ich mit Vergnügen zu Ihnen nach Podsolnečnaja fahren.‘ (B. Brjusov)

72. Anaphorische Mittel: Konnexion Eine Alternative wird durch disjunktive Konnektoren (russ. ili, poln. albo, czy) indiziert.

3.4. Kontrast Ebenso wie die Addition und die Alternative haben die Konjunkte einer kontrastiven Verknüpfung eine GEI. Darüber hinaus müssen sie in einem Verhältnis des Kontrastes stehen. Dieser etwas schillernde Begriff kann mit Sannikov (1989, 153⫺156, 162⫺165) auf die Konstatierung einer Abweichung vom „normalen Gang der Dinge“ zurückgeführt werden. Die Konjunkte einer kontrastiven Relation können entweder beide gleichermaßen gelten oder aber ein Konjunkt kann durch das andere in seiner Geltung eingeschränkt werden (Sannikov 1989, 151⫺159, 169 f.; Kuße, in diesem Band). Konnektoren für den Kontrast bei gleichberechtigter Geltung sind russ., poln. u. a. a, poln. natomiast u. a. Eine Einschränkung der Geltung kann am einschränkenden Konjunkt markiert werden (russ. no ‚aber‘, odnako ‚jedoch‘, poln. ale, lecz ‚aber‘, jednak ‚jedoch‘), oder am eingeschränkten (russ. xotja, poln. chociaż, choć ‚obwohl‘). Ist letzteres der Fall, wird die Verknüpfungsrelation als konzessiv bezeichnet. Manchmal ist auch eine gleichzeitige Markierung beider Segmente möglich (russ. xotja … no).

3.5. Temporale Relationen Das temporale Verhältnis zweier Ereignisse (Sukzession oder Gleichzeitigkeit) kann mit einer Reihe von spezialisierten Konnektoren markiert werden (russ. prežde čem ‚bevor‘, v to vremja kak, poka ‚während‘, posle togo kak ‚nachdem‘, potom, zatem ‚dann‘, poln. podczas gdy ‚während‘, zanim ‚bevor‘ potem ‚dann‘). Auf der pragmatischen Ebene wird das Nacheinander von Argumenten indiziert, wie in (9) mit potom: (9)

(russ.)

Vsego tvoego sostojanija malo, čtoby vyručit’ menja. Potom ja ne mogu žit’ v bednosti, da i ty ne možeš’. ‚Dein ganzes Vermögen ist zu wenig, um mir zu helfen. Außerdem kann ich nicht in Armut leben, und du ebensowenig.‘ (A. Ostrovskij)

Weitere pragmatische additive Konnektoren sind russ. vo-pervyx ‚erstens‘, vo-vtoryx ‚zweitens‘, s odnoj storony … s drugoj storony ‚einerseits … andererseits‘ etc.

3.6. Kausale Relationen im weiteren Sinne 3.6.1. Begründungen Bei den Begründungen sind die Ebenen der Verknüpfung besonders vielfältig, es können mehrere Aspekte einer Äußerung begründet werden (vgl. 2.2). Unter den Kausalkonnektoren sind Konjunktionen wie russ. raz, esli už, poln. skoro, jeśli już, jak już ‚da ja‘, hervorzuheben, die den so eingeleiteten Teilsatz als präsuppo-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen niert wahr präsentieren (Iordanskaja 1988; Mendoza 2003), sowie Partikeln wie russ. ved’, že, die, wenn sie als Kausalkonnektoren fungieren, den Hörer darauf verweisen, dass er den Sachverhalt ja eigentlich schon kennt (Rathmayr 1985, 268⫺286; Zybatow 1990; Paillard/Markowicz 1986): (10) Svari sup! Ty že/ved’ umeeš’ gotovit’! ‚Koch Suppe! Du kannst doch kochen!‘

(Rathmayr 1985)

3.6.2. Konsekutive Relationen Die Konsekutivität ist die Konverse der Sachverhaltsbegründung. Bei der expliziten Verknüpfung wird hier das Konjunkt, das die Folge bezeichnet, markiert ⫺ im Unterschied zur Sachverhaltsbegründung, wo eben der Grund markiert wird. Konnektoren sind russ. tak čto ‚sodass‘, poėtomu ‚deshalb‘, poln. dlatego u. a.

3.6.3. Konklusive Relationen Eine konklusive Beziehung besteht zwischen einer Folgerung, also dem Ergebnis eines Schlussfolgerungsprozesses, und dessen Datum oder Argument (Burkhardt 2002, 182), das im Vortext genannt wird. Wie (11) zeigt, kann die Folgerung auch als nicht-assertiver Sprechakt versprachlicht werden: (11) (russ.)

Xleba tože net, tak čto zajdi v buločnuju. ‚Brot ist auch keins mehr da, geh also zum Bäcker.‘ (Iordanskaja 1988)

Weitere konklusive Konnektoren sind russ. značit, sledovatel’no, tak čto u. a., poln. (a) więc, (a) zatem), (to) znaczy u. a.

3.6.4. Konditionalität Konditionalität wird durch Konditionalkonnektoren (russ. esli, poln. jeśli, jeżeli, gdyby, bulg. ako ‚wenn‘) indiziert. Bei der Verwendung von Konditionalkonnektoren wie in (12) wird jedoch kein echtes Konditional formuliert, sondern es werden die Bedingungen festgelegt, unter denen es für den Adressaten sinnvoll ist, das Nachkonjunkt zu verarbeiten: (12) (russ.)

Esli xotite pozavtraktat’, to stolovaja napravo. ‚Wenn du frühstücken willst, die Mensa ist rechts.‘

(Širjaev 1986)

Zwischen Konditional, Begründung und Alternative angesiedelt ist die sog. alternative Motivierung. Das Nachkonjunkt weist auf eine unerwünschte Folge im Falle des Eintretens des im Vorderkonjunkts erwähnten Sachverhalts hin:

72. Anaphorische Mittel: Konnexion (13) (poln.)

zapnij płaszcz, bo się przeziębisz. ‚knöpf den Mantel zu, sonst erkältest du dich‘

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(Ożóg 1990)

Konnektoren, die diese Relation explizit machen, sind russ. a to ‚sonst‘, ili ‚oder‘, poln. bo, (bo) inaczej ‚sonst‘.

3.7. Refomulierungen Unter dem Etikett Reformulierung wird eine Reihe von Relationen zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass die Hauptfunktion des zweiten Textsegments darin besteht, das Verständnis des ersten Textsegments zu gewährleisten. Die unterschiedlichen Typen kann man grob in Paraphrasierungen und Korrekturen einteilen. Paraphrasen beruhen dabei auf dem Prinzip der Äquivalenz oder „Quasi-Äquivalenz“ (Bednarek 1989), Korrekturen auf dem Prinzip des Kontrastes (Grimm 1999, 284). Konnektoren, die eine Reformulierung indizieren sind, russ. to est’ ‚das heißt‘, lučše govorja ‚besser gesagt‘, koroče (govorja) ‚kurz (gesagt)‘ u. a., poln. to znaczy, czyli ‚das heißt‘, jednym słowem ‚mit einem Wort‘ u. a. Die Reformulierungsrelation weist gewisse Überschneidungen mit der Alternative (3.3) auf. Bestimmte Reformulierungen wie Präzisierung oder Formulierungssuche sind als Alternative auf metatextueller Ebene (Ljapon 1986, 81 f.) interpretierbar.

4. Literatur (in Auswahl) Bednarczuk, Adam (1989): Wykładniki leksykalne ekwiwalencji. Toruń. Breuer, Astrid Yvonne (2002): Asyndese? Zum Problem einer ‚negativen‘ Kategorie. München. Burkhardt, Doris (2002): Konsekutive und konklusive Relationen aus funktional-semantischer Sicht: Bausteine einer transphrastischen Grammatik des Russischen. München. Čeremisina, M. I./Kolosova, T. A. (1987): Očerki po teorii složnogo predloženija. Novosibirsk. van Dijk, Teun A. (1981): Studies in the pragmatics of discourse. The Hague/Paris/New York. Fabricius-Hansen, Cathrine (2000): „Formen der Konnexion“. // Brinker, Klaus et al. (eds.). Textund Gesprächslinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. 1. Halbband. Berlin/New York. 331⫺343. Freidhof, Gerd (1993): „Zur Konjunktional-Partikel a in Dialogstrukturen der slavischen Sprachen, insbesondere im Russischen“. // Zeitschrift für Slawistik 38. 7⫺16. Freidhof, Gerd (1993a): Reformulierung als konstitutives Merkmal dialogischer und monologischer Texte. // Zeitschrift für Slavische Philologie 53. 204⫺229. Grimm, Anja (1999): Reformulierungen in der Sprache der Geisteswissenschaften. Untersuchungen zu linguistischen, literaturwissenschaftlichen und rezensierenden russischen Texten. München. Grochowski, Maciej (1984): „Składnia wyrażeń polipredykatywnych“. // Topolińska, Zuzana (eds.). Gramatyka współczesnego języka polskiego. Warszawa. 213⫺299. Halliday, M. A. K./Hasan, R. (1976): Cohesion in English. London/New York. In’kova-Manzotti, O. Ju. (2001): Konnektory protivopostavlenija vo francuzskom i russkom jazykax. Moskva. Iordanskaja, L. N. (1988): „Semantika sojuza raz (v sravnenii s nekotorymi drugimi russkimi sojuzami)“. // Russian Linguistics 12. 239⫺267.

990

XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Iordanskaja, L. N. (1992): „Performativnye glagoly i ritoričeskie sojuzy“. // Reuther, Tilmann (eds.). Festschrift für V. Ju. Rozencvejg zum 80. Geburtstag. Wien. 29⫺41. Jachnow, Helmut (1993): „Zur Funktion interphrastischer Konnektoren in obersorbischen Texten“. // Lětopis 40. 6⫺19. Kručinina, I. N. (1988): Struktura i funkcii sočinitel’noj svjazi v russkom jazyke. Moskva. Kunzmann-Müller, Barbara (1988): „Adversative Konnektive im Serbokroatischen, Slowenischen und im Deutschen. Eine konfrontative Studie“. // Kunzmann-Müller, Barbara (Hrsg.). Konfrontative Untersuchungen zu Funktionswörtern (adversative Konnektive). Berlin. 1⫺106. Kuße, Holger (1998): Konjunktionale Koordination in Predigten und politischen Reden. Dargestellt an Belegen aus dem Russischen. München. Kuße, H. Zur Syntax der Koordination. (in diesem Band, Artikel 43) 608⫺618. Lang, Ewald (1977): Semantik der koordinativen Verknüpfung. Berlin. Ljapon, M. V. (1986): Smyslovaja struktura složnogo predloženija i tekst. K tipologii vnutritekstovyx otnošenij. Moskva. Mendoza, Imke (1996): Zur Koordination im Russischen: i, a und da als pragmatische Konnektoren. München. Mendoza, Imke (2003): „Pragmatische Begründungen“ im Polnischen. // Geist, Ljudmila/Hammel, Robert (eds.). Linguistische Beiträge zur Slavistik 10. München. 174⫺191. Nikolaeva, T. M. (22004): Funkcii častic v vyskazyvanii. Moskva. Ożóg, Kazimierz (1990): Leksykon metatekstowy współczesnej polszczyzny mówionej. Kraków. Paillard, Dennis (1986): „I conjonction et particule“. // IVe Colloque de Linguistique russe. Paris. 257⫺274. Paillard, Dennis/Markowicz, Daredjan (1986): „Le partage du savoir ou l’ignorance n’est pas un argument. A propos de la particule ved’“. // Les particules énonciatives en russe contemporain 1. Paris, 89⫺123. Pasch, Renate (1987): „Illokutionsstrukturtypen und Typen der Verknüpfung von Inhalten illokutiver Handlungen“. // Motsch, Wolfgang (Hrsg.). Satz, Text, sprachliche Handlung. Berlin. 119⫺161. Pasch, Renate et al. (2003): Handbuch der deutschen Konnektoren. Berlin/New York. Rathmayr, Renate (1985): Die russischen Partikeln als Pragmalexeme. München. Rogožnikova, R. P. (1983): „Složnye predloženija s sojuznymi časticami“. // Sintaksis predloženija. Kalinin. 48⫺57. Sannikov, V. Z. (1989): Russkie sočinitel’nye konstrukcii. Moskva. Širjaev, E. N. (1986): Bessojuznoe složnoe predloženie v sovremennom russkom jazyke. Moskva. Uryson, E. V. (2000): „Russkij sojuz i častica i: struktura značenija“. // Voprosy jazykoznanija 3. 97⫺121. Wajszczuk, Jadwiga (1984): „Metatekstowe ‚szwy‘ tekstu. Casus: polski spójnik a“. // Lönngren, Lennart (ed.). Polish Text Linguistics. Uppsala. 53⫺75. Weiss, Daniel (1991): „Russisch pričem ⫺ eine Konnexion der dritten Art?“ // Hartenstein, Klaus/ Jachnow, Helmut (eds.). Slavistische Linguistik 1990. München, 301⫺326. Weiss, Daniel (1993): „Die Faszination der Leere. Die moderne russische Umgangssprache und ihre Liebe zur Null“. // Zeitschrift für slavische Philologie 53, 48⫺82. Wierzbicka, Anna (1971): „Metatekst w tekście“. // Mayenowa, Maria Renata (ed.). O spójności tekstu. Wrocław u. a.. 105⫺121. Wierzbicka, Elżbieta (1988): „O przyczynie logicznej i jej wykładnikach językowych we współczesnej polszczyźnie“. // Prace filologiczne 34. 163⫺171. Wojtasiewicz, Olgierd 1972. „Formalna i semantyczna analiza polskich spójników przyzdaniowych i międzyzdaniowych oraz wyrazów pokrewnych“. // Studia semiotyczne 3. 109⫺144. Zemskaja, E. A./Kapanadze, L. A. (red.) (1978): Russkaja razgovornaja reč’: Teksty. Moskva. Zybatow, Lew (1990): Was die Partikeln bedeuten. München.

Imke Mendoza, Salzburg (Österreich)

73. Funktionalstile

73. Funktionalstile 1. 2. 3. 4. 5.

Vorbemerkung Tradition und Innovation funktionalstilistischer Beschreibungen Stilwandel Ausblick Literatur (in Auswahl)

Abstract Functional stylistics is defined as a linguistic discipline studying the regularities of functional notions in various communication spheres which correspond to human actions. It describes the relevant styles (scientific, official, publicist, colloquial and artistic) as well as the norms of selecting and employing linguistic means. The paradigm of Functional stylistics, going back to the Prague school, and its modifications have been dominant in Slavonic studies since the 1950s. This may also be the reason why the pragmatic turn was initially met with little response. Questions of stylistic change have become topical since the mid/end of the 1980s. Political, economic and cultural changes have led to new communication conditions and the implementation of international communication models as well as to an increasing oralisation and colloquialisation of discourse. On the one hand, recent functional stylistic descriptions of Slavonic languages and the current changes they undergo show both an expansion of the traditional term and its inventory, and, on the other hand, the term “functional style” (FS) is neglected in favour of terms such as “languages in specific communication situations”. In both cases, however, we find interdisciplinary references, for instance, to socio- and psycholinguistics, text linguistics and discourse analysis. At the same time we note a “rehabilitation” of practical stylistics, which shows itself in the demand for stylistic advisory literature. New tendencies are encountered in articles on the purity of language, which, besides the normative aspect, demand both an increased consideration of the ethical communication components and a recollection of rhetoric.

1. Vorbemerkung Wesentliche Voraussetzungen für die Begründung der funktionalen Stilistik als linguistischer Disziplin können mit Kožina (1993, 5) in der Entwicklung der Idee von der Dichotomie langue ⫺ parole und der Hinwendung zu den Funktionen der Sprache gesehen werden, in der Beschäftigung mit Literatursprache (Standardsprache) und Norm sowie in der Auffassung von der Systemhaftigkeit der Sprache. Es sei offensichtlich kein Zufall, dass sich in der Geschichte der Sprachwissenschaft drei Disziplinen ⫺ Geschichte der Literatursprache (als deren Merkmale nach Isačenko unter anderem Polyfunktionalität und stilistische Differenziertheit betrachtet werden ⫺ I. O.), Stilistik und Sprachkultur ⫺ fast gleichzeitig etablieren: in der Periode des Entstehens der

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen nationalen Literatursprachen und ihrer weiteren Ausgestaltung, in der Fragen der Massenkommunikation und der Sprachkultur zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ohne den Bezug auf die Prager Schule in jedem Fall explizit herzustellen, lehnen sich die funktionalen Stilistiken der Einzelsprachen an Auffassungen der Thesen des Prager Linguistenkreises (1929) an, in denen zwei Funktionen der Sprache, die „mitteilende Funktion der Redetätigkeit“ und die „poetische Funktion“ unterschieden werden. Die mitteilende Funktion manifestiert sich in der „praktischen Sprache“ und in der „theoretischen Sprache oder Formulierungssprache“ (These 3, 1929/1976, 52). Havránek (1932/1976, 127) nimmt dann eine weitere Differenzierung der mitteilenden Funktion vor: als Funktionen der Literatursprache betrachtet er die kommunikative (Verkehrs-)Funktion, die praktisch-fachliche und die theoretisch-fachliche, mit denen als „funktionale Sprachen“ die Alltags-(Gesprächs-, Konversations-)sprache, die Sach(Arbeits-)sprache und die Wissenschaftssprache korrespondieren. Der ästhetischen Funktion entspricht als funktionale Sprache die Dichtersprache. Diese funktionalen Sprachen gleichen weitgehend denjenigen Phänomenen, die seit Beginn/Mitte der 1950er Jahre als „funktionale Stile“ (FS) bestimmt werden. Havránek (1932/1976, 128) verwendete den Begriff zunächst in einem anderen Sinne: zum einen ⫺ „nach dem konkreten Ziel der Äußerung“ ⫺ für Erscheinungen, die Texttypen bzw. Genres entsprechen, und zum anderen ⫺ „nach der Situation und Art der Äußerung“ (d. h. privat vs. offiziell, mündlich vs. schriftlich, Monolog vs. Dialog). „Der Unterschied zwischen der funktionalen Sprache und dem funktionalen Stil besteht darin, daß der funktionale Stil durch das konkrete Ziel jeder sprachlichen Äußerung bestimmt wird; es handelt sich um eine Funktion der sprachlichen Äußerung [Havránek 1942/1976, 157: „die Organisationsweise konkreter sprachlicher Äußerungen“ ⫺ I. O.], während die funktionale Sprache vom allgemeinen Zweck eines genormten Komplexes von sprachlichen Mitteln bestimmt wird, sie ist eine Funktion der Sprache (langue)“ (Havránek 1932/ 1976, 128). Ungeachtet verschiedener Modifikationen (und z. T. Vereinfachungen) hat sich das Paradigma der Funktionalstilistik seit Beginn der 50er Jahre des 20. Jh. insbesondere in der slavi(sti)schen Stilistik als dominant erwiesen, worin auch ein Grund dafür gesehen wurde, dass die pragmatische Wende zunächst keinen so deutlichen Widerhall in der Slavistik fand, seien doch ⫺ so Hinrichs (1989, 80 ff.) ⫺ zahlreiche Fragestellungen der Pragmatik von der funktionalen Stilistik vorweggenommen worden. Als repräsentativ auch für zahlreiche andere Arbeiten zur funktionalen Stilistik kann die folgende Definition betrachtet werden: „Die funktionale Stilistik ist eine linguistische Disziplin, welche die Gesetzmäßigkeiten des Funktionierens der Sprache in verschiedenen Kommunikationssphären untersucht, die mit verschiedenen Bereichen der menschlichen Tätigkeit korrespondieren, sowie die Systemhaftigkeit der sich dabei herausbildenden funktionalen Stile und anderer funktionaler Varietäten, die Normen der Auswahl und Kombination der sprachlichen Mittel“ (Kožina 1993, 21). In den meisten Publikationen wird vom wissenschaftl., amtl., Zeitungs- resp. publizist., alltags- oder umgangssprachl. und künstlerischen Funktionalstil (FS) ausgegangen. In neueren Arbeiten lassen sich folgende Tendenzen erkennen: Erweiterung des Inventars funktionaler Stile, Abkommen vom Begriff des FS und Rückkehr zum Begriff der funktionalen Sprachen bzw. Differenzierung der Sprachverwendung nach verschiedenen Kommunikationsbereichen, womit zumeist eine stärkere Berücksichtigung der gesprochenen Sprache einhergeht.

73. Funktionalstile

2. Tradition und Innovation funktionalstilistischer Beschreibungen Noch Ende der 40er Jahren des 20. Jh. wird an Havráneks Konzept in der tschechischen Stilistik angeknüpft. So ging Bečka von der künstlerischen und der wissenschaftlichen Sprache gleichsam als Polen aus, zwischen denen die praktische Sprache angesiedelt ist, die ihrerseits die Amtssprache, die Wirtschaftssprache und die Zeitungssprache umfasst. Die (auf der Standardsprache basierende) mündliche Umgangssprache wurde nicht als funktionale Sprache betrachtet, wohl aber wurde auf die Notwendigkeit ihrer näheren Untersuchung verwiesen (vgl. Čechová et al. 1997). Im November 1954 veranstaltete das Institut für die tschechische Sprache der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften eine Konferenz zu stilistischen Fragen, auf der u. a. die Erweiterung des Inventars der funktionalen Sprachen (Stile) durch den publizistischen Stil erörtert wurde (vgl. Hausenblas 1955). Während es hier also um eine Modifikation und Aktualisierung des funktionalen Konzepts der Prager Schule im Hinblick auf die Stile ging, wurden in der zur selben Zeit von russischen Sprachwissenschaftlern geführten Stilistikdiskussion noch die Begründung und Durchsetzung einer funktionalstilistischen Betrachtung erörtert. Die Diskussion wurde ausgelöst durch einen Vortrag Sorokins (Sorokin 1954), der die unbefriedigende stilistische Beschreibung der Gegenwartssprache darauf zurückführte, dass man in der Stilistik noch immer die Literatursprache als System konzentrischer Kreise betrachte, deren Überschneidungsbereiche synonymische Ausdrucksmittel enthalten, oder aber die Stile als geschlossene Systeme von Ausdrucksmitteln für bestimmte Genres darzustellen versuche. Wichtiger für die Bestimmung eines Stils seien die Prinzipien der Auswahl und der Vereinigung verschiedener sprachlicher Mittel im Kontext der Rede. Man solle deshalb unterscheiden zwischen analytischer Stilistik, die die stilistische Färbung sprachlicher Einheiten und Konstruktionen untersucht und eng mit der Synonymik verbunden ist, und funktionaler Stilistik. Die genannten Aspekte (Auswahl und Kombination sprachlicher Mittel in Abhängigkeit von der Kommunikationssphäre) gehen dann auch in die Definition ein, mit der Vinogradov (1955, 73) die Diskussion beschließt (näher dazu vgl. Ohnheiser 1999). Später unterscheidet Vinogradov (z. B. 1963, 15 ff.) dann drei eng miteinander verbundene und sich z. T. überschneidende Bereiche, die im Rahmen der Stilistik untersucht werden müssen: die Stilistik der Sprache oder die strukturelle Stilistik, die Stilistik der Rede, d. h. der verschiedenen Arten der gesellschaftlichen Verwendung der Sprache, und die Stilistik der schönen Literatur. Der „Stilistik der Sprache“ wird jedoch auch die Untersuchung der funktionalen Stile zugeordnet, während „Redestile“ deutlicher auf Genres bezogen werden. Die Prager Tradition widerspiegelt sich ⫺ auch in der Terminologie ⫺ am deutlichsten in der tschechischen Linguistik. Bei der Beschreibung der funktionalstilist. Differenzierung der Standard-(Schrift-)sprache wird noch in neueren Arbeiten in Anlehnung an Jedlička (1974, 92 ff.; 190 f.) von drei Ebenen stilist. Erscheinungen ausgegangen (obwohl die Anzahl der angenommenen FS variiert): der Stil-(Kommunikations-)sphäre (hieraus erklären sich Spracherscheinungen, die von gleichen oder ähnlichen Kommunikationsbedingungen, z. B. öffentlich ⫺ nicht öffentlich, als stilbildenden Faktoren abhängig sind), dem Stiltyp, der dem FS entspricht und dem „ein Stilnormenkomplex zugrunde liegt, der den Aufbau von Äußerungen in der gegebenen Sphäre bestimmt“ (Jedlička 1974, 199), und der Stilschicht, einem zur Erfüllung der Kommunikationsfunktion der jeweiligen Stilsphäre spezifischen Komplex sprachlicher

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen Ausdrucksmittel. Mit der extralinguistisch determinierten Spezifik der FS gehen dominante, die sprachliche Spezifik der Äußerung konstituierende Faktoren einher, z. B. die direktive und operative Funktion als konstituierende Faktoren des administrat. FS, die investigative und die Überzeugungsfunktion des publizist. FS, die ästhetische Funktion des FS der künstlerischen Literatur u. a. (vgl. Čechová et al. 1997). In der Russistik wird die Funktionalstilistik zunächst vielfach betrachtet im Kontrast oder auch in wechselseitiger Beziehung zur so genannten Ressourcenstilistik, d. h. der Beschreibung der stilistischen Potenzen von Einheiten der unterschiedlichen sprachlichen Ebenen (vgl. auch die Differenzierung von Makro- und Mikrostilistik bei Riesel 1975 u. a.). Den FS werden bestimmte Stilzüge (Abstraktheit, Expressivität etc.) zugeschrieben, die durch entsprechende Sprachmittel i. w. S. realisiert werden. Den sich aus einer eingestandenermaßen recht groben Gliederung der FS ergebenden Unzulänglichkeiten versuchte man auf unterschiedliche Weise zu begegnen. So wurde z. B. von Vasil’eva (1982 u. a.) ein immer stärker differenziertes Inventar von Substilen angenommen, die sich letztlich fast mit den Genres identifizieren lassen. Kostomarov (1971) schlug vor, nur mehr von drei großen Stilkomplexen auszugehen (den buchsprachlichen Stilen, der Sprache der Massenmedien und der Umgangssprache). Tošović (2002, 76 f.) geht zunächst von funktionalstilistischen Komplexen aus, die mit bestimmten Sphären der menschlichen Tätigkeit korrespondieren, wobei sich wiederum ein Bezug auf die Prager Tradition herstellen lässt. Als solche FS-Komplexe werden z. B. schriftliche und mündliche, zivile und militärische, profane und sakrale betrachtet (Tošović nimmt jedoch keinen religiösen FS an), fachbezogene und nichtfachbezogene (dem fachbezogenen FS-Komplex können der wissenschaftl., der amtl. und der publizist. FS zugeordnet werden, dem nichtwissenschaftl. Komplex ⫺ der belletrist. und der umgangssprachl. FS). Die FS werden ihrerseits in Substile gegliedert: der wissenschaftl. FS z. B. in den „streng wissenschaftl.“, den wissenschaftl.-didakt. und den populärwissenschaftl. Substil), der amtl. FS in Substile wie Geschäftsstil, diplomatischer Substil, gesellschaftspolitischer Substil, legislativ-juristischer Substil u. a. Die Substile werden ihrerseits durch unterschiedliche Genres realisiert. Als eigene Bereiche werden die so genannten međustilovi (Zwischenstile) betrachtet, insofern als sie Merkmale zweier oder mehrerer FS aufweisen. Hierzu zählt Tošović u. a. den essayistischen und den rhetorischen Stil, den Reklamestil und den Memoirenstil. Mit den angeführten FS, Substilen und „Zwischenstilen“ sind Phänomene umrissen, die sich auch in anderen älteren und neueren Stilistiken verschiedener Slawinen finden; allerdings werden die „Zwischenstile“ mitunter als eigene FS bestimmt oder es unterscheiden sich die Hierarchien der Zuordnung. KatnićBakaršić (2001) ordnet z. B. dem rhetorischen Stil die Substile „Reden“ (oratorski podstil) und „Debatten“ (debatni podstil) zu, betrachtet den journalist. und den publizist. Stil als eigene Stile und zählt zu letzterem auch den populärwissenschaftl. Stil. Nicht unumstritten ist die Bestimmung des künstlerischen Stils und der Umgangssprache als FS. So fasst Zemskaja (1981) die russ. Umgangssprache nicht als Stil auf, sondern als ein komplexes System, das auf Grund spezifischer kommunikativer Parameter (Spontaneität, Rolle der Konsituation u. a.) als Ganzes der kodifizierten Standardsprache gegenübersteht. Andere Gründe für die Nichtanerkennung der Umgangssprache als FS machen angesichts der spezifischen tschech. Sprachsituation Čechová et al. (1997, 135) geltend, da 1. die Umgangssprache im heutigen Tschech. nicht auf der Schriftsprache basiere (die Schriftsprachlichkeit wird jedoch als grundlegendes Kriterium eines FS betrachtet), 2. die umgangssprachl. Äußerungen nicht von einer komplexen, von der gesamten tschech. Sprachgemeinschaft akzeptierten Norm geleitet werden.

73. Funktionalstile Übereinstimmungen und Unterschiede im Herangehen an die funktionalstilistische Beschreibung seien im Folgenden am Beispiel des wissenschaftl. FS demonstriert. Als allgemeine Züge dieses Stils werden von Kožina (1993, 161⫺174) der abstrahierend-verallgemeinernde Charakter und die Logik der Darlegung betrachtet, die ihrerseits weitere (sekundäre) Stilzüge begründen, wie z. B. Genauigkeit, Eindeutigkeit und Objektivität, die eine spezifische Expressivität nicht ausschließen. Der Grad der Ausprägung dieser Züge kann in Abhängigkeit von Genre, Thema, Form und Situation der Kommunikation sowie von der Individualität des Autors variieren. Die sprachliche Umsetzung der Stilzüge widerspiegelt sich sowohl in der Wortverwendung (Termini, Abstrakta), als auch in der Ausschöpfung grammatischer Mittel: beim Verb überwiegt z. B. das atemporale Präsens, es dominieren Formen des imperfektiven Aspekts (ca. 80% gegenüber belletristischen Texten mit 55%), bei den Personalformen die 3. Person, häufig begegnen Passivformen. Die Kategorie des Numerus bei Substantiven ist weitgehend auf den Singular beschränkt, was aus der Vielfalt der Abstrakta resultiert, aber auch aus der verallgemeinernden Bedeutung des Singulars bei Konkreta. Die „Logik der Darstellung“ kommt v. a. auf syntaktischer Ebene, z. B. innerhalb der transphrastischen Einheiten durch die Arten der Verbindung zwischen den Sätzen und durch die Gestaltung der Kohärenz zum Ausdruck (z. B. direkte Wiederholung, pronominaler Ersatz, häufige Verwendung von Schaltwörtern u.a). Der Stilzug „Genauigkeit“ wird über die Verwendung von Termini hinaus durch geringere Ausschöpfung der Synonymie, durch Wiederholung und deutliche Kennzeichnung der syntaktischen Bindung reflektiert. Als weitere sprachliche Besonderheiten des wissenschaftl. FS werden u. a. die häufige Verwendung von zusammengesetzten Sätzen sowie von Partizipialkonstruktionen vermerkt. Verwiesen wird auch auf die fast ausschließliche Verwendung von Aussagesätzen. Fragesätze begegnen vereinzelt bei rhetorischen Fragen. Auf der Textebene wird der wissenschaftl. FS vor allem durch die Dominanz der Darstellungsverfahren „Erörtern“ und „Beschreiben“ sowie „Schlußfolgern“ gekennzeichnet, während das „Berichten“ nicht typisch ist. Die Textkomposition eines wissenschaftlichen Werkes widerspiegelt in bestimmter Hinsicht die Phasen des Erkenntnisprozesses (Explikation der Problemsituation, Hypothese, Experimentbeschreibung o. ä., Schlüsse). In anderen Stilistiken (z. B. Čechova et al. 1997) steht dagegen am Anfang der Beschreibung der Stilnorm die Komposition (auch mit Verweis auf die Herausbildung von Textmodellen, v. a. in den Naturwissenschaften), welcher Syntax, Morphologie und Lexik nachgeordnet werden. Hierin besteht m. E. ein wesentlicher und vom Stilbegriff her nur zu begrüßender Unterschied gegenüber anderen Funktionalstilistiken. Dieser kompositions-/textstrukturdominierte Zugang bedingt auch, dass der Intertextualität und der Intermedialität (Rolle von Illustrationen, Graphiken etc., vgl. dazu auch Tošović 2002) als spezifischem Merkmal des wissenschaftl. FS besondere Beachtung geschenkt wird. Immer häufiger wird auch auf Spezifika nicht nur der schriftlichen, sondern auch der mündlichen Genres eingegangen (ausschließl. zur mündlichen wissenschaftlichen Kommunikation vgl. Lapteva 1985). Eine Spezifik des Handbuchs zur polnischen Stilistik (Gajda 1995) besteht in dem Teilkap. „Kultur der Wissenschaftssprache“ (entsprechende Kap. schließen auch die Ausführungen zum publizist. und zum Amtsstil ab), das u. a. sprachkritische Bemerkungen zu ungerechtfertigten terminologischen Neubildungen, zum übermäßigen Fremdwortgebrauch und zu der abgehobenen, mitunter gekünstelten Sprache zahlreicher Beiträge (vor allem der Geis-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen teswissenschaften) enthält. Als Besonderheit der Stilistik von Tošović (2002, 274 ff.) sei schließlich ein Teilkapitel zum Stil des Wissenschaftlers erwähnt, in dem es nicht um Individualstile im traditionellen Verständnis geht, sondern um den Stil der wissenschaftlichen Erkenntnis und um Erkenntnisinteressen herausragender Gelehrter, um Denkstil und Arbeitsstil also, welche ihrerseits jedoch zweifellos den sprachlichen Stil mitprägen.

3. Stilwandel Eine besondere Aktualität gewann die Analyse des Stilwandels in den slav. Sprachen im Zuge der tief greifenden politischen und sozialen Veränderungen seit Mitte/Ende der 80er Jahre des 20. Jh. und der sie begleitenden, auch sprachlichen, Liberalisierung. Sie führten zu Veränderungen in den Kommunikationsbedingungen, u. a. zu einer zunehmenden Oralisierung und Kolloquialisierung, und somit zu Veränderungen der Normen fast aller FS, von denen die Stilistiken bisher ausgingen, und bedingten z. T. neue Beschreibungsansätze. Sofern sich die Beschreibung von Neuerungen an das traditionelle funktionalstilist. Begriffsinventar anlehnte, wurden Veränderungen in der Dominanz bestimmter Stilfunktionen und in der Ausgestaltung der Stilzüge vermerkt. So nahmen z. B. Kožina/Duskaeva (1993) in Bezug auf den russ. publizist. Stil grundsätzlich unveränderte/invariante Funktionen an: Appell- und Beeinflussungsfunktion, Information, Wertung. Während jedoch in der Praxis der sowjetischen Publizistik die Appellfunktion die informative Funktion dominierte, sei nunmehr ein Ausgleich in bezug auf letztere erfolgt. Veränderungen gegenüber der sowjetischen Presse seien auch in der Ausprägung der Stilzüge, die die informative Funktion prägen, zu sehen: Der dokumentarische Charakter sei z. B. merklich gestärkt worden, während die Unpersönlichkeit zurückgetreten sei. Veränderungen zeigten sich auch in quantitativer Hinsicht: so habe sich der Anteil von Texten erhöht, die den so genannten analytischen Substilen zuzuordnen sind, während Texte des offiziell-deklarativen Substils (z. B. Leitartikel) nurmehr selten begegnen. Im Übergangsbereich zwischen Verwaltungs- und Fachkommunikation entstanden neue oder wiederbelebte Textsorten/Genres, z. B. in der Wirtschaft, im Bank- und Rechtswesen, in denen sich zunehmend internationale Kommunikationsmodelle (bis hin zu Vorgaben bestimmter Textsortenmuster, z. B. im Rahmen der EU u. a.) und damit bestimmte Stilnormen geltend machen ebenso wie in der Werbung und Reklame, aber auch in der Wissenschaftssprache. Die Internationalisierung betrifft also nicht (mehr) allein die Lexik. Für das Tschech. wird z. B. darauf hingewiesen, dass die Modelle wissenschaftlicher Texte, die lange Zeit vom dt. Vorbild geprägt gewesen seien, durch engl. Einflüsse gelockert werden (Čechová et al. 1997, 200), NDJS-Polnisch (2001, 316) erwähnt den engl. Einfluss im Zusammenhang mit der Tendenz zu einem „hermeneutisch-postmodernistischen“ Stil der Geisteswissenschaften). Die Pluralität der Gesellschaft führt schließlich zu einer merklichen Differenzierung (und Individualisierung) des publizist. Stils, der Sprache der Medien, und zugleich zu einer Annäherung von privater und öffentlicher Rede (Čechová et al. 1997, 200; Lapteva 1996 u. v. a.). Die Autoren von NDJS-Polnisch (2001, 213) sprechen sogar davon, dass die „in Mode gekommene neue Oralität“ gleichsam einen medialen sprachlichen „Terro-

73. Funktionalstile rismus“ erzeuge, v. a. in Privatsendern. Auch NDJS-Slowakisch (1998) vermerkt „die Rolle des Boulevards“ bei neueren sprachlichen Entwicklungen. Schließlich führen auch die Möglichkeiten der computervermittelten Kommunikation dazu, dass Normen der mündlichen Sprache auf die schriftliche Kommunikation übertragen werden. Einen relativ breiten Raum nehmen Fragen des Stils und Stilwandels in den Bänden der Reihe zur jüngeren Geschichte der slavischen Sprachen (Najnowsze dzieje języków słowiańskich 1996⫺2001) ein, wobei Unterschiede in der Wahl des Gegenstandes und der Beschreibungsmethode auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden können. Eine vollständige Beschreibung der Veränderungen der FS wird nur in wenigen Bänden vorgenommen, z. B. in NDJS-Polnisch. Anstelle des Begriffs „Funktionalstil“ wird jedoch „język“ ‚Sprache‘ verwendet, z. B. „język naukowy“ ‚Wissenschaftssprache‘, und somit wird diese funktionale, „sprachliche“ Differenzierung als „wielojęzyczność“ (‚Mehrsprachigkeit‘) einer Nationalsprache, hier des Poln., betrachtet. Die Autoren des Bandes NDSJ-Slowakisch geben zwar einen Überblick über die FS, merken jedoch kritisch an (S. 103), dass der Stilbegriff relativ statisch geblieben sei und sich mitunter nur schwer auf neue Kommunikationsbereiche und Textsorten beziehen lasse. Da darüber hinaus die Stilgrenzen zunehmend durchlässiger würden, seien als Ausgangspunkt der Beschreibung verschiedene kommunikative Sphären und Tätigkeitsgebiete, z. B. Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, Wissenschaft, Alltagsleben u. a. zu bevorzugen. (Einen ähnlichen Zugang, basierend auf den „Sprachen einzelner Kommunikationssituationen“, wählt auch Daneš (1997) für die Beschreibung neuerer Entwicklungen im Tschech.). Andere Bände beschränken sich auf Bereiche, in denen Veränderungen bes. augenfällig sind ⫺ NDJS-Russisch (1997) z. B. auf die Zeitungssprache und das Genre „Fernsehinterview“. Der FS-Begriff findet keine Verwendung. NDJSBulgarisch (1997, 104 ff.) ordnet stilist. Veränderungen der Textebene unter. Im Sinne von FS wird nur der administrat. Stil betrachtet, im Übrigen werden Veränderungen und Neuerungen in der „Sprache der Politik“, im „sozial-kommunikativen System der Wissenschaft“ (z. B. „očovečavane“ ‚Individualisierung; Humanisierung‘ der Wissenschaftssprache, erhöhte intellektuelle Emotionalität), der „Sprache der Mode“ und der „Sprache der Reklame“ analysiert. Erfolgten stilist. Entwicklungen in den bisher erwähnten Sprachen unter den Bedingungen einer im Allgemeinen gefestigten Sprachsituation, vollzieht sich der Stilwandel in anderen Sprachgemeinschaften vielfach erst als Etablierung und Ausbau bestimmter FS (z. B. des administrat. FS ⫺ Rechtssprache, Geschäfts- und Verwaltungssprache, einschließl. der Militärsprache; des wissenschaftl. FS und der Ternimologiebildung), die bislang durch die Dominanz einer übernationalen offiziellen Sprache im ehemaligen Staatsverband nicht (voll) entfaltet waren bzw. starke Beeinflussung durch die „Staatssprache“ erfuhren. An die Massenmedien wird der Appell gerichtet, zur Verbreitung und Festigung der standardsprachlichen Norm beizutragen. Dies widerspiegelt sich in den NDJS-Bänden zum Sloven. und Maked. sowie zum Ukrain. und Weißruss. ⫺ Wenn in zahlreichen Arbeiten von einer Verwischung der Stilgrenzen in den Gegenwartssprachen die Rede ist, so ist dabei zu bedenken, dass das Phänomen der Stilmischung und seine Beurteilung als Veränderung zweifellos abhängig sind von der Konsolidierung vorheriger Stil- und Kommunikationsnormen, die sich vom neuen Usus zu entfernen beginnen. Daraus erklären sich bestimmte Unterschiede sowohl im Verlauf von Stilwandelprozessen als auch in deren Bewertung durch die jeweilige Sprachgemeinschaft.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

4. Ausblick Die in diesem Beitrag umrissenen Tendenzen in der funktionalstilist. Beschreibung slav. Sprachen und ihrer gegenwärtigen Veränderungen haben verdeutlicht, dass einerseits eine Ausweitung des traditionellen FS-Begriffs bzw. -inventars erfolgt und dass zum anderen auf den FS-Begriff überhaupt verzichtet wird zugunsten von Begriffen wie „Sprachen einzelner Kommunikationssituationen“ u. ä. In beiden Fällen werden vermehrt interdisziplinäre Bezüge deutlich, z. B. zur Soziolinguistik, Textlinguistik und Diskursanalyse. So kann abschließend die Frage gestellt werden, wo die Perspektiven der Funktionalstilistik liegen. Nach Gajda (2003) hat sie sich in der mittel- und osteuropäischen linguistisch orientierten Stilistik bis heute als das einflussreichste Paradigma erwiesen, während v. a. in Deutschland und Großbritannien als Reaktion auf den klassischen Strukturalismus und Generativismus im Rahmen der Pragmalinguistik die pragmatische Stilistik entwickelt wurde. Hoffmannová (1997, 173 ff.) verweist auf bestimmte Erweiterungen und Veränderungen in der Akzentsetzung der traditionellen Funktionalstilistik und stellt die Frage, ob stilist. Forschungen und Analysen auch künftig dominiert werden können von dem zentralen Konzept (nicht nur) der Prager funktionalen Stilistik ⫺ dem Konzept des Stils als integrativem Faktor der Textstruktur, der die Verbindung aller Ebenen und notwendigen Mittel zur Einwirkung auf den Rezipienten gewährleistet. Während, wie bereits erwähnt, die moderne Stilistik zahlreiche Anregungen aus den Nachbardisziplinen bezieht, begegnet der Begriff „Stil“ fast nicht in soziolinguistischen, pragmatischen oder textlinguistischen Arbeiten. Hoffmannová führt dies auf die bisherige starke Gebundenheit der Stilistik an geschriebene Texte zurück. Nur vereinzelt begegneten Untersuchungen zum Stil der mündlichen offiziellen und wissenschaftlichen Kommunikation. Es lohne sich deshalb, das Stilkonzept auch auf die Erforschung ungezwunger mündlicher Dialoge anzuwenden, differieren doch die Stile von Individuen und sozialen Gruppen hinsichtlich der Verwendung bestimmter Codes, des Codeswitchings und der Codemischung, bei privaten und offiziellen Anlässen usw. Können diese Fragen einer Soziostilistik zugeordnet werden, so bestehe der Gegenstand der Psychostilistik in der Erforschung des unterschiedlichen Verhaltens bei der Produktion und Rezeption von Texten: wie werden bei der Textverarbeitung Schemata und Muster aktiviert, die in der Voraussetzungsbasis von Individuen und Gruppen vorhanden sind, in welchem Verhältnis zueinander befinden sich Automatismus und Kreativität bei der Produktion von Texten in verschiedenen Situationen und zu bestimmten Anlässen, wie verlaufen bei der Textinterpretation Assoziation und Inferenz usw. Verschiedene Stile des kommunikativen Verhaltens seien auch darin begründet, ob sich die Sprecher an Konventionen und Regeln halten oder aber dazu neigen, diese zu verletzen und in welchen Situationen ⫺ dies wiederum sei ein Problem der Pragmastilistik. Dem Verständnis von FS als interindividuellen, objektiven, an Normen gebundenen Phänomenen stehen gegenwärtig eine deutlich erhöhte subjektive Freiheit in der Gestaltung einzelner Genres, entgegen ebenso wie die Expansion postmoderner Texte mit ihrer Stilmischung und bewußten Verletzung (traditioneller) stilist. Normen. Diese Situation fordert nach Hoffmannová (1997, 174 f.) gleichsam eine „intertextuelle Stilistik“ heraus, die sich nicht nur auf literarische Texte beschränken dürfe (wobei die Trivialliteratur i. w. S. größere Beachtung verdiene), sondern auch essayistische, publizistische und Reklametexte sowie Alltagsdialoge berücksichtigen müsse. Eine Umorientierung bzw. Verlagerung der Schwerpunkte stilist. For-

73. Funktionalstile schungen vermerkt auch Gajda (2003) anhand der poln. Stilistik. Beim Kontakt mit neuen, oft fragmentarischen oder hybriden Texttypen sollte ⫺ so Hoffmannová (1997, 175) ⫺ der Stilbegriff nicht aufgegeben werden, denn auch (scheinbar) desintegrative Stilverletzungen können integrative Effekte haben und vollziehen sich immer vor dem Hintergrund bestimmter Stilnormen und -modelle. Einem interdisziplinären Verständnis der Stilistik fühlt sich auch die 1992 von Stanisław Gajda (Opole) begründete Zeitschrift „Stylistyka“ verpflichtet, die den Austausch zwischen unterschiedlichen Richtungen insbes. der slavist. Stilistik durch thematische Schwerpunkte fördert. Gajda (2003) spricht aber auch von einer deutlichen „Rehabilitierung“ der praktischen Stilistik in den letzten Jahren und bezieht sich dabei vor allem auf eine reiche Ratgeberliteratur zum Verfassen schriftlicher Textsorten sowie zur mündlichen Präsentation für bestimmte Adressatengruppen. In sprachpflegerischen Periodika und anderen Publikationen zeichnen sich schließlich neue Tendenzen in Beiträgen ab, die neben der normativen in stärkerem Maße eine ethische Komponente berücksichtigt wissen wollen und in Abhängigkeit von Stil und Genre der individuellen Gestaltung und der kommunikativen Kultur im Allgemeinen größere Bedeutung beimessen. So erklären sich auch vermehrte Forderungen nach einer Rückbesinnung auf Traditionen der Rhetorik und deren Vermittlung (vgl. z. B. Graudina et al. 1994; Čechová et al. 1997; Hoffmannová 1997; Katnić-Bakaršić 2001).

5. Literatur (in Auswahl) Čechová, Marie et al. (1997): Stylistika současné češtiny. Praha. Daneš, František a kol. (1997): Český jazyk na přelomu tisíciletí. Praha. Gajda, Stanisław (ed.) (1995): Przewodnik po stylistyce polskiej. Opole. Gajda, Stanisław (2003): „Współczesna stylistyka polska“. // Stylistyka. XII. 371⫺385. Graudina, L. K., Širjaev, E. N. (red.) (1994): Kul’tura parlamentskoj reči. Moskva. Hausenblas, Karel (1955): „K základným problémům jazykové stylistiki“. // Slovo a slovesnost 16. 1⫺15. Havránek, Bohuslav (1932/1976): Die Aufgaben der Literatursprache und die Sprachkultur. // Grundlagen der Sprachkultur. Beiträge der Prager Linguistik zur Sprachtheorie und Sprachpflege. T. 1. In Zusammenarb. mit Karel Horálek u. Jaroslav Kuchař herausgeg. u. bearb. von Jürgen Scharnhorst und Erika Ising. Berlin. 103⫺141. Havránek, Bohuslav (1942/1976): Die funktionale Schichtung der Literatursprache. // Grundlagen der Sprachkultur. Beiträge der Prager Linguistik zur Sprachtheorie und Sprachpflege. T. 1. Berlin. 150⫺161. Hinrichs, Uwe (1989): „Zum Paradigma der slawischen Sprachwissenschaft und der Russistik“. // Russistik 1. 73⫺86. Hoffmannová, Jana (1997): Stylistika a . . Současná situace stylistiky. Praha. Jedlička, Alois (1974): Spisovný jazyk v současné komunikaci. Praha. Katnić-Bakaršić, Marina (2001): Stilistika. Sarajevo. Kostomarov, V. G. (1971): Russkij jazyk na gazetnoj polose. Moskva. Kožina, M. N. (1993): Stilistika russkogo jazyka. Moskva. Kožina, M. N., Duskaeva, L. P. (1993): „Lingvostilističeskie izmenenija v russkoj gazete poslednego desjatiletija“. // Stylistyka 2. 111⫺132. Lapteva, O. A. (1985): Sovremennaja russkaja ustnaja naučnaja reč’ I. Krasnojarsk. Lapteva, O. A. (2001): Živaja russkaja reč’ s teleėkrana. Razgovornyj plast televizionnoj reči v normativnom aspekte. Moskva.

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

NDJS = Gajda, Stanisław (Red.): Najnowsze dzieje języków słowiańskich. Opole. 1996⫺2001. NDJS-Bulgarisch = Bălgarski ezik. Red. nauk. Stefana Dimitrova. Opole 1997. NDJS-Russisch = Russkij jazyk. Red. nauk. Evgenij Širjaev. Opole 1997. NDJS-Weißruss. = Belaruskaja mova. Red. nauk. Aljaksandr Lukašanec et al. Opole 1998. ´ urkova. Opole 1998. NDJS-Makedonisch = Makedonski jazik. Red. nauk. Liljana Minova-G NDJS-Slowakisch = Slovenský jazyk. Red. nauk. Ján Bosák. Opole 1998. NDJS-Slowenisch = Slovenski jezik. Red. Ada Vidović-Muha. Opole 1998. NDJS-Ukrain. = Ukraїns’ka mova. Red. nauk. Svitlana Jermolenko. Opole 1999. NDJS-Polnisch = Język polski. Red. nauk. Stanisław Gajda. Opole 2001. Ohnheiser, Ingeborg (1999): „Funktionale Stilistik“. // Helmut Jachnow et al. (eds.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihre Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 660⫺686. Panov, Michail V. (Red.) (1968): Russkij jazyk i sovetskoe obščestvo. Leksika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Moskva. Riesel, Elise (1975): „Grundsatzfragen der Funktionalstilistik“. // Admoni, V. G. et al. (eds.), Linguistische Probleme der Textanalyse. Düsseldorf. 36⫺53. Sorokin, J. S. (1954): „K voprosu ob osnovnyx ponjatijax stilistiki“. // Voprosy jazykoznanija 1954/ 2. 68⫺82. Thesen des Prager Linguistenkreises zum 1. Internationalen Slawistenkongress. (1929/1976) // Grundlagen der Sprachkultur. Beiträge der Prager Linguistik zur Sprachtheorie und Sprachpflege. T. 1. Berlin. 43⫺73. Tošović, Branko (2002): Funkcionalni stilovi. Funktionale Stile. Graz. Vasil’eva, A. N. (1982): Gazetno-publicističeskij stil’ reči. Moskva. Vinogradov, V. V. (1955): „Itogi obsuždenija voprosov stilistiki“. // Voprosy jazykoznanija 1. 60⫺87. Vinogradov, V. V. (1963/1981): Problemy russkoj stilistiki. Moskva. Zemskaja, E. A. (1981): Russkaja razgovornaja reč#. Obščie voprosy. Slovoobrazovanie. Sintaksis. Moskva.

Ingeborg Ohnheiser, Innsbruck (Österreich)

74. Textsorten 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Textsorten im Alltagswissen und Textsortenlinguistik als ihre wissenschaftliche Reflexion Umgrenzung des Textsortenbegriffs Terminologisches Funktionalstilistische Genres Redegenres Ausblick Literatur (in Auswahl)

Abstract The article outlines the origins of investigating special types of texts (‘Textsorten’) and specifies these types of texts as patterned representatives which have their rootes in the everyday knowledge of a language community and can be characterized by a set of intra-, extra- and intertextual features. It points out terminological equivalents in Slavonic and

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

NDJS = Gajda, Stanisław (Red.): Najnowsze dzieje języków słowiańskich. Opole. 1996⫺2001. NDJS-Bulgarisch = Bălgarski ezik. Red. nauk. Stefana Dimitrova. Opole 1997. NDJS-Russisch = Russkij jazyk. Red. nauk. Evgenij Širjaev. Opole 1997. NDJS-Weißruss. = Belaruskaja mova. Red. nauk. Aljaksandr Lukašanec et al. Opole 1998. ´ urkova. Opole 1998. NDJS-Makedonisch = Makedonski jazik. Red. nauk. Liljana Minova-G NDJS-Slowakisch = Slovenský jazyk. Red. nauk. Ján Bosák. Opole 1998. NDJS-Slowenisch = Slovenski jezik. Red. Ada Vidović-Muha. Opole 1998. NDJS-Ukrain. = Ukraїns’ka mova. Red. nauk. Svitlana Jermolenko. Opole 1999. NDJS-Polnisch = Język polski. Red. nauk. Stanisław Gajda. Opole 2001. Ohnheiser, Ingeborg (1999): „Funktionale Stilistik“. // Helmut Jachnow et al. (eds.). Handbuch der sprachwissenschaftlichen Russistik und ihre Grenzdisziplinen. Wiesbaden. 660⫺686. Panov, Michail V. (Red.) (1968): Russkij jazyk i sovetskoe obščestvo. Leksika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka. Moskva. Riesel, Elise (1975): „Grundsatzfragen der Funktionalstilistik“. // Admoni, V. G. et al. (eds.), Linguistische Probleme der Textanalyse. Düsseldorf. 36⫺53. Sorokin, J. S. (1954): „K voprosu ob osnovnyx ponjatijax stilistiki“. // Voprosy jazykoznanija 1954/ 2. 68⫺82. Thesen des Prager Linguistenkreises zum 1. Internationalen Slawistenkongress. (1929/1976) // Grundlagen der Sprachkultur. Beiträge der Prager Linguistik zur Sprachtheorie und Sprachpflege. T. 1. Berlin. 43⫺73. Tošović, Branko (2002): Funkcionalni stilovi. Funktionale Stile. Graz. Vasil’eva, A. N. (1982): Gazetno-publicističeskij stil’ reči. Moskva. Vinogradov, V. V. (1955): „Itogi obsuždenija voprosov stilistiki“. // Voprosy jazykoznanija 1. 60⫺87. Vinogradov, V. V. (1963/1981): Problemy russkoj stilistiki. Moskva. Zemskaja, E. A. (1981): Russkaja razgovornaja reč#. Obščie voprosy. Slovoobrazovanie. Sintaksis. Moskva.

Ingeborg Ohnheiser, Innsbruck (Österreich)

74. Textsorten 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Textsorten im Alltagswissen und Textsortenlinguistik als ihre wissenschaftliche Reflexion Umgrenzung des Textsortenbegriffs Terminologisches Funktionalstilistische Genres Redegenres Ausblick Literatur (in Auswahl)

Abstract The article outlines the origins of investigating special types of texts (‘Textsorten’) and specifies these types of texts as patterned representatives which have their rootes in the everyday knowledge of a language community and can be characterized by a set of intra-, extra- and intertextual features. It points out terminological equivalents in Slavonic and

74. Textsorten

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sketches typological approaches of Functional Stylistics before it describes Polish and Russian research into ‘speech genres’ (žanry reči according to Bakhtin). Presenting Russian investigations, the article focuses on the classification of speech genres and on genre competence. Resuming the status of research of ‘Textsorten’ in the Slavonic area, it is stated that its scientific localization is still open which is connected partially with permanent changes in the empiric field (e.g. the arising of new communication forms in the electronic media).

1. Textsorten im Alltagswissen und Textsortenlinguistik als ihre wissenschaftliche Reflexion Der Begriff der Textsorte gehört sowohl zum Alltagswissen als auch zum theoretischmethodologischen Inventar der (Text-)Linguistik. Seine ständige Präsenz im Alltag zeigt sich darin, dass die Angehörigen einer Sprachgemeinschaft über eine mehr oder weniger ausgeprägte Textsortenkompetenz verfügen und sie alltäglich einsetzen, d. h. die Fähigkeiten haben, z. B. einen Wetterbericht als Vorhersage zu verstehen, eine Anfrage an die Versicherung in einen Brief zu kleiden oder einen Glückwunsch von einer Danksagung zu unterscheiden. Das Wesen von Wissensbeständen zu typischen Textvorkommen ist verhältnismäßig spät, seit Ende des 20. Jh., zum eigenständigen Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung geworden, so dass im Moment erst in Ansätzen von einer Textsortenlinguistik gesprochen werden kann, zumal viele ihrer theoretischen Positionen durchaus noch nicht genügend geklärt scheinen. Hinzu kommt, dass sich die textlinguistische Forschung im außerslavischen Sprachraum anders entwickelt (hat) als im slavischen, so dass texttheoretische Positionen, wie sie z. B. in der Germanistik und in der Slawistik vertreten werden, nicht immer direkt vergleichbar scheinen. Unter Umständen kann dies sogar zu der Auffassung führen, dass „es außer der Prager Schule keine andere textlinguistische Schule im engeren Sinne“ gibt, die in der Slawistik auszumachen sei (Mazur 2000, 153). Die Aufgaben einer Textsortenlinguistik können mit Heinemann (2000, 508) darin gesehen werden, ⫺ „das prätheoretische Alltagsverständnis von Textsorten zu explizieren (...), ⫺ den Begriff ‚Textsorte‘ zu definieren und relevante Konstituenten herauszuarbeiten, ⫺ (...) das Funktionieren einzelner Textsorten unter unterschiedlichen Konditionen zu beschreiben, ⫺ die regelhaften (?) Beziehungen zwischen einzelnen Textsorten zu erfassen und auf dieser Grundlage Typologien von Textsorten aufzustellen, ⫺ didaktische Empfehlungen für das Umgehen mit praxisrelevanten Textsorten sowie für die sukzessive systematische Erweiterung und Vertiefung des Textsortenwissens unterschiedlicher Rezipientengruppen zu entwickeln.“

2. Umgrenzung des Textsortenbegriffs Ohne einen Anspruch auf eine stringente Definition des Textsortenbegriffs zu erheben, seien zur Umgrenzung thesenhaft einige relevante Charakterisierungen angeführt:

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

Funktionalität soziale Instituionalität

Situativität

Intentionalität Akzeptabilität

primär extratextuelle Merkmale Informativität

Ganzheitlichkeit relative Abgeschlossenheit Kohäsion

Kohärenz

Intertextualität

primär intratextuelle Merkmale Strukturiertheit primär intertextuelle Merkmale

Abb. 74.1: (zitiert nach Krause 2000, 54)

⫺ Textsorten haben ihre natürlichen Wurzeln im Alltagswissen der Angehörigen einer Sprachgemeinschaft. Sie sind konventioneller Natur. ⫺ Mit dem Textsortenbegriff werden typische Textvorkommen auf einem relativ niedrigen Abstraktionsniveau erfasst. ⫺ Textsorten lassen sich auf der Grundlage von Merkmalen kennzeichnen, die sich auf mehreren (unterschiedlichen) Ebenen befinden und die aus extratextuellen, intratextuellen und intertextuellen Gegebenheiten gewonnen werden, zwischen denen vielfältige Beziehungen bestehen (hierarchische, inkludierende, interdependente Beziehungen). ⫺ Die Produktion und Rezeption von Textsortenexemplaren orientiert sich an prototypischen Mustern, die die Angehörigen einer Sprachgemeinschaft als kulturell geprägte kognitive Vorbilder verinnerlicht haben.

3. Terminologisches Als grundlegende, die Qualität von Textsorten auszeichnende Merkmale nennt Krause (2000, 14) gesellschaftshistorische Herausbildung und Tradierung sowie empirische Plausibilität. Er weist gleichzeitig darauf hin, dass „die Textsortenforschung (...) mit

74. Textsorten

1003

mindestens zwei Hauptproblemen zu tun hat: zum einen existieren für etwa vergleichbare texttypologische Qualitäten die wir mit dem Begriff Textsorte verbinden, ganz unterschiedliche terminologische Prägungen, zum anderen wird der Begriff Textsorte selbst ganz unterschiedlich weit gehandhabt“ (ebenda). Das Problem der unterschiedlichen terminologischen Prägung vergleichbarer Textqualitäten verstärkt sich mit Blick auf die slavischen Sprachen dadurch, dass es keine befriedigende Übersetzung für den im deutschsprachigen Raum eingeführten Terminus Textsorte gibt (vgl. schon Rizel’ 1975, 13). Ihm kommen die terminologisch gebrauchten russischsprachigen Bezeichnungen rečevye žanry bzw. žanry reči am nächsten bzw. solche Bezeichnungen, wie žanry publicistiki, žanry official’no-delovoj reči, razgovornye žanry, auch žanrovye raznovidnosti, die alle auf funktionalstilistischen Differenzierungen weisen. In anderen slavischen Sprachen lassen sich ⫺ bis auf einzelne Autoren (z. B. Wierzbicka 1983, die genry mowy gebraucht) ⫺ keine begrifflichen Präferenzen für einen begründeten terminologischen Vergleich erkennen. Die Prägungen rečevye žanry, žanry reči bzw. die funktionalstilistisch begründeten Spielarten lehnen sich zum einen an die typologische Tradition der Unterscheidung in Gattungen und Genres in der Literaturwissenschaft an (s. dazu auch Gajda 1986, 22). Zum anderen haben sie auch einen Bezug zu den rhetorischen Genres, wie sie seit der Antike bekannt sind (Sirotinina 1999, 26⫺31). Die Terminologisierungen rečevye žanry, žanry reči gehen allerdings zuvörderst auf Arbeiten von M. M. Baxtin zurück, die zwischen 1940 und 1960 entstanden sind und erst später publiziert wurden (s. insbes. seinen Aufsatz Problema rečevyx žanrov, 1996, 159⫺206). Die (Wieder-)Entdeckung der Baxtinschen Ideen zur Textsortenproblematik findet seit den 80-er Jahren des 20. Jh. ihren Niederschlag in einer eigenen Forschungsrichtung, die sich žanrovedenie nennt und für die Dönninghaus den Terminus Genreforschung vorschlägt (Denningxaus 2002, 104). Als Zentren der Genreforschung können Saratov, Perm, Volgograd, Krasnodar, Novgorod, Moskau, Omsk, Ekaterinburg genannt werden (s. Dement’ev 1997, 1999a), die sich auch anderen slavischen Linguisten wie auch Linguisten außerslavischer Herkunft öffnen (s. auch die Publikationen in der Reihe Stylistyka, seit 1990 herausgegeben von St. Gaida an der Universität Opole). Darüber hinaus sei auch erwähnt, dass sich die Untersuchungen in der Genreforschung nicht nur auf russische, sondern auch auf Textexemplare anderer Sprachen beziehen. Ein eingehender Vergleich der Textsortenforschung, wie sie im außerslavischen Bereich betrieben wird, und der Genreforschung im slavischen Bereich steht noch aus, so dass im Folgenden die Begriffe Textsorte und Redegenre parallel gebraucht werden.

4. Funktionalstilistische Genres Die texttypologischen Bestrebungen innerhalb der Funktionalstilistik setzen in der Regel ⫺ ähnlich wie die ressourcenorientierten Untersuchungen in der Stilistik ⫺ daran an, dass Texte in bestimmten sozio-kommunikativen Sphären funktionieren. Daraus wird u. a. geschlossen, dass sie kommunikativ-pragmatische Typen von Texten mit gemeinsamen sozialen Aufgaben darstellen (Gvenadze 1982, 86, ähnlich Kožin/Krylova/ Odincov 1982; für einen Überblick s. Trošina 1984, 33⫺56 und Salimovskij 1999). Die

1004

XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

auf diesem Ansatz fußenden Vorschläge zur Ordnung von Textvorkommen operieren zumeist mit deduktiven Ableitungen, die die Aufgliederung der Textvorkommen erklären sollen. Z. B. konstatiert Gvenadze (1982, 86⫺95) hierarchisch geordnete top-downOrdnungen von Texttypen (tipy teksta), Textsorten (žanry teksta) und Textarten (vidy teksta) in folgender Weise: unterschiedliche Texttypen (wissenschaftliche Texte, Zeitungstexte, Texte des öffentlichen Verkehrs) ergeben sich aus den unterschiedlichen sozialen Kommunikationssphären, Textsorten (informierende, appellierende, kreative u. a.) fußen auf der dominierenden Kommunikationsabsicht, Textarten (z. B. Leitartikel, Reportagen, Patente) entstehen auf Grund ihrer kommunikativen Textfunktion. (Ähnlich verfährt im übrigen im translatorischen Kontext auch Reiß 1975; s. auch die hierarchische Einteilung in Textklassen, Texttypen, Textarten und Textsorten und ihre Begründung z. B. bei Schmidt 1981 und Kessler 1985, 50⫺60). Kožin/Krylova/Odincov (1982) benutzen als Differenzierungskriterium keine extratextuellen Gegebenheiten, sondern dominierende Textstrukturen, von denen sie zwei sehen: rational-logische und emotional-rhetorische Strukturen. Entsprechend seien z. B. dominant rational-logische Strukturen im Stil des öffentlichen Verkehrs im Protokoll, in der gerichtlichen Verfügung, im Erlass zu finden, dominant emotional-rhetorische Strukturen desselben Funktionalstils im Geschäftsbrief, im Vortrag. Einen anderen Weg geht Matveeva (1990), die zunächst versucht, Typen von Textkategorien zu begründen (Themenkette des Textes, Kette des Gedankenganges, Tonalität des Textes, Wertung des Textes, Temporalität des Textes [Textzeit], Lokalität des Textes [Textraum], Komposition des Textes), die sie anschließend anhand von ausgewählten Genres des wissenschaftlichen, des publizistischen Stils, des Stils des öffentlichen Verkehrs, der Alltagsrede sowie des künstlerischen Stils exemplifiziert. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass aufgrund einer textlinguistischen Theorieführung differenziertere Zuordnungen sprachlicher Indikationen zu textsortenprägenden Merkmalen möglich sind. Dass der funktionalstilistische Ansatz auch vielfältig bei praktischen Handreichungen Verwendung findet, belegt die große Anzahl von Lehrbüchern zur Verbesserung der Sprachkultur, die auf dem Hintergrund der einzelnen Funktionalstile in dieser oder jenen Art und Weise auf typische Textformen (Textsorten) Bezug nehmen und sie charakterisieren (s. als Beispiel Graudina/Širjaev 2000). Diese Herangehensweise ist in der Ausbildung von Journalisten schon von jeher fester Bestandteil (s. von den früheren Arbeiten Rozental’ 1981; von den späteren Arbeiten Strel’cov 1990; Tertyčnyj 2002; Smirnov 2002), sie findet aber auch in Handreichungen zu anderen Funktionalstilen Verwendung (z. B. Panfilova 1999).

5. Redegenres Baxtins Gedanken zu den Redegenres (1996) sind zu einem großen Teil durch seine Auseinandersetzung mit der Unterscheidung de Saussures von Sprache (langue, Sprachsystem) und Rede (parole, Sprachverwendung) motiviert. Dabei war ihm offensichtlich weniger daran gelegen, Kritik daran zu üben, wie de Saussures das Sprachsystem kennzeichnet. Mehr hat ihn wohl bewegt, dass bei jenem die Systemhaftigkeit der Rede, der Sprachverwendung untercharakterisiert geblieben ist (s. Alpatov 2001, 2002).

74. Textsorten

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Somit wird erklärlich, warum Baxtin eine Kategorie sucht, die als Grundeinheit der Rede, der Sprachverwendung angenommen werden kann. Für ihn ist dies die Äußerung (vyskazyvanie), die immer in ein bestimmtes Redegenre (rečevoj žanr) gekleidet ist, welches seinerseits als typische Form der Äußerung, als thematische, kompositorische und stilistische Einheit existiert (s. dazu Kožina 1999a, 22⫺26). Nach Bachtin sind Redegenres relativ stabile Typen von Äußerungen, die mannigfaltiger Gestalt sein können: einfache Repliken in einem Alltagsgespräch, das Alltagsgespräch selbst, Briefe in verschiedenen Formen, kurze, standardisierte militärische Kommandos, das bunte Repertoire von offiziellen Dokumenten, die vielgestaltige Welt der publizistischen Wortmeldungen sowie alle literarischen Genres (Bachtin 1996, 159 f.). Abgrenzungskriterien werden von ihm nicht ausgeführt, als Parameter benutzt er die Unterscheidung in primäre (einfache, alltägliche) und sekundäre (komplexe) Redegenres bzw. in standardisierte und freie Genres. Redegenres sind seiner Meinung nach dem Menschen in seinem Sprachgebrauch gegeben. Folglich haben sie ihre Wurzeln im Wissen der Sprachbenutzer, sie sind keine Konstrukte linguistischer Theoriebildung. Die skizzierten Positionen können in vielem als Vorwegnahme von Grundsätzen der Textsortenlinguistik angesehen werden. Sie schlagen sich vor allem in polnischen und russischen Publikationen nieder, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.

5.1. Polnische Publikationen Am Beginn der polnischen Genreforschung steht wohl Stefania Skwarczyńska (1932, 1937), die Arbeiten zur Theorie des Gesprächs und des Briefes publiziert hatte. Danach erfasste die polnische Genreforschung vor allem die literarischen Genres, was es ermöglichte, dass am Ende des 20. Jh. ein spezielles Wörterbuch dieser Genres erscheinen konnte (Bernacki/Pawlus 1999). Ein echtes Interesse an der Ergründung der Redegenres entstand in Polen allerdings erst nach der Publikation von „Genry mowy“ durch Anna Wierzbicka (1983, eine Übersetzung ins Russische findet sich in Gol’din 1997, 99⫺111), die den grundlegenden begrifflich-terminologischen Apparat der Bachtinschen Therorie in die polnische Linguistik eingeführt und eine erste Beschreibung von fast 40 Redegenres (z. B. Vortrag, Anzeige, Toast, Glückwunsch, Kondolenz, Beschwerde) auf polnischer Grundlage geleistet hat. Neu an dieser Arbeit war auch, dass die Redegenres nicht mit Hilfe klassischer Definitionen, sondern mit der von Wierzbicka begründeten „mentalen Sprache“ (lingua mentalis) bestimmt wurden. Danach erschienen, allerdings auch auf anderem theoretisch-methodischen Hintergrund, weitere Arbeiten, die die Redegenres als linguistisches Problem betreffen (Dobrzyńska 1992; Duszak 1998; Gajda 1991, 2001; Ostaszewska 2000; Witosz 1994), und Arbeiten, die einzelne Redegenres untersuchen (z. B. Resümee, Nachruf, Feuilleton, Genres der Folklore; s. Bartmiński 1981, 1992; Chlebda 1993a; Stasiński 1982). Letztere tragen den Charakter komplexer Beschreibungen, in denen die Komposition (Struktur) der Redgenres, ihre stilistischen Besonderheiten wie auch die pragmatische Charakterisierung der Sprecher berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind spezielle Arbeiten zu nennen, in denen die Bachtinsche Theorie der Redegenres zum einen für die vergleichende Untersuchung von Sprachen unter dem translatorischem Gesichtspunkt ge-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

nutzt wird (Lewicki 2000) und zum anderen für die Klassifizierung der Ressourcen der sog. pragmatischen Phraseologie. Darin wird die Annahme formuliert, dass es möglich ist, Erklärungs- und Übersetzungswörterbücher zur Phraseologie einzelner Redgenres zu schaffen (Chlebda 1993a, 1993b, 1996). Von den jüngeren Arbeiten sei die soziolinguistische Monographie von Zaśko-Zielińska (2002) genannt, in der die Redegenres durch das Prisma des Bewusstseins der Sprachträger untersucht wird.

5.2. Russische Publikationen In der russistisch dominierten Genreforschung werden die Baxtinschen Ideen in unterschiedlicher Weise zum Ausgangspunkt genommen, um Theorieansätze zu formulieren und entsprechende empirische Felder systematisch zu untersuchen. Einen Eindruck über die Vielfalt, aber auch die Heterogenität von Untersuchungen geben drei von Gol’din herausgegebenen Sammelbände Žanry reči (1997, 1999, 2002). Gestützt auf diese und einige andere Quellen sei hier auszugsweise auf Aspekte der Klassifikation von Redegenres sowie der Genrekompetenz eingegangen.

5.2.1. Klassifikation von Redegenres Um Redegenres typologisch zu ordnen, geht man in der russistischen Genreforschung unterschiedlich vor. Ausgangspunkt ist z. B. eine Liste von konstituierenden Merkmalen (Šmeleva 1992, 1997a) und/oder die Klassifikation von Sprechakten (Sprachhandlungen), die im Einzelnen als illokutive Dominanten das entsprechende Redegenre charakterisieren (Arutjunova 1992, 53⫺55). Bei Šmeleva haben die Merkmale Kommunikationsziel, Konzeption des Autors, Konzeption des Adressaten, Ereignisinhalt, Faktor der kommunikativen Vergangenheit, Faktor der kommunikativen Zukunft, sprachliche Realisierung genreprägenden Charakter, wobei als wichtigstes Merkmal das Kommunikationsziel angesehen wird. Letzteres gibt die Typisierung in vier Klassen vor: informative, imperative, wertende Redegenres und Redgenres, die der Etikette dienen (ėtiketnye žanry). Bei Arutjunova sind es fünf Klassen von Redegenres, die sich nach dem illokutiven Kriterium ergeben: der informative Dialog, der präskriptive Dialog, der Meinungsaustausch, um eine Lösung herbeizuführen bzw. die Wahrheit herauszufinden, der Dialog, der dazu dient, interpersonale Beziehungen herzustellen bzw. aufrecht zu erhalten, inhaltsleere (prazdnorečevye) Genres. Ausgangspunkt von klassifikatorischen Strebungen ist aber auch die Distinktion in informative und phatische Redegenres. Erstere beziehen sich auf typische Textformen im sog. Buchstil (knižnyj stil’ reči), letztere im Stil der Alltagsrede (razgovornyj stil’ reči). Besondere Beachtung findet in der Genreforschung die letztgenannte Gruppe. Hier sei nur auf Dement’ev (1999) hingewiesen, der die phatischen Redegenres dadurch in ein System bringt, dass er die von Balajan (1971) eingeführte Skalierung möglicher Beziehungen zwischen Personen von Dissonanz über Wahrung des Grades an Nähe bis zum Unisono mit einer Skalierung von Direktheit bis hin zur Indirektheit kombiniert.

74. Textsorten

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Abb. 74.2: (zitiert nach Dement’ev 1999, 41)

Auf diese Art und Weise kommt er zu fünf Typen (ebd., 41⫺43): 1. inhaltsleere Redegenres (small talk): die Beziehungen verbessern und verschlechtern sich nicht, hinsichtlich des Grades der Direktheit/Indirektheit befinden sich diese Genres auf der Hälfte der Skala (Punkt O); 2. Redegenres, die in direkter Form die Beziehungen verschlechtern (Beschuldigungen, Beleidigungen, Konfrontationen, Streits) ⫺ Bereich OA; 3. Redegenres, die in direkter Form die Beziehungen verbessern (gutwillige Gespräche unter vier Augen, Bekenntnisse, Komplimente, Beichten) ⫺ Bereich OB; 4. Redegenres; die in verdeckter Form die Beziehungen verschlechtern (Ironie, Spott, Stichelei) ⫺ Bereich OC; 5. Redegenres, die in verdeckter Form die Beziehungen verbessern (Scherze, Flirts) ⫺ Bereich OD. Andere Klassifikationen (z. B. in primäre und sekundäre Genres, in standardisierte und freie Genres nach Bachtin) harren noch ihrer eingehenden Untersuchung.

5.2.2. Genrekompetenz Die Fähigkeit, Redegenres zu produzieren und zu rezipieren, wird unter verschiedenen Gesichtswinkeln betrachtet. Baranov (1997, 1999), integriert die Genrezuweisung und -ausfüllung in ein dynamisches Modell der Textbildung (Baranov 1993). Demnach nimmt das entsprechende Modell des Redegenres in der Ausformung eines Textes von der Idee bis hin zu seiner wahrnehmbaren Realisierung in der Hierarchie Textotyp ⫺ Subtyp ⫺ Genremodell ⫺Kogniotyp ⫺ Text eine relativ niedrige Hierarchiestufe ein, es wirkt mit dem Subtyp, der die allgemeine Intentionalität eines Textes spezifiziert, und dem Kogniotyp zusammen. Der Kogniotyp seinerseits wird dabei als Frame ver-

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

standen, in dem die „invarianten linguistisch-mentalen Charakteristika des Textmassivs eines bestimmten Gegenstandsbereichs“, also die propositionale (gegenständliche) Seite widergespiegelt wird (Baranov 1997, 8 ⫺ Übersetzung durch mich R.-R. L.). Sedov (1999, 2002) entwickelt seine Gedanken im Unterschied zum funktionalpragmatischen Ansatz Baranovs auf dem Hintergrund der Theorie der Sprachpersönlichkeit (teorija jazykovoj ličnosti) und der Spracherwerbspsychologie als eine Fähigkeit, die sich in der Ontogenese herausbildet und im Laufe des Lebens auch differenziert. Hierbei rufen insbesondere die phatischen Redegenres besonderes Interesse Sedovs hervor (Zank, Kompliment, Schwatz), weil in ihnen eher als in den informativen Redegenres das diskursive Denken zum Ausdruck kommt. Genrekompetenz wird auch als heuristisches Mittel genutzt, um in in Kollokationsund Assoziationstests Bezeichnungen von Kommunikationsereignissen bzw. Redereignissen unterschiedlicher Komplexität und mit ihnen korrelierende Redegenres festzustellen und zu ordnen (Gol’din 1997b; Gol’din/Dubrovskaja 2002). Schließlich wird Genrekompetenz als Bestandteil der komplexen Fähigkeit, Texte zu produzieren und zu rezipieren, auch immer mehr unter didaktischem Gesichtspunkt thematisiert (zur Entwicklung der Schreibfähigkeit s. Meščerjakov 2001).

6. Ausblick Die Textsortenlinguistik und die Genreforschung befinden sich offensichtlich im Moment noch in einer Klärungsphase, in der sowohl ihr theoretisch-methodologisches Instrumentarium als auch ihre Einbettung in linguistische sowie angrenzende psychologische und soziologische Theoriekontexte zur Debatte stehen. Während im außerslavischen Sprachraum die Behandlung von Textsorten als Teilproblem der Textlinguistik und die Behandlung von Gesprächssorten als Teilproblem der Gesprächslinguistik inzwischen grundsätzlich anerkannt ist und dort ihren festen Platz hat, scheint der Ort, den die Redegenres in der slavistischen Linguistik einnehmen, noch nicht klar bestimmt. Ob es eine besondere Disziplin sein wird, in die die Genreforschung künftig eingeht, die sich Redeforschung (rečevedenie) nennt (Šmeleva 1997b), oder die tradierten Forschungsparadigmen, ist im Moment noch nicht abzusehen. Dabei muss im Auge behalten werden, dass sich mit dem Aufkommen neuer Text- und Kommunikationsformen durch das Internet (Hypertexte, Hypermedien, E-Mails, Foren, Chat, bild- und tonbasierter Austausch in synchronen Konferenzen) und den Mobilfunk (SMS, MMS) neue Forschungsfelder ergeben. Erste empirische Untersuchungen (Lamprecht 2000) führen zur Annahme, dass nicht jede neue Kommunikationsform auch eine neue Textsorte generiert (s. E-Mail), dass aber eingehend geprüft werden muss, welche Analysemethoden und -kategorien für die Beschreibung der neuen Formen, Strukturen und Organisationsformen im neuen Medium adaptiert werden können (s. Storrer 2003).

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74. Textsorten

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XII. Textlinguistik der slavischen Sprachen

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Rolf-Rainer Lamprecht, Potsdam (Deutschland)

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen 75. Lokaldeixis 1. 2. 3. 4. 5.

Das Verhältnis der Lokaldeixis zu anderen Verweistypen Verschiebungen der origo Die Strukturierung des Raumes Lokaldeiktische Ausdrucksmittel in den slavischen Sprachen Literatur (in Auswahl)

Abstract With spatial deictics such as adverbs of space, demonstrative pronouns and presentatives, the speaker localises an object in space using the actual discourse situation as a reference system. Spatial deixis has to be distinguished from other types of deixis on the one hand and from endophoric reference on the other. The case of narrative texts, however, is more complex since in this register spatial deictics are interpreted endophorically by the reader or hearer, whereas functioning as deictic expressions proper from the perspective of the characters of the narration. The deictic centre is an entity called the observer. In most cases the observer and the speaker coincide. A situation where the two do not coincide and only the observer but not the speaker is the deictic centre is traditionally called a “deictic shift”. The basic opposition in structuring the space is “speaker’s space” vs. “space complementary to the speaker’s space” (in traditional terms: “proximity vs. distance”). This binary opposition can be extended by one or even two elements. Deictic systems in Slavic languages have two or three members.

1. Das Verhältnis der Lokaldeixis zu anderen Verweistypen Lokaldeiktische Ausdrücke verweisen auf die räumliche Position eines Referenten, wobei der Hörer zur Lokalisierung oder Identifizierung des Referenten die Sprechsituation zu Hilfe nehmen muss. Der Begriff der Deixis wird hier strikt auf den Verweis auf die außersprachliche Wirklichkeit, also auf den exophorischen Verweis beschränkt (so auch Berger 1991, 11; 1993, 226; 1993a, 83; Berger/Weiss 1987, 159 u. a., anders z. B. Mathesius 1926, der von Innen- und Außendeixis spricht, oder Ehlich 1983, der die Grenze zwischen Deixis und Anapher funktional bestimmt). Die (Lokal-)deixis hat Berührungspunkte mit anderen Verweistypen. Dies sind insbesondere die Diskurs- oder Textdeixis, der nicht-deiktische exophorische Verweis und der Textverweis.

1012

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

1.1. Diskurs- oder Textdeixis Neben den Grunddimensionen der Deixis, also der Zeit-, Raum-, und Personendeixis, wird häufig noch eine Text- oder Diskursdeixis unterschieden. Damit ist in der Regel der Bezug eines sprachlichen Ausdrucks auf Segmente im ihn umgebenden Text gemeint. Teilweise wird die Diskurs- oder Textdeixis als mehr oder weniger selbständige deiktische Dimension beschrieben (Fillmore 1975, 70⫺72, Lyons, 1977 II, 667 f.), teilweise als ein möglicher Verwendungstyp von lokalen oder temporalen deiktischen Ausdrücken (Rauh 1983, 42; 48 f.). Grenoble (1998, 15) interpretiert einen Text als metaphorisierten Raum bzw. als metaphorisierte Zeit und klassifiziert die entsprechende Verwendung deiktischer Ausdrücke als metaphorisch. Allerdings dehnt sie im weiteren den Begriff der Diskursdeixis praktisch auf die gesamte Organisation des Diskurses aus. Somit haben bei ihr alle diskursorganisierenden Elemente, z. B. die russ. Partikeln da, tak, nu, -to (op. cit., 16⫺19) diskursdeiktische Funktion. Berger (1993a, 83) und Berger/Weiss (1987, 15) hingegen verzichten ausdrücklich auf einen solchen Begriff, entsprechende sprachliche Ausdrücke werden zum Textverweis gerechnet. Berger (1993, 242) lässt den Begriff Textdeixis dann zu, „wenn ein deiktischer Ausdruck sich auf eine räumliche Vorstellung bezieht, die der Hörer nur dann interpretieren kann, wenn ihm der gedruckte Text vorliegt, und für die nicht ⫺ wie im Falle der Anapher ⫺ der Kontext allein ausreicht.“

1.2. Nicht-deiktischer exophorischer Verweis Nicht jeder exophorische Verweis ist auch deiktisch. Dies betrifft v. a. mit Demonstrativpronomina versehene Nominalgruppen. Hier kann es im Einzelfall schwierig sein, die Grenze zwischen deiktischem und nicht-deiktischem Verweis zu ziehen. Das gilt besonders für Nominalgruppen, die auf einen Referenten verweisen, der in der Situation anwesend ist, und die nur unter Zuhilfenahme der aktuellen Sprechsituation korrekt interpretiert werden können, ohne dass jedoch mit einer Geste auf den Referenten hingewiesen wird. Diese sog. situationsgebundenen Kennzeichnungen werden häufig als nicht-deiktisch angesehen (Topolińska 1981, 34⫺37; Berger 1993, 296 f.; Mendoza 2005, 8), zuweilen aber auch zur Deixis gerechnet (Breu 2004, 18). Weniger problematisch sind die sog. erinnernden Kennzeichnungen. Sie verweisen auf einen Referenten, der in der Gesprächssituation nicht anwesend ist, aber unter Rückgriff auf eine gemeinsame Erfahrung oder eine frühere Unterhaltung eindeutig identifiziert werden kann. Dadurch, dass sie eine vorherige Interaktion der Gesprächsteilnehmer voraussetzen, weisen erinnernde Kennzeichnungen eine Affinität zur Anapher auf (Berger 1993, 296).

1.3. Textverweis Nur scheinbare Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen bei der Klassifizierung von deiktischen Ausdrücken in narrativen Texten, die der Textrezipient unter Rückgriff auf den vorhergehenden Text, also anaphorisch interpretieren muss, die aus der Sicht der

75. Lokaldeixis

1013

handelnden Personen (oder des Beobachters, s. 2.1) jedoch deiktisch sind. Dieses Phänomen lässt sich relativ unkompliziert mit dem Begriff der sekundären Deixis beschreiben (s. 2.2). Es gibt aber auch Fälle, in denen nicht entschieden werden kann, ob ein anaphorischer oder ein deiktischer (bzw. sekundärdeiktischer) Verweis vorliegt bzw. bei denen der Ausdruck gleichzeitig (sekundär)deiktisch und anaphorisch ist (Lyons 1977 II, 676; Berger 1992, 28). Vgl. russ. zdes’ ‚hier‘ in (1): (1)

⫺ Bezuslovno, ja xoču stat’ v Moskve, ⫺ vnušitel’no skazal Šarok, ⫺ zdes’ moi otec i mat’, ljudi požilye, bol’nye, a ja, po suščestvu, edinstvennyj syn. „Ich will unbedingt in Moskau bleiben“, sagte Šarok nachdrücklich. „Hier sind mein Vater und meine Mutter, ältere, kranke Leute, und ich bin im Grunde genommen der einzige Sohn.“ (A. Rybakov, Deti Arbata; aus Berger a. a. O.)

2. Verschiebungen der origo Bei manchen unzweifelhaft deiktisch verwendeten Ausdrücken ist nicht der Sprecher das deiktische Zentrum, sondern eine andere Instanz. Dieses Phänomen bzw. Einzelaspekte davon werden in der einschlägigen Literatur unterschiedlich bezeichnet: als Verschiebung des „point of view“ (Fillmore 1982, 38 f.), als „deictic projection“ (Lyons 1977 II, 578 f.) oder „deictic shift“ (Grenoble 1998, 29⫺32). Hierher gehören auch die „deictics by default“ (Fillmore 1982, 37) bzw. die Ausdrücke mit „hidden spatial deixis“ (Grenoble 1998, 30; 46; dort auch: „secondary deixis“), also Verwendungen von räumlichen Ausdrücken, bei denen das fragliche Element nur unter Rückgriff auf die aktuelle Kommunikationssituation richtig interpretiert werden kann.

2.1. Der Beobachter Die deiktische Verschiebung im Bereich der Lokaldeixis kann man am besten mit Apresjans Konzept des Beobachters beschreiben, demzufolge als Bezugspunkt für lokaldeiktische Ausdrücke generell der Standort eines Beobachters angenommen wird. Wenn Sprecher und Beobachter zusammenfallen, dann ist automatisch der Sprecher der Bezugspunkt für die Interpretation lokaldeiktischer Ausdrücke. Wenn sie nicht zusammenfallen, dann gilt eben der Standort des Beobachters als Bezugspunkt und nicht der des Sprechers. Dadurch entsteht der Eindruck einer Verschiebung des deiktischen Zentrums. Der Beobachter spielt auch bei der Unterscheidung der deiktischen und nicht-deiktischen Verwendung der „deictics by default“ (s. oben) eine zentrale Rolle. Beim nichtdeiktischen Gebrauch wird ein Objekt relativ zu einem anderen beschrieben, bei der deiktischen Verwendung kommt noch der Bezug zum Beobachterstandpunkt hinzu. So kann die russ. Präposition pered ‚vor‘ in (2) deiktisch oder nicht-deiktisch interpretiert werden:

1014 (2)

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen Pered mašinoj stojala devuška. ‚Vor dem Auto stand ein Mädchen‘.

Bei der nicht-deiktischen Lesung steht das Mädchen am vorderen Teil des Autos, bei der deiktischen zwischen Beobachter (nicht Sprecher!) und Auto (Apresjan 1986, 12). Der Bezug auf den Beobachterstandpunkt ist in der Semantik des fraglichen Lexems verankert und muss somit auch in seine lexikographische Beschreibung aufgenommen werden. Ein etwas anderer Fall von Deixis liegt dann vor, wenn in der Bedeutung des Lexems festgeschrieben ist, dass Sprecher und beobachtetes Objekt nicht zusammenfallen dürfen. Dazu gehören Adverbien wie russ. vdaleke, vdali ‚in der Ferne‘ oder Verben wie russ. pokazyvat’sja ‚erscheinen‘, isčezat’ iz vidu ‚aus dem Blickfeld verschwinden‘. Diese Wörter bzw. Wortverbindungen können in Kontexten, die die Identität von Sprecher und beobachtetem Objekt voraussetzen, nicht verwendet werden (vgl. *Ja pokazalsja na poroge ‚???Ich erschien auf der Türschwelle‘, Apresjan 1986, 24).

2.2. Primäre und sekundäre Deixis Wichtig für die Interpretation von deiktischen Ausdrücken ist neben den bereits erwähnten Faktoren auch der Texttyp. Man kann mindestens zwei Typen unterscheiden, nämlich das Diskursregister und das narrative Register. Dem Diskursregister werden die kanonischen Kommunikationssituationen zugeordnet, d. h. Situationen, bei denen sich die Gesprächspartner am gleichen Ort befinden und einander sehen und hören können. Wenn der Text hingegen von der Produktionssituation losgelöst ist, handelt es sich um einen Text im narrativen Register (Padučeva 1990, 1993). Den beiden Registern entsprechen unterschiedliche Arten von Deixis. Beim Diskursregister werden die deiktischen Ausdrücke im Hinblick auf die aktuelle Kommunikationssituation interpretiert. Diesen Deixistyp bezeichnet Apresjan (1986, 9) als primäre Deixis. Deiktische Ausdrücke des narrativen Registers hingegen werden vom Textrezipienten anaphorisch gelesen und sind nur im Hinblick auf einen im Text vorausgesetzten Beobachter ⫺ der mit einer der handelnden Personen zusammenfallen kann ⫺ deiktisch. Dann liegt nach Apresjan (a. a. O.) sekundäre Deixis (nicht zu verwechseln mit der „secondary deixis“ bei Grenoble, s. oben!) vor. Die Einordnung eines Diskurses zu einem der beiden Register ist nicht immer ganz einfach. Grenzfälle sind z. B. Telephongespräche, bei denen die Gesprächssteilnehmer ja räumlich getrennt sind und sich ⫺ abgesehen von Videokonferenzen ⫺ nicht sehen können (zu Abgrenzungsmöglichkeiten s. Padučeva 1990, 40).

3. Die Strukturierung des Raumes Die grundlegende Opposition der Lokaldeixis ist die Opposition „nah vs. fern“. Dabei ist nicht die tatsächliche Entfernung des Objektes zum Sprecher bzw. Beobachter entscheidend, sondern seine Zugehörigkeit bzw. fehlende Zugehörigkeit zum sog. Sprecherraum. Der Sprecherraum ist der Raum, den der Sprecher als zu ihm gehörig wahr-

75. Lokaldeixis

1015

nimmt oder als solchen definiert (Apresjan 1986, 15 f.). Die Opposition „nah vs. fern“ lässt sich folglich als „Sprecherraum vs. Komplementärraum zum Sprecherraum“ beschreiben. Der Sprecherraum wird auch durch die Körperposition bzw. Blickrichtung des Sprechers/Beobachters bestimmt. Ein Objekt, das im Blickfeld des Sprechers/Beobachters ist, gehört eher zum Sprecherraum als eines, das sich außerhalb seines Blickfeldes befindet. Dies erklärt Beispiele wie (3), in dem das ferndeiktische Pronomen tamten verwendet wird, obwohl der Satz davor explizit darauf hinweist, dass sich das Geschehen unweit des Betrachters abspielt: (3)

(poln.)

Niedaleko nas skakała w dal Dorota. Było słychać tupot jej nóg i piskliwe okrzyki. Nie patrzałem w tamtą stronę. ‚Nicht weit von uns weg übte Dorota Weitsprung. Man hörte nur das Trampeln ihrer Füße und spitze Schreie. Ich schaute nicht in jene Richtung.‘ (S. Dygat, Disneyland)

Die binäre Basisopposition kann durch zusätzliche Elemente zu einer drei- oder auch vierstelligen Opposition erweitert werden.

4. Lokaldeiktische Ausdrücke in den slavischen Sprachen Träger der Lokaldeixis in den slavischen Sprachen sind v. a. deiktische Lokaladverbien und Demonstrativpronomina, die ost- und südslavischen Sprachen sowie das Polnische verfügen auch noch über Präsentativa (Topolińska 1981, 45). Darüber hinaus können Präpositionen, Adjektive, Adverbien und Substantive mit lokaler Bedeutung, Bewegungs- und andere Verben lokaldeiktische Elemente enthalten, wenn sie (bei deiktischer Verwendung) im Hinblick auf den Beobachter interpretiert werden müssen (s. 2.1; Apresjan 1986, 19⫺25). Ungewöhnlich ist das Makedonische, dessen postponierter Artikel nach der Darstellung in den gängigen Grammatiken (z. B. Koneski 1982, 228 f.) mit lokaldeiktischer Information versehen werden kann. Neben dem „neutralen“ Artikel -ot (čovekot ‚der Mann‘) gibt es noch eine nahdeiktische (čovekov ‚der Mann hier‘) und eine ferndeiktische (čovekon ‚der Mann dort‘) Variante (zu einer alternativen Beschreibung von -ov und -on als enklitische Demonstrativa s. Topolińska 1981, 45; 1995, 35). Die hauptsächlichen lokaldeiktischen Ausdrücke der modernen slavischen Sprachen, also die deiktischen Lokaladverbien, die Demonstrativpronomina und die Präsentativa, werden von den Wurzeln s-, ov-, on- oder t- gebildet (Topolińska 1981, 39). Die entsprechenden deiktischen Systeme bzw. Subsysteme sind zwei- oder, seltener, dreigliedrig. In der einschlägigen Literatur werden die einzelnen Sprachen diesbezüglich unterschiedlich klassifiziert. Die Zuordnung einer Sprache bzw. eines Subsystems zu einem der beiden Systeme hängt u. a. davon ab, ob man eher von den sprachlichen Ausdrücken, also der Anzahl der Reihen ausgeht oder von den zum Ausdruck gebrachten Oppositionen (vgl. etwa Topolińska 1981, 37⫺46 mit Kržižkova [Křížková] 1972). Außerdem kann eine streng synchrone Analyse dadurch erschwert werden, dass Systeme aus unterschiedlichen Entwicklungsstufen einander überlagern, z. B. im Tschechischen (Berger 1993, 510; 1994, 32) oder Serbischen/Kroatischen/Bosnischen (s. unten).

1016

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen Im folgenden sollen exemplarisch die Besonderheiten der deiktischen Systeme des Russischen, Polnischen, Tschechischen und Serbischen/Kroatischen/Bosnischen vorgestellt werden.

4.1. Russisch Das Russische verfügt über die Demonstrativpronomina ėtot ‚dieser‘ und tot ‚jener‘. Letzteres wird allerdings nur in direktem Kontrast mit ėtot oder in Verbindung mit dem ferndeiktischen Präsentativum von ‚dort‘ deiktisch verwendet (Berger 1991). Für das nahdeiktische ėtot ist die Verwendung des nahdeiktischen Präsentativums vot ‚hier‘ hingegen fakultativ. Außerdem weist das Russische drei stative Lokaladverbien auf: tut, zdes’ und tam. Letzteres ist ferndeiktisch, tut und zdes’ sind nahdeiktisch. Der Unterschied zwischen ihnen liegt nach Berger (1992) darin, dass zdes’ den Sprecherraum bezeichnet, tut hingegen die ganze Situation, also Raum, Zeit und Kommunikationsteilnehmer als origo festlegt. Die Opposition bei den Richtungsadverbien ist ebenfalls binär (sjuda ‚hierher‘: tuda ‚dorthin‘).

4.2. Polnisch Von den drei Demonstrativa des Polnischen können nur ten und tamten deiktisch verwendet werden, ów wird fast ausschließlich anaphorisch gebraucht (Pisarkowa 1969, 50; Topolińska 1981, 51; Mendoza 2005, 9). Ten ist hinsichtlich Nähe und Ferne unmarkiert, nur in unmittelbarem Kontrast zum ferndeiktischen tam bezeichnet es Nähe. Zur Verdeutlichung der nah- bzw. ferndeiktischen Funktion kann ten mit den Lokaladverbien tu, tutaj ‚hier‘ bzw. tam ‚dort‘ kombiniert werden (Miodunka 1974, 51). Die erwähnten deiktischen Lokaladverbien bilden ebenfalls eine binäre Opposition (tu, tutaj ‚hier‘, ‚hierher‘ vs. tam ‚dort‘, ‚dorthin‘). Mit oto ‚hier, da‘ hat das Polnische lediglich ein Präsentativum, das überdies nur mit einer Ergänzung stehen kann (Topolińska 1981, 45).

4.3. Tschechisch Das Tschechische verfügt auf den ersten Blick über die erstaunliche Anzahl von zehn Demonstrativpronomina: ten, onen, tento, tenhle, tamten, tenhleten, tamhleten, tuhleten, tadyhleten, tady ten (Berger 1994, 21). Im Hinblick auf die lokaldeiktischen Verwendungsmöglichkeiten reduziert sich diese Zahl jedoch in mehrerer Hinsicht. Zum einen können ten und onen nicht (lokal-)deiktisch eingesetzt werden (Mathesius 1926, 39; Berger 1993, 383; 420⫺425). Zum anderen lassen sich tady ten, tadyhleten, tamhleten und evtl. noch tamten als Kombinationen von ten mit einem deiktischen Lokaladverb und ggf. der Partikel -hle analysieren. Sie haben also nicht unbedingt Lexemstatus (Berger 1993, 474; 509). Übrig bleiben tento, tenhle, tenhleten und evtl. tamten. Tenhle und tenhleten werden beide nahdeiktisch verwendet, wobei tenhleten obligatorisch einen Kontrast ausdrückt,

75. Lokaldeixis

1017

tamten ist für die Ferndeixis zuständig (Berger 1993, 492). Das Pronomen tento kommt vorwiegend in der geschriebenen Sprache vor und wird selten deiktisch gebraucht. In seiner deiktischen Verwendung kann es auf den Ort (und die Zeit) der Texterstellung verweisen (Berger 1993, 382). Die Situation bei den deiktischen Lokaladverbien ist ähnlich komplex. Das Tschechische hat drei nahdeiktische Lokaladverbien (zde, tu und tady), und ein ferndeiktisches (tam). Tu, tady und tam können durch die Partikel -hle erweitert werden, was u. a. eine stilistische Markierung bewirkt (Berger 1993, 43).

4.4. Serbisch/Kroatisch/Bosnisch Das Serbische/Kroatische/Bosnische verfügt über ein dreigliedriges System von Demonstrativpronomina. Das Demonstrativum ovaj bezeichnet Nähe, taj eine mittlere Position (Nähe zum Gesprächspartner) und onaj ist ferndeiktisch (Kordić 2001, 88⫺ 90). Das ursprünglich ebenfalls ternäre System der deiktischen Lokaladverbien (mit ovdje : tu : ondje für die Lagebezeichnung, ovamo : tamo : onamo für die Bezeichnung des Ziels und den weniger gebräuchlichen ovuda : tuda : onuda für die Richtungsbezeichnung) befindet sich offenbar auf dem Weg zu einem binären System (Žic Fuchs 1996, 56 f.; Raecke 1999, 183; Kordić 2003). In dem von Kordić (2003) untersuchten Korpus, das sich aus verschiedenen Textsorten mit Sprechern bzw. Autoren aus Serbien, Kroatien und Bosnien zusammensetzt, ist das System schon weitestgehend zweigliedrig. Ovdje, tu und ovamo werden nahdeiktisch, onamo, tamo und ondje ferndeiktisch verwendet, wobei ovdje, tu, ondje, und tamo zur Lagebezeichung und ovamo, tamo und onamo zur Bezeichnung der Richtung gebraucht werden. Das System der Präsentativa ist dreigliedrig (evo : eto : eno; Kordić 2001, 116⫺ 165), teilweise ist aber auch hier eine Reduktion zu einer zweigliedrigen Opposition zu beobachten (Žic Fuchs 1996, 58 f.).

5. Literatur (in Auswahl) Apresjan, Ju. D. (1986): „Dejksis v leksike i grammatike i naivnaja model’ mira“. // Semiotika i informatika 28. 5⫺33. Berger, Tilman (1991): „Überlegungen zur Deixis im Russischen“. // Hartenstein, Klaus/Jachnow, Helmut (eds.). Slavistische Linguistik 1990. München. 9⫺35. Berger, Tilman (1992): „Zu Bedeutung und Gebrauchsbedingungen der Lokaladverbien tut und zdes’“. // Reuther, Tilmann (ed.). Slavistische Linguistik 1991. München. 23⫺63. Berger, Tilman (1993): Das System der tschechischen Demonstrativpronomina. Textgrammatische und stilspezifische Gebrauchsbedingungen. (unveröffentlichte Habilitationsschrift, zugänglich unter http://homepages.uni-tuebingen.de/tilman.berger/Texte/texte.html). Berger, Tilman (1993a): „Verschiebungen im System der deiktischen Ausdrucksmittel des Russischen“. // Zeitschrift für Slavische Philologie 53. 83⫺96. Berger, Tilman (1994): „Wie viele Demonstrativpronomina braucht eine Sprache? ⫺ Überlegungen zu einigen Merkwürdigkeiten des Tschechischen“. // Berger, Tilman (ed.). Linguistische Beiträge zur Slawistik aus Deutschland und Österreich. Wien. 21⫺36.

1018

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

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Imke Mendoza, Salzburg (Österreich)

76. Anredesysteme

1019

76. Anredesysteme 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Einleitung Pronominale Distanzanrede Nominale Distanzanrede Verwendung des Vokativs Anredepartikeln Areale Gliederung, historische Entwicklung Literatur (in Auswahl)

Abstract The article describes pronominal and nominal address systems as well as related phenomena. Distant pronominal address is similar in most Slavonic standard languages: The form of the 2 nd person plural serves as a distant address form, the 2 nd person singular is used as a form of non-distant address. Standard Polish, by way of exception, uses nominal forms instead of distant address pronouns (indirect address). Variation in agreement properties of distant address forms between Slavonic languages has become an object of typological studies. Non-standard and dialectal varieties exhibit additional pronominal address forms. Most Slavonic languages have distant address forms consisting of “Mr/Mrs” and names or titles. The preferences for the use of names or titles vary between languages; Polish, Czech and Slovak have the greatest preference for titles. Russian differs from most other Slavonic languages, preferring a combination of first name and patronymic instead. Some languages mark nominal address forms by the vocative case. Several languages have (or used to have) particles which contribute to address functions. Such particles are a living phenomenon in the Slavonic languages of the Balkans; in Russian a vocative particle is attested until the end of the 19th century. According to their systems of address forms, the Slavonic languages may be divided into three groups: A western group (Polish, Czech, Slovak, Slovene, Croat), a southeastern group (Serbian, Bosnian, Bulgarian, Macedonian) and Russian (with ⫺ partly ⫺ Belarusian and Ukrainian).

1. Einleitung Die slavischen Anredesysteme sind erst seit relativ kurzer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung geworden, nachdem sie zuvor nur in der einzelsprachlichen normativen Sprachbeschreibung behandelt worden waren. Die folgende Darstellung orientiert sich in theoretischer Hinsicht an den klassischen Ansätzen von Brown und Gilman (1960) bzw. Brown und Ford (1964) und ihrer Weiterentwicklung durch die Kieler Arbeitsgruppe um Winter (vgl. Winter 1984).

1020

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

2. Pronominale Distanzanrede 2.1. Die slavischen Standardsprachen Auf den ersten Blick wirkt die pronominale Anrede in den slavischen Sprachen sehr einheitlich, denn alle Standardsprachen außer dem Polnischen weisen hier ein binäres System auf, das aus den Pronomina der 2. Person Singular für nichtdistanzierte (T) und denjenigen der 2. Person Plural für distanzierte Anrede (V) besteht. Die große Ausnahme bildet das Polnische, das zwar wy als Form der distanzierten Anrede kennt, wo diese aber eine marginale Stellung hat: Sie ist/war einerseits für Dialekte typisch, andererseits wurde sie in der kommunistischen Zeit propagiert und dadurch zu einer auf die offizielle Kommunikation beschränkten Form. Im Polnischen herrscht statt dessen die „indirekte“ Anrede mit den Substantiven pan /pani (‚Herr‘/‚Frau‘) bzw. państwo (wörtlich ‚Herrschaft‘) vor (s. hierzu Abschnitt 3.2). Bei der Anrede mit der 2. Person Plural unterscheiden sich die slavischen Sprachen danach, welche Teile des Prädikats (Verb/Hilfsverb, Partizipien, besonders das l-Partizip, Adjektive in Kurz- und Langformen, substantivische Prädikate) nach der Form (also im Plural) und welche nach dem Sinn (bei einem Adressaten also im Singular) kongruieren. Da hier viele unterschiedliche Kongruenzmöglichkeiten bei einer Gruppe nahe verwandter Sprachen vorliegen, sind die slavischen Sprachen zum Gegenstand allgemeinlinguistisch/typologischer Überlegungen geworden. Die Typen bzw. Bestandteile des Prädikats lassen sich zwischen den Endpunkten des konjugierten Verbs einerseits und des Substantivs andererseits in einer für alle Sprachen gültigen Reihenfolge einordnen, auf der auch die Kongruenz nach Sinn oder Form abgegrenzt ist: Wenn ein Prädikatstyp nach der Form kongruiert, folgt daraus, dass alle ,,verbähnlicheren“ ebenfalls nach der Form kongruieren müssen (Comrie 1975). Die Numeruskongruenz in der V-Anrede lässt sich also in allen slavischen Sprachen beschreiben, indem man auf der ⫺ sprachübergreifenden ⫺ Skala die Grenze zwischen Singularund Pluralkongruenz angibt. Corbett (1983) erweitert diese Überlegung von binären Entscheidungen zwischen Singular- und Pluralkongruenz um Wahrscheinlichkeiten, d. h. wenn nicht nur eine eindeutige Entscheidung vorgegeben ist, sondern beide Möglichkeiten mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten auftreten, nimmt zum Verb hin die Wahrscheinlichkeit formaler Kongruenz zu. Der Überblick in Tab. 76.1 nach den Angaben bei Berger (1995, 41) und Corbett (1983, 56) über die Verteilung der Kongruenz in den slavischen Sprachen zeigt, dass sich die Verteilung nicht mit den grundlegenden Verwandtschaftsverhältnissen deckt,

Tab. 76.1. Sprache

Verb

l-Partizip

Adjektiv

Substantiv

Serb./Kroat./Bosn., Sloven.

C

C

C



Russ.

C

C

Slovak., Niedersorb., Bulg., Mak., Ukr., Wr.

C

C





Tschech., Obersorb.

C







LF ⫺

KF C



76. Anredesysteme

1021

vielmehr verhalten sich eng verwandte Sprachen unterschiedlich (Ober- und Niedersorbisch, Tschechisch und Slovakisch). Außerdem betrifft diese Übersicht nur die heutigen Standardsprachen, nicht ihre Dialekte, die sich zum Teil anders verhalten (zu den polnischen Dialekten Corbett 1983, 46), und die Regelung des modernen Standards ist unter Umständen relativ neu (im Tschechischen hat sich die heutige Norm im 18. Jahrhundert durchgesetzt, vgl. Betsch 2000, 171).

2.2. Dialekte und Substandardvarietäten Neben der schriftsprachlichen Distanzanrede mit der 2. Ps. Pl. (in allen Standardsprachen außer dem Polnischen) existieren weitere Möglichkeiten, wie etwa die Anrede mit der 3. Ps. Sg. oder Pl. Die Anrede mit der 3. Ps. Sg. ist nur in älteren Sprachstufen belegt (vgl. etwa Betsch 2000, 168⫺170), die Anrede mit der 3. Ps. Pl. ist hingegen noch in manchen Dialekten oder Substandardvarietäten vertreten oder zumindest bekannt. Diese Möglichkeit wird z. B. für den schlesischen Dialekt des Polnischen erwähnt, wo dieses sogenannte trojenie Teil einer Skala pronominaler Anredeformen mit wy als mittlerem Element ist oder war (Zaręba 1974). Im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert war die Anrede mit oni im Tschechischen (vgl. Betsch 2000), Slovakischen und Slovenischen (Stone 1986) sehr verbreitet, im tschechischen Substandard (vgl. Betsch 2000, 174⫺179) und slovakischen Dialekten (Berger 1996, 20⫺21) spielte sie noch lange eine Rolle. Es ist offensichtlich, dass es sich um eine Übernahme aus dem Deutschen handelt, da alle betreffenden Sprachgebiete (Slovenisch, Slovakisch, Tschechisch, Schlesien) mindestens bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu den habsburgischen Territorien gehörten, d. h. genau in dem Zeitraum (der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts), in dem sich die Sie-Anrede im Deutschen endgültig durchsetzte. Eine andere Situation liegt im Kaschubischen vor, wo sich eine weitere pronominale Form herausgebildet hat. Dort sind die Formen des Pronomens und des Verbs für die distanzierte Anrede nicht mit denen der 2. Person Plural identisch: beim Pronomen sind die Formen im Nominativ wa bzw. wë (die Formen sind auch in den anderen Kasus unterschiedlich), die Verbformen enden auf -ta bzw. -ce (z. B. robita ⫺ robice); beide Male ist die erste Variante die der 2. Ps. Pl., die zweite die der distanzierten Anrede (Stone 1993, 773⫺778). Eine vergleichbare Differenzierung findet sich in zahlreichen polnischen Dialekten (Urbańczyk 1962, 50), und in dem peripheren slovenischen Dialekt von Resia San Giorgio (Steenwijk 1992, 132). Seiner Entstehung nach handelt sich offenbar um eine Reinterpretation des Gegensatzes zwischen Dual- und Pluralformen nach dem Schwund des Duals als Kategorie (wobei die alte Pluralform zur distanzierten Anrede, die alte Dualform zur nichtdistanzierten Anrede an mehrere Personen wurde), daher konnte sich dieses Phänomen in Sprachen oder Dialekten herausbilden, in denen der Schwund der Dualkategorie relativ spät eingetreten ist: In polnischen Dialekten hat sie sich in der 1. und 2. Person von Verben und Pronomina stellenweise bis ins 20. Jhd. erhalten (Urbańczyk 1962, 49), und auch in dem erwähnten slovenischen Dialekt liegt diese Voraussetzung eines aussterbenden Duals vor.

2.3. Verwendung der Distanzanrede Beschreibungen der Verwendung distanzierter Anredeformen gehen üblicherweise von der von Brown und Gilman (1960) eingeführten Unterscheidung zwischen der Verwen-

1022

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

dung von Anredeformen zur Markierung von Status (‚power‘) und Distanz bzw. Nähe (‚solidarity‘) aus, sowie von ihrer Annahme einer Entwicklungstendenz von der Statuszur Distanzmarkierung in der Pronominalanrede (wodurch die asymmetrischen Anredeverhältnisse ab- und die symmetrischen zunehmen sollten). Zu den slavischen Sprachen liegen nur wenige Einzeluntersuchungen vor. Darstellungen der russischen Situation geben Nakhimovsky (1976) und Kirk (1980). Für das Slovenische und Kroatische identifizieren Juričić und Kess einen wohl älteren ländlichen und einen städtischen Usus, wobei im ländlichen Usus das relative Alter des Gesprächspartners besonders wichtig ist (Juričić/Kess 1978; Kess/Juričić 1978a,b). Der ältere Partner erhält V, sodass sich auch im Kontakt mit älteren Verwandten und zum Teil sogar in der Kernfamilie asymmetrische Pronominalanrede ergibt (T/V). Im städtischen Usus ist dagegen die soziale Distanz der wesentliche Faktor, V wird innerhalb der Verwandtschaft seltener und innerhalb der Kernfamilie überhaupt nicht verwendet. Während dies den allgemeinen Annahmen von Brown und Gilman entspricht, zeigen Untersuchungen zum bosnischen (Levinger 1989), serbischen (Kocher 1967) und bulgarischen (Georgieva 1991) Usus Verhältnisse auf, die dadurch kompliziert werden, dass Sprecher aus ländlichen Gebieten teilweise V kaum verwenden. Dies führt zu Schwankungen und beispielsweise zur symmetrischen Verwendung von T zwischen ländlichen und städtischen Sprechern, auch dort, wo dies der städtischen Norm widerspricht. Dieses symmetrische T lässt sich auch in das Schema von Brown und Gilman nicht einordnen, da es nicht durch das soziale Verhältnis zwischen den Kommunikationspartnern bedingt ist, sondern durch das Fehlen distanzierter Pronominalanrede im Inventar eines Kommunikationspartners (vgl. auch Braun 1988, 20⫺22). Ähnliche Verhältnisse sollen nach Zemskaja und Kitajgorodskaja (1984, 78 f.) im russischen Substandard vorliegen (vgl. hierzu kritisch Berger 1996, 23 f.).

3.

Nominale Distanzanrede

3.1. Nominale Distanzanrede im West- und Südslavischen (außer Polnisch) Für die Beschreibung und Klassifizierung der nominalen Anrede sind zwei Kriterien entscheidend: die Art der verwendeten nominalen Anredeformen und die Möglichkeit ihrer Verwendung und Kombination. Eine ausführliche Darstellung der bisherigen Beschreibungsansätze findet sich bei Buchenau (1997, 17⫺18 und 32⫺38). Ein Beispiel für eine Untersuchung, die primär vom ersten Kriterium ausgeht, ist die Beschreibung des polnischen nominalen Anredesystems durch Tomiczek (1983). Eine Beschreibung, die zunächst von den syntagmatischen Eigenschaften der Anredenomina (Kombinierbarkeit, Möglichkeit, allein stehend verwendet zu werden) ausgeht, repräsentiert Berger (1995). Die meisten slavischen Sprachen weisen nominale Anredesysteme auf, in denen sich Herr/Frau oder Äquivalente (z. B. Genosse) mit Titeln und Vor- oder Nachnamen kombinieren. Sie ähneln dem System des Deutschen bzw. dessen älteren Varianten, vgl. etwa die Darstellung des Tschechischen durch Knéřová (1995) und die vergleichende Darstellung von Rathmayr (1992). Unterschiede betreffen vor allem die Verwendung

76. Anredesysteme

1023

von Titeln, die im Tschechischen und Slovakischen am häufigsten vorkommen (vgl. Berger 2001). In den südslavischen Sprachen werden Titel in der Anrede am stärksten im Slovenischen verwendet, am wenigsten im Bulgarischen (Brehmer 2005).

3.2. Nominale Distanzanrede im Polnischen Das Polnische weist in der Grundstruktur ein ähnliches System wie die anderen westslavischen Sprachen auf, weicht aber von ihnen einerseits durch die indirekte Anrede mit nominalen Formen, die (in der Standardsprache) an die Stelle der sonst üblichen pronominalen Distanzanrede treten, und andererseits durch den großen Reichtum an nominalen Anredeformen ab. Wie Pisarkowa (1978) als erste dargestellt hat, treten im Polnischen neben pan /pani verschiedene Äquivalente auf, wie etwa ksiądz ‚Priester‘, kolega ‚Kollege‘ u. a. m., die sich ebenfalls mit Titeln verbinden (so wird etwa ein Priester, der gleichzeitig Professor ist, mit księże profesorze angeredet). Weiterhin gibt es spezielle Titel, die nur in der nominalen Anrede vorkommen (vgl. die Anrede panie mecenasie an Rechtsanwälte). Die Tatsache, dass in den meisten polnischen Gebieten pan /pani nicht mit dem Nachnamen, sondern nur mit Titeln (sowie in vertrauter Anrede von oben nach unten mit dem Vornamen) verbunden werden kann, hat dem Polnischen den Ruf der „tytułomania“ eingebracht (vgl. hierzu ausführlich Pisarkowa 1978). Bogusławski (1996) interpretiert dieses Phänomen so, dass das Polnische ein „antiegalitäres“ Anredesystem aufweise, in dem soziale Unterschiede (fast) immer sprachlich markiert werden.

3.3. Nominale Distanzanrede im Russischen Die nominale Anrede des Russischen unterscheiden sich am markantesten von allen übrigen slavischen Sprachen. Im Russischen sind bei distanzierter nominaler Anrede die zentralen Mittel Namensbestandteile (Vornamen und Patronymika), während Titel und gospodin /gospoža (‚Herr/Frau‘) nur eine periphere Stellung haben. Die Anrede mit Vor- und Vatersnamen hat insbesondere in der offiziellen Sphäre eine feste Position, so kann beispielsweise der aktuelle russische Präsident nur mit Dmitrij Anatol’evič, nicht aber mit gospodin prezident angeredet werden (was freilich bei ausländischen Präsidenten die Regel ist). In anderen Bereichen geht die Verwendung des Vatersnamens allmählich zurück (vgl. Nikolaeva 1999). Das Russische hat auch auf (slavische und nichtslavische) Sprachen der früheren Sowjetunion „ausgestrahlt“, in denen Patronymika in offizieller Verwendung mehr oder weniger obligatorisch wurden. Im Ukrainischen konkurrieren heute russische und westliche Anredemodelle (vgl Brehmer 2004).

4. Verwendung des Vokativs Der Vokativ als traditionelles Mittel zur Markierung nominaler Anredeformen ist in vielen slavischen Sprachen erhalten, in einigen aber geschwunden (Russisch, Weißrus-

1024

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

sisch, Slovenisch, Slovakisch, Niedersorbisch). Daneben liegen in manchen Sprachen Einschränkungen seiner Verwendung vor: So wird im Obersorbischen kein Vokativ von Feminina gebildet und auch in den balkanslavischen Sprachen ist die Verwendung des Vokativs bei Feminina gegenüber Maskulina deutlich eingeschränkt (Greenberg 1996, 29⫺31). Der Schwund des Vokativs gehört dabei nicht in den Zusammenhang eines allgemeinen Abbaus der Nominalflexion: So ist er gerade im Bulgarischen und Makedonischen als Kategorie erhalten geblieben, obwohl hier sonst die Kasusflexion geschwunden ist. In vielen Fällen ist der Vokativ nicht obligatorisch, sondern fakultativ, d. h. alternativ kann der Nominativ verwendet werden. Im Polnischen ist der Vokativ in distanzierten Anredetypen obligatorisch, in nichtdistanzierter Anrede dagegen fakultativ, dabei drückt er dann emotionale Nähe aus und ist daher gerade bei Koseformen (im Gegensatz zur Vollform des Vornamens) häufig (Anstatt 2005, 337). Unter den südslavischen Sprachen mit erhaltener Vokativkategorie wird der Vokativ im Serbischen am häufigsten verwendet, im Bulgarischen deutlich weniger, und im Makedonischen ist er völlig optional geworden (Greenberg 1996, 29⫺34; Friedman 1993, 263). In mehrgliedrigen nominalen Anredeformen besteht zusätzlich die Frage, ob alle Bestandteile im Vokativ stehen oder z. B. nur der erste Teil. Daneben werden allerdings bei manchen nominalen Anredeformen Nominativ und Vokativ nicht unterschieden, z. B. grundsätzlich bei Adjektiven (z. B. poln. drogi, szanowny, tschech. vážený), oder bei pani bzw. paní, Kombinationen mit diesen Nomina sind daher nur dann als Vokativ markiert, wenn mindestens ein anderes Nomen im Vokativ steht. Im Polnischen ist in formeller Anrede (panie/pani C Titel oder Vorname) beim zweiten Bestandteil der Vokativ obligatorisch, lediglich in der Kombination mit dem Nachnamen, die nur eine marginale Stellung hat, wird dieser überwiegend im Nominativ verwendet (Anstatt 2005, 335). Es gibt nicht nur Tendenzen zum Abbau des alten Vokativs, sondern auch gegenläufige Tendenzen zum Aufbau neuer Marker der nominalen Anrede. Dazu gehören im Russischen die Ableitungen von Substantiven und Namen auf -a, bei denen eine Anredeform (teils als neuer Vokativ bezeichnet), durch Weglassung der Nominativendung -a gebildet wird (Bsp. mam, pap, Nataš, Saš, vgl. Rathmayr 1992, 270).

5. Anredepartikeln Neben pronominalen und nominalen Anredeformen existieren in manchen Sprachen auch Partikeln, die zur Bezugnahme auf den Adressaten dienen. Sie sollen hier als Anredepartikeln bezeichnet werden. In den slavischen Sprachen liegen zwei Beispiele solcher Anredepartikeln vor: Lebendig sind Anredepartikeln in den balkanslavischen Sprachen (Bulgarisch, Makedonisch, Serbisch; ausführlich dazu Greenberg 1996). Hier werden sie in Verbindung mit nominalen Anredeformen verwendet (Bsp. bulg. Ivane be, bre momče, mari Ilijce, vgl. Stojanov 1977, 457). Die balkanischen Anredepartikeln sind aus erstarrten nominalen Formen entstanden, was sich verschiedentlich nachweisen lässt, gleichzeitig bestehen aber intensive Lehnbeziehungen zwischen den Balkansprachen (auch den nichtslavischen, etwa Griechisch und Türkisch). Im Endeffekt sind viele balkanische Anredepartikeln sprachübergreifend verbreitet (z. B. bre aus dem

76. Anredesysteme

1025

Griechischen und be aus dem Türkischen) und das Inventar der Sprachen deckt sich somit teilweise (Greenberg 1996, 191). Im Russischen existierte bis zum Beginn des 20. Jhds. eine Partikel -s, die Respekt gegenüber dem Adressaten ausdrückte. Ebenso wie bei den balkanischen Anredepartikeln wird eine Entstehung aus einem Nomen angenommen, nämlich sudar’ ‚Herr‘. Sie wurde zusammen mit distanzierter pronominaler Anrede verwendet (also vy) und konnte enklitisch an Wörter unterschiedlicher Wortarten gehängt werden, war also (anders als die balkanischen Anredepartikeln) nicht auf Verwendung in der nominalen Anrede spezialisiert (Berger 2003). Aussagen über -s sind allerdings problematisch, da fast nur Belege aus Werken der Belletristik existieren.

6. Areale Gliederung, historische Entwicklung Die Anredesysteme der slavischen Sprachen lassen sich nach Berger (1995, 1998) zur Beschreibung ihrer historischen Entwicklung in drei „Modelle“ einteilen: ein westliches Modell (mit Polnisch, teilweise Ukrainisch und Weißrussisch, Ober- und Niedersorbisch, Tschechisch, Slovakisch, Slovenisch und Kroatisch), ein russisches sowie ein südöstliches Modell (Bulgarisch, Makedonisch, Serbisch, Montenegrinisch, Bosnisch). Im Bereich der pronominalen Anrede ist das westliche Modell durch eine relativ frühe Übernahme distanzierter pronominaler Anredeformen gekennzeichnet (im Tschechischen und Polnischen ab dem Ende des 14. Jahrhunderts). Kennzeichnend ist oft die annähernd gleichzeitige Übernahme der 2. Ps. Pl. und eines Modells indirekter Anrede, das heißt, es wurde ein bereits vorliegendes System mit nach Status des Adressaten differenzierten distanzierten Anredeformen übernommen. Während etwa im Deutschen als wichtiger Kontaktsprache die indirekte Anrede des Typs Euer Liebden o. Ä. mit großem zeitlichem Abstand nach der Einführung der distanzierten pronominalen Anrede ir aufkam, ist im Tschechischen (Betsch 2003, 126⫺129) und Polnischen (Stone 1984, 49⫺51) der Typ Tvá Milost bzw. twa miłość sogar früher als vy bzw. wy belegt. Nach und nach erfasste die distanzierte Anrede alle Sprachen des westlichen Modells, und nur in diesen betraf sie schon früh die Dialekte (distanzierte Anrede in Dialekten ist bei Berger 1998 das Kriterium für die Definition des westlichen Modells). Das russische Modell ist demgegenüber durch eine sehr späte Einführung der distanzierten pronominalen Anrede (vy) gekennzeichnet. Es handelt sich dabei um eine bewusste Entscheidung unter Peter I. ab 1700. In den Sprachen des südöstlichen Modells wurde die distanzierte Pronominalanrede mit der 2. Ps. Pl. noch später übernommen, nämlich im 19. oder 20. Jahrhundert (im Serbischen teils ab dem 18. Jahrhundert, vgl. Keipert 1998, 247), und Untersuchungen der zweiten Hälfte des 20. Jhds. belegen noch Schwankungen in ihrem Gebrauch oder ihre unvollständige Durchsetzung. Obwohl die Einteilung in drei Modelle nach rein sprachlichen Kriterien begründet werden kann (bei Berger 1998, 314 geschieht dies zunächst anhand der Frage, ob die ländlichen Dialekte die Distanzanrede mit der 2. Ps. Pl. haben, und der räumlichen Trennung zwischen südöstlichem und russischem Modell), entspricht sie auch der Zugehörigkeit der betreffenden Sprachgebiete zu früheren territorialen Herrschaftseinheiten. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (also in dem Zeitraum, in dem wesentliche Entwicklungen zu den modernen Anredesystemen stattfanden) waren die Sprachge-

1026

XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

biete des westlichen Modells entweder Teil der habsburgischen Territorien (Kroatisch, Slovenisch, Tschechisch und Slovakisch sowie der schlesische Dialekt des Polnischen) oder Polen-Litauens (Polnisch ohne Schlesien, sowie überwiegend Weißrussisch und Ukrainisch). Die Sprachgebiete des südöstlichen Modells gehörten zum Osmanischen Reich. Das Großfürstentum Moskau, später das Russische Reich umfasste außer dem russischen Sprachgebiet erst nach und nach östliche Teile des ukrainischen und weißrussischen Sprachgebiets, repräsentiert also das russische Modell. Diese politischen Zugehörigkeiten sind während der drei folgenden Jahrhunderte mit kleineren Verschiebungen überwiegend gleich geblieben. Innerhalb des westlichen Modells lassen sich noch Unterschiede zwischen den früheren habsburgischen und polnisch-litauischen Territorien feststellen: Für die ersten ist die Verwendung des Nachnamens in der distanzierten nominalen Anrede und die zeitweilige Übernahme der distanzierten Anrede mit dem Pronomen der 3. Ps. Pl. kennzeichnend; in den zweiten ist der Nachname in der Anrede eher marginal geblieben, und die pronominale Distanzanrede (außer wy etc.) ist nicht von der deutschen Entwicklung zur Sie-Anrede beeinflusst, sondern stellt eine eigenständige Weiterentwicklung von Mustern indirekter Anrede dar (s. Stone 1984, 1985, 1989). Während also vermutet werden kann, dass für die Entwicklungen der slavischen Anredesysteme bis zum 18. Jahrhundert die unterschiedliche Zugehörigkeit zu großräumigen politischen Einheiten wesentlich war (solche Einheiten dürften gerade innerhalb von gesellschaftlichen Eliten gegenseitigen Kontakt und die Verbreitung von statuskonnotierten Phänomenen wie Anrede begünstigt haben), fand in den folgenden Jahrhunderten eine teilweise Vereinheitlichung innerhalb der slavischen Sprachen statt: Die südöstlichen Sprachen übernahmen westliche Modelle der nominalen Anrede sowie distanzierte pronominale Anrede mit vi/ви, die distanzierte Anrede mit der 3. Ps. Pl. wurde, wo vorhanden, aus den Standardsprachen verdrängt.

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76. Anredesysteme

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XIII. Deixis in den slavischen Sprachen

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Michael Betsch, Tübingen (Deutschland) Tilman Berger, Tübingen (Deutschland)

XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen 77. Gesprächsanalyse 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Entstehung und Vorläufer der slavistischen Gesprächsforschung Ansätze zur Gesprächsanalyse innerhalb der Slavistik Dialog ⫺ Gespräch ⫺ Konversation Analysekategorien Gesprächsanalytisch nutzbare Korpora Gesprächsanalytische Interessenfelder innerhalb der Slavistik Literatur (in Auswahl)

Abstract The article gives an overview of the research on discourse analysis (Gesprächsanalyse) in Slavic linguistics. As a relatively new discipline, it has its roots in the analysis of spoken language performed by the Prague School of functional linguistics due to the delayed reception of speech act theory and conversation analysis in Eastern Europe. However, recent work adapts these approaches. Therefore, the main approaches to discourse in Slavic linguistics (Sprechhandlungsmusteranalyse, conversation analysis, text linguistics), as well as several categories of interaction and discourse (turn, turn taking, sequencing, topical /pragmatical coherence) are introduced. There is still a lack of large conversational corpora (with full text transcripts and audio data available) for many Slavic languages (especially Russian and Polish). So except for Czech, there is relatively scarce work done in the field. Thus, article concentrates both on discourse markers and the function of pragmatic particles in discourse, and on intercultural and conflict communication.

1. Entstehung und Vorläufer der slavistischen Gesprächsforschung Die Entstehung der Gesprächsforschung hat sich in der west- und besonders auch in der osteuropäischen Slavistik unter anderen Bedingungen vollzogen als in den westlichen Philologien. Während im Westen im Zuge des pragmatic turn der Beschäftigung mit Sprache im Gebrauch und insbesondere im Gespräch der Weg sowohl in praktischer als auch in theoretischer Hinsicht geebnet worden ist, und die zügige und zeitnahe Rezeption der Sprechakttheorie einerseits und der ethnomethodologischen Konversationsanalyse andererseits zur Entstehung erster gesprächsanalytischer Untersuchungen in den 70er Jahren geführt hat, zeichnet sich ein verstärktes gesprächsanalytisches Interesse in der Slavistik erst in den 90er Jahren des 20. Jh. ab. Bilut-Homple-

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

wicz (2001, 1004 f.) erklärt dies vor allem mit der verspäteten Rezeption der Sprechakttheorie in Osteuropa. Einen Grund hierfür sieht Freidhof (1996, 72 f.) in der eigenen Variante einer Theorie der Sprechtätigkeit, wie sie von Aleksej A. Leont’ev entwickelt worden ist. Die Gesprächsanalyse im slavischen Sprachraum ist daher in ihrer Entstehung in einen anderen Kontext einzuordnen und beeinflusst von anderen Forschungstraditionen als die westliche Gesprächslinguistik. Bilut-Homplewicz (20001, 1004) zählt die folgenden Strömungen zu den Wegbereitern der Gesprächsanalyse im slavischen Raum: die Gesprochene Sprache-Forschung, die Sprechakttheorie, die Theorie der Sprechtätigkeit von Aleksej A. Leont’ev, den Prager Funktionalismus sowie die Stilistik und Textlinguistik. Je nach Land bzw. Philologie sind unterschiedliche Strömungen beeinflussend. Innerhalb der polnischen Polonistik macht Bilut-Homplewicz die Gesprochene Sprache-Forschung als Hauptströmung aus, die die polnische Gesprächslinguistik maßgeblich prägt. Als Pionierarbeit muss hier Pisarkowas (1975) Untersuchung der Syntax gesprochener Sprache erwähnt werden, die auf einem selbst zusammengestellten Korpus authentischer Telefongespräche beruht. Aber auch die Textlinguistik bildet einen wichtigen Ausgangspunkt für die Gesprächsforschung (vgl. Warchala 1991; Żydek-Bednarczuk 1994). Vor diesem Hintergrund kommt Bilut-Homplewicz (2001, 1005) zu folgendem Fazit: „Man kann somit nicht über die Entwicklung der Dialogforschung zu einer eigenständigen linguistischen Disziplin sprechen.“ Freidhof (1996, 72⫺82, vgl. hierzu auch Yakovleva 2004, 15⫺20) weist auf die Besonderheiten der Entstehung und Entwicklung der sowjetischen Dialogforschung hin, die lange Zeit in der Tradition von Lev P. Jakubinskij, Grigorij O. Vinokur und Viktor V. Vinogradov stand (ebd. 75). „Bereits im Jahr 1923 hat Jakubinskij geäußert, dass im Rahmen der beiden elementaren Ausdruckshandlungen Monolog und Dialog der zweite als das primäre und natürliche Glied Priorität gegenüber dem ersten aufweise“ (ebd.). Sein Verdienst sieht Freidhof „vor allem, darin, dass die den Monolog und Dialog funktional unterscheidenden Merkmale zum Gegenstand sprachwissenschaftlicher Betrachtung wurden“ (ebd. 76). Zunächst dienten der sowjetischen Dialogforschung dabei literarische Dialoge als Untersuchungsgegenstand. Freidhof (1996, 76) verweist hier auf Vinokurs (1959) Untersuchung zu Griboedovs „Gore ot uma“, in der er beispielsweise den Begriff der Replik als grundlegende Einheit der szenischen Rede einführt. Erst Natalja Ju. Švedova (1960) realisiert „den Übergang vom literarischen zum gesprochenen (umgangssprachlichen) Dialog“ (Freidhof 1996, 77). Der Beginn der sowjetischen Dialogforschung vollzieht sich daher im Spannungsfeld zwischen gesprochener dialogischer Umgangsprache und u. U. unterschiedlich stark stilisierter Rede literarischer Dialoge: „Der Dialog als Problem der linguistischen Beschreibung erhält somit eine zweiseitig gerichtete Verzahnung: einerseits durch seine Beziehung zum literarischen Text [...], andererseits durch seine Beziehung zur gesprochenen Umgangssprache“ (ebd.). Mit Problemen der gesprochenen Sprache und der dialogischen Struktur bzw. dem Aufbau dialogischer Texte hat sich seit Ende der 60er und verstärkt seit Anfang der 70er Jahre bis heute das Institut für Tschechische Sprache der Tschechoslowakischen, später der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag sehr intensiv auseinander gesetzt. Bestimmend für diese Forschungsrichtung sind die Arbeiten von Světla Čmejrková, Jana Hoffmannová, Olga Müllerová und Jiří Zeman, von denen hier stellvertretend nur die folgenden genannt seien: Hoffmanová (1983), Hoffmannová/Müllerová/Schneiderová (1992); Hoffmannová/Müllerová (1994, 1999); Hoffmannová/Mül-

77. Gesprächsanalyse

1031

lerová/Zeman (1999); Hoffmannová/Müllerová (2000) und Čmejrková/Hoffmannová (eds.) (2003). Repräsentativ für die zumeist auf der Methode der amerikanischen Konversationsanalyse fußenden Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit dem Alltagsdiskurs und dem Begriff der Konversation (konverzace) einerseits (vgl. Hoffmannová/Müllerová/ Zeman 1999) bzw. dem institutionellen Diskurs andererseits (Hoffmannová/Müllerová 2000). In der letzten Zeit ist auch die Sprache der Politik und der Medien zum Gegenstand zahlreicher Analysen geworden (vgl. z. B. Hoffmannová 2003). Einen besonderen Schwerpunkt bilden daneben Untersuchungen zur Werbung, die vor allem in den Arbeiten von Světla Čmejrková reflektiert sind (vgl. Čmejrková 2000).

2. Ansätze zur Gesprächsanalyse innerhalb der Slavistik Neuere gesprächsanalytische Arbeiten innerhalb der westlichen Slavistik basieren auf theoretischen Ansätzen, wie sie auch in der westlichen Gesprächsanalyse verbreitet sind, und entwickeln diese weiter. Die terminologische Verwendung bzw. Bezeichnung ist dabei teils sehr heterogen. Begriffe wie ‚Gesprächsanalyse‘, ‚Dialoganalyse‘, ‚Diskursanalyse‘ oder ‚Konversationsanalyse‘ sind nicht unbedingt mit festen ‚Schulen‘ und einem entsprechenden Forschungsprogramm verbunden, wie dies beispielsweise in der Germanistik der Fall ist. Im Wesentlichen lassen sich in der westlichen Slavistik zwei Herangehensweisen unterscheiden, die unterschiedliche Ausgangspunkte wählen: (1) Einen Ausgangspunkt bildet die Weiterentwicklung der Sprechakttheorie bzw. ihre dialogische Erweiterung (vgl. Unrath-Scharpenack 2000). Diese Herangehensweise ist dabei häufig vom Modell der Dialoggrammatik (Hundsnurscher 2001) inspiriert und wird in der Slavistik in der Regel als Sprechhandlungsmusteranalyse bezeichnet. Arbeiten, die diesem Ansatz folgen, wie z. B. Kosta (1995a, 1996, 1998a, 1998b, 2008), Mann (2000) oder Rathmayr (1988), versuchen Dialogstrukturen bzw. Sequenzmuster, die einem Gespräch zugrunde liegen, nachzumodellieren, indem sie zunächst von der jeweiligen illokutiven Bedeutung einer Äußerung abstrahieren. Stattdessen wird die sequentielle Position einer Äußerung als Ausgangspunkt genommen, um mögliche Gesprächsverläufe als Sequenzmuster nachzubilden. In einem initiativen Zug offenbart der erste Sprecher (Sp1) sein Handlungsziel. Sein Gegenüber (Sp2) kann dieses in einem reaktiven Zug nun akzeptieren oder aber die Akzeptanz verweigern bzw. hinausschieben, was eine weitere Bearbeitung in Folgesequenzen nach sich zieht. Für die Realisierung initiativer, reaktiver aber auch dritter und weiterer Züge kommen jeweils nur bestimmte Sprechhandlungen in Frage. So sind Antworten beispielsweise typische reaktive Sprechhandlungen und Fragen typische initiative Sprechhandlungen. Je nach dem, welche Sprechhandlung im initiativen Zug vorkommt, können solche Muster dann für bestimmte Gespräche spezifiziert werden. So analysiert Rathmayr (1988) beispielsweise mögliche Sprechhandlungssequenzmuster, die sich herausbilden können nach initiativen Zügen, die durch direktive Sprechhandlungen realisiert werden. Die Abbildung 77.1. (ebd. 250) zeigt mögliche Sprechhandlungssequenzmuster, je nach dem wie Sp2 bzw. Sp1 in den folgenden Zügen reagieren:

1032

XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

Abb. 77.1.

Die Vorgehensweise einer solchen sprechhandlungstheoretisch erweiterten Dialoganalyse stellt die Analyse komplexer Muster an den Beginn. Konkrete Gespräche werden dann als Realisierungen dieser Sequenzmuster analysiert, indem den einzelnen Äußerungen bzw. Zügen jeweils illokutive Rollen zugeordnet werden. Auf diese Weise kann dann gezeigt werden, welche Züge durch welche Illokutionen bzw. konkreten sprachlichen Äußerungen realisiert werden können. Die Untersuchung verfolgt also eine top down-Vorgehensweise, die von einer modellhaften Beschreibung ausgeht, und die die Realisierung des Modells im konkreten Gespräch wieder findet. Kosta (1995a, 1996, 1998a, 1998b, 2008) und Mann (2000) untersuchen mit diesem Modell mögliche Verlaufsformen persuasiver Dialoge. Auch vor einer solchen verlaufsorientierten Sprechhandlungsmusteranalyse steht jedoch die zunächst kontextabstrakte Beschreibung persuasiver Sprechhandlungsmuster. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass eine (z. B. direktive oder assertive) Sprechhandlung im initiativen Zug von Sp2 nicht akzeptiert wird und Sp1 in der Folge eine Reihe von Zügen bzw. Sprechhandlungen realisiert, mit dem globalen Ziel, Sp2 doch noch zur Akzeptanz seiner initiativen Sprechhandlung bzw. zur Erfüllung des ursprünglich angestrebten Ziels zu bewegen. (2) Alternativ hierzu adaptieren zahlreiche Arbeiten auch die Vorgehensweise der ethnomethodologischen Konversationsanalyse und wenden sie auf slavische Interaktionsdaten an (vgl. Thielemann 2006, 2007ab, i. Dr.; Grenoble 2006, 11⫺19; Bolden 2004; Weiss 1981). Galina Bolden gibt auf www.russianca.org einen Überblick zu konversationsanalytischen Untersuchungen mit russischen Interaktionsdaten. Im Gegensatz zum Modell der Dialoggrammatik bzw. der Sprechhandlungsmusteranalyse verfolgt die Konversationsanalyse jedoch eine bottom up-Vorgehensweise. Das bedeutet, dass die Analysekategorien aus dem Material selbst entwickelt werden. Im Zentrum des Interesses steht die Ordnungsleistung, die Interaktionspartner erbringen, wenn sie miteinander sprechen. Ziel ist es, jenen Regelapparat bzw. jene Mechanismen aufzudecken und zu beschreiben, die den geordneten Ablauf scheinbar regelloser und ungeordneter konversationeller Interaktion gewährleisten. Es sollen jene Verfahren (Ethnomethoden) aufgedeckt und analysiert werden, an denen sich die Interaktionspartner selbst orientieren bzw. mittels derer sie sich selbst gegenseitig anzeigen, was sie tun, und wie dies zu interpretieren ist. Gedanklicher Ausgangspunkt ist dabei nicht das handelnde

77. Gesprächsanalyse

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Subjekt, sondern die Interaktion selbst, was terminologisch auch durch die Präferenz für technische Ausdrücke wie Systematik oder Mechanismus reflektiert wird. Ein solcher regelhafter Mechanismus, der den geordneten Ablauf der Interaktion sichert, ist die von Sacks/Schegloff/Jefferson (1974) anhand amerikanischer Interaktionsdaten beschriebene Systematik des Sprecherwechsels (turn taking) (vgl. hierzu auch Weiss 1981, 213⫺219). Der Sprecherwechsel wird durch einen komplexen Regelapparat gesteuert, der auf der Grundlage zweier Komponenten funktioniert: Die Redebeiträge der Sprecher (turns) sind in Turnkonstruktionskomponenten (turn constructional units, TCUs) gegliedert, die mögliche Übergabestellen für den Sprecherwechsel (transition relevance places, TRPs) projizierbar bzw. für die Interaktionspartner erkennbar machen. Hierauf bauen dann die Regeln für den Sprecherwechsel als zweite Komponente auf: An einem TRP kann ein nächster Sprecher vom aktuellen Sprecher ausgewählt werden (Fremdwahl). Wird kein Folgesprecher ausgewählt, kommt es zur Selbstwahl durch einen beliebigen anderen Sprecher, der zuerst beginnt (first starter principle). Wird keine dieser Möglichkeiten realisiert, setzt der aktuelle Sprecher seinen turn fort, bis am nächsten TRP wieder die bereits genannten Optionen für den Sprecherwechsel zur Verfügung stehen. Bolden (2004, 1074⫺1080) zeigt an einem Korpus von Telefongesprächen mögliche Turnkonstruktionskomponenten (TCUs) auf und weist nach, dass sich russische Sprecher an lexikalischen, phrasalen und satzwertigen (lexical, phrasal, sentential TCUs) Turnkonstruktionskomponenten orientieren. Polonistische Arbeiten zur Gesprächsanalyse (z. B. Żydek-Bednarczuk 1994; Warchala 1991) versuchen dagegen, textlinguistische Ansätze auf Gespräche zu übertragen, und rezipieren besonders stark germanistische Ansätze zur Gesprächsanalyse (Henne/ Rehbock 42001; Brinker/Sager 32001). „Przymując założenie, że rozmowa naturalna jest tekstem [...]. Punktem wyjścia staje się badanie struktur rozmowy w aspekcie gramatyczno-semantyczncym. Zwracam również uwagę na organizację tekstu potocznego i warunki zachowania spójności tekstu rozmowy. Tekst i jego strukturę językową interpretuję jako samowystarczalny system wewnętrznych relacji, wyrażony w reprezentacji semantycznej.“ (Żydek-Bednarczuk 1994, 21). Żydek-Bednarczuk (1994) und Warchala (1991) beschäftigen sich darüber hinaus insbesondere mit Fragen der Themenentwicklung in Gesprächen und übertragen dabei informationsstrukturelle Ansätze der Prager Schule auf die Beschreibung der Themenentwicklung im Gespräch. Die Bohemistik hat in ihren „Zehn Thesen“ des Prager Linguistischen Kreises explizit Stellung zu der Notwendigkeit einer „linguistique de la parole“ auf dem 1. Internationalen Slavistenkongress in Prag 1929 hingewiesen. Die Thesen wurden zuerst in französischer Übersetzung im Jahre 1929 in den TCLP I publiziert (vgl. J. Vachek (ed.) 1964). So hat im Prinzip die Prager Funktionalstilistik ihre Wurzeln in Arbeiten der Vertreter des Prager Linguistenkreises (B. Havránek, V. Mathesius u. a.), und auch die Arbeiten zur aktuellen Satzgliederung und zur Sprachkultur von Vilém Mathesius und seinen Schülern sind letztlich Ergebnisse einer dem Sprachgebrauch und der Organisation der Aussage (výpověď) im Text zugewandten Arbeitsweise (vgl. Mathesius 1947/ 1979). Eine Erweiterung des Horizontes zeichnet sich in den Arbeiten der Abteilung für Stilistik und Textlinguistik des bereits erwähnten Instituts für Tschechische Sprache der Tschechischen Akademie der Wissenschaften ab.

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

3. Dialog − Gespräch − Konversation Das Untersuchungsobjekt der Gesprächsanalyse selbst wird innerhalb der slavistischen Gesprächsanalyse unterschiedlich konzipiert und beschrieben. Die verwendete Terminologie reflektiert dabei die teils unterschiedlichen theoretischen Konzeptionen des dialogischen Austauschs. Den Untersuchungsgegenstand als Dialog zu bezeichnen und dementsprechend von Dialoganalyse zu sprechen, ist vor allem in der deutschen Slavistik verbreitet (z. B. Freidhof 1996; Unrath-Scharpenack 2000). Unrath-Scharpenack (2000, 7⫺62) erfasst mit dem Begriff des Dialogs eine spezifische und idealisierte Situation des dialogischen Austausches, die durch eine in Anlehnung an philosophische Konzepte ‚dialogisch‘ genannte Gesprächshaltung konstituiert wird, welche die vollständige Annerkennung und Akzeptanz des Dialogpartners voraussetzt. Zumeist dient der Begriff Dialoganalyse jedoch auch zur Bezeichnung einer allgemein gesprächsanalytisch orientierten Vorgehensweise. Dialoganalytische Arbeiten lassen als Analysegegenstand durchaus auch literarische Dialoge zu. Konversationsanalytische Arbeiten dagegen basieren in der Regel ausschließlich auf natürlicher sprachlicher Interaktion (conversations). Aufzeichnungen authentischer Gespräche sind für eine Konversationsanalyse, die streng empirisch vorgeht, die einzig zulässige Grundlage, da die Methoden und Verfahren zur Herstellung von Ordnung in scheinbar ‚ungeordneter‘ natürlichsprachlicher Interaktion im Zentrum des Forschungsinteresses stehen. Die Begriffe Gespräch und Gesprächsanalyse weisen den geringsten Spezifizierungsgrad auf und sind daher als übergreifende Bezeichnungen am besten geeignet. Ein Gespräch kann in Anlehnung an Goffman (1971, 84 f.) als ‚zentrierte Interaktion‘ beschrieben werden, an der zumindest zwei Sprecher, die sich in ihrer Sprecherrolle gegenseitig abwechseln, mit wenigstens einem Redebeitrag beteiligt sind. ŻydekBednarczuk (1994, 30⫺33; 1992, 22) zählt darüber hinaus noch die folgenden Merkmale als konstitutiv für das Gespräch auf: verbaler Austausch bzw. Kommunikationskanal, Kooperation und Gesprächsthema. Insbesondere mit Blick auf Konfliktkommunikation, bei der der Kooperationsgrad zwischen den Sprechern gelockert sein kann und unter Umständen auch das Thema des Gegenüber nicht aufgenommen und weiterentwickelt wird (Sarnowski 1999; Arutjunova 1990; Nikolaeva 1990), sind diese Merkmale jedoch nicht unbedingt alle in vollem Umfang wirksam. Innerhalb der Slavistik gibt es verschiedene Vorschläge zur Typologisierung von Gesprächen, wie sie Weiss (1981, 211 f.) und Yakovleva (2004, 61⫺69) referieren. Als Grundlage einer Gesprächstypologie können sowohl außer- als auch innersprachliche Faktoren herangezogen werden (Żydek-Bednarczuk 1994, 146⫺151; Freidhof 1996, 83 f.). Zusammenfassend werden in der Literatur die folgenden Kriterien diskutiert: Neben dem Gesprächsverhalten, dem Kooperationsgrad und der Organisationsform eines Gesprächs können auch der soziale Status bzw. die (situative) Rolle der Gesprächsteilnehmer, die institutionelle oder private Einbettung des Gesprächs bzw. allgemeiner die Gesprächssituation sowie der Grad der Spontaneität und Öffentlichkeit als Kriterien einer Gesprächstypologie dienen. Auch die Frage der (Un)mittelbarkeit (face to face-Gespräche vs. Telefongespräche) und Authentizität bzw. Fiktionalität kann zur Typologisierung genutzt werden. Wichtig ist dabei, dass außersprachliche Merkmale stets auch das Gespräch in seinem Ablauf bzw. das Gesprächsverhalten beeinflussen bzw. determinieren.

77. Gesprächsanalyse

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4. Analysekategorien Gesprächsanalytisch untersucht werden können Phänomene der Mikro-, Meso- und Makroebenen von Gesprächen: Äußerungen und ihre Bedeutung in der Handlungsdimension, die Entfaltung von Themen bzw. die Abwicklung (komplexer) Aktivitäten im Gespräch, das Rederechtsmanagement bzw. die Gesprächsorganisation, Gesprächsphasen und deren sequentieller Ablauf, aber auch die Funktion sprachlicher und parabzw. nonverbaler Mittel im Gespräch (Prosodie, Partikeln, etc.) können zum Gegenstand einer Gesprächsanalyse werden. Im Folgenden werden daher kurz die zentralen Analysekategorien skizziert. Eine grundlegende Analysegröße des Gesprächs ist der turn, den Goffman (1974, 201) definiert hat als „das, was ein Individuum tut oder sagt, während es jeweils an der Reihe ist.“ In der deutschsprachigen Slavistik werden Beiträge eines Sprechers, die von den Beiträgen anderer Gesprächsteilnehmer abgegrenzt werden, auch Gesprächsschritt bzw. -zug oder (Dialog)replik genannt. Yakovleva gibt eine eigene zusammenfassende Definition: „Der Gesprächsschritt ist eine Meldung bzw. Äußerung des Sprechers oder Hörers, die nach einer Pause, einer Unterbrechung bzw. einem Überlappen unabhängig von ihrer (= der Äußerung) semantischen Abgeschlossenheit vollzogen wird.“ (2004, 122). In der russischen und polnischen Linguistik ist die Bezeichnung replika (z. B. Warchala 1991; Baranov/Krejdlin 1992; Issers 32003) üblich. ŻydekBednarczuk (1994) verwendet auch den Begriff krok. Von Gesprächsschritten bzw. turns zu unterscheiden ist das sog. back channel behaviour, womit begleitende (para)verbale Beiträge gemeint sind, durch die ein Sprecher nicht das Rederecht beansprucht. Dass turns in Turnkonstruktionskomponenten (TCUs) zergliedert werden können und dass diese wiederum eine wichtige Rolle beim Sprecherwechsel spielen, wurde oben bereits erwähnt. Nichtsdestotrotz hat die Analyse von TCUs in slavischen Interaktionsdaten bislang noch kein großes Interesse auf sich gezogen. Neben Bolden (2004) geht Yakovleva (2004, 125 f.) kurz auf die turn-interne Struktur ein und unterscheidet einfach und komplex strukturierte Gesprächsschritte, ohne sich dabei jedoch der konversationsanalytischen Terminologie zu bedienen. Ein weiteres Analysefeld ist ⫺ aufbauend auf dem von Sacks/Schegloff/Jefferson (1974) beschriebenen System ⫺ die Untersuchung der Organisation des Sprecherwechsels (turn taking) bzw. des Rederechtsmanagements und der daran beteiligten Faktoren. Żydek-Bednarczuk (1994, 89⫺98) untersucht Verwerfungen im Rederechtsmanagement (Unterbrechungen und gleichzeitiges Sprechen) in Alltagsgesprächen polnischer Sprecher. Yakovleva (2004, 110⫺121) untersucht den Sprecherwechsel in Gesprächen deutscher und russischer Sprecher und stellt dabei fest, dass ein ‚glatter Sprecherwechsel‘ in russischen Gesprächen häufiger vorkommt. Weiss (1981, 214) regt hier die Untersuchung und Klassifizierung dialogsteuerender Signale an, die sprecherbzw. hörerseitig entweder auf eine Rollenstabilisierung oder aber einen Rollenwechsel hinarbeiten können und somit auch eine wichtige Rolle beim turn taking spielen. Yakovleva (2004, 69⫺110) und Freidhof (1992, 7⫺68) stellen solche Sprecher- bzw. Hörersignale in russischen bzw. polnischen Gesprächen vor. Gesprächsschritte können nicht nur hinsichtlich ihrer Begrenzung und internen Konstruktion, die wiederum das turn taking beeinflusst, untersucht werden, sondern auch in der Handlungsdimension. Dabei steht die Frage im Zentrum, welche (Gesprächs)Handlung mit der Äußerung vollzogen wird. Hier unterscheiden sich die Vor-

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

gehensweisen: Yakovleva (2004, 127 f.) ermittelt im Rahmen einer ‚qualitativen Analyse‘ der Gesprächsschritte die kommunikative Funktion bzw. illokutive Bedeutung. Hierfür zieht sie sprachliche Indikatoren wie z. B. lexikalische/grammatische Mittel, Satztyp, Satzmuster, Partikeln und Modalwörter in der jeweiligen Äußerung selbst, also ‚Indikatoren des Sprechakttyps‘ oder ‚Illokutionsindikatoren‘, als Hinweise heran. Ein solches sprechakttheoretisch inspiriertes Vorgehen kontrastiert mit einer konversationsanalytischen Ermittlung der Handlungsbedeutung, bei der das Verständnis der Interaktionspartner selbst, also die im Gespräch nachweisbare Folgereaktion zur Bestimmung der Handlungsbedeutung herangezogen wird. In der slavistischen Gesprächsanalyse wird dagegen besonders häufig auf Grice (2000 [1979]) referiert, wenn es darum geht, die Handlungsbedeutung einer Äußerung zu bestimmen, also den Verstehensprozess des Gesprächspartners nachzumodellieren (vgl. Freidhof 1992, 1996). Dies ist besonders dann notwendig, wenn die Handlungsbedeutung nicht aus den in der Äußerung enthaltenen Illokutionsindikatoren hervorgeht, sondern von den Gesprächspartnern inferentiell ermittelt werden muss. Auf der Mesoebene des Gesprächs können die Beziehungen zwischen Gesprächsschritten verschiedener Gesprächsteilnehmer untersucht werden. Gespräche bzw. Gesprächsphasen weisen eine bestimmte sequentielle Organisation auf. Die Konversationsanalyse beschreibt diese spezifische und enge Beziehung zwischen zwei Repliken einer Paarsequenz mit dem Begriff des adjacency pair. Typische Paarsequenzen sind beispielsweise Frage-Antwort, Einladung-Annahme/Ablehnung oder Gruß-Gegengruß. Zwischen den Repliken solcher Paarsequenzen bestehen starke illokutive Bindungseffekte, d. h. die erste Replik macht eine bestimmte Folgeäußerung erwartbar. Padučeva (1982, 306) beschreibt dieses Verhältnis als „soglasovanie replik po illokutivnoj funkcii“ und Baranov/Krejdlin (1992, 86) als „illokutivnoe vynuždenie“. Solche Paarsequenzen „are ‚special‘ in the sense that, by and large, there is a rule governing them: once the first part of the adjacency pair has been produced, the current speaker must stop talking, and the next speaker must produce the second part of the pair“ (Grenoble 2006, 13). Die erste bzw. initiative Replik der Paarsequenz erzwingt gleichsam eine bestimmte Folgereaktion: „Mit dem respondierenden Gesprächsschritt erfüllt der Angesprochene Obligationen“ (Yakovleva 2004, 127). Diese besonders enge Beziehung zwischen den Repliken einer Paarsequenz macht sie zu einer Basiseinheit des Gesprächs: „it is ‚basic‘ because it consists minimally of contributions by two participants and combines to form the largest unit of interaction, the transaction“ (Grenoble 2006, 13). Diese Basiseinheit der Interaktion kann dabei zwei- oder mehrgliedrig sein. Hier gibt es innerhalb der slavistischen Gesprächsforschung unterschiedliche Konzepte: Grenoble (2006, 13 f.) zeigt, dass es in natürlichen Konversationen sowohl zwei- als auch dreigliedrige Sequenzen gibt. Typische zweigliedrige Paarsequenzen wie FrageAntwort können auch durch eine folgende Zukenntnisnahme (acknowledgment) zu dreigliedrigen Sequenzen ausgebaut werden. Warchala (1991, 42⫺53) macht eine dreigliedrige Sequenz mit optionalem dritten Zug als konstitutive Einheit des Gesprächs aus, die er wymiana nennt. Ein solcher Austausch (wymiana) besteht aus einer initiierenden Replik (inicjacja), einer reagierenden Replik (reakcja) und einer optionalen Bestätigung (coda bzw. potwierdzienie). Warchala (1991, 46) illustriert dies mit dem folgenden Beispieldialog:

77. Gesprächsanalyse

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[I] ⫺ Przepraszam, która jest teraz godzina? [R] ⫺ Piąta. [C] ⫺ Dziękuję.

„Wie spät ist es, bitte?“ „Fünf.“ „Danke.“

Das von Baranov/Krejdlin (1992) vorgeschlagene Modell einer „minimal’naja dialogičeskaja edinica“ (MDE) bzw. eines „minimal’nyj dialog“ kann auch noch viergliedrige Sequenzen erfassen und beschreibt die Reihenfolge der Repliken zweier Sprecher. Ein solcher minimaler Dialog bzw. eine MDE weist nach Baranov/Krejdlin (1992, 94⫺98) die folgenden Charakteristika auf: (i) (ii)

(iii)

Alle Repliken der MDE sind durch ein einheitliches Thema miteinander verbunden. Eine MDE beginnt mit einem illokutiv absolut unabhängigen (illokutivno absoljutno nezavisimyj) und endet mit einem illokutiv absolut abhängigen Sprechakt (illokutivno absoljutno zavisimyj rečevoj akt). Die Beziehungen zwischen den Repliken lassen sich durch illokutiven Zwang (illokutivnoe vynuždenie) beschreiben, wobei die gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisse der Repliken ihre Reihenfolge bestimmen.

Dass innerhalb einer MDE aufgrund dieser Merkmale keine andere Reihenfolge der Repliken möglich ist, lässt sich an einem Beispiel von Baranov/Krejdlin (1992, 93) illustrieren: ⫺ ⫺ ⫺ ⫺

Vy pojdete segodnja v kino? S kem? So mnoj. Pojdu.

„Kommen Sie heute ins Kino?“ „Mit wem?“ „Mit mir.“ „(Ja) Ich komme.“

Die erste Replik ist durch einen absolut unabhängigen Sprechakt realisiert, der illokutiv die vierte Replik erzwingt. Die beiden eingeschobenen Repliken, die gleichsam eine eingeschobene Klärungssequenz bilden, sind durch abhängige Sprechakte realisiert. Der Sprechakt der letzten Replik ist absolut abhängig, da er nicht nur vom Sprechakt der ersten Replik erzwungen wird, sondern auch selbst keinen illokutiven Zwang aufbaut. Eine MDE muss daher nicht auf zwei Repliken beschränkt sein. Die Beziehung zwischen aufeinander folgenden Repliken einer Sequenz kann variieren. Aufbauend auf eine Untersuchung von Padučeva (1982) unterscheidet Freidhof (1992) sieben dialogische Kohärenztypen bzw. Arten der thematisch-pragmatischen Beziehung, die zwischen aufeinander folgenden turns bzw. Repliken bestehen können: Wenn die „Repliken aus illokutivischer Sicht zu Paaren zusammengefasst werden können“ (ebd. 216), kann von progredient-illokutivischer Kohärenz gesprochen werden. Beispiele hierfür sind Sequenzen wie Frage-Antwort oder Beschuldigung-Rechtfertigung/Widerspruch. „Entscheidend ist [...], dass der Dialog referentiell fortschreitet, d. h. neue Inhalte eingebracht werden, die in einen illokutivischen Handlungstyp eingegossen werden“ (ebd.). Progredient-präsumptivische Kohärenz „betrifft Repliken, die die Prämissen der jeweils vorausgehenden Replik ganz oder (häufiger) in Teilen in Frage stellen. [...] Der progrediente Charakter dieses Typs besteht darin, dass er der Klärung bzw. Richtigstellung von Sachverhalten dient“ (ebd. 217). Progredient-implikaturische Kohärenz beruht auf konversationellen Implikaturen nach Grice und ist „dadurch gekennzeichnet, dass in der Replik mit einer Implikatur Sinn und Bedeutung

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

nicht zusammenfallen [...]. Die Implikatur gewährleistet die Kohärenz“ (ebd. 218). Diese drei dialogischen Kohärenztypen entsprechen nach Freidhof den folgenden Kategorien bei Padučeva (1982, 306 ff.): soglasovanie replik po illokutivnoj funkcii ‚Übereinstimmungen der Repliken nach ihrer illokutiven Funktion‘; repliki obraščennye na prezumpciju ‚Repliken, die auf die Präsumption orientieren‘; svjazi replik, osnovannye na implikaturach diskursa ‚Replikenverbindungen, die auf Implikaturen des Diskurses bassieren‘. Freidhof (1992, 222) ergänzt noch vier weitere Kohärenztypen, bei denen die Aufmerksamkeit jeweils auf die Bedingungen gelenkt wird, die den Sprechakt gelingen oder nicht gelingen lassen: Bei progredient-metasprachlicher Kohärenz besteht zwar illokutivische Kohärenz, diese wird jedoch metasprachlich begleitet, so „dass der metasprachliche Teil als Einleitung in die Replik verstanden werden muss“ (ebd. 222), um diese an die vorangehende Replik anzuschließen. Auch im Falle von stagnierend-metasprachlicher Kohärenz sind die Repliken noch illokutiv verzahnt. Es erfolgt jedoch „eine vorübergehende Aussetzung der referentiellen Progression und damit der illokutiven Interaktion [...], indem nämlich eine Zwischenreplik mit einer metasprachlichen Formulierung eingeschoben wird. [...] Sie verzögert nur die Inkraftsetzung der illokutiven Kohärenz, blockiert sie aber nicht.“ (ebd. 223). Bei Kohärenz durch Verzögerung wird die illokutivische Kohärenz durch Mittel ausgesetzt, die „nicht metasprachlicher Natur sind“ (ebd. 224). Im Falle einer Illokutionsblockade schließlich akzeptiert „ein Sprechpartner einen bestimmten Sprechakt in seiner Berechtigung, Form, Angemessenheit usw. nicht“ (ebd. 227) und ist auch nicht nach Einsatz von Verzögerungstechniken bereit, darauf zu reagieren. Der vorhergehende Sprechakt gelingt also nicht. In der tschechischen Gesprächsforschung haben sich zahlreiche Analysekategorien etablieren können, die teils aus der Tradition der bohemistischen Dialogforschung, teils aus den anglo-sächsischen (vor allem amerikanischen) Arbeiten zur Konversationsanalyse stammen. Zentral für diese Richtung sind die Arbeiten Hoffmannová/Müllerová (1994, 1999); Müllerová (1979/1997); Čmejrková/Hoffmanová/Müllerová/Světlá (eds.) (1998); Hoffmannová/Müllerová/Schneiderová (eds.) (1992); Hoffmannová/Müllerová/ Zeman (1999) sowie Hoffmannová/Müllerová (2000). Bei der Fülle der Termini werden wir uns auf die folgenden vier Begriffe konzentrieren: Dialog (tsch. dialog), Replik (tsch. replika), turn taking (střídání partnerů v dialogu) und Gesprächsphasen (průběh, základní fáze). Der Dialog (dialog) zählt nach Müllerová zu den grundlegenden Formen der (menschlichen) Kommunikation; er wird in der bohemistischen Tradition als die zentrale Kategorie (útvar) der verbalen Kommunikation betrachtet. Im engeren Sinne handelt es sich um ein situationell eingebettetes (zakotvený) und zusammenhängendes (kohärentes, souvislý) Gespräch (rozhovor) von zwei oder mehreren Partnern, die im direkten Kontakt (přímý kontakt) oder im indirekten Kontakt (nepřímý kontakt) miteinander kommunizieren. Die Unterscheidung von Dialog als duolog (Beteiligung von zwei Personen) und polylog (Polylog, mehr als zwei Personen) und natürlich Monolog (monolog) ist in der westeuropäischen Gesprächs- und Dialogforschung nicht überall bekannt, vor allem was die ersten beiden Oppositionen angeht (also duolog und polylog). Der Begriff des turn taking wird als Wechsel der aktiven und passiven Gesprächsrolle ⫺ als Sprecher und Hörer ⫺ einerseits und als Partnerwechsel andererseits verstanden. Der Wechsel der aktiven und passiven Gesprächsrolle enstammt sicherlich der Tradition der Prager Schule und knüpft an Arbeiten auch der literaturwissenschaft-

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lichen Dialogforschung an (Mukařovský 1941). Ebenso sind die Tradition der Unterscheidung der halbdirekten und direkten Rede sowie Mischformen der monologischen und dialogischen Rede der funktionalen Auffasung der Sprecherrolle entnommen. Müllerová (2002, 110) führt an, dass man eine genaue Grenzziehung zwischen Dialog und Monolog nicht immer machen könne, denn es kommt stellenweise zu einer „Dialogisierung des Monologs“ (dochází k dialogizaci monologu), indem der Vortragende die Zuhörer direkt anspricht, ihren möglichen Einwänden vorgreife, die Zuhörer reagieren durch Lachen und Aplaudieren; ebenso kommt es zu einer „Monologisierung des Dialogs“ (monologizace dialogu), wenn der dominante Gesprächspartner sein Rederecht nicht an den nächsten Sprecher delegiert und dadurch eine asymmetrische Gesprächssituation entsteht (Müllerová, a. a. O., 111). Innerhalb der Kategorie des Dialogs spielt die Tradition der Prager Schule eine sehr große Rolle, denn die Unterscheidung persönlicher Dialog (beruht auf der Relation von ICH-DU), sachbezogener Dialog (situationsgebunden) und Konversation (konverzace, phatische Kommunikation, die zur Pflege der sozialen Kontakte und Beziehungen und zur Erheiterung und Entspannung dient, dazu vgl. Hoffmannová/Müllerová/Zeman 1999; Kosta 1998b) geht im Wesentlichen auf Mukařovský (1941) zurück. Aus dieser Opposition haben sich später die Funktionalstile (öffentlicher/institutioneller, wissenschaftlicher und Alltagsstil) herauskristalisiert. Der dialogische Text wird in Repliken (repliky) eingeteilt, d. h. Textkonstituenten, die das Ergebnis von Sprecherwechsel in der Gestalt aktiver und passiver Gesprächsrollen (střídání mluvčích v komunikačně aktivních a pasivních rolí) sind. Es werden initiale Repliken (Frage, otázka), reaktive Repliken (z. B. Antwort, odpověď), Sequenzen von Repliken (sekvence), vorbereitende (přípravné) und zwei- bzw. mehrgliedrige Sequenzen (dvojčlenné resp. vícečlenné replikové sekvence), in Form von Frage (otázka) ⫺ Antwort (odpověď) ⫺ und Aufzeichnung der Antwort (registrace odpovědi) unterschieden. Außerdem setzt sich Müllerová mit dem Begriff der eingeschobenen und peripheren Sequenz auseinander (vgl. Müllerová 2002, ESČ, 375). Der dialogische „Text“ wird in verschiedene Phasen (fáze, průběh) eingeteilt. Wörtlich bedeutet das Wort průběh „Verlauf“, also Gesprächsverlauf. Es werden die Anfangs-/Eröffnungsphase (začáteční fáze, začátek), Gesprächsmitte (střed) und Gesprächsbeendigungsphase (ukončení) unterschieden. Die in der Regel umfangreichste Gesprächsphase ist die Gesprächsmitte, in der die Lösung des Problems erfolgt. Diese teilt sich in verschiedene thematische Blöcke ein, die durch die Redeabsichten der Gesprächspartner bei der Lösung der Teilprobleme bestimmt und geleitet wird.

5. Gesprächsanalytisch nutzbare Korpora Genuines Untersuchungsobjekt der Gesprächsanalyse sind authentische bzw. natürliche Gespräche. In der Slavistik ist jedoch auch die gesprächsanalytische Untersuchung literarischer Dialoge besonders verbreitet. So basieren beispielsweise die Arbeiten von Freidhof (1992, 1996), Unrath-Scharpenack (2000), Mann (2000) oder Kreß (2008) fast ausschließlich auf literarischen Dialogen. Auch in der (frühen) sowjetischen Dialogforschung ist diese Vorgehensweise üblich. Einigen neueren Arbeiten liegen aber auch ausschließlich authentische Interaktionsdaten zugrunde (Bolden 2004; Blankenhorn

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

2003; Thielemann 2006, 2007a, 2007b), was ganz im Sinne der ethnomethodologischen Konversationsanalyse ist, die literarische Dialoge als Grundlage der Analyse ablehnt. Die Arbeit mit literarischen Dialogen wird in der slavistischen Gesprächsanalyse meist durch die folgenden Argumente, wie sie Unrath-Scharpenack (2000, 225⫺230) sammelt, gestützt: Literarische Dialoge reflektieren die Kommunikationserfahrung des Autors und bilden somit natürliche Kommunikation (adäquat) ab. Außerdem sind literarische Dialoge bereits segmentiert und auf ein bestimmtes Ziel hin strukturiert. Je nach Autor und Epoche sind sie in unterschiedlichem Maße bereinigt von Eigenschaften natürlichsprachlicher Interaktion wie z. B. Unterbrechungen, Stocken, Verhaspeln ⫺ „literarische Rede ist von Zufälligem befreit, stilisiert, auf ein übergreifendes ganzes hin organisiert“ (Weiss 1981, 209). Für bestimmte Fragestellungen sind sie dabei durchaus nutzbar, „wenn man dabei im Auge behält, dass es sich hier meist nicht um getreue Nachahmung spontaner Rede handelt, sondern um geformte Rede“ (ebd.). Ansonsten ist ihrer Verwendbarkeit für gesprächsanalytische Untersuchungen jedoch eingeschränkt. Gesprächsverhalten in literarischen Dialogen ist beispielsweise zugleich eine wichtige künstlerische Ressource zur Charakterisierung von Figuren (ebd.) und kann daher nicht zwingend als typisch für das Kommunikationsverhalten ganzer Gruppen oder Kulturen betrachtet werden. Konversationsanalytisch nutzbare Gesprächskorpora sind immer noch ein Desiderat in der Slavistik. Werden keine eigenen Aufnahmen angefertigt und dann verschriftet, bleiben nur wenige publizierte Gesprächssammlungen, die darüber hinaus, was ihre Aufbereitung betrifft, nur eingeschränkt gesprächsanalytisch nutzbar sind. Oftmals liegen die entsprechenden Audiodaten gar nicht, nur teilweise oder in sehr schlechter Qualität vor. Zudem gibt auch oftmals die gewählte Verschriftung nicht alle nötigen Informationen z. B. zu Prosodie und nonverbalem Verhalten, zur Gestaltung der turn-Übergabe sowie zu Überlappungen und gleichzeitigem Sprechen adäquat wieder. Eine Nutzung der Gesprächstranskripte ohne die Möglichkeit eines Abgleichs mit den Audiodaten und einer eventuellen Verfeinerung des Transkripts schränkt die Analyse dabei stark ein. Für das Russische und das Polnischen liegen einige Gesprächssammlungen vor, die eben diese Mängel in unterschiedlichem Maße aufweisen: Die Sammlungen von Zemskaja/Kapanadze (1978) und Kitajgorodskaja/Rozanova (1995, 1999) enthalten verschriftete Gespräche von Sprechern der mündlichen Standardsprache (russkaja razgovornaja reč’). Teilweise sind auch elizitierte Erzählungen enthalten. Die entsprechenden Audiodateien werden nur zu einem Teil der Gespräche mitgeliefert und die Qualität lässt zu wünschen übrig. Zudem sind insbesondere die älteren Aufnahmen mit einer sprachpflegerischen Orientierung erhoben und konzentrieren sich auf Sprecher der Bildungsschicht. Was das Polnische betrifft, zeichnen sich insbesondere im Rahmen neuer linguistischer online-Korpusprojekte Bemühungen ab, auch Gespräche zu integrieren. Sowohl das Korpus języka polskiego (pwn-)Korpus (http://korpus. pwn.pl/) als auch das polnische Referenzkorpus PELCRA (http://korpus.ia.uni.lodz.pl/ conversational/) enthalten Transkripte spontaner Gespräche. Diese sind jedoch nicht als Volltext oder in Audioform zugänglich, was die Analyse wiederum stark einschränkt. Außerdem ist die Art der Verschriftung für gesprächsanalytische Zwecke unzureichend. Ähnliches gilt für die edierten Sammlungen von Texten gesprochener Sprache von Lubaś (1978/1980) und Kamińska (1989, 1992), die für dialektologische Untersuchungen erarbeitet wurden. Schließlich muss auch noch die umfangreiche

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Sammlung verschrifteter polnischer Telefongespräche im Anhang der Arbeit von Pisarkowa (1975, 165⫺228) erwähnt werden. Die Bohemistik und die tschechische Gesprächsforschung und Textlinguistik verfügen von allen slavischen Sprachen über die bisher umfangreichsten Korpora geschriebener und mündlicher Texte. Das Tschechische Nationalkorpus (Český národní korpus, ČNK) ist das bisher umfangreichste, nicht kommerzielle, also vom Staat subventionierte, Projekt, das den Ausbau (výstavba), die Betreuung (údržba) und die Weiterentwicklung (rozvoj) einer Sammlung mehrerer sprachlicher Korpora der tschechischen Sprache in sich vereinigt. Dabei werden sowohl synchrone als auch diachrone, und sowohl geschriebene als auch gesprochene Texte erfasst. Das ČNK teilt sich in einen diachronen und einen synchronen Teil. Der synchrone Teil umfasst die folgenden Korpora: a) synchronní psaný korpus (synchrones Korpus geschriebener Texte) ⫺ SYN 2000 (es umfasst ca. 100 000 000 Wortformen) mit einem öffentlich verfügbaren Teil, nämlich dem korpus PUBLIC (es umfasst ca. 20 000 000 Wortformen); b) synchronní mluvený korpus (synchrones Korpus mündlicher Texte) ORAL-PMK (Umfang ca. 700 000 Wortformen); c) synchronní nářeční korpus (Synchrones Korpus von Dialekten und Mundarten). Der diachrone Teil umfasst ein Archiv und eine Datenbank diachroner Texte, die sich in einen a) diachronní psaný korpus (diachronen Korpus geschriebener Texte) und in einen b) diachronní nářeční korpus gliedert. Neu ist das Pražský mluvený korpus ⫺ ORAL-PMK (vgl. Čermák 2002), das mündliche Texte Prags und der Umgebung der Jahre 1988⫺1996 umfasst. Zentral ist das Korpus SYN 2000, das die folgenden Texttypen umfasst: a) Zeitungs- und Zeitschriftentexte (ab 1990 bis heute), b) Texte der Belletristik (ab 1945 bis heute). Die Disziplin der Korpuslinguistik hat eine eigene Abteilung an der Karls-Universität Prag und ist auch in der Verbindung mit dem Institut für Tschechische Sprache der Akademie der Wissenschaften (Ústav pro jazyk Český Akademie věd ČR) sowie durch die Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte und Mathematische Linguistik (ÚFAL) der Karls-Universität Prag in der Welt führend (vgl. dazu Čermák 2002, 2006a, 2006b, 2006c sowie http://ucnk.ff.cuni.cz).

6. Gesprächsanalytische Interessenfelder innerhalb der Slavistik Ein verstärktes gesprächsanalytisches Interesse zeichnet sich in der Slavistik erst seit Beginn der 90er Jahre ab. In den Untersuchungsfokus geraten dabei insbesondere Diskursmarker und Pragmalexeme, Besonderheiten der interkulturellen Kommunikation bzw. der Kommunikation Bilingualer, die Redewiedergabe im Gespräch sowie verschiedene Charakteristika von Konfliktkommunikation. Diskursmarker bzw. Gliederungssignale sind sprachliche Mittel in Gesprächen, die Grenzen von bzw. zwischen interaktionalen Einheiten markieren und auf deren Funktion in der Interaktion hinweisen. Es handelt sich hierbei um eine ausdrucksseitig sehr heterogene Klasse, die durch ihre Funktion im Gespräch bestimmt ist. Ożóg (1990) wählt den Begriff des leksykon metatekstowy, um sprachliche Ausdrücke zu beschreiben, die gleichsam metakommunikativ an der Diskursgliederung bzw. Interaktionsorganisation teilhaben. Beispielhaft sind hier die folgenden Untersuchungen zu erwähnen: Freidhof (1996, 7⫺68) beschreibt den Weg von Ausdrücken wie ponimaete bzw. znaete zur Partikel und zeigt ihre Rolle bei der Organisation des Sprecherwechsels auf.

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

In einer weiteren Aufsatzstudie analysiert er (ebd. 71⫺136) Gliederungspartikeln in tschechischen und russischen Dialogen und geht auf Probleme bei deren Übersetzung ein. Kosta (1995b) analysiert sprachliche Gliederungssignale in literarischen und authentischen Dialogen tschechischer Sprecher, und Mazur (1986) untersucht verbale und prosodische Gliederungsmittel in authentischen Gesprächen russischer und polnischer Sprecher. Thielemann (2007a) analysiert polnische, russische und ukrainische Dissensmarker. Dissensmarker sind Diskursmarker, die anzeigen, dass das folgende Diskurssegment auf zumindest einer Interaktionsebene (Handlungsebene, Ebene der Gesprächsorganisation bzw. Ebene der thematischen Entfaltung) dissent an den vorangegangenen Kontext anschließt. Rathmayr (1985) schließlich beschreibt russische Partikeln als Pragmalexeme, die keine von der Äußerungssituation im Gespräch abstrahierbare Bedeutung haben. Sie geht dabei sowohl auf illokutionsmodifizierende Partikeln wie že oder ved’ ein, als auch Gliederungssignale wie a oder nu und beschreibt deren Funktion im Gespräch. Kosta (1998b) analysiert die phatische Partikel jako in der Unterhaltung tschechischer Intellektueller. Den Besonderheiten interkultureller Kommunikation widmet sich Yakovleva (2004) in ihrer Untersuchung deutscher und russischer Gespräche. Sie analysiert dabei unterschiedliche Diskursstrategien, was die Themenpräferenz und -behandlung, die Gestaltung von Gesprächshandlungen, die Organisation des Sprecherwechsels etc. betrifft, und kann so Unterschiede in der Kommunikationskultur nachweisen. Blankenhorn (2003) untersucht Gespräche von Russlanddeutschen in Sibirien und zeigt, wie diese in ihre deutsche Rede russische Diskursmarker und Modifikatoren integrieren. Im zweiten Teil ihrer Arbeit analysiert sie, welche Bedingungen und Einflussfaktoren jeweils für Code-switching ins Russischen verantwortlich sind. Ein weiteres Interessensgebiet slavistischer Gesprächsforschung ist die Redewiedergabe in Gesprächen. Bolden (2004) zeigt an einem Korpus von Telefongesprächen russischer Sprecher auf, wie diese reportierte Rede in ihre eigenen Äußerungen integrieren, und wie sie den Beginn und das Ende eines solchen ‚Zitats‘ sprachlich und prosodisch markieren. Thielemann (2006) zeigt, wie russische, polnische bzw. ukrainische Sprecher die Redewiedergabe im Rahmen argumentativer Szenarien nutzen, um dort einzelne, so zum Leben erweckte Figuren plastischer wirken zu lassen und die eigene Argumentation effektiver und emotionaler zu gestalten. Einen weiteren Interessenschwerpunkt der slavistischen Gesprächsanalyse stellt die Konfliktkommunikation dar. Eine Reihe von Arbeiten widmet sich der sequentiellen Organisation in kommunikativen Konflikten. Rathmayr (1988), Kreß (2002, 2008) und Arutjunova (1990) untersuchen konfliktevozierende reaktive Gesprächsschritte, die Ablehnung, Widerspruch bzw. Dissens und mangelnde Akzeptanz im weitesten Sinne ausdrücken. Je nach sprachlicher und illokutiver Realisierung wird der weitere Verlauf der Interaktion insbesondere auf der Beziehungsebene beeinflusst. Kreß (2002) zeigt, welch unterschiedliches Konfliktpotential Wiederholungen im Gegensatz zu Reformulierungen haben bei der Gestaltung von Widerspruchsäußerungen. Rathmayr (1988) und Kreß (2008) zeigen mögliche weitere Verlaufsformen nach ablehnenden bzw. widersprechenden zweiten Zügen auf und beschreiben nicht nur sequentielle Verlaufsformen von Konfliktgesprächen, sondern auch mögliche sprachliche Realisierungen am Beispiel authentischer russischer Gespräche, sowie anhand russischer und tschechischer literarischer Dialoge. Kosta (1995a, 1996, 1998a) und Mann (2000) dagegen konzentrieren sich auf persuasive Sprechhandlungen, die von Sprechern initiiert werden

77. Gesprächsanalyse

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können, um ihr Gegenüber dazu zu bewegen, ein zunächst nicht akzeptiertes, im ersten Gesprächsschritt vorgebrachtes Handlungsziel zu akzeptieren. Mögliche sequentielle Verlaufsformen persuasiver Sprechhandlungen werden dabei an authentischen und literarischen Dialogen des Russischen analysiert. Auch Issers (2003, 93⫺160) beschreibt verschiedene kommunikative Strategien, wie sie auch in Konfliktkommunikation vorkommen können (z. B. Überredung, Beleidigung, Anschuldigung), in russischen Gesprächen und geht dabei auf kommunikative Taktiken und deren sprachliche Realisierung ein. Neben sequentiellen Strukturen und der Analyse konfliktionärer Sprechhandlungen bzw. möglicher sprachlicher Realisierungen wird ein weiteres Charakteristikum von Konfliktkommunikation in einer gelockerten Kooperationsbereitschaft der Sprecher gesehen und linguistisch beschrieben (Nikolaeva 1990). Yokoyama (1990) beschreibt ein verwandtes interaktionales Phänomen (responding with a question) bei Service-Begegnungen im postsowjetischen Raum an Beispielen wie „Dajte požalujsta ‚Ogonek‘! ⫺ Gde vy zdes’ vidite ‚Ogonek‘?“ dt. „Geben Sie mir bitte ein ‚Ogonëk‘!“ ⫺ „Wo sehen Sie hier ‚Ogonek‘?“. Die hier verweigerte Kooperation lässt sich beschreiben als Zurückweisung der Präsumption, so dass zwischen beiden Repliken nur mehr ein Verhältnis progredient-präsumptivischer Kohärenz (Freidhof 1992, 217) besteht. Die letzten vier dialogischen Kohärenztypen, wie sie Freidhof (1992) beschreibt (siehe 4), sind symptomatisch für gelockerte Kooperationsbereitschaft und daher häufig in Konfliktkommunikation anzutreffen. Kreß (2008, 69⫺104, 163⫺165) unterscheidet vier verschiedene Kooperationsbegriffe, die jeweils unterschiedliche Verlaufsformen in Konfliktgesprächen hervorbringen und zur Entstehung unterschiedlicher Konfliktaustragungsformen beitragen. Thielemann (2006, 2007b) beschreibt verschiedene gesprächsrhetorische Techniken, die von Sprechern zur argumentativen Bearbeitung von Dissens im Gespräch eingesetzt werden. Beim Argumentieren mit Szenarien wird eine Szene, die die strittige Position induktiv absichern soll, durch deiktische Aktualisierung und Stimmanimation szenisch dargestellt, um sie konkreter und dadurch überzeugender zu gestalten (Thielemann 2006). Außerdem setzen die analysierten russischen und ukrainischen Sprecher besonders häufig Phraseologismen in argumentativen Sequenzen ein, deren gesprächsrhetorisches Potential vielfältige Verwendungsmöglichkeiten eröffnet (Thielemann 2007b). Die Leiterin der Abteilung für Stilistik und Textlinguistik des Instituts für Tschechische Sprache der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Světla Čmejrková, umreißt die Aufgabenbereiche ihrer Abteilung wie folgt: „Wie ist das heutige Tschechisch, wie sind seine Normen, wie ist der Stil? Wir beschäftigen uns damit, wie Menschen in einzelnen kommunikativen (Rede-) Situationen ⫺ einerseits traditionellen, andererseits neu entstandenen ⫺ sprechen und schreiben: es interessiert uns also nicht nur der Stil eines klassischen Briefs, sondern auch der Stil von E-Mails, und von SMS … Wir untersuchen das Tschechische, wie es Sprecher bei der alltäglichen Verständigung untereinander verwenden, z. B. im privaten Rahmen der Familie, aber wir untersuchen auch das Tschechische, das wir in der Öffentlichkeit verwenden, z. B. in den Institutionen, in der Schule, im Rundfunk, im Fernsehen … Es interessiert uns der Stil, den Schriftsteller verwenden, vor allem Gegenwartsautoren, aber auch Wissenschaftler, Ärzte, Politiker, Publizisten, Moderatoren, Reklamefachleute … Wir untersuchen, wie Lehrer und Schüler sprechen, wie Alte und Junge sprechen, wie Männer und Frauen

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

reden … Es interessiert uns auch, wie sie sich verständigen und gegenseitig verstehen bzw. nicht verstehen, also wie sie den Dialog führen.“ (Čmejrková 2008) [Übers. P. K.]. Aus den Arbeiten und Projekten der Abteilung zur Gesprächslinguistik und Textsortenstilistik geht eindeutig hervor, dass die Verbindung zwischen der Tradition der Funktionalstilistik der Prager Schule und neueren Arbeitsmethoden, die meist den Arbeiten der amerikanischen Konversationsanalyse folgen (vgl. die Referate im Band VI Dialoganalyse, Čmejrková/Hoffmannová/Müllerová/Světlá 1998), charakteristisch ist. Dabei wurden als Ergebnisse des Mamut-Projekts Dialog ve světě lidí a strojů („Dialog in der Welt von Menschen und Maschinen“) sowohl institutionelle als auch informelle Texte des Alltags in ihrer geschriebenen und gesprochenen Form gewonnen, die Gesprächssituationen in den Ämtern, beim Gericht, in der Schule, bei Familienbesuchen, unter Freunden bzw. in Notsituationen (Polizeinotruf, Feuerwehrnotruf) oder die Arzt-Patient-Interaktion einfangen und in transkribierter Form als Grundlage von gesprochenen (mündlichen) Texten des Tschechischen Nationalkorpuses (vgl. Abschnitt Gesprächsanalytisch nutzbare Korpora) integriert werden konnten. Gleiches gilt für die Aufnahme von TV-Übertragungen von Dialogen in Diskussionen verschiedener diskussionslastiger Sendungen.

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77. Gesprächsanalyse

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

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Vachek, Josef (ed.) (1964): Prague School Reader in Linguistics. Bloomington. Warchala, Jacek (1991): Dialog potoczny a tekst. Katowice. Weiss, Daniel (1981): „Konversationsanalyse: Materialien zu einer sprachlichen Interaktionsgrammatik.“ // Hill, Peter/Lehmann, Volkmar (eds.). Slavistische Linguistik 1980. München. Yakovleva, Elena (2004): Deutsche und russische Gespräche. Ein Beitrag zur interkulturellen Pragmatik. Tübingen. Yokoyama, Olga T. (1990): „Responding with a Question in Colloquial Russian“. // Mills, Margaret (ed.). Topics in Colloquial Russian. New York. 1⫺16 Zemskaja, E. A./Kapanadze, L. A. (red.) (1978): Russkaja razgovornaja reč’. Teksty. Moskva. Żydek-Bednarczuk, Urszula (1992): „O kilku problemach metodologicznych badania rozmowy potocznej.“ // Socjolingwistyka 12, 21⫺37. Żydek-Bednarczuk, Urszula (1994): Struktura tekstu rozmowy potocznej. Katowice.

Peter Kosta, Nadine Thielemann, Potsdam (Deutschland)

78. Höflichkeit 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einleitung Konzeptualisierungen Typologische Einordnung Ausdrucksmittel Historische Entwicklung Literatur (in Auswahl)

Abstract Politeness represents a basic interactional principle which affects all aspects of human behaviour. As a linguistic category it determines the use of certain speech acts, which aim at governing the interpersonal relationship between the interlocutors, and the selection of verbal means to express these speech acts. Two approaches have been influential in research on Slavic politeness: The first views politeness as the expected and therefore unmarked socially appropriate behaviour. Thus, handbooks of speech etiquette provide lists of politeness formulas together with detailed comments on how to use them correctly. However, they often fail to reproduce the actual use of the respective formulas. The second approach treats politeness as a strategy directed to protect damages to the interlocutors’ faces. Studies conducted within the framework of Brown and Levinson’s politeness theory have revealed that Slavic cultures place more emphasis on positive politeness strategies. Consequently, they allow for a much more direct verbal behaviour in comparison to Western cultures, at least in private domains of communication. Slavic languages use a wide range of verbal means in order to convey politeness: These include (1) prosodic devices, (2) morphological means (e.g., selection of verbal aspect in imperatives, use of diminutives etc.), (3) syntactic transformations (questions as indirect requests,

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Vachek, Josef (ed.) (1964): Prague School Reader in Linguistics. Bloomington. Warchala, Jacek (1991): Dialog potoczny a tekst. Katowice. Weiss, Daniel (1981): „Konversationsanalyse: Materialien zu einer sprachlichen Interaktionsgrammatik.“ // Hill, Peter/Lehmann, Volkmar (eds.). Slavistische Linguistik 1980. München. Yakovleva, Elena (2004): Deutsche und russische Gespräche. Ein Beitrag zur interkulturellen Pragmatik. Tübingen. Yokoyama, Olga T. (1990): „Responding with a Question in Colloquial Russian“. // Mills, Margaret (ed.). Topics in Colloquial Russian. New York. 1⫺16 Zemskaja, E. A./Kapanadze, L. A. (red.) (1978): Russkaja razgovornaja reč’. Teksty. Moskva. Żydek-Bednarczuk, Urszula (1992): „O kilku problemach metodologicznych badania rozmowy potocznej.“ // Socjolingwistyka 12, 21⫺37. Żydek-Bednarczuk, Urszula (1994): Struktura tekstu rozmowy potocznej. Katowice.

Peter Kosta, Nadine Thielemann, Potsdam (Deutschland)

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Einleitung Konzeptualisierungen Typologische Einordnung Ausdrucksmittel Historische Entwicklung Literatur (in Auswahl)

Abstract Politeness represents a basic interactional principle which affects all aspects of human behaviour. As a linguistic category it determines the use of certain speech acts, which aim at governing the interpersonal relationship between the interlocutors, and the selection of verbal means to express these speech acts. Two approaches have been influential in research on Slavic politeness: The first views politeness as the expected and therefore unmarked socially appropriate behaviour. Thus, handbooks of speech etiquette provide lists of politeness formulas together with detailed comments on how to use them correctly. However, they often fail to reproduce the actual use of the respective formulas. The second approach treats politeness as a strategy directed to protect damages to the interlocutors’ faces. Studies conducted within the framework of Brown and Levinson’s politeness theory have revealed that Slavic cultures place more emphasis on positive politeness strategies. Consequently, they allow for a much more direct verbal behaviour in comparison to Western cultures, at least in private domains of communication. Slavic languages use a wide range of verbal means in order to convey politeness: These include (1) prosodic devices, (2) morphological means (e.g., selection of verbal aspect in imperatives, use of diminutives etc.), (3) syntactic transformations (questions as indirect requests,

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

together with use of conditional and negation as additional devices to soften the request) and (4) lexical politeness markers. Finally, the historical development of the Russian politeness system is discussed in order to show the importance of extralinguistic changes for altering modes of expressing politeness.

1. Einleitung Höflichkeit stellt ein Grundprinzip der menschlichen Interaktion dar, das sich auf alle Aspekte des Verhaltens bezieht. Es orientiert sich an den sittlich-moralischen Normen, die in einer Gemeinschaft gültig sind und den Rahmen für die Bewertung des Verhaltens anderer als (un)höflich abgeben, aber auch den Leitfaden für das eigene Verhalten bilden. Als omnipräsentes Interaktionsprinzip bietet Höflichkeit einen Erklärungsansatz für eine Vielzahl sprachlicher Erscheinungen: (1) für das Auftreten bestimmter, auf die Beziehungsebene ausgerichteter Sprechakte (Gruß, Dank, Entschuldigung etc.); (2) für die Selektion bestimmter Muster zum Ausdruck der illokutiven Funktion in der aktuellen Kommunikationssituation; (3) für die Verknüpfung verschiedener Sprechhandlungen im Diskurs (z. B. Gruß ⫺ Gegengruß, Dank ⫺ Annahme/Ablehnung des Dankes etc.). Nach Zemskaja (1997, 276 ff.) bildet Höflichkeit daher eine implizite Kategorie kommunikativ-pragmatischen Charakters, die sich auf verschiedenen sprachlichen Ebenen bemerkbar macht (vgl. 4). Dabei handelt es sich um eine gestufte Kategorie, die verschiedene Ausprägungsformen zwischen den Extrempolen Höflichkeit vs. Unhöflichkeit zulässt. Der Höflichkeitsgrad, der einer Äußerung zukommt, ist aber nur relativ zur aktuellen Kommunikationssituation zu bestimmen (z. B. in Abhängigkeit vom Status- und Distanzverhältnis zwischen den Interaktanten, dem Öffentlichkeitscharakter der Situation u. a.). Höflichkeit ist somit keine generelle, einem bestimmten Ausdrucksmuster inhärente Eigenschaft, sondern konstituiert sich erst in der aktuellen Kommunikationssituation, wobei die Perspektive des Adressaten entscheidend dafür ist, ob die jeweilige Äußerung im gegebenen Kontext als höflich akzeptiert wird oder nicht (Rathmayr 1996a, 363). Typisch für die linguistische Höflichkeitsforschung sind zwei unterschiedliche Konzeptualisierungen von Höflichkeit (vgl. Eelen 2001), die sich auch in den slavistischen Ansätzen niederschlagen.

2. Konzeptualisierungen 2.1. Höflichkeit als Normerfüllung Dieses Konzept versteht unter Höflichkeit das in der aktuellen Situation gemäß den in der jeweiligen Gemeinschaft gültigen Normen erwartbare und angemessene verbale Verhalten. Höflichkeit wird somit zum normalen, unmarkierten Verhalten. Rathmayr (1996a) hat für dieses Konzept den Terminus ‚explizite Höflichkeit‘ geprägt, deren Existenz erst dann auffällt, wenn es zu Abweichungen nach unten (Unhöflichkeit) oder oben (übertriebene Höflichkeit) kommt. Sprachlich manifestiert sich diese Form z. B. in der Verwendung sozial und situativ passender Routineformeln, mit denen der Spre-

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cher seine Orientierung an der in der Gemeinschaft gültigen Etikette dokumentiert (Rathmayr 1996a, 367 ff.). Auf diesem Höflichkeitsverständnis basiert die umfangreiche Literatur zur Sprachetikette, die lange Zeit für die Erforschung von Ausdrucksmitteln sprachlicher Höflichkeit in der Slavia bestimmend war. Diese oftmals für den Sprachunterricht konzipierten Werke (zum Russischen vgl. Akišina/Formanovskaja 1986; Formanovskaja 2006; zum Ukrainischen Bohdan 1998; zum Polnischen Marcjanik 2002) enthalten Sammlungen der Ausdrucksmittel für Sprechakte, die der Etablierung oder Pflege der Beziehung zum Gesprächspartner dienen (Anrede, Bitte, Dank, Entschuldigung etc.). Die konkurrierenden Ausdrucksmittel werden dabei in Bezug auf ihre soziale und situative Bedingtheit charakterisiert, um dem Nutzer die Wahl der für einzelne Situationen als adäquat einzuschätzenden Formeln zu erleichtern. Durch die pädagogische Ausrichtung dieser Handbücher werden allerdings oft nur präskriptive Sichtweisen vermittelt, die nichts über den tatsächlichen Usus in der jeweiligen Sprechergemeinschaft aussagen können.

2.2. Höflichkeit als zweckrationale Strategie Dieses Modell definiert Höflichkeit als die positive Überschreitung der Minimalforderung nach sozial angemessenem Verhalten durch gezielte Strategien der Wahrung oder Stärkung des Image des Adressaten. Diese ‚implizite Höflichkeit‘ (Rathmayr 1996a) beruht auf der bewussten Wahl des Ausdrucksmittels für die illokutive Intention, das dem Adressaten die besondere Berücksichtigung seiner Befindlichkeiten signalisiert, ihn auf diese Weise positiv stimmen und einen reibungslosen Verlauf der Interaktion gewährleisten soll. Das Funktionieren verbaler Höflichkeit wird dabei über den Rückgriff auf Kommunikationsmaximen (Leech 1983) bzw. auf die Anerkennung soziopsychologischer Grundbedürfnisse („face wants“) des menschlichen Individuums (Brown/ Levinson 1987) erklärt. Nach dem zuletzt genannten Ansatz besteht Höflichkeit darin, dem Adressaten die prinzipielle Akzeptanz zweier Grundbedürfnisse zu signalisieren: zum einen das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung im persönlichen Handeln („negative face“), zum anderen das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung durch andere („positive face“). Alle verbalen Höflichkeitsstrategien lassen sich nach Brown und Levinson auf diese beiden Aspekte der Imagewahrung des Adressaten zurückführen. Je nachdem, welches der beiden Imagebedürfnisse im Zentrum steht, unterscheiden sie Verfahren der negativen Höflichkeit, die darauf ausgerichtet sind, dem Bedürfnis des Adressaten nach Handlungsautonomie nachzukommen bzw. Verletzungen derselben zu minimieren, von Verfahren der positiven Höflichkeit, mit denen eine besondere Nähe zum Adressaten suggeriert werden soll. Diesen Ausprägungsformen, die auch mit den weniger zweideutigen Begriffen Distanz- bzw. Solidaritätshöflichkeit belegt werden können, ordnen Brown und Levinson eine Reihe von pragmatischen Strategien zu, die für sie von universeller Natur sind. Gerade dieser Universalitätsanspruch hat eine Vielzahl von empirischen Studien stimuliert, die am Beispiel verschiedener Sprachen die Gültigkeit dieser Theorie einer kritischen Prüfung unterziehen. Auch zu slavischen Sprachen liegen eine Reihe kleinerer Untersuchungen vor, die sich auf dem Hintergrund ihrer Theorie meist mit einzelnen Ausdrucksmitteln für Höflichkeit beschäftigen (vgl. 4). Größere Studien existieren nur zu einzelnen

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Sprechakten, z. B. zu Entschuldigungen (Rathmayr 1996 b) oder Danken (Brehmer 2009) im Russischen, oder untersuchen kontrastiv Ausdrucksmittel für bestimmte Sprechakte in einer slavischen und einer nichtslavischen Sprache (z. B. Jakubowska 1999; Ličen 1987; Nixdorf 2002). Übergreifende Arbeiten zum Höflichkeitssystem, wie Marcjanik (2007) zum Polnischen Milosavljević (2007) zum Serbischen, stehen für die meisten slavischen Sprachen allerdings noch aus.

3. Typologische Einordnung Untersuchungen zum Ausdruck von Höflichkeit im Slavischen bestätigen zwar viele der von Brown und Levinson beschriebenen Strategien, belegen aber eine zu starke Orientierung ihres Ansatzes am angloamerikanischen Sprachraum, insbesondere im Hinblick auf ihre Betonung der Distanzhöflichkeit. Rathmayr (1996c) und Wierzbicka (1985) beschreiben die russische bzw. polnische Kultur dagegen als Kulturen der Solidaritätshöflichkeit. Ausdrücke der emotionalen Nähe und Vertrautheit mit dem Adressaten nehmen daher eine wichtigere Stellung ein als Strategien, mit denen das Eindringen in die Sphäre des Adressaten rhetorisch abgeschwächt werden soll. Dies hat direkte Auswirkungen auf das verbale Verhalten in bestimmten Kommunikationssituationen: Das Streben nach Minimierung der Distanz zum Gesprächspartner erlaubt ein viel direkteres verbales Verhalten, z. B. in Bittsituationen, als in vielen westlichen Kulturen. Folglich unterliegt beim Ausdruck einer Bitte der Einsatz des Imperativs geringeren Restriktionen als im Deutschen oder Englischen, wo distanzbetonende konventionalisierte indirekte Strategien des Typs Könn(t)en Sie mir das Salz reichen? dominieren (vgl. Rathmayr 1994). Ein weiterer Indikator des verminderten Bedürfnisses nach Ausdruck von Distanz im Russischen spiegelt sich in der geringeren Frequenz von Dankes- oder Entschuldigungsfloskeln in Situationen wider, bei denen die Beteiligten lediglich ihre beruflichen Rollen ausüben oder ein großes Statusgefälle zugunsten des Sprechers vorliegt (Rathmayr 1996b, 196 ff.; Brehmer 2009, 482 ff.). Die ausbleibende Verwendung einschlägiger Routineformeln in diesen Situationen bildet im Russischen ⫺ anders als im Deutschen oder Englischen ⫺ die Norm und markiert somit keine Unhöflichkeit. Allerdings ist einschränkend anzumerken, dass solche Generalisierungen natürlich nicht für alle Mitglieder einer Gesellschaft zutreffen müssen. Die russische oder polnische Kultur bilden kein homogenes Ganzes, sodass besser von gruppen- oder situationsspezifischen Präferenzen auszugehen ist (Zemskaja 1997, 274 f.). So weist Rathmayr (1996c, 181) den Strategien der Distanzhöflichkeit im Russischen in offiziellen Kommunikationssituationen noch die größte Bedeutung zu, während die Solidaritätshöflichkeit insbesondere im privaten Bereich eindeutig prioritär sei.

4. Ausdrucksmittel Höflichkeit kann mit Mitteln nahezu aller sprachlichen Ebenen erzeugt werden. Dabei erscheint es sinnvoll, weitgehend grammatikalisierte bzw. lexikalisierte Ausdrucksmittel für Höflichkeit von Konstruktionen zu trennen, in denen nicht ein einzelnes Element für die (Un)höflichkeit der Äußerung verantwortlich gemacht werden kann, son-

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dern die sich hinter der gewählten Form verbergende gesamte Strategie des Sprechers für diese Bewertung ausschlaggebend ist (z. B. indirekte Sprechakte). Ich möchte die Bandbreite der sprachlichen Mittel, mit denen Höflichkeit kommuniziert werden kann, exemplarisch am Beispiel des Sprechaktes Bitten illustrieren. Dieser Sprechakt ist zum einen durch das mit ihm verbundene Eindringen in den Handlungsfreiraum des Adressaten zur Illustration des Phänomens (Distanz-)Höflichkeit besonders prädestiniert, zum anderen liegen zu diesem Sprechakt Studien zu mehreren slavischen Sprachen vor, sodass sich hier gut typologische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Slavinen zeigen lassen.

4.1. Prosodie Auch wenn bislang keine genauen Studien zum Zusammenhang zwischen Intonation und Höflichkeit vorliegen, so erfüllt die Intonation gerade angesichts der großen pragmatischen Bandbreite des Imperativs in vielen slavischen Sprachen (vgl. 3) eine wichtige Funktion zur Unterscheidung verschiedener Subtypen direktiver Sprechakte. Ob eine Aufforderung in der aktuellen Kommunikationssituation als neutrale oder kategorische Bitte intendiert ist, lässt sich oft bereits an der Intonationskontur des Imperativsatzes ermitteln (vgl. Rathmayr 1994, 252).

4.2. Morphologische Mittel Einzelne grammatische Kategorien können ebenfalls systematisch zum Ausdruck von Höflichkeit dienen, z. B. die Kategorien Person und Numerus. Am offensichtlichsten manifestiert sich das in der Wahl der Anredepronomina (/ vgl. Art. 76, in diesem Band). Je nachdem, ob die vom Sprecher durch die Verbform kommunizierte Annahme über das Distanzverhältnis zum Adressaten mit derjenigen des Adressaten zusammenfällt oder nicht, ergeben sich unterschiedliche Höflichkeitseffekte. Für das Russische ist auch ein Zusammenhang zwischen der Wahl des Verbalaspekts im Imperativ und der Höflichkeit der damit artikulierten Aufforderung konstatiert worden (vgl. Benacchio 2002): Demnach sind aufgrund der spezifischen Aspektfunktionen imperativische Aufforderungen im imperfektiven Aspekt höflich, wenn der Sprecher eine positive Einstellung des Adressaten auf die Handlung präsupponieren kann (z. B. Vchodite als Reaktion auf Klopfzeichen an der Tür). Ist dies nicht der Fall, so liefert der perfektive Aspekt die höflichere Form, weil er keine Voreinstellung des Adressaten voraussetzt und somit eine gewisse Distanz zum Adressaten und zur Ausführung der Handlung signalisiert. Aus dem Bereich der Derivationsmorphologie kann die Verwendung von Diminutiva als Höflichkeitsmodifikator genannt werden, z. B. in russ. beri ešče kusoček! Mit ihnen lässt sich rhetorisch die mit der Ausführung der Handlung verbundene Zumutung für den Adressaten abschwächen. Liegt die Handlung, zu der aufgefordert wird, im Interesse des Adressaten, wird damit zusätzlich die positive Einstellung des Sprechers zum propositionalen Gehalt der Aufforderung und damit die Übernahme der Perspektive des Adressaten angezeigt. Diese Effekte sind auch für andere slavische Sprachen beschrieben worden (vgl. Brehmer 2006).

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

4.3. Syntaktische Mittel Hier ist in erster Linie die Wahl des Satzmodus zu nennen. Neben Imperativsätzen können Bitten auch in Form assertiver Sätze (z. B. als explizit-performative Konstruktionen mit dem Verb für bitten) oder mit Fragesätzen kommuniziert werden. Insbesondere der mit Modalverben operierende Typ der Frage nach der Möglichkeit des Handlungsvollzugs (vgl. 3) ist auch in slavischen Sprachen anzutreffen, spielt dort aber im Vergleich zu direkteren Verfahren oft eine nur periphere Rolle (zum Russischen vgl. Berger 1997). Als zusätzliche Faktoren, die einen Einfluss auf die Höflichkeit der Bitte ausüben, fungieren bei diesem Typ die Transformation der Sätze in den Konditional und/oder die Kombination mit der Negationspartikel ne /nie, z. B. russ. vy ne mogli by X?, poln. czy nie mógłby pan X?, tschech. nemohl byste X?, serb./kroat. ne biste mogli X? Während die Varianten im Konditional tendenziell in allen Sprachen als höflicher aufgefasst werden als die Formen im Indikativ, ist der Status der Negation sehr unterschiedlich. Während im Russischen die Negation faktisch einen obligatorischen Bestandteil indirekter Bitten bildet (und daher eher als Illokutions- denn als Höflichkeitsmarker aufzufassen ist), wird sie im Tschechischen zwar als die Höflichkeit verstärkend wahrgenommen, tritt im Usus aber selten auf. Im Polnischen und Serbischen verstärkt die Hinzufügung der Negation den kategorischen Charakter der Bitte und mindert so ihre Höflichkeit (vgl. Brehmer 2007).

4.4. Lexikalische Mittel Zum Imperativ hinzutretende lexikalische Höflichkeitsmarker stellen ein wichtiges Mittel zur Identifizierung der illokutiven Funktion dar und bilden in vielen Slavinen das Standardmuster für den Ausdruck höflicher Bitten. In der Regel treten in dieser Funktion parenthetische Einschübe der 1. Person Singular des Sprechaktverbums auf, z. B. poln. proszę, tschech. prosím, serb./kroat. molim, im Russischen tritt an diese Stelle die Partikel požalujsta, die keinen Bezug zum Sprecher herstellt. Eher zu den pragmatischen Strategien zu zählen ist das Auftreten anderer Partikeln (v. a. von Abtönungspartikeln) in Imperativsätzen, die ebenfalls eine abschwächende und damit die Höflichkeit steigernde Funktion erfüllen können, z. B. -ka im Russischen (Berger 1998, 44 f.) oder jenom und tak im Tschechischen (Nekula 1996, 167).

5. Historische Entwicklung Höflichkeit ist keine statische Größe, sondern ständiger Veränderung unterworfen. Häufig beruht diese Veränderung auf sprachexternen Faktoren, da Höflichkeit aufs engste mit der politischen und sozioökonomischen Entwicklung einer Gesellschaft korreliert ist. Zwar liegen Studien zur diachronen Entwicklung einzelner Ausdrucksmittel für Höflichkeit (insbesondere zur Anrede) im Slavischen vor, eine umfassende Periodisierung der Entwicklung des Höflichkeitssystems ist bislang aber nur für das Russische versucht worden (vgl. Berger 2003): Wesentliche Einschnitte in der Entwicklung des

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russischen Höflichkeitssystems sieht Berger (1) mit den Petrinischen Reformen Ende des 17. Jhs., (2) der Orientierung an westeuropäischen (v. a. französischen) Konversationsstilen innerhalb des russischen Adels im 19. Jh. sowie (3) mit dem Übergang vom plan- in ein marktwirtschaftliches System und der politischen Liberalisierung durch die Perestrojka Ende der 1980er Jahre. Die Entwicklung verläuft insgesamt von einem System in vorpetrinischer Zeit, in dem Höflichkeit und Respekt gegenüber dem Adressaten sehr stark mit Unterwürfigkeitsmetaphern und verbalen Strategien der Selbsterniedrigung des Sprechers zum Ausdruck gebracht wird (z. B. Selbstbezeichnungen mit rab oder Vornamen in pejorativ konnotierten Diminutivformen, verbalisierte Unterwerfungsgesten wie X b’et čelom u. Ä.) über die Einführung einer partnerzentrierten und mit expliziten Höflichkeitsmarkern operierenden Honorifikation durch die gesellschaftlichen Reformen Peters des Großen (z. B. über Einführung der pronominalen Distanzanrede mit vy) bis hin zur Annäherung an westeuropäische Formen der Höflichkeit (inkl. Anreden des Typs sudar’/sudarynja oder indirekten Ausdrucksmitteln für Direktiva nach westlichem Muster) im 19. Jh. Die Oktoberrevolution 1917 brachte zwar Veränderungen mit sich, die aber nach Berger nur die Peripherie des Systems betrafen (v. a. im Bereich der Anredeformen). Allerdings bildeten sich mit der Einführung der Planwirtschaft und dem damit verbundenen chronischen Warenmangel Kommunikationspraktiken heraus, die in Westeuropa unbekannt waren. Im Dienstleistungssektor mussten z. B. Höflichkeitsstrategien v. a. von Seiten der Käufer angewandt werden, um an die vom Verkaufspersonal kontrollierten Waren zu kommen. Dies erklärt die für einen Westeuropäer frappierende Unhöflichkeit des Verkaufspersonals zu Sowjetzeiten (vgl. Rathmayr 1996b, 24 f.). Mit den ökonomischen und politischen Veränderungen seit der Perestrojka bahnen sich hier Veränderungen an, insbesondere im Bereich der expliziten Höflichkeit (s. 2.1) in der Geschäftskommunikation. Neben Verschiebungen im Bereich der Anredeformen ist eine Zunahme von Gruß- und Dankesformeln in der Verkäufer-Kunden-Interaktion zu beobachten, die sich der Praxis in westlichen Kulturen annähert (vgl. Krongauz 2004; Zemskaja 1997, 278). Ähnliche, durch den Wechsel des sozioökonomischen Systems ausgelöste Veränderungen im kommunikativen Verhalten sind auch für andere slavische Kulturen notiert worden (zum Tschechischen vgl. Nekvapil/Neustupný 2005, 255).

6. Literatur (in Auswahl) Akišina, A. A./Formanovskaja, N. I. (1986): Russkij rečevoj ėtiket. 4. izd. Moskva. Benacchio, Rosanna (2002): „Konkurencija vidov, vežlivost’ i ėtiket v russkom imperative“. // Russian Linguistics 26. 149⫺178. Berger, Tilman (1997): „Alte und neue Formen der Höflichkeit im Russischen: Eine korpusbasierte Untersuchung höflicher Direktiva und Kommissiva“. Kosta, Peter/Mann, Elke (eds.). // Slavistische Linguistik 1996. München. 9⫺29. Berger, Tilman (1998): „Partikeln und Höflichkeit im Russischen“. Berger, Tilman/Raecke, Jochen (eds.). // Slavistische Linguistik 1997. München. 29⫺53. Berger, Tilman (2003): „Drei Wellen der Europäisierung des russischen Höflichkeitssystems“. Berger, Tilman/Gutschmidt, Karl (eds.). // Funktionale Beschreibung slavischer Sprachen. München. 39⫺61. Bohdan, S. K. (1998): Movnyj etyket ukrajinciv: tradyciji i sučasnist’. Kyjiv.

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Brehmer, Bernhard (2006): „Beri ešče ogurčik! Diminutiva und Höflichkeit im Russischen“. // Welt der Slaven 51. 23⫺48. Brehmer, Bernhard (2007): „Sposoby pośredniego wyrażania prośby w języku polskim (w porównaniu z innymi językami słowiańskimi)“. // Czermińska, Małgorzata/Meller, Katarzyna/Fliciński, Piotr (red.) Literatura, kultura i język polski w kontekstach i kontaktach światowych. Poznań. 857⫺871. Brehmer, Bernhard (2009): Höflichkeit zwischen Konvention und Kreativität: Eine pragmalinguistische Analyse von Dankesformeln im Russischen. München. Brown, Penelope/Levinson, Stephen C. (1987): Politeness: Some Universals in Language Usage. Cambridge/Mass. Eelen, Gino (2001): A Critique of Politeness Theories. Manchester. Formanovskaja, N. I. (2006): Russkij rečevoj ėtiket: lingvističeskij i metodičeskij aspekty. 3. izd. Moskva. Jakubowska, Ewa (1999): Cross-Cultural Dimensions of Politeness in the Case of Polish and English. Katowice. Krongauz, M. A. (2004): „Russkij rečevoj ėtiket na rubeže vekov“. // Russian Linguistics 28. 163⫺187. Leech, G. N. (1983): Principles of Pragmatics. London/New York. Ličen, Marina (1987): Govorni čin direktiva i njihova jezička realizacija u nemačkom i srpskohrvatskom jeziku. Novi Sad. Marcjanik, Małgorzata (2002): Polska grzeczność językowa. 3. wyd. Kielce. Marcjanik, Małgorzata (2007): Grzeczność w komunikacji językowej. Warszawa. Milosavljević, Bojano (2007): Forme učtivosti u srpskom jeziku. Beograd. Nekula, Marek (1996): System der Partikeln im Deutschen und Tschechischen. Tübingen. Nekvapil, Jiří/Neustupný, Jiří V. (2005): „Politeness in the Czech Republic: Distance, levels of expression, management and intercultural contact“. // Hickey, Leo/Stewart, Miranda (eds.). Politeness in Europe. Clevedon. 247⫺262. Nixdorf, Nina (2002): Höflichkeit im Englischen, Deutschen, Russischen. Ein interkultureller Vergleich am Beispiel von Ablehnungen und Komplimenterwiderungen. Marburg. Rathmayr, Renate (1994): „Pragmatische und sprachlich konzeptualisierte Charakteristika russischer direktiver Sprechakte“. Mehlig, H. R. (ed.). // Slavistische Linguistik 1993. München. 251⫺278. Rathmayr, Renate (1996a): „Sprachliche Höflichkeit: Am Beispiel expliziter und impliziter Höflichkeit im Russischen“. // Girke, Wolfgang (ed.). Slavistische Linguistik 1995. München. 362⫺391. Rathmayr, Renate (1996b): Pragmatik der Entschuldigungen. Köln/Weimar/Wien. Rathmayr, Renate (1996c): „Höflichkeit als kulturspezifisches Konzept: Russisch im Vergleich“. // Ohnheiser, Ingeborg (ed.). Wechselbeziehungen zwischen slawischen Sprachen, Literaturen und Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart. Innsbruck. 174⫺185. Wierzbicka, Anna (1985): „Different cultures, different languages, different speech acts“. // Journal of Pragmatics 14. 145⫺178. Zemskaja, E. A. (1997): „Kategorija vežlivosti: obščie voprosy ⫺ nacional’no-kul’turnaja specifika russkogo jazyka“. // Zeitschrift für slavische Philologie 56. 271⫺301.

Bernhard Brehmer, Hamburg (Deutschland)

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79. Speech Acts in Slavic Languages 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

Introduction Preliminary Remarks The Origins and the Founders The Next Step: John Searle Response to Searle Further Development A Classification of Speech Acts SAT and Conversation Analysis SAT in Slavic Linguistics SAT and Verb Semantics Verba Dicendi and Performative Utterances More Approaches to Performativeness SAT in Polish Linguistics Verbal Aspect in SAT Conclusion Literature (selected)

Abstract This research focuses on the speech act theory (SAT) and its implications for Slavic Languages. SAT has been one of the most influential, widespread and vividly developing theoretical areas of linguistics. It is assumed that the speech act is a multi-form phenomenon: it can be performed as one singular event (act) but also as a complex event consisting of mutually mixed acts, or as a continuum of sub-acts resulting in one macro-act. A speech act is a static unit, received and comprehended as a result of a dynamic speech action (activity) which can be seen as a process without sharp boundaries. A speech act can be a constituent of speech action, not vice-versa. Hence, these two terms convey two distinct facets of language usage. Due to the nature of speech acts as a language phenomenon, Slavic languages do not substantially differ from other languages with respect to the principles and conditions of their performance. More differences can be found in specific utterance forms, conventionalized for certain speech acts in particular languages. As for the illocutionary force indicating devices in Slavic languages, the variation of aspectual pairs offer a rich repertory of functionally distinguished means of expression, both performing speech actions and reporting them.

Introduction (i) In the past four decades, the speech act theory (SAT) has been one of the most influential, most widespread and most vividly developing theoretical frameworks in linguistics. Originating in analytic philosophy, the speech act theory has been reflected in most of linguistic disciplines. The core topic of the speech act theory, “how we do things with words”, i. e., how people act by means of language or, what does it mean

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(what does it count for) to use language, can be identified with the investigation of human communicative competence, competent (successful) use of language. In this viewpoint, the speech act theory deals with language/speech universals and with universals of human behaviour. Even though several different speech acts (SAs) classification systems with different levels of comprehensiveness have been known, certain classes of different speech acts, namely assertions, promises and requests/directives (under more other labels) can be found in any of them. Therefore a question arises whether any language specifics (e.g., specific features of typologically related languages) can influence the performance of a particular speech act of a certain type. In other words, the crucial question concerned here can be formulated like this: Is there anything specific about speech acts performance in Slavic languages? (ii) Secondly, a brief remark on terminology is necessary: We use the term “speech act” since the paper has been written in English. Nevertheless, a substantial amount of European linguistic literature on this topic, written in German, use the term “Sprachhandlung” or “sprachliche Handlung”, next to a term “Sprechakt”. Are these terms synonyms, or do they refer to distinguished concepts? In addition to that, in Czech linguistics, the relevant issues are often discussed under the term “communicative function of an utterance” (komunikativní funkce výpovědi). And, a speech act (Sprechakt) is often identified with an illocutionary act or “illocution” (Illokution) which is treated as a countable unit manifested by the means of a clause and syntactically identified with it, and the terms Illokution, Illokutionsakt and Sprachhandlung are used interchangeably. (Cf. Rosengren 1982; Motsch 1983). It is obvious that at least for the purpose of the present paper some choice must be made and reasoned. (iii) The roots of the “Handlung” concept can be seen in Searle’s formulation that the use of a language is “a rule-governed form of behaviour” (1969, 12). Later, Searle offers the following statement: “The purpose of language is communication. The unit of human communication in language is the speech act, of the type called illocutionary act.” (Searle, 1979, 178.) Here is probably the origin of the opinion that a speech act is a discrete unit of a wider (continuous and complex) assembly of behaviour using language as a tool of communication. (Ein Sprechakt is die Einheit von Sprachhandlung.) To treat the two as identical is not appropriate. (Cf. also Rolf 1990) Even though it is difficult to draw a sharp line between a speech act and a speech action (Sprachhandlung) two differentiating criteria typical for a speech act can be posited: a time span which is typically shorter at a speech act than it is at an “action”, and the existence of boundaries (beginning ⫺ end). However, the most important distinguishing criterion is how we understand the concept of language (speech) behavior. For Wunderlich (1976) a speech act (Sprechakt) is a linguistic unit while a speech action (Sprachhandlung) is the same unit seen from the viewpoint of philosophy. In contrast with it, G. Leech (1983, 178) says that “[...] illocutions are in many respects (...) distinguished by continuous rather than by discrete characteristics”. At this point, it is necessary to distinguish an utterance act (token), which is discrete, and an illocutionary act, which, according to Leech, “can be negotiated” (Leech, ibid., 23) ⫺ there can be two illocutionary acts within one utterance, overlapping and merging one into the other, or there can be one act split between two utterances. In our opinion, a speech act is a multi-form phenomenon: Typically, it can be performed as one singular event (act), but also as a complex event consisting of mutually mixed acts, or as a continuum

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(a sequence) of sub-acts resulting in one macro-act. A macro-act can be a constituent of a complex speech event, too. A speech act is a static unit, received and comprehended as a result of dynamic speech action (activity) which can be seen a a process without sharp boundaries. A speech act can be a constituent of speech action, not viceversa. Therefore, these two terms convey two distinct facets of language usage. (iv) A communicative function should not be identified with an illocutionary force/ function. Any language utterance simultaneously operates on several levels of communication, and each of those operations can be seen as a communicative function. When describing communicative function/functions it is necessary to distinguish which respective level of communication is being analyzed. (v) In Part I (chapters 2.⫺8.) we will discuss the development of speech act theory in general, problems of classification of speech acts and works on speech act theory in Slavic languages. In Part II (chapters 9.⫺15.), we will deal with language-specific illocutionary force indicating devices, mainly with performative verbs (PVs) and illocutionary verbs (IVs)

2. Preliminary remarks It is not possible to present here a full overview and review of the speech act theory history and evolution ⫺ anything of that kind is far beyond the extent of the present text. As in any theory development, blind alleys have been numerous and only a few main roads have seemed to be fruitful. Mutual influence in many books and articles is often tacit or it is a kind of influence “by opposition”. We concentrate on the works corresponding with our own current concept of “what is a speech act” (to all the quoted ones reverently).

3. The Origins and the Founders In its best known and most popular version, speech act theory is associated with a series of lectures given at Harvard in 1955 by the Oxford philosopher of language J. L. Austin (1911⫺60) and published posthumously in 1962 as How to Do Things with Words. Nevertheless, philosophical and methodological roots of speech-act theory in Western thinking go back to the so-called Oxford School pursuing in the first half of the 20th century the “ordinary language philosophy” (in Aristotelian tradition) and, next to Austin, the name of Ludwig Wittgenstein (who was in Cambridge) is always mentioned as well. No matter how strong the parallels between Wittgenstein’s stress on language usage and “language games” and Austin’s “total speech situation” may be, according to the detailed comparative studies their works have been autonomous ⫺ no overt mutual influence (reading notes, remarks in personal correspondence) has been discovered. Moreover, historical comparative investigations have shown links of speech act theory to Husserl’s concept of “language objectivization” and surprising common points between Searle’s analysis of promising (1969) and certain studies emerging in Munich in the first decade of the 20 th century, especially with A. Reichen’s

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analyses of promise written in the viewpoint of the philosophy of law (cf. Smith, 1990). Again, no immediate influence was detected. Wierzbicka (1991) traces the notion of language use as a set of “acts” (deeds) back to stoics and followingly to Abelard and Roger Bacon. The common points between SAT and both classical and modern rhetoric are also at hand. Going back to 20 th century it is necessary to mention that a phenomenon called in contemporary linguistics “a performative utterance” was described in 1934 by Polish aspectologist Erwin Koschmieder in his study Nauka o aspektach czasownika polskiego w zarysie. Among the types of imperfectivness, Koschmieder differentiates a so-called “coincidential imperfectivness” and defines it in the following way: “Przez koincydencyję, rozumiem tu wypadek specjalny, w którym samo wypoviedzenie danego slowa w teraźniejszości jest równocześnie tą, czynnoscią, o której się, w danem czasowniku mówi.” / ‘By coincidential (imperfectivness) I mean those special cases when the enunciation of the particular verb itself is at the same time the activity described by the verb in question, transl.’ [MH] (Cf. Koschmieder 1934, 109; his postwar papers were mentioned by D. Lehmann, 1976, Koschmieder’s work on aspect is referred to also in Apresjan 1986.) Koschmieder’s definition corresponds to all common definitions of the performative use of (illocutionary) verbs. 3.1. Austin’s primary formulations of speech act theory is based on a distinction between what he calls an utterance used for “stating” (describing) things, for conveying information (which, therefore, can be evaluated as true or false), and the “performative”, an utterance used for “doing” things, for performing actions. The phrases “I now pronounce you man and wife”, when uttered by a priest or mayor at a wedding, “I name/christen this ship Queen Elizabeth”, “I promise I’ll be there”, and “I bet you five dollars” convey no descriptive information, Austin notes, and therefore are neither true nor false: they perform the action referred to in the phrase (marrying, christening, promising, betting) by saying it. They can be evaluated as felicitious (successfully performing the act of marrying, christening etc.) or infelicitious ⫺ if the speech act does not fulfill all the necessary conditions, e.g., if the person performing the act of marriage is not a person entitled to do so, if somebody utters the formula of promise without intention to accomplish the promised action etc. 3.1.1. As for the felicity conditions, Austin defines three basic groups/categories of them: a) preparatory conditions, stating the existence of a conventional procedure and its conventional effect as well as establishing the appropriate circumstances of the speech act (including the participating persons), b) executive condition, determining whether or not the particular speech act has been executed properly and completely, c) sincerity condition concerning the Speaker’s beliefs and intentions. As for (a), e.g., it makes no sense to inform a Hearer about facts which evidently have been already known to him unless the Speaker follows some other goal/illocutionary point than to convey an information, it makes no sense to ask somebody to open a window if I see the person already opening it, it makes no sense to argue that the ball was out during a football match if the Speaker is not in the position of a referee, etc. The preparatory conditions are pragmatic presuppositions by nature. Condition (b) is prominent with certain speech act having institutional character ⫺ they must be executed in certain, often legally prescribed formulas. Also, it ensures what Austin calls uptake ⫺ if a

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Speaker wants to make a bet, the bet must be accepted by the Hearer and confirmed by an appropriate response, the same is true about invitations. (An indispensable part of an uptake is also a correct understanting of the utterance meaning, i. e. of the locution, see below, and of Speaker’s illocutionary point/intention.) As seen in other dimensions of the communicative interaction, the proper execution/performance of a speech act can be taken care of by the cooperative principle (Grice, 1975). The nature of the condition (c) is the one of a presupposition, too ⫺ a Speaker is suposed to believe that the core of the information he conveys is true, he is expected to want what he asks for or to intend to do what he promises. It involves the Speaker’s responsibility for the performed illocution ⫺ the Hearer generally assumes that the Speaker is sincere unless he has good reasons to believe otherwise. Therefore, an untrue/fabricated information counts primarily as a true one and the Speaker can be taken responsible for it (which, as a false testimony, e.g., can have serious consequences for him), an insincere promise does create an obligation for the Speaker etc. (In Gricean terms, this area is covered by the maxim of quality.) Different kinds of speech acts involve different kinds of sincerity conditions even though in all cases the sincerity is basically a matter of Speaker’s beliefs: statements/assertions/representatives are sincere if speaker believes in the truth of the information/proposition he conveys, requests are sincere if Speaker believes that Heares is capable to do what is requested and that he would not do that of his own decision etc. 3.1.2. In his reaction to Austin’s work, J. R. Searle (1976) reformulates the felicity conditions: While the preparatory conditions and the sincerity condition are more or less unchanged, a condition specifying propositional content is added since there are certain constraints limiting the combinations of an illocutionary point/force and a type of propositional content ⫺ an act of promise requires propositional content p characterized as “future action of S”, an act of request/order requires p “future action of H” etc. At the same time, since Searle uses the felicity conditions as a specific sort of rules classifying speech acts (see below), he adds a so-called essential condition ⫺ if all the felicity conditions are met, uttering an utterance X (There is a dog at the gate!) counts as doing Y (act of “warning”). 3.2. In How to Do Things with Words, Austin comes to a conclusion that the basic constative-performative distinction is not accurate enough, saying that it is finally impossible to make the distinction clear-cut in linguistic analyses of specific utterances. A constative performs an action too, namely an action of “stating”, and performatives convey information. Also, in How to Do Things with Words, Austin does not discuss “speech acts” but “illocutionary acts”, and an illocutionary act is only one constituent (layer) of a complex speech act: It is just one particular of the speech acts constituting the final complex one. Also, an illocutionary act itself consists of several subcomponents (partial speech acts). The main component is a locutionary act ⫺ performing a meaningful, grammatically non-defective utterance with a potential to have a reference. A locutionary act (act of saying something) itself consists of a phonetic act ⫺ performing an utterance of articulated speech, a phatic act ⫺ the articulated speech representing a grammatically non-defective utterance of a particular language and performed as such, and, finally, a rhetic act ⫺ manifested by the fact that an utterance includes expression/expressions having a reference to which a predicate is related.

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(Searle 1969, comprises the phonetic act and the phatic act into an “utterance act”. The rhetic act is called “propositional act”.) An illocutionary (i. e., in-locutionary, act in saying something) act assigns to an utterance a particular “force” ⫺ a meaning given to it by the speaker’s (producer’s) intention (illocutionary point). The speaker’s intention is realized in the performance of a certain utterance, by the means of it. In later works on speech act theory, an important feature of the directly realized illocutionary force/function was shown: Utterances with a form of Tvrdím, že X. Y. přišel ve dvě, Slibuji, že přijdu ve dvě, Žádám tě, abys přišel ve dvě etc. are “token-reflexive” (Lyons, 1977, 1, 13 ff., 1977, 2, 781). Levinson calls them “self-referential” (cf. Levinson, 1983, 254). It means that similar utterances include a specific relation between a performative clause and the clause expressing the propositional content p. The relation can be described in the following way: If we agree that the illocutionary/performative verbs are principially verbs of speaking then every instance (token) of performative use of such a verb includes both the performance of the respective illocutionary act and a reference to that performance. It is the Austin’s “by saying this”, the well known “hereby” ⫺ I hereby promise to be back at two o’clock, I hereby ask you to be back at two, etc. The final layer of a complex speech act is a perlocutionary act (act by saying something), the intended effect the Speaker wants to achieve on the Hearer by saying something, e.g., to make the Hearer informed, make him to believe a Speaker’s promise, make him to recognize that the Speaker wants him to do something. A Speaker can perform a successful (felicitous) act of stating something, requesting something, etc., by virtue of Hearer’s (addressee’s) recognizing that the Speaker is stating it, requesting it, etc. This is success at the illocutionary level. It is another issue, a condition of the success of perlocutionary act, whether the addressee believes what one states or does what one requests. (As for perlocutionary effects, they are behavioural, cognitive and emotional responses in other human beings, i. e., not linguistic objects.) Locutionary, illocutionary and perlocutionary acts are performed simultaneously. The illocutionary force (Speaker’s illocutionary point) assigned to an utterance makes the language enunciation an act (deed), which becomes obvious when the force is explicitly indicated: I (hereby) state that Mr. X. is an idiot and I will do that any time again. where do in the second sentence refers to state, i. e., to the act of “stating”. If the explicit indicator of illocutionary force is removed the sequence of the two sentences becomes defective: *Mr. X. is an idiot and I will do that any time again. Such two sentences cannod be paired because do has no antecedent. The role and importance of the illocutionary force indicating devices will be discussed in Part II.

4. The Next Step: John Searle In 1969, the American philosopher of language John Searle published Speech Acts, an analytical systematization of Austin’s lectures in terms of a single speech act, promising. While the final chapters of Austin’s work suggest that speech acts are matter of what linguists in other connections call parole, i. e., real speech in a real context, in Searle’s explanations the study of speech acts is presented as a study of language universals. To perform illocutionary acts is to engage in a rule-governed form of behaviour, and according to Searle, there are two sorts of rules: regulative rules (e.g., rules of etiquette) and constitutive rules (e.g., rules of football). The essential difference between

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the two sorts of rules consists in the fact that the regulative rules regulate antecedently existing forms of behaviour, and if we change them we change certain features of the ruled object/behaviour (there are different rules of polite behaviour, say, in Japan and in Western Europe) but not the object itself. The constitutive rules, on the other hand, create or define new forms of behaviour. The regulative rules regulate a pre-existing activity, an activity whose existence is logically independent of the existence of the rules. Constitutive rules constitute (and also regulate) an activity the existence of which is logically dependent on the rules. If we change the constitutive rules, we change the object itself. (If we change the rules of football, we create a new game.) The substance of a constitutive rule is a partial definition of the ruled object. Regulative rules generally have the form “Do X” or “If Y do X”. Some of the constitutive rules have this form, too, but they also have the form “X counts as Y”. Semantics of a language can be regarded as a series of systems of constitutive rules and illocutionary acts are acts performed in accordance with these sets of constitutive rules (the change of rules triggers a change of a speech act produced). Cf. Searle, 1991, 255 ff. Illocutions are a part of language as opposed to particular languages. The core of Searle’s criticism of Austin’s account of speech/illocutionary acts can be summarized in five points: 1. Austin’s classification of illocutionary acts (IA) is in fact a classification of English illocutionary verbs. Searle denies the idea that two non-synonymous illocutionary verbs (IV) must necessarily mark different IA, in his opinion some illocutionary acts just mark the manner in which an illocutionary acts is performed, e.g. announce and confide. 2. Not all the verbs listed as illocutionary verbs actually can describe illocutions, e.g., sympathize or intend. (There is a difference between the mentioned verbs and illocutionary acts of expressing a sympathy or expressing an intention!) 3. There is no clear or consistent principle or set of principles on the basis of which the speech act (IA) taxonomy is constructed ⫺ each of Austin’s classes of illocutionary acts is defined according a different feature. 4. Because there is no clear principle of classification and there is a confusion between illocutionary acts and illocutionary verbs, many cases of overlapping from one category to another occur and, there is heterogeneity within particular categories. (E.g., describe is a verb/act listed both as a verdicitve and as an expositive, on the other hand, hire is listed alongside order and command.) 5. Almost all Austin’s definitions are given in a very loose and rather suggestive manner. (In fact, Searle mentions six points, but his objections 3. and 4. actually concern two facets of the same problem.) As opposed to Austin’s, Searle’s own concept of speech acts and their classification tries to formulate very clear and distinct criteria. Even though he warns that any attempt to find the basic differences between speech acts needs to cope with the fact that there are substantially “different kinds of differences” (e.g., different types of illocutionary forces do not simply occupy different positions in a single continuum of “force”) his final classification is rather simple, using the illocutionary point (the strongest difference marker), the so-called direction of fit and differences in expressed psychological states as the main criteria. (Other points of Searle’s highly influential classification will be discussed further.) 4.1. Another major Searle’s topic in the field of speech act theory is the notion of direct vs. indirect speech acts and the explanation of the indirect speech acts mechanism (cf. Searle 1969, 1975). His main point is that a Speaker performs a primary speech act ( the act which is meant) by means of a secondary speech act (the act which

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is said). A sentence that contains the the illocutionary force indicators for one kind of A can be uttered to perform another type of of illocutionary acts, in addition to the “literal” illocutionary acts. E.g. in a pair of of sentences (cf. Searle, 1975, 61) A: Let’s go to the movies tonight. B: I have to study for an exam. the reaction B constitutes a rejection of the proposal A (primary illocutionary act), but in virtue of its meaning it is still a statement (secondary illocutionary act). The secondary IA is literal, the primary IA is not literal. Also, in some cases, the Speaker may utter a sentence and mean what he says and, at the same time, mean another illocutionary act with a different propositional content (which is the case of the well known question Can you reach the salt? meant as a request). The performance and interpretation of indirect speech act is based on asserting or questioning various felicity conditions of the speech act performed indirectly. The Speaker of an indirect speech act relies on the bacground information shared with the Hearer and on the Hearer’s ability to make inferences. In the later investigation of the broad field of “indirectness”, an important role belongs to principles of conversation (Grice 1975 ) and the theory of relevance (Sperber and Wilson, 1986).

5. Response to Searle Reaction to Searle’s concept of speech act theory were numerous, mostly widening and/or specifying his classification of illocutionary act. However, some of the later works concentrated on other aspects of his theory, namely on his understanding of speech act as a general semantic phenomenon and on his concept of (in)directness at the same time. K. Bach and R. M. Harnish (1979, 1991) approach speech act theory from the viewpoint of communication. Since a speech act is in the first place an act of communication the crucial component of their SA scheme is a Communicative Presumption: The mutual belief in a community using (and sharing) language L is that whenever a community member S(peaker) says something in L to another community member H(earer) he is doing so with some recognizable illocutionary intent. (Cf. Bach/ Harnish 1991, 233 (paraphrased).) An illocutionary act is communicatively successful if the Speaker’s illocutionary intention (an attitude ⫺ a belief, a desire, a feeling) is recognized by the Hearer. These intentions are essentially communicative because the fulfillment of illocutionary intentions consists in Hearer’s understanding, i. e. their recognition. The intended effect of an act of communication is the recognition of that effect. For a Speaker, to express an attitude is to intend the Hearer to take Speaker’s utterance as a reason to think that Speaker has that attitude. What is important, the Speaker’s illocutionary act whose identity he is trying to communicate, can succeed without the intended perlocutionary effect being produced. There is usually just one illocutionary effect (the intended and recognized one, comparable to Austin’s “uptake”) but there can be several perlocutionary effects, both intended and unintended. An utterance can succeed as an act of communication even if the Speaker does not possess the attitude he is expressing: communication is one thing, sincerity another ⫺ sincerity is actually possessing the attitude one is expressing. Correlatively, the Hearer

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can understand the utterance without regarding it as sincere, e.g., take it as an apology, as expressing regret for something, without believing that the Speaker does regret for having done the deed in question. Getting one’s audience to believe that one actually possesses the attitude one is expressing is not an illocutionary but a perlocutionary act. 5.1. Important and highly inspiring is Bach’s and Harnish’s concept of literalness of an illocutionary act. According to Austin’s observation, the content of a locutionary act (what is said) does not always determine what is meant by the sentence being uttered. Bach and Harnish posit that what the Speaker does (i. e., the illocution) might be determined by what he says ⫺ as for identifying what the act is, the Hearer relies primarily on what is said. Primarily, illocutionary force is locutionary compatible (L-compatible) with the sentence type and and the sentence contents. E.g., a sentence can work as a prediction only if it is a statement and if it contains a future time reference ⫺ otherwise it is not Language-compatible. An utterance’s being a request or an order is Language-compatible only with imperative sentences, utterance’s being a question is Language-compatible only with interrogative sentences. Explicit performative utterances are literally statements and only indirectly (see below) do they have the force of the type named by the performative verb. E.g., I order you to leave is literally a statement and only indirectly an order. If an utterance has a force Languageincompatible with the mood and meaning of a sentence used, it is not literal. Only when the Speaker means what he says and nothing else there is a straightforward relation between what is said and what is done and only in such a case the Speaker is speaking literally. Nevertheless, the same sentence can be used literally or nonliterally, depending on how the Speaker intends his utterance to be taken. Cf. Bach’s and Harnish’s example The sun is shining on me today ⫺ speaking about the weather, it is literal, speaking about one’s fortunes, it is illiteral. Illiteral speaking is the domain of figurative speech and irony and it should not be confused with the opposition direct speech act ⫺ indirect speech act. An indirect utterance is the performance of one illocutionary act by way of performing another one, e.g., rejection expressed by uttering a statement or request performed by asking a question (see above). When an illocutionary act is performed indirectly, it is performed by way of performing some other one directly. In the case of nonliteral utterances, we do not mean what our words mean but something else instead. Sometimes, a person can use an utterance which is both nonliteral and indirect: If I say someone bothering me with his/her amateurish singing I love the sound of your voice / ‘Miluju tvůj hlas’ I actually nonliterally (ironically) say that I can’t stand the sound of his/her voice and thereby indirectly to ask him/her to stop singing. Nonliteralness and indirectness are the two main ways in which the semantic content of a sentence can fail to determine the full force and content of the illocutionary act being performed in using the sentence. They rely on the same kind of processes described by Grice in his analysis of conversational maxims. In order to interpret similar sentences the addressee needs to start what Grice called conversational implicature. (The factors triggering the implicature are based on Speaker’s breaking/flouting of one or more conversational maxims ⫺ with the basic assumption that the most important one, the cooperative principle, is being observed. Irony can be more straightforward, it has its own specific signals like particles.) Grice’s examples show that implicature is mostly applied to cases of nonliteral or indirect statements made with the use of indicative sentences: C. likes his colleagues and he has not been

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to prison yet (= C is the sort of person likely to yield to the temptation provided by his occupation), Miss X. produced a series of sounds that correspond closely with the score of “Home, sweet home” (= there were some striking differences between Miss X’s performance and those to which the word singing is usually applied). 5.1.1. In addition to the oppositions “literal ⫺ nonliteral”, “direct ⫺ indirect” Kent Bach (1994) introduces the opposition “explicit ⫺ inexplicit”, depending on whether a Speaker fully spells out what he means. There are many sentences whose standard uses are not strictly determined by their meanings but are not implicatures or figurative uses either. For example, if one’s spouse says I will be home later / ‘Přijdu později’ ⫺ he/she is likely to mean that he/she will be home later that night, not merely some time in the future. In such cases what one means is an expansion of what one says, in that adding more words (e.g. tonight, in the example) would have made what was meant fully explicit. In other cases, such as Jack is ready / ‘Honza je připravený’ and Jill is 10 minutes late / ‘Jitka má 10 minut zpoždění’, the sentence does not express a complete proposition. There must be something which Jack is being claimed to be ready for and something which Jill is being claimed to be 10 minutes late to. In these cases what the Speaker means is a completion of what one says. In both sorts of case, no particular word or phrase is being used nonliterally and there is no indirectness. They both exemplify what may be called “impliciture”, since part of what is meant is communicated not explicitly but implicitly, by way of expansion or completion.

6. Further Development Very similar, communicatively based approach towards SA can be seen in the work of Keith Allan. In his summarizing paper Meaning and Speech Acts (1998) he specifically refers to the results (esp. inferential scheme for the Hearer) posited by Bach and Harnish. In his overview of hitherto development of speech act theory (including existing typologies/classifications, see below) he comes to a conclusion that existing concepts do not make proper difference between the interpretation of illocutionary force from the position of a Speaker/Producer (even though this very position is understood as basic because of illocutionary point) and the interpretation from the position of a Hearer/Addressee. The main point of Allen’s concept, continuing the direction established by Bach and Harnish (1979) is anchored in a consistent orientation towards the Hearer (Hearer’s evaluations as criteria). His classification of speech act (see below) also counts on the so-called primary illocutions, i. e. locutions identified by sentence (clause) types based on verbal moods. He operates with a declarative, interrogative, imperative and expressive/optative primary illocution. (The last mentioned ones are English sentences/clauses with subjunctive.) Except for the last type, all the primary illocutions are universal. Nevertheless, there are languages listing more sentence (mood) types, like prohibitive or imprecative, e.g. The recognition of mood identifies the primary (or initial) illocution in the utterance, but not Speaker’s illocutionary point. This concept of primary illocution is extended to performative clauses which are, like at Bach and Harnish, taken as primary declaratives (statements). Therefore, a sentence I promise to go there tomorrow / ‘Slibuji, že tam zítra půjdu’ has a primary illocution

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of a declaration (statement): “the Speaker says that he promises to go there tomorrow”. The primary illocution is used by the Speaker as a vehicle for a further illocution to be read off the performative verb, because the mentioned example can be used by the Speaker with the intention to make the Hearer to believe that it is Speaker’s intention to create an obligation for himself (i. e., to promise) to be there tomorrow, but not necessarily. The performative clause in the mentioned example communicates an indirect illocution. Imperatives and interrogatives do not make statements but declaratives (indicatives) do, which means that all illocutionary acts represented by performative clauses are indirect. Except for this kind of indirectness, Allen rejects the basic distinction between direct and indirect SA because in his opinion a) there are many degrees of indirectness, b) every utterance has at least a secondary illocution. Another evidence against the view that explicit performatives are primary illocutions Allen sees in functioning of adverbials honestly, frankly, in the first palce etc. In the utterances like In the first place I admit to be wrong.; and secondly I promise it will never happen again. Zaprvé uznávám, že jsem se zachoval špatně, a zadruhé slibuju, že už se to nestane. the adverbials mean “The first thing I have to say is that I admit to be wrong and the second thing I have to say is that I promise [...]”, i. e., in the first place identifies the first act of saying, not admitting, and secondly identifies the second act of saying, not promising. 6.1. Since every utterance has at least secondary illocution (but it does not exclude cummulation of other subsequent illocution/s) the inferential process at the part of Hearer is always necessary. Speakers expect hearers to draw inferences from everything that is uttered no matter how “direct” the presented utterance can be and the inferential process starts already at the perceived locution. Allen’s model scheme of inferential process has been developed out of proposals originally made by Searle (1976) and Bach’s and Harnish’s “speech acts schema” (1979), using also the theory of conversation (cooperative principle etc.). It consists of the hierarchy of (at least) eight steps: The first step in the process is that Hearer recognizes that Speaker has uttered U and presumably intends to communicate with it. This is the recognition of the utterance act. The model proceeds through the hierarchy of acts recognizing the locution, the reference, the primary illocution and all subsequent illocutions until the illocutionary point U has been reached/discovered. To determine the illocutionary point from the primary illocution the Hearer seeks some reason for Speaker’s primary illocution in the context of the utterance which means that Hearer checks the semantic properties of the utterance and its constituents in relation to their (con)textual environment, the conversational maxims and (presupposedly shared) encyclopaedic knowledge (what people might be expected to say in such a context and the kinds of reasons that other speakers have had when using a similar primary illocution). In other words, the Hearer uses his language knowledge and his experience with language use (presumably and expectantly shared with the Speaker) to infer from the primary illocution and the circumstances of utterance what the illocutionary point or points might be. The inferen-

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tial process attends to Speaker’s tone of voice as well. At the moment when no further illocutions can be inferred in the utterance (no further steps are necessary) the illocutionary point has been reached and the inference process closes down. There can be more than eight steps (cf. Allen, 1998, 21 ff.), since a single utterance can express more than one illocution at a time. E.g., an utterance of a question Why don’t you be quiet? can be interpreted at the same time as a request to be quiet or to inform the Speaker of Hearer’s reasons for not being able to be quiet ⫺ any other action (behaviour) would be uncooperative. The language compatibility between the primary illocution and the illocutionary point is essential, there can be minor differences in conversational conventions depending on social/cultural conventions (interactive practices) governing the use of language in different language communities. The differences (intercultural miscommunications) can be striking especially within the areas where languages/language communities use dissimilar politeness strategies, i. e., in the areas of requesting, apologizing and inviting. (Cf. Wierzbicka 1991; Meibauer 1999.)

7. A Classification of Speech Acts 7.1. It was mentioned above that in Austin’s classification mainly particular verbs naming particular illocutionary acts are referred to, i. e., Austin’s classification is based on lexical items. The existence of a “name” for a communicative activity in a language is tacitly taken as an evidence for a real existence of such an activity in the social interaction of a language/cultural community. Similar approach can be seen in the writings of other pragmaticians, the best known example being A. Wierzbicka (1972, 1973, 1991). The other major approach is the one following Searle (1969, 1976) which defines and classificates the (speech) acts. It should not be forgotten that Searle’s metodology of defining the speech acts and his classification of them have become highly influential and most of the classifications published after 1976 (when Searle’s article A classification of Illocutionary Acts appeared in Vol. 5 of Language in Society) react to it, even though not always approvingly. 7.2. As already mentioned above, Austin’s classification (1962, 109 ff.) is not consistent. He distinguishes five classes of speech acts (150): Verdictives (“the giving of a verdict”) ⫺ e.g. rank, grade, call, define, analyze. Exercitives (“exercising of powers, rights and influences”) ⫺ e.g. order, request, beg, dare. Commisives (“commit the speaker”) ⫺ e.g. promise, guarantee, refuse, decline. Behabitatives (“reaction to other people’s behaviour and fortunes”) ⫺ e.g. thank, criticize, congratulate. Expositives (“expounding of views, the conducting of arguments and the claryfying of usages and of references”) ⫺ e.g. state, contend, insist, remind, guess. No specific reason can be seen why, e.g., to define should be different from rank or state. Also, it is not clear if a non-existence of a (speech act) verb necessarily mean the absence of a speech act. Moreover, this classification cannot take into account what

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we call “indirect speech acts”. An attempt to amend Austin’s taxonomy was made by Vendler (1972) who added two more classes: Operatives ⫺ e.g. appoint, ardain, condemn Interrogatives ⫺ e.g. ask, question Austin’s search for detailed indicators of illocutionary points/forces was stated explicitly, cf. 148 f.: “We said long ago that we needed a list of ‘explicit performative verbs’; but in the light of the more general theory we now see that what we need is a list of illocutionary forces of an utterance.” Despite the later attempts of many linguists, this specific goal is probably unattainable. 7.3. Searle’s reaction (1969, 1976) to Austin not only modifies his classification but in the first place it gives a clear and hierarchical set of classification critera. Searle mentions and describes twelve of them: 1. illocutionary point, 2. difference in the direction of fit between words and the world, 3. differences in expressed psychological states, 4. differences in the force or strength with which the illocutionary point is presented, 5. differences in the status or positions of the speaker and the hearer as these bear on the illocutionary force of the utterance, 6. differences in the way the utterance relates to the interests of the speaker and the hearer, 7. differences in the relations to the rest of the discourse, 8. differences in the propositional content, 9. differences between those acts that must always be speech acts and those that can be, but need not be performed as speech acts, 10. differences that require extra-linguistic institutions for their performance and those that do not, 11. differences between those acts where the corresponding illocutionary verb has a performative use and those where it does not, 12. differences in the style of performance of the illocutionary act. Among those twelve, only four are crucial for classification: the illocutionary point, direction of fit, expressed psychological state (sincerity condition) and propositional content. Other features, e.g. the role of authority or discourse relations, get a position on lower levels of the criteria hierarchy. The illocutionary point can be characterized as a/ telling the people how things are, b/ trying to get them to do things, c/ commit the speaker to doing things, d/ express speaker’s feelings and attitudes, e/ bringing about changes through the utterance. The direction of fit describes the relation between the words uttered and the reality they are related to. E.g. statements have a words-to world fit and thanks to it they have a truth value (either they describe things as they are in the world spoken of or they do not), the requests have a world-to-word fit because the reality must be changed in order to fulfill speaker’s request etc. The expressed psychological state (sincerity condition): A person who states, explains, asserts etc. that p expresses the belief that p, a person who promises, vows, pledges to do A (p = action A) expresses an intention to do A, a person who orders, commands, requests the hearer to do A expresses a desire (want, wish) that hearer does A, a person who apologizes for doing A expresses regret at having done A etc. The propositional content is related to the illocutionry force of the utterance: A report, e.g., must be about past or present state of affairs, while a promise or a request concern the future action/state of affairs.

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With the combination of the basic criteria, the following classes of speech acts are defined: Representatives (Assertives) ⫺ their point (or purpose) is to commit the speaker to the truth of the expressed proposition. They are assessable on the dimension true ⫺ false (they have a truth value), show words-to-world fit (i. e., “they describe the reality”) and express speaker’s belief that p. Directives are attempts to make the hearer to do something, they show the worldto-word fit and express speaker’s wish that hearer do A. Commissives commit speaker to some future action, they also show the world-toword fit and express speaker’s intention to do A. Expressives express speakers feelings or attitudes towards a certain state of affairs specified in p, where p is related either to speaker or to the hearer. There is no direction of fit and the truth of p is presupposed. Declarations bring about correspondence between the propositional content and the reality, so the direction of fit is both words-to-world and world-to-words. No specific sincerity condition is required for successful performance of declaratives. On the other hand, an extra-linguistic institution (the church, the law, private property, social institution) within which speaker and hearer occupy specific positions is necessary for performing acts like declarations. 7.3.1. After 1976, two major reaction to Searles taxonomy appeared: In Language in Society, M. Hancher’s article The Classification of Cooperative Illocutionary Acts was published. In principle, Hancher accepts Searle’s taxonomy, but he adds to it a class of “cooperative acts”, most prominent of which are commissive directives, combining the features of both the mentioned classes. Their successful performance presuppose (requires) the future activity of both the speaker (commissive constituent) and the hearer (directive constituent). The main examples of commissive directives are “offers” and “invitations”. In another reaction to Searle, K. Bach (2001) accepts all of the Searle’s criteria except the direction of fit. He stresses the speaker’s psychological state which he presents, with certain modifications, as speaker’s intention/attitude (see above) ⫺ the type of speech act being performed corresponds to the type of attitude being expressed. In some cases, there are constraints on the content as well. What is more important about this classification is the close relation between a speech act performed and a sentence type ⫺ the primary illocution (see 3.1 above). Therefore, he distinguishes four classes of illocutionary acts: Constatives:

affirming, alleging, announcing, answering, attributing, claiming, classifying, concurring, confirming, conjecturing, denying, disagreeing, disclosing, disputing, identifying, informing, insisting, predicting, ranking, reporting, stating, stipulating

Directives:

advising, admonishing, asking, begging, dismissing, excusing, forbidding, instructing, ordering, permitting, requesting, requiring, suggesting, urging, warning

Commissives:

agreeing, guaranteeing, inviting, offering, promising, swearing, volunteering

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Acknowledgments: apologizing, condoling, congratulating, greeting, thanking, accepting (acknowledging an acknowledgment) All the mentioned ones are interpersonal acts ⫺ they require the hearer to react to speaker’s illocution. Acts comparable with Searles declarations are of a different category ⫺ they rely on speaker’s position sanctioned by some institution (they are legalistic by nature) and hearer’s reaction as an individual is irrelevant to the effectivness of such an act (being baptized, fired etc.). 7.4. In par. 4 above, we have mentioned the approach of K. Allen (1998) whose classification of speech acts is also based on primary illocutions. He groups speech acts into four classes: Statements

are formulated with a declarative clause. They include reports, predictions, denials, promises and offers and express speaker’s belief about the propositional content.

Invitationals

include requests, suggestions, warnings etc., i. e., part of Searle’s directives. They invite hearer’s participation and often are formulated in an interrogative clause.

Authoritatives combine Searle’s declarations and the rest of his directives ⫺ commands, permissions, legal judgements etc. Part of them occur in the form of an imperative clause, part in a declarative. Expressives serve to social interaction ⫺ they are greetings, thanks, apologies, congratulations etc. Many of them are idiomatic, otherwise they have a form of a declarative sentence. Typically, interrogatives indicate invitationals, imperatives indicate authoritatives and idioms indicate expressives, but all classes of speech acts can be performed as declarative sentences. The above described Allen’s model of hearer’s inference scheme shows that even though language (sentence) form plays a very important role in his classification, the very acts performed in communication are recognized and defined by facts of behaviour and social interaction. 7.5. Up to this point, no concept of speech acts based on the language semantics (“speech acts verbs”), except for Austin’s has been shown. Probably the most prominent representative of this approach in the last three decades is A. Wierzbicka. Since the 1972, her concept of ‘semantic primitives’, i. e., irreducible semantic/conceptual elements out of which more complex language units are built, has been applied both to semantic-pragmatic analyses of verbal “names of speech acts” and to the relations between speech /language interaction and culture. Concerning speech acts verbs, primitives like “I”, “YOU”, “DO”, “SAY” and “WANT” and “NOT” are the most important ones. Cf. her analytic description of the act of permission: “I permit you to smoke here. = Assuming that if i say: I don’t want you to smoke here, you will not smoke here, not wanting to cause you not to smoke here, assuming that if you don’t want to smoke here you will not smoke here, I say if you want to smoke here, I don’t say: I don’t want you to smoke here.” (1972, 156.)

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In Wierzbicka’s later books, the inventory of primitives has expanded and in her CrossCultural Pragmatics (1991) where similar analyses of speech acts are used as framework for the analysis of “culture’s forms of talk” , several classes of primitives are employed, including determiners (THIS, THE SAME, OTHER), evaluators (GOOD, BAD) and mental predicates (THINK, KNOW, WANT, FEEL, SEE, HEAR). As for speech activities, not only SAY but also WORD and TRUE occur. Wierzbicka is the author of an impressive semantic analysis of English verbs of speaking (1987) and her concept of illocutionary forces as “bundles of components” (1991, 199 ff.) comes to a conclusion that “To decompose the verb (...) into its semantic components is the same thing as to analyse the illocutionary force of the speech act.” (ibid, 202). Since there is no full synonymy among languages there are, consequently, important differences among speech acts performed in particular languages (reflecting differences in culture and values). Analytic approach of this orientation, applied consistently, brings a linguist to a conclusion that each language has its own repertory of speech acts which are rather incomparable. In this viewpoint, speech acts are not a universal category (except for the fact that they exist) but a very specific one, originating most strongly in a community (ethnic) culture and values reflected in language. If we accept similar position, any systematic description or any taxonomy is highly problematic or even impossible. Wierzbicka admits this fact herself: “[...] the reader may still feel puzzled: How does one know what components should be posited for a given construction? And how does one prove that the components proposed have not been arbitrarily chosen? I reply that one proceeds, essentially, by trial and error. [...] However, the ultimate goal consists in explicating, as fully and accurately as possible, each illocutionary force in its own right. [...] Above all, one must resist the temptation of imposing some ‘system’ on the empirical reality of illocutionary forces [...]” (ibid, 218). Similar attitudes seem to be orientated rather towards ethnography than towards linguistics which should aim at revealing and showing at least some level of regularity and systemic nature of language/speech phenomena.

8. SAT and Conversation Analysis The detailed descriptions of inferential process taking into account not only the immediate context and situation but also cultural context are getting more and more distant from the original concept of “speech acts” ⫺ general semantic-pragmatic actions ruled and constituted by general rules. It has become obvious that an interpretation of an individual utterance is not valid without specific findings derived from a context. Even though the primary illocution given by the form of the utterance is accepted as a starting point of the interpretation it must not be omitted that a locution (locutionary act) is always only a “vehicle” of illocution ⫺ there is no direct and enforced relation between the form of an utterance and its (illocutionary) meaning. Already Koschmieder mentiones this important feature: “Jednak niezawsze taka forma proszę, jest równoczesnie wypowiedzeniem danej prośby; także ona moze być relacją, o tej czyności. “Nevertheless, not always is a form like proszę, a performance of the respective request; it also can be a report about that act” [trans. MH]. (Cf. Koschmieder, 1934, 109.) The same sorts of illocutionary acts that can be performed by means of illocutionary force

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indicating devices can be performed without them. The mutual correlation of form and function, however posited in the notion of primary illocution, is in fact denied in the process of interpretation. The language compatibility as a bond between a form of the utterance and its actual (illocutionary) meaning is too weak ⫺ a statement (indicative sentence) is compatible with almost any illocutionary force. The lack of formal (especially syntactic) features providing any evidence for any utterance to be “performative” or “reporting” for any sort of classification has been the main source of criticism towards the speech act theory. Generally, speeech acts can be described more or less systematically in the terms of pragmatics (or the language philosophy) but a systematic and consistent description of their syntactic and semantic features is problematic. In the analyses of real communicative interactions, where not just isolated utterances or pairs of utterances of the kind action ⫺ response are examined, the experience has shown that without extensive context and without data defining the communicative situation an adequate interpretation is not possible. As a result of similar findings, linguistics has moved towards another part of linguistic pragmatics ⫺ conversation analysis. An approach suggested already by Levinson (1983, 263 ff.), namely a strictly context-dependent analysis of speech interaction can be seen in the so-called Dynamic Speech Act Theory (DSAT) presented by Michael Geis (1997). According to DSAT, each utterance conveys three levels of “meaning”: a) L-Meaning ⫺ literal linguistic meaning which can be captured by truth-conditional approach to meaning. It can be tested by a question: What is the meaning of “Ich liebe dich”?, b) I-Meaning ⫺ intended meaning, which can be equated with the goals of participants, the intended effects of what they say and do. The initiator of a given interaction (speaker) normally has a transactional goal (comparable to illocutionary point, even though it is not an essential condition) as well as interactional goal(s) which mitigate possible “threats to participants faces” (from the viewpoint of the theory of politeness, cf. Brown/Levinson 1987) and supports the realization of the transactional goal. The Intended-Meaning can be paraphrased by I did not mean (= intend) to upset you when I said I loved you. The third level involves the notion of c/ S-Meaning ⫺ utterance significance, the very pragmatic meaning, an actual level of meaning in conversation (with reference to Grice, 1975). It can be paraphrased by When I say I love you it does not mean anything to you. (Cf. Geis 1997, 33 ff.) In the Dynamic Speech Act Theory, two kinds of speech acts are distinguished: literal speech acts (language units corresponding with sentence types) and communicative acts (units of social interaction). The actual function of communicative acts can be found only by a complex projection (mapping) of individual speech event onto one of the domains (types of a strucutre) of communicative interaction. After Geis, the occurence of explicit performative utterances is motivated either by their literal meaning or by context. As for the interpretation of indirect speech acts, context is more important than their form and literal meaning. The Dynamic Speech Act Theory, as the explanations and samples of analysis show, is a part of conversation analysis, oriented towards psycholinguistics and sociolinguistics. There are hardly any common points between Dynamic Speech Act Theory and the original representation and theoretical assumptions of speech act theory. In a certain sense, similar development has proven Levinson’s scepticism concerning the chances and perspectives of speech act theory (cf. Levinson 1983, 278 ff.).

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9. SAT in Slavic Linguistics In the context of Slavic linguistics, speech act theory has been reflected and employed in several areas. First reactions appeared in linguistic papers dealing with semantic description of sentences/utterances in the 1970, together with the general orientation of linguistics towards semantically based investigation. Several attempts to apply methods of semantic analysis to description of verba dicendi, i. e., speech acts verbs or, verbs which can be used performatively, have appeared. Some of these studies have tried to reach conclusions concerning not only the description of verbal semantics but the functional description of utterances using those verbs as well.

10. SAT and Verb Semantics One of the first papers reacting to Austin’s and Searle’s theoretical impulses was the article “Verba dicendi a výpovědní funkce” (“Verba dicendi and the functions of utterances”), published by František Daneš in 1973. Daneš first presents the semantic definition of verba dicendi based on the general method of structural semantic analysis of verbal predicates, aimed at the description of the semantic level in syntax. (For the results of this widely based research, see Daneš, Hlavsa et al., 1987.) His structural analysis of verbal semantics departs from the description of a (semantic) valency, i. e., determination of semantic roles of participants (arguments) corresponding with obligatory verbal complements. As for verba dicendi, their general valency frame includes participants (variables) with the roles of AGENT/SPEAKER, PATIENS/ADDRESSEE and INFORMATION = the semantic content conveyed (by the verbal action) from the SPEAKER to the ADDRESSEE. The presence of the last mentioned participant INFORMATION seems to be the most important criterion distinguishing the verbs of speaking from the other semantic groups. As another constituent of his analytic method, Daneš employs the decomposition of verbal semantics. It is based on the description of the elementary “communicative situation” showing in which way and which manner the individual semantic participants contribute to the accomplishment of the act of communication. An utterance event employing verbum dicendi is on the semantic level an event/act of conveying/delivering information performed by the SPEAKER. The presupposition of such an event is that the SPEAKER knows the INFORMATION (i. e., he mentally posesses it). (In general, verba dicendi are a part of a wider cateory of “verbs of cognition”). The essence of the event is that the ADDRESSEE is by the ACTION of SPEAKER transferred from the state of “not knowing the INFORMATION” (“not being in the posession of it”) into the state of “knowing the INFORMATION” (“posessing it”). The three mentioned semantic constituents (arguments), i. e., SPEAKER (S), ADDRESSEE (Ad) and INFORMATION (In) are common to all verba dicendi. (For further discussion, see 4.2 below.) The differences between particular verbs are given by the semantic features of the INFORMATION (feature (1)) and by variant binary relations of the arguments towards each other. There is a mental relation of the SPEAKER towards In (2a), beneficial/maleficial relation of the SPEAKER towards In (2b), mental relation of Ad towards In (3a), beneficial/maleficial relation of Ad towards In (3b), mutual relation between S and

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Ad (4). (Feature (4) shows specifically whose position is superior/inferior, as far as the social conventions are concerned.) As a result of simultaneous interaction of those features, the essential communicative function of an utterance (5) employing a particular verbum dicendi emerges. This method of semantic analysis can be shown at a Czech verb prosit (“please, beg”): Typical sentence form displaying the verbal valency of prosit is Karel prosí otce, aby mu půjčil peníze/o půjčku/o peníze. “Karel begs (his) father to lend him money/for a loan/for money”). In Czech, the first right-side valency complement of verba dicendi (the INFORMATION) is typically (primarily) expressed in a sentential form or in a form of a deverbal nominal. Secondarily, it can have a form of a PP (o C Acc) in which a simple noun is a result of a sentence ellipsis (reduction). The second right-side valency complement (the ADDRESSEE) is obligatory only on the semantic level ⫺ on the formal syntactic level it is subject to context-dependent ellipsis (it can be omitted). The same contextdependent ellipsis is valid about the left-side (external) valency complement (the subject/Agent/SPEAKER). An utterance which could be used performatively can have a form, e.g., Prosím tě, abys mi pomohl/o pomoc. “(I) beg (1st pers. ind. pres. sg.) you (Acc) to help me/for help (Acc)” (1) INFORMATION ⫺ the future activity of ADDRESSEE, (2a) SPEAKER wishes/ wants INFORMATION to be realized ⫺ this parameter corresponds with the sincerity condition, (2b) INFORMATION is beneficial for SPEAKER, (3a) there is no specific relation of ADDRESSEE towards INFORMATION, (3b) the relation of ADDRESSEE towards INFORMATION is not maleficiary (doing In cannot bring harm to ADDRESSEE), (4) SPEAKER and ADDRESSEE are either in equal positions (and “begging” is therefore only a polite strategy) or the ADDRESSEE is in a superior position, (5) the semantic/functional core of prosím as a pottentially performative utterance is “to make the ADDRESSEE to realize INFORMATION”. The example of analysis has shown that, in (later published) Searlian terms, utterances with the verb form prosím (in its original meaning) belong to directives. (The use of originally indicative form prosím “please” functioning as an inert politeness particle is not taken into consideration in this connection.)

11. Verba Dicendi and Performative Utterances The pattern of analysis designed by Daneš was later applied to detailed analysis and description of the whole groups of Czech verbs which can be generally classified as verba dicendi and, at the same time have the potential to be used performatively. In Česká verba dicendi v performativním užití. Příspěvek ke zkoumání komunikativních funkcí výpovědi “Czech verba dicendi in performative use. A contribution towards the investigation of the communicative functions of utterances” (Hirschová 1988). The

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author examined all Czech verba dicendi and, among them, delimited a narrower group of “performative verbs”. Followingly, using an extensive set of example sentences, those verbs (in Czech, there are 54 of them, with the exception of verbs expressing declarative function, see lower) were analyzed in the above described manner. The analyzed verbs were grouped into six classes, according to Searle’s (1976) taxonomy, taking Hancher’s (1979) further classification into consideration as well. As a result of the analysis, several facts appeared: The nature of the above described relations between INFORMATION, SPEAKER and ADDRESSEE (“the semantic parameters”) is always influenced not only by a language context but also by the whole communicative situation or, for each verb, by the set of potential communicative situations. Further, parameter (3a) has been proven ineffective since it is always a presupposition (one of the S’s assumptions about Ad) ⫺ no characterictics arising explicitly from the semantics of the verb in question and found example utterances could be set. As for parameter (4), it is actually a complex of relations (aspects), e.g. family relations together with age, social/professional position, a position in an institution (school, church, sport competition). Always only one of the possible aspects of SPEAKER ⫺ ADDRESSEE relation becomes a decisive factor determining which partner is superior. The parameter (5) has a special position among the others ⫺ its nature is conditioned by the characteristics of previous parameters, but at the same time it plays a decisive role ⫺ it reveals the very meaning (illocutionary force, in fact) of the utterance. The verbs with an identical characteristic of the parameter (5) form a group. (Also, for the classification, parameter (1) ⫺ the conveyed In(formation), and parameter (2a) ⫺ the mental relation of SPEAKER towards In) play an important role. The inner differentiation of the groups depends primarily on the nature of In. The analysis, even though concentrated on the verbal semantics, merged into description of the forms of “direct realization” of illocutionary acts in Czech. In this connection, a specific feature of utterances analogous to Searle’s declarations appeared. The chosen method of analysis is not satisfactory at them because only seldom the means of signalling their illocutionary force (a verb) and propositional content (INFORMATION) of the utterance can be distinguished in such a way that allowes to represent it in the form of F(p). More often, the constituent corresponding to F (creating it) is at the same time the predicate of p. Utterances like Vyhlašuji vás vítězem závodu, Prohlašuji konferenci za zahájenou, Odvolávám své rozhodnutí ze dne ... at least include a verb which is undoubtedly a “verb of speaking”, others, like Uděluji vám plnou moc, Uděluji vám napomenutí, describe (in an analytic way) a verbal (either spoken or written) activity, i. e., they can be analyzed (with some limitations) in a similar way. Other typical samples of declaratives, e.g., Tuto knihu věnuji svým rodičům, Vzdávám se funkce předsedy výboru/Rezignuji na funkci předsedy výboru. V souladu s předpisem č. ... upravuji vaši pracovní dobu ... do not even include a primary verb of speaking. The activities věnovat (“dedicate”), vzdávat se/rezignovat (“give up/resign”), upravovat (“adapt/arrange/set”) can be performed by other ways than by verbal action. Only on the secondary level, those activities can be manifested verbally, by the means of a written/spoken utterance. Among other things, what follows from this feature is the finding that the group of “declarative” verbs is open ⫺ any verb describing an activity which can be, occasionally, performed “with and through words” can become a member of this group. (The other issue is, whether we still consider such verbs the identical/single polysemous lexical items or distinguished homonymous lexemes.)

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12. More Approaches to Performativeness Orientation towards semantic analysis of verbs which can be grasped as “names of illocutions” has brought multiple surveys in Slavic languages ⫺ Šoltys (1983); Nemcová (1983); Apresjan (1986); Grzegorczykowa (1989), whose book originates in a broader semantic-based view; Glovinskaja (1993); Greń (1994); Vojvodic (1999, 2002). Since the analyses presented in the works of Zbigniew Greń and Dojcil Vojvodic aim at comparison with other Slavic languages, they are specificaly relevant for the present paper. 12.1. Apresjan’s study presents his own classification of illocutionary acts relying directly on what he calls “performatives” ⫺ verbs representing individual acts. He mentions that his classification is a widended version of the one presented by Austin but he does not list any explicit critera or most significant differences among particular classes. He shows 15 groups/kinds of illocutionary acts altogether (1986, 209 f.) and the grouping of acts/verbs is rather inconsistent. E.g., “pleas” (pros’by) represent a group of their own with relevant verbs zaklinať, moliť, prosiť, umoljať, xodatajstvovať, another independent group are “requests” (trebovanija i prikazy) with the verbs nakazyvať, nastaivať, predlagať, prikazyvať, staviť uslovije, trebovať. Also, there is a special group of “prohibitions and permissions” (zaprety i razrešenija) ⫺ vospreščať, zapreščať, nakladyvať veto, davať pravo, pozvoljať, razrešať, sankcionirovať, and a group of “approvals and objections” (soglasija i vozraženija) ⫺ priznavať, soglašaťsja (incl. byť soglasen), vozražať, osparivať, otkazyvaťsja, protestovať, sporiť. On the other hand, sprašivať (‘ask a question’) is not considered performative and a position of questions among illocutionary acts / speech acts remains unexplained. Rather confusing is his term “halfperformative utterances” ⫺ it is not clear whether this lower level of “act ⫺ nature” is due to semantics of the respective verb or to the context and/or the whole setting of the utterance event. More intriguing are Apresjan’s reflections on the notion of “performativeness” which he defines, with a reference to Koschmieder (1934, see above), as a coincidence of a “word” and a “deed”, and his description of syntactic manifestations of the “performative nature” of a verb (non-compatibility with certain semantic groups of adverbials). In his semantic analysis of performative verbs, Apresjan rejects the opinion that all performatives “include” the meaning govorit’ (‘to speak’) as their common semantic component. From his standpoint, to accept this idea means that govoriť must be considered performative verb, too, which has been proven incorrect together with the performative hypothesis. Nevertheless, he admits that the meaning of govoriť is present in each peformative utterance. Probably the most original part of his study is the overview and analysis of the aspectual and tense meanings of performative verbs. For Apresjan, all performative verbs are resultant (because the speech act in question must be performed completely) and, therefore, they are semantic perfectives even though in Russian (and in other Slavic languages as well) they basically and primarily occur as imperfectives. (In certain contexts, he accepts even utterances with perfective aspect verbs as performatives, e.g., in Ja poprošu vas vyjti ⫺ “I (do) ask you to go out” where the perfect verb is a marker of a very strict request, cf. 215 f.) As for the tense semantics (related to aspect in the way described in other theories as “Aktionsart”), he stresses the fact that the time segment taken by uttering of a performative utterance is identical with the time segment taken by the respective act

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performed. Performative utterances combine the meaning of “momentary” and “processual” verbs/utterances. On the other hand, since Apresjan deals only with “performatives” roughly equated with “illocutions” he does not pay any attention to the relations of the Slavic perfective aspect and the notion of perlocution. 12.2. Zbigniew Greń’s comprehensive book Semantyka i składnia czasowników oznaczających akty mówy w języku polskim i czeskim (“Semantics and syntax of the verbs denoting speech acts in Polish and Czech”) deals with verba dicendi in a broad sense (verba dicendi sensu largo). In order to define verba dicendi and to distinguish them from other verbs, Greń uses three basic criteria: A verb belongs to the verbs of speaking, if 1) it includes an argument with the role “information”, 2) it occurs in collocations with nouns describable as a “text” (verbal message), e.g., grzmieć (“thunder”) is a verb of speaking because one of its meanings is “to speak (say something) very loudly” as can be shown in a phrase like grzmieć ostrzezenie (“to thunder an alert”), where ostrzezenie obviously is a message, 3) it can be paraphrased by a general (categorial) verb mowić (“speak”) and an adverb describing a manner of speaking: mówić podniesionym/zdecydowanym głosem (“to speak in a raised voice”, “to speak in a resolute voice”). The third criterion is the most significant one. Taking all the three criteria in account, Greń defines an extensive set of verbs which, in some way describe an “act of speaking”. Even though Greń pays attention to the notion of a “speech act” in Austin’s sense, in his opinion this very concept covers only one constituent of the act of communication, namely its production (performance) on the part of the speaker. Greń’s concept of a speech act includes also the phase of the message transmission (the channel) and the phase of perception of a message at the part of the addresse. His list of verbs to be analyzed, both in Polish and in Czech, is therefore very extensive (about 3000 in each language), thanks both to rich synonymy and polysemy/homonymy in both languages. Polysemy/homonymy manifests itself in the possibility to use a verb (particular lexical item) as a tool of reference towards different types of communicative situations described as configurations of pragmatic-semantic features. (Synonymy and polysemy are considered intralingusticaly, in each particular languge, while in the confrontation of Czech and Polish a notion of equivalence is applied.) In general, Greń’s analysis aims at (lingustically processed) cognitive semantics with a strong attention to the concept of semantic primitives. It has shown that there are no substantial differences between Czech and Polish as for the networks of synonymy in the semantic field in question, i. e., speech production ⫺ transmission ⫺ perception. As for the syntactic forms of sentences with the verbs of speaking the book is rather descriptive ⫺ it brings a detailed list of semantic units corresponding with particular forms of arguments within groups of predicates, which means that it does not go beyond the semantics. 12.3. Another contrastive study, dealing with the expressions of speech acts in Serbian, Russian and Polish has been presented by Doychil Voyvodich (2002). Even though he presents his analysis as a functional-semantic investigation of sentences with certain verb forms, it is rather an analysis and description of “acts” than of verbal semantics overlapping with communicative interaction. (As for a “direct”/explicit way of performance of a speech act, Voyvodich accepts not only 1st Pers. Ind. Sg. Pres. Indicative, e.g., prosze, but also Fut. poprosze, or Cond. (po)prosiłbym, i. e., for him, the presence of the lexical item denoting a speech act is the most important one, the form of a

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verb (except for the Past Tense) playing the secondary role. His description of gradual quantification/intensification of illocutionary force concentrates on “prescriptive speech acts” (i. e., directives) employing both semantic primitives (“I want”/“I wish”) as a common constituent of the “prescriptives” in all the mentioned languages and, more importantly, speaker’s pragmatic presuppositions (called here “implicit constituents”) related to different variations of “prescriptives”. The relevant pragmatic presuppositions which in fact are the basic conditions increasing/decreasing the intensity of illocutionary force expressed can be paraphrased like “I suppose that I can” (to please/ beg, to suggest, to invite), “I believe that I can” (to advice, to warn), “I believe that I have a right” (to require), “I am positive that I have a right (a priori)” (to order, to forbid, to permit). Special attention is paid to lexical (particles) and grammatical (mood) means of expression marking the various levels of “illocutionary force intensity” ⫺ regularly, the decline of intensity at the same time means a higher level of politeness. Quantification of illocutionary force, in author’s opinion, belongs to language universals. 12.4. On the way between investigation of “speech acts verbs” and “speech acts in Slavic Languages”, an important work of Czech linguist Miroslav Grepl cannot be omitted. Starting from the 1970ies, his articles have investigated the issues of modal verbs and modal meanings in Czech and soon his attention has moved towards pragmatic aspects of that phenomenon. The inspiration by Austin, Searle and Wunderlich (1976) has appeared in a synthetic description of sentence modality in Skladba spisovné češtiny (1986) and, in an extensive form, in Skladba češtiny (1998). In the last mentioned book, the part dealing with utterance (as opposed to sentence) presents also a) Grepl’s conception of speech acts, b) detailed description of “illocutionary forc indicating devices” in Czech. He adopts Searle’s theoretical framework in general, as for the criteria distinguishing particular types of speech acts, however, his own classification has brought substantial modifications. He posites eight basic classes of speech acts which he calls communicative functions of an utterance (as for the use of the term, see above), putting the emphasis on speaker’s (communicative) intention (= illocutionary point ) and the “direction of fit” in Searlean sense: assertives (assertion, report, announcement, notification, classification), directives (order, command, directive, request, instruction, plea, invitation, suggestion, advice, recommendation), interrogatives (questions in all their functional variations), commissives (promise, pledge, oath, offer), permissives and concessions (permission and non-permission, approval and disapproval, consent, and also refusal, rejection, dismissal), warnings (warning, notice, alert, threat), expressives (reproach, rebuke, reprimand, deprecation, praise, recognition, acknowledgements, congratulations, condolences), and declarations (baptism, appointment, conviction, and also acts organizing human social interaction ⫺ to open a congress, to declare the Olympic Games open, to close the meeting etc.). Within this classification, Wunderlich’s (1976) difference between initiative speech act (stimuli) ⫺ e.g., questions, offers, and reactive speech act ⫺ e.g., promise, permission, approval is applied. As we can see, it is Searle’s classification with interrogatives, permissives and warnings added. 12.4.1. What can be questioned about Grepl’s classification is the distribution of “acts” among particular groups and, in certain cases, the defining critera according to which some of the speech act have been listed exactly in one particular group and not in a

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different one. E.g., all the acts grouped into the category of warnings are based on speaker’s intention to influence hearer’s/addressee’s future activity ⫺ either in the positive (“do something”) or in a negative sense (“don’t do something”), and the addressee is supposed to be persuaded to that by an information on dire consequences of his/her (in)activity. Nonetheless, this kind of speaker’s intention connects all the “warnings” with directives and it is a question if the presence of “dire consequences” about which the addressee is usually being informed is a criterion strong enough to create an independent class. We can accept the group of permissives and concessions consisting of pairs of positive ⫺ negative counterparts which originate in an identical situation (dovoluji ⫺ nedovoluji, souhlasím ⫺ nesouhlasím/odmítám, smíš/můžeš ⫺ nesmíš, etc.). But, what similar acts have in common is that all of them create a new situation for the addressee ⫺ all of them “set the rules” under which sometning is accepted or it is not, something is allowed or banned. This very strong feature relates the class of permissives etc. to declarations, especially in the sense of organizing social interaction. Also, the independent status of interrogatives is not very strong ⫺ there is no doubt that a specific speech acts of “demanding an information from the addressee” exists, but, again, the very fact of demanding something from the addressee is a common feature (speaker’s intention) of directives. Interrogatives can be posited as an independent class if a classification is based on the primary illocution, i. e., the form of a sentence/utterance (see above) but if one of the strongest features/criteria is illocutionary point, interrogatives should be a subclass of directives. In fact, Grepl mentiones that “questions” are usually listed with directives (460) but as an important formal difference between directives and interrogatives he brings the fact that, in his opinion, interrogatives cannot have the form of imperative. This claim is questionable too, since it cannot be denied that utterances like Kdy přijde maminka? (“When is mother coming?”) ⫺ Chci vědět, kdy přijde maminka (“I want to know when is mother coming.”) ⫺ Řekni mi, kdy přijde maminka (“Tell me when is mother coming.”) share a common illocutionary point, i. e., a wish/want of the speaker to get the information about mother’s arrival. Another questionable point concerning Grepl’s concept of interrogatives is that they include rhetorical questions the illocutionary point (communicative function) of which is entirely different than that of real questions ⫺ they are emotional/ affective assertions/statements. 12.4.2. Apart from the fact that the classification of speech acts in Skladba češtiny can be disputed, M. Grepl has presented there a vast amount of Czech language material and its functional (pragmatic) interpretation. In the book, each class of speech acts is described as for the ways and means of its language (verbal, syntactic and phonic) manifestation, i. e., in traditional terminology, their illocutionary force indicating devices (IFIDs). The basic difference between the means of manifestation of a speech act (= communicative function of an utterance) is that some of them are up to certain level unambiguous, they typically indicate a particular speech act and not some other one. These are considered direct indicators, represented by explicite performative formulas (EPFs) and communicative forms of utterances (komunikativní výpovědní formy, CFU). EPFs are universal by definition and language-specific differences among them are based on the number of (often synonymic) verbs which can be used performatively in an individual language. The “performative verb” is the strongest and in most cases the only illocutionary force indicating device in the formula. In contrast with explicite

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performative formulas, communicative forms of utterance are a) strongly languagespecific, b) they emerge as a result of co-occurence of several illocutionary force indicating devices on different levels ⫺ lexical material, morphological forms of (also modal) verbs including the aspect, sentence pattern (incl. word order), stress and intonation. The communicative forms of utterances can occur both as simple and as compound sentences, rarely also as complex sentences. The communicative forms of utterances are a phenomenon of language convention ⫺ they have developed towards their relative functional unambiguity in the process of language use. Therefore, they are not petrified which means that they are subject to change even though a very gradual one. For example, communicative forms of utterances indicating directives mostly present some of the preparatory conditions in the form of a question ⫺ můžeš, mohl bys? Communicative forms of utterances indicating special kind of directive, instruction, mostly have a form of a simple statement in the 1st Pers. Plural ⫺ Koncentrát ředíme vodou v poměru 1 : 2, dávkujeme podle druhu prádla (washing instructions). Communicative forms of utterances of suggestions and offers use particles co, což C conditional mood or infinitive ⫺ Co(ž) takhle zavolat mu, Co abychom mu zavolali, or že C conditional in a form of a question: Že bychom mu zavolali? (approximately “What about [...]”) Disapproval or protest can be indicated by communicative forms of utterances with particles přece, vždyť and their combination: Přece tam nepůjdeš! (“You do not say that you are going there!”), Ale (vždyť přece) on nemá na to místo dostatečnou kvalifikaci! (“But/after all/still, he is not qualified enough for that position!”) Warnings and threats often have a form of a compound sentence in which the dependent clause expresses the condition upon which the dire consequences or sanctions can emerge: Jestli se nebudeš učit, propadneš u zkoušky. Jestli budeš toho psa dráždit, kousne tě. Jestli si to okamžitě neuklidíš, zapomeň na to kino. (“If you do not study, you will fail at the exam. If you keep provoking that dog, it will bite you. If you do not make all this tidy immediately, forget about going to the movies.”) A large variety of communicative forms of utterances, many of which are idiomatic (and have a zero propositional content), is typical for expressives and all other speech acts where speaker’s emotional involvement is presupposed. In Grepl’s presentation of illocutionary force indicating devices, very small space remains for indirect speech acts in classical sense. (In fact, Grepl mentiones them only together with the verbalizations of preparatory conditions.) Since already Searle has admitted that most of the indirect speech act are conventional, the variations of convencionalized communicative forms of utterances occupy this position. Nevertheless, Grepl says that no matter how “strong” the language indication of a communicative function may be the decisive role in the addressee’s interpretation of an utterance pertains to the context/situation of the communicative interaction. It can be added that however detailed his inventories of communicative forms of utterances indicating particular functions are, for a native speaker, they are never exhaustive (or closed) ⫺ it is always possible to add several items to each list. This obviously is not Grepl’s mistake, it is merely a repetitive finding that for a speech act, its language form is always of secondary importance, within the limits of style and context it is arbitrary and, in fact, it is linguisticaly unpredictable.

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13. SAT in Polish Linguistics As for the studies inspired by speech act theory as such which provide analysis of illocutionary acts in a particular language, they have been numerous in Polish linguistics. One of the first (1980) publications towards the topic, Grodziński’s (1980) Wypowiędzi performatywne, presents an overview of speech act theory starting from Austin, with Polish examples and theoretical overlaps to Polish language. Kalisz (1993) starts from an identical point, nevertheless, his presentation of speech act theory has been embodied in a broader framework of lingustic pragmatics which he relates to cognitive linguistics. 13.1. He discusses the development of speech act theory which he considers one of the main domains of pragmatics, including the performative hypothesis, implicature and relevance theory, coming to a conclusion that Searle’s concept of speech act theory, despite all the criticism, is the most functional one: It is general enough to account for any context-dependent cases of speech events. i. e., also the indirect speech acts. For Kalisz, the lack of correlation between a type of a speech act and a sentence type (or sentence form) which is in the center of speech act theory criticism is not crucial since his analysis aims at prototypical forms of speech acts. (The less prototypical forms can be interpreted with the help of conversational implicature.) Probably the most intriguing parts of his book are devoted to the issue of intended perlocutionary effects and to the concept of pragmatic equivalence in the contrastive viewpoint. 13.1.1. The intended perlocutionary effects (close to illocutionary points but different from them) have been rather neglected in speech act studies because it is difficult, if not impossible, to identify their language (syntactic) exponents. (The phenomenon of perlocution, even though not rejected, has been generally pushed off the reach of linguistics.) An utterance can have and usually has various effects on the addressee, some of them intended, the others unintended. Of natural reasons, the speaker cannot have a full control of all the effects of his/her utterance on the addressee. The intended perlocutionary effect is not identical with any effect caused by an utterance, it concerns, in Kalisz’s opinion, only the effect aimed at the addressee’s personal/psychological condition. E.g., a statement (assertion) Janek spotyka się z Marią (“Janek dates Maria”) has an illocutionary point “to make the addressee informed that Janek dates Maria” and, at athe same time, an intended perlocutionary effect “to make somebody happy/ sad/irritated” ⫺ depending on a particular speech event. Predicates expressing intended perlocutionary effects (in Czech, e.g. potešit, rozveselit, naštvat, rozčílit, uklidnit) cannot be used analogically to performative verbs but they can function in reported speech, next to illocutionary verbs. (Cf. also Šoltys, 1983.) The closest relation between illocutionary point and the intended perlocutionary effect can be observed at expressives where the speaker’s psychological state (sincerity condition) is directly orientated towards the addressee. The essence of intended perlocutionary effects is the change or modification of the actual targeted area of addressee’s personality which is addressee’s psychological state. It need not have to be actually achieved ⫺ an actual perlocutionary effect can be different. In fact, according to Kalisz’s discussion of different facets of the issue (in the presentation of other Polish pragmaticians) the notion of the intended perlocutionary effect changes the very concept of perlocution: In a traditional under-

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standing, perlocution (perlocutionary act) is an outcome of a (successfully performed) illocutionary act, while in the presented concept, the intended perlocutionary effect is different, it is in fact parallel to illocutionary point. Kalisz also suggests to view perlocutionary effects as an aspect of Brown’s and Levinson’s (1987) concept of “face” ⫺ here, the addressee’s “face”. Even though the mentioned difference seems very subtle and without clear contours (the indicating devices can be spotted only ex post), Kalisz’s attempt to bring more light into the neglected notion of perlocution deserves attention. 13.1.2. The notion of pragmatic equivalence is closely related to contrastive pragmatics which the linguistic pragmaticians connect to discourse analysis. Kalisz does not conceal that the mentioned notion overlaps to sociolinguistics and ethnolinguistics ⫺ Wierzbicka’s works show it as a graphic example. To look for pragmaticaly equivalent utterances means to analyze tokens of two or more languages in analogical situations trying to find language expressions/manifestations of identical or maximally similar speech acts. The basic steps of the analysis are 1) defining the speakers’ pragmatic presuppositions, 2) defining the illocutionary forces of the analyzed utterances, 3) specification of felicity conditions of the SA in question, 4) description of social and cultural contexts related to SA in questions, 5) defining possible speakers’ strategies related to SA in question. Steps 1) ⫺ 3) are essential, steps 4) and 5) are supplementary. Even though the pragmatic presupposition is presented in the first place it is impossible to start the contrastive analysis from that point ⫺ the only available starting point is the analogical communicative situation. As an example, Kalisz compares the following utterances (144 f.): A) B) C) D)

Was wünschen Sie? Can I help you? Słucham! Czekam.

A, B and C can be considered equivalent in a situation when an officer, clerk, shop assistant or a waiter contacts an addressee/a client/customer since all of the three utterances represent an offer to pay attention to addressee’s needs or wishes. From the viewpoint of the language form, the shown examples are different, and we consider them equivalent because they fullfil the same function or illocutionary point and, therefore, can be identified as the same speech acts. Compared to them, D) is not their unambiguous equivalent even though it can occur in analogical situations. It is not an offer, only an information (which can be interpreted as an indirect appeal) that the speaker is ready to listen to the addressee. In Kalisz’s opinion, equivalence can be gradual and to ascertain it is often a matter of the conversational implicature. If compared utterances lack their contexts it is often impossible to determine their illocutionary forces which in many ways verifies Wierzbicka’s assumptions as for the social and cultural dependence of speech acts. On the other hand, Kalisz does not agree with some of Wierzbicka’s conclusions concerning the differences between Polish and Anglo-Saxon culture based on her comparative analysis of “advice” in English and in Polish (e.g., the Anglo-Saxon culture is supposed to respect addressee’s own will and decision more than Polish culture) as well as with her other conclusions concerning

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requests and tag-questions. He is more inclined to pay attention to the formal differences between sentences/utterances and to look for functional equivalents from this starting point than to draw direct “ethnolinguistic” or culture-value conclusions from the differences found. Making a decision about what is and what is not equivalent should be based on the maximum of available objective data, not on subjective preferences, especially if the sentences/utterances in question are full or partial idioms. E.g., comparative analysis of negative exclamatory sentences in English and in Polish (Kalisz 1993, 162) has shown that their syntactic and lexical structure is almost identical and their position in language usage is rather similar, too, ⫺ nor in English or in Polish they are equivalent as speech acts, but not frequent. Also, since in both languages there is a continuous transition between negative exclamations and negative questions, setting of a borderline between them is impossible without full context. Another comparative analysis of prototypical assertions in English and in Polish (166 ff.) has been conducted in the opposite direction, from pragmatic eqivalents (manifestations of “assertion” in both language) to their syntactic structure and lexical materialization. It has brought a conclusion that comparing of prototypes in the pragmatic view is not very informative, on the other hand, if a researcher takes into account a broader “family” of related utterances the results can contribute to deeper knowledge of functional potential of sentence types and lexicon. In Kalisz’s opinion, findings of that kind are valuable for contrastive linguistics but cannot be taken as an argument for conclusions on concurrence or difference regarding cultural values. 13.2. Katarzyna Skowronek (1993) has applied the speech act theory for analysis and description of the language of advertisments and commercials. She adopts the theoretical framework of Austin and, mainly of Searle (together with his basic taxonomy) but combines Searle’s approach with the decomposition method of A. Wierzbicka. Meaningful “primitives” in Skowronek’s work are represented by particular “speech microacts” defined according to the role (importance and intensity) of speaker’s will ⫺ the intensity/strenght of intentional influence developed towards the addressee. She presents a general model of a commercial speech act which, in her concept, is an indirect macro-act manifesting an illocutionary point “persuasion” as its dominating function. (Cf. Sowronek 1993, 22 ff.) As for the term macro-act, no reference to van Dijk (1980a, b) or anyone else appears, so K. Skowronek obviously uses it as a description of the comprehensive nature of commercial speech acts. The nature of particular components (micro-acts) of a commercial macro-act is rather that of interconnected sequencial strategic steps than speech acts in the proper sense (cf. 83 ff.). There is no doubt that the aim/goal of persuasion is an intrinsic component of a commercial no matter whether we consider it an independent type (class) of speech acts or rather describe it as a vague type of language interaction. The general structure of a commercial text (both spoken and written, including nonverbal means of communication) is probably highly variable and it hardly can be expressed by a single unified model. Nevertheless, it is indisputably the area of commercial communication where speech acts as deeds performed by the use of language are specifically visible and well defined. In our concept, commercial speech acts consist of assertive (informational), directive and commissive constituents (in the way similar to cooperative speech acts, cf. Hancher 1979) and it is necessarily and specifically the commissive component which is a) a necessary condition for the persuasive influence of such a communication, b) an essen-

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tial (obligatory) component of a commercial as a text-type. It is the commissive constituent with its sincerity condition (expected by the addressee) which is decisive for achievement of the intended persuasive effect. Obviously, to advertise (offer) a product or a service which the speaker (= advertiser) does not intend to provide would be contradictory. (As for the “sincerity condition” in any speech act performed as a part of a commercial, it works identically both at “true” or “fictional” speech act, cf. Searle 1979, 58 ff.). The presence of sincerity condition as a part of a speech act is not identical with credibility or trustworthiness of a commercial. The characteristics of a commercial as a makro-act is appropriate: Even if a commercial is represented by a single utterance it consists of non-verbal components of various kind which complement, support or oppose the verbal part. 13.3. Skowronek’s study can be seen as an example of a work using the inspiration of speech act theory but aiming at a different area ⫺ its goal is to describe processes and results of language use on a borderline between fiction and manipulation. Speech acts manifestation can bee looked for in political and media discourse, in education, in law theory and practise. There are many reasons to believe that studies with similar (i. e., communicative and interactional) orientation can bring information about cultural and history-based differences in language communities. But, not many among the above mentioned papers have paid special attention to linguistic features of what is called performative utterance, illocutionary verb etc. In the following part, we shall try to show which are the specific features of the mentioned phenomena existing in Slavic languages.

14. Verbal Aspect in SAT In the previous explanations, discussing forms of utterances and verbs which can be used performatively and, the phenomenon of “performativeness” itself, we have already mentioned verbal aspect as an important factor. In Slavic languages, only imperfective verbs can be used performatively. (If Apresjan admits a sentence with a perfective verb as performative, it is more a matter of the idiomatic nature of that particular sentence, not a different kind of performativeness.) And, as complementing counterparts, perfective verbs seem to be an exclusive tool to express reports of performed illocutionary acts and of their perlocutionary effects. It is exceptional that some of the verbs ranking among the performatives are, as lexical items, considered bi-aspectual, they can occur both as imperfectives and perfectives, e.g., Russian obeščat’ (“promise”) or Czech jmenovat (1. “name”, 2. “appoint”) or věnovat (“dedicate”). In Koschmieder’s view (see above), performativeness is a specific variation of imperfectiveness, special property of some verbs. It is obvious that the potential to be used as a performance of certain “act” is based on the lexical semantics of a verb but the very case of “being a performance” is situation-(discourse-)dependent. No formal properties of what is called explicit performative formulas can assure that an utterance will perform the particular speech act denoted by the verb any time. On the contrary, there are many factors, e.g., presence of certain lexical items (adverbs of time) in a sentence and morpho-syntactic features pertaining to a verb (other than present temporal meaning, form

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of the 2 nd Pers., semantic character of a complementing sentence) by which the performative potential can be suspended. The fact that only imperfective verbs can be performatives is based on the necessity to express current present time (the present forms of perfective verbs express the future tense). Observation of aspectual pairs in relation to expressing of illocutionary functions and to reporting them can, nonetheless, bring some more information about the nature of performative verb(s) and illocutionary verbs. 14.1. According to Daneš (1971, 1979, 2000), the aspectual character of a verb follows from its semantics. Any Czech (or Slavonic) verb is either imperfective, or perfective, but only certain groups of verbs can form (be considered) aspectual pairs, i. e., pairs of verbs with identical lexical semantics distinguished only by their aspectual character, e.g., otevírat (imperf.) ⫺ otevřít (perf.), otkryvat’ ⫺ otkryt’, přepisovat ⫺ přepsat, perepisyvat’ ⫺ perepisat’, opravovat ⫺ opravit, poprawiać ⫺ poprawić. (From the viewpoint of their origin, many of those pairs, even though not all, are pairs of prefixed perfectives and the so-called secondary imperfectives, cf. psát ⫺ přepsat ⫺ přepisovat; but their actual origin is not important here.) What the mentioned group of verbs have in common is that in their semantics they imply a point of transition between an initial and a final state, e.g., opravovat (imperf.) and opravit (perf.) both mean “to bring something from an ‘out-of-order’ ‘state into an ‘in-order’ state” (cf. Daneš, 1979), therefore, they are events. In order to reach the ‘in-order’ state, certain change/transition (Daneš terms it mutation) has to happen, or more precisely, it is done/performed by an Agent. In the most general model, the event-verbs (mutations) have a semantic formula a T e, where the initial state a is always only presupposed (what needs to be open is supposed to be closed, what needs to be repaired is supposed to be out of order etc.) and the final state e is, in the case of perfectives, asserted as reached (accomplished, completed) while in the case of imperfectives it is neither asserted nor denied ⫺ the imperfective verb expresses only the Agent’s effort to reach/accomplish the final state. Event-verbs can form successions depicting the transition: Opravoval auto dvě hodiny, až ho nakonec opravil. Přepisoval ten článek tak dlouho, až ho celý přepsal. Vybíral dárek pro matku několik týdnů, až jí vybral obraz. The fact that the imperfective event-verbs do not express the reaching of the final state as accomplished, they only imply it, but not necessarily, can be demonstrated by the following succession: A question Opravil Karel včera to auto? can be answered in three ways: a) Opravoval to auto dvě hodiny, až ho nakonec opravil (= the mutation happened, the final state was accomplished, the formula a T e holds). b) Opravoval to auto dvě hodiny, ale nakonec ho neopravil (= the mutation did not happen, the final state was only attempted, but not accomplished, i. e., in this case, the formula includes negation in the position a T ~ e). c) Neopravil, protože ho vůbec neopravoval (= the mutation did not happen because even the effort to change the initial state did not happen : ~ [a T e]). 14.2. In Daneš’s works on verbal semantics, similar event-formula is posited to cover also verba dicendi. In his 1973 paper (quoted here in 10. above) he describes the basic semantic formula of verbs of speaking also as a T e, with the specification xA [~ (yPMz)] T (yPMz)]. It can be paraphrased in the following way: the Speaker x

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causes (as an Agent A) that the Hearer/Addressee y is transferred/transmitted T from the presupposed initial state a of not being in the posession of information z (= ~ (yPMz)) into the state final state e (= (yPMz)) when he is, as a result of T, in the posession of z. In the preceding parts we have discussed the results of applying the semantic analysis of performative verbs/illocutionary verbs based on the binary relations of the arguments Speaker, Addressee, Information which has brought a picture of verbal-semantic basis of explicit performative utterances. At this point, we want to deal with the possible outcome of applying the mentioned semantic formula to the analysis of the aspectual nature of performative verbs and illocutionary verbs. We want to find out what is the relation of pairs like slibovat ⫺ slíbit, nařizovat ⫺ nařídit, priglašat’ ⫺ priglasit’, odporúčat’ ⫺ odporučit’ towards the “core” aspectual pairs otvírat ⫺ otevřít, opravovat ⫺ opravit etc. Are the pairs of verba dicendi the same pairs distinguished only by its aspectual character and, are they mutations, too? 14.2.1. The above mentioned state of “mental posession” which undergoes the transition/mutation concerns the conveyed information (the propositional contens), e.g., ”přijít ve dvě” (Sliboval/slíbil, že přijde ve dvě, Nařizoval /nařídil, abychom přišli ve dvě.) Nevertheless, if we try to form a succession analogical to otevírat ⫺ otevřít, opravovat ⫺ opravit, we face a problem: It is logically and semantically impossible to say *Sliboval mi, že přijde ve dvě, až mi to nakonec slíbil, *Nařizoval nám, abychom přišli ve dvě, až nám to nakonec nařídil. Also, it is semantically fully acceptible to combine imperfectives like otvírat, opravovat, perepisyvať, umirať etc. with adverbial modificators with the meaning “period of time”: dvě hodiny, tak dlouho, celý den, několik týdnů ⫺ Opravuji auto dvě hodiny, Ja perepisyvaju referat uže dva časa etc. It is possible to paraphrase such sentences in the way “I have been in the course of repairing this for two hours”, “I have been in the course of copying this for two hours”. In contrast with that, sentences like Slibuji ti dvě hodiny, že přijdu, Nařizuji ti dvě hodiny, abys přišel cannot be paraphrased that way. They are fully acceptible but their meaning is different. Slibuji ti dvě hodiny, že přijdu, etc. means “for two hours, I have made an uncertain number of promises to come”. Verbs otevírat /otevřít , opravovat /opravit, přepisovat /přepsat have, both in the imperfective and in the perfective aspect, a linear time dimension (even though it is an event, i. e., it has a beginning and an end). On the other hand, the situation of “making a promise” (as well as a request, an order, an invitation etc.) is not a situation of “being in the process of” ⫺ a speaker either makes a promise (a request, an order etc.) or he does not. The test of negation used above to show the presence of the initial and of the final state determining the “mutation” nature of event-verbs cannot be used with performative verbs and illocutionary verbs. If I ask a question Slíbil ti Karel, že přijde?, then an answer Sliboval mi to dvě hodiny, ale nakonec mi to neslíbil (formally analogical to a T ~ e in 14.1) describes an entirely different situation than Opravoval to auto dvě hodiny, ale nakonec ho nespravil. It is not a depiction of an evolving event resulting in not achieving the final state (cf. answer b) in 14.1). Instead, it is a report of a lenghty communicative exchange during which several times a promise concerning the same topic was made and in the last turn it was denied. A possible answer can also be Říkal /řekl, že přijde, ale neslíbil to (“He said that he would come but he did not promise it”). It means that in the report of a certain speech event the fact of “conveying information” and the fact of “performing specific speech act” can be separated. To use an imperfective verb in a question Slibo-

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val ti Karel, že přijde? means to ask specifically about the repeated act of promising. The acceptible answer can be Ne, nesliboval, completely denying any act of promise (analogical to answer c) in 14.1) or, acceptible, however less usual Někdy ano, někdy ne ⫺ “sometimes he did, sometimes he did not”, which refers to a repeated performance or non-performance of the act of promising. This suggests that the semantic formula describing the structure of the verbs of speaking covers only one semantic layer of verba dicendi, namely the layer of conveying the information (transmitting the propositional content) to the Addressee. The other semantic layer in performative verbs and illocutionary verbs, the one denoting a specific “deed” is accomplished even in the imperfective form of such a verb, i. e., the semantic formula does not capture this semantic constituent. This is true specifically about verbs pertaining to commissive and directive speech acts. 14.2.2. At this moment, a counterargument can be produced: For some of the verbs performing and denoting assertions (representatives) the original semantic analysis seems satisfactory and they even can form successions similar to opravovat ⫺ opravit: Sděloval /oznamoval nám své námitky celou hodinu, až nám je všechny sdělil. Vysvětloval nám ten problém dvě hodiny, až nám ho podrobně vysvětlil. Nevertheless, most of the facts show that the just mentioned examples deny the “accomplishment nature” of performative verbs only seemingly. Firstly, it is only the two verbs in Czech which enable to presuppose a notion of “being in the process of informing, announcing”, “being in the process of explaining”. Secondly, the essence of the speech acts in question is the conveying of information itself, which means that the general semantic framework and the performed “deed” merge here. Thirdly, it is fully acceptible to say Sděloval /oznamoval nám své námitky (or problémy, argumenty) but not *Sděloval nám svou námitku. In other words, it may be the plural form of the object argument (Information) which is responsible for forming of the succession ⫺ the plurality of objects means that, in fact, also here sděloval reports on distribution of repeated (successive) acts of “informing”. (As for vysvětloval, the reason may be the same ⫺ to explain something normally means to speak about diffrent aspects of a problem, i. e., we can view it as another succession of particular explanations.) 14.3. To sum up the specific aspectual properties of performative and illocutionary verbs, we consider appropriate to commemorate Apresjan’s remarks distinguishing imperfective form of a performative verb and its resultant meaning (1986, 215⫺216) which relates performative verbs to perfectives. This concept can account for the semantic nature of an “act performed by speech” ⫺ any instance (token) of the performative use of a verb represents an accomplishment of certain speech act. As for the notion of accomplishment (as a property of telic verbs ) within the semantics of the verbal aspect, cf. Comrie 1976, 44 ff., and Lyons 1977, 710 ff. It may be too strong to declare that from the viewpoint of their lexical semantics all the performative and illocutionary verbs are perfectiva tantum since as for their grammar features (mainly their form of the future tense), they are imperfectives after all. However, the consequence of the semantic nature of illocutionary verbs (and performative verbs) in Slavic languages is that in the utterances reporting performed illocutionary acts or in utterances expressing perlocutions (perlocutionary effects of illocutionary acts) both imperfective and perfective verbs can occur. Pairs like oznamovat /oznámit, upozorňovat /upozornit, nařiz-

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ovat /nařídit, navrhovat /navrhnout, objednávat /objednat, soobščat’/soobščit’, predupreždat’/predupredit’, prikazyvat’/prikazat’, zakazyvat’/zakazat’ etc. can be considered aspectual pairs (semantic equivalents) since their distribution in describing or reporting speech acts is not constrained. The perfectives cannot be used performatively. On the other hand, those verbs are only “grammar” aspectual pairs since their semantics has more complicated structure than the above explained semantics of mutations. Performative verbs and illocutionary verbs are mutations as for the conveying of information but they are not as for their speech act nature. (A situation when the addressee “does not possess an information” can be accounted for as one of the pragmatic presuppositions of a speech act.) As speech acts performers/reporters both imperfectives and perfectives within the group express accomplishments which means that the main semantic difference between imperfectives and perfectives in this group is indistinct or, rather non existing. 14.4. As for the utterances reporting the performed illocutionary acts or the perlocutions, there are certain restrictions concerning the use of the 1st Pers. in the Present Tense, as the potential performativeness should be excluded. A performative nature of an utterance (in the case of using the form of the 1st Pers.) can be suspended by the means of using an adverb of time in such an utterance, e.g., právě, zrovna, znovu, kak raz, eščë raz, własńie, ponownie which add the utterance the explicit character of reporting (incl. self-reporting), cf. Co to povídáš? ⫺ Zrovna ti navrhuju, abys v neděli přišel na oběd. Promiň, nerozuměla jsem. ⫺ Právě ti sděluju, že zkoušku jsem udělal. Also, if the form of 1st Pers is complemented by a sentence expressing an “incomplete information”, the whole construction cannot be performative: Navrhuji ti, kdy můžeš přijít ⫺ Ja predlagaju tebe, kogda tebe možno prijti. (Cf. Hirschová, 2004) 14.4.1. There are no such restrictions in the past tense which seems to be the main area of reporting on performed speech acts and their effects: Co to povídáš? ⫺ Zrovna jsem ti navrhoval /navrhl, abys v neděli přišel na oběd. Promiň, nerozuměla jsem. ⫺ Zrovna jsem ti sděloval/sdělil, že zkoušku jsem udělal. The potential interchangeability of imperfective and perfective performative verbs and illocutionary verbs in utterances reporting the illocutions does not indicate the full semantic identity of such utterances. All the following examples (a) Navrhoval odejít. (b) Proponowal odejść. (c) On predlagal ujti.

(a’) Navrhl odejít. (b’) Zaproponowal odejść. (c’) On predložil ujti.

inform about accomplishment of the illocutionary act “suggestion”. Nevertheless, only utterances (a’), (b’) and (c’) convey the explicit information that the act of suggesting (something to somebody) happened only once. Utterances (a), (b) and (c) do not make

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any specific claim towards this point. They may refer to a single instance of the performed speech act or to repeated performances of identical acts. The above mentioned semantic properties of performative verbs and illocutionary verbs come togehter with the unmarked character of the imperfective aspect which allows the imperfective verbs to be potential representatives of both members of the opposition. However, the imperfective vs. perfective reporting utterances bear different pragmatic presuppositions. The aspectual and tense differences together with the adverbs work as presupposition-triggers: Slibuje, že nebude kouřit ⫺ reports one instance of a promise, bears no specific presuppositions at the part of the reporting speaker. (d’) Už zase slibuje, že nebude kouřit ⫺ reports one instance of a promise, suggesting the addressee a presupposition “he promised the same thing before and he did not keep his promise”. (d’’) Dlouho/pořád slibuje, že nebude kouřit ⫺ reports repeated acts of promising; the very fact of repetitive promising reaching the moment of current presence entails that the performed promises were broken (therefore they need to be repeated), i. e., their perlocutionary effect (the obligation) had come into existence but later was cancelled. (e) Sliboval, že nebude kouřit ⫺ reports one or several performances of a promise, without specific presupositions both at the part of the reporting speaker or the addressee. (e’) Už zase sliboval, že nebude kouřit ⫺ reports one or several instances of a promise, the suggested presupposition is the same as in (d’). (e’’) Dlouho sliboval, že nebude kouřit ⫺ reports repeated acts of promising, but since the repetition does not overlap with the current presence it may entail either the same fact of broken promises (as in (d’’) or, on the contrary, that the promise was finally kept. Cf. the possible continuing utterances 1) ale stejně nikdy nepřestal, 2) až se mu to snad konečně povedlo. (d)

Analogically, within directives: (f) (f’) (f’’)

(g)

On priglašaet nas priexat’ v Moskvu ⫺ reports one instance of an invitation, bears no specific presuppositions at the part of the reporting speaker. On opjat’ priglašaet nas priexat’ v Moskvu ⫺ reports one instance of an invitation, suggesting the addressee a presupposition “he has invited us before”. Uže davno on priglašaet nas priexat’ v Moskvu ⫺ reports repeated acts of inviting, suggesting the addressee a presupposition “we have not accepted his invitation yet”. Uže davno on nas priglašal priexat’ v Moskvu ⫺ reports repeated acts of inviting, suggesting a presupposition “only now we have accepted his invitation”.

The differences among the examples do not concern the class/type of the act performed ⫺ it is always denoted by the respective verb. Particular examples differ in their pragmatic presuppositions as for the real “effect” of the reported promises or invitations.

79. Speech Acts in Slavic Languages

1089

15. Conclusion Due to the nature of speech acts as a language phenomenon, Slavic languages do not substantially differ from other languages as for the principles and conditions of their performance. More differences can be found in specific utterance forms conventionalized for certain speech acts in particular languages. Nevertheless, pragmatic equivalents can be found. As for the illocutionary force indicating devices in Slavic languages, the variations of aspectual pairs offer a rich repertory of functionally distinguished means of expression both for performing speech actions and for reporting them.

16. Literature (selected) Allen, Keith (1998): Meaning and Speech Acts. http://directory.google.com/Top/Society/Philosophy/ Philosophy_of_Language/Pragmatics/Speech_Acts Apresjan, Jurij D. (1986): Performativy v grammatike i v slovare. // Izvestija AN SSSR, Serija literatury i jazika, Tom 45/3. 208⫺223 Austin, J. L. (1962): How to do things with words. Oxford. Bach, Kent/Harnish, Robert M. (1979/1991): Linguistic Communication: A Schema for Speech Acts. [Originally in: Linguistic Communication and Speech Acts. MIT Press. Cambridge, Mass. 3⫺18.] Reprinted in: Davis, S. (ed): Pragmatics. A Reader. New York/Oxford. Bach, Kent (1994): “Conversational impliciture”. // Mind and Language 9. 124⫺62. Bach, Kent (2001): Speech Acts. [email protected] Brown, Penelope/Levinson, Stephen C. (1987): Politeness. Cambridge. Comrie, Bernhard (1976): Aspect. Cambridge/New York/Melbourne/Sydney. Daneš, František (1971): “Pokus o strukturní analýzu slovesnýx významů”. // SaS 3. 193⫺207. Daneš, František (1973): “Verba dicendi a výpovědní funkce”. // Studia Slavica Pragensia. Praha. 115⫺124. Daneš, František (1979): “Poznámky k slovesnému vidu z hlediska sémantického”. // Opuscula polono-slavica. Wroclaw. 87⫺94. Daneš, František (2000): “Der verbale Aspekt und die semantische Struktur des Verbes”. // Jazyk a text II. Praha. 115⫺123. Daneš, František/Hlavsa, Zdeněk a kol. (1987): Větné vzorce v češtině. Praha. Dijk, Teun A. van (1980a): Macrostructures. New Jersey. Dijk, Teun A. van (1980b): Text and Context. New York. Greń, Zbigniew (1994): Semantyka i skladnia czasowników oznaczających akty mówy w języku polskim i czeskim. Warszawa. Grepl, Miroslav/Karlík, Petr (1986): Skladba spisovné češtiny. Praha. Grepl, Miroslav/Karlík, Petr (1998): Skladba češtiny. Olomouc. Grice, H. Paul (1975): Logic and Conversation. // Cole, Peter/Morgan, Jerry L. (eds). Syntax and Semantics 3. New York. 41⫺58. Grodziński, Eugeniusz (1980): Wypowiedzi performatywne. Wroclaw. Grzegorczykowa, Renata (1989): „Językowe wykladniki intencji wypowiedzi“. // Biuletyn Polskiego Towarzystwa Językoznawczego 42. S. 69⫺77. Hirschová, Milada (1988): Česká verba dicendi v performativním užití. Olomouc. Hirschová, Milada (2004). “Ilokuční slovesa: Mezi pragmatikou a syntaxí”. // Hladká, Zdeňka/ Karlík, Petr (eds.). Čeština ⫺ Univerzália a Specifika. Sborník 5. mezinárodního setkání bohemistů v Brně 13.⫺15. 11. 2003. Praha. 120⫺128. Hirschová, Milada (2005). “Modal verbs abd Illocutionary Constructions” // Hansen, Björn/Karlik Petr (eds.). Modality in Slavonic Languages. München. 351⫺360.

1090

XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

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Milada Hirschová, Liberec (Tschechien)

80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch

1091

80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch* 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Genderlinguistik: Sprache und Geschlecht Genderlinguistik in Ost und West Theoretische Konzeptionen von geschlechtsspezifischem Sprachgebrauch Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch am Beispiel des Russischen und Polnischen Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch in literarischen Dialogen Literatur (in Auswahl)

Abstract The article gives a brief introduction to Slavic gender linguistics. Gender linguistics deals on the one hand with the linguistic encoding of masculinity and femininity in the structure of a language, on the other hand with the performative construction of gendered identity in discourse by a specific linguistic behaviour. Typical of the first field are e.g. analyses of the linguistic means for denoting female referents or of gender related concepts in phraseology and lexicon. The article focuses on the second field. After shortly overviewing concepts of gendered linguistic behaviour discussed in Slavic linguistics, some features of male and female linguistic behaviour in discourse analysed so far are presented.

1. Genderlinguistik: Sprache und Geschlecht Die Genderlinguistik beschäftigt sich linguistisch mit dem Zusammenhang von Sprache und Geschlecht und teilt sich in einen systemlinguistisch und einen pragmatisch-gesprächsanalytisch orientierten Flügel. (1) Systemlinguistisch interessierte genderlinguistische Arbeiten untersuchen die im Sprachsystem vorhandenen Ausdrucksmöglichkeiten der außersprachlichen Kategorie ‚Geschlecht‘. Im Zentrum des Interesses steht dabei die sprachliche Repräsentation der Frau, seltener des Mannes. Innerhalb der Slavistik werden verschiedene Kategorien und Phänomene für eine asymmetrische Repräsentation der Geschlechter im Sprachsystem verantwortlich gemacht (vgl. Karwatowska/Szpyra-Kozłowska 2005, 15 f.): Ein Ausgangspunkt ist dabei nicht selten die Assoziation der morphologischen Kategorie des Genus mit der außersprachlichen Kategorie des Sexus. So gerät z. B. das generische Maskulinum ins Blickfeld genderlinguistischen Interesses, wobei die Frage nach dessen generischem Potential aufgeworfen wird (z. B. Weiss 1988). Auch die Möglichkeiten und Grenzen der Movierung bei Berufs- und anderen Personenbezeichnungen werden genauer betrachtet (z. B. Miemietz 1993; Schwarz 1999). Neben Movierungssperren stellen auch Bedeutungs- oder Konnotationsänderungen bei Movierung einen Beleg für Asymmetrie im Sprachsystem dar. * Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine gestraffte und leicht modifizierte Version aus dem Vorwort meiner Dissertation „Untersuchungen zum weiblichen Diskussionsstil am Beispiel von Gesprächen russischer, ukrainischer und polnischer InteraktionspartnerInnen“.

1092

XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

Ähnliches gilt für das Phänomen der Unflektierbarkeit und die Herausbildung hybrider Kongruenzen. Untersucht werden also lexikalische Mittel, Wortbildungsmechanismen sowie morphologische (Verlust der Flexion) bzw. syntaktische Mittel (Kongruenzverhalten) zum Ausdruck eines bestimmten Sexus bzw. einer Sexusopposition (vgl. Weiss 1985, 1991, 1993; Doleschal 2003). Darüber hinaus können auch Phraseologismen bzw. Sprichworte kulturspezifische Konzepte von Weiblichkeit bzw. Männlichkeit reflektieren, so dass auch diese genderlinguistisch analysiert werden können (z. B. Jędrzejko 1994; Tafel 1997, 167⫺182). Beispielhaft seien hier nur einige Arbeiten aufgezählt, die sich mit dem Ausdruck der außersprachlichen Kategorie ‚Geschlecht‘ bzw. ‚Weiblichkeit‘ im Sprachsystem verschiedener slavischer Sprachen beschäftigen: Tafel (1997) bietet eine ausführliche Beschreibung der sprachlichen Enkodierung von Weiblichkeit im Russischen, und Doleschal (2003) untersucht Ausdrucksmöglichkeiten der Kategorie ‚Geschlecht‘ im Russischen und Slowenischen. Jaworski (1986), Miemietz (1993) und Karwatowska/Szpyra-Kozłowska (2005, 26⫺57) behandeln diese Problematik am Beispiel des Polnischen, und Weiss (1985, 1988, 1991, 1993) am Beispiel des Russischen und Polnischen. Schwarz (1999) schließlich beleuchtet die Kategorie der Weiblichkeit im Tschechischen. (2) Pragmatisch-gesprächslinguistisch orientierte Fragestellungen innerhalb der Genderlinguistik wenden sich der Untersuchung von geschlechtsspezifischem Sprachgebrauch bzw. Kommunikationsverhalten zu (vgl. 4). Dabei werden sowohl verbale als auch paraverbale Phänomene bzw. Besonderheiten auf der sprachlichen, pragmatischen und interaktionalen Ebene in den Blick genommen (vgl. Potapov 2002b). Untersucht werden beispielsweise geschlechtsspezifische Unterschiede bei der phonetischen bzw. prosodischen Realisierung von Äußerungen oder beim interaktionalen Verhalten (z. B. bei der Gestaltung des Sprecherwechsels oder beim Rückmeldeverhalten). Auch die Realisierung von Sprechhandlungen und die Wahl bestimmter sprachlicher Mittel kann unter der Perspektive geschlechtsspezifischen Sprachgebrauchs untersucht werden.

2. Genderlinguistik in Ost und West Die Beschäftigung mit genderlinguistischen Fragestellungen hat in den letzten Jahren verstärkt auch das Interesse der Slavistik auf sich gezogen hat, wovon eine Reihe von Sammelbänden zeugt (z. B. Xaleeva (ed.) 1999; Mills (ed.) 1999; Anusiewicz/Handke (eds.) 1994; van Leeuwen-Turnovcová et al. (ed.) 2002; van Leeuwen-Turnovcová/ Röhrborn (eds.) 2003; van Leeuwen-Turnovcová/Richter (eds.) 2005; van LeeuwenTurnovcová/Richter (eds.) 2006; Kirilina (ed.) 2005; Kirilina (ed.) 2000). Der Entstehungskontext genderlinguistischer Fragestellungen in Ost und West ist jedoch ein unterschiedlicher, was sich auch wesentlich auf die Motivation zur Behandlung genderlinguistischer Fragestellungen und die zugrunde liegende Konzeption von ‚Geschlecht‘ bzw. geschlechtsspezifischem Sprachgebrauch ausgewirkt hat und teils noch immer auswirkt (vgl. hierzu Handke 1994b). Im Westen wurden genderlinguistische Fragestellungen im Rahmen der Frauenbewegung erstmals in den 70er Jahren aufgeworfen. Insbesondere die Genderlinguistik der ersten Stunde war nicht selten feministisch inspiriert (vgl. Trömel-Plötz (ed.) 1984). Als Pionierarbeit sei hier Lakoffs (1975) Language and women’s place angeführt. In ihrer weiteren Entwicklung erfährt die westliche Genderlinguistik dabei verschiedene Paradigmenwechsel, durch die sie sich von der ‚feministischen Linguistik‘ der ersten Stunde entfernt (vgl. hierzu 3 und Samel 2000).

80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch

1093

Im slavischen Raum v. a. in der Sowjetunion wurden genderlinguistische Fragestellungen aufgrund eines insbesondere auch politisch forcierten Frauenbildes lange nicht im Rahmen einer eigenen Forschungsrichtung aufgeworfen (vgl. hierzu Kirilina 1999, 53⫺56). Im Westen als genderlinguistisch relevant betrachtete Themen bzw. Fragestellungen innerhalb der Systemlinguistik wurden in Osteuropa beispielsweise häufig im Rahmen von Arbeiten zur Morphologie bzw. Wortbildung, Grammatik oder Lexikologie behandelt und sind frei von feministischen Einflüssen (vgl. z. B. Janko-Trinickaja 1966). Erst in den 90er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts und im Zuge der Rezeption des westlichen Forschungsdiskurses etabliert sich die Genderlinguistik als eigenständige Forschungsrichtung. An Hochschulen (z. B. in Moskau, Minsk, Tver’, Ivanovo oder Charkiv) entstehen Zentren der interdisziplinären Genderforschung, an denen auch genderlinguistisch geforscht wird. Genderlinguistische Forschungsergebnisse sind dabei im Westen ⫺ abgesehen von einigen Sammelbänden ⫺ nicht immer leicht zugänglich. Einen Überblick über die bearbeiteten Fragestellungen gibt Kirilina (2003). Auch in Polen werden genderlinguistische Fragestellungen erst in den letzten Jahren verstärkt bearbeitet. Dies ist nicht zuletzt deswegen bemerkenswert, weil die polnische Linguistik mit Baudouin des Courtenay historisch betrachtet sogar über einen eigenen Wegbereiter der Genderlinguistik verfügt (Duda 1998; Marszałek 2002). Die neuere polnische Genderlinguistik rezipiert sehr stark westliche Ansätze und Arbeiten. Die Untersuchungen sind dabei oftmals entweder feministisch inspiriert oder aber von der Auseinandersetzung mit der feministischen Linguistik geprägt. Karwatowska/SzpyraKozłowska (2005, 225⫺284) geben einen Überblick über neuere genderlinguistische Arbeiten innerhalb der Polonistik und zeigen, dass diese teils sehr unterschiedliche Einstellungen zur gesellschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes einnehmen: Sie reichen von der rein deskriptiven Beschreibung sprachlicher Asymmetrien zuungunsten von Frauen, über relativierend kritische Bemerkungen bis hin zu einer Betrachtungsweise aus der Perspektive der feministischen Linguistik. Theoretische Ansätze zur Operationalisierung von Geschlecht werden in der neueren ost- wie westeuropäischen slavistischen Genderlinguistik in der Regel aus dem westlichen Diskurs übernommen bzw. kritisch diskutiert. Den gender studies und in der Folge auch der Genderlinguistik liegen unterschiedliche Operationalisierungen der Analysekategorie ‚Geschlecht‘ zugrunde, die vom biologischen Reduktionismus bis hin zu sozial konstruktivistischen Ansätzen reichen. Die jeweils zugrunde liegende Konzeption von Geschlecht ist dabei oftmals auch mitverantwortlich für die Bewertung der jeweiligen sprachlichen Ausdrucksformen ⫺ gleichgültig, ob es um Formen der sprachlichen Enkodierung von Weiblichkeit oder Männlichkeit im Sprachsystem oder um geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch geht. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die theoretischen Konzeptionen von Geschlecht in der Genderlinguistik gegeben, wobei der Schwerpunkt auf geschlechtsspezifischem Sprachgebrauch liegt.

3. Theoretische Konzeptionen von geschlechtsspezifischem Sprachgebrauch Die Genderlinguistik der ersten Stunde ist geprägt vom Feminismus und sieht in der mangelnden sprachlichen Repräsentation der Frau im Sprachsystem bzw. in Frauen diskriminierenden Strukturen (Weiss 1985) einen sprachlichen Reflex ihrer Unterdrü-

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ckung. Die Schlagworte lauten hier auch Androzentrismus oder Sexismus (vgl. Karwatowska/Szpyra-Kozłowska 2005; Miemietz 1993). Das weibliche Gesprächsverhalten wird als Ausdruck der benachteiligten Position der Frau in der (westlichen) Gesellschaft interpretiert (vgl. Trömel-Plötz (ed.) 1984; Lakoff 1975). Handke (1989, 1994a) beschreibt das weibliche Gesprächsverhalten polnischer Sprecherinnen als markiert im Vergleich zum unmarkierten Gesprächsverhalten der Männer, da das weibliche Gesprächsverhalten den umgangssprachlichen und familiären Sprachgebrauch reflektiert. Aufgrund dieses asymmetrischen und stark wertenden Verhältnisses von männlichem und weiblichem Sprechen werden solche Ansätze auch Dominanz- bzw. Defizitansätze genannt. Dobrovol’skij/Krilina (2000) (vgl. hierzu auch Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 94) kritisieren diese vor allem in der frühen westlichen Genderlinguistik verbreitete feministische Ideologisierung: Die Aufmerksamkeit richte sich größtenteils zentral auf den Nachweis von sprachlich reflektiertem Androzentrismus und vernachlässige dabei die Ausarbeitung der jeweiligen Fragestellung im Rahmen der Linguistik (Dobrovol’skij/Krilina 2000, 21). Außerdem bemängeln sie die vorschnelle Verbindung linguistischer Kategorien wie beispielsweise des Genus mit außersprachlichen Kategorien wie dem Geschlecht (ebd. 23). Abgelöst wird diese asymmetrische Modellierung des Verhältnisses von männlichem und weiblichem Sprachgebrauch vom Differenzansatz oder Zwei Kulturen-Ansatz (Tannen 1990, 1997; Maltz/Borker 1982), der davon ausgeht, dass Männer und Frauen zwar ein unterschiedliches Kommunikationsverhalten aufweisen, dieses jedoch als gleichwertig betrachtet. Maltz/Borker (1982) gehen davon aus, dass Männer und Frauen während ihrer Sozialisation unterschiedliche Diskursstrategien und Kontextualisierungskonventionen erwerben, die bedingen, dass sie dieselbe sprachliche oder pragmatische Strategie konventionell unterschiedlich einsetzen und dann auch interpretieren (vgl. hierzu auch Tannen 1993). Dies führt auch im späteren Leben, insbesondere in gemischtgeschlechtlicher Kommunikation zu Missverständnissen, die VertreterInnen des sog. Zwei Kulturen-Ansatzes mit denen in interkultureller Kommunikation vergleichen. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch wird den bisher vorgestellten Ansätzen gleichsam als Genderlekt konzipiert. Kosta (2005, 191 f.) führt in Anschluss an Maltz/Borker (1982) u. a. die folgenden Merkmale weiblichen Kommunikationsverhaltens an, die einen solchen weiblichen Genderlekt konstituieren: Frauen neigen eher als Männer dazu, Aussagen als Fragen zu realisieren. Sie zeigen eine größere Tendenz als ihre männlichen Gesprächspartner, ihr Gegenüber durch Rezeptionssignale und unterstützendes back channel behaviour in der Sprecherrolle zu bestätigen. Außerdem wenden Frauen häufiger als Männer nach Unterbrechung die Strategie des ‚stummen Protests‘ an. Als Merkmale männlichen Kommunikationsverhaltens führt Kosta (2005, 191) u. a. die folgenden Punkte an: Männer unterbrechen ihre Gesprächspartnerinnen häufiger als umgekehrt, stellen öfter die Aussagen ihres Gegenüber in Frage und reagieren eher verzögert oder gleichgültig auf Beiträge ihrer GesprächspartnerInnen. Günthner (1992) liefert eine ausführliche Kritik des Zwei Kulturen-Ansatzes, in der sie die Annahme von situationsübergreifenden und stabilen Genderlekten zurückweist. Die Empirie widerlegt oftmals die „pauschale, situationslosgelöste Zuschreibung harmonischer Kooperation und aggressionslosen Sprechens zum weiblichen Geschlecht“ (ebd. 130). Ein Gesprächsverhalten wird nicht nur vom Geschlecht, sondern auch von anderen Faktoren wie Situation, Aktivitätstyp, Alter, Status etc. der SprecherInnen beeinflusst.

80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch

1095

Yokoyama (2003) wird dieser Variabilität weiblichen Sprachgebrauchs beispielsweise durch ihr Untersuchungsdesign gerecht, indem sie ihre Untersuchungsgruppe nicht nur nach Geschlecht, sondern auch nach Alter bzw. Statusgruppe unterteilt und verschiedene kommunikative Genres untersucht. Darüber hinaus ist die Geschlechtersemiotik kulturspezifisch (vgl. van Leeuwen-Turnovcová 1990). Merkmale weiblichen Gesprächsverhaltens, wie sie größtenteils für nordamerikanische (später dann auch deutsche, französische, etc.) Frauen der Mittelschicht untersucht und aufgezeigt worden sind, können nicht ohne Weiteres auf slavische Sprechgemeinschaften übertragen werden. Kirilina (1999, 40 f.) betont, dass sich ein geschlechtsspezifisches Gesprächsverhalten je nach den Normen der entsprechenden Kultur von dem in der westlichen Genderlinguistik beschriebenen unterscheiden kann. Dementsprechend wird der Differenzansatz von der Code switching-Hypothese abgelöst, die von der grundlegenden Variabilität weiblichen bzw. männlichen Sprachgebrauchs ausgeht. Männer und Frauen verfügen demnach über ein breiteres Repertoire von Kommunikationsstilen, das jeweils in bestimmten Situationen zur Anwendung kommt (Samel 2000, 38; Kotthoff 2002, 6). So betonen Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993), dass die von ihnen beschriebenen Merkmale geschlechtsspezifischen Sprachgebrauchs ausschließlich in der mündlichen Standardsprache (russkaja razgovornaja reč’) vorkommen. Yokoyama (1999, 2002) entwickelt im Rahmen ihres Diskursmodells (Transactional Discourse Model, Yokoyama 1986) einen pragmatischen Erklärungsansatz, warum diese Unterschiede lediglich in der russkaja razgovornaja reč’ aktiviert werden: Schalten SprecherInnen in den svoj-Modus, der eine kurze Distanz zwischen den GesprächspartnerInnen präsupponiert, wird auch kognitiv die Unterscheidung der Geschlechterrollen relevant. Diese kognitive Relevantsetzung beschreibt Yokoyama dabei mit der Aktivierung bestimmter Wissenssets, die sie als Propositionen beschreibt: „Let us assume that, for Russian, the presence of propositions like [[you and I are svoj]] implies the presence of propositions like [[I am a man/woman]] and [[you are a man/woman]], and these latter propositions introduce the genderlect rules“ (Yokoyama 1999, 416). Daher treten Merkmale des geschlechtspezifischen Sprachgebrauchs nur im svoj-Modus und in der russkaja razgovornaja reč’ auf ⫺ es kommt nur dann zum Code-switching (pereključenie koda) (Yokoyama 2002, 31⫺37). Schließlich kann ein geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch bzw. ein bestimmtes Gesprächsverhalten auch als sprachlicher Ausdruck des habitus konzipiert werden (Bourdieu 1992): Ein bestimmtes z. B. geschlechtsspezifisches Gesprächsverhalten, welches habituell erworben wird bzw. determiniert ist, stellt eine Form sprachlichen bzw. kulturellen Kapitals dar. Welchen Wert dieses Kapital hat bzw. inwieweit es in andere Kapitalformen konvertierbar ist, bestimmt der (sprachliche) Markt (ebd. 37⫺ 66). In dieser metaphorisch als Markt konzipierten Arena, wird also bestimmt, wie viel Prestige bzw. Wert einem bestimmten Gesprächsstil bzw. Sprachgebrauch zukommt. Van Leeuwen-Turnovcová (2003, 2006) untersucht den Einfluss soziokultureller Konstellationen, die „stets auch Konstellationen mit spezifischem Arrangement der Geschlechter, Konstellationen, in denen das jeweilige ‚kulturelle Kapital‘ nicht nur schichten-, sondern auch gendermäßig verteilt ist“ (van Leeuwen-Turnovcová 2006, 140), einschließen, auf die historische Herausbildung unterschiedlicher Sprachsituationen (Diglossie und Standard-mit-Dialekt/en) im slavischen Areal. „Die Dominanz der Standardsprachlichkeit ist an die praktizierten Geschlechterarrangements gebunden und korreliert mit Aufgaben und Rollen von Männern und Frauen derjenigen Schicht(en),

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XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

von denen im jeweiligen Kommunikationsraum die faktische soziokulturelle (gesellschaftliche) Dominanz ausgeht“ (ebd.). Für das Tschechische macht sie u. a. das Fehlen einer bürgerlichen Salonkultur, an der im Wesentlichen auch Frauen teilhaben, verantwortlich dafür, dass eine „verbal aufwendige Kommunikationskultur“ (ebd. 143) bzw. ein „elaborierter Konversationsstil“ (ebd. 142) nicht im privaten Raum usualisiert wurde. Dies wäre jedoch eine wichtige sprechsprachliche Voraussetzung auf dem „Weg zur Panfunktionalität der prestigevollen Variante des Tschechischen“ (ebd. 144) gewesen. Denn wo nicht „beide Geschlechter am ‚hochkulturellen‘ Diskurs partizipierten, der sich auf eine rhetorisch und systemisch ausgebaute, bewusst gepflegte Konversationskunst stützte“, „war die Familiarisierung der elaborierten Varietät“ (ebd. 146) nicht möglich. Während diese bisher vorgestellten Ansätze das Verhältnis von männlichem und weiblichem Sprachgebrauch fokussieren, gewinnen sozial konstruktivistische Ansätze bei der Modellierung der Analysekategorie ‚Geschlecht‘ zunehmend an Bedeutung. Geschlecht wird dabei nicht primär als biologische Größe bzw. biologisches Merkmal einer Person aufgefasst, sondern als etwas performativ Hervorgebrachtes, als „interaktivnoe dostiženie“ (Pishchikova 2003, 39). Im Sinne von Doing Gender können SprecherInnen verschiedene performative Verfahren und Techniken einsetzen, um ihr Geschlecht in der Interaktion zu inszenieren bzw. relevant zu setzen (Kotthoff 2002): Nach Kotthoff kann eine bestimmte Art und Weise sich zu frisieren, sich zu kleiden, sich zu bewegen und eben auch zu sprechen der performativen Inszenierung von Männlichkeit bzw. Weiblichkeit dienen. Im Sinne eines Doing Gender-Ansatzes kann davon ausgegangen werden, dass GesprächsteilnehmerInnen ihr Gesprächsverhalten entlang der jeweiligen kultur- und gruppenspezifischen Erwartungen an geschlechtsangemessenes Gesprächsverhalten gestalten (Gottburgsen 2000, 33). Aufgabe einer gesprächsanalytisch vorgehenden Genderlinguistik ist es dann, dieses Gesprächsverhalten zu untersuchen und zu beschreiben, um so aufzudecken, welches die jeweils sozial und kulturell geformten Erwartungen an geschlechtsspezifisches bzw. -angemessenes Gesprächverhalten sind. Mit Geschlecht (gender) ist in diesem Sinne zwangsläufig das soziale bzw. kulturelle und nicht das biologische Geschlecht gemeint. Dieser Ansatz wird dabei auch der grundlegenden Variabilität geschlechtsspezifischen Gesprächsverhaltens besser gerecht. Ähnlich wie Geschlecht werden auch situative Rollen wie Status, ethnische oder soziale Zugehörigkeit etc. interaktiv inszeniert durch ein bestimmtes Verhalten. Diese verschiedenen Parameter interagieren dabei miteinander (Pishchikova 2003, 39; Grenoble 1999, 114; Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 132⫺135) und verantworten die Variabilität geschlechtsspezifischen Sprachgebrauchs. Doing Gender kann daher gut implementiert werden im Kontext ethnographisch-gesprächsanalytischer Untersuchungen von geschlechtsspezifischem Gesprächsverhalten in unterschiedlichen Situationen und sozialen Gruppen bei verschiedenen Aktivitäten (vgl. Eckert/McConnell-Ginet 1994). Im Rahmen genderlinguistischer Untersuchungen, die den Sprachgebrauch fokussieren, werden also unterschiedliche Untersuchungsebenen in Beziehung zueinander gesetzt: Phänomene der konkreten kommunikativen Ebene, die einen bestimmten Sprachgebrauch charakterisieren, werden assoziiert mit der auf der diskursiven Makroebene angesiedelten Kategorie Gender bzw. den sozial und kulturell geprägten Erwartungen an geschlechtsangemessenes Verhalten. Doing Gender kann dabei an sprachlichen und parasprachlichen, pragmatischen und interaktionalen Erscheinungen festgemacht werden.

80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch

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4. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch am Beispiel des Russischen und Polnischen Bislang gibt es lediglich eine übersichtliche Zahl von Arbeiten zum geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch bzw. Gesprächsverhalten slavischer Sprechgemeinschaften, die auf authentischen Gesprächsdaten bzw. Beispielen authentischen Sprachgebrauchs basieren. Diese konzentrieren sich dabei zumeist auf das Russische (z. B. Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993; Strewe 1993; Yokoyama 1992, 1999, 2003; Grenoble 1999; Potapov 2002a, 2002b; Baur 2005). Geschlechtsspezifische Merkmale betreffen dabei sowohl die phonetische und prosodische Realisierung als auch die Wortwahl oder das Gesprächsverhalten. Geschlechtsspezifische Merkmale bei der Aussprache russischer Sprecherinnen und Sprecher untersuchen Yokoyama (1992, 12⫺14; 1999, 403⫺406; 2003), Strewe (1993), Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993, 101⫺110) und Potapov (2002a, 2002b, 103⫺111). Nach Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (vgl. auch die Zusammenfassung von Yokoyama 1999) treten geschlechtsspezifische Merkmale nur in der russkaja razgovornaja reč’ (bzw. im svoj-Modus) auf. Es kristallisieren sich dabei die folgenden phonetischen Charakteristika männlicher bzw. weiblicher Aussprache heraus (Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 102⫺109): (i)

(ii) (iii)

(iv)

Männer reduzieren unbetonte Vokale stärker als Frauen und neigen allgemein stärker dazu, Konsonanten im Redefluss zu deformieren und u. U. sogar auszulassen. Strewe (1993) beobachtet darüber hinaus, dass Männer den reduzierten Vokal /u/ stärker reduzieren, wobei es auch zu Delabialisierung oder Elision kommen kann. Frauen dagegen neigen dazu, unbetontes /a/ bzw. /o/ vor dem Akzent zu [a] zu reduzieren bzw. sehr offen auszusprechen; es kann zusätzlich auch noch gelängt sein z. B. [pa:góda]. Frauen diphtongieren die Vokale /e/ und /o/, wenn sie betont sind z. B. na l[ié]to, v sanat[uó]rij. Frauen affrizieren /t/ und /d/ stärker; Männer neigen zu einer weniger gespannten Artikulation von Konsonanten. Strewe (1993) kann auch beobachten, dass Frauen /t’/ bzw. /č/ stärker affrizieren. Bei expressiver und emphatischer Sprechweise dehnen Frauen betonte Vokale z. B. Nu [ó:]čen’ / [ó:]čen’ simpatičnye tufel’ki! Männer dagegen neigen in expressiven oder emphatischen Kontexten eher dazu, Konsonanten zu längen z. B. [z:]a[r:]áza takaja!

Die Besonderheiten der weiblichen Aussprache finden sich nach Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993, 106) also eher beim Vokalismus, und die der männlichen Aussprache eher beim Konsonantismus. Geschlechtsspezifische Unterschiede stellen die Autorinnen auch hinsichtlich der prosodischen Gestaltung bzw. bei der Intonation fest: „The expressive usage of pitch, aspiration, labialization and nasalization are peculiar to female speech“ (Yokoyama 1999, 405). So setzen Frauen beispielsweise eine tiefe Stimme ein, um den Wahrheitswert einer Proposition in Frage zu stellen, Nasalierung, um Kritik auszudrücken, und eine aspirierte Aussprache, um zu signalisieren, dass die Sprecherin beeindruckt ist (ebd.; Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993, 100 f.). Außerdem neigen Frauen zu

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expressiven bzw. markierten Intonationsmustern. Männer (M) und Frauen (F) präferieren also unterschiedliche Intonationskonturen, wie das folgende Beispiel illustriert (Yokoyama 1999, 406):

/ \

/

F : On ta:koj simpatičnyj!

/ \

M : .... tam takoe ozero / izumitel’noe

Yokoyama (1992, 12⫺14) zeigt, dass Frauen expressive Intonationskonturen und informationsstrukturelle Gestaltungen (von Aussagen und Ausrufen) bevorzugen. Vice versa werden diese bei Frauen als weniger markiert wahrgenommen. Von den beiden Äußerungsformen Ja rodilsja /rodilas’ v Moskve (I) und Ja v Moskve rodilsja /rodilas’ (II) wird die Variante (II) als typisch weiblich empfunden und präsupponiert wiederum ein Verhältnis von Nähe bzw. Vertrautheit (ebd. 13), wie es den svoj-Modus kennzeichnet, der die Aktivierung genderlektaler Merkmale auslöst (vgl. Yokokyama 1999). Zusammenfassend bemerken Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993, 108), dass Frauen eher prosodische Mittel verwenden, um bestimmte Bedeutungen z. B. Bewertungen zu transportieren, während Männer eher lexikalische und grammatische Mittel hierfür einsetzen: Weibliche emotionale Rede bedient sich prosodischer Mittel, während Männer lexikalische Ausdrucksmittel bevorzugen (ebd. 110). Das weibliche Gesprächsverhalten hebt sich nach Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993, 111⫺132) bzw. Yokoyama (1999, 406⫺412) u. a. durch die folgenden Merkmale vom männlichen ab. Diese sind dabei nicht als ausschließliche Merkmale zu interpretieren, sondern vielmehr als Gebrauchstendenzen: (i)

(ii)

(iii)

(iv)

(v)

(vi)

Frauen verleihen in ihrer Rede häufiger Emotionen Ausdruck bzw. geben emotionale Bewertungen. Dabei setzen sie auch verschiedene Ausdrucksmittel zur Intensivierung ein z. B. Bo-o-že ja prjam perepugalas’!, Ja žutko pereživala!, Ėto takoj košmar! Frauen gestalten ihre Rede häufig expressiv, sie verwenden beispielsweise häufiger sprachliche Ausdrucksmittel zur Übertreibung z. B. kolossalnaja truppa oder Interjektionen wie z. B. oj, ach. Sharonov (1999) weist darauf hin, dass es eine Reihe von Interjektionen gibt, die von Frauen (fi, pravda ⫺ pravda, oj) bzw. von Männern (ba, ege-ge, basta) bevorzugt verwendet werden. Die Diminutivverwendung dagegen ist eher rollen- als geschlechtsabhängig. Manche Diminutive kommen jedoch fast ausschließlich in der Frauensprache vor, da sie typisch sind für die Kommunikation mit kleinen Kindern oder Tieren und eine bestimmte affektive Haltung transportieren wie z. B. Vytiraj sam ličiko! Für Frauen ist die phatische Dimension der Kommunikation besonders wichtig, was nach Meinung der Autorinnen ein Grund für die Annahme ist, dass Frauen mehr reden. Frauen schließen inhaltlich eher an Partnerrepliken an, nehmen thematische Initiativen auf bzw. gehen flexibel auf spontane thematische Initiativen oder situativ bedingte Themenänderungen ein, während Männer eher auf ihren Gesprächsgegenstand fixiert sind und Themenabschweifungen entgegenwirken. Die Autorinnen wenden sich auch der in der westlichen Genderlinguistik vielfach untersuchten Frage zu, ob Frauen öfter unterbrochen werden. Sie räumen ein, dass dies für das Russische auch zutrifft, relativieren diese Aussage jedoch, da viele Faktoren Einfluss auf das Unterbrechungsverhalten haben: Gerade in

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inoffiziellen und ungezwungenen Gespräche kommt es häufig zu Überlappungen und gleichzeitigem Sprechen. Außerdem können Unterbrechung auch an das Thema anknüpfen. Schließlich muss auch die Reaktion auf eine Unterbrechung mitbetrachtet werden. So protestieren die untersuchten russischen Sprecherinnen beispielsweise häufig nach erfolgten Unterbrechungen. (vii) In Zusammenhang mit geschlechtsspezifischen Rollen und Themenpräferenzen können Präferenzen bei der Wortwahl beobachtet werden: Während Männer zum Gebrauch exakter Benennungen und Terminologie neigen bzw. professionelle Lexik auch in privater Kommunikation verwenden, bevorzugen Frauen allgemeine Themen wie Wetter, Gesundheit, Sport etc. und die entsprechende Lexik. Bei ihnen steht die phatische Funktion der Sprache im Vordergrund. (viii) Geschlechtsspezifische Unterschiede ergeben sich dabei auch, was Metaphern, Bilder und Vergleiche betrifft: Männer greifen eher auf die Sphären Technik, Sport, Militär, Beruf oder Jagd zurück, wohingegen Frauen auf allgemeine Bereiche wie Natur, Lebewesen oder Umgebung referieren. (ix) Männer nutzen auch die stilistisch betrachtet unteren Schichten des Lexikons und verwenden Substandard, Vulgärausdrücke oder pejorativ konnotierte Ausdrücke z. B. formaljuga (formula) neprostaja; žrat’ ili guljat’ chočeš’? devke porty pokupat’. (x) Die Mittel zum sprachlichen Ausdruck positiver bzw. negativer Bewertungen unterscheiden sich je nach Geschlecht: Frauen neigen zur Intensivierung positiver Bewertungen z. B. durch čudnyj, prelestnyj, prekrasnyj. Auch Konstruktionen zum Ausdruck von positiven Bewertungen mit tak, takoj, kakoj werden als typisch weiblich angeführt z. B. On ta-akoj simpatičnyj! Männer dagegen halten sich beim Ausdruck negativer Bewertungen weniger zurück und setzen dazu auch expressive Lexik unterer stilistischer Schichten und Vulgärausdrücke ein z. B. delo drjan’, čert, der’mo. Weitere Analysen geschlechtsspezifischen Sprachgebrauchs anhand von authentischem Gesprächsmaterial haben Baur (2005) und Grenoble (1999) vorgelegt. Baur (2005) untersucht den rollenabhängigen Sprachgebrauch männlicher und weiblicher Teilnehmer an russischen Talkshows. Sie analysiert also den geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch in einer öffentlichen, medial vermittelten und institutionell vorgegebenen Kommunikationssituation und macht dabei u. a. die folgenden Beobachtungen (ebd. 341⫺ 350): (i)

(ii)

Es gibt Unterschiede im Gebrauch verbaler und pronominaler Personalformen: Männer treten gerne als Ich-Erzähler auf und präsentieren sich als Mitglied der Gesellschaft bzw. Diskussionsteilnehmer. Frauen dagegen referieren mit ja bzw. moj auf sich in ihrer privaten Umgebung. Das Pronomen der 2. P. Sing. nutzen Frauen bei der Wiedergabe fremder Rede, was diese lebendiger und authentischer wirken lässt. Männer dagegen verwenden dieselbe Form bevorzugt in unpersönlichen Konstruktionen bzw. verallgemeinernden Aussagen. Auch bei den Mitteln, um sich selbst sprachlich zu präsentieren, können geschlechtsspezifische Unterschiede beobachtet werden: Frauen fokussieren den Beziehungsaspekt, in ihren Beiträgen kommt daher die dazu nötige Lexik häufiger vor. Männer geben sich problemorientierter, öffentliche Fragen stehen im Zentrum ihrer Beiträge, die entsprechende Lexik wird bevorzugt. Weibliche Ge-

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(iii)

sprächsbeiträge weisen einen stärkeren konsituativen Bezug auf. Frauen beziehen eher sich auf Dinge, die den GesprächspartnerInnen bekannt sind. Frauen verwenden mehr emotionale Interjektionen und eine größere Bandbreite lexikalischer Ausdrucksmittel (Adjektive etc.), um Empfindung emotional und differenziert wiederzugeben. Ihre Beiträge sind von mehr Modalwörtern, die den Grad der Zuverlässigkeit einer Aussage abstufen, durchsetzt. Männer greifen öfter als Frauen auf explizite Strukturierungsmittel (z. B. značit, glavnoe, osnovnoe) zurück, um ihre Redebeiträge zu gliedern. Die Geschlechter unterscheiden sich hinsichtlich ihres Erzählverhaltens: Frauen erzählen vorgangsorientierter. Lokale und temporale Umstände werden beschrieben und durch temporale Adverbien markiert, persönliche Perspektive und Einschätzung werden wiedergegeben durch Verben des Sagens, Meinens, Denkens, ..., und die Handlung wird linear entfaltet. Männer erzählen resultatorientiert. Sie bewerten Gesagtes ergebnisorientiert und tendieren zu unpersönlichen und allgemeinen bzw. abstrakten Formulierungen. Außerdem werden Aufforderungen von Frauen öfter abgeschwächt oder indirekt realisiert.

Die Ergebnisse von Bauers Untersuchung schließen in vielen Punkten an, an die im Rahmen privater und arbeitsentlasteter Kommunikation von Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova (1993) gemachten Beobachtungen. Die weiblichen Redebeiträge in den Talkshows „zeichnen sich im Allgemeinen durch eine dynamische, lebhafte, oft expressive Darstellungsweise aus. [...] Für Frauen steht der Beziehungsaspekt im Mittelpunkt, weshalb auch ihre Schilderungen in emotionaler Hinsicht deutlich intensiver sind. Sie stufen ihre eigenen Wertmaßstäbe höher ein, ihre Bewertungen und Einschätzungen tragen einen persönlichen Charakter“ (Baur 2005, 349). Dies kontrastiert deutlich mit dem männlichen Sprachgebrauch. Denn die analysierten Sprecher „berichten über Ereignisse eher sachlich, nüchtern und informativ. [...] Im männlichen Gebrauch begegnet man öfter Äußerungen, die einen verallgemeinernden bzw. abstrakten Charakter tragen“ (ebd. 350). Grenoble (1999) weist an einem Korpus arbeitsentlasteter Gespräche nach, dass Frauen ihre InteraktionspartnerInnen im Gespräch mehr als Männer unterstützen, was auch in der westlichen Genderlinguistik insbesondere von VertreterInnen des Zwei Kulturen-Ansatz immer wieder hervorgehoben worden ist. Sie macht dies vorrangig am Frage- und Unterbrechungsverhalten fest, wobei sie die entsprechenden Untersuchungskategorien ausdifferenziert, indem sie verschiedene Formen und Funktionen von Fragen (erster Teil einer Paarsequenz, turn-beanspruchende Frage, tags, minor contributions, allotags) sowie verschiedene Arten von Verwerfungen beim Rederechtsmanagement und deren jeweilige Bedeutung unterscheidet: Unterbrechungen konstituieren keinesfalls stets Dominanz. Es kommt darauf an, wie eine Überlappung hergestellt wird, und wie sie in der Folge bearbeitet wird. Grenoble kann zwar keine großen geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Frequenz beobachten. Differenzen zeichnen sich aber bei der Qualität von Überlappung ab: Frauen wiederholen häufiger die sich überlappenden Turnkonstruktionskomponenten, was einen besonders kohäsiven Anschluss gewährleistet. Ähnlich wirken auch überlappend platzierte Teilzustimmungsphrasen (agreement tokens), die nicht nur für einen kohäsiven Anschluss sorgen, sondern auch als Höflichkeitsmittel wirken. Schließlich verwenden Frauen auch gerne Fragen als Mittel zur Unterbrechung. Grenoble zieht hieraus den Schluss, dass Frauen sich im Gespräch partnerorientiert (interlocutor-oriented) verhalten, denn „questions

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1101

require an answer from the interlocutor, acknowledgments are politeness devices, and repetition reinstates information that may have not been heard due to the interruption“ (ebd. 119). Was das Frageverhalten betrifft, konstatiert Grenoble, dass die Frauen in ihrem Korpus insgesamt mehr Fragen stellen, wobei sie davon tags wie da? und auch try makers wie znaeš’, ponimaeš’, vidiš’ ausnimmt, da diese nicht als erster Teil einer Paarsequenz funktionieren, also keine Reaktion erzwingen. Besonders starke geschlechtsspezifische Frequenzunterschiede zeichnen sich bei tags ab, wobei Grenoble hervorhebt, dass diese einerseits zwar Ungewissheit transportieren können, aber auch eingesetzt werden, um das Gegenüber stärker am Gespräch zu beteiligen. Frauen verwenden in ihrem Korpus doppelt so viele tags und viermal so viele allotags ⫺ turn-initiale tags, die den turn-abschließenden tag des Partners wiederholen ⫺ wie die Männer. Frauen gehen durch ihr Frageverhalten also verstärkt auf ihr Gegenüber ein bzw. beteiligen es an der Interaktion und signalisieren aktive Zuhörerschaft; ihr Unterbrechungsverhalten ist rücksichtsvoller. Dies kontrastiert mit dem entsprechenden Verhalten der Männer, „who ask bona fide information-seeking questions, or ask questions as argumentative devices. By the same token, men tend to interrupt and overlap more frequently, and to use turn-taking strategies to manipulate the exchange structure and gain control of the floor“ (ebd. 114). Obgleich jeweils unterschiedliche Parameter (lexikalische Präferenzen, Rederechtsmanagement, Gestaltung von Erzählungen, Frage- und Bittverhalten, etc.) zur Beschreibung bzw. Untersuchung eines geschlechtsspezifischen Sprachgebrauchs herangezogen werden, zeichnet sich eine übergreifende Tendenz ab, was den weiblichen Sprachgebrauch im Russischen betrifft: Frauen verhalten sich im Gespräch „partnerorientiert“ (Raecke 1994, 1997; Grenoble 1999). Ihr Sprachgebrauch ist durchsetzt von Ausdrucksmitteln, die Expressivität und Emotionalität transportieren (Zemskaja/Kitajgorodskaja/Rozanova 1993), wobei die pragmatischen Regeln zur Aktivierung genderlektaler Unterschiede nur im svoj-Modus aktiviert werden (Yokoyama 1999). Darüber hinaus stellt Yokoyama eine tendenzielle weibliche Präferenz für diesen Kommunikationsmodus fest ⫺ „the grammar of closeness, in Russian, tends to be used by females more than males, who favour the grammar of restraint“ (1994, 101). Die Polonistik hat bisher nur schwaches Interesse für den geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch gezeigt (vgl. hierzu auch Marszałek 2002). Handke (1989, 1990, 1994a, 1994b, 1997) beschreibt in einer Reihe kürzerer Abhandlungen den weiblichen Sprachgebrauch im Polnischen. Ihre Beobachtungen basieren auf Belegen aus der eigenen Kommunikationserfahrung sowie auf Aufnahmen und literarischen Dialogen. Handke konzipiert weibliches Gesprächsverhalten dabei als Frauensprache (język kobiet) bzw. weiblichen Stil (stył kobiecy). Dieser weibliche Stil ist gegenüber dem männlichen Sprachgebrauch markiert und hat sich aus dem umgangssprachlichen Stil (stył potoczny) entwickelt (Handke 1990, 1994a). Er reflektiert den überwiegend emotional geprägten häuslichen Sprachgebrauch bzw. trägt familiäres Gesprächsverhalten nach außen. Während bei Männern die kommunikative Funktion von Sprache im Zentrum steht, überwiegt bei Frauen die expressive Funktion. Diese besondere Expressivität, die die Frauensprache nach Handke prägt, manifestiert sich u. a. in der gehäuften Verwendung von expressiven Wortbildungen (z. B. Augmentativa, Diminutiva) und expressiver Lexik, Interjektionen, Neologismen oder Phraseologismen. Private und häusliche Themen überwiegen. Außerdem beobachtet Handke (1997) eine verstärkte Verwendung von negativ konnotierter Lexik, Vulgarismen und Jargon durch Frauen.

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5. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch in literarischen Dialogen Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch kann nicht nur am Beispiel authentischer Gespräche, sondern auch in literarischen Dialogen untersucht werden. Tafel (2002) diskutiert beispielsweise die Analysen von Zaitseva (1999) und Vidan (1995) zum weiblichen Sprachgebrauch in Dialogen von Tolstojs „Anna Karenina“. Raecke (1994, 1997) beleuchtet den geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch in den Dramen bzw. einer Erzählung Čechovs, und Christensen (1999) analysiert das geschlechtsspezifische Gesprächsverhalten in Mrożeks „Tango“. Ein bestimmter Sprachgebrauch muss dabei nicht unbedingt vorrangig die Geschlechterrolle in Szene setzen, sondern kann vom Autor auch vielmehr eingesetzt werden, um eine figurenspezifische Geschlechterrolle zu inszenieren (Christensen 1999) bzw. um die Figuren typisierend oder individualisierend sprachlich zu charakterisieren (Raecke 1994, 1997). Raecke schlägt daher auch vor, „eher von üblicher Čechovscher Individualisierung als von der gesuchten Genderisierung“ (1997, 234) zu sprechen. Denn die von ihm im Frageverhalten (Raecke 1994) bzw. allgemeiner im Sprachgebrauch (Raecke 1997) beobachteten geschlechtsspezifischen Unterschiede sind eher von tendenziellem Charakter und variieren teils je nach Figur. Er kommt dennoch zu dem Schluss, dass die weiblichen Figuren der analysierten Dramen „‚partnerorientierter‘, persönlicher, direkter, konkreter und subjektiver“ (Raecke 1994, 308) fragen. Auch die weiblichen Charaktere der untersuchten Erzählung („Nevesta“) zeichnen sich durch ein „weniger abstraktes und dafür persönliches Sprechen“ (Raecke 1997, 237) aus. Christensen (1999) zeigt am Beispiel der Figuren aus Mrożeks „Tango“, wie die figurenspezifische Geschlechterrolle durch das Gesprächsverhalten gleichsam unterstützt wird. Bis auf die negativ angelegte Figur des Edek, die in ihren Redebeiträgen bezeichnenderweise auch Merkmale weiblichen Gesprächsverhaltens zeigt, stellt sie dabei durchaus Differenzen im Sprachgebrauch fest, die entlang der Geschlechtergrenze verlaufen: Die männlichen Figuren reden mehr als Frauen, ihre Redebeiträge sind länger, ihre Sätze komplexer. Sie sprechen eher über philosophische, politische oder intellektuelle Themen, während die weiblichen Figuren Alltagsthemen und -routine als Thema bevorzugen. In der Rede der männlichen Figuren kommen auch markierte Imperativformen gebildet mit won oder precz vor, die als Ausdruck von Wut oder Autorität interpretiert werden können. Was den Diminutivgebrauch betrifft, so ist dieser im Slavischen schwer als ausschließlich genderlektales Merkmal zu behandeln. Diminutive treten in der Rede der männlichen Figuren jedoch im Gegensatz zur weiblichen Rede auch in ironischer Verwendung auf. Christensen kommt daher zu dem Schluss, dass Mrożeks Figuren, was ihr Gesprächsverhalten betrifft, in den traditionellen Genderrollen verharren. Abschließend muss jedoch betont werden, dass ein geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch in literarischen Dialogen in erster Linie eine Leistung des Autors bzw. der Autorin ist. Er kann von diesem oder dieser zur weiteren Charakterisierung und Typisierung der Figuren genutzt werden, als Illustration bzw. Ausdruck von Doing Gender aber kann ein bestimmtes Gesprächsverhalten in literarischen Dialogen nur begrenzt herangezogen werden, da es immer in den Kontext einer literarischen Strömung bzw. Epoche und in den Kontext des jeweiligen Werks eingebettet betrachtet werden muss. Der Autor kann sich dabei zwar durchaus am zeitgenössischen geschlechtsspezifischen

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Sprachgebrauch orientieren. Auf die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Sprachgebrauchs einer literarischen Figur, sei sie männliche oder weiblich, wirken aber darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Faktoren.

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80. Geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch

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Nadine Thielemann, Potsdam (Deutschland)

1106

XIV. Dialogtheorie, Gesprächsanalyse und Sprechakttheorie der slavischen Sprachen

81. Der institutionell determinierte politische Diskurs in (post)kommunistischen Staaten Mittelund Osteuropas 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Zum Begriff Diskurs Der politische Diskurs Institution, Diskurs und politische Handlung Konsequenzen für Textsorten im Bereich politischer Institutionen Schlussbetrachtungen Literatur (in Auswahl)

Abstract The first part of this paper sets out with a comprehensive overview of today’s most dominant conceptions of what makes up a discourse from a linguistic point of view and goes on to give a definition of the term based on what many of these conceptions have in common. This definition is used in the second part for a further specification of the term political discourse, only to show in the third part that although political discourse depends on a specific political system, it also depends to an equal extent on the manifestations of each system: its institutions. This is achieved by means of an analysis of the way language was and is used during the time of two most diametrically opposed political systems: communism and post-communism in Central and Eastern Europe. The fourth part, finally, discovers the major functions of political discourse, consisting in (1) legislation (2) training of public opinion and (3) soliciting and persuading the electors. The interaction between a political system (democracy vs. dictatorship), its institutions and the producer (transmitter) politically relevant text types is demonstrated on several examples from the communist and post-communist period, introducing to notion ‘newspeak’.

1. Zum Begriff Diskurs Wie ist es zu erklären, dass einerseits einschlägige, z. T. mehrfach neuaufgelegte Einführungen in die slavistische (Text-)Linguistik (vgl. Lehfeldt 1996; Cubberley 2002; Sussex/Cubberley 2006; Bruns 2007 etc.) auf Ausführungen zum Diskursbegriff bzw. auf grundlegende Überlegungen zur Diskursanalyse als Methodeninstrument verzichten und andererseits dieser Terminus in sprachwissenschaftlichen Forschungszusammenhängen als fest etablierte Beschreibungsgröße gilt? Ist der Ausdruck Diskurs etwa aufgrund seiner geradezu inflationären Verwendungsweise, wie Hinrichs (1991, 195 f.) und Mills (2007, 1) kritisch bemerken, derart gebräuchlich geworden, dass er theoretische Differenziertheit suggeriert, aber im Grunde genommen in nebulöser Weise ‚alles und nichts‘ bezeichnet? Oder zieht die Tatsache, dass kaum ein anderer Terminus technicus so unterschiedlich, und zwar je nach theoretischer Couleur und den daraus resul-

81. Der institutionell determinierte politische Diskurs in Mittel- und Osteuropa

1107

tierenden divergenten Interessen an Erkenntniszielen, definiert wird, dass es kaum möglich erscheint, „die so schwimmende Bedeutung des Wortes Diskurs“ (Foucault 1995, 116) zu präzisieren, seinen Anspruch, linguistisch zu sein, in Zweifel? Sicherlich stellen definitorische Schwierigkeiten mit dem Diskursbegriff, welche auf die gegenwärtig pleomorphen semantischen Auffüllungen dieses Terminus zurückzuführen sind, ein Problem dar, das aber mitnichten seine Ausgrenzung aus dem Kanon sprachwissenschaftlicher Lehre rechtfertigt. Denn die sehr unterschiedlichen Begriffe des Diskurses bieten auch die Möglichkeit, die Entstehung alltäglichen und institutionellen sprachlichen Handelns in seiner Vielfalt und Komplexität in den Vordergrund zu stellen (vgl. Ehlich 1994, 9) (Zur linguistischen Apologie des Diskursbegriffs vgl. Busse/Teubert 1994). Welches Diskursverständnis dabei jeweils zugrunde gelegt wird, ist v. a. vom theoretischen Kontext abhängig (vgl. Reisigl 2007, 71). So werden etwa im Rahmen der funktionalen Pragmatik Diskurse im Anschluss an die ethnomethodologische Konversationsanalyse (vgl. Bergmann 1994) primär als mündliches Interagieren eines Sprechers 1 (Sp1) und Sprechers 2 (Sp2) bestimmt, das u. a. durch Kopräsenz und Handlungskoordination der Kommunikanten gekennzeichnet ist (vgl. Rehbein 2000). Harris (1952) und in dessen Nachfolge z. B. auch Bußmann (1990, 189) und Lewandowski (1990, 230) hingegen verwenden den Begriff Diskurs zur Bezeichnung transsententialer sprachlicher Formen nahezu synonym zum Ausdruck Text (vgl. Ehlich 2007, 123). Diskurse können aber auch nach Brown/Yule (1983), Schiffrin (1994), Stubbs (1983) etc. im konkreten sozialen Gebrauch mündliche oder schriftliche sprachliche Erscheinungen umfassen. Wenn dagegen Busse/Teubert (1992, 4; 1994, 14) und Hermanns (1995, 86 ff.) von Diskursen sprechen, dann verstehen sie darunter virtuelle Textkorpora, die zu einem Thema oder Wissenskomplex in einem Bezugs- bzw. Funktionszusammenhang stehen und mit deren Hilfe z. B. Sprachwandelprozesse nachgewiesen werden können (vgl. Zybatow 1995, 71). Hinsichtlich seiner philosophischen Verwendung spielen v. a. zwei Diskursauffassungen eine wichtige Rolle, von Habermas (1973; 1988; 1995; 1998) und Foucault (1995; 1998). Während für Habermas (1973, 214) der Diskurs metasprachlich gesehen „die durch Argumentation gekennzeichnete Form der Kommunikation [ist], in der problematisch gewordene Geltungsansprüche zum Thema gemacht werden und auf ihre Berechtigung hin untersucht werden“, bestimmt Foucault (1995, 116) den Diskurs eher vervielfachend statt verengend als „allgemeines Gebiet aller Aussagen, dann individualisierbare Gruppe von Aussagen, schließlich regulierte Praxis, die von Aussagen berichtet“. Nach Metzelin (2002, 257 f.) geht es Foucault hierbei aber weniger um tatsächliche Äußerungen, sondern vielmehr im Sinne einer soziologischen Gesellschaftsanalyse um die Regeln und Strukturen, die diese Äußerungen hervorbringen. So geht Foucault (1998, 28) von der These aus, dass die Funktion von Diskursen darin besteht, Aussagensysteme als spezifische Konstellation von Wissen im Sinne der Machtausübung herzustellen bzw. zu bewahren (vgl. Mikołajczyk 2004, 15, Anm. 15). Die Behandlung und Bestimmung von Diskursen erfolgt auch immer wieder in Rekurs auf die Arbeiten des Chicagoer Philosophen Charles W. Morris (vgl. Klaus 1971; Freidhof 1991; Kuße 1997; 1998; 2004), der in Signs, language and behavior (1955) im Anschluss an den von Peirce (1991) bestimmten dritten Aspekt eines Zeichens, die Zeichenverwendung, die er Pragmatik nannte, unter Diskurs jegliches menschliches kommunikatives Handeln versteht, das sich behavio(u)ristisch-semiotisch gesehen sowohl aus einem Signifikationsmodus, d. h. einer Beziehungsart (wie Zeichen bezeich-

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nen) und der Verwendungsweise von Zeichen (zu welchem Zweck sie bezeichnen) zusammensetzt. Auf der Grundlage der Kombination von Beziehungsarten und Verwendungsweisen sprachlicher Zeichen erarbeitet Morris (ibid., 125) eine Diskurstypologie, deren vollständige empirische Fundierung aber noch aussteht (vgl. Ehlich 2007, 123). Zusammenfassend lässt sich nun sagen, dass viele der hier kurz vorgestellten Diskursauffassungen darin übereinstimmen, dass es sich beim Diskurs um eine Sammlung thematisch verwandter geschriebener wie gesprochener Texte handelt, wobei Diskurse grundsätzlich nicht an bestimmte Textsorten gebunden sind. Ihnen ist nach Wenderoth (1999, 35) eine „wirklichkeitskonstruierende und handlungsorientierende Funktion“ zuzuschreiben. Ferner können sie als „Indikatoren historisch konkreter, sozial- und mentalitätsgeschichtlicher Zustände“ (ibid.) betrachtet und entweder institutionell „mit Attributen wie religiös, politisch, poetisch usw. näher bestimmt“ (Kuße 1998, 37) oder thematisch bzw. intertextuell (ökologischer Diskurs, Gender-Diskurs, Werte-Diskurs etc.) eingegrenzt werden, wobei auch Überschneidung auftreten können (wenn z. B. Menschenrechte zum Thema der Politik werden) (vgl. Kuße 2007, 150) (Weitere Arbeiten zum Diskursbegriff vgl. Fohrmann/Müller 1988; Burckhart 2000; Wullenweber 2004, 66 ff.).

2. Der politische Diskurs Der Diskurstypologie von Morris (1955, 125) zufolge ist der real beobachtbare politische Diskurs idealtypisch im Signifikationsmodus präskriptiv und valuativ in der Gebrauchsweise. Der vorrangig rezipientenorientierte präskriptive Modus umfasst hierbei die Zeichen, „which signify to their interpreters the required performance of a specific response to some object or situation“ (ibid., 84); der primär produzentenorientierte valuative Gebrauch von Zeichen ist dagegen durch ein „preferential behavior to certain objects, needs, preferences, responses […]“ (ibid., 99) gekennzeichnet. Mit anderen Worten: Die durch den politischen Diskurs determinierten Präskriptionen sprachlicher Handlungen „are primarily, though not exclusively, valuative in aim“ (ibid., 145); auch wenn Äußerungen z. B. in politischen Reden zuweilen designativ oder appreziativ zu sein scheinen, werden sie doch im Äußerungskontext von Sp1 in erster Linie dazu gebraucht, um auf Seiten von Sp2 Zustimmung für eine bestimmte Einstellung bzw. Akzeptanz in Handlungs- und Bewertungsfragen zu wecken. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu hinterfragen, ob die idealtypische Bestimmung des politischen Diskurses als präskriptiv-valuativen Typ auch dem realen politischen Diskurs gerecht wird. Schließlich stellen einzelne Diskurstypen nach Freidhof (1991, 37) lediglich Vereinfachungen dar, so dass der politische Diskurs als Phänomen, der immer auch eine Mischung von Haupt- und Nebenmodi darstelle, mitnichten vollständig erfasst werden kann. So können auch der designativ-inzitive Typ im Rahmen des rechtlichen, der präskriptiv-systemische Typ im Rahmen des propagandistischen oder sogar, und zwar wenn sich Politik auf das Überirdische bezieht, der präskriptiv-inzitive Typ im Rahmen des religiösen Diskurses zum politischen Diskurs gehören, auch wenn sie nicht in ihm aufgehen (vgl. ibid., 37 f.; Kuße 1997, 192; 1998, 50 f.). Neben der ahistorischen semiotischen Bestimmung von Morris (ibid.) spielt aber auch das Charakteristikum der ideologischen Determiniertheit des politischen Diskur-

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ses eine zentrale Rolle (vgl. v. Dijk 2003; Kosta 2009). Hiernach ist der politische Diskurs also grundsätzlich abhängig vom politischen System und der jeweiligen staatstragenden Gesellschaftslehre, die einen spezifischen politischen Sprachgebrauch zeitigt(e). So wies z. B. Klemperer (1947) Merkmale der auf totalitäre Gleichschaltung zielenden Sprache im Dritten Reich nach. Doch auch die Eigenart und Wirkungsweise der mittels der Ausdrücke langue de bois (franz.), newspeak (engl.), Neusprech (dt.), nowo-mowa oder auch drętwa mowa (poln.), novoreč bzw. novojaz (russ.) etikettierten Sprachform der autoritären und diktatorischen Macht bzw. der Parteien und politischen Akteure in den Ländern des kommunistischen Machtbereichs ist Gegenstand zahlreicher Analysen (vgl. Sériot 1985; Weiss 1986; 1995; 1998; 1999; 2000; 2000a; 2003; Kuße 1998; Liphardt 2005). Überdies liegen politolinguistische Arbeiten zu neueren sprachlichen Entwicklungen seit 1989 bis zur Gegenwart vor (vgl. Zybatow 1995; Stadler 1997; Bartoszewicz 2000; Mikołajczyk 2004; Radünzel 2003; 2007; Kosta 2009), die aufzeigen, dass die offizielle Sprache des kommunistischen Regimes als „Ausdruck der totalitären Monophonie“ (Głowinski 1995, 130) aufgrund der veränderten politischen Rahmenbedingungen ⫺ schließlich kann es in einer Demokratie keine alleinige offizielle Sprache geben, wie es ja auch keine allein verbindliche Ideologie geben kann, welche die Sprache durchdringen könnte ⫺ durch eine sich in sprachlicher Variabilität, Dialogizität, Personalstil, Spontanität etc. manifestierenden „demokratischen Polyphonie“ (ibid.) abgelöst wurde (vgl. Zemskaja 1996, 12; Kosta 2009, 244). Allerdings können auch zahlreiche Phänomene der langue de bois bis heute insbesondere radikalen und z. T. antidemokratischen Links- und Rechtsaußenparteien als Referenzrahmen dienen (vgl. Kuße 1998, 83). Zusammenfassend lässt sich zur Funktionsbestimmung des politischen Diskurses nun sagen, dass in ihm realisierte Textsorten, wie z. B. Parteiprogramm, politische Rede, Neujahrsansprachen des Präsidenten etc., konventionell die Zustimmung zur Durchführung von Handlungen zum Ziel haben (vgl. Kuße 2007, 151), d. h. sie präskribieren die von Sp1 intendierten Handlungen, von deren Notwendigkeit ihrer Durchsetzung Sp2 persuadiert werden soll (Zur Bestimmung und Modellierung des komplexen Sprechhandlungsmusters Persuasion vgl. Kosta 1995; 1996; 1998; Mann 2000).

3. Institution, Diskurs und politische Handlung Zentrale politische Institutionen im Sinne formal organisierter Handlungsbereiche (Zum Begriff Institution vgl. Holly 1990, 80⫺85; Hoffmannová/Müllerová 2000, 7), wie im Bezugsrahmen einer modernen parlamentarischen Demokratie z. B. Regierungsapparat, Parteien, Parlament etc., die in Abhängigkeit vom jeweiligen politischen System geschaffen werden, um dasselbe nicht nur zu realisieren, sondern auch zu stabilisieren, üben auf die im Bereich der Politik verankerten Kommunikationshandlungen, die ja stets auf konkrete politische Handlungen insistieren, einen maßgeblichen Einfluss aus (vgl. Klein 2000, 732). So drückt sich die Wechselwirkung von Institution und politischem Diskurs im Kontext des totalitären kommunistischen Systems, in welchem das politische Handeln ohne jegliche institutionalisierte Machtkontrolle ausschließlich den Herrschenden vorbehalten war, in „einer Art [nahezu jeden Funktionalstil überlagernden bzw. nivellierenden, M. G.] Hyperstil“ aus, der sich „hinsichtlich seiner kom-

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munikativen Zweckbestimmung [...] als ein Amalgam apparatsintern-bürokratischer, propagandistisch-expressiver und rituell-liturgischer Elemente“ (Weiss 1986, 265) charakterisieren lässt. Kommunikative Handlungen mit Öffentlichkeitsbezug und politischem Inhalt verlangten unter diesen institutionellen Bedingungen vom Volk lediglich Leistungsversprechen, Treuegelöbnisse und Danksagungen ab und bestanden v. a. in der Wiederholung positiver Selbstdarstellungen (vgl. Morris 1955, 211), was nach Zybatow (1995, 198⫺213) im Anschluss an Weiss (1986) auch folgende sprachliche Charakteristika hervorrief: Ausgeprägte Formelhaftigkeit sowie Hervorhebungs- und Steigerungsrhetorik wie z. B. in (1), Verwendung erwartbarer Topoi im Gebrauch von Ephiteta wie z. B. istoričeskij in (2), Extremwertsemantik wie z. B. železnaja vlast’/ruka in (3), Totalitäts- und Stabilitätssemantik z. B. durch den Gebrauch von Quantoren wie celikom i polnost’ju in (4), Freund-Feind-Schemata z. B. durch die Verwendung einer auf den Gegner bezogenen Verwesungsmetaphorik in (5), Additive Syntax wie z. B. in (6), Häufung von Genitivattributen wie in (7) und Verzicht auf eigenen Personalstil wie z. B. in (8). (1)

O neuklonno S O popytki S Q neukosnitel’no T sledovat’ ; otčajannye Q usilija T R U R : U : (nach Weiss 1986, 272, weitere Beispiele vgl. ibid.)

(2)

[…] Značit, istoričeskij krax buržuaznoj demokratii ne byl vydumkoj bol’ševikov, a byl absoljutnoj istoričeskoj neobxodimost’ju. (Rede am 30. August 1918, Lenin 37, 83, zit. nach Liphardt 2005, 120)

(3)

[...] kogda tverdaja i železnaja vlast’ soznatel’nyx rabočix čuvstvuetsja v každom dalekom ugolke našej strany, kogda ni odin kulak, ni odin bogač i nestoronnik xlebnoj monopolii ne ostanetsja beznakazannym, a ego najdet i pokaraet karajuščaja železnaja ruka disciplinirovannyx diktatorov rabočego klassa, proletarskix diktatorov. (Rede am 14. Mai 1918, Lenin 36, 342, zit. nach ibid., 127)

(4)

Delegacija kompartii Belorussii celikom i polnost’ju odobrjaet političeskuju liniju i praktičeskuju dejatel’nost’ Central’nogo Komiteta KPSS. (T. J. Kiselev vor dem XXVI Kongress der KPdSU, zit. nach Weiss 1986, 276)

(5)

Čto inoe, krome gnilostnoj pleseni na tele razlagajuščejsja buržuazii, predstavljajut soboju raznye sartry.“ (Rževskij 1951, 37, zit. nach ibid., 285)

(6)

Koncepcija ėkonomičeskoj reformy, […] nosit […] vseob’’emljuščij i kompleksnyj xarakter , ne ostavljaet bez glubokix, kardinal’nyx peremen ni odnu storonu voprosa. Ėto i perevod predprijatij na polnyj xozrasčet. Ėto i radikal’naja perestrojka centralizovannogo pukovodstva ėkonomikoj. Ėto i korennoe izmenenie planirovanija, reforma cenoobpazovanija, finansovo-kreditnogo mexanizma, perestrojka vnešheėkonomišeckix svjazej. Ėto i sozdanie novyx organizacionnyx struktur upravlenija. Ėto i vsemernoe razvitie demokratičeskix osnov upravlenija [...] (Gorbačev 1988, 81, zit. nach Zybatow 1995, 210)

81. Der institutionell determinierte politische Diskurs in Mittel- und Osteuropa

1111

(7)

Kakovy že, na moj vsgljad, puti soveršenstvovanija struktury stilja i metodov gejatel’nosti vybornyx organov i ix apparata? (Pravda 24/1990, 4, zit. nach ibid., 211).

(8)

Medlitel’nost’ i neposledovatel’nost’ v osuščestvlenii radikal’noj ėkonomičeskoj reformy usilili infljaciju i deficit. I udivitel’no, čto vo vsex neprijatnyx real’nostjach ⫺ provale na vyborax apparatnyx kandidatov, national’nyx konfliktax, zabostovkax ⫺ koekto vidit čut’ li ne tajnye kozni vragov, ne otdavaja otčeta v ix istinnyx pričinax. Pravde hado smotret’ v glaza, a ne obmanyvat’ sedja i drugix starymi trafaretami [...]. (Pravda 361/1989, 3, zit. nach ibid.)

Unter den nunmehr veränderten politischen sowie institutionellen Rahmenbedingungen in den postkommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas, die sich an die Maßstäbe moderner Demokratien, zu denen u. a. Machtkontrolle, Gewaltenteilung, Pluralismus etc. zählen, orientieren, scheint auch aus heutiger Sicht der der ideologischen Indoktrinierung dienende offizielle Sprachgebrauch vor 1989 museal zu sein (vgl. Zybatow 1995, 193). Denn das politische Handlungen bestimmende eigene Machstreben ist in offenen demokratischen Gesellschaften abhängig von der Zustimmungsbereitschaft ⫺ Fairclough (1989, 2) spricht in diesem Zusammenhang von dem Prinzip “rule by consent”, d. h. Herrschaft durch allgemeine Zustimmung ⫺ des mit Handlungsalternativen von Seiten der miteinander in Konkurrenz stehenden politischen Akteure, Parteien, Verbände etc. konfrontierten Kollektivums (vgl. Klein 2000, 734). Dass damit im politischen Diskurs realisierte Sp2-bindende, direktiv-regulative u./o. evaluativ-appellative Kommunikationshandlungen in diesem System zum Zwecke des Machtzugewinns bzw. ⫺erhalts grundsätzlich mehrfachzielgerichtet, mehrfachadressiert, polyfunktional und handlungsmäßig ambivalent (vgl. Burhardt 2003, 119) sind, illustriert das Beispiel (9): (9)

[...] Pamięć i refleksja historyczna muszą towarzyszyć naszym stosunkom. Nie powinny jednak stanowić dla nich głównej motywacji, lecz torować drogę motywacjom współczesnym i skierowanym w przyszłość. Stosunki naszych narodów i państw uzyskały dziś wymiar europejski ⫺ nasze sąsiedztwo zadecyduje w znacznej mierze o tym, czy i kiedy podzielona Europa zdoła się zrosnąć. Wsółpraca obu państw w zjednoczonej Europie jest dziś jednym z zasadniczych celów i uzasadnień dla stosunków dwustronnych. Nadaje im sens i dostarcza wielu motywacji. Z myślą o młodej generacji Niemców i młodej generacji Polaków, szczęśliwych daj Boże ⫺ ludziach XXI. wieku. (Rede am 18. 4. 1995 von W. Bartoszewski, zit. nach Bartoszewicz 2000, 358)

Darüber hinaus vollzieht Sp1 aber auch in seiner Rolle als Repräsentant einer Institution, hier Partei, politisches sprachliches Handeln, weshalb sich hinter den Produzenten politischer Sprache häufig ebenfalls Kollektivsubjekte ausmachen lassen. Aufgrund dieser Rollenvielfalt des Sp1, die nicht nur innerhalb sowie außerhalb der jeweiligen politischen Institution durch widerstreitende Interessenlagen geprägt, sondern zudem an verschiedene Öffentlichkeiten, d. h. an eine innere (der Institution) sowie an eine äußere (der Bürger bzw. der potentiellen Wähler) gerichtet ist, erscheint das sprachliche Handeln eines Politikers, wie in (9) beobachtbar, verstärkt formelhaft und vage, eben weil es mehrfachverursacht ist (vgl. Strauß 1986, 169 ff.).

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4. Konsequenzen für Textsorten im Bereich politischer Institutionen Textsorten, die sich im Anschluss an Brinker (1988, 124) als „konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen“ in den jeweils für sie „typische[n] Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben [lassen]“, sind in institutionell determinierten Kommunikationssituationen als Realisationen des ihnen übergeordneten Diskurses zu betrachten, denn schließlich stellt der Diskurs eine vorgelagerte Ebene der sprachlichen Realisierungsebene des als politisch qualifizierten Textes dar (vgl. Jung 1996, 459 ff.; Kuße 1997, 187; 1998, 38, 44; 2004, 3). Insofern sind die Merkmale des politischen Diskurses auch für die ihm zugeordneten politischen Texte charakteristisch. Politische Textsorten präskribieren also konventionell Handlungen, zu deren Ausführung/Unterlassung Sp2 veranlasst werden soll: (10) Planowane przez nas działania dzielą się na dwa rodzaje. Pierwszym z nich jest oczyszczenie państwa, czyli pozbycie się peerelowskiego dziedzictwa i rozbicie wyrosłych na jego gruncie układów. Drugim jest konsolidacja i umocnienie państwa, na które składają się działania prowadzące do stworzenia silnego i sprawnego aparatu państwowego. (Parteiprogramm der PIS vom 3. 9. 2005, 15) Dabei ist Sp1 als Emittent politischer Textsorten insbesondere in demokratisch verfassten Staaten angehalten, für die eigene Position bzw. für den eigenen Handlungsvorschlag eine größtmögliche Akzeptanz für bestimmte Ziele zu erlangen (vgl. Liedtke 2001, 257). Folglich ist sprachliches Handeln in der Politik, wie Dieckmann (1981, 138) konstatiert, „Sprechen [oder Schreiben, M. G.] in persuasiver Funktion“ und dient der Meinungs- und Verhaltenssteuerung. Diese pragmatisch-funktionale Verortung gilt aufgrund intertextueller Zusammenhänge zwischen einzelnen politische Textsorten für alle drei der von Klein (1991, 247 ff.) angenommenen ‚Interaktionsrahmen‘ der Politik: (1) ‚Gesetzgebung mit Parlament und Regierung als primär beteiligten Institutionen‘, (2) ‚Politische Willensbildung innerhalb von Parteien‘, (3) ‚Politische Werbung von Parteien‘ (Zur Explikation dieses diskursbestimmten Textsortengeflechts vgl. Grinth 1996). Demgegenüber dienten politische Textsorten in den restriktiven politischen Systemen Mittel- und Osteuropas vor 1989 nahezu ausschließlich den ritualisierten, widerspruchslosen und innovationsarmen Propaganda- und Agitationsbemühungen (Stichwort Stalinreden vgl. Weiss 1998; 2003) der geschaffenen staatlichen Institutionen, denen es als Träger des Systems vorbehalten war, Texte politischen Inhalts zu emittieren (vgl. Klein 2000, 734). Ganz nach der Devise ‚Wer nicht für das System ist, ist gegen das System‘ wurden politische Textsorten mit herrschaftskritischem Gehalt, wie z. B. Streitschriften, Protestschreiben an die Regierung u. ä., verboten, so dass diese Texte entweder nur im ausländischen, zumeist westeuropäischen Exil oder im Untergrund publiziert werden konnten. So kündigt sich das spätere Verbot nicht-bolschewistischer Presseorgane und die Diskriminierung bzw. Verfolgung alles ‚Bourgeoisen‘ bereits bei Lenin in (11) und (12) an:

81. Der institutionell determinierte politische Diskurs in Mittel- und Osteuropa

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(11) I naša zadača dnja: prezrev vse licemernye, naglye vykriki i pričitanija razbojnič’ej buržuazii, tvorit’ svoju revolucionnuju rabotu. (Rede am 30. August 1918, Lenin 37, 84 f., zit. nach Liphardt 2005, 142) (12) My govorim tol’ko, čto tot, kto ponimaet perexod k socializmu bez podavlenija buržuazii, tot ⫺ ne socialist. (Rede am 19. März 1919, Lenin 38, 172, zit. nach Liphardt 2005, 123) Doch kam es den kommunistischen Regimen in Mittel- und Osteuropa nach Kuße (1998, 44) nicht nur darauf an, systemfeindliche Inhalte zu verhindern, „sondern auch Institutionen und Kommunikationssituationen zu vernichten, in dem Bestreben, dadurch Diskurse die notwendigen Bedingungen ihrer Entstehung zu entziehen und durch so verordnetes Schweigen gegen das Regime gerichtete ‚Zahnräder‘ in Gestalt bestimmter Intentionen, Wünsche u.s.w. zum Stillstand zu bringen.“

5. Schlussbetrachtungen Was Kosta (2009, 25) für die politische Rede feststellt, gilt für den politischen Diskurs im Allgemeinen, nämlich dass er mitnichten ein homogenes Phänomen darstellt, denn der politische Diskurs ist grundsätzlich abhängig vom politischen System bzw. von der staatstragenden Gesellschaftslehre, die Institutionen als staatliche Realisierungsformen hervorbringt und damit auch entsprechende Kommunikationssituationen ermöglicht bzw. verweigert. Mit anderen Worten: Institutionen sind Träger des politischen Systems sowie dessen Funktionen und damit auch Emittenten politisch relevanter Textsorten. So kann es beispielsweise ohne eine Opposition in diktatorischen Systemen auch keine Institution ‚Untersuchungsausschuss‘ geben, der die Textsorte ‚Abschlussbericht‘ emittiert u. s. w.

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Matthias Guttke, Potsdam (Deutschland)