Die Satzgliedanordnung im Spanischen: Eine diachrone Analyse [Reprint 2014 ed.] 9783110931617, 3484522844, 9783484522848

On the basis of a corpus of chronicles from the 13th, 14th and 15th centuries, the study elaborates a discourse-function

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German Pages 515 [516] Year 1998

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Table of contents :
Vorwort
Siglen und Abkürzungen
Einleitung
1 Forschungsbericht
1.1 Ältere Arbeiten zur romanischen und spanischen Satzgliedanordnung
1.2 Neuere Untersuchungen zur Wortstellung des Gegenwartsspanischen
1.3 Untersuchungen zum Altspanischen
2 Ziele der Arbeit
3 Die Texte
3.1 Zur Textauswahl
3.2 Literaturgeschichtliche Anmerkungen
3.2.1 Zur Entstehung der alfonsinischen Chroniken
3.2.2 Die Chroniken des 14. und 15. Jahrhunderts
3.3 Angaben zum Korpus
3.3.1 Altspanische Texte
3.3.2 Neuspanische Texte
I Theoretische und methodische Grundlagen
I Anmerkungen zur Funktionalen Satzperspektive
1.1 Das 3-Ebenen-Konzept
1.2 Thema und Rhema - zwei problematische Begriffe
1.2.1 Thema/Rhema und das Kriterium der Bekanntheit
1.2.2 Thema-Subjekt-Agens
1.2.3 Zur Anordnung von Thema und Rhema
1.2.4 Zum Begriff der Transitivität
1.3 Problemfälle der Funktionalen Satzperspektive
1.3.1 Kommunikative Dezentrierung von Äußerungen
1.3.2 Das Problem der romanischen VS-Strukturen
1.3.3 Die in dieser Arbeit verwendete Terminologie
2 Das Thetisch-Kategorische Modell und seine Anwendung auf das Neuspanische
2.1 Skizzierung des Modells nach Ulrich (1985)
2.1.1 Allgemeines
2.1.2 Merkmale des Thetischen
2.1.3 Merkmale des Kategorischen
2.2 Die Anwendung des TKM auf Texte einer älteren Sprachstufe
2.3 Thetisch und Kategorisch im Neuspanischen
2.3.1 Einleitung
2.4 Typen thetischer Konstruktionen im Neuspanischen
2.4.1 Thetische Äußerungen ohne Aktanten
2.4.2 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten
2.4.3 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten
2.4.4 Thetisch und Kategorisch in passivischen Sätzen
2.4.5 Subjektinversion nach verba dicendi
2.5 Typen kategorischer Konstruktionen im Neuspanischen
2.5.1 SV(0)-Anordnungen
2.5.2 Kategorische Sätze mit satzeinleitendem Adverbial
2.5.3 Kopulative Konstruktionen
2.5.4 Nicht-konforme Thematisierungen
2.5.5 VS(0)-Konstruktionen im kategorischen Bereich
2.5.6 Hervorhebung von Satzgliedern
2.6 Zusammenfassung
2.6.1 Die Subjektposition im Neuspanischen
2.6.2 Thetisch/Kategorisch - eine binäre Opposition?
2.7 Thetisch und Kategorisch als skalare Bereiche
2.7.1 Problemstellung
2.7.2 Zur Parameterwahl
2.7.3 Anwendung auf das Neuspanische
2.7.4 Die Rolle des satzinitialen Adverbials
2.7.5 Fazit
II Thetisch und Kategorisch im Altspanischen
1 SV und VS in den Chroniken des 13. Jahrhunderts
1.1 Einleitung
1.1.1 Vorgehen
1.1.2 Die Bedeutung des Arabischen für das Altkastilische
1.1.3 Sprachliche Merkmale der alfonsinischen Chroniken
1.1.4 Quantitative Erfassung der Daten
1.2 Thetische Konstruktionen im 13. Jahrhundert
1.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten
1.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten
1.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung
1.3 Nicht-thetische Konstruktionen im 13. Jahrhundert
1.3.1 Erstaktant und Verb (und Zweitaktant)
1.3.2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen
1.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen
1.3.4 Zum Problem der SV/VS-Alternanz im kategorischen Bereich
1.3.5 Kopulative Konstruktionen
1.3.6 Konstruktionen mit verba dicendi
1.4 Syntaktische Kontextbedingungen
1.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben
1.4.2 Wortstellung und «Einleitung»
1.5 Zusatzkorpus: Calila e Dimna
1.5.1 Einleitung
1.5.2 Quantitative Erfassung der Daten
1.5.3 Analyse
1.5.4 Zusammenfassung
2 SV und VS in den Chroniken des 14. Jahrhunderts
2.1 Einleitung und quantitative Erfassung der Daten
2.2 Thetische Konstruktionen im 14. Jahrhundert
2.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten
2.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten
2.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung
2.3 Nicht-thetische Konstruktionen im 14. Jahrhundert
2.3.1 Erstaktant und Verb (und Zweitaktant)
2.3.2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen
2.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen
2.3.4 Kopulative Konstruktionen
2.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi
2.4 Syntaktische Kontextbedingungen
2.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben
2.4.2 Wortstellung und «Einleitung»
2.5 Vergleich mit dem 13. Jahrhundert
2.6 Zusatzkorpus: El Conde Lucanor
2.6.1 Einleitung
2.6.2 Quantitative Erfassung der Daten
2.6.3 Analyse
2.6.4 Zusammenfassung
3 SV und VS in den Chroniken des 15. Jahrhunderts
3.1 Einleitung und quantitative Erfassung der Daten
3.2 Thetische Konstruktionen im 15. Jahrhundert
3.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten
3.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten
3.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung
3.3 Nicht-thetische Konstruktionen im 15. Jahrhundert
3.3.1 Erstaktant und Verb (und Zweitaktant)
3.3.2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen
3.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen
3.3.4 Kopulative Konstruktionen
3.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi
3.4 Syntaktische Kontextbedingungen
3.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben
3.4.2 Wortstellung und «Einleitung»
3.5 Zusatzkorpus: Libro de los Exenplos por A.B.C
3.5.1 Einleitung
3.5.2 Quantitative Erfassung der Daten
3.5.3 Analyse
4 Die häufigsten Konstruktionen mit Adverbial in den chronistischen Texten
4.1 Einleitung
4.2 Art und Funktion der satzinitialen Adverbiale
4.2.1 Zur Funktion
4.2.2 Temporaladverbiale
4.2.3 Lokaladverbiale
4.3 Die verschiedenen Konstruktionen mit Temporal- und Lokaladverbial
4.3.1 Die AVS-Anordnung
4.3.2 Die ASV-Anordnung
4.3.3 Die SAV-Anordnung
4.3.4 Die VAS-Anordnung
4.3.5 Zusammenfassung
5 Die Stellung des nominalen Objekts im Altspanischen
5.1 Die unmarkierte Stellung von direktem und indirektem Objekt
5.2 Die On-V-Anordnung im Altspanischen
5.2.1 S-On-V
5.2.2 Äußerungen mit satzinitialem nominalen Objekt (On-V (-S))
5.3 Nominativus pendens und Initialisolierung des Subjekts
5.4 Präpositionaler Akkusativ und Satzgliedanordnung im Alt-kastilischen
6 Die Satzgliedanordnung im Nebensatz
6.1 Zur Funktion von Nebensätzen
6.2 Thetisch und Kategorisch im Nebensatz
6.3 Die Position des Subjekts im Nebensatz
6.3.1 Frequenzverhältnisse
6.3.2 Die Texte des 13. Jahrhunderts
6.3.3 Die Texte des 14. und 15. Jahrhunderts
6.3.4 Fazit
6.4 Die Position des nominalen Objekts im Nebensatz
7 Position und Funktion der Subjektpronomina im Altspanischen
7.1 Einleitung
7.2 Quantitative Erfassung der Daten
7.3 Kriterien zum Gebrauch der Subjektpronomina im Altspanischen
7.3.1 Kontrastivität und Emphase
7.3.2 Desambiguierende Funktion
7.3.3 Textgestaltende Funktion
7.3.4 Der Gebrauch der Subjektpronomina im Nebensatz
7.4 Die Position der Subjektpronomina in Haupt- und Nebensatz
8 Zusammenfassende Bemerkungen zur Satzgliedanordnung im Altspanischen
III Wortstellung, Sprachtypologie und Sprachwandel
1 Die Satzgliedanordnung im Spätlateinischen
1.1 Wortstellungsvariation im Lateinischen
1.2 Zur Satzgliedanordnung in der Vita Eufrosine
1.3 Das hispanische Spätlatein
2 Die Entwicklung vom Spätlateinischen zum Altspanischen
2.1 Die Darstellung bei Wanner (1987, 1989)
2.2 Die Linearisierungsmuster im Altspanischen und ihre Funktionen
2.3 Zur Satzgliedanordnung in anderen altromanischen Sprachen
3 Das Altspanische aus positionstypologischer Sicht
3.1 Zur Positionstypologie
3.2 Zum Problem der Grundwortstellung im Altspanischen
3.3 Zur Frage nach einer «VSO-Zwischenphase»
3.4 Subjektprominenz im Altspanischen
3.5 Syntaktischer und pragmatischer Modus im Altspanischen
3.5.1 Thema-Rhema-Anordnung vs. Subjekt-Verb-Anordnung
3.5.2 Koordination vs. Subordination
3.6 War das Altspanische eine typologisch inkonsistente Sprache?
4 Zur Entwicklung vom Altspanischen zum Neuspanischen
4.1 Allgemeines zum sprachlichen Wandel im Bereich der Satzgliedanordnung
4.2 Entwicklungstendenzen vom Alt- zum Neuspanischen
4.3 Wege und Bedingungen der Wortstellungsveränderungen vom Alt- zum Neuspanischen
4.3.1 «Transitivität» als Parameter für sprachlichen Wandel?
4.3.2 Zur Grammatikalisierung der SV-Anordnung im Neuspanischen
4.4 Fazit
Literaturverzeichnis
Register
Personenregister
Sachregister
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Die Satzgliedanordnung im Spanischen: Eine diachrone Analyse [Reprint 2014 ed.]
 9783110931617, 3484522844, 9783484522848

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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE

PHILOLOGIE

BEGRÜNDET VON GUSTAV GRÖBER FORTGEFÜHRT VON WALTHER VON WARTBURG UND KURT BALDINGER HERAUSGEGEBEN VON MAX PFISTER

Band 284

INGRID NEUMANN-HOLZSCHUH

Die Satzgliedanordnung im Spanischen Eine diachrone Analyse

MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1997

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme [Zeitschrift für romanische Philologie / Beihefte] Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie. - Tübingen : Niemeyer Früher Schriftenreihe Reihe Beihefte zu: Zeitschrift für romanische Philologie NE: HST Bd. 284. Neumann-Holzschuh, Ingrid: Die Satzgliedanordnung im Spanischen. - 1997 Neumann-Holzschuh,

Ingrid:

Die Satzgliedanordnung im Spanischen: eine diachrone Analyse / Ingrid Neumann-Holzschuh. -Tübingen : Niemeyer, 1997 (Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie ; Bd. 284) ISBN 3-484-52284-4 ISSN 0084-5396 © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1997 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz und Druck: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten Einband: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach

Für Isabel und Elena

Inhalt

Vorwort

XV

Siglen und A b k ü r z u n g e n

XVII

Einleitung ι 1.1

Forschungsbericht Ä l t e r e A r b e i t e n zur romanischen und spanischen Satzgliedanordnung

2 2

1.2

Neuere Untersuchungen zur Wortstellung des Gegenwartsspanischen

5

1.3

Untersuchungen zum Altspanischen

9

2

Z i e l e der A r b e i t

15

3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2

D i e Texte Z u r Textauswahl Literaturgeschichtliche A n m e r k u n g e n Z u r Entstehung der alfonsinischen Chroniken D i e Chroniken des 14. und 15. Jahrhunderts

20 20 22 22 25

3.3 3.3.1 3.3.2

A n g a b e n zum Korpus Altspanische Texte Neuspanische Texte

29 29 30

I Theoretische und methodische Grundlagen 1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3

A n m e r k u n g e n zur Funktionalen Satzperspektive D a s 3-Ebenen-Konzept Thema und R h e m a - zwei problematische B e g r i f f e Thema/Rhema und das Kriterium der Bekanntheit Thema-Subjekt-Agens Z u r A n o r d n u n g von T h e m a und R h e m a Z u m Begriff der Transitivität Problemfälle der Funktionalen Satzperspektive Kommunikative Dezentrierung von Ä u ß e r u n g e n Das Problem der romanischen VS-Strukturen D i e in dieser A r b e i t verwendete Terminologie

34 34 36 37 42 47 49 52 52 56 64

. . . .

VII

2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.3 2.3.1 2.3.1.1 2.3.1.2 2.3.1.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.4.3.3 2.4.4 2.4.5 2.5 2.5.1 2.5.1.1 2.5.1.2 2.5.1.3 2.5.1.4 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.4.1 2.5.4.2 2.5.5 2.5.5.1 2.5.5.2 2.5.6 2.5.6.1 2.5.6.2 2.5.6.3 VIII

Das Thetisch-Kategorische Modell und seine A n w e n d u n g auf das Neuspanische Skizzierung des Modells nach Ulrich (1985) Allgemeines Merkmale des Thetischen Merkmale des Kategorischen Die A n w e n d u n g des T K M auf Texte einer älteren Sprachstufe Thetisch u n d Kategorisch im Neuspanischen Einleitung Exkurs: Die Arbeit von Delbecque (1987) Das Neuspanische aus quantitativer Sicht Die A n w e n d u n g des T K M auf das Neuspanische Typen thetischer Konstruktionen im Neuspanischen . . . . Thetische Ä u ß e r u n g e n ohne A k t a n t e n Thetische Ä u ß e r u n g e n mit einem A k t a n t e n Unpersönliche Ä u ß e r u n g e n mit einem A k t a n t e n Verb und Erstaktant Thetische Ä u ß e r u n g e n mit zwei (und mehr) A k t a n t e n . . . Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des E x p e r i e n c e s / Empfängers Thetische Ä u ß e r u n g e n mit drei A k t a n t e n Thetisch und Kategorisch in passivischen Sätzen Subjektinversion nach verba dicendi Typen kategorischer Konstruktionen im Neuspanischen . . SV(0)-Anordnungen Erstaktant und Verb (und Zweitaktant) Die Position der O b j e k t e Die Stellung des Subjekts bei tener SV-Konstruktionen mit kontextuell nicht vorerwähnten Subjekten Kategorische Sätze mit satzeinleitendem Adverbial . . . . Kopulative Konstruktionen Nicht-konforme Thematisierungen OV(S)-Strukturen «Freie Themen» V S ( 0 ) - K o n s t r u k t i o n e n im kategorischen Bereich Dezentrierte «narrative» Konstruktionen Die Länge der Satzkonstituenten als Anordnungskriterium H e r v o r h e b u n g von Satzgliedern Herausstellung des Themas Herausstellung des R h e m a s Weitere fokussierende Verfahren

68 68 68 79 82 84 88 88 88 93 97 98 98 99 99 103 111 111 113 116 116 119 121 121 122 122 123 124 126 128 130 130 133 134 134 140 141 142 145 148

2.6 2.6.1

2.6.2

2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.7.5

Zusammenfassung Die Subjektposition im Neuspanischen

Thetisch/Kategorisch - eine binäre Opposition?

Thetisch und Kategorisch als skalare Bereiche Problemstellung Zur Parameterwahl Anwendung auf das Neuspanische Die Rolle des satzinitialen Adverbials Fazit

149 149

152 154 154 156 162 166 167

II Thetisch und Kategorisch im Altspanischen 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.4.1 1.1.4.2 1.2 1.2.1 1.2.1.1 1.2.1.2 1.2.1.3 1.2.1.4 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.3 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.4 1.4.1 1.4.2

SV und VS in den Chroniken des 13. Jahrhunderts Einleitung Vorgehen Die Bedeutung des Arabischen für das Altkastilische . . . Sprachliche Merkmale der alfonsinischen Chroniken . . . . Quantitative Erfassung der Daten Die Primera Cronica General (PCG) Die General Estoria (GE) Thetische Konstruktionen im 13. Jahrhundert Thetische Äußerungen mit einem Aktanten «Existentialaussagen» Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransitivverben Thetische Äußerungen mit bekanntem/vorerwähntem Subjekt Passivkonstruktionen Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten . . . Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiences/ Empfängers Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung Nicht-thetische Konstruktionen im 13. Jahrhundert Erstaktant und Verb (und Zweitaktant) Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen . . Dezentriert-kategorische Äußerungen Zum Problem der SV/VS-Alternanz im kategorischen Bereich Kopulative Konstruktionen Konstruktionen mit verba dicendi Syntaktische Kontextbedingungen Die Wortstellung bei transitiven Verben Wortstellung und «Einleitung»

170 170 170 171 174 178 178 179 180 180 180 182 183 184 185 185 186 189 189 189 194 195 203 208 210 211 212 213 IX

ΐ·5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4

Zusatzkorpus: Calila e Dimna Einleitung Quantitative Erfassung der Daten Analyse Zusammenfassung

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2

SV und V S in den Chroniken des 14. Jahrhunderts Einleitung und quantitative Erfassung der Daten Thetische Konstruktionen im 14. Jahrhundert Thetische Äußerungen mit einem Aktanten «Existentialaussagen» Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransitivverben 2.2.1.3 Passivkonstruktionen 2.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten . . . 2.2.2.1 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiences/ Empfängers 2.2.2.2 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens 2.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung 2.3 Nicht-thetische Konstruktionen im 14. Jahrhundert 2.3.1 Erstaktant und Verb (und Zweitaktant) 2.3.2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen . . 2.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen 2.3.4 Kopulative Konstruktionen 2.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi 2.4 Syntaktische Kontextbedingungen 2.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben 2.4.2 Wortstellung und «Einleitung» 2.5 Vergleich mit dem 13. Jahrhundert 2.6 Zusatzkorpus: El Conde Lucanor 2.6.1 Einleitung 2.6.2 Quantitative Erfassung der Daten 2.6.3 Analyse 2.6.4 Zusammenfassung 3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.1.1 3.2.1.2

SV und V S in den Chroniken des 15. Jahrhunderts Einleitung und quantitative Erfassung der Daten Thetische Konstruktionen im 15. Jahrhundert Thetische Äußerungen mit einem Aktanten «Existentialaussagen» Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransiti w e r b e n 3.2.1.3 Passivkonstruktionen 3.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten . . .

X

215 215 216 217 220 223 223 224 224 225 226 227 227 228 228 230 233 233 234 235 243 244 245 245 246 246 248 248 251 252 256 259 259 260 260 260 261 262 263

3-2.2.1 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiences/ Empfängers 3.2.2.2 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens 3.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung 3.3 Nicht-thetische Konstruktionen im 15. Jahrhundert 3.3.1 Erstaktant und Verb (und Zweitaktant) 3.3.2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen . . 3.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen 3.3.4 Kopulative Konstruktionen 3.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi 3.4 Syntaktische Kontextbedingungen 3.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben 3.4.2 Wortstellung und «Einleitung» 3.5 Zusatzkorpus\ Libro de los Exenplos por A.B.C. 3.5.1 Einleitung 3.5.2 Quantitative Erfassung der Daten 3.5.3 Analyse 4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3 5.2.2.4 5.3

Die häufigsten Konstruktionen mit Adverbial in den chronistischen Texten Einleitung Art und Funktion der satzinitialen Adverbiale Zur Funktion Temporaladverbiale Lokaladverbiale Die verschiedenen Konstruktionen mit Temporal- und Lokaladverbial Die AVS-Anordnung Die ASV-Anordnung Die SAV-Anordnung Die VAS-Anordnung Zusammenfassung Die Stellung des nominalen Objekts im Altspanischen . . . Die unmarkierte Stellung von direktem und indirektem Objekt Die On-V-Anordnung im Altspanischen S-On-V Äußerungen mit satzinitialem nominalen Objekt (On-V (-S)) DOn-V(-S) IOn-V(-S) O präp -V(-S)/K-V(-S) Zusammenfassung Nominativus pendens und Initialisolierung des Subjekts . .

263 263 264 265 265 267 268 274 274 275 275 275 276 276 276 277 282 282 283 283 286 288 289 289 292 294 295 296 297 298 302 303 304 304 310 311 312 312 XI

5.4

Präpositionaler Akkusativ und Satzgliedanordnung im Altkastilischen

318

6 6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.4

Die Satzgliedanordnung im Nebensatz Zur Funktion von Nebensätzen Thetisch und Kategorisch im Nebensatz Die Position des Subjekts im Nebensatz Frequenzverhältnisse Die Texte des 13. Jahrhunderts Die Texte des 14. und 15. Jahrhunderts Fazit Die Position des nominalen Objekts im Nebensatz

325 325 327 329 329 330 336 339 339

7

Position und Funktion der Subjektpronomina im Altspanischen Einleitung Quantitative Erfassung der Daten Kriterien zum Gebrauch der Subjektpronomina im Altspanischen Kontrastivität und Emphase Desambiguierende Funktion Textgestaltende Funktion Der Gebrauch der Subjektpronomina im Nebensatz . . . . Die Position der Subjektpronomina in Haupt- und Nebensatz

7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.4 8

Zusammenfassende Bemerkungen zur Satzgliedanordnung im Altspanischen

342 342 345 348 349 350 351 356 356 362

III Wortstellung, Sprachtypologie und Sprachwandel 1 1.1 1.2 1.3

Die Satzgliedanordnung im Spätlateinischen Wortstellungsvariation im Lateinischen Zur Satzgliedanordnung in der Vita Eufrosine Das hispanische Spätlatein

372 372 377 381

2 2.1 2.2

Die Entwicklung vom Spätlateinischen zum Altspanischen Die Darstellung bei Wanner (1987, 1989) Die Linearisierungsmuster im Altspanischen und ihre Funktionen Zur Satzgliedanordnung in anderen altromanischen Sprachen

385 385

394

Das Altspanische aus positionstypologischer Sicht Zur Positionstypologie Zum Problem der Grundwortstellung im Altspanischen . . Zur Frage nach einer «VSO-Zwischenphase»

405 405 412 416

2.3 3 3.1 3.2 3.3 XII

391

34 3.5 3.5.1 3.5.2 3.6 4 4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.4

Subjektprominenz im Altspanischen Syntaktischer und pragmatischer Modus im Altspanischen Thema-Rhema-Anordnung vs. Subjekt-Verb-Anordnung . Koordination vs. Subordination War das Altspanische eine typologisch inkonsistente Sprache?

420 425 425 427

Zur Entwicklung vom Altspanischen zum Neuspanischen . Allgemeines zum sprachlichen Wandel im Bereich der Satzgliedanordnung Entwicklungstendenzen vom Alt- zum Neuspanischen . . . Wege und Bedingungen der Wortstellungsveränderungen vom Alt- zum Neuspanischen «Transitivität» als Parameter für sprachlichen Wandel? . . Zur Grammatikalisierung der SV-Anordnung im Neuspanischen Fazit

436

430

436 441 447 447 456 460

Literaturverzeichnis

463

Register Personenregister Sachregister

492 492 495

XIII

Vorwort

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die unter der Betreuung von Prof. Dr. Annegret Bollee entstanden ist und 1993 von der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg angenommen wurde. Ich möchte an dieser Stelle all denen danken, die direkt oder indirekt am Zustandekommen dieser Arbeit beteiligt waren. In erster Linie möchte ich meine akademische Lehrerin Annegret Bollee nennen, die meinen Werdegang vom ersten Semester an begleitete und mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Schon früh hat Annegret Bollee mein Interesse für diachrone Fragestellungen geweckt; ihre ständige Diskussionsbereitschaft und ihre vielen konstruktiven Vorschläge haben entscheidend zum Fortgang der Arbeit beigetragen. Daß darüber hinaus im Laufe der Jahre auch eine persönliche Freundschaft entstand, hat mich immer mit großer Freude erfüllt. Annegret Bollee verdanke ich weit mehr, als hier ausgedrückt werden kann! Z u Dank verpflichtet bin ich auch den Professoren Michael Metzeltin (Wien), Georg Bossong (Zürich) sowie den Gutachtern dieser Arbeit; von allen erhielt ich wichtige Hinweise und Anregungen. Bedanken möchte ich mich ferner bei Prof. Dr. Georg Wöhrle (Trier) für die Hilfe bei der Bearbeitung eines spätlateinischen Textes. Danken möchte ich auch denjenigen, die mir bei der Bearbeitung des Manuskripts in vielfältiger Weise geholfen haben. Es sind dies vor allem meine studentischen Mitarbeiterinnen Julia Mitko M.A., Margit Zellmer und Michaela Huber, die sich mit unermüdlichem Einsatz der Überarbeitung des Manuskripts und den Korrekturarbeiten gewidmet haben. Julia Mitko, die mir bei der Endredaktion eine große Stütze war, half mir darüber hinaus bei der Erstellung des Registers. Der VG-Wort danke ich herzlich für den großzügigen Druckkostenzuschuß und Prof. Dr. Drs. h. c. Max Pfister für die Aufnahme der Arbeit in die Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie. Mein besonderer Dank gilt natürlich meiner Familie. Meinen Eltern, die mir von jeher den Weg geebnet haben und mir zu jeder Zeit (nicht zuletzt bei der Kinderbetreuung!) geholfen haben. Meinem Mann, der meine Pläne immer unterstützt hat und der, unter Zurückstellung seiner eigenen Projekte, in so mancher Situation helfend eingesprungen ist. Meinen Töchtern, die beide in der Habilitationsphase geboren wurden und

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die bereits früh erfahren haben, daß der Versuch, Beruf und Familie zu vereinbaren, nicht immer einfach ist. Ohne den Einsatz und das Verständnis meiner Familie hätte ich diese Arbeit nicht zu Ende führen können. Regensburg, im September 1997

XVI

Ingrid Neumann-Holzschuh

Siglen und Abkürzungen

i. Sprachen afr./Afr. ait./Ait. aport./Aport. asp./Asp. klat./Klat. mfr./Mfr. nfr./Nfr. nit./Nit. nport./Nport. nsp./Nsp. vlat./Vlat.

altfranzösisch/Altfranzösisch altitalienisch/Altitalienisch altportugiesisch/Altportugiesisch altspanisch/Altspanisch klassischlateinisch/Klassischlateinisch mittelfranzösisch/Mittelfranzösisch neufranzösisch/Neufranzösisch neuitalienisch/Neuitalienisch neuportugiesisch/Neuportugiesisch neuspanisch/Neuspanisch vulgärlateinisch/Vulgärlateinisch

2. Syntaktische Kategorien und Funktionen S Sp Sn Ο Op On DO ΙΟ Opräp

ν Adv Ρ Κ Quant SV(O) VS(O) Sg. PI. HS NS EA

Subjekt pronominales Subjekt nominales Subjekt Objekt pronominales Objekt nominales Objekt direktes Objekt indirektes Objekt präpositionales Objekt Verb Adverb Prädikat Komplement Quantifikator Subjekt-Verb(-Objekt)-Anordnung Verb-Subjekt(-Objekt)-Anordnung Singular Plural Hauptsatz Nebensatz Erstaktant

XVII

Exp Empf NP VP Τ R tr. intr.

Experiencer Empfänger Nominalphrase Verbalphrase Thema Rhema transitiv intransitiv

3· Sonstige Abkürzungen TRA TKM FSP RSH CD DOM MTZ

Thema-Rhema-Analyse Thetisch-Kategorisches Modell Funktionale Satzperspektive Rhema-Selektionshierarchie communicative dynamism Differentielle Objektmarkierung Mitteilungszentrum

4. Abgekürzt zitierte Zeitschriften NRFH RF RFE RJb RLiR R.S.E.L. ZRP

Nueva revista de filologia hispänica Romanische Forschungen Revista de filologia espanola Romanistisches Jahrbuch Revue de linguistique romane Revista espanola de lingüistica Zeitschrift für romanische Philologie

5. Die für die ausgewerteten Texte verwendeten Abkürzungen sind Kap. 3.3 der Einleitung zu entnehmen.

XVIII

Einleitung

ι Forschungsbericht

i . i Ältere Arbeiten zur romanischen und spanischen Satzgliedanordnung 1 D i e Besonderheiten der romanischen Satzgliedfolge im Vergleich zum L a t e i n i s c h e n sind i n n e r h a l b d e r R o m a n i s t i k s c h o n f r ü h e r k a n n t u n d b e s c h r i e b e n w o r d e n 2 . B e r e i t s F. D i e z w i e s in s e i n e r Grammatik schen

Sprachen

der

Romani-

(1882, 1 1 0 2 - 1 1 0 7 ) auf die E i g e n h e i t e n d e r K o n s t i t u e n -

t e n a b f o l g e i m R o m a n i s c h e n hin, u n d a u c h W. M e y e r - L ü b k e w i d m e t e d e r S t e l l u n g d e r S a t z g l i e d e r in d e r Grammatik

der Romanischen

Sprachen

(1899, 7 9 7 f t ) ein e i g e n e s K a p i t e l . In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g w e i s t er auf die g r ö ß e r e «Freiheit» d e s S p a n i s c h e n in b e z u g auf die S a t z g l i e d a n o r d -

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2

Im Sinne von Satzgliedanordnung bzw. Satzgliedfolge verwenden wir gelegentlich auch den ungenaueren, aber verbreiteten Terminus Wortstellung. Richtungsweisend für alle späteren Untersuchungen zur Satzgliedanordnung wurde das Buch von H. Weil, De Vordre des mots dans les langues anciennes comparees aux langues modernes (1844), in dem Weil bereits auf die funktionale Bedingtheit der Wortfolge hinweist. Zur Geschichte der Wortstellungsbeschreibung vgl. Meier (1937) und Delbecque (1991). Da die Regeln des Satzbaus bei den lateinischen Grammatikographen ein Teil der Rhetorik waren, haben die spanischen Renaissancegrammatiken diesen Aspekt vernachlässigt und sich auf einige oberflächliche Hinweise beschränkt, vgl. dazu Kukenheim (1974, 162-163). Die Worte Giovanni Mirandas in seinen Osservationi della lingua castigliana (Venedig 1566) sind symptomatisch für die Einstellung der Renaissance-Grammatiker zum Problem des ordre des mots: «In quanto appartiene alia costruttione non accaderä darne molte regole, percioche la esperientia e'l leggere d'i libri ue lo mostrera» (1566, 223; zit. nach Kukenheim 1974, 162). Erst für die französischen Grammatiker des 16. und 17. Jhs. wurde die Wortstellung zu einem grammatikalischen Problem und fand von daher Aufnahme in die Lehrwerke. Was die spanische Grammatikographie anbelangt, wird die Satzgliedanordnung erst in den Grammatiken des 18. Jhs. thematisiert, so weist ζ. B. Matthias Kramer in seiner Grammatica & Syntaxis Linguae Hispanicae (1711, 487-488) auf die größere Wortstellungsfreiheit des Spanischen im Vergleich zum Französischen hin, und Gonzalo Correas merkt in seiner Arte de la lengua Espanola Castellana an, daß die natürliche Konstituentenabfolge Subjekt-Verb-Objekt sei: «La orden i contestura natural de las palavras, ό partes, es, que el nonbre este primero, i luego el verbo, i tras este el acusativo, que declara la azion del verbo, si es tranzitivo» (1625, 362). 2

nung hin: «Dagegen weicht der W e s t e n stärker ab, namentlich zeigt die ältere spanische Prosa und z.T. auch die heutige eine Freiheit, die es fast unmöglich macht, allgemeinere Regeln aufzustellen» (805). Das Verdienst, die erste wirklich fundierte Beschreibung der romanischen Wortstellungsmodalitäten geliefert zu haben, gebührt E. Richter (1903). So verweist sie beispielsweise auf die Kontinuität bestimmter Wortstellungsmuster vom (gesprochenen) Latein zum Romanischen: «Schon in der ältesten Latinität trifft man Fügungen, die zwar mit dem klassischen, nicht aber mit dem romanischen Gebrauche in Widerspruch stehen, so dass die Beispiele für R[omanische].W[ortstellung], von der ältesten lateinischen Zeit bis auf die Gegenwart in fortlaufender Reihe gegeben werden können» (3), und sie bemüht sich um eine freilich stark psychologisierende Erklärung der dominierenden SVO-Anordnung, die an die Auffassung der aufklärerischen Sprachtheoretiker erinnert: «Diese Anordnung der Satzteile ist die klarere, sie bietet dem logischen Gedankenausdrucke die geeignetste Form» (7). Sie spricht bereits von «Thema» und «Mitteilung» (48) und sieht, daß «das erste Wort - zumeist das Subjekt - ein schon bekanntes, an das früher erwähnte anknüpfendes, die Aussage hingegen das neu hinzukommende Gedankenelement ausdrückt, so dass die Rede fortwährend vom Bekannten zum Neuen für den Sprecher - vom Bekannten zum Unbekannten für den Hörer - fortschreitet» (47). Die VS-Stellungen erklärt sie als «Auftakt, als Einleitung» von Texten. Mit diesen Beobachtungen nimmt E. Richter bereits Gedanken der späteren, diskurspragmatisch orientierten Forschung vorweg. Eine speziell hispanistische Arbeit, die vom Ansatz her als Vorläuferin der späteren Wortfolgeforschung betrachtet werden kann, ist der Aufsatz von H. Meier «Personenhandlung und Geschehen in Cervantes' Gitanilla» von 1937, in dem Meier die Satzgliedfolge als abhängig von der Sprecherperspektive analysiert: «Die Anordnung der Satzglieder ist in erster Linie ein semantisches Phänomen: die Wortstellung gibt die Perspektive wieder, in der ich den Satzinhalt sichtbar machen will, und bestimmt die Funktion, die ich ihnen für die Integration der Satzbedeutung erteile» (165). Er weist darauf hin, daß die Variation zwischen V S und SV kein stilistisches Phänomen ist, denn beide Anordnungen haben eine völlig unterschiedliche Bedeutung. VS-Strukturen seien typisch für «epische Beobachtungen», die den Rahmen eines Geschehens bilden (142), sowie für die Schilderung des Geschehens selber, SV-Strukturen bezeichneten hingegen «im allgemeinen eine besonders herausgehobene Form der Aktivität» (177), die aus der Sicht der handelnden Person wiedergegeben wird («Personenhandlung»). Z u diesem Ansatz vgl. auch Kap. 1.2.1.1.4, Anm. 14. Eine wichtige Grundlage für die neueren Arbeiten zur spanischen Wortstellung sind die Beiträge von H. und R. Kahane (1950), D. L. Bolinger (1954/55), A . Granville Hatcher (1956a) und J. Dubsky (i960). Der 3

Beitrag der Kahanes basiert auf schriftlichen Quellen zum mexikanischen Spanisch und ist eine rein deskriptive Analyse der Subjektposition. Die Analyse bleibt auf die Einzelsatzebene beschränkt und konzentriert sich auf das von verschiedenen Faktoren geregelte Verhalten der Aktanten im Satz zueinander 3 . Die Autoren weisen nachdrücklich auf die z.T. freie Variation sowie die Flexibilität des Spanischen im Bereich der Wortstellung hin, ohne jedoch kontextuelle Gegebenheiten miteinzubeziehen. Bolinger dagegen erkennt, daß die Anordnung der Satzglieder von der jeweiligen impliziten oder expliziten Fragestellung abhängt und daß bereits bekannte Information an den Satzanfang, neue Information hingegen an das Satzende tendiert: «that which is presupposed, but needs to be stated in order to clarify or remind, precedes; that which is new, unexpected, informative, and contrastive follows. The of the utterance is towards the end» (1954/55, 48). A . Granville Hatcher hat mit ihrer Abhandlung von 1956 ohne Zweifel einen der immer noch wichtigsten Beiträge zur spanischen Wortstellung geliefert. Der entscheidende Faktor bei der Subjektposition ist für sie die Verbsemantik, und zwar wird die Inversion des Subjekts regelmäßig bei intransitiven Verben, die im weitesten Sinne «Existenz» oder «Nicht-Existenz» ausdrücken, ausgelöst. Ihre Analyse stützt sich auf einzelne, in der Literatur belegte Sätze, sie schließt den Kontext als weiteren möglichen Erklärungsfaktor jedoch nicht aus. Nachfolgende Arbeiten, die z.T. von anderen Prämissen ausgehen, kritisieren zwar den ausschließlich auf die Semantik des Verbs ausgerichteten Ansatz von Hatcher, leugnen aber nicht, daß die Natur des Verbs eine wichtige Rolle bei der Anordnung der Satzglieder spielt. Hatcher ist es gelungen, einen großen Teil der VS-Strukturen einer Erklärung näher zu bringen; andere Fälle, wie z.B. die VS-Anordnung in Nicht-Existentialsätzen, werden von ihr jedoch nicht berücksichtigt. J. Dubsky (i960) unterstreicht die Multikausalität der Inversion: «il faut chercher la raison dans la constitution fonctionnelle et semantique des parties de l'enonciation» (113). Er erkennt, daß im Spanischen sowohl kontextuell unbekannte als auch, und dies ist das Besondere, bekannte Subjekte dem Verb nachgestellt werden können. Während die Inversion im ersten Fall der Präsentierung der jeweiligen Nominalphrase dient, erklärt er den zweiten Fall nur recht vage mit dem Begriff «inversion emotive».

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«the position of the actor depends on such heterogeneous determinants as the number of elements in the whole expression, the form class of the actor, the category - perfective or imperfective - of the action, transitivity, syntactic function, and the relation between separate utterances» (1950, 263).

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1.2 Neuere Untersuchungen zur Wortstellung des Gegenwartsspanischen In den vergangenen 15 Jahren ist die Wortstellung des modernen Spanisch zwar mehrfach untersucht worden, es handelt sich jedoch oft um kürzere Arbeiten, die sich darüber hinaus häufig nur auf Einzelaspekte konzentrieren. Eine Ausnahme ist die 1987 erschienene umfangreiche Studie von N. Delbecque sowie die darauf basierende Arbeit von 1991, auf die wir in Kap. I.2.3.1.1 näher eingehen werden. An dieser Stelle stellen wir lediglich diejenigen Untersuchungen vor, auf die wir im Verlauf unserer Arbeit des öfteren zurückgreifen; weitere Titel werden nur kurz erwähnt. Vom theoretischen Standpunkt aus gesehen ist das Buch von H. Contreras, El orden de palabras en espanol (1978 [1976]) sicherlich die anspruchsvollste Arbeit auf diesem Gebiet 4 . Contreras geht es weniger um eine statistisch untermauerte Beschreibung der Wortstellungsregularitäten - insofern gibt seine Arbeit auch nur bedingt Auskunft über den tatsächlichen Gebrauch der syntaktisch möglichen Strukturen - sein Ziel ist vielmehr die Erarbeitung einer Theorie der Wortstellung, die z.T. an offensichtlich konstruierten spanischen Beispielen exemplifiziert wird. Kontextuelle Faktoren werden nur bedingt berücksichtigt. Contreras bezieht jedoch die prosodischen Faktoren in die Analyse mit ein, eine zweifellos wichtige und notwendige Komponente seines Beschreibungsmodells. Ausgehend von der Theorie der Prager Schule, die ihm jedoch letztlich zu spekulativ und zu wenig explizit ist, sowie der Kasusgrammatik erarbeitet Contreras Kriterien, mit deren Hilfe er Regeln für die kontextfreie spanische Grundwortstellung aufstellt. Grundsätzlich ist die Wortstellung nach Contreras kein Phänomen der Stilistik, wie es verschiedene spanische Grammatiken behaupten5, oder, wie die Vertreter der Transformationsgrammatik meinen, der Oberflächenstruktur, sondern sie hängt entscheidend von der semantischen Struktur der Sätze ab. Was in einem Satz Rhema ist - Thema und Rhema sind für Contreras Begriffe aus der Tiefenstruktur - ist abhängig von der Verbsemantik. Ein zentraler Begriff in Contreras Theorie ist der der Rhema-Selektionshierarchie, der den zu ungenauen Terminus des communicative dynamism der Prager Schule ablösen soll. Je nach der semantischen Struktur des Verbs gibt es verschiedene semantische Hierarchien, in denen einer der tiefenstrukturellen Kasus als besonders prädestiniert für die Rhema-Rolle erscheint. Kri4

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Suner (1982, 300) spricht von der «most comprehensive study of Spanish word order to date». «Contreras has offered a case grammar theory of word order into which the Praguean functional notions of theme vs. rheme have been incorporated» (ibid. 299). Vgl. dazu auch Neumann-Holzschuh (1993).

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terium für die «normale Rhemaselektion» ist die contextual freedom der jeweiligen Sätze, d.h., Sätze mit normaler Rhemawahl haben eine größere kontextuelle Unabhängigkeit und können auf allgemeinere Fragen antworten als solche Sätze, in denen ein in der Hierarchie nachgeordneter Kasus Rhema ist und die daher nur auf spezifischere Fragen antworten können. In diesen Fällen liegen markierte Wortstellungen vor, die letztlich nur kontextuell erklärt werden können. Die Verbindung von Funktionaler Satzperspektive und Kasusgrammatik ist ohne Zweifel eine gegenüber der Prager Schule wichtige Neuorientierung. Insbesondere der Begriff der Rhema-Selektionshierarchie als eine von der tiefensemantischen Struktur des Verbs abhängige Größe erweist sich als ein durchaus brauchbares Konzept bei der Beschreibung von Linearisierungsproblemen (vgl. Oesterreicher 1991). Andererseits bleibt Contreras mit der Überbetonung der semantischen Rollen der Einzelsatzanalyse verhaftet und bezieht andere Faktoren wie textuelle Kohärenz, grammatische Beziehungen oder diskurspragmatische Faktoren nur bedingt in seine Überlegungen ein6. Dem generativ-transformationellen Modell verpflichtet ist die umfangreiche und informative Arbeit von M. Suner (1982), die speziell die presentational sentences mit unpersönlichem hay und mit satzeinleitendem intransitiven Verb behandelt. Die Arbeit von L. Fant, Estructura informativa en espanol. Estudio sintactico y entonativo (Uppsala 1984) ist der konsequente Versuch, Wortstellungsregularitäten ausgehend von der Informationsstruktur der Sätze zu untersuchen und die streng empirisch ausgerichtete Analyse mit einer Betrachtung der prosodischen Faktoren zu verbinden. Die Satzgliedanordnung wird dabei als eine von verschiedenen Faktoren abhängige Größe interpretiert: Syntaktische und semantische Strukturen der Aktanten und diskurspragmatische Faktoren korrelieren und bilden so ein komplexes Raster zur Erfassung der Serialisierungsmodalitäten. Die im folgenden zu nennenden Beiträge sind kürzere Arbeiten, die meist nur Einzelprobleme behandeln. Primär quantitativ ausgerichtet sind die Arbeiten von A . Morales de Walters (1982) und C. Silva-Corvalän (1982, 1984a, 1984b). Silva-Corvalän (1982) stützt sich bei ihren Untersuchungen auf ein umfangreiches Korpus des gesprochenen mexikanischen Spanisch in Los Angeles, das sie v. a. hinsichtlich der Position des Subjekts auswertet. Die Gründe für die Variabilität der Subjektposition sieht sie in erster Linie in der Informationsstruktur des Textes, sie nennt aber auch einige formalsyntaktische Faktoren 7 . Ihre beiden Beiträge von 1984 beschäftigen sich mit der Posi6

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Vgl. auch Kap. I . i , Anm. 27, 58; zur Kritik an Contreras vgl. Suner (1982, 2 8 2 300), sowie Anm. 65 von Kap. L2.3.1.1. Ihre Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden: ( 1 ) referenzidentische Subjekte werden meist nicht ausgedrückt, wenn ja, stehen sie vor dem

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tion des Objekts, speziell mit dem Problem der Objektkonjugation bei vorangestellten thematischen Objekten. Die Untersuchung von Morales de Walters zum gesprochenen puertorikanischen Spanisch (1982) ist eine der interessantesten empirischen Arbeiten zur nsp. Wortstellung. Als Erklärungsparameter dienen ihr sowohl die Verbkategorien - Morales de Walters nimmt eine überzeugende Einteilung der Verben in semantische Klassen vor - als auch diskurspragmatische Faktoren, d.h. v.a. die Unterscheidung in alte und neue Information. Sie kommt zu dem Ergebnis, daß nur eine bestimmte Untergruppe der intransitiven Verben (statische Verben) sowie Verben der psychischen Reaktion die Subjektnachstellung begünstigen. Was die satzgrammatische Kodierung der beiden informationsstrukturellen Parameter Thema und Rhema anbelangt, sind 84 % der Sätze nicht markiert, d. h., sie weisen ein präverbales Subjekt in Themafunktion und ein Thematisches Objekt auf, und nur 16 % haben entweder ein vorangestelltes Thematisches Objekt oder ein nachgestelltes thematisches Subjekt. Diese Fälle gilt es im einzelnen unter Einbeziehung kontextueller Faktoren zu erklären. Zu dieser Arbeit vgl. auch Kap. I.2.3. Auch die Arbeit von P. Bentivoglio/E. Weber (1986) basiert auf empirischen Daten und bezieht sich auf das gesprochene amerikanische Spanisch. Wichtigstes Anliegen der Autorinnen ist die Untersuchung des Zusammenhanges zwischen der SV/VS-Abfolge und den Merkmalen [vorerwähnt/ersterwähnt]. Den Arbeiten von R. Meyer-Hermann (1988a, 1988b, 1989) liegt ein Korpus geschriebener und gesprochener Sprache zugrunde, wobei es sich sowohl um eurospanische als auch um hispanoamerikanische Texte handelt. Meyer-Hermann unterzieht seine Daten einer methodisch und statistisch sehr genauen Auswertung mit dem Ziel, Bedingungen für die Nachstellung des Subjekts zu ermitteln, die das Spanische zum Beispiel vom Portugiesischen und vom Französischen unterscheiden. Wir werden auf die Arbeiten von Meyer-Hermann im Laufe unserer Untersuchung immer wieder Bezug nehmen und ersparen uns daher hier ausführlichere Erläuterungen. In dem stärker theoretisch ausgerichteten Beitrag von J. Green (1976) geht es in erster Linie um die Frage nach der Grundwortstellung des Nsp. Verb; (2) 8 4 % der ausgedrückten Subjekte sind [+bekannt], aber nicht alle dieser Subjekte stehen vor dem Verb (106); (3) Subjektpronomen werden besonders zur Desambiguierung von Verbformen benutzt, ambige Verbformen weisen die höchste Zahl ausgedrückter Subjekte ( 6 9 % ) auf (109); (4) die A n zahl der Aktanten spielt bei der Subjektposition eine wichtige Rolle: ein intransitives Verb begünstigt die Nachstellung des Subjekts; (5) die SVO-Anordnung stabilisiert sich immer mehr; (6) satzeinleitende Adverbien begünstigen die Nachstellung des Subjekts ( 1 1 1 ) ; (7) Kontrast und Etablierung des Subjekts als Diskursthema begünstigen seine Voranstellung, (6) gesprochene und geschriebene Sprache unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Wortstellung nicht wesentlich. Anders sieht dies Meyer-Hermann (1989, 1 9 9 1 ) , vgl. Kap. I.2.3.

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Während das Spanische trotz der medialen Position der Objektpronomen eine VO-Sprache ist, stellt sich in bezug auf die Position des Subjekts die Frage, ob es sich um eine S V O - oder eine VSO-Sprache handelt (22). Für Green ist der basic order des Spanischen V S O ; S V O ist lediglich eine «topicalized alternative» (26). Z u m Problem der Grundwortstellung im Alt- und Neuspanischen vgl. auch Kap. III.3 und III.4. G. Bossong stellt in seinen beiden richtungsweisenden Beiträgen von 1984 (1984a, 1984b), die über den einzelsprachlichen Rahmen des Spanischen hinausgehende, methodologisch-theoretische Überlegungen enthalten, ein diskurspragmatisches Erklärungsmodell vor, aufgrund dessen er die Modalitäten der spanischen Wortstellung sowohl in diachroner als auch in synchroner Hinsicht zu erklären versucht. Wir werden im Laufe dieser Arbeit immer wieder auf dieses Modell zurückgreifen. Ziel des dem Nsp. gewidmeten Artikels (1984b) ist es, die Rolle der Wortfolge bei der Herstellung von Text-Kohärenz zu erklären, die nach Bossong in hohem Maße von der thematisch-rhematischen Progression abhängt. Z u Bossong (1984a) vgl. unten. K.-H. Körner (1987) plädiert dafür, «daß Stellungsregelmäßigkeiten nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit anderen syntaktischen Phänomenen vom Sprachtypologen berücksichtigt werden sollten» (167). Es geht ihm in diesem Beitrag nicht um eine detaillierte Analyse der spanischen Wortstellung, er deutet aber an, daß sich die spanische Wortstellung nicht eindeutig und kontinuierlich auf S V O hin entwickelt hat. Neben den genannten Untersuchungen gibt es eine Anzahl weiterer kürzerer Veröffentlichungen zum modernen Spanisch, die hier nur genannt werden sollen: Bull/Gronberg/Abbot (1952), Meyer (1972) 8 , Ariza (1978)9, Stiehm (1978), Delbecque (1978), Rivero (1980, 1991) 10 , Westphal (1982), Bentivoglio (1983 11 , 1988), Torrego (1984), Wolfe (1984), Pottier (1988) 12 , Mahlau (1991) und Hickey (1994). 8 9

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Vgl. dazu die Kritik in Suner (1982, 302). Dieser Beitrag - einer der ganz wenigen, der von spanischen Sprachwissenschaftlern zu diesem Thema vorliegt - ist insgesamt wenig ergiebig. Der Autor ist bemüht, die verschiedenen, die Wortstellung beeinflussenden Faktoren aufzulisten (Form, Funktion, Bedeutung) und zu beschreiben (hier finden sich auch einige Beobachtungen zur Syntax des Asp.), alles in allem handelt es sich jedoch um eine sehr summarische Auflistung mit eher dokumentarischem Wert. Vgl. auch Anm. 74 von Kap. I.i. Diese an der G T G orientierten Untersuchungen befassen sich speziell mit Linksversetzung und Topikalisierung im Alt- und Neuspanischen und mit der Position der Klitika. Bentivoglio untersucht hier verschiedene Faktoren, die dazu beitragen, Themakontinuität innerhalb eines spanischen Textes herzustellen. Einer dieser Faktoren ist die Anordnung von S und V, wobei die VS-Struktur in besonderem Maße kontinuitätsfördernd ist (300) (vgl. dazu auch Kap. III.4). Pottier interessiert vor allem die preferred argument structure des Spanischen, vgl. dazu Kap. III.3.1 und III.4.2.

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Was die Darstellung der Konstituentenabfolge in spanischen Grammatiken anbelangt, kann man wohl ohne zu übertreiben festhalten, daß speziell die in Spanien selbst erschienenen Grammatiken das Phänomen der Subjektinversion als Problem oft gar nicht zu erkennen scheinen 13 . Der Leser erfährt nur in ganz wenigen Ausnahmen - hier wäre z.B. an die Gramätica espanola von S. Fernandez Ramirez ('1951/1986) zu denken etwas über den Zusammenhang von Satzgliedstellung, Mitteilungsperspektive und Kontext, und auch der der neueren Syntaxforschung etwas aufgeschlossener gegenüberstehende Esbozo (1986/'1973) der Real Academia sowie die Gramätica de la lengua espanola von E. Alarcos Llorach (1994) enttäuschen in dieser Hinsicht. Die Autoren der meisten Grammatiken beschränken sich auf die unkritische Wiedergabe des Topos von der «Freiheit der spanischen Wortstellung» und verweisen die eigentlichen Probleme in den Bereich der Stilistik. Etwas besser fällt das Ergebnis einer Untersuchung der im Ausland erschienenen neueren Grammatiken des Spanischen aus: Hier werden zwar, wie in den Grammatiken von de Bruyne (1993) und von Vera-Morales (1995), in der Regel funktionalpragmatische Gesichtspunkte bei der Beschreibung der Satzgliedanordnung berücksichtigt, insgesamt gesehen befriedigt die Darstellung der Wortstellungsmodalitäten jedoch nicht. Keine Grammatik im traditionellen Sinne ist die Studie Semäntica, pragmätica y sintaxis del espanol (1990) von M. Metzeltin, der der Satzgliedanordnung ein relativ umfassendes Kapitel widmet und bei der Erklärung sowohl syntaktische als auch semantische und pragmatische Faktoren berücksichtigt. So weist er im Zusammenhang mit der Subjektposition auf zwei Typen unmarkierter Aussagesätze hin - er nennt sie frases predicativas und frases presentativas (162) - , deren unterschiedlicher informativ-pragmatischer Status im Spanischen auf der satzgrammatischen Ebene durch die Wortstellung ausgedrückt werden kann. Auch die verschiedenen Thematisierungsstrategien sowie Hervorhebungsverfahren im (gesprochenen und geschriebenen) Spanisch - Aspekte, die in anderen Sprachlehren in der Regel viel zu kurz kommen - werden in dieser Untersuchung vorgestellt.

1.3 Untersuchungen zum Altspanischen Im Gegensatz zu anderen altromanischen Sprachen - mit Ausnahme des Afr. - ist dem mittelalterlichen Spanisch (wir verwenden dafür im folgenden sowohl den Begriff Altspanisch als auch den genaueren Terminus Altkastilisch) in bezug auf die Wortstellung relativ viel Aufmerksamkeit geschenkt worden (vgl. auch Kap. III.2.3). Die erste Untersuchung in diese Richtung stammt von D. M. Crabb (1955), der fünf asp. Texte aus 13

Vgl. dazu Neumann-Holzschuh (1993).

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dem 13.-15. Jh. (Biblia Romanceada, das auf einer arabischen Vorlage basierende Sobre la seta mahometana - «The Book of the Ascension», Cronicas de los Reyes de Castilla, Libro de las cosas maravillosas de Marco Polo, Corbacho) sowie fünf afr. Texte auf ihre Serialisierungsmodalitäten hin untersucht und diese auch quantitativ auswertet' 4 . Crabb betrachtet dabei lediglich die Aussagesätze, die ein explizites Subjekt, ein transitives Verb und ein direktes Objekt aufweisen, macht aber keine genauen Angaben über die Anzahl der untersuchten Sätze. Seine Ergebnisse lassen sich wie folgt resümieren: Asp. und Afr. haben sich, diachronisch gesehen, unterschiedlich schnell entwickelt. Während das Afr. vom 12.-15. Jh. eine klare Entwicklung zu S V O hin durchläuft, ist dies im Asp. nur bedingt der Fall. In den aus dem Hebräischen bzw. Arabischen übersetzten Texten (Biblia Romanceada, «The Book of the Ascension») überwiegen die VS-Konstruktionen, was Crabb dazu veranlaßt, den Grund für ihre Häufigkeit in der Interferenz mit dem Arabischen und dem Hebräischen zu sehen (61-62) 1 5 . In den anderen Texten (Cronicas de los Reyes de Castilla, Marco Polo, Corbacho,) dominiert zwar SV, VSKonstruktionen sind aber noch vorhanden' 6 . Die Dissertation von V. Pardo Huber, El orden de los elementos oracionales en la prosa castellana de los siglos XII y XIII (1973) gibt nur einen recht oberflächlichen Überblick über die Modalitäten der Satzgliedanordnung im Asp. Ausgehend von einem kleinen Korpus von vier Texten (Fazienda de Ultra Mar, Calila e Dimna, Evangelio de San Mateo, Primera Crönica General) - hiervon werden jeweils die ersten 20 Seiten untersucht - , erstellt die Autorin verschiedene, nicht uninteressante Statistiken, liefert letztlich jedoch keine umfassende und befriedigende Erklärung für die beschriebenen Phänomene. Die (wenigen) Analyseversuche beziehen sich auf die Einzelsatzebene, d.h., es wird primär der Versuch unternommen, Parameter für die Anordnung der Satzkonstituenten in kontextfreien Sätzen festzustellen (ζ. B. die Anzahl der Satzglieder, die Art des Subjekts, der Verbtypus). Neuere Ansätze aus dem Bereich der Wortfolgeforschung werden nur sehr sporadisch berücksichtigt.

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Zur Kritik an Crabb vgl. Meyer-Hermann (1988a, 69), der ihm vorwirft, Texte zu vergleichen, die nicht zu vergleichen sind. Wir werden in Teil II die quantitativen Daten Crabbs jeweils in den den einzelnen Jahrhunderten gewidmeten Kapiteln zitieren. Eine ähnliche (vielzitierte) Behauptung stellt auch Kuen in seinem Versuch einer vergleichenden Charakteristik der romanischen Schriftsprachen auf: «es dürfte kein Zufall sein, daß gerade im Spanischen und Portugiesischen das Verbum häufiger als in irgendeiner anderen romanischen Sprache den Satz eröffnet, denn im Arabischen ist die Voranstellung des Verbums die Regel» (1958, 16). Vgl. dazu kritisch Meyer-Hermann (1988, 67-96), siehe Kap. II.1.1.2. Crabb nennt folgende Zahlen für die Anordnung V S O : Cronicas: 13,3 % (S. 17), Marco Polo: 8,7% (S. 32), Corbacho: 1 1 , 4 % (S. 43).

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Die umfangreichste und bislang viel zu wenig beachtete Untersuchung zur asp. Wortstellung ist die Dissertation von J. England, Word Order in Old Spanish Prose of the Thirteenth, Fourteenth and Fifteenth century (1979). England bearbeitet hier ein Corpus von 20.000 Aussagesätzen (Haupt- und Nebensätze), die er sieben Texten der Exempelliteratur es handelt sich um Prosastücke, die häufig direkt aus einer arabischen oder lateinischen Quelle übersetzt worden sind - von 1250-1450 entnimmt (El libro de Calila e Dimna, El libro de los enganos, Castigos e documentos para bien vivir ordenados por el rey don Sancho IV, El Conde Lucanor, El libro de los gatos, El libro de los exenplos por A.B.C., El espiculo de los legos). Datnit ist seine Arbeit sicherlich eine der genauesten und umfassendsten Datensammlungen zur Wortstellung einer altromanischen Sprache 17 . Jeder Text wird minuziös hinsichtlich der Stellungsvarianten der wichtigsten Satzkonstituenten (S, DO, ΙΟ, Κ und Adv) untersucht; der Beschreibungsrahmen ist dabei weitgehend an der traditionellen Grammatik orientiert. England versteht seine Untersuchung als Basis für noch ausstehende, v. a. stilistisch ausgerichtete Analysen der asp. Prosatexte, denn seines Erachtens sind nur mit Hilfe gesicherter sprachwissenschaftlicher Fakten Aussagen über Stil und literarische Größe eines Autors möglich. Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie ist der Nachweis der schon von Crabb konstatierten «immense freedom of word order which obtained in Old Spanish» (1979, 291). Wenngleich in bezug auf die Position des Objekts nur wenig Variation möglich ist, verfügt das Asp., so England, bei der Stellung des Subjekts, des Komplements und des A d verbs im Vergleich zum Afr. und Altenglischen über eine erstaunliche Freiheit. Speziell bei der Position des Subjekts habe es im Mittelalter noch keine signifikante Verfestigung der SVO-Stellung gegeben; die Entwicklung vom 13. Jh. zum 15. Jh. verlief nicht geradlinig, im Gegenteil, die Schwankungen zwischen S V und V S sind eher als vom Quellentext abhängige, denn als diachronische Entwicklung zu interpretieren. «There is no demonstrable historical progression» (1993,15). Diesen Behauptungen werden wir im Verlauf unserer Arbeit nachgehen und sie anhand unserer sprachlichen Daten gegebenenfalls bestätigen oder korrigieren. Schon jetzt sei gesagt, daß wir der Behauptung, das Asp. verfüge über eine außerordentliche Wortstellungsfreiheit, was ja eine gewisse Regellosigkeit impliziert, nicht uneingeschränkt teilen (vgl. dazu Kap. II.8). Das Verdienst von Englands Arbeit liegt in erster Linie in der genauen statistischen Auswertung eines sehr umfangreichen Korpus. Seine quantitativen Ergebnisse können aufgrund der breiten Materialbasis als gesichert angenommen werden und werden für alle nachfolgenden Arbeiten richtungsweisend sein. Obwohl eine solch breitangelegte empirische Ana17

Einige Ergebnisse dieser unveröffentlichten Arbeit werden in England (1993) vorgestellt. II

lyse verdienstvoll ist, sollte Folgendes nicht übersehen werden: England beschränkt sich bei seiner Untersuchung weitgehend auf eine (allerdings nahezu erschöpfende) deskriptive und statistische Analyse seines Datenmaterials. Der Erklärungsrahmen - England konzentriert sich auf verschiedene formal-syntaktische, (verb-)semantische und rhythmische Faktoren (ζ. B. Satztypus, Verbkategorie, Bekanntheit/Nicht-Bekanntheit des Subjekts, Position des Objekts und des Adverbials) - überschreitet dabei nur selten die Einzelsatzebene, neuere methodische Ansätze, wie sie ζ. B. von der transphrastischen Grammatik oder der diskurspragmatisch orientierten Forschung erarbeitet wurden, werden nur selten einbezogen. In der wenig fundierten theoretischen Basis sowie der fehlenden Einbettung der wertvollen asp. Daten in einen gesamtromanischen Zusammenhang, wobei auch die typologische Zugehörigkeit des Asp. reflektiert werden müßte, liegt sicherlich der Schwachpunkt dieser Arbeit. Für unsere eigene Arbeit ist die Studie von England allerdings eine wertvolle Ergänzung. Wir werden die für die Exempelliteratur erarbeiteten Ergebnisse mit den aus unserer Analyse historiographischer Texte gewonnenen Erkenntnissen kontrastieren; so erhalten wir nicht nur ein umfassenderes Bild der positioneilen Verhältnisse im Asp., eine Gegenüberstellung erlaubt auch erste Aussagen über eine mögliche textsortenspezifische Ausprägung der Satzgliedanordnung. Waren die bislang genannten Arbeiten im wesentlichen datenorientiert, so ist der Aufsatz von G. Bossong «Diachronie und Pragmatik der spanischen Wortstellung» (1984a) der vom theoretischen Standpunkt aus sicherlich anregendste und innovativste Beitrag zu diesem Thema. Ausgehend von der Analyse ausgewählter spanischer Texte aus verschiedenen Schlüsselepochen der spanischen Sprachgeschichte versucht er zu zeigen, «daß pragmatische Faktoren [...] zur Erklärung sowohl der Synchronic als auch der Diachronie der spanischen Wortstellung entscheidend sind» (93). Die statistische Auswertung ergibt, daß sich das Spanische bezüglich der Position des Objekts nahezu vollständig zu einer VO-Sprache entwikkelt hat, wohingegen es sich bei der Subjektposition eine gewisse Freiheit bewahrt hat. Allerdings ist die Entwicklung hin zur Dominanz der SVAnordnung im Spanischen nicht zu leugnen: wies die Primera Cronica General noch ein Verhältnis von 40 % (SV) : 60 % (VS) auf, so hat sich dieses in gegenwartssprachlichen Texten umgekehrt: 60% (SV) : 40% (VS). Z w a r ist im Spanischen, wie in den anderen romanischen Sprachen, eine Evolutionsrichtung von überwiegendem V S zu überwiegendem S V unverkennbar; diese Entwicklungstendenz hat sich indessen im Spanischen bis heute weniger stark durchgesetzt als in der übrigen Romania (98).

Bossong betrachtet hier nicht nur zum ersten Mal die spanische Wortstellung vom Mittelalter bis in die Neuzeit, er versucht darüber hinaus auch, eine primär diskurspragmatisch orientierte Erklärung für die syntaktische 12

Evolution in diesem Bereich zu geben. Dieser Beitrag gab den eigentlichen Anstoß zu unserer Beschäftigung mit der Satzgliedanordnung im Akast.; ihm verdanken wir wichtige Anregungen. Zwei neuere Arbeiten zur Satzgliedanordnung im Asp. liegen von R. Meyer-Hermann vor. In seinem Aufsatz «^Se debe la posposicion del sujeto en el espanol a una influencia ärabe?» (1988a) greift er ein Problem auf, das die Hispanistik schon lange beschäftigt, nämlich die Frage nach dem möglichen Einfluß des Arabischen auf die spanische Syntax (vgl. oben Anm. 15). Anhand einer statistischen Untersuchung von drei asp. fueros und zwei nsp. Texten kommt Meyer-Hermann zu dem Ergebnis, daß im Spanischen zu jeder Zeit die Voranstellung des Subjekts dominierte. Zwischen den fueros· von Zamora und Salamanca, bei denen Meyer-Hermann starken mozarabischen Einfluß annimmt, und dem rein kastilischen fuero von Sepülveda gibt es keine relevanten Unterschiede: «Este resultado induce a suponer que en el espanol no ha influido el ärabe en la posicion del sujeto» (89). Zusätzlich wird diese Behauptung seiner Ansicht nach dadurch gestützt, daß die Verhältnisse des Asp. in vielem denen des Afr. ähnelten, wobei für das Afr. arabischer Einfluß mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann 18 . In seiner 1991 erschienenen Untersuchung geht es Meyer-Hermann in erster Linie um die Frage nach der typologischen Einordnung des (Alt-) Spanischen. Ausgehend von einer mit vielen Statistiken untermauerten Analyse eines ausgewählten Abschnitts der Primera Cronica General untersucht er verschiedene syntaktische und kontextuelle Bedingungen für die Nach- bzw. Voranstellung des Subjekts (z.B. semantische Verbklassen, Transitivität/Intransitivität, Vorerwähntheit/Nicht-Vorerwähntheit) und fragt im Anschluß daran nach der Relevanz dieser Bedingungen für die typologische Beschreibung des Akast., insbesondere in Hinblick auf die Bestimmung der Basiswortfolge. Da diese Untersuchung unseren Gegenstandsbereich unmittelbar berührt, werden wir auf diesen Beitrag mehrfach eingehen und uns kritisch damit auseinandersetzen. Kleinere Untersuchungen speziell zur Satzgliedanordnung im Akast. liegen ferner von G. Hinojo Andres (1988) und J. Elvira Gonzalez (1987, 1988) vor. Diese Arbeiten sind insbesondere aufgrund ihrer quantitativen Analysen interessant, da sie unsere eigenen Auswertungen ergänzen. Was die Interpretation der Daten anbelangt, so ist diese bei beiden Autoren insgesamt jedoch wenig differenziert und enthält allenfalls Ansätze für eine Erklärung der Verwendung der verschiedenen Linearisierungsmuster. Die Arbeiten von R. Blake (1991,1992,1993) sind den Besonderheiten des hispanischen Spätlateins gewidmet und vermitteln wichtige Ein18

Zum Einfluß des Arabischen auf das Asp. vgl. auch Kap. II. 1.1.2 - wir werden hier auf die einschlägigen Arbeiten von Bossong zu diesem Thema verweisen sowie Kap. II. 1.5.

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sichten in die Morphosyntax des vom 8 . - 1 1 . Jhs. auf der Iberischen Halbinsel gesprochenen Lateins (vgl. Kap. III.1.3). Neben diesen Untersuchungen, die sich primär mit der Abfolge der wichtigsten nominalen Satzkonstituenten beschäftigen, gibt es eine Reihe von Untersuchungen speziell zur asp. Pronominalsyntax. Hier sind v.a. die schon ältere Arbeit von H. Ramsden (1963) sowie die neueren Studien von Chr. Weyers (1988) und T. Riiho (1988) zu nennen. Gesamtromanisch ist die Perspektive von D. Wanner (1987), der in seiner monumentalen Arbeit zu den klitischen Objektpronomina zu vertieften Einsichten in die Ablösung des Romanischen vom Spätlateinischen gelangt. Wanner untersucht darüber hinaus sehr detailliert die Satzgliedanordnung in spätlateinischen und ait. Texten; die entsprechenden Kapitel aus Wanner (1987) sowie sein Aufsatz von 1989 liegen unseren resümierenden Beobachtungen zur Wortfolge im Spätlateinischen (Kap. III.i und III.2) zugrunde. Weyers kommt zu dem Ergebnis, daß bezüglich der Subjektpronomina eine kontinuierliche Abnahme vom 16. Jh. bis hin zur Moderne festzustellen ist (169) und daß von daher keine Korrelation zwischen zunehmender Festigung der SV-Struktur und einer größeren Neigung zur Verwendung des Subjektpronomens besteht (170). Riiho untersucht ausgehend von Texten verschiedener Gattungen die iberoromanische Objektkonjugation, die bis zum 15. Jh. noch keineswegs grammatikalisiert war. Da wir uns nur relativ kurz mit der Pronominalsyntax im Akast. auseinandersetzen, werden wir in den Kapiteln II.5 und II.7 auf die genannten Arbeiten rekurrieren und besonders die Ergebnisse von Riiho zur Objektkonjugation in unsere Überlegungen miteinbeziehen. Zur Stellung der Objektpronomina im Asp. sei weiterhin auf die Beiträge von J. England (1980, 1983) und M.-L. Rivero (1991) verwiesen.

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2 Ziele der Arbeit

Aus dem Forschungsbericht geht hervor, daß trotz der nicht geringen Anzahl einschlägiger Arbeiten zur Satzgliedfolge im (Alt-)Spanischen bislang eine breiter angelegte Untersuchung fehlt, die sowohl neuere Ansätze der Syntaxforschung berücksichtigt als auch die Verhältnisse im Akast. in einen umfassenderen Bezugsrahmen einbettet, in dem auch sprachtypologische und sprachevolutionistische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Diese Lücke soll durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden. Einschränkend sei angemerkt, daß unser Hauptaugenmerk zwar auf dem Asp. liegt, daß die Verhältnisse im Nsp. aber ebenfalls, gleichsam als Kontrastfolie, in die Auswertung und Analyse miteinbezogen werden sollen. Die vorliegende Arbeit verfolgt zwei Hauptziele: ι. Die akast. Wortstellungsmodalitäten sollen zunächst ausgehend von der Untersuchung einer bestimmten Textsorte, den chronistischen Texten, rein quantitativ erfaßt werden, mit dem Ziel, die inhaltliche Analyse mit statistischen Daten zu untermauern (vgl. Kap. I.2.3.1.2) 1 . Sodann soll versucht werden, die gesammelten Daten mit Hilfe eines diskurspragmatisch orientierten Modells zu beschreiben und zu erklären 2 . Wir wollen uns also nicht mit dem bloßen Konstatieren sprachlicher Regelmäßigkeiten zufrieden geben, sondern auch funktionale Zusammenhänge aufzeigen. Im Mittelpunkt unserer Untersuchung steht die Frage, inwieweit die syntaktische Organisation eines akast. Satzes/Textes von den kommunikativen Bedingungen des jeweiligen Diskurses geprägt ist bzw. inwieweit die Funktion einer Äußerung im Diskurs nicht nur Auswirkungen auf ihre Informationsstruktur, sondern auch auf die Abfolge der Satzkonstituenten hat 3 . Syntax wird somit als eine von der kommunikativen Organisa1

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In Verbindung mit der Datensammlung Englands (1979) dürften unsere Materialien der Forderung Delbecques nach einer «base de donnees diachronique» (1987, 27; 1991, 15) Genüge tun. In Anlehnung an Levinson (1990, 7) definieren wir Pragmatik als «die Erforschung der Sprache aus funktionaler Perspektive», d.h., sie untersucht die Funktionen einer Äußerung in Abhängigkeit von ihrer Verwendung in einer konkreten kommunikativen Situation. Unter Diskurs verstehen wir jedwede Folge schriftlicher oder mündlicher Ä u ßerungen, Text fassen wir im Sinne von Koch/Oesterreicher (1990, 12) als «Di-

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tion der Mitteilung abhängige Größe aufgefaßt, d. h., der Ausgangspunkt ist, wie es Fleischman (1991, 261) formuliert, «a theory of language that posits an interdependent relationship between grammar and discourse»4. Eine solche funktionale und textorientierte Fragestellung liegt zahlreichen neueren Arbeiten zur Satzgliedfolge zugrunde, die sich durch die stärkere Einbeziehung kontextueller Zusammenhänge in signifikanter Weise von den meisten der im Forschungsbericht genannten älteren Untersuchungen unterscheiden5. Als Beschreibungsmodell zur Analyse der Satzkonstituentenfolge im Akast. haben wir das von Ulrich (1985) beschriebene und auf das Rumänische angewandte Thetisch-Kategorische Modell (TKM) gewählt, das, wenngleich es nicht neu ist, in der Romanistik bislang nur wenig Beachtung gefunden hat (vgl. Kap. 1.2.1). Bei unserem Versuch, ein Korpus älterer Texte mit Hilfe des T K M zu untersuchen, fühlen wir uns dieser Arbeit v. a. auch in Hinblick auf die theoretische Reflexion verpflichtet. Wir möchten zeigen, daß das Asp. (wie auch das Nsp.) gegenüber den beiden informationsstrukturellen Typen Thetisch und Kategorisch sensibel ist und dies mit Hilfe der Satzgliedanordnung auch zum Ausdruck bringt. Unser Vorgehen ist dabei sowohl onomasiologisch als auch semasiologisch. Zum einen werden wir uns also fragen, wie die informationsstrukturelle Opposition thetisch/kategorisch in den einzelnen Jahrhunderten mit syntaktischen Mitteln zum Ausdruck gebracht werden kann, d.h.,: Welche syntaktische Konstruktion muß verwendet werden, um eine bestimmte Bedeutung auf der grammatischen Ebene zu kodieren? Zum anderen wird aber auch der semasiologischfunktionale Weg zu gehen sein, und die Frage lautet dann: Welche Bedeutung haben die verschiedenen Konstruktionstypen, bzw. welche diskurspragmatisch relevanten Inhalte drückt die SV- bzw. die VS-Anordnung zu einem bestimmten Zeitpunkt aus? In diesem Zusammenhang wird uns auch die Frage nach der Rolle bestimmter einzelsprachlicher Restriktio-

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stanzdiskurs» auf. Z u den Begriffen «Sprache der Nähe/Sprache der Distanz» vgl. Koch/Oesterreicher ( 1 9 8 5 ) und (1990). Vgl. auch Foley/van Valin (1984, 14): «Indeed, one of the basic principles of functional linguistics is that clause-internal morpho-syntax can only be understood with reference to the semantic and pragmatic functions of its constituent units, and consequently the major task is to describe the complex interaction of form and function in language». In erster Linie sind hier natürlich die Arbeiten von T. Givon zu nennen (vgl. Literaturverzeichnis), von einem ähnlichen Ansatz gehen u.a die Arbeiten von Foley/van Valin (1984), Ulrich (1985), Sasse (1987), Wanner (1987), Pinkster (1988, 1991), Payne (1990), Fleischman ( 1 9 9 1 ) , Selig (1992) aus, um nur einige zu nennen. Vgl. auch Hopper ( 1 9 8 6 , 1 2 5 ) : «It follows that there is no alternative in typological studies to a careful language by language study of textual occurrences of word order [...]. Isolated and decontextualized sentences, even when supplied with a semantic template of the Prague school variety, [...] have only a limited validity in typological studies. [...] without textual analysis, the data base for a typology is suspect».

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nen in bezug auf das Wirksamwerden der pragmatischen Opposition interessieren. 2. Das zweite Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Klärung der Frage, inwieweit es im Bereich der akast. Satzgliedanordnung Veränderungen in bezug auf das Ausmaß, mit der die Opposition thetisch/kategorisch syntaktisch gemacht wird, gegeben hat, welcher Natur diese Veränderungen sind und wie sich diese gegebenenfalls in einen übereinzelsprachlichen Erklärungsrahmen einfügen lassen. Ferner soll versucht werden, die Frage nach der syntaxtypologischen Einordnung des Alt- und Neuspanischen einer Lösung näher zu bringen. Durch die zunehmende Einbeziehung textueller und kommunikativ-pragmatischer Gesichtspunkte erhalten solche auch für die historische Sprachwissenschaft im allgemeinen relevanten Fragestellungen einen neuen Stellenwert. Erst wenn auch diachrone Prozesse mit Hilfe eines Konzepts von Sprache als einer primär von kognitiven und diskursfunktionalen Bedingungen abhängigen Größe interpretiert werden, sind nähere Aufschlüsse über Variabilität und Veränderlichkeit von Sprache sowie über Wege und Bedingungen sprachlichen Wandels möglich. Language as a highly complex human activity falls outside the narrower bonds of deterministic science [...] and presents rather a historically co-determined composite, redundant and partially non-systematic code of expression. It reflects the conflicting tendencies and processes between naturally given pragmatic requirements, historical transmission and tradition, and code specific economy of expression (Wanner 1987, 494) 6 .

Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: - Im ersten Teil werden die theoretischen und methodischen Grundlagen dargestellt. Wir werden das T K M in Anlehnung an Ulrich (1985) skizzieren und es anhand des Nsp. exemplifizieren. Im Anschluß daran stellen wir uns die Frage, inwieweit Präzisierungen bzw. Modifizierungen dieses Ansatzes möglich und sinnvoll sind. - Der zweite Teil der Arbeit ist der Untersuchung der genuin akast. Verhältnisse gewidmet. Die zu lösende Aufgabe wird es sein, festzustellen, inwieweit die für diese Sprachstufe typischen Linearisierungsmuster auch eine Rechtfertigung auf der pragmatischen Ebene finden bzw. inwieweit die beiden informationsstrukturellen Grundprinzipien Thetisch und Kategorisch auf der syntaktischen Ebene einen Niederschlag finden. Eine weiterführende Frage betrifft mögliche Veränderungen in diesem Bereich vom 13. bis zum 15. Jahrhundert. 6

Vgl. auch Koch/Krefeld ( 1 9 9 1 , 19): « E s sind ja gerade diachrone Prozesse, die uns vor Augen führen, wie sich bestimmte sprachliche Fakten im Bewußtsein der Sprecher darstellen, welche Kategorien, Oppositionen, Assoziationen usw. beim Sprechen relevant sind und wirksam werden können». Die Bedeutung der neueren Syntaxforschung für die Analyse mittelalterlicher Texte unterstreicht Wanner ( 1 9 9 1 ) .

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- Im dritten Teil fragen wir nach der typologischen Einordnung des Altund Neuspanischen, nach Entwicklungstendenzen im Bereich der Satzgliedanordnung vom Mittelalter bis in die Gegenwart sowie nach möglichen einzelsprachlichen und übereinzelsprachlichen Kanälen und Bedingungen für sprachlichen Wandel in diesem Bereich. Wir beschränken uns in dieser Arbeit auf eine Untersuchung des einfachen, unabhängigen Aussagesatzes mit finitem Verb und explizit ausgedrücktem Subjekt; Gerundial-, Partizipial- und Infinitivkonstruktionen gehorchen eigenen Regeln und müssen daher gesondert untersucht werden 7 . Auf Probleme der inneren und äußeren Anordnung von subordinierten Sätzen werden wir nur sehr kurz in Kap. II.6 eingehen. Was die Satzkonstituenten anbelangt, berücksichtigen wir in erster Linie das Verb und die den Hauptaktanten entsprechenden grammatischen Kategorien Subjekt und Objekt; wir werden aber auch auf die Bedeutung valenzfreier Adverbiale für die Satzgliedanordnung hinweisen. Bezüglich der Aktanten konzentrieren wir uns auf die Nominalaktanten; pronominal gebrauchte Aktanten berücksichtigen wir nur, sofern sie Subjektfunktion haben. Des weiteren untersuchen wir solche Satzglieder, die nur in Wortgruppen vertreten sind, lediglich in bezug auf ihre Position im Satz, ihre interne Struktur interessiert uns hier nicht. Besteht ein Verbum aus Auxiliar und Partizip, ist für die Zuordnung zu einem bestimmten Linearisierungsmuster die Position des finiten Teils ausschlaggebend. Wir hoffen, am Ende dieser Arbeit zeigen zu können, daß der «fascinant desordre des mots» (Berendonner 1987, 10) im Asp. weniger groß ist, als manches Mal behauptet wird, und daß auch in den Bereichen, in denen die Variationsmöglichkeiten besonders groß erscheinen, eine dis-

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Jede Arbeit, die sich mit Wortstellungs-Regularitäten und der Informationsstruktur sprachlicher Äußerungen beschäftigt, ist mit dem Problem der Satzdefinition konfrontiert. Die nach wie vor nicht befriedigend gelöste Frage nach der Natur des Satzes kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden, es geht hier lediglich um den Gebrauch des Begriffs Satz in dem durch diese Arbeit vorgegebenen Rahmen. Grundsätzlich hängt die Satzdefinition von den verschiedenen Ebenen der Sprache ab (vgl. Kap. I.i). Auf der pragmatischen Ebene der Mitteilung entspricht die Einheit Satz einer minimalen Äußerung im Rahmen einer konkreten Redesituation, dabei muß diese Äußerung nicht notwendigerweise satzförmig sein; auf der satzgrammatischen Ebene hingegen wird ein Satz durch die Verbindung eines Prädikats mit seinen Argumenten konstituiert, es ist die «umfassendste Sequenz, deren Elemente über Dependenz- und Valenzrelationen letztlich an ein zentrales Prädikat gebunden sind» (Koch/Oesterreicher 1990, 82). Legt man den dependenziellen Satzbegriff Tesnieres zugrunde, erfolgt die Anordnung der Satzglieder gemäß dem Grundcharakter der Sprache linear, wobei die Überführung hierarchischer Strukturen in lineare Ketten nach einzelsprachlichen Regeln erfolgt. Gegenstand unserer Untersuchung ist der Satz als (satzförmige) Äußerung, wobei diese stets in dem jeweiligen Kontext zu betrachten ist. Z u Satz (phrase) und Äußerung (inonce) im Französischen vgl. Krötsch (1990). 18

kurspragmatisch orientierte Interpretation oft zur Erklärung beitragen kann. Dies soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich gerade im Bereich der Satzgliedanordnung jenes bereits erwähnte fundamentale Charakteristikum menschlicher Sprache, ihre Variabilität, oftmals mit großer Deutlichkeit manifestiert, so daß sich manches Beispiel einer wie auch immer gearteten Erklärung entzieht.

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3 Die Texte

3.1 Z u r T e x t a u s w a h l Wir haben uns bei der Textauswahl bewußt auf eine Textsorte, nämlich chronistische Texte aus Kastilien, beschränkt, da u. E. nur in diesem Rahmen eine optimale Vergleichbarkeit der Daten möglich ist. Die Wahl der historiographischen Schriften läßt sich damit begründen, daß schon aufgrund der im großen und ganzen ähnlichen Thematik eine verhältnismäßig größere Homogeneität besteht als bei Texten anderer Gattungen und daß die spezifischen textkonstitutiven Merkmale dieser Textsorte für eine syntaktische Analyse besser geeignet zu sein scheinen als ζ. B. poetische Texte, die oft in viel stärkerem Maße bestimmten Texttraditionen verpflichtet sind 1 . Des weiteren spielen Faktoren wie Interferenzen von arabischen oder lateinischen Vorbildern eine relativ geringere Rolle als beispielsweise bei der im Mittelalter sehr beliebten didaktisch-moralisierenden Literatur, und auch die mit Sachtexten wie den fueros verbundenen Probleme wie die Häufung stereotyper Wendungen entfällt. Die Beschränkung auf Texte einer Diskurstradition erleichtert ferner die Erkennung möglicher Entwicklungstendenzen, denn es ist wohl davon auszugehen, daß die einzelnen Textsorten gerade im Bereich der Syntax mitunter eigene Traditionen haben und von daher nur bedingt miteinander verglichen werden können. Natürlich sind wir uns darüber im klaren, daß die Zusammensetzung des Korpus die Resultate der linguistischen Analyse beeinflußt und daß die Beschränkung auf einen Texttyp eine gewisse Einengung der Perspektive bedeutet. U m der Gefahr der einseitigen Konzentration auf historiographische Texte zu entgehen, haben wir für jedes Jahrhundert einen zusätzlichen Text aus der Gattung der Exempelliteratur mit Hilfe unseres Analyseinstrumentariums ausgewertet. Unser Da-

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Ähnlich argumentiert auch Blumenthal (1990) in bezug auf eine textlinguistische Analyse französischer Chroniken. Vgl. auch Stempel (1964, 196): «Man kann R.-L. Wagner darum nur beipflichten, wenn er in erster Linie P r o s a t e x t e zu Untersuchungen über die altfranzösische Wortstellung empfiehlt, direkte Schlußfolgerungen von der poetisch-musikalischen Satzanordnung der Epen auf die altfranzösische Syntax zu ziehen, ist kaum möglich».

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tenmaterial wird dadurch diversifizierter, und eine gewisse Vergleichsbasis mit der Arbeit von England (1979) ist vorhanden 2 . Trotz der angeführten Bedenken glauben wir, daß die Ergebnisse der Textanalyse allgemeine Aussagen über die Entwicklung der Satzgliedanordnung im Akast. zulassen, da das zugrundeliegende Funktionsprinzip - die universelle informationell-pragmatische Opposition Thetisch/Kategorisch - auch für andere Textsorten Gültigkeit hat. Was die mündliche Kommunikation anbelangt, muß von einer stärkeren Tendenz der Sprecher zu Expressivität, das heißt u.a. zu Redundanz und größerer Subjektivität ausgegangen werden, was sich im Bereich der Satzgliedanordnung v. a. im Bereich der fokussierenden Strukturen niederschlagen dürfte. Ein anderes Problem betrifft die Frage, inwieweit das 15. Jh. überhaupt noch zur asp. Epoche gerechnet werden kann. Wir können auf die Epochenproblematik im Bereich der Literatur- und Sprachgeschichte an dieser Stelle nicht näher eingehen (vgl. dazu z.B. Link-Heer 1987, 1068 ff.); an dieser Stelle sei nur noch einmal darauf hingewiesen, daß es sich bei diesem Jahrhundert sicherlich um eine jener Schwellenzeiten handelt, die, gekennzeichnet von politischen Wirren, auch geistesgeschichtlich eine «epoca critica» ist (Lopez Estrada 1983, 493), für die J. Huizinga (1975) den Begriff «Herbst des Mittelalters» geprägt hat. Nach Gumbrecht (1990) endet das spanische Mittelalter im Jahr 1474. Dieses Jahr ist nicht nur das Krönungsjahr Isabellas von Kastilien, mit der ein neuer politischer Stil verbunden sein wird, oder das Jahr der Veröffentlichung des ersten gedruckten Buches in spanischer Sprache, sondern es markiert im Bereich der Literaturgeschichte auch insofern einen Bruch, als mit den Schriften des Marques de Santillana oder Jorge Manriques ein neues, stark von Subjektivität und Individualität geprägtes ästhetisches Ideal Eingang in die Literatur findet. D a ß der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit im Bereich der Sprachgeschichte anders zu datieren ist, unterstreicht Eberenz (1991), der bezüglich der Epoche von 1450-1650 von «espanol medio» spricht 3 . 2

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Neue Perspektiven für die Erforschung des Asp. eröffnet das von Wanner geleitete Projekt einer „syntactic data base« für asp. Texte (vgl. Wanner 1991). Nach Galmes de Fuentes (1981, 6) ist z.B. «la comparacion entre la prosa romance de las traducciones alfonsies y la de otras obras del mismo monarca no traducidas del ärabe» ein dringendes Desiderat. «Segunda conclusion: tambien en la historia interna del espanol pueden distinguirse tres etapas, susceptibles de subdividirse a su vez. Se advierte una fase antigua, que se extiende entre 1200 y 1450, aproximadamente, y se caracteriza por una relativa estabilidad de las estructuras esenciales de la lengua escrita, dentro de los moldes creados por la reforma alfonsina. Le sigue una etapa media, mäs ο menos de 1450 a 1650, marcada por una transformation mäs räpida y perceptible de los parämetros fonologicos y morfo-sintäcticos. La conclusion de este reajuste abre, finalmente, una fase moderna, que va de 1650 hasta nuestros dias y que presenta de nuevo un sistema esencialmente estable» (1991, 105).

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3-2

Literaturgeschichtliche Anmerkungen

3.2.1 Z u r E n t s t e h u n g d e r a l f o n s i n i s c h e n C h r o n i k e n I n n e r h a l b der G e s c h i c h t e d e r m i t t e l a l t e r l i c h e n H i s t o r i o g r a p h i e

kommt

d e n b e i d e n a l f o n s i n i s c h e n C h r o n i k e n ( E s t o r i a de Espana

Primera

Cronica

General,

a b g e k ü r z t : PCG]

u n d General

Estoria

[auch:

[abgekürzt:

GE]

aus d e r z w e i t e n H ä l f t e d e s 13. Jhs. nicht nur a u f g r u n d d e r in i h n e n z u m A u s d r u c k k o m m e n d e n W i s s e n s f ü l l e b e s o n d e r e B e d e u t u n g zu, es ist v.a. d e r v o l k s s p r a c h l i c h e C h a r a k t e r , der in d e n m i t t e l a l t e r l i c h e n L i t e r a t u r e n a n d e r e r V ö l k e r o h n e V o r b i l d ist u n d d e r d i e s e T e x t e a n die Schnittstelle von gelehrter und volkssprachlicher Literatur rückt4. A l f o n s X. war der erste, der die V o l k s s p r a c h e b e n u t z t e , u m d e n G e l e h r t e n seiner Z e i t wiss e n s c h a f t l i c h e W e r k e aus d e m a r a b i s c h e n u n d h e b r ä i s c h e n K u l t u r k r e i s z u g ä n g l i c h z u m a c h e n , u n d er b e t r a t d a m i t i n n e r h a l b d e r g e l e h r t e n W e l t d e s e u r o p ä i s c h e n M i t t e l a l t e r s a b s o l u t e s N e u l a n d . F ü r d i e s e «actitud decid i d a m e n t e m o d e r n a » ( B o s s o n g 1982c, 1) gibt es m e h r e r e G r ü n d e . G u m b r e c h t et al. s e h e n i n s b e s o n d e r e e i n e n Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n d e r V e r w e n d u n g d e r V o l k s s p r a c h e anstelle d e s k o s m o p o l i t i s c h e n G e l e h r t e n m e d i u m s L a t e i n und d e n « H e g e m o n i e a n s p r ü c h e n d e s kastilischen K ö n i g s im K r ä f t e s p i e l d e r i b e r i s c h e n M o n a r c h i e n u n d - z e i t w e i l i g - d e s christlichen E u r o p a s » (1987, 1148) 5 . Ebenso wie die von Alfons X. angeregten naturwissenschaftlichen und juristischen Werke scheinen die Cronica general und die Estoria general Texte zu sein, welche in - lateinischer oder arabischer Gelehrtensprache geschrieben worden wären. Das heißt umgekehrt: das Corpus Alfonsinum gehört zwar geistes- und sozialgeschichtlich der Gelehrtenkultur an, ist aber zugleich als ein in Volkssprache artikulierter Textbestand Teil der volkssprachlichen spanischen Literatur. Dies wurde möglich, weil am kasti4

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Zur Historiographie in Kastilien vor dem 13. Jh. vgl. G o m e z Redondo (1988) und das Kapitel «La historiografia hispana desde la inversion ärabe hasta el ano 1000» in Diaz y Diaz (1976, 205-234). Für die sprachlichen Merkmale der beiden Chroniken vgl. Kap. II.1.1.3. Der Gebrauch der Volkssprache bedeutete aber keineswegs die Einbeziehung der Laiengesellschaft in die Kultur der Schriftlichkeit, denn «fürs erste verblieb auch die neue volkssprachliche Schriftlichkeit im Kompetenzbereich der Kleriker» (Gumbrecht et al. 1987, 1147). Vgl. auch Gumbrecht (1987b, 1990, 45) und Gier (1991, 17): «Um seinem Streben nach der Kaiserkrone (Doppelwahl von 1257) Nachdruck zu verleihen, suchte der König offenbar für sein Land ein kulturelles aus dem Boden zu stampfen, das dem des römischen Reiches gleichwertig wäre. Aus diesem Grund fördert er Projekte offiziellen Charakters wie die Siete partidas und die Chroniken, und aus diesem Grund tritt das Kastilische durchgehend an die Stelle des Lateinischen. Da es zunächst einmal darauf ankommen mußte, das Kastilische in den Rang einer Literatursprache zu erheben, diente im übrigen jedes Werk in dieser Sprache den politischen Zielen des Königs, einfach dadurch, daß es die Masse an Literatur vermehrte». Vgl. auch Eberenz (1989) zur Frage nach dem Sprachbewußtsein in Spanien bis zum Ende des 13. Jhs. 22

lischen Königshof offenbar die Verbreitung von Wissen und die Institutionalisierung der Dominanz einer der iberoromanischen Volkssprachen [...] als die wichtigsten Instrumente zur Stiftung einer kollektiven Identität des christlichen Spaniens unter kastilischer Hegemonie galten. (Gumbrecht 1987a, 929) B o s s o n g (1982c) und N i e d e r e h e (1987) b e t o n e n die wichtige R o l l e der jüdischen Gelehrten a m alfonsinischen Hof: Esta actitud decididamente «moderna» se debia, como es sabido desde las investigaciones de A m e r i c o Castro, a las preferencias lingiiisticas de los colaboradores judios del rey, pero tambien al hecho de que las ciencias naturales empiricas, como la astronomia, rebasaban el marco de las Siete A r t e s Liberales tradicionales, para las cuales hubiera sido casi obligatorio el uso del latin (Bossong 1982c, 1) Los colaboradores, en los que el R e y Sabio podia apoyarse para la adaptacion de las numerosas obras de Astronomia, eran casi ünicamente judios, que no dominaban el latin ni lo toleraban por ser el idioma liturgico cristiano. El romance venia a ser un medio de comunicacion neutral, tolerado por todos (Niederehe 1987, 121) 6 . D i e Arbeitsweise der Toledaner Übersetzerschulen beschreibt G. M e n e n d e z P i d a l ( 1 9 5 1 ) in s e i n e m z u d i e s e m T h e m a g r u n d l e g e n d e n A r t i k e l w i e folgt7: Es decir, que desde tiempo de don Raimundo hasta los dias de A l f o n s o X , parece que en Toledo se siguio siempre la misma tecnica en la traduccion: de la labor se encargaba un equipo formado por dos personas impuestas en la materia en cuestion; de ellas, una conocia especialmente la lengua del original, mientras la segunda era perita en la lengua a que se hacia la version; ambos colaboradores tenian por comiin la lengua vulgar (1951, 365). D i e zunächst nur mündliche romanische Fassung -

d i e s e w u r d e in d e r

R e g e l v o n einem des A r a b i s c h e n mächtigen Juden angefertigt -

wurde

d a n n v o n e i n e m w e i t e r e n M i t a r b e i t e r , m e i s t e i n e m C h r i s t e n , ins L a t e i n i sche übersetzt. D i e N e u e r u n g v o n A l f o n s X . bestand darin, daß

auch

d i e s e r o m a n i s c h e Z w i s c h e n f a s s u n g a u f g e s c h r i e b e n w u r d e : « A l f o n s o X int r o d u j o e n l a a c t i v i d a d t r a d u c t o r a u n a g r a n n o v e d a d , la d e c o n v e r t i r la l e n g u a v u l g a r , h a s t a e n t o n c e s s o l o e n l a c e o r a l e n t r e e l ä r a b e y e l latin, e n r e s u l t a d o d e f i n i t i v o e n el p r o c e s o d e t r a d u c c i o n » ( G a l m e s d e 1 9 8 1 , 5 ) . F ü r d i e s e r o m a n i s c h e F a s s u n g w a r e i n emendador

Fuentes

z u s t ä n d i g , «la

v e r s i o n asi r e a l i z a d a c o n la c o l a b o r a c i o n d e d o s t e c n i c o s e r a r e v i s a d a p o s t e r i o r m e n t e p o r u n e s c r u p u l o s o c o r r e c t o r ( n u e s t r o emendador)

hasta

c o n s e g u i r u n a p r o s a » ( i b i d . 8). D i e s p e z i f i s c h e A u s p r ä g u n g d e r k a s t i l i s c h e n H i s t o r i o g r a p h i e i m 13. Jh. als « P r o d u k t d e r g e -

6

7

Vgl. auch Schlieben-Lange (1987, 766), die ergänzend darauf hinweist, daß «Gelehrten-Kultur» in Spanien, speziell in Kastilien, nicht nur christlich-lateinische, sondern in erster Linie arabisch-jüdische Kultur bedeutet, der die christlichen Gelehrten in vieler Hinsicht unterlegen waren. Vgl. dazu auch Galmes de Fuentes (1955/56, 218-223) und (1981) sowie Metzeltin (1984).

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lehrten Welt» (Gumbrecht et al. 1987, 1 1 4 8 ) ist also in der Zusammenarbeit von arabischen, jüdischen und christlichen Gelehrten aus Spanien und Frankreich entstanden, die Alfons der Weise an seinen Hof holte. Bei der Herausbildung des Asp. als Schriftsprache kam dem Toledaner Hof von daher eine entscheidende Rolle zu 8 . Innerhalb des alfonsinischen Gesamtwerkes gehören die Chroniken in die zweite Schaffensperiode von Alfons X. Nach G. Menendez Pidal ( 1 9 5 1 ) beginnt diese mit dem Jahr 1269 und ist im Gegensatz zur ersten Epoche, in der sich das Asp. durch den Einfluß der Übersetzerschulen am Toledaner Hof zu einer voll ausgebauten Literatur- und Kultursprache entwickelte, durch einen «caräcter creador» gekennzeichnet 9 . A b 1269 widmet sich Alfons persönlich v.a. seinen beiden großen kompilatorischen Werken, den Chroniken, in die synkretistisch eine Vielzahl von Quellen einfließen. Der Mitarbeiterstab des Königs für diese Aufgabe ist beträchtlich, er besteht zum einen aus Übersetzern, zum anderen aus den eigentlichen «Redakteuren». Wie weit Alfons selbst an der Abfassung beteiligt war, ist nicht klar, er hat aber mit ziemlicher Sicherheit an den Vorarbeiten und an der Endredaktion mitgewirkt. «Alfonso el Sabio tenia, por tanto, participation inmediata en dos momentos de la genesis de sus obras: en el primero dirigia su composition, y en el ultimo, ya acabada 8

9

Lomax (1971, 415) weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, daß die Sprache der königlichen Kanzlei, die Sprache von Toledo und die Sprache der alfonsinischen Werke sicher nicht identisch waren. Die Frage, seit wann das Kastilische eigentlich «lengua oficial» in Kastilien ist, beantwortet er nach einem Hinweis auf die durch die Reconquista bedingte Zunahme königlicher Erlasse seit etwa 1230 (diese Dokumente mußten auch dem ungebildeten Volk zugänglich gemacht werden) folgendermaßen: «al final del reinado de San Fernando, es ya claro que el castellano es la lengua normal de la cancilleria; y bajo su hijo, Alfonso el Sabio, ya se empleaba para casi todo». Vgl. dazu auch Bossong (1982c, 4); zu Datierungs- und Quellenfragen sowie zu sprachlichen Merkmalen der PCG vgl. Menendez Pidal (1977). Menendez Pidal unterscheidet «dos periodos bien caracteristicos»: «El primero de esos periodos es de 1250 a 1260, y el otro va desde 1269 hasta el fin del reinado, 1284. El primer periodo se caracteriza por la labor de simple traduction, trabajo que continuaba la tradition de la escuela toledana, salvo la importante novedad de no traducir al latin sino al romance. A este primer tiempo pertenecen diferentes versiones, principalmente del ärabe, como el Calila e Dimna, diversos libros de Astronomia, diversos libros de la Biblia, etc. [...] Solo en 1269 se inicia un segundo periodo en la actividad cientifico-literaria de las escuelas alfonsies, el cual se distingue porque, mäs que traducciones, produce obras compilatorias elaboradas con originalidad. Α este segundo periodo pertenecen, entre otras, la Grande Estoria, 1275, 1280, las principales obras astronomicas, 1276, etc., el libro de Ajedrez, 1283» (1977, 852). Menendez Pidal datiert die PCG auf 1270, den Beginn der GE auf 1275; Lapesa (1982, 183) weist bezüglich der GE allerdings darauf hin, daß lediglich der 4. Teil mit Sicherheit datiert werden kann (auf 1280). Insgesamt zeichnet sich die GE durch einen relativen arcaismo aus, was darauf schließen läßt, daß die Verfasser der GE weitgehend mit denen der PCG identisch waren. 24

la obra, la coregia» (Solalinde 1915, 287). Neben der Tatsache, daß jeweils mehrere Redakteure/Autoren an der Erstellung der Texte beteiligt waren, ist des weiteren bekannt, daß die Texte nicht in einem Zug, sondern in Etappen geschrieben wurden, was ζ. B. die lange Entstehungszeit der General Estoria erklärt 10 . Die Quellen, die für die Erarbeitung der beiden Chroniken herangezogen wurden, umfassen die gesamte bekannte historiographische Literatur des lateinischen Mittelalters und des Vorderen Orients 11 . Bei der inhaltlichen Wiedergabe dieser Quellen sind die Mitarbeiter von Alfons offensichtlich mit großer Genauigkeit verfahren; bei ihrer Untersuchung der Verarbeitung Ovids in der GE stellt Lida de Malkiel fest, «ningiin matiz, ninguna asociacion ha de perderse en el traslado» (1958, 123). Die «primacia absoluta del didacticismo» (124) und der «realismo detallista» (125) sind der Grund für die «amplification» (122) dieser Texte, ein Punkt, der für die syntaktische Untersuchung nicht unerheblich ist. «La prolijidad descriptiva no es primariamente estetica, antes se subordina al ansia didäctico-realista de no dejar nada en vago» (125). Im Zweifelsfalle gingen die Autoren also über die zugrundeliegenden Quellen hinaus und gaben den Texten so ihre eigene Note. Wenngleich die Chroniken aufgrund ihres kompilatorischen Charakters nicht «aus einem Guß» erscheinen, sind es doch kohärente Texte mit relativ einheitlicher sprachlicher Struktur.

3.2.2 Die Chroniken des 14. und 15. Jahrhunderts Waren die historiographischen Texte des Corpus Alfonsinum noch auf die große Summa und, zumindest bis zu einem gewissen Grad, auf die Deutung der Fakten in heilsgeschichtlicher Perspektive gerichtet (vgl. Gier 1987, 867), so kann nach Gumbrecht (1987a, 942) in der Mitte des 14. Jhs. ein «funktionsgeschichtlicher Umschlag» festgestellt werden, der einen deutlich erkennbaren Wandel innerhalb der Textsorte Chronik zur Folge hatte 12 . Äußere Ursache für den «Umschlag des intellektuellen Ho10

11

12

Vgl. Catalan (1963, 361): «que el taller historiogräfico alfonsi no elaboro de un solo impulso y en continuidad regular el texto cronistico, sino en sucesivas etapas». Für eine Analyse der Quellen vgl. u. a. die Vorworte zu PCG und GE. Die GE ist hinsichtlich ihrer Quellen besonders gut erforscht, vgl. Lida de Malkiel (1958, 1959/60): «Estamos, en efecto, ante una biblia historial, ejecutada en la escala grandiosa del siglo XIII - el siglo del enciclopedismo didäctico, que Alfonso cultiva con fervor personal - , pero fiel al modelo del genero, la Historia scholastica de Pedro Comestor (alrededor de 1170). En la formation de esta ultima intervienen esencialmente la Biblia y las Antigüedades judaicas de Josefa, los cuales constituyen, junto con la Historia scholastica, las tres fuentes estructurales de la General estoria» (1958, i n ) ; vgl. auch Eisenberg (1973) zum Einfluß der Vulgata auf die GE und Garcia Yebra (1991) zum Problem der Übersetzung von Lukan in der PCG. Vgl. auch Kap. II.1.1.3. «Etwa zu diesem Zeitpunkt stellte sich neben einem dominant kosmologisch

25

r i z o n t s K a s t i l i e n s ins » ( G u m b r e c h t 1990, 83) ist d i e i m s p ä t e n 13. Jh. e i n s e t z e n d e K r i s e d e r k a s t i l i s c h e n G e s e l l s c h a f t u n d d a s a u s ihr e n t s t e h e n d e « S i n n - C h a o s » (ibid., 96). U n t e r d i e s e n U m s t ä n d e n k o m m t d e r G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g in d e n i b e r i s c h e n K ö n i g r e i c h e n

des

Spätmittelalters eine n e u e A u f g a b e zu: Sie wird z u m « d o m i n a n t e n M e d i u m k o l l e k t i v e r S i n n b i l d u n g » (ders. 1990, 85), w a s i n s b e s o n d e r e in d e m n e u e n G e n r e der geschichtlichen B i o g r a p h i e z u m A u s d r u c k k o m m t , die in K a s t i l i e n seit d e m 14. Jh. z u m b e h e r r s c h e n d e n M o d e l l h i s t o r i o g r a p h i s c h e r D a r s t e l l u n g w u r d e . B i o g r a p h i e n d i e s e r A r t , d i e in d e r R e g e l u m Exhaustivität und G e n a u i g k e i t b e m ü h t waren, ermöglichten nicht nur eine Handlungsorientierung

anhand eines exemplarischen

sondern dienten nicht selten auch Rechtfertigungs- und

Charakters,

Legitimations-

z w e c k e n . «Historiographische W e r k e mit biographischer Grundstruktur» ( G u m b r e c h t 1990, 932) d o m i n i e r t e n v . a . i m 15. Jh., in d e m d i e m i t t e l a l t e r liche Geschichtsschreibung nach Täte (1970) auf der iberischen Halbinsel ihren H ö h e p u n k t erreicht13. D i e quantitative Breite der Überlieferung zeugt v o n d e m Stellenwert historiographischer Texte im spätmittelalterlichen Kastilien. « A n der Schwelle zur Neuzeit gehörte es o f f e n b a r

-

z u m a l in K a s t i l i e n - nicht m e h r n u r f ü r K ö n i g e , s o n d e r n a u c h f ü r K o n d e s t a b l e n , K a n z l e r u n d H e r z ö g e z u m g u t e n T o n , d i e e i g e n e B i o g r a p h i e In-

fundierten Umgang mit historischem Wissen - in der Laien-Unterweisung des Mester de Clerecia, in Fürstenspiegeln und in den monumentalen alfonsinischen Texten Ansätze globaler Wissenssystematisierung - eine Faszination der stets gelehrten und am Hof einflußreichen Autoren von Geschichtswerken durch eben jene Erlebnisschichten ein, welche sich nicht ohne weiteres mittels vorgegebener Konzepte in bündige Erfahrung überführen lassen» (1987, 942). Catalan (1969) spricht bezüglich der nachalfonsinischen Epoche von einer «decadencia historiogräfica» (429); «los cronistas de los Ultimos anos del S.XIII y primeros del s.XIV abandonaron la tradicional fidelidad a las fuentes, a lo escrito, y se creyeron autorizados a refundir la historia cronistica con la misma libertad con que los juglares innovaban la historia versificada» (430). In bezug auf die Sprache bezeichnet A l o n s o (1972, 161) das 14. Jh. als ein «siglo de transition, de aseguramiento en las formas conquistadas, con el foco sintäctico dirigido a la influencia extranjera mültiple». 13

« als Komponente einer nicht mehr mittelalterlichen Geschichtsschreibung scheint vor allem in kastilische Texten des X V . Jahrhunderts eingegangen zu sein. Dieser Sachverhalt mag mit der Zugehörigkeit einiger der bedeutendsten spanischen Historiographen jener Zeit zum Adelsstand zusammenhängen. Er artikuliert sich zum einen strukturell: in der Ausgliederung einzelner Biographien aus genealogischen Reihen [...]. Z u m anderen ist aber auch die Faszination nicht zu übersehen, welche gerade die dunklen, rätselhaften Persönlichkeiten aus den dynastischen Konflikten jener Umbruchzeit auf die Autoren von Geschichtswerken ausüben» (Gumbrecht et al. 1987, 1151). Z u der spätmittelalterlichen «evolution des mentalites», die sich im Bereich der Historiographie durch die die Neuzeit ankündigende «importance croissante accordee ä la perspective subjective, au destin individuel, ä l'impact de Taction personnelle sur les evenements» niederschlägt, vgl. auch Thiry (1987, 1055). 26

storiographisch verklären und verewigen zu lassen» (Gumbrecht 1990, 132). Texten dieser Art liegen nicht mehr wie den alfonsinischen Texten schriftliche Quellen zugrunde, sie basieren vielmehr auf der persönlichen Beobachtung, zumal die meisten Chronisten dem Adelsstand entstammten und an dem thematisierten Geschehen bisweilen aktiv beteiligt waren. Die Grenzen zwischen Chronik und Biographie sind dabei natürlich fließend. Paradebeispiel einer solch spätmittelalterlichen Herrscherchronik ist die Cronica del rey dort Pedro von Pedro Lopez de Ayala (1332-1407), ein Prosa werk aus der zweiten Hälfte des 14. Jhs. von «gattungs- und epochengeschichtlich herausragender Bedeutung» (Gumbrecht 1987a, 934)I4. Lopez de Ayala war canciller am königlichen Hofe und schildert die Ereignisse um Pedro el Cruel aus nächster Nähe. Die Abfassung dieser Chronik mag z.T. mit dem Motiv der persönlichen Rechtfertigung zusammenhängen, primäres Movens aber war sicherlich die Faszination, die von der Persönlichkeit des Königs Don Pedro ausging, sowie der Wunsch, die Ereignisse in Anlehnung an die römisch-antike Geschichtsschreibung mit größtmöglicher historiographischer Objektivität zu schildern. Im 15. Jh. wird die Tendenz, in Geschichtswerken Charakterbilder zu zeichnen noch deutlicher, so daß sich diese «Chroniken» mitunter wie die «Pathographie der kastilischen Könige» dieses Jahrhunderts lesen (Gumbrecht 1990, 142) 15 . Am Ende des Jahrhunderts findet allerdings auch im Bereich der Geschichtsschreibung ein Umbruch statt. So orientiert sich ζ. B. Hernando del Pulgar, der Biograph der kastilischen Könige, ganz bewußt am Vorbild antiker Historiographen und leitet so die humanistische Historiographie in Spanien ein. Bei den von uns untersuchten chronistisch-biographischen Texten aus dem 14. und 15. Jh. handelt es sich um folgende Titel16: - Anon., Cronica del Rey Don Sancho el Bravo ( 1 3 4 0 - 1 3 5 2 ) Diese von Alfons XI. in Auftrag gegebene Chronik berichtet in einer nüchternen Aneinanderreihung von Fakten von den Ereignissen während der Regierungszeit Sanchos IV. (1284-1295), dem Sohn von Alfons X. - Conde don Pedro de Barcelos, Cronica General de 1344 (1344) Diese von dem illegitimen Sohn des portugiesischen Königs Denis zunächst auf Portugiesisch verfaßte Chronik steht ganz in der Tradition der Primera Cronica General. «Su obra de compilation y refundicion representa el ultimo 14

15

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Vgl. auch Gumbrecht (1990, i09ff.) sowie Täte (1970), der die Frage stellt, ob Lopez de Ayala bereits ein humanistischer Autor gewesen sei. Man denke beispielsweise an die Hörigkeit des Königs Juan II. gegenüber seinem Kondestablen Don Alvaro de Luna. Für ausführlichere Informationen verweisen wir auf die z.T. sehr umfangreichen Einleitungen zu den einzelnen Chroniken sowie auf die einschlägigen Literaturgeschichten. Vgl. auch Sanchez Alonso (1941) sowie Täte (1970). Die in Klammern angegebene Zahl bezieht sich auf das Entstehungsdatum der Chroniken.

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intento de ampliar y remozar la Estoria de Espana alfonsi. Don Pedro Alfonso, biznieto de Alfonso X, resulta ser el postrer representante de la gran «escuela» de historiadores que siguen, mäs ο menos de cerca, los metodos alfonsies» (Einleitung der im Literaturverzeichnis zitierten Ausgabe, L I LII) 1 7 . Es ist ein sehr heterogener Text, der sich durch den Wechsel von chronistischen und nicht-chronistischen Teilen sowie von Dialogpassagen auszeichnet. - Anon., Gran Crönica de Alfonso XI (1376-1379) In dieser Chronik werden auf sehr detaillierte und episodenreiche Weise die Ereignisse während der turbulenten Regierungszeit Alfons XI. (1312-1350) geschildert. - Pedro Lopez de Ayala, Crönica del Rey don Pedro (1383) Thema der Chronik sind die in streng annalistischer Form angeordneten Ereignisse während der Regierungszeit von Pedro I. von Kastilien (13501369). Mit seiner über die bloße Auflistung historischer Fakten hinausgehenden Charakterschilderung der Persönlichkeit des Königs steht Lopez de Ayala am Beginn einer neuen Phase der kastilischen Historiographie. - Gutierre Diez de Games, El Victorial. Crönica de Don Pero Nino, Conde de Buelna (ca. 1435-1448) Dieser Text ist eine jener für das 15. Jh. typischen Biographien, die anhand der Lebensbeschreibung eines vorbildlichen Ritters ein für das Spätmittelalter charakteristisches, verklärtes Bild der Ideale des Adels nachzeichnet. Der Stil dieser Chronik hat nichts mehr gemein mit der nüchternen Aufzählung historischer Fakten früherer Chroniken, der Autor (1378-1448), selbst im Dienst von Pero Nino, nimmt gelegentlich persönlich Stellung zu den Ereignissen, die er unter Einbeziehung zahlreicher Anekdoten und Digressionen schildert 18 . - Gonzalo Chacon (?), Crönica de Don Alvaro de Luna, Condestable de Castillo, Maestre de Santiago (1445-1460) Auch hier handelt es sich um einen biographischen Text, der aus der Sicht eines Höflings das Leben des Favoriten von König Juan II., Alvaro de Luna, beschreibt. - Mosen Diego de Valera, Memorial de diversas hazanas. Crönica de Enrique IV (1486-1487) Auch Diego Valera stand in den Diensten des Hofes und schildert die Ereignisse während der Regierungszeit von Enrique IV. (1454-1474) aus einer sehr persönlichen Perspektive. «Diego de Valera no se propone en ella la narration seguida y completa de los sucesos de aquel reinado, sino una especie de florilegio ο selection de los mäs destacadas y ejemplares» (Einleitung der im Literaturverzeichnis zitierten Ausgabe, XLVIII). Dieser Text ist allerdings stilistisch sehr eigenwillig, so daß die Ergebnisse der Textanalyse mit einer gewissen Vorsicht hinsichtlich der Eruierung von allgemeinen Tendenzen zu betrachten sind.

17 18

Vgl. auch Catalan (1962). Sanz (1989, VIII) datiert die Chronik auf 1431-1435. Die Neuausgabe von Sanz basiert auf der gleichen Handschrift wie die Edition von Mata Carriazo und unterscheidet sich von dieser in nur wenigen Punkten. 28

3-3

Angaben zum Korpus 19

3.3.1 Altspanische Texte Insgesamt wurden 9 Chroniken ausgewertet, und zwar in mehreren Schritten: 1. A-Texte - Von den sechs Haupttexten (ohne Asterisk) wurden zunächst je 1000 finite Verbformen (sowohl Haupt- als auch Nebensätze) exzerpiert (I). - In einem zweiten Schritt wurde die Zahl der Hauptsätze mit explizitem Subjekt für jede Chronik auf insgesamt 500 erhöht (II). 2. B-Texte (mit Asterisk) - Hier wurden pro Chronik 500 Hauptsätze mit explizitem Subjekt exzerpiert. Insgesamt beläuft sich unser Korpus auf 4500 Hauptsätze mit explizitem Subjekt, die mit Hilfe des Datenbank-Programms Open Access II quantitativ-statistisch ausgewertet wurden. Die Zahl der untersuchten Nebensätze ist geringer (806), da wir uns hier auf Adverbial- und Komplementsätze beschränkt haben (vgl. Kap. II.6)20. 1. Alfonso X, Primera Crönica General - (PCG) Bd. I: Kap. 1 - 4 (S. 4 b - 8 a ) (I) Kap. 89-95 (S. 64a - 69b) (I) Kap. 386-399 (S. 2 i 5 b - 2 2 5 a ) (II) Kap. 553-561 (S. 3o6a-3i6b) (II) Bd. II: Kap. 612-627 (S. 347a-358b) 2 1 2. Alfonso X, General Estoria - (GE) Bd. I: Kap. 1 - 8 (S. 43-93) (I) Ksp. 3 2 - 3 8 (S. 305a-3i0b) (I) Kap. 39-48 (S. 3 i o b - 3 i 6 a ) (II) Bd II/i: Kap. 1 - 1 2 (S. 6b-26b) (II) 22 3. *Anon., Crönica del rey Don Sancho - (San) Kap. 1 - 1 0 (S. 69a-88b)

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22

Die genauen bibliographischen Angaben bezüglich der jeweils verwendeten Ausgaben sind dem Literaturverzeichnis zu entnehmen. Nach den alt- und neuspanischen Titeln geben wir in Klammern die im Text verwendeten Abkürzungen an. Die Texte differieren deutlich in bezug auf die Qualität der jeweiligen Edition. Wir sind uns dieses Problems bewußt, glauben jedoch, daß die Ergebnisse unserer Analyse nicht grundsätzlich anders wären, wenn eine andere Edition die Arbeitsgrundlage gebildet hätte. Dies bedeutet aber auch, daß die errechneten Prozentwerte sich ausschließlich auf die jeweils verwendete Ausgabe beziehen und nur bedingt auf andere Editionen des gleichen Textes übertragbar sind. Die Abkürzung für diesen zusätzlich exzerpierten Textteil lautet PCG II; vgl. Kap. II. 1.1.4.1. Die Abkürzung für diesen Textteil lautet GE II.

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4- Conde de Barcelos, Cronica General de 1344 - (1344) Kap. LXXXV-XCIII (S. 117-145) (I) Kap. LXXIII-LXXXI (S. 86-108) (II) Kap. XCIV-CIV, CXIII-CXVIII (S. 145-165, 168-184) (Π) 5. *Anon., Gran Cronica de Alfonso XI - (AXI) Kap. I-XXXVII (S. 275-350) 6. Pedro Lopez de Ayala, Cronica del rey don Pedro - (CDP) Ano I: Kap. I - X I V (S. I3a-20b) (I) Ano II: Kap. I - I V (S. 213-233) (I) Ano II: Kap. V - X X I I (S. 233-320) (II) Ano III:Kap. I-VIII (S. 33a-35b) (II) 7. Gutierre Diez de Games, El Victorial, Cronica de Don Pero Nifio - (Vic) Kap. IX-XVIII, XXII-XXIX (S. 47-63, 73-83) (I) Kap. X X I X - X L (S. 83-111) (II) 8. *Gonzalo Chacon (?), Cronica de Don Alvaro de Luna - (Luna) Ksp. I - X I X (S. 7-75) 9. Mosen Diego Valera, Memorial de diversas hazanas - (Mem) Kap. I-XIII (S. 5-43) (I) Ksp. XIII-XX (S. 43-71) (II) Für das Zusatzkorpus aus Calila e Dimna (Cal), El Conde Lucanor (Luc) und dem Libro de los Exenplos por A.B.C. (A.B.C.) wurden je 300 Hauptsätze mit explizitem Subjekt untersucht. Für die exzerpierten Passagen vgl. die jeweiligen Kapitel. Die Zitate aus den genannten Texten folgen dem Wortlaut der jeweiligen Ausgabe; dies gilt auch für die Zeichensetzung. Kursivsetzungen in den Zitaten sind hingegen von uns. D i e Stellenangaben setzen sich zusammen aus der jeweiligen, oben in Klammern angefügten Abkürzung, der Seiten- (und eventuell Spalten-)angabe sowie, sofern in der zitierten Ausgabe vorhanden, der Zeilenzählung. Es wird jeweils nur die erste Zeile des jeweiligen Zitats angegeben.

3.3.2 Neuspanische Texte Was das nsp. Korpus anbelangt, haben wir sowohl geschriebene als gesprochene Texte ausgewertet; das Korpus geschriebener Sprache faßt Romane, historiographische Texte, Märchensammlungen und tungstexte. Im einzelnen handelt es sich um folgende (jeweils nur weise exzerpierte) Titel: -

auch umZeiteil-

Csrmen Martin Gaite, Entre Visillos - (Vis) Jose Luis de Tomas Garcia, La otra orilla de la droga - (Droga) Carmen Laforet, Nada - (Nada) Pablo Neruda, Confieso que he vivido. Memorias - (Ner) Manuel Vazquez Montalbän, El Pianista - (Pia) Manuel Fernandez Alvarez, Espana y los Espanoles en los tiempos modernos - (Alv)

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-

Ramon Menendez Pidal, La Espana del Cid - (MP) Julian Marias, Espana inteligible. Razon historica de las Espanas - (Mar) Aurelio M. Espinosa, Cuentos populäres de Castillo y Leon - (Esp) Gabriela Sanchez, Cuentos que me contaron - (Sdn) M. Esgueva/M. Cantarero, El habla de la Ciudad de Madrid - (E/C) Reinhard Meyer-Hermann, Bielefelder Text-Corpora romanischer Sprachen Bd. IV - (ΜΗ) - El Pais vom 7.VIII.1991 und El Pais. Panorama Semanal vom 19.VIII.1991 23 - Cambio 16, N° 1002 vom 4.II.1991 W a s Zitierweise, H e r v o r h e b u n g etc. anbetrifft, so gilt das gleiche wie für die asp. Texte. B e i s p i e l e o h n e Q u e l l e n a n g a b e s t a m m e n v o n spanischen Informanten.

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Einige Beispiele sind auch anderen Ausgaben dieser Zeitung entnommen; der genaue Beleg wird jeweils angegeben.

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I Theoretische und methodische Grundlagen

ι Anmerkungen zur Funktionalen Satzperspektive

I.I Das 3-Ebenen-Konzept Die Untersuchung der Satzgliedfolge einer Sprache mit Hilfe informationsstruktureller Parameter kann nur vor dem Hintergrund eines mehrere Ebenen umfassenden Modells von Sprache erfolgen. Es muß unterschieden werden zwischen den (übereinzelsprachlichen) inhaltlichen Aspekten der Satzstruktur sowie den (einzelsprachlichen) ausdrucksbezogenen Aspekten. Während Begriffe wie Prädikat/Argument (in formallogischer Hinsicht), semantische Rollen und Expressivität in den inhaltlichen Bereich gehören, wird die kommunikative Dimension meist unter dem Begriff Pragmatik von der rein semantischen Dimension unterschieden 1 . Begriffe wie Subjekt, Prädikat, Objekt werden dagegen dem syntaktisch ausdrucksstrukturellen Bereich zugeordnet. Jeder bedeutungsvolle Gebrauch von Sprache vollzieht sich also gleichzeitig in den Bereichen Semantik, Pragmatik und Syntax, wie es erstmals von Ε Danes (1964) in einem Modell dargestellt wurde 2 . Die Ebene der Semantik umfaßt die Relation zwischen dem bezeichneten Objekt (Denotat) und dem sprachlichen Zeichen (Denotans). Hier geht es um die Leistung der Sprache, in Sätzen Sachverhalte darstellen zu können. Diese Sachverhaltsdarstellung im Rahmen von Satzinhalten muß scharf von der außersprachlichen Wirklichkeit getrennt werden, auf die sie sich natürlich trotzdem bezieht (Oesterreicher 1991, 351).

Es geht um die vom Prädikat abhängigen semantischen Valenzen sowie um die frei zugeordneten semantischen Rollen. Zur semantisch-sachverhaltsdarstellenden Ebene gehören einerseits die formal-logische Subjekt-

1

2

Über die Definition und den Anwendungsbereich des Begriffes Pragmatik herrscht keineswegs Einigkeit, vgl. Levinson (1990) und Anm. 2 in Kap. 2 der Einleitung. Vgl. Gülich/Raible (1977,70ff.), Ulrich (1985, 1 4 - 1 5 , 68ff.), Oesterreicher (1991). Nach Coseriu (1981, 43-47) muß jede Art von Sprachbetrachtung zwischen der allgemeinsprachlichen Ebene (Ebene der Bezeichnung), der einzelsprachlichen Ebene (Ebene der Bedeutung) und der Textebene (Ebene des Sinns) unterscheiden.

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Prädikat-Relation 3 sowie andererseits die Relation der Aktanten zur jeweils bezeichneten Handlung. Die Ebene der Pragmatik untersucht die Relation zwischen natürlichsprachlichen Ausdrücken und ihrer spezifischen Verwendung in einem kommunikativen Rahmen. Diese semantisch-kontextuelle Ebene umfaßt die Informationsstruktur, also die Thema-Rhema-Gliederung der Äußerung, d.h., es geht um die kommunikative Gewichtung des Sachverhalts der semantischen Ebene bzw. «um die Qualifizierung der Sachverhaltsdarstellung als Informationsstruktur» (Oesterreicher 1991, 353). Grundhypothese ist, daß ein Sprecher sich in einer bestimmten Situation an einen Hörer wendet und ihm etwas mitteilt, wobei die Mitteilung gemäß der Funktionalen Satzperspektive (FSP) sowohl einen Ausgangspunkt (Thema) als auch ein Mitteilungsziel (Rhema) hat. In diesem Sinne sind Thema und Rhema primär pragmatische, diskurskonstituierende Funktionen; «the Theme-Rheme structure is the basic form of the organization of the clause as a message» (Halliday 1985, 53) 4 . Die Ebene der Syntax ist die Ebene der den Satzinhalt repräsentierenden Ausdrucksstrukturen. Es ist die Ebene der einzelsprachlichen Satzfunktionen, d.h., das grammatische Subjekt und das grammatische Prädikat werden nicht nach logischen, sondern nach morphosyntaktischen Kriterien definiert. Die Syntax stellt somit das materielle Strukturprinzip dar, nach dem die Satzkonstituenten einzelsprachlich konstruiert und positionell geordnet werden bzw. nach dem Propositionen und Sätze als Ganzes gekennzeichnet werden. Die syntaktische Kodierung der Inhaltsstruktur erfolgt prinzipiell durch segmentale und positionelle Bezeichnungsmittel, aber auch Prosodie und Intonation spielen als Bezeichnungsmittel für Inhaltsstrukturen eine Rolle und interferieren mit der syntaktischen Repräsentation (vgl. Oesterreicher 1991, 360 sowie Koch 1981, 60). Diese drei Ebenen gilt es bei der Analyse der Satzgliedanordnung auseinanderzuhalten.

3

4

Nicht alle Urteile haben jedoch eine (logische) Subjekt-Prädikat-Relation, vgl. Ulrich (1985, 29). Oesterreicher ( 1 9 9 1 ) unterscheidet noch zwei weitere Ebenen der semantischen Satzstruktur, nämlich die «semantisch-pragmatische» Ebene, die die Sprechakte betrifft, sowie die «semantisch-expressive» Ebene, auf der der Sprecher mit grammatischen Mitteln zusätzliche Bedeutungswerte mitteilt, durch die sich weder der Rahmen der Sachverhaltsdarstellung und die ThemaRhema-Gliederung, noch die Sprechaktspezifizierung verändern. Diese expressiv-emphatischen Werte werden nur fakultativ realisiert. Daneben ist nach Oesterreicher eine sekundäre Modifikation der Informationsstruktur, ζ. B. Kontrastierung möglich, so daß innerhalb der Inhaltsstruktur einer Äußerung insgesamt fünf Semantizitätstypen zu unterscheiden wären. Vgl. auch Koch ( 1 9 8 1 , 4 2 - 4 3 ) , der von vier Ebenen ausgeht, und Ludwig (1991a).

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1.2 Thema und Rhema - zwei problematische Begriffe Sowohl in terminologischer als auch in begrifflicher Hinsicht hat die Bestimmung der Termini Thema und Rhema von jeher Schwierigkeiten bereitet, und es ist daher nicht verwunderlich, daß in der einschlägigen Literatur diesbezüglich große Uneinigkeit herrscht. Diese «terminologische Malaise» (Wandruszka 1984, 26) bzw. «Definitionsinflation» (Weigand 1979, 181) ist denn auch einer der wichtigsten Kritikpunkte an der Thema-Rhema-Analyse ( T R A ) , zumal es hier durch die von Chomsky eingeführten Termini Topic und Comment, die mit den Begriffen der Funktionalen Satzperspektive der Prager Schule nur bedingt deckungsgleich sind, zu erheblicher Verwirrung gekommen ist5. Sasse (1987, 518) empfiehlt sogar, die «confusing FSP terminology» ganz zu meiden, solange in diesem Bereich keine Klarheit herrscht. Grundsätzlich gehen die Vertreter der FSP davon aus, daß jede Äußerung hinsichtlich ihrer Informationsstruktur gegliedert werden kann, und zwar in die beiden sich gegenseitig bedingenden Informationseinheiten Thema, das Besprochene, und Rhema, die Mitteilung. In der Regel wird innerhalb einer Äußerung zunächst das Thema, also der Ausgangspunkt des Satzes, und dann das Rhema genannt, denn es entspricht dem logischen Aufbau einer Aussage, zunächst dasjenige Satzglied zu nennen, über das im folgenden etwas mitgeteilt werden soll6. Thema und Rhema sind pragmatische Funktionen, d.h., sie sind primär von der grammatischen und semantischen Ebene unabhängig 7 . Der Ausdruck Thema sollte 5

6

7

Für eine ausführliche Beschreibung des Ansatzes der Prager Schule sowie der Modelle der verschiedenen Vertreter dieser Theorie vgl. Ulrich (1985), Eroms (1986) und Duskovä (1989). Hier finden sich auch die für die FSP relevanten Literaturangaben, die wir daher nicht noch einmal aufnehmen. In der generativen Grammatik wird seit Chomsky das Begriffspaar topic/comment vorgezogen, wobei die topic/comment-Struktur als ein Phänomen der Oberflächenstruktur gesehen wird. Der topic-Begriff gilt allein innerhalb der Grenzen des wohlgeformten Satzes (vgl. Dahl 1974, 3) und bezieht sich bei den Generativisten «to the initial constituent in the utterance irrespective of its discourse function» (Siewierska 1988, 101). Zur Folge Thema-Rhema als «außereinzelsprachlich gültige Tendenz» vgl. Gülich/Raible (1977, 43-44, 61-89), Gundel (1988), als Universale des pragmatischen Modus vgl. Givon (1979a, 299, 1979c, 92: [«the general pragmatic principle governing word order is that more topical material precedes and more assertional material follows»]); als universal-semantisches Prinzip vgl. Koch/ Oesterreicher (1990, 88). In der Terminologie von Heger handelt es sich um eine außereinzelsprachliche bzw. «noematische» Kategorie. Vgl. auch Bolinger (1952). Ulrich und Sasse weisen nun mit Recht darauf hin, daß ein Hauptproblem bei der Verwendung dieser Termini darin liegt, daß die drei Ebenen der Sprache in der Regel nicht eindeutig und unmißverständlich differenziert und präzisiert werden. So fungiert in Sätzen wie Die Blumen kaufte meine Mutter eine Satzkonstituente als pragmatisches Thema, die im Rahmen des logischen Urteils

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daher konsequent nur für die pragmatische bzw. die semantisch-kontextuelle Ebene verwendet werden und nicht mit der onomasiologischen Rolle des Agens oder der einzelsprachlichen Funktion des grammatischen Subjekts verwechselt werden (vgl. Ulrich 1985, 2 8 - 2 9 , Wandruszka 1984). Welche Faktoren tragen nun dazu bei, daß eine Satzkonstituente zum Thema im Sinne von «what the clause is going to be about» (Halliday 1985, 39) wird? Ohne die bekannte Diskussion im einzelnen wieder aufrollen zu wollen, sollen hier die wichtigsten Kriterien zumindest kurz angesprochen werden. 1.2.1 Thema/Rhema und das Kriterium der Bekanntheit Das grundsätzliche Problem der Thema-Rhema-Bestimmung liegt darin, daß die meisten Definitionen Mischdefinitionen sind, in dem Sinne, daß die beiden Einheiten pragmatisches Thema und pragmatisches Rhema mit den kontextuellen Merkmalen [alt]/[neu] gekoppelt werden 8 . Als pragmatische Funktion ist, wie oben angemerkt, das Thema das, worüber etwas gesagt wird - so definierte es bereits Vilem Mathesius (vgl. Sasse 1987, 5 7 1 ) es ist das der Mitteilung Zugrundeliegende, das Besprochene (Eroms 1986, 16). Rhema ist hingegen das, was über das Thema mitgeteilt wird9. «Das Thema (bzw. topic) ist hier der hervorgehobene

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nicht das logische Subjekt darstellt (vgl. Ulrich 1985, 31). In Sätzen wie Mir ist kalt hingegen ist das logische Subjekt, das in den meisten Fällen mit dem grammatischen Subjekt zusammenfällt, kasuell markiert (für eine sehr detaillierte Beschreibung der verschiedenen Koppelungen zwischen den drei Ebenen vgl. Ulrich 1985, 28-34, 49-5)· Vgl. Heger (1982a, 90): «Der communis opinio entsprechen die Gleichsetzungen Thema = = Mitteilungs-Voraussetzung vs. Rhema = = Mitteilungsziel». So auch Koch/Oesterreicher (1990, 88): «Als thematisch gelten dabei die Bestandteile eines Diskurses, die vorerwähnt, bekannt und/oder Ausgangspunkt der Mitteilung sind; als «rhematisch» gilt das Neue, das Nicht-Vorerwähnte, das Mitteilungsziel». Gundel (1988, 216) ist ebenfalls der Meinung «that two pragmatic properties, identifiability/definiteness and shared familiarity, are correlated with topic in all languages». Zur Problematik des Zusammenfalls beider Definitionsebenen vgl. auch Bossong (1984a) und Ludwig (1991a) sowie Raible (1971), der versucht, die Opposition Thema vs. Rhema formal zu definieren und sie mit der Dependenzgrammatik zu verbinden. Diese Definition findet sich auch bei Mallinson/Blake ( 1 9 8 1 , 1 5 1 ) und bei Halliday (1985, 39), der «theme» und «given» streng trennt; «the theme is the starting point for the message, it is what the clause is going to be about». Um die Termini Thema und Rhema zu vermeiden, schlägt Sasse im Rahmen der Analyse zweigliedriger Äußerungen die Begriffe «predicate» und «predication base» vor. Auch Wandruszka (1982, 1984) verwendet für den Begriff Thema den Ausdruck «Prädikationsbasis». Weigand (1979) möchte für die innertextlichen Funktionen des Referierens und Prädizierens die Begriffe «Satzaussage» und «Satzgegenstand» gebrauchen und das Begriffspaar Thema/Rhema für die Klassifikation der semantisch-pragmatischen Unterscheidung in alte und neue 37

Bezug des Gesagten, das Rhema (bzw. comment) ist das auf das Thema in dieser Hinsicht Bezogene» (Ulrich 1985, 28). Unter kontextbezogenem Aspekt ist das Thema hingegen eine aus dem Kontext oder der Situation ableitbare Größe, also die bekannte oder gegebene Information, das Rhema hingegen die neue, nicht aus dem Kontext ableitbare Information 10 . Was aber bedeutet in diesem Zusammenhang Kontext? Um das Problem der Kontextualität auch terminologisch besser in den Griff zu bekommen, etabliert Wehr (1984, 7) zwei voneinander unabhängige Parameter, «die es erlauben, zwischen der Neuheit einer NP in Bezug auf den Wissensstand der Gesprächspartner und ihrer Neuheit in Bezug auf ihre Erwähnung im Diskurs zu differenzieren». Ihrer Meinung nach reichen die Merkmale «alte» bzw. «neue» Information nicht aus, sie unterscheidet deshalb die Parameter [± gegeben] und [±neu]. Die Opposition [± gegeben] bezieht sich in erster Linie auf das «permanente Register», d.h., auf das Wissen des Gesprächspartners von der Welt («Wissenskontext»). «Derartiges Material muß von dem Sprecher nicht in den Diskurs eingeführt werden, weil er annehmen kann, daß es dem Gesprächspartner zu jeder Zeit präsent ist» (Wehr 1984, 6). Zum anderen kann auch die jeweilige Kommunikationssituation dafür sorgen, daß ein Konzept als [+gegeben] angesehen werden kann («situativer Kontext»); in beiden Fällen hat das Konzept das Merkmal [+definit] oder [+generisch]. Die Opposition [±neu] dagegen bezieht sich allein auf das Vorkommen einer NP im Diskurs (sprachlich-kommunikativer Kontext oder «Ko-Text», Koch/ Österreicher 1990, 1 0 - 1 1 ) 1 1 . Wenn länger von einem Konzept nicht die Rede war, kann es bei der Wiedereinführung als [+neu] behandelt werden, d.h., letztlich entscheidet der Sprecher darüber, ob eine NP als

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Information reservieren. «Die Unterscheidung von Referenz und Prädikation darf jedoch nicht mit alter und neuer Information vermischt werden. Beide Unterscheidungen sind inhaltlicher Art, aber trotzdem grundsätzlich verschieden, da die eine auf den Text, die andere auf die außersprachliche Wirklichkeit bezogen ist» ( 1 8 0 - 1 8 1 ) . Für die in dieser Arbeit verwendeten Termini vgl. Kap. I.I.3.3. Diese Definition findet sich bereits bei Richter (1903, 47). Schwarze (1988, 679 ff.) spricht bezüglich der Rhemata von Einheiten, die «noch nicht in der Diskurswelt etabliert» sind. Nach Contreras (1978) handelt es sich bei Thema und Rhema um Einheiten der Tiefenstruktur. Vgl. dazu auch Prince (1981), Eroms (1986, 4 3 - 4 4 ) sowie Tomlin (1986). Ulrich (1985) und Oesterreicher ( 1 9 9 1 ) verwenden die folgenden Bezeichnungen: [ ± vorerwähnt] bezieht sich auf den jeweiligen Redekontext; [ ± bekannt] auf das «Wissen von Welt». Beide Parameter können nicht getrennt voneinander betrachtet werden, vgl. Wehr (1984, 8) und Eroms (1986, 4 3 - 4 4 ) . Vgl. auch Oesterreicher (1991, 353), der darauf hinweist, daß die Kombination «vorerwähnt» und «nicht-bekannt» (bzw. [ - n e u ] und [ - g e g e b e n ] ) logisch unmöglich ist.

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«neu» o d e r «nicht-neu» z u g e l t e n hat (vgl. W e h r 1984, 7 ) 1 2 . A u f

das

T h e m a a n g e w a n d t e r g e b e n sich aus d e n b e i d e n g e n a n n t e n P a r a m e t e r n v e r s c h i e d e n e K o m b i n a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n , die b e s t i m m t e F o l g e n f ü r seine K o d i e r u n g h a b e n . In der R e g e l h a b e n E l e m e n t e mit d e r K o m b i n a t i o n [ - n e u ] und [ + g e g e b e n ] e i n e k l a r e A f f i n i t ä t z u einer t h e m a t i s c h e n , die mit d e r K o m b i n a t i o n [+neu] u n d [ - g e g e b e n ] e i n e k l a r e A f f i n i t ä t z u e i n e r rhematischen Verwendung. B e z ü g l i c h d e r F r a g e , o b a u c h n e u e , nicht v o r e r w ä h n t e

Information

z u m T h e m a e i n e s S a t z e s w e r d e n k a n n , g e h e n die M e i n u n g e n a u s e i n a n der. W a n d r u s z k a , d e r v o n e i n e r e n g e n T h e m a d e f i n i t i o n a u s g e h t , p o s t u liert V o r e r w ä h n t h e i t / B e k a n n t h e i t bzw. D e f i n i t h e i t als k o n s t i t u t i v e s M e r k m a l d e s T h e m a s (1984, 24), d a m a n nur e i n e r b e r e i t s e x i s t i e r e n d e n E n t i t ä t ein P r ä d i k a t z u - o d e r a b s p r e c h e n k a n n , nur ü b e r d i e s e l ä ß t sich e t w a s m i t t e i l e n ' 3 . W i e a b e r sind d a n n s o l c h e S ä t z e mit e i n e m i n d e f i n i t e n , also i n h ä r e n t r h e m a t i s c h e n E l e m e n t a n der S a t z s p i t z e v o m T y p homme

Un

jeune

a vole un livre ( W a n d r u s z k a 1984, 25) z u e r k l ä r e n ? G e h t m a n v o n

e i n e r e n g e n T h e m a d e f i n i t i o n aus, liegt hier in d e r Tat ein g r u n d l e g e n d e s b e g r i f f l i c h - t e r m i n o l o g i s c h e s D i l e m m a v o r , d e n n eigentlich w ü r d e es sich dann um einen themalosen Satz handeln'4. Einen anderen Ansatz bei der B e s c h r e i b u n g s o l c h e r S ä t z e v e r t r e t e n z . B . W e h r (1984), U l r i c h (1985, 4 2 12

So auch Heger (1982a, 91): «Was und was ist, folgt nicht aus einem geheimnisvollen übergeordneten Wissen, sondern wird jeweils vom Sprecher als bzw. gesetzt». Hieraus folgt u.a., daß das gerne benutzte Kriterium der Vorerwähntheit im syntagmatischen Kontext zwar nützlich sein kann (und es in der Tat auch oft ist), es aber nicht notwendigerweise zu sein braucht, denn es ist dem Sprecher unbenommen, sowohl etwas gerade Erwähntes als als auch etwas noch nicht Erwähntes als zu setzen«. Wehr (1984) ist wie Chafe (1976) nicht der Auffassung, «daß es zwischen »neu» und «nicht-neu» eine Skala gradueller Abstufungen gibt («neuer», «weniger neu»)«. Vgl. demgegenüber Heger (1982a, 91): «Die Opposition von und ist keine kontradiktorische Opposition, sondern markiert die Extrempunkte einer kontinuierlichen Skala, die virtuell unendlich viele Zwischenstufen partieller / zu unterscheiden gestattet». Zum Problem einer Gradierung des Konzepts givenness vgl. auch Prince (1981), Silva-Corvalän (1984a), Bentivoglio/Weber (1986) und Siewierska (1988, 67). Meyer-Hermann (1991) plädiert bezüglich des Kriteriums «vorerwähnt» für eine weite Auslegung des Begriffs im Sinne der Einbeziehung von zwar im Text nicht unmittelbar genannten, aber doch für den Hörer/Leser identifizierbaren Entitäten. Vgl. auch Ulrich (1985, 294, Anm. 50). Zur Graduierbarkeit von Definitheit hingegen vgl. unten Anm. 17.

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Vgl. auch Li/Thompson (1976, 466): «The topic but not necessarily the subject is discourse dependent, serves as the center of attention of the sentence and must be definite». In Anlehnung an Chafe (1976, 50) formuliert Myhill (1985, 181) seine Themadefinition wie folgt: «The topicalized constituent must be definite and set a spatial, temporal, or individual framework within which the main predication holds». Vgl. Wandruszka (1984, 25), vgl. auch Eroms (1986, 45) sowie unten Kap. 1.1.3.1 und Kap. 1.1.3.2.2.

14

39

43), Fant (1984, 82), Tomlin (1986) und Oesterreicher (1991), indem sie davon ausgehen, daß auch ein indefinites Subjekt als Satzthema fungieren kann. It is important to emphasize that shared and thematic information represent independent pragmatic notions. Information which is shared is not necessarily thematic, information which is thematic is not necessarily shared, though there is a significant correlation in this direction (Tomlin 1986, 40) 15 .

Nach Wehr (1984, 11) kann das Thema im Sinne von «Ausgangspunkt des Satzes» - sie nennt dies «Topik» (vgl. unten) - durchaus [-gegeben] sein, außerdem können auch insgesamt neue Sätze ein Thema haben, denn in Wirklichkeit kann alles - Bekanntes oder Unbekanntes - in einer bestimmten Kategorie von Äußerungen zum Thema gemacht werden. Die Annahme, daß man nur über etwas sprechen kann, das als existent vorausgesetzt wird (so z.B. Sasse 1978, 223), ist unrichtig, da man natürlich über alles sprechen kann, unabhängig davon, ob das Konzept in der realen Welt existiert, und unabhängig davon, ob es dem Gegenüber vertraut ist. Ich kann ebensogut über Einhörner sprechen, die inexistent, aber dem Hörer vermutlich bekannt sind, wie über das Popol Vuh (das Mythenbuch der Maya), das existent, dem Hörer aber vermutlich unbekannt ist. Es ist nur eine Frage der Rücksichtnahme auf den Hörer, daß man i.a. über ein Konzept spricht, von dem man annehmen kann, daß es sich zur Zeit der Äußerung im Bewußtsein des Gegenübers befindet (Wehr 1984, 6).

Diese Argumentation ist plausibel, wenngleich hinzufügt werden sollte, daß gerade bei der Nennung von Fabelwesen oder Märchenfiguren diese bei ihrer Nennung natürlich als fiktiv existent vorausgesetzt werden. Grundsätzlich sind wir allerdings auch der Meinung, daß im Diskurs neue Gegenstände Thema eines Satzes sein können, insbesondere dann, wenn sie durch eine Apposition oder einen Relativsatz näher bestimmt sind. Diese Sätze haben allerdings einen anderen pragmatischen Status als Sätze mit bekanntem bzw. vorerwähntem Thema, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, daß sie v.a. in bestimmten Kontexten, z.B. bei Texteröffnungen, üblich sind. Mit dem semantisch-referentiellen Status des Subjekts, also den Parametern [± gegeben] bzw. [± bekannt] und [±neu] bzw. [± vorerwähnt] korrelieren die syntaktischen Merkmale Definitheit bzw. Nicht-Definitheit, wobei wir unter Definitheit die Eigenschaft von Nominalphrasen verstehen, mit denen sich ein Sprecher auf einen Referenten bezieht, der seiner Ansicht nach vom Hörer eindeutig identifiziert werden kann 16 . 15

16

Nach Oesterreicher (1991, 353) gelten Elemente, die bekannt und nicht vorerwähnt sind, «prinzipiell als neutral, sie sind also in jedem Falle sowohl themaals auch rhemafähig». Nach Gundel (1988) muß ein Thema nicht denifit, aber identifizierbar sein; vgl. auch Meyer (1972, 184), Bentivoglio/Weber (1986) und oben Anm. 12. Vgl. auch Selig (1992, 202-203): «Die aufgezeigte Affinität von Thema und

40

Syntaktisch können dabei durchaus G r a d e der Definitheit ausgedrückt w e r d e n 1 7 . B e z ü g l i c h d e r M e r k m a l e [definit]/[nicht-definit] gilt g e n e r e l l d a s g l e i c h e w i e f ü r [alt]/[neu]: V o r z u g s w e i s e w e r d e n A u s s a g e n ü b e r e t w a s B e k a n n t e s u n d d a h e r D e f i n i t e s g e m a c h t , d . h . , es gibt e i n d e u t i g e A f f i n i t ä ten z w i s c h e n d e r T h e m a f u n k t i o n u n d d e m M e r k m a l [ + d e f i n i t ] l S . D i e Hauptschwierigkeit bei der Themaidentifikation und der Themad e f i n i t i o n liegt a l s o in d e r K o p p e l u n g d e s k o m m u n i k a t i v - p r a g m a t i s c h e n u n d d e s k o n t e x t u e l l e n A s p e k t s . W e h r (1984, 1) schlägt d a h e r vor, hier a u c h t e r m i n o l o g i s c h z u d i f f e r e n z i e r e n u n d das, w o r ü b e r g e s p r o c h e n wird, als «Topik», d a s j e n i g e E l e m e n t mit d e m n i e d r i g s t e n M i t t e i l u n g s w e r t hing e g e n als « T h e m a » z u b e z e i c h n e n 1 9 . D i e w e i t e r e U n t e r s c h e i d u n g zwis c h e n « S a t z t o p i k » u n d « D i s k u r s t o p i k » , als d e r G r ö ß e , ü b e r die e i n e Z e i t l a n g i m T e x t g e s p r o c h e n w i r d , ist i n s o f e r n wichtig, als b e i d e G r ö ß e n z w a r in d e r R e g e l identisch sind, es a b e r nicht sein m ü s s e n . S o k ö n n e n in ein e m l a n g e n T e x t g r u n d s ä t z l i c h m e h r e r e E i n h e i t e n als S a t z t o p i k in F r a g e k o m m e n , w o b e i es v o n d e r P e r s p e k t i v e d e s E r z ä h l e r s a b h ä n g t , w e l c h e K o n s t i t u e n t e als A u s g a n g s p u n k t der j e w e i l i g e n A u s s a g e g e m a c h t w i r d (vgl. W e h r 1984, 14) 2 0 .

17

18

19

20

Rhema zu bestimmten informationellen Werten bildet nun den Hintergrund für die Korrelierung der (In)Definitkennzeichnung mit der Thema-RhemaGliederung. Wenn die Themarolle in der Regel mit Konstituenten mit dem Merkmal [+bekannt] bzw. [+vorerwähnt] besetzt wird, ist eine NP, die als Thema auftritt, in der Regel [+definit]. Umgekehrt sind NPs in Rhemaposition in aller Regel [—definit]. Daher kann die Thematizität einer NP als Ausweis ihrer Definitheit gelten, so wie umgekehrt ihre Rhematizität ihre Indefinitheit signalisieren kann». So hat ein definiter Artikel einen geringeren Grad an Definitheit als ein Demonstrativdeterminant oder ein restriktiver Relativsatz. Vgl. auch die «definite > indefinite hierarchy» von Siewierska (1988, 75). Vgl. Suner (1982, 9 - 1 0 ) : «The problem is that is an exclusively syntactic feature which does not always correspond to semantic definitions». Eine Ausnahme sind aber ζ. Β. generische Subjektdenotate, die zwar durch das Weltwissen als bekannt vorausgesetzt werden können, also [+referentiell] sind (und daher auch Thema sein können), oft jedoch keine Determinanten aufweisen. Thema und Rhema wären demnach ausschließlich kontextuelle Größen. Givon (1983b) hingegen bezeichnet nur das Diskurstopik als «topic» und das Satztopik als «theme»; ähnlich auch Halliday (1985) und Chr. Lehmann (1982, 117). Zur Problematik des vieldeutigen Begriffs Topic vgl. auch Fant (1984, 80-81) und unten Anm. 23. Zum Problem der topic continuity vgl. Kap. 1.2.5.5.1. Schon Firbas (1964, 1971) sah, daß prinzipiell mehr als eine Konstituente im Satz die Bedingungen für die Kategorie Thema bzw. Rhema erfüllen konnte, so daß eine eindeutige Gliederung in Thema und Rhema nicht immer möglich ist. Thema und Rhema werden von Firbas als Extremwerte angesehen, zwischen denen es eine ganze Skala von Übergangswerten gibt, die aufgrund ihres unterschiedlichen communicative dynamism ( C D ) in verschiedenem Maße zur Entfaltung der Information beitragen. So gibt es außer dem «theme proper» noch weitere thematische

41

1.2.2

Thema-Subjekt-Agens

Wenngleich es für das T h e m a keine konstante Kodifizierung, sondern nur Tendenzen der Kodifizierung gibt (ζ. B. Initialstellung und/oder Kodifizierung als Subjekt), gibt es zwischen pragmatischer Funktion, semantischer Rolle und morphosyntaktischer Kategorie eine R e i h e von Affinitäten, die die Themaselektion erleichtern 2 1 . In einem Beitrag von 1 9 8 4 geht Wandruszka diesem Problem detailliert nach, so daß wir uns hier auf eine kurze Darstellung der Hauptgedanken beschränken können. D i e zentrale Frage ist, wie es zur A f f i n i t ä t der pragmatischen Funktion Thema tuente Subjekt

und der satzgrammatischen Konsti-

kommen kann, die in den sogenannten «subjektprominen-

ten» Sprachen (vgl. dazu Kap. III.3) den Ausgangspunkt der Prädikation darstellt und daher in idealer Form dasjenige Konzept bezeichnen kann, über das etwas mitgeteilt wird. N a c h Wandruszka hat jedes V e r b einen Aktanten, der aufgrund seiner semantischen Rolle besonders prädestiniert ist, als Prädikationsbasis zu fungieren, d.h., als jener Vorgangsbeteiligte, aus dessen Gesichtswinkel der V o r g a n g vom Sprecher aus gesehen wird 2 2 . E r nennt diesen Protagonisten, der mit einem Prädikat einen Satz Elemente in einem Satz und außer dem «rheme proper» noch weitere rhematische Elemente (Gülich/Raible 1977, 64). Die Zuweisung von verschiedenen Graden der kommunikativen Dynamik ist allerdings ein Problem, das bislang nicht zufriedenstellend gelöst wurde, «in der Regel wirken verschiedene Mittel, die in Wechselbeziehung zueinander stehen, bei der Kennzeichnung von Thema und Rhema zusammen. Isoliert betrachtet, können die einzelnen sprachlichen Mittel den Grad an kommunikativem Dynamismus eines Elementes nicht angeben» (Gülich/Raible 1977, 65). Die Frage nach der Bestimmung des CD-Grades ist nach wie vor eines der zentralen Probleme bei der Analyse der Informationsstruktur von Äußerungen, das Fehlen eines zuverlässigen Bestimmungskriteriums für die Grade kommunikativer Dynamik ist mehrfach auf Kritik gestoßen. Z u m Problem des Vorhandenseins mehrerer themafähiger bzw. rhemafähiger Konstituenten sowie der kommunikativ relevanten Informationsabstufungen zwischen den einzelnen Satzkonstituenten vgl. Wandruszka (1984, 2 8 - 2 9 ) , Eroms (1986) und Oesterreicher (1991, 3 5 3 - 3 5 4 ) · 21

22

Vgl. auch Koch ( 1 9 8 1 , 5 9 - 6 1 ) , der von dem «verwobenenen Zusammenspiel der beiden Inhaltsstrukturebenen (semantische Sachverhaltsdarstellung und funktionaler Satzperspektive) gegenüber der syntaktischen Ausdrucksstruktur» spricht, sowie Oesterreicher (1991). Bei der Inventarisierung semantischer Rollen darf nicht vergessen werden, daß es sich um Abstraktionen handelt, deren einzelsprachliche Realisierung immer in Abhängigkeit von der Verbbedeutung zu sehen ist. Als Prototypen haben die semantischen Rollen außereinzelsprachliche Gültigkeit. Wie orientieren uns im folgenden weitgehend an der Auflistung von Givon (1984, 1 2 6 - 1 2 7 ) : Agent: Deliberate initiator of events Dative: Conscious participant or recipient in events or states (hierfür verwendet Fillmore den Begriff Experiencer) Patient: Registering a non-mental state or change of state Benefactive: Conscious benefiter from an agent-initiated event; most commonly subcategory of dative-recipient 42

b i l d e t u n d in d e r R e g e l d u r c h seine initiale Position g e k e n n z e i c h n e t ist, « u n m a r k i e r t e s T o p i c » ; f ü r d a s V e r b «schlagen» w ä r e dies ζ. B. der A g e n s : Peter schlägt

Paul

(1984, 16) 2 3 . Jedes V e r b ist n u n s e m a n t i s c h auf e i n e n

b e s t i m m t e n A k t a n t e n hin orientiert, w o b e i es in b e z u g auf die A f f i n i t ä t z w i s c h e n d e r « T o p i c » - F u n k t i o n u n d e i n e m b e s t i m m t e n A k t a n t e n , also einer bestimmten

semantischen

Rolle, kulturspezifische

Unterschiede

gibt 2 4 . S o ist b e i d e n f ü r die A k k u s a t i v s p r a c h e n t y p i s c h e n A k t i o n s v e r b e n d e r Agens

d a s b e v o r z u g t e «Topic», d e s s e n E i g e n s c h a f t e n auf e i n e r A g e n -

tivitätsskala d a r g e s t e l l t w e r d e n k ö n n e n : (a) Humanity : human > animate > inanimate > abstract (b) Causation: direct cause > indirect cause > non-cause (c) Volition: strong intent > weak intent > non voluntary (d) Control: clear control > weak control > no control (e) Saliency: very obvious/salient > unobvious salient/non salient (nach Givon 1984, 107) « A p r o t o t y p i c a l a g e n t is thus h u m a n , direct cause, d e l i b e r a t e causer, c o n trolling c a u s e r a n d o b v i o u s c a u s e » (1984, 107). E i n s o l c h e r A g e n s ist salient u n d v o n d a h e r d a z u p r ä d e s t i n i e r t , T h e m a z u sein u n d als g r a m m a t i sches S u b j e k t k o d i e r t z u w e r d e n 2 5 . N a c h G i v o n (1984, 1 3 9 - 1 4 1 ) e r g i b t Instrumental·.

Unconscious instrument used by the agent in bringing about the event A l s weitere Rollen nennt Givon noch Associative, Locative und Manner. Für eine Synopse der verschiedenen Inventarisierungsvorschläge sowie der damit verbundenen Probleme vgl. Koch (1981, 134-152). Ein interessanter neuerer Ansatz ist der von Foley/van Valin (1984, Kap. 2), die lediglich von zwei Makrorollen, nämlich von actor und undergoer als universal semantischen Relationen sprechen; «actor and undergoer are the two arguments in a transitive predication, either of which may be the single argument of an intransitive verb» (27). Vgl. Bossong (1989) zum Verhältnis von pragmatischen Rollen und Kasusrollen. 23

24 25

Der Begriff Topic bezieht sich wohlgemerkt bei Wandruszka anders als bei Wehr auf die semantische Struktur des Verbs, der Begriff Thema bzw. der u.E. verwirrende Begriff aktuales Topic (d.h., die Einheit, über die in einer Äußerung etwas mitgeteilt wird [21]) hingegen auf die informationsstrukturelle Ebene des Satzes. Foley/van Valin (1984) wiederum unterscheiden zwischen pivot und topic, wobei pivot eine satzinterne Größe ist («the NP around which the construction is built», 1984, n o ) , topic hingegen eine satzexterne Größe, ζ. Β. in Konstruktionen mit Linksversetzung oder freiem Thema. Für beide gilt allerdings das Kriterium der «aboutness». Vgl. auch Anm. 19 und 20. Man denke etwa an die ergativen Sprachen, vgl. auch unten Anm. 32. Der aus der Psychologie stammende Terminus salience/saliency bedeutet h e r vorspringen*, ; salient ist dasjenige Element im Satz, das der Sprecher als «the cognitive point of departure [...] upon its being uppermost in his mind» (Lyons 1977, 508) ansieht. Für Givon (1990, 958) liegt in der Agenshierarchie ein Grund für die Dominanz aktivischer Sätze: «The unmarked status of active over passive clauses has its roots in a number of cognitive and cultural domains. The prototypical transitive event - with a salient agent/ cause, salient patient/effect and a bounded, fast-changing verb - is indeed per43

sich folgende semantische Rollenhierarchie, die zum einen als Thematisierungshierarchie zu verstehen ist, zum anderen aber auch die Wahrscheinlichkeit, mit der die einzelnen Rollen im merkmallosen, einfachen Satz als E A des Satzes kodiert werden (was natürlich noch nichts über die Position aussagt), widerspiegelt. Damit ist sie auch für die Subjektzuweisung (subject assignment) von Bedeutung, - ein Zeichen für «die komplexe Beziehung zwischen semantischen Rollen und syntaktischer Aktantenrepräsentation» (Oesterreicher 1991, 375). A G T > DAT/BEN > PAT > L O C > INSTR/ASSOC > M A N N E R 2 6 So läßt sich voraussagen, daß im Falle des Vorhandenseins eines Agens dieser auch als Subjekt kodiert wird. Ist kein Agens, sondern nur ein Dativ/Benefaktiv (Experiencer) vorhanden, so wird dieser die Position des E A einnehmen usw.27. Diese hierarchische Ordnung dient als Grundlage für die Erklärung abweichender markierter Strukturen, denn je nach Kontext kann, z.B. in diathetisch merkmalhaltigen Sätzen, auch ein anderer Vorgangsbeteiligter im Sinne Wandruszkas «Topic» sein. Von der Hierarchie der semantischen Rollen nicht zu trennen ist der Grad der Belebtheit der jeweiligen Entität 28 . Givon (1984, 107) unterscheidet folgende Grade: human > animate > inanimate > abstract (vgl. oben). Je höher eine Einheit in dieser Belebtheitshierarchie steht, desto höher ist auch ihr Rang auf der Agentivitätsskala, wodurch sich wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß diese Größe zum Satzthema wird. Dies entspricht dem Animated First Principle von Tomlin (1986), dem seiner Ansicht nach zweiten wichtigen Prinzip bei der Regelung der

26

27

28

ceptually more salient. Culturally, making the agent the topic in the description of events reflects the anthropocentric orientation of human culture and human discourse». Vgl. oben Anm. 22. Zur subject assignment hierarchy bzw. semantic role hierarchy vgl. auch Siewierska (1988, 51), Tomlin (1986, 104), der von der Hierarchie Filimores (1968), d.h., Agens > Instrumental > Benefactive/Dative > Patient, ausgeht, und Comrie (1989, 120), demzufolge die «preference for equating agent and topic does seem by far the most prevalent identification across languages». Oesterreicher (1991) geht auch auf die sogenannte Objektzuweisung ein und bringt die Hierarchisierung der nominalen Aktanten in Anlehnung an Koch (1981), der die Aktantenrepräsentationsformen auf einer Skala zwischen Zentralität und Peripherie anordnet, nicht nur in Verbindung mit der Themahierarchie, sondern auch mit ihrer Affinität zur Fakultativität im Satz. Vgl. auch die Rhema-Selektionshierarchie von Contreras (1978), derzufolge «the arguments identified as agent, possessor and experiencer rank lowest in the hierarchy» (Suner 1982, 28g). Vgl. auch unseren Forschungsbericht sowie unten Anm. 58. Vgl. Siewierska (1988, 49): «Since inanimate or abstract entities cannot be agentive, other than in a metaphorical sense, and the potential agenthood of nonhuman animates affects only a limited sphere of human experience, human beings are the most frequent agents due to both the nature of agenthood and the human bias expressed in the personal hierarchy. Thus the overlap between the semantic role and personal hierarchies with respect to subject selection».

44

Satzgliedanordnung. «Animacy, thus appears to represent a very fundamental human concept, tied to agency (volition and control) through such basic properties as the native and source of motion in an object» (Tomlin 1986, 1 3 4 ) 2 9 . Mit der Belebtheitshierarchie eng gekoppelt (und oft auch zusammengesehen) ist der Faktor der «speaker's empathy» (Kuno 1 9 7 6 ) , der die Subjektselektion als abhängig vom egozentrischen Interesse des Sprechers an der Welt interpretiert 3 0 . E i n e m prototypischen A g e n s , der also durch die M e r k m a l e animate salient

-

direct

cause

-

strong

intent

-

clear

control

-

very

human/ obvious/

charakterisiert ist, ist nun in den «subjektprominenten» Sprachen

(vgl. dazu Kap. III.3.4) wiederum die Weiterentwicklung zum grammatischen Subjekt

inhärent, das aiich syntaktisch durch eine bestimmte Kasus-

endung, den Nominativ, markiert w i r d 3 1 . N a c h H e g e r ( 1 9 8 2 a ) sollte mit «Subjekt» allerdings nur diejenige einzige Aktantenbezeichnung (oder indirekt diejenige einzige Aktantenfunktion oder derjenige einzige A k t a n t ) benannt werden, auf die (den) die Kongruenzmarkierung am V e r b bezogen ist. Infolgedessen ist die A n w e n d b a r k e i t des Terminus «Subjekt» auf solche Sprachen begrenzt, «die derartige Kongruenzmarkierungen

auf

eine und nur eine Aktantenfunktion beziehen» ( 1 9 8 2 a , 9 2 ) 3 2 . F ü r die hi29

30

31

32

Vgl. auch Kap. 1.1.2.3. Vgl· dazu auch Comrie (1989, 198, 225), Ulrich (1985, 4 1 - 4 2 ) , Moreno (1990, 267) und Mayerthaler (1981,26) und oben Anm. 25. Wehr (1984, 5) definiert Empathie als «die Tendenz des Sprechers, sich selbst oder sein Gegenüber zum Ausgangspunkt der Mitteilung zu machen und nicht dasjenige, worüber er redet». Foley/van Valin (1985) sprechen hier von einer «hierarchy of inherent salience», die Bossong (1982a, 1991) folgendermaßen darstellt: [±deix] > [±propr] > [±hum] > [+pers] > [±anim] > [tdiscr] > [±concr] und in der er «eine unmittelbare Widerspiegelung der egozentrischen Hierarchisierung des Seienden (chain of being), die zweifellos eine phylogenetisch bedingte anthropologische Konstante ist», sieht (1982a, 2 6 - 2 7 ) . «The inherent salience of an N P often determines the packaging of a particular expression. NPs higher on the inherent salience hierarchy tend to occupy more prominent syntactic positions than NPs lower on it» (Foley/van Valin 1985, 288). Treten starke Abweichungen von der Prototypikalität auf, stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt noch um ein Agens handelt. Die Grenzen zwischen den einzelnen semantischen Rollen sind in jedem Fall fließend. Vgl. auch Jacob (1990, 76): «Das Zusammentreffen von Nominativ und Subjekt, wie im Lateinischen oder Deutschen, ist keine Notwendigkeit, sondern im Prinzip eine kontingente Erscheinung. E s ist dabei jedoch alles andere als ein Zufall: es erscheint sinnvoll für eine Sprache, sich so zu organisieren, daß sie, wenn sie schon eine Verbalkongruenz zu einer Form ausbildet, dies zu der Form tut, die immer vorhanden ist». Bezüglich der Abgrenzung des Subjektbegriffes meint Sasse: «The terminology confusion is disastrous» (1987, 575) und «It is a multi-functional grammatical category, a blend of semantic and pragmatic ingredients» (1987, 565). Ulrich (1985, 30) weist ebenfalls darauf hin, daß «eine für alle Subjektsprachen gültige Definition des Subjektbegriffs [...] bisher nicht vorliegt].» Einen der ambitioniertesten Versuche in diese Richtung liefert Keenan (1976), indem er 30 Subjektcharakteristika auflistet, wobei in jeder Einzelsprache diejenige N P als Sub45

storisch-typologische Affinität von Subjekt und Thema (vgl. dazu Keenan 1976 und Ulrich 1985, 4 1 - 4 2 ) werden also zwei Haupteigenschaften der grammatischen Kategorie «Subjekt» verantwortlich gemacht: Auf der formal-grammatischen Ebene ist die typische Kodierung des Subjekts ein Grundkasus, hinzu kommt die Kongruenz zwischen Subjekt und Verb; auf der Ebene der Semantik wird die Kategorie «Subjekt» in der Regel mit der semantischen Rolle des Agens sowie dem Faktor [+belebt] in Verbindung gebracht. Kasusrolle, eine spezifische Kasusmarkierung und Empathie sind voneinander abhängige Größen, die dem Subjekt inhärente Thematizität verleihen. Diese wurde in den subjektprominenten Sprachen weitgehend grammatikalisiert, so daß in den romanischen Sprachen (und in der allgemeinen indogermanischen Enwicklung) im Subjekt die pragmatische und die semantische Funktion zusammenfallen. In Anlehnung an Li/Thompson (1976, 484: «Subjects are essentially grammaticalized topics») versteht Wandruszka (1984, 18) unter Subjekt «eine bestimmte Form des unmarkierten Topics». Äußerungen, in denen das Subjekt Thema ist, sind daher unmarkiert. Natürlich müssen beide Größen nicht notwendigerweise zusammenfallen. Wandruzska (1984, 21) zitiert zur Illustration folgendes bekannte Beispiel von Heger (1982a, 91): Den allseits beliebten Briefträger erschlug ein Räuber, der zur Zeit noch flüchtig ist. Nach Wandruszkas Terminologie enthält dieser Satz zwei verschiedenartige «Topics»: ein unmarkiertes, das Subjekt, und ein «aktuales» (= das Thema), in diesem Fall das grammatische Objekt. Durch den Nichtzusammenfall der kontextuell-thematischen Einheit und der semantisch-grammatischen Einheit - Wehr spricht hier von der Entkoppelung von Thema und Subjekt (1984, 3) - ist dieser Satz

jekt zu gelten hat, die die meisten dieser Charakteristika aufweist: a) Kodierungseigenschaften (Kasusmarkierung, Kongruenz, Position), b) Verhaltensund Kontrolleigenschaften (Tilgbarkeit, Pronominalisierung etc.), c) semantische Eigenschaften (Agensrolle, «unabhängige Existenz»). Das Kriterium der independent existence, das Subjekte prinzipiell von Objekten unterscheidet, definiert Keenan wie folgt: «The entity that a subject refers to (if any) exists independently of the action or property expressed by the predicates» (1976, 312-313). Je nach Kriterienkonfiguration können verschiedene «degrees of subjecthood» unterschieden werden, der Begriff des Subjekts ist also eine graduierbare Größe, vgl. auch Meyer-Hermann (1991, 66). Zur Kritik an Keenans Ansatz vgl. Hagege (1978) und Sasse (1978). Nach Shibatani (1991) müssen die Kategorien «Subjekt» und «Topic/Thema» grundsätzlich auseinandergehalten werden, wenngleich sie in vielen Sprachen wie ζ. B. dem Englischen zusammengefallen sind. Auch die Korrelation Subjekt*Agens ist keineswegs universal, wie die ergativen Sprachen zeigen. «Thus, our view on the subject is that: (a) it is a syntactic category resulting from the generalization of an agent over other semantic roles, (b) languages vary as to how far this generalization has taken place; i.e. the grammatical status of subject differs from one language to another, and therefore, (c) the subject is not necessarily a universal category» (1991, 103).

46

m a r k i e r t . B o s s o n g (1984a, 1984b) b e z e i c h n e t d i e s e n V o r g a n g als konforme

nicht-

Thematisierung33.

Die dieser Äußerung innewohnende Spannung ergibt sich somit daraus, daß auf der syntaktisch-semantischen Ebene etwas über ein Agens prädiziert wird, einem Agens ein Prädikat zugesprochen wird, dieser Vorgangsbeteiligte jedoch kontextbedingt nicht im Zentrum des Interesses steht, d.h., nicht das «aktuale Mitteilungszentrum» bildet, über das gerade gesprochen wird, bzw. über das gesprochen werden soll (Wandruszka 1984, 21). E s h a n d e l t sich hier u m e i n e v o n d e r n o r m a l e n L i n e a r i s i e r u n g a b w e i c h e n d e Struktur, die b e s t i m m t e n k o n t e x t u e l l e n B e d i n g u n g e n u n t e r w o r f e n ist.

1.2.3 Z u r A n o r d n u n g v o n T h e m a u n d R h e m a B e z o g sich das b i s h e r G e s a g t e auf K r i t e r i e n d e r T h e m a s e l e k t i o n , b l e i b t noch

die F r a g e

nach

der

Motiviertheit

der A n o r d n u n g

Thema

vor

R h e m a . N a c h B o s s o n g (1984a, 1 0 3 - 1 0 4 ) b e s a g t das als universell gültig erachtete

Prinzip

der

pragmatischen

Linearisierung

(vgl.

dazu

auch

K a p . III.3.1), d a ß t h e m a t i s c h e E l e m e n t e n a c h links, r h e m a t i s c h e mente

Ele-

n a c h rechts t e n d i e r e n , d e n n es ist «natürlicher, z u n ä c h s t

das

T h e m a d e r Ä u ß e r u n g z u n e n n e n , e h e m a n die A u s s a g e selbst macht» 3 4 . D i e A b f o l g e R h e m a - T h e m a ist h i n g e g e n m a r k i e r t , d a sie die « A u s s a g e » , d . h . , m e i s t n e u e , i m D i s k u r s n o c h nicht e t a b l i e r t e I n f o r m a t i o n an d e n S a t z a n f a n g stellt. D e m entspricht w e i t g e h e n d das Theme

First

Principle

v o n T o m l i n , d a s seiner A n s i c h t n a c h z u s a m m e n m i t d e m Animated Principle

u n d d e m Verb-Object-Bonding

First

zu den «fundamental functional

principles that s h a p e l a n g u a g e s p e c i f i c g r a m m a r s » (1986, 38) g e h ö r t u n d e i n e u n i v e r s a l e K o n s t a n t e darstellt (ibid. 135) 3 5 . 33

34

35

Vgl. Oesterreicher (1991, 368): «Bei der nicht-konformen Thematisierung werden die rhemahierarchisch ranghöheren/-höchsten Konstituenten als Thema kodiert, aber gerade nicht als Subjekt!» Der Begriff pragmatisch bezieht sich in diesem Kontext also lediglich auf die Anordnung Thema vor Rhema; gebraucht man den Terminus in einem weiteren Sinne als bezogen auf die Funktion einer Äußerung im Diskurs/Text, kann durchaus auch die Rhema-Thema-Anordnung diskurspragmatisch motiviert sein. «The general thrust of this principle is that in sentences or clauses information that is more tends to precede information that is less (1986, 37). Siewierska (1988) spricht hier zum einen von der «topic > comment hierarchy» (65ff.), zum anderen von der «given > new hierarchy» (67ft.). Nach Gundel (1988, 223) ist die Satzgliedanordnung der sprachenübergreifend häufigste Kodierungsmechanismus für die «topic-comment-relation». Vgl. auch Mallinson/Blake (1981, 151), die als weitere Wortstellungsprinzipien noch das «heavy-to-the-right-principle» (vgl. auch Kap. I. 2.5.5.2. und Hickey 1994) sowie die Tatsache, daß Konstituenten je nach Kategoriezugehörigkeit feste Positionen im Satz haben, nennen. Dieses letzte Prinzip steht in konfliktueller Interaktion mit den beiden anderen.

47

E i n e R e c h t f e r t i g u n g dieses A n o r d n u n g s m u s t e r s d ü r f t e letztlich «in kommunikativen oder kognitiv-perzeptiven Gegebenheiten» zu finden sein (Jacob 1990, 34) 3 6 . In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g w i r d in der R e g e l auf das z w e i t e B e h a g h e i s c h e G e s e t z v e r w i e s e n , n a c h d e m das W i c h t i g s t e aus w a h r n e h m u n g s p s y c h o l o g i s c h e n G r ü n d e n s p ä t e r a n g e f ü h r t wird als d a s U n w i c h t i g e (vgl. B e h a g h e l 1932, IV, 4). S e i l e r (1988a, 6) f a ß t z u s a m m e n , w a s a u c h a n d e r s w o in ä h n l i c h e r F o r m z u d i e s e m P u n k t a n g e m e r k t wird: Was ist der funktionale Zusammenhang zwischen der Stellung des Subjekts und den restlichen Satzelementen V und O ? Sprache kann außersprachliche Geschehnissse im Satz immer nur linear darstellen, ihr ist eine spezifische Eindimensionalität auferlegt. Eine besonders prominente Position der linearen Satzfolge ist der Anfangspunkt. Das Subjekt wiederum ist nach Jakobson der «hero of the event», wodurch eine egozentrische Darstellungsperspektive nahegelegt wird. Das Ego ist sich selbst am nächsten, es figuriert prototypischerweise als Agens, «Actor» usf. Da ferner eine ikonische Abbildung der Geschehnisse der Außenwelt am natürlichsten ist, resultiert daraus die hohe Häufigkeit der SVO-Reihenfolge, in der das Subjekt die satz[initiale] 37 Position innehat 38 . A u f g r u n d der Affinität von grammatischem Subjekt und pragmatischem T h e m a e v o l u i e r e n v i e l e S p r a c h e n in R i c h t u n g auf die S V O - A n o r d n u n g 3 9 . 36

37 38

39

Vgl. Sasse (1977, 90): «Es hat sicher einiges für sich, die offenbar universelle sequentielle Vorrangigkeit des Subjekts vor dem Objekt durch die funktionale Satzperspektive zu erklären. Ohne Zweifel ist das Subjekt typischer NominativAkkusativ-Sprachen (wie des Deutschen) ein eingefrorenes (grammatikalisiertes) Topic [...], wodurch sich seine typischen Topic-Charakteristika (Tendenz zur Initialstellung, Determiniertheit usw.) zwanglos erklären lassen». Vgl. auch Siewierska (1988, 84-88). In der Quelle heißt es irrtümlicherweise satzfinal. Der Begriff Ikonizität wird hier ausdrücklich auf die Aktantenordnung bezogen; oft wird darunter nur die zeitliche Abfolge des Geschehens verstanden, vgl. Siewierska (1988, 84-88). Haiman (1980, 1985a, 1985b), der deutlich zwischen Ikonizität und Isomorphic trennt, subsumiert unter Ikonizität sowohl die zeitliche Abfolge (1980, 516) als auch die Agens-Subjekt-Korrelation (1980, 528-529). Nach Haiman bilden die Oberflächenstrukturen konzeptuelle Relationen ab, wobei der Positionalität beim Ausdruck logischer Beziehungen eine herausragende Rolle zukommt («it must follow that all semantic relationships may be expressed through word order alone» 1985a, 70). Bei Givon scheint sich das ikonische Prinzip nur auf die Abfolge Subjekt-Objekt zu beziehen: «In the typology of rigid word-order across languages the three most common types indeed abide by this iconic principle in their relative ordering of subject/agent and object/patient in the transitive clause: the SVO, S O V and V S O orders» (1985, 2 1 1 - 2 1 2 ) . Zur Ikonizität allgemein vgl. Osgood (1980), Haiman (1985b), Tomlin (1986, 8 - 1 0 ) , Siewierska (1988, 7 9 f t ) , Seiler (1988b, 1989). Zum Problem von Ikonizität und Markiertheit vgl. Ludwig (1996), Gundel et al. (1988, 294) und Jacob (1990, 31 ff.) sowie die morphologische Natürlichkeitstheorie von Mayerthaler (1981). Vgl. auch Kap. III.4.3.1.3. Ulrich (1985, 42): «Daß die Koppelung Subjekt-Thema in sehr vielen Sprachen die höchste Frequenz aufweist, läßt sich übrigens nicht nur statistisch ermitteln, sondern auch theoretisch begründen. Es ist nämlich ein Faktum des die Gestaltung der Sprachen bestimmenden praktischen Verstands, daß in der Regel die-

48

Seiler (1988a, 6) merkt dazu an: «So gilt z.B. für die Reihenfolge der Grundelemente des Satzes: [...] SVO > VSO > VOS. Je weiter links das Subjekt S in der Satzreihenfolge situiert ist, desto zahlreicher sind die Sprachen des entsprechenden Typs vertreten». In die gleiche Richtung geht auch die Performanztheorie von Hawkins (1990,1992), die Wortstellung als grundsätzlich abhängig von den Dekodierungsmöglichkeiten durch den Hörer erklärt. Die Anordnung der Satzglieder auf der chaine parlee erweist sich somit als eine von verschiedenen semantischen, pragmatischen und syntaktischen Faktoren abhängige Größe. Die Frage nach der Möglichkeit einer Graduierung dieser Faktoren in bezug auf ihre Wichtigkeit möchten wir einstweilen zurückstellen. Hier sei nur angemerkt, daß überprüft werden müßte, ob die einzelnen, sich z.T. gegenseitig bedingenden Parameter wirklich so streng hierarchisch angeordnet werden können, wie es Siewierska (1988, 83) tut, wenn sie feststellt: «that discourse considerations tend to outweigh purely semantic and syntactic ones as determinants of order» 40 .

1.2.4 Z u m Begriff der Transitivität Bekanntermaßen spielt die Verbbedeutung für die Anordnung der Satzglieder eine bedeutsame Rolle, d.h., eine Analyse der Konstituentenabfolge muß auch das Verhältnis von Prädikat und prädikatsabhängigen semantischen Rollen berücksichtigen. Wir werden in dieser Arbeit mit dem Konzept der Transitivität arbeiten, wobei wir darunter in Anlehung an Hopper (1979,1983) und Hopper/Thompson (1980) ein übereinzelsprachlich zu beobachtendes, strukturell-semantisches Merkmal eines ganzen

40

jenigen grammatischen Funktionen markiert werden, die die seltenere Vorkommensfrequenz aufweisen, während die häufig auftretenden Funktionen unmarkiert bleiben». Vgl. auch Harris (1984b, 188), der als weiteren relevanten Faktor für Sprachwandel «the response by speakers of a language to perceptual difficulties» nennt. Das heißt mit anderen Worten, daß Empathie («speaker's focus of interest», Siewierska 1988, 61), topic > comment, given > new, Ikonizität, die Definitheitsund Referentialitätshierarchie (in dieser Reihenfolge!) eine größere Rolle bei der Linearisierung spielen als Faktoren wie Belebtheit, Agentivität oder formale Parameter wie Länge eines Satzglieds etc. Interessant scheint uns bei Siewierska die hohe Einschätzung der Einstellung des Sprechers zu dem Gesagten, was u.E. mit dem Begriff communicative perspective von Sasse vergleichbar ist (vgl. Kap. 1.2.1.1.3). Vgl. auch Schwarze (1988, 685), der von fünf Faktoren spricht, die die Wortstellung beeinflussen (1. kommunikative Gewichtung, 2. Prinzip der wachsenden Glieder, 3. Prinzip der größtmöglichen Nähe, 4. Prinzip der Reliefgebung, 5. Prinzip der ikonischen Deutung) und Andersen (1983, 81), der einen ähnlichen Kriterienkatalog vorschlägt. Weitere Arbeiten zu einer «multifunctional theory of word order» liegen vor von Siewierska (1991) und Dik (1989).

49

Satzes

v e r s t e h e n 4 1 . «Transitivität» b e z i e h t sich in d i e s e m S i n n e nicht pri-

m ä r auf die s e m a n t i s c h - s y n t a k t i s c h e E i g e n s c h a f t v o n V e r b e n , die ein A k k u s a t i v o b j e k t f o r d e r n , w e n n g l e i c h a u c h b e i H o p p e r / T h o m p s o n «the e f f e c t i v e c a r r y i n g o v e r of an activity f r o m A t o a p a t i e n t » (1980, 279) d e r K e r n dieses K o n z e p t s u n d v o n d a h e r ein M e r k m a l f ü r p r o t o t y p i s c h «transitive» S ä t z e ist 4 2 . F ü r H o p p e r ist «Transitivität» a discourse-derived relationship which is stronger in proportion to the intensity of the event which the clause is reporting. The intensity - that is, the degree of transitivity - of the event is measured as an aggregate of a number of parameters, each of which contributes in some way to the transitivity relationship. The parameters are, it should be emphasized, discourse parameters; yet either alone or in combination they can be shown to have consistent typological effects on the morphosyntax of the clause (Hopper 1983, 73-74). «Transitivität» ist also e i n e s k a l a r e G r ö ß e 4 3 , die auf d e r E i n z e l s a t z e b e n e d u r c h das Z u s a m m e n s p i e l f o l g e n d e r P a r a m e t e r (vgl. H o p p e r / T h o m p s o n 1980, H o p p e r 1983) entsteht:

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42

43

Mit diesem Konzept von «Transitivität» hat in der deutschen Romanistik bislang v.a. Geisler (1988) im Bereich der französischen Syntax gearbeitet; für das Spanische sei auf die Arbeiten von Roegiest (1989, 1990) verwiesen. Vgl. auch Neumann-Holzschuh (erscheint [a]). Wird das Wort Transitivität im Sinne von Hopper/Thompson gebraucht, erscheint es in Anführungszeichen. Z u den verschiedenen Definitionen von Transitivität vgl. Drossard (1991). Drossard weist darauf hin, daß dieses Konzept, das ursprünglich nur für Sprachen mit intransitiv/transitiv-Dichotomie etabliert wurde, auch für typologisch anders zu klassifizierende Sprachen Gültigkeit hat und daß in allen neueren Definitionen die syntaktische Komponente von Transitivität, die Stelligkeit, in den Hintergrund rückt. Zur systematischen Klassifizierung von Verben und ihren Bedeutungen hinsichtlich der Art der Sachverhaltsdarstellung vgl. Koch (1981, 207-258), der an anderer Stelle darauf hinweist, daß sich in der Hierarchie der semantischen Aktantenrollen informationsstrukturelle Abstufungen widerspiegeln; «die jeweiligen Verblexeme schreiben durch ihre syntaktische Valenz und ihre Diathesemöglichkeiten oftmals schon bestimmte funktionalsatzperspektivische Funktionen für die Aktanten vor» (1981, 61). Zum Zusammenhang von Verbvalenz, Transitivität und Diskursivitätstypen vgl. auch Oesterreicher (1989, 252; 1991, 351). Foley/van Valin (1984, 371) interpretieren Transitivität primär als ein Kontinuum verschiedener verbsemantischer Parameter: «verbs high in transitivity are agentive accomplishment verbs, those lowest in transitivity are the various kinds of statives». So übrigens auch bei Hagege (1982, 50), der zwischen «transitivite forte» und «transitivite faible» unterscheidet, wobei Transitivität für Hagege primär ein verbsemantisches Phänomen ist. Vgl. auch Pottier (1968, 87). Drossard (1991) unterstreicht den Gedanken der Skalarität des Phänomens Transitivität v. a. in übereinzelsprachlicher Hinsicht, da sich Transitivität in verschiedenen Sprachen in unterschiedlicher Weise manifestiert («intersprachliche Skalen»).

50

ι ) Participants 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) ι ο)

Kinesis Aspect Punctuality Volitionality Affirmation Mode Agency Affectedness of Ο Individuation of Ο

high

low

2 or more participants A[gent] and Ofbject] action telic punctual volitional affirmative realis A high in potency 4 4 Ο totally affected Ο highly individuated

ι participant non-action atelic non-punctual non-volitional negative irrealis A low in potency Ο not affected Ο non-individuated

The canonical transitive clause has two participants, reports a kinetic event, is punctual and perfective, has a definite, referential, individuated, and wholly affected patient and a volitional agent which ranks high on the animacy hierarchy, and is affirmative and realis ( D e L a n c e y 1987, 53) 45 . I n d i e s e m S i n n e h a b e n d u r c h a u s a u c h t r a d i t i o n e l l i n t r a n s i t i v e V e r b e n ein e n r e l a t i v h o c h r a n g i g e n P l a t z a u f d e m Transitivitätskontinuum,

w i e es

H o p p e r an d e n b e i d e n f o l g e n d e n englischen Sätzen demonstriert: John

likes

(a)

beer h a t t r o t z z w e i e r A k t a n t e n w e n i g e r « T r a n s i t i v i t ä t » als d e r

S a t z ( b ) Susan

left, d a ( b ) i m G e g e n s a t z z u ( a ) d i e M e r k m a l e

[+action],

[+telic], [ + p u n c t u a l ] u n d [ + v o l i t i o n a l ] a u f w e i s t , a l l e s I n d i z i e n f ü r h o h e « T r a n s i t i v i t ä t » . I n t e r e s s a n t e r w e i s e w i r d in d e r s p a n i s c h e n E n t s p r e c h u n g v o n ( a ) Α Juan le gusta la cerveza

d e r E x p e r i e n c e r als D a t i v o b j e k t k o d i e r t

u n d d a s S u b j e k t d e m V e r b n a c h g e s t e l l t ( H o p p e r / T h o m p s o n 1980, 254). « T r a n s i t i v i t ä t » k a n n a l s o d e f i n i e r t w e r d e n als a relationship which obtains throughout a clause. It is not restricted to one constituent or pair of constituents. Consequently, the presence of an overt Ο is only one feature of a Transitive clause; it co-exists with other defining properties (such as Agency, Kinesis etc.). A n d just as a clause may have an overt second participant, and still be aligned with the intransitive clause, so also it may lack a second participant, and yet have Transitive features. Because Transitivity is not dichotomous, but is a continuum, it follows that clauses lacking an overt Ο must be locatable somewhere on this continuum; but it does not necessarily follow that such clauses are situated at the extreme intransitive end (Hopper/Thompson 1980, 266). Je m e h r F a k t o r e n a u s d e r l i n k e n S p a l t e a l s o in e i n e m S a t z a n z u t r e f f e n s i n d , d e s t o h ö h e r ist d e r G r a d d e r « T r a n s i t i v i t ä t » d e s S a t z e s , w o b e i d e n 44

45

« A high in potency» bedeutet, daß der A g e n s auf der Agentivitätsskala weit oben anzusiedeln ist, was in der Regel das Merkmal [+belebt] bzw. [+ human] impliziert. D e L a n c e y (1987) ist bemüht, einen «cognitively-based semantic account of the transitivity» zu finden, der im wesentlichen auf den beiden Faktoren cause und effect basiert. Prototypische «transitive» Ä u ß e r u n g e n sind «psychologically salient», was sich wiederum in vielen Sprachen auf morpho-syntaktischer E b e n e niederschlägt. Vgl. auch G i v o n (1990, 958) in A n m . 25, der den Begriff transitiv allerdings nicht in dem o.g. Sinne verwendet.

51

beiden Parametern kinesis und agency sicherlich ein besonderer Stellenwert zukommt 46 . Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, daß die jeweilige Äußerung eine «Vordergrundhandlung» wiedergibt (vgl. Kap. I.2.1.1) und aus dem Blickwinkel des jeweiligen Agens dargestellt wird, der positionell zur Satzspitze tendiert. Furthermore, foregrounded clauses tend to have A's on the left rather than the right side of the Agency Hierarchy [...]. In addition, however, it also arranges entities in the order of their intrinsic topicality, i.e. the degree to which they are likely to be definite and referential« (Hopper/Thompson 1980, 286).

Wir werden den Begriff «Transitivität» in diesem Sinne in Kap. I.2.7 wieder aufgreifen und dort die Anordnung der Satzglieder in Verbindung bringen mit den skalar zu verstehenden Merkmalen [+tr] (= relativ hohe «Transitivität») bzw. [—tr] (= relativ niedrige «Transitivität») der jeweiligen Äußerung. Der Begriff wird dabei zunächst in seiner zugegebenermaßen sehr weiten Bedeutung verwendet; bei der Analyse eines Teils des eigentlichen Korpus werden wir im Zusammenhang mit dem Problem des Sprachwandels auf die einzelnen der von Hopper/Thompson genannten Parameter näher eingehen (vgl. Kap. III.4.3.1) 47 .

1.3

Problemfälle der Funktionalen Satzperspektive

1.3.1 Kommunikative Dezentrierung von Äußerungen In seinem Beitrag von 1984 unternimmt Wandruszka einen ambitionierten Versuch, die begrifflichen und terminologischen Ungereimtheiten der Thema-Rhema-Analyse durch ein möglichst stringentes Begriffsraster in den Griff zu bekommen. Er bleibt dabei im Rahmen der Theorie der FSP, erkennt jedoch, daß nicht alle Äußerungen mit Hilfe dieses Modells befriedigend erklärt werden können. So bemüht er sich insbesondere bezüglich jener Sätze, in denen ein indefinites, also kontextuell inhärent Thematisches Element an der Satzspitze steht, um eine klarere Darlegung als die Vertreter der FSP, indem er ein umfassendes Modell für die Analyse zweigliedriger Sätze aufstellt. Seiner Ansicht nach hat jede syntaktisch mehrgliedrige Äußerung ein «kommunikatives Profil», dergestalt, daß ein Element dasjenige mit dem geringsten Mitteilungswert, oder, in der Terminologie von Contreras, die in der Rhemahierarchie rangniedrigste Konstituente ist. Dieses Element

46

47

Comrie (1989, 186-187) verwendet die Begriffe animacy und control, wobei er mit control als graduierbarer Größe die Beziehung zwischen Prädikat und Aktant(en) bezeichnet. Zum Problem der Parameterhierarchie vgl. NeumannHolzschuh (erscheint [a]). Zum Verhältnis von «Transitivität» und der Funktion der jeweiligen Äußerung im Diskurs vgl. Kap. 1.2.1.1.5.

52

bezeichnet Wandruszka als «kommunikative Basis», es ist eine pragmatische Größe, die zwar oft mit der innertextlichen Funktion «Prädikationsbasis» zusammenfällt, aber nicht zwangsläufig zusammenfallen muß (ζ. B. wenn ein Satz ein Objektpronomen aufweist). Je stärker nun das kommunikative Gefälle zwischen der Basis und dem Rest der Mitteilung ist, umso deutlicher ist die binäre Gliederung und damit die kommunikative Zentrierung einer Äußerung auf ein Mitteilungszentrum ( M T Z ) hin, also das Element, das im Zentrum der Kommunikation bzw. des Interesses von Sprecher und Hörer steht, auf das hin die Äußerung ausgerichtet ist und über das etwas mitgeteilt wird (1982, 207-208) 48 . Zentrierung ist dabei als skalare Größe zu interpretieren, d.h., sie ist dann am deutlichsten, wenn das M T Z durch das syntaktische Subjekt repräsentiert wird und dieses in satzinitialer Position steht weniger ausgeprägt ist sie hingegen dann, wenn das Subjekt postverbal steht oder wenn die Äußerung mehrere thema- bzw. rhemafähige Elemente enthält. So besteht nach Wandruszka zwischen den Sätzen (1) Le jeune komme α νοίέ un livre und (2) Un jeune komme a vole un livre ein Unterschied im kommunikativen Profil (1984, 27), der sich durch den unterschiedlichen Grad an kommunikativer Zentrierung manifestiert: Satz (1) hat eine klare binäre Gliederung: Die kommunikative Basis ist als definites Subjekt kodiert und durch die satzinitiale Position als M T Z deutlich erkennbar. Solche Sätze mit bekanntem und daher im Sinne Wandruszkas thematischen Subjekt als Prädikationsbasis sind Paradefälle zentrierter Ä u ßerungen. «Fungiert das Subjekt in seiner Eigenschaft als unmarkiertes Topic auch als «aktuales Topic» bzw. Thema, haben wir, zumal wenn dieses satzeröffnend auftritt, den unmarkierten Fall einer eindeutig zentrierten Aussage vor uns» (1984, 33). In Satz (2) hingegen ist die kommunikative Basis aufgrund der beiden indefiniten NP, die jeweils einen größeren Grad an Rhemafähigkeit haben, als solche(s) weniger klar erkennbar, und das M T Z ist daher weniger deutlich ausgebildet. Da diese Sätze im Vergleich zu jenen mit definiter Prädikationsbasis weniger binär sind sie sind weniger deutlich auf ein Mitteilungszentrum hin zentriert und von daher «kompakter» (26) - , werden sie vielfach als Beispiele für Neu48

Der Begriff der Zentrierung bezeichnet den Vorgang, durch den ein Element z.B. durch Voranstellung (weiter) in das M T Z einer Äußerung gerückt wird (Wandruszka 1984, 27, 33), und bezieht sich auf den ganzen Satz; der Begriff Zentralisierung bezieht sich nur auf die Satzglieder. «Zentralisierung umfaßt als übergeordneter Begriff demnach sowohl Thematisierung als auch die relative Abschwächung des CD-Grades nicht-thematischer Elemente - eingeschlossen solche Äußerungen, die über kein ausgeprägtes Mitteilungszentrum verfügen, wie etwa: Langsam näherte sich ein fremdes Schiff mit zentralisiertem Modaladverb vs. Ein fremdes Schiff näherte sich langsam. Initialstellung ist hierfür weder eine hinreichende, noch eine notwendige Bedingung, wenngleich eben durch die präverbale Position eine deutliche Zentralisierung erreicht wird» (1984, 28). Ähnlich argumentiert auch Eroms (1986).

53

trale Beschreibung (zu diesem Begriff vgl. unten Kap. 1.1.3.2.2), also als nur aus rhemafähigen Elementen bestehende Äußerungen interpretiert. Ähnlich wie in Satz (2) sind auch die entsprechende Passivtransformation (3) Un livre a ete νοίέ par un jeune komme sowie Äußerungen mit satzinitialem Objekt als Prädikationsbasis wie (4) Den allseits beliebten Briefträger erschlug ein Räuber [...] nach Wandruszka (1984, 27) kommunikativ dezentriert. Satz (4) hat zwar eine deutliche kommunikative Basis, das definite Objekt, und ist von daher binär gegliedert, die Basis ist aber nicht mit dem Subjekt (in diesem Falle dem Agens) identisch; «Topic» im Sinne von Wandruszka und Satzthema stimmen nicht überein. In Satz (4) läge also Zentralisierung des Objekts und Dezentralisierung des Subjekts vor (1984, 29)«. Weitere Fälle von Dezentrierungen sind solche Sätze, in denen ein Aktant durch ein Objektpronomen repräsentiert wird 50 . «Die interessantesten Fälle kommunikativer Dezentrierung sind jedoch die, in denen unmarkiertes Thema und Rhema nicht einfach ihre Rollen tauschen, sondern ihre angestammten kommunikativen Funktionen lediglich relativiert werden» (Wandruszka 1984, 27). Nach Wandruzska ist in Sätzen wie (5) Un jeune homme l'a νοίέ das indefinite Subjekt durch seine satzinitiale Position und seine syntaktische Funktion zwar «zentralisiert», es ist aber nicht das eigentliche Thema. Die kommunikative Basis wird vielmehr durch das anaphorische Objektpronomen repräsentiert, d.h., sie ist sowohl aus ihrer unmarkierten syntaktischen Funktion als auch aus ihrer unmarkierten Position entfernt, so daß die Äußerung weniger deutlich auf ein M T Z hin ausgerichtet ist (Wandruszka 1982, 208-209; !9».

138

Auf Aktanten, die durch Nebensätze vertreten werden, gehen wir hier nicht ein, da es uns in erster Linie um die Anordnung der nominalen Satzkonstituenten geht. Eine Einbeziehung der Gliedsätze muß einer ausführlicheren Untersuchung der nsp. Wortstellung vorbehalten bleiben. 121

auch zur B e z e i c h n u n g thetischer Inhalte eintreten, w e n n v o m V e r b mehr als e i n A k t a n t a b h ä n g t . 2.5.1.1 E r s t a k t a n t und V e r b (und Z w e i t a k t a n t ) (a) K a t e g o r i s c h e Sätze mit e i n e m A k t a n t e n : (I—135) (I—136)

Maica se removio en suenos. ( D r o g a , n ) El motor sonaba ya muy fuerte y el coche se estremecia sin moverse (Vis, 2 9 - 3 0 ) L a ciudad de Venecia acogerä [...] la exposition De Gaudi α Picasso. [...] L a exposition se realizarä en la Fundation Giorgio Cini (El Pais, 7.VIII.1991, 20) Solo una puerta se abria en aquellos muros grises (El Pais,7. VIII.1991,8) (vgl. I.2.5.6.1) A s i como se desataban el frio, la lluvia y el barro de las Calles, [...] el verano tambien llegaba a esas regiones, amarillo y abrasador. (Ner, 24)

(I-137)

(I—138) (I —139)

(b) Kategorische Sätze mit zwei nominalen A k t a n t e n 1 3 9 : (b) ( I - 1 4 0 ) (I-141)

Natalia levanto un poco el visillo. (Vis, 13) L u e g o el tren se metio entre dos terraplenes y pito muy fuerte. Toda la gente estaba sacando los equipajes al pasillo. (Vis, 28) El hachis obraba sus efectos (Droga, 16)

(I-142)

2.5.1.2 D i e P o s i t i o n d e r O b j e k t e W e n n d a s O b j e k t p r o n o m i n a l a u s g e d r ü c k t w i r d , ist d i e

Satzgliedanord-

nung S-Op-V: (I-143) (I - 1 4 4 ) (I —145)

El sonido agudo y metälico del telefono le desperto (Droga, 11) Julia, apoyada en la pared, las miraba sin intervenir. (Vis, 15) la abuelita nos estaba mirando (Nada, 16)

Je n a c h d e m G r a d d e r B e k a n n t h e i t d e s S u b j e k t d e n o t a t s k ö n n e n in e i n e m S a t z m i t O p m e h r e r e t h e m a f ä h i g e E l e m e n t e v o r h a n d e n s e i n 1 4 0 . D i e Interpretation

von

solchen

Äußerungen

mit

komplexen

thematischen

S t r u k t u r e n ist d i f f i z i l , a u f d i e K a s u i s t i k d e r T h e m a - R h e m a - A n a l y s e k a n n 139 Vgl. Delbecque (1987, 103): «Les distributions observees montrent que dans les propositions ä deux (ou plusieurs) actants il existe une tendance ä anteposer le sujet et ä postposer le complement: l'ordre S V O caracterise un tiers du corpus [...]. L'ordre S V O devance VS/O et O V S qui se concurrencent pour le deuxieme rang, avec un taux d'usage situe entre 5 % et 1 0 % » . 140

Z u m thematischen Status pronominaler O b j e k t e und der daraus resultierenden Op-V-Struktur vgl. auch Bossong (1982a, 44): «diese haben, eben aufgrund ihres pronominalen Status, der gegenüber der kasuellen Funktion Ο dominant ist, eine eindeutige Affinität zum Th[ema], Von daher gesehen liegt eine präverbale Linearisierung pronominaler O b j e k t e (aus denen die romanische O - K o n jugation ja zweifellos entstanden ist) durchaus nahe: im Gegensatz zu den überwiegend rhematischen nominalen Objekten sind pronominale ganz überwiegend thematisch». 122

daher hier nicht näher eingegangen werden. Äußerungen dieser Art sind aber in jedem Falle kategorisch und müssen mit Hilfe einer detaillierten thematisch-rhematischen Analyse interpretiert werden (vgl. Eroms 1986). Was die Anordnung der nominalen Objekte im Nsp. anbelangt, ist diese weitgehend frei und kann daher stilistischen und diskurspragmatischen Faktoren Rechnung tragen. «The relative order of object and dative in the same clause is free and determined stylistically when both are nominals, with the shorter complement tending to precede the longer» (Agard 1984, 78) 1 4 1 . (I-146a) ( I - i 46b)

Mi padre le ha regalado un libro a mi hermana. Mi padre le ha regalado a mi hermana un libro.

Nach der Rhemahierarchie von Contreras ist der zweite Satz markiert, da der Empf in dieser Hierarchie höher steht als der Patiens (1978, 67). 2.5.1.3 Die Stellung des Subjekts bei tener Die Subjektposition bei dem Verb tener ist im Nsp. offensichtlich variabel und nur eingeschränkt von der Bekanntheit/Nicht-Bekanntheit des Subjektdenotats abhängig. In unserem nsp. Korpus finden sich neben der dominierenden SVO-Struktur zahlreiche VSO- und v.a. VOS-Konstruktionen, die in keinem Fall thetisch sind. (I-147) (I-148)

Tuvo Isabel la fortuna de poder contar con el politico mäs häbil de su tiempo (Alv, 2 2 3 ) Tambien tienen buena salida este ano los viajes a Estados Unidos (El Pais, 7.VIII. 1 9 9 1 , 1 6 )

Ein Grund für die Nachstellungen des Subjekts scheint uns in der Natur des Verbs selbst zu liegen. Tener ist (wie übrigens saber) kein transitives Verb im eigentlichen Sinn, hier geht es nicht um eine vom Handelnden ausgeübte Tätigkeit in Richtung auf ein Patiens, sondern um die semantische Relation zwischen zwei sprachlichen Ausdrücken zur Bezeichnung der Besitzverhältnisse. Das Verb ist im Sinne von Hopper/Thompson «intransitiv» bzw. statisch, und das grammatische Subjekt ist nicht Agens, sondern vielmehr Exp, was die syntaktische Dezentrierung einer solchen Äußerung begünstigt 142 . 141

142

Gutierrez Araus ermittelt für ihr Korpus geschriebener Sprache 2 6 % für die Abfolge V - I O - D O und 2 2 , 2 % für V - D O - I O (1978, 40). Für das Französische vgl. diesbezüglich die Untersuchung von Berendonner (1987). Auch Foley/van Valin (1984, 48 ff.) und Lambrecht (1987) interpretieren dieses Verb als «semantically intransitive». «I believe it is this syntactic-semantic peculiarity that makes avoir the preferred candidate for the presentational function» (Lambrecht 1987, 227). Vgl. dazu allerdings die Zahlen von Morales de Walters (1982, 26, 27): «los que indican posesion y sus derivados»: 8 8 , 3 8 % S V und 1 1 , 6 0 % V S , sowie Delbecque (1987, 2 1 1 ) : «Les verbes d'[action] et de [comportement] sont generalement defavorables ä la postposition du sujet. E t les verbes de [possession] et de [volition] la defavorisent nettement». Z u m besonderen

123

2.5.1.4 SV-Konstruktionen mit kontextuell nicht vorerwähnten Subjekten Ein grundsätzliches Problem ist die Interpretation von SV-Konstruktionen mit kontextuell nicht bekanntem Subjekt (dies betrifft nicht nur die einwertigen Prädikate!). Welchen Status haben Sätze wie (I-149) (I-150) (I-151) (I-152) (I—153)

Una cascada de luces restallo en su cerebro, alerta al menor gesto de los ärabes (Droga, 33) Una doncella salio con una bandeja de vasos (Vis, 53) Un coche se aproximo hacia ellos y se detuvo. (Droga, 65) Se corto la comunicacion. Una sensation de peligro le invadio. (Droga, 63) Un maremoto provoca decenas de muertos y desaparecidos en la costa oeste nicaragüense (El Pais, 7.IX.1992, 5) 1 4 3

Speziell im Zusammenhang mit denjenigen SV-Konstruktionen, die ein intransitives Verb aufweisen (vgl. auch die Kap. 1.2.1.1.5b, 1.2.4.2.2a) stellt Ulrich in bezug auf das Rumänische die Frage, «ob man dasselbe reale Faktum sowohl thetisch als auch kategorisch mit nur in der Anordnung der Satzglieder verschiedenen Sätzen darstellen kann» (1985, 160). Ihrer Ansicht nach ist das nur bedingt der Fall; beide Konstruktionen können sich zwar auf denselben außersprachlichen Sachverhalt beziehen, aber sie «grenzen das Faktum jeweils anders ab» und bedeuten daher realiter auch nicht dasselbe (1985, 161). Der thetische Ausdruck setzt ein global einheitliches Faktum, die kategorische Anordnung hingegen analysiert das Faktum in Gegenstand und Geschehen. Mit anderen Worten: Auch eine SV-Anordnung mit indeterminiertem grammatischen Subjekt kann zwar faktumbezogen sein, aufgrund der Zentrierung der Äußerung auf das satzinitiale Subjekt hin ist der Grad an Thetizität einer solchen Konstruktion jedoch geringer als in entsprechenden Äußerungen mit VS-Anordnung. Unseres Erachtens handelt es sich bei diesen Konstruktionen um Äußerungen, die in der Mitte des in Kap. I.2.7 postulierten Kontinuums angesiedelt sind, und deren pragmatischer Status im einzelnen oft nicht genau zu ermitteln ist' 44 . Die Ersetzbarkeit der VS- durch die SV-Anordnung ist ohne weiteres eben nicht gegeben, so daß die Variationsmöglichkeiten zwischen beiden Serialisierungsmustern im Nsp. auch bei diesen Konstruktionstypen nur

143

144

Status dieser Verben vgl. auch Givon (1984, 103) und Cano Aguilar (1982, 9 6 100), der die Verben tener und poseer in Anlehnung an Fillmore als «verbos estativos» interpretiert, da zumindest tiefenkasuell hier keine Agens-PatiensRelation vorliegt. Hier handelt es sich um eine typische Zeitungsüberschrift. Vgl. auch Kap. I.2.4.2.2. Ähnlich problematisch sind ja VS-Anordnungen mit Subjektdenotaten, die aus dem unmittelbaren Redekontext bekannt sind, vgl. Kap. 1.2.4.2.2 und 1.2.5.5.1, vgl. auch Ulrich (1985, 155).

124

begrenzt sind. Ist das Subjekt ζ. B. durch ein Adjektiv oder einen Relativsatz determiniert, neigt das Nsp. dazu, die SV-Anordnung zu verwenden. Die Thetizität ist hier deutlich abgeschwächt (so ist z.B. die Kompaktheitsbedingung nicht mehr gegeben), auch wenn es sich z.B. um Hintergrundschilderung oder um den Bericht historischer Fakten handelt. (I-154)

(I—155)

Rafael salio de casa, cuando el sol ya se curvaba en el horizonte. Frente al edificio un inmenso campo, verde de hortalizas, sucumbia ante la voracidad de las mäquinas del asfalto. (Droga, 2 6 - 2 7 ) Habia sido una tarde de mucho calor. Sali al pasillo. Un pastor inmovil, estaba mirando los vagones con las manos apoyadas en su palo y algunos de los borregos que se habian quedado por el sol tenian una sombra grotesca y movediza de patas muy largas. La sombra de algün perfil ο un brazo de los viajeros asomados se movia tambien sobre la tierra. (Vis, 25)

Die Grenzen zwischen Thetisch und Kategorisch sind also offensichtlich nicht immer ganz deutlich zu ziehen. Sonderfälle dieser Art von SV(0)-Anordnungen mit kontextuell nicht vorerwähnten Subjekten (die aber gleichwohl durch das «Weltwissen», also die universal menschlichen Wissensbestände, gegeben sein können) sind: - Sprichwörter (I—156)

-

allgemeingültige «generische» Aussagen (Suner 1982, 281-282) (I—157) (I—158) (I-159) (I-160)

-

Dädivas quebrantan penas/montafias. (Suner 1982, 221) - t r ) . Die beiden Wortstellungsmöglichkeiten erlauben es nun, innerhalb dieser «Transitivitätsskalen» die Skalierung zusätzlich zu pointieren, indem das Subjekt einer Äußerung entweder stärker zentralisiert (SV) oder dezentralisiert (VS) erscheint 2 ' 9 . Beide Skalen sind nun in ein Gesamtkontinuum integrierbar, das den übergeordneten Parameter «kommunikative Zentrierung» als weiteren Faktor miteinbezieht, der sozusagen das Bindeglied zwischen den drei genannten Ebenen und den Funktionen der pragmatisch-informationsstrukturellen Ebene darstellt. Dabei kommt es allerdings zu einer Grauzone in der Mitte der Zentrierungsskala, d. h., der Grad der Zentrierung von Äußerungen mit den Merkmalen [SV/+neu/+tr] ist zwar aufgrund des in der Regel indefiniten Subjekts weniger stark als in Äußerungen mit den Merkmalen [VS/-neu/+tr], andererseits stellt sich die Frage nach seinem Verhältnis zu Äußerungen mit den Merkmalen [VS/-neu/tr], da durch die SV-Anordnung immerhin eine Zentrierung im Sinne der Gerichtetheit der Äußerung auf die satzinitiale N P hin existiert, die in stark «transitiven» Äußerungen die Rolle des Agens einnimmt (für einschlägige Beispiele vgl. unten Kap. 1.2.7.3). Hier kann nur der jeweilige Grad der Satztransitivität den Ausschlag geben, d.h., der genaue Stellenwert einer Äußerung muß durch eine detaillierte Merkmalanalyse bestimmt werden; schließlich handelt es sich bei unseren Merkmalen [+tr] und [ - t r ] ja nur um relativ pauschale Merkmalbündelungen. Durch die jeweiligen Merkmalkonstellationen ergibt sich so eine Skala von «Optionen» zwischen zwei Endpunkten, die verschiedenen Zentrierungsgraden entsprechen. «Durch das Konstrukt des (Gesamt-)Kontinuums bzw. der Dimension können sowohl syntaktische als auch semantische Gesetzmäßigkeiten auf einen gemeinsamen funktionalen Nenner gebracht bzw. in ein Modell integriert werden» (Seiler 1988a, 23) und mögliche dynamische Prozesse veranschaulicht werden. Diese Zentrierungsgrade wiederum haben unterschiedliche kommunikative Werte, und hiermit kommen wir zurück zu unserem Ausgangspunkt, der Frage nach der Skalarität der pragmatischen Parameter Thetisch und Kategorisch. Die Merkmal-

219

M.a.W.: Mit Hilfe der satzperspektivischen Funktion der Satzgliedanordnung (durch die SV-Anordnung erscheinen Prädikationsbasis und Prädikat deutlich aufeinander bezogen, im Falle von V S ist dies nicht der Fall) kann der Grad der «Transitivität» auch oberflächensyntaktisch zum Ausdruck gebracht werden. Wortstellung muß aber kein Indikator sein, denn wie in Kap. 1.2.1 angedeutet, ist die SV-Anordnung in vielen Sprachen die «neutrale», unmarkierte Anordnung (vgl. Kap. I.i zu den natürlichkeits- und markiertheitstheoretischen Aspekten der SV-Anordnung). D.h.: unser Modell gilt natürlich nur für Sprachen, in denen Wortstellungsveränderungen dieser A r t textgrammatisch möglich sind!

160

konstellationen sind jeweils am eindeutigsten in den beiden «Fokalbereichen» (Bossong 1985a, 157). Hier sind die Äußerungen entweder eindeutig zentriert oder eindeutig dezentriert, d.h., auch die pragmatischen Zuordnungen sind unproblematisch: Die Endpunkte des Gesamtkontinumms entsprechen jeweils dem Kernbereich des Kategorischen und des Thetischen. Die Merkmalkonfigurationen des Zwischenbereichs hingegen sind informationsstrukturell diffuser, und hier kann auch der Gebrauch des Wortstellungsmusters oft ohne erkennbaren semantischen oder pragmatischen Unterschied alternieren 220 . Die Bereiche der pragmatischen Ebene erscheinen so auf der einzelsprachlichen Ebene als nicht mehr scharf voneinander abgrenzbare Einheiten. Das bedeutet allerdings nicht, daß die informationsstrukturelle Opposition Thetisch/Kategorisch damit aufgegeben würde, die, und das ist wichtig, von den einzelnen syntaktischen und semantischen Faktoren ja prinzipiell unabhängig ist. Es bestehen aber innerhalb der beiden Bereiche Abstufungen in bezug auf die Prototypikalität, und nur in den Fokalbereichen gibt es - zumindest im Spanischen - eindeutige Präferenzen bestimmter Merkmalkombinationen hinsichtlich der beiden Wortstellungsmuster. Wir werden auf diesen Punkt in Kap. I.2.7.3 noch einmal zurückkommen 221 . Natürlich kann eine derart vereinfachte Darstellungsweise der Komplexität des darzustellenden Sachverhalts nicht wirklich gerecht werden, sie bietet u.E. aber dennoch die Möglichkeit, die oben gestellte Frage nach möglichen Graden der Thetizität und Kategorizität zumindest vorläufig zu beantworten. Sicherlich könnte auch noch feiner differenziert werden - denkbar wäre ζ. B. die Einbeziehung nicht konformer Thematisierungen und damit zusammenhängend des semantisch-referentiellen Status des Objektdenotats (das u.U. ja ein weiteres thematisches Element sein kann) oder die Länge der jeweiligen Syntagmen. Speziell die Einbeziehung mehrerer themafähiger Elemente würde aber eine erhebliche Verkomplizierung der Darstellung bedeuten und in Anbetracht unseres Ziels - die Beschreibung und Erklärung der Subjektposition im Akast. zu weit führen. Wichtig erscheint uns allerdings die Berücksichtigung der Rolle von satzinitialen Adverbialen, die aufgrund ihrer dezentrierenden Wirkung eine zusätzliche Skalierungsmöglichkeit bieten (vgl. dazu Kap. I.2.7.4).

220

221

Ähnlich formuliert es Delbecque (1987,51): «Le point de vue adopte ici est que pour certains phenomenes centraux au fonctionnement de la langue, l'usage est regle selon un mode probabiliste, et que la position du sujet en espagnol est un de ces phenomenes». Dies gilt genau für den postulierten Übergangsbereich. Ähnlich argumentiert Pilawa (1990), der den Gebrauch des gaskognischen Enunziativs que mit der Thema-Rhema-Struktur korreliert. Auch hier gibt es Abstufungsmöglichkeiten, d.h., es handelt sich um «ein System mit unscharfen Randzonen» (82-83).

161

2·7·3 Anwendung auf das Neuspanische Bezogen auf das Nsp. kann das oben Gesagte mit folgenden Beispielen illustriert werden. Geht man davon aus, daß eindeutig kategorische Äußerungen vom Typ Este chico ha pegado a mi hermana mit den Merkmalen (SV/-neu/+tr) deutlich auf ein Mitteilungszentrum hin ausgerichtet sind, nämlich auf das grammatische Subjekt, das humaner Agens und pragmatisches Thema (sowohl im Sinne von bekannter Information als auch von ) ist, und daß Äußerungen vom Typ Aparecw una escalera blanca (Vis, 34) mit den Merkmalen [VS/+neu/-tr] kommunikativ eindeutig dezentriert und damit «kompakter» sind, da sie kein Thema-Rhema-Relief haben, sind die beiden Extremwerte des einzelsprachlichen Kontinuums bereits gegeben. Alle anderen Kombinationsmöglichkeiten der drei Parameter gehören in jenen o.g. Zwischenbereich und sind nicht prototypisch thetisch oder kategorisch und daher hinsichtlich ihrer Interpretation stark kontextabhängig. Natürlich ist es möglich, auch die Extrempunkte hinsichtlich des Zentrierungsgrades noch einmal zu skalieren, denn die Merkmale [+tr] und [—tr] sind ja, wie bereits angemerkt, in sich graduierbar. Man denke auch an die verschiedenen fokussierenden Strukturen im Bereich des Kategorischen, die die Äußerungszentrierung durch verschiedene intonatorische oder syntaktische Verfahren zusätzlich unterstreichen oder an den unterschiedlichen Grad der «Kompaktheit» der einzelnen thetischen Äußerungstypen. Betrachten wir als Beispiel Äußerungen, die wir im Kontinuum pauschal unter [VS/+neu/-tr] subsumieren. So hat der Satz (1) Posa α su lado un hombre de edad (C16, 14) zwar nur einen Partizipanten, dafür aber die Merkmale [+action], [+telic], [+punctual], [+volitional]; das Verb des Satzes (2) me encantan los jardines (El Pais, 7.VIII, 1991,9) ist zwar zweiwertig, die Merkmalkonstellation [-action], [-telic], [-volitional] und [-punctual] deutet aber auf ein geringeres Maß an «Transitivität» als in (1) hin; in Sätzen wie (3) se oyö un chirrido cercano (Vis, 19) mit einem Partizipanten und den Merkmalen [-action], [-telic], [-volitional], [-punctual] ist der «Transitivitätsgrad» am niedrigsten. Wenn man nun statt der genannten alle zehn Kriterien von Hopper/Thompson berücksichtigt, ergeben sich noch feinere Nuancierungen hinsichtlich des «Transitivitätsgrades» einer Äußerung und damit auch eine genauere Positionierung auf dem Kontinuum (vgl. auch Kap. III.4.3.1). Für das Nsp. ergibt sich folgende Übersicht (Ν. Β.: I = Kernbereich Thetisch bzw. Kategorisch; II = transitorische Zone222): SV/-neu/+tr: Ia

222

Este chico ha pegado a mi hermana. Natalia levanto un poco el visillo (Vis, 1 3 ) [ I - 1 4 0 ] A comienzos de 1506 Felipe y Juana embarcaron para Espana. (Älv, 228) [ I - 1 6 2 ]

Tabellen sind natürlich immer Konstrukte, die aus heuristischen Gründen er-

162

SV/-neu/-tr: lb SV/+neu/+tr: lie SV/+neu/-tr: lid VS/-neu/+tr: Ha

VS/-neu/-tr: Ilb VS/+neu/+tr: Ic VS/+neu/-tr: Id

Maica se removio en suenos. ( D r o g a , n ) [I-135] A su lado, Maica dormia pläcidamente (Droga, 11) [I-164] Dädivas quebrantan penas. (Sprichwort) [I-156] Un maremoto provoca decenas de muertos y desaparecidos (El Pais, 7.IX.I992,5) [I-153] Un rey y una reina de un pais lejano querian tener un hijo. (San, 1) [ I - 1 6 1 ] El hombre es un ser mortal. [I-157] Desocupo [l]a zorra la barrica de sardinas muy disimulada (Esp, 29) [I-221] Rechazo Schubert la acusacion de Luisa con una mano. (Pia, 27) [I-219] e inesperadamente se desplomo nuestro pälido y millionario anfitrion (Ner, 99) [I-214] Se marcho la pajarilla muy triste (Esp, 35) [Typ: I - 2 1 6 ] Interrumpe la voz de Luisa su impulso de salir (Pia, 14) [I-92] Poco a poco le inundo una sensacion placentera (Droga, 18) [ I 91] Se le empezaron a caer lägrimas en la mano (Vis, 18) [ I - m ] Le dolia la cabeza (Vis, 45) [I-98] Pero me encantan los jardines (El Pais, 7.VIII.1991, 9) [I-102] Pasa a su lado un hombre de edad (C16, 14) [I-42] A sus pies se encontro una jeringuilla (Droga, 82) [I-23] Se oyo un chirrido cercano (Vis, 19) [I-31] Aparecio una escalera blanca y una mujer que la estaba fregando (Vis, 34) [I-54]

Diese Übersicht zeigt, daß es durch die Korrelation mehrerer Parameter möglich ist, Grade der kommunikativen Zentrierung bzw. Dezentrierung zu unterscheiden. Sehen wir uns die Merkmalkonfigurationen des Zwischenbereichs (II) näher an.

\ - syntaktische Ebene - kontextuelle Ebene - satzsemant. Ebene

SV - neu + tr

SV - neu -tr

VS - neu + tr

VS - neu -tr

Ia

Ib

IIa

IIb

stellt werden. Die folgende Zusammenstellung sagt nichts über die tatsächliche Frequenz der einzelnen Äußerungstypen aus! 163

(a) VS-Konstruktionen VS/-neu/+tr (IIa): Im Prinzip wirken VS-Konstruktionen syntaktisch dezentrierend; durch die Merkmale [-neu]/[+tr] erscheinen die genannten Beispielsätze allerdings auf dem Gesamtkontinuum relativ zentrierter (diese Äußerungen haben einen aus dem Kontext bekannten Agens und weisen in der Regel ein «dynamisches» Verb auf) und sind damit dem Kernbereich des Kategorischen näher als ζ. B. Äußerungen mit der Merkmalkombination [SV/+neu/+tr], wenngleich der Unterschied je nach «Transitivitätsgrad» hier u.U. minimal ist223. Sie haben auch einen anderen informativ-pragmatischen Status: Durch die Subjektinversion wird eine atypische «Thematisierung der Handlung» erreicht, was die Häufigkeit dieser Strukturen, deren typisches Merkmal im Sinne Hoppers kinesis und agency ist, in narrativen Texten erklärt. Die Labilität dieser Merkmalkonfiguration zeigt sich daran, daß genau diese Konstruktionen textsortenspezifisch markiert sind und häufig mit analogen SV-Konstruktionen alternieren bzw. von ihnen ersetzt werden. Selten sind im Nsp. Konstruktionen vom Typ VS/+neu/+tr; hier wird aufgrund der «Transitivität» eindeutig die kategorische Konstruktion auch bei thetischem Inhalt vorgezogen. Innerhalb des Kernbereichs des Thetischen werden nur noch diejenigen Konstruktionen mit V S kodiert, die am äußersten rechten Rand der Skala angesiedelt sind. Ein Problem, auf das wir in Kap. I.2.5.5.1 bereits hingewiesen haben, sind die relativ häufigen Konstruktionen vom Typ VS/-neu/-tr (IIb). Der niedrige Grad an «Transitivität» schließt die Zuordnung zu den «narrativen» (kategorischen) Konstruktionen im engeren Sinne aus, andererseits ist ein Subjekt mit dem Merkmal [ - n e u ] im Bereich des Thetischen relativ ungewöhnlich (aber nicht unmöglich, vgl. Kap. I.2.4.2.2), so daß die Zuordnung dieser Sätze zu einem der beiden Bereiche der pragmatischen (informationsstrukturellen) Ebene keineswegs immer eindeutig ist. Der Status dieser Sätze ergibt sich u.E. nur durch Abgrenzung zu den anderen Konstruktionstypen auf der Skala und durch den Kontext 224 .

223

224

Daher resultiert die Überlappung der beiden Äußerungstypen in der Graphik. Ulrich (1985, 295) stellt sogar für die «narrativen» Konstruktionen eine Intensitätsskala fest: «auf der niedrigsten Stufe befinden sich die narrativen Konstruktionen mit nominal ausgedrücktem Subjekt, auf einer höheren Stufe die Konstruktionen mit pronominalem Subjekt und auf der höchsten Stufe der Markierung die narrativen Rechtsversetzungen». Auf unserer Skala entspräche dies einer zunehmenden Zentrierung der Äußerungen. Z u dieser Gruppe gehören auch die kopulativen Verben sowie die «schwachen» Verben aver und tener, die sowohl im Asp. als auch im Nsp. häufig Inversion aufweisen. Vgl. auch Brito/Duarte (1982), die bezüglich solcher Sätze mit der Struktur VS d e f von «predica9äo» sprechen, sie also dem kategorischen Bereich zuordnen.

164

(b) SV-Konstruktionen Ähnliches gilt mit umgekehrtem Vorzeichen für die oben genannten Strukturen mit der Merkmalkombination SV/+neu/+tr (IIc). Aufgrund des relativ hohen «Transitivitätsgrades» (besonders im Fall von zwei A k tanten) und der SV-Anordnung stehen diese Konstruktionen im Bereich der Zentrierungsskala vor analogen VS-Äußerungen. Die Indefinitheit des Subjekts wirkt hingegen dezentrierend und bewirkt eine gewisse Affinität zum thetischen Bereich 225 . Dies gilt umso mehr für Äußerungen mit der Merkmalkombination SV/+neu/-tr (Ild), wo der faktumbezogene Charakter dieser Äußerung noch durch das Fehlen des Merkmals [Agentivität] unterstrichen wird. Konstruktionen dieser A r t (nach Wehr 1984 handelt es sich um Fälle von Topik n e u + Comment bzw. «Neutraler Beschreibung») kommen im Prinzip nur in bestimmten Kontexten, z.B. an Textanfängen vor (vgl. Ulrich 1985, 81). Typisch für diese Übergangsstufen, deren pragmatischer Status oft nicht eindeutig determiniert werden kann, sind also erstens ihr Vorkommen in spezifischen, z.T. eingeschränkten Kontexten und zweitens - dies gilt besonders für die «narrativen» Konstruktionen im engeren und weiteren Sinne (IIa, IIb) - die Tatsache, daß SV und V S mit einer relativen Marge an Freiheit angewendet werden können. (Ob das de facto auch frequenzmäßig so ist, ist eine andere Frage!) In Äußerungen mit der Merkmalkonfiguration [VS/+tr] ist der E A mit hoher Wahrscheinlichkeit ein humaner Agens, der aufgrund seiner «inhärenten Topikalität» (Hopper/Thompson 1980) zur Satzspitze tendiert, unabhängig von seinem semantisch-referentiellen Status. Die im Mittelbereich des Spannungsbogens anzusiedelnden Strukturen sind durch die weniger starke Zentrierung insgesamt labiler, so daß der Spielraum für idiolektale Bevorzugungen hier besonders groß ist (vgl. Ulrich 1985, 288). Die Frage, ob auf der von uns postulierten Skala (oder besser: der Skalen) ein «Wendepunkt» im Sinne Seilers festgelegt ist, an dem gewisse Phänomene innerhalb eines Kontinuums in ihr Gegenteil umschlagen, ist nur schwer zu beantworten, da unsere Skala trotz des Parameters «Transitivität» im Prinzip zu wenig squishy, d. h. gleitend ist 226 . In unserem Falle ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Wechsel des Anordnungsmusters auftritt, und nur dies ist ja der Parameter, wo eine wirkliche Alternanzmöglichkeit besteht, immer dann groß, wenn die Merkmalkonfiguration [VS/ +tr] vorliegt. D.h., unabhängig vom referentiell-semantischen Status des 225

226

Äußerungen vom Typ El hombre es un ser mortal [I-157] sind generisch zu interpretieren. Zum Begriff der squishiness vgl. Bossong (1985a) und Seiler (1988a, 17): «Die (kontinuierliche) Abnahme des einen Prinzips korreliert mit der (kontinuierlichen) Zunahme des anderen und vice versa; am Wendepunkt erfolgt ein prinzipieller Umschlag ihrer Dominanzverhältnisse».

165

Subjekts und unabhängig letztlich auch vom pragmatischen Status der Äußerung, neigt das Spanische seit dem Mittelalter dazu, in stark «transitiven» Äußerungen die SV-Anordnung zu bevorzugen, wobei die Wahrscheinlichkeit der Ersetzung vom Grad der «Transitivität» abhängt: Je höher der Grad an «Transitivität», desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die VS- durch die SV-Anordnung ersetzt wird oder daß zumindest beide Anordnungen alternieren 227 . 2.7.4 Die Rolle des satzinitialen Adverbials Innerhalb des oben skizzierten Kontinuums stellen Äußerungen mit satzinitialem Adverbial ein besonderes Problem dar. Dabei geht es weniger um den thetischen Bereich, denn hier fungieren Adverbiale immer als thematische Rahmenelemente, als eine Art Situationskulisse, die den beschriebenen Sachverhalt in eine lokale oder temporale Situation einfügt. In Äußerungen dieser Art ist die Wortstellung im (Alt-)Spanischen immer AVS. Problematischer ist der Bereich des Kategorischen, denn hier gibt es im Alt- und Neuspanischen sowohl A S V als auch, wenngleich seltener, AVS-Anordnungen (vgl. Kap. I.2.5.2). Betrachten wir folgendes Beispiel mit AVS-Struktur: (I-166)

En agosto de 1522 pudo enviar Carlos V un ejercito para sofocar a los agermanados mallorquines (Alv, 240)

Die Tatsache, daß das Subjektdenotat aus dem unmittelbaren Kontext bekannt ist und daß der Satz einen hohen Grad an «Transitivität» aufweist, deutet darauf hin, daß wir es hier zunächst mit einer «narrativen» Aussage mit dezentriertem Subjekt zu tun haben. Während nun die «narrative» VS-Anordnung im engeren Sinne die jeweilige Handlung in eine Fokusposition bringt und von daher ein satzinitiales Adverb eigentlich ausgeschlossen ist (vgl. Ulrich 1985), läßt die AVS-Struktur die Handlung stärker als zeitlich oder räumlich situiertes Geschehen erscheinen, ohne daß dieses jedoch wie bei thetischen AVS-Strukturen von dem jeweiligen Agens weitgehend losgelöst ist. Durch die Positionierung des Adverbials am Satzanfang erscheint eine solche kategorische AVS-Konstruktion also in zweifacher Hinsicht dezentriert. In Abwandlung von Ulrich (1985, 295) könnte man sagen: Ein zeitlich oder lokal spezifiziertes Geschehen wird 227

Vgl. Kap. III.4; hier werden wir auch auf den Zusammenhang zwischen der Zunahme der SV-Anordnungen und der Ausweitung der D O M im Nsp. hinweisen. Bossong (1982a, 32) meint bezüglich von Verschiebungen des Wendepunktes auf Dimensionen im Seilerschen Sinne: «sie sind ja auch die Ursache diachronischen Wandels; die Struktur der Dimension selbst bleibt davon jedoch unberührt. Diese Struktur ist universal, partikular ist die Position des Wendepunktes».

166

durch eine «narrative» Äußerung nicht bloß festgestellt (wie in einer thetischen Konstruktion), es wird dargestellt, d.h., mit seiner thematisch-rhematischen Gliederung geschildert. Mit anderen Worten: Es handelt sich um die Darstellung eines zeitlich/örtlich präzisierten Geschehens mit deutlichem Themabezug. Letztlich ist der kommunikativ-pragmatische Status von «narrativen» VS-Strukturen und AVS[. ncu ]-Strukturen jedoch sehr ähnlich. Einschränkend muß natürlich hinzugefügt werden, daß bei diesen AVS-Strukturen der Grad der Kategorizität stark vom «Transitivitätsgrad» des Verbs abhängt: Ist der «Transitivitätsgrad» hoch (was im Nsp. aber eher selten ist), gehören die AVS-Strukturen mit vorerwähntem Subjekt zu den «narrativen» Äußerungen, und die Frage ist auch hier: «Was tat X dann/dort?». Ist die Satztransitivität gering, ist die Frage eher «Was geschah dann/dort mit X?», und eine genaue Zuordnung ist trotz des bekannten Subjekts fast nicht möglich und muß ganz dem Kontext überlassen bleiben. Was nun die im Nsp. häufigeren ASV-Strukturen vom Typ (I-162)

A comienzos de 1506 Felipe y Juana embarcaron para Espana (Älv, 228)

anbelangt, wirken auch diese Äußerungen durch das einleitende Adverbial weniger auf das Subjekt hin zentriert und müßten auf dem oben skizzierten Kontinuum je nach «Transitivitätsgrad» des Satzes rechts von den jeweiligen SV-Konstuktionen angesiedelt werden 228 . 2.7.5 Fazit Welche Vorteile bietet das Konzept des Kontinuums für unsere weiteren Überlegungen? (a) Anhand dieses Konzepts kann der im Bereich der spanischen Wortstellung zu beobachtende Sprachwandel in Richtung auf eine zunehmende Extension von SV verdeutlicht werden. Nach Seiler ist das Kontinuum auch «der locus des Sprachwandels», d.h., daß Sprachwandel in der Regel dort einsetzt, wo innerhalb des Kontinuums eine transitorische Zone mit einem gewissen Maß an Labilität und daher idiolektaler Variation besteht 229 . Instabilität in idiolektalen Übergangszonen führt nach Bossong (1985a, 154) «in der Entwicklung der Einzelsprache, wenn es sich überindividuell summiert, zur Verlagerung des Schwerpunktes bald in die eine, bald in die andere Richtung, und damit längerfristig zum Wandel des Systems». In den Kap. II.2.3.3 und II.3.3.3 wird zu zeigen sein, daß es in der Tat die dem 228

229

Bezüglich des dezentralisierenden Effekts der ASVX-Konstruktionen vgl. auch Wandruszka (1982, 56). Vgl. Seiler (1985, 23): «that language continua are indeed also the places, or rather the space in which language changes occur».

167

«mittleren» Bereich zuzuordnenden [VS/+tr]-Konstruktionen sind, die in erster Linie von den Veränderungen betroffen sind und hier v. a. diejenigen mit einem hohen Grad an «Transitivität»230. Diachron gesehen kann man von einer Ausdünnung des transitorischen Bereiches im Sinne eines Eindringens «kategorischer» SV-Strukturen in den thetischen Bereich sowie ihrer Generalisierung im kategorischen Bereich sprechen, was jedoch nicht bedeutet, daß im Nsp. Konstruktionen mit der Merkmalkombination [VS/+tr] nicht mehr möglich sind. (b) Darüber hinaus ist dieses Konzept ein Mittel, um die Zusammenhänge zwischen verschiedenen syntaktisch-semantischen Faktoren und dem pragmatischen Status der jeweiligen Äußerung zu veranschaulichen. Durch dieses Konzept erscheinen die für das mittelalterliche Spanisch so wichtigen und frequenzmäßig nicht markierten «narrativen Inversionen» nicht mehr als eine bezugslose Größe, sondern als zum Bereich des Kategorischen gehörende Konstruktionen, in denen es eher um die Darstellung des Vorgangs als um eine Aussage über die im Redekontext vorerwähnte Person geht.

230

Auch Hopper/Thompson (1980, 279) vermuten: «A pervasive structural-semantic feature like that presented above might be expected to play a role in language change». Z u diesem Themenkomplex vgl. auch Kap. III.4.3.1.

II Thetisch und Kategorisch im Altspanischen

ι SV und Y S in den Chroniken des 13. Jahrhunderts

ι. 1

Einleitung

1.1.1 Vorgehen Gemäß der Fragestellung unserer Arbeit werden wir uns in den folgenden Kapiteln auf die Anordnung der wichtigsten nominalen Satzglieder in den beiden alfonsinischen Chroniken PCG und GE konzentrieren ein Aspekt, der bislang so gut wie kaum untersucht worden ist. Lediglich Meyer-Hermann hat die PCG als Illustrationsmaterial für eine Untersuchung über «Theorie und Empirie der Wortfolge im Spanischen» (1991) benutzt, auf deren Ergebnisse wir am gegebenen Ort hinweisen werden. Wie in der Einleitung bereits angedeutet, ist unserer Vorgehen (und dies gilt auch für die Kapitel über das 14. und 15. Jh.) in erster Linie onomasiologisch, d.h., die Frage lautet: Wie werden Äußerungen mit thetischem und kategorischem Inhalt in den einzelnen Chroniken kodiert, m.a.W.: wie wird der Unterschied «faktumbezogen/aktantenbezogen» mit syntaktischen Mitteln zum Ausdruck gebracht? Aufgrund der in Kap. 1.2.2 besprochenen Probleme bei geschriebenen Texten im allgemeinen und bei Texten einer früheren Sprachstufe im besonderen wird gegebenenfalls aber auch der umgekehrte, semasiologische Weg, nämlich von der Ausdrucksseite zur Inhaltsseite, zu gehen sein. Unsere Ausgangshypothese ist dabei, daß die Anordnung der Satzglieder im Asp. zumindest im 13. Jh. primär nach funktional-pragmatischen Gesichtspunkten erfolgte; wir werden aber natürlich auch nach bestimmten syntaktischen Kontextbedingungen fragen, die die Wahl des einen oder anderen Linearisierungsmusters beeinflußt haben können1. Was die formale Einteilung der Kapitel anbelangt, orientieren wir uns an unseren Ausführungen zum Nsp.; ebenso verweisen wir bezüglich der besonderen semantischen, syntaktischen und pragmatischen Kriterien der verschiedenen Typen thetischer und kategorischer Äußerungen auf die Kap. I.2.4 und I.2.5. In Teil II wer-

1

Die Frage nach den syntaktischen Restriktionen steht im Mittelpunkt der Untersuchungen von Crabb (1955), England (1979); auch Schellert (1958) und Meyer-Hermann (1989, 1991) messen den rein syntaktischen Gegebenheiten große Bedeutung zu.

170

den wir die einzelnen Strukturen nur kurz erläutern und uns dabei auf ihre spezifische Ausprägung im Asp. konzentrieren. 1.1.2 Die Bedeutung des Arabischen für das Altkastilische Jede syntaktische Untersuchung zum Akast. im 13. Jh. kann der Frage nach dem Ausmaß des arabischen Einflusses auf die Entstehung der asp. Literatursprache nicht ausweichen. Da sich bereits mehrere Untersuchungen mit Aspekten dieses Problems auseinandergesetzt haben - wir möchten an dieser Stelle insbesondere auf die Arbeiten von Bossong (1978, 1979a, 1982c) zum Problem der Übersetzung arabischer Fachtexte ins Akast. hinweisen - beschränken wir uns hier auf die Zusammenfassung einiger wichtiger Punkte2. Bereits Galmes de Fuentes wies mit Recht darauf hin, daß es sich bei den alfonsinischen Übersetzungen aus dem Arabischen um durchaus durchdachte und elaborierte Texte handelt und daß Anlehnungen an das Arabische nicht auf die Nachlässigkeit des jeweiligen Übersetzers oder seine mangelnde Beherrschung des eigenen Idioms zurückzuführen sind. Im Gegenteil, durch die bewußte Überarbeitung der Texte durch einen emendador kam es vielmehr zur Ausmerzung allzu offensichtlicher Arabismen, so daß die verbleibenden Arabismen eher als das Ergebnis einer bewußten Übernahme zu interpretieren sind3. Dies deutet darauf hin, daß die junge romanische Sprache, der es zunächst sowohl in syntaktischer als auch lexikalischer Hinsicht an Flexibilität und Variationsmöglichkeiten, zwei für eine Literatur- und Wissenschaftssprache unerläßliche Fähigkeiten (vgl. Hilty 1954, XIX), mangelte, erst durch den Kontakt mit der prestigereicheren Kultursprache Arabisch den Impuls für eine Änderung und Erweiterung der stilistischen Möglichkeiten erhielt. Galmes de Fuentes bemerkt dazu: No podemos concebir la prosa castellana de origenes como recibiendo pasivamente en sus textos las riquezas sintäcticas y estilisticas de otra lengua literaria. Antes bien, la prosa castellana, al ponerse en contacto con la lengua ärabe, va adquiriendo conciencia de si misma y se ve obligada, por impulso vital, a la necesidad de afirmar constantemente su propia personalidad (1955, 222).

Diese Gedanken stehen auch im Mittelpunkt der Arbeiten von Bossong, der dem Problem des arabischen Einflusses speziell auf die akast. Fachprosa am intensivsten nachgegangen ist. Nach Bossong durchlief das Akast. in der Auseinandersetzung mit dem Arabischen einen sprachli2

3

Vgl. zu diesem Thema auch Dietrich (1937), Crabb (1955), Hottinger (1958), Kuen (1958), Galmes de Fuentes (1955/1956), (1981), Meyer-Hermann (1988a). «[·.·] tales arabismos tendremos que enjuiciarlos positivamente, considerändolos como el fruto de una intention, mäs ο menos expresa, de dejarse influir por un modelo preexistente de mayor alcance cultural» (Galmes de Fuentes 1955, 222).

171

chen Akkulturationsprozeß, der eine Ausweitung seiner Ausdrucksmöglichkeiten sowohl in lexikalischer als auch syntaktischer Hinsicht zur Folge hatte und der das Akast. endgültig in den Rang einer mittelalterlichen Kultursprache erhob, in der auch abstrakte, wissenschaftliche Zusammenhänge wiedergegeben werden konnten. Wie manifestiert sich diese akkulturierende Einwirkung des Arabischen auf das Asp.? Das arabische Modell, so zeigt es Bossong, hat weniger durch die direkte Übernahme von Lexemen und syntaktischen Strukturen befruchtend auf das romance gewirkt, vielmehr zielt der Einfluß auf die Nutzung bislang nicht aktivierter sprachlicher Eigenmittel (vgl. Bossong 1979a, 174) 4 . La influencia ärabe en el dominio de la prosa cientifica no ha aportado al espanol giros sintäcticos enteramente nuevos; sin embargo, el ejercicio dificil que era la traduction de textos ärabes muy elaborados del punto de vista sintäctico contribuyo de manera decisiva a proporcionar a la prosa castellana la agilidad y la disponibilidad de todas las riquezas de la lengua que eran necesarias para la expresion de pensamientos matemätico-cientificos (Bossong 1982, 10).

Für die im Rahmen dieses Akkulturationsprozesses zu beobachtenden Prozesse, die zu einer zunehmenden Intellektualisierung des Akast. führen, hat Bossong die Termini Universalisierung und Komplektisierung geprägt. Durch die Universalisierung erfährt die spanische Sprache eine «Ausweitung der Ausdrucksmöglichkeiten auf neue, ihr bis zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht verfügbare Gebiete des menschlichen Wissens, in erster Linie mit Hilfe der Schaffung neuer lexikalischer Einheiten» (1979a, 87); die Komplektisierung hingegen ist «die Steigerung der in einer Sprache möglichen oder geläufigen Komplexität derjenigen Gruppen von Elementen, die von einem einzigen Assertionsrelator S dominiert wird» (1979a, 165). Im Zusammenhang mit der Komplektisierung innerhalb des syntaktischen Bereichs erwähnt Bossong u.a. die besondere Form des asp. Relativsatzes (1979a, i66ff., vgl. dazu auch Galmes de Fuentes 1981 und Gehmann 1982), der auf ein arabisches Muster zurückgeht, sowie die Einwirkung des Arabischen auf das Asp. in bezug auf die Komplexität der Hypotaxe (1979a, 175 ff.) 5 . Nach Bossong liegt «die 4

5

Galmes de Fuentes (1955/56, 301) formuliert es ähnlich: «De aqui que el arabismo sintäctico ο estilistico se manifieste mäs corrientemente en la prosa castellana amplificando ο desarrollando giros romances preexistentes». Den Grund für diesen eher indirekten Einfluß sieht Galmes darin, daß es in den von den Arabern besetzten Gebieten eben keinen «bilingüismo extremo» gab, so daß es nicht zu einer tiefgreifenden Umgestaltung des romanischen Idioms kam. Vgl. dazu auch die Ausführungen von Galmes de Fuentes (1955/1956), die sich auf einen literarischen Text (Calila e Dimna) beziehen. Galmes beschreibt noch weitere syntaktische Phänomene, die zwar im romance nicht unbekannt waren, deren Häufigkeit aber unter arabischem Einfluß zunahm, wie z.B. der Gebrauch des betonten Objektpronomens zum Ausdruck einer Possessivrelation,

172

komplektisierende Einwirkung des Arabischen eben gerade nicht darin, daß das Spanische bestimmte syntaktische Erscheinungen direkt nachbildet: die Art der Hypotaxe folgt den stilistischen Gewohnheiten des Spanischen, nicht denjenigen des Arabischen. Wohl aber wirkt das arabische Modell als Impuls, die stilistische Gewohnheit in bezug auf die Komplexität hypotaktischer Gefüge zu ändern» (1979a, 196). Im romance bereits angelegte syntaktische Möglichkeiten werden durch den akkulturierenden Einfluß des Arabischen erweitert und ausgebaut, dabei kommt es aber auch zu bewußten Abweichungen von der arabischen Vorlage; «[...] dies ist ein beweiskräftiges Indiz dafür, daß diese Übersetzungen entgegen dem Ruf, in dem sie vielfach stehen, wirklich idiomatisch und ihrer Vorlage gegenüber frei genug waren, um im gegebenen Fall genuine, von der Ausgangssprache abweichende Ausdrucksmittel zu gebrauchen» (1979a, 181). Mit der zunehmenden Elaborierung des Kastilischen wird die Neigung, sich am arabischen Vorbild zu orientieren, jedoch seltener: «Lejos de haber imitado servilmente sus modelos, los traductores espanoles, por el contrario, evitaban cada vez mäs, a lo largo de su trabajo de elaboration lingüistica, los arabismos demasiado notorios» (Bossong 1982c, 9). Weisen die Texte der frühen Phase in bezug auf die Satzverknüpfung oft noch Brüche und Unsicherheiten auf, so ist die Präferenz für lange und komplexe Satzperioden in den späteren Texten ein typisches Merkmal des dadurch oftmals schwerfällig wirkenden alfonsinischen Stils. Der Endpunkt der durch arabischen Impuls eingeleiteten Entwicklung ist «das vollkommen durchgegliederte, bruchlose, ohne verstärkende Hilfskonstruktionen auskommende hypotaktische Gefüge von relativ hoher Komplexität und/oder Länge» (Bossong 1979a, 194). Zusammenfassend stellt Bossong fest: Wenn daher im folgenden die These aufgestellt wird, die akkulturierende Einwirkung des Arabischen habe dem Spanischen zu größerer Komplexität verholfen, so darf dies nicht in dem Sinne mißverstanden werden, als sei das Spanische ohne diese Einwirkung zu solcher Komplexität nicht imstande gewesen; vielmehr ist gemeint, daß der Impuls des Arabischen zu einer Steigerung der Produktivität der spanischen Erzeugungsregeln geführt hat (1979a, 182). der Gebrauch des Personalpronomens anstelle einer hervorhebenden arabischen Partikel, der Gebrauch des Infinitivs anstatt abstrakter Nomina, die häufige Verwendung eines nominativus pendens sowie der exzessive Gebrauch der Parataxe. Vgl. dazu auch Hottinger (1958). Bossong leugnet übrigens nicht, daß der Gebrauch parataktischer Konstruktionen bis zu einem gewissen Grad mit der häufigen Verwendung von arab. wa in den Vorlagen zusammenhängen mag (1979a, 165), glaubt darüber hinaus aber, «daß dem Altspanischen zu dem Zeitpunkt der alfonsinischen Übersetzungen lange und komplexe Hypotaxen nicht geläufig waren, und daß es daher eine natürliche Tendenz der Übersetzer gibt, hypotaktische Fügungen parataktisch aufzulösen» (1979a, 189; vgl. auch ibid., 195). Wir vermuten, daß es sich gerade bei der Häufigkeit der Parataxe auch um die Bewahrung sprechsprachlicher Merkmale handelt, vgl. unten Kap. II.1.1.3 und Neumann-Holzschuh (1994).

173

Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, daß die gelegentliche Übernahme arabischer Linearisierungsmuster nicht im eigentlichen Sinne komplektisierend gewirkt hat und von Bossong daher auch nicht berücksichtigt wird. Wir glauben, daß arabische Texte allenfalls die im Spätlateinischen und Frühromanischen bereits gut nachzuweisende Tendenz, VSStrukturen häufiger zu verwenden als im Nsp., verstärkt haben. So würde es sich z.B. bei der Satzgliedanordnung zumindest in jenen Texten, die direkt auf arabische Quellen zurückgehen, im Sinne Bossongs um einen jener syntaktischen Arabismen handeln, die zwar bisweilen vom Asp. direkt nachgebildet wurden, die aber den Ausbau der romanischen Sprache nicht nachhaltig gefördert haben6. Die alfonsinische Literatursprache entstand also in einem Spannungsverhältnis zwischen Übersetzung und eigensprachlicher Kreativität, sie ist «eine Brücke zwischen zwei Extremen» und «markiert eine Zone des Übergangs, in der das eine noch und das andere schon präsent ist, in der sich Altes und Neues, nahe und ferne Einflüsse zu einem komplexen und vielschichtigen Ganzen verbinden» (Bossong 1979a, 164). Erst durch die akkulturierende Einwirkung des Arabischen wird das Asp. zu der voll ausgebauten Schriftsprache, in der wissenschaftliche Prosa und umfangreiche historiographische Werke abgefaßt werden konnten. Während das Prestige des Arabischen im ganzen 13. Jh. groß war - in diesem Jahrhundert relativer Ruhe wandte sich Kastilien im Zuge der erfolgreich verlaufenden Reconquista mehr und mehr sich selbst zu und erlebte unter Alfons X. eine kulturelle Blüte ließ der positive Einfluß des Arabischen im 14. Jh. merklich nach, was nach Galmes auch Rückwirkungen auf die Sprache hatte: «la prosa latinizante del X I V y del X V rechaza los giros y construcciones de origen semitico que la prosa del XIII habia aceptado gustosa» (1955/56, 307). 1.1.3 Sprachliche Merkmale der alfonsinischen Chroniken Jede sprachliche Untersuchung der alfonsinischen Chroniken muß dem Faktor Rechnung tragen, daß diese über einen sehr langen Zeitraum hinweg entstanden sind, daß es eine Vielzahl von Quellen gab und daß in der Regel viele Personen an der Redaktion dieser Texte beteiligt waren (vgl. Kap. 3.2.1 der Einleitung) 7 . In seiner einleitenden Untersuchung zur 6

7

Vgl. unser Kap. II. 1.5 zum Einfluß des Arabischen auf die akast. Wortstellung. Vgl. auch Hottinger (1958). Erstaunlicherweise gibt es nur wenige syntaktische Untersuchungen zur alfonsinischen Syntax, wie auch Cano Aguilar (1989, 470) feststellt: «Carecemos, sin embargo, de un anälisis pormenorizado desde el punto de vista sintäctico de las cuestiones que surgen en el proceso de traduction alfonsi» und ibid.: « L o que falta aun por detallar es cömo todo ello se realiza sintäcticamente; no solo la subordination oracional, sino rauchos otros rasgos sintäcticos intervienen en

174

PCG

weist M e n e n d e z Pidal anhand der Verteilung apokopierter Verbfor-

m e n n a c h , d a ß i n s b e s o n d e r e in d i e s e r C h r o n i k e i n z e i t l i c h e r B r u c h d e u t l i c h z u m A u s d r u c k k o m m t , d . h . , d a ß m i t S i c h e r h e i t n u r d i e e r s t e n 108, m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t d i e e r s t e n 300 K a p i t e l , a l l e n f a l l s n o c h d e r T e x t b i s K a p i t e l 565 z u L e b z e i t e n v o n A l f o n s X . e n t s t a n d e n sind 8 . L a p e s a ( 1 9 8 2 ) illustriert a n h a n d dieses P h ä n o m e n s , d a ß das A k a s t . w ä h r e n d der R e g i e r u n g s z e i t v o n A l f o n s d e n Ü b e r g a n g v o m castellano drecho

koine

zum

castellano

vollzog, das v o n einem z u n e h m e n d e n sprachlichen Selbstbewußt-

sein seiner S p r e c h e r z e u g t u n d sich durch g r ö ß e r e Stabilität auszeichnet9. D i e C h r o n i k e n s i n d e i n B e i s p i e l f ü r i m 13. Jh. n e u e n t s t a n d e n e T e x t t r a d i tionen mit ausgeprägt «integrativem» C h a r a k t e r , die die «distanzsprachliche Leistungsfähigkeit» des alfonsinischen Spanisch

(Koch/Oesterrei-

c h e r 1990, 2 0 0 - 2 0 1 ) i m V e r g l e i c h z u f r ü h e r e n T e x t e n u n t e r B e w e i s stell e n 1 0 . S o h a n d e l t e s sich b e i d e n C h r o n i k e n b e r e i t s u m e l a b o r i e r t e u n d « a u s g e b a u t e » T e x t e , d i e n a c h B a d i a M a r g a r i t ( i 9 6 0 ) e i n B e i s p i e l f ü r sin taxis trabada

i m G e g e n s a t z z u r sintaxis

suelta

der akast. E p e n sind und die

von daher nur noch eingeschränkt Rückschlüsse auf frühere Sprachzus t ä n d e e r l a u b e n " . I n s e i n e n B e i t r ä g e n v o n (1958/59) u n d ( i 9 6 0 )

8

9

ver-

este proceso de caracterizacion de la prosa alfonsi». Z u erwähnen sind hier die Arbeiten von Badia Margarit (1958/59) und (1960) sowie von Lapesa (1982). Vgl. Menendez Pidal (1977, 859): «podemos observar diferencias ciaras de lenguaje a traves de la obra entera. A h o r a nos interesa notar ünicamente que la apocope de los pronombres personales ätonos sigue, desde el comienzo hasta el capitulo 108, un estilo manifiestamente mäs arcaico que en adelante el resto de la Cronica». Vgl. dazu auch Lapesa (1982, 1 7 2 - 1 9 0 ) , der davon ausgeht, daß die ersten 616 Kapitel noch in der Zeit von A l f o n s X. verfaßt wurden. Bezüglich der A p o k o p e schreibt Lapesa (1982, 189): « El contraste se hace mäs extrano cuando vemos que en la Primera Cronica General se abandona la norma seguida en los 116 capitulos iniciales, mientras esta perdura en los raanuscritos mäs fidedignos de la General Estoria, posterior, hasta 1280 por lo menos. La oposicion no debio ser ünicamente entre las generaciones viejas y la de don A l f o n s o y sucesivas; hubo de consistir ademäs en el conflicto entre dos tradiciones que tenian en su respectivo apoyo distintos motivos de prestigio. Una prolongaba el europeismo guerrero y monacal introducido en Castilla desde A l f o n s o V I , y respondia tambien a la convivencia cristiano-semitica en la vida peninsular; empezaba a declinar al principiar el reinado de A l f o n s o el Sabio, [...]. Frente a ella se abria Camino, cada vez mäs vigorosa, la tradition que partia del uso mäs espontäneo de la fonologia nativa y que propugnaba un modo de hablar libre de tutelas culturales foräneas».

10

Dies bedeutet nicht, daß nicht auch in den Chroniken «Spuren von Mündlichkeit» erkennbar wären, vgl. Neumann-Holzschuh (1994). Z u m Problem Mündlichkeit/Schriftlichkeit im allgemeinen sowie den Begriffen «integrativ/aggregativ» bzw. «Sprache der Nähe/Sprache der Distanz» vgl. Ludwig (1986) und Koch/ Oesterreicher (1985). Eine einschlägige Untersuchung akast. Texte, die aus der Zeit vor dem 13. Jh. stammen, ist ein Desiderat. Hier bedarf es auch in bezug auf frühe portugiesische und katalanische Texte noch intensiver Forschungsarbeit.

11

Vgl. Badia Margarit (i960, 118): «la prosa de A l f o n s o el Sabio revela a cada momento ese signo de la que hemos dado en llamar sintaxis trabada, en la

175

gleicht B a d i a e i n i g e P a s s a g e n aus d e r PCG

mit d e r j e w e i l i g e n lateini-

s c h e n V o r l a g e u n d a r b e i t e t vier seiner A n s i c h t n a c h t y p i s c h e M e r k m a l e d e r a l f o n s i n i s c h e n S y n t a x heraus: ( a ) K e n n z e i c h n e n d f ü r die C h r o n i k e n ist ein im V e r g l e i c h z u r Q u e l l e g r ö ß e r e r « a f ä n d e precision», d e r sich auf d e r s y n t a k t i s c h e n E b e n e v.a. in s a t z e x p a n d i e r e n d e n V e r f a h r e n n i e d e r s c h l ä g t , «en la e l a b o r a tion

d e la Cron.

Gral, p r e d o m i n a b a la s e g u n d a m a n e r a d e tratar un

texto: la a m p l i f i c a t i o n » (1958/59, 210). « D e a q u i t a m b i e n el e x c e s o d e s u b o r d i n a d a s en la v e r s i o n alfonsi» ( i 9 6 0 , 138). ( b ) S a t z v e r k n ü p f u n g (ilacion) z . B . d u r c h A n a p h e r n w i e ende u n d

dalli,

o d e r d u r c h p a r a t a k t i s c h e K o n s t r u k t i o n e n ( « t o d o s los rasgos sintäctic o s q u e a s e g u r a n la u n i o n , la d e p e n d e n c i a , la r e f e r e n c i a e n t r e los e l e m e n t o s d e la o r a t i o n y e n t r e las o r a c i o n e s d e u n p e r i o d o » , i960, 129). O b es sich bei d e r P a r a t a x e tatsächlich u m die I m i t a t i o n e i n e s a r a b i s c h e n Stilmittels h a n d e l t , ist j e d o c h fraglich, d e n k b a r erscheint hier a u c h die B e w a h r u n g s p r e c h s p r a c h l i c h e r M e r k m a l e 1 2 . (c) I n t e n s i v e S u b o r d i n i e r u n g , die sich b e s o n d e r s in d e r H ä u f i g k e i t v o n Relativsatzkonstruktionen

und

temporalen

NS

manifestiert.

o b e n in K a p . II. 1.1.2 i m Z u s a m m e n h a n g mit d e n

12

Wie

Untersuchungen

cual se unen el prurito de la complejidad en el periodo, el primitivismo en la construction y el cultismo sintäctico, por ser generalmente traduction de lenguas ya maduras». Daß es in der PCG durchaus Reste der sintaxis suelta, ζ. B. die Polysyndeta, gibt, sieht auch Badia Margarit: «la polisindeton nos sugiere un tipo primario de prosa» (i960, 129). Vgl. oben Anm. 5 und Galmes de Fuentes (1955/56, 272) «La imitation del estilo paratäctico del ärabe hubo de iniciarse, sin duda, involuntariamente en la mecänica de la traduction, pero poco a poco fraguo un estilo narrativo propio, independizändose de su originario modelo ärabe». Ein Beispiel für die zunehmende Unabhängigkeit des Akast. ist für ihn die Tatsache, daß die häufige Parataxe eben kein durchgängiges Stilmerkmal der PCG ist. So ähnlich äußert sich auch Crabb (1955). Zur Frage nach dem arabischen Modell im Bereich der Junktion vgl. Bossong (1979a, 165 ff.), der den exzessiven Gebrauch von y für arabisch wa in übersetzten Texten zwar nicht leugnet, die parataktischen Fügungen allerdings auch mit der Tendenz der Übersetzer erklärt, lange und komplexe Hypotaxen des Arabischen aufzulösen. Auch Stempel lehnt den Zusammenhang zwischen Parataxe in den chronistischen Texten des 13. Jhs. und arabischem Vorbild ab. Für ihn handelt es sich um ein stilistisches Problem, und er weist in diesem Zusammenhang auf den wichtigen Unterschied zwischen Recit und Rede hin. Zum einen gab es in der PCG «ein reiches Repertoire hypotaktischer Konjunktionen, eine wohlausgewogene Periodik - aber eben in der R e d e (Dialog, direkte Rede)» (1964, 380), zum anderen sind bei weitem nicht alle parataktischen Wendungen des Arabischen ins Asp. übersetzt worden. «Wenn aber ein Übersetzer auf die getreue Wiedergabe der sprachlichen Nuancen seiner Vorlage zugunsten einer e-e-Reihung verzichtet, dann geschieht dies doch wohl, weil sich bereits ein autochthoner Prosastil ausgeprägt hat, der als Muster dienen konnte. Man wird darum die Einheitlichkeit des frühromanischen Prosastils nicht ernstlich in Frage stellen können» (381). Auch Metzeltin (1984) betont die Häufigkeit der durch die Konjunktion e + 176

Bossongs zum Verhältnis der akast. Texte zu ihren arabischen Vorlagen ausgeführt wurde, ist auch dies eine syntaktische Erscheinung, die im Romanischen zwar keineswegs unbekannt war, deren intensive Verwendung aber durch das arabische Modell zu erklären ist. Nach Badia (i960, 1 3 4 - 1 3 7 ) ist gerade die Subordination mit Hilfe der beiden o.g. Nebensatztypen in den alfonsinischen Texten ein Beispiel für den Übergang von einer sintaxis suelta, wie sie das O d - E p o s mit seinem Hang zur Parataxe repräsentiert, zu einer sintaxis trabada. (d) Aufblähen der Sätze (ensanchamiento) durch redundante Passagen oder Zusammenfassungen, «en una palabra, a la tendencia a expresar ideas y hechos con mäs palabras de las que son necesarias» (1958/59, 188) 13 . D i e «Komplektisierung», die die akast. Sprache unter dem Einfluß des Arabischen in der ersten Periode des alfonsinischen Schaffens erlangte, schlägt sich also in der Syntax der Chroniken nieder: Es handelt sich hier bereits um eine «sintaxis muy atada» (Badia Margarit 1958/59, 210), die sich durch lange und komplizierte, aber relativ stereotype Satzperioden, Anaphernreichtum und eine Vielzahl von Temporalsätzen auszeichnet. D i e Folge der amplification auf inhaltlicher und syntaktischer Basis sind komplexe Texte mit zum Teil schwerfällig wirkender Syntax. Dies schließt jedoch nicht aus, daß gerade das Akast. des 13. Jhs. noch vielfach Spuren der sintaxis suelta früherer Texte aufweist - neben den parataktischen Konstruktionen wäre hier z.B. an die Vielzahl der nominativus pendensStrukturen zu denken - , also Merkmale, die im Sinne Givons dem pragmatic mode zuzuordnen sind 14 .

13 14

Zeitangabe eingeleiteten Hauptsätze, die semantisch eher lose aneinandergereiht sind, und unterstreicht den narrativen Grundcharakter des Textes. Dies illustriert Badia Margarit sehr schön an Kap. 94 der PCG. Vgl. dazu auch die Kap. III.3.5 und III.4.2. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch auf zwei weitere strukturelle Merkmale der untersuchten Texte: (a) Was den Gebrauch der Tempora anbelangt, so dominiert in allen untersuchten Chroniken, nicht nur in den alfonsinischen Texten, durch die Textsorte bedingt das indefinido. In diesem Tempus werden die geschichtlichen Ereignisse berichtet, andere Tempora sind mit Ausnahme des imperfecto, das zur Wiedergabe habitueller/andauernder Handlungen gebraucht wird, selten. Was die genaue Perspektivierung der Handlung durch den Tempusgebrauch in den frühen narrativen Texten anbelangt, bedarf es noch näherer Untersuchungen; (b) v. a. in kategorischen Äußerungen bezeichnen die meisten der explizit ausgedrückten Nomina Personen, selten Dinge, wobei sich die meisten Sätze auf den jeweiligen Herrscher als thematischen Pol beziehen (vgl. Metzeltin 1984). Dies gilt auch für die Chroniken des 14. und 15. Jhs. 177

1.1.4

Quantitative Erfassung der Daten

1.1.4.ι Die Primera Cronica General (PCG) Die Auswertung von 503 Hauptsätzen mit ausgedrücktem Subjekt ergibt die folgende Häufigkeitsverteilung der SV- und VS-Anordnungen im HS15: (a) Die Zahlen beziehen sich sowohl auf nominale und pronominale Subjekte als auch auf satzwertige Subjekte: S-V: 4 3 % (216 Sätze) - V-S: 5 7 % (287 Sätze) 16 (b) Die Zahlen beziehen sich nur auf nominale Subjekte (393 Sätze): Sn-V: 4 0 , 5 % (159) - V-Sn: 5 9 , 5 % (234) (c) Die Zahlen beziehen sich auf die pronominalen Subjekte, bei denen es sich, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, um Personalpronomina in Subjektfunktion (62 Sätze) handelt (dies gilt auch für die anderen untersuchten Chroniken): Sp-V: 5 0 % ( 3 1 ) - V-Sp: 5 0 % ( 3 1 ) (vgl. auch Kap. II.7) Gerade bei der PCG stellt sich natürlich in Anbetracht der relativ langen Entstehungszeit die Frage, ob sich der Faktor Zeit auch in der Satzglied15

16

Zu den untersuchten Textstellen vgl. Kap. 3.3 der Einleitung. Vgl. auch Kap. I.2.3.1.2 bezüglich der Problematik einer solchen quantitativen Erfassung. Meyer-Hermann (1991) hat auch das Verhältnis von Äußerungen mit implizitem vs. Äußerungen mit explizitem Subjekt untersucht: «Im Hinblick auf die Satztypen-Häufigkeit ist das Datum festzuhalten, daß in der Cronica 54,2% aller Sätze implizite Subjektmarkierungen durch nachgestellte Personendungen haben» (82). Dies sind durchschnittliche Werte. Die einzelnen Kapitel divergieren z.T. erheblich, so dominiert z.B. in Kap. 89-96 die Subjektnachstellung mit 76,5%. Als Vergleichszahlen (diese beziehen sich auf Sn und Sp) seien hier noch die Daten von Pardo Huber (1973), Bossong (1984a) und Elvira Gonzalez (1987) genannt. Während Bossong für die PCG von 60 % VS-Strukturen ausgeht, hat Elvira sogar 69,8 % ermittelt; Pardo Huber hingegen nennt eine Zahl von 60 % für SV-Anordnungen. Die unterschiedlichen Werte beruhen auf verschiedenen Auswertungskriterien und sind ein Indiz dafür, daß alle vorliegenden quantitativen Daten letztlich nur Näherungswerte sind. Als ergänzende Daten sei noch auf die Ergebnisse von Hinojo Andres (1988) und Elvira Gonzalez (1987) in bezug auf voralfonsinische Texte verwiesen. Da beide Autoren ihre Ergebnisse jedoch nicht hinsichtlich Sn und Sp (Hinojo Andres auch nicht nach HS und NS) differenzieren, sind ihre Ergebnissse nur bedingt brauchbar (vgl. auch die Kritik von Meyer-Hermann 1989, 287). Hinojo Andres untersucht die in der Crestomatia von Menendez Pidal zusammengestellten Texte zwischen dem Cid und den alfonsinischen Texten: SV: 64,15% - VS: 35,85%. Elvira (1987, 77) faßt seine Ergebnisse wie folgt zusammen: «En las oraciones principales, el orden VS aparece con una frecuencia superior al 60% en todos los textos (78,1 % en el Liber Regum, 88,4% en La Fazienda de Ultramar, 69,8% en la Primera Cronica General y 61,7% en la Historia Troy ana). Esta preferencia por el sujeto pospuesto disminuye ο se invierte en las oraciones subordinadas (72,4% en La Fazienda de Ultramar, 7 1 % en el Liber Regum, 41,7% en la Primera Cronica General y 33,1 % en la Historia Troyana).» 178

anordnung im Sinne einer Veränderung der Distributionsverhältnisse niederschlägt. U m unsere Daten in bezug auf die später entstandenen Chronikteile zu erweitern, haben wir aus dem zweiten Band exemplarisch eine zusätzliche Textpassage herausgegriffen (S. 347-358; Kap. 6 1 2 - 6 2 7 ) , die die Regierungszeit von A l f o n s o el Casto umfaßt (Quelle: Lucas de Thuy) und darin die Hauptsätze in Hinblick auf die Subjektstellung untersucht: S-V: 5 4 % - V-S : 4 6 % . O b man daraus schließen kann, daß es auch innerhalb der PCG im Bereich der Wortstellung eine Entwicklung hin zu mehr SV-Konstruktionen gegeben hat, kann aufgrund des relativ kleinen Korpus nicht mit Sicherheit gesagt werden; in Anbetracht der Daten von Meyer-Hermann, der ebenfalls einen späteren Textausschnitt untersucht hat 1 7 , sollte man sich jedoch vor vorschnellen Schlußfolgerungen hüten und eine endgültige Aussage von einer noch größeren Datenbasis abhängig machen. D a ß man dennoch im Bereich des Kategorischen leichte Veränderungen feststellen kann, zeigen die Ausführungen in Kap. II. 1.3. 1.1.4.2 Die General Estoria ( G E ) Für diesen Text ergibt die Auswertung von 500 Hauptsätzen mit ausgedrücktem Subjekt folgende Häufigkeitsverteilung: (a) D i e Zahlen beziehen sich auf nominale und pronominale Subjekte sowie auf satzwertige Subjekte: S-V: 39,2 % (196) - V-S: 60,8 % (304 ) (b) D i e Zahlen beziehen sich auf nominale Subjekte (369 Sätze): Sn-V: 3 4 , 7 % (128) - V-Sn: 6 5 , 3 % (241) (c) D i e Zahlen betreffen nur die pronominalen Subjekte (59 Sätze): Sp-V: 3 5 , 6 % (21) - V-Sp: 64,4% (38) Die Häufigkeitsverteilung der beiden Anordnungsmuster in den Texten PCG und GE läßt sofort die beiden wichtigsten Fragen erkennen, die es in der folgenden Untersuchung zu klären gilt: Wie können die im Vergleich zu den Texten der folgenden Jahrhunderte zahlreichen VS-Strukturen im HS erklärt werden 1 8 ? U n d wie verteilen sich die beiden Anord-

17

18

Meyer-Hermann (1991, 83) hat die Seiten 387-406 der PCG (Kap. 678-700) untersucht. HS: Sn-V: 41,1% - V-Sn 58,9% (im NS hingegen dominiert mit 68,5 % die Voranstellung der Subjekte). Zählt man die Belege für HS und NS zusammen, ergeben sich nach Meyer-Hermann für nominale Subjekte folgende Prozentzahlen: Sn-V: 49,4% - V-Sn: 50,6%; für nominale und pronominale Subjekte zusammen: SV: 52,2% - VS: 47,8% (S. 83, 85). Eine Zusammenziehung der Werte für Haupt- und Nebensätze mag zwar angesichts des Zieles, für das Akast. die SV-Anordnung als dominantes Linearisierungsmuster nachzuweisen, legitim erscheinen, wir geben jedoch zu bedenken, daß es sich bei HS und NS um grundsätzlich verschiedene Satztypen handelt, die nur bedingt vergleichbar sind. Meyer-Hermann (1991, 81) spricht bezüglich der PCG von einer «Massierung der expliziten nachgestellten Subjekte im Hauptsatz». 179

nungsmuster hinsichtlich der pragmatischen Kategorien Thetisch und Kategorisch?

1.2 Thetische Konstruktionen im 13. Jahrhundert In Äußerungen mit thetischem Inhalt dominieren in den alfonsinischen Chroniken, von wenigen Ausnahmen abgesehen, VS-Strukturen. Dies gilt sowohl für daseinssetzende als auch ereignisbezogene Aussagen, wobei es, dies sei hier bereits vorweggenommen, im Gegensatz zum Nsp. bezüglich der Anzahl der beteiligten Aktanten in diesen Texten keine Restriktionen bei der Subjektnachstellung gibt. r.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten 19 Grundsätzlich werden faktumsetzende Äußerungen mit Verb und E A mit der VS-Anordnung linearisiert. Der E A , der in den meisten Fällen das Merkmal [-belebt] aufweist und als satzgrammatisches Subjekt kodiert wird, ist kontextuell in der Regel [+neu], allerdings kann unter bestimmten Umständen auch eine vorerwähnte Konstituente Teil einer thetischen Aussage sein (vgl. die Kap. II.1.2.1.3 und 1.2.4.2.2). 1.2.1.1 «Existentialaussagen» Zu den «Existentialaussagen» gehören, wie in Kap. 1.2.4.2.2 gezeigt, Äußerungen mit rein daseinssetzenden und präsentativen Verben sowie mit reflexiv gebrauchten Verben der Bewegung und der Sinneswahrnehmung. Bei der folgenden Beispielzusammenstellung werden wir die einzelnen Untergruppen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht noch einmal gesondert untersuchen. Wichtig ist jedoch, daß «reine» VS-Konstruktionen relativ selten sind, da die meisten dieser Äußerungen mit einem (valenzfreien) Adverbial «eingeleitet» werden, das das zu setzende Faktum in einen zeitlichen bzw. örtlichen Rahmen einbettet20. Dies gilt übrigens 19

20

Unpersönliche thetische Aussagen werden nicht näher untersucht, da es hier (mit Ausnahme des häufigeren Gebrauchs des Pronomens uno im Asp.) keine signifikanten Unterschiede zwischen Alt- und Neuspanisch gibt; vgl. Kap. I.2.4.1. Zur Frage, wann ein initiales Adverbial thematisches Rahmenelement und wann selbst Thema der Aussage ist, vgl. Kap. I.2.5.2. In den Chroniken stellt sich das Problem in besonderer Weise, da viele der lokalen und temporalen Adverbiale anaphorisch sind. Vgl. auch Kap. II.4. Bei Verben des Situationellen Daseins ist das Adverbial nicht eigentlich valenzfrei: En los desiertos delas Ethiopias morauan estonces, e aun agora por uentura, los athlantas ( G E , 31 ib,6). Zur Frage, inwieweit die «einleitende» Konjunktion e(t) die Inversion begünstigt, vgl. unten Kap. II. 1.4.2. VSA-Strukturen können auch der Fokussierung des Adverbials dienen.

180

auch für die Chroniken des 14. und 15. Jhs. Wir erinnern uns: Trotz der Häufigkeit der Inversion nach einleitendem Adverbial weisen diese Sätze nicht deshalb die VS-Anordnung auf, weil sie ein einleitendes Adverbial haben, sondern weil sie thetisch sind (vgl. 1.2, Anm. 105). In «uneingeleiteten» Sätzen mit Adverbial liegt meist eine V-A-S-Anordnung vor. V-S-Strukturen (II.1-1)

e se leuanto grand guerra entre los de Ethiopia e los de Egipto (GE, 307b, 17)

V-A-S-Strukturen (II. 1 - 2 ) (II. 1 - 3 ) (II. 1—4) (II. 1 - 5 ) (II.i - 6 ) (II.i-7) (II.i-8)

Et era y por cabdiello della uno que dizien Prisco; et este Prisco [...], ouosse de auenir eon ell (PCG, 223b, 19) 21 Ε comiengan se al pie daquellos oteros unos campos grandes (PCG, 70b, 5) et nascie en medio del muro una figuera (PCG, 315a, 45) e moriron y de la hueste de Tharif bien seze mil omnes (PCG, 309b, 41) e salio dela su ferida una semeianga de cauallo [...] e nascio dend una oliua (GE, 316a, 14) Vino estonces con esta uision un espanto tamanno a Julio Cesar (PCG, 67b, 7) mas yua estonces grand ell agua por muchas lluuias que auie y fechas (PCG, 67a, 34)

A-V-S-Strukturen (II. 1 - 9) (II.i-10) (II.i-11) (II.i-12) (II.i-13) (II.i - 1 4 )

Andados L X X X J anno dela catiuidad [...] fue el primero Hercules ( G E , 305a, 7) Andados .C. annos dessa seruidumbre [...] comengo en Grescia el regno dela cibdad de Athenas, segund cuentan unos ( G E , 313b, 30) Ε a los siete dias leuantos a dessora muy grand uiento (PCG, 64b, 3 2 - 3 4 ) Estonces salio un cabdiello de la cibdat Trinofanto (PCG, 64b, 3) Otro dia mannana empos esto comenfos a mouer de sobre la hueste contral Jordan la nuue que los guiaua (GE, II, 14b, 26) e alli se falla la piedra bedellio e la onichino (GE, 5a, 44)

Bei dem letzten Satz handelt es sich um eines der vielen Beispiele für fehlende Kongruenz zwischen Verb und nachgestelltem pluralischen Subjekt. Z u diesem Problem vgl. England (1976), der Texte aus dem 13., 14. und 15. Jh. diesbezüglich untersucht hat: Während das Verb bei zwei nachgestellten Singular-Subjekten mit dem Merkmal [+belebt] in 3 1 % der Fälle die Singularform aufweist, sind es erstaunlicherweise bei einem Singular- und einem Plural-Subjekt 6 8 % ; haben die Subjekte das Merkmal [-belebt], ist die Zahl der Verben mit fehlender Kongruenz wesent21

Dieser Äußerungstyp kann je nach Kontext auch subjektfokussierende Funktion haben, vgl. Kap. 1.1.3.2, Anm. 64 und II.2.3.2. 181

lieh höher: 86 % 2 2 . Kongruenzschwächen dieser Art sind typisch für thetische Äußerungen (vgl. Kap. I.i.3.2). Es ist zwar ein grammatisches Subjekt vorhanden, dieses weist aber nur einen sehr niedrigen Grad an Agenspotentialität auf und ist im Sinne des T K M auch nicht Thema. Das Fehlen der Kongruenz als formales Subjektindiz unterstreicht die pragmatische Eingliedrigkeit dieses Äußerungstyps. In den folgenden Beispielen, die beliebig vermehrt werden könnten, verweist das Adverbial auf eine aus dem Text bekannte Einheit, und es ist daher fraglich, ob es sich hier um eine präsentierende thetische Konstruktion (das Subjekt ist ja [+neu]) oder um eine nicht-konforme Thematisierung des Adverbials, also um eine kategorische Äußerung handelt. D a es in diesen Sätzen mit «hervorbringenden» Verben jedoch primär um die Einführung eines neuen Themas bzw. um Hintergrundschilderung oder um die Feststellung eines Faktums geht, gehören diese Äußerungen unseres Erachtens eher in den Bereich des Thetischen. (II.i - 1 5 )

(II.i - 1 6 )

Tierra de Sci^ia yaze en frontera de tierra de Germania de parte de Occident; e en esta tierra es el rio Ystro, et ο el nasce fazesse la tierra ancha. Et tiene esta tierra de Sciijia de parte de orient los pueblos seres, [...]. Ε son en el αΗτπεηςο desta tierra de Scifia los montes que dizen Rifeos; [...] Destos monies nasce el rio a que llaman Tanays, et cae en una laguna muy grand que llaman Meotida; et segund cuenta ell argobispo don Rodrigo, en esta laguna se acaba este rio (PCG, 217b, 8) [Die Rede ist von einer Stadt in Äthiopien. Der folgende Satz ist der erste Satz eines neuen Kapitel.] En aquella ?ibdad estaua una inffante ( G E , 312a, 34)

Präsentativ-existentielle Strukturen mit SV-Anordnung sind in den von uns untersuchten Textausschnitten nicht belegt, allerdings haben wir Beispiele in Calila e Dimna gefunden: (II.i —150)

Ca tres cosas son en que deve omne parar mientes (Cal, 141) 23

1.2.1.2 Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransitivverben Bei dieser Untergruppe handelt es sich in der Regel um «ereignisbezogene» Äußerungen, die auf die Frage «Und was geschah dann?» antworten und deren Subjektdenotat jeweils das Merkmal [+neu] hat. Initiale Adverbiale sind in dieser Untergruppe seltener, ihr Gebrauch ist jedoch 22

23

Vgl. auch Neumann-Holzschuh (1994, 59-60). Konstruktionen dieser A r t haben nach England sowohl Vorbilder im Lateinischen als auch im Arabischen, vgl. Kap. II.1.5.4. Wehr (1984, 37) gibt Beispiele für Kongruenzschwächen dieser Art in anderen (alt-)romanischen Sprachen. Blumenthal (1980b, 125) zitiert ein analoges Beispiel aus dem Novellino: Uno refue, nelle parti di Egiptto, lo quale avea [...]. Er spricht hier von der Voranstellung eines rhematischen Subjekts vor die Kopula. 182

keineswegs ausgeschlossen. Sie können ähnlich wie die dezentriert-kategorischen Äußerungen einen markanten Punkt innerhalb der Erzählung bezeichnen oder einfach Fakten aneinanderreihen; darüber hinaus können sie auch eine Rechtfertigung/Konsequenz/Begründung eines vorausgegangenen Geschehens kodieren (vgl. auch Kap. 1.2.4.2.2b). (II.1-17) (II.1-18)

(II. 1 —19) (II. 1 - 2 0 )

Et torno alii luego tod el fecho a paz (GE, 312b, 6) A cabo dela setena cerca [...] cayeron luego todos los muros de la cibdat, et entraron cada unos de los ebreos por el logar ο estauan, e prisieron la cibdat et mataron quanto en ella fallaron (GE, II, 20b, 3 4 - 2 i a , 5) Ε con el uiento apriso se el fuego a las tiendas, e fizo y muy grande danno (PCG, 64b, 39) Andados sietecientos menos un anno de la puebla de Roma se encendio fuego en la cibdat de Roma (PCG, 65a, 41)

Gelegentlich können intransitive Verben, auch wenn sie nicht direkt der Gruppe der daseinssetzenden Verben angehören, präsentative Funktion haben. (II.1-21)

(II. 1 - 2 2 )

Andados X C e vij annos dela seruidumbre de Israel en Egipto, [...] murio Manulo, rey de Assiria, e regno empos el Spareto, X V ° rey dalli, X L annos. Esse anno mismo murio Ortopol, rey de Sithonia, e regno empos el Maracio (GE, 313b, 12) Pues que murio el rey Hueric, regno en los godos Gaderic. Este fue rey de grand coragon et muy lidiador, [...]. Despues del rey Gaderic finco Philimer, so fijo: et este Philimer, mesurando aquella tierra de los vimerrugos ο estauan, uio cuemo non era tierra de grand plantia (PCG, 216b, 32)2*1

1.2.1.3 Thetische Äußerungen mit bekanntem/vorerwähntem Subjekt E s gibt nun in den beiden Chroniken zahlreiche Fälle, in denen ein bereits im Kontext erwähntes Subjektdenotat Bestandteil einer Aussage mit einem Aktanten ist und postverbal steht. Unseres Erachtens gehören diese Äußerungen mit den Merkmalen [ V S / - n e u / - t r ] in den mittleren Bereich des von uns postulierten Kontinuums, in dem die Aussagen sowohl Züge des Thetischen als auch des Kategorischen haben. Diese Ä u ßerungen weisen einen niedrigeren Grad an «Transitivität» auf als Äußerungen mit Ε Α und direktem Objekt, d.h., sie sind schon aufgrund der Verbsemantik stärker faktumbezogen und können von daher einen «Text» an sich bilden 25 . Ob es sich hier um thetische oder dezentriert24

25

Vgl. auch England (1983, 393): «However, in a number of instances, the function of the intransitive verb is presentative [...], and in such expressions one might have expected the subject to occur at the end of the expression, as happens usually with intransitive verbs such as aparecer, estar, nacer, quedar, when used with a presentative function». Vgl. auch Schellert (1958, 16): «Wenn eine Handlung zwar vom Subjekt ausgeführt und nicht erlitten wird, aber sich seine Willensmitwirkung als so gering erweist, daß eigentlich nur von einer mechanischen Reaktion oder dem Vollzug 183

kategorische Äußerungen handelt, kann letztlich nur der Kontext entscheiden, begünstigend für eine Zuordnung zum thetischen Bereich ist sicherlich die Tatsache, daß die meisten Beispiele verhältnismäßig «isoliert» stehen, d.h., das jeweilige Subjektdenotat muß sich nicht auf eine Einheit des unmittelbar vorhergegangenen Satzes beziehen bzw. ist nicht Teil einer Reihe mehrerer Äußerungen mit Subjektnachstellung (vgl. auch unten Kap. II. 1.2.2.2). (II.i - 2 3 )

(II.i-24)

(II.i - 2 5 )

[Es geht um die Schlacht zwischen Alfons II. und Karl dem Großen.] et fue la fazienda muy fuerte et muy ferida ademas, et murieron y muchos de cada parte. Mas pero al cabo vencio el rey don Alfonso con ayuda de Dios. (PCG, II, 353b, 39) [Die Rede ist von König Busirius, der von seinem Seher den Rat bekommt, Fremde, die in sein Reich kommen, den Göttern zu opfern. Busirius spricht mit Perillo über Foltermethoden und Perillo schlägt ihm vor, einen Stier aus Eisen zu bauen, der so erhitzt werden kann, daß der darin eingeschlossene Mensch verbrennt.] et desque el ombre fuere de dentro mandaras dar fuego al toro yuso so el uientre, et calesgra el toro, e quexar se a el omne con la calentura del cobre ο delfierro, e dara grandes uozes, et saldran aquellas uozes por la garganta del toro arriba ( G E , II, 24a, 31 - 24b, 1) y en la uida de Gedeon murio Hercules (PCG, 6a, 3 1 - 3 2 )

Die postverbalen Subjekte sind zwar aus dem Kontext bekannt, die Äußerungen sind jedoch eher eine Antwort auf die Frage «Und was geschah dann?/Und was wird dann geschehen?» als eine Aussage über die jeweiligen Subjektdenotate und haben somit thetischen Charakter. 1.2.1.4 Passivkonstruktionen Was die passivischen Ausdrücke anbelangt, in denen der Patiens als grammatisches Subjekt erscheint, wurde in Kap. 1.2.4.4 bereits auf die Affinität des Passivs, insbesondere der unpersönlichen Konstruktionen sowie aller anderen Konstruktionen ohne Agensnennung mit dem Bereich des Thetischen verwiesen 26 . Mit dem Auxiliar ser gebildete Passiva werden im 13., 14. und 15. Jh. vornehmlich mit der VS-Anordnung gebildet. (II.1-26) (II. 1 - 2 7 ) (II.i -28)

26

e fue puesto en su logar Leo el segundo (PCG, 309a, 10) e bien cient annos ante fue poblada la cibdad de Toledo que poblaron dos consules de Roma (PCG, 7a, 52) e fuera y fecho grand mal (PCG, 65b, 52)

eines fremden Willens gesprochen werden kann, ist eine Nachstellung des Subjekts hinter das scheinbar von ihm bewirkte Geschehen sinngemäß». Zur Diathese im Akast. vgl. die kurze Abhandlung von Dubravcic (1979). Ihre Auswertung von 60 Seiten der P C G ergab folgende Gewichtung: 138 Passivkonstruktionen mit ser und 35 mit se (S. 69). Im Libro de Buen Amor hingegen ist das reflexivische Passiv häufiger. Zum Aport. vgl. Schellert (1958, 16): «Die Passivität des Subjekts kann durch seine Nachstellung dargestellt werden»; für das Reflexivpassiv ermittelt er für VS-Anordnungen 78,6%.

184

(II. ι - 2 9 )

Andados seys dias de quando el mundo fuera criado fue fecha la mugier (GE, 5b, 34)

Je nach semantisch-referentiellem Status der NP kann es sich aber auch um «narrative Inversionen» im weiteren Sinne handeln. (II. 1 - 3 0 )

Marsil salio a ellos estonce, et ouo con ellos su batalla muy grant, et morieron y muchos de cada vna de las partes; mas al cabo, por el plazer de Dios, fueron vencidos los moros. Et morio y Marsil con todos los suyos. (PCG, II, 355b, 32)

Passivische Sätze erscheinen allerdings auch in der SV-Anordnung, in diesen Fällen sind sie Prädikationen über das satzinitiale Thema und daher kategorisch. (II.1-31)

e el cuende Julian fue dalli tenido entre los moros por bueno et leal por aquello que auie fecho (PCG, 309b, 7)

Das folgende Beispiel illustriert, inwieweit die Wortstellung in der PCG den Unterschied Thetisch/Kategorisch reflektiert: (II.1-32)

Et la parte de los godos que finco aquen con el rey Philimer [...] uinieron a la tierra de la yent de los espalos. Ε los espalos guisaron se, et salieron contra ellos, et lidiaron (= kategorische Aussage: was taten sie?), et fueron uengudos los espalos (= «narrative Inversion»: was geschah dann mit ihnen?) (PCG, 217a, 20)

Ausdrücke mit der passivischen se-Konstruktion (d.h., Konstruktionen mit durch se entpersonalisierten Verben und als Subjekt kodiertem E A ) , der Passivtransformation im Nsp., sind: (II. 1 - 3 3 ) (II. 1 - 3 4 ) (II. 1 - 3 5 )

1.2.2

e perdieron se y grand pieija de bestias et de yent de parte e los romanos (PCG, 64a, 53) Ε fizieron se despues dellos otras lides muchas (PCG, 66a, 5) 27 . Alli se renouaron las mortandades del tiempo de Hercules (PCG, 312a, 32)

Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten

1.2.2.1 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiences/ Empfängers In diesem Äußerungstyp wird ein aus dem Kontext nicht bekannter, unbelebter Erstaktant, der satzgrammatisch zwar als Subjekt erscheint, aber nicht die semantische Rolle des Agens spielt, mit einem als Dativ- oder Akkusativobjekt kodierten, unbelebten und meist pronominal ausgedrückten Exp/Empf kombiniert. Es handelt sich um Sätze, die etwas bezeichnen, was bei jemandem geschehen bzw. ihm widerfahren kann. Die Anordnung ist V-Op-S (selten Op-V-S) oder, bei nominalem Objekt, V27

Vgl. England (1979, 62): «When the reflexive passive form is used, there is a preference for subject postposition».

185

On-S. In diesen Fällen ist auch im Nsp. die Inversion unmarkiert (vgl. Kap. I.2.4.3.2, dort haben wir auch die verschiedenen Untertypen vorgestellt). (II.! -36) (II I - 3 7 ) (II.i -38) ( H l -39) (II.i -40) (II.i - 4 1 )

(II. 1-42)

e llegando a la ribera daquel rio Rubicon [...] paresciol alii en uision una ymagen (PCG, 67a, 42) e demudos le la faz (GE, 8b, 47) Pues que uio Julio Cesar tan grandes poderes [...] creciol esfuenjo e coraion (PCG, 68b, 16) Pves que los reyes [...] oyeron cuemo [...] quebraron les los cora?ones (GE, II, 17a, 30) et prisol una flaqueza tan grand quel fizo estar quedo (PCG, 67b, 9) et del dia que comieron alii del pan e de los fructos daquella tierra en essa fiesta, les fallescio luego la manna que iamas nunqua la ouieron (GE, II, 18b, 22) Et nascio a Adam e a Eua con Cayn dun parto una fija (GE,7b,8)

1.2.2.2 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens Im Spanischen des 13. Jhs. können Konstruktionen mit transitiven Verben im Aktiv, die thetische Inhalte bezeichnen, uneingeschränkt die V S - A n ordnung aufweisen. Die Anordnung der Satzglieder ist je nach Art der Kodierung des Objekts folgende: V-S-On/V-On-S oder bei pronominalem Objekt V-Op-S (der weitaus häufigste Fall) oder seltener Op-V-S (zur Position des nominalen und pronominalen Objekts vgl. auch Kap. II.5). Die für die thetischen Konstruktionen mit einem Aktanten genannten semantischen und funktionalen Charakteristika gelten auch für thetische Konstruktionen mit zwei (und mehr) Aktanten 28 . Die Abgrenzung thetischer Konstruktionen mit Erst- und Zweitaktant von den (sehr viel häufigeren) «narrativ-kategorischen» Strukturen ist mitunter schwer, ja oft kaum möglich, da viele Subjektdenotate in längeren narrativen Texten wie den Chroniken in der Regel die Merkmale [ - n e u ] und [+human] haben und die meisten, wenn auch nicht unmittelbar, so doch mittelbar, vorerwähnt sind (die implizite Frage kann sowohl «Was geschah dann?» als auch «Was tat X dann?» lauten). Man könnte sie auch als «Makrodiskursthemen» bezeichnen. Die Zuordnung einer VSO-Struktur zum thetischen Bereich ist nur da eindeutig, wo der E A das Merkmal [+neu] hat. Da aber eben nur verhältnismäßig wenige der

28

Schellert (1958, 25) drückt das folgendermaßen aus: «Verblaßt bei der Beschreibung einer Szene das Interesse an den Personen und ihren Handlungen, werden die Personen vielmehr zu Bestandteilen eines bunten Bühnenbildes und zu Mitspielern in einem malerischen Schauspiel und scheinen ihre Bewegungen von einem unsichtbaren Regisseur vorgezeichnet, so spiegelt sich das in der Satzkonstruktion wider». Die Schilderung eines Geschehens wird im Aport. auch dann, wenn der Satz «transitiv» ist, mit der VS-Anordnung unterstrichen. 186

nachgestellten Subjekte auch tatsächlich [+neu] sind (vgl. Meyer-Hermann 1991, 91), muß bei aus dem (weiteren) Kontext bekanntem Subjektdenotat die Entscheidung, ob es sich um eine «narrativ-kategorische» oder ereignisbezogen-thetische Äußerung handelt, dem Kontext überlassen werden 29 . Folgende Frage mag als mögliches Unterscheidungskriterium dienen: Bezeichnet die VS-Konstruktion einen herausragenden Punkt in der Handlungskette bzw. werden mit Hilfe dieser Konstruktion sogar Handlungen gereiht, ohne daß das jeweilige Subjektdenotat/die Subjektdenotate dabei «entthematisiert» werden, oder handelt es sich um ein Geschehen, in das zwar eine aus dem Kontext bekannte Größe involviert ist, das aber als solches global gesetzt werden soll? In den folgenden Beispielen spricht überdies die Tatsache, daß diese Äußerungen nicht von einer weiteren Äußerung mit gleichem Subjekt gefolgt werden, für ihre Interpretation als thetische Äußerungen, denn Reihungen widersprechen dem informativ-pragmatischen Status des thetischen Äußerungstyps. Aufgrund des oft hohen «Transitivitätsgrades» dieser Äußerungen tritt der Agens hier jedoch nicht so deutlich in den Hintergrund wie in den o.g. entsprechenden Strukturen mit einwertigem Verb. (II. 1 - 4 3 )

[Das Kapitel beginnt mit dem folgenden Satz, dessen Subjektdenotat aus dem weiteren Kontext zwar als gegeben angesehen werden kann, das aber nicht unmittelbar vorerwähnt ist.] Andados tres annos del regnado del rey Rodrigo, [...] enuio Vlid rey de los alaraues por Muga que fuesse a ell a tierra de Affrica ο ell era. Ε Muga fue alia... (PCG, 309a, 17)

Es geht nicht um Vlid, sondern um die Tatsache, daß er Mu$a kommen läßt, der mit diesem Satz gleichzeitig als Thema des weiteren Diskurses etabliert wird. (II. 1 - 4 4 )

[Crassus will zwischen Caesar und Pompeius vermitteln.] Mas enuiaron a Crasso a Asia, et mataron le alla los turcos en Torquia, assi cuemo es ya dicho (PCG, 67a, 2)

Die Türken sind im Kontext nicht unmittelbar vorerwähnt, und es wird danach nichts mehr über sie gesagt. Es geht hier nicht um eine Aussage über die Türken, sondern um das Faktum der Tötung des Crassus, was durch den Zusatz cuemo es ya dicho noch unterstrichen wird. Ähnlich kann auch das folgende Beispiel (II. 1 - 4 5 ) interpretiert werden:

29

Meyer-Hermann, der 300 Sätze der PCG einer genauen Untersuchung hinsichtlich der Merkmale «vorerwähnt» und «ersterwähnt» unterzogen hat, kommt zu dem Ergebnis, daß 7 4 % der postverbalen Subjekte «vorerwähnt» sind (1991, 91). Vgl. Kap. I.1.2.1 für seine Auslegung von «Vorerwähntheit». Benutzt man das Kriterium der Ersterwähnung, weisen nur 13,3 % der Subjekte dieses Merkmal auf. «Damit wird deutlich, daß , zumindest in dem ausgewerteten Text, nur eine Bedingung neben andern - jedenfalls aber nicht die dominierende - für die Nachstellung von Subjekten ist» (93).

187

(ii·1-45)

(II.1-46)

Despues de la muerte de Moysen, sieruo de Dios, finco Josue en logar de Moysen por cabdiello de Israel; et segunt cuenta Josepho en el primero capitulo del quinto libro de las sus Estorias, recibieron lo luego todos los ebreos muy de grado, tan bien los prin^ipes de los otros linages como los suyos dell [...], e lo dize Moysen mismo en el postrimero capitulo del Deuteronomio (GE, II, 6b, 20) Et plantara nuestro sennor Dios luego de οοππβηςο un logar muy uicioso contra orient. Et a aquella tierra dixieron despues Edon, e yaze enel mar Occeano; et segund dize Augustin enla Glösa, Edon es deleytes. Ca auie y aruoles de todas maneras que leuauan frutos fermosos de uista e sabrosos de comer; et llaman le Parayso Moysen e los otros sabios (GE, 5a, 21)

Hier geht es weniger um eine Aussage über Moses und die anderen Weisen, als vielmehr um das Faktum, daß sie den Garten Eden als Paradies bezeichnen. (II.1-47)

Mas sacol ende Theudio, un princep poderoso, en uno con los otros caualleros quel quisieron ser leales uassallos et tornaronle en la onrra del regno. Esse anno otrossi murio el papa Adrian, e fue puesto en su logar Leo el tercero; et fueron con el nouaenta et quatro apostoligos. Ε en el X I I I P un espannol a que dizien Tatin, que era adelantado de la cibdad de Barcilona, diola al rey Carlos. Et essa misma cibdad le auie ell enagenada, et metiosse en el su poder. Esse anno otrossi prisieron los moros esa misma cibdad de Barcilona, et enuio el rey Carlos su hueste que la cercasse. (PCG,II,347b,39)

Hier geht es um die Einnahme der Stadt Barcelona und nicht um eine Aussage über die Mauren. Auch bei Konstruktionen mit drei Aktanten ist oft nicht klar, ob es sich um ereignisbezogen-thetische oder um «narrativ-kategorische» Ä u ßerungen handelt, in jedem Fall ist die Zahl der VS-Konstruktionen mit drei Aktanten (die auch alle drei nominal sein können!) in den alfonsinischen Chroniken höher als in den späteren Texten. (11.1-48)

[Über Jupiter werden verschiedene Aussagen gemacht]. Ε tenien al rey Juppiter las yentes delos gentiles por el mayor dios (GE, 314b, 16).

Der Kontext macht klar, daß es sich hier nicht um eine Aussage über die Leute («Was taten sie?») handelt, sondern um das Faktum der Wertschätzung als solches. (II. 1 - 4 9 )

[Das folgende Beispiel steht am Schluß einer Passage, bei der es um die Wahl von Moses als Heerführer der Ägypter geht und um die Bitte der Tochter des Pharao, ihn gut zu behandeln.] e sobresso prometio el rey en las manos a ella que assi serie tenudo e guardado, como le era prometudo (GE, 308a, 52)

Auch wenn die Frage nach dem pragmatischen Status dieser VSO-Konstruktionen im Einzelfall nicht immer klar beantwortet werden kann, gilt zumindest für die Texte des 13. Jhs., daß die Chronisten die VS-Anord188

nung i m m e r dann v e r w e n d e n , w e n n der agentive C h a r a k t e r des S u b j e k t s a b g e s c h w ä c h t erscheinen und die H a n d l u n g stärker als G e s c h e h e n dargestellt w e r d e n soll. Wichtig im V e r g l e i c h zu d e n b e i d e n f o l g e n d e n Jahrhunderten und natürlich auch z u m Nsp. ist, d a ß auch Sätze mit

hohem

«Transitivitätsgrad» im Sinne v o n H o p p e r / T h o m p s o n o h n e w e i t e r e s die S u b j e k t n a c h s t e l l u n g a u f w e i s e n k o n n t e n . In A n b e t r a c h t der Tatsache, d a ß s o w o h l ereignisbezogen-thetische Ä u ß e r u n g e n mit m e h r e r e n A k t a n t e n als auch dezentriert-kategorische Ä u ß e r u n g e n («narrative Inversionen») auf d e m in K a p . I.2.7 skizzierten K o n t i n u u m nicht z u m unmittelbaren K e r n b e r e i c h des Thetischen bzw. K a t e g o r i s c h e n g e h ö r e n , ist die Frage, u m w e l c h e n Ä u ß e r u n g s t y p es sich g e n a u handelt, eigentlich sekundär.

1.2.3 Thetische Ä u ß e r u n g e n mit S V - A n o r d n u n g B e i s p i e l e für S V ( 0 ) - Ä n o r d n u n g e n mit z w e i und m e h r A k t a n t e n , die in pragmatischer Hinsicht eindeutig thetisch sind (also Fälle v o n «Neutraler B e s c h r e i b u n g » darstellen), sind selten. D i e s m a g als Indiz d a f ü r gedeutet w e r d e n , d a ß das A k a s t . des 13. Jhs. hinsichtlich der oberflächensyntaktischen U n t e r s c h e i d u n g v o n Thetisch und K a t e g o r i s c h n o c h relativ k o n s e q u e n t ist. H i e r eines der w e n i g e n Beispiele: (II.i -50)

Et despues que el rey don Alfonso el VI° gano Toledo, asi commo diremos adelante, conquirio el conde de Bar^lona Lerida e Dertusa et Fraga; et vn rico omne de Aragon conquirio Μοηςοη (PCG, II, 356a, 16)

Ä u ß e r u n g e n mit k o n t e x t u e l l nicht v o r e r w ä h n t e m S u b j e k t sind allerdings meist durch einen R e l a t i v s a t z o d e r eine A p p o s i t i o n hinlänglich spezifiziert, so d a ß sie e h e r als kategorisch einzustufen sind 3 0 .

1.3

N i c h t - t h e t i s c h e K o n s t r u k t i o n e n i m 13. J a h r h u n d e r t

1.3.1

Erstaktant und V e r b (und Z w e i t a k t a n t )

1.3.1.1 A u f der E i n z e l s a t z e b e n e wird in einer kategorischen, «aktantenb e z o g e n e n » A u s s a g e etwas über das j e w e i l i g e n o m i n a l e o d e r pronominale T h e m a prädiziert, das im u n m a r k i e r t e n Fall ein grammatisches Subj e k t ist ( « k o n f o r m e Thematisierung»). D a s b e v o r z u g t e A n o r d n u n g s m u ster im kategorischen B e r e i c h ist wie im Nsp. die

30

SV(0)-Anordnung,

Vgl. auch Meyer-Hermann (1991, 93) « Ersterwähnung in Topikposition (links vom Verb) bedingt unmittelbar anschließend, noch vor dem Verb als comment-Teil, in der syntaktischen Struktur der Apposition [...] gelieferte Information, welche die Referenz bzw. Identifizierung des ersterwähnten Nomens ermöglicht». 189

d . h . , die Ä u ß e r u n g e n sind d e u t l i c h z e n t r i e r t 3 1 . Ihre wichtigste F u n k t i o n auf d e r p r a g m a t i s c h - k o m m u n i k a t i v e n

Ebene

ist die W i e d e r g a b e

von

« V o r d e r g r u n d h a n d l u n g e n » , s o f e r n sie in d i r e k t e m Z u s a m m e n h a n g mit ein e r b e s t i m m t e n P e r s o n u n d der v o n ihr a u s g e f ü h r t e n H a n d l u n g s t e h e n (das b e d e u t e t , d a ß d i e s e P e r s o n selbst als A g e n s bzw. T ä t e r in d e n M i t t e l p u n k t des Interesses r ü c k t u n d meist v o r e r w ä h n t ist). D e r g e s c h i c h t l i c h e n Chronologie

f o l g e n d , w e r d e n d i e s e «Taten» a n e i n a n d e r g e r e i h t ,

können SV- und eine bestimmte A r t von V S - A n o r d n u n g e n

dabei

alternieren

(vgl. u n t e n K a p . II.1.3.4) 3 2 . (II.1-51)

(II. ι - 5 2 )

(II. 1 - 5 3 )

31

32

33

[Es wird von der Einahme Cordobas durch Tarif berichtet.] Tarif uinosse estonces con su caualleria, [...] Ε el cuende Julian dio estonces su conseio α Tarif [.. ,].Tarif partio estonces la hueste en tres partes, [...] e el con la mayor parte, que era la tercera, uinosse pora Mentisa [...] Otrossi Mogeyt [...] echosse en celada en Cordoua la uieia, et algunos de la su hueste prisieron un pastor de ganado [.. .]e el dixo les que [...] Mogeyt con su caualleria salio luego dalli. (PCG, 314b, 43-3153) [Es wird berichtet, wie der König Rodrigo kurz nach seiner Amtsübernahme Toledo nimmt. Rodrigo wird zunächst durch eine V S - S t r u k t u r als neues Diskursthema eingeführt. Die folgenden SV-Strukturen entsprechen dem klassischen Muster der thematischen Progression 33 .] Pues Vitiza seyendo aun uiuo [...] comen^o a regnar el rey Rodrigo [...] Ε este fue el postremero rey de los godos, [...] e Vitiza auie regnado siete annos, e el rey Rodrigo regno tres [...] Este rey Rodrigo era muy fuert omne en batallas. [...] Ε desi en el comengamiento de su regnado denosto e desonrro mal dos fijos de Vitiza: [...] e ellos passaron luego la mar [...]. En la cibdad de Toledo auie estonces un palacio [...] e el rey Rodrigo fizol abrir [...] Ε el rey mando la abrir [...] En aquel palacio estauan pintados omnes de caras [...] Ε el rey e los altos omnes fueron mucho espandados por aquellas pinturas que uiran. (PCG, 307a, 21) [Die Taten der Westgoten zur Zeit von Kaiser Domitianus werden berichtet.] En el quinto anno dell imperio de Domiciano, [...] temiendose los godos deste emperador por que era muy cobdicioso, quebrantaron con ell ell amiztat et la paz [...] e los godos estonges con la desabenencia que tomaran con ell, fueron a aquella tierra daquel rio, et mataron la caualleria de los romanos [...]

Die Subjektdenotate beziehen sich in der Regel auf bereits vorerwähnte Einheiten. Oft haben die chronistischen Texte mehrere (Makro-)Diskursthemen, die bei der Schilderung der Ereignisse einer bestimmten historischen Epoche in unregelmäßigen Abständen im Text wiederaufgenommen werden. Vorerwähntheit ist zwar im allgemeinen keine Bedingung für die SV-Anordnung, im 13. Jh. sind SV-Anordnungen mit indefinitem Artikel jedoch selten (vgl. Kap. II. 1.2.3). Vgl. Ulrich (1985, 80) «Grundsätzlich ist durch die Opposition die Reihenfolge präsentativ - kontinuativ funktionell geregelt: Nach einer präsentativen, thetischen Konstruktion kann eine kontinuative, kategorische Konstruktion mit demselben Aktanten als Thema stehen». 190

et destruyeron quant y fallaron [...] et desbarataron et robaron castiellos [...]. Estonges eil emperador Domiciano, [...], tomo todo so poder, et fuesse pora Illirico [...] Los godos estonges [...] armaron se luego que lo sopieron, et uinieron contra ellos, et uencieron los [...] Ε aquellos ostrogodos que [...] tan grandes anchuras de tierra tenien [...], que Vuandalo et Margomano [...] metieron se so el so sennorio. (PCG, 222b, 3 5 - 2 2 3 8 , 3 3 ) D e r R e s t des Kapitels illustriert sehr schön, daß historische Ereignisse k e i n e s w e g s ausschließlich in S V ( 0 ) - A n o r d n u n g e n erzählt werden, sondern daß diese in vielen Kapiteln mit dezentriert-kategorischen ( A ) V S Konstruktionen mit w e c h s e l n d e n Subjekten alternieren k ö n n e n . Mas era el rey Ostrogota sesudo et de grand corafon [...]. Guisaron se estonces los gepidas, [...] et comengo les Ostrogota a maltraer en la batalla, et desbarato una partida dellos, et uencios el rey Fastida et fuxo de la batalla muy enuergon?ado, et tornos desta guisa a su tierra. (PCG, 223a, 36) D i e s e konstante Mischung der b e i d e n Satzgliedanordnungen i m kategorischen B e r e i c h ist charakteristisch für die alfonsinischen Chroniken u n d unterscheidet sie in signifikanter Weise v o n späteren Texten. (II.I-54)

(II.1-55)

[Das Kapitel schildert in Anlehnung an Plinius weniger historische Ereignisse, als vielmehr, wie es in der Überschrift heißt, «las estrannas fechuras e costumbres dunas yentes que morauan en los desiertos delas Ethiopias».] Los trogoditas moran en cueuas [...] Los garamantes non se casan nin an mugeres connosgudas [...] Los angiles non aoran a otro dios si non alos spiritos del Infierno. Los granfasantes andan desnuyos siempre, [...] etc. (GE, 3 1 1 b , 24) [Thema des Kapitels 36 de G E ist der erste Auszug von Moses aus Ägypten und das Verhältnis von Ägyptern und Äthiopiern. Es wird von den Taten der beiden Völker berichtet.] Los egipcianos quando lo sopieron, salieron, e lidiaron con ellos, e fueron uengudos, e los unos murieron y los otros fuxieron muy mal trechos. Los de Ethiopia fueron enpos ellos, quebrantando [...] e pues que non fallauan quiles lit diesse, nin omne ninguno que seles enfestasse, crescieron les los coragones [...] Los de Egipto otrossi, desque [...], tornaron se a demandar conseio assus ydolos [...] Estonces Pharaon, quando esto oyo, cato entre todos los ebreos«. (GE, 3o8a-b, 15) - [ . . . ] £ Moysen quando estaspalabras le dixieron fue muy alegre [...] Et la duenna non uio meior dia que quando aquello oyo, e fizo lo, e casaron en uno. [ . . · ] £ Moysen apoderose primero dela cibdad, [...] Ε acabadas las bodas quiso se uenir Moysen con essa su muger donna Tarbe, e adozir los egipcianos assu tierra (Wechsel zu einer dezentriert kategorischen Konstruktion). Mas donna Tarbe non quiso uenir con el, segund dize maestre Pedro (GE, 312a, 54)

Kategorische Ä u ß e r u n g e n mit S V - A n o r d n u n g e n k ö n n e n durchaus auch «Hintergrundinformationen» liefern, w e n n der «Transitivitätsgrad» des Satzes relativ niedrig ist: 191

(II.1-56)

[Die Rede ist von Spanien nach einer entscheidenden Schlacht mit den Mauren.] Las sus casas et las sus moradas todas fincaron yermas et despobladas; la su onrra et el su prez tornado es en confusion, ca los sus fijos et los sus criados todos moriron a espada, los nobles et fijos dalgo cayeron en catiuo ( P C G 312b, 25)

1.3.1.2 Gelegentlich können auch nicht vorerwähnte Entitäten durch eine SV-Anordnung eingeführt werden. Der folgende Beispielsatz ist ein Kapitelanfang, dessen Subjekt im bisherigen Text nicht erwähnt war, die beiden folgenden Sätze sind ereignisbezogen-thetisch bzw. dezentriert-kategorisch. Im letzten Satz der Passage wird ein Subjektwechsel durch eine SV-Struktur betont. (II. 1 - 5 7 )

Uesoso, rey de Egypto, salio de su tierra [...] et uencieron le los godos con Thanauso so rey. Ε fuxo Uesoso; et Thanauso et los godos fueron depos eil (PCG, 218a, 37) 34

SVO-Konstruktionen mit indefinitem Subjektdenotat sind jedoch insgesamt selten, denn meist wird das indefinite Subjekt durch einen Relativsatz oder eine Apposition spezifiziert (vgl. auch Kap. II. 1.2.3, II.2.2.3). Die Bestimmung des pragmatischen Status dieser Äußerungen bereitet mitunter Schwierigkeiten; u.E. gehören sie in jenen Bereich des Kategorischen, in dem die Zweigliedrigkeit zwar vorhanden, jedoch weniger stark ausgeprägt ist. (II.1-58) (II.i - 5 9 )

Un sabio que llamaron Claudio Tolomeo fablo de tod el cerco de la tierra (PCG, 215b, 52). Ε en el XIIII 0 un espannol a que dizien Tatin, que era adelantado de la cibdad de Barcilona, diola al rey Carlos. (PCG, II, 347b, 46)

1.3.1.3 Sätze mit den Verben auer/tener können sowohl die SV- als auch die VS-Anordnung aufweisen, ohne daß für die Alternanz ein ersichtlicher Grund vorliegt. In Kap. 1.2.5.1.3 wurde bereits darauf verwiesen, daß die Inversion vermutlich dadurch begründet ist, daß es sich hier um nur schwach «transitive» Verben handelt: (II.i-60) (II.i-61) (II.1-62)

34

Auie Julio Cesar grandes cauallerias, assi cuemo auemos dicho (PCG, 68a, 9) En aquel tiempo tenie el cuende Julian por tierra la Ysla uerde (PCG, 308a, 23) et auie A d a m grand duello dello ( G E , 6b, 25)

Vgl. auch Ulrich (1985, 45): «Und andererseits kann ein Diskurs- oder TextThema auch durch eine Anordnung mit binärer, thematisch-rhematischer Struktur, d. h., mit SV- oder SVO-Anordnung eingeführt werden». Im Gegensatz zu den Konstruktionen mit bekanntem Subjekt weisen diese Äußerungen zumindest dann, wenn sie ein indefinites Subjekt haben (in unserem Beispiel ist das Subjektdenotat durch die Apposition hinlänglich spezifiziert, um der Äußerung ein thematisch-rhematisches Relief zu verleihen), jedoch einen höheren Grad an «Thetizität» auf (vgl. Kap. I.2.7). 192

(II.ι - 6 3 )

(II.1-64)

Et sin estas siete yentes ay otros pueblos menores a que dizen los turingos; et estos auien buenos cauallos de que usauan. (PCG, 216a, 46) e t auien estas naues todas unos rostros de fierro agudos pora quebrantar las otras contra que yuan (PCG, 221a, 46) 35

Ähnliches gilt auch für Sätze mit dem Verb saber: (II.1-65) (II. 1 - 6 6 )

sabie ella fecho grand ni perigloso (PCG, 8a, 3) Ε Moysen sopo dantes tod aquello. ( G E , 309b, 6)

e no

Im indefinido können diese Verben auch die Bedeutung , haben. Äußerungen dieser Art sind thetisch. (II.1.-67)

Ε desque llegaron al regno de las amazonas, sopo Hercules del grand poder que trayen (PCG, 220a, 23)

Bei Sätzen mit auer/tener/saber ist die Bestimmung des pragmatischen Status mitunter schwer. Einerseits haben diese Verben einen sehr niedrigen «Transitivitätsgrad», andererseits sind die Subjektdenotate fast ausschließlich aus dem Kontext bekannt, und es wird über sie, ähnlich wie bei den kopulativen Verben, ja letztlich eine Aussage gemacht. Offensichtlich hatte der Chronist des 13. Jhs. uneingeschränkt die Möglichkeit, durch die Wortstellung die Tatsache des Besitzens entweder stärker als globales Faktum oder stärker als aktantenbezogene Prädikation darzustellen, indem er das Subjekt je nach kommunikativer Perspektive voroder nachstellte. Dies ist im 14. und 15. Jh. zwar auch noch möglich, hier mehren sich aber bei diesen Verben die SVO-Konstruktionen. 1.3.1.4 Äußerungen mit nominativus pendens oder Subjektisolierung sind in den chronistischen und nicht-chronistischen Texten des 13. Jhs. sehr häufig. Sie sind immer kategorisch und weisen nach dem isolierten Element meist die VS-Anordnung auf. Wir werden auf diese Strukturen in Kap. II.5 zurückkommen. Hier nur einige Beispiele: (II. 1 - 6 8 )

(II.1-69)

(II.1-70) (II.1-71)

35

Los christianos de la tierra quando oyron que [...], cayo en ellos tan crebanto et cogieron en si tal espanto que [...] (PCG, 314b, 46) Mas los moros fallando tierra de Espanna desamparada [...], crebantaron ellos et astragaron toda la yente tan malamientre (PCG, 316b, 25) Raab, como mugier percebuda, quando uinieron los omnes del rey [...], cato ella por una finiestra ( G E , II, 9b, 23) la crisma et los libros et las cosas que eran pora onrra de la cristiandat todo fue esparzudo et echado a mala part; las fiestas et las sollempnias, todas fueron oblidadas (PCG, 313a, 37)

Auch wenn das Subjekt Thema im Sinne von «bekannter Information» ist, muß es bei diesen Verben nicht zwangsläufig auch thematisiert werden und damit als M T Z hervorgehoben werden. Dieser Satz ist lediglich ein Einschub in eine längere Passage, die von Xerxes handelt; die Schiffe sind kein eigentliches Diskursthema, von daher erklärt sich wohl die Inversion.

193

ι.3·2 Nicht-konforme Thematisierungen und Fokussierungen Ist ein anderes Satzglied als das grammatische Subjekt Thema eines Satzes in dem Sinne, daß über diese Entität etwas ausgesagt wird, so liegen, zumindest im Nsp., entweder nicht-konforme Thematisierungen oder, im Falle eines kontextuell neuen Zweitaktanten in satzinitialer Position, expressive Äußerungen vor (vgl. Kap. I.2.5.6). O b dies so auch für das Asp. gilt, wird in Kap. II.5 ausführlicher diskutiert werden müssen. Hier sei lediglich darauf hingewiesen, daß im Asp. des 13. Jhs. jedes Satzglied unabhängig von seiner Vorerwähntheit im Diskurs zum Thema im Sinne von werden konnte, ohne daß die Sätze dadurch expressiv wurden. In jedem Falle sind Sätze dieser Art kategorisch und weisen im Asp. von wenigen Ausnahmen abgesehen, Subjektinversion auf. Die pronominale Reprise eines extrapolierten Objekts war noch nicht verbindlich. Was satzinitiale Adverbiale anbelangt, so bereitet deren Statusbestimmung, wie bereits angedeutet, Schwierigkeiten. Wir werden auf O V S - und AVS-Konstruktionen in den Kap. II.4 und II.5 näher eingehen und belassen es an dieser Stelle bei einem Verweis auf die genannten Kapitel und einigen Beispielen. (II.i - 7 2 )

(II.i-73) (II.i - 7 4 )

(II.ι-75) (II.i - 7 6 )

Ε delas dos salidas postrimeras destas fabla el mismo Moysen en la Biblia en la estoria del libro Exodo, e dela tercera salida, que fue la primera, non dize el ende nada, mas fablan della Josepho en el ij° libro ( G E , 307a, 7) e esto les auien ya fecho otras uezes omnes malos e soberuios de Egipto ( G E , 307b, 48) Ε en el XIIII 0 un espannol a que dizien Tatin, que era adelantado de la cibdad de Barcilona, diola al rey Carlos. Et essa misma cibdad le auie ell enagenada, et metiosse en el su poder. ( P C G II, 347b, 46) Sobreste crescer e minguar dell imperio de Roma departe la estoria de Orosio (PCG, 66a, 10) Ε comienfan se al pie daquellas oteros unos campos grandes [...] Ε alii en aquellos campos [...] fueron ayuntados los poderes de Julio Cesar. (PCG, 70b, 5)

Die folgenden Beispiele weisen ein inhärent thematisches satzinitiales Adverb auf: (II.i-77)

(II.i - 7 8 )

Et desta manera que auemos contado fue destroyda la cibdad de Jherico, e destroyo la el pueblo de Israhel por la merced e la uertud de Dios, como es dicho ( G E , 21b, 32) Ε desta guisa crecio e mingo eil imperio de Roma (PCG, 66a, 34)

Ein Beispiel für Subjektfokussierung ist der folgende Satz mit V-Op-SAnordnung (vgl. auch unten Anm. 43): (II.i-79)

194

[Es geht um den Sieg der Mauren über die Westgoten und eine Auflistung der Fürsten, die den Tod fanden.] Adaulpho rey de los godos fue muerto a traycion en Barcilona, et matol un su uassallo [...]; a Sigerico otrossi mataron le sus uasallos (PCG, 314a, 34)

Auf weitere fokussierende Strukturen werden wir jeweils ausgehend von dem konkreten Beispiel hinweisen. 1.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen Ein auffallendes Merkmal der alfonsinischen Chroniken ist die Vielzahl von VS-Konstruktionen mit postverbalem thematischen, aus dem Kontext bekannten Subjekt 36 . Auch nach der Einführung eines neuen Diskursthemas durch eine entsprechende thetische Konstruktion kann dieses jetzt vorerwähnte Element in einer anschließenden Äußerung dem Verb ohne Einschränkung nachgestellt werden. Der Blickwinkel ist nun allerdings ein anderer: Obwohl zwar durchaus etwas über diese Entität prädiziert wird, steht sie in einer solcherart dezentrierten Äußerung nicht mehr eindeutig im M T Z der Äußerung, und das Mitteilungsrelief ist nicht so ausgeprägt wie in den «neutral»-kategorischen Äußerungen mit SVOAnordnung. Wir erinnern uns: Bei diesem Äußerungstyp mit VS handelt es sich nicht um faktumsetzende, globale, pragmatisch nicht gliederbare Einheiten, sondern um kategorische Äußerungen, die sich durch Dezentralisierung des grammatischen Subjekts auszeichnen. Wir haben diesen Äußerungstyp im Zusammenhang mit der Behandlung der Satzgliedanordnung im Nsp. in Anlehnung an Ulrich (1985) als «narrative Inversion» bezeichnet (es handelt sich im Nsp. allerdings um eine markierte Form, die bestimmten Kontextrestriktionen unterworfen ist) und haben hier nicht nur solche uneingeleiteten VS-Strukturen mit «dynamischem» Verb («narrative» Inversionen im engeren Sinne), sondern auch VS-Strukturen mit geringer «Transitivität» sowie «eingeleitete» AVS-Strukturen mit bekanntem Subjektdenotat subsumiert37. Letztere akzentuieren stärker die zeitlich-räumliche Situierung der durch das Verb bezeichneten Handlung, ohne daß die Aussagen dadurch thetisch würden, denn das (bekannte) Subjekt bleibt trotz des thematischen Rahmenelements Satzthema. Auch Subjektpronomina können ohne weiteres dem Verb nachgestellt werden (vgl. Kap. II.7). Es handelt sich also um Strukturen mit abgeschwächtem Thema-Rhema-Relief, die auf der in Kap. I.2.7 skizzierten Skala von möglichen (De)Zentralisierungsgraden dem mittleren Bereich angehören 38 . 36

37

38

Die Häufigkeit dieser Strukturen ist bedingt durch den narrativen Grundcharakter des Stoffes, vgl. Metzeltin (1984). Z u m Begriff «Einleitung» vgl. Kap. II. 1.4, dort gehen wir auch auf die ef-Konstruktionen ein. Wir haben in diesem Kapitel ferner darauf hingewiesen, daß die Abgrenzung zu den ereignisbezogenen thetischen Konstruktionen, die ja in bestimmten Fällen auch ein vorerwähntes Subjekt haben können, oft außerordentlich schwer ist. Die Kompaktheit der dezentriert-kategorischen Strukturen ist zwar geringer als bei den eindeutig thetischen Aussagen, es gibt hier allerdings insbesondere im Bereich der transitiven Verben eine Grauzone.

195

Diese Strukturen sind in den untersuchten Texten aus der alfonsinischen Epoche außerordentlich häufig und haben hier zwei wichtige textkonstituierende Funktionen 39 : (1) Es werden verschiedene chronologisch aufeinanderfolgende (meist uneingeleitete) Handlungsabläufe bezeichnet, wobei diese Reihungen den einfachen Fortgang der Handlung unterstreichen («Ordnungsfunktion»), oder (2) es werden entscheidende Phasen oder Knotenpunkte des Handlungsverlaufes wie Wendepunkte, Anfangs- oder Schlußpunkte markiert. Nach Ulrich (1985, 296) handelt es sich hier um «Insistenzmomente innerhalb der Erzählkette» («textzentrierende Funktion») 40 . Zwischen beiden Funktionen kann natürlich nicht immer streng unterschieden werden, allerdings ist das Subjektdenotat von narrativen Strukturen im engeren Sinne im Fall (1) häufig unmittelbar vorerwähnt - dies entspricht Givons Prinzip der topic continuity (vgl. Kap. I.2.5.5.1 und III.4.3 sowie unten II.1.3.4.2); bei (2) ist dies seltener der Fall. Speziell die zweite Funktion beobachten Schellert (1958) und Blumenthal (1980b) auch für das Aport. bzw. Ait., wobei Blumenthal diese A r t der Inversion, die mit der Thema-Rhema-Struktur nur schwer zu erklären ist, als Zeichen der Textgliederung, d. h., als textlinguistisch relevantes, da textstrukturierendes Verfahren interpretiert 41 . Strukturen dieser A r t signalisieren 39

40

4!

Vgl. genauer Kap. 1.2.5.5.1. Das Vorhandensein «narrativer Inversionen» im Asp. ist zwar bereits beobachtet worden, jedoch eher en passant und ohne diese Strukturen in einen umfassenden Erklärungsrahmen einzufügen, vgl. Garcia de Diego (1981, 415), Elvira Gonzalez (1988, 339); vgl. auch Bossong (1990), der folgendes Beispiel aus El amante liberal von Cervantes anführt: Todos suplicaron α Leonisa diese aquel favor a quine tanto le gueria. Hizo Leonisa lo que le rogaron. Diese zweite Funktion haben insbesondere mit Adverbial eingeleitete Äußerungen mit VS-Struktur, wobei hier die Überschneidungen mit ereignisbezogenen thetischen Äußerungen am deutlichsten sind. Vgl. Blumenthal (1980a, 126): «Die nicht rhematische Inversion [die «rhematische Inversion» entspricht weitgehend unserem präsentativem Äußerungstyp im Bereich des Thetischen, I. N.-H.] im Novellino kann zusammenfassend als den Handlungsverlauf gliederndes Stilelement bezeichnet werden; sie ist damit primär der Wiedergabe der äußeren Wirklichkeit zugeordnet, und nicht wie in den Promessi Sposi der Erzähltechnik des Autors». Vgl. Schellert (1958, 17): «Auffällig ist die Häufigkeit der uneingeleiteten PS-Sätze nach dramatischen Höhepunkten, beispielsweise nach Reden oder in den Pausen der Dialoge [...]. Auch transitiven Verben mit genanntem Objekt kann unter diesen Umständen das Subjekt folgen». Z u den «frases de caräcter narrativo» vgl. auch Canaes e Mariz de Padua (1960,105-108). «Esta coloca^äo e impulsive, por isso näo nos surprende uma palavra importante iniciando a fräse. Ä l e m disso, tal estrutura da a esta um certo movimento que perfeitamente se coaduna com ο seu caräcter narrativo. Notemos tambem que, por vezes, ο verbo inicial faz comensar a fräse por um acento forte, ο que pode auxiliar a narra9äo pela faculdade de sugerir, atraves daquela, todos os acontecimentos que descreve, passados no tempo mas de novo presentes aos olhos do leitor ou do ouvinte» (106). Im

196

eine wichtige Etappe der erzählerischen Handlung - Blumenthal spricht hier sogar von einem «Bruch der Handlungskette bzw. des Erzählstrangs» (123) bzw. von einem «syntaktischen Pendant zum typographischen Absatz im modernen Text» - und ist stark vom Individualstil des jeweiligen Autors abhängig. Unsere Beispiele werden zeigen, daß die Verwendungsbreite von «narrativen» VS-Konstruktionen im Akast. offensichtlich größer war als z.B. im Ait.: In asp. Texten können sie zwar ebenfalls markante Einschnitte in die Handlungskette signalisieren, sie dienen jedoch primär dazu, wie die SV-Anordnungen Handlungen als unmittelbar aufeinanderfolgend darzustellen. Innerhalb dieser VS-Ketten kann auch ein Wechsel der oft nur aus dem weiteren Kontext bzw. dem Wissenskontext bekannten Subjekte erfolgen. Dies deutet u.E. darauf hin, daß die Verbinitialstellung in diesem Jahrhundert als weitgehend «normal» empfunden wurde und eben nicht markiert war42. In der PCG und der GE werden beide Satzgliedanordnungen in vielen Textpassagen jedenfalls ohne zunächst erkennbaren Unterschied gebraucht (vgl. aber unten Kap. II.1.3.4). aller Regel weisen «narrative» Konstruktionen mit zwei nominalen Aktanten die VSO-Anordnung auf, V-On-S ist aber möglich, bei pronominalem Objekt dominiert V-Op-S43.

Portugiesischen sind diese «narrativen» Konstruktionen besonders häufig im 15. Jh., wo sie direkt mit der «preocupagäo artistica» des Autors zusammenhängen (185). Vgl. auch Hopper (1979, 22off., 1983) für die Bedeutung von VSStrukturen zur Kodierung von «foregrounded patterns» im Altenglischen und Altisländischen. «Narrative prose in Old English and Old Icelandic shows a precise parallel. In the Old Icelandic sagas, for example, verb initial syntax is characteristic of a rapid tempo of narration, with events occurring in swift succession, usually in a series with the same actor, while subject-verb-clauses just as in Malay - slow down the tempo and serve to report background descriptions, explanations, and interpolations. Both the Malay and the Icelandic styles use the positioning of a NP before the verb as a device for arresting the flow of the discourse and holding up the action by momentarily focusing attention away from actions to participants, away from the dynamic happenings to the things (people and props) involved in those happenings» (1983, 87). Zum Altenglischen vgl. auch Kap. 1.2.1.1.5 und Garcia (1979). 42

43

Die Beispiele in Ulrich (1985) deuten darauf hin, daß derartige Reihungen von kategorischen VS-Strukturen im Rumänischen heute noch geläufig sind. Das von Ulrich beobachtete hohe Maß an ideolektaler Freiheit (1985, 22) in diesem Bereich gilt auch für das Akast. Im Unterschied zu den VSO-Anordnungen bilden Verb und nominales Objekt in den VOS-Strukturen häufig einen feststehenden Ausdruck: (1) Fallo achaque Julio Cesar (PCG, 67a, 25); sie können aber auch narrativen Charakter haben: (2) Et finco alli sus tiendas la huest ( G E , II, 15, 14) (vgl. unten Bsp. II.1-90). Ist dies nicht der Fall, scheint die VOS-Anordnung zumindest in einigen Sätzen mit dem Ziel verwendet zu werden, das Subjekt hervorzuheben bzw. es aus satzrhythmischen Gründen an das Ende zu stellen: (3) Ε auien a Moysen descubierto e contado en gran poridad tod el su fecho so padre Amran e Jocabel,

197

(a) Betrachten wir zunächst einige Beispiele, in denen das Subjekt der VS-Konstruktion einer im unmittelbaren Kontext genannten Entität entspricht und die implizite Frage ganz eindeutig «Und was tat X dann?» lautet. Einige der Beispiele belegen die Reihung solcher VS-Konstruktionen mit gleichem Subjekt. (II. ι - 80)

(II.1-81)

(II.1-82)

Desi Bruto combatio muy de rezio la uilla con los que fincaron con el, e murieron y muchos dessos de Julio Cesar, et desta guerra fueron uen^udos por tierra. Ε cometiolos Bruto por mar. (PCG, 69b, 8) [Es geht um Caesar und seine Eroberungen.] Ε uencio estonces a los alemanes cercal rio Reno que passaran a conquerir a Francia; e de quatrocientas e diez uezes mil omnes que aduxieron en su huest, todos los mato alii Julio Cesar, que no escaparon ende si non muy pocos. Ε entro por Alemanna [...] (PCG, 64a, 24) Andados sietecientos menos un anno de la puebla de Roma se encendio fuego en la cibdat de Roma [...]. En essos dias llego Julio Cesar de conquerir aquellas tierras (PCG, 65a, 41) Et otrossi Philippo, rey de Macedonia, que fue padre del grand Alexandre, fizo paz con los godos et puso su amiztad con ellos [...] Et estaua estonces Philippo en quexo de que non tenie de que complir cosas quel eran mester en fecho daquel casamiento; et una cibdat de Mesia que dizien Odissicana yazie en frontera de las Amazonas, [...] et tomo el rey Philippo su hueste muy grand et yua por destroyr aquella cibdat (PCG, 221b, 5)

In den Kapiteln 392-397 der PCG finden sich Beispiele dafür, daß das Diskursthema (häufig die Goten) auch dann, wenn im unmittelbar vorausgehenden Kontext nicht von ihm die Rede war, immer wieder als Subjekt einer dezentriert-kategorischen VS-Struktur erscheinen kann. (II.1-83)

(II.1-84)

Et fue alii la batalla muy grand, et pudieron mas los godos; et por el tuerto que los griegos fizieran en Messia, entraron los godos por Grefia et esparzieron se por la tierra, et destroyron tod el regno de Macedonia. (PCG, 221b, 43) - Et desi en el seteno anno destos mismos emperadores [...] destruyeron los godos Grecia et Macedonia et Ponto. Et ellos faziendo esto, murieron Galieno et Valeriano, et fue Claudio algado por emperador. (PCG, 224a, 34) Ε auino assi en el tiempo de Decio eil emperador, en la era de trezientos et nouaenta y un anno, que este rey Gnauia partio su hueste en dos partes, et enuio ell una a destroyr a Mesia que desampararon sus principes por su flaqueza et su maldad, et guisos el con el otra parte de su huest pora yr a la cibdad Philopoli; et fue et cercola, et teniendo la cercada luengo tiempo, desbaratola robando la todauia. (PCG, 223b, 10)

Gute Beispiele für VS-Reihungen mit gleichem Subjekt finden sich in den ersten vier Kapiteln der GE, wo es um die chronologische Schilderung der Taten Gottes geht, ein Subjektdenotat, das ja durchaus als «gegeben» vorausgesetzt werden kann. su madre, ca lo auie Dios mostrado α ellos en la promessa queles fiziera del ( G E , 309a, 2).

198

(II.1-85)

(II. ι -86)

diera Dios enla tierra una fuente [...] Onde formo enpos esto nuestro sennor Dios el cuerpo dell omne del limo dela tierra [...] Et plantara nuestro sennor Dios luego de οοπύεηςο un logar muy uicioso contra orient [...]. Et crio Dios alii dela tierra humorosa todo aruol que a omne pudiesse tener uicioso. ( G E , 5a, 14) Et desi aun estonges non auie y dada Dios ley ninguna de ninguna cosa, [...] Ε dio Dios Eua a A d a m por conpannera; et eran Adam e Eua desnuyos amos [...] ( G E , 6a, 10)

mas

D i e s e B e i s p i e l e sind p r o t o t y p i s c h e «narrative» K o n s t r u k t i o n e n u n d lassen sich i m ersten Teil d e r GE b e l i e b i g v e r m e h r e n . D i e m e i s t e n sind u n e i n g e l e i tet, w a s die H a n d l u n g s f o k u s s i e r u n g - es g e h t j a u m e i n e A u f l i s t u n g d e r Taten G o t t e s u n d nicht so sehr u m e i n e P r ä d i k a t i o n ü b e r G o t t - n o c h unterstreicht. I m G e g e n s a t z z u S V - A n o r d n u n g e n sind d i e s e Ä u ß e r u n g e n d u r c h die S u b j e k t n a c h s t e l l u n g j e d o c h i n f o r m a t i o n s s t r u k t u r e l l « k o m p a k t e r » . (b) B e t r a c h t e n w i r f e r n e r B e i s p i e l e , in d e n e n V S - K o n s t r u k t i o n e n wechselndem

mit

S u b j e k t g e r e i h t w e r d e n , die alle aus d e m K o n t e x t b e k a n n t

sind. (II.1-87)

(II. 1 - 8 8 )

Ε estando Julio Cesar en Reuenna muy apoderado [...], echaron de tierra Ponpeyo et el senado a estos dos tribunos: Curio e Celio, et a otros que eran y [...]. Ε fueronse estos tribunos pora Julio Cesar, et mostraron le cuemo Ponpeyo et el senado los auien echados de la cort et de tierra; [...]. Fallo achaque Julio Cesar quel semeio guisada e con razon de yr contra Ponpeyo e contral senado por aquellos tribunos que eran de la su part, et los echaron ellos assi de la cort et de tierra (PCG, 67a, 8)44 Et comengaron estonges los romanos por estas bien andangas a oluidar et desdennar las ayudas de los godos, et por esto cometieron los godos α los sarmatas, et uinieron a dessora con muy grandes compannas [...] sobre los romanos. [...] Guisosse otrossi este Costantino el grand et fue contra ellos, et lidiaron et fue la batalla muy grand, et uencio los el Cesar et fizo los por fuerfa passar el rio Danubio, et finco el con muy grand prez por muchas otras yentes que auie uen9udas et quebrantadas et las conquerira, et sobre todo por que uenciera a los godos desta uez. Et llegaron se sobresto los romanos et el senado todo (PCG, 224b, 35) 45

44

Die Kapitel 89-95 der PCG behandeln die Auseinandersetzung zwischen Caesar und Pompeius, die in den vorhergehenden Kapiteln bereits mehrfach erwähnt wurden und daher Diskursthemen des Makrotextes sind. In diesem Text wird in chronologischer Abfolge über die Aktionen/das Verhalten der Protagonisten berichtet, beide Subjektdenotate stehen jedoch fast ausschließlich postverbal und dies ohne Rücksicht auf die Zahl der im Satz vorhandenen Aktanten oder die semantische Kategorie des Verbs. Obwohl eigentlich Vordergrundhandlungen erzählt werden, rücken die beiden Protagonisten gegenüber der Handlung, um die es geht, in den Hintergrund, wodurch die Erzählung größere Lebhaftigkeit und Dynamik bekommt.

45

Das ganze Kapitel 399 illustriert in idealer Weise die Distribution von kategorischen SV- und VS-Äußerungen: Historische Ereignisse mit aus dem Kontext bekannten, wechselnden Subjekten werden mit V S linearisiert, wenn der Handlungsablauf stärker betont werden soll; sie werden mit SV linearisiert, wenn im 199

(II.1-89)

[Die Rede ist von Josua, seinen Priestern und dem Aufbruch des Heeres zum Jordan.] Estonces comengaron todos a mouer e yr se por al Jordan, los sacerdotes delante con su area e los otros todos empos ellos. Et entraron de luego los sacerdotes, e desque metieron los pies en el agua comengaron luego las aguas a partir se, [...] Estonces las aguas, que eran dalli ayuso dont ellos estauan, corrieron contra yuso como solien ( G E , II, 15a, 25)

A l l e S u b j e k t e sind aus d e m K o n t e x t b e k a n n t . W ä h r e n d d e r z w e i t e S a t z e i n e d e z e n t r i e r t - k a t e g o r i s c h e Ä u ß e r u n g ist, k a n n d e r mit d e m V e r b comengaron

b e g i n n e n d e S a t z nicht e i n d e u t i g klassifiziert w e r d e n (ereignis-

bezogen-thetisch/dezentriert-kategorisch?).

D e r l e t z t e S a t z mit

expan-

d i e r t e m S u b j e k t ist «neutral»-kategorisch. I m f o l g e n d e n T e x t e r s c h e i n e n weitere dezentriert-kategorische Äußerungen: (II. 1 -90)

(II.ι - 9 1 )

(II. 1 -92)

Estonces, estando alli los sacerdotes con el area en seco, [...] entro toda la huest por el calge del Jordan, e passaron lo todo por seco al otra part. Ε finco alli sus tiendas la huest ( G E , II, 15b, 8) [Die Rede ist von Streitigkeiten zwischen Anthäus und Hercules. Anthäus erobert ein Land, auf das auch Hercules Anspruch erhebt.] e el (= Anthäus) echaua se sobre su tierra, e esto es que tomaua en los omnes quanto auie mester, e podie el con todos los enemigos quel cometien e ninguno con el, e uengielos; dond sono la su nombradia por muchas tierras [...] e oyo lo Hercules que era y e ueno a el. Ε uencio Hercules al rey Antheo desta guisa ( G E , 305b, 33) [Toledo wird durch Verrat von den Mauren eingenommen.] e desi por que el pueblo de los cristianos estaua desarmado et sin sospecha de mal, salieron α ellos los moros et mataron los y a todos. Pues que esto ouieron fecho, apoderaronse ellos en la uilla, e basteciola Tarif de los moros (PCG, 316a, 30)

(c) M a r k a n t e P u n k t e i m G e s c h e h e n k ö n n e n i m o b e n g e n a n n t e n S i n n e mit d e r V S - K o n s t r u k t i o n m a r k i e r t w e r d e n . Je n a c h d e m , o b das S u b j e k t im f o l g e n d e n S a t z w i e d e r a u f g e n o m m e n w i r d o d e r nicht, k o m m t es natürlich a u c h z u Ü b e r s c h n e i d u n g e n mit (a). (II.1-93)

(II. 1 - 9 4 )

(II.1-95)

Este rey Thelepho lidio con los griegos a que dizien danaos, et mato en essa batalla a Thesandro, cabdiello de Grecia; et firiendosse con Aiax, uenciol, et segudo a Vlixes, et feriron le el cauallo de guisa que ouo a caer, et cayo el con el (PCG, 220b, 23) (Schlußpunkt einer Handlung) et eil uno auie nombre Plino et el otro Scolopio. Ε tomaron estos dos grandes compannas de la mancebia de su tierra (Beginn einer neuen Handlung), et salieron dalli, et uinieron a un rio que [...] (PCG, 218b, 41) Ε quando esto sopieron los de las Gallias, algaron se con el rey Vergingento, que era muy fuert e muy poderoso prineep. Ε torno Julio Cesar α ellos dalli dEspanna; e uencio los, e mato tantos que

Mittelpunkt des Interesses der jeweilige Aktant steht. Ähnliches gilt auch für Kap. 395. Vgl. auch Kap. II.1.3.4. 200

no auien cuenta, e crebanto los de guisa que se le no osaron mas al?ar. (PCG, 65a, 27) (Von Caesar war eine Zeitlang nicht die Rede, jetzt wird er sozusagen wieder als neues Diskursthema aufgenommen.)

(d) Das folgende Beispiel ist eine typische Passage aus der PCG (Kap. 390) und illustriert die Polyfunktionalität der VS-Anordnung, d.h., innerhalb einer Passage kann es zu einer Verzahnung von thetischen und kategorischen VS-Anordnungen kommen: (II.1-96)

Et despues de Marpesia regno Sinope, su fija; despues de Sinope regno la reyna Oridria (präsentative Strukturen). Esta mouio batalla contra Menelao et contra Hercules, et fue ella uenguda (dezentriert-kategorisch); [...] Et priso la alli Hercules (dezentriert kategorisch), et morieron y de las huestes de las amazonas cient uezes mill (ereignisbezogen thetisch, da S = [neu]). Et dio Hercules α Oridria α su hermana Antiabe que regnaua con ella, [...] (dezentriert- kategorisch). Empos esto enuio Oridria a Scigia [...] (dezentriert-kategorisch). Ε regnaua estonces en Scigia un rey que auie nombre Arpidon (thetisch-präsentativ); et este rey membrauasse muy bien de cuemo [...]. Ε desque llegaron al regno de las amazonas, sopo Hercules del grand poder que trayen (dezentriert-kategorisch?) [...]. Despues de Oridria regno Pentesilea (thetisch-präsentativ). Et uinieran estonges los griegos sobre Troya pora destroyrla (thetisch), et sopolo esta reyna Pentesilea (dezentriert-kategorisch?); et por aquello que fiziera Hercules contra las amazonas, guiso ella muy bien sus compannas (dezentriertkategorisch) [...] et fizo alli muchos nobles fechos; pero en cabo matola y Hercules et a muchas de sus duennas (dezentriert-kategorisch). (PCG, 220a, 5)

(e) Die folgenden Beispiele illustrieren das Alternieren von nicht-thetischen VS- und SV-Konstruktionen in der PCG und damit die Tatsache, daß historische Ereignisse bei Alfons sowohl als Handlungen eines oder mehrerer durch die SV-Anordnung ins MTZ gerückten Protagonisten interpretiert werden können oder eben als Ereignisse mit dezentriertem Agens. In Kap. 554 geht es um den Conde Don Julian, der zu Beginn des Kapitels mit Hilfe einer thetischen VS-Konstruktion als Diskursthema eingeführt wurde und über den im folgenden Text sowohl mit Hilfe von SV- als auch VS-Konstruktionen erzählt wird: (II.1-97)

46

Ε el cuende Julian torno con el mandado en que fuera, [...], fizo enfinta [...] et demostraua a las yentes semeian9a de alegria i [...] tomo su muger... [es folgt eine längere Passage ohne explizite Nennung des Subjekts] [...] El cuende tomo estonces la fija, et leuola et diola a la madre [Diese SV-Struktur dient der Verdeutlichung der anaphorischen Anbindung, im Anschluß folgt eine Reihe «narrativer Inversionen».] En aquel tiempo tenie el cuende Julian por tierra la Ysla uerde, [...] e dalli fazie ell α los barbaros de Affrica grand guerra (PCG, 308a, 5) 46

Dieses Beispiel mit tener zeigt, daß dezentriert-kategorische Konstruktionen 201

Das gleiche gilt für Kap. 391. Auch dieses Kapitel illustriert, daß SV und VS bei der Schilderung historischer Ereignisse austauschbar sind. (II. 1 - 9 8 )

Despues a luengos tiempos Ciro [...] tomo contienda con Thamaris, reyna de las amazonas [...]; et uenciol aquella reyna Thamaris et matol en la batalla [...] e por que [...] tomo ella la su cabega, et metiola en aquel odre, et [...] dixo: [...] Estonges la reyna Thamaris, despues que [...] fuesse pora Misia, [...] pero mudo estonces esta reyna Tamaris el nombre α aquella tierra (PCG, 220b, 39)

Auch in Kap. 561 kann ein ständiger Wechsel zwischen kategorischen SVund dezentriert-kategorischen Strukturen beobachtet werden, wobei die invertierten Strukturen mit vorerwähntem Subjekt überwiegen. Hier eine Passage, die eine «narrative Inversion» und eine thetische Konstruktion enthält: (II.1-99)

Despues desto todo, tornosse Tarif [...] (Tarif ist das Diskursthema, und die implizite Frage lautet: «Und was tat er dann?»). Esse anno otrossi lidio Carlos Martel con Chilperico et Raginfredo en tierra de Vinciaco en dia de Ramos (Frage: «Und was geschah dann noch?»; über Karl Martell (diese NP ist nicht vorerwähnt, kann aber als [+gegeben] angesehen werden) wird im weiteren nicht mehr gesprochen) (PCG, 316b, 47)

(f) Daß die AVS-Anordnung im kategorischen Bereich keineswegs ausschließlich war, zeigen die folgenden Beispiele mit ASV-Struktur, also mit stärker zentriertem Subjekt (vgl. auch Kap. II.1.4 und II.4): (II.1-100) (II. 1 —101) (II.i - 1 0 2 )

Estonces la reyna Thamaris, despues que [...], fuesse pora Misia (PCG, 220b, 52) Pues que la batalla fue uen9uda [...], ell inffante don Pelayo, que era en Cantabria, al?osse a las Asturias (PCG, 314b, 15) Entre tanto que Bruto fazie en Marsiella assi como auemos dicho, Julio Cesar andaua ya por las Espannas (PCG, 69b, 22)

Obwohl es sich hier um eingeleitete Strukturen handelt, steht das Subjekt präverbal und ist von daher deutlicher als Thema erkennbar als das Subjekt einer AVS-Struktur. (g) Interessanterweise deutet sich in einem späteren Teil der PCG (II, Kap. 612-627) im Bereich des Kategorischen eine Veränderung gegenüber den früher entstandenen Textteilen dahingehend an, daß die uneingeleiteten dezentriert-kategorischen Strukturen, also die «narrativen Inversionen» im engeren Sinne, seltener sind; zumindest sind längere Reihen von uneingeleiteten «narrativen» VS-Strukturen in diesem Teil nicht belegt. VS-Strukturen mit satzinitialem Adverb hingegen sind uneingeschränkt möglich. Die folgenden Sätze sind Beispiele für «narrative Inversion»: keineswegs immer dynamische Verben aufweisen müssen; vgl. auch Kap. 1.1.3.1.3. (Bsp. II.i—61). Vgl. auch die beiden Sätze mit dem schwach transitiven Verb saber in Bsp. (II.i-96)

202

(ΙΙ.ι —103)

(II.1-104)

Et en este anno otrosi se leuanto vn omne poderoso que auia nombre Nichilphoro contra la enperadriz Erena, et tolliol el enperio, et echola en desterramiento; et reyno el en Costantinopla VIII annos. (PCG, II, 350a, 24) [Die Rede ist von dem Mauren Anbroz, der Toledo eingenommen hat.] Et fizo el aquel alcagar alli ο agora es la yglesia de sant Cristoual (PCG, II, 351b, 29)

Chronologisch aufeinanderfolgende Handlungen/Ereignisse werden eher mit S V - A n o r d n u n g e n w i e d e r g e g e b e n , a u c h d a n n , w e n n k e i n S u b j e k t w e c h s e l vorliegt. M a n b e a c h t e die H ä u f i g k e i t d e s D e m o n s t r a t i v d e t e r m i n a n t e n in d i e s e n S t r u k t u r e n ( z u m A r t i k e l g e b r a u c h vgl. a u c h K a p . II.8, A n m . 9). (II.1-105)

(II.1-106)

1.3.4

Este Abderrahmen fue ome auenturado en todos sus fechos, et, segunt dizen, muy sabidor en el arte de las criaturas. Este enbio un principe de los mayores de su corte que auie nombre Abdelcarin con grant hueste sobre Bargilona, que poco tiempo auie que la ganaran cristianos, et prisola; et otras cipdades muchas et tierras que cristianos auien ganadas de moros en el tiempo de las guerras, et conquiriolas todas otrosi, et tornolas so el sennorio del. Et Abderrahmen por si mesmo flzo muchas batallas et gano muchos logares. (PCG, II, 357b, 23) Este don Alfonso que dixiemos rey de Aragon fue casado con donna Vrraca, fija del don Alfonso el que gano a Toledo, commo lo contaremos adelante en su lugar; este rey de Aragon poblo Soria, Almagan, Berlanga, Bilforado. (PCG, II, 356a, 33)

Z u m Problem der S V / V S - A l t e r n a n z im kategorischen Bereich

ι . 3 . 4 . ι I m A n s c h l u ß a n die B e t r a c h t u n g d e r v e r s c h i e d e n e n nicht-thetis c h e n S t r u k t u r e n in d e n a l f o n s i n i s c h e n C h r o n i k e n stellt sich n a t ü r l i c h die F r a g e , o b speziell d e r W e c h s e l v o n nicht-thetischen und SV-Konstruktionen

zur W i e d e r g a b e

VS-Anordnungen

historischer

Ereignisse

(vgl.

o b e n K a p . 1.3.3.26) v o l l k o m m e n arbiträr ist. A u f d e n e r s t e n B l i c k erscheint d e r h ä u f i g e W e c h s e l S V / V S (die rein t h e t i s c h e n V S - K o n s t r u k t i o n e n s p i e l e n in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g w o h l g e m e r k t k e i n e R o l l e ! ) v e r w i r r e n d , u n d in d e r Tat scheint h i e r ein nicht z u u n t e r s c h ä t z e n d e r F r e i r a u m f ü r stilistische V a r i a t i o n bzw. f ü r ein « B e d ü r f n i s n a c h

Abwechslung»

( B o s s o n g 1984a, 107) z u b e s t e h e n 4 7 . O f f e n b a r b e s t a n d i m A s p . d e s 13. 47

Die von England (1979) für das Akast. postulierte «freedom of word order» ist u.E. nur in diesem Bereich berechtigt (vgl. auch Kap. II.8). Meyer-Hermann (1991, 96) spricht bezüglich der PCG von einer «Reihe von Bedingungen, welche Subjekt-Nachstellung oder -Voranstellung favorisieren (...), jedoch handelt es sich oft um nicht stark ausgeprägte Tendenzen». Als Beispiele nennt er Verbtypen und Subjekt-Vorerwähnung. Bezüglich des Aport. spricht Canaes e Mariz de Padua (i960, 176) von: «um periodo ainda de hesitagäo, caracterizado por falta de uniformidade e solidez. Ε se e certo que na epoca arcaica hä mais possibilidades de constru^öes, tambem e verdade que as mais frequentes säo 203

Jhs. im Bereich des Kategorischen grundsätzlich die Möglichkeit, jede Art von «Handlung» (der «Transitivitätsgrad» der Äußerung spielt hier eine untergeordnete Rolle) je nach communicative perspective einmal stärker aktantenbezogen und einmal stärker handlungsfokussierend auszudrücken. Schaut man sich jedoch die Funktion, die das Subjekt (die Subjektdenotate haben fast alle die Merkmale [-neu] [+human]) in den SV-Konstruktionen hat, genauer an, zeichnet sich eine, wenn auch nicht für alle Fälle gültige, Erklärungsmöglichkeit ab, die über diese ganz allgemeine Unterscheidung hinausgeht. Erinnern wir uns zunächst daran, daß VS-Anordnungen nicht nur ein kurz zuvor erwähntes Subjekt enthalten müssen, sondern daß die postverbale Subjekt-NP auch lediglich aus dem weiteren Kontext bekannt sein kann. Hier handelt es sich dann in der Regel um Fälle von Subjektwechsel. Da der jeweilige Erstaktant in dezentrierter Position erscheint, drükken diese Konstruktionen stärker den Fortgang der Handlung ohne besondere Betonung der einzelnen Beteiligten aus, und ein möglicher Subjektwechsel wird nicht besonders hervorgehoben (vgl. oben Kap. 11.1.3.3b und Bsp. II.1-98). Das aus dem Kontext bekannte, oft mit definitem oder demonstrativem Determinanten versehene nominale Subjekt steht nun speziell in solchen Kontexten vor dem Verb, in denen (1) die anaphorische Anbindung an den vorhergehenden Text (Passage, Satz) besonders betont werden soll oder in denen (2) ein Subjektwechsel bzw. die Wiederaufnahme einer aus dem (zumeist weiteren) Kontext bekannten Entität als Subjekt stattfindet, wobei, und dies ist wichtig, dieser Wechsel/diese Wiedereinführung hervorgehoben werden soll48. Hier zeichnet sich interessanterweise eine deutliche Parallele zur Herausbildung des romanischen Artikels ab, die Selig (1989, 1990, 1992) umfassend beschreibt. «Die explizite Kennzeichnung der Wiedererwähnungen tritt vor allem dann auf, wenn für die Kohärenz des Referenzbezugs kritische Kontexte, also Wechsel der Erzähl-

48

aquelas que depois se fixaram e mantiveram fazendo desaparecer as mais raras» und: «Na epoca arcaica essas variagöes eram muitissimo numerosas, ate pela falta de solidez do idioma» (188). Dies beobachtet in ähnlicher Weise auch Bossong (19848,107) noch für den Lazarillo: «Darüber hinaus kommt die Stellung SV in erster Linie bei solchen Subjektsnominalphrasen vor, deren Thematizität herausgearbeitet werden soll: definite Nomina, die auf Vorerwähntes rekurrieren, besonders auch im Falle eines Subjektwechsels im Text». Subjektwechsel liegt natürlich auch bei denjenigen SV-Anordnungen vor, cjeren Subjektdenotate aus dem Kontext nicht bekannt sind. Und noch etwas sei in diesem Zusammenhang angemerkt: Die Tatsache, daß alle Äußerungen mit explizitem Subjekt dieses im Vergleich zu jenen Äußerungen, in denen es nur implizit in der Verbalendung enthalten ist, betonen (vgl. Kap. 1.2.5.5.1), ändert letztlich nichts an der hier vorgeschlagenen Interpretation der Funktion(en) von Strukturen mit explizitem präverbalen Subjekt im Verhältnis zu den Strukturen mit explizitem postverbalen Subjekt.

204

Perspektive, Beginn eines neuen Abschnitts, Subjektwechsel etc. vorliegen, und die Kontinuität des Referenzbezugs betont werden muß» (1990, 229; vgl. dazu auch die Kap. III.i und III.4). Dazu einige Beispiele: zu 1: Besonders deutlich wird die durch die SV-Struktur gewährleistete anaphorische Anbindung in den Kapiteln 390 und 391 der PCG, in denen die präverbalen nominalen Subjekte im HS entweder einen demonstrativen oder possessiven Determinanten haben oder bei denen es sich um Eigennamen oder um durch Adjektive oder Attributsätze erweiterte Nomina handelt. So wird in Sätzen wie (II.1-107)

Despues deste rey Thelepho ouo el regno Euriphilo, so fijo que [...] Este Euriphilo uino a la batalla de Troya por amor de Cassandra (PCG, 220b, 34)

das Subjekt durch den Determinanten nicht nur stärker spezifiziert, durch die satzinitiale Position wird die Anbindung an den vorhergehenden Satz im Sinne der thematischen Progression zusätzlich betont. Bei postverbalem Subjekt hingegen ist die Distribution von spezifizierten vs. nicht näher spezifizierten Subjekten wesentlich ausgewogener. zu 2: Die Betonung des Subjektwechsels durch SV-Anordnung illustrieren hingegen die folgenden Passagen: (II. 1 - 1 0 8 )

(II.1-109)

[Das Kapitel erzählt von dem Feldzug Tarifs gegen Spanien und die Einnahme Cordobas.] Ε el cuende Julian dio estonces su conseio a Tarif que partisse la hueste en muchas partes [...]. Tarif partio estonces la hueste en tres partes, la una enuio contra Cordoua, con uno que fuera cristiano et tornarasse moro que auie nombre en arauigo Mogeit Arromi et era sieruo de Vlit. [...] Otrossi Mogeyt pues que llego a Cordoua, echosse en celada en Cordoua la uieia, et algunos de la su hueste prisieron un pastor de ganado [...] (PCG, 315a, 12) [Die Rede ist von Caesar und dem Aufbruch seines Heeres nach Spanien. Als neues Subjekt (und dezentriertes Thema des nächsten Satzes) erscheint relativ unvermittelt Brutus.] Ε fue so acuerdo que partio sus compannas, et dexo alii una pie9a dellos, et dioles por cabdiello un so princep que dizien Bruto, et paro los alli en aquella cerca, [...] e desque les ouo mostrado tod esto, cogios el (= Caesar) con las otras yentes que touo consigo, et fues pora Espanna. Desi Bruto combatio muy de rezio la uilla con los que fincaran con el, [...] Ε cometiolos Bruto por mar [...] (PCG, 69a, 53-69b)

Die gleichen Beobachtungen gelten übrigens auch für pronominale Subjekte. Das folgende Beispiel aus Kap. 390 der PCG illustriert, daß im Falle der «narrativen» Inversion stärker die Handlungskette interessiert, im Falle der Sp-V-Stellung jedoch der Subjektwechsel betont werden soll: (II.1-110)

Ε desque el murio, pararon alli los de la su huest sus mugieres, et fueron ellos α las otras yentes [...] et tardaron alla luengo tiempo (PCG, 218b, 24) 205

(II. ι - I i i )

Et entre tanto assonaron se los de las tierras fronteras, et uinieron contra aquellas duennas; et ellas, ueyendose en quexo con las guerras de los enemigos, tomaron armas (PCG, 218b, 28)

Aufgrund der häufigeren Setzung des Subjektpronomens im Asp. (vgl. Kap. II.7), konnte in den mittelalterlichen Texten diese Art der Leserlenkung viel konsequenter vorgenommen werden als in späteren Texten. 1.3.4.2 Wichtig für die Subjektposition in den Texten des 13. Jhs. scheint uns zu sein, daß die Alternanz von SV- und VS-Konstruktionen im kategorischen Bereich weniger von der Abfolge Thema vor Rhema abhängig ist, als v i e l m e h r v o n d e n F a k t o r e n switch reference

bzw. topic

continuity,

d.h., daß sie etwas mit Kontinuität und Diskontinuität des Themas im Diskurs zu tun hat 49 . Während die SV-Anordnung einen Subjekt- bzw. Themawechsel, also eine Diskontinuität, betonen kann (sie muß aber nicht, vgl. unten), kodieren VS-Anordnungen sowohl Äußerungsfolgen mit fortlaufendem Thema/Subjekt (topic/subject-continuity, Givon 1988) als auch Handlungsketten mit wechselnden Subjekten. In beiden Fällen bewirkt die Dezentralisierung des Subjekts, daß dieses nicht besonders betont ist und daß die Äußerung als solche weniger binär und daher stärker geschehensorientiert wirkt. Während die «narrativen» VS-Anordnungen eher der einfachen Wiedergabe chronologisch fortlaufender Handlungen bzw., je nach Kontext, auch der Hervorhebung der durch das initiale Verbum ausgedrückten Handlung dienten, konnte durch die SV-Anordnung die Thematizität des Subjektdenotats besonders unterstrichen bzw. dieses im Falle eines Subjektwechsels sogar hervorgehoben werden 50 . Wir möchten nicht überinterpretieren, was vielleicht nur eine stili49

50

Bezüglich dieser beiden Parameter notiert Fleischman (1991, 253), die die Rolle der Partikel si als Anzeiger für Topikkontinuität im Afr. untersucht: «Switchreference marking has been identified in a variety of exotic languages (...), but to my knowledge not in more common European languages, including Romance. This is not to say that referential tracking mechanisms are foreign to Romance, but simply that the tradition-bound grammars of Romance languages have for the most part not been investigated from this particular discourse pragmatic perspective». Vgl. zu diesem Themenkomplex den Sammelband von Haiman/Munro (1983) sowie das Kapitel 7.3 in Foley/van Valin (1984). Wir kommen auf diesen Aspekt in Kap. III.4 zurück. Vgl. auch Kap. III.3 zum Problem der Entwicklung von der lat. SOV-Stellung über eine TVX-Phase zur unmarkierten SVO-Anordnung im Romanischen. Die textstrukturierende Funktion der SV-Anordnung im Asp. belegt Selig bereits in spätlateinischen Texten: «Bemerkenswert ist nun, daß in der Vita Subjekte systematisch durch ihre Position im Satz unterschieden werden. Ein vor dem Prädikat am Anfang des Satzes stehendes Subjekt ist deutlich hervorgehoben. Meist handelt es sich um Nennungen bei Subjektwechsel oder um Nennungen an textgliedernden Stellen, in Kontexten also, in denen die anaphorische Anbindung an den vorhergehenden Text besonders betont werden soll. Diese Subjekte sind zumeist in irgendeiner Weise zusätzlich markiert», und: «Die Stellung V S scheint immer dann eingesetzt zu werden, wenn einfach der Fort-

206

stisch bedingte Variation darstellt, aber uns scheint zwischen den VS- und SV-Anordnungen in der folgenden Passage doch ein pragmatischer Unterschied zu bestehen: (II.1-112)

[PCG, 22 ib, 5 3 - 2 2 2 a . Zunächst werden zwei neue Subjekte durch V S eingeführt.]: Empos esto regno en los godos Boruista, et uino a ell en Gogia uno que llamauan Dicineo. [Über Boruista wird dann etwas berichtet, ohne daß das Subjekt im M T Z steht:] Ε leuantos este rey Boruista por conseio daquel Dicineo [...] et dio Boruista a Dicineo por ello fascas tod el poder del sennorio;

Daran anschließend folgen drei Subjektwechsel mit SV-Anordnungen: -

Ε los godos dalli adelant [...] aquello iudgauan por cosa prouechosa Ε aquel mudo entrellos las costumbres [...] et este Dicineo ensenno a los godos fascas toda la filosophya

Obwohl diese Subjekte aus dem Kontext bereits bekannt sind, erscheinen sie hier im Vergleich zum dezentrierten Äußerungstyp durch die satzinitiale Position stärker herausgehoben, denn es wäre im Prinzip auch möglich, diese Sätze mit einer VS-Anordnung zu konstruieren, wenn es allein um den Fortgang der Handlung ginge. Verkompliziert wird das Bild nun dadurch, daß speziell die SV-Strukturen im 13. Jh. offenbar noch eine weitere Funktion hatten. Passagen wie in Kap. II. 1.3.3ε zeigen nämlich, daß auch SV(0)-Anordnungen den einfachen Fortgang der Handlung ausdrücken konnten, ohne besondere Betonung der Subjekts-NP und unabhängig davon, ob ein Subjektwechsel vorliegt oder nicht. Mit anderen Worten: Sie konnten ähnlich wie die dezentriert-kategorischen VS-Konstruktionen funktionieren, mit denen sie in unseren Texten auch in der Tat oft ohne erkennbaren Unterschied alternieren 51 . Die Möglichkeit, aus dem Kontext bekannte Subjekte ohne satzgrammatische Einschränkungen sowohl in satzinitiale Position als auch in postverbale Stellung zu bringen, zeigt also, in welch hohem Maße das Asp. des 13. Jhs. Nuancen in der Sichtweise des jeweiligen Vorgangs ausdrükken konnte. Sie erleichterte es aber auch, individuellen stilistischen Präferenzen nachzugeben, so daß ein Teil der Sätze letztlich in bezug auf die Wortstellung vermutlich nicht mit letzter Sicherheit interpretiert werden kann 52 . Je nach Funktion des Satzes im Kontext hatte der Autor im kategorischen Bereich also die Möglichkeit, durch die positioneile Variation

51

52

gang der Handlung ohne besondere Betonungen der einzelnen Beteiligten erzählt werden soll» (Selig 1989, 123). Die Tatsache, daß diese synonyme Verwendung im Spätlateinischen offensichtlich noch nicht gegeben war (vgl. Kap. III.i), läßt auf eine Zunahme der S V Anordnung im Frühromanischen schließen. M. Metzeltin verdanken wir den Hinweis darauf, daß es mit der speziellen A r beitsweise der alfonsinischen Schulen zusammenhängen mag, daß in diesen

207

das jeweilige kommunikative Profil einer Äußerung unterschiedlich zu akzentuieren: Er konnte das Geschehen einmal deutlich aktantenbezogen (wie meist bei switch reference) darstellen oder aber die Handlung stärker faktumbezogen, also als Geschehen (z.B. als Glied einer Geschehenskette) erscheinen lassen, was v. a. dann der Fall war, wenn topic continuity angezeigt werden sollte. Wir werden in den Kap. II.2 und II.3 sehen, daß sich bezüglich der SV-Anordnung die o.g. zweite Funktion (Kodierung des Handlungsfortgangs ohne besondere Hervorhebung der jeweiligen Subjekte) in den folgenden Jahrhunderten zunehmend durchsetzt; man könnte hier vielleicht von einer De-emphatisierung sprechen. Parallel dazu wird schon im 14. Jh. die VS-Anordnung zur Kodierung aufeinanderfolgender Handlungen bzw. eines ganzen Handlungsgefüges speziell bei wechselnden Subjekten aufgrund eben dieser zunehmenden Generalisierung der SV-Anordnung seltener. Die VS-Anordnung behält aber (bis ins Nsp.) die textzentrierende Funktion, nämlich bestimmte Handlungen in eine Fokusposition zu bringen, wobei das Subjekt dieser Äußerungen in der Regel immer eine unmittelbar vorher erwähnte Einheit wieder aufnimmt. Durch diese Einschränkung der Funktion bekommen die «narrativen» Inversionen zunehmend den Status einer markiert-kategorischen Konstruktion.

1.3.5 Kopulative Konstruktionen Aussagen, die ein kopulatives Verb im eigentlichen Sinne enthalten, drükken in der Regel eine Prädikation aus und sind damit per se kategorisch 53 . In den alfonsinischen Chroniken weisen solche Sätze üblicherweise die SV-Anordnung auf: (II.i - 1 1 3 ) (II.1-114) (II.i-115)

Este rey Rodrigo era muy fuert. (PCG, 307a, 40) e Julia era muy buena duenna (PCG, 66b, 14) Espanna es abondada de miesses, [...] Espanna sobre todas es engennosa, [...] Espanna sobre todas es adelantada en grandez (PCG, 311b, 9).

Allerdings können solch eindeutige Prädikationen im 13. Jh. auch mit der VS-Struktur serialisiert werden, ohne daß diese Äußerungen markiert wären. Hier ist die Aussage als Ganzes wichtig, so daß das Subjekt an weniger zentrierter Position erscheinen kann. Gegebenenfalls könnte man hier sogar von «narrativen» Strukturen im weitesten Sinne sprechen. (II.i-116)

53

Mas era Julia, cuemo dixiemos, duenna de tan grand bondat (PCG, 66b, 50)

Texten Altes und Neues nebeneinander existiert und diese somit syntaktisch bisweilen recht uneinheitlich sind. Für Sätze mit einem präpositionalen Komplement, die ein lokalisiertes Vorhandensein ausdrücken, vgl. Kap. II. 1.2.

208

(ΙΙ.ι — 117) (II.i-118)

et eran Adam e Eua desnuyos amos ( G E , 6a, 17) Aun fallamos otrossi que ouo y otro Hercules, et fue este el quarto, e dixieron le Hercules Museleo; e este fue antes dela batalla de Troya ( G E , 306a, 51)

D e r K o n t e x t gibt k e i n e w i r k l i c h e E r k l ä r u n g f ü r die m e i s t e n dieser v e r b initialen k o p u l a t i v e n S t r u k t u r e n (in k e i n e m Fall h a n d e l t es sich u m thetische S ä t z e ) , u n d m a n m u ß hier sicherlich a u c h ein g e w i s s e s M a ß an stilistischer F r e i h e i t e i n k a l k u l i e r e n . E i n m ö g l i c h e s E r k l ä r u n g s p r i n z i p f ü r ein i g e d i e s e r V S - S t r u k t u r e n scheint uns w i e d e r u m die T a t s a c h e z u sein, d a ß k o p u l a t i v e V S - S t r u k t u r e n in erster L i n i e d a n n v e r w e n d e t w e r d e n , w e n n k e i n W e c h s e l d e s D i s k u r s t h e m a s v o r l i e g t . D i e f o l g e n d e n S ä t z e illustrieren das sehr schön: (II. ι - 1 1 9 )

(II. 1 - 1 2 0 )

Mas mouiosse estonces contra esta razon el consul Marcel, amigo de Ponpeyo (präsentative VS-Struktur). Ε era este consul omne que se pagaua mucho de derecho (PCG, 65b, 17) Daqui adelant contaremos de las contiendas e de las lides que entre Julio Cesar e Ponpeyo ouieron, e de los poderes que ayuntaron. [Beginn eines neuen Kapitels] Andados sietecientos e un anno e siete meses de quando Roma fuera poblada era este Pompeyo el magno sennor de las Espannas (PCG, 66a, 44)

D i e f o l g e n d e n B e i s p i e l e mit V S - A n o r d n u n g e n t h a l t e n ähnlich w i e thetische S ä t z e eine B e g r ü n d u n g : (II.1-121) (II.1-122)

e fue por ello muy quebrantado e muy abaxado el sennorio dell imperio de Roma (PCG, 66a, 8) Et fueron estonces muy alegres todos los sabios delos egipcianos por que Moysen querie ser cabdiello daquella batalla ( G E , 308b, 30)

F o k u s s i e r e n d ( k o n t r a s t i e r e n d ) ist d e r f o l g e n d e S a t z mit V K S - S t r u k t u r : (II.1-123)

Mas fue pastor A b e l e Cayn labrador ( G E , 8a, 42)

D e r f o l g e n d e S a t z mit V S - A n o r d n u n g ist ein B e i s p i e l f ü r ein f a k t u m s e t zendes Universalurteil: (II.i-124)

e son los omnes crueles como saluages (PCG, 68b, 3)

L i e g t S u b j e k t w e c h s e l v o r , w i r d in d e r R e g e l e i n e S V - S t r u k t u r v e r w e n d e t : (II.i-125)

(II.i-126)

(II.i-127)

Ε con el uiento apriso se el fuego a las tiendas, e fizo y muy grande danno. Ε los romanos eran ya muy lazrados de feridas. (PCG, 64b, 38) aquella yente tan poderosa et tan onrrada fue essora toruada et crebantada por poder de los alaraues. El rey Rodrigo estaua muy fuert [...] (PCG, 310a, 32) Ε Ponpeyo era casado con Julia, fija de Julio Cesar, e auie ya fijos della; e Julia era muy buena duenna, e Ponpeyo era otrossi muy buen princep [...] (PCG, 66b, 12)

In d e m l e t z t e n B e i s p i e l unterstreicht die S V - A n o r d n u n g die K o n t r a s t i e rung der beiden Subjekte. 209

ι.3.6 Konstruktionen mit verba dicendi Die Subjektinversion nach verba dicendi erfolgt in den Chroniken des 13. Jhs. zwar nicht regelmäßig, die VS-Strukturen überwiegen aber deutlich. Dies gilt v.a. für die in die direkte Rede inserierten Sätze mit verbum dicendi. Diese Einschübe sind in den alfonsinischen Chroniken allerdings eher selten 54 . Die nicht parenthetischen Äußerungen mit Verben des Sagens können noch einmal in drei Gruppen unterteilt werden (vgl. Kap. I.2.4.5): a) das Gesagte ist ein mit que eingeleiteter NS oder ein Satz in direkter Rede 5 5 ; b) das Gesagte erscheint in Form eines nominalen oder pronominalen Objekts; c) der Satz besteht nur aus verbum dicendi und Subjekt (und eventuell einem O p r ä p als Adressat). zu a) Bei diesem Konstruktionstyp (vgl. de Dardel 1983/84, 5 - 1 6 ) gilt es nicht, innerhalb der Gesamtaussage eine Aussage über das jeweilige Subjektdenotat zu machen. Es handelt sich vielmehr um dezentrierte Aussagen mit VS-Anordnung, in denen der A k t des Sagens/Berichtens/ Erzählens Thema der Äußerung ist («en quelque sorte theme par nature», de Dardel 1983/84, 13) und das Gesagte das jeweilige Rhema. (II.1-128) (II. 1 - 1 2 9 ) (II.1-130) (II. 1 - 1 3 1 )

Pero diz don Lucas de Thuy que siete annos et seys meses regno (PCG, 307a, 30) Ε cuentan las estorias en este logar que [...] (PCG, 68b, 28) Dixo estonges Dios a Caym: ( G E , 9a, 1) Respuso les ella: ( G E , II, 10a, 19)

In den SV-Anordnungen mit verba dicendi fungieren die Verben hingegen als Teil des Rhemas, hier stellt nicht der A k t des Sagens, sondern die Person, die etwas sagt, das Thema dar. In diesen Sätzen sind die Subjekte häufig durch einen Relativsatz expandiert. (II.1-132) (11.1-133) (II.1-134)

54

55

Mas Julio Cesar, auiendo, [...] respondioles que [...] (PCG, 69a, 32) e Omero, que [...], affirma que [...] ( G E , 311a, 22) et ueyendo esto eil emperador Decio dixo les por los conortar et por los esforsar: (PCG, 223b, 28)

Zur Inzise im Altromanischen vgl. de Dardel (1983/84); im Aport. weisen diese Schaltsätze «ausnahmslose PS-Stellung» auf, vgl. Schellert (1958, 51). Badia (i960, 132) konstatiert in bezug auf die Häufigkeit der Strukturen mit verba dicendi eine «diferencia expresiva entre el estilo directo y el indirecto» zwischen dem Cid und der PCG. Die Strukturen V d i c + direkte Rede sind nach de Dardel «un trait pan-roman», dessen Genese vor der Ausdifferenzierung der romanischen Sprachen liegt (1983/84, II). «Le verbum dicendi place devant un sujet est une sorte de signal du discours direct» (14).

210

Gelegentlich findet man allerdings auch dann SV-Anordnungen, wenn es eindeutig nicht primär um eine Aussage über das Subjektdenotat geht; die Distribution von SV- und VS-Anordnungen scheint im Bereich der Verben des Sagens bis zu einem gewissen Grade frei zu sein. (II.i - 1 3 5 )

pero algunos dizen que fue esta batalla en el campo de Sangonera ( P C G , 309b,32)

zu b) Auch in dieser Gruppe dominiert in den Chroniken des 13. Jhs. die Subjektinversion; S-V-On oder S-Op-V-Konstruktionen sind im Vergleich zu anderen transitiven Verben selten. Es geht primär darum, den Akt des Sagens als Faktum zu setzen und weniger um eine spezifizierende Aussage über das Subjektdenotat. (II. 1 - 1 3 6 ) (11.1-137) (II.i-138) (II.i - 1 3 9 )

mas fablan della Josepho en el ij° libro, e maestre Pedro en la Estoria Escolastica ( G E , 307a, 1 1 ) e cuenta lo Eusebio e Jheronimo enel comienco del su libro ( G E , 306a, 5 5 ) A q u i departe mahestre Pedro sobre estas palabras ( G E , 5b, 7 ) U n sabio que llamaron Claudio Tolomeo fablo de tod el cerco de la tierra ( P C G , 215b, 5 2 )

Die folgenden Sätze mit nicht konformer Thematisierung sind eindeutig kategorisch: (II.i - 1 4 0 ) (II.i — 1 4 1 ) (II.i-142)

e dela tercera salida [...] non dize el ende nada ( G E , 307a, 9) Dell otro anno empos estos non cuentan las estorias rtinguna cosa de dezir ( G E , 306b, 27) Tod esto cuenta Moysen en este sobredicho libro ( P C G , 4b, 50)

zu c) Auch in denjenigen Sätzen, in denen das Gesagte nicht ausgedrückt wird, in denen es also nur um die Tatsache des Sagens/Berichtens/Erzählens geht, überwiegen die VS-Strukturen:

(II.i-143)

et fablo el al pueblo estonces ( G E , II, 14b, 20)

1.4 Syntaktische Kontextbedingungen Fragen wir abschließend nach möglichen syntaktischen Restriktionen, die bei der Wahl des einen oder des anderen Wortstellungsmusters eine Rolle spielen mögen. A m interessantesten erscheinen uns in diesem Zusammenhang die Frage nach dem Einfluß der Valenzstruktur des Verbs (oder, wenn man von. dem Konzept der «Transitivität» ausgeht, von dem Grad der «Transitivität» des Satzes) sowie die Frage nach der Rolle einer «Einleitung» in Form eines satzinitialen Objekts, eines Adverbials oder bestimmter Konjunktionen für die Subjektinversion. Speziell dieser letzte Faktor wurde in der bisherigen Literatur immer wieder als auslösendes Moment für die Subjektinversion angeführt, so z.B. bei Crabb (1955) und bis zu einem gewissen Grade auch bei Schellert (1958). 211

ΐ·4·ΐ Die Wortstellung bei transitiven Verben Um den Einfluß der Wertigkeit des Verbs auf die Satzgliedanordnung zu ermitteln, haben wir die PCG und die GE hinsichtlich der Verteilung von SV und VS bei zwei- und mehrwertigen transitiven Verben untersucht56. Dabei zeigt sich, daß es in den von uns untersuchten Textstücken zwar in der PCG eine leichte Präferenz für die SV-Anordnung gibt, d.h., aus den von uns untersuchten Kapiteln des ersten Teils der PCG weisen 43-7 % der Äußerungen (d.h., Hauptsätze mit explizit ausgedrücktem Subjekt) mit transitiven Verben die VS-Stellung (genauer gesagt VSO- und VOSStrukturen) auf, in der GE sind es jedoch über die Hälfte: 55,5%. Die Zahl der Aktanten bzw. ein relativ hoher «Transitivitätsgrad» läßt für die alfonsinischen Texte also keine eindeutige Bevorzugung der SV-Konstruktion erkennen. In dem späteren Textteil der PCG (II) liegt der Prozentsatz für SV-Konstruktionen bei Äußerungen mit transitiven Verben etwas höher: SV: 62,7 % und VS: 37,3 % 5 7 . 56

Wir gehen dabei von der Annahme aus, daß transitive Verben im traditionellen Sinne mit Subjekt und Objekt(en) (wir unterscheiden hier nicht zwischen On und Op) auch einen hohen «Transitivitätsgrad» im Sinne von Hopper und Thompson haben. Die Analyse kann sicher verfeinert werden, wenn man die einzelnen Parameter von Hopper/Thompson in die Analyse miteinbezieht. In Anbetracht unserer Überlegungen in Teil I der Arbeit hat die Aktantenstruktur bzw. der «Transitivitätsgrad» direkte Auswirkungen auf den kommunikativpragmatischen Status einer Äußerung und damit auf die Wortstellung (vgl. auch Kap. III.4 für eine Analyse von Daten des 14. Jhs. ausgehend von den Parametern von Hopper/Thompson).

57

Meyer-Hermann (1991) kommt, allerdings aufgrund eines kleineren samples aus der PCG und einer etwas anderen Fragestellung («Wie hoch ist der Prozentsatz der Sätze mit transitiven Verben im Vergleich zur Gesamtzahl der Äußerungen mit VS-Strukturen?»), zu folgendem Ergebnis: Nur 17,3 % aller Satztypen (HS und NS!) mit nachgestellten Subjekten haben ein transitives Verb. Er schließt daraus folgendes: «Transitivität bzw. Intransitivität der Verben kann daher als eine der Kontextbedingungen für die Voranstellung bzw. Nachstellung von Subjekten angesehen werden» (1991,88) und «Transitivität korreliert ihrerseits signifikant mit Subjekt-Voranstellung» (ibid., 94). Nach einer genaueren Analyse der einzelnen Verbtypen schränkt er dieses Ergebnis allerdings folgendermaßen ein: «Abgesehen von der bereits oben erwähnten Korrelation zwischen Subjekt-Voranstellung und transitiven Verben, bzw. SubjektNachstellung und intransitiven Verben, lassen sich auf der Basis eines strengen Signifikanzniveaus in der Cronica keine semantisch-syntaktisch definierbaren Verbklassen ausmachen, die eine besondere Tendenz zur Subjekt-Vor- oder Nachstellung aufweisen» (95). Bei dieser A r t der Fragestellung muß es natürlich zu einer anderen Gewichtung kommen, da die VS-Stellung bei transitiven Verben im Vergleich zu den intransitiven Verben in der Tat seltener ist. In den von uns untersuchten Textstellen der PCG (ohne II) haben 31 % aller VSAnordnungen ein transitives Verb. Aussagekräftiger ist u.E. daher die prozentuale Verteilung von V S und SV allein im Bereich der transitiven Verben, und das auch nur im HS. Hinojo Andres (1988, 440) ermittelt für die Texte der Crestomatia von Menendez Pidal (vgl. Kap. II.1.1.4.1) übrigens für die «oraciones con objeto» die Zahl 7 2 % für SVO-Anordnungen, er unterscheidet aber 212

Unsere Beobachtungen decken sich in etwa mit den Ergebnissen von Crabb (1955) für die Biblia Romanceada und das Book of Ascension, beides Texte aus dem 13. Jh. Crabb untersucht nur Hauptsätze mit explizitem Subjekt, transitivem Verb und direktem Objekt und ermittelt für die Biblia 62,6 % V S O und 3,7 % VOS-Strukturen, für Ascension 47,8 % V S O - und 4,5 % VOS-Strukturen. Allerdings erklärt er die hohe Zahl der VS-Strukturen mit einer «adherence to the original Semitic word order» (10), was u.E. nicht gerechtfertigt ist58.

I.4.2 Wortstellung und «Einleitung» Und wie sieht es bei sogenannten «eingeleiteten» Sätzen aus, d. h. solchen Sätzen, die weder unmittelbar mit dem Subjekt noch mit dem Verb beginnen? Hier muß zunächst unterschieden werden, um welche Art der Einleitung es sich handelt (vgl. Schellert 1958). Liegt eine nicht-konforme Thematisierung eines Objekts vor, tritt im 13. Jh. in der Tat Subjektinversion ein 59 . Was satzinitiale Adverbiale anbelangt, so haben wir in Kap. II. 1.2 bereits gesehen, daß einleitende Adverbiale bevorzugt in thetischen Äußerungen auftreten, d.h., also in faktumsetzenden Aussagen, die ja per se im Asp. die VS-Anordnung aufweisen. Schwieriger ist der Fall bei den dezentriert-kategorischen Äußerungen, da hier im Prinzip neben der A V S - auch die ASV-Anordnung auftreten kann. Im Gegensatz zu den späteren Texten sind diese Fälle in den alfonsinischen Texten jedoch äußerst selten. Im kategorischen Bereich scheint das Adverbial also in der Tat eine gewisse inversionsauslösende Funktion zu haben, wenngleich man sich auch hier die Frage stellen kann, ob die narrativen Äußerungen wegen des Adverbials oder nicht vielmehr aus pragmatischen Gründen die VS-Anordnung aufweisen 60 .

58

59

60

ebenfalls nicht zwischen HS und NS und spezifiziert auch nicht hinsichtlich der A r t des Objekts. «Pensamos, por tanto, que puede afirmarse que la naturaleza sintäctica de la oration es un factor decisivo, aunque no el ünico, para explicar la position del sujeto con respecto al verbo» (ibid., 440-441). Vgl. unseren Forschungsbericht sowie Kap. II. 1.5. Im Aport. ist die VS-Stellung bei transitiven Verben übrigens seltener, vgl. Schellert (1958, 1 4 - 1 5 ) : «Da die transitiven Verben ein Geschehen wiedergeben, das auf einen bestimmten Gegenstand oder Zweck ausgerichtet ist und ein handelndes Subjekt voraussetzt, werden sie dem Subjekt nur selten vorangestellt. [...] Zur Nachstellung neigen besonders unpersönliche, «willenlose» Subjekte». Vgl. auch oben Anm. 41. Vgl. oben Kap. II. 1.3.2. Einige wenige OSV-Strukturen verbieten es allerdings, bei satzinitialem Objekt von automatischer Inversion zu sprechen, vgl. II.5. Vgl. auch Crabb (1955, 1 2 - 1 3 ) , der bezüglich der Biblia Romanceada und des Book of Ascension anmerkt: «In the Spanish translation, the types of inversion which open the sentence or clause with the verb (PSO and POS) do not seem to be related to Einleitung at all, but rather to the manner of narrative or to psychological considerations of new and old subjects». Meyer-Hermann (1991,

213

Eine quantitative Auswertung der Daten bestätigt, daß SV-Anordnungen in Äußerungen mit satzinitialem Adverbial in der Minderzahl sind 61 : PCG: 7 % und GE: 12,6%. Korreliert man andererseits die VS-Stellung mit dem Faktor «Uneingeleitetheit» (hierzu rechnen wir auch die Sätze mit parataktischem e(t)), ergibt sich folgendes Bild: Von allen uneingeleiteten Äußerungen weisen in der PCG 38,2 % und in der GE 48,3 % die VS-Stellung auf. Mit anderen Worten: VS-Anordnungen sind zwar häufig im o.g. Sinne eingeleitet, dies ist jedoch kein Junktim62. Weist eine Äußerung kein einleitendes Adverbial auf, ist die Wahrscheinlichkeit einer SVAnordnung in der PCG zwar relativ hoch, in der GE weisen allerdings fast die Hälfte aller uneingeleiteten Äußerungen die VS-Anordnung auf. Was die Häufung parataktischer Reihungen mit der Konjunktion e(t), ein typisches Phänomen altromanischer Texte, anbelangt («epische Parataxe»), verweisen wir auf die Kap. II. 1.1.3 und III.3.5. Während Schellert (1958) vermutet, daß der Konjunktion e(t) eine inversionsfördernde Kraft innewohnt - er fügt allerdings hinzu, daß die Subjektnachstellung keineswegs durch e(t) allein bewirkt wird (21) - , haben wir in den beiden Chroniken keine Anzeichen dafür gefunden, daß e(t) die VS-Stellung signifikant begünstigt, denn die Zahl der mit e(t) eingeleiteten SV- und VSAnordnungen ist relativ ausgewogen. Allerdings müßte die Satzgliedanordnung speziell nach Konjunktionen noch genauer untersucht werden. Wir werden in Kap. III.3.5 darauf hinweisen, daß zumindest in den frühen Chroniken ein Zusammenhang bestand zwischen der relativen Häufigkeit der dezentriert-kategorischen VS-Anordnungen, die meist in solch parataktischen Reihen auftreten, und der Textorganisation als solcher, die sich nach Stempel (1964, 357) dadurch auszeichnet, daß die Protagonisten nicht «als Helden der Erzählung präsentiert werden, sondern nebeneinander oder hintereinander als Figuren auftreten, an denen sich das Geschehen vollzieht». Insgesamt gesehen kann festgehalten werden, daß in den Texten des 13. Jhs. nach «Einleitung» - von Konjunktionen und anderen einleitenden Partikeln sehen wir hier einmal ab - eine deutliche Tendenz zur Subjektnachstellung besteht.

61

62

88) meint allerdings: «Satzinitiales Adverb dürfte danach zu den eindeutigen Konditionen für Subjekt-Nachstellung zählen». Bei der Auszählung wurde der jeweilige pragmatische Wert des Adverbials nicht berücksichtigt; dies gilt auch für die analoge Auswertung der Daten aus dem 14. und 15. Jh. Dieses Vorgehen impliziert natürlich einen gewissen Ungenauigkeitsfaktor, der aber angesichts der Tatsache, daß es uns nur um eine grobe Orientierung geht, bewußt in Kauf genommen wird. Bezüglich des Aport. notiert Schellert (1958, 18), «daß die Voranstellung des Subjekts in uneingeleiteten Sätzen häufiger ist als seine Nachstellung», und was eingeleitete Sätze anbelangt, so schreibt er: «Anders ist das in Sätzen, die mit einem Adverb, einem Objekt, oder einem Prädikatsnomen beginnen. In diesen überwiegt die Nachstellung des Subjekts (insgesamt 6 9 % PS)» (31).

214

ι.5

Zusatzkorpus: Calila e

Dimna

ι.5.ι Einleitung Bei Calila e Dimna63 (Cal) handelt es sich um einen der bekanntesten und bestuntersuchten literarischen Texte des spanischen Mittelalters, der in vorzüglicher Weise die engen Beziehungen zwischen Al-Andalus und dem arabischen Kulturkreis aufzeigt. Noch als Infant ließ Alfonso 1251 das arabische Buch von Calila e Digna, das auf das indische Pantschatantra zurückgeht, übersetzen; die Protagonisten der verschiedenen Kapitel sind Tiere, die wie Menschen handeln oder sprechen, aber anders als im französischen Roman de Renart und verwandten Dichtungen um Reineke Fuchs geht es nicht nur um Unterhaltung, sondern um ernstzunehmende Probleme, mit denen sich vor allem die Mächtigen ständig konfrontiert sehen (Gier 1991, 18).

Im Gegensatz zu den Chroniken gehört dieser Text zur Gattung Exempelliteratur, und die Übersetzer haben sich, so behauptet es zumindest Hottinger, eng am arabischen Vorbild orientiert 64 . In Anbetracht der in Kap. II. 1.1.2 resümierten Beobachtungen von Galmes de Fuentes und Bossong zum Verhältnis zwischen arabischer Vorlage und akast. Text darf man gegenüber dieser Behauptung jedoch skeptisch sein, denn die Übersetzer haben sich offenbar keineswegs sklavisch an ihre Vorgabe gehalten und zumindest auf der rein sprachlichen Ebene letztlich nur solche Konstruktionen übernommen, die mit der Norm des Akast. vereinbar waren (Bossong 1979, 181) 65 . Gumbrecht (1990, 63) spricht bezüglich der Übersetzungen im 13. Jh. daher auch treffender davon, daß diese als «modifizierende Aneignungen» vollzogen wurden. Erstaunlicherweise haben weder Hottinger noch Galmes die Anordnung der primären Satzkonstituenten Subjekt/Verb/Objekt bei ihren Beobachtungen näher untersucht; ein kurzer Blick auf Calila e Dimna vor dem Hintergrund der für die Chroniken gemachten Feststellungen erscheint daher lohnend.

63

64

65

Vgl. zu diesem Text u.a. Dietrich (1937), Galmes de Fuentes (1955/56), Hottinger (1958), England (1979), Bossong (1978, 1979ε). «Das Buch von Kaiila und Dimna ist eine, wie wir gesehn [sie] haben, erstaunlich genaue und sorgfältige Uebersetzung. Der Ablauf seiner Sätze und damit seine gesamte stilistische Haltung ist grossenteils durch den arabischen Text festgelegt oder bedingt» (1958, 171) und «Charakteristisch für die Sprache unseres Uebersetzers sind vor allem seine «nachahmenden» Wiedergaben der arabischen Wortfolge. [...] Wenn überhaupt das Arabische einen direkten Einfluss auf die Struktur unseres Textes ausgeübt hat, so glauben wir, dass dieser im Gebiet der Wortstellung am grössten und am fruchtbarsten war» (ibid. 163). Man denke ζ. B. an den Einfluß des Arabischen auf die Form des asp. Relativsatzes oder an die zahlreichen geradezu formelhaften Einleitungssätze mit verba dicendi (vgl. Bossong 1979a, 1979b).

215

ι.5.2 Quantitative Erfassung der Daten England (1979, 42, 85, 184) kommt nach einer Untersuchung von 1853 Hauptsätzen aus Cal hinsichtlich der SV- und VS-Strukturen in Hauptsätzen zu folgendem Ergebnis 66 : S-V: 3 2 , 1 % Sp-V: 80,3 % V-S: 6 7 , 9 % V-Sp: 1 9 , 7 % Unter Einbeziehung des Libro de los Enganos, das in bezug auf die Distributionsverhältnisse der beiden Anordnungsmuster mit Cal weitgehend übereinstimmt, merkt er an: «Both texts show a clear preference for subject postposition, and they are the only texts which show such a marked tendency» (85) 6? . Der von uns untersuchte Textausschnitt ist zwar wesentlich kürzer 68 und von daher sicher nicht repräsentativ, die Ergebnisse können u.E. dennoch zusätzliche Aufschlüsse hinsichtlich der Position des Subjekts geben. Auf 384 Hauptsätze mit ausgedrücktem Subjekt haben wir folgende Häufigkeitsverteilung ermittelt69: S-V: 60,9% V-S: 3 9 , 1 % Diese Gesamtzahl ist allerdings wenig aussagekräftig, solange die Zahlen von Sn und Sp nicht getrennt betrachtet werden. Wie bei den Chroniken 66

Die Zahlen in der linken Spalte beziehen sich auf alle Subjekte, sofern es sich nicht um Subjektpronomina handelt (dies gilt auch für die in den Kap. II.2.6 und II.3.5 zitierten Werte Englands für die Texte Luc und A.B.C.). Die Stellung der Subjektpronomina behandelt England in einem eigenen Kapitel. Diese für Cal ermittelten Zahlen entsprechen ungefähr denen von Bossong (1984a): SV: 40 %, VS: 60 %. Vgl. demgegenüber aber Hinojo Andres (1988), der sowohl das Manuskript Ρ (Übersetzung aus dem Hebräischen) als auch die Manuskripte A und Β (Übersetzungen aus dem Arabischen) untersucht hat. Nach seiner Zählung überwiegt in allen Manuskripten die Subjektvoranstellung; in Ρ mit 51 %, in Α und Β sogar mit 72,33 %. «Tambien parece evidente que el caräcter hebreo del original es un factor decisivo para la mayor frecuencia de verbo antepuesto que en la traduccion del ärabe» (442). Da Hinojo jedoch nicht zwischen nominalen und pronominalen Subjekten unterscheidet, sind seine Zahlen letztlich wenig aussagekräftig. Vgl. dazu auch Meyer-Hermann (1991, 70). Für Nebensätze hat England übrigens eine wesentlich höhere Prozentzahl für die SVAnordnung ermittelt: 56,7% (1979, 107). «In both Calila and Enganos, there is a greater tendency towards subject anteposition in dependent clauses than in independent clauses» (1979,107). Die von Pardo Huber (1973) ermittelten Prozentzahlen für HS sind: SV: 47 %, VS: 53 %.

67

Die für Enganos ermittelten Zahlen sind: SV: 40,9 % und VS: 59,1 % (1979, 85). Es handelt sich um die Kap. I, II und III der von J. M. Cacho Blecua und Maria Jesüs Lacarra besorgten Ausgabe (Madrid, Cläsicos Castalia, 1985, 99-178). Die Konstruktionen mit der Konjunktion ca () sowie mit verba dicendi wurden nicht mitgezählt. Einleitendes Dixo + NP ist außerordentlich häufig - es handelt sich hier um ein typisches Merkmal dieser Textsorte - , eine Zählung dieser Konstruktionen würde daher einen falschen Eindruck von der Anzahl der VS-Strukturen vermitteln. England (1979) macht nicht deutlich, ob er diese Konstruktionen mitgezählt hat.

68 69

216

wird ein Personalpronomen in Subjektfunktion bis auf wenige Ausnahmen vorangestellt70: Sp-V: 90% V-Sp: 1 0 % Die eigentlich interessanten Zahlen betreffen die Sätze mit nominalem Subjekt: Sn-V: 47,5 % V-Sn: 52,5 % Unsere Zahlen sind zwar nicht so eindeutig wie die von England, interessanterweise entsprechen sie aber weitgehend den für die Chroniken ermittelten Werten. 1.5.3 Analyse Das wichtigste Ergebnis von England scheint uns zu sein, daß unabhängig von der Aktantenstruktur Subjekte, die sich auf eine im Text vorerwähnte Größe beziehen, in der Regel in postverbaler Stellung erscheinen. «This construction more than any other factor accounts for the overall differences in subject position between the works translated from Arabic and those such as Castigos and Lucanor originally composed in Castilian» (1979, 103). Betrachtet man ein ausgewähltes Kapitel aus Cal (Kap. III, S. 1 2 2 - 1 7 8 ) in Hinblick auf die Stellung des Subjekts zum Verb, fällt die Vielzahl nachgestellter Subjekte auf, die das Merkmal [-neu] haben. Bei der Mehrzahl dieser VS-Anordnungen handelt es sich um Paradefälle von dezentriert-kategorischen Aussagen, deren eindeutige Funktion es ist, den Fortgang der Handlung durch die Dezentralisierung des Subjekts zu unterstreichen. Auch für alle anderen Äußerungstypen gelten u.E. die für die Chroniken gemachten Beobachtungen. Dies bedeutet, daß auch in Calila e Dimna die Wortstellung primär von pragmatischen Faktoren gesteuert wird und daß auch hier, trotz der unterschiedlichen Textsorte, die Unterscheidung in thetische und kategorische Äußerungen als Erklärungsprinzip funktioniert. Bedeutet dies nun, daß die arabische Vorlage in bezug auf die Anordnung der wichtigsten Satzkonstituenten keine Rolle gespielt hat? Wir werden weiter unten (Kap. II. 1.5.4) a u f diese Frage zurückkommen, allerdings ist es ohne einen genauen Textvergleich zu früh, hierauf eine endgültige Antwort zu geben. 1.5.3.1 Zunächst einige Beispiele typisch thetischer Äußerungen mit einem bzw. zwei Aktanten 71 . Im Idealfall ist das Subjekt hier aus dem Kon70

71

Von 384 HS mit explizitem Subjekt weisen 1 1 2 ein Pronomen in Subjektfunktion auf (= 29,2%). Nach England ( 1 9 7 9 , 1 0 1 ) dominiert bei intransitiven Verben eindeutig die Subjektnachstellung (durchschnittlich 7 7 % ) . Was die Zahl der in VS-Konstruktionen zugelassenen Aktanten anbelangt, entspricht Cal in etwa den Chroniken. Die Zahl der einem zweiwertigen Verb nachgestellten Subjekte beläuft sich in unserem wohlgemerkt nicht repräsentativen Korpus auf 4 4 % , ist also relativ

217

t e x t nicht b e k a n n t , b e i e r e i g n i s b e z o g e n e n t h e t i s c h e n Ä u ß e r u n g e n

gilt

dies j e d o c h nur b e d i n g t . (II. i - 1 4 4 )

(II. ι - 1 4 5 )

(II. 1 - 1 4 6 )

(II. 1 —147) (II. 1 —148)

(II. 1 - 1 4 9 )

Et dizen que en el prado, que el primeramente andava, que un omne cogia yervas. Et vino un lobo por detrds a el por le morder. Et el, quando lo sintio, comengo a fuir. (124) Dizen que en una fuente avia dos änades et un galäpago, et eran amigos por la vezindat que era entre ellos. Desi vino el tienpo que les menguö el agua, et secöse la fuente. (165) Dizen que una gulpeja fanbrienta paso por un ärbol, et estava un atanbor colgado del ärbol; et moviöse el viento et firieronlo los ramos, et sonava muy fuerte. (135) Dizen que un religioso ovo de un rey unos panos muy nobles, et violos un ladrön (137) Acaesfe al rey por razon de la mala αηάαηςία perder los leales vasallos et los buenos defensores; et acaesfe por razon de la guerra contienda et discordia entre los omnes (142) Desi amanegio et fuese el religioso a buscar el ladron a otro lugar, et ospedöle un ome bueno carpentero. (139)

S V - K o n s t r u k t i o n e n z u r W i e d e r g a b e thetischer Inhalte sind selten, allerdings f i n d e n sich B e i s p i e l e mit ser w i e : (II.1-150)

Ca tres cosas son en que deve omne parar mientes (141) (vgl. auch Kap. II.1.2.1.1)

A u c h text-/kapiteleinleitende S V - K o n s t r u k t i o n e n mit nicht v o r e r w ä h n t e m S u b j e k t , w i e sie in Luc

o d e r A.B.C.

g e l ä u f i g sind, sind w e n i g fre-

quent. 1.5.3.2 D i e f o l g e n d e n S ä t z e sind dezentriert-kategorische

Ä u ß e r u n g e n , in

d e n e n das b e k a n n t e S u b j e k t d u r c h die p o s t v e r b a l e S t e l l u n g nicht m e h r als t h e m a t i s c h e B a s i s f u n g i e r t u n d v o n d a h e r das G e s c h e h e n als s o l c h e s s t ä r k e r in d e n M i t t e l p u n k t r ü c k t , o h n e d a ß die Ä u ß e r u n g i m e i g e n t l i c h e n S i n n e thetisch ist. D i e s e r Ä u ß e r u n g s t y p ist das e i g e n t l i c h e A n o r d n u n g s m u s t e r der f o r t l a u f e n d e n E r z ä h l u n g , S V - A n o r d n u n g e n h i n g e g e n d o m i nieren bei Subjektwechsel. (a) mit e i n e m A k t a n t e n (II.1-151)

(II.1-152)

Et cayo (^engeba en un silo que [...]. Et desi salio Sengeba de aquel lugar [...]. Et a poco de tienpo engardo Sen^eba et enbraveςίό (123-124) Et el ximio vidolos, et en tanto que ellos fueron comer, subio el ximio en^ima de l[a] viga et asentose engima et saco la curia (126)

( b ) mit z w e i A k t a n t e n ( V - O p - S , V - S - O n ) hoch. Auch in diesem Punkt scheinen die Texte des 13. Jhs., gleich welcher Gattungszugehörigkeit, eine Einheit zu bilden. Für das nach der hebräischen Vorlage angefertigte Manuskript Ρ hat auch Hinojo Andres beobachtet «que en este texto no influye para la position del sujeto y del verbo la naturaleza transitiva ο intransitiva de la fräse» (442). 218

(ΙΙ.ι —153)

(II. ι - 1 5 4 )

(II.1-155) (II.1-156)

Et fuese el cangrejo a todas las truchas et pescados, et fizogelo saber; et vinieronse todas para ella, [...]. Et vinose a ella el cangrejo, et dixole [...]... et vido el cangrejo las espinas de las truchas ayuntadas (144) Et yendo para una (jibdat a que dezian Maxat, fallo en el camino dos cabrones monteses peleando [...], et saliales mucha sangre. Et vino una gulpeja, [...] Et estando ella lamiendo la sangre, cogieronla amos los cabrones en medio e mataronla. (138) Et fizolo asi la muger del alhageme, et desatola et atose a si mesma en su lugar. [...] Et tomö la muger del alhageme sus narizes et fuese (140) [Digna und Semjeba treffen den Löwen.] Et penso en esto, et aparejose a lidiar con el leon. Et catölo el lean, et vio lo que le dixiera Digna, et non dubdo que se viniera sinon por lidiar con el; et saltö el leon a il et lidiaron muy fuertemente, atanto que corrian amos sangre. Et mato el leon a Sengeba (168)

1.5.3.3 In zahlreichen Passagen wechseln sich kategorische SV- und dezentriert-kategorische VS-Strukturen wie in den Chroniken ab, ohne daß es einen wirklich ersichtlichen Grund für den Wechsel gibt. In diesem Text wird erzählt, d.h., letztlich hängt es von der kommunikativen Perspektive des Übersetzers ab, ob er das Erzählte deutlich aktantenbezogen oder stärker als «Geschehen» präsentiert 72 . (II.1-157)

(II.i-158)

Et diole de cabo la navaja. Et el ensanose et echola en pos de ella a lobregas. Et dexose ella caer en tierra, et dio grandes bozes (141) Desi los fijos del mercador castigäronse et fizieron mandamiento de su padre. Et fuese el mayor dellos con su mercaduria a una tierra; et traia consigo una carreta con dos bueyes, et al uno dezian Sengeba et al otro Bendeba. Et cayo (^enijeba en un silo [...] Et el mercador dexolo con uno de sus omnes, [...] Et el otro enojose de lo guardar, et dexolo; [...] Et desi salio Sengeba de aquel lugar ( 1 2 3 - 1 2 4 ) .

1.5.3.4 Was die SV-Anordnungen anbelangt, weisen 4 3 , 2 % ein Sp auf. Dadurch wird deutlich, daß eine der wichtigsten Funktionen dieser Konstruktion die betonte anaphorische Anbindung ist. Dies gilt auch für nominale Subjekte: (II.i-159) (II.i-160)

72

Et gerca de aquel plado avia un leon [...] Et este leon era muy logano [...] (124) Et pasaron por y unos mercadores, et dexaron y un camello. Et el camello entro al valle (158)

Eine genauere Untersuchung der Satzgliedanordnung in Calila e Dimna müßte allerdings zwischen narrativen und diskursiven Passagen unterscheiden, denn es ist zu erwarten, daß gerade «narrativ-kategorische» Äußerungen in den eingeschobenen Erzählungen wesentlich häufiger sind als in den übrigen, oft stark moralisierenden Passagen. 219

Eine weitere Funktion ist die Markierung eines Subjektwechsels: (II.1-161) (II.1-162)

Et el leon, quando lo oyo, asanose, et dixo a la liebre: [...] E t la liebre fuese a un pozo (147) E t ella non le dio sinon la navaja. E t el dixole: [...] (141)

Auch allgemeingültige Aussagen und Sentenzen weisen in der Regel die Subjektvoranstellung auf: (11.1-163)

Et los omnes entendidos deven perseguir las mentiras et falsedades (178)

1.5.3.5 S e h r h ä u f i g sind in d i e s e m T e x t F ä l l e m i t nominativus

pendens:

(II.1-164)

Et έΐ, yendo por el rio que se queria afogar, vieronlo unos omnes

(II.1-165)

E t el omne de noble coragon por Ventura tanto pasan contra el los malos con su enbidia, fasta que lo matan. (156) El omne sabio et de noble coragön et bueno et agudo, maguer sea de menor guisa e de baxa dignidat, la nobleza de su coragön non quiere fueras paresger et mostrarse (131)

[- · ·] (124) (II.i - 1 6 6 )

Nach Hottinger handelt es sich hier um Wiedergaben typisch arabischer Konstruktionen (1958, 1 5 1 - 1 5 6 ) . Dies scheint uns in Anbetracht der Tatsache, daß solche Strukturen auch in den Chroniken häufig sind, problematisch zu sein (vgl. die Kap. II. 1.3.1.4 und II.5). Wenngleich nicht auszuschließen ist, daß die Häufung dieser Konstruktionen in Cal in der Tat mit der arabischen Vorlage zusammenhängt, scheint die Frage erlaubt, ob es sich hier nicht auch um die Übernahme sprechsprachlicher Merkmale handeln könnte, die ja typisch sind für die sintaxis suelta der frühen Texte (vgl. Kap. II.i. 1.3).

1.5.4 Zusammenfassung Fragen wir abschließend erneut nach dem arabischen Einfluß auf Calila e Dimna und letztlich auch auf andere akast. Texte. Vor dem Hintergrund der Untersuchungen von Hottinger, Galmes de Fuentes und Bossong kann der Modellcharakter des Arabischen insgesamt zwar nicht geleugnet werden, ob er allerdings auch im Fall der Subjektnachstellung so eindeutig ist, wie es England vermutet («The most obvious explanation of the large number of postposed thematic subjects is that they reflect the predominance of the order V-S in Classical Arabic» 1979,106), erscheint uns indessen zweifelhaft 73 . Vergleicht man nämlich den jeweiligen Pro73

Auch Crabb (1955, 62) führt ja die hohe Zahl der V S - A n o r d n u n g e n in der Biblia Romanceada und im Book of Ascension auf semitischen Einfluß zurück. Innerhalb der deutschsprachigen Hispanistik ist der arabische Einfluß auf die Satzgliedanordnung besonders von Kuen (1958) hervorgehoben worden (vgl. A n m . 15 des ersten Kapitels der Einleitung). Vgl. dazu den Beitrag von MeyerHermann (1988a), der nachweist, daß sich jene akast. fueros, die aufgund ihres

220

zentsatz der Subjektnachstellung in den Chroniken und in Calila e Dimna, fällt auf, daß die Zahlen zwischen übersetzten und nicht übersetzten Texten nicht wesentlich differieren. Soll man nun daraus schließen, daß der arabische Einfluß auf die Wortstellung in Calila e Dimna völlig auszuschließen ist? Sicher nicht, zumal nach Sasse (1977, 85) die «Folge der Konstituenten ein verhältnismäßig leicht interferierbares Phänomen» ist. Folgende Vermutungen erscheinen vor dem Hintergrund des oben Gesagten und der in Kap. II. 1.1.2 skizzierten Ergebnisse von Bossong erlaubt: Auf der einen Seite sind viele VS-Strukturen (nicht nur bei den verba dicendi) in Calila e Dimna sicherlich auf das Bestreben des Übersetzers zurückzuführen, eine möglichst genaue Wiedergabe der arabischen Vorlage zu liefern. Die Übersetzung von Calila e Dimna entstand noch - geht man von dem Datum 1251 aus (vgl. Bossong 1979ε, 173 zur Entstehungszeit) - während der Regierungszeit von Fernando III., also zu einem Zeitpunkt, als der Komplexitätsgrad des Akast. noch nicht so groß war wie zur Zeit der Abfassung der Chroniken. Eine engere Anlehnung an das arabische Vorbild wäre mithin verständlich. Andererseits gilt auch für die Subjektinversion das, was in Kap. II.1.1.2 bereits für andere syntaktische Phänomene festgestellt wurde. Es handelt sich auch bei der Subjektnachstellung um eines derjenigen Phänomene, die im Spätlatein (vgl. Kap. III.i) und im Frühromanischen bereits angelegt waren und die durch das Arabische allenfalls in dem einen oder anderen Fall (speziell in der Übersetzungsliteratur) verstärkt wurden. Nach Bossong ist arabischer Einfluß nämlich nur dort möglich, «wo bereits Eigenelemente vorhanden sind, die in die gleiche Richtung weisen wie die jeweiligen arabischen Vorbilder, eine Beeinflussung «ex nihilo» in dem Sinne, daß völlig neue Elemente im Spanischen Eingang fanden, läßt sich nicht beobachten» (Bossong 1979a, 174) 74 . Diese «Eigenelemente» waren nun bei der Sub-

74

Entstehungsortes arabischen Einfluß vermuten lassen, in bezug auf die Subjektposition kaum von den in nicht-arabisierten Gegenden entstandenen fueros unterscheiden. Darüber hinaus gibt es auffallende Parallelen zwischen asp. und afr. Texten, wobei für das Afr. arabischer Einfluß mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Vgl. Bossong (1979a, 169) bezüglich einer speziellen Form des Relativsatzes: «Der scheinbar so massive arabische Einfluß erweist sich in dieser Perspektive mithin als relativ: er bewirkt nur, daß eine im Prinzip mögliche, wenn auch seltenere Konstruktion des Spanischen häufiger als üblich gebraucht wird» (1979, 169). Das gleiche konstatiert England (1976) für die Vielzahl der VSKonstruktionen mit fehlender Kongruenz zwischen Verb und pluralischem Subjekt (vgl. auch Kap. II. 1.2.1): «As there are parallels between Latin and Spanish, it seems dangerous to reject the former in favour of Arabic as the source; but it is perfectly reasonable to see in Arabic an important superstratum influence, reinforcing an indigenous speech-habit, and helping it to retain its vigour for much longer than, for example, in neighbouring French» (825). 221

jektnachstellung offensichtlich in weit größerem Maße vorhanden als bei den anderen Phänomenen, so daß das Ausmaß des arabischen Einflusses hier nur schwer abzuschätzen ist75. Letztlich deuten die nicht geringe Zahl von SV-Strukturen, die im Arabischen, so darf vermutet werden, kein Vorbild haben, sowie die Tatsache, daß die Zahl der VS-Strukturen in Sätzen mit mehreren Aktanten auch in nicht-übersetzten Texten wie den Chroniken hoch ist, darauf hin, daß die Bedeutung des arabischen Modells bei Texten wie Calila e Dimna nicht überbewertet werden darf. Man sollte vielmehr davon ausgehen, daß im 13. Jh. romanische VSStrukturen (insbesondere bei transitiven Verben) insgesamt häufiger waren, was eine verstärkende Wirkung des Arabischen selbstverständlich nicht ausschließt.

75

Legt man die von Bossong (1979a) erarbeiteten Kriterien zur Komplektisierung der akast. Syntax unter dem Einfluß des Arabischen zugrunde, würde es sich bei der Übernahme bestimmter VS-Strukturen um einen bloßen syntaktischen Arabismus handeln, d. h., um eine jener äußerlichen Nachbildungen, die nicht zur inneren Komplexität der im Spanischen mit Geläufigkeit bildbaren Sätze beitragen (1979a, 165).

222

2 SV und Y S in den Chroniken des 14. Jahrhunderts

2.1 Einleitung und quantitative Erfassung der Daten Im 14. Jh. ist die Entwicklung im Bereich der Satzgliedanordnung im Vergleich zu den alfonsinischen Texten durch eine Zunahme von SV-Konstruktionen gekennzeichnet, allerdings sind diese Veränderungen, die zunächst vermutlich auf stilistischen Präferenzen einzelner Autoren beruhten, gradueller Natur. So ist der späteste der von uns untersuchten Texte, die Cronica del Rey Don Pedro in bezug auf die Subjektstellung den alfonsinischen Chroniken näher als die Cronica de 1344, die in bezug auf die Seltenheit «narrativer» Konstruktionen auf das 15. Jh. vorausweist1. Ziel der folgenden Kapitel ist es, die Bereiche aufzuzeigen, in denen diese Veränderungen am deutlichsten zu beobachten sind. Wir behalten dabei das für das 13. Jh. gewählte Einteilungsschema in thetische und kategorische Äußerungen bei und verweisen bezüglich der funktionalen Beschreibung der beiden Äußerungsstypen auf die entsprechenden Kapitel zum Nsp. Die Auswertung von je 500 HS mit explizitem Subjekt ergibt für die untersuchten Chroniken folgende Häufigkeitsverteilung der SV- und VSAnordnungen: (a) Die Zahlen beziehen sich auf nominale, pronominale und satzwertige Subjekte: S-V V-S San (502) 60,8% (305) 39,2% (197) 1344(500) 62,8% (314) 37,2% (186) A X I (500) 58,6% (293) 41,4% (207) CDP (500) 51,2% (256) 48,8% (244) (b) Die Zahlen beziehen sich nur auf Sn-V San (450) 59,6% (268) 1344(275) 55,5% (153) A X I (411) 58,4% (240) CDP (430) 47,7% (205) 1

die nominalen Subjekte: V-Sn 40,4% (182) 44,5% (122) 41,6% (171) 52,3% (225)

Hier muß berücksichtigt werden, daß dieser kastilische Text auf einer portugiesischen Vorlage beruht, vgl. Catalan (1962).

223

(c) Die Zahlen beziehen sich nur auf pronominale Subjekte im HS (d.h., auf die Personalpronomina in Subjektfunktion): San

(35) 1344 (138) AXI (60) C D P (17)

Sp-V 82,9% (29) 7 5 , 4 % (104) 65% (39) 82,4% (14)

V-Sp 17,1 % 24,6%

(6) (34)

35% 17,6%

(21) (3)

Diese Zahlen belegen die deutliche Zunahme der Konstruktion mit Subjektvoranstellung sowohl bei nominalen Subjekten als auch - und hier ist der Unterschied zu den Chroniken des 13. Jhs. besonders kraß - bei Subjektpronomina.

2.2 T h e t i s c h e K o n s t r u k t i o n e n im 14. Jahrhundert Wie im 13. Jh. werden auch im 14. Jh. sowohl daseinssetzende als auch ereignisbezogene thetische Äußerungen mit einem Aktanten ausschließlich mit Hilfe der Subjektnachstellung ausgedrückt; enthält der Satz zwei und mehr Aktanten, tritt gelegentlich die SV-Anordnung an die Stelle der VS-Struktur. Diese Fälle sind jedoch Ausnahmen und müssen gesondert untersucht werden. Ihrem pragmatischen Status entsprechend weisen die meisten thetischen Äußerungen ein satzinitiales (Temporal-/Lokal-)Adverb auf 2 .

2.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten Der Unterschied Thetisch/Kategorisch wird im Bereich der Sätze mit einem Aktanten konsequent gemacht, und dies sowohl bei den sogenannten «Existentialaussagen» als auch den «faktumsetzenden» Äußerungen mit Intransitivverben, die nicht das Merkmal [+existentiell] aufweisen. In der Regel sind die Subjektdenotate dieser Äußerungen im Diskurs [+neu], wie im 13. Jh. können sie jedoch durchaus auch aus dem zumeist weiteren Kontext bekannt sein und jetzt durch eine präsentierende VSKonstruktion oder eine ereignisbezogene Äußerung sozusagen neu ins Gespräch gebracht werden. Auf die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des pragmatischen Status dieser Äußerungen mit aus dem Kontext bekanntem Subjektdenotat sowie der durch Adverbial eingeleiteten Strukturen wurde in Kap. II.i ausführlich hingewiesen.

2

In CDP wird dem Leser ferner durch zahlreiche «Orientierungshilfen» klargemacht, daß ein Faktum folgt: z.B. 17a: segunnd dicho auemos; 18b: Ε deuedes saber que.. .segunnd dicho auemos; 22a: Ε assi fue que. 224

2.2.1.1 «Existentialaussagen» (II.2-1) (II.2-2)

(II-2-3)

(II.2-4)

(II-2-5) (II.2-6) (II.2-7) (II.2-8)

Ε desi Tarife alongose vn poco de alii donde fuera la lid; pero era ya el sol puesto (1344,128,31) Ε el dia que estos mandaderos llegaron al rey Aben Yufaz ä Xerez, llego la flota deste rey don Sancho ά Santa Maria del Puerto (San, 71a) Ε estando el Rey en esta cerca, era estonce el Conde en Burgos3, e andaba con el un judio que llamaban Simuel de Bilforado; e era y otro judio del Rey que decian don Abraham, e estos judios amos contendian sobre unas cartas (San, 76b) Ε sobre la particion de los dineros, que se non avenian por la mengua que avia, comengose vna pelea entre los fijos dalgo (AXI, 301) Y entraron con el estonges los maestres de las ordenes de Santiago e Calatraua e Alcantara (AXI, 302) Ε en estos fechos tales por poca vengansa recregen despues muchos males e dannos que serian meior de escusar, ca mucho mal e mucha guerra nasgio en Castilla por esta razon (CDP, 22b, 50) Ε luego a pocos dias trataron treguas e geso la guerra despues aca con los moros (CDP, 19a, 18) [DJespues que el rey tomo la villa de Aguilar, segunnd dicho auemos, fuesse para la gibdat de Cordoua. Ε alii nasgio estonge donna Beatriz su fija, la qual ouo en donna Maria de Padilla. Ε diole el rey a donna Beatriz su fija los castillos de Montaluan e Capilla (CDP, 38a, 16) (Der zweite Satz ist ein Beispiel für eine dezentriert-kategorische Äußerung, denn die zugrundeliegende Frage ist hier: «Und was tat der König dann?»)

Die folgenden Sätze dokumentieren einen typischen Bereich thetischer Aussagen: die Bezeichnung der Konsequenz aus einer bestimmten Tatsache: (II.2-9) (II.2-10)

Ε por esto cresgio muy gran desavenengia entre los moros e los de Promision. (1344,176, 2) Por esta rrazon se movio vna lid entre ellos muy grande, e fue llamada la lid de los onrrados, [...]. Ε despues que lo ovo muerto, llegaronle nuevas de vna gente (1344, 173, 13)

Daß intransitive Verben keineswegs nur in thetischen Konstruktionen auftreten, illustriert das folgende Beispiel: (II.2-11)

Ε moriole la muger con que era casado, e casaronlo con vna fija de vn rrei. Ε despues murio su suegro, padre de su muger, e finco el por rrei. Ε desi murio Moabia, e fincaron dellos dos fijos pequenos. Ε Moabia morio de engima de vn cavallo. (1344,180, 12)

In dem letzten Satz dieses Beispiels geht es nicht um die Tatsache des Todes als solchen, sondern um eine genauere Beschreibung der Todesumstände von Moabia, die in diesem Satz ganz eindeutig Thema ist. E s han3

Hier handelt es sich eher um eine jener (kategorischen) VSA-Anordnungen, in denen das satzfinale Adverb nicht valenzfrei ist.

225

delt sich um die ausdrückliche Konversion des Thetischen ins Kategorische; während V S global das Faktum setzt, analysiert S V dieses Faktum in Gegenstand und Geschehen 4 . 2.2.1.2 Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransitivverben (II.2-12) (II.2-13)

(II.2-14)

e por las pazes estar mas firmes, fue Diego Garcia de Toledo, mayordomo que era del ynfante don Pedro, al rrey de Granada ( A X I , 304) Ε quando fue otro dia, domingo por la manana, comemjarcm la batalla e lidiaron tanto fasta que escures^io. Ε desta guisa fizieron cada dia fasta otro domingo. Nunca quedo la pelea e de se matar. Ε quando fue domingo a ora de medio dia quisolo Dios ansi fazer, e vengieron los moros, e non avia ya onbre nin muger que los ayudase si non ellos mesmos. (1344,132, 2 7 - 1 3 3 ) 5 Ε don Alfonso e don Pero Ροηςβ vinieronse para Leon para fazer mal y dano en los lugares que el ynfante don Felipe ay avia; e adolesgio don Pero Ponge e murio, e con esto se partio la guerra entre ellos. ( A X I , 293)®

Das folgende Beispiel enthält eine Reihung von faktumsetzenden (präsentativen und ereignisbezogenen) Äußerungen: (II.2-15)

Otrossi en su tienpo deste rey don Alfonso paso el infante Picago, fijo del rey Abulhagen, que llamauan Abomelich con ocho mill caualleros de moros. Ε peleo con ellos don Gongalo Martinez de Ouiedo, maestre de Alcantara, [...], e vengieron los cristianos, e morio y el infante moro e mucha gente de la suya. Ε fue esta pelea del dicho maestre don Gongalo Martinez con el infante Picago, fijo del rey Abulhagen [...] veynte dias de otubre [...]. (Der letzte Satz dient eher der Rhematisierung des finalen Adverbials, vgl. oben Anm. 3.) Die Reihe von VS-Konstruktionen setzt sich in diesem Kapitel noch fort.) (CDP, 13a, b) 7

Der nächste Passus besteht aus zwei Äußerungen mit bekanntem Subjektdenotat, wobei diejenige mit belebtem Subjekt aktantenzentriert mit der SV-Anordnung und diejenige mit unbelebtem Subjektdenotat ereignisbezogen-thetisch mit der VS-Anordnung kodiert wird. 4

5

6

7

Ein ähnliches Beispiel zitiert Meyer-Hermann (1991, 95) aus der PCG und schließt daraus, daß es im Asp. (im Gegensatz zum Nsp.!) «keine Korrelation zwischen semantisch determinierten Verb-Klassen und Subjektpositionen» gibt. Vgl. auch Kap. III.4.3.1.2. Bei den Ausdrücken Ε quiso Dios que..., e quisolo Dios handelt es sich offensichtlich um feststehende Ausdrücke, die nur in der VS-Anordnung vorkommen: . Während der erste unterstrichene Satz auch als dezentriert-kategorische Konstruktion interpretiert werden könnte, handelt es sich bei dem zweiten um eine thetische 5e-Konstruktion. Die ganze erste Seite von CDP ist ein Beispiel für die Reihung ereignisbezogener thetischer Konstruktionen.

226

(II.2-16)

Ε sobre estas cosas o u o alii muchas contiendas e porfias entre los sennores que eran estonge en Seuilla. Pero el rey guaresgio e gesaron estas quistiones (CDP, 20a, 17)

2.2.1.3 Passivkonstruktionen Uneingeschränkt möglich sind auch im 14. Jh. VS-Strukturen mit passivischem se, wenn sie faktumbezogen sind. (II.2-17)

(II.2-18)

[Q]uando donna L e o n o r de Guzman entro en la villa de Medina por poner recabdo en ella, segunnd auemos contado, fizosse vn ruydo muy grande entre los sennores (CDP, 16a, 56) Ε en otro tienpo del rey don Rodrigo sin Ventura que fue postrimero rey de los godos e se perdio Espanna de mar α mar (CDP, 29a, 28)

Für die VS-Konstruktionen im Bereich der passivischen Konstruktion mit ser gilt das in Kap. II. 1.2.1.4 Gesagte. Hier überwiegt die VS-Anordnung, wenn es primär um das Faktum geht, Konstruktionen dieser Art können aber auch in narrativen Passagen auftreten oder der Hervorhebung der satzfinalen Konstituente dienen. (II.2-19) (II.2-20) (II.2-21)

Ε fue perdida Gibraltar anno del Sennor de mill e trezientos e treynta e tres (CDP, 14b, 5) Ε fue presa eston^es en Burgos donna Leonor de Cornago (CDP, 25a, 10) Ε fue fecho por el rey don A l f o n s o muy grannd llanto de todos los suyos, e ouieron muy grannd sentimiento de la su muerte, e era razon, ca fuera en su tienpo muy honrrada la corona de Castilla por el (CDP, 14b, 32)

Ist mit dem Satz eine Prädikation über das jeweilige Subjektdenotat intendiert, steht die SV-Anordnung: (II.2-22)

L a qual donna Bianca fue despues trayda por mandado del rey don Pedro a Seuilla (CDP, 20b, 16) 8

2.2.2 Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten Für ereignisbezogene thetische Aussagen mit zwei Aktanten gilt dasselbe, was bereits für Aussagen mit einem Aktanten gesagt wurde: die VS-Anordnung dominiert, wobei sich aufgrund der besonderen Textkonstitution chronistischer Texte (eine Vielzahl von Diskursthemen können nach recht unregelmäßigen Abständen wieder in den Erzählstrang aufgenom-

8

Trotz der V S - A n o r d n u n g enthält der folgende Satz ein deutliches Rhema, nämlich das durch tan verstärkte Adverbial: Ε muy rrezia mente firieron en ellos, que α los primeros golpes fueron muchos de los moros derribados por las ancas de los cauallos, e ansi fue la batalla primera ferida tan dura mente, que los moros non lo pudieron sufrir ( A X I , 297).

227

men werden) erneut das Problem der Abgrenzung ereignisbezogener thetischer und «narrativ»-kategorischer Äußerungen stellt. 2.2.2.1 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiencers/ Empfängers Vom informativ-pragmatischen Status her eindeutig sind diejenigen Sätze mit Erstaktant und (meist pronominalem) Zweitaktant in der Rolle des Exp/Empf vom Typ: (II.2-23) (II.2-24)

e cuando estaba para mover su hueste, afincöle la dolencia (San, 84a) Ε despues los christianos comengaron a guerrear, venianles ayudas de muchas partes a la guerra. (CDP, 27a, 22)

Diese Äußerungen weisen in allen Chroniken des 14. Jhs. konsequent die V-Op-S/V-On-S-Anordnung auf, die jeweiligen Subjektdenotate haben in der Regel die Merkmale [+neu] (und meist auch [-def]). Die folgenden Beispiele illustrieren, daß auch präsentierende Verben gelegentlich mit zwei Aktanten auftreten können: (II.2-25) (II.2-26)

Ε fincaronle a esta donna Maria vn fijo del conde de Estanpas e otros fijos del conde de ΑΙαηςόη (CDP, 26a, 38). Ε ha tenjera noche aparesgio al Papa dos omes, e el vno dellos era caluo. Ε el Papa preguntoles quien eran ο a quien vinieron. Ε ellos dixeron que eran San Pedro e San Pablo [...], e dixeronle que a Dios plazia que fuese rrei vn ome bueno que auia nonbre Banba, [...]. Ε quando fue la manana, olvidosele al Papa aquel nonbre del rrei Banba. (1344, 87, 9). (Man beachte die fehlende Kongruenz zwischen Verb und nachgestelltem Plural-Subjekt im ersten Satz.)

2.2.2.2 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens Schwieriger ist wiederum die Bestimmung der VS-Strukturen mit E A und Zweitaktant in der Rolle des Patiens. Dies gilt insbesondere für die sehr häufigen Fälle, in denen das Subjektdenotat zwar (aus dem weiteren) Kontext bekannt ist, längere Zeit jedoch nicht mehr genannt wurde. Eindeutig thetisch sind nur die folgenden Sätze, in denen das Subjekt das Merkmal [+neu] hat (vgl. Kap. II.1.2.2.2). Die Beispiele für solche Konstruktionen sind aber insgesamt in diesen Chroniken verhältnismäßig selten. (II.2-27)

Ε dende vinieronse para Valladolid al rrey. Ε este dia que ay llegaron era el plazo cunplido de vn rriepto que avian a lidiar dos cavalleros; e metiolos el rrey en el canpo de la verdad, e lidiaron, e mato el rieptador al riptado. (AXI, 301)

Dieses Beispiel enthält sowohl eine «narrativ»-kategorische Aussage mit dem bekannten Subjekt el rey als auch eine thetische Äußerung (e 228

mato...), die hier ganz deutlich auf die Frage «Und was geschah dann, als der König die beiden Ritter zum Kampf aufstellte?» antwortet. Präsentativen Charakter haben die folgenden Äußerungen: (II.2-28)

(II.2-29)

Ε luego fuese para Toledo, e fizose coronar ä el e a la reina dona Maria, su mujer; e coronäronlo cuatro obispos; el uno fue don Fray Fernando [...] (San, 69b) Ε tenia el alcagar de la dicha villa Gutier Ferrandez de Toledo e mando el rey a Gutier Ferrandez que [...] (CDP, 22b, 36)'

Was die VS-Konstruktionen mit aus dem Kontext bekanntem Subjektdenotat anbelangt, so kann wiederum nur der Kontext darüber entscheiden, ob eine faktumbezogene oder eine dezentriert-kategorische Äußerung vorliegt. Sind Sätze wie: (II.2-30)

Ε despues de la muerte deste Vrgeos, algaron los godos por rrei en Espana Agica [...] Ε despues de la muerte de Batizanus, αίςαron los godos por rrei en Espana α Costa (1344, 90, 5; passim)

oder (II.2-31)

[Es geht um die Steuern, die Rom alle fünf Jahre in den eroberten Gebieten erhebt.] Otrossi en otros finco annos siguentes pagauan todos los tributes α Roma tributo de alanbre [...] (CDP, 22a, 7)

eher aktanten- oder faktumbezogen? In beiden Fällen handelt es sich u.E. um thetische Äußerungen. In Satz (II.2-30) geht es in diesen mehrfach mit einem anderen Objekt wiederholten Sätzen nicht um eine Aussage über die Goten, sondern um die Tatsache, daß sie erneut einen anderen König gewählt haben. Es handelt sich also um ein Geschehen, in das zwar eine aus dem Kontext bekannte Größe involviert ist, das aber als solches global gesetzt werden soll. In der der CDP entnommenen Äußerung ist das Subjektdenotat so unbestimmt, daß es auch hier eher um die Tatsache des Tributzahlens als um eine Aussage über todos geht. In anderen Fällen ist die Bestimmung des pragmatischen Status weniger klar, denn die jeweiligen Äußerungen können rein kontextuell sowohl auf die Frage «Was tat X dann?» als auch «Was geschah dann?» antworten. (II.2-32)

9

[1309 wird der einjährige Alfons XI. zum König ernannt. Die eigentliche Handlung setzt mit dem folgenden Satz sehr abrupt ein. Das Subjektdenotat Don Pedro ist nicht unmittelbar vorerwähnt, wohl aber durch den weiteren Kontext bekannt.] Ε desque llegaron a Cordoua e lo enterraron, dexo ay el ynfante don Pedro a dona Costanga la rreyna (AXI, 275)

Auch in der folgenden Äußerung sind die Subjektdenotate el rey Aben Yuzaf und el rey de Granada zwar [+neu], sie sind aber durch den Relativsatz spezifiziert, so daß es sich hier vermutlich eher um eine subjektfokussierende Struktur handelt: e έΐ övose de tornar para Sevilla; έ desque el rey don Sancho fue en Sevilla, enviöle cometer su pleito el rey Aben Yuzaf que se queria avenir con el, e otrosi le enviö cometer su pleito el rey de Granada, que se querie avenir con έΐ. (San, 72a)

229

(II.2-33)

Ε segunnd que auemos dicho, auia el rey enbiado a Lope Diaz de Rojas, sennor de Poza, a Vizcaya por su prestamero mayor (CDP, 25b, 36)

Zum Abschluß sei noch eine Passage aus der CDP zitiert, die illustriert, daß dem Chronisten auch Ende des 14. Jhs. neben aktantenbezogenen SV-Anordnungen zur Wiedergabe historischer Ereignisse auch VS-Konstruktionen mit unterschiedlichem informationellen Wert zur Verfügung standen, die entweder das Faktum oder die Handlung als solche betonen konnten, beide Male aber kein Subjekt in satzinitialer, also zentrierter Position haben. (II.2-34)

[Es geht um die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Katalanen und Genuesern auf Sardinien im Jahr 1352.] Ε tertian los catalanes gercado el castillo de Alguer e los venegianos ayudauan α los catalanes e los genoueses a los de £erdenna. Ε el juzge de Arbolea que era sennor de Qerdenna ayudaua α los genoueses. Ε estauan en Qerdenna sobre el dicho castillo de Alguer venegianos e catalanes setenta galeas (präsentativ). Ε era almirante de los catalanes don Bernal visconde de Cabrera (präsentativ). Ε los genoueses llegaron con ginquenta galeas e era almirante dellas miger Antonio de Grimaldo e fue la pelea estando el fecho de la batalla commo al medio dia enpeso ouo viento en la mar e eran y dos naos de Castilla. Ε la vna era de Castro de Vrdiales que dezian la Rosa de Castro e era de dozientos toneles e venian al sueldo de los cathalanes. Ε desque ouo viento llego vna nao destas α la batalla e pasaua por ^ima las galeas de genoueses e a la galea que fallaua anegauala e fueron assi desbaratados los genoueses. Ε escaparon diez e nueue galeas de las suyas e perdieron treynta e vna. (CDP, 35b, 9)

2.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung In den Chroniken des 14. Jhs. finden sich nun erste Anhaltspunkte dafür, daß für die Bezeichnung thetischer Sachverhalte mehr und mehr auch Konstruktionen mit (A)SV-Anordnung gebraucht werden können. Dies gilt in erster Linie für ereignisbezogene thetische Äußerungen mit zwei Aktanten, aber auch Sätze mit einem Aktanten sind betroffen. Besonders häufig sind diese Konstruktionen an Kapitelanfängen; hier kann ein kontextuell neues Subjekt auch durch eine SV-Anordnung eingeführt werden. Ist das Subjekt durch einen beigefügten restriktiven Relativsatz oder eine Apposition näher identifiziert, ist es allerdings fraglich, ob Sätze mit derart spezifizierten Subjekten nicht eher kategorisch sind, wenngleich sie im Prinzip eine Antwort auf die Frage «Und was geschah dann?» geben 10 . Insgesamt gesehen ist die Zahl der eindeutig thetischen Aussa10

SV-Konstruktionen mit thetischem Inhalt sind natürlich auch in den alfonsinischen Chroniken belegt, allerdings relativ selten (vgl. Kap. II. 1.2.3 und II.1.3.1.2). Im 13. Jh. waren auch an Kapitelanfängen VS-Konstruktionen ganz geläufig.

230

gen mit einer SV-Struktur jedoch noch relativ klein, zu klein jedenfalls, um bereits fundierte Aussagen über einen sich abzeichnenden Sprachwandel im Bereich der Subjektanordnung zu machen. (II.2-35)

Ε estando don Juan Nunez una noche jugando ä los dados con un judio, un caballero que decian Nuno Gonzalez Churruchano vino ά el e dijole en poridad: [...] (San, 84b)

Die folgenden Beispiele sind hinsichtlich ihres pragmatischen Status nicht eindeutig: (II.2-36) (II.2-37)

[D]on Fadrique, maestre de Santiago e hermano del rey don Pedro [...] llego a la villa de Cuellar (CDP, 46b, 29 - Kapitelbeginn) Ε estando el rey don Sancho en Sevilla, llegole mandado de commo era muerto el rey de Francia, e que muriera en aquella cerca de Girona sobre que estaba, e luego don Felipe, su fijo primero heredero, con los franceses tomaron el cuerpo, e leväronlo para Francia, e enterräronlo (San, 72a)

Die Frage, die nach dem mit luego eingeleiteten HS in ( I I . 2 - 3 7 ) gestellt werden muß, ist eigentlich: «Und was geschah dann?», denn es geht in dieser Äußerung mit relativ hoher «Transitivität» nur sekundär um Felipe, der allerdings aufgrund der aktantenzentrierten SV-Struktur in das M T Z der Äußerung rückt. (II.2-38)

[Die Rede ist von den Vorbereitungen, die in Burgos für den Tod von Gar^i Laso getroffen werden und von Streitigkeiten zwischen dem König und Don Johan Alfonso. Danach wird unvermittelt die Rede auf die Mutter des Königs gebracht, die bislang nicht erwähnt wurde.] Ε esse dia luego sabado en la noche, despues que el rey era ya en la $ibdat de Burgos, la reyna donna Maria, madre del rey, enbio vn escudero a Garfi Laso que le dixiesse que ella le enbiaua dezir que por ninguna manera del mundo otro dia domingo non viniesse a palagio. Ε Gargi Laso non lo quiso creer (CDP, 24a, 28)

Hier geht es in erster Linie um das Faktum, daß die Königin einen Boten zu Gargi Laso schickt, und nicht um eine Aussage über die Königin selbst. Die N P la reina wird im folgenden Kontext dann durch eine dezentriertkategorische Konstruktion wiederaufgenommen: (II.2-39)

Ε desque fueron entrados do el rey estaua, fuesse la reyna para otra camera e fue con ella don Vasco, obispo de Palenijia (248,39)

Interessant sind auch die folgenden Passagen: (II.2-40)

Ε despues en esa semana, comio el rey con don Iohan Alfonso en su posada e estando comiendo, pasaron por delante de la dicha posada do el rey comia a Sannd Esteuan los tres omnes vezinos de Burgos que fueron presos el dia que el rey mando prender a Gar^i Laso e leuaronlos a matar. Ε fuxeron otros muchos de la 231

9ibdat por miedo del rey. Ε fue presa estonges en Burgos donna Leonor de Cornago, muger de Garcji Laso. Ε los criados de Gargi Laso tomaron su fijo que dizian Gargi Laso, el mayor fijo que el aula, e leuarotilo e fueronsse con el para Asturias do estaua el conde don Enrrique. Ε dio el rey enton^e el adelantamiento de Castilla, que tenia Gar9i Laso, a don Iohan Garcia Manrrique. (CDP, 25a, 3)

Hier wird eine Reihe chronologisch aufeinanderfolgender Ereignisse mit Hilfe von ereignisbezogen-thetischen und dezentriert-kategorischen Aussagen beschrieben, die alle auf die Frage antworten «Und was geschah dann?» bzw. «Was tat X dann?» und die VS-Anordnung aufweisen (es handelt sich immer um einwertige Verben!). Auf die erste Frage antwortet in diesem Kontext auch der kursiv gesetzte Satz. Wie kann hier jedoch die SV-Anordnung erklärt werden? Unseres Erachtens spielen zwei Faktoren eine Rolle: Zunächst handelt es sich bei diesem Satz um eine Aussage mit zwei Aktanten und einem relativ hohen Grad an «Transitivität», was die SV-Anordnung sicher begünstigt; darüber hinaus werden aber im folgenden dem Subjekt verschiedene weitere Handlungen zugeschrieben, wodurch der thetische Charakter des ersten Teilsatzes aufgehoben wird. Bei dem letzten Satz handelt es sich wiederum um eine dezentriert-kategorische Konstruktion, d. h., trotz des bekannten Subjekts geht es primär um die Handlung und nicht um den diese Handlung Ausführenden. (II.2-41)

Ε Tarifee e su gente entraron por Espana e comen^aron de fazer quanto querian sin nengun enbargo. Ε quando llegaron al termino de Astorga, piega de buena gente que alii fincara salieron a ellos e lidiaron e pelearon con ellos e mataron e llagaron muchos de los moros, pero a la ςima fueron vengidos dellos e muertos e dellos presos. Ε fizo fazer eston^e Tarifee abrir vna fuente a par del rrio de Astorga (1344,134,14)

Interessant ist hier v.a. der kursiv gesetzte Satz, der aufgrund seiner Struktur einleitendes Adverbial, kontextuell neues Subjektdenotat, intransitives Verb der «Erscheinung)» eigentlich ein Prototyp einer thetischen Konstruktion ist. Und doch liegt eine SV-Anordnung vor, und dies u.E. aus ähnlichen Gründen wie für (II.2-40): Im Verlauf des Satzes werden über das neue Subjektdenotat weitere Aussagen gemacht (z.T. mit Hilfe von transitiven Verben), und offensichtlich begünstigt diese Prädikatenreihung die Kodierung der thetischen Basisaussage mit SV. Die Beispiele dieses Abschnittes zeigen, daß im Bereich des Thetischen offenbar erste Veränderungen eintreten, und zwar v. a. dann, wenn es sich um Äußerungen mit hoher «Transitivität» handelt. Im 13. Jh. tendierten solche Äußerungen zur VS-Anordnung (vgl. Kap. II.1.2.2.2).

232

2.3

Nicht-thetische Konstruktionen im 14. Jahrhundert

2.3.1 E r s t a k t a n t u n d V e r b ( u n d Z w e i t a k t a n t ) W i e i m 13. Jh. h a b e n z w e i g l i e d r i g e , k a t e g o r i s c h e A u s s a g e n m i t S V - A n o r d n u n g v. a. d i e F u n k t i o n , e i n e a u s d e m K o n t e x t b e r e i t s b e k a n n t e P e r s o n in B e z u g z u e i n e r H a n d l u n g z u s e t z e n , d i e T e i l d e r G e s a m t h a n d l u n g ist. I n d e n c h r o n i s t i s c h e n T e x t e n d e s 14. Jhs. w e r d e n h i s t o r i s c h e E r e i g n i s s e und Handlungen z u n e h m e n d solchermaßen «aktantenzentriert» berichtet, d.h., durch die satzinitiale Stellung wird die F u n k t i o n d e s j e w e i l i g e n g r a m m a t i s c h e n Subjekts, A u s g a n g s p u n k t einer H a n d l u n g zu sein, entsprechend unterstrichen. D i e A n e i n a n d e r r e i h u n g mehrerer ren ergibt so ein Tableau zeitlich aufeinanderfolgender

SV-Struktu-

Aktionen/Vor-

g ä n g e , w o b e i j e d e r d i e s e r S ä t z e in d e r R e g e l e i n a n d e r e s S u b j e k t a u f w e i s t . Im Gegensatz zu den alfonsinischen Texten werden solche S V - A n o r d n u n g e n i m 14. Jh. a u c h h ä u f i g d u r c h e i n s a t z i n i t i a l e s , r a h m e n b i l d e n d e s verbial

eingeleitet.

Dezentriert-kategorische

Äußerungen

(vgl.

Ad-

unten

K a p . II.2.3.3) b e s c h r ä n k e n s i c h i m G e g e n s a t z z u m 13. Jh. z u n e h m e n d a u f die R e i h u n g v o n Ä u ß e r u n g e n mit gleichem Subjekt. (II.2-42)

(II.2-43)

Ε el Rey enviöle su mandado en que le envio rogar que se viniese ä el ä la villa de Toro, e otrosi envio al infante don Juan que se viniese para el ä Toro, ca avia enviado por todos los ricos omes e prelados, e que alli avria su consejo con ellos; e ellos vinieron y luigo todos, e desque fueron todos ayuntados con el, fablo con ellos, e dijoles de c o m m o metieran ä el dos pleitesias, una por el rey de Francia, e otra por don Alfonso, rey de A r a g o n ; que le consejasen cuäles destas dos pleitesias tomaria. Ε el Conde e el infante don Juan consejäbanle que se aviniese con el rey de A r a gon, e la Reina e el arzobispo de Toledo e todos los otros ricos omes que eran y con έΐ consejäbanle que se aviniese con el rey de Francia. Ε estando el pleito en este acuerdo, los privados del Rey, que eran amigos del Conde, consejaban al Rey que siguiese lo que el C o n d e queria, e los privados que eran contra ellos dicien al Rey que mejor consejo era el que daba la Reina e el arzobispo de Toledo e los prelados e los otros ricos omes de la tierra. Ε el Rey, parando mientes ά amos los consejos, entendiö que era mäs sano el que daba la Reina que el que daba el Conde. [..] Ε luego el Rey tomö ά don Juan Nunez, hermano de don Alvaro, e diole la tierra e la cuantia que don Älvaro, su hermano, tenia; [...] Ε el Conde e el infante don Juan salieron de Toro despagados del Rey, e fueronse para Valencia, e el Rey, cuando esto viö, punö en pasar contra ellos en una manera lo mäs guardado que pudo, porque non entendiesen que queria ser contra ellos; e ellos enviaron luego ά mover pleito ά dona Margarita, madre de don Sancho, mujer que fue del infante don Pedro; [...] (San, 77a-b) Ε en esto llego mandado al ynfante don Pedro como don Joan hijo del ynfante don Manuel partio de Pena Fiel y se yva para el ynfante don Joan a Carrion, para le ayudar contra este ynfante don Pedro; e desque esto supo el ynfante don Pedro partio de Palengia de noche y fue a tenerle el Camino. Ε don Joan hijo del

233

ynfante don Manuel engerrose en Val de Canas, en vna casa fuerte que era de don Guillen de Rroca; e el ynfante don Pedro vino ay a la casa y estuvo ay todo el dia teniendo lo gercado; e don Joan no lo hallo por su pro e no quiso salir dende; e el ynfante don Pedro estuvo ay hasta la ora de bisperas, e desi partio dende e dexolo alii e no quiso mas porfiar, e tornose para Palengia. Ε don Joan partio de Val de Canas e tornose para Pena Fiel, en guisa que non pudo yr para Carrion a se ayuntar con los otros, por miedo del ynfante don Pedro que estaua en Palenfia. Ε el ynfante don Joan e don Joan Nunez asonaronse con quanta gente pudieron ayuntar para venir lidiar con el ynfante don Pedro. Ε otrosi el ynfante don Pedro, desque lo supo, ayunto quanta gente pudo para yr a pelear con ellos; [...] ( A X I , 285-286) W i e i m 13. J h . w i r d d i e S V ( 0 ) - A n o r d n u n g i n s b e s o n d e r e d a n n v e r w e n d e t , w e n n die «thematische Progression» besonders deutlich gemacht w e r d e n soll, d.h., w e n n

eine

durch

eine präsentierende

Struktur

eingeführte

G r ö ß e i m f o l g e n d e n Satz als S a t z t h e m a w i e d e r a u f g e n o m m e n w e r d e n soll. (II.2-44)

(II.2-45)

Ε los que querian tener la parte de Iohan Nunnez tratauan eston^e que casasse el dicho don Iohan Nunnez con la reyna donna Maria, muger que fue del rey don A l f o n s o [ . . . ] £ esta reyna donna Maria era nieta del rey don Sancho de Castilla (CDP, 20a, 9) Ε puso el rey por alcayde de la dicha gibdat al £id Rodrigo Diaz. Ε este fue el primero alcayde que alli fue e o u o e el £id dexo por si vn cauallero suyo muy bueno (CDP, 28b, 18)

F ü r d a s 13. J h . w u r d e b e r e i t s f e s t g e s t e l l t , d a ß z u d i e s e m a u c h s c h w a c h « t r a n s i t i v e » S ä t z e m i t saber

u n d aver

Äußerungstyp

gehören. Hier wird

zwar nichts über das jeweilige Subjektdenotat ausgesagt, sondern

eher

e i n F a k t u m k o n s t a t i e r t , w o b e i d a s S u b j e k t l e d i g l i c h d e r E x p ist. S ä t z e m i t d i e s e n V e r b e n i m indefinido

k ö n n e n als A n t w o r t auf d i e Frage « U n d w a s

geschah dann?» fungieren und sind dann thetisch. (II.2-46) (II.2-47)

(II.2-48)

Despues que todo esto asi paso, vuo Muga todo el rrobo y fizolo guardar muy bien en Toledo. (1344,145, 1). Ε quando este rreino, ovieron los de Alemafia e los de Promision e los de Egito guerra de suyo; e quiso Dios ansi fazello que Verlierern los de A l e m a n a . (1344,178, 5) Ε sopolo donna Leonor e tomo mayor miedo por ende. (CDP, 16a, 38)

Im kategorischen Bereich treten die gleichen Schwankungen

zwischen

S V - u n d V S - K o n s t r u k t i o n e n w i e i m 13. J h . a u f .

2.3.2 N i c h t - k o n f o r m e T h e m a t i s i e r u n g e n u n d F o k u s s i e r u n g e n Ä u ß e r u n g e n mit thematisiertem Objekt oder Adverbial weisen die Subj e k t n a c h s t e l l u n g a u f ( v g l . a u c h K a p . II.4 u n d II.5). (II.2-49)

234

Ε el adelantamiento de Castilla tenielo Ferrannd Perez Puerto Carrero (CDP, 17a, 21)

(II.2-50)

(II.2-51) (II.2-52)

[...] fablo donna Leonor de Guzman con el conde, su fijo, que fiziesse bodas con la dicha donna Iohana. Ε assi lo fizo el conde (CDP, 19a, 48) Ε esto le dijo el rey de Portogal con consejo de don Fernand Perez Ponce (San, 76b) e estos judios amos contendian sobre unas cartas que demandaban del Rey, el uno por el Rey e el otro por el Conde, e por esta contienda fueron los judios amos ante el obispo de Astorga (San,76b)

Emphatisierend ist die folgende Äußerung mit satzinitialem (rhematischen) Komplement oder Adverbial: (II.2-53) (II.2-54)

Muy grande fue el miedo quel rrey de Granada con sus moros ovieron del ynfante don Pedro (AXI, 304) Ε nunca mas vio el maestre a donna Leonor, su madre, despues de aquel dia nin ella a el (CDP, 22b, 3 1 )

Subjektfokussierung mit dem Ziel der Kontrastierung liegt bei folgenden VS-Konstruktionen vor: (II.2-55)

(II.2-56)

Ε luego el ynfante don [Pedro] partio dende e fuese para tierra de Atienija, e dende para Huete; e fue con el don Tello e sus vasallos e non otro ninguno. (AXI, 293) Quando [...] estonge sere yo vuestro rrei. (1344, 88, 37)

Ein Fall von Rechtsherausstellung ist der folgende Satz: (II.2-57)

e pararon sus azes, asi los moros commo los christianos (1344,127, 3)

Subjektisolierung nach links (zu diesen Strukturen vgl. auch Kap. II.5) liegt vor in: (II.2-58)

Ε el rey don Sancho e el rey de Portogal, estando sobre la cerca de Roches, fablo el rey de Portogal con el rey don Sancho (San,76b)

2.3.3 Dezentriert-kategorische Äußerungen Interessanter als die kategorischen Aussagen mit SV(0)-Anordnung sind diejenigen kategorischen Äußerungen, die trotz ihrer pragmatischen Zweigliedrigkeit eine VS-Anordnung aufweisen. Diese dezentriert-kategorischen Aussagen umfassen, wie in Kap. I.2.5.5 dargestellt, sowohl VSAnordnungen ohne satzeinleitendes Adverbial als auch die schwer einzuordnenden AVS-Strukturen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Arten nicht thetisch bedingter Inversionen liegt in der stärkeren Betonung der Handlung bei der VS-Anordnung, insbesondere bei stark «transitiven» Äußerungen; die AVS-Strukturen stellen demgegenüber die Handlung als ein in einen bestimmten temporalen oder lokalen Rahmen eingebettetes Geschehen dar, ohne es jedoch wie im thetischen Bereich von dem jeweiligen Protagonisten loszulösen. Es mag dabei an der Text235

sorte «Chronik» liegen, daß Äußerungen mit Adverbial in den meisten dieser Texte gegenüber den nicht durch ein Adverbial eingeleiteten Konstruktionen überwiegen 11 . In diesem Kapitel werden wir uns speziell nach den Kontexten fragen, in denen sich diese Konstruktionen in den chronistischen Texten des 14. Jhs. finden, um dann in Kap. II.2.5 der Frage nachzugehen, ob es im Vergleich zum 13. Jh. Unterschiede in der Häufigkeit und in der Verwendung dieser Strukturen gibt. Aus den Zahlen in Kapitel II.2.1 wird bereits deutlich, daß die Chroniken des 14. Jhs. trotz der relativen Nähe ihrer Erscheinungsdaten in bezug auf die Subjektanordnung recht unterschiedlich sind 12 . Grundsätzlich können auch im 14. Jh. aus dem Kontext bekannte Subjektdenotate ohne Einschränkung, d.h., unabhängig von der möglichen Aktantenzahl, hinter das Verb gestellt werden; d.h., die verschiedenen Typen der dezentriertkategorischen Äußerungen entsprechen also denen des 13. Jhs. Und auch die Funktionen sind die gleichen wie in den früheren Chroniken: Diese eingeleiteten und uneingeleiteten «narrativen» Äußerungen dienen zum einen der Fortführung des Haupthandlungsstrangs mit Betonung der topic continuity, zum anderen kann durch die Subjekt-, d.h., Themainversion, die einzelne Handlung stärker in den Vordergrund rücken, wodurch wichtige Ereignisse, ζ. B. Schlußpunkte einer Entwicklung, besonders betont werden können. Dennoch glauben wir, zumindest Tendenzen der Sprachentwicklung ausmachen zu können, die auf einen graduellen Rückgang insbesondere der uneingeleiteten «narrativ»-kategorischen VS-Konstruktionen hindeuten. Wie im 13. Jh. kann es auch im 14. Jh., wenngleich nicht in allen Chroniken (1344 und A XI unterscheiden sich diesbezüglich von den Texten des 13. Jhs. am deutlichsten), zu Reihungen von VSStrukturen kommen; in der Regel alternieren diese kategorischen VSAnordnungen jedoch ständig mit SV-Konstruktionen, und lange Reihen von dezentriert-kategorischen Äußerungen mit wechselndem Subjekt sind eher die Ausnahme. Im Bereich der eingeleiteten «narrativen Inversionen» sind die Veränderungen weniger offensichtlich, allerdings ist im Unterschied zum 13. Jh. in allen Chroniken ein Anstieg der Subjektvoranstellung bei satzinitialem Adverb festzustellen. 2.3.3.1 Der häufigste, in allen Chroniken auftretende Satztyp mit «narrativer» VS-Anordnung sind Äußerungen mit Bewegungsverben, deren 11

12

D i e parataktische Konjunktion e(t) spielt bezüglich der Satzgliedanordnung keine Rolle; bis auf ganz wenige A u s n a h m e n werden in den untersuchten Textteilen der vier C h r o n i k e n alle Ä u ß e r u n g e n , unabhängig von der Wortstellung, mit e(t) eingeleitet (vgl. unten Kap. II.2.4). Interessanterweise ist die letzte Chronik dieser Reihe, CDP, in bezug auf die Satzgliedanordnung die «konservativste». Trotz der Innovationen im inhaltlichen Bereich sind die C h r o n i k e n von L o p e z de A y a l a in Form und Stil offensichtlich noch stark an den hochmittelalterlichen alfonsinischen Texten orientiert.

236

«Transitivität» im Vergleich zu Verben mit obligatorischem Zweitaktant in Patiens-Funktion relativ gesehen geringer ist. (II.2-59)

(II.2-60)

Ε luego el ynfante don Pedro fuese para Toledo; e vinieron ay a el los maestres de Sanctiago y de Calatraua, [...]. Ε dende fuesse luego el ynfante don Pedro para Seuilla; (AXI, 312) Ε Gar?i Laso non lo quiso creer, antes otro dia domingo de grannd mannana fue para palaijio e estauan las puertas muy guardadas e entro Gargi Laso e con el Ruy Gongalez de Castaneda e [...]« (CDP, 24a, 32)

Besonders häufig wird in Äußerungen dieses Typs die NP el rey nachgestellt, die in allen Texten eine Art «Makrodiskursthema» ist. Natürlich ist in diesen Fällen auch die SV-Anordnung möglich, ohne daß für die Wahl der Satzgliedanordnung immer ein klar ersichtlicher Grund vorliegt. 2.3.3.2 Abgesehen von diesem Äußerungstyp ist die Verteilung «narrativer» Konstruktionen mit den Anordnungsmustern V-S-On oder V-On-S in den einzelnen Chroniken sehr unterschiedlich. Typische Beispiele für uneingeleitete «narrative Inversionen» mit verhältnismäßig hohem «Transitivitätsgrad» finden wir v. a. in CDP und San, wobei das nachgestellte Subjekt bis auf ganz wenige Ausnahmen nominal ist und sich auf Personen bezieht. Ähnlich wie in den alfonsinischen Chroniken können diese Äußerungen speziell in der Crönica del Rey don Pedro auch gereiht werden, wobei es in dieser Chronik keine Rolle spielt, ob innerhalb der VS-Äußerungen (die in CDP v.a. den König Pedro betreffen) ein Subjektwechsel stattfindet oder nicht. Allerdings sind Fälle (und dies gilt auch für AXI und 1344), in denen das Subjekt einer uneingeleiteten «narrativen» VS-Struktur nicht unmittelbar vorerwähnt ist, im Vergleich zum 13. Jh. eher selten. Im 14. Jh. schließen sich diese Konstruktionen vorzugsweise direkt an einen Satz an, in dem das entsprechende Nomen bereits Subjekt- (oder Objekt-)Status hat. Ist das nicht der Fall, werden SVAnordnungen bevorzugt (vgl. oben Kap. II.2.3.1 und z.B. die Seite 81b von San). AVS-Strukturen scheinen von der Bedingung der unmittelbaren Vorerwähntheit nicht im gleichen Maße betroffen zu sein. (II.2-61)

(II.2-62)

Ε todos se vinieron para Seuilla al rey e asossegaronsse estos fechos segun cunplia a serui^o del rey. Ε enbio el rey sus cartas al maestre de Santiago don Fadrique (CDP, 18b, 31) Ε partiendo de las dichas cortes, el rey se fue para £ibdat Rodrigo e el rey don Alfonso de Portogal su ahuelo vino alli. Ε posaua el rey don Alfonso de Portogal dentro en Ια ςibdat. Ε el rey don Pedro de Castilla su nieto poso en el arraual de la dicha fibdat que era eston^e muy grande e alli se vieron en νηο. Ε fizo el rey muchas honrras al rey don Alfonso de Portogal su abuelo e diole muchas ioyas e el rey de Portogal a el. Ε estonge firmaron los dos reyes sus amistades e partieron muy amigos dende assi commo era razon segunnd el debdo que entre ellos era. Ε alli rogo el rey de Portogal al rey de Castilla su nieto por el conde don Enrrique,

237

(II.2-63)

que estaua en su regno por temor del, e perdonolo el rey e tornosse para Asturias. (CDP, 31a, 2) Ε llego al Erena, lugar de la horden de Santiago, e quando ay fue, fallo ay a don Fadrique, maestre de Santiago, [...] Ε fizo alii el maestre al rey mucho seruigio de viandas e de todas las otras cosas que se podian auer (CDP, 22a, 50)

D a s f o l g e n d e ( s e l t e n e ! ) B e i s p i e l e n t h ä l t e i n e R e i h u n g v o n «narrativen» V S - K o n s t r u k t i o n e n mit v e r s c h i e d e n e n S u b j e k t e n , die nicht u n m i t t e l b a r v o r e r w ä h n t sind: (II.2-64)

Ε tenia el alcagar de la dicha villa Gutier Ferrandez de Toledo e mando el rey α Gutier Ferrandez que tomasse a donna Leonor e que la leuasse a Talauera e assi lo fizo. Ε partio dende Gutier Ferrandez [...] Ε dende a pocos dias enbio la reyna donna Maria vn su escriuano (CDP, 22b, 36)

B e l e g e f ü r ( u n ) e i n g e l e i t e t e «narrative» I n v e r s i o n e n f i n d e n sich a u c h in San, allerdings sind R e i h u n g e n hier viel seltener. D i e n ä c h s t e n P a s s a g e n illustrieren, w i e in dieser C h r o n i k «narrative» V S - mit S V - A n o r d n u n g e n variieren können. (II.2-65)

(II.2-66)

Ε luego el Rey le envio estos rehenes que tovo don Juan Nunez apoderados en Moya, έ entre tanto envio el Rey por los castilleros que tenian los castillos [...]. Ε desque los castillos fueron entregados ä los alcaides que el tovo por bien, los rehenes fueron sueltos; έ luigo caso don Juan Nunez ά su fijo con dona Isabel; e don Juan Nunez vinose para el Rey, e fuese con el para Toledo, e don Juan Nunez posaba en casa de los Predicadores, fuera de la cibdad. (San,84a) e el Rey vinose para Valladolid, e envio decir al rey de Portogal que se queria ver con el, e el rey don Sancho e el rey don Deonis vieronse en Sabugal; e conto el rey don Sancho al rey de Portogal todo lo que auia pasado, [...] Ε el rey de Portogal otorgögelo, e partieronse entonces de las vistas, έ vinose el rey don Sancho para Castilla; e llegado ä Palencia, llegaron y caballeros del rey de Aragon e de don Alfonso (San, 80b)

D i e f o l g e n d e P a s s a g e aus San enthält V S - S t r u k t u r e n mit unterschiedlic h e r t e x t u e l l e r F u n k t i o n , n ä m l i c h k a t e g o r i s c h e n A V S - u n d V S - u n d thetischen V S - A n o r d n u n g e n : (II.2-67)

238

E, en tanto que este mandado ovo el rey don Sancho, tomo su Camino para alia, e llego ä Cordoba; e desque sopo el infante don Juan e los otros que estavan en Sevilla quel rey don Sancho estava en Cordoba, vinieronse luego para el, e tomäronlo por rey e por senor; e luigo saliö el Rey dende con todas estas gentes, e fuese para Sevilla, e luigo le tomaron los de Sevilla e de su reino por rey e por sehor. Ε el morando y en Sevilla, llego y ά έΐ Abdalhac, un moro mandadero del rey A b e n Yuzaf, senor de Marruecos, e fablo con el Rey, [...]. Ε el rey don Sancho respondiole que fasta aqui adelante que el tinie en una mano el pan e en la otra el palo, e quien el pan quisiere tomar que le feriria con el palo. Ε este moro Abdalhac tornose con esta respuesta ä Algecira, donde vi-

(II.2-68a)

niera en dos galeas por mar. Ε desque llego ä Algecira, el rey A b e n Yuzaf mando correr ä Veger e Medina Sidonia, [...]; [...] e puso el Rey de le dar cada ano por cada mes seis mill doblas, [..]. Ε desque esto ovo fecho, mostro el rey don Sancho en cortes muchas cartas e muchos previllejos (San, 70a) Ε el rey don Sancho dejo ä la reina dona Maria, su mujer, en Sevilla, que era prefiada e estava en tiempo de encaescer, e el vinose su camino para tierra de Badajoz, e en el mes de Diciembre, el dia de Sant Nicolas, encaescio la reina dona Maria del infante don Fernando, primero heredero deste rey don Sancho. (San,72a)

Bei diesem Fall stellt sich natürlich die Frage, ob es sich hier nicht trotz des bekannten Subjektdenotats um eine thetische Äußerung handelt, da aufgrund des geringen «Transitivitätsgrads» der Äußerung die implizite Frage «Und was geschah dann?» näher liegt als «Was tat die Königin dann?». A n anderer Stelle weist die gleiche Äußerung allerdings die SVAnordnung auf: (II.2-68b)

[Die Subjekts-NP ist nicht unmittelbar vorerwähnt.] Ε despues desto la reina dona Maria su mujer, que era en cinta, encaescio en Valladolid de unfijo que dijeron el infante don Alfonso (San, 74b/ 75a)

[Die Rede ist von den Hochzeitsvorbereitungen zwischen dem Infanten und Dona Margarita, die Äußerungen weisen alle die SV-Anordnung auf.]. Der Satz: (II.2-69)

e dona Margarita creyölo, e firmaron su casamiento; e el pleito firmado, enviö el infante don Juan ά Diego Lopez de Campos. (San,77b)

markiert sozusagen den Schlußpunkt des vorher Gesagten; die implizite Frage lautet: «Und was tat der Infant dann, nachdem der Vertrag unterschrieben war?». Eine ähnliche Funktion hat die zweite VS-Konstruktion in folgendem Beispiel: (II.2-70)

[König Sancho läßt dem arabischen König durch einen Sprecher ausrichten, daß er ihn angreifen wird.] Ε con tanto se tornö Abdalhat al rey Aben Yuzaf e gelo dijo todo; e tomo ende Aben Yuzaf muy grand pesar (San, 71b)

Sowohl in San als auch in CD Ρ gibt es Hinweise, daß die narrativen Konstruktionen bei weitem nicht immer dann, wenn der Kontext es erlauben würde (d.h., bei unmittelbarer Vorerwähnung der jeweiligen NP), verwendet werden: (II.2-71) (II.2-72)

Ε Lope Diaz entro en Vizcaya [...] Ε Lope Diaz [•••] gerco la casa de Horozco (CDP, 25b, 13) Ε enbio el rey sus cartas al maestre de Santiago [...] Enpero el rey ordeno e mando que los castillos de la horden de Alcantara touiessen caualleros de la horden por el [...]. [0]trossi [...] avn

239

(II.2-73) (II.2-74)

finco la guerra con los moros segunnd que era primero. Ε el rey don Pedro puso sus fronteros contra tierra de moros (CDΡ, i8b, 3,3) Ε la Reina envio luego su mandado ä don Juan Nunez, e ella supo luego toda la verdad (San, 83a) Ε desque los castillos fueron entregados ä los alcaides que el tovo por bien, los rehenes fueron sueltos; e luego caso don Juan Nunez ά su fijo con dona Isabel, e don Juan Nunez vinose para el Rey, e fuese con έΐ para Toledo, e don Juan Nunez posaba en casa de los Predicadores fuera de la cibdad (San, 84a)

2.3.3.3 I n den beiden anderen Chroniken 1344

und AXI

sind uneingelei-

tete «narrative» V S - S t r u k t u r e n selten, hier dominieren im Bereich der kategorischen Inversionen Konstruktionen mit satzeinleitendem A d v e r bial, also «narrative» Konstruktionen im weiteren Sinne. A u c h hier handelt es sich meist um die Wiederaufnahme eines bereits aus dem unmittelbaren Kontext bekannten Diskursthemas, das in dem entsprechenden Satz zum dezentrierten Satzthema wird. U n d noch eines fällt auf: In diesen beiden Chroniken beschränken sich ( A ) V S - K o n s t r u k t i o n e n fast ausschließlich auf Sätze mit relativ geringem «Transitivitätsgrad», d.h., es handelt sich v.a. um Verben des G e h e n s und Kommens, wohingegen in den Chroniken San und CD Ρ ja auch höhergradig «transitive» Ä u ß e r u n gen in ( A ) V S - S t r u k t u r e n auftreten k ö n n e n ' 3 . Typisch für diese beiden Chroniken sind Passagen wie: (II.2-75)

13

[Es geht um die Eroberung Cordobas durch Muget.] Tanto que la noche vino, movio Muget con toda su conpana e tan sesudamente que nunca del sopieron parte los de la villa. Ε llevaron el ovejero que los guyo aquel lugar. Ε tomaron las tocas de los moros e sobieron por ellas vnos a vnos. Ε desque fueron entrados en la villa muy mucha gente, cavalgo Muget en su cavallo e fizo cavalgar consigo fasta trezientos cavalleros, e mando a los de la villa, que avian entrado dentro, que quebrantasen las puertas lo mas ayna que podiesen. Ε despues que las puertas fueron quebradas, entro Muget con toda su conpana en la villa, e comen^aron de matar a quantos fallaron, ansi pequenos commo grandes. ( 1 3 4 4 , 1 3 8 , 1)

Was die Crönica de 1344 anbelangt, haben wir bereits mehrfach auf den stark dialogischen Charakter dieser Chronik hingewiesen und uns natürlich gefragt, ob es zwischen den gesprochenen und den erzählenden Passagen, also zwischen Recit und R e d e einen signifikanten Unterschied in bezug auf die SV-Anordnung gibt. Die Durchsicht der untersuchten Abschnitte läßt dies nicht erkennen; in den dialogischen wie in den erzählerischen Abschnitten dominiert die SV-Anordnung, VS-Strukturen sind in keiner der beiden Diskursteile ausgeschlossen (meist sind sie thetisch). Interessant ist allerdings die hohe Zahl von Subjektpronomina (vgl. z.B. S. 1 1 2 , 1 1 5 , 1 5 3 ) in der direkten Rede, und zwar auch in solchen Kontexten, in denen es keine Ambiguitätsprobleme gibt (dies gilt übrigens auch für CDP, wenngleich hier die Passagen in direkter R e d e viel seltener sind). Vgl. dazu Kap. II.2.7. Dem Problem der Mündlichkeit in diesen Texten müßte sicherlich genauer nachgegangen werden. 240

D i e f o l g e n d e P a s s a g e zeigt, d a ß c h r o n o l o g i s c h e E r e i g n i s s e s o w o h l mit der V S - als a u c h d e r S V - A n o r d n u n g k o d i e r t w e r d e n k ö n n e n , w e n n , w i e hier, das S u b j e k t k u r z z u v o r e r w ä h n t w u r d e . (II.2-76)

[Tarif wird im vorausgehenden Kapitel sowie in der Überschift erwähnt.] Ε Tarifee e su gente entraron por Espafia e comengaron de fazer quanto querian sin nengun enbargo. Ε quando llegaron al termino de Astorga, piega de buena gente que alli fincara salieron a ellos e lidiaron e pelearon con ellos e mataron e llagaron muchos de los moros, pero a la gima fueron vengidos dellos e muertos e dellos presos. Ε fizo fazer estonge Tarife abrir vna fuente a par del rrio de Astorga, ha tres millas de la villa. (i344,134)

A u c h die f o l g e n d e P a s s a g e aus 1344 b e l e g t sehr s c h ö n die v e r s c h i e d e n e n F u n k t i o n e n d e r V S - A n o r d n u n g e n , unter a n d e r e m a u c h die «narrative Inversion»: (II.2-77)

Estonge mando Abelazin fazer en aquel ραΐαςίο en que estava vn postigo pequeno (dezentriert-kategorisch); [...] Ε quando se pagava, estando en su alcagar, poniale ella (= Eylata; dezentriertkategorisch) su corona en la cabega. Ε acaesgio asi que, el estando vn dia con la corona en la cabega, llego vna muger que fuera fija de rrei (thetisch) e era casada con Zeyet. Ε quando lo vio asi estar, paresgiole muy fermoso. Ε tanto que dende se partio, dixolo a Zeyet, su marido. Ε Zeyet dixo que non lo podia creer qu'el toviese corona en la cabega fasta que lo viese. Ε fuese estonge Zeyet (dezentriert-kategorisch) e dixolo Abib; e A b i b dixolo a otro su amigo (Subjektwechsel) 14 [...] Ε estonge se apartaron todos a fablar entre si e dixeron que [...]. Ε estonge Zeyet e sus amigos llevaron consigo sus espadas. ( A S V ) Ε aguardaronle quando estava en su mezquita faziendo sus oragiones. Ε vino por detras Zeyet (dezentriert-kategorisch) e diole con su espada por el pescuego vn colpe que le echo la cabega a longe de si. (1344,163, 6)

Ä h n l i c h e P a s s a g e n f i n d e n sich in A X I , w o b e i n o c h d e u t l i c h e r als in 1344 z u m A u s d r u c k k o m m t , d a ß es sich bei d e n ( A ) V S - S t r u k t u r e n v o r z u g s w e i s e u m Ä u ß e r u n g e n mit i n t r a n s i t i v e m V e r b (die b e v o r z u g t e n V e r b e n sind venir, llegar, ir u n d tornarse)

u n d E A h a n d e l t , die sich v o n d e n klassi-

s c h e n t h e t i s c h e n A u s s a g e n nur d a d u r c h u n t e r s c h e i d e n , d a ß das S u b j e k t d e n o t a t das M e r k m a l [ - n e u ] hat. D i e s e «narrativen» V S - K o n s t r u k t i o n e n f i n d e n sich b e v o r z u g t u n m i t t e l b a r n a c h S ä t z e n , in d e n e n das j e w e i l i g e S u b j e k t d e n o t a t b e r e i t s g e n a n n t ist, k ö n n e n in d i e s e m K o n t e x t a b e r mit S V - A n o r d n u n g e n alternieren. (II.2-78)

14

Ε des que fue firmada esta vista, vinose el maestre de Calatraua para la rreyna dona Maria e para el ynfante don Pedro con este mandado, que eran avn en Avila; y ellos dexaron ay toda la gente

Man beachte hier die Schwankung bei der Verwendung der Präposition α vor den Dativ-Objekten. 241

(II.2-79)

[...]. Ε desque esto ovieron puesto e firmado tornose el ynfante don Joan para Cuellar [...]. (AXI, 288) Ε la rreyna, por asosegar la tierra y por partir contienda de entre ellos, plugole; y dende enbio luego por el ynfante don Pedro que se viniese para donde ella estaua. Y el (Subjektwechsel) des que vido su mandado fuese luego para ella. Ε des que fue llegado vieron se luego el e el ynfante don Joan en el monesterio de Palaguelos\ e alii otorgaron y afirmaron el pleyto que la rreyna avia puesto con el ynfante don Joan. [Es folgen vier SV-Strukturen mit den bereits genannnten Personen als Subjekte.] Ε luego despues desto hablaron pleito entre ellos en como cobrasen al rrey que estaua en Avila. Ε por esto fue el ynfante don Joan para Qigales, el ynfante don Pedro para Cabegon, e vinose la rreyna dona Maria para el monesterio de Palaguelos; e alli fue puesto el pleyto entre ellos en esta manera: (AXI, 290)

D a s gleiche gilt f ü r das 1 1 . K a p i t e l von A X I , das eine typische Schilderung historischer Ereignisse in S V - und V S - A n o r d n u n g e n beinhaltet. (II.2-80)

[De como gano el ynfante don Pedro el castillo de Canbil e el de Alhabar e el castillo de Benaxixar] Ε vinose dende para Cordoua, el e todos los suyos con prez e con honrra; (es handelt sich hier um eine rechtsversetzende Struktur mit fehlender Kongruenz), e dieron le todos los de la frontera vn gran servigio que monto bien vn quento; e dende fuese para Seuilla. Ε en este tienpo vino el ynfante don Joan, que estaua en Castilla, [...] e vino ay estonges el ynfante don Felipe, e la rreyna e el ynfante don Joan avinieron a don Alfonso e al ynfante don Felipe y quedaron por amigos. Y don Alfonso posaua en Morales aldea de Toro,[...]; e el ynfante don Joan, con grande pesar del hijo, fuese para Valencia; (AXI, 298)

D a ß es in der Chronik AXI aber durchaus auch narrative Konstruktionen mit mehr als einem A k t a n t e n und ohne satzeinleitendes A d v e r b i a l gibt, zeigt folgender Satz, der eine A r t Schlußpunkt unter eine R e i h u n g von SV-Konstruktionen setzt. (II.2-81)

Ε estando ellos alli, el ynfante don Pedro partio de Valladolid [...]; e Diego de Corral, que era dende y era su vasallo, cogiolo en la ijibdad, [...] e apoderose luego el ynfante de la gibdad (AXI, 285)

In der V-On-S-Konstruktion des folgenden Beispiels bilden V e r b und Objekt einen feststehenden Ausdruck: (II.2-82)

242

El ynfante don Felipe fue luego su Camino a la gibdad de Avila, [...], e ante que llegase alia, no atendio el obispo el plazo que era puesto, e fizo pleyto con don Joan el e todos los de la gibdad e tomaron lo por tutor (AXI, 325)

2.3.4 Kopulative Konstruktionen Konsequenter als im 13. Jh. werden in den Chroniken 1344, San und AXl kopulative Konstruktionen, die der Charakterisierung des jeweiligen Subjektdenotats dienen, mit Subjektvoranstellung gebildet. Die VS-Anordnungen haben die typischen Funktionen der Präsentierung oder Begründung und sind thetisch. Sie können allerdings auch der Subjektfokussierung dienen. Zunächst einige Beispiele aus 1344: (II.2-83) (II.2-84)

Ε este don Sancho hera muy gran cavallero (1344,126, 99) Ε por esta rrazön finco el por rrei e fizese onrra de si (1344,

93, 25)

Auch in den Chroniken San und AXl dominiert beim Ausdruck der kopulativen Relation SV: (II.2-85) (II.2-86)

e este fue don Joan Nunez ( A X l , 295, 25) Ε esta dona Margarita non era natural de la tierra (San, 77b)

Die (wenigen) VS-Strukturen können der emphatischen Hervorhebung entweder des (rhematischen) Komplements oder des jeweiligen Subjektdenotats dienen (vgl. Kap. II.2.3.2): (II.2-53) (II.2-87)

Muy grande fue el miedo quel rrey de Granada con sus moros ovieron del ynfante don Pedro ( A X l , 304) e quedaron ay muertos fasta diez mill de cauallo e de pie ( A X l , 348)

oder sind, ähnlich wie noch im 13. Jh., als «narrative Inversionen» zu erklären: (II.2-88)

e don Juan Nunez le fizo tal pleito e tal omenaje, e estonces fue don Juan Nunez suelto (San, 88a)

Einige dieser kopulativen VS-Strukturen müssen letztlich wohl mit stilistischer Variation erklärt werden: (II.2-89)

ε el Conde fue muy sanudo e muy bravo, e finco el Obispo muy mal denostado (San, 76b)

Die Crönica del Rey don Pedro fällt insofern aus dem Rahmen, als sich SV- und VS-Konstruktionen zum Ausdruck der Personencharakterisierung die Waage halten. Auch hier scheint der Faktor «Subjektwechsel» bei der Verwendung der SV-Anordnung eine Rolle zu spielen, aber durchaus nicht in allen Fällen. (II.2-90)

Ε los que querian tener la parte de don Iohan Nunnez tratauan eston^e que casasse el dicho don Iohan Nunnez con la reyna donna Maria,[...] Ε esta reyna donna Maria era nieta del rey don Sancho (CDP, 20a, 9)

VS findet sich häufig dann, wenn die NP unmittelbar vorher erwähnt ist: (II.2-91)

Otrossi vino y el duque de Alencastre, que [...] Ε era el de la casa real de Inglaterra (CDP, 13b, 14) 243

(II.2-92)

Otrossi este anno, dia de la Trinidat, morio en Palengia donna Juana de Lara [...]. Ε fue primero casada esta donna Iohana con el infante don Enrrique (CDP, 26a, 19)

Subjektpräsentierung liegt vor in: (II.2-93) (II.2-94)

Ε eran priuados del rey don Pedro Pero Suarez de Toledo, su camarero mayor, e Gutier Ferrrandez [sic] su hermano (CDP, 20b, 26) Ε en este anno que el rey don Alfonso fino, era papa e apostoligo en Roma Clemente Sesto (CDP, 14b, 46)

Thetisch ist dagegen der folgende begründende Satz: (II.2-95)

Ε por esta razon fue mas afincada la prision de donna Leonor (CDP, 19a, 55)

2.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi In den Chroniken 1344 und AXl überwiegt in allen drei der in Kap. II.1.3.6 genannten Gruppen die SV-Anordnung. Am deutlichsten wird dies erneut bei 1344. Diese Chronik hat einen stark dialogischen Charakter und weist daher eine Fülle von Konstruktionen auf, in denen das Gesagte ein mit que eingeleiteter NS oder ein Satz in direkter Rede ist. (II.2-96) (II.2-97)

Ε el rrei don Rrodrigo dixo cstongc: (105, 49) Ε ellos dixeron que eran San Pedro e San Pablo (87, 1 1 )

Auch wenn das Gesagte ein nominales oder pronominales Objekt ist, dominiert in der Cronica de 1344 die SV-Anordnung: (II.2-98)

(137, 65)

Einschübe in die direkte Rede gibt es kaum, da die Dialoge fast immer durch S-V dic eingeleitet sind und von daher nicht unterbrochen werden müssen. Auch in den beiden anderen Chroniken (San und CDP) überwiegt die SV-Anordnung in allen drei Aussagetypen. Bei den wenigen VS-Anordnungen im Bereich derjenigen Konstruktionen, in denen das Gesagte ein mit que eingeleiteter NS oder ein Satz mit direkter Rede ist, läßt sich kein ersichtlicher pragmatischer Unterschied zu den SV-Konstruktionen finden; das Kriterium des Subjektwechsels spielt hier keine Rolle, allenfalls mag ein satzeinleitendes Adverbial die Inversion begünstigen. (II.2-99) (II.2-100) (II.2-101)

e la Reina dijole que le placia e le aseguraria (San, 73a) e desque llegaron ä el dijole el infante don Juan por ellos: (San,75b) Ε dijo ei Conde; - Ε el Rey dijo: (San, passim)

Auch in Äußerungen mit V dic und nominalem oder pronominalem Subjekt (+O präp ) können SV- und VS-Anordnungen alternieren. (II.2-102) 244

Ε luego fablo el Rey con la Reina (San, 84a)

(II.2-I03)

e el Rey fablo con el luego ante la Reina (San, 84b)

Eine kategorische OVS-Struktur liegt vor in Satz (II.2-51) und in folgendem Beispiel: (II.2-104)

e ninguna palabra non dixo el vno al otro (CDP, 22b, 28)

Die CDP ist diejenige Chronik des 14. Jhs., die im Bereich der verba dicendi am meisten VS-Konstruktionen aufweist und die hier wieder einmal den alfonsinischen Chroniken näher ist als die anderen Chroniken aus dem 14. Jh. In allen drei Satztypen ist die Verteilung zwischen SVund VS-Strukturen sehr ausgewogen, und es fällt schwer, ein Ordnungsprinzip auszumachen. Mit gewissem Vorbehalt kann man sagen, daß VSAnordnungen v. a. nach satzinitialem Adverb verwendet werden: (II.2-105) (II.2-106)

Ε despues que [...] dixo don Iohan Alfonso de Alburquerque a vn alcalde [...] (CDP, 24a, 48) Ε por quanto donna Leonor sopo [...] fablo donna Leonor de Guzman con el conde (CDP, 19a, 42)

Subjektwechsel scheint kein Kriterium zu sein, denn es gibt eine Reihe von Beispielen, die zeigen, daß bei Subjektwechsel SV- und VS-Strukturen offensichtlich völlig arbiträr verwendet werden, was auf eine erhebliche stilistische Freiheit in diesem Bereich hindeutet. (II.2-107)

2.4

Dia Gomez dixo: [...] Ε dixole don Alfonso Ferrandez: [...] Ε don Alfonso Fernandez le dixo: [...] (CDP, 37b, 12) ,

Syntaktische Kontextbedingungen

2.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben Wichtig im Vergleich zu den beiden Chroniken des 13. Jhs. ist die Tatsache, daß die Zahl der (A)VS-Konstruktionen mit transitiven Verben abgenommen hat. Von der Gesamtzahl aller Hauptsätze mit explizitem Subjekt und transitivem Verb weisen in San nur 23,2 %, in 1344 30,7 %, in AXI 23,4 % und in CDP 34 % die VS-Stellung auf. Wir erinnern uns: In der PCG waren es 43,7 % und in der GE sogar 55,5 % (vgl. Kap. II.1.4.1). Bei intransitiven Verben sind die Werte im Vergleich nicht signifikant anders15. 15

Unsere Ergebnisse werden durch die von Crabb bestätigt, der die Crönicas de los Reyes de Castilla untersucht hat: Hier weisen 25,6 % der Äußerungen mit transitivem Verb die Subjektnachstellung auf (1955, 17). Crabb gibt seine Quelle allerdings nicht genau an; aus den Zahlen und Seitenangaben zu schließen, handelt es sich aber um die 85 ersten Seiten der Cronica del rey don Alfonso Decimo in der B A E , L X V I , 1919. Errechnet man zusätzlich den Prozentsatz der Äußerungen mit der Merkmalkombination [VS/+tr.Verb] von allen VS-Konstruktionen im HS, ergeben sich folgende Werte: San: 23,9%, 1344: 32,8%, CDP: 27,9% und AXI: 26,6%. Im Vergleich dazu die für die PCG ermittelte Zahl: 31 %. Diese Werte sind allerdings nicht wirklich signifikant (die 245

Der Wandel von VS zu SV setzte also offensichtlich zuerst bei solchen Äußerungen mit VS-Struktur ein, die ein transitives Verb aufweisen, wobei das Vorhandensein einer «Einleitung» unerheblich zu sein scheint. Diese Äußerungen gehören auf dem in Kap. I.2.7 skizzierten Kontinuum in den mittleren Bereich und sind auf Grund ihrer pragmatischen Unbestimmtheit besonders anfällig für einen eventuellen Ersatz durch die SVAnordnung. 2.4.2 Wortstellung und «Einleitung» Was die Einleitung mit der Konjunktion e(t) anbelangt, so wurde bereits darauf hingewiesen, daß in den Chroniken fast alle Sätze, also nicht nur diejenigen mit VS-Anordnung, mit e(t) eingeleitet werden, so daß hier nicht von einem inversionsauslösenden Einfluß der Konjunktion gesprochen werden kann. Interessanter sind die Konstruktionen mit satzeinleitendem Adverbial. Zwar dominiert hier wie im 13. Jh. die Subjektnachstellung, allerdings hat die Zahl der SV-Konstruktionen deutlich zugenommen. Wiesen im 13. Jh. nur jeweils 7 % ( P C G ) bzw. 12,6% ( G E ) aller mit Adverbial eingeleiteten Hauptsätze die SV-Struktur auf, sind die Werte für eingeleitete Strukturen dieser Art in den Chroniken des 14. Jhs. höher: San: 25,3%, 1344: 15,5%, CDP: 3 1 % und AXI: 27,2%. Bezüglich des Verhältnisses von Uneingeleitetheit und VS-Anordnung zeigt sich, daß die Zahl der uneingeleiteten VS-Strukturen in einigen Chroniken des 14. Jhs. bereits sehr niedrig ist: Von allen uneingeleiteten Sätzen weisen in San nur 23,9% die VS-Anordnung auf, in 1344 sind es 15,6%, in CDP immerhin 40,4% und in AXI 32,5 % l 6 . Ein einleitendes Adverbial ist also im 14. Jh. keineswegs ein Signal dafür, daß (auch im Bereich des Kategorischen) eine VS-Anordnung folgt.

2.5 Vergleich mit dem 13. Jahrhundert Ausgehend von diesen Werten und den in Kap. II.2.1 ermittelten Zahlen kann, mit Ausnahme der CDP, eine leichte Zunahme der SV-Anordnungen im 14. Jh. registriert werden 17 . Wenngleich die Chronik von Pero

16

17

VS-Konstruktionen sind ja insgesamt im 14. Jh. zurückgegangen), vgl. auch A n m . 57 in Kap. II. 1.4.1. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Zahlen aus dem 13. Jh.: PCG: 3 8 , 2 % , GE: 4 8 , 3 % (vgl. Kap. 1.1.4.2). So ähnlich beobachtet es auch Gminder (1959), wenngleich seine Ausführungen zur Satzgliedanordnung nur sehr kurz sind: «Over the course of the thirteenth century the first order, S V C , became firmly entrenched, so that by the fourteenth it was the preferred word order for the majority of the time, particularly

246

Lopez de Ayala im Prinzip den alfonsinischen Texten sehr ähnlich ist, deutet die relative Seltenheit uneingeleiteter VS-Strukturen in 1344 und AXl und auch in San darauf hin, daß es im Bereich der Anordnungen mit postverbalem, vorerwähntem Subjekt zu graduellen Veränderungen gekommen ist. Der wichtigste Unterschied gegenüber den alfonsinischen Chroniken liegt im Rückgang der «narrativen Inversionen» bei Äußerungen mit hoher «Transitivität» und ohne Einleitung. In erster Linie verdrängt SV die invertierten Formen dann, wenn das Subjekt, das sich in diesen Chroniken ja fast ausschließlich auf Personen bezieht, nicht unmittelbar vorher erwähnt ist; eine Ablösung ist aber auch bei längeren Reihungen mit gleichem Subjekt zu beobachten. In beiden Fällen konnten «narrative» (A)VS-Strukturen in den alfonsinischen Texten zumindest in einigen der von uns untersuchten Passagen uneingeschränkt verwendet werden. Natürlich gab es bezüglich dieser Konstruktionen auch in den alfonsinischen Chroniken bereits die Möglichkeit der Alternanz mit der SV-Struktur, zumindest in den frühen Kapiteln der PCG waren die «narrativen» Konstruktionen V-Sn-(O) und V-Sp-(O) jedoch wesentlich häufiger als die entsprechenden Strukturen mit Subjektvoranstellung. Im Bereich der pragmatisch schwer klassifizierbaren AVS-Strukturen mit vorerwähntem Subjekt ist die Entwicklung weniger signifikant, allerdings nimmt auch hier die Zahl der ASV-Strukturen zu. Was die Funktion der SV-Anordnung anbelangt, hat sich also, so scheint es, gegenüber dem 13. Jh. aufgrund des Rückgangs der «narrativen» VSAnordnung eine Veränderung ergeben. Konnten im 13. Jh. die Thematizität eines Subjekts sowie ein möglicher Subjektwechsel durch die SV-Anordnung besonders betont werden, wohingegen die (sehr häufige) VS-Anordnung eher den Fortgang der Handlung (auch in Passagen mit wechselnden Subjekten) unterstrich, ändert sich das Bild im 14. Jh. zumindest graduell. Die SV-Anordnung verdrängt zunehmend die uneingeleiteten kategorischen VS-Strukturen und wird nun ebenfalls zum Ausdruck sukzessiver Handlungen verwendet, ohne daß das initiale Subjekt besonders hervorgehoben wäre, sei es im Sinne der Betonung eines Subjektwechsels oder der betonten anaphorischen Anbindung. Dieser Rückgang der «narrativen Inversionen» führt dazu, daß die Ereignisse des Haupthandlungsstrangs in den Chroniken des 14. Jhs. insgesamt stärker aktantenzentriert wirken als die untersuchten Textpassagen der alfonsinischen Chroniken.

if the complement was a noun, but also when the object was a conjunctive pronoun» (1959, 198). 247

2.6

Zusatzkorpus: El Conde

2.6.1

Einleitung

Lucanor

2.6.1.1 Don Juan Manuel (1282-1348), ein Neffe Alfons des Weisen, war ohne Zweifel die beherrschende Figur der spanischen Prosa des 14. Jhs. und dominierte das geistige Schaffen seiner Zeit; mit seinen Werken wird das Kastilische erstmals bewußt als Literatursprache eingesetzt 18 . Don Juan Manuel verkörperte in idealer Weise den (widersprüchlichen) Typus des «caballero-letrado» (Lopez Estrada 1983, 189), d.h., er gehörte einerseits dem im 14. Jh. noch stark durch die Reconquista absorbierten kastilischen Hochadel an, dessen moralische Auffassung sich in seinen Schriften niederschlägt, andererseits fühlte er sich zu den schönen Künsten hingezogen, die für ihn ein privilegierter Ort für didaktisch-moralisierende Kommentare waren. «Hay que considerar, pues, la obra de Juan Manuel como una manifestation mäs de la unidad entre los ideales de la vida caballeresca y la moral cristiana» (Lopez Estrada 1983, 424). Juan Manuel war der erste kastilische Schriftsteller, der sich als «Autor» im eigentlichen Sinne fühlte; er war vom Wert seiner literarischen Schöpfungen überzeugt und verweist in seinen Schriften mehrfach expressis verbis auf seine Urheberschaft: «Por ende, yo, don Johan, fijo del infante don Manuel, adelantado mayor de la frontera et del regno de Mur^a, fiz este libro compuesto de las mäs apuestas palabras que yo pude» (Luc, 50) 19 . Auf die Originalität und Unverfälschtheit seiner Texte legte Don Juan Manuel größten Wert und setzte sich von daher im Conde Lucanor bewußt von seinen Quellen ab 20 . Das romance benutzt er ganz im Sinne seiner didaktisch-moralischen Ziele: «Et por ende, fizo todos los sus libros en romange, et esto es senal 9ierto que los fizo para los legos et de non muy grand saber commo lo el es» (Luc, 47). Auf der sprachlichen Ebene drückt sich seine Einstellung durch ein für das Mittelalter unge-

18

19

20

Z u Don Juan Manuel und speziell dem Conde Lucanor vgl. u.a. Macpherson (1977), Lida de Malkiel (1980) und als sprachwissenschaftliche Untersuchungen England (1979) und Hoyos Hoyos (1982). Wir zitieren im folgenden nach folgender Ausgabe: Don Juan Manuel, El Conde Lucanor ο Libro de los Enxiemplos del Conde Lucanor et de Patronio, ed., intr. y notas de Jose Manuel Blecua, 4.ed., Madrid (Cläsicos Castalia) 1985. «Et porque don Iohan vio et sabe que en los libros contesge muchos yerros en los trasladar, porque las letras semejan unas a otras, cuydando por la una letra que es otra, en escriviendolo, müdasse toda la razon et por aventura confondesse, et los que despues fallan aquello escripto, ponen la culpa al que fizo el libro; et porque don Iohan se regeln desto, ruega a los que leyeren qualquier libro que fuere trasladado del que el compuso, ο de los libros que el fizo, que si fallaren alguna palabra mal puesta, que non pongan la culpa a el, fasta que bean el libro mismo que don Iohan fizo, que es emendado, en muchos logares, de su letra» (Luc, 45-46).

248

wohnliches Streben nach individueller Gestaltung der Texte sowie durch ein ausgeprägtes Stilbewußtsein aus 21 . Noch deutlicher als Alfons X. erkannte Juan Manuel die Autonomie des Kastilischen und bemühte sich bewußt um eine Absetzung gegenüber dem Lateinischen. Claridad und concision (Lopez Estrada 1983, 191) sind seine obersten Ziele, was nach Lida de Malkiel (1980, 196) eine «imitacion del ornamento estilistico latino» jedoch nicht ausschloß. 2.6.1.2 Mit dem zur Gattung des didaktischen Schrifttums gehörenden Libro de los enxiemplos del Conde Lucanor schließt Don Juan Manuel an die Tradition der mittelalterlichen Exempelsammlungen an. Die zugrundeliegenden Quellen sind vielfältig; morgenländisches und abendländisches Erzählgut verschmelzen in perfekter Weise zu einem im Vergleich zu seinen Quellen weitgehend autonomen Werk. «Juan Manuel steht mit seinem Werk etwa in der Mitte zwischen der orientalischen Erzähltradition und den mittelalterlichen Exempla des Abendlandes» (Karlinger/ Andres 1975, 48). Sein Buch besteht aus 51, jeweils in eine feste Rahmenerzählung eingebundenen Exempeln, die einem strengen Muster folgen: Frage - Exemplum - Paarreim als Synthese. Besonders durch die stereotype Frage-Antwort-Struktur der immer gleichen Rahmenhandlung (Graf Lucanor bittet seinen Ratgeber Patronio um Hilfe bei der Lösung eines Problems; dieser erzählt ein Exemplum, um zu erläutern, wie sich der Graf verhalten soll; die Quintessenz des Gesagten wird am Ende in einem refrän zusammengefaßt) wird die Formelhaftigkeit dieser Erzählungen deutlich, die diese Geschichten in die «Nähe zur oralen Erzähltradition», also der Volkserzählung, rücken (Karlinger/Andres 1975, 51). Märchentypische Elemente sind z.B. die jeweils gleichen Textanfänge und Textschlüsse: Jede Geschichte beginnt mit einer ähnlichen Formulierung, die in der Regel die VS-Anordnung aufweist: (II.2-108) (II.2-109)

Un dia se aparto el conde Lucanor con Patronio, su consejero, et dixol asi: (67) El conde Lucanor fablava con Patronio, su conseiero, una vez en esta guisa: (S. 101) 22

A m Ende der Geschichten heißt der Graf Lucanor das Gesagte jedesmal gut, und alle Geschichten schließen mit Sätzen wie: El conde tovo por buen consejo lo que Patronio le consejava (S. 67, 101, 60) oder Al conde

21

22

Vgl. Lida de Malkiel (1980, 197): «Pero dentro de la Edad Media, poco favorable al cultivo y a la expresion de lo personal - de ahi la enorme proportion de obras anonimas - , don Juan Manuel permite vislumbrar con excepcional claridad las coordenadas de su universalismo y de su individualidad». Vgl. England (1979, 63): «In these opening formulas, the subject precedes fablar only four times».

249

plogo desto que Patronio dixo (S. 92) 23 , sowie einem vom Erzähler hinzugefügten refrän. Die stereotype Wendung «Et la estoria deste exiemplo es esta que se sigue» (S. 60) leitet zum nächsten Exemplum über. Diese formelhaft gebrauchten Wendungen sind also eine Art «Orientierungshilfe», die dem Zuhörer oder Leser anzeigt, an welcher Stelle im Text er sich befindet (vgl. auch Wehr 1984, 96). Neben den texteinleitenden und textschließenden Verfahren zeigt sich die bewußte Strukturierung des Stoffes durch den Erzähler noch durch eine Reihe anderer sprachlicher Verfahren, die typische Bestandteile der Rahmenhandlung sind: - In der ersten Äußerung des Grafen Lucanor findet sich in vielen Geschichten ein (meist) präverbales yo, das hier eindeutig hervorhebende Funktion hat und das folgende Problem als persönliches Erlebnis charakterisiert: (II.2-110)

«Patronio, loado a Dios, yo tengo mi fazienda assaz en buen estado et en paz» (75);

- in das eigentliche Exemplum sind jeweils zwei V dic -S-Strukturen eingeschoben: - dixo Patronio - , die dem Leser signalisieren, daß jetzt die eigentliche Erzählung beginnt; - die Überleitung vom Exemplum zum daraus abgeleiteten Rat Patronios geschieht durch direktes Ansprechen des Conde und wird durch ein extrapoliertes vos {Et vos, senor conde Lucanor + verschiedene Strukturen) angezeigt. Der Rat selbst wird meist durch eine fokussierende Struktur vom Typ consiiovos yo que.. .(107, 114) eingeleitet. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß bei einer Untersuchung der Wortstellungsmodalitäten in Werken dieser Gattung strukturelle Merkmale wie Formelhaftigkeit oder bewußte stilistische Durchstrukturierung des Stoffes stets berücksichtigt werden müssen. Im Gegensatz zu den Chroniken handelt es sich bei den Exempla um literarische Texte mit z.T. ausdrücklich formuliertem künstlerischen Anspruch, die aus diesem Grund nur unter Vorbehalt Rückschlüsse auf die syntaktischen Verhältnisse dieser Zeit zulassen. Bei den folgenden Überlegungen zur Linearisierung der primären Hauptsatzkonstituenten im Conde Lucanor konzentrieren wir uns daher primär auf eine Untersuchung der eigentlichen Exempel, die mehr als die stereotype Rahmenhandlung kleine, geschlossene Erzählungen mit einem deutlich erkennbaren narrativen Verlauf darstellen.

23

Zu dieser, sehr häufigen Struktur mit den Verben placer und pesar vgl. Hoyos Hoyos (1982, 1 3 3 - 1 4 8 ) . Sie ermittelt zwei Konstruktionstypen: a) die Impersonale Konstruktion IO-V-Quant-O präp : Al conde Lucanor plogo mucho del consejo que Patronio le dio (Luc, 74) und b) die intransitive Konstruktion S-VQuant-IO (oder die entsprechende Inversion): Esto peso mucho a Dios. // Al conde plogo esto mucho.

250

2.6.2 Quantitative Erfassung der Daten Bezüglich der Häufigkeit der beiden Hauptlinearisierungstypen seien wie bei Calila e Dimna zunächst die Zahlen von John England (1979, 46,184) angeführt, die auf einer Untersuchung von 1084 Hauptsätzen basieren (vgl. Anm. 66 von Kap. II. 1.5): S-V: 60,1 % Sp-V: 70,8 % V-S: 39,9% V-Sp: 29,2 % Die bereits im Forschungsbericht formulierten Einschränkungen gelten auch hier: England beschränkt sich auf eine Auflistung rein satzgrammatischer Bedingungen und sieht von einer funktionalen Erklärung weitgehend ab; in diesem Punkt begnügt er sich mit dem vagen Hinweis auf die givenness des Subjekts als auslösendes Moment für die SV-Anordnung 24 . Er präzisiert des weiteren nicht, ob er auch die formelhaften Wendungen, wie zum Beispiel die refranes in seine Auszählungen einbezieht. Die ebenfalls im Rahmen einer Untersuchung des gesamten Textes gewonnenen statistischen Ergebnisse von Hoyos Hoyos (1982, 61, 174) bestätigen Englands Daten, allerdings nimmt Hoyos Hoyos keine Unterscheidung in nominales oder pronominales Subjekt vor, was ihre Zahlen letztlich wenig aussagekräftig erscheinen läßt: S-V: 63,77%; V-S: 35,22 % 2 5 . Auch hier wird nicht nach eventuellen funktionalen Gründen für die Satzgliedanordnung gefragt; das Fazit der Untersuchung der Linearisierungsmodalitäten bildet folgende sehr allgemeine Feststellung: Pero el orden de palabras en espafiol no actüa de manera rigida, sino mäs bien con una gran flexibilidad. E n cuanto al sujeto podemos decir que el lugar que ocupa, tomando como punto de referencia el verbo, es con gran frecuencia el de anterioridad (Hoyos Hoyos 1982, 174).

Der von uns untersuchte Textausschnitt (Prologos I und II, Exempla 1 18, d.h., S. 4 5 - 1 2 3 der o.g. Ausgabe) umfaßt 303 Hauptsätze mit ausgedrücktem Subjekt; die parenthetischen Äußerungen vom Typ V dic -S (- dixo Patronio - erscheint 30 mal) sowie die das Exemplum resümierenden refranes wurden nicht mitgezählt. Unsere wohlgemerkt nur auf einem kleinen Textausschnitt basierende Auszählung beläuft sich auf: S-V: 69,3% V-S: 30,7% d.h., die Werte sind etwas höher als die von England und Hoyos Hoyos ermittelten26. 24

25

26

«Any subject which is the theme of an expression tends to precede the rheme of that expression. [...]. Thus in the vast majority of examples, the element, to which reference has already been made, precedes that part of the expression which is new» (England 1979, 68). Die Werte für die Nebensätze sind: SV: 66,6%, V S : 3 3 , 4 % . Für die Voranstellung des Objekts ermittelt sie folgende Werte: DOn-V: knapp 8 % ; IOn-V: 29,4% (S.357). Zählt man allerdings die 30 Belege der parenthetischen V d i c -S-Äußerungen 251

Differenziert man diese Gesamtzahl noch einmal hinsichtlich der unterschiedlichen Kodierung des Subjekts, ergibt sich folgendes Bild: Von 269 Sätzen mit nominalem und satzwertigem Subjekt weisen 69,5 % die Anordnung S-V und 30,5 % die Anordnung V-S auf (der Unterschied zu England mag an unserer Nichtbeachtung der Vdic-S-Strukturen liegen). Im Bereich der Sätze mit Subjektpronomina sind die Werte ähnlich: SpV: 67,6%, V-Sp: 32,4 % 27 . Die Distribution der einzelnen Sp ist allerdings sehr unterschiedlich: Postverbal findet sich bis auf zwei Ausnahmen lediglich kontrastiv oder emphatisch gebrauchtes yo. Im Gegensatz zu Calila e Dimna dominiert im Conde Lucanor also eindeutig die SV-Anordnung: Die Prozentzahl für diese Anordnung liegt in jedem Fall über 60 % - ein ganz anderes Bild als noch im 13. Jh. Ein zahlenmäßiger Vergleich mit den Chroniken des 14. Jhs. ergibt eine grundsätzliche Übereinstimmung zumindest mit den Chroniken 1344, San und AXI: auch hier weist die Zahl der SV-Anordnungen um die 60 % auf. 2.6.3 Analyse Welche Mechanismen liegen nun der Linearisierung von Subjekt und Verb im Conde Lucanor zugrunde? In welchem Bereich ist eine Zunahme der SV-Anordnungen im Vergleich zum 13. Jh. festzustellen? Gibt es signifikante Unterschiede zwischen diesem literarischen Text und den Chroniken des 14. Jhs.? Grundsätzlich kann festgehalten werden, daß auch Don Juan Manuel die Möglichkeiten der Wortstellungsveränderung zur Wiedergabe unterschiedlicher Inhalte nützt: Grosso modo weisen aktantenbezogene Äußerungen die SV-, faktumbezogene Ausagen die VSAnordnung auf. 2.6.3.1 Was die thetischen Konstruktionen anbelangt, sind die folgenden Sätze Beispiele für «Existentialaussagen» und ereignisbezogene thetische

27

mit, ergeben sich Werte, die denen von Hoyos Hoyos entsprechen: S-V: 63,1 %, V-S: 36,9%. Diese Zahlen schließen das Anredepronomen vos ein; zählt man die Fälle mit vos nicht mit, erhält man folgende Werte: Sp-V: 54 %; V-Sp: 44 %. Von den 303 untersuchten Hauptsätzen haben 1 1 , 2 % ein Sp, vgl. demgegenüber die Zahl 29,2 % bei Cal. Zur Verwendung der Subjektpronomina im Conde Lucanor, vgl. Hoyos Hoyos (1982, 250), die die Zahl 2 1 , 1 5 % für pronominal ausgedrückte Subjekte (nicht nur Personalpronomina!) errechnet hat. Von diesen 2 1 , 1 5 % entfallen 53,4% auf die Sp. Insgesamt dominieren die Formen der 3. Person mit 47,3 % (S. 252), die Funktionen sind der Ausdruck von Emphase, Kontrast und Desambiguierung; «de todo ello deducimos que existe libertad para expresar u omitir el pronombre sujeto, pero que la presencia de la forma pronominal tonica pospuesta /yo/ conlleva una serie de matices significativos, que pueden ser de enfasis ο realce de algün aspecto determinado (264)». Vgl. auch Kap. II.7.

252

Äußerungen mit einem bzw. zwei Aktanten, in denen das Subjekt nicht unbedingt [+neu] sein muß: (II.2-111) (II.2-112)

(II.2-113)

(II.2-114)

Et estando ellos en esto, entraron dos omnes por la puerta (98) Et desque el pico fue avierto para cantar, cayö el queso en tierra et tomölo el raposo et fuese con el. (81) (queso und raposo sind zwar vorerwähnt, sie sind aber nicht eigentlich die Handlungsträger der Fabel. Die im Kontext zu stellende Frage ist in beiden Fällen «und was geschah dann?») et entonfe cayol la olla de la miel en tierra (86) (von der ο IIa de miel war zwar im weiteren Kontext bereits die Rede, diese NP ist aber nicht unmittelbar vorerwähnt) et quebrol la pierna ( 1 2 1 )

Die Nähe der Äußerungen ( I I . 2 - 1 1 2 ) und ( I I . 2 - 1 1 3 ) zu den dezentriert kategorischen Konstruktionen im weiteren Sinne ist deutlich. 2.6.3.2 Kategorische SV-Strukturen können auch einmal für einen thetischen Inhalt eingesetzt werden. Besonders auffällig ist dies bei den jeweils ersten Sätzen der Exempel: (II.2-115) (II.2-116) (II.2-117)

Senor - dixo Patronio - , un rey era que avia un privado en que flava mucho. (53; vgl. dazu Anm. 23 von Kap. II. 1.2.1.1) Senor conde - dixo Patronio - , una muger fue que avie nombre dona Truana et era asaz mäs pobre que rica (85) Senor conde - dixo Patronio un omne parö sus redes α las perdizes (106)

Nun sind diese Textanfänge mit Thema-Rhema-Struktur speziell für Märcheneröffnungen (vgl. auch Kap. I.2.4) nicht außergewöhnlich: Die erzählte Geschichte kann aber auch unmittelbar mit kategorischen Aussagen anfangen: Die Mäuse sind unerträglich geworden. In einem solchen Fall wird man als Hörer oder Leser gleich «in medias res» geführt, und man gewinnt den Eindruck, daß die erzählte Geschichte nach dem Beginn der «realen» Fabula anfängt (was u.U. gerade das vom Erzähler Beabsichtigte ist) (Ulrich 1985, 81) 2 8 .

Wir haben es hier also offensichtlich mit einer narrativen Technik zu tun, und zwar dahingehend, daß die aktantenbezogene SV-Struktur zur Erzeugung einer gewissen Unmittelbarkeit eingesetzt wird. Im Gegensatz zu Calila e Dimna werden innerhalb des kategorischen Bereichs kaum Feinnuancierungen mit Hilfe dezentriert-kategorischer Äußerungen vorgenommen (d.h., es gibt nur sehr wenig «narrative VSKonstruktionen»), 2.6.3.3 Um eine Vorstellung vom Verteilungsprinzip von SV- und VSStrukturen innerhalb der Exempel zu bekommen, möchten wir im folgenden das bekannte Exemplum X I De lo que contesgio a un dean de Sanc28

Vgl. auch Wehr (1984, 51 und 53).

253

tiago con Don ΥΙΙάη, el grand maestro de Toledo genauer betrachten (vgl. dazu auch England 1977). Thema des Exemplums sind die Undankbarkeit und ihre Strafe sowie die wunderbare Karriere des Dekans von Santiago und die magische Manipulation der Zeit durch den Zauberer Don Yllän. Ein ehrgeiziger Domdekan sucht den Zauberer Don Yllän von Toledo auf, um mit seiner Hilfe in der kirchlichen Hierarchie aufzusteigen. Dank der Magie Don Ylläns bringt es der Dekan bis zum Papst, ohne daß er Don Yllän jedoch für seine Dienste entlohnt. Um sich zu rächen, durchbricht Don Yllän den Zauber, die Zeit wird zurückgedreht, und der undankbare Domdekan wird wieder in seine Ausgangsposition zurückversetzt. Das erzähltechnisch genau durchstrukturierte Exemplum beginnt mit einer unpersönlichen präsentativen Struktur (en Santiago ανία un dian que [...], 96), es folgen eine Reihe von Äußerungen ohne explizites Subjekt, sodann drei SV-Strukturen (ζ. B. el diol a entender quel plazia mucho con su venida, 96) sowie eine AVS-Struktur mit verbum dicendi. Diese Verbkategorie kann in diesem Text ohne wirklich ersichtlichen Grund (auch nach satzinitialem Adverb ist VS kein Automatismus) sowohl ein prä- als auch ein postverbales Subjekt aufweisen 29 . Danach folgen drei AVS-Strukturen mit deutlich «daseinssetzendem», präsentativem Charakter: (II.2-118) (II.2-119) (II.2-120)

Et estando ellos en esto, entraron dos omnes por la puerta (98) Et dende a tres a quatro dias llegaron otros omnes a pie que trayan otras cartas al dean (98) Et dende a cabo de siete ο de ocho dias, vinieron dos escuderos muy bien vestidos et muy bien aparejados (98)

Im folgenden Teil wechseln VS- und SV-Anordnungen ab, wobei die VSAnordnungen, von drei Ausnahmen abgesehen, thetisch sind: (II.2-121)

un dia llegaron al ar9obispo mandaderos del Papa con sus cartas

(II.2-122)

E t desque ovieron y morado fasta dos anos, llegaron los mandaderos del Papa con sus cartas (99) Ε estando assi en la Corte, fino el Papa (100) Quanto esto dixo don Yllän, fallosse el Papa en Toledo, dean de Sanctiago, commo lo era quando y bino ( 1 0 1 )

(99) (II.2-123) (II.2-124)

Die Ausnahmen sind eine kategorische OVS-Struktur (II.2-125)

Deste aquexamiento se quexo mucho el Papa (100)

sowie zweimal der Satz: (II.2-126) 29

Enton^e fue a el don Yllän et dixol que [...]: (99, 100)

Auch England (1979, 64) weist auf die große Flexibilität in bezug auf diese Verbkategorie hin, hat aber insgesamt eine höhere Zahl von S-V d i c -Strukturen ermittelt.

254

Die Funktion dieser dezentriert-kategorischen Strukturen mit einem Verbum der Bewegung, die jeweils in einem ganz ähnlichen Kontext auftreten (dank des Zaubers von Don Yllän ist der Dekan erneut befördert worden, und wieder bittet ihn Don Yllän (vergeblich) um die versprochene Belohnung) ist u.E. die Unterstreichung des erneuten Vorsprechens von Don Yllän beim Dekan. Auf deutsch könnte dieser Satz etwa mit wiedergegeben werden 30 . Der eigentliche Handlungsverlauf wird jedoch wie in den meisten anderen Exempla mit SV-Anordnungen wiedergegeben, wobei in diesen Sätzen meist ein Subjektwechsel vorliegt. Vgl. dazu den folgenden Textausschnitt: (II.2-127)

Et estando assi en la Corte, fino el Papa; et todos [los] cardenales esleyeron aquel cardenal por Papa. Estonge fue a el don Yllän et dixol que ya non podia poner escusa de non conplir lo quel avia prometido. El Papa le dixo que non lo affincasse tanto, que siempre avria lugar en quel fiziesse merited segund fuesse razon. Et don Yllän se comengö a quexar mucho (100) 31 .

Die SV-Anordnung wird insbesondere dann verwendet, wenn die Sätze einen relativ hohen Grad an «Transitivität» ausdrücken, wie zum Beispiel in Ex. XV: (II.2-128)

Et quando los moros fueron cerca dellos, aquel cavallero de que olbide el nombre, enderefö a ellos e fuelos ferir. Et don Lorengo Suärez et don Garcia Periz estudieron quedos; et desque los moros fueron mäs cerca, don Garcia Periz de Vargas fuelos ferir, et don Lorengo Xuärez estudo quedo, et nunca fue a ellos fasta que los moros le fueron ferir (S. 113)

Diese Beobachtungen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, daß Don Juan Manuel die Wortstellungsmöglichkeiten auch ganz bewußt zu stilistischen Zwecken einsetzte und daß von daher eine funktionale Interpretation oft nicht weiterhilft. Kennzeichnend für seine Geschichten sind der symmetrische Aufbau und die Vorliebe für sich wiederholende Handlungen, die dann auch syntaktisch die gleiche Struktur aufweisen. Many of Juan Manuel's tales succeed artistically because of their symmetrical framework, and this symmetry often results from a repetition of the themerheme structure, where greater brevity could have been achieved by the omission of the thematic subject. (England 1979, 72) 32 30

31

32

Interessanterweise gehört das Adverb wieder im Rumänischen zu denjenigen Adverbien, nach denen kategorische Aussagen Subjektinversion aufweisen, vgl. Ulrich (1985, 129). Vgl. auch England (1979, 63): «the vast majority of transitive and copulative verbs tend to have the subject preceding them». Lida de Malkiel (1980, 196) spricht übrigens in bezug auf Don Juan Manuels Stil von «una consciente avidez de experimentation estilistica nada comiin en la literatura medieval castellana». Damit hat sie zwar nicht expressis verbis die

255

2.6.4 Zusammenfassung Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden: (a) VS-Anordnungen sind in der Regel thetisch. In bezug auf die zugelassenen Aktantenzahlen gibt es zwar keine Einschränkungen, die VSStrukturen mit einem Aktanten überwiegen allerdings im HS eindeutig. Nicht-thetische VS-Strukturen sind V-Sp-Anordnungen, die der Hervorhebung des pronominalen Subjekts dienen (vgl. Ex. II) oder OVS-Strukturen vom Typ: (II.2-129)

Este libro fizo don Iohan, fijo del muy noble infante don Manuel

(45)33· Wenn eine Äußerung zwei oder mehr Aktanten aufweist und die implizite Frage «Und was geschah dann?» lautet, kann auch die «kategorische» SV-Anordnung verwendet werden. Die Kompaktheit der «thetischen» VS-Struktur ist dann allerdings nicht mehr gegeben, und der Satz gehört zu jenen SV-Strukturen auf dem Kontinuum, deren Zuordnung zum thetischen oder kategorischen Bereich schwer ist. (II.2-130)

El lonbardo adole^io de dolen^ia mortal, et un su amigo que ανία, desque lo vio en la muerte, conseiol que se confessase con sancto Domingo (108)

Diese Schwankungen zwischen V S und SV bei ereignisbezogenen thetischen Aussagen mit mehreren Aktanten haben wir auch bereits für die Chroniken des 14. Jhs. konstatiert. (b) Uneingeleitete dezentriert-kategorische Äußerungen, also Sätze mit der Struktur VS ( _ neu ] sind im Unterschied zu Calila e Dimna selten (vgl. auch England 1979, 103). Die wenigen Beispiele, die wir gefunden haben, weisen alle ein satzinitiales Adverb auf und haben nur ein geringes Maß an «Transitivität», was die Bestimmung ihres pragmatischen Status wiederum erschwert. (II.2-131) (II.2-132)

33

Et quando fueron por sancto Domingo, entendio sancto Domingo que non era voluntad de Dios que [...] (108) Et estos tres cavalleros ovieron un dia porfia entre si quäl era el mejor cavallero d'armas. Et porque non se pudieron avenir en otra manera, acordaron todos tres que se armassen muy bien,

Wortstellungsvariation im Auge, diese war aber sicherlich auch eine der narrativen Techniken, die es dem Autor des Conde Lucanor ermöglichten, seine Geschichten durchzukomponieren und sie als kunstvoll konstruierte Gebilde erscheinen zu lassen. Vgl. England (1979, 54ff.)· Äußerungen mit satzeinleitendem Objekt dienen nach England v.a. dazu «important didactic points» hervorzuheben (212). Ist das Objekt ein Demonstrativpronomen, ist die Anordnung im Conde Lucanor fast ausschließlich S-Op-V: Quando don Yllän esto oyö (98). Diese «quasi-formulaic construction» (England 1979, 55) findet sich v.a. in temporalen Nebensätzen.

256

[...]. Otro dia manana, armäronse todos tres et enderegaron a 11a [sic] villa; (112)

Dort, wo dezentrierte Strukturen im Prinzip möglich wären (bzw. zumindest bei Alfons X. noch möglich waren), verwendet der Autor SV-Anordnungen: In Ex. XII versucht der Fuchs mehrmals, den Hahn, der sich auf einen Baum geflüchtet hat, zu überreden, vom Baum herunterzukommen, der Hahn weigert sich jedoch jedesmal: (II.2-133)

Et acaes^io que uno de aquellos gallos andava un dia allongado de la casa por un campo et andando el muy sin τεςβίο, violo el raposo et vino muy ascondidamente, cuydändolo tomar. Et el gallo sintiölo et subio en un ärbol [...] Et enton^e endere§0 [i.e. el raposo, I. N - H . ) al ärbol, et comen^ol a rogar [...]; et el gallo non lo quiso fazer. [...] Et el gallo, entendiendo que estava en su salvo, non dava nada por sus amenazas nin por sus seguran9as. [...] Et el cativo del gallo tomo miedo sin razon (103)

(c) Ähnlich wie in den Chroniken wird die SV-Anordnung immer dann bevorzugt, wenn eine Folge sukzessiver, von einem oder mehreren Aktanten ausgeführter Handlungen berichtet werden soll. Das Subjekt kann in diesen Fällen sowohl das Merkmal [+neu] als auch [ - n e u ] haben. Im Unterschied zu Calila e Dimna wird der Fortgang der Handlung durch zentriert-kategorische und nicht durch dezentrierte Strukturen wiedergegeben. (d) Bleibt noch die Frage nach der Rolle des satzinitialen Adverbials, das nach England im Conde Lucanor der wichtigste Faktor bei der Inversionsauslösung ist. Nach England weisen Hauptsätze mit satzinitialem Adverb in der Regel die Inversion auf 34 . Hier gilt jedoch das gleiche, was wir bereits in Kap. I.2.4.2.2 (Anm. 105) gesagt haben: Das Subjekt wird nicht deswegen nachgestellt, weil ein satzinitiales Adverb vorhanden ist, sondern weil es sich bei vielen dieser Sätze auf semantisch-pragmatischer Ebene um eingliedrige Äußerungen handelt, wobei das zu setzende Faktum zusätzlich temporal oder lokal situiert wird. AVS-Strukturen können jedoch auch kategorisch sein, allerdings mit deutlicher Dezentrierung des jeweiligen Subjekts (vgl. Satz II.2-131). Daß Subjektnachstellung nach initialem Adverbial jedoch keineswegs ein Automatismus ist, zeigen die folgenden Sätze: (II.2-134)

34

Estonge el padre respondio a su fijo en esta manera (65)

England (1979, 48) nennt die Zahl von 91,3 % von VS-Strukturen in Äußerungen mit Subjekt, Verb und satzinitialem Adverbial: «These figures indicate that the position of the adverb and subject are closely linked in Lucanor; in all the categories analysed, an adverb which precedes the verb increases the likelihood of subject postposition» (50); «adverbial expressions of time, manner, and extent exert the strongest pressure for subject postposition» (52).

257

(11.2-135)

et

quando ellos ovieron avierto la puerta de 11a villa, los tres cavalleros que se tornavan su passo, eran ya quanto alongados ( 1 1 2 )

(e) Unsere ergänzende, allerdings keineswegs erschöpfende Untersuchung des Conde Lucanor bestätigt im wesentlichen die aus der Analyse der Chroniken des 14. Jhs. gewonnenen Ergebnisse. Natürlich ist der Conde Lucanor ein literarischer Text und aufgrund der verwendeten narrativen Techniken, die an die Volksliteratur erinnern, nur bedingt als Vergleichsgröße geeignet. Das Gesamtbild bestätigt aber die in Kap. III.2 skizzierten Entwicklungstendenzen innerhalb eines begrenzten Bereichs der akast. Syntax: a) der Unterschied zwischen thetisch und kategorisch wird bei Sätzen mit einem Aktanten konsequent gemacht; b) bei ereignisbezogenen thetischen Äußerungen mit zwei Aktanten, die im Sinne von Hopper/Thompson einen höheren «Transitivitätsgrad» haben, wird sowohl die VS- als auch die SV-Anordnung verwendet; c) dezentriert-kategorische Äußerungen ohne einleitendes Adverbial sind seltener geworden.

258

3 SV und Y S in den Chroniken des 15. Jahrhunderts

3.1 Einleitung und quantitative Erfassung der Daten Die Frage, ob das 15. Jh. noch zur asp. Epoche gezählt werden kann oder ob es sich hier um eine Übergangszeit mit relativ eigenständigem Charakter handelt, haben wir bereits in der Einleitung im Zusammenhang mit der Problematik jeglicher sprachgeschichtlicher Periodisierung gestellt. Aus heuristischen Gründen möchten wir das 15. Jh. in unsere Überlegungen zur Entwicklung der asp. Syntax einbeziehen, da die Texte aus dieser Zeit eine Weiterentwicklung im Bereich der Satzgliedstellung erkennen lassen und eine A r t Bindeglied zwischen genuin asp. und neuzeitlichen Texten darstellen. Trotz der Verschiedenheit der drei untersuchten Chroniken El Victorial. Cronica de Don Pero Nino (Vic), Cronica de Don Alvaro de Luna (Luna) und Memorial de diversas hazanas (Mem) können in bezug auf die Anordnung der wichtigsten Satzkonstituenten im Vergleich zu den vorausgegangenen Jahrhunderten deutliche Unterschiede festgestellt werden, wobei Mem sicherlich der «modernste», Vic hingegen der traditionellste (und literarischste) Text ist. Diese letztgenannte Chronik nimmt im Vergleich zu den beiden anderen Chroniken zweifellos eine Sonderstellung ein. Nicht nur was die relative Häufigkeit der VS-Strukturen anbelangt, erinnert Vic an die alfonsinischen Chroniken, auch in bezug auf die textuelle Funktion der SV- und VS-Anordnungen gibt es Parallelen zu den frühen Texten. So ist ζ. B. die uneingeleitete «narrative Inversion» in dieser Chronik im Gegensatz zu den beiden anderen uneingeschränkt möglich. Eines allerdings verbindet Vic mit den beiden anderen Chroniken: Insgesamt gesehen gehen die VS-Strukturen im Bereich der Sätze mit hoher «Transitivität» im Vergleich zum 13. Jh. deutlich zurück. Die Auswertung von je 500 HS mit explizitem Subjekt ergibt für die untersuchten Chroniken folgende Häufigkeitsverteilung der SV- und VSAnordnungen: (a) Die Zahlen beziehen sich auf nominale, pronominale sowie satzwertige Subjekte:

259

Vic (501) Luna (509) Mem (500)

S-V 4 7 , 1 % (236) 54,6% (278) 69,6% (348)

V-S 52,9% (265) 45,4% (231) 30,4% (152)

(b) Die Zahlen beziehen sich nur auf die nominalen Subjekte: Sn-V V-Sn Vic (399) 4 1 , 1 % (164) 58,9% (235) Luna (427) 50,6% (216) 49,4% ( 2 1 1 ) Mem (415) 69,4% (288) 30,6% (127) (c) Die Zahlen beziehen sich nur auf pronominale Subjekte im HS (d.h. auf die Personalpronomina in Subjektfunktion): Sp-V V-Sp Vic (54) 75,9% (41) 2 4 , 1 % (13) Luna (34) 85,3% (29) 14,7% (5) Mem (9) 100%

3.2 The tische Konstruktionen im 15. Jahrhundert Im Bereich der eindeutig thetischen Konstruktionen hat es auch im 15. Jh. keine nennenswerte Entwicklung gegeben: Äußerungen dieser Art wir erinnern uns: es handelt sich v. a. um Sätze mit daseinssetzenden und hervorbringenden Verben sowie um Aussagen mit E A und Empf/Exp werden bevorzugt mit der VS-Anordnung gebildet. Lediglich in Mem gibt es eine nicht geringe Anzahl von SV-linearisierten Sätzen, die eindeutig faktumbezogen sind. Für Einzelheiten dieses Äußerungstyps vgl. v.a. Kap. II. 1.2. 3.2.1 Thetische Äußerungen mit einem Aktanten Wie in den analogen Kapiteln zum 13. und 14. Jh. werden wir im folgenden Beispiele für diesen Äußerungstyp anführen, ohne bei den «Existentialaussagen» noch einmal zwischen präsentativen und daseinssetzenden Verben zu unterscheiden. 3.2.1.1 «Existentialaussagen» (II.3-1)

(II.3-2) (II.3-3)

260

Otro dia que asentaron el real, salieron de la villa muy regia gente a pelear, de honbres de armas et vallesteros et escudados, e vinieron a ellos gente del real. Volviöse alli vna regia escaramuga (Vic, 81, 18) Estä vn grand farallo enmedio del puerto (Vic, 106, 18) [Die folgende Passage ist ein typisches Beispiel für Hintergrundschilderung. Die Rede ist von der Stadt Malaga.] Esta es vna fermosa 9ivdad de mirar: estä bien asentada, e es llana. De la vna

(II.3-4)

parte llega la mar a ella, e estä la mar agerca della 1 , e estä vn poco de sabre entre medias, en que abrä fasta veynte ο treynta pasos de la mar a ella. Por el cavo de poniente es la taragana; llega la mar α ella, e avrt rodeala vn poco. Ε de la parte de aquilön, contra Castilla, es la ςivdad (Vic, 101, 29) Ε en mayo, dia de Sant Juan de Portalatina, vinieron sobre el los infantes moros (Luna, 15, 26)

Die folgenden Sätze haben präsentierende Funktion: (II.3-5) (II.3-6)

(II.3-7) (II.3-8)

Ε asi quedo don Juan Martinez de Luna con este senorio e oficios que avemos dicho. Ε quando murio, quedaron dil estos fijos: don Juan Martinez de Luna, e don Alvaro de Luna (Luna, 1 1 , 3 3 ) De tal manera de hombres como aquestos que dezimos fue el noble e virtuoso don Alvaro de Luna, maestre de Santiago [...], cuya Historia escribimos [...]. Ε saliö de aquesta casa de Luna el noble e virtuoso don Pedro de Luna, argobispo de Toledo (Luna, 8 , 1 6 - 9 , 8) Estando el rey en Avila, vinieron alli por su mandado algunos de los grandes del reyno (Mem, 8, 21) Y el rey se boluio para Seuilla, donde entonces se parescio vna cometa en el ςίείο (Mem, 38,18)

3.2.1.2 Ereignisbezogen-thetische Äußerungen mit anderen Intransitivverben Diese Aussagen werden in Vic fast durchgängig mit V S gebildet, in Luna und v.a. Mem hingegen findet man auch SV-Konstruktionen (vgl. unten Kap. II.3.2.3). (II.3-9) (II.3-10) (II.3-11) (II.3-12)

Todauia se metia el viento mäs fuerte [...] e hera la galera a pun to de se perder. [...] Asi corrieron toda la noche las galeras a orga. (Vic, i n , 10) y trabäronse escaramu^as por diversas partes (Mem, 2 3 , 1 ) Ε alli pelearon, e murieron muchos honbres de amas partes', e fue bcncjido el conde, e fuyo. (Vic, 54, 6) y se quemaron algunas aldeas que los moros avian desamparado (Mem, 32, 22).

Die folgende Passage illustriert eine der wesentlichen textkonstitutionellen Funktionen thetischer Aussagen: die Präsentation von Hintergrundinformation sowie von Ereignissen, die nicht aus der Perspektive des A k tanten geschildert werden sollen: (II.3-13)

1

Esa noche comengö a bentar el biento verberisco, que es contrario en aquella costa, porque el puerto de Malaga non es guardado de todos vientos, porque es concha abierta. Fueron a las galeras a tener noche, e ante del alba entraron las galeras en mar, por tomar la rota de Cartajena. Ε a la ora de la prima, levantö vn biento muy fuerte del poniente en popa, que bien se moströ la mar

Hier handelt es sich eher um eine (kategorische) VSA-Anordnung mit Thematischem, satzfinalem Adverbial. 261

a los marineros nuevos quien hera. Corrieron las galeras tormenta aquel dia con los artimones la llava de Almeria, hasta que a grand fuer^a pudieron las galeras arribar aquella noche al puerto de las Aguilas. - Alii tovieron noche; otro dia entraron en el grand puerto seguro de Cartajena. Alii refrescaron la gente, e adrcgaron las galeras de lo que auian perdido en la tormenta pasada. El consejo auido, entraron las galeras a lo largo a la mar, buscando navios de moros. Ε al alva paresgio vna grand nao de contra la Berberia, e fifieron las galeras la via della\ mas hera tan lexos, que ante que las galeras llegasen hera ya ella en la tierra, e puesta en salvo. (Vic, 103,10) 2 D i e f o l g e n d e n T e x t s t e l l e n sind B e i s p i e l e f ü r j e n e n u r s c h w e r z u klassifiz i e r e n d e n S ä t z e mit V S - S t r u k t u r u n d v o r e r w ä h n t e m S u b j e k t . A u s d e m K o n t e x t g e h t u . E . j e d o c h h e r v o r , d a ß es hier z u m i n d e s t b e i d e n kursiv g e s c h r i e b e n e n Ä u ß e r u n g e n p r i m ä r u m das j e w e i l i g e F a k t u m geht, das f ü r sich e i n e n «Text» bildet, d . h . , d a ß die F r a g e s t e l l u n g «Was geschah/war d a n n ? » lautet, u n d nicht «Was tat X d a n n ? » : (II.3-14)

(II.3-15)

(II.3-16)

3.2.1.3

Ε partio el Rey de Valdenebro, e fuese a Fromesta, e alli fue fecho don Alvaro maestresala del Rey; el qual cada dia cresciä en bondades e virtudes e gentileza e buenas maneras, e en el amor e gracia que tenia con el Rey. En aquel ano se coronö el rey de Aragon, e postularon por arijobispo de Toledo a don Sancho de Rojas, obispo de Palengia, e estovo don Alvaro de Luna con el Rey de Castilla en Fromesta (VSA-Struktur, vgl. oben Anm. 1) fasta que comcngo el ano del Senor de mill e quatrocientos e quinge anos. (Luna, 19, 8) Venido don Alvaro de Luna con el Rey de Castilla a la villa de Valladolid, e estando ende, partio dende el Infante don Juan para se ir a casa con la reyna dona Bianca de Nauarra, segund era ordenado en Segouia, e la historia lo ha contado. (Luna, 35,13) Ε de alli partio el Rey e la Reyna e el Infante e Infantas [...] Ε alli vino a la corte del Rey de Castilla don Pedro de Luna [...] Estando alli el Rey, le llego nueva que era muerto don Martin, rey de Aragon (Luna, 16, 17)

Passivkonstruktionen

T h e t i s c h sind a u c h v i e l e P a s s i v s ä t z e bzw. S ä t z e mit p a s s i v i s c h e m o d e r m e d i a l e m se, die in d i e s e m Fall die V S - S t r u k t u r a u f w e i s e n . (II.3-17) (II.3-18) (II.3-19) (II.3-20)

2

y alli fueron presos algunos moros y tomado el ganado (Mem, 14, 33) Durante el rey aquella vez en Sevilla, fueron fechos muchos juegos de canas (Vic, 76, 25) Y püsose fuego en las puertas de la fortalega (Mem, 33, 26) en el qual tienpo se hizo asaz dano en panes y en vifias, y se hubieron algunas escaramu9as, en que murieron mäs moros que

Diejenigen VS-Konstruktionen, in denen das Subjekt die NP las galeras ist, könnten allerdings auch als dezentriert-kategorisch klassifiziert werden. 262

(II.3-21)

(II.3 - 22)

cristianos, aunque no fueron muchos, y se quemaron en rebato dos lugares (Mem, 15, 3) Ε el Condestable fue compadre del Rey en el bautismo del pringipe, e fizieronse grandes fiestas por todo el reyno, e muchas alegrias. (Luna, 5 4 , 4 ) Ε ordenose alii casamiento del Infante don Juan con dona Bianca, reyna de Navarra. (Luna, 34, 22)

Handelt es sich bei dem Subjekt um eine aus dem Kontext bekannte Größe, liegen eher dezentriert-kategorische Äußerungen vor, nach denen folgendermaßen gefragt wird: «Und was geschah dann mit X?». (II.3-23) (II.3-24)

Fue ferido en la cabeza Pero Lopez de Ayala (Vic, 97, 2 1 ) e alli fue fecho don Alvaro maestresala del R e y (Luna, 19, 8)

Der genaue pragmatische Status eines solchen Satzes ist allerdings abhängig vom jeweiligen Kontext. 3.2.2

Thetische Äußerungen mit zwei (und mehr) Aktanten

3.2.2.1 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Experiences/ Empfängers (II.3-25) (II.3-26)

(II.3-27)

Vinole vna dolengia, de que todos sus amigos ovieron grand pesar (Vic, 90, 5) Estando faziendo Pero Nino en los deservidores de su senor el rey como faze el lobo entre las ovejas [...], vinole vna saeta que le dio por el pescuezo. (Vic, 82, 25) Ε de alli se partio el Rey, e se fue a Valparaiso, e dende a Valdenebro, donde estovo fasta passado el mes de agosto; e alli tomö

al Rey una grand dolencia de fiebres (Luna, 18, 17) (II.3-28)

Estando alli nasciö

al rey de Nauarra

un fijo. (Luna, 5 0 , 1 1 )

3.2.2.2 Erstaktant + Zweitaktant in der Rolle des Patiens Eindeutig thetische Sätze mit dieser Aktantenstruktur und VS-Serialisierung gibt es in diesen Chroniken bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht. Die meisten dieser Sätze gehören aufgrund des aus dem Kontext bekannten Subjekts in die Grauzone zwischen Thetisch und Kategorisch und lassen sich nur schwer klassifizieren. Das folgende Beispiel aus Vic scheint uns eines der wenigen Beispiele für eine ereignisbezogene thetische Aussage zu sein, da es hier rein kontextuell um das Faktum (des Mordes an Felipe de Castro) geht und weniger um eine Prädikation über das Subjektdenotat vasallos3. Allerdings bildet diese NP wiederum das Subjekt der folgenden Prädikation. (II.3-29)

3

[König Enrrique beschenkt nach dem gewonnenen Feldzug seine Vasallen mit Ländereien, verschiedene Namen werden in diesem

Der Kontext ist hier ein ganz anderer als in Satz (II.i - 7 9 ) von Kap. II. 1.3.2, wo es sich im Prinzip um eine Auflistung der jeweiligen Königsmörder handelte.

263

Zusammenhang genannt.] Dio a don Felipe de Castro a Paredes, matäronle sus vasallos, e fuyeron todos fuera del reyno; despues a dias los perdono el rey, e tornaron al reyno. (Vic, 58,12)

Ähnliches gilt für den nächsten Satz, wo die NP moros nicht unmittelbar vorerwähnt ist und auch im folgenden Kontext nicht wieder aufgenommen wird. (II.3-30)

y lo mejor que en esta entrada se fizo, fue que entro a vna aldea llamada Cogollos, que era lugar de asaz pueblo, e tenianlo los moros muy bien barreado y fortalezido (Mem, 46, 3)

Bisweilen kann durch solche Äußerungen auch eine neue Entität in den Text eingeführt werden: (II.3-31)

[Pero Nino fordert die Vasallen des Königs von Portugal wegen einer Beleidigung zum Kampf heraus; einer der Ritter nimmt die Herausforderung an.] Ε tomola vn regio cauallero que llamauan Fernänd Albarez de Quirös. Ε Pero Nino fizo quanto pudo por lo llegar a devida hexecu^ion (Vic, 80,15)

3.2.3 Thetische Äußerungen mit SV-Anordnung Während in Vic und Luna Sätze dieses Typs relativ selten sind, können für Mem, der spätesten der untersuchten Chroniken, eine Vielzahl von Belegen angeführt werden. Bei all diesen Beispielen handelt es sich kontextuell um eindeutig faktumbezogene Aussagen. Es wäre sicherlich voreilig, wollte man aus diesen Belegen den Schluß ziehen, daß sich am Ende des 15. Jhs. im thetischen Bereich ein klarer Wandel andeutet, die Vielzahl der thetischen SV-Sätze mit einem Aktanten in Mem legt jedoch den Schluß nahe, daß es sich hier nicht allein um stilistische Variation handelt. (II.3-32) (II.3-33)

(II.3-34)

Y en este dia vna fortaleza que se llama la Fonxirola se combatio (Mem, 33, 17)·» En el qual dia el gran senescal don fnigo de Gueuara y su hermano don Alfonso de Ävalos, valientes caualleros, con fasta setecientos de cauallo llegaron. (Mem, 57, 25)5 y asi el fecho se acabo sin otra conclusion (Mem, 27, 8)

Die folgende Passage ist ein gutes Beispiel für eine Hintergrundschilderung, in der SV- und VS-Anordnungen ohne ersichtlichen Grund alternieren: (II.3-35)

4

5

En el qual ano muchas senales parecieron, que se mostro en vn dia muy sereno vna muy gran llama en el ςίείο, la qual se partio en dos partes, la vna parescio quedar, y la otra corrio al Oriente. En tierra de Burgos y de Valladolid, en el estio, muchas aves y

Vgl. zu Äußerungen dieser Art mit spezifizierendem Relativsatz allerdings unsere einschränkenden Bemerkungen in Kap. II.1.2.3 und II.2.2.3. SV-Konstruktionen dieser A r t sind auch im Libro de los Exenplos por A.B.C. (Kap. II.3.5) sehr häufig.

264

bestias de gran piedra e agua peregieron, los panes y ärboles fueron gastados; vn nino de tres meses, cerca de Penalber, hablo amonestando que todos hiziesen penitencia. - En el mesmo ano se mostro otra muy gran llama en el gielo; y lo que mayor turbaijion dio en todos los deste reyno, fue que theniendo el rey en Segouia, en su palacio, muchos leones y leonas, e auiendo ende vno muy grande a quien todos los otros obedecian, se comengo entre ellos tan gran pelea, que todos se juntaron contra el mayor leon, y lo mataron y comieron parte del: de ende todos pronosticaron ser cercana la muerte del rey, ο gran cayda. (Mem, 60, 3)

3.3

N i c h t - t h e t i s c h e K o n s t r u k t i o n e n i m 15. J a h r h u n d e r t

3.3.1 E r s t a k t a n t u n d V e r b ( u n d Z w e i t a k t a n t ) Deutlicher

als in d e n v o r a n g e g a n g e n e n

Jahrhunderten

erscheint

die

S V ( 0 ) - A n o r d n u n g als die d o m i n i e r e n d e K o n s t r u k t i o n im B e r e i c h d e s K a t e g o r i s c h e n 6 . Z u r W i e d e r g a b e historischer E r e i g n i s s e w e r d e n b e v o r z u g t Ä u ß e r u n g e n mit S u b j e k t i n i t i a l s t e l l u n g v e r w e n d e t , u n a b h ä n g i g v o m «Transitivitätsgrad» d e r Ä u ß e r u n g u n d d e m V o r h a n d e n s e i n e i n e s satzeinl e i t e n d e n A d v e r b i a l s . D i e Z e n t r a l i s i e r u n g d e s S u b j e k t s , die im 13. Jh. n o c h d a z u d i e n e n k o n n t e , dieses z u b e t o n e n , h a t diese s p e z i f i s c h e textk o n s t i t u t i v e F u n k t i o n v e r l o r e n , sieht m a n v o n d e n i m p l i z i t e n S u b j e k t m a r k i e r u n g e n e i n m a l ab. A l s B e i s p i e l m a g ein k u r z e r A u s s c h n i t t aus d e r S c h i l d e r u n g e i n e s Turniers in Luna

d i e n e n , der fast ausschließlich S V - A n o r d n u n g e n a u f w e i s t .

Ä l v a r o d e L u n a ist das ( M a k r o - ) D i s k u r s t h e m a , hier w a r e n in d e n v o r a u s g e g a n g e n e n J a h r h u n d e r t e n «narrative» V S - A n o r d n u n g e n o h n e w e i t e r e s möglich. (II.3-36)

6

Ε don Älvaro de Luna ανία salido a la justa muy ricamente armado [...] Ε muchos de los caballeros mancebos, e grandes omes de la corte le acompanaban aquel dia a don Aluaro de Luna, e unos llevaban las langas, e otros el yelmo, e otros le iban sirviendo de lo que era menester. Ε don Älvaro ανία grand voluntad de lo fazer muy bien aquel dia [...]. [...] e ya el Rey le ανία enviado a dezir que non fiziese mäs [...] Don Älvaro [...] enviö un caballero a suplicar al Rey quisiese dar licencia para fazer una carrera tan solamente. Ε a la sazon estaba en el rencle de la tela, de la otra parte, Gongalo de Quadros, que era uno de los mayores justadores e [...] (thetisch-präsentierend). Los caballeros eran buenos, e muy deseosos de fazer bien, e vinieronse alii el uno al otro; e don Aluaro encontro a Gongalo de Quadros por encima la vuelta del escudo [...]. Ε Gongalo de Quadros encontro a don Äluaro por la vista del yelmo, y el roquete de la Ιαηςα abrio la vista, e encon-

Vgl. auch Javens (1965, 279), der bezüglich der SVO-Anordnung anmerkt: «This was the most popular pattern in the fifteenth century». Larkin (1966) gibt keine Informationen zur Wortstellung. 265

trole en la frente, e con las puntas del roquete quebrantole todo el casco de aquella parte de la cabefa; pero don Alvaro non cay6 del caballo. (Luna, 2 9 , 1 )

Ähnliche Beispiele finden sich auch in den anderen Chroniken. (II.3-37)

(II.3-38)

(II.3-39)

El rey don Pedro, veyendo que [...], requiriö a sus amigos el rey de Portugal e el rey de Nauarra, e demandoles gente. El ayuntö grand hueste de gente de armas, e muchos engenos [...]. Tomo muchas villas e castillos, e qtrcö a V a l e r i a ; non la pudo tomar. Vinieron el rey de Aragon e el conde a darle vatalla; el rey don Pedro no le aspero dos batallas, las meneo porque venia con el el conde con muchos castellanos. (Vic, 53, 8) Ε como quiera que algunas vezes se mostraron bien dos mill de cauallo, nunca osaron pelear, e algunas pequenas escaramugas que hizieron fueron cerca de los oliuares mäs cercanos de la gibdad; e asi en la entrada como en la salida, la gente del rey fizo gran dano en los panes e huertas de Moclin e Illora. Y de alli el rey se boluiö α Alcalä la Real (Mem, 1 1 , 3 ) y trabäronse escaramugas por diversas partes, aunque no en la orden que el rey quisiera, en las quales fueron muertos y feridos asaz moros, y cristianos murieron solamente quatro [...] En el qual dia Garcilaso de la Vega [...] matö vn moro muy valiente, y derribo otro, y tomole el cauallo y la adarga, y presento el cauallo al rey; y el rey diölo α Miguel Lucas. (Mem, 2 3 , 1 )

Diese Art der Ereignisschilderung ist typisch für Mem. Das Geschehen wird aus der Perspektive des jeweiligen Subjekts geschildert, d.h., in der «normalen» Erzählweise werden die Ereignisse als Prädikation über den jeweiligen E A dargestellt und mit der SV-Anordnung kodiert. Die VSStrukturen in den Beispielen beschränken sich fast ausschließlich auf den Kernbereich des Thetischen, also auf daseinssetzende bzw. präsentative Strukturen. Damit ist zwar noch die Möglichkeit gegeben, faktumsetzende und aktantenbezogene Äußerungen zu differenzieren, die Nuancierung innerhalb des kategorischen Bereichs (Betonung des Handlungsverlaufs durch VS vs. Hervorhebung des Subjekts zum Zweck der deutlichen thematischen Anbindung oder der Betonung des Subjektwechsels durch SV) scheint jedoch zumindest in dieser Chronik nicht mehr gebräuchlich zu sein. In diesem Punkt waren speziell die Texte des 13. Jhs. deutlich flexibler. Immer mit SV werden Prädikationen angeordnet, die im weitesten Sinne charakterisierende Funktion haben (vgl. auch unten Kap. II.3.3.4): (II.3-40)

De la otra parte, por que todas las duenas e donzellas le favorescian mucho, don Alvaro era mäs mirado e preciado entre todos aquellos que en las fiestas se ajuntavan. Ε despues, [...], don Alvaro burlaba tan cortes e graciosamente, que [...] Ε don Alvaro se ouo tan discretamente en sus amores [...] (Luna, 27, 19-28,7 )

Die folgenden, durch die Sp-V-Anordnung deutlich aktantenzentrierten Sätze dienen der Charakterisierung von Pero Nino in Vic: 266

(II.3-41)

En las armas savia mucho e entendia mucho; el ensenaua α los armeros a fa?er otros talles mäs fermosos e mäs ligeros donde cunplian. En las dagas e espadas savia mucho; el daua en ellas otras fagiones, e conossialas mejor que otro honbre. En las sillas de caualgar non supo ninguno en su tiempo tanto; έΐ las fazia dolar e anadir e menguar en los fustes e en las guarnifiones e en los atacares. (Vic, 8 7 , 1 1 )

S ä t z e mit d e n V e r b e n aver/tener

k ö n n e n a u c h im 15. Jh. die I n v e r s i o n

a u f w e i s e n , und z w a r i m m e r d a n n , w e n n d e r E A nicht als A u s g a n g s p u n k t d e r M i t t e i l u n g e r s c h e i n e n soll. (II.3-42)

(II.3-43)

Ε tenia el conde alii vnas barcas, de la parte del castillo, pegadas a la barrera, e quando menguaua la mar quedavan las barcas en seco. (Vic, 74, 8) En aquel tiempo que [...], avia su hijo Pero Nino vn afio e medio. (Vic, 73,15)

S t e h e n b e i d e V e r b e n im indefinido, (das g l e i c h e gilt f ü r (II.3-44)

(II.3-45)

sind die S ä t z e in d e r R e g e l thetisch

saber).

U n dia acordaron algunos caualleros man?evos de los mäs esmerados del real [...] de yr lanzar lanzas a la puerta del palenque; e süpolo el donzel Pero Nino. (Vic, 78,10) En el mes de mayo de aquel ano ouo el Rey nueva que [...] (Luna, 54,7)

3.3.2 N i c h t - k o n f o r m e T h e m a t i s i e r u n g e n u n d F o k u s s i e r u n g e n W i r d e i n e a n d e r e S a t z k o n s t i t u e n t e als das S u b j e k t z u m T h e m a d e s S a t z e s oder wird eine rhematische Konstituente fokussierend an den Satzanfang gestellt, tritt S u b j e k t n a c h s t e l l u n g ein. (II.3-46) (II.3-47) (II.3-48) (II.3-49) (II.3-50) (II.3-51)

Mas esta ferida ovo el luego en el comien^o (Vic, 82, 28) A l rey don Fernando [...] ayudo mucho en este caso vn casamiento (Mem, 56, 8) De aqueste Fernando Alfonso de Robles se fiaba el Condestable mäs que de otra persona alguna (Luna, 59, 12) Esto fazia don Alvaro a dos fines (Luna, 41, 4) Ε en grand peligro estovo don Alvaro de Luna de aquella ferida. (Luna, 30, 27) Muy bien se ovo don Alvaro de Luna en aquella ida con la Infanta al reyno de Aragon (Luna, 22, 6)

S u b j e k t f o k u s s i e r u n g liegt in f o l g e n d e n V O S - S t r u k t u r e n v o r 7 : (II.3-52) (II.3-53)

7

e ayudo mucho a los oseruantes el maestro fray Alonso del Espina (Mem, 10, 1) y predicola fray Alonso del Espina, hombre muy notable y de onesta vida y gran predicador (Mem, 41,10)

Z u V O S als «narrativer» Konstruktion vgl. unten und Kap. II. 1.3.3 Anm. 43. 267

Beispiele für Subjektisolierung (vgl. auch Kap. II.5) sind die folgenden Äußerungen: (II.3-54) (II.3—55)

(II.3-56)

Ε el arijobispo don Sancho de Rojas, e [...], cada vno destos grandes por su parte envio sus mensajeros (Luna, 23,7) El Infante, e los que con el eran, viendo el grand yerro que avian fecho e fazian, e como les podria dello recrescer grandes peligros [...] comen^o aquel Infante de mover grandes partidos a don A l varo (Luna, 44, 22) Ε el Rey [...], a diez dias del mes de diziembre [...], fizolo el Rey su Contestable. (Luna 52,12).

Man beachte, daß die isolierte Konstituente im eigentlichen Satz meistens nach dem Verb wiederaufgenommen wird.

3.3.3

Dezentriert-kategorische Äußerungen

3.3.3.1 Generell kann für den nicht-thetischen Bereich gesagt werden, daß sich eine bereits im 14. Jh. beobachtete Tendenz, nämlich eine zunehmend aktantenbezogene Sichtweise stabilisiert, was sich auf der Ausdrucksseite (mit Ausnahme von Vic) durch einen graduellen Rückgang der «narrativen» VS-Konstruktionen äußert. Dies ist v.a. dann der Fall, wenn die Äußerungen uneingeleitet sind und einen relativ hohen Grad an «Transitivität» aufweisen, was ja in bezug auf das Subjektdenotat das Vorhandensein des Merkmals [+belebt] bzw. [+human] bedeutet. In der Schilderung historischer Ereignisse tritt zunehmend der jeweilige Aktant (in der Regel der Protagonist/die Protagonisten der Chronik) in den Vordergrund; da die Ergebnisse der Auswertung des Zusatzkorpus (vgl. Kap. II.3.5) diese Tendenz bestätigen, handelt es sich hier sicherlich nicht allein um ein chronikspezifisches Phänomen. Wir werden diese Entwicklung in Kap. III.4.3.1.3 in Verbindung bringen mit der in vielen Sprachen zu beobachtenden Tendenz, in solchen Äußerungen die «psychologisch naheliegende Reihenfolge» (Wandruszka 1982, 12) Subjekt-Verb zu bevorzugen, die in markiertheitstheoretischer Hinsicht unmarkiert ist. Bei aller Vorsicht vor einem zu schematisch argumentierenden, evolutionistischen Erklärungsansatz scheint sich folgendes Ergebnis abzuzeichnen: Im Prinzip verfügt die Sprache im 15. Jh. im Bereich der Satzgliedanordnung über dieselben Möglichkeiten wie im 13. Jh., und auch die Funktionen der dezentriert-kategorischen Konstruktionen sind in Vic und Luna ähnlich wie in den alfonsinischen Texten: Sie dienen der Reihung von Äußerungen, die in der Regel das gleiche Subjekt haben und die einen Handlungsverlauf ausdrücken («Ordnungsfunktion»), oder sie signalisieren eine markante Stelle im Text («textzentrierende Funktion»). Allerdings ist es im Bereich der dezentriert-kategorischen Äußerungen insofern zu einer Veränderung gekommen, als diese Strukturen seltener geworden sind. 268

Was speziell die mit Adverbial eingeleiteten Äußerungen anbelangt, so könnte man die Verhältnisse in den drei untersuchten Chroniken vereinfachend folgendermaßen umschreiben: Während in Vic der Satzgliedanordnung nach Adverbial im kategorischen Bereich offenbar keine wirklich schlüssigen Regeln zugrundeliegen 8 , dominiert in Luna die A S V Anordnung bei Verben mit zwei und mehr Aktanten und bei einwertigen Verben mit relativ hoher «Transitivität». In Mem ist die Verteilung klar: Hier wird die ASV-Stellung für alle Arten der kategorischen Aussagen benutzt ( A V S ist sehr selten), V S ist ausschließlich dem thetischen Bereich (bzw. nicht-konformen Thematisierungen) vorbehalten. Rein statistisch drückt sich dies durch eine Zunahme der SV-Anordnungen in den genannten Chroniken aus9. 3.3.3.2 Wie im 13. und 14. Jh. sind auch in den Chroniken des 15. Jhs. (mit Ausnahme von Mem) VS-Strukturen mit einem Aktanten (es handelt sich v.a. um Verben der (Fort)Bewegung) und vorerwähntem Subjekt gut belegt. In Vic und Luna finden sich sowohl eingeleitete als auch uneingeleitete «narrative» Strukturen dieser Art, wobei sich das Subjekt speziell in den mit Adverbial eingeleiteten Äußerungen nicht unbedingt auf eine im Vorsatz genannte Entität beziehen muß. In Kap. II.2.2.2 wurde bereits darauf verwiesen, daß die Chroniken meist eine Reihe von «Makrodiskursthemen» enthalten, die als bekannt vorausgesetzt werden können und von daher auch dann, wenn sie nicht unmittelbar vorerwähnt sind, als invertiertes Subjekt einer dezentriert-kategorischen Äußerung erscheinen können. (II.3-57)

Portio el Rey de Guadalaxara, con la Reyna su madre, e el Infante don Fernando su tio, e los otros grandes que con el andaban, e don Aluaro de Luna con el. [...] En el ano siguiente, que fue del Nascimiento del Senor de mill quatroijientos e nueve anos, partio el Rey de Valladolid, e con la Reyna su madre, e [...], e fue el Rey a Bezerril, y el Infante a Paredes. Este ano morio don Lorenfo Suärez, [...] (ereignisbezogen-thetisch). Ε don Pedro Nino trato amores con ella, e ouola, e fuyo por este fecho fasta en Bayona. Partiöse el Rey de alii, e tovo la fiesta de la Pasqua de Nauidad en el castillo de Magaz, [...]. En el ano siguiente, [...], el Rey tomo por su page a don Aluaro de Luna; [...]. (Luna, 14, 20)

Interessanterweise weist der letzte Satz mit zweiwertigem Verb trotz der bekannten Subjekt-NP die SV-Anordnung auf. 8

9

In Vic impliziert die A S V - bzw. die (häufigere) SAV-Struktur in der Regel einen Subjektwechsel. Natürlich können nicht alle Sätze der untersuchten Chroniken (dies gilt wiederum v.a. für Vic) hinsichtlich der Satzgliedanordnung befriedigend erklärt werden, was in Anbetracht der diasystematischen Variation der Sprache auch nicht verwundert. Letztlich können stilistische Freiheiten und auch einfach eine gewisse Willkür nicht ausgeschlossen werden.

269

(II.3-58)

Ε despues desto torno el rey a Toro, donde estaua la reyna su madre e muchos otros cavalleros del reyno juntados. Ellos con temor, no le querian acoger en la villa; tovola cercada honze meses. En tanto, el maestre don Fadrique trato con algunos de los de fuera, e püsose en manos de dona Maria de Padilla. El rey entro en la villa, e matö catorze caualleros (Vic, 52, 28)

Diese Passage ist ein Beleg dafür, daß dezentrierte ( A ) V S - und zentrierte SV-Konstruktionen alternieren können. (II.3-59)

En su semana fue la fiesta de San Juan Bavtista. El Papa fizo aquel dia grand fiesta, e dixo la misa mayor. Fizo sala. Alli hera conbidado Pero Nino, e alli comia el Papa en el tinel, e comian en vna mesa solos el conde de Pallares e Pero Nino. Durante la fiesta, fueron los cosarios por la mar (ereignisbezogen-thetisch). Estando alli en Marsella, hera alli vn escudero de paraje que traya la devisa de la Banda (thetisch-präsentativ); e Pero Nino fue a el e tirogela, por quanto non la tenia del rey de Castilla. Ε en este comedio adolesgio alli Pero Nino, e venianle a uer los caualleros del Papa (Vic, 109, 19)

Diese Passage ist eine Mischung aus eindeutig thetischen und dezentriertkategorischen Aussagen (kursiv). D a ß kategorische SV-Strukturen und dezentriert-kategorische V S Strukturen zwar alternieren, aber nicht unbedingt austauschbar sind, zeigen die beiden folgenden Sätze aus Vic (das Subjektdenotat ist jeweils bekannt, das Verb ist intransitiv, beide Sätze leiten einen neuen Abschnitt ein): (II.3-6oa)

(II.3-6ob)

Ε pusoles don Fernando gente en el canpo, e peleo con ellos; e fue ben^do, e fuyo a Portogal. El rey don Enrrique fuese α Sevilla. Ε asenoreäuase el conde don Tello [...] de hesa comarca (Das Subjektdenotat des kursiv gesetzten Satzes ist im vorherigen Satz nicht erwähnt; im nachfolgenden Satz findet ein erneuter Subjektwechsel statt.) (Vic, 59, 6) estando ay el rey. Fue el rey e gercö α Toledo. Tovola cercada catorze meses. (Vic, 59, 22)

Während das Subjekt im ersten Beispielsatz hervorgehoben werden soll (Abgrenzung zu den Subjekten der beiden anderen Sätze; dies erinnert an die Funktion der SV-Anordnungen im 13. Jh.), liegt der A k z e n t im zweiten Beispielsatz weniger auf dem Aktanten als auf dem Fortgang der Handlung («er ging und...»). Speziell in Vic fällt es jedoch schwer, innerhalb des kategorischen Bereichs ein Ordnungsprinzip für die SV-Anordnung bei Verben mit einem Aktanten zu finden, da der Autor für den Bericht historischer Ereignisse sowohl aktantenzentrierte SV- als auch stärker faktumbezogene V S - A n ordnungen verwendet, und dies oft ohne erkennbaren Grund. 3.3.3.3 Bei der syntaktischen Kodierung von Äußerungen mit einem höheren «Transitivitätsgrad» als ihn die in Kap. II.3.3.3.2 besprochenen Bei270

spiele a u f w e i s e n , v e r f a h r e n die d r e i C h r o n i k e n r e c h t

unterschiedlich.

W ä h r e n d in Vic s o w o h l e i n g e l e i t e t e als a u c h u n e i n g e l e i t e t e V S - K o n s t r u k t i o n e n dieser A r t m ö g l i c h sind, sind u n e i n g e l e i t e t e K o n s t r u k t i o n e n in Luna

seltener, in Mem h a b e n wir k e i n e B e i s p i e l e f ü r d e z e n t r i e r t - k a t e g o -

rische Ä u ß e r u n g e n dieses T y p s g e f u n d e n . D i e A n o r d n u n g s m u s t e r b e i n o m i n a l e n O b j e k t e n sind w i e in d e n v o r a u f g e g a n g e n e n J a h r h u n d e r t e n V - S O n (selten: V - O n - S ) o d e r V - O p - S . D i e f o l g e n d e P a s s a g e ist ein K a p i t e l b e g i n n ; die S u b j e k t d e n o t a t e beid e r S ä t z e sind aus d e m w e i t e r e n K o n t e x t b e k a n n t . I m e r s t e n S a t z w i r k t sicherlich das initiale A d v e r b i a l i n v e r s i o n s b e g ü n s t i g e n d . (II.3-61)

En aquel tiempo gercö el rey de Portugal la giudad de Tui, que es en Galiläa. El rey de Castilla ayunto su hueste, e enviola con Rui Lopez de Aualos. (Vic, 81,7)

W e i t e r e B e i s p i e l e aus Vic: (II.3-62)

(II.3-63)

(II.3-64)

El rey don Pedro estando en Vayona de Gascuna, vinieron alii a el tres hijos del rey Aduarte de Ynglaterra [...]; e caso el rey sus hijas con los dos dellos, ca el ρπ'ηςϊρο casado hera. (Vic, 55,13) [Die Rede ist von dem König.] Dio a don Felipe de Castro a Paredes: matäronle sus vasallos, e fuyeron todos fuera del reyno; despues a dias los perdono el rey, e tornaron al reyno. Ε did el rey a don Pedro Buyl a Huete (Vic, 58,12) [Die Rede ist von Pentiselea.] Ε peleaua con los griegos, ella e sus birgines muy vsadas de guerra, muy fieramente 10 . Mas a la fin matöla Diomedes. (Vic, 93, 13) (Reihung von Äußerungen mit verschiedenen Subjekten)

D e r f o l g e n d e A b s a t z enthält t y p i s c h e «narrative I n v e r s i o n e n » mit S u b jektpronomina: (II.3-65)

Ε acae^io que vn dia estaua Juan Nino a su mesa, con fasta veynte honbres suyos, e vinieron los otros con mucha gente contra el; el levantose de la mesa (kein Subjektwechsel!), e fue a ellos, e fallolos agerca de su casa. Peleo con ellos, e matö el por su mano del a el Juan Gongälez de Valdolmos [...] e Juan Nino fizoles poner vna escala; e subiendo a ellos, matäronle vnos quatro ο (jinco honbres. Despues subio el α ellos, e entrolos por fuerga; el con su gente matö e prendiölos todos. (Vic, 61, 26)

D i e f o l g e n d e P a s s a g e zeigt die g a n z e B a n d b r e i t e der in Vic

möglichen

VS-Anordnungen: (II.3-66)

10

Esto pasado, diose la villa al rey (thetisch). El ovo piedad de los por ende heran; e tomö el rey la villa (dezentriert-kategorisch), e mandola derribar. El conde, segünd que suso dixe, era ydo ya a Vayona. El rey levanto de alli su real, e vinose para Leon. En aquella gerca ovo Pero Nino muchos golpes e feridas de lat^as e

Hier handelt es sich um eine rechtsversetzende Struktur ohne Kongruenz zwischen Subjekt und Verb. 271

espadas por otras armas, en que el paso grandes trauajos. Desde a poco tiempo, volbiose la guerra con Portugal (thetisch). El rey de Castilla ayunto su hueste en Salamanca, e enviola con Rui Lopez de Aualos. Ε Pero Nino auia ya honbres e casa, e encomendole el rey a Pero Nino (dezentriert-kategorisch) que lo llevase consigo, de la qual Pero Nino ovo muy grand plazer, e aiin el mesmo le procuraua. El lo llevo consigo, e el fizo sienpre muy buena conpania [...]. Ε don Rui Lopez llevo la hueste del rey, e fue a Ciudad Rodrigo, [...]. Alii mando don Rui Lopez a Pero Nino que tomase el cargo de la gente a la entrada de la 9ivdad (dezentriert-kategorisch), e mando a la gente que fuesen con el. [...] (Vic, 78, 28) D e r n ä c h s t e A b s a t z ist ein B e i s p i e l f ü r die R e i h u n g «narrativer I n v e r s i o n e n » mit v e r s c h i e d e n e n S u b j e k t e n : (II.3-67)

Este ano siguiente οοπιβηςό a reynar en Aragon don Fernando, fijo del rey don Martin. Andando el ano del Nas^imiento del Senor de mill quatrocientos e treze aftos [...] partio el Rey de Castilla de Valladolid [...]. Ε este ano conquistö el rey don Fernando de Aragon al conde de Urgel [...] Ε partio el Rey de Toro, e fuese a Salamanca. (Luna, 16, 2 9 - 1 7 , 3)

In d e m n ä c h s t e n B e i s p i e l w e r d e n d e z e n t r i e r t - k a t e g o r i s c h e

Konstruktio-

n e n mit d e m g l e i c h e n S u b j e k t gereiht: (II.3-68)

Ε el Rey, viendo la grand virtud e bondad del conde Älvaro de Luna como crescia de dia en dia, continuando en su servicio, e la su grand cordura e discregion, a diez dias del mes de diziembre de aquel ano fizolo el Rey su Condestable en los sus reynos [...]. Ε diole el Rey con aquella dignidad a Castil de Bayuela (Luna, 52,12) (vgl. auch oben Satz II.3-56)

I m f o l g e n d e n Passus m a r k i e r t die d e z e n t r i e r t - k a t e g o r i s c h e K o n s t r u k t i o n e i n e n S c h l u ß p u n k t (es h a n d e l t sich u m d e n letzten S a t z d e s K a p i t e l s ) , signalisiert also e i n e n m a r k a n t e n P u n k t in d e r E r z ä h l u n g . (II.3-69)

Ε el Infante e los que con el eran partieronse del cerco, e fueronse, asi por lo que don Älvaro assento con ellos, como por saber de aquellas gentes como venian poderosamente a desgercar al Rey. En esta guisa quedo el Rey libre (vgl. oben Kap. 3.3.2), e sirviö don Älvaro de Luna al Rey, e puso sosiego en los sus reynos. (Luna, 46, 7)

D i e B e t o n u n g im kursiv g e s e t z t e n S a t z d e s f o l g e n d e n A b s c h n i t t s liegt a u f d e m rhematischen Objekt11:

" Strukturen mit der VSO-Anordnung beobachtet auch Javens (1965, 280): «The verb was used first in a sentence pattern in order to impart an emotional stress to the action, while the complement could be stressed logically by placing it last. In such sentences, one must decide whether the stress is logical and on the complement or emotional and on the verb». 272

(ΙΙ·3-7°)

Estando alii nascio al rey de Nauarra un fijo (thetisch-präsentierend), que ovo nombre Carlos, e convido el rey de Navarra por compadres al Rey de Costilla e al conde don Alvaro de Luna. Ε partiö el conde don Alvaro con el Rey, e fueron a Toledo a tener los Todos Sanctos (Luna, 50, 11)

Der folgende Beleg ist eines der wenigen Beispiele für «narrative Inversion» mit initialem Adverbial in Mem: (II.3-71)

Y de alli sacaron los dichos caualleros vna gran presa de vacas y bueyes (Mem, 50, 5)

Wie im 13. und 14. Jh. bilden Verb und D O in «narrativen» V-On-SStrukturen meist eine Einheit. Der folgende Satz weist sowohl ein D O als auch ein I O zwischen Verb und Subjekt auf: (II.3-72)

Pidio licencia al Rey el ynfante por veynte dias (Luna, 72, 6) 12

Die Beispiele zeigen, daß auch die Chronisten des 15. Jhs. die Möglichkeit hatten, mit Hilfe der Satzgliedanordnung das erzählte Geschehen unterschiedlich zu gewichten: Die Ereignisse konnten sowohl aktantenbezogen als auch geschehensorientiert dargestellt werden. Der Unterschied zu den beiden anderen Jahrhunderten liegt jedoch in der Frequenz dieser Konstruktionen. Gerade in dem Bereich der Aussagen mit postverbalem bekannten Subjekt, der auf unserer Skala (vgl. Kap. I.2.7) dem «mittleren» Bereich zuzuordnen ist, scheint das 15. Jh. eine Entwicklung fortzusetzen, die wir bereits im 14. Jh. beobachtet haben: Zur Schilderung historischer Ereignisse wird auch dann, wenn die satzsyntaktischen Bedingungen für eine «narrative Inversion» gegeben sind, v.a. in Luna und Mem die SVAnordnung bevorzugt, und zwar hauptsächlich dann, wenn der Satz einen relativ hohen Grad an «Transitivität» hat und «uneingeleitet» ist 13 . (II.3-73)

Ε el Condestable don Alvaro de Luna tovo manera con el Rey como fuese con el a celebrar la fiesta de la Condestablia a Tordesillas, e fizose asi. Ε el condestable don Alvaro ordenö alli en Tordesillas muchas fiestas, e muy ricas justas, e otros entremeses, en los quales el Rey e toda su corte ovieron mucho plazer e alegria. Ε el Condestable, que siempre los tales fechos fizo mäs honrrosos e mäs sabiamente ordenados que otro ninguno, fizo alli muchos dias sala al Rey e ala su corte. (Luna, 53, 2)

In Äußerungen mit Einleitung hat sich die Subjektnachstellung länger bewahrt.

12 13

Zur subjektfokussierenden Funktion von V O S vgl. oben Kap. II.3.3.2. Vgl. auch Richter (1903), die bezüglich der Fälle, «in denen das Verb im Erzählerton voraustritt» (73), in bezug auf das Spanische erstaunlicherweise feststellt: «Überaus häufig in der ältesten Dichtung, aber nicht in der ältesten Prosa; in den Fueros finden sich wegen des Imperativischen Inhalts keine Beispiele, aber auch in der Cronica general, im Livro de los Enxemplos, den Werken D. Juan Manuels, im Amadis sind die Belege selten. U m so gewöhnlicher ist die Stel-

273

Die Austauschbarkeit beider Anordnungsmuster wiederum zeigen die folgenden Sätze, die jeweils in Anschluß an eine längere Passage in direkter Rede stehen: (II.3-74) (II.3-75)

Ε fizo el Condestable fin a su razonamiento. (Luna, 61, 1) El Condestable fizo fin a la fabla, e los embaxadores presciaron mucho la respuesta [...] (Luna, 56, 8)

3.3.4 Kopulative Konstruktionen Die Chroniken des 15. Jhs. unterscheiden sich in bezug auf die Satzgliedanordnung im Bereich der rein kopulativen Strukturen nur wenig von den Chroniken des 14. Jhs. 14 . Zur Personencharakterisierung dient in allen Chroniken fast ausschließlich die SV-Anordnung, auch dann, wenn das Subjekt das Merkmal [+neu] hat. (II.3-76) (II.3-77)

El conde don Enrrique hera ya rey (Vic, 5 5 , 1 8 ) Este ano fue muy seco e menguado de aguas (Luna, 17, 4)

Äußerungen mit VS-Konstruktionen (mit Ausnahme der passivischen Sätze, vgl. Kap. II.3.2.1.3) dienen entweder der emphatischen Fokussie rung des rhematischen Elements, der Subjektfokussierung oder der Kodierung einer resümierenden Schlußfolgerung aus einem Geschehen. In diesem letzten Fall sind die Äußerungen thetisch. (II.3-78)

(II.3-79) (II.3-80) (II.3-81)

Como quiera que el escändalo fue grande entre todos, grandes fueron las amenagas que ficieron a don Alvaro estos grandes que con el Rey estaban (Luna, 33, 23) mas tanta hera la su justi^ia (Vic, 48, 21) ca eston^e hera rey de Granada el rey Mahomat (Vic, 57, 22) y asi quedaron los reyes mucho conformes y amigos. (Mem, 42, 28)

3.3.5 Konstruktionen mit verba dicendi In den Chroniken Luna und Mem dominiert in allen in Kap. II. 1.3.6 genannten Kontexten die SV-Anordnung; Beispiele wie (II.3-82)

Ε fablo don Älvaro con el Rey (Luna 33,12)

sind die Ausnahme. In Vic hingegen wird eindeutig die Subjektnachstellung vor direkter und indirekter Rede bevorzugt. Auch hier zeigt sich wieder die Nähe dieser Chronik zu den Chroniken des 13. Jhs. (und zu der ebenfalls konservativen CD Ρ): (II.3.-83)

14

Ε dize aqui el avtor que [...] (Vic, 49, 5)

lung seit dem 15. Jh. und immerfort» (77). Ihre Beispiele fallen z.T. aber auch in den Bereich der thetischen Äußerungen. Bezüglich der Kodierung von Äußerungen, die das situationeile Dasein ausdrücken, vgl. Kap. II.3.2.

274

3-4 Syntaktische Kontextbedingungen 3.4.1 Die Wortstellung bei transitiven Verben Im Vergleich zum 14. Jh. hat die Zahl der (A)VS-Konstruktionen mit transitiven Verben zumindest durchschnittlich erneut abgenommen. Von der Gesamtzahl aller HS mit explizitem Subjekt und transitivem Verb weisen in Vic 28,1%, in Luna 25,2% und in Mem sogar nur 4,8% die VS-Anordnung auf 1 5 . Man sollte hier natürlich nicht den Fehler machen, die für Mem ermittelten Zahlen im Hinblick auf andere historiographische Texte des ausgehenden 15. Jhs. zu verallgemeinern. Sicherlich ist dieser Text hinsichtlich der Satzgliedanordnung aufgrund seiner Eigenwilligkeit nicht immer repräsentativ, er weist aber u.E. doch voraus auf die künftige Entwicklung des Kastilischen in diesem Bereich der Syntax.

3.4.2 Wortstellung und «Einleitung» Bezüglich der Konstruktionen mit satzeinleitendem Adverbial ergibt die Auswertung der Daten folgendes Bild: Von allen eingeleiteten Sätzen (dazu zählen wir wiederum nicht die ef/j-efij-Strukturen) weisen in Vic nur 16 % die SV-Anordnung auf, in Luna hingegen 36,7 % und in Mem sogar 59,8%. Vergleicht man damit die Zahlen für das 14. Jh., kann man bezüglich Vic und Luna zwar kein signifikantes Anwachsen der SV-Struktur bei mit Adverbial eingeleiteten Sätzen feststellen, die hohe Zahl dieser Strukturen in Mem läßt aber doch auf einen Wandel schließen, insbesondere dann, wenn man die Zahlen des 13. Jhs. vergleichend hinzuzieht (PCG: 7 % , GE: 12,6%). Während man bei Vic noch davon ausgehen kann, daß Sätze mit satzinitialem Adverbial mit größter Wahrscheinlichkeit ein invertiertes Subjekt aufweisen, ist dies bei Mem nicht mehr der Fall. Was nun den Anteil der VS-Konstruktionen an der Gesamtzahl der uneingeleiteten Äußerungen anbelangt, deutet sich ein Rückgang dieser Konstruktionen an (man beachte insbesondere die für die GE (48,3%) und Mem ermittelten «Eckdaten»). Für die Chroniken des 15. Jhs. ergeben sich folgende Werte: In Vic haben 35,8 % der uneingeleiten Äußerungen die VS-Struktur, in Luna sind es 32,3 % und in Mem nur noch 21,5 % . Allerdings verlief auch hier die Entwicklung vom 13. bis zum 15. Jh. keineswegs geradlinig.

15

Ein ähnliches Bild entsteht, wenn man den Prozentsatz der Äußerungen mit der Merkmalkonfiguration [VS/+tr] auf die Gesamtzahl der Äußerungen mit VS-Konstruktion ermittelt: Vic\ 19,6%, Luna: 1 9 % und Mem: 8 % .

275

3-5

Zusatzkorpus: Libro de los Exenplos por A.B.C.

3.5.1 Einleitung Das von dem clerigo d e m e n t e Sanchez de Vercial (ca.1370-1438) verfaßte Libro de los Exenplos por A.B.C. (A.B.C.)16 ist eine der umfangreichsten Exempelsammlungen des spanischen Mittelalters. Die einer Fülle verschiedener Quellen entstammenden 529 Exempla sind alphabetisch angeordnet und dienten vermutlich der Illustration von Predigten, d e m e n t e Sanchez schrieb seinen Text zunächst auf Latein, übersetzte ihn dann aber selbst ins Kastilische. Aus der Widmung geht hervor, «que proponia de copilar un libro de exenplos por a.b.c. et despues rreduzirle en rroman^e, por que non solamente a ti mas ahun a los que non saben latin fuese solaz». John Esten Keller merkt in der Einleitung der in Anm. 16 zitierten Ausgabe an: «es uno de los importantes vinculos entre la literatura antigua cläsica y las obras de la ültima parte de la Edad Media espanola y prepara el advenimiento de la madurez del arte narrativo» (19-20) 1 7 . d e m e n t e Sanchez' Exempla sind Geschichten unterschiedlicher Länge, die in ihrem Aufbau und ihrem stark dialogischen Charakter wie die Beispiele des Luc an Volkserzählungen erinnern, ohne jedoch wie diese eine elaborierte Rahmenhandlung aufzuweisen. Alle bereits im Zusammenhang mit dem Conde Lucanor erhobenen Bedenken gegen einen Text dieser Gattung als alleinige Grundlage einer Untersuchung der akast. Satzgliedanordnung gelten auch für A.B.C.

3.5.2 Quantitative Erfassung der Daten Was die Wortstellungsmuster S V und V S anbelangt, dominiert in A.B.C. wie in Luc ganz eindeutig die SV-Anordnung. «In both independent and dependent clauses, ABC has a greater proportion of anteposed subjects than any other text analysed» (England 1979, 145) 18 · Er hat dabei folgende Zahlenverhältnisse ermittelt (1979,42,184; vgl. auch Anm. 66 von Kap. II. 1.5): S-V: 66,5% Sp-V: 96,3% V-S: 33,5% V-Sp: 3 , 7 %

16

17

18

Vgl. England (1979), Lopez Estrada (1983), Garcia y Garcia (1974). Wir zitieren nach folgender Ausgabe: d e m e n t e Sanchez de Vercial, Libro de los exenplos por Α. B. C., ed. critica por John Esten Keller, Madrid (CSIC) 1961. Die Zahlen hinter den Beispielen beziehen sich auf Seite und Zeile. England (1979, 37) merkt im Zusammenhang mit A.B.C. an: «Dag Norberg, in his Manuel pratique du latin mediival (Paris, 1968), p. 19g makes the important point that medieval narrative prose in Latin is itself influenced in word order by the vernacular languages». England (1979) hat die Exempla 1 - 7 0 , 180-250 und 368-438 untersucht; vgl. auch Javens (1965).

276

Der von uns untersuchte Textausschnitt umfaßt 290 Hauptsätze mit explizitem Subjekt19. S-V: 73,8% V-S: 26,2% Aufgegliedert in nominale und pronominale Subjekte (nur Personalpronomina20!) bedeutet dies: Sn-V: 63,1 % Sp-V: 97,1 % V-Sn: 36,9% V-Sp: 2,9% Auch hier entsprechen die Zahlen weitgehend den für die Chroniken ermittelten Werten, besonders deutlich ist die Übereinstimmung mit Mem2·1. Die Fragen, die wir an A.B.C. stellen werden, sind die gleichen wie bei Luc: Welche Prinzipien liegen der Linearisierung von Subjekt und Verb zugrunde, m.a.W., in welchen Äußerungstypen findet sich bevorzugt die SV- und in welchen die VS-Anordnung? Da die Unterschiede zwischen Luc und A.B.C. im Bereich der Anordnung der wichtigsten Satzkonstituenten gering sind, können wir uns an dieser Stelle auf wenige zusammenfassende Bemerkungen beschränken und verweisen speziell in bezug auf die textkonstitutionellen Merkmale dieser Art mittelalterlicher Literatur auf unsere Ausführungen zu Luc. 3.5.3

Analyse

3.5.3.1 Thetische Aussagen können wie bei Luc unabhängig von der Aktantenstruktur der Sätze mit VS serialisiert werden, allerdings wird diese Anordnung am konsequentesten bei Verben mit nur einem Aktanten verwendet. (a) Die wichtigste Untergruppe sind die daseinssetzenden und ereignisbezogenen thetischen Äußerungen mit einem Aktanten und satzeinleitendem Adverbial: (II.3-84) (II.3-85) 19 20 21

en el primero golpe salio un poco de sangre, e en el segundo salto una sortija (36, 257) Ε un dia venieron muchos cavalleros con grand priesa (37, 291)

Untersucht wurden die Kapitel 1 - 2 3 (S. 29-46) und 3 1 1 - 3 2 4 (S. 243-252). Von den 290 Hauptsätzen weisen 69 ein Subjektpronomen auf (23,8%). Um nicht den Eindruck zu vermitteln, daß die Entwicklung im Bereich der Gattung «Exempelliteratur» im Gegensatz zu den historiographischen Texten geradlinig verlaufen sei, seien an dieser Stelle kurz die Ergebnisse von England bezüglich des Especulo de los legos (1447) zitiert (1979, 42, 184): S-V: 52,3 % Sp-V: 65,7%; V-S: 47,7% - V-Sp: 34,3%. Im Vergleich zum lateinischen Text gibt es nach England (1979, 159) in der kastilischen Version von A.B.C. mehr VS-Strukturen. Eine genauere Studie müßte bei der Untersuchung dieser Exempelsammlungen das Verhältnis zwischen dem akast. Text und seiner/seinen Quelle(n) unbedingt im Rahmen eines Übersetzungsvergleichs klären. Crabb (1955, 43) hat übrigens für den Corbacho 34,3 % VSO-Strukturen ermittelt.

277

(11.3-86) (II.3-87)

Ε ellos estando en esta contienda, paso la rrapossa (244, 8411) Ε partiendose de los que labravan, descendio una nuve pequefta sobre la cabega suya (252, 8706)

Hierher gehören auch passivische Konstruktionen wie: (II.3-88) (II.3-89)

e en el terfero torgiose el cochillo (36, 258) Otrosi en el monesterio de Institi fue fecho convento (30, 47)

SV-Anordnungen mit einem Aktanten sind in der Regel kategorisch: (II.3-90)

Ε estando ellos casados, aquel man^ebo no entrava en la iglesia (44, 599)

Die Ausnahme sind texteinleitende Sätze mit nicht vorerwähntem Subjekt, die in Α. B. C. bis auf wenige Ausnahmen mit SV gebildet werden. (II.3-91) (II.3-92) (II.3-93)

En un monesterio un flayre peco (29, 40) Un joez vino a ver al abbat Moysen e unos clerigos venieron delante e dixieron: (31, 94) Un hombre mucho bueno fue acusado por inbidia e era devoto a la Virgen Maria (33, 166)

(b) Ereignisbezogene thetische Aussagen mit zwei Aktanten und VSStellung sind möglich, hier sind aber SV-Anordnungen auch außerhalb der die Exempel einleitenden Sätze häufig. VS-Strukturen werden v. a. dann verwendet, wenn der Satz entweder die Struktur E A + Emp/Exp hat oder wenn es, wie oft am Ende des Exemplums, um die Begründung oder die Rechtfertigung eines Verhaltens geht. In VSSätzen vorhandene Objekte sind ausschließlich pronominal. (II.3-94) (II.3-95) (II.3-96)

Ε ansi le dio Dios lo que merescio e libra al innogente devoto a la Virgen Maria (33, 177) e cayosele el queso en tierra e tomolo luego la rraposa e comiolo (35, 227) (vgl. Kap. II.2.6.3.1 für einen sehr ähnlichen Satz in Luc) [Eine unschuldige Frau soll umgebracht werden, doch Gott rettet sie.] Ε assi muerta levavanla los clerigos (36, 261)

Wesentlich häufiger als in den bislang besprochenen Texten dieser Gattung sind SVO-Konstruktionen mit nicht vorerwähntem Subjekt, die ebenfalls bevorzugt texteinleitend verwendet werden. (II.3-97) (II.3-98)

Un ombre acusava a su mugier de adulterio e dixole que [...] (35, 253) Un sabio dixo una fablilla fermossa, sy fuere bien entendida, ssegun se por ella entiende. Un senor tenia un can muy noble de muy grand fortaleza [...] (42, 495)

Textanfänge dieser Art mit indefinitem Subjekt sind auch in modernen Märchensammlungen ganz geläufig. Das nächste Beispiele zeigt, daß kategorische Konstruktionen auch außerhalb der eigentlichen Textanfänge für Sätze mit thetischen Inhalten eintreten können: 278

(II.3—99)

Ε passando un dia por una botica llena de especias, sentiendo el olor de las especias, que non avia costunbrado, cayo en tierra commo muerto. Ε allegaronsse muchos alii e entre si preguntavanle donde acaes^iera. Ε un fisico sabio, desque sopo que andava e conversava en los establos onde avia fedor, fizo luego traer estiercor e pusogelo a las narizes. (251, 8673)

In d e r f o l g e n d e n P a s s a g e ist das S u b j e k t el diablo

z w a r nicht v o r e r w ä h n t ,

a b e r es k a n n a u f g r u n d d e s «Wissens v o n d e r W e l t » f ü r d e n L e s e r / H ö r e r t r o t z d e m das M e r k m a l [ + g e g e b e n ] h a b e n , mithin w ä r e die G e s a m t a u s s a g e also als k a t e g o r i s c h a n z u s e h e n : (II.3 -100)

(c) B e i verba

Un ombre muy honrrado, que avia nombre Eradio, tenia una sola fija, la qual tenia propuesto de poner en un monesterio de monjas por servir a Dios; mas el diablo que es enemigo del humanal linaje, desque entendio esto, encendio un siervo del dicho Eradio muy fuertemente en amor de aquella moga. (43, 535) dicendi

ü b e r w i e g t z w a r die V S - A n o r d n u n g , S V ist a b e r

e b e n f a l l s sehr häufig. Z w i s c h e n Ä u ß e r u n g e n mit S V u n d V S b e s t e h t kein erkennbarer pragmatischer Unterschied: (II.3-101) (II.3-102) (II.3-103)

Ε Ε Ε el

preguntaronle los flayres: (30, 51) dixo la rraposa: (35, 222) el fijo rrespondio e dixo: - Segund creo, tengo giento. Ε dixo padre: - Cata que el philosofo dixo; (38, 353)

E n g l a n d (1979, 154) m e r k t d i e s b e z ü g l i c h an: Almost all transitive and copulative verbs have a large majority of anteposed subjects, with the important exception of contar and dezir. The preference for subject postposition with verbs of speech is not as large as in the texts translated from Arabic or Latin, but usage in ABC is closer to the translations than it is to either Lucanor or Castigos. 3.5.3.2 W a s die nicht-thetischen K o n s t r u k t i o n e n a n b e l a n g t , so wird d e r e i g e n t l i c h e H a n d l u n g s a b l a u f i n n e r h a l b d e s E x e m p l u m s w i e i m Conde

Lu-

canor bis auf w e n i g e e r e i g n i s b e z o g e n e V S - S t r u k t u r e n mit S V - A n o r d n u n g e n w i e d e r g e g e b e n . D a s h e i ß t , d a ß die E r z ä h l u n g / d a s G e s c h e h e n a k t a n t e n b e z o g e n p r ä s e n t i e r t wird, w o b e i es u n e r h e b l i c h ist, o b ein S u b j e k t w e c h s e l v o r l i e g t o d e r nicht. (II.3-104)

Ex. 8 «El que a otro pone pecado el dano a el es tornado» Un hombre mucho bueno fiie acusado por inbidia e era devoto a la Virgen Maria. Ε fue acusado por inbidia acerca de su senor que amava a su mugier. El senor judgo que lo echasen en elfuego. Ε este cavallero, su senor, mando a uno que tenia su forno que a cualquier que el le enbiase otro dia de manana, que luego lo langasse en el forno. Ε otro dia el senor enbio a aquel que hera acusado de buena manana [...] (33, 166)

(a) D e z e n t r i e r t e k a t e g o r i s c h e Ä u ß e r u n g e n mit V S - S t r u k t u r e n gibt es n u r w e n i g e . V S - K o n s t r u k t i o n e n mit p o s t v e r b a l e m , b e k a n n t e m

Subjekt 279

treten allenfalls in Sätzen mit relativ niedriger «Transitivität» auf, und ihr pragmatischer Status kann oft nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden. Es handelt sich hier v. a. um Äußerungen mit Verben des Gehens/Kommens, die ja auch in den Chroniken des 15. Jhs. der bevorzugte Kontext für die Subjektnachstellung waren. (II.3-105)

(II.3-106)

Ε el soldan, despues de muchos joyzios et ijierta expiren^ia e prueva, un dia Hämo al esclavo e levolo al bano consigo. Ε entraron ambos desnudos en el bano. (246, 8490) Commo Alexandre oviesse tornados los castillos e palizados de madera donde estava aposentado el rrey Dario con su madre e diversos parientes suyos del dicho Dario, e veniese Alexandre con un cavallero mancebo fermoso e graciosso llam[ad]o Enfestio por fablar con los parientes de Dario (247, 8521)

Dort wo «narrative Inversionen» möglich wären, gebraucht demente Sanchez die SV-Anordnung: (II.3-107)

Ε el, desque se vio assy aquexado, buscava quien le acorriesse en aquella cueta, e el fue al primero amigo que mucho amava e dixole: (37, 293)

(b) Steht ein nominales oder pronominales Objekt bzw. ein Adverbial als nicht konformes Thema an der Satzspitze, wird das Subjekt dem Verb meist nachgestellt. Dies gilt in der Regel dann, wenn das Objekt demonstratives esto ist. (II.3-108)

Ε esto fazia el diablo por que [...] (31, 83)

Allerdings ist auch die OSV-Anordnung, anders als in den Texten der vorausgegangenen Jahrhunderte, sehr häufig22: (II.3-109) (II.3-110)

Ε desto ninguno non se deve maravillar que puede ser (245, 8438) e esta dignidat muchos rrusticos la tovieron e ovieron (zit. nach England 1979, 150)

Subjektfokussierung liegt in folgendem Satz vor: (II.3- HI)

e por esta rrazon deven ser para los ninos elegidas amas que sean sanas de sus cuerpos (246, 8477)

(c) Typisch für A.B.C. ist die Tatsache, daß nach satzinitialem, rahmenbildendem Adverbial bei kategorischen Äußerungen in der Regel keine Subjektpostposition eintritt; AVS-Strukturen sind ausgesprochen selten. Weist der Satz ein Adverbial auf, wird entweder die A S V oder die SAV-Anordnung verwendet23. 22

23

Vgl. England (1979, 150): «ABC contains more examples of the order O-S-V than any other text». Vgl. England (1979, 149): «ABC is the only text analysed in which a preceding adverbial clause increases the likelihood of subject anteposition». Bezüglich der SAV-Anordnung meint er: «it is possible that the classical latin fondness for this order had an influence on d e m e n t e Sanchez» (150). 280

(II.3-112)

(II.3-113) (II.3-114)

Ε por aventura el monje por tal ayuno perdiera el cuerpo e el anima [...]. Ε despues este monje vivio algund tiempo, contra la mentira del diablo. (31, 87) Ε luego la leona estudo queda (248, 8586) Eston^e el soldan para provar si era verdat, fizo quebrantar la piedra e fallo ende el gusano engerrado. (245, 8436)

(d) S u b j e k t p r o n o m i n a s t e h e n w i e in Mem

ausschließlich v o r d e m V e r b

(die b e i d e n e i n z i g e n A u s n a h m e n sind O - V - S p - S t r u k t u r e n ) . D i e w i c h tigsten G r ü n d e z u r S e t z u n g d e s S p sind D e s a m b i g u i e r u n g u n d K o n trastierung. (II.3-115)

(II.3-116) (II.3-117)

Un ombre acusava a su mugier de adulterio e dixole que lo confessase por que excussase muchos tormentos. Ella respondio: (35, 253) Y o mate este ombre [...], e yo que lo fize, esto libre. (40, 451) Ε el fue alia, e la leona vino a el por le fazer mal. Ε el queriala tomar, mas ella fuyo. (248, 8583)

O f t m a l s ist d e r G r u n d d e r S p - S e t z u n g j e d o c h nicht ersichtlich: (II.3-118) (II.3-119)

Ε el buen ombre fallolos como muertos. [...] Ε ellos arrepentieronse de todos los males (30, 72) Ε el, desque se vio assy aquexado, buscava quien le acorriesse en aquella cueta, e el fue al primero amigo que mucho amava e dixole: (37, 293)

281

4 Die häufigsten Konstruktionen mit Adverbial in den chronistischen Texten

4.1 Einleitung Eine zufriedenstellende Untersuchung zur Adverbialsyntax gibt es bislang für das Asp. nicht, und England (1979, 46) bemerkt daher zu Recht: «this aspect of word order has been virtually ignored for Old Spanish» 1 . Er selbst weist auf die «freedom in the position of the adverb» (291) hin, listet, seiner Methode entsprechend, die einzelnen prä- bzw. postverbalen Adverbien und Adverbialkonstruktionen auf und untersucht die jeweiligen Häufigkeitsverteilungen (1979, 260-282). Die Frage nach der Funktion des Adverbials im Satz sowie nach der Funktion des jeweiligen Satzes im Kontext wird jedoch nicht gestellt, so daß seine Ausführungen insgesamt unbefriedigend bleiben. Ähnlich geht auch Elvira Gonzalez (1988) vor, der zwar auf die Häufigkeit der Subjektinversion nach satzinitialem Adverbial hinweist, den kommunikativ-pragmatischen Status dieser Äußerungen jedoch völlig außer acht läßt2. Alle anderen bislang zur asp. Wortstellung erschienenen Beiträge gehen auf die Stellung des Adverbials und ihre mögliche Bedeutung für die Position des Subjekts nicht oder nur sehr am Rande ein. Es geht uns in den folgenden Abschnitten nicht um eine vollständige Beschreibung der Adverbialsyntax im Asp., d.h., um eine differenzierte Untersuchung der unterschiedlichen kategorialen Füllungen der einzelnen Adverbiale, ihrer Bedeutungsvielfalt oder der jeweiligen Kombinations- und Positionsmöglichkeiten im Satz, sondern lediglich um ergänzende Bemerkungen zu unseren Ausführungen in den Kap. II.i., II.2. und II.3. 3 . Gegenstand unserer Ausführungen sind die valenzfreien Adver1 2

3

Für das 16. Jh. vgl. Keniston ( 1 9 3 7 , 5 6 8 - 5 8 9 ) . Die Bedeutung des funktionalen Aspekts betont Meyer-Hermann (1989, 291): «selbst wenn also festgestellt werden könnte, daß etwa Sätze mit initialem L o kal- und Temporaladverb Subjektnachstellung aufweisen, ist damit die kommunikative/interaktive Funktion der Subjektnachstellung noch nicht erklärt. Die statistische Signifikanz der Korrelation von satzinitialem A d v e r b und Subjektnachstellung ist keine funktionale Erklärung der Subjektnachstellung». Was die Beispiele anbelangt, kommt es in diesem und den folgenden Kapiteln gelegentlich zu Überschneidungen mit den Kap. II.i, II.2 und II.3. D a der U m fang der Beispiele jedoch variieren kann und außerdem der zu illustrierende

282

b i a l e o d e r , in d e r T e r m i n o l o g i e v o n K o t s c h i ( 1 9 9 1 ) , die P - Z i r k u m s t a n t e n , w i e sie in u n s e r e n T e x t e n v.a. in satzinitialer Position e r s c h e i n e n 4 . I m R a h m e n u n s e r e r T h e m e n s t e l l u n g i n t e r e s s i e r e n uns i n s b e s o n d e r e

Sätze

mit satzinitialem A d v e r b i a l , u n d z w a r erstens in H i n b l i c k a u f die Position d e s j e w e i l i g e n S u b j e k t s i m S a t z u n d z w e i t e n s in H i n b l i c k auf die k o n textuelle Funktion der verschiedenen Ä u ß e r u n g s t y p e n . Wir werden zunächst die h ä u f i g s t e n an d e r S a t z s p i t z e a u f t r e t e n d e n A d v e r b i a l e vorstell e n u n d uns d a n n n a c h d e r A n o r d n u n g d e r d e m A d v e r b i a l f o l g e n d e n Satzkonstituenten sowie nach möglichen Häufigkeitsverteilungen der A n o r d n u n g s m u s t e r in d e n e i n z e l n e n J a h r h u n d e r t e n f r a g e n . D i e A u s f ü h r u n g e n sind d a b e i stets i m Z u s a m m e n h a n g mit d e n B e o b a c h t u n g e n z u d e n mit A d v e r b i a l e i n g e l e i t e t e n Ä u ß e r u n g e n in d e n T e i l e n I I . i , II.2 u n d II.3 zu sehen.

4.2

A r t und F u n k t i o n der satzinitialen

Adverbiale

4.2.1 Z u r F u n k t i o n D i e mit A b s t a n d h ä u f i g s t e K o n s t r u k t i o n mit A d v e r b i a l in d e n chronistis c h e n T e x t e d e s 13., 14. u n d 15. Jhs. sind s o l c h e Ä u ß e r u n g e n , in d e n e n a m S a t z a n f a n g t e m p o r a l e u n d l o k a l e A d v e r b i a l e s t e h e n , die als «raumzeitliche K o o r d i n a t e n e i n e s m i t z u t e i l e n d e n G e s c h e h e n s »

(Wandruszka

1984, 30) f u n g i e r e n 5 . M o d a l - u n d I n s t r u m e n t a l b e s t i m m u n g e n

4

5

spielen

Sachverhalt jeweils ein anderer ist, werden die Primärzitate in jedem Hauptkapitel neu durchnumeriert. Es geht also um nicht-valenzabhängige Satzglieder, die sich auf Propositionen beziehen, «die in dem Sinne als «vollständig» bezeichnet werden können, daß sie aus einer abgeschlossenen prädikativen Struktur bestehen und daher für sich allein bereits eine Sachverhaltsdarstellung repräsentieren können» (Kotschi 1991, 129), d.h., im weitesten Sinne um Temporalangaben, Lokalangaben und adverbiale Nebensätze. Zum generellen Problem der Abgrenzung von A k tanten und Zirkumstanten vgl. Koch/Krefeld (1991). Wir werden in den folgenden Ausführungen nicht zwischen adverbialem NS und Adverb unterscheiden. Eine genauere Untersuchung müßte hier natürlich prüfen, inwieweit auch die Art des Adverbials Auswirkung auf die Anordnung der folgenden Satzkonstituenten hat. Englands Ergebnisse deuten zumindest darauf hin, daß nach einem satzeinleitenden Adverbialsatz die SV-Anordnungen häufiger sind als nach einfachem Adverbial. Vgl. Ulrich (1985, 27, Anm. 27): «Denn die Temporal- und Lokaladverbien fungieren eben nur als einer Äußerung, deren Informationsstruktur zwar eine binäre, d.h., eine zweigliedrige, jedoch auch eine eingliedrige, d.h., nicht teilbare sein kann. Die Funktion der Lokal-, Temporal- und auch der Modaladverbien, unabhängig davon, ob sie in satzinitialer Position stehen oder nicht, besteht darin, jeweils den Raum, die Zeit oder die Art und Weise anzugeben, d. h., die Umstände zu präzisieren, in denen eine Feststellung, ein Ereignis oder eine Handlung etc. eingebettet ist». Vgl. auch Elvira Gonzalez (1988, 345): «el orden lingüistico viene determinado por una norma cuyos fundamentos no son estrictamente formales, sino subjetivos ο psicologicos y consisten en enun283

demgegenüber eine relativ marginale Rolle, und auch Satzadverbiale wie ζ. B. por aventura, ciertamente, por ende oder sin dubda sind im Vergleich selten6. Wir beschränken uns im folgenden auf die Untersuchung von Hauptsätzen, die eine Zeit- und/oder Ortsbestimmung enthalten7; eine ausführlichere Arbeit, die sich an Wandruszka (1982) orientieren könnte, müßte natürlich auch andere Adverbialtypen miteinbeziehen und auch auf die Adverbialkonstruktionen in Nebensätzen eingehen. Die genannten Adverbiale können grundsätzlich mehrere Funktionen haben (vgl. auch Kap. I.2.5.2): (a) Es sind in erster Linie «thematische Rahmenelemente» (Wandruszka 1982, 2 1 1 ) , d.h., sie präzisieren die zeitlichen bzw. räumlichen Umstände, in denen ein Ereignis oder eine Handlung eingebettet ist; «nicht über sie, sondern über etwas innerhalb dieses Rahmens wird gesprochen» (Wehr 1984, 3). In Blumenthals Terminologie handelt es sich hier um Konstituenten mit sehr geringem CD-Grad 8 . Diese Funktion können Adverbiale des genannten Typs, deren Skopus in der Regel relativ weit ist, sowohl in Äußerungen mit eingliedriger als auch mit zweigliedriger Informationsstruktur haben. (II.4-1)

Alli murio vn buen cauallero (Vic, 9 7 , 1 9 )

(b) Ein solches Adverbial kann aber auch selbst einmal das eigentliche Thema der Mitteilung sein, über das etwas ausgesagt wird; in dieser Funktion hat es allerdings eher den Status eines Aktanten als den eines Zirkumstanten. Die Frage, ob ein Zirkumstant zum propositionalen Kern einer Aussage gehört oder nicht, ist jedoch mitunter schwer zu beantworten9. Wichtig ist in diesem Zusammenhang der

6

7

8

9

ciar primero una serie de circunstancias de tiempo, lugar ο modo que permiten introducir la parte mäs informativa del discurso. Se trata, ya lo hemos dicho, de una disposition del mensaje que va de lo conocido a lo desconocido». Vgl. auch A n m . 105 von Kap. I.2.4. Satzadverbiale treten bevorzugt satzinitial auf; eine ihrer wichtigsten Funktionen ist es, die «Stellungnahmen des Sprechers zu Vorgängen/Zuständen bzw. ihrem Stattfinden/Bestehen» auszudrücken (Wandruszka 1982, 159). Vgl. dazu auch Gil (1995). Für das Nfr. hat Blumenthal (1975, 1980a) hier sehr anregende Beobachtungen zusammengetragen, die als Folie einer umfassenderen Studie der Adverbialsyntax des Spanischen sicher hilfreich wären. «Ich betrachte den thematischen Wert einer Angabe als Funktion ihrer Fähigkeit, den syntaktischen und semantischen Rahmen einer Äußerung darzustellen; je deutlicher eine Information Hintergrundscharakter hat, desto thematischer ist sie und desto weiter links ist sie auf der CD-Skala einzuordnen» (1975, 314-315)· Vgl. dazu das unserer Einordnung zugrundeliegende, in Kap. I.2.5.2 genannte Kriterium, das uns als (vorläufige) Arbeitsgrundlage dient. Z u m Problem der Themaidentifikation im Falle einer Äußerung mit Adverbial, vgl. Wandruszka (1982, 1 9 4 - 1 9 5 ; 2 1 0 - 2 1 1 ) . Vgl. auch Wehr (1984, 2 - 3 ) : «Es ist fraglich, ob man

284

semantisch-referentielle Status des Subjekts, von dem der Grad der Äußerungszentrierung entscheidend abhängt: Handelt es sich um ein nicht vorerwähntes Subjekt, ist die Wahrscheinlichkeit, daß das anaphorische Adverbial das eigentliche Thema, das M T Z der Äußerung ist, relativ hoch. Letztlich ist die thematische Feinstruktur einer Äußerung jedoch abhängig vom jeweiligen Kontext. So wird in dem ersten Beispiel das Adverbial vermutlich eher als thematisches Rahmenelement, im zweiten hingegen eher als eigentliches Thema zu interpretieren sein, da das Subjektdenotat das Merkmal [+neu] aufweist und das Adverbial einen ganz deutlichen Bezug auf eine vorher genannte Einheit hat. (II.4-2) (II.4-3)

[Die Rede ist von einer Stadt.] Y de alli sacaron los dichos caualleros vna gran presa de vacas y bueyes (Mem, 50, 5) [Die Rede ist vom Rifgebirge in Nordafrika.] Destos monies nasce el rio a que llaman Tanays (PCG, 217b, 20)

(c) Das Adverbial ist rhematisch und steht in unmarkierter Position am Ende des Satzes. (II.4-4)

Entonze estaua el rey de Portugal en Coynbra, treze leguas de Viseo (Vic, 79, 20)

Durch die satzinitiale Position kann es besonders hervorgehoben werden und ist dann meist durch ein weiteres, wertendes Adverb vom Typ solo, ni siquiera verstärkt 10 . Immer rhematisch sind wertende Zeitadverbiale wie nunca und siempre (vgl. Wandruszka 1982, 134). (II.4-5)

Ε nunca mas vio el maestre a donna Leonor (CDP, 22b, 31; zu nunca vgl. England 1979, 271)

In unserem Korpus sind die satzinitialen Temporal- und Lokalbestimmungen fast ausschließlich «thematisch», und zwar in dem Sinne, daß sie einen sehr niedrigen CD-Grad haben. Speziell die Temporalangaben in den Chroniken enthalten meist einen deiktischen Rückverweis auf den Kontext, sind aber nicht das eigentliche Thema der Äußerung 1 1 . Insgesamt sind Temporalbestimmungen häufiger als Lokalangaben, was bei der Textsorte «Chronik», deren Hauptanliegen ja die erzählerische Wieder-

10

11

satzeinleitende Tempus- und Orts-Adverbiale als Topik (in unserem Sinne) interpretieren darf. Ich bin eher der Auffassung, daß sie (links-)rahmenbildende Elemente darstellen». Inhärent rhematische Modaladverbiale wie asi stehen oft am Satzanfang und sind prädikatsspezifizierend: e assi fazien los egipcianos a Moysen (GE, 307a, 49); Ε desta guisa crecio e mingo eil imperio de Roma (PCG, 66a, 34). Blumenthal (1975) unterscheidet hier noch einmal zwischen «auto-thematischen» Zeitangaben vom Typ ce soir und «satzverknüpfend-thematischen» Angaben vom Typ apres... .

285

gäbe historischer Ereignisse in ihrer zeitlichen Reihenfolge ist, keineswegs überrascht 12 .

4.2.2 Temporaladverbiale Die akast. Chroniken weisen satzinitial fast ausschließlich solche Umstandsbestimmungen auf, die den Zeitpunkt/die Zeitspanne bezeichnen, zu dem bzw. während der das durch den folgenden Satz Mitgeteilte stattgefunden hat. Es handelt sich «um die typischen settings zur Fixierung des zeitlichen Rahmens eines mitzuteilenden Geschehens bzw. der Chronologie einer Folge von Ereignissen» (Wandruszka 1982, 150; vgl. auch England 1979, 266-270). Zeitpunktangaben überwiegen im Vergleich zu den Zeitraumangaben. Temporaladverbien, die diese Zeitpunkte/Zeitspannen auch «hinsichtlich einer bestimmten Norm» bewerten (Wandruszka 1982, 135) sind selten, was bei der Textgattung «Chronik» auch nicht verwundert. Die Tendenz zur Voranstellung der Temporalangaben erklärt sich also aus ihrer satzverknüpfenden und textkonstituierenden Funktion. Sieht man von den zahlreichen satz- (und kapitel-)einleitenden Gerundial- und Partizipialkonstruktionen einmal ab, ist den mitteilungseröffnenden temporalen Nebensätzen gemein, daß sie fast ausschließlich mit deiktischen Konjunktionen, wie z.B. quando, desque, pues que, gebildet werden, die sich auf einen bereits genannten Zeitpunkt oder Zeitraum in der Vergangenheit beziehen und die aufeinanderfolgenden Ereignisse/Handlungen zeitlich strukturieren. Ähnlich anaphorisch-satzverknüpfend sind auch die meisten temporalen Adverbiale wie despues (de), luego, desi, entonces. (II.4-6) (II.4-7) (II.4-8)

D e s p u e s desto todo, tornosse Tarif a Toledo ( P C G , 316b, 47) Estonces salio un cabdiello de la cibdat Trinofanto ( P C G , 64b, 2) e desque les o u o mostrado tod esto, cogios el con las otras yentes ( P C G , 69b, 6)

Deiktische und nicht-deiktische Datenangaben können auch Teil eines thematisierten Paradigmas sein, in diesem Fall sind auch letztere im Sinne Blumenthals thematisch. Solche Zeitangaben, die besonders typisch für Erzählungen und Berichte sind, haben ebenfalls transphrastische Funktion und dienen der chronologisch vorgehenden Berichterstattung' 3 . Das

12

13

Vermutlich b e k o m m t man durch die A n a l y s e der chronistischen Texte nicht die gesamte Palette der möglichen satzinitialen A d v e r b i a l e ; eine ausführlichere Untersuchung müßte in d e m Falle auch andere Textsorten zugrunde legen. «In Texten dieser A r t , die besonders typisch für Geschichtsbücher sind, ist nicht das einzelne D a t u m als solches thematisch, sondern das Paradigma, d e m es zugeordnet ist. [...] D i e Thematisierung des zeitlichen Paradigmas wirkt wie die E v o z i e r u n g des Hyperthemas durch die ebenfalls vorgestellten Kernsätze textkonstituierend» (Blumenthal 1975, 307).

286

Paradigma des folgenden Beispielsatzes sind die verschiedenen Ereignisse des Jahres 750 (bzw. 7 1 2 ) . (II.4-9)

(II.4-10)

En aquel tiempo tenie el cuende Julian por tierra la Ysla uerde, a la que dizen agora en arauigo Algeziratalhadra, e dalli fazie ell a los barbaros de Affrica grand guerra et grand danno en guissa que auien del grand miedo. Esse anno salio Carlos Martel de la prison en quel echara su madrastra, de noche por el plazer de Dios, e trabaios luego de sacar de poder et mano de Raginfredo su principado quel auie tornado por fuerija. Esse anno otrossi fue Theodosio contrail emperador Anastasio, et lidio con ell (PCG, 308a, 23) [Es geht um die Schöpfungstaten Gottes während der ersten sieben Tage.] El primero dia crio la luz, [...]. El segundo dia fizo el firmamento, [...]. El tercero dia ayunto todas las aguas [...] ( G E , 4a, 12)

In den Chroniken kann die Voranstellung der Temporalangabe allerdings auch dann erfolgen, wenn weder Deixis noch Vorerwähntheit noch ein thematisiertes Paradigma vorliegt. E s handelt sich in diesen Fällen eher um das, was Blumenthal (1975, 309) als «gesetzte Themen» bezeichnet, die als «Basis für die Aufrollung der Mitteilung» (ibid., 309) dienen 14 . Typisch für die PCG und alle anderen Chroniken sind ζ. B. folgende Kapitelanfänge, die sich durch Häufungen verschiedener Temporalangaben am Anfang eines Satzes auszeichnen: (II.4-11)

(II.4-12)

Andados dos annos del regnado del rey Rodrigo, que fue en la era de sietecientos et cinquaenta et un anno, quando andaua eil anno de la Encarnacion en sietecientos et treze, e el dell imperio de Theodosio en uno, a esta sazon auie en Affrica un princep (PCG, 308a, 46) Andados X X I anno del rey don Alfonso el Casto, que fue en la era de D C C C et X X X V I I I annos, quando andaua el anno de la Incarnacion en D C C C et el del enperio de Carlos en V, demientre que el rey don Alfonso fazie todos los bienes que auemos ya contados ante desto, donna Ximena, su hermana, casose a furto del con el conde San Diaz de Saldanna (PCG, II, 350a, 36)

Thematische Temporalbestimmungen in postverbaler Stellung sind mit Ausnahme der Adverbien luego und estonces, das sehr häufig nach dem Verb steht (es sei denn, es wird durch ein zusätzliches Adverbial näher bestimmt, vgl. unten Kap. II.4.3.2) selten:

14

«Der Leser eines Romans traditioneller Art oder eines Geschichtsbuchs, das «lebhaft» erscheinen möchte, rechnet damit, daß er ohne Umschweife ins Geschehen und vor allem in dessen zeitlichen Hintergrund versetzt wird. Die Voranstellung des nicht-thematischen Datums, die auf einem stillschweigenden Einverständnis zwischen Autor und Leser beruht, kann also eine literarischfiktionale Konnotation haben: der Leser akzeptiert von vornherein den ihm gesetzten zeitlichen Erwartungshorizont, der als «gesetztes Thema» [...] bezeichnet werden könnte» (Blumenthal 1975, 309). 287

(II.4-13) (II.4-14) (II.4-15)

El cuende Julian fizo estonces grand danno (PCG, 308b, 42) Vino estonces con esta uision un espanto tamanno a Julio Cesar (PCG, 67b, 7) La reyna Marpesia tomo luego grandes compannas daquellas sus mugieres (PCG, 219a, 48)

4.2.3 Lokaladverbiale Wie die Temporalbestimmungen sind auch die (im Vergleich selteneren!) satzinitialen Ortsadverbiale lokale settings, die den Rahmen für das folgende Geschehen liefern und in der Regel deiktischen Charakter haben 15 . Der Anteil der reinen Adverbien ist hier wesentlich höher als bei den temporalen Bestimmungen; im Gegensatz zu diesen sind «echte Lokative in der Regel unbeschränkt thematisch und rhematisch zu verwenden» (Wandruszka 1982, 156). Die wichtigsten satzeinleitenden Lokaladverbien sind in allen Chroniken die deiktischen A d v e r b i e n alli und dalli,

die aufgrund ihres weiten Skopus nur schwer von einem Satzadverbial zu unterscheiden sind und fast nur als thematisches Rahmenelement verwendet werden. Sie repräsentieren das einfache «Dortsein» und implizieren die räumliche Kontiguität der Elemente. Die (selteneren) Präpositionalphrasen sind fast ausschließlich definit und mehrheitlich nicht sehr komplex. (II.4-16)

(II.4-17)

[Die Rede ist von Spanien nach der Schlacht mit den Mauren; Spanien ist das Diskursthema des ganzen Abschnitts. Die mit alli eingeleiteten Sätze haben allerdings trotz des thematischen A d verbials eine eingliedrige Informationsstruktur.] Pues que la batalla fue acabada [...] finco toda la tierra uazia del pueblo, lena de sangre, bannada de lagrimas [...]. Alli se renouaron las mortandades del tiempo de Hercules, alli se refrescaron et podrescieron las llagas del tiempo de los vuandalos (PCG, 312a, 18) e dalli fazie ell a los barbaros de Affrica grand guerra (PCG, 308a, 25)

Auch andere, rahmenbildende Lokaladverbiale werden vorzugsweise präverbal gesetzt. Allein das kurze Adverb y steht immer postverbal: (II.4-18) (II.4-19)

e priso y Tarif muchos miliarias de cristianos (PCG, 316b, 10) e fueron y estas yentes (PCG, 68a, 16)

Auf das Problem der Abgrenzung zwischen valenzfreier Angabe und valenzgebundenem Aktanten (bei meist einwertigen Verben des Gehens/ Kommens, des lokalisierten Daseins etc.) wurde bereits verwiesen. (II.4-20)

15

Tierra de Scicjia yaze en frontera de tierra de Germania [...]; e en esta tierra es el rio Ystro (PCG, 217b, 8)

Vgl. England (1979, 274): «one-word and two-word locative adverbs usually follow the verb».

288

Längere postverbale Lokaladverbiale haben einen stärker rhematischen Charakter, wie überhaupt die kommunikative Funktion dieser Adverbiale stark von dem Grad der Präzisierung der Ortsangabe abhängt: (II.4-21)

et poso a par del rio, cerca duna fuent (PCG, 314b, 44)

4.3 Die verschiedenen Konstruktionen mit Temporal- und Lokaladverbial Während es v.a in bezug auf die Art des satzinitalen Adverbials in allen von uns untersuchten Chroniken ein hohes Maß an Übereinstimmung gibt, was angesichts der Einheitlichkeit der Textsorte auch nicht weiter überrascht, gibt es bezüglich der Frequenz der möglichen Anordnungsmuster, d.h., speziell in bezug auf die Subjektposition in Äußerungen mit initialem Zirkumstanten, beträchtliche Unterschiede. U m es gleich vorab zu sagen: Es ist nicht immer möglich, eindeutige Distributionskriterien auszumachen, geschweige denn eine geradlinige Entwicklung nachzuzeichnen. Dennoch glauben wir, daß sich im Bereich der Subjektposition nach Adverbial, von den unkontroversen AVS-Konstruktionen im Bereich der thetischen Äußerungen mit Existenz-/Präsentativprädikat einmal abgesehen, zwischen dem 13. und 15. Jh. Veränderungen ergeben haben, die u.E. ursächlich mit der generellen Entwicklung hin zu einem vermehrten Gebrauch der SV-Anordnung v.a im kategorischen Bereich zusammenhängen. 4.3.1 Die AVS-Anordnung Im Bereich des Thetischen, und hier v. a. bei «daseinssetzenden/präsentierenden» Äußerungen und bei ereignisbezogenen Aussagen mit einem Aktanten, ist in fast allen untersuchten Chroniken die Subjektnachstellung dominant. Durch das initiale Adverbial wird das zu setzende Faktum zeitlich oder räumlich eingebunden und näher bestimmt 16 . (II.4-22) (II.4-23)

aqui yaze el rey Rodrigo (PCG, 310b, 11) Et demientre que estas duennas amazonas andauan destruyendo Asia, uino a dessora contra ellas una hueste (PCG, 219b, 52)

Vgl. auch Beispiel (II.4-16). Je nach Kontext und Skopus kann das A d verbial auch als stärker thematisiertes Element erscheinen. In diesem Fall

16

Elviras Position erscheint uns daher zu ausschließlich: «Esta inversion provocada se da de forma sistemätica con una serie de adverbios que comparten el caräcter dexctico de la mention que efectuan. Se trata, sobre todo, de adverbios como aqui, alii, asi, que senalan lo que el contexto nos da por conocido y desempenan, por tanto, una funcion conectora» (1988, 340).

289

müßte jedoch die Gesamtproposition als zweigliedrig interpretiert werden, was nicht ausschließt, daß der zweite Bestandteil der Äußerung für sich genommen thetisch ist 17 . (II.4-24) (II.4-25)

A cabo dela setena cerca del seteno dia [...] cayeron luego todos los muros de la cibdat, et entraron cada unos de los ebreos por el logar ο estauan (GE, II, 20b, 36) Pues que uio Julio Cesar tan grandes poderes como aquellos que eran llegados, creciol esfuergo e cora^on de cometer muy mayores cosas« (PCG, 68b, 16)

Grundsätzlich muß bei Sätzen mit AVS-Struktur also geprüft werden, ob das satzinitiale Adverbial unter Umständen das eigentliche Thema der Äußerung ist wie in dem folgenden Beispiel: (II.4-26)

Ε son en el comiengo desta tierra de Scigia los montes que dizen Rifeos; [...] Destos montes nasce el rio a que llaman Tanays, et cae en una laguna muy grand que llama Meotida; et segund cuenta ell ar^obispo don Rodrigo, en esta laguna se acaba este rio, ca y pierde el nombre (PCG, 217b, 17)

In diesen Fällen nicht-konformer Thematisierung ist die Subjektnachstellung in allen untersuchten Chroniken nahezu automatisiert (vgl. auch Kap. II.4.2.1). In den alfonsinischen Chroniken löst ein satzinitiales Temporal- oder Lokaladverbial zwar nicht automatisch die Subjektnachstellung aus, der Prozentsatz der in unserem Korpus auftretenden ASV-Konstruktionen ist jedoch gering (vgl. unten Kap. II.4.3.2) 1 8 . Unabhängig vom informatorisch-pragmatischen Status des Satzes wird nach satzinitialem Adverb die

17

18

Vgl. dazu Wandruszka (1982, 211): «Das satzeröffnende Adverbial kann aber relativ stärker zentralisiert sein, wenn etwa der Restsatz ein nicht-themafähiges indefinites Subjekt enthält wie in: Gestern hat ein Mann den Gamskogel bestiegen». Vgl. dazu unsere Zahlen in Kap. II. 1.4.2. Hier sind Englands Ergebnisse differenzierter: für Calila e Dimna ermittelt er für die Abfolge Adverb-SubjektVerb ( A S V ) 15 %, für die Anordnung adverbialer NS-Subjekt-Verb (aNS-S-V) 15,7% (1979, 87, 94); für Castigos: ASV: 0 % , aNS-S-V: 33,7% (1979, 112, 116). Trotz des Überwiegens der Subjektinversion nach satzinitialem Adverb auch im kategorischen Bereich, zeigen die Beispiele mit A S V in den alfonsinischen Texten, daß die Subjektnachstellung nach satzinitialem Lokal- und Temporaladverb eben kein Automatismus war. Im 13. Jh. hatte das Asp. bereits durchaus die (allerdings selten genutzte) Möglichkeit, auch bei eingeleiteten Sätzen, die Äußerung durch die Beweglichkeit des Subjekts mehr oder weniger stark zu zentrieren. Vgl. dazu auch Schellert (1958, 31): «Wenn eine Handlung durch ein satzeinleitendes Adverb an einem Ort, einem Zeitpunkt oder in ihrer Art und Weise festgelegt ist und damit ein in den Bereich des Verbalen oder doch des Nichtpersonalen liegender Bedeutungsträger als erster in das Blickfeld gerückt wird, so legt das für altportugiesisches Empfinden eine Fortsetzung der Darstellung in nichtpersonaler Perspektive nahe» [d.h., die VS-Stellung, I. N H.].

290

VS-Stellung bevorzugt, so daß eine Unterscheidung in thetisch und («narrativ»-)kategorisch hier zumindest aufgrund der Satzgliedanordnung oft nicht möglich ist 19 . Die Veränderungen im Bereich der thetischen AVS-Konstruktionen sind in den Chroniken des 14. und 15. Jhs. allenfalls graduell. Was dieses letztgenannte Jahrhundert anbelangt, bietet sich ein recht uneinheitliches Bild. Während der Gebrauch dieser Konstruktion in Vic dem in den alfonsinischen Texten ähnelt (d. h., die Subjektnachstellung nach Adverbial ist weder abhängig von der «Transitivität» des Verbs noch von einem Subjektwechsel), gibt es in der letzten der von uns untersuchten Chronik (Mem) Beispiele dafür, daß thetische Aussagen mit mehr als einem Aktanten mit der ASV-Anordnung kodiert werden: (II.4-27)

E n el qual ano muchos senales parecieron (Mem, 6 0 , 3 )

In der Regel werden jedoch auch in Mem thetische Äußerungen mit AVS kodiert: (II.4-28) (II.4-29)

Estando el rey en Avila, vinieron alli por su mandado algunos de los grandes del reyno (Mem, 8, 2 1 ) Y en este dia acaescio asi-mesmo vna escaramu^a (Mem, 2 3 , 1 8 ) 2 0

Was die Äußerungen mit satzinitialem Adverb, in denen das Subjektdenotat vorerwähnt ist (meist handelt es sich um Eigennamen) anbelangt, haben wir bereits darauf hingewiesen (Kap. I.2.5.2, II. 1.3), daß hier nicht immer mit letzter Sicherheit zu sagen ist, ob es sich um ereignisbezogene thetische oder um dezentriert-kategorische Äußerungen handelt, und es wird letztlich eine Frage des Kontexts sein, ob der jeweilige Satz eine Antwort auf die Frage «Und was geschah dann?» oder «Und was tat X dann?» ist. Es handelt sich hier um syntaktisch dezentrierte Sätze mit abgeschwächtem Thema-Rhema-Relief, die stärker als die ASV-Anordnungen den Eindruck der Eingliedrigkeit erwecken und in denen das jeweilige Geschehen stärker als Vorgang denn als von einem Protagonisten ausgeführte Handlung erscheint. (II.4-30) (II.4-31)

Pues que esto ouieron fecho, apoderaronse ellos en la uilla ( P C G , 3 1 6 a , 34) Ε otro dia, domingo, entro el rey en la gibdat (CDP, 13b, 3 3 )

Während sich die Texte des 14. Jhs. in bezug auf die Häufigkeit dieses Äußerungstyps nicht von den alfonsinischen Texten unterscheiden - wir 19

20

Bezüglich der Häufigkeit «narrativer» Konstruktionen hatten wir in Kap. II. 1.3 bereits festgehalten, daß im 13. Jh. die Möglichkeit öfter genutzt wurde, durch Dezentrierung des Subjekts, dessen Funktion als eigentliches Thema dadurch abgeschwächt erscheint, Nuancierungen der Informationsstruktur vorzunehmen. Der Status dieses letzten Satzes ist nur schwer zu bestimmen; handelt es sich um eine kategorische Äußerung mit dem A d v e r b als Thema oder liegt eine (thetische) Präsentativstruktur vor?

291

erinnern uns: uneingeleitete «narrative» VS-Strukturen sind v. a. in 1344 und AXl schon relativ selten beschränken sich AVS-Konstruktionen in Mem auf den Kernbereich des Thetischen, also auf faktumsetzende Äußerungen mit nicht vorerwähntem Subjekt. 4.3.2 Die ASV-Anordnung Dieser Konstruktionstyp ist in den alfonsinischen Chroniken, wie bereits gesagt, selten. In den Äußerungen mit ASV-Anordnung, die bis auf ganz wenige Ausnahmen immer dann gebraucht werden, wenn ein Subjektwechsel impliziert ist, ist das Subjekt deutlicher zentriert als in entsprechenden AVS-Konstruktionen, und die Äußerungen sind zweigliedrig. Das Subjekt bezieht sich in der Regel auf eine bereits genannte Entität; ist dies nicht der Fall, ist es zumeist durch einen Attributsatz näher charakterisiert. Diese Sätze mit nicht vorerwähntem Subjekt gehören u.E. in jenen Bereich des Kategorischen, in dem die Zweigliedrigkeit zwar vorhanden, jedoch weniger stark ausgeprägt ist. (II.4-32) (II.4-33)

Despues a luengos tiempos Ciro, el muy nombrado rey de Persia, tomo contienda con Thamaris ( P C G , 220b, 39) Despues desto aluengo tiempo, Cambises [...] puso nombre Meroe a aquella (jibdad ( G E , 310b, 1 1 )

Im Falle von estonces als satzeinleitendem Adverbial ist die AS(A)VAnordnung sehr geläufig, wobei das zweite Adverbial das inhaltsleere estonces zeitlich näher bestimmt: (II.4-34) (II.4-35)

Estonces la reyna Thamaris, despues que [...], fuesse pora Misia ( P C G , 220b, 5 2 ) Estor^es ell emperador Domiciano, ueyendosse en esta priessa tan grand, tomo todo so poder ( P C G , 222b, 50)

Im 14. Jh. sind ASV-Anordnungen häufiger als im 13. Jh. 2 1 . Äußerungen mit dieser Anordnung kodieren zwar in der Regel kategorische Informationen, gelegentlich jedoch auch eindeutig thetische Inhalte, was auf eine Ausweitung des Funktionsbereichs der Anordnungen mit Subjektvoranstellung hindeutet. (II.4-36)

Ε estando don Juan Nunez una noche jugando ä los dados con un judio, un caballero que decian Nuno Gonzalez Churruchano, vino ä el (San, 84b)

Die höhere Zahl der ASV-Anordnungen in den Chroniken dieses Jahrhunderts muß in Zusammenhang mit der in Kap. II.2.3 konstatierten zu21

Vgl. dazu auch Kap. II.2.3. England errechnet für Luc folgende Werte: Von allen Äußerungen, die mit einfachem Adverbial bzw. mit adverbialem N S eingeleitet werden, weisen insgesamt 8,7 % die ASV-Konstruktionen bzw. 29,2 % die aNS-S-V-Anordnung auf (1979, 47, 52).

292

nehmenden Bevorzugung aktantenzentrierter Äußerungen gesehen werden, wie sie sich in den untersuchten Texten des 14. Jhs. auch außerhalb der mit Adverbial eingeleiteten Äußerungen zumindest tendenziell abzeichnet. Die Frage, ob sich zwischen den stärker dezentrierten kategorischen AVS-Anordnungen und der ASV-Strukturen Unterschiede in Funktion und Distribution nachweisen lassen, läßt sich stark vereinfachend dahingehend beantworten, daß A S V in jedem Fall häufiger mit zweiwertigen Verben (größere «Transitivität» der Äußerungen) verwendet wird als A V S . D e r folgende Ausschnitt zeigt die Austauschbarkeit der A V S - und A S V - A n o r d n u n g e n bei intransitiven Verben: (II.4-37)

Ε luego el ynfante don Pedro fuese para Toledo; e vinieron ay a el los maestres de Sanctiago y de Calatraua [...]. Ε dende fuese luego el ynfante don Pedro para Seuilla (AXI, 312)

D i e im 14. Jh. beobachtete Tendenz setzt sich im darauffolgenden Jahrhundert fort, wenngleich, wie in Kap. II.3 bereits vermerkt, die einzelnen Chroniken sehr unterschiedlich verfahren. In Mem gibt es Belege dafür, daß A S V - A n o r d n u n g e n gelegentlich auch in Äußerungen mit eindeutig thetischem Inhalt auftreten können (vgl. oben Kap. II.4.3.1), und auch im kategorischen Bereich sind die «narrativen» A V S - A n o r d n u n g e n mit vorerwähntem Subjektdenotat wesentlich seltener als in den anderen Chroniken 2 2 . In diesen Fällen wird das Geschehen vorzugsweise aktantenzentriert, also mit der Subjektvoranstellung ausgedrückt, d.h., im kategorischen Bereich ist zumindest in dieser Chronik die Wahl zwischen der A V S - und der A S V - A n o r d n u n g erheblich eingeschränkt. Allerdings deuten einige Beispiele darauf hin, daß auch in dieser chronologisch letzten Chronik eine gewisse Nuancierung der Aussagen mit Hilfe der Subjektposition noch möglich war. (II.4-38)

En el qual combate, Juan de Luna fue ferido en la cabe9a [...]. Y en este segundo combate fue ferido de una saeta enarbolada Fernando de Villafana. (Mem, 24, 14) (beide Subjekte haben das Merkmal [+vorerwähnt])

In Vic hingegen, derjenigen Chronik des 15. Jhs., die am meisten an die alfonsinischen Chroniken erinnert, ist die Zahl der A S V - A n o r d n u n g e n extrem niedrig. Typische Beispiele aus Luna sind wiederum ASV-Strukturen in Äußerungen mit relativ hoher «Transitivität» sowie A V S - A n o r d nungen mit intransitiven Verben: (II.4-39)

22

Ε de alii vino don Aluaro con el Rey a Valladolid, e quando salio [...] don Aluaro saco bien trezientos honbres de armas (Luna, 34, 32)

England (1979, 145, 149) errechnet für A.B.C. folgende Werte: Von allen Äußerungen, die mit einfachem Adverb bzw. mit adverbialem NS eingeleitet werden, 293

4-3-3 Die SAV-Anordnung Kategorische Konstruktionen mit dieser Anordnung entsprechen in bezug auf die formalen Varianten der Temporal- und Lokaladverbiale denjenigen mit initialen Adverbialen. Typisch für die Chroniken des 13. Jhs., aber auch noch für diejenigen des 14. Jhs., sind Äußerungen, in denen das Adverbial ein adverbialer NS ist, der das gleiche Subjekt aufweist wie der HS 23 . In diesen Sätzen ist das Adverbial eng an das Subjekt gebunden und nur selten wertend, was nach Wandruszka den «ausgeprägt thematischen Charakter der Stelle zwischen Subjekt und Verb» (1982, 200) unterstreicht. Wir werden auf die Subjektisolierung - Wandruszka spricht hier von «thematischer Ausklammerung des nominalen Subjekts» (1982, 198) - als besonderes Mittel der Hervorhebung des Themas in Kap. II.5.3 näher eingehen: (II.4-40) (II.4-41) (II.4-42)

Ε los godos, pues que descendieron dunas sierras ο morauan, destroyeron Grecia et Macedonia ( P C G , 2 1 7 b , 3 3 ) Los egipcianos quando lo sopieron, salieron, e lidiaron con ellos ( G E , 308a, 1 5 ) Ε los moros, quando sentieron que non tenia pan, gercaronle el lugar con grannd voluntad (CDP, 14b, 1 3 )

Der eingeschobene NS ist fast ausschließlich temporal, Beispiele für nicht temporale Einschübe sind selten: (II.4-43)

(II.4-44)

E t Alhacan, por que era omne de grant piedat, mando estonges dar a las mugeres et a los fijos de aquellos que morieran todo lo que ellos auien ( P C G , 354a, 48) Ellos, como heran cosarios, mirauan bien todo lo que se fazia. (Vic, 107, 8)

Natürlich gibt es auch Beispiele für eingeschobene Nebensätze, die ein anderes Subjekt als der HS aufweisen: (II.4-45)

Moysen, desque fue prouado la cosa [...], deffendio que [...] ( G E , 3 1 0 a , 10)

Das 15. Jh. bietet auch in bezug auf diese Konstruktion wieder kein einheitliches Bild: In Vic sind SAV-Anordnungen mit eingeschobenem Adverbialsatz keine Seltenheit und werden deutlich häufiger als ASV bei Subjektwechsel verwendet: (II.4-46)

23

Don Tello, antes que muriese, saco a su hermano (Vic, 59, 15)

weisen 23,6 % die A S V - A n o r d n u n g bzw. 55,6 % die Anordnung a d v N S - S - V auf. Vgl. auch Kap. II.3.5. Elvira Gonzalez (1988, 3 4 3 - 3 4 4 ) interpretiert diese Sätze als Äußerungen mit topikalisiertem Nebensatzsubjekt: « L a polaridad del sujeto subordinado hacia el comienzo absoluto es, en muchos casos, interpretable en terminos de los que hoy llamamos topicalizacion». Z u r SAV-Anordnung, die das bevorzugte lateinische Wortstellungsmuster widerspiegelt und im Nit. (mit einfachem A d verbial) noch sehr lebendig ist, vgl. auch Wandruszka (1982, i9Öff.).

294

In Mem sind diese Strukturen selten. Eines der wenigen Beispiele ist der folgende Satz: (II.4-47)

El qual Rodrigo de Marchena, vista la venida del rey de Granada con gran muchedumbre de gente, ovo tan gran turbacion, que [...] (Mem,54,30)

Was kürzere Adverbiale anbelangt, so stehen diese, wenn sie nicht satzinitial verwendet werden, nach dem Verb, und zwar insbesondere dann, wenn dem Verb ein direktes nominales Objekt folgt: (II.4-48)

La reyna Marpesia tomo luego grandes compannas daquellas sus mugieres. (PCG, 219a, 48)

Interessanterweise sind SAV-Konstruktionen im Nsp. zwar möglich, da die fakultativen Satzglieder einen breiten Positionsspielraum haben, sie sind aber offensichtlich wenig gebräuchlich24. Wandruszka (1982, 206) zeigt in einem Übersetzungsvergleich, daß der spanische Übersetzer italienische SAV-Anordnungen in der Regel mit satzinitialem Adverbial übersetzt.

4.3.4 Die VAS-Anordnung In allen drei Jahrhunderten ist die VAS-Anordnung zum Ausdruck thetischer Äußerungen mit Adverbial geläufig, und zwar insbesondere dann, wenn das Adverbial kurz ist und einen weiten Skopus hat, wie z.B. estonces, y und luego. Ist das Adverbial länger (und inhaltlich präziser) wird die A V S - bzw. in den späteren Chroniken die ASV-Anordnung bevorzugt 25 . (II.4-49) (II.4-50) (II.4-51) (II.4-52)

Ε fizieron se despues dellos otras lides muchas (PCG, 66a, 5) Vino estonces con esta uision un espanto tamanno a Julio Cesar ques le espeluzraron todos los cabellos (PCG, 67b, 7) e nascio dend una oliua (GE, 316a, 21) Ε falläronse alii a la sazon dos embaxadores del rey de Francia (Mem, 18, 20)

VAS-Anordnungen können im 13. und 14. Jh. aber auch kategorisch sein, dann nämlich, wenn es sich um «narrative Inversionen» im engeren Sinne handelt. Hier sind, im Unterschied zu den AVS-Anordnungen, die kom24 25

Vgl. Gutierrez Araus (1978, 204), Berschin et al. (1995, 268-269). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen adverbialen NS handelt. VSA-Anordnungen sind in unseren Texten verhältnismäßig selten. Sie werden vor allem dann verwendet, wenn das Adverbial ein NS (vgl. Kap. II.6) ist: Ε ayuntos la yent e el poder de la tierra ante que Julio Cesar llegasse (PCG, 64a, 48), oder wenn es eindeutig rhematischen Charakter hat. Je nach semantisch-referentiellem Status des Subjekts und der Kontexteinbettung der Äußerung handelt es sich in diesen Fällen um «narrative» Konstruktionen, auf die wir in den entsprechenden Kapiteln hingewiesen haben. Vgl. auch England (1979, 50): «The choice between the orders V-S-Adv and V-Adv-S appears to depend largely on the nature of the adverb».

295

plexere Adverbialbestimmungen am Satzanfang aufweisen können, die adverbialen «Einschübe» relativ kurz26. (II.4-53) (II.4-54)

(II.4-55)

e priso y Tarif muchas miliarias de cristianos ( P C G , 316b, 10) et desque fue dentro, mando el rey quel cerrassen la finiestra [...]. E t mando estonces el rey dar fuego al toro ( G E , II, 25a, 2 7 25b, 2) Ε fizo alli el maestre al rey mucho s e r i ^ i o de viandas (CDP, 22a, 5 5 )

Im 15. Jh. drücken Äußerungen mit VAS-Anordnung bevorzugt thetische Inhalte aus. 4.3.5 Zusammenfassung Wenngleich wir nach diesen skizzenhaften Bemerkungen weit davon entfernt sind, endgültige Aussagen über Konstruktionen mit Adverbialen machen zu können - eine genaue Untersuchung müßte, wie angedeutet, die verschiedenen Adverbialkonstruktionen (einfaches Adverb, adverbialer NS, Gerundial- und Partizipialkonstruktionen), ihre inhaltlichen Konturen sowie ihre (mögliche) Auswirkung auf die Subjektposition und damit den informellen Wert der Äußerung weitaus stärker berücksichtigen als hier geschehen - , scheint es uns doch möglich, ein vorsichtiges Fazit zu ziehen. Die Zahl der SV-Konstruktionen nach Einleitung durch ein Adverbial hat zum 15. Jh. hin zugenommen, dies gilt allerdings nur für den kategorischen Bereich. Äußerungen, die thetische Inhalte wiedergeben, weisen auch am Ausgang des Mittelalters nach Adverbial die VSAnordnung auf, allerdings spielt hier der «Transitivitätsgrad» der Äußerung eine gewichtige Rolle. Mit der großen Zahl an ASV-Konstruktionen und der relativ klaren Gewichtung von AVS = thetisch und A S V = kategorisch weist speziell die Chronik Mem bereits auf spätere Texte voraus. Wie bei den nicht-eingeleiteten Äußerungen ist also auch im Bereich der Äußerungen mit satzinitialem Adverbial aufgrund der Zunahme der SVStrukturen die Möglichkeit geringer geworden, innerhalb des kategorischen Bereich durch verschiedene Zentrierungsgrade des Subjekts Nuancierungen der Informationsstruktur vorzunehmen. Oder anders formuliert: Im 13. Jh. konnte das satzeröffnende Adverbial auch dann durch die Subjektnachstellung relativ stärker zentralisiert erscheinen, wenn der Restsatz ein themafähiges, definites Subjekt enthielt; in Mem ist die AVSKonstruktion fast nur noch im thetischen Bereich üblich. Wird die eigentliche Kernzone des Thetischen verlassen, wird hier auch bei satzinitialem Adverbial das Subjekt dem Verb vorangestellt. 26

Vgl. Ulrich (1985, 286): «Die narrative Konstruktion läßt die Einfügung anderer satzwertiger Glieder zwischen das Verb und das nachgestellte nominale Subjekt nicht zu. Lediglich nicht-komplexe lokale, temporale und modale A d verbialbestimmungen können zwischen V und S eingeschoben werden».

296

5 Die Stellung des nominalen Objekts im Altspanischen

In d e n K a p . II.ι - II.3 h a b e n wir gezeigt, d a ß die Position des S u b j e k t s im A s p . zumindest im 13. Jh. n o c h deutlich a b h ä n g i g ist v o n pragmatischen F a k t o r e n und d a ß es auch in d e n f o l g e n d e n Jahrhunderten trotz zunehm e n d e r B e v o r z u g u n g der SV-Struktur m ö g l i c h war, mit H i l f e der Satzgliedstellung eine k o m m u n i k a t i v e G e w i c h t u n g der Ä u ß e r u n g vorzunehmen. B e i der Position des n o m i n a l e n O b j e k t s , und nur u m dieses geht es in d e n f o l g e n d e n A u s f ü h r u n g e n , ist h i n g e g e n seit spätlateinischer Z e i t eine w e i t g e h e n d e Festigung der V O - S t r u k t u r zu b e o b a c h t e n , und A b w e i c h u n g e n v o n dieser G r u n d s t r u k t u r sind in nicht-expressiven Ä u ß e r u n g e n selten 1 . G r u n d s ä t z l i c h m u ß das P r o b l e m der O b j e k t s t e l l u n g im Z u s a m m e n hang mit der Positionstypologie g e s e h e n w e r d e n (vgl. B o s s o n g 1984a sow i e unser K a p . III.3). D a s Spanische hat sich diesbezüglich im Sinne Tesnieres v o n einer zentripetalen zu einer zentrifugalen S p r a c h e entwickelt, d.h., die n o c h im klassischen L a t e i n d o m i n a n t e Ο V - A n o r d n u n g ist in d e n r o m a n i s c h e n S p r a c h e n w e i t g e h e n d durch die V O - S t r u k t u r abgelöst w o r den. B o s s o n g sieht d e n Ü b e r g a n g v o n O V im L a t e i n i s c h e n zu V O im R o m a n i s c h e n in Z u s a m m e n h a n g mit e i n e m alle i n d o e u r o p ä i s c h e n Sprac h e n erfassenden drift, dessen z u g r u n d e l i e g e n d e s Prinzip die «sequentielle Linearisierung» ist 2 : Wir können also sagen, daß bezüglich der Stellung des Objekts die syntaktische Evolution des Spanischen der allgemeinen Entwicklungstendenz folgt, der auch die übrigen romanischen Sprachen (und darüber hinaus die westlichen Zweige 1

2

Die Position der Objektpronomina, insbesondere der klitischen Pronomina, ist im Asp. eigenen Regeln unterworfen, vgl. dazu speziell Ramsden (1963), Rivero (1991), Riiho (1988) und Slawomirsky (1986), der bezüglich der ganz frühen asp. Texte feststellt, daß «the 12th century Spanish observes the so-called Wackernagel's law with an astonishing rigour»; für eine gesamtromanische Perspektive vgl. Wanner (1987) und zum Problem Renzi (1989a). Die Pronomen werden wir daher nur dann in unsere Überlegungen einbeziehen, wenn ihre Setzung unmittelbar mit dem nominalen Objekt zusammenhängt, also speziell bei der pronominalen Wiederaufnahme eines extrapolierten Objekts. Zur Objektstellung im Spätlateinischen vgl. auch Kap. III.i. Was die Zählung der Beispiele anbelangt, so gilt das in Anm. 3 von Kap. II.4 Gesagte, (vgl. dazu genauer Kap. III.3.1) Nach Bossong (1982a, 42-43) ist auch die Markierung G R A A L E X , dies betrifft 297

des Indo-Europäischen überhaupt) unterworfen sind: die Entwicklung (drift, deriva) von dem weitgehend konsistenten OV-Typus des Lateinischen hin zu dem weitgehend konsistenten VO-Typus der neueren Sprachen (1984a, 101).

5.1 Die unmarkierte Stellung von direktem und indirektem Objekt Bezüglich der Stellung des nominalen Objekts im asp. Hauptsatz kann zunächst sehr allgemein festgestellt werden, daß das Objekt im unmarkierten Fall rhematisch ist und dem Verb im allgemeinen nachgestellt wird 3 . Wird das Subjekt ausgedrückt, sind im unmarkierten Fall grundsätzlich sowohl die SVO- als auch die VSO/VOS-Anordnung möglich. Dabei kann die verbinitiale Struktur, auf die wir in den einzelnen Kapiteln zur Subjektposition bereits hingewiesen haben, je nach Kontext entweder einen thetischen Inhalt bezeichnen ( Ε ha tergera noche aparesgio al Papa dos omes; 1344, 87) oder Teil einer dezentriert-kategorischen («narrativen») Äußerung sein, wobei Verb und Objekt in VOS-Konstruktionen im Unterschied zu den VSO-Anordnungen häufig einen feststehenden Ausdruck bilden (e fizo pleyto con Don Joan el e todos los de la gibdad\ AXI, 325). VOS-Konstruktionen können darüber hinaus auch der (kategorisch-kontrastiven) Subjektpräsentierung dienen (e ayudö mucho α los oseruantes el maestre fray Alonso\ Mem, 10). In vielen Fällen kann die Funktion einer Äußerung mit V O S jedoch nur aus dem Kontext erschlossen werden, d.h., die Opposition thetisch/kategorisch ist weitgehend neutralisiert. (S)OV-Strukturen sind selten, und müssen von daher zunächst einmal als markiert betrachtet werden 4 .

3

4

im Spanischen v. a. den präpositionalen Akkusativ, im Zusammenhang mit der Strömung in Richtung Zentrifugalität zu sehen. Zum thematischen Status der pronominalen Objekte und der daraus resultierenden Bevorzugung der präverbalen Linearisierung vgl. Anm. 140 von Kap. 1.2. Wie Bossong argumentiert auch Givon (1979a, 239): «more topical (»old«, «presupposed») information goes first». Allerdings ist nach Givon die unterschiedliche und damit typologisch inkonsistente Anordnung pronominaler und nominaler Objekte ein Beispiel für «synchronically crazy syntax arising via diachronically natural change» (1979a, 245). Givon fügt hinzu, daß im Nsp. die Tendenz besteht, das präverbale klitische Pronomen durch ein nachgestelltes, betontes Pronomen zu ergänzen: la vi a ella sentado en el jardin. «When V O languages renovate their object pronouns, they bring them back in line with the nominal V O word order. Such diachronic evidence strongly supports the suggestion that the typological inconsistency between O V pronominal syntax and V O nominal syntax is not only glaring to the linguist, but also in some sense «communicatively uncomfortable» to the speakers» (ibid., 244). Vgl. dazu ein asp. Beispiel: mejor le estaua a el vna ropa de pobre que [...] (Vic, 87, 6). Zur häufigeren Verwendung der OV-Struktur im NS vgl. Kap. II.6. Vgl. auch Rivero (1991, 211), die sowohl Haupt- als auch Nebensätze untersucht: «El Orden del verbo en relation a los complementos subcategorizados parece variar

298

5-I-I Die bislang ausführlichste Untersuchung zur Stellung des nominalen direkten Objekts im Akast. stammt von England (1980), dessen Ergebnisse wir an dieser Stelle kurz referieren wollen, um daran anschließend auf die von uns untersuchten chronistischen Texte einzugehen. Für direkte nominale Objekte in präverbaler Stellung ermittelt England für sieben der Gattung «Exempelliteratur» angehörenden Texte vom 13. 15. Jh. einen Durchschnittswert von 5,5 % und folgert daraus, that the order V-O predominates throughout Old Spanish prose, with no observable historical progression: the mid-thirteenth-century texts, Calila and Enganos, have almost the same proportion of anteposed direct objects as the fifteenth century texts, ABC and Especulo (1980, 3 —4)5. Für die akast. Chroniken vom 13. - 15. Jh. ergibt sich ein ähnliches Bild, allerdings kann hier eine Entwicklung innerhalb der Objektvoranstellung festgestellt werden. Wir haben für die präverbale Stellung der nominalen Objekte (also OV, O V S und S O V ) in den Hauptsätzen unserer A-Texte folgende Werte ermittelt: -

Im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Sätze mit nominalen Objekten ergeben sich für die einzelnen Chroniken folgende Prozentanteile bezüglich der präverbalen On: PCG: 1 8 , 3 % , GE: 9 % ; 1344: 4 % ; CDP: 8,1 % ; Vic: 3,1 % ; Mem: 0,7 % . - Im Verhältnis zu der Gesamtzahl direkter nominaler Objekte ergibt sich für die einzelnen Chroniken folgender Prozentsatz an präverbalen DOn: PCG: 9 , 3 % ; GE: 1 0 , 7 % ; 1344: 4 , 3 % ; CDP: 1 1 % ; Vic: 4 % ; Mem: 1 % . Hauptsätze mit DOn-V-Anordnung machen also auch in unserem Korpus im Durchschnitt nur 7,4 % der Gesamtzahl der Äußerungen mit D O n aus.

5

libremente en tal periodo. El infante ovo respuesta del rrey, Libro de los Estados 31.29 contrasta con El infante esta rrespuesta ovo del rrey 31.33. El patron con el verbo al final se va encontrando en diferentes momentos y estilos [...]. Ahora bien, alterna en circunstancias identicas con el orden en que el verbo precede [...]. En conclusion, el SV medieval tiene una estructura plana con orden libre para los constituyentes en su interior, y en consecuencia la lengua parece ser tanto de tipo VO como OV». Zumindest in bezug auf die nominalen Objekte erscheint uns diese Beurteilung reichlich pauschal zu sein. Für Cal nennt er den Wert 4,4 % und für Luc 5,8 %. Und er fährt fort: «Düring the thirteenth, fourteenth, and fifteenth centuries the situation appears to have remained stable, and although in some fifteenth-century Castilian prose there is a marked tendency to imitate the Classical Latin O-V order, this is very much an experimental style as far as the vernacular is concerned, and both ABC and Especulo are following the long-established tradition of the prose exemplum, and thus do not share the stylistic experiments of more innovatory fifteenthcentury works» (ibid., 4). So ähnlich sieht es auch Bossong (1984a, 100): «Ich vermute, daß im gesprochenen Spanisch der Renaissance die Stellung OV zumindest im NS als eine alternative Möglichkeit existierte und daß diese insgesamt selten genutzte Möglichkeit durch den Einfluß der ihrerseits vom klassischen Latein beeinflußten Literatursprache verstärkt worden ist». 299

Beide Zahlenreihen belegen weiterhin, daß die Zahl der (D)OnV-Strukturen innerhalb dieses Zeitraumes abgenommen hat; die Hälfte aller DOnV-Strukturen finden sich in den Texten des 13. Jhs., von den präverbalen nominalen Objekten im allgemeinen finden sich sogar 66 % in den beiden Texten des 13. Jhs.6. Z u den Kontextbedingungen und Textfunktionen der O-V-Strukturen sowie zu Beispielen aus verschiedenen Texten vgl. unten Kap. II.5.2. 5.1.2 Bezüglich der Stellung des indirekten nominalen Objekts muß nach England (1983), der allerdings nie nach der Funktion der Äußerungen im Kontext fragt, unterschieden werden zwischen (a) indirekten Objekten, die Drittaktanten eines transitiven Verbs sind und (b) solchen, die Zweitaktanten eines intransitiven Verbs sind. zu (a): Ein nominales IO, das als Drittaktant fungiert, wird in nur 3,3 % der Fälle einem transitiven Verb vorangestellt: «the indirect object is less likely to precede the verb than is the direct object» (1983, 385). (II.5-1)

se leye en figura de un principe que tenia dos cavalleros que el mucho amava sobre todos los otros, e a cada uno dellos inbio quatro donas (aus A. B. C., zit. nach England 1983, 386)

zu (b): «The indirect object of an intransitive verb is much more likely to precede the verb than the indirect object of a transitive verb»: durchschnittlich 18,7% der Äußerungen mit IO (England 1983, 390). (II.5-2)

Ε al ynfante Don Pedro llegole este mandado ( A X I , 292)

Das präverbale Objekt kann aus dem Kontext bekannt sein, es muß aber nicht. Im letzteren Fall ist die Struktur O V ( S ) emphatisierend (vgl. unten Kap. II.5.2). 5.1.3 Für die Anordnung von IO und D O zueinander gilt im allgemeinen wie im Nsp. die D O - I O Präferenz; nach England (1983, 387) haben nur 6

Meyer-Hermann (1991, 89) spricht in bezug auf die PCG von der relativen Frequenz satzinitialer Objekte (1991, 89). Auch Silva-Corvalän (1984b, 5 6 1 562) beobachtet einen graduellen Rückgang präverbaler (humaner und definiter) direkter Objekte vom Mittelalter bis in die Gegenwart; sie macht bezüglich der untersuchten Größe allerdings keine genaueren Angaben, vermutlich beziehen sich ihre Zahlen auf On und Op sowie auf Haupt- und Nebensätze. Während es im 12. Jh. (Cid) noch 3 6 % derartiger D O s in präverbaler Position gibt, sind es im 14. Jh. (Luc) nur noch 1 7 % und im 15. Jh. (Celestina) 13%. Im Gegenwartsspanischen hat sie hingegen nur noch 7 % präverbaler D O gezählt, die alle definit und thematisch sind. Zwischen Silva-Corvaläns Zahl für das 12. Jh. und den von England und von uns ermittelten Zahlen für das 13. Jh. besteht also eine erhebliche Differenz. Daran sind sicher zum einen die unterschiedlichen Auswertungskriterien schuld, zum anderen aber vielleicht auch die besonderen Textmerkale des Cid, der stärker als die Prosatexte des

300

15,9 der Sätze die IO-DO-Anordnung. Hier spielen allerdings auch informationsstrukturelle Faktoren eine Rolle, denn kommunikationsrelevante Abstufungen bei den rhemafähigen Elementen sind möglich. In der Regel steht das rhemahierarchisch ranghöhere Satzglied am Satzende (bzw. bekannte steht vor unbekannter Information), es lassen sich aber auch Beispiele finden, in denen ein aus dem Kontext bekanntes D O ans Satzende tritt. Offensichtlich gab es also eine gewisse Freiheit bei der Anordnung der Zweit- und Drittaktanten. Darüber hinaus können auch satzrhythmische Gründe für die Anordnung der beiden Komplemente ausschlaggebend sein. Liegt eine IO-DO-Struktur vor, handelt es sich bei dem direkten Objekt meist entweder um einen Objektsatz oder um eine durch einen Attributsatz erweiterte Konstituente, d.h., das längere Satzglied rückt an das Ende (vgl. Kap. I.2.5.5.2)7. Die Anordnung der Objekte zueinander ist weitgehend unabhängig von der SV- bzw. VS-Struktur der Äußerung, (a) D O - IO In diesen Sätzen ist das D O fast ohne Ausnahme aus dem Kontext bekannt oder aber identifizierbar. (II.5-3) (II.5-4) (II.5-5) (II.5-6) (II.5-7)

El conde don Alvaro de Luna beso las manos al Rey (Luna, 52, 24) Ε el cuende Julian dio estonces su conseio a Tarif (PCG, 315a, 12) y el rey puso las espuelas al cauallo (Mem, 56, 28) Ε dio Dios Eua a A d a m por conpannera ( G E , 6a, 16) [in der PCG findet sich ein ähnliches Beispiel mit persönlichem Akkusativ] Et dio Hercules a Oridria a su hermana Antiabe (PCG, 220a, 12)

Beispiele mit aus dem Kontext nicht bekanntem D O sind selten 8 : (II.5-8)

Ε desque lo sopo el emperador, tan grande ovo la sana que mando destruyr la $ibdat e matar todos los que en ella estavan. Ε oyendolo el sancto ombre, inbio un mensajero A L E M P E R A D O R (aus A.B.C., zit. nach England 1983, 388)

In den folgenden Beispielen bilden Verb und D O eine begriffliche Einheit:

7

8

9

13. Jhs. ältere Strukturen im Bereich der Objektstellung bewahrt hat und bestimmten rhythmischen Bedingungen unterworfen war. «The relative position of direct and indirect object is rather more complex to analyse, in that it appears to depend on a variety of syntactic and semantic factors, and it is difficult to determine how much weight was carried by each of these factors, except when the direct object is a noun clause or a piece of direct speech, in which case the order Io-O is fixed» (England 1983, 386). «Examples of the order O-Io in which the direct object presents new information and the indirect object is thematic are far fewer» (England 1983, 388). Vgl. England (1983, 387-388): «The close links between verb and direct object can be appreciated by the large number of examples of the order O-Io in which the single-word direct object forms a semantic unit with one of the more common verbs such as fazer or poner» [...] «With these expressions, then, the order

301

(II.5-9) (II.5-10) (II.5-11)

Ε el Rey pidio consejo ä don Juan (San, 72a, 10) Despues desto aluengo tiempo, Cambises [...] puso nombre Meroe a aquella ?ibdad (GE, 310b, 1 1 ) Y alii el rey fizo merced a Miguel Lucas de dos villas (Mem, 5 1 , 1 7 )

(b) I O - D O «In the order Io-O, the indirect object never contains new information, whereas the direct object always presents either new information or is contrastive» (England 1983, 3 8 8 - 3 8 9 ) . (II.5-12) (II.5-13) (II.5-14) (II.5-15) (II.5-16)

Y en este dia los moros de Illora ymbiaron al rey vn gran presente (Mem, 2 2 , 1 5 ) Muga [...] dio a Tharif et a ell una hueste muy mayor (PCG, 309b, 16) e las serpientes que fuyen fizieron en essos de Ethiopia grand danno ( G E , 310a, 9) e dalli fazie ell a los barbaros de Affrica grand guerra (PCG, 308a, 25) Ε auien a Moysen descubierto e contado en grand poridad tod el su fecho so padre Amran e Jocabel, su madre ( G E , 309a, 2)

aber auch: (II.5-17)

e por cuanto [...], ella vendio estos dichos lugares [...] al ynfante don Pedro (AXI, 292)

Die Struktur mit finalem Objektsatz ist die Regel bei Verben des Bittens und Befehlens: (II.5-18) (II.5-19)

Ε desde alli el rey mando a Gongalo de Sayavedra que [...] (Mem, 34,32) Estonces donna Termuth e el rey rogaron a Moysen que [...] ( G E , 308b, 13)

Drei Faktoren scheinen also bei der Anordnung der Objekte zueinander im nicht-expressiven Satz eine Rolle zu spielen: die syntaktische Komplexität, die Enge der Verbindung zwischen Verb und direktem Objekt sowie die kommunikative Gewichtung, die der Sprecher/Schreiber seiner Aussage geben will.

5.2 Die On-V-Anordnung im Altspanischen In den akast. Chroniken können durch das Abweichen von der unmarkierten Satzgliedfolge - sehen wir von den wenigen S-On-V-Strukturen in unserem Korpus einmal ab - nicht-konforme Thematisierungen bzw. Rhematisierungen erreicht sowie einzelne Satzkonstituenten syntaktisch O-Io predominates irrespective of which element contains the new information».

302

herausgestellt w e r d e n 1 0 . D u r c h die O n - V - A n o r d n u n g e n im H S wird das direkte oder indirekte Objekt aus seiner unmarkierten satzfinalen Stellung herausgehoben und gelangt j e nach Stellung des Subjekts in die Erstp o s i t i o n 1 1 . Betrachten wir zunächst die S - O n - V - A n o r d n u n g e n und dann die Strukturen mit initialem Objekt, also Ä u ß e r u n g e n mit On-V-(S)-Muster.

5.2.1

S-On-V

D i e s e r (insgesamt seltene) Konstruktionstyp ist kategorisch: T h e m a ist das satzinitiale Subjekt, das Objekt ist rhematisch und weist bis auf zwei A u s n a h m e n ein quantifizierendes A d j e k t i v auf. Im Vergleich zu den weitgehend unmarkierten S V O - A n o r d n u n g e n sind speziell diese durch ein A d j e k t i v erweiterten Objekte aufgrund ihrer Position h e r v o r g e h o b e n 1 2 . (II.5-20) (II.5-21) (II.5-22) (II.5-23) (II.5-24) (II.5-25)

e la cobdicia ademas en un tiempo ο en otro danno aduxo (PCG, 66b, 25) «Aquellos omnes que alli fieren uuestras nueuas saben» ( G E , II, 9b, 30) Ε aquellos ostrogodos [...] tan grandes anchuras de tierra tenien (PCG, 223a, 24) Nunca yo tal tiempo tuve (San, 79a) Mas Pero Nino [...] tan gran cobdicia abia (Vic, 110, 23) De la qual vitoria el rey ningün placer mostro (Mem, 50, 17)

B e i d e m folgenden Beispiel handelt es sich eher um eine segmentierte Struktur (S//DO-V-Op-IO) (II.5-26)

10

11

12

Ε su hermano don Pedro Martinez de Luna, que era estonces mancebo e arcediano de Zaragoza, e tenia adereijado de se partir para el estudio, el qual fue despues el Papa Benedicto, todo el dinero que tenia para su partida del estudio diolo al rey (Luna, 1 1 , 1 ) (vgl. auch Riiho 1988, 34)

Expressive Strukturen im eigentlichen Sinne sind in geschriebenen Texten natürlich weniger häufig als in der gesprochenen Sprache, je nach Grad der syntaktischen Integration kann jedoch auch der geschriebene code herausstellende Strukturen aufweisen. Auf das Problem der fehlenden Intonation bei geschriebenen Texten wurde bereits hingewiesen. England hat bezüglich der OV-Anordnung einen signifikanten Unterschied zwischen narrativen und diskursiven Passagen, also zwischen Recit und Rede festgestellt: OV-Strukturen dominieren in diskursiven, didaktischen Passagen, so z.B. in Calila («object anteposition is used in discursive passages to convey links, to emphasize certain points, and forms a part of the persuasive, rhetorical style which is not frequently appropriate in narratives» (1980, 14)) oder A.B.C. («that direct object anteposition is used with much greater frequency in discursive passage than in narratives; [...] especially at the crisis point(s) within the tale or to express the concluding narrative point» (1980, 17)); so auch England (1979, 294). Vgl. auch Ulrich (1985, 118). Auch im Aport. ist dieser Konstruktionstyp stilistisch markiert (vgl. Canaes e Mariz de Padua i960, 67). 303

5-2.2 Äußerungen mit satzinitialem nominalen Objekt (On-V(-S)) Eines der Charakteristika der akast. Wortstellung ist die Tatsache, daß direkte und indirekte Objekte sowie andere Verbkomplemente unabhängig von ihrer diskurspragmatischen Funktion (d.h., «alte» vs. «neue» Information) und ihrem Belebtheitsgrad (vgl. auch England 1979, 206) als Ausgangspunkt eines Satzes fungieren können. Dabei ist von folgender Regel auszugehen: Rückt ein anderer nominaler Aktant als das Subjekt in die satzinitiale Position, tritt in den meisten Fällen die Nachstellung des Subjekts ein, sofern dieses ausgedrückt wird 1 3 . 5.2.2.1

DOn-V(-S)

Anders als im Nsp. können im Asp. grundsätzlich alle nominalen direkten Objekte, auch solche, die das Merkmal [+neu] haben, zum Thema (im Sinne von Ausgangspunkt der Mitteilung) einer aktivischen Äußerung werden, also nicht-konform thematisiert werden, ohne daß diese Äußerungen notwendigerweise wie im Nsp. expressiv sind 14 . Folgende Beispiele mit satzinitialem nominalen Akkusativ-Objekt mögen dies illustrieren: 1. das Objekt hat das Merkmal [ - n e u ] : (II.5-27) (II.5-28)

et esta cibdat poblo Fenis, fijo dAgenor (PCG, 7b, 16) Este quento de los reyes he traydo (Vic, 61, 1)

2. das Objekt hat das Merkmal [+neu]: (II.5-29)

Bretanna poblo Brutho, que fue del linage de los de Troya (PCG, 6a, 22)

(II.5-30)

Tres salidas fallamos que fizo Moysen de Egipto (GE, 306b, 46)

zu ι: Bei diesen Beispielen handelt es sich um die Linksversetzung eines 13

14

Die geringe Zahl der OSV-Strukturen verbietet es allerdings, hier von einem Automatismus zu sprechen. Wir haben in unserem Korpus folgende Beispiele für OSV gefunden: (1) al bueno todos lo quieren e allegar (Luna, 23, 19), (2) Ε todas las mas de las cosas que [...], todos los cristianos llevaron α las sierras (1344,183,70), (3) Α los quales todos el rey mandö tomar las armas (Mem, 67, 31). Vgl. auch Riiho (1988, 34), dessen Beobachtungen durch unsere Beispiele allerdings nicht ganz bestätigt werden: «La interpolation del sujeto tonico entre el objeto y el verbo causa la ruptura de la construction y crea un contexto ideal para la duplication. [...] Es interesante observar el hecho de que estos ejemplos presentan, en realidad, una redundancia del 100 %, si pensamos en los dos actantes presentes: el sujeto y el objeto directo». Die OSV-Anordnung ist auch im Aport. sehr selten, vgl. Canaes e Mariz de Padua (i960, 84ff.). Vgl. dazu auch die jeweiligen Abschnitte in den Kap II.1-II.3. Die folgenden Ausführungen basieren im wesentlichen auf der Interpretation Vanellis (1986) und Renzis (1988) der OVS-Strukturen im Ait., das mit den Asp. in diesem Punkt weitgehend übereinstimmt. Im Nsp. ist ein linksversetztes, kontextuell nicht vorerwähntes Objekt in der Regel das Rhema (vgl. Kap. I.2.5.6.2), und die Äußerung ist expressiv-fokussierend. 304

thematischen, aus dem Kontext bekannten und meist definiten Objekts, deren wichtigste Funktion wie im Nsp. die textuelle Anbindung der Äußerung an den vorausgegangenen Text ist. Während das Nsp. in diesen Fällen obligatorisch die Wiederaufnahme des an den Satzanfang gerückten Objekts durch ein Pronomen verlangt, ist diese satzsegmentierend wirkende Reprise im Asp. noch nicht grammatikalisiert 15 . Außerdem konnte im Gegensatz zum Nsp. das «personale» Objekt auch kasusfrei herausgestellt werden 16 . Weitere Beispiele sind: (II.5-31) (II.5-32) (II.5-33) (II.5-34) (II.5-35)

La camara del rey dieronla a Pero Suarez de Toledo (CDP, 17a, 30) La tierra de don Juan Manuel dio al conde de Denia (Vic, 58, 9) Y este segundo Hercules llamaronle por sobrenombre Sanao (PCG, 7b, 21) Ε al bastardo de Viarne casolo con dona Ysabel (Vic, 58, 6) e tales nuevas ovo [...] (Vic, 56, 25)

Zum Problem der Kasuskongruenz bei extrapolierten Objekten vgl. Kap. II-5-3Wird das Subjekt in dem Satz mit thematisiertem Objekt ausgedrückt, rückt es in die postverbale Stellung und kann je nach Kontext und Spezifizierungsgrad auch zum eigentlichen Fokus des Satzes werden (nicht-konforme Rhematisierung des Subjekts) 17 . Dies gilt z.B. immer dann, wenn das Subjekt kontrastierend (Opposition zu etwas anderem) hervorgehoben werden soll, oder wenn es um exhaustive listing («dieser und kein anderer») geht. Eindeutig subjektfokussierend sind z.B. folgende Sätze: (II.5-36) (II.5-37)

Ε este pleyto fizo Pero Carrillo (CDP, 34b, 15) la qual jura les tomo don Ximon, obispo de £iguen 2 38) beträgt der prozentuale Anteil der Formen mit Sp auf die Gesamtheit aller flektierten Verbformen für das Nsp. 16,7%. Hier muß allerdings berücksichtigt werden, daß sein Korpus aus stark dialogisierenden Texten (Theaterstücken) besteht, die nur bedingt Rückschlüsse auf Prosa- oder Sachtexte zulassen 12 . Dies gilt übrigens auch für 1344: Von allen untersuchten Chroniken weist dieser Text die meisten Passagen mit direkter Rede auf, in denen das Sp in der Mehrzahl der Fälle gesetzt wird. Die folgenden Beispiele sollen dies illustrieren: (II.7-1)

(II.7-2)

Non es amigo aquel que en todas las guisas non ama pro de su amigo. Ε non te digo esto sinon porque yo he pensado todo tu hecho e del rrei Rrodrigo, e yo veo que tu non puedes fazer tu cosa que te este mal quanto a Dios e al mundo, ca el non es tu senor, nin tienes del tierra. [...]. Ε demas, sin todo esto, tienes tu aqui aderredor de ti tales dos mill cavalleros que a todo el mundo darian guerra. (1344, 118, 25) Ε yo non averia que temer, y quierolo dezir a mi padre. Mas mi padre es ome del consejo, e yo veo que todos los sesudos juzgan las mas de las mugeres por malas. Ε por esta rrazon yo non oso enbiar dezir a mi padre, por miedo que he que me lo non crea que en verdad por mi grado yo non lo fize, e rregelo que me desanpare. (1344, 100, S i ) ' 3

Dies und die Ergebnisse von Weyers 14 mögen darauf hindeuten, daß im Asp. die Sp in der gesprochenen Sprache ähnlich wie im Afr. (Eckert stand in anteposition». Zur Vor- bzw. Nachstellung des Sp vgl. unten Kap. II.7.4. England gibt nun keine Zahlen an, die den Anteil der Äußerungen mit Sp auf die Gesamtzahl der Haupt- bzw. Nebensätze mit explizitem oder implizitem Subjekt ausdrücken. Die folgenden Prozentzahlen haben wir aus der von ihm genannten Zahl der Hauptsätze mit explizitem Subjekt (S. 42) und der Zahl der Äußerungen mit Sp in seinen Texten (S. 184) ermittelt: Calila: in IQ,6% aller Äußerungen ist das explizite Subjekt ein Subjektpronomen; Enganos: 31,8%, Castigos: 7 , 7 % ; Lucanor: 12,9%; Gatos: 12,6%; Α. B. C.: 21,2%; Especulo: 6,2%. Die im Vergleich zu unseren Zahlen höheren Werte mögen zum einen darauf zurückgehen, daß England alle Pronomina in Subjektfunktion gezählt hat, wir hingegen nur die Peraona/pronomina in dieser Funktion; zum anderen handelt es sich um eine andere Textsorte. 12

13

14

Wichtig ist hier die hohe Zahl der Sp in der 1. Pers. Sg., die in unseren Texten mit Ausnahme von 1344 sehr selten sind. Für HS und NS zusammen errechnet Rosengren (1974, 237) einen Prozentsatz von 1 6 % für Äußerungen mit Sp (ohne usted/ustedes); nach Enriquez (1984, 348) sind es 20,47 % unter Einschluß der Höflichkeitsformen. Vgl. auch Ulrich (1985, 255): «Insbesondere bei den Texten der gesprochenen Sprache ist ein auffallend hohes Vorkommen der 1. Pers. Sg. feststellbar. Ihre Funktion kann aber weder diejenige der Hervorhebung noch die der referentiellen Disambiguierung sein». Sie spricht hier vom «egozentrischen Prinzip». Weyers errechnet für die spätmittelalterliche Hagiographie Vida de Sant Ildefonse (1444) und für den Lazarillo 32,54% bzw. 33,95% Sätze mit Sp, wobei sich diese Zahlen auf alle flektierten Verbformen in Haupt- und Nebensatz (einschließlich der Relativsätze) beziehen (auch in unseren Texten ist die Zahl der Sp im NS höher, vgl. unten) und von daher mit unseren Daten eigentlich

346

1986, 2 3 7 ) häufiger waren als im geschriebenen Code; eine genauere U n tersuchung des Sp-Gebrauchs im Akast. müßte daher also unbedingt mehrere Textsorten vergleichend untersuchen, um zu genaueren E r g e b nissen zu kommen.

7.2.2 Für den N S scheint sich im A s p . hingegen das zu bestätigen, was bereits für das A f r . und A i t . festgestellt wurde: D i e S p sind bis auf die PCG

rein zahlenmäßig im N S häufiger als im H S ' 5 . Nun sind unsere Z a h -

len aufgrund der verhältnismäßig kleinen Zahl der untersuchten Nebensätze sicher nicht repräsentativ, aber sie ermöglichen dennoch ein erstes Bild: Von 806 Nebensätzen mit explizitem Subjekt (wir haben, wie bereits angemerkt, nur Adverbialsätze und Komplementsätze untersucht) haben 137

ein Personalpronomen

in Subjektfunktion, d.h.,

durchschnittlich

1 7 % . Im einzelnen ergeben sich folgende Zahlen: Von allen Nebensätzen mit ausgedrücktem Subjekt weisen in der PCG:

1 8 , 7 % , in der

GE:

14,7 %, [in 1344:36,4 %], in CDP: 5,3 %, in Vic: 15,3 %, in Mem: 8,0 % ein Sp auf. Was das Verhältnis der Sätze mit S p zu denjenigen mit impliziter Subjektmarkierung in den Α-Texten anbelangt, so ergeben sich folgende Werte 1 6 : PCG: Mem:

15

16

9 % , GE:

6 , 6 % [1344:

2 1 , 1 % ] , CDP:

3 , 7 % , Vic:

9,7%,

5 , 9 % . D i e für den N S errechneten Zahlen belegen die gleichen

nicht vergleichbar sind. Ein weiterer springender Punkt scheint in diesem Zusammenhang die Tatsache zu sein, daß Weyers eine völlig unterschiedliche Textsorte untersucht - so weisen San Ildefonse/ und der Lazarillo viel häufiger Dialogpassagen auf als die historiographischen Texte, was eine stärkere Verwendung von Sp durchaus wahrscheinlich macht. Was die diachrone Entwicklung anbelangt, stellt Weyers (1988,169) in den stärker dialogisierenden Texten bis zur Mitte des 16. Jhs. einen leichten Anstieg des Sp-Gebrauchs fest, danach jedoch eine kontinuierliche Abnahme bis in die Gegenwart. Fragt man weiter nach der Verteilung der Äußerungen mit Sp auf Haupt- und Nebensätze ergeben sich folgende Werte: PCG: 42,9% aller Personalpronomina in Subjektfunktion stehen im NS; GE: 59,4 % , 1344: 56,8 % , CDP: 61,5 % , Vic: 4 1 , 5 % , Mem: 8 0 % . Benincä (1983, 4) schreibt dazu: «tutte le lingue romanze che svilupperanno poi un sistema di pronomi soggetto clitici, presentano nella loro fase medievale la stessa asimmetria riscontrata per Lio Mazor: possono essere a soggetto nullo nelle principali, ma nelle dipendenti si riscontra sempre, se non l'obbligatorietä del pronome soggetto, almeno un suo uso molto piü esteso, che non si spiega con necessitä pragmatiche di identificare univocamente il soggetto». Vgl. auch Vanelli/Renzi/Benincä (1985) und für afr. Texte des 12. Jhs. Herman (1954, 373): «la majorite des pronoms sujets (148 sur 233, done 63,5 % ) se trouvent en proposition subordonnee», und: «il y a, dans le passage examine, 636 propositions principales ä sujet exprime [...]. Sur les 636, 85 seulement ( 1 3 , 4 % ) contiennent un pronom sujet. Par contre, sur 306 subordonnees ä sujet exprime [...] 148 (48,3 % ) ont un sujet pronominal». Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Sätze mit Sp. Der Berechnung liegen folgende Zahlen zugrunde (Nebensätze mit implizitem Subjekt bzw. mit Subjektpronomen in den Α-Texten): PCG: 199 (davon 18 Sp), GE: 287 (19 Sp), 1344: 299 (63 Sp), CDP: 219 (8 Sp), Vic: 176 (17 Sp), Mem: 204 ( 1 2 Sp). 347

Schwankungen wie im HS: Die Chronik mit den meisten Personalpronomina in Subjektfunktion ist 1344, und auch Vic hat einen relativ hohen Prozentsatz an Sp 17 . Was das Afr. betrifft, so sieht Herman (1954) den Grund für das häufigere Vorkommen der Sp im NS in der Akzentuierung der Eigenständigkeit des NS im Vergleich zum HS, und auch rhythmische Gründe werden als Erklärung angeführt. Daneben spielen nach Thun (1989, 208) v.a. inhaltliche und pragmatische Gründe eine Rolle. Was die letztgenannten anbelangt, so haben wir auf den thematischen Charakter vieler NS, der einen expliziten anaphorischen Anschluß begünstigt, bereits in Kap. II.6 hingewiesen. Im Spanischen ist die Setzung der Sp unseres Erachtens primär pragmatisch motiviert, denn wie im Ait. (Vanelli 1986, 269) sind die Sp im NS niemals wie im Afr. quasi obligatorisch gewesen, d. h., sie waren nicht primär an die formale Tatsache der Hypotaxe geknüpft 18 .

7.3 K r i t e r i e n z u m G e b r a u c h der S u b j e k t p r o n o m i n a im Altspanischen Es gilt als unumstritten, daß die Setzung des Sp im Nsp. sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache in erster Linie kontrastive und desambiguierende Funktion hat. Rosengren (1974) spricht vom «uso contrastivo» und «uso diferenciativo» 19 , und natürlich spielen diese Faktoren auch im Asp. eine wichtige Rolle. Rosengren unterscheidet als dritte Funktion den «uso corroborativo». Hier geht es nicht um einen expliziten Kontrast, sondern um die «Gleichschaltung» zweier Handlungen: «una persona hace ο piensa esto, otra persona otra cosa, sin que haya oposicion. Siempre, sin embargo, se trata de una contraposicion» (110). Wir untersuchen diesen sehr komplexen Anwendungsbereich nicht eigens, zumal er in erster Linie die Pronomina der 1. und 2. Person

17

18

19

Im Gegenwartsspanischen scheinen die Verhältnisse zwischen HS und NS übrigens umgekehrt zu sein. Rosengren errechnet für die NS 13,5 % Äußerungen mit Sp (S. 239), also deutlich weniger als für den HS (16,7%). «Los Ps son mäs frecuentes en oraciones principales y subordinadas independientes que en oraciones subordinadas» (1974, 233). Enriquez bestätigt dieses Ergebnis im wesentlichen, präzisiert es aber (1984, 269 ff.). Zum intensiven Gebrauch der Sp in Hispanoamerika vgl. de Granda (1991, 269ff.). Die Situation im Afr. war also eine ganz andere als im Asp. oder Ait.; zum Afr. vgl. auch Foulet (1977, 315) und Adams (1988). Vgl. zum Nsp. auch Enriquez (1984), die die Bedeutung der Merkmale [+human] und [+determiniert] für die Selektion der Sp sowie deren Kontrastierungsfunktion unterstreicht. «Puede pues, considerarse que cuando un PpS. aparece junto a una forma personal del verbo hay que suponer, al menos, tres rasgos: [+humano], [+determinado] y [+contraposicion]» (335-336).

348

betrifft (Rosengren 1974, 126; Weyers 1988, 42-44), sondern führen einige Beispiele in Kap. II.7.3.1.1 an. Z u diesen Kriterien kommt im Asp. ein weiteres hinzu: Es betrifft die Thema-Rhema-Gliederung einer Äußerung, d.h., es geht in der Terminologie von Thun (1989, 207) um «textgestaltungsbezogenen Kontrast» bzw. «impliziten» Kontrast. Die hier skizzierten Kriterien erlauben es u.E., die Mehrheit der SpVorkommen hinlänglich zu beschreiben. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Sp vielfach auch ohne einen erkennbaren Grund gesetzt (bzw. nicht gesetzt) wird 20 . Einschränkend sei hier ferner darauf hingewiesen, daß (a) die genannten Funktionen auch kombiniert auftreten können und daß (b) die Sp nur dann obligatorisch sind, wenn sie kontrastive Funktion haben. Im folgenden möchten wir die genannten Kriterien mit asp. Beispielen illustrieren, streben jedoch keine Feinanalyse im Sinne von Rosengren oder Enriquez an. 7.3.1

Kontrastivität und Emphase

7.3.1.1 Im engeren Sinne liegt Kontrastivität vor, wenn ein expliziter Kontrast zwischen zwei Pronomina oder einem Pronomen und einem Nomen vom Sprecher ausdrücklich intendiert ist 21 . (II.7-3) (II.7-4) (II.7-5) (II.7-6) (II.7-7)

El se fue de bergüenga; ella murio en desespera^ion (Vic, 95, 16) e yo veo que tu non puedes fazer tu cosa (1344,119, 27) Et nin el nin Eua non comien aun estor^es en οοπιίεηςο al si non delas frutas delos arboles ( G E , 6b, 29) et recibio grande danno dellos, e fizo gele el otrossi (PCG, 64a, 38) Ε era ella negra, como los otros ethiopianos que son negros ( G E , 312b, 27)

7.3.1.2 In diese Rubrik fallen im weiteren Sinne auch die emphatisch gebrauchten Sp sowie der Gebrauch des Sp im Sinne der «vollständigen Aufzählung» (exhaustive listing) ()22. In beiden Fällen wird kein Kontrast zu einem Satzglied des unmittelbaren Redekon-

20

21

22

Beispiel: nos non queremos fablar de los otros linages. (PCG, 5a, 40); nos bezieht sich auf den Autor der Chronik, es liegt also kein kontrastiver oder emphatischer Gebrauch vor. «Una de las situaciones que mäs provoca la mention del Ps es cuando hay contraste entre dos ο mäs personas: el Ps se pone para insistir en que es una persona y no otra la que actua como sujeto» (Rosengren 1974, 79). Vgl. Thun (1986, 206): «Es handelt sich selbstredend immer um einen Fall von äußerer Determination mit relationeller Bedeutung». Hoyos Hoyos (1982, 253) sieht den uso contrastivo als Spielart des uso enfatico an; Rosengren (1974) hingegen subsumiert Ausdrücke mit solo, sola unter kontrastivem Gebrauch.

349

texts ausgedrückt, d.h., die Präsenz des Sp erfüllt keine referentiell-desambiguierende Funktion 23 . (II.7-8)

(II.7-9)

Ε el cuende Julian torno con el mandado en que fuera, et sopo luego aquella desonrra de la fija ο de la muger, ca ella misma se ge lo descrubio (PCG, 308a, 5) Quando esta aguijada fuer verde e touiere fruto, estonge sere yo vuestro rrei« (1344, 88, 37) 24

Die folgenden Äußerungen sind Beispiele aus dem Nebensatz-Korpus: (II.7-10)

(II.7-11)

Et Cayn era muy mal omne en muchas cosas, e muy cobdicioso de ganar que quier, e de heredar; assi que con auaricia e con cobdicia de auer fue el el primero que fallo arte de labrar la tierra en strumentos ( G E , 8a, 28) Andados sietecientos e un anno e siete meses de quando Roma fuera poblada era este Pompeyo el magno sennor de las Espannas por la corte de Roma por razon que las conquiriera el. (PCG, 66a, 52)

7.3.2 Desambiguierende Funktion «In diesem Fall beabsichtigt der Sprecher keine Gegenüberstellung, sondern er möchte sie vermeiden. Er will durch das Personalpronomen dem Adressaten die richtige Auswahl unter mehreren Bezugswörtern, die in Frage kommen, abnehmen» (Thun 1989, 207). Im engeren Sinne bedeutet dies: Das Personalpronomen wird immer dann gesetzt, wenn (a) aufgrund der nicht eindeutigen Verbform mehrere Aktanten als Subjekt in Frage kommen. Dies entspricht in etwa dem «uso diferenciativo» von Rosengren: «el pronombre se emplea para evitar una posible equivocacion acerca de quien es el sujeto del verbo» (68)25. Im weiteren Sinne umfaßt die desambiguierende Funktion solche Fälle, in denen (b) ein Aktant, der längere Zeit nicht explizit erwähnt wurde, ins Gedächtnis zurückgerufen werden soll und (c) die gewöhnliche Subjektposition durch ein anderes Satzglied, meist ein Objekt, besetzt ist und das postverbale Subjekt betont werden soll 26 . 23

24

25

26

Ulrich (1985, 255) weist aber mit Recht darauf hin, daß exhaustive listing nicht immer eindeutig von der Kontrastfunktion zu unterscheiden ist. Für das Nsp. vgl. die Beispiele von Rosengren (1974, 21 iff.): «Los Ps se emplean para hacer resaltar el papel del sujeto sin contraponerse a otra/s/ persona/s/ determinada/s/». Vgl. Rosengren (1974, 215): «Aunque yo y tu se empleen con mayor frecuencia para subrayar la importancia, personalidad ο identidad del sujeto, no faltan casos en que los demäs Ps tienen la misma funcion». Die Desambiguierung kann natürlich auch durch die Wiederaufnahme des entsprechenden Nomens geleistet werden: Desi Bruto combatio muy de rezio la uilla con los que fincaran con el; e murieron y muchos dessos de Julio Cesar, et desta guerra fueron uengudos por tierra. Ε cometiolos Bruto por mar (PCG, 69b, 8). Nach Thun (1989, 207) handelt es sich hier um Fälle impliziten Kontrasts; diese Beispiele hätten aber auch in Kap. II.7.3.1.2 genannt werden können. Vgl. dazu

350

(a) (II.7-12) (II.7-13) (II.7-14)

Ε desque el murio, pararon alii los de la su huest sus mugieres, et fueron ellos a las otras yentes (PCG, 218b, 24) Ε don Rui Lopez hera casado con dona Elvira, hija de don Belträn de Guevara, e ella auia vna hermana que [...] (Vic, 89, 16) Ε esse dia luego sabado en la noche, despues que el rey era ya en la fibdat de Burgos, la reyna donna Maria, madre del rey, enbio vn escudero a Gar?i Laso que le dixiesse que ella le enbiaua dezir que [...] (CDP, 24a, 28)

( b ) (II.7-15)

Tarif partio estonces la hueste en tres partes, la una enuio contra Cordoua, con uno que fuera cristiano et tornarasse moro que auie nombre en arauigo Mogeit Arromi et era sieruo de Vlit, et eran sietecientos caualleros por todos e non yua y de lieue omne ninguno con ellos de pie, ca todos los peones se fizieran caualleros con los cauallos que ganaran de los cristianos; la otra parte enuio contra Malaga et a Granada; e el con la mayor parte, que era la tercera, uinosse pora Mentisa (PCG, 315a, 18)

(c) (II.7-16)

Ε esto fizo el tan bien e tan asosegada mente que [...] (1344,170,40) Mas esta ferida ovo el luego en el comien^o (Vic, 82, 28) Ε esto vos digo yo por mi e por mi fazienda (1344, 118,12)

(II.7-17) (II.7-18)

B e i s p i e l e aus d e m N e b e n s a t z - K o r p u s sind die f o l g e n d e n Ä u ß e r u n g e n : (II.7-19)

(II.7-20)

[die Rede ist von Hercules] [...] e el fue el primero que uencio a las duennas amazonas quand ellas uencien e destruyen todas las otras yentes, e el mato otrossi a los onze fijos del rey Neleo (PCG, 8a, 31) Ε el rey don Pedro quisiera benir a le acorrer; mas non le dexavan los caualleros de Sevilla: tenian que nunca tornaria si allä fuese. Ε si los έΐ quisiera creer, alli fuera manparado [...] (Vic, 56, 20)

7.3.3 T e x t g e s t a l t e n d e F u n k t i o n N i c h t alle B e l e g e mit S u b j e k t p r o n o m e n h a b e n in u n s e r e m K o r p u s k o n trastive o d e r d e s a m b i g u i e r e n d e F u n k t i o n im o b e n g e n a n n t e n Sinne, allerdings m u ß m a n d a v o n a u s g e h e n , d a ß die E i n z e l f u n k t i o n e n sich b i s w e i l e n ü b e r s c h n e i d e n . W i e f ü r das A f r . gilt n ä m l i c h a u c h f ü r das A s p . , d a ß z u d e n s a t z s t r u k t u r b e z o g e n e n u n d transphrastischen V e r w e n d u n g e n s o l c h e k o m m e n , die mit d e r inhaltlichen T e x t g e s t a l t u n g , also mit d e m T h e m a R h e m a - A u f b a u , z u tun h a b e n 2 7 . W a s d i e s e t e x t p r a g m a t i s c h e F u n k t i o n an-

27

Rosengren (1974,167-170), der auf die Häufigkeit der Struktur eso+V+yo in seinen Texten hinweist. In den Fällen (a) und (b) liegt in der Regel auch Subjektwechsel vor (vgl. unten). Vgl. Thun (1989, 207ff.). «Insgesamt dürfen wir festhalten, daß im Afr. der Gebrauch der Subjekt-(/prime actant-) Personalpronomina der 3. Person merklich auch von der textuellen Organisation des abhängt» (ibid, 210). Vgl. auch Körner (1987, 123) bezüglich der hohen Zahl von Sp im Lazarillo: «schon die hohe Gebrauchsfrequenz läßt an Emphase zweifeln».

351

b e l a n g t , s o k ö n n e n u . E . n o c h e i n m a l d r e i V e r w e n d u n g s k r i t e r i e n unterschieden werden: (a) D a s r h e m a t i s c h e E l e m e n t d e s V o r s a t z e s w i r d d a n n , w e n n es i m F o l g e satz z u e i n e m t h e m a t i s c h e n E l e m e n t wird, d u r c h ein S p w i e d e r a u f g e n o m m e n . D i e s gilt v. a. d a n n , w e n n die a n a p h o r i s c h e A n b i n d u n g b e s o n d e r s b e t o n t w e r d e n soll 2 8 . (b) D a s satzinitiale P r o n o m e n f u n g i e r t h ä u f i g a u c h d a n n als I n d i k a t o r f ü r e i n e n S u b j e k t w e c h s e l , w e n n das n e u e T h e m a i m v o r a u s g e g a n g e n e n S a t z nicht e i g e n t l i c h e s R h e m a g e w e s e n ist 2 9 . (c) D a s P r o n o m e n k a n n a n d e r e r s e i t s a b e r a u c h d e r B e t o n u n g d e r t h e m a tischen K o n t i n u i t ä t d i e n e n - wir e r i n n e r n uns: T h e m a k o n t i n u i t ä t im S i n n e G i v o n s ist in erster L i n i e S u b j e k t k o n t i n u i t ä t

u n d z w a r so-

w o h l in V o r - als a u c h in N a c h s t e l l u n g ( l e t z t e r e s v.a. i m 13. Jh.) ( d i e s e r Fall ist nur s c h w e r v o n d e n F ä l l e n in K a p . 11.7.3.2b z u u n t e r s c h e i d e n ) . W i c h t i g ist b e i allen g e n a n n t e n K r i t e r i e n F o l g e n d e s : die S p k ö n n e n E x p l i z i e r u n g d e r T h e m a - R h e m a - A b f o l g e d i e n e n , sie m ü s s e n

der

es a b e r

nicht 3 0 ! D i e B e i s p i e l e illustrieren, d a ß die S p im H S sehr h ä u f i g n a c h d e r k o o r d i n i e r e n d e n K o n j u n k t i o n e(t) g e b r a u c h t w e r d e n , u n d z w a r d a n n , w e n n mit d i e s e m e(t) ein n e u e r , o f t g e g e n s ä t z l i c h e r G e d a n k e (mit n e u e m S u b jekt) eingeleitet wird31. 28

29

30

31

Hier zeigt sich wieder das Problem der Überschneidung der genannten Funktionen; Rosengren (1974,90-94) subsumiert diese Fälle daher auch folgerichtig unter «uso contrastivo»: «Es de notar que la coordinacion copulativa comprende mäs casos de uso contrastivo del Ps que la coordinacion adversativa» (93). Vgl. auch Hoyos Hoyos (1982, 278): «De manera que, si aparece el pronombre /el/, podemos asegurar, con toda probabilidad, que este indica cambio de personaje»; auch Weyers (1988, 3 0 - 3 1 ) weist indirekt auf dieses inhaltliche Kriterium hin. Vgl. auch Fleischman (1991, 268), die bezüglich der pro-drop-Sprachen anmerkt: «expression of the subject (by an independent pronoun) generally indicates some kind of topic discontinuity». Vgl. dazu auch Kap. 1.2.5, Anm. 169. Silva-Corvalän weist ferner auf die Bedeutung der Setzung eines expliziten Subjekts bei ambigen Verbformen, in Kontrastsituationen sowie bei der Etablierung eines «topic of the discourse unit» hin (1982, 118): «No notion of emphasis [...] seems to be necessary to account for the expression of the pronominal subjects discussed here». Für das Nsp. notiert Bentivoglio (1983, 271): «It is necessary to observe that in many instances the presence of SP is due to a contrastive situation or to switch-reference, and not really to the necessity of disambiguating the referent». Den Aspekt der Kennzeichnung eines Themawechsels durch pronominale Subjekte unterstreicht auch Givon (1977, 211) für das biblische Hebräisch: «their pioneering SV syntax in E[arly] B i b l i cal] Hfebrew] must be ascribed to their overwhelming function in marked topicswitching operations, rather than unmarked continuity-type anaphora». Neben den beschriebenen Kontexten wird das Subjektpronomen immer in Steigerungsausdrücken wie den folgenden gesetzt: quanto menos el podie (PCG, 69b, 28), lo mas en paz que el pudo (PCG, 69b, 44). Vgl. Weyers (1988,30-36), der auf die Häufigkeit der Kombination von e(t) + subordinierender Konjunktion verweist.

352

(a) (II.7-21)

(II.7-22)

(II.7-23)

e llegando a Italia, partio luego sus compannas et enuio las por la tierra; et ellos esparzieron se por ella a correr la toda (PCG, 68b, 19) Ε la reyna envio luego por Juan Nino, e que le mandaua que traxiese luego consigo a dona Ynes Lasa, su muger. Ellos vinieron a la corte (Vic, 63, 5) Et algunas otras posadas [...] diolas a caualleros que alii dexo e avn ellos labraron otras casas (CDP, 28b, 35)

Das Sp muß aber nicht gesetzt werden: (II.7-24)

(II.7-25)

(II.7-26)

fasta que ouieron un rey los moros que ouo nombre Zama, et apoderose en la cibdad de Cordoua et en el regno et en toda la tierra (PCG, 316b, 22) Ε enbio el rey por sus enbaxadores a don Iohan Sanchez de la Roelas [...], e a don Aluar Garijia de Albornoz [...], e fueron a Franca e vieron las fijas del dicho duque de Borbon (CDP, 27b, 31) M u f a avia vn fijo, cavallero muy bueno, e era mangebo (1344,152,1)

Bisweilen bleibt der Bezug des Sp unklar 32 : (II.7-27)

(II.7-28)

(b) (II.7-29)

(II.7 - 30)

Este don Pero Fernandez fue sienpre con el rey don Pedro hasta que murio; e despues de su muerte nunca quiso ovedeger al rey don Enrrique. El e otros cavalleros fueron de aquella opinion, e salieron del reyno (Vic, 61, 14) Esse anno otrossi fue Theodosio contrail emperador Anastasio, et lidio con ell, et uenciol e tomol eil imperio por fuerga [...] et regno ell empos ell un anno (PCG, 308a, 32) Ε demando este rey a los romanos que trayen presos, que farie contra aquellos que tenie cercados. Ε ellos, por la premia de la prision en que yazien e temiendo la muert, conseiaron le que los carcaueasse. Ε el non tenie y estrumentos de fierro (PCG, 64b, 19) Mas Julio Cesar, auiendo muy a coragon de non dexar ningunos que del uando de Ponpeyo fuessen, respondioles que en uano fablauan, et no los quiso oyr sobraquella razon, si non que fuessen suyos et quel recibiessen et touiessen con el. Ellos no lo quisieron fazer, antes se guisaron quanto meior pudieron pora tener se le. Et el, desque entendio que dotra guisa los non podrie auer, uinosse derechamientre a la uilla; (PCG, 69a, 32) (weitere Bsp. vgl. II. 1.3)

H i e r h e r g e h ö r e n a u c h die z a h l r e i c h e n S t r u k t u r e n mit verbum

dicendi

in

1344. Sie leiten in der Regel eine direkte Rede ein, und das Sp identifiziert den jeweiligen Sprecher bzw. den Sprecherwechsel: (II.7-31) (II.7-32) 32

Ε el dixo... Ε ellos le dixeron (1344,103, 9/13) Dixo el... Dixo ella... (1344,161,58/65)

Weyers (1988, 53-54) bemerkt bezüglich der Diktion von Alfons X. und Don Juan Manuel: «Beide verwenden das Pronomen el innerhalb eines Satzes oder einer Periode gleichzeitig für mehr als einen Referenten und produzieren dadurch verwirrende, wenn nicht völlig unklare Sequenzen».

353

(c)

(II.7-33)

[Es geht um die beiden Söhne von Vitiza.] e dizen que la noche dantes que fablaran ellos con Tarif et que ouieron con el su conseio et pusieron con el que non lidiassen nin ayudassen a los cristianos; e luego que ellos non lidiassen que se uenijrien los cristianos, et que el rey Rodrigo, como era omne coraioso, que se dexarie antes matar que foyr; ca ellos asmauan que pues que el rey fuesse muerto que podrien ellos cobrar el regno de su padre [...]; e por ende desque la batalla fue mezclada, dieron se ellos a foyr (PCG, 310a, 4)

(II.7-34)

[Thema des Kapitels ist das Lob Spaniens] [...] mas quien se quisiere preciar, preciese en seruir a Dios, ca el fiere et pon melezina, eil llaga et el sanna, ca toda la tierra suya es; e todos pueblos et todas las yentes, los regnos, los lenguages, todos se mudan et se camian, mas Dios criador de todo siempre dura et esta en un estado. [...] mas entre todas las tierras que ell onrro mas, Espanna la de occidente fue; ca a esta abasto el de todas aquellas cosas que omne suel cobdiciar. (PCG, 311a, 13) [Die Rede ist von Pero Nifio.] En las armas savia mucho e entendia mucho; el ensenaua a los armeros a fa. W i r haben in Kap. II.5 gesehen, daß nicht-subjektale Satzglieder ohne Restriktionen thematisiert werden konnten, selbst dann, wenn sie aus dem Kontext nicht bekannt waren. Zumindest im 1 3 . Jh. konnte alles

T h e m a im o.g.

Sinne sein, und auch die A b f o l g e «alte Information vor neuer Information» war noch nicht kanonisch. Umthematisierungen konnten durch bloße Umstellungen erfolgen und mußten nicht durch pronominale R e prise als solche kenntlich gemacht werden. Im 14. und 1 5 . Jh. zeichnet sich allerdings ab, daß das T h e m a im L a u f e der Z e i t 1. immer häufiger bekannter

Information entspricht und daß es 2. bevorzugt als grammati-

sches Subjekt

kodiert wird. S o nimmt ζ. B. auch nach satzinitialem A d v e r b

die S V - A n o r d n u n g zu, was auf eine Verfestigung der primären Thematisierung (Thema = Subjekt) hindeutet, die auch bei einer möglichen sekundären Thematisierung beibehalten wird 9 . In Mem 9

sind Ä u ß e r u n g e n

Mit dieser geringer werdenden Freiheit bei der Kodierung des Themas hängt u.E. auch die Tatsache zusammen, daß das satzinitiale Subjekt im Nsp. nur noch in Ausnahmefällen ohne Artikel erscheinen kann (vgl. Lapesa 1974; die nsp. Verhältnisse subsumiert Suner (1982) unter dem Schlagwort «naked noun constraint»). War es im Asp. noch möglich, daß generische oder nicht-spezifizierte Subjekte in thematischer Funktion am Satzanfang stehen konnten (Costumbre era a aquella sazon de criar se los donzelles et las donzellas fijos de los altos omnes en el palacio del rey ( P C G , 307b, 30)) - in postverbaler Stellung ist die Artikellosigkeit bei solchen Subjekten sehr geläufig: se encendio fuego en la cibdat (PCG, 65a, 42) - , ist diese Möglichkeit im Nsp. eingeschränkt (vgl. Suner 1982). Selig (1990, 1992, 1 9 2 - 1 9 3 ) , die das komplexe Szenario der A r tikelentstehung und seiner Funktionsausdehnung vom Spätlatein zum Frühromanischen minuziös beschreibt und als Motiv für die Ausweitung des lateinischen Artikelvorläufers die Emphatisierung der jeweiligen N P speziell bei Erstnennung bzw. Wiedererwähnung sieht, bemerkt dazu Folgendes: «Im Frühromanischen ist die (In)Definitkennzeichnung ja noch nicht vollständig obligatorisch. Die Ausweitung auf alle Typen von Nennungen vollzieht sich erst allmählich in einer Fortführung des Grammatikalisierungsprozesses [...]. [...] nur bei spezifischen Nennungen ist die explizite (In)Definitkennzeichnung obligatorisch». Ein Grund dafür liegt u. E . darin, daß bei der Entwicklung zum Nsp. eine zunehmende Affinität von Thema als Ausgangspunkt der Mitteilung zu bekannter bzw. vorerwähnter Information und der grammatischen Kategorie Subjekt festzustellen ist, d.h., die starke Affinität zwischen Themarolle und dem semantischen Merkmal [+definit] schließt auch die Setzung des Determinanten ein, der vom Spätlateinischen zum Frühromanischen eine Funktionsausweitung erfahren hat. Selig vermutet mit Recht «deutliche Anhaltspunkte für eine Verknüpfung der beiden Entwicklungen», d.h., der Festigung der S V O Anordnung mit der Ausweitung des Determinantengebrauchs (1992, 205). Der Determinantengebrauch dient also der Modifikation der Thema-Rhema-Gliederung bzw. ihrer Verstärkung. «Wenn in der Vita Eufrosine vor allem bei Subjekten in Satzanfangsstellung Determinanten eingesetzt werden, scheint die explizite Definitmarkierung als Ersatz für die nicht mehr emphatische satzeinleitende Position zu fungieren. Durch die Grammatikalisierung der Wortstellung

367

mit AVS-Struktur nur noch thetisch zu interpretieren. In Kap. III.3.2.2 werden wir diese Entwicklung mit der Ablösung einer T V X / T V O - (T steht für die thematische Satzkonstituente, die nicht zwangsläufig das grammatische Subjekt sein muß) durch eine S V X / S V O - A n o r d n u n g in Verbindung setzen, wie sie für andere romanische Sprachen beobachtet worden ist, und als einen Schritt in Richtung auf ein Mehr an Subjektprominenz bzw. «syntaktischem Modus» interpretieren.

8.4 Bezüglich der Stellung des nominalen Objekts kann zunächst festgehalten werden, daß die VO-Anordnung eindeutig der unmarkierte Typus ist. OV-Strukturen sind wesentlich seltener, wenngleich auch hier Unterschiede zwischen frühen und späten Chroniken bestehen: Die Zahl dieser Anordnungen ist im 13. Jh. deutlich höher als im 15. Jh. (vgl. Kap. II.5). Sprachtypologisch interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die satzinitiale Position auch durch ein kontextuell neues Element (direktes/indirektes Objekt, seltener ein anderes Verbkomplement) besetzt werden kann, ohne daß diese Äußerung wie im Nsp. kontrastierend oder emphatisch ist. Offenbar gab es also im Akast. eine größere Freiheit bei der Besetzung der satzinitialen Position, d.h., anders als heute war diese Stelle im unmarkierten Aussagesatz - sofern sie nicht vom grammatischen Subjekt besetzt war - keineswegs auf thematische Information im Sinne von bekannter Information festgelegt 10 . D a die Wiederaufals Mittel zur Unterscheidung von Subjekt und Objekt geht allmählich die Möglichkeit verloren, Subjekte durch die Vor- oder Nachstellung hinter das Prädikat zu differenzieren und ihren jeweiligen informationellen Gehalt durch die Stellungsvariation zu kodieren. Da alle Subjekte nun gleichermaßen am Satzanfang stehen, müssen Determinanten eingesetzt werden, um die Unterscheidung zwischen anaphorischen und betont anaphorischen Subjekten zu leisten» (Selig 1989,124; vgl. auch Selig 1992, 207). So ähnlich sieht es auch Bossong (1979b, 84). In den asp. Texten weisen präverbale Subjekte bereits in der Regel einen Determinanten auf; so schreibt Meyer-Hermann (1991, 84) in bezug auf den Demonstrativ-Determinanten: «Die kohärenzkonstituierende Funktion von thematischen, links vom Verb stehenden, vorangestellten Subjekten wird grammatisch u.a. dadurch signalisiert, daß bei den vorangestellten Subjekten vom Typ 1 1 der Stichprobe um ein Vielfaches mehr DemonstrativArtikel verwendet werden als bei den nachgestellten Subjekten: in rund 25 % der Fälle bei den vorangestellten, in nur rund 3 % der Fälle bei den nachgestellten Subjekten». Im Verlauf der spanischen Sprachgeschichte dehnt sich der Determinantengebrauch auch auf generische Subjekte in präverbaler Position aus, NPs in anderen Funktionen hingegen sind von dieser Entwicklung nicht in gleicher Weise betroffen (vgl. Lapesa 1974, 303: comimos pan y queso. «El espanol antiguo permitia mayor uso del sustantivo comün sin actualizador», S. 302 ). Damit sind das Spanische und das Rumänische «mit einer relativ hohen Verwendungsbreite determinantenloser NPs noch näher an den Verhältnissen im Frühromanischen als etwa das Italienische» (Selig 1992, 102). Zur Syntax des Artikels im Asp. vgl. auch Herber (1961) und Company Company (1991). IO

Vgl. auch Canaes e Mariz de Padua (i960, 49): «No espanhol antigo näo encon-

368

nähme eines vorangestellten Objekts durch ein Objektpronomen und die D O M noch nicht generalisiert waren, kann die syntaktische Funktion des initialen Satzgliedes oft nur aus dem Kontext erschlossen werden. Diese OVS-Strukturen sowie die Tatsache, daß kasusfreie Linksherausstellungen und Subjektisolierungen ganz generell ein typisches Merkmal der frühen Texte sind, tragen dazu bei, daß die akast. Syntax im Vergleich zum geschriebenen Gegenwartsspanischen «lockerer» erscheint. Während derart desintegrierte Ausdrucksstrukturen - Stempel (1964, 189ft) spricht hier von «Diskontinuitäten in der Syntax» - heute formalsyntaktisch zumindest in der Schriftsprache markiert sind, scheinen sie im (frühen) Altromanischen weniger großen Restriktionen unterworfen gewesen zu sein, d.h., sie waren auch in der Schriftsprache durchaus gängig.

8.5 Was die Nebensatzsyntax anbelangt, so wird auch hier die Unterscheidung zwischen thetischen und kategorischen Äußerungen mit Hilfe der Satzgliedanordnung gemacht. Aufgrund des besonderen kontextuellen und pragmatischen Status der mehrheitlich temporalen und lokalen Adverbialsätze ist die Wortstellungsvariation tendenziell geringer als im HS, d.h., es überwiegen der kategorische Äußerungstyp und damit auch die SV-Strukturen. Verbinitiale Strukturen sind anders als im Afr. im subordinierten Satz allerdings durchaus möglich. Erneut nehmen die Texte des 13. Jhs. hier eine Sonderstellung ein, da auch in eindeutig nicht-thetischen Nebensätzen häufig die VS-Anordnung steht. A b dem 14. Jh. dominiert dann aber konsequenter als im HS die SV-Anordnung, v. a. in satzinitialen Temporalsätzen mit deutlich anaphorischem Bezug zum vorausgegangenen Satz. On-V-Strukturen sind insbesondere im 13. Jh. geringfügig häufiger als im HS. Die Zahl der Sp ist im NS höher als im HS, die Pronomen sind hier jedoch wie im Ait. (aber anders als im Afr.) nicht obligatorisch.

8.6 Worin bestand nun die «Freiheit» der akast. Wortstellung"? Zunächst gilt es einschränkend festzustellen, daß die grundsätzliche Mög-

11

tramos uma correspondencia acentuada a necessidades logicas. A s palavras brotam segundo ο estado psicologico». So z.B. England (1979, 291): «the most striking aspect of this picture is the immense freedom of word order which obtained in Old Spanish. Relatively few orders were rigidly fixed, and there is only slight evidence of any movement towards a more rigid system of word order» und «it would not be accurate to speak of a position for the subject nor of subject-inversion» (ibid., 286). Seine Beispiele (S. 284) weisen jedoch vorwiegend einwertige Verben auf; auf den semantisch-referentiellen Status der Subjekte sowie die jeweiligen Kontexte wird kaum eingegangen. Daß es bei den Verben des Sagens in der Tat eine gewisse Arbitrarietät gibt, ist nicht zu leugnen.

369

lichkeit, thetische bzw. kategorische Inhalte mit Hilfe zweier verschiedener Wortstellungsmuster zu kodieren, hier nicht genannt werden sollte, da zumindest im Bereich des Thetischen (sehen wir von den ohnehin seltenen thetischen Äußerungen mit mehr als einem nominalen Aktanten einmal ab) im Prinzip keine Wahlmöglichkeit zwischen SV und V S vorhanden ist. Von «Freiheit» kann daher eigentlich nur in Hinblick auf den kategorischen Bereich gesprochen werden und auch hier v. a. in bezug auf die frühen Chroniken. Zwei Punkte sind in diesem Zusammenhang zu nennen: 1. Die Freiheit bei der Besetzung der präverbalen Position war größer als in den späten Texten. In den alfonsinischen Chroniken finden sich Belege dafür, daß die Abfolge bekannter vor neuer Information keine zwingende Bedingung für die Satzgliedanordnung war, wenngleich diese Abfolge natürlich de facto in den meisten Äußerungen eingehalten ist. 2. Analog dazu konnte das postverbale Subjekt ohne Rücksicht auf die Verbsemantik [ - n e u ] sein. In kategorischen Äußerungen war es in den frühen Chroniken nahezu uneingeschränkt möglich, das aus dem Kontext bekannte Subjekt sowohl im Haupt- als auch im Nebensatz dem Verb nachzustellen, und es wird zu überlegen sein, ob V S ( O ) im Asp. den Status einer «Basiswortstellung» hatte (vgl. Kap. III.3.2). Diese dezentriert-kategorischen Konstruktionen, die wie neutral-kategorische Konstruktionen das Faktum (wenngleich mit Hilfe einer Transformation) in Thema und Rhema analysieren, können in der PCG und GE mit der SV-Anordnung alternieren. Beide Aspekte haben natürlich etwas Gemeinsames, und zwar betrifft dies die Besetzung der präverbalen Position. Hier hatte der Sprecher/ Schreiber offensichtlich viel uneingeschränkter die Möglichkeit, die Äußerung mit demjenigen Element zu beginnen, das seiner Ansicht nach kontextuell den geeignetsten Ausgangspunkt der Mitteilung darstellt, sei es nun das Subjekt, das Objekt oder das Verb. In diesem Punkt haben die Restriktionen im Verlauf der Sprachgeschichte deutlich zugenommen, wenngleich die Entwicklung im Spanischen weniger weit gegangen ist als in anderen romanischen Sprachen.

370

III Wortstellung, Sprachtypologie und Sprachwandel

ι Die Satzgliedanordnung im Spätlateinischen

i . i Wortstellungsvariation im Lateinischen Die Entwicklung der Konstituentenabfolge im Altromanischen kann nicht losgelöst von den Verhältnissen im Lateinischen gesehen werden, da insbesondere spätlateinische Texte wichtige Aufschlüsse über die Anfangsphase der romanischen Entwicklung und ihre Besonderheiten zulassen (vgl. auch Hinojo Andres 1986, 1988; Blake 1992). Grundlegend für diese Thematik ist die Arbeit von Wanner (1987) über die Entwicklung der romanischen Klitika, die auch ausführliche Beobachtungen zur Satzgliedfolge im Spätlateinischen und Frühromanischen enthält. Wir beschränken uns daher auf einige summarische Beobachtungen zur Wortfolge im Spätlatein, die in erster Linie als Anknüpfungspunkt für unsere Überlegungen zum typologischen Status des Asp. gedacht sind. Für weitergehende Überlegungen verweisen wir auf die Arbeit von Wanner, der allerdings einschränkend bemerkt: The Latin and Late Latin situation as it appears from the existing literature remains unclear due to the prevalent ambiguity of the intermediate Latin to Romance documentation regarding S O V vs. V S O vs. S V O typological pertinence. [...] Given the scarcity of reliable detailed studies, it will be generally argued that the moment has not yet arrived for highly sophisticated interpretations of word order change in the Late Latin verb (1987, 377)

Es gilt heute als unumstritten, daß das klassische Latein im unmarkierten Aussagesatz zwar die Endstellung des finiten Verbs bevorzugte, daß es aber wortstellungstypologisch gesehen keine rigide SOV-Sprache war 2 .

1

2

Wanner stützt sich bei seiner Analyse vor allem auf Texte aus Italien und Frankreich, die jedoch Rückschlüsse auf das Spätlatein des iberoromanischen Raumes erlauben. Einschlägige syntaktische Arbeiten zum hispanischen Spätlatein fehlen bislang; Diaz y Diaz (i960), Bastardas Parera (1953, 1960) beschränken sich auf Lautlehre und Morphologie, neuere, kürzere Beiträge stammen von Carrera de la Red (1983) und Blake (1991, 1992). Zum Klat. vgl. Linde (1923), Marouzeau (1922 ff.), Adams (1976a, 99), Vincent (1976), Serbat (1980, 141), Geisler (1982, 165 ff.), Wanner (1987, 380-384), Pinkster (1988), Jacob (1990, 25-27). Vgl. Miller (1975) zur VSO-Anordnung im Indoeuropäischen.

372

Neben diesem «Basiswortfolgemuster» (vgl. dazu auch Kap. III.3.3) gab es bereits im Klat. andere, stilistisch markierte Anordnungen wie VS(O), SVO und OVS, wodurch nicht nur eine eindeutige typologische Klassifizierung, sondern auch die Beschreibung des Ablöseprozesses Latein Romanisch erschwert wird. «Latin belongs to the non-rigid type which overtly admits considerable contradiction of its basic typological word order on the surface for expressive, later on also syntactic, purposes» (Wanner 1987, 378) 3 . Pinkster (1988,1991) plädiert angesichts der sprachlichen Variation dafür, in bezug auf das klassische Latein von mehreren Grundwortstellungen auszugehen, die in erster Linie textsortenspezifisch und diskurspragmatisch bedingt sind4. Bereits in klat. Zeit, so zeigt es die vielzitierte Studie von Linde (1923), variierte die Zahl der Verbendstellungen in den einzelnen Texten; allerdings hatte dies nicht nur mit der diachronen Entwicklung des Lateinischen zu tun, sondern auch mit dem jeweiligen Stilniveau des Autors und der Textsorte; «the differences between Plautus and Cicero, as well as those between Cicero and Caesar, belong primarily not to the diachronic dimension, but to the individual domain of stylistic preferences of authors, genres, periods» (Wanner 1987, 388) 5 . Natürlich spielte die Nähe 3

4

5

A n anderer Stelle notiert er zusammenfassend: «The diagnosis of non-rigid SOV-type for Classical Latin is the minimum concession to be made to the surface variety characterizing the language. Hawkins's [...] S O V X formula seems to fit the case best, combined with V S O as a primary alternate pattern for marked communicative values» (1987, 3 8 3 - 3 8 4 ) . Vgl. auch Vincent (1976, 57, 62) und Raible (1992). «The existence of so much variation itself in our texts should warn us against assuming a syntactic basic order. The variation can be explained much better if we assume the existence of several different orders reserved for specific situations (text-type, sentence-type, constituent-type etc.) or assume other (pragmatic and/or semantic) factors to determine the order of constituents» (Pinkster 1991, 7 1 ) . Einen diskurspragmatischen Ansatz vertreten auch Panhuis (1982) und de Jong (1989). Nach Sasse (1982, 2 7 9 - 2 8 1 ) nimmt das Klat. noch eine Sonderstellung ein, da die semantischen Kasusrelationen noch anders funktionieren als in den frühromanischen Sprachen; ähnlich argumentiert v. SeefranzMontag (1983, 2 1 5 f t ) , die auch auf die Gründe der internen, funktional motivierten Veränderungen vom Lateinischen zum Romanischen eingeht: «Die ursprünglich ausschließlich semantischen Funktionen bestimmter Kasus wurden im Pie. [Protoindoeuropäisch, I. N.-H.] durch die Koppelung jeweils mehrerer semantischer mit syntaktischen Funktionen, d.h., durch semantisch-syntaktische Funktionen ersetzt». Wanner (1987, 383, 3 8 5 - 3 8 6 ) warnt hingegen vor einer ausschließlich pragmatisch orientierten Analyse und plädiert für eine Einbeziehung syntaktischer Faktoren. Z u r Wortstellung im Klat. vgl. auch Metzeltin (1987). Linde (1923) zeigt aufgrund einer bei einer Anzahl lateinischer Prosaschriftsteller durchgeführten Statistik, daß der Prozentsatz der Verbendstellung vom Ende der republikanischen Zeit bis zum E n d e der Antike langsam, aber stetig abgenommen hat und daß bereits in klassischen Texten andere als das SOVMuster belegt waren. E r postuliert eine relativ lineare Entwicklung. Bezüglich

373

des Textes zur umgangssprachlichen Varietät eine entscheidende Rolle, denn es gilt heute als ebenfalls gesichert, daß sich in der Sprechsprache bereits sehr früh eine wesentlich größere Diversifizierung im Bereich der Satzgliedanordnung abzeichnete als in der normierten (vgl. z.B. Ramat

Schriftsprache

1980 zum pompejanischen Latein). A d a m s

(1976a,

1 9 7 6 b ) vermutet, daß das Verb bereits in der Zeit von Plautus begann, in bestimmten umgangssprachlichen Kontexten aus seiner finalen Position nach links zu rücken, wobei die V O - und die O V - A n o r d n u n g mehrere Jahrhunderte nebeneinander existierten. Ähnlich sieht es auch Panhuis (1982, 1 5 2 ) : The verb-final tendency of the written standard is adhered to most strictly in legal texts, in historians writing in the tradition of the chroniclers [...]. In the colloquial language, as represented by Plautus, the verb has no special position and finds its place in accordance with the communicative perspective. Between the two extremes there is a continuum that is actually occupied by authors that do not adhere strictly to the verb-final convention for various reasons 6 . D e r romanische Stellungstyp ( S ) V O war also schon in klat. Zeit als markierte stilistische Variante belegt, in spätlateinischer Zeit fand dann eine deutliche Verschiebung in der zahlenmäßigen Gewichtung statt 7 .

Am

E n d e der mehrere Jahrhunderte dauernden Entwicklung vom Lateinischen zum Romanischen kam es schließlich in den altromanischen Sprachen zu einem endgültigen Wechsel des dominanten Anordnungsmusters. Nun verlief auch die Entwicklung im Spätlatein, wie Wanner zeigt, nicht linear, sondern war in hohem Maße abhängig von den stilistischen und pragmatischen Bedingungen des jeweiligen Textes («particular prag-

6

7

der Verbendstellung schreibt er: «Der Abstand zwischen dem Maximum (84 % bzw. 93 bei Caesar) und dem Minimum (25 % , bzw. 37 bei Aetheria) ist ganz bedeutend und beträgt 59 (bzw. 56) % . [...] Eine langsame, wenn auch durch Rückschläge unterbrochene Entwicklung ist unverkennbar» (1923, 156). In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen von Hinojo Andres (1985) zu Petrons Satiricon von Interesse. Petrons Sprache gehört zwar noch eindeutig zum OV-Typus, und was die Subjektposition anbelangt, so dominieren subjektinitiale Strukturen. Hinojo Andres hat im HS 57,6 % OV-Strukturen ermittelt und im NS 82 %. «La lengua de Petronio se halla en un estadio intermedio entre los autores cläsicos y literarios y los tardios y vulgares» (ibid., 250). Interessanterweise hat aber die Zahl der verbinitialen Strukturen insbesondere bei den kopulativen und den passivischen Sätzen sowie solchen mit intransitiven Verben im Vergleich zu älteren Texten zugenommen. «Puede afirmarse que a medida que la lengua va evolucionando del tipo OV a VO, aumenta tambien el numero de oraciones con el verbo en posicion inicial ο delante del sujeto, aunque el orden SV sea claramente mayoritario» (1985, 252). So notiert z.B. Adams (1976a, 137) bezüglich der Chronik des Anonymus Valesianus II aus dem 6. Jh.: «The Romance order S V O is preferred to the classical SOV by 16:6» (dies gilt für Hauptsätze mit nominalem Objekt und finitem Verb). Vgl. auch Raible (1992, 319): «In Latin, the change in the ordering of the verb and the actants does not seem to have been a catastrophic event. It must have rather been a lengthy process lasting for centuries». 374

matic conditions of different text types», 388). Ähnlich interpretiert auch Koll (1965) die Situation in spätlateinischer Zeit. Ihm geht es um den Nachweis, daß die Umstrukturierung des lateinischen Systems im Bereich der Konstituentenabfolge keineswegs im 4. Jh. bereits weitgehend abgeschlossen war (wie es noch Richter (1903, 1 1 ) vermutete), da die spätlateinischen Texte je nach Textsorte sehr unterschiedlich weit in bezug auf die Verwendung «romanischer» Formen (VO, V S ) waren 8 . Insgesamt kommt Koll zu folgendem Schluß: «Wenn wir von den direkt oder indirekt vom Griechischen beeinflußten Texten absehen, zeigt sich hinsichtlich der WSt. bzw. der Satzgliedfolge überall ein mehr oder weniger zähes Festhalten an dem mos maiorum» (1965, 263). Zumindest in Gallien setzte sich seiner Ansicht nach die romanische Wortstellung erst zwischen dem 6. und 8. Jh. durch 9 . Wanner interpretiert die Entwicklung ähnlich: Während das Spätlateinische je nach Textsorte ( V G [=Vulgar] und C X [=Christian]) allenfalls Tendenzen in bezug auf die Präferenz des einen 8

Für diejenigen spätlateinischen Texte, die ein hohes Maß an volkssprachlichen Strukturen aufweisen, bemüht er sich um Erklärungen, die zeigen, daß es sich hier nicht unbedingt um das Eindringen volkssprachlicher Muster handeln muß. So führt er die hohe Zahl an Inversionen in der Itala und Vulgata auf griechische Vorbilder zurück; die vielen volkssprachlichen Muster in der Peregrinatio auf den Einfluß der Bibelsprache. Hinojo Andres (1986, 83) hat für die Peregrinatio 61,5 % VO-Strukturen und 38,5 % OV-Strukturen gezählt (vgl. auch Väänänen 1987, 106). In Anbetracht der differenzierten Betrachtung bei Wanner (1987) und Koll (1965) erscheint Hinojos Schlußfolgerung allerdings stark vereinfachend: «Para cerrar este apartado nos parece interesante presentar unas estadisticas diacronicas: en Cesar y Ciceron los porcentajes de O-V superan el 80 por 100, en Petronio el 65 por 100, en Peregrinatio no llegan al 40 por 100 y en los textos castellanos solo el 28 por 100, incluyendo los pronombres objeto. Esta evolution progresiva de las estadisticas en un mismo sentido nos indica que de un orden O-V se ha ido pasando al opuesto a lo largo de la historia de la lengua y que el cambio se ha producido ya en latin, aunque se ha consumido en las lenguas neolatinas» (Hinojo Andres 1988, 444). Daß sich ein Wandel schon in altlateinischer Zeit andeutet, zeigt Alvarez-Pedrosa (1988), der lateinische Inschriften aus dem 5. - 3. Jh. v. Chr. ausgewertet hat: «la abrumadora mayoria en las leyes del siglo II y la totalidad de los casos en la Lex Tab. se inclinan por la evidencia de un orden OV. Sin embargo, los unicos casos de SVO, al no presentar ninguna marca especial, parecen anticipar que el cambio sintäctico se va a producir en esa direction» (113). Er hat folgende Prozentanteile errechnet: SOV: 93,5%, SVO: 3,8%, OSV: 2,5% (ibid. 122).

9

So auch Wright (1983, 13): «The common -Romance of, say, 600 A . D. from which the Romance languages develop did not, it seems, have verb-final word order. That, and the full six-case nominal morphology, had been artificial conventions of the written mode for several generations. The oldest texts in Romance writing do not reveal a systematic verb-last practice nor even in France any more than a two-case morphology». Geisler (1982, 205) geht davon aus, daß die Verbverschiebung bis zum 7. Jh. abgeschlossen war. «Die Begrenzung des Topic erfolgt ab dieser Zeit nicht mehr allein intonatorisch oder zusätzlich mit Hilfe klitischer Begrenzungspartikeln, sondern positioneil durch die Verbstellung».

375

oder anderen Abfolgemusters erkennen läßt, ist ein Dominieren von verbinitialen bzw. verbmedialen Äußerungen erst in genuin romanischen Texten festzustellen; «it will be impossible to assign direct proto-Romance status to any given document, while it remains possible to detect certain trends in the appropriate environment indicating Romance choices in some privileged texts» (1987, 388). Was nun speziell die Äußerungen mit Verbinitialstellung anbelangt, so ist die Existenz eines markierten V(S)-Typs bereits in klassischer Zeit gut belegt. «VSO, e.g., is a marked type used for verbal emphasis or other expressive/contrastive purposes, similar considerations apply to other patterns» (Wanner 1987, 378). Darüber hinaus diente das finite Verb in satzinitialer Funktion im neutralen Aussagesatz v.a. der «Herstellung eines Satzzusammenhangs (u. a. einer explikativen, konsekutiven oder kausalen Relation) oder nur Herstellung von Kontinuität innerhalb der Erzählung (des Berichts o.ä.)» (Pinkster 1988, 267), beides, wie wir gesehen haben, Merkmale der «narrativen Inversion» 10 . Das Verb war dabei jeweils hervorgehoben, d.h., es handelt sich bei diesen Äußerungen um ein Merkmal bewußter Erzählkunst 11 . Eine Durchsicht der Texte von Koll zeigt nun, daß mehrere spätlateinische Texte (ζ. B. die Peregrinatio) eine auffallende Häufung von Äußerungen mit satzinitialem Verb aufweisen. Für diesen Text belegt er im HS 52,8% S V und 47,2% V S (S. 246) 12 . Diese Häufung muß natürlich Anlaß für die Frage sein, ob es sich zumindest in diesen Texten überhaupt um ein markiertes Anordnungsmuster handelt. Wanner bringt die spätlateinischen Veränderungen in der Konstituentenabfolge in direkten Zusammenhang mit den unterschiedlichen Kommunikationsbedingungen im gesprochenen und geschriebenen Code (vgl. auch unten Kap. III.2.1). In der Sprechsprache und den schriftlichen Texten, die am wenigsten der klassischen Norm folgten, war die Zahl der expressiveren VX-Strukturen (u.a. in Imperativen) höher als in der Schriftsprache, hinzu kommt die Tendenz zu relativ kurzen Sätzen, die

10

11

12

In seinem Beitrag von (1991) legt Pinkster ansatzweise Gedanken des T K M zur Untersuchung der Wortstellungsverhältnisse im klassischen Latein zugrunde: «Latin seems to make the same distinction between and pragmatically information», wobei in «all-new sentences» die VS-Stellung, v. a. bei einwertigen Verben dominiert (1991, 78). Vgl. auch Linde (1923, 159), der die VS-Strukturen als typisch für die «lebhaft fortschreitende Erzählung» bezeichnet, sowie Kroll (1918), Kühner/Stegmann (1982, 599), Blumenthal (1980b, 125). Zur Funktion der V...- Strukturen vgl. auch Wanner (1989, 446). Vgl. auch Kap. III.2.1. Hinojo Andres (1988, 441) hat für denselben Text 62,4% SV-Strukturen und 37,6% VS-Strukturen ermittelt; vgl. auch Väänänen (1987, 104-106), Linde (1923, 167). Koll (1965, 245) vermutet bezüglich der Inversion, daß sie bereits in der lateinischen Volkssprache beliebter war als in der klassischen Latinität. Siehe auch die oben in Anm. 6 zusammengefaßten Ergebnisse von Hinojo Andres (1985) zum Satiricon von Petron.

376

zumindest die Verbzweitstellung begünstigte, da z.B. zwischen Subjekt und Verb stehende Argumente ausfielen. The determining factors for the eventual proto-Romance evolution are the style level shift compared to typically Classical Latin, and the concomitant change in the pragmatically controlled expressive needs, e.g. the more central role of emphatic structures in the vivid, dialog orientated use of spontaneous language visible in the documents. A n important accompanying condition is the sociolinguistically triggered decline of high-style imposition and imitation (Wanner 1987, 481) 13 .

1.2 Z u r S a t z g l i e d a n o r d n u n g in der Vita

Eufrosine

Fragen wir uns nun nach den syntaktischen und funktionalen Bedingungen der wichtigsten Wortstellungsmuster in einem ausgewählten spätlateinischen Text. Mit Ausnahme der Arbeiten von Pinkster (1991) und Selig (1989, 1992) wird in keiner der vorliegenden Untersuchungen die Frage nach möglichen diskurspragmatischen Bedingungen der Satzgliedfolge im Spätlateinischen gestellt. Wir möchten daher an dieser Stelle die Ergebnisse von Selig zur Satzgliedanordnung resümieren und uns daran anschließend fragen, inwieweit diese Ergebnisse im Rahmen des von uns gewählten T K M interpretiert werden können 14 . Im Rahmen ihrer Untersuchung konnte Selig feststellen, daß die Herausbildung des Artikels im Romanischen mit Veränderungen der lateinischen Wortfolge in Verbindung gebracht werden muß, «denn beide Ausdrucksmittel, unterschiedliche Wortstellung und Einsatz von Determinanten, überschneiden sich in ihren Funktionsbereichen» (1989, 121) 15 . Zur Exemplifizierung wählt sie die Vita Eufrosine, eine merowingische Heiligenvita aus dem 7. Jh., der «schlichteste und von klassischen Sprachnormen am wenigsten beeinflußte» (1989, 123) der von ihr untersuchten Texte 16 . Die Wortstellung 13

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Z u den möglichen Gründen für den typologischen Wandel vgl. v. a. die differenzierte Darstellung bei Wanner (1987,388 ff.), aber auch Koll (1965) und Vincent (1976, 62). Koll vermutet die Ursachen für die Vielzahl verbinitialer Strukturen im Spätlateinischen im Einfluß durch die Bibelsprache. Modernere Untersuchungen zur spätantiken Wortstellung in der Iberoromania liegen mit Ausnahme der Arbeiten Blakes zu kastilischen Kartularien u.W. nicht vor. Die Arbeiten von Haida (1928), Muldowney (1937) und Wilkins (1940) zur Peregrinatio, den Schriften des Heiligen Augustinus bzw. zu spätlateinischen Predigttexten sind zwar informativ, vom methodischen Standpunkt aus aber veraltet. Zum Zusammenhang von Determinantensetzung und Satzgliedanordnung vgl. auch Anm. 9 in Kap. II.8 sowie Kap. II.1.3.4. Koll (1965, 261) äußert sich in bezug auf den Status der hagiographischen Schriften sehr vorsichtig. Er vermutet, daß hier ähnlich wie bei der Peregrinatio die Sprache der Bibel beeinflussend wirkte, schließt aber vulgärsprachlichen Einfluß nicht aus.

377

entspricht ihrer Ansicht nach weitgehend der romanischen: «Im Gegensatz zu den übrigen Viten überwiegt die Stellung SVO über SOV» (1989, 123). Die von ihr angegebenen Zahlen belegen aber nicht nur zahlreiche SVO-Anordnungen, sondern, und dies erscheint uns in Anbetracht der Verhältnisse im Asp. fast noch wichtiger, einen sehr hohen Prozentsatz an VS(0)-Strukturen. Seligs Zahlen (1989, 123) beziehen sich auf die ersten fünf Seiten des Textes (die Partizipialkonstruktionen haben wir hier nicht mitgezählt): HS und NS: SOV: 6, SVO: 11 HS: SOV: 3, SVO: 8 NS: SOV: 3, SVO: 3

VS: 19 VS: 52,8 % VS: 14 —*• VS: 56 % VS: 5 ^ V S : 4 5 , 5 %

Die von uns errechneten Prozentzahlen zeigen, daß in diesem Text zumindest im HS nicht Sätze mit satzinitialem Subjekt, sondern mit Verbinitialstellung dominieren. Bei einer ergänzenden, grobmaschigeren Auszählung aller Hauptsätze mit explizitem Subjekt haben wir die folgende Häufigkeitsverteilung für den ganzen Text ermittelt: VS: 39 (58,2%); SV: 28 (41,8 %)'7. Für eine Interpretation dieser Zahlenverhältnisse scheint uns die Frage nach Kontexten der SV- und der VS-Anordnungen angemessener als die Vermutung Kolls, bei der Vielzahl der VS-Strukturen in hagiographischen Schriften könne es sich um die Imitation biblischen Stils handeln. Selig (1989, 1 2 3 - 1 2 4 ) bemerkt dazu Folgendes: - Ein vor dem Prädikat am Anfang des Satzes stehendes Subjekt ist deutlich hervorgehoben. Meist handelt es sich um Nennungen bei Subjektwechsel oder um Nennungen an textgliedernden Stellen, in Kontexten also, in denen die anaphorische Anbindung an den vorhergehenden Text besonders betont werden soll. Diese Subjekte sind zumeist in irgendeiner Weise zusätzlich markiert, etwa durch Hinzufügung eines Genitivattributs, eines Possessivpronomens oder eines anderen Determinanten 18 . - Wird der Satz dagegen vom Prädikat eingeleitet und folgt erst dann das Subjekt, handelt es sich um unbetonte Nennungen, die z.B. ein genau der Hörererwartung entsprechendes, kurz zuvor erwähntes Subjekt kodieren. Die Stellung VS scheint immer dann eingesetzt zu werden, wenn einfach der Fortgang der Handlung ohne besondere Betonungen der einzelnen Beteiligten erzählt werden soll. Damit stimmt auch die formale Gestaltung der jeweiligen NP überein: Bei nachgestellten Subjekten werden nur selten Determinanten eingesetzt, ebenso stehen die betonenden Subjektpronomen meist vor, selten hinter dem Prädikat. 17

18

Unserer Untersuchung liegt folgende Edition zugrunde: La vie de Sainte Euphrosyne. Texte romano-latin du VII-IXe siecle, hg. von A. Boucherie in: Revue des langues romanes 2 (1870) 26-40. Zum Klat. vgl. auch de Jong (1989, 537): «Topics do not by themselves make a claim to initial position: continuous topics show a tendency to follow the Focus, while the most consistently fronted Topics are those which coincide with Contrast, itself a priority factor».

378

Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß VS-Strukturen offensichtlich zumindest in diesen Texten nicht mehr, wie noch im Klat., stilistisch markiert waren, sondern daß sie sogar ein gewisses Maß an «Normalität» hatten. Allerdings lassen sich schon im Spätlateinischen einige typische syntaktische Kontexte für VS-Strukturen ermitteln, die zeigen, daß es offenbar bereits zu dieser Zeit Restriktionen in bezug auf den genannten Konstruktionstyp gab. Was darüber hinaus die Subjektinitialstellung anbelangt, so wurde diese allein offenbar schon nicht mehr als thema-hervorhebend betrachtet, so daß Determinanten die fehlende Unterscheidung in anaphorisch und betont-anaphorisch ausgleichen mußten 19 . Nach Adams (1976a) wirkten (a) passivische Strukturen 2 0 und (b) Äußerungen mit intransitiven Verben inversionsbegünstigend, wobei die Inversion unabhängig davon ist, ob das Subjekt «agentive» oder «non-agentive» ist. Besonders häufig ist die Inversion nach Existenz- und Bewegungsverben (ibid., 129); Äußerungen mit transitiven Verben weisen hingegen nach Adams so gut wie nie die VS-Stellung auf. In der Vita Eufrosine haben wir allerdings einige Beispiele für diesen Äußerungstyp gefunden. Ein Beispiel für VS(0)-Strukturen, die der Kodierung fortlaufender Handlung mit aus dem Kontext bekannten Subjekten dienten, ist etwa der folgende Passus: (III. ι - 1 )

(III.1-2)

Et jussit abbas foras de monasterio ubi peregrini recepcionem habebant manere patrem cum puellam. Et in crastino die castigabat illam ipse vir sanctissimus pro castitatem et elimosinam et timore Dei, et satis placuit animae suae. Et dum tres dies cummorassent prope de monasterio, audiebat puella incessabiliter psalentes servos Dei et laudantes Deum (28) Et dum hoc narrabant pariter, venit pater ejus de platea civitatis, et interrogavit monacho dicens quid ad illus venisset. Dixitque ei monachus: Et cum gaudio secutus est eum pater puelle portans secum diversa necessaria. Dum autem pater suos commorabatur in monasterio, dixit puella uno crediturio suo: [•··] (30)

Nun könnte man geneigt sein, einen solchen Passus mit Hilfe des Konzepts der «narrativen Inversion» zu erklären, es ist jedoch fraglich, ob es sich hier tatsächlich um markierte Strukturen mit einer gewissen Hervorhebung des satzinitialen Verbs handelt. Die VS-Anordnungen in diesem 19

20

Selig spricht von der expliziten Definitmarkierung als «Ersatz für die nicht mehr emphatische satzeinleitende Position» (1989, 124). Als Gründe für die Ausweitung des Determinantengebrauchs nennt sie diskurspragmatische Faktoren, wie die Betonung kohärenzsichernder Mittel und Emphase wichtiger Nennungen (1989, 120; 1990, 1992). «The reason for the disproportionate frequency of inversion when the verb is passive must lie in the fact that the subject of a passive verb is equivalent to the object of an active verb» (1976a, 126).

379

Text sind allein aufgrund ihrer Häufigkeit eher unmarkiert, außerdem erscheint uns das Verb in diesen Beispielen nicht betont zu sein. Dies würde wiederum mit den Beobachtungen von Wanner übereinstimmen, der für den Übergang vom Lateinischen (SOV) zum Romanischen (SVO) von einer Phase ausgeht, in der die VSO-Anordnung zumindest in volkssprachlich gefärbten Texten zwar nicht die allein vorherrschende war, aber doch zumindest in einem sehr großen Teil der Äußerungen auftrat (vgl. unten Kap. III.2.2 und III.3.2) 21 . Andere Äußerungen mit der VS-Anordnung sind Beispiele für thetische Äußerungen, wie etwa die folgenden präsentativen Äußerungen: (III. 1 - 3 ) (III. 1 - 4 )

Fuit in A l e x a n d r i n e civitate vir magnificus, nomine Pafnutius (26). Divulgatum est autem in omni civitatem laus de ipsa infantula. (27)

Während Blumenthal (1980b, 130-131) davon ausgeht, daß es sich hier um genuin spätlateinische Strukturen handelt, weist Pinkster (1991, 7 7 78) solche thetischen Äußerungen bereits im Klat. nach 22 . Hinsichtlich der SV-Anordnung ist bei den meisten Sätzen mit aus dem Kontext bekanntem Subjekt deutlich erkennbar, daß satzinitiale Subjekte durch ihre Position betont werden sollen, was zusätzlich durch einen Determinanten unterstrichen wird: (III. 1 - 5 ) (III. 1 - 6 )

E t ipsa castissima venit in monasterio (32) ipsi abbas suppliciter rogabat D o m i n u m (27)

21

A u s den bereits genannten älteren Untersuchungen zur spätlateinischen Wortstellung geht ebenfalls eine deutliche Z u n a h m e der verbinitialen und verbmedialen Strukturen hervor, allerdings erlauben sie keine Unterscheidung zwischen V O - A b f o l g e n mit nicht explizit ausgedrücktem Subjekt und V S - F o l g e n , da beides unter der Rubrik «Satzanfangsstellung des Verbs» eingeordnet wird. D i e angegebenen Frequenzen sind daher mit Vorsicht zu betrachten. M u l d o w ney (1937) hat für die verbinitiale Stellung in den W e r k e n des Hl. Augustinus im H S 3 9 % , für die verbmediale Stellung 1 9 % errechnet (102, 121), Wilkins (1940) für Predigten des 5. und 6. Jh. jeweils durchschnittlich 3 1 , 7 % und 2 9 % (S. 136). B e i d e weisen auch auf die Verbanfangsstellung als narratives Muster hin: «Beginning-position is especially frequent in depicting the progress of a narrative, in describing the successive steps in a story. This is the type of beginning-position used most frequently by the historians with w h o m the verb thus emphasized serves as a kind of compensatory transitional element in an asyndetic narrative» ( M u l d o w n e y 1937, 108) und «It may reflect the precipitation of quickly happening events, or it may mark a steady progress in points of exposition or an orderly procedure in detailed descriptions» (Wilkins 1940,121), allerdings weist M u l d o w n e y darauf hin, daß Verbinitialstellung in Predigttexten insgesamt verhältnismäßig selten ist ( 1 9 3 7 , 1 1 5 ) . Haida ( 1 9 2 8 , 1 5 ) notiert in diesem Z u s a m m e n h a n g : «In der Peregrinatio wird sie vorwiegend zur Darstellung der fortschreitenden Handlung in der Erzählung verwendet. D a r u m begegnet sie uns auffallend häufig im Nachsatz nach einem Temporalsatz». Z u r Peregrinatio vgl. auch Löfstedt ( 1 9 1 1 ) und H i n o j o A n d r e s (1986).

22

V g l . oben A n m . 10 und de Jong (1989, 537). Verba dicendi fast ausschließlich in V S - A n o r d n u n g auf.

380

treten in der Vita

Wir haben nun in Kap. II. 1.3 gesehen, daß auch in den alfonsinischen Texten das VS-Muster offensichtlich noch unmarkiert gebraucht werden konnte. Die Nachstellung eines kontextuell bekannten Subjekts diente eben nicht nur dazu, die durch das initiale Verb ausgedrückte Handlung besonders in den Vordergrund zu rücken, sondern auch einfach der Schilderung chronologischer Ereignisse und Handlungen, wobei die Kontinuität des (kurz zuvor erwähnten) Protagonisten eine wichtige Rolle spielt. SV-Strukturen hingegen wurden häufig gebraucht, um einen Thema- bzw. Subjektwechsel zu signalisieren oder um die anaphorische Anbindung an den vorangegangenen Text zur verdeutlichen. Allerdings sind die Bedingungen zur Subjektnachstellung in den asp. Texten insgesamt wesentlich komplexerer Natur; längst nicht alle VS-Strukturen können im o.g. Sinne interpretiert werden, da im Frühromanischen Altes und Neues koexistieren (vgl. auch Wanner 1987, 396). Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die romanischen Wortstellungsverhältnisse Vorläufer in spätlateinischen Texten haben, deren Eigenarten ihrerseits im Klat. als stilistische Varianten belegt sind. Im gesprochenen Latein waren neben der SOV-Anordnung auch V S ( O ) und S V O vermutlich immer schon weiter verbreitet als in der Schriftsprache, und die Vielfältigkeit der Wortstellung war in diesem Register größer. Während die Verbinitialstellung im Klat. weitgehend markiert war, kam es im Umgangslatein offensichtlich zu einer zunehmenden Lösung von der klat. Norm und zu einer Ausweitung des Funktionsbereiches dieses Anordnungsmusters. Daß nicht alle spätlateinischen Texte in bezug auf die Wortstellung so aufschlußreich sind wie die Vita Eufrosine oder die Peregrinatio, zeigt, daß auch das Spätlateinische ein erhebliches Maß an syntaktischer Variation aufwies. «The overall picture is one of variety, just as it was in the classical period. In our texts there is no support for claiming that by A D 400 word order had changed into SVO» (Pinkster 1991, 80). Von diesem Variationspotential gibt es, wie wir gesehen haben, Relikte im Akast. des 13. Jhs.

1.3 D a s hispanische Spätlatein Nun kann man sicher vom Merowingerlatein nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse im hispanischen Spätlatein schließen. Die sprachliche Situation war in beiden Ländern eine völlig andere: Während es in Frankreich bereits um 800 zu sprachlichen Reformbestrebungen unter den Karolingern kam, die zu einer deutlichen Auseinanderentwicklung der geschriebenen lateinischen und der gesprochenen romanischen Sprache führten, begann man in Spanien erst 1080, sich über den Zustand des Lateins Gedanken zu machen, als anläßlich des Konzils von Burgos die westgotische Liturgie durch die romanische ersetzt wurde. Während Volkssprache

381

und Schriftlatein, das z.T. allerdings kaum noch dem klat. Ideal entsprach, bis zu diesem Zeitpunkt in einem Diglossieverhältnis nebeneinander bestanden (was die Existenz von Übergangsvarietäten nicht ausschließt, vgl. Bastardas Parera i960, 280), begann man im Zuge der cluniazensischen Reform auch in Spanien mit einer Reformierung des Lateinischen, wodurch der Abstand zur Volkssprache erheblich vergrößert wurde und das bisherige Doppelsystem endgültig in zwei Sprachen auseinanderbrach. Das Mittellateinische, nun «una lengua aprendida mediante el estudio» (Bastardas Parera i960, 252), «setzt die schriftlateinische Varietät fort, und auf der Basis des Sprechlateins entstehen die romanischen Schriftsprachen» (Berschin/Berschin 1987, 4 - ζ ) 2 3 . Im allgemeinen gilt das hispanische Latein als relativ konservativ, und der Abstand zwischen Sprech- und Schriftsprache wurde anders als in Frankreich vor dem 11. Jh. kaum empfunden. Bastardas Parera (i960, 254) führt dafür folgende Gründe an: L a tradicion de la cultura latina persistio durante la epoca visigotica tenazmente; mäs aun: a partir de la conversion al catolicismo de la corte goda (ano 587) se inicia un movimiento cultural de suma importancia por el n ü m e r o de escritores y por la extension geogräfica que adquiere. E l latin de los escritores del periodo hispanogodo, naturalmente muy distinto del latin cläsico, se mantiene con gran dignidad y correction gramatical. [...] A l lado de este latin culto debia usarse en Espana, en la redaction de cartas y documentos notariales, un latin m u c h o mäs popular, desgraciadamente, ni uno solo de los diplomas de esta epoca ha llegado hasta nosotros, en contraste con la abundancia de documentos merovingios del primer periodo carolingio 2 4 .

23

Im G e g e n s a t z zu den Vertretern der «Zweisprachigkeitsthese» (vgl. Berschin/ Berschin 1987) interpretiert Wright den Zustand vor 1080 in Spanien und vor 750 in Frankreich völlig anders. Seiner A n s i c h t nach ist das mittelalterliche Latein eine Erfindung der karolingischen R e f o r m , d.h., davor habe es keinen Unterschied zwischen «Latein» und «Romanisch» gegeben. M a n bemühte sich zwar, in geschriebenen Texten um eine an die klassische Sprache angelehnte Form des Lateinischen, gelesen wurden diese Texte jedoch Romanisch. «Late Latin is Early R o m a n c e and the true novelty of twelfth-century Spain is the arrival of M e d i e v a l Latin as a distinct concept» (1982, 186). Ä h n l i c h sieht dies auch B l a k e (1993), der dafür plädiert, latinisierende Texte wie Kartularien v o m 8. bis 13. Jh. als das zu sehen, was sie sind, «a formal R o m a n c e register dressed in the straitjacket of outdated writing conventions» (1993, 372). A l s B e w e i s führt er Beispiele aus der Syntax an, so ζ. B. die in diesen Texten außerordentlich häufige V S O - A n o r d n u n g , die im klassischen Latein nur wenige Vorbilder hatte. «With the syntax of Latinate texts closely mirroring that of O l d Spanish, it seems unreasonable to suggest that the language of Latinate texts represents a code maintained apart f r o m the vernacular for six centuries, only to suffer an instantaneous death around the 13th century» (1993, 372). Z u r kritischen Auseinandersetzung mit dieser T h e s e vgl. Berschin/Berschin (1987).

24

V g l . N o r b e r g (1980, 41): «C'est done ä cause de l'heritage de l ' e p o q u e wisigothique que le latin litteraire des Espagnols mozarabes conserve un certain caractere scolaire et livresque. L'influence de la langue parlee y est peu considerable».

382

Auch die Araberinvasion hat an dieser Situation nichts Grundlegendes geändert: Por el contrario, sorprende la tenacidad con que persisten en Espana las formas culturales del periodo anterior. Hasta finales del siglo X I , en que empiezan a dejarse sentir corrientes literarias innovadoras, solo en parte debidas a influencias ultrapirenaicas, la tradicion visigoda constituye casi la ünica norma literaria peninsular (Bastardas Parera i960, 2 5 4 - 2 5 5 ) .

Das heißt natürlich nicht, daß nicht auch im hispanischen Spätlatein eine «inevitable decadencia» (ibid., 255) zu beobachten ist. Diese hatte jedoch offensichtlich nicht die gleichen Ausmaße wie in Frankreich. Nun zeigt Blake ausgehend von einer Untersuchung spätlateinischer Kartularien von der iberischen Halbinsel (v. a. des Cartulario de San MilΙάη, 9 · - ι ι . Jh.), daß der Wandel von OV zu VO auch in Spanien spätestens seit dem 8. Jh. vollzogen ist. «The word order of these Latinate documents, with the exception of the highly formulaic beginnings and ends [...] already follows Romance syntactic patterns» (1993, 368-369). Er ermittelt für das 9. Jh. 82 % VO-Anordnungen, für das 10. Jh. 75 % und das 1 1 . Jh. 8 3 % . Aus einer Zusammenstellung von VO- und OVStrukturen in klat. und spätlateinischen Texten zieht er folgenden Schluß: Parece claro que hay una marcada preferencia por el orden V O ya establecido en el siglo I V [...]. Este mismo patron VO, en su respectivo turno, se confirma en los castellanos del X I I I ( % V O : 72). [...] E s decir, el espanol ha sido inalteradamente una lengua de tipologia V O desde el comienzo de su historia escrita (1992, 293).

Damit bestätigt er die Vermutung von Koll (1965, 269), daß sich trotz der weniger großen Entfernung des hispanischen Lateins von der klassischen Latinität die romanische Objektstellung im 8.1g. Jh. durchgesetzt hat. Bezüglich der Subjektstellung geht aus Blakes Aufstellung allerdings nicht deutlich hervor, wie hoch der Prozentsatz der VS-Anordnung ist. Er drückt sich hier sehr vorsichtig aus: «Este asunto parece ser mucho mäs confuso debido a factores tanto teoricos como präcticos» (1992, 2 9 3 294). Bezüglich der Satzgliedanordnung kommt Carrera de la Red (1983) in ihrer Untersuchung der im 10. Jh. in Spanien übersetzten BenediktinerRegel hingegen zu einem völlig anderen Ergebnis: Es dominiert das klassische Wortfolgemuster S X V mit 53,58% vor S V X mit 23,78%, verbinitiale Strukturen spielen so gut wie keine Rolle. Nun ist dieser eindeutig schriftsprachlich konzipierte Text sicher weder mit den Urkunden noch mit den merowingischen Heiligenviten, die beide ein wesentlich niedrigeres sprachliches Niveau widerspiegeln, zu vergleichen, so daß ihre Ergebnisse für unsere Fragestellung nur bedingt aufschlußreich sind. E l latin literario de esta epoca permite constatar el retroceso de las construcciones hipotäcticas del periodo cläsico. Pero no sucede lo mismo con respecto al cambio en el orden de palabras; el paso de S X V a S V X no se ha generalizado, quizäs porque entre las pretensiones de los escritores latino-medievales, mäs ο

383

menos cultos, se encontraba el deseo de el caräcter latino de lo que escribian, frente a lo y a lo (1983, 88). Diaz y Diaz (i960, 195) beobachtet übrigens ähnliches, konstatiert darüber hinaus aber interessanterweise eine zunehmende Tendenz zur Verbinitialstellung: El orden de palabras se presenta en toda la epoca latina muy cercano al conocido por los textos cläsicos. Observase, sin embargo, una tendencia creciente a su alteration mediante la anteposicion del verbo, que muchas veces ocupa el puesto inicial de la fräse 25 . Das relativ unübersichtliche Gesamtbild, das die zitierten Untersuchungen vermitteln, legt den Schluß nahe, daß es zu diesem Thema im Bereich der iberoromanischen Mediävistik noch eingehenderer Untersuchungen bedarf 26 . In Anbetracht der bislang fragmentarischen Behandlung des Spätlateins der iberischen Halbinsel, ist es sicher im Rahmen dieser skizzenhaften Darstellung aus heuristischen Gründen statthaft, ausgehend von der o.g. merowingischen Heiligenvita (vorsichtige) Rückschlüsse auf das hispanische Latein bis zum 1 1 . Jh. zu ziehen. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, daß die Kluft zwischen gesprochener und geschriebener Sprache in Spanien vermutlich zu dieser Zeit nicht so groß war wie in Frankreich.

25

26

Die Ausführungen von Perez Gonzalez (1985) zur Wortfolge im Latein der kastilischen Kanzleien im 13. Jh. bleiben vage: «el orden de palabras del latin de nuestros documentos tiene ya muy poco de normativo, halländose muy cercano a lo que acabaria siendo el orden de palabras romance» (1985, 254). Wright (1993) weist auf die enorme sprachliche Variation hin, die das Spätlateinische bzw. das Frühromanische charakterisiert und spricht von «a single wide Early Romance speech community of great diversity, versatility and vitality, where the availability of a wide variety of both older and newer alternative forms, constructions, lexical items, and even perhaps in some cases pronunciations [...] gave rise in speech to multiple possibilities of pragmatic subtlety and stylistic nuance» (1993, 383). Vgl. auch Blake (1993, 372). «the long neglected study of Spanish historical syntax will be the first to benefit from a closer reexamination of these Latinate texts». Zu denken wäre hier etwa an eine gründlichere Auswertung der Kartularien auch auf die Subjektstellung hin, was allerdings in Anbetracht der formelhaften Sprache schwierig sein dürfte, oder an eine Untersuchung anderer spätlateinischer Dokumente, ζ. B. der Continuatio Isidorianae Hispana einer anonymen mozarabischen Chronik aus dem Jahre 754 (vgl. dazu Bastardas Parera i960, 255). Historiographische Texte sind nun allerdings nach Wanner oft dem Klat. relativ nahe (1987, 146) und von daher weniger gut geeignet, Aufschlüsse über sprachliche Entwicklungen zu geben, als zum Beispiel christliche Texte. Insgesamt ist die Basis geeigneter Texte aus o.g. Gründen im spanischen Bereich nicht so groß wie in Frankreich. Vgl. auch Carnoy (1906).

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2 Die Entwicklung vom Spätlateinischen zum Altspanischen

2.1 Die Darstellung bei Wanner (1987, 1989) Bevor wir uns in Kap. III.3 die Frage nach einigen positionstypologischen Merkmalen des Asp. stellen, möchten wir an dieser Stelle Wanners Ausführungen zur Entwicklung vom Spätlateinischen zum Frühromanischen resümieren 1 . Es handelt sich hier um eine der ausführlichsten Darstellungen des sprachlichen Wandels vom Lateinischen zum Romanischen, darüber hinaus füllen die von Wanner untersuchten ait. Texte des Duecento (vgl. Wanner 1987, 434) die Lücke zwischen den spätlateinischen Dokumenten und unseren Texten des 13. Jhs. In Anbetracht der von Wanner konstatierten relativen Homogeneität des Altromanischen (vgl. Kap. III.2.3) erscheint es daher legitim, von den Verhältnissen im Ait. auch auf die Verhältnisse im Iberoromanischen zu schließen. Ohne die detaillierte Analyse Wanners im einzelnen nachvollziehen zu wollen, sollen hier lediglich die wichtigsten Punkte seiner Argumentationskette zusammengestellt werden. Nach Wanner sind für den «major typological change» (1987, 390) von dem ursprünglich linksorientierten Sprachtypus OV des Klat. zum rechtsorientierten Typus VO, wie ihn die romanischen Sprachen repräsentieren, im wesentlichen diskurspragmatische Gründe verantwortlich, wobei er andere Gründe natürlich nicht ausschließt2. Ursächlich hängen diese Ver1

2

Wir beziehen uns v.a. auf seine Studie von 1987, vgl. aber auch die konzise Übersicht über die im (Spät-)Lateinischen möglichen Wortfolgemuster in Wanner (1989). «The entire evolution is a complex interplay of component developments» (1987, 428). Vgl. dazu auch Renzi (1984). Oesterreicher (1989, 2 4 2 - 2 4 3 ) gibt bezüglich des Ubergangs von der lateinischen Zentripetalität zur romanischen Zentrifugalität zu bedenken, daß hier zwar in der Regel eine «vektorielle Umpolung» diagnostiziert wird, daß es aber im Romanischen auch eine beachtliche Zahl von «Inkonsistenzen» gibt. «Sie betreffen nicht nur einen basic-order-Parameter (AN/NA [A=Adj, I. N.-H.]) sowie nachgeordnete Parameter der Nominaldetermination (Artikel, Demonstrativa, Possessiva, Quantoren und Numeralia), sondern auch signifikante Unterschiede zwischen Verbalbereich und Nominalbereich. Insbesondere dort, wo komplexere - aber wohlgemerkt unmarkierte Determinationsstrukturen vorliegen, lassen sich die positionstypologischen Korrelierungen leicht als kontrafaktisch erweisen». Zum Problem der

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änderungen in erster Linie mit den veränderten kommunikativen Bedingungen in spätlateinischer Zeit zusammen: Die strikte Funktionstrennung zwischen lateinischer Distanzsprache und gesprochener lateinischer Volkssprache wird v.a. in religiösen Texten und in Urkunden teilweise aufgehoben, denn gerade kirchliche und juristische Texte waren oft für lateinunkundige Laien bestimmt und mußten daher in einem nähesprachlichen Register verfaßt werden 3 . Die Folge ist, daß immer mehr Merkmale der gesprochenen Sprache in den Bereich der Schriftsprache eindringen und es so zu einem «paradigmatic exchange of style» (Wanner 1987, 444) kommt. The surrounding conditions of discourse economy and shifted sociological identification of the speech community leading towards Romance on the spontaneous spoken level bring with them the further impulse needed to produce the categorical shift found in Old Romance (Wanner 1987, 454) 4 .

Die Tatsache, daß es schon im 2. Jh. Texte mit romanischen Zügen gab (Wanner 1987, 411), bedeutet jedoch nicht, daß zu dieser Zeit bereits ein gesprochenes Register mit völlig romanischen Zügen existierte, dieses entstand vermutlich erst in den kommenden Jahrhunderten. Die stark textsortenabhängigen Veränderungen deuten sich im Spätlatein bereits an, fanden ihre volle Durchsetzung jedoch erst im Altromanischen, das gerade in bezug auf die Satzgliedanordnung noch relativ homogen war. Auf einen kurzen Nenner gebracht heißt das: Das dreifache klat. Muster X Y V , mit den expressiven Varianten V X Y und X V Y wird auf das zweistufige System V X Y und X V Y reduziert, wobei beide Anordnungen im Romanischen nach Wanner (1987, 390, 392) «possible exponents of SVOtypology» sind (vgl. auch Kap. III.3). «If Latin is of the SOV-type, then Romance is SVO, perhaps closer to V S O in Old Romance, but definitely of a different type from the Latin base» (1987, 378). Die postulierten Veränderungen im distanzsprachlichen Bereich bringen es mit sich, daß die SOV-Stellung im Spätlatein zunächst an Häufigkeit abnimmt und im Frühromanischen nur noch marginale Bedeutung

3

4

«typologischen Inkonsistenz» des Altromanischen vgl. Kap. III.3.3 sowie Kap. III.4 für einige Überlegungen hinsichtlich der Entwicklung vom Asp. zum Nsp. Vgl. Wanner (1987, 4 1 1 ) für die entsprechenden Texte. Bezüglich der Verbstellung in der Itala und der Vulgata schließt Wanner allerdings hebräischen Einfluß nicht aus; die Predigttexte hingegen sind seiner Ansicht nach gute Beispiele für die «spoken and emotive dimensions of the specific discourse pragmatics» (ibid., 411). Vgl. auch Koch/Oesterreicher (1990, 130): «Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, daß innerhalb des graphischen Mediums - und ganz abgesehen von Formen des verderbten Lateins (z.B. Merowingerlatein) - Nähediskurs(teil)e existieren, in denen unvermeidlich die romanische Nähesprache punktuell durchschimmert (latinum circa romangum oder scripta latina rustica, z.B. in nichtformelhaften Urkundenteilen ab dem 6. Jhdt.)».

386

hat, da sie zunehmend auf bestimmte Textsorten beschänkt wird 5 . In seinem Beitrag von 1989 beschreibt Wanner diesen Prozeß als eine Verschiebung des funktionalen Wertes der [.. , X Y V ] / [ X Y V . . ,]-Strukturen auf einer fünfwertigen Skala, und zwar von «unmarked (functional)» zu «marginal» 6 . Parallel zur S O V - A n o r d n u n g

existierten

expressiv-orale,

also markierte Wortstellungsmuster, deren zunehmende Häufigkeit dazu führte, daß sie im L a u f e der Zeit das Merkmal [+markiert] verloren. E s kam dabei allerdings nicht zu einem abrupten Bruch, der Übergang war vielmehr graduell, und die verschiedenen Wortstellungsmuster koexistierten über längere Zeiträume hinweg 7 . Diese Entwicklung betrifft insbesondere Äußerungen mit satzinitialem Verb (Wanner spricht hier von «verb-fronting» oder « F strings»), die es ja bereits als «narrative» Muster im Klat. gab und die in bestimmten spätlateinischen Texten (ζ. B. natio)

Peregri-

zunehmend gebräuchlich werden (vgl. auch Green 1976, 27).

For a more expressive discourse - e.g. in dialog situations approaching the spoken, spontaneous registers - F began to serve as a distinguishing mark, aided by its grammaticalization in imperatives, presentationals, verbal anaphora, and the like. In the subliminal transition from Latin to Romance taking place in the spoken domain, such a mechanization of freezing of F could happen rather easily as a natural phenomenon (Wanner 1987, 418) 8 .

5 6

7

8

Vgl. v. a. Kap. II.6.4 für asp. OV-Konstruktionen. Vgl. Wanner (1989, 457). Diese Skala wurde in Anlehnung an ein vom Kölner Universalienprojekt U N I T Y P konzipiertes Modell erstellt. Die Werte sind: 0= absent', i=marginal\ 2=marked functional·, ^unmarked (functional); 4=invariable. Was die SOV-Strukturen anbelangt, so hatten diese im Lateinischen den Wert 3, im Spätlateinischen den Wert 2 und im Altromanischen den Wert 1. Nach Wanner ist eine solche Funktionsverschiebung der Ausgangspunkt jeglichen sprachlichen Wandels. Vgl. Wanner (1987,460): «The overall view of the various changes and evolutionary directions from Latin to Old Romance underlines in the first place the crucial role played by the inertial force of continuity of linguistic form and grammatical processes. Different pragmatic contexts may alter the relative importance of one vs. the other process, and changes in stylistic canons may alter the surface aspect of otherwise contemporary documents in major ways. But the underlying grammatical principles remain the same over very long periods spanning the gap between two languages, Early Latin and Old Romance». Vgl. auch Raible (1992, 319): «If we analyze the Peregrinatio Aetheriae (5th century), S V O ordering is already dominant, but by no means predominant. This means that we have a long period of transition in which the «old» ordering (SOV) certainly was no longer «normal» - but at the same time not yet considered «unnatural». On the other hand, the «new» S V O ordering was not yet normal, but not unnatural either». Dabei sind Strukturen mit [V...] insofern im Sinne Wanners «markiert», als sie eine bestimmte hervorhebende Funktion haben: «the verb-initial arrangements are marked to the extent that they tend to emphasize a constituent or deemphasize the subject if it does not occur in preverbal position» (1989, 468). In X V Y Strukturen hat das satzinitiale nicht-verbale Element (dies muß nicht nur das Subjekt sein!) Thema-Funktion.

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Seiner Ansicht nach hat also in bezug auf die VS-Anordnungen ein D e markierungsprozeß stattgefunden, ausgelöst durch ein Anwachsen der verbinitialen (und zunächst betonten, expressiven) Äußerungen. D i e zunehmende Unmarkiertheit dieses Äußerungstyps ist «the truly active change responsible for the eventual Romance placement result» (1987, 452)9· Parallel dazu können zwei weitere Entwicklungen beobachtet werden, wobei der ersten ebenfalls die zunehmende Normalisierung eines ehemals expressiven Sprachmusters zugrundeliegt: 1. U m eine nicht-verbale Entität besonders zu betonen, wurde diese im Klat. an das Satzende transportiert, wodurch wiederum ein «Nach-Links-Rücken» des Verbs ausgelöst wurde. Wanner spricht in diesem Zusammenhang von «definalized strings» («D strings» mit dem Anordnungsmuster X V Y ) : «the extensive use of D strings in a Latin context leads to emotive charging of the discourse, employing numerous highlighting structures for great plasticity of the presentation» (1987, 415). Nun waren diese Strukturen aber vermutlich nicht der entscheidende Motor für die Entwicklung von S O V zu S V O , da sie mehr als die «F-strings» an bestimmte rhetorisch expressive Texte gebunden waren 1 0 . 2. Wichtiger war die Häufung kurzer Sätze in bestimmten spätlateinischen Texten, d.h., Sätze, die in der Regel nur aus einem Argument und Verb bestanden (also ( S ) O V oder S ( O ) V ) und in denen das Verb, v. a. dann, wenn es sich bei dem Aktanten um ein Subjekt oder ein klitisches Objektpronomen handelte, immer die zweite Stelle einnahm 1 1 . Diese drei Komponenten, «verb fronting», «definalization of the verb» und der Hang zu kurzen Sätzen mit zwangsläufiger Verbzweitstellung, 9



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Vgl. auch Herman (1954, 85) zum Afr.: «On pourrait done supposer que l'ordre SVC remplaijait, graduellement, un aneien schema, propre ä la langue parlee si (ou autre element adverbial) + verbe + reste de la phrase. S'il en est ainsi, il faudrait remonter aux phrases plus ou moins emphatiques, d'un style plus ou moins mouvemente, du latin vulgaire, vraisemblablement beaueoup plus frequentes dans la langue parlee que dans la langue ecrite, et commengant par le verbe». Zu einer möglichen Zwischenphase mit Dominanz der VS(0)-Anordnung vom Lateinischen zum Romanischen vgl. Kap. III.3.3. «Definalized strings thus seem to have remained functional for expressive purposes without undergoing grammaticalization or freezing as a new, progressively unmarked SVO order during late Latin» (1987,417). Harris (1984b) spricht speziell in bezug auf den Wandel von OV zu VO von der Grammatikalisierung von «afterthoughts». Vgl. dazu Andersen (1983, 89): «Afterthought thus pertains to the change in word order from SOV patterning to SVO not merely by the postponement of the object in one step and thus producing the required SVO pattern, but rather the step-by-step removal of all intermediate constituents between S and V and their subsequent grammaticalization in the postverbal position». «A style level close to spontaneous speech will not have clauses as extended as Classical ones, which follow a particular stylistic ideal valid for written texts» (Wanner 1987, 423). 388

sind nach Wanner die wesentlichen auslösenden Faktoren für den typologischen Wandel von ( S ) O V zu ( S ) V O , der sich bereits in spätlateinischen Texten abzeichnet. D i e beiden «normalen» Anordnungsmuster des Frühromanischen sind also die ehemals expressiven Muster [V...] und [ X V . . . ] , die eine Funktionsausweitung erfahren haben 1 2 . Später kommt es dann im Romanischen zu einer einzelsprachlich unterschiedlich stark ausgeprägten Zunahme des Anordnungsmusters [ X V . . . ] . The origin of the evolution lies in non-typological phenomena, e.g. verb fronting, clause shortening, various juxtaposition devices between verb and pronoun, extraposition, restructuring, reassociation of cl 2 with V r 1 3 , etc. Completion of typological switching depends on the previous consummation of some typologically sensitive changes, e.g. verb based placement for clitics, lefthand position of verb, etc. The overall result is a completed typological switch (1987, 426)'«. Dieses Szenario, das Wanner als «a rather complex situation of component shifts in dependence on functional identification» (1989, 4 7 1 ) bezeichnet, führt ihn zu der Schlußfolgerung, daß speziell das A i t . zwar im weitesten Sinne eine S V O - S p r a c h e mit «pro-drop characteristics» war, daß diese Anordnung jedoch noch nicht gefestigt war. Wichtig in bezug auf die Äußerungen mit satzinitialem Verb ist nun, daß die Anordnung V X Y nie generalisiert wurde, sondern lediglich an Häufigkeit zunahm. Blockiert wurde die Durchsetzung von V . . .-Strukturen durch eine Entwicklung, die im Frühromanischen einsetzte und in deren Verlauf die X V Y - A n o r d n u n g e n der « D strings» mit (ehemals) fokussiertem satzfinalen Argument zunehmend als normal empfunden wurden. A topic-forming, occasionally also focus-creating, left position of one constituent creates the typical [XV... strings with de-initialized verb. The interplay between D and F in the creation of the Old Romance S V O norm presented above is such that F is the leading, active aspect of evolution due to its nonspecific functionality and early grammaticalization. On the other hand, D is a 12

13 14

Unter «normal» versteht er «a string arrangement which represents a normal choice for a given function: initial verb e.g. for questions, imperatives, presentatives, or verb second for flat declarative and most other non-emphatic constructions» (1989, 460). V , steht bei Wanner für . «Both phases, Old Romance and later developments belong to the SVO-type. The undisputed result of the transition as it has been traced here is the change from an original situation where the free domain of the clause stood to the left of the verb, to a newer stage, where this free area follows the verb to the right. In the two metachronic phases, Latin and Romance, the verb allows clause internal material to stand on opposite sides. The restrictions are heavier in Romance for preverbal initial position, since only one position is available which is increasingly occupied by the formal subject» (1987, 429). Vgl. Wanner (1987, 427ff.) für das komplizierte Abhängigkeitsverhältnis von Verbposition und dem von ihm minuziös untersuchten «clitic movement».

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passive ingredient in that throughout Late Latinity it maintains the specifically functional option of focus displacement. The effect is the creation of a dynamically unidirectional verb medial string X V Y = X —• Rh, with highlighted postverbal constituent. The effect on the preverbal constituent X must be a reinterpretation as topic, i.e. as the opposite rhetorical function of the focus Y, thus Th ^ R h as an unmarked string type under a relevant typological reinterpretation from S O V to Romance S V O (Wanner 1987, 4 1 9 - 2 0 ) .

Dies entspricht u.E. der Auswirkung des Prinzips der «pragmatischen Serialisierung», wie es Bossong (1984a, passim) formuliert hat (vgl. Kap. III.3.1): Aufgrund der Distribution der pragmatischen Größen Thema und Rhema und den gegebenen Affinitäten zwischen Thema und Subjekt und Rhema und Prädikat weist die SVO-Anordnung gegenüber der VSO-Anordnung (und auch der SOV-Struktur) in Sätzen mit klar erkennbarem Thema ein höheres Maß an «Natürlichkeit» auf 1 5 . «In combination, SVO, the Romance type, turns out to be the communicatively best adapted version, with an overall base structure of Topic > connective predicate > Rheme/Focus» (Wanner 1987, 390). Wir werden sehen, daß dieses auf der kommunikativen Dynamik von Äußerungen basierende Prinzip auch bei der Entwicklung vom Asp. zum Nsp. eine Rolle spielt (vgl. Kap. III.4.3.1). Im Vergleich zum Spätlatein, wo verbfinale Strukturen noch eine wesentlich größere Rolle spielten, sind die Linearisierungsmöglichkeiten im Altromanischen also bereits eingeschränkt. The primary distinction is that verb position is now no longer determined by reference to the right or left clause periphery; only the left clause boundary enters into play starting with the earliest documents [...]. The Old Romance idioms are thus only as compared with their Late Latin ancestor (Wanner 1989, 447).

Allerdings erlaubt die im Vergleich zu den modernen Sprachen immer noch relativ große Vielfalt der möglichen Anordnungsmuster noch keine «clear-cut attribution to the projected SVO type due to a considerable residual repertoire of non-conforming word order arrangements» (1989, 469). Wanner konstatiert einen «apparent lack of momentaneous crystallization of the Romance dialects» (1989, 469) und hält als Fazit fest: «Old Romance is not a typologically pure stage of evolution» (1989, 470) 16 .

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Auch Garcia Hernandez (1990, 139) weist darauf hin, daß die Kategorie Subjekt im Spätlateinischen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Für Sätze mit nicht ausgedrücktem Subjekt vgl. Wanner (1987, 450). A n anderer Stelle spricht er von «the non-circular and secure choice of S V O vs. V S O base typology at the point t x of Li, given the opacity of the surface data» (1989, 450). Allerdings ist die Tatsache, daß verbfinale Strukturen nicht ganz verschwinden, nach Wanner wichtig für die typologische Einordnung der frühen Sprachstufe. 390

2.2 Die Linearisierungsmuster im Altspanischen und ihre Funktionen Geht man einmal davon aus, daß Wanners Überlegungen zutreffen, stellt sich die Frage, was dies nun für die Satzgliedanordnung im Asp. bedeutet. Ausgangshypothese der weiteren Überlegungen ist folgende zusammenfassende Feststellung von Wanner (1987, 396): In brief, Old Romance possesses the patterns implied in [s (X)V... and no others: The verb occurs in first or second main position inside its surface clause. First position is liable to confer emphasis, i.e. topic status for any argument, and focus for non-subjects and the verb 1 7 .

Mit anderen Worten: Die Entwicklung vom Lateinischen zum (Früh-) Romanischen verlief nicht geradlinig von S O V zu S V O als dominantem Muster, sondern über eine Phase, in der verbinitiale Äußerungen eine größere Verwendungsbreite hatten als im Nsp. Bossong (1984a) vermutet nun, daß es im Zuge der syntaktischen Umpolung vom zentrifugalen OVTypus zum zentripetalen VO-Typus sogar eine Zwischenstufe V S O gegeben haben muß, für die es Hinweise im Spätlatein und im Frühromanischen gibt (vgl. auch oben Kap. III. 1.2). Wir werden auf diese These in Kap. III.3.3 zurückkommen. Ausgehend von den Texten PCG, GE und Calila e Dimna, die u.E. die genuin akast. Verhältnisse am besten dokumentieren, lassen sich die Ergebnisse hinsichtlich der Satzgliedanordnung im 13. Jh. aus funktionaler Sicht wie folgt resümieren' 8 : 1. Bezüglich der Verbinitialstellung19 haben wir festgestellt, daß sie (im HS) im wesentlichen zwei Funktionen hat: (a) Sie kodiert thetische Aussagen. Die Verwendung dieses Anordnungsmusters ist dabei in diesem Jh. zwar unabhängig von der Aktantenzahl, de facto dominieren jedoch die typisch «thetischen» Verben der Existenz, des Erscheinens, der Bewegung etc., die nur 17

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Wanner gibt allerdings zu, daß dieses Bild «somewhat idealized» ist, aus heuristischen Gründen ist ein solches Fazit u.E. aber durchaus zulässig. Vgl. auch Kap. II.1.3.4 u n d II.8. Vgl. Meyer-Hermann (1991, 67): «Die Feststellung von Wortfolge-Regelmäßigkeiten ist die eine Problemstellung, ihre Erklärung, d.h., die Angabe der Bedingungen ihres Vorkommens, sowie die Beschreibung der Funktion von Wortfolge-Typen ist eine andere, von der ersten weitgehend unabhängig zu bearbeitende Problemstellung». Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit der SV-Anordnung im HS; zum NS vgl. Kap. II.6. Zur Position des Objekts und der bereits im Asp. vorherrschenden V-On-Anordnung (im Gegensatz zur OVAnordnung beim pronominalen Objekt) verweisen wir auf das Kap. II.5. Es handelt sich hier in erster Linie um V-S-(On)-Anordnungen. V-On-S-Anordnungen sind selten; sie dienen v.a. der Subjektfokussierung, können aber auch «narrativ» sein. In diesem Falle bilden Objekt und Verb meist einen feststehenden Ausdruck (vgl. Kap. II.1.3.3 Anm. 43).

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einen Aktanten verlangen. Des weiteren ist die Subjektnachstellung typisch für Äußerungen mit einem verbum dicendi. Was diese Funktionen anbelangt, so handelt es sich um ein in allen (alt)romanischen Sprachen belegtes Phänomen, das von daher kaum zur besonderen Charakterisierung der akast. Verhältnisse beiträgt. Auch im Afr. und Ait. wurden eingliedrige, thetische Äußerungen insbesondere dann, wenn sie ein intransitives Verb aufwiesen, mit der Subjektnachstellung kodiert, de Dardel spricht daher hier sogar von einem «universellen Muster» (de Dardel 1983/84, 2, 9, 27 Γ -

(b) Darüber hinaus war die Verbinitialstellung natürlich auch typisch für die Subjektfokussierung, für Fragen und Befehle - Kontexte, auf die wir in unserer Arbeit nicht näher eingegangen sind, da es sich im Gegensatz zum affirmativen HS um markierte Satztypen handelt (vgl. Wanner 1989, 448, 468). (c) Mit Hilfe der VS-Anordnungen konnten aber auch kategorische Äußerungen kodiert werden, die chronologisch aufeinanderfolgende Handlungen/Ereignisse wiedergeben. Da die Subjekte, die jeweils aus dem engeren oder, und das ist wichtig, auch lediglich aus dem weiteren Kontext bekannt sind, durch ihre dezentralisierte Position nicht besonders hervorgehoben sind, betonen sie deutlicher als die entsprechenden SV-Konstruktionen den Handlungsablauf. Die Häufigkeit dieses Äußerungstyps läßt die VSStrukturen dieses Typs zumindest im 13. Jh. nicht als eine bewußt eingesetzte «narrative» Konstruktion erscheinen. Im Gegenteil, VS(X) ist vielfach noch ähnlich wie in spätlateinischen Texten die «normale» Abfolge zur Schilderung von Ereignissen. Diese Art der Kodierung von Handlungssequenzen mit bekanntem Thema, das ja in der Regel durch ein grammatisches Subjekt repräsentiert wird, ist nach Givon (1983a, 1983b, passim, v. a. 1990, Kap. 20) ein für viele Sprachen typisches Verfahren, um topic continuity anzuzeigen. Dem Prinzip «Attend first to the most urgent task» (Givon 1983a, 20) gemäß stehen gleichbleibende Gesprächsgegenstände («topics»), die als unabhängige NP kodiert werden, in vielen Spra20

Z u der viele, auch nicht miteinander verwandte Sprachen auszeichnenden «verb-first syntax» bei «Existentialaussagen» vgl. Givon (1976, 1 7 3 ) und Wandruszka (1982). Bossong (1984b, 6) spricht von der Tendenz, in Existenzsätzen die Verbnachstellung zu verwenden, als von einem «außereinzelsprachlichen Strukturgesetz», allerdings wird sie «von einzelsprachlich jeweils gültigen grammatischen Restriktionen in ihren Auswirkungen begrenzt» (vgl. auch Kap. L 1 . 3 . 2 und III.4.4). Vgl. auch Vanelli (1986, 267), Renzi (1988) sowie Wanner ( 1 9 8 7 , 3 9 3 ) für das Altromanische im allgemeinen: «Under specific syntactic conditions, or triggered by pragmatic factors, or with presentational verbs and also with certain intransitive verbs ( in the sense of Burzio 1986), the predicate is also initially located».

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chen bevorzugt postverbal, Neues hingegen satzinitial. Mit anderen Worten: Wenn Topikkontinuität, d. h., textinterne Relationalität gewährleistet ist, kann eine Äußerung gleich mit dem «comment» beginnen, ohne daß es zu Dekodierungsproblemen kommt 21 . In diesem Sinne läßt die Wortstellung im Asp. insofern Reste eines «referential tracking systems» erkennen, als zumindest in einigen Passagen v.a. in den alfonsinischen Texten «subject continuity or discontinuity across the clauses of discourse» durch die Subjektposition signalisiert wird (vgl. Fleischman 1991, 274)22. Dieses System, für das es auch Beispiele aus anderen romanischen Sprachen gibt (z.B. im Aport.; im Afr. und Ait. ist die Verbvoranstellung im Falle eines transitiven Verbs in diesen Kontexten allerdings selten, vgl. unten Kap. III.2.3), funktioniert am Ausgang des Mittelalters jedoch nur noch bedingt, da dezentriert-kategorische VS-Strukturen zwar nicht verschwunden, aber auch nicht mehr so häufig sind23. 2. Komplizierter sind die Verhältnisse in den Äußerungen mit Verbzweitstellung. Wie wir gesehen haben, ist die Möglichkeit, nicht subjektale Satzglieder bei gleichzeitiger Subjektnachstellung zur Prädikationsbasis zu machen, im Asp. größer als im Nsp. Die in diesem Sinne thematisierte, nicht-subjektale Konstituente konnte sogar das Merkmal [-gegeben] aufweisen, ohne daß es sich dabei wie im Nsp. um eine markierte, fokussierende Struktur handelte (vgl. Kap. II.5). Was nun speziell die SV(X)-Anordnungen anbelangt, so konnten diese mehrere Funktionen haben: - Während VS-Anordnungen (mit gleichbleibendem oder wechselndem Subjekt) in der Regel der einfachen Handlungsfortführung dienten, konnten SV(X) Strukturen gerade die Thematizität betonen und einen Subjektwechsel bzw. eine Subjektwiedereinführung {switch reference im Sinne Givons 1983b) besonders betonen 24 . Ty21

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Givon spricht hier vom «principle of communicative task urgency»: «Α communicative task is more urgent when the information to be communicated is either less predictable or more important» (1988, 275). A n anderer Stelle (1985, 212) meint er: «What we have here, presumably, is two different ways human language may resolve the potential conflict between a figure-ground, perceptualsaliency oriented semantic iconicity principle, and a task-urgency oriented pragmatic iconicity principle». Wichtig ist der Hinweis, daß dieses Prinzip in «rigid word order languages» nur selten gilt, für das Nsp. konstatiert Givon folgerichtig einen «conflict of pragmatic principles», vgl. Kap. III.4.2. Eine ähnliche Aufgabe hatte nach Fleischman (1991) die afr. Partikel si, vgl. unten Kap. III.2.3. Vgl. auch Wanner (1989), der bezüglich des Ait. darauf hinweist, daß verbinitiale Strukturen zwar v.a. in präsentativen Sätzen gebraucht werden, daß sie jedoch auch signalisieren können, daß die nominale Konstituente nicht besonders betont ist («deemphasize a subject», 468). Vgl. oben Kap. III.2.1. Anm. 8. Vgl. auch de Dardel (1983/1984, 25): «Dans le domaine espagnol, S V ( C ) existe,

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pisch sind in diesem Zusammenhang Konstruktionen, in denen zwischen das satzinitiale Subjekt und das Prädikat z.B. Adverbiale eingeschoben werden, wodurch die satzinitiale N P zusätzlich herausgehoben erscheint (vgl. Kap. II.4 und II.5). - Daneben gab es aber SV-Strukturen, in denen keine erkennbare Hervorhebung des Subjekts vorliegt und die in Alternanz mit V S Strukturen ebenfalls Thema- bzw. Subjekt-Kontinuität signalisieren 25 . In den entsprechenden Kapiteln zu den einzelnen Jahrhunderten haben wir gesehen, daß die SV-Anordnung im Zuge des Rückgangs dezentriert-kategorischer VS-Strukturen ihre hervorhebende Funktion zunehmend verliert, d.h., chronologische Handlungen werden ab dem 14. Jh. mehr und mehr durch SV-Anordnungen kodiert, unabhängig davon, ob Subjektwechsel vorliegt oder nicht. VS-Anordnungen behalten zwar auch im Nsp. die Funktion, bestimmte Handlungen in eine Fokusposition zu bringen, dies gilt jedoch in erster Linie für Äußerungen, deren Subjekt eine unmittelbar vorher erwähnte Einheit wieder aufnimmt. 3. Wie in den anderen romanischen Sprachen gab es auch im Asp. noch Strukturen mit Verbendstellung, sie spielten aber v. a. im HS nur eine marginale Rolle. Wanner (1989) spricht hier mit Recht von einem «passive element of Romance verb syntax» mit «marked default character» (467). In unseren Belegen ist das nominale Objekt einer S O V Anordnung meist rhematisch und durch ein quantifizierendes Adjektiv modifiziert (vgl. Kap. II.5.2.1) 26 . Im N S sind S-On-V-Anordnungen geringfügig häufiger; hier handelt es sich bei den Objekten in der Regel um eine aus dem Kontext bekannte Einheit (vgl. Kap. II.6.4).

2.3

Zur Satzgliedanordnung in anderen altromanischen Sprachen

2.3.1 Für das Iberoromanische liegen umfassendere Einzeluntersuchungen bislang nur für das Altportugiesische von Schellert (1958) und Canaes e Mariz de Padua (i960) vor. Schellert orientiert sich bei seiner Analyse an der Unterscheidung Meiers (1937) zwischen Personenhandlung vs. Ge-

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mais apparemment pas comme base ou pas comme la seule base. En general, eile fonctionne comme Variante topicale de bb». Mit b bezeichnet de Dardel die VS(0)-Konstruktion, mit bb «les constructions qui illustrent b comme base» (21). Diese nicht hervorhebende Funktion der Abfolge XVY, die ja meist SVO entspricht, dominiert nach Wanner (1989) im Ait. Bei den seltenen On-S-V-Anordnungen handelt es sich um nicht-konforme Thematisierungen, vgl. Kap. II.5.2.2. 394

schehen und kommt bei seiner Untersuchung von Texten aus dem 14. und 15. Jh. zu Ergebnissen, die in vielem mit unseren durchaus kompatibel sind. Wie im Spanischen verlief im Portugiesischen die Entwicklung nicht geradlinig - Schellert konstatiert eine große Diskrepanz zwischen den Befunden der einzelnen Epochen, ja sogar zwischen einzelnen Autoren (116) - , alles in allem ist aber auch hier eine deutliche Entwicklung in Richtung auf eine Dominanz der SV-Anordnung festzustellen. Während die «Subjektstellung im Altportugiesischen von syntaktischen Faktoren nur in wenigen Fällen determiniert ist» (51) - wichtig ist hier die «Perspektive, in welcher der dargestellte Sachverhalt gesehen wird» (52) - , ändert sich dies zum Nport. hin. So ist der Anteil an VS-Konstruktionen von rund 40% im Aport. auf rund 2 3 % im 19./20. Jh. gesunken (112), d.h., «daß im Neuportugiesischen die Verwendung der Subjektnachstellung gegenüber dem Altportugiesischen seltener geworden ist» (116). Der Unterschied zwischen Personenhandlung und Geschehen entspricht in etwa dem zwischen aktantenbezogenen und faktumbezogenen Äußerungen (vgl. Kap. 1.2.1), d.h., wenn es in einer Äußerung primär um das Geschehen als solches geht bzw. wenn die Agentivität des Subjektdenotats abgeschwächt erscheinen soll, steht die VS-Anordnung. In diesen Fällen kann das Subjekt auch transitiven Verben nachgeordnet werden. Für das Verständnis einer Wortstellungswahl ist also die Berücksichtigung des Kontextes unerläßlich. Auffällig ist die Häufigkeit der uneingeleiteten PS-Sätze nach dramatischen Höhepunkten, beispielsweise nach Reden oder in den Pausen der Dialoge. Durch das Verstummen der agierenden Subjekte wird gleichsam der Blick frei für den gleichbleibenden Hintergrund, die Zeit. Um die dramatischen Konflikte der Personen legt sich ein epischer Rahmen [...]. Auch transitiven Verben mit genanntem Objekt kann unter diesen Umständen das Subjekt folgen (Schellert 1958, 17).

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Canaes e Mariz de Padua (i960), die ähnlich wie Crabb (1955) nur Sätze mit transitivem Verb und explizitem Objekt untersucht. Sie konstatiert für das Aport. eine größere Flexibilität hinsichtlich der Nutzung der möglichen Anordnungsmuster und erklärt dies mit der noch unvollständigen Festigung des Altromanischen. «Devemos, no entanto, observar que isso näo repersentava talvez uma riqueza da lingua, mas reflectia antes um periodo ainda de hesitasäo, caracterizado por falta de uniformidade e solidez» (176). Die dominierenden Anordnungsmuster sind SVO und VSO, wobei die VSO-Anordnung gegenüber der «logischen» Anordnung mit Subjektinitialstellung einen «forte valor emocional» hat. Diese Strukturen erscheinen typischerweise in «frases de caräcter narrativo» ( 1 0 5 - 1 0 7 , 179) 27 und sind nach Canaes 27

Die folgenden Beispiele entnehmen wir Canaes e Mariz de Padua (1960, 1 0 6 107). Braadava ο Meestre que fezessem alguüas cousas que viia que compriam trigosamente [...] (Cron. de D. J. I., cap. C X X X I X , p. 279); Ε filhou rrey Rramiro sa mother com sas donas e donzelas e quamto aver achou e meteo nas

395

e Mariz de Padua auch im Nport. durchaus noch belegt (134). Ähnlich wie im Asp. konnte das Objekt in OVS-Strukturen sowohl kontextuell bekannt als auch nicht-bekannt sein, wobei Strukturen mit vorerwähntem satzinitialen Objekt ebenfalls «narrativen» Charakter haben (vgl. Canaes e Mariz de Padua i960, 146-147; 181) 28 . SOV- und VOS-Strukturen sind selten. Die weitere Entwicklung scheint, folgen wir den Ausführungen Schellerts, ähnlich wie im Spanischen verlaufen zu sein: Während auch im Nport. thetische Äußerungen mit «Existential»- oder Präsentativverben nach wie vor die Subjektnachstellung aufweisen, geht die Inversion in den «uneingeleiteten» Sätzen mit transitiven Verben am deutlichsten zurück. A b e r auch der inversionsbegünstigende Einfluß des satzeinleitenden Objekts und Adverbials hat sich auf dem Weg zum Nport. verringert. Stärker als im Spanischen wirkt sich offensichtlich die «Transitivität» einer Äußerung auf die Unmöglichkeit der Inversion aus: Bei einem Übersetzungsvergleich konnte Schellert feststellen, daß die portugiesische Übersetzung von Cervantes' El celoso extremeno zwar, so würden wir sagen, im Bereich des Thetischen (der «verbalen Perspektive») nahezu mit dem Original übereinstimmt ( 1 1 7 - 1 1 8 ) , daß es aber im Bereich des Kategorischen (der «personalen Perspektive») deutliche Abweichungen gibt. Insbesondere bei uneingeleiteten Sätzen mit transitivem Verb und vorhandenem Objekt scheint das Portugiesische schon im 16. Jh. die Möglichkeit weitgehend verloren zu haben, diese Äußerungen wie noch im 14. Jh. mit V S zu linearisieren, zumindest konstatiert Schellert eine «leichte Mehrheit der Inversion im Spanischen» (121). 2.3.2 Wenngleich es für das Altitalienische keine ausführliche Darstellung der Wortstellungsverhältnisse gibt, liegen mit den Beiträgen von Marcantonio (1976), Vanelli (1986) und Renzi (1988) sowie Wanner (1987, 1989) wichtige Untersuchungen vor, die von neueren sprachwissenschaftlichen Ansätzen ausgehen 29 . Es werden zwar jeweils nur Teilaspekte der ait.

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gallees [...] (IV Liv. de Linh, fols LIX R. a LXII V.). Sie schreibt dazu: «[...] tal estrutura da a esta um certo movimento que perfeitamente se coaduna com ο seu caracter narrativo. Notemos tambem que, por vezes, ο verbo inicial faz comengar a fräse por um acento forte, ο que pode auxiliar a narra9äo pela faculdade de sugerir, atraves daquela, todos os acontecimentos que descreve, passados no tempo mas de novo presentes aos olhos do leitor ou do ouvinte» (i960, 106). «Esta constru^äo representa um recurso muito poderoso para dar colorido a uma narra^äo, pois partindo do desconhecido, sabe despertar um interesse mais vivo pela descoberta do sentido geral e completo» (i960, 146). Ein Beispiel: Reaes cortes fez ο gelestial emperador por grande proueito e honrra de todo ο senhorio (Cort.imp., p. 5) (ibid., 146). Auf die Ausführungen von Wanner (1987, 1989) zur Satzgliedanordnung im Frühromanischen im allgemeinen und im Ait. im besonderen sind wir in Kap. III. 1 eingegangen.

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Satzgliedanordnung behandelt (leider gehen diese Untersuchungen mit Ausnahme der Arbeit von Marcantonio nur von Einzelsätzen aus, außerdem fehlen quantitative Daten), dennoch sind u.E. vorsichtige Rückschlüsse auf die Gesamtsituation möglich. Renzi und Vanelli unterscheiden zunächst einmal grundsätzlich zwischen Äußerungen mit verbi inaccusativi3°, die zum Kernbereich des Thetischen gehören und bei denen die VS-Anordnung quasi universell ist, und Äußerungen mit verbi non-inaccusativi. Bei diesem zweiten Verbtypus ist sowohl die SVO- als auch die VSO-Anordnung möglich, allerdings haben beide Konstruktionstypen einen anderen pragmatischen Status. Alle genannten Autoren stellen darüber hinaus fest, daß das Ait. bei der Besetzung der Erstposition anders als das Nit. relativ frei war. Ähnlich wie im Asp. konnte auch im Ait. an erster Stelle einer nicht-expressiven Äußerung sowohl bekannte als auch nicht bekannte Information stehen, wobei ein satzinitiales Objekt pronominal nicht wieder aufgenommen werden mußte (vgl. Marcantonio 1976, 59-60). Im Prinzip konnte jede Satzkonstituente zum Ausgangspunkt der Äußerung werden, und die Abfolge Thema-Rhema (im Sinne von alter vor neuer Information) war keine zwingende Vorgabe. Diremo allora che la presenza di costituenti in prima posizione e il procedimento sintattico usato dall'it.a. per portare a tema un qualunque costituente diverso dal S. Non ci sarebbero dunque in it.a. strutture grammaticali frasali collegate univocamente alla struttura informativa Dato/Nuovo (Vanelli 1986, 257)·

Im Nit. hingegen ist die satzinitiale Position im unmarkierten Aussagesatz in der Regel eine aus dem unmittelbaren Kontext bekannte Größe und meist das Subjekt 31 . Das erste wichtige Ergebnis ist daher die Erkenntnis, che effettivamente la differenza tra it.m. e it.a. consiste proprio nella modalitä della tematizzazione: in it.a. un referente puö trovarsi in posizione tematica indipendentemente dal suo ruolo funzionale nella fräse, sia nel caso che sia Dato in senso stretto (a), sia che sia semplicemente recuperabile semanticamente a partire dal contesto (b); in it.m. invece la posizione di tema ( n o n nel senso di «cornice» della predicazione) sembra collegata in modo piü stretto alla funzione di soggetto (Vanelli 1986, 260).

Eine weitere wichtige Beobachtung betrifft die VX(Y)-Strukturen, nach Wanner (1989) neben X V ( Y ) das zweite «normale» Abfolgemuster im 30

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Sie interpretieren in Anlehnung an Burzio (1986) das Subjekt dieser einwertigen Verben als Teil des Verbalsyntagmas; « E ' chiaro allora che trovare ordini V S con verbi inaccusativi e esattamente ciö che ci si aspetta data la loro particolaritä sintattica» (Vanelli 1986, 267). Natürlich gibt es im Nit. wie im Nsp. die Möglichkeit, ein nicht vorerwähntes Ο an den Satzanfang zu stellen, diese Äußerungen haben dann aber einen bestimmten informationellen Wert, nämlich Kontrast oder Emphase. Vgl. Kap. II.5 sowie Marcantonio (1976, 6 1 - 6 3 ) u n d Wandruszka (1982, 43).

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Frühromanischen (vgl. o b e n Kap. III.2.1), u n d hier b e s o n d e r s die V S ( O ) Konstruktionen. A u c h im A i t . gab es offensichtlich w i e im A s p . u n d A p o r t . w e n i g e r Restriktionen bei der Nachstellung e i n e s b e k a n n t e n Subjekts. «In particolare un s o g g e t t o postverbale n o n e necessariamente N u o v o c o m e invece in italiano m o d e r n o » ( R e n z i 1988, 132) 3 2 . A b g e s e h e n davon, daß in dieser B e z i e h u n g U n t e r s c h i e d e zwischen Nsp. und Nit. bes t e h e n - auch i m Nsp. k ö n n e n kontextuell b e k a n n t e Subjekte unter bestimmten Voraussetzungen ja nachgestellt w e r d e n - , ist die Situation in d e n b e i d e n altromanischen Sprachen sehr ähnlich 3 3 . A u s d e n B e i s p i e l e n v o n Marcantonio geht hervor, daß auch V S ( 0 ) - S t r u k t u r e n im Ait. im unmarkierten Satz o h n e w e i t e r e s möglich waren, w o b e i das Subjekt sow o h l vorerwähnt als auch nicht vorerwähnt sein konnte. U m es mit d e n in dieser A r b e i t v e r w e n d e t e n Termini auszudrücken: E s k o n n t e sich hier s o w o h l um ereignisbezogen-thetische als auch u m dezentriert-kategorische, «narrative» Muster handeln - eine deutliche Parallele zu d e n alfonsinischen Chroniken. D i e S V { 0 / K } - A n o r d n u n g h i n g e g e n «sembra rappresentare un ordine marcato rispetto al S, vale a dire la sua anteposiz i o n e al V sembra il risultato di un p r o c e s s o di tematizzazione del S stesso» ( M a r c a n t o n i o 1976, 6 5 p 4 . S o w o h l im Ait. als auch im Asp. k o n n t e die Subjektinversion also als Mittel zur Kodierung u n b e t o n t e r Subjekte 32

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Anhand des Beispiels Dopa il pranzo parlo Socrate zeigt Renzi, daß im modernen Italienisch Socrate zwangsläufig «neue» Information darstellt, im Ait. konnte die postverbale NP auch bekannt sein. «Poi non si deve considerare equivalente il soggetto postverbale dell'Italiano moderno, che in realtä puö spostarsi ulteriormente a Destra se si frappongono altri costituenti e che e necessariamente Nuovo, con quello dell'italiano antico che deve seguire immediatamente il verbo e che puö essere Dato ο Nuovo» (1988, 130). Vgl. auch Vanelli (1986, 258): «In altre parole, cosi come la prima posizione possono trovarsi elementi Dati ο elementi Nuovi, cosi in posizione postverbale possono ugualmente trovarsi elementi Dati ο elementi Nuovi». Siehe auch Wandruszka (1982, 53) zum Italienischen des 19. Jhs., das in bezug auf die Nachstellung eines «thematischen» Subjekts weniger restriktiv war als das Nit. «Questa tendenza a posporre il S al V, anche quando non lo si voglia segnalare come NUOVO, trova conferma nella occorrenza di sequenze VS{0/C) del tutto neutre (sequenze cioe in cui tutta l'informazione e offerta come NUOVA) oggi non piü accettabili come ordini di base» (Marcantonio 1976, 65). Die folgenden beiden Beispiele (das erste ist eine thetische VSO-Konstruktion, das zweite enthält eine SVO- und eine («narrative») VSO-Konstruktion) entnehmen wir Marcantonio (1976, 65): (1) Item Guidalotto die avire libre xiij:... Rekd Riciardo soldi xxxiiij e denari ij. (Fr 20, 33); (2) Figliuolo mio, fatte sono le battaglie tra' Vizi e le Virtu; sola e rimasa quella della Fede Cristiana co la Fede Pagana per racquistare la terra d'oltremare. Ma questa guerra e ammannata gran tempo di durare, ... Ε anche assai richiederä quella guerra gran gente. (Lb 100, 11). Vanelli (1986, 258) zitiert ebenfalls Beispiele von invertierten Äußerungen mit transitivem Verb, und auch Blumenthal (1980) belegt diese Art der Inversion mit «thematischem Subjekt» für frühe italienische Texte. Im Gegensatz zum Ait. verfügte das Asp. allerdings, so scheint es, über größere Möglichkeiten der Subjektnachstellung in Äußerungen mit hoher «Transitivi-

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dienen. Marcantonio schließt nun daraus, daß es sich bei V S im Ait. keineswegs um eine invertierte Struktur, sondern um eine nicht markierte Anordnung handelt («VS(X) e un ordine non marcato», 1976, 66), die allerdings später mehr und mehr durch die sich zur unmarkierten Form entwickelnden SV-Anordnung abgelöst wurde. Renzi (1988, 123) argumentiert ähnlich und stellt fest: «che il sistema sintattico dell'italiano antico e di quello moderno sono molto diversi». Wir werden auf diese Problematik in Kap. III.4 näher eingehen. 2.3.3 D a s Altfranzösische ist auch in bezug auf die Satzgliedanordnung sicher die am besten beschriebene altromanische Sprache. Zwar gibt es auch hier mit Ausnahme der Arbeit von Nissen (1943) keine Monographie zu diesem Thema, es liegen jedoch eine Fülle von Einzeluntersuchungen vor, die einen guten Einblick in die Problematik geben. Wir konzentrieren uns bei den folgenden übersichtsartigen Bemerkungen auf den richtungsweisenden Aufsatz von Herman (1954) sowie auf die Arbeiten von Foulet (1977), Moignet (1973), de Dardel (1983/1984), v. Seefranz-Montag (1983) und Buridant (1993) und verweisen für weitere Einzelheiten auf die einschlägige Literatur 35 . Alle Untersuchungen stimmen zunächst darin überein, daß das Afr. im Vergleich zum Nfr. über größere Freiheit bei der Satzgliedanordnung verfügte. «L'ordre des termes de la proposition [...] n'est pas rigide en ancien frar^ais» (Moignet 1973, 356) und «L'ancien frangais, nous le savons, enchaine les mots avec une liberte qui est inconnue ä la langue moderne» (Foulet 1977, 306; vgl. auch Zwanenburg 1979, 545). S V O ist bereits im Afr. rein frequenzmäßig das häufigste Anordnungsmuster, so weisen ζ. B. nach Herman (1954, 353), der einen Text aus der zweiten Hälfte des 12. Jhs. (Les Quatre Livres des Rois) untersucht hat, 69,2 % von 636 Hauptsätzen und 91,1 % der NS die SV-Anordnung auf 36 . Was nun die VS-Konstruktionen anbelangt, müssen diese im Zusammenhang mit der Position des Verbs im afr. Satz ganz allgemein gesehen

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tat», außerdem konnte die VS-Anordnung auch im NS erscheinen, was nach Vanelli (1986, 267) im Ait. nicht möglich war. Vgl. dazu auch Meyer-Hermann (1988a, 92) und die Beiträge zum Afr. in dem Sammelband von Willems/Wilmet (1987). Untersucht man die Sn und die Sp getrennt, ergeben sich nach Herman (1954, 353) folgende Werte für den HS: Sn-V: 66,8 % / V-Sn: 33,2 % ; Sp-V: 88,2 % / VS p : n , 8 % . Und für den NS: Sn-V: 84,2% / V-Sn: 15,8%; Sp-V: 100%. Auch in dem frühen Fragment de Valenciennes ist das Verb nur in Ausnahmefällen «le premier membre accentue de la proposition; on le fait preceder de l'adverbe si ou d'un complement d'objet, plus rarement du sujet» (1954, 73). Nissen (1943) hat für die (sprachlich konservative) Chronik von Jean d'Outremeuse (14. Jh.) 43 % Inversionen errechnet, für die Quatre Livres du Roi 29 % und für die Conquete de Constantinople 4 0 % (S. 49). Vgl. auch Renzi (1980, 163) und Moignet (1973, 357).

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w e r d e n . B e k a n n t e r m a ß e n ist das A f r . e i n e «V/2 S p r a c h e » , d.h., d a s V e r b u m steht in d e r R e g e l a n z w e i t e r S t e l l e u n d erscheint nur in A u s n a h m e f ä l l e n satzinitial (u.a. b e i I m p e r a t i v e n , in F r a g e s ä t z e n s o w i e b e i Inzisen mit verba dicendi;

vgl. H e r m a n 1954, 368; M o i g n e t 1973, 300, 358). H i n -

sichtlich d e r F u n k t i o n v o n V S - K o n s t r u k t i o n e n in a n d e r e n Ä u ß e r u n g s t y p e n , treten sie in « p r o p o s i t i o n s c o m p l e m e n t a i r e s » ( H e r m a n 1954, 366) auf, die, meist mit d e r K o n j u n k t i o n (e)t e i n g e l e i t e t , in e t w a d e m entsprec h e n , w a s wir d e n K e r n b e r e i c h d e s T h e t i s c h e n g e n a n n t h a b e n : Le fait est que dans la grande majorite des principales du type V S (VCS, V S C ) introduites par έ nous trouvons les formes soit du verbe etre, soit du verbe faire; lä meme oü on ne trouve pas un de ces deux verbes, on rencontre un verbe intransitif signifiant l'apparition, l'arrivee (...). La raison en est, d'apres nous, la suivante: les propositions de ce genre n'enoncent pas une action nouvelle par rapport ä celle exprimee dans les propositions precedentes, mais simplement une continuation, un resultat de Taction dejä enoncee, une nouvelle precision apportee ä ce qui a dejä ete dit (Herman 1954, 365). Nach Moignet

(1971) haben VS-Konstruktionen

d a r ü b e r hinaus

eine

d e u t l i c h stilistische F u n k t i o n : Enfin, avec des phrases qui constituent semantiquement un tout integral, l'ordre V. S. prend une valeur purement stylistique de suspens, quand l'auteur veut souligner un evenement particulierement frappant ou emouvant ou quand il veut ponctuer un recit d'une notation pittoresque, visuelle ou sonore. Le tour V. S. figure ainsi comme une sorte de signal pour avertir du relief particulier de certaines idees et inviter ä un court instant de reve (1971, 420). A u s d e n j e w e i l s a n g e f ü h r t e n B e i s p i e l e n g e h t h e r v o r , d a ß es sich v.a. b e i e ( i ) + V S - S t r u k t u r e n p r i m ä r u m I n v e r s i o n e n mit intransitiven V e r b e n handelte (so a u c h F l e i s c h m a n 1991, 276); V S O - K o n s t r u k t i o n e n w a r e n a b e r , w i e bereits a n g e d e u t e t , e b e n f a l l s m ö g l i c h . D i e j e w e i l i g e n

Äußerungen

k o n n t e n s o w o h l e r e i g n i s b e z o g e n - t h e t i s c h als a u c h ( i n s b e s o n d e r e im Falle v o n V S O - A n o r d n u n g e n ) « n a r r a t i v » - k a t e g o r i s c h sein 3 7 , allerdings ist die V S - A n o r d n u n g stets f a k u l t a t i v : «l'ordre V S resulte d ' u n e o p t i o n d e l i b e r e e d u p o e t e et r e p o n d ä u n e i n t e n t i o n stylistique» ( M o i g n e t 1973, 4 0 6 37

Vgl. auch Renzi (1980, 163). Einige Beispiele für V-S-On/V-Op-S-Konstruktionen: (1) (...Et) envoya avecques eulx ledit roy le conte de Eu (Le Bei 99,1,14; (zit. nach Zwanenburg 1978, 156); (2) (Et) enmenerrent ces seigneurs d'Escoce toutes ces pourveances (Le Bei 117,1,7 zit. nach Zwanenburg 1978, 156); (3) Quant l'ot Rollant, Deus! Si grant doel en out! Sun cheval brocket, laiset curre a esforz, Vait le ferir Ii quens quanque il pout (zit. nach de Dardel 1983/1984, 17). Vgl. auch Moignet (1973, 300): «l'ordre verbe-sujet est particulierement utilise, en vers, dans revocation de sons, de couleurs, de paysages, ou dans les situations pathetiques». Er nennt aus dem Rolandslied die Beispiele sunent mil grailles und ρlurent franceis. Dies geht auch aus der Untersuchung Nissens zur Chronik von Jean d'Outremeuse hervor: Bei transitiven Verben ist die Inversion zwar möglich, S V O überwiegt aber, und dies auch in eingeleiteten Sätzen (1943, 22). Nissen vermutet sogar, daß die Zunahme der SV-Anordnung («ordre direct») bei den transitiven Verben ihren Ausgangspunkt hatte (37). 400

407). R e n z i (1980, 165) meint gar: «In fr.a. la fräse tetica e una raritä». A u c h nach E i n l e i t u n g durch ein satzinitiales O b j e k t wird das S u b j e k t seltener nachgestellt als im A i t . o d e r A s p . Postverbale S p sind im A f r . anders als im A s p . o d e r A i t . selten 3 8 . In d e n N S unterlagen Inversionen nach Nissen ähnlichen B e d i n g u n g e n wie im H S , allerdings sind V S - A n o r d n u n g e n a u f g r u n d des pragmatischen Status der N S erheblich seltener (1943, 7 2 - 7 3 ) . N e b e n diesen ( e ) V S - S t r u k t u r e n ü b e r w o g im A f r . in unabhängigen Deklarativsätzen die bereits im Vulgärlateinischen häufige [...] TVX-Serialisierung mit der häufigsten Variante (T)S(X)VX. [...] Verbanfangsstellung war afrz. bereits selten und wurde nur für Fokussierungszwecke eingesetzt. [...] Bereits in den frühesten afrz. Texten, also etwa im 12. bis 14. Jh., wurde Verbzweitstellung (mit zusätzlicher Objektpronomen-Proklise) als dominanter Typus grammatikalisiert, d.h., nicht mehr nur für bestimmte Topikalisierungsoperationen eingesetzt (v. Seefranz-Montag 1983, 218)39. D a s b e d e u t e t , d a ß die p r ä v e r b a l e Position anders als im A s p . besetzt w e r d e n mußte,

w o b e i es keine R e s t r i k t i o n e n in b e z u g auf die kategorielle

F ü l l u n g dieses E l e m e n t s gab, «jede topikalische, auch oblique Konstituente [...] k o n n t e E r f o r d e r n i s s e der T V X - S y n t a x erfüllen» (v. S e e f r a n z M o n t a g 1983, 218) 4 0 . W a r das satzinitiale E l e m e n t ein N i c h t - S u b j e k t , trat Inversion des S u b j e k t s ein 4 1 . D i e s e «Topic-vor-Subjekt-Präferenz» 38

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40 41

(v.

Vgl. oben Anm. 36. Foulet (1977, 313): «l'inversion du sujet entraine facilement dans le cas du pronom personnel l'omission du sujet». Vgl. Vennemann (1974, 296): «Ich nenne VX-Sprachen, in denen nicht nur das Subjekt, sondern ebenso anders geartetes thematisches Material vor dem finiten Verb stehen kann, TVX-Sprachen». Vgl. auch Buridant (1993, 35): «l'ancien fran^ais en est au Stade T V X : il presente une large zone thematique devant le sujet, comme le soulignent l'etude de Thurneysen et les etudes de DeDardel; le sujet occupera, de plus en plus essentiellement, cette zone, pour faire corps avec le verbe, mais des elements de resistance subsistent en moyen frangais». Zur Anordnung T V X im Asp. vgl. Kap. III.3.2.2. Vgl. auch Fleischman (1991, 269): «For the early texts (12th c.), V/2 appears to be merely a «preferred clause structure» that could be overridden, and often was, by prosodic considerations; however, by ca. 1200 the preverbal slot could no longer be unoccupied, except in a limited number of sentence types». Vgl. auch Harris (1984a, 192-193): «that Old French passed through a T V X (verb second) phase, during which the subject pronoun, while continuing to be almost always omitted if some other element filled the preverbal slot, came to be almost invariably present if the verb would otherwise have appeared in first rather than second place in the sentence» und Harris (1978, 169): «TVX will in fact be S V X in the majority of instances». Vgl. auch Price (1961, 46), Foulet (1977, 308), Renzi (1980, 163). In der Chronik von Jean d'Outremeuse überwiegt die AVS-Struktur: «II est evident que le caractere du recit peut exercer une assez grande influence sur l'ordre des mots. Un emploi repete des complements circonstantiels de temps et de lieu au debut de la proposition entraine, presque automatiquement, une elevation du pourcentage de l'inversion» (Nissen 1943,49). Renzi (1980) schlägt vor, ähnlich wie für das Asp. und Ait. auch für das Afr. von einer Grundwortstellung V S O auszugehen, was wiederum impliziert, daß in der SVO-Anord401

Seefranz-Montag 1983, 2 2 1 ) des 12./13. Jhs. wird auf dem Weg zum Nfr. aufgegeben, und die präverbale Z o n e wird zum privilegierten Ort für das Subjekt. D i e S V O - A n o r d n u n g nahm bereits im Mfr. deutlich zu, und zwar sowohl bei eingeleiteten als auch bei uneingeleiteten Äußerungen 4 2 . A b dem 15. Jh. mußte die präverbale Position dann mit einem expliziten Nominativsubjekt besetzt werden (hier sind auch die inhaltsleeren Formalsubjekte zu nennen). In ursächlichem Zusammenhang damit steht die Zunahme der Subjektpronomina in präverbaler Position, oder, wie es Fleischman ausdrückt, «the gradual loss of pro-drop and the shift from a flexible, pragmatically controlled word order of the V / 2 or T V X type to a rigid S V X type» ( 1 9 9 1 , 2 7 7 ) 4 3 . Bei der Herausbildung der SV-Dominanz

42

43

nung das satzinitiale S «topikalisiert» ist, also eine Linksversetzung vorliegt. Wir kommen auf diesen Aspekt in Kap III.3 zurück, wollen hier jedoch bereits andeuten, daß diese Annahme gerade für das A f r . umstritten ist, und zwar u. a. deswegen, weil die Inversion nicht nur per se, sondern gerade in Äußerungen mit transitiven Verben im Gegensatz zum Asp. oder Ait. eher selten ist (vgl. de Dardel 1983/1984, 21). Vgl. Buridant (1993, 45): «De l'ancien frangais au franQais contemporain, le sujet rejoindrait ainsi un fort ensemble de langues ä sujet-verbe-objet privilegiant le sujet en position initiale thematique». Nach Zwanenburg (1978, 160) unterscheidet sich das Mfr. vom Afr. durch eine höhere Zahl an SV-Konstruktionen: «Cela implique que la difference entre ancien fran9ais et moyen frangais se presente de la meme faijon dans les deux types de phrases: disparition de SOV apres 1300 et introduction des constructions sans inversion apres un complement mis en tete: X S V O et OSV»; vgl. auch Zwanenburg (1979, 536), für den diese beiden Strukturen der erste Schritt in Richtung auf eine Festigung der Wortstellung ist. Eine ähnliche Beobachtung macht übrigens auch Nissen (1943, 50): «l'apparition de plus en plus frequente des phrases introduites sans inversion». Vgl. auch Geisler (1982, 157): «Die konsequente Stellungsfixierung im Mfrz. löst zwar die Notwendigkeit einer weiteren Subjekt-Objekt-Differenzierung, führt aber gleichzeitig zu Topikalisierungsproblemen, da diskursfunktional notwendige Verschiebungen einzelner Satzglieder in die initiale Topicposition nicht mehr möglich sind. [...] Dies wird entweder durch die Extraposition oder durch Ausbildung von Diathesen geleistet. Im Nfrz. erfolgt dabei zunehmend eine Entkoppelung von Subjekt- und Topicposition». «Im Laufe des Afrz. übernahmen Subjektpronomina über ihre diskursiven und semantischen Funktionen hinaus auch syntaktische Funktionen wie die Besetzung der präverbalen Position und wurden folglich erst mit der Verallgemeinerung der Verbzweitstellung, nämlich seit dem 12. bis 13. Jh. in Anfangstellung allmählich obligatorisch [...] und mit der zunehmenden Grammatikalisierung von Pronomina schließlich in allen Kontexten generalisiert» (v. Seefranz-Montag, 1983, 219). Im Zusammenhang mit dem Gebrauch der Sp im A f r . vgl. auch die diskurspragmatisch orientierte Analyse der Partikel si im Afr. von Fleischman (1991, 253) : «I will argue that si functions as a marker of subject/ topic continuity, while subject pronouns (...) function as markers of switch reference and topic discontinuity [...]. Once V/2 evolves to the modern S V X and subject pronouns become obligatory, then si as a marker of same subject/topic continuity loses its raison d'etre and ultimately disappears from the language» (253). Zum Status der Partikel si vgl. auch Marchello-Nizia (1985).

402

war nach Herman (1954, 360) und Zwanenburg (1979) der Wegfall der Flexion allenfalls von sekundärer Bedeutung, da eine bereits im frühen Afr. vorhandene Tendenz, die Verbzweitstellung, lediglich stabilisiert wurde 44 . Inversionen waren auch in späteren Jahrhunderten möglich, ihre Zahl ging jedoch bis in die Moderne kontinuierlich zurück. In der geschriebenen Sprache bleiben VS-Anordnungen als «narrative» Muster bis auf wenige Ausnahmen stilistisch markiert, «inverted order often stresses the opposition between the self-conscious narrator and the action of his characters» (Clifford 1973, 433). 2.3.4 Aus den spärlichen Beobachtungen zur Satzgliedanordnung im Altokzitanischen (vgl. Jensen 1986 45 ) geht hervor, daß die Verhältnisse ähnlich wie im Afr. gewesen sein müssen. SVO ist das dominante Anordnungsmuster (386), die VSO-Struktur ist jedoch «not infrequent» (386). Die Inversion erfolgt in mit Adverbial, Objekt oder Komplement eingeleiteten Sätzen, nach verba dicendi und sie «is regularly found after the concessive e si and e (390); Jensen (386) zitiert aber auch uneingeleitete Sätze mit transitivem Verb und postverbalem Subjekt (arss Deus cell lin (Sainte Foi, v.589) ), gibt jedoch keine diskurspragmatische Erklärung seiner Daten. OVS-Strukturen dienen offensichtlich v.a. der Hervorhebung von kontextuell neuen Objekten; SOV, OSV und VOS-Strukturen sind selten (386-387). Insgesamt ist die Wortstellungsfreiheit im Aokz. aufgrund der Nominalflexion noch relativ frei, «it is to a certain extent the declension which permits a relatively high degree of freedom in sentence structure» (390). Wir sind uns natürlich darüber im klaren, daß es nicht möglich ist, ausgehend von diesen fragmentarischen Beobachtungen zu einem abgerundeten Bild der altokzitanischen Wortstellung zu kommen; hier bedarf es noch eingehender Untersuchungen. 2.3.5 Alles in allem ergibt sich aus diesen Beobachtungen trotz nicht zu leugnender Unterschiede eine relative Einheit des Altromanischen in bezug auf die Satzgliedanordnung, was auch Wanner (1987, 393) konstatiert:

44

45

Haiman (1974, 1 2 7 - 1 4 3 ) weist in diesem Zusammenhang auf den Einfluß des Germanischen hin; vgl. auch A d a m s (1988) und Fleischman ( 1 9 9 1 , 277, A n m . 36): «French thus provides solid diachronic evidence for Haiman's claim ( 1 9 7 4 ) that strict Type A languages only develop from languages that at some stage in their development were strict V/2 languages». Vgl. auch die französische Fassung von 1994, die jedoch im wesentlichen eine Übersetzung der englischen Ausgabe ist und keine neuen Gedanken in bezug auf die Satzgliedanordnung enthält.

403

The essential Romance unity of clause construction is unbroken since French has not yet reached the term of its basic deviation from the common pattern. In this sense, once again it is permissible to talk about a generalized Old Romance situation 46 . E s stellt sich allerdings die Frage, ob die Subjektnachstellung im A f r . wirklich ohne weiteres mit der des Ait. oder Asp. gleichzusetzen ist, da v.a. uneingeleitete VS-Konstruktionen in den beiden letztgenannten Sprachen nicht nur sehr viel häufiger waren als im Afr. (und auch in der Gegenwartssprache noch lebendig sind), sondern da auch der informationelle Wert der Struktur mit Inversion im Asp. und Ait. facettenreicher war 4 7 . Eine V/2-Phase hat es zumindest im Asp. nicht gegeben; auf die bereits erwähnte größere Freiheit bei der Besetzung der Themarolle und der damit verbundenen Frage, ob es auch im Asp. eine T V X - P h a s e gegeben hat, werden wir in Kap. III.3.2 zurückkommen.

46

47

Zu auffallenden Gemeinsamkeiten zwischen Asp. und Afr. (wie z.B. größere Wortstellungsvariation, pro-drop-Charakter) vgl. auch Körner (1987), MeyerHermann (1988a, 92) und Adams (1988). So auch Buridant (1993, 46). Crabb (1955, 21) spricht mit Blick auf das Asp. und Afr. von einer «fundamental distinction between the inversion patterns of the two languages». «The 0 [ l d ] S[panish], on the other hand, possesses throughout the ability to begin a statement with a finite verb. This leads one to suspect that the two languages are operating from the earliest date on altogether different principles, at least so far as verbal inversions are concerned» (ibid., 61). Meyer-Hermann (1988a, 92) bemerkt zu Recht in bezug auf die Kontextrestriktionen der VS-Anordnung: «A este respecto, el espanol moderno no ha experimentado un cambio esencial frente al espanol antiguo; es el frances moderno, en cambio, donde se encuentran estructuras distintas, tanto en su constitution hablada como en la escrita».

404

3 Das Altspanische aus positionstypologischer Sicht

3.1 Zur Positionstypologie W e n n in d i e s e m K a p i t e l d e r V e r s u c h u n t e r n o m m e n wird, das A s p . aus t y p o l o g i s c h e r Sicht z u b e s c h r e i b e n , g e s c h i e h t dies in e i n e m relativ e i n g e s c h r ä n k t e n R a h m e n , d e n n wir w e r d e n uns in erster L i n i e auf d e r E b e n e d e r W o r t f o l g e t y p o l o g i e bzw., u m d e n T e r m i n u s v o n B o s s o n g (1982a, 22) z u v e r w e n d e n , d e r P o s i t i o n s t y p o l o g i e b e w e g e n 1 . In u n s e r e m K o n t e x t stellen sich die f o l g e n d e n F r a g e n : (a) M i t H i l f e w e l c h e r p o s i t i o n e l l e r S t r u k t u r t y p e n w i r d die als u n i v e r s e l l a n g e s e h e n e D i c h o t o m i e z w i s c h e n T h e t i s c h u n d K a t e g o r i s c h in d e r historischen E i n z e l s p r a c h e , hier d e m A s p . , z u m A u s d r u c k g e b r a c h t 2 ? ( b ) W e l c h e m basic

word order

type ( o d e r besser: types)

k a n n das A s p .

zugeordnet werden3?

1

Zur Sprachtypologie allgemein und zur Charakterisierung der verschiedenen, z.T. sehr unterschiedlichen typologischen Ansätze vgl. u.a. Ineichen (1979), Dressler (1980), Hagege (1982), Ramat (1987), Comrie (1989), Croft (1990) sowie Eckert (1986), die speziell vor dem Hintergrund der integralen Sprachtypologie Coserius (1974, 1980, 1983) argumentiert. Aus der Sicht des Coseriuschen Ansatzes gehört der positionstypologische Ansatz in die Kategorie der «partiell-charakterisierenden» Typologie, d.h., er ist dadurch gekennzeichnet, daß er sich auf ein Merkmal, in diesem Fall die Position der Satzglieder, zur typologischen Charakterisierung beschränkt und nicht versucht, strukturelle Zusammenhänge in einer Einzelsprache zu erfassen. Zur Positionstypologie vgl. neben den genannten Arbeiten Bechert (1976), Ineichen (1979, 130-148), Bossong (1979b, i979d, 1984a, 1984b), Mallinson/Blake (1981), Hawkins (1983), Givon (1984, 187-237), Ulrich (1985, 18-25), Fanselow (1987), Moreno (1987), Dryer (1989), Comrie (1989), Oesterreicher (1989), Jacob (1990, 25 ff.), Delbecque (1991), Selig (1992, 88-93) und McMahon (1994, 139-160).

2

Nach Coseriu ist dieser u.a. auch von Bossong (1979c) vertretene onomasiologische Ahsatz, der von einer Universalität der Funktionen ausgeht und nach dem unterschiedlichen materiellen Ausdruck in verschiedenen Sprachen fragt, problematisch (vgl. Eckert 1986, 41). Vgl. auch Meyer-Hermann (1991, 68): «Bezüglich früherer Sprachstadien des Spanischen gibt es, was die Wortfolge anbelangt, eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Untersuchungen, aber insgesamt keine unbestritten eindeutige Einmütigkeit darüber, daß Spanisch etwa auch (schon) im Mittelalter eine SVOSprache gewesen sei».

3

405

(c) Hat es innerhalb der asp. Periode eine Entwicklung gegeben? (speziell zu diesem Punkt vgl. auch Kap. III.4) Da der positionstypologische Ansatz - Chr. Lehmann (1985a, 42) spricht hier von «expression-oriented typology» - bereits mehrfach ausführlich dargestellt worden ist, soll der Weg der positionstypologischen Diskussion hier nur stichwortartig nachgezeichnet werden. Ausgangspunkt war bekanntermaßen der bahnbrechende Artikel «Some Universals of Grammar with particular Reference to the Order of Meaningful Elements» (1963) von Greenberg, in dem dieser versucht, in erster Linie durch die Korrelation der positionellen Eigenschaften von Konstituenten unterschiedlicher Hierarchiestufen eine basic order typology mit universellen Implikationen zu bestimmen 4 . Dort, wo in der Einzelsprache Stellungsvarianten existieren, interessierte Greenberg jeweils der dominante Stellungstyp. Aus den beobachteten statistischen Verteilungen hat Greenberg dann, wenngleich sehr behutsam, tendenzielle Universalien abgeleitet. Ausgehend von Greenberg wurde in späteren Arbeiten versucht, Charakteristiken von Sprachtypen aufzustellen, Korrelationen zwischen Verbstellung und anderen grammatischen Bereichen zu finden und über das Konstatieren von typologischen Universalien hinaus auch eine erklärende Theorie zu entwickeln. Dieser Ansatz wurde v. a. von W. P. Lehmann (1974) und Vennemann (1973) vertreten, die die Greenbergschen basic order types auf zwei durch konsistente Korrelationen konstituierte Wortfolgetypen ( V O oder O V ) reduzieren. Tesniere (1959) prägte für diese beiden Konstitutionsmuster die Begriffe zentripetal (Verb in Endstellung, X V ) und zentrifugal (Verb in Anfangsstellung, V X ) 5 . Gemäß dem zugrundeliegenden semantischen Erklärungsprinzip, dem «principle of natural serialization» (vgl. Vennemann 1974), werden alle «Operand-Operator»Abfolgen parallel realisiert, d.h., aus dem jeweiligen Stellungsparameter sind die Abfolgetypen in den übrigen Syntagmen herzuleiten. Ausgehend von der Abfolge Prädikat und direktes Objekt werden die von Greenberg festgestellten Beziehungen jetzt als strenge Implikationen interpretiert, die v. a. bei Vennemann zur Formulierung verschiedener Entwicklungsgesetze führen: Jede Sprache strebt nach Konsistenz mit dem entsprechenden Linearisierungstyp 6 . Ein weiterer Meilenstein innerhalb des posi4

5

6

So ergibt die Existenz von Präpositionen oder Postpositionen, die Stellung des Genitivattributs und des attributiven Adjektivs zum regierenden Nomen harmonische Entsprechungen zu den drei Hauptstellungstypen SOV, S V O und V S O , so daß jeweils entweder, wie in den OV-Sprachen, das Determinans vor das Determinatum, oder, wie in den VO-Sprachen, das Determinans hinter das Determinatum gesetzt wird. Zum Problem der Determination als binärem Beschreibungsprinzip vgl. Jacob (1990, 39 ff.). Tesniere sah allerdings bereits, daß beide Typen von keiner Sprache wirklich konsequent realisiert werden. Vgl. dazu die kritische Feststellung von Selig (1992, 91): «Den Anspruch, deduktiv aus dem Stellungsparameter V O bzw. O V alle weiteren Abfolgebezie-

406

tionstyplogischen Ansatzes ist Antinucci (1977), der verschiedene grundlegende Thesen entwickelt, mit denen eine Fülle von Einzelbeobachtungen auf wenige Grundprinzipien zurückgeführt werden. So formuliert er für die der oberflächensyntaktischen Linearisierung zugrundeliegenden hierarchisch geordneten semantischen Strukturen das «Konstruktionsprinzip» (principio costruttivo), demzufolge die Nominale entweder rechts von V oder links davon in ein und derselben Richtung angeführt werden (Ineichen 1979, 142). D.h., es gibt zwei ideale Sprachtypen, nämlich den rechtsläufigen und den linksläufigen Typus (VN.../.. .NV). D e m Erweiterungsprinzip {principio di accrescimento) gemäß erfolgen Ergänzungen im nuklearen Satz nach dem Konstruktionsprinzip, «mit der Maßgabe, daß sie von der einfacheren semantischen Struktur zur komplexeren fortschreiten» (Ineichen 1979, 143). In konfliktueller Interaktion mit diesen beiden Prinzipien steht die «topic/dato»-Komponente, derzufolge thematische (im Sinne von gegebener) Information zu einer Position links im Satz tendiert 7 . In Anlehnung an diese Gedanken von Antinucci, sowie unter Berufung auf Tesniere und Givon hat Bossong (1980a, 1984a, 1984b) drei Prinzipien formuliert, die seiner Ansicht nach die Anordnung der Satzkonstituenten regeln: - Das Prinzip der sequentiellen Linearisierung, dessen Anwendungsbereich die syntaktische Ebene ist, regelt in erster Linie die Anordnung des Objekts zum Verb, d.h., es legt fest, ob eine Sprache eine OVoder eine VO-Sprache ist. Nach diesem Prinzip erscheint das Verb als strukturelles Zentrum des Satzes, das «idealerweise entweder ganz zu Beginn oder ganz am Ende des Satzes» erscheint, «während die übrigen Satzkonstituenten entsprechend ihrer Stellung in der Hierarchie von diesem Zentrum aus nach rechts oder links angereiht werden» (Bossong 1984a, 101-102); dabei befinden sich die historischen Einzelsprachen «in ständiger diachronischer Bewegung zwischen diesen beiden kaum je vollständig realisierten Ideal typen» (1984b, 4). - Was die Stellung des Subjekts zum Verb anbelangt, reicht die Annahme eines solchen sequentiellen Linearisierungsprinzips allein nicht aus. Hier tritt nach Bossong ein zweites, von dem ersten Linearisierungsprinzip unabhängiges Prinzip in Erscheinung, das aus der konkreten Verwendung einer Äußerung in einer spezifischen Kommunikationssituation resultiert: das Prinzip der pragmatischen Linearisierung. Sein Anwendungsbereich ist die Thema-Rhema-Ebene: «Hierbei gilt

7

hungen im grammatischen System einer Sprache abzuleiten und entsprechende Gesetze des Sprachwandels zu formulieren, kann man wohl ohne weiteres als unberechtigte und überzogene Einschätzung positionstypologischer Analysen zurückgeweisen [sie]». Zu Vennemann vgl. insbesondere Sasse (1977), kritisch dazu Siewierska (1988, 17ff.) und McMahon (1994, Kap. 6). Z u Antinucci (1977) vgl. den Besprechungsaufsatz von Bossong (1979b) und Ulrich (1985, 15, Anm. 3).

407

der Grundsatz, daß bei affektisch neutraler Sprechweise die thematischen Konstituenten links, die rhematischen Konstituenten hingegen rechts im Satz stehen. Diese Basisfolge Thema A Rhema kann im affektisch markierten Sprechen zu der Abfolge Rhema A Thema umgekehrt werden» (1984b, 5)8. Nach Bossong sind die Auswirkungen dieses Prinzips «potentiell universal» (1984b, 5), d.h., «daß es in diesem Bereich also nicht, wie im Bereich der sequentiellen Linearisierung zu einer typologischen Dichotomie kommt» (1984a, 104). Nach Sasse (1977, 130) «erweist sich die natürliche Reihenfolge Topic vor Comment als die ontogenetisch, psychologisch und kommunikationstheoretisch am stärksten motivierte» 9 . Zwischen grammatischen Funktionen der syntaktischen Ebene und pragmatischen Funktionen der ThemaRhema-Ebene bestehen, so Bossong, bestimmte Affinitäten (nicht Identitäten!), d.h., «daß also nicht ohne weiteres jede beliebige propositionale mit jeder beliebigen pragmatischen Funktion kombiniert werden kann» (1984a, 105). So hat z.B. das Subjekt eine Affinität zur Themafunktion, das Prädikat hingegen zur Rhemafunktion, ohne daß allerdings die Kategorie «Subjekt» durch Thematizität bzw. «Objekt» durch Rhematizität zu definieren wäre 10 . - Das Prinzip der operationalisierbaren Linearisierung entspricht im wesentlichen Behaghels Gesetz der wachsenden Glieder («von zwei Gliedern geht, soweit das möglich ist, das kürzere dem längeren voraus») und ist dem «Prinzip der pragmatischen Linearisierung» nachgeordnet". Einen etwas anderen Ansatz innerhalb der Positionstypologie vertritt John Hawkins in seinem Buch Word Order Universals (1983). Für ihn ist nicht die Verbposition der wichtigste Indikator für die typologische Zuordnung, sondern die Position der nominalen Modifikatoren (DemonVgl. Behaghels 2. Gesetz, demzufolge das Wichtigere später steht als das Unwichtige, in: Behaghel (1932, Bd. 4) Kap. «Wortstellung». Vgl. auch Ulrich (1985, 25 ff.). Unseres Erachtens ist der Begriff «pragmatisch» in diesem Kontext wenig glücklich, aus heuristischen Gründen wird er aber beibehalten. 9 Zur Kritik an diesem Prinzip vgl. Meyer-Hermann (1991) und unten Kap. III.3.6. 10 Jacob (1990) stellt die Selbstverständlichkeit der Annahme universaler Stellungsprinzipien in Frage, indem er auf die Arbitrarietät im Bereich der linearen Abfolge hinweist. Seiner Ansicht nach kann es nicht darum gehen, «ein universales Gesetz der linearen Abfolge zu formulieren, sondern allenfalls darum, eine statistische Vorliebe der einzelsprachlichen Regelsysteme zu konstatieren, gewisse Stellungsmuster miteinander zu verbinden, wobei diese Vorlieben dann mit den oben genannten Einflußgrößen begründbar wären. Grundsätzlich jedoch verlangt das Arbitrarietätsprinzip die Freiheit für jede Sprache, die lineare Anordnung in ihrem Regelsystem zu nutzen oder nicht» (1990, 34). " Vgl. auch Kap. I.2.5.5.2 und Bossong (1990) sowie Andersen (1983, 77) und Mallinson/BIake (1981, 157): «The heavy-to-the-right principle is largely motivated by an apparent desire to reduce the strain on the short-term memory». 8

408

strativ-Determinant, Numeral, Adjektiv, Genitiv und Relativsatz), die weniger Freiheit in bezug auf ihre Stellung aufweisen und von daher die positioneilen Spezifika der einzelnen Sprachen besser und systematischer erkennen lassen12. Sein Cross-Category Harmony-Prinzip impliziert im Gegensatz zum «Prinzip der natürlichen Serialisierung», daß Sprachen nicht unbedingt alle operators auf einer Seite der operands serialisieren müssen, daß sich aber mögliche Veränderungen in der «Operand-Operator»-Anordnung bei einer Konstituentenrelation bei den anderen in gleicher Proportion vollziehen. «There is a quantifiable preference, across languages, for the ratio of preposed to postposed operators within one operand category to generalise to the other operand categories» (1979, 644-645) 1 3 . In seinen neuesten Arbeiten bemüht sich Hawkins um eine universal gültige Erklärung für Wortstellungsbedingungen (Hawkins 1990, 1992). Seine Performanztheorie basiert auf der Annahme, daß die lineare Anordnung der Konstituenten unmittelbar von der «Parsing-Effizienz», d.h., der Verarbeitungseffizienz durch den Hörer abhängig ist, was ihm auch Vorhersagen hinsichtlich der typologischen Verteilung von Sprachen, Umstellungstransformationen und Texthäufigkeit erlaubt. Was die Bewertung des positionstypologischen Ansatzes anbelangt, schließen wir uns im wesentlichen den Ausführungen Oesterreichers (1989) an, der im Rahmen seiner Kritik an dem Konzept der typologischen Inkonsistenz und der übertriebenen teleologischen Ausrichtung einiger Vertreter des positionstypologischen Ansatzes diesen zwar relativiert, ihn aber nicht grundsätzlich in Frage stellt'4. Bei der Verwendung 12

Mit dem Konzept der Doublette trägt er der Tatsache Rechnung, daß Sprachen nicht zwangsläufig nur einem Wortstellungstyp zugeordnet werden können. Vgl. Hawkins (1983, 13): «I am going to use the term «doubling» to describe the situation in which one and the same modifier category (e.g., the adjective) can occur both before and after its head in a given language». Diejenige der beiden möglichen positionellen Varianten mit der größten Vorkommenshäufigkeit ist die «normale» (vgl. Fanselow 1987, 1 1 6 ) . Z u m Verhältnis Doublette und Sprachwandel vgl. Kap. III.4. Z u Hawkins vgl. auch Fanselow (1987) und Meyer-Hermann (1991). Im Gegensatz zu Hawkins meint Hopper (1986, 126): «Verb position and verb morphology appear universally to form a crucial link between discourse function and clause structure, and are therefore a more realistic basis for a typology than the relatively trivial syntax of nominal groups».

13

« C C H predicts that the more similar the balance in operator preposing and postposing across the different operand categories, the greater the number of languages - and the more dissimilar, the fewer the languages» (Hawkins 1979, 646). Z u Hawkins vgl. auch McMahon (1994, 1 5 1 - 1 5 3 ) . Vgl. Oesterreicher (1989, 238): «Die vorgetragenen Überlegungen können und wollen natürlich nicht die Positionstypologie in toto in Frage stellen; es ist ja klar geworden, daß diese Forschungsrichtung - wenn man von den kritisierten Übertreibungen absieht - ganz wesentliche Einsichten gewonnen hat. Andererseits muß sie überall dort kritisiert werden, wo sie als eine partielle Typologie zu stark schematisiert, ihre Leistungsgrenzen überschreitet und ungerechtfertigte Ansprüche anmeldet. Für eine holistische Typologie, die mit dem A n -

14

409

von positionstypologischen Etiketten wie «SVO-Sprache» oder «VSOSprache» im Zusammenhang mit dem basic word order einer Sprache gilt es, sich über zwei Probleme im klaren zu sein: i. Die Nicht-Übereinstimmung der einzelsprachlichen Funktionen S, V und Ο in den verschiedenen Sprachen läßt eine pauschalisierende Etikettierung fragwürdig erscheinen 15 ; 2. es handelt sich hier um abstrakte Bezeichnungen, die der Vielfältigkeit der oberflächenstrukturellen Realisierung nur bedingt gerecht werden und die, für sich genommen, eine Sprache eben nicht hinlänglich typologisch klassifizieren 16 . Was den umstrittenen Terminus basic word order bzw. Grundwortstellung anbelangt, so würde es zu weit führen, die Diskussion um diesen Begriff hier im einzelnen nachzuzeichnen 17 . Wir werden den Begriff aus heuristischen Gründen dennoch verwenden und verstehen darunter in Anlehnung an Hawkins (1983, 13 f t ) diejenige Satzgliedanordnung, die quantitativ am häufigsten sowie kontextneutral und von daher unmarkiert ist. «Frequency [...] provides the only means we have of determining grammatical preference and productivity, and with it basicness» (Hawkins 1983, 15) 18 . Dabei ist allerdings noch offen, ob jede Sprache tatsächlich notwendigerweise nur über eine einzige Grundwortstellung im o.g. Sinne verfügt. In diesem Zusammenhang wird u.a. von DuBois (1985), Lambrecht (1987) und Siewierska (1988) auf den fundamentalen Unterschied zwischen dem basic und dem dominant order (preferred argument structure) hingewiesen, der beträchtliche Konsequenzen für die typologische Einordnung einer Sprache hat. « is that grammatical structuring of arguments which is statistically in

15 16

17

18

spruch auftritt, ganze Sprachen zu charakterisieren, ist ihr A n s a t z ohnehin hoffnungslos inadäquat». V g l . auch Ulrich (1985, 4 7 - 4 9 ) . Dieses A r g u m e n t führt auch Coseriu an, vgl. E c k e r t (1986, 48). V g l . Chr. L e h m a n n (1985a, 42): «basic order typology does not penetrate to the center of language structure». Vgl. Hawkins (1983, u f f . ) . A u c h H o p p e r (1986) steht d e m Begriff basic word order kritisch gegenüber, da Wortfolge grundsätzlich von pragmatischen, also textuellen B e d i n g u n g e n abhängt. Diese pragmatische Determination steht im Widerspruch zu j e d e m Versuch, eine kontextunabhängige Grundwortstellung zu ermitteln. V g l . auch M e y e r - H e r m a n n (1991, 66, 69), der fragt, o b nur ein Satztyp oder o b nicht vielmehr alle Satztypen die G r u n d l a g e für die Bestimmung des basic word order sein sollten. V g l . auch Jacob (1990, 27) und Mallinson/Blake (1981, 125): «When w e use the term w e m e a n the order that obtains in stylistically-neutral, independent, indicative clauses with full noun phrase participants for S, or for A and O». S o auch D r y e r (1989, 70): «the basic word order in a language is that which is used most frequently», wobei nach D r y e r solche Sprachen, in denen zwei A n o r d n u n g s m u s t e r die gleiche Frequenz haben, eben über keinen basic word order verfügen. Nach M e y e r - H e r m a n n (1991, 78) ist der Basissatz derjenige, der den geringsten Kontextrestriktionen unterworfen ist. V g l . auch Suner (1982, 2 8 1 - 2 8 4 ) , Payne (1990, 21), de D a r d e l (1983/1984), H e t z r o n (1980, 175) und Mallinson/Blake (1981, 129). V g l . auch unten A n m . 36.

410

c l a u s e t o k e n s in discourse» ( D u B o i s 1985, 349). W ä h r e n d sich der

basic

order in der R e g e l auf die R e i h e n f o l g e b e z i e h u n g v o n n o m i n a l e m S u b j e k t , V e r b u n d n o m i n a l e m / ( n ) O b j e k t ( e n ) b e z i e h t , ist dies in d e n m e i s t e n S p r a c h e n z u m i n d e s t in d e r g e s p r o c h e n e n S p r a c h e k e i n e s w e g s a u c h die d o m i n a n t e K o n s t e l l a t i o n , d a hier ζ. B. S ä t z e mit z w e i n o m i n a l e n A k t a n t e n sog a r relativ selten s i n d ' 9 . E i n g e d e n k unseres Z i e l s , die S t e l l u n g d e s explizit a u s g e d r ü c k t e n S u b j e k t s z u m V e r b in einer d i a c h r o n e n P e r s p e k t i v e z u a n a l y s i e r e n , h a b e n wir auf e i n e U n t e r s u c h u n g d e r preferred structure halb

argument

v e r z i c h t e t u n d uns so b e w u ß t a u f e i n e n p a r t i e l l e n A s p e k t inner-

der positionstypologischen

Forschung

beschränkt.

Wir

stimmen

O e s t e r e i c h e r a b e r zu, w e n n er f ü r u m f a s s e n d e r e U n t e r s u c h u n g e n e i n e E i n b e z i e h u n g dieses K o n z e p t s f ü r w ü n s c h e n s w e r t hält: Es ist also methodisch notwendig und theoretisch gerechtfertigt, neben den basic order types, die seit Greenberg mit gewissem Recht ins Zentrum der Untersuchungen gestellt worden sind, andere order types zu berücksichtigen, in denen gerade funktionell zu interpretierende Unterschiede zwischen Hauptsatz und Nebensatz, zwischen Satzarten, zwischen direktem und indirektem Objekt [...], etc. zum Ausdruck kommen (1989, 252-253).

19

«A discrepancy between basic and dominant order is likely to be found not only in languages which make frequent use of bound pronouns, but in any language which shows a tendency to subject pronouns» (Siewierska 1988, 11). Für das Französische vgl. die sehr aufschlußreiche Untersuchung von Lambrecht (1987), der feststellt: «that the canonical S V O sentence type of linguistic theory is not the type used in actual discourse, and that a preferred clause type is used instead, whose basic form is V ( X ) , the subject being a preverbal clitic bound to the verb» (253). Auch Jacob (1990, 126) konstatiert, daß im Französischen Substantive nur in Ausnahmefällen als Subjekte realisiert sind. Was das Spanische anbetrifft, so hat Meyer-Hermanns Untersuchung der PCG ergeben, daß die SVO-Anordnung in Sätzen mit nominalem Subjekt zwar die zweithäufigste ist, daß auf die Gesamtmenge der expliziten und impliziten Subjektmarkierungen jedoch nur 3,33 % auf die S V O - A b f o l g e entfallen. «Addiert man andererseits nominale nachgestellte Subjekte und morphematische Subjektmarkierungen [...], dürften VSO-Konstruktionen im Spanischen noch häufiger als SVO-Konstruktionen sein» (1991, 100). Nach Pottier (1988) ist die preferred argument structure des Spanischen VsO, wobei Vs hier für Verb und implizite Personalendung steht. So ähnlich auch Wolfe (1984, 249): «From a simple statistical point of view the most frequently occurring sentence type in Spanish [...], is the sentence without any subject nominal or tonic subject pronominal at all». Ashby/Bentivoglio stellen für das Nfr. und das Nsp. fest: «in both languages there are few clauses containing transitive verbs in which both the subject and the direct object appear as lexical NPs. When a full NP does occur, it is much more likely to appear as the subject of an intransitive verb or as the object of a transitive verb than as the subject of a transitive verb» (1993, 73). Vgl. auch Kap. III.4.2.1.

411

3-2

Zum Problem der Grundwortstellung im Altspanischen

3.2.1 Was die Grundwortstellung im Akast. anbelangt, so können aus den Beobachtungen in Kap. III.2 zunächst folgende Schlüsse gezogen werden: (a) Es ist schwer, im Bereich der Äußerungen mit zwei nominalen Aktanten eine dominante Grundwortstellung zu erkennen, d.h. zwischen SV- und VS-Strukturen eine Gewichtung vorzunehmen. Legt man die Nomenklatur Wanners zugrunde, können diese beiden Anordnungsmuster in der Formel [s(X)V... zusammengefaßt werden bzw. mit Hilfe folgender abstrakter Repräsentationen wiedergegeben werden: (1) V X Y und (2) X V Y , wobei X in (1) fast immer S ist (VOS-Strukturen sind selten). Was die Füllung von X in (2) anbelangt, vgl. unten III.3.2.2. (b) Die VS-Struktur wurde während der ganzen asp. Epoche zum Ausdruck des Thetischen verwendet, darüber hinaus konnten VS- und SV-Strukturen insbesondere im 13. Jh. aber auch in bestimmten kategorischen Kontexten oft ohne erkennbaren Unterschied gebraucht werden. Ob es sich nun tatsächlich bei VS(X) und SV(X) zeitweilig um eine Doublette (also um austauschbare Strukturen) im Sinne von Hawkins handelte, ist meist schwer zu entscheiden; Beispiele wie (II.i - 9 7 ) und (II.i -98) lassen dies aber zumindest als wahrscheinlich erscheinen20. Wenn ein Unterschied da ist, liegt dieser in der stärkeren Dezentrierung des Themas im Falle von VS-Strukturen und ist mithin eine Frage der «InformationsVerpackung». Da die VS-Konstruktionen in diesen Kontexten (im Gegensatz zum Nsp.) offensichtlich unmarkiert waren, möchten wir hier von zwei alternierenden Strukturen sprechen; der Terminus «Inversion» erscheint nicht angebracht. Diese Situation änderte sich, wie wir gesehen haben, graduell ab dem 14. Jh.: Die VS-Anordnungen im kategorischen Bereich gehen zahlenmäßig zurück und nehmen den Charakter markierter Strukturen an 21 . Der thetische Bereich bleibt dagegen weitgehend unverändert, hier dominiert auch im Nsp. die VS-Anordnung. In spätaltspanischer und nsp. Zeit handelt es sich bei SV und VS also eher um komplementäre Strukturen (etwa zur Unterscheidung von thetisch/kategorisch) mit SV als dominanter Grundwortstellung 22 .

20 21

22

Vgl. auch die Kap II.1.3.4 und III.4, A n m . 5 sowie Meyer-Hermann ( 1 9 9 1 ) . Vgl. die Kap. II.2 und II.3: V S ( X ) Strukturen werden außerhalb des thetischen Bereichs seltener und dienen immer weniger dazu, lange Erzählpassagen mit gleichem oder gar wechselndem Diskursthema zu kodieren. A l s «narrative» Inversionen gibt es die VS-Strukturen zwar auch im Nsp. noch (v.a. bei intransitiven Verben), es handelt sich jedoch heute um eine markierte Konstruktion mit bestimmten textpragmatischen und stilistischen Funktionen. Vgl. auch Kap. III.4 für die Situation im Nsp.

412

3-2.2 Fragen wir uns nun genauer nach der Bedeutung von XVY. Wie aus den Ergebnissen der Kap. II.i, II.2 und II.3 hervorgeht, konnte die präverbale Zone im Asp. v. a. im 13. Jh. nicht nur von Subjekten und aus dem Kontext bekannten Objekten, sondern auch von kontextuell nicht vorerwähnten Objekten und (allerdings seltener) von Komplementen sowie qualifizierenden Adverbialen eingenommen werden, ohne daß diese Äußerungen notwendigerweise emphatisch, also markiert waren (was sie natürlich, wie im Nsp., auch sein konnten). Unseres Erachtens kann daher zumindest in bezug auf das frühe Asp. von einer «TVX-Anordnung» als einem möglichen Linearisierungsmuster gesprochen werden, wobei Τ für eine beliebige thematisierte Satzkonstituente steht 23 . Dies schließt natürlich nicht aus, daß der häufigste Kandidat für die Prädikationsbasis auch im Asp. ein grammatisches Subjekt mit dem Merkmal [+bekannt] war! Wir erinnern uns an folgende Beispiele: (II.5-50) (II.5—53) (II.3-51) (II.5-29) (II.2-52)

duelo et pesar faze la su remenbranfa ( P C G , 310b, 23) Fuer9a fizieron los sabios e los altos omnes [....] ( G E , 3 1 5 a , 30) Muy bien se ovo don Alvaro de Luna en aquella ida con la Infanta al reyno de Aragon (Luna, 22, 6) Bretanna poblo Brutho, que fue del linage de los de Troya ( P C G , 6a, 22) e por esta contienda fueron los judios amos ante el obispo de Astorga (San, 76b)

Die Aufgaben der TVX-Anordnung formuliert Harris (1976a, 38) wie folgt: «[TVX] was selected either in order to link the sentence with its context (the anaphoric function) or the element in question (the topicalisation function)». Auf diese Funktionen der präverbalen Konstituente haben wir im Zusammenhang mit der SV(0)-Anordnung in den Texten des 13. Jhs. bereits in Kap. II.1.3 verwiesen. Die TVX-Phase ist im Bereich der romanischen Sprachen v. a. für das Afr. festgestellt worden, das ja die obligatorische Verbzweitstellung aufwies (Harris 1976a, 38,1976b, 20)24. Nun bedeutet aber TVX im Asp. nicht, daß die Verbinitialstellung ausgeschlossen ist (im Unterschied zum Französischen gab es im Spanischen sowohl im thetischen als auch im kategorischen Bereich immer VS-Konstruktionen, die durchaus auch «uneingeleitet» sein konnten), sondern lediglich, daß es im Asp. (wie auch im Ait., vgl. Vanelli 1986) größere Freiheiten in bezug auf die kategoriale Besetzung der Prädikationsbasis gab als z.B. im Afr. (vgl. Buridant 1993). Diese Freiheit 23

24

Vgl. Kap. III.2 A n m . 39. Vgl. auch Elvira Gonzalez (1988, 3 4 5 - 3 4 6 ) und Wanner (1992, 3 5 2 ) , die ebenfalls für das Asp. eher die Thema-Rhema-Abfolge als die S V O - A b f o l g e postulieren. Vgl. Harris (1976a, 37): «Evidence for a T V X stage in Romance other than French is scanty though not entirely lacking»; vgl. auch Harris (1978), de Dardel (1983/84), Wanner ( 1 9 8 7 , 3 9 4 ) , A d a m s (1988) und Vanelli/ Renzi/Benincä (1985). Vgl. auch Kap. III.2.3.

413

nahm bereits im 14. Jh. ab, und die Tendenz, bevorzugt das (bekannte) Subjekt zur Prädikationsbasis zu machen, verstärkte sich. Sowohl die TVX-Strukturen als auch die Vielzahl der VS-Strukturen mit bekanntem Subjektdenotat sind nicht nur ein Zeichen dafür, daß die Wortstellung im Asp. stärker als heute zum Zwecke der diskursiven Steuerung eingesetzt werden konnte, sie belegen darüber hinaus, daß es einen Unterschied in bezug auf die Informationsdarreichung zwischen alt- und neuromanischen Sprachen gibt. Renzi beschreibt dies für das Italienische folgendermaßen: c h e in i t a l i a n o a n t i c o n o n v a l e la r e g o l a d e l l a p r o g r e s s i o n e d e l N u o v o . D e i c o s t i t u e n t i N u o v i p o s s o n o p r e c e d e r e la p a r t e D a t a . I n p a r t i c o l a r e u n s o g g e t t o p o s t v e r b a l e n o n e n e c e s s a r i a m e n t e N u o v o , c o m o i n v e c e in i t a l i a n o m o d e r n o ; [ . . . ] .

und: L'italiano

antico, a b b i a m o

constatato,

non

ha costruzioni

specializzate

per

e s p r i m e r e la c o n t r a s t i v i t ä d a u n l a t o e l ' o r d i n e D a t o / N u o v o d a l l ' a l t r o . P o s s i e d e u n a c o s t r u z i o n e in c u i u n c o s t i t u e n t e a s c e l t a p r e c e d e il v e r b o , e gli a l t r i c o s t i t u e n t i s e g u o n o , il c u i v a l o r e p r a g m a t i c o n o n e c a l c o l a b i l e i n m o d o a u t o m a t i c o . I n e s s a il f o c u s v i e n e a s s e g n a t o l i b e r a m e n t e , c i o e al c o s t i t u e n t e n o m i n a l e c h e risulti n u o v o a l l ' e s a m e d e l c o n t e s t o (1988, 132).

Dies gilt auch für das mittelalterliche Spanisch. Auf dem Weg von der mittelalterlichen Sprachstufe zur Gegenwartssprache hat sich das im Asp. noch relativ schwach ausgeprägte Prinzip «alte vor neue Information» zunehmend durchgesetzt (vgl. Kap. III.4), denn im Nsp. sind VS-Anordnungen mit bekanntem Subjekt seltener als in der frühen Sprachstufe. Außerdem können On-V-S-Strukturen mit «neuem» Objekt heute nur fokussierend-kontrastiv verwendet werden und sind daher in hohem Maße markiert. 3.2.3 Soll man die in Kap. III.3.1 gestellte Frage nach der Grundwortstellung nun dahingehend beantworten, daß das Asp. zwei dominante Anordnungsmuster hatte? Dies ist letztlich eine Frage der Auslegung 25 . Bei 25

D i e m e i s t e n n e u e r e n U n t e r s u c h u n g e n z u m A l t r o m a n i s c h e n g e h e n d a v o n aus, d a ß die A n n a h m e eines einzigen unmarkierten A n o r d n u n g s m u s t e r s den k o m plexen G e g e b e n h e i t e n nicht gerecht wird, sondern d a ß m a n v o n m e h r e r e n Linearisierungsmustern

a u s g e h e n m u ß , d i e a l l e r d i n g s u . U . in e i n e m

hierarchi-

s c h e n V e r h ä l t n i s z u e i n a n d e r s t e h e n k ö n n e n . Je n a c h t h e o r e t i s c h e m A n s a t z f ä l l t die Entscheidung für den einen oder anderen «dominant order» unterschiedlich a u s . W ä h r e n d R e n z i ( 1 9 8 9 a , 108) m e i n t : «le l i n g u e r o m a n z e a n t i c h e e r a n o ling u e d a l v e r b o a l 2° p o s t o , c o n V a r i a n t e a l i ° p o s t o » , p o s t u l i e r t d e D a r d e l ( 1 9 8 3 / 84) f ü r d a s « r o m a n c o m m u n » e i n e B a s i s a b f o l g e V S ( C ) , d i e v. a. t y p i s c h ist f ü r die « V E M » ( = v e r b e s d ' e x i s t e n c e et d e m o u v e m e n t ) u n d V d i c , mit d e n topikalisierten u n d o f t e m p h a t i s c h e n V a r i a n t e n S V C u n d C V S (vgl. auch de D a r d e l / H a a d s m a 1 9 8 3 ) . W ä h r e n d in d e n n i c h t - i b e r o r o m a n i s c h e n S p r a c h e n d i e v e r b i n i tiale G r u n d w o r t s t e l l u n g v e r d r ä n g t w u r d e , blieb die V S - A n o r d n u n g im Portug i e s i s c h e n u n d K a s t i l i s c h e n b i s h e u t e als e i n e B a s i s b e w a h r t . F ü r d a s A i t . g e h e n

414

aller Vorsicht gegenüber pauschalen typologischen Etikettierungen glauben wir, daß das Asp. in seiner frühesten Form weder eine «SVO-Sprache» 26 noch eine «VSO-Sprache» (Green 1976, 27) war 27 . Beide Linearisierungsmöglichkeiten weisen in den Chroniken des 13. Jhs. etwa die gleiche Frequenz auf (VS(O) war sogar etwas häufiger) und wurden im kategorischen Bereich oft in den gleichen Kontexten verwendet 28 . Unseres Erachtens sollte man daher davon ausgehen, daß zumindest im 13. Jh. keines der genannten Anordnungsmuster den Anspruch erheben konnte, der basic order im o.g. Sinne zu sein 29 . Erst in spätakast. Zeit entwickelte sich S V zunehmend zur dominanten und unmarkierten Anordnung, die sowohl Marcantonio (1976, 66) als auch Vanelli/Renzi/Benincä (1985) und Vanelli (1986) davon aus, daß V S ( X ) im unabhängigen Hauptsatz zwar unmarkiert ist, die Grundwortstellung letztlich aber S V ( X ) ist, obwohl sich diese A n o r d nung in reiner Form nur im N S findet. Im H S dagegen entspricht S V ( X ) einer Ä u ß e r u n g mit bewußt thematisiertem Subjekt. Z u m A i t . vgl. auch Wanner (1987, 1989; vgl. Kap. III.i). 26

So z . B . M e y e r - H e r m a n n (1991, 71; 1988a, 93: «El espanol y el frances son, inequivocamente, lenguas del tipo S V O , ya desde los tiempos de su f o r m a t i o n , y no lo son c o m o resultado de una e v o l u t i o n reciente»), und K ö r n e r (1987, 56).

27

Legt man die Greenbergschen Parameter zugrunde, sind sogenannte S V O - und V S O - S p r a c h e n ohnehin typologisch sehr ähnlich: B e i d e weisen (a) ein postverbales O b j e k t , (b) Präpositionen, (c) die A b f o l g e N G (d.h., der Genitiv steht nach dem B e z u g s n o m e n ) , (d) die A b f o l g e N A (d.h., das A d j e k t i v steht nach d e m B e z u g s n o m e n ) auf und unterscheiden sich damit deutlich von S O V . S V O kann daneben allerdings auch mit Postposition, G N und A N korrelieren (vgl. R e n z i 1980, 178 und Seiler 1975, 14). Z u m Problem der weitverbreiteten, aber typologisch in bezug auf die G r e e n b e r g s c h e n Kriterien am wenigsten «konsistenten» S V O - S p r a c h e n vgl. u.a. Oesterreicher (1989, 236), Hawkins (1983), Ineichen (1979, 135), Wanner (1987, 391), Siewierska (1988, i 4 f f . ) , Jacob (1990, 90), Mallinson/Blake (1981, 379), H e t z r o n (1980); vgl. auch Raible (1992), Bossong (1979, 81), G i v o n (1984, 203).

28

Wir erinnern uns: D i e S V - A n o r d n u n g hatte im kategorischen Bereich mehrere Funktionen. Einerseits konnte sie als A u s p r ä g u n g von T V X interpretiert werden, also als Struktur mit «topikalisiertem» S u b j e k t (was oft als Indiz dafür gewertet wird, daß V S in der frühen Sprachstufe die Grundwortstellung war), andererseits auch bereits als «neutrales» Anordnungsmuster ohne besondere B e t o n u n g des subjektalen T h e m a s (vgl. Kap. II.1.3.4).

29

A s p . würde demnach im Sinne D r y e r s (1989, 6 9 - 7 0 ) zu denjenigen Sprachen gehören, «in which it is much more difficult to isolate one order as neutral or unmarked, and in which the different orders occur with sufficient frequency that it is difficult if not impossible to isolate one order as the dominant one. [...] I suspect that w h e r e frequency differences are sufficiently small, it is probably better to say that the language lacks a basic word order. But the question then arises how great a difference in frecuency is necessary in order to justify saying that the m o r e frequent order is basic. T h o u g h any decision is necessarily an arbitrary division in what is really a continuum, I will assume in this paper that where one order is twice as frequent as any other order that is sufficient basis for treating the order as basic». Speziell zum A s p . vgl. die B e m e r k u n g von B l a k e (1992, 295): «Dentro de este contexto seria muy arriesgado llegar a

415

gegebenenfalls als neutrales Glied der Opposition auch thetische Inhalte kodieren konnte, wenngleich sich V S in diesem Bereich bis heute behaupten konnte. Angesichts dieser Überlegungen fragen wir uns auch, ob Wanners Feststellung, daß die altromanischen VS-Strukturen eine markierte Variante der allen frühromanischen Sprachen gemeinsamen Grundwortstellung S V O war, uneingeschränkt zugestimmt werden kann: Neither Late Latin nor (Old) Romance ever developed any of the constitutive features of real V S O typology. In fact, the frequent presence of verb initial structures mainly in Old Romance [...] is only one of the many possible exponents of S V O typology in the form of a marked constituent order (1987, 390)

und: Both phases, Old Romance and later developments, belong to the SVO-type (1987, 429)3».

Für die späteren Texte gilt dies sicherlich, in den alfonsinischen Texten (und auch in den spätlateinischen Texten, vgl. Selig 1989, 1992) scheint uns die VS-Anordnung (mit ihren auch in anderen altromanischen Sprachen belegten «topikalisierten» Varianten SV(X), OV(X)/AV(X)) zumindest in einigen Textpassagen ebenfalls noch unmarkiert zu sein 31 . Was spricht gegen die Annahme zweier koexistenter Linearisierungsmuster im Akast. und die Feststellung, daß die beiden Anordnungstypen zumindest im kategorischen Bereich oft noch synonym verwendet werden konnten?

3.3 Zur Frage nach einer «VSO-Zwischenphase» Diese Beobachtungen zur Satzgliedanordnung im 13. Jh. können, so glauben wir, auch zur Klärung der Frage beitragen, ob das Spanische und die romanischen Sprachen im allgemeinen in ihrem frühen Stadium eine Phase durchlaufen haben, in der verbinitiale Strukturen in narrativen Texten dominierten, so wie es insbesondere Bossong (1984a) (in Anlehnung an Givon) und Renzi (1980) vermuten 32 .

30

31

32

conclusiones definitivas sobre el orden canonico del sujeto para el espanol moderno y ni pensarlo para el espanol antiguo». Für das Asp. räumt Wanner in einem Beitrag von 1992 allerdings ein: «it is not evident what position can be claimed as basic for a formal account, and unmarked for typological purposes» (1992, 350). Dieses Verhältnis der beiden Satzgliedanordnungen drückt sich, wenngleich recht pauschalisierend, auch in den entsprechenden Zahlenverhältnissen aus. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die quantitativen Auswertungen unserer Daten in den Kap. II.i, II.2 und II.3. D a ß im Asp. arabischer Einfluß vermutlich allenfalls verstärkende, aber keine auslösende Wirkung in bezug auf die Vielzahl von VS-Strukturen in den frühen Texten hatte, darauf haben wir bereits in den Kap. II.1.1.2 und II.1.5 hingewiesen.

416

Hypothetischer Ausgangspunkt der im engeren Sinne spanischen Sprachgeschichte ist die reine Zentrifugalität (VSO). Im Verlauf seiner [des Spanischen, I. N.-H.] dokumentierten Sprachgeschichte hat der Anteil an VS-Konstruktionen stetig abgenommen (Bossong 1984a, 110). Ä h n l i c h sieht es a u c h G i v o n , d e r seine nicht speziell auf das S p a n i s c h e b e z o g e n e A u s s a g e allerdings v o r s i c h t i g e r f o r m u l i e r t : My own observation at this point is simply that somewhere between S O V and S V O as stable, grammaticized word-order strategies, a high frecuency of . . . V S . . . syntax seems to crop up, sometimes fully grammaticized as V S O or V O S , sometimes as , or what have you. (1977, 248) und: I think there is an excellent possibility that Romance has gone through a stage of ... V S . . . syntax, the strong mark of which remains to this day in Spanish, Portuguese, Italian and Romanian (ibid., 249)33. E s gibt n u n in d e r Tat a u c h aus a n d e r e n S p r a c h f a m i l i e n B e i s p i e l e f ü r s o l c h e Z w i s c h e n p h a s e n . R e n z i v e r w e i s t u n t e r B e r u f u n g auf

Havränek

(1968) auf die slavischen S p r a c h e n 3 4 , G i v o n f ü h r t z . B . die s e m i t i s c h e n u n d k e l t i s c h e n s o w i e v e r s c h i e d e n e nilotische S p r a c h e n an, w o b e i er allerdings zugibt, d a ß «the s e e m i n g l y incipient r e c u r r e n c e of V S syntax as a stable, g r a m m a t i c a l i z e d stage [...] o r as a probabilistic p h e n o m e n o n at t h e p h a s e w h e n a n S O V l a n g u a g e b e c o m e s g r a m m a t i c a l l y unstruck>, rem a i n s t o b e e x p l a i n e d » ( 1 9 7 7 , 242). N a c h G i v o n u n d B o s s o n g m u ß m a n sich die E n t w i c k l u n g im R o m a n i s c h e n f o l g e n d e r m a ß e n v o r s t e l l e n : D e m «Prinzip der s e q u e n t i e l l e n L i n e arisierung» g e m ä ß e n t w i c k e l t sich aus d e r l i n k s l ä u f i g e n

(S)OV-Anord-

n u n g z u n ä c h s t die a n a l o g e r e c h t s l ä u f i g e A n o r d n u n g V S O o d e r V O S , das V e r b steht also j e w e i l s in d e r E x t r e m p o s i t i o n rechts o d e r links v o n d e n A r g u m e n t e n . N u n sind a b e r speziell V S O - S p r a c h e n , die meist a u c h in b e s t i m m t e n K o n t e x t e n die S V - S t e l l u n g z u l a s s e n 3 5 , n a c h B o s s o n g t y p o l o 33

34

35

Vgl. Renzi (1980, 177-178): «Questi elementi mostrano che, se si puo dire che dal latino alle lingue romanze si e operato un passaggio da SOV a SVO, questo e avvenuto attraverso la fase VSO». Havränek (1968, 13) selbst schreibt bezüglich der VSO-Anordnung: «Ici, il s'agit seulement du fait, que dans les phases anciennes des langues slaves, on est relativement sür de pouvoir supposer l'existence de ce type qui est bien justifie partiellement en vieux-russe et dans les vieilles langues slaves meridionales, bien que je ne veuille pas affirmer que lä aussi c'etait le type exclusif». Seiler (1975, 13) bemerkt zu den VSO-Sprachen, «daß V S O in diesen Sprachen die dominante Wortstellung ist. Dominanz bedeutet nicht Überragen in der Frequenz, noch ausschließliches Vorkommen. Es kann sehr wohl der Fall sein, daß in den betreffenden Sprachen auch eine Stellung S V O möglich ist. In der Tat hat sich gezeigt, daß in dem Greenbergschen sample alle Sprachen mit V S O auch S V O als Alternative zulassen. Die Stellung V S O ist aber dominant, weil sie ohne weitere Bedingungen vorkommt, während die alternative Stellung S V O nur dann möglich ist, wenn bestimmte weitere Bedingungen erfüllt sind»;

417

gisch l a b i l e S p r a c h e n , d a sie e i n e V e r l e t z u n g d e s als u n i v e r s e l l b e t r a c h t e ten « P r i n z i p s d e r p r a g m a t i s c h e n L i n e a r i s i e r u n g » d a r s t e l l e n 3 6 . E s k a n n dah e r d e r Fall e i n t r e t e n , d a ß die S V X - V a r i a n t e , d i e u r s p r ü n g l i c h lediglich zur B e t o n u n g d e s S u b j e k t s d i e n t e , d e m z w e i t e n P r i n z i p g e m ä ß g e n e r a l i siert w i r d u n d d a ß n u n die S t r u k t u r e n mit V e r b i n i t i a l s t e l l u n g a u f b e stimmte K o n t e x t e beschränkt bleiben. W ä h r e n d S O V und V S O die idealtypologischen Linearisierungsalternativen nach syntaktischen

Gesichts-

p u n k t e n d a r s t e l l e n ( B o s s o n g 1 9 8 2 a , 1 9 8 4 a ) , ist S V O i d e a l t y p i s c h n a c h pragmatischen Gesichtpunkten. N a t ü r l i c h ist d i e s e s M o d e l l d e r S p r a c h e n t w i c k l u n g i m B e r e i c h

der

S a t z g l i e d a n o r d n u n g nicht u n w i d e r s p r o c h e n g e b l i e b e n . Z u l e t z t hat u.W. M e y e r - H e r m a n n ( 1 9 9 1 ) d i e s e A u f f a s s u n g g a n z e n t s c h i e d e n a b g e l e h n t , ind e m e r z u m e i n e n auf die U n b e w e i s b a r k e i t e i n e r s o l c h e n Z w i s c h e n s t u f e f ü r das A s p . verweist und zum anderen angesichts der seiner Ansicht n a c h g a r nicht s o k l e i n e n Z a h l v o n V S - S p r a c h e n die U n i v e r s a l i t ä t d e s «Prinzips der pragmatischen Serialisierung» anzweifelt ( 1 9 9 1 , 9 7 - 9 9 ) 3 7 . W a s d i e s e s P r i n z i p a n b e l a n g t , f r a g t M e y e r - H e r m a n n nicht g a n z u n b e r e c h tigt: « W o m i t ist d a s W i r k s a m w e r d e n d e s P r i n z i p s d e r p r a g m a tischen L i n e a r i s i e r u n g zu e r k l ä r e n ? W a r u m hat d a s P r i n z i p d e r p r a g m a t i -

36

37

ein Beispiel für eine VSO-Sprache mit einer markierten SV-Anordnung ist die südamerikanische Indianersprache Yagua (vgl. Payne 1990). Vgl. Bossong (1979b, 81): «Der Grund für die fundamentale und unumgehbare Instabilität einer rechtsläufigen Sprache ist der bereits mehrfach erwähnte Konflikt zwischen der ersten und der zweiten Komponente, das heißt, zwischen der Tendenz, alle Nominalargumente rechts vom Verbum zu piazieren einerseits und der Tendenz zur Voranstellung des Themasubjekts andererseits». Die A n zahl der verbinitialen und speziell der sogenannten VSO-Sprachen ist weltweit in der Tat relativ klein. Tomlin (1986, 2 1 ) ermittelt 1 1 % (im Vergleich dazu SOV: 4 5 , 8 % , SVO: 41,5 %). Myhill (1985, 1 8 1 ) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 1 0 % ; Mallinson/Blake (1981, 148) nennen die Zahl von 9 % für V S O Sprachen. Vgl. auch Siewierska (1988, i4ff.), Lazard (1990, 243) und Ulrich (1985, 2 1 ) , die die von Dik (1978) ermittelte Zahl von 21 % für VS-Sprachen zitiert. Die Untersuchung von Keenan (1978) hat gezeigt, daß zwischen 8 0 90 % der Sprachen der Welt die S V O bzw. SOV-Anordnung als «dominante», unmarkierte Grundwortstellung haben mit dem Subjekt in satzinitialer Position; so auch Mallinson/Blake ( 1 9 8 1 , 148). Siehe auch unser Kap. I.i. Ähnlich argumentiert auch Sasse (1977, 92): «Letztlich gibt es aber doch so viele VSO-Sprachen auf der Welt, daß man streng genommen nicht eigentlich von Unbeliebtheit sprechen kann, sondern nur von einer gegenwärtigen prozentualen Unterlegenheit. Wäre VSO-Stellung tatsächlich unbequem, so würde man erwarten, daß sie (in den seltenen Fällen, wo sie entsteht) schleunigst wieder abgebaut wird, was nachweislich nicht der Fall ist. Verbinitiale Wortstellung, wie sie im Philippinischen üblich ist, ist möglicherweise ein Charakteristikum von Sprachen, die weder subjektprominent noch topicprominent sind». Z u m Cebuano, das sowohl Merkmale einer topik- als auch einer subjektprominenten Sprache hat, vgl. Shibatani (1991). Nach Green (1976, 27) und den Vertretern der generativen Grammatik (vgl. Kap. III .4) hatte das Spanische immer den Status einer VS-Sprache. 418

sehen Linearisierung nicht verhindert, daß sich ein mittelalterliches Spanisch herausgebildet hat, in dem die VS-Abfolge (nach Bossong) die dominierende war?» (1991, 98). Seine Gegenargumentation, die darauf basiert, daß die nachgestellten Subjekte in der Regel nicht-thematisch waren und von daher das «Prinzip der pragmatischen Linearisierung» auch gar nicht hätte greifen können (es liegt ja keine Verletzung der Thema-Rhema-Abfolge vor), ist allerdings insofern nicht ganz stimmig, als er an anderer Stelle feststellt, «daß postverbale Subjekte zu 7 4 % in der Crönica das Merkmal haben» (1991, 91 und 93), was zwar mit Thematizität nicht deckungsgleich ist, aber dennoch dazu in einer deutlichen Affinitätsbeziehung steht. Wir werden in Kap. III.4 auf mögliche Wege des Sprachwandels in diesem Bereich eingehen. Obwohl unsere Daten zeigen, daß die Verbinitialstellung in der Tat, so wie es Bossong (1984a) konstatiert, im 13. Jh. quantitativ überwog, sollte man unseres Erachtens bei der Behauptung - und sei sie noch so hypothetisch formuliert - , es habe eine VSO-Zwischenphase gegeben, dennoch vorsichtig sein und die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Konstruktionsmuster im Verlauf der Sprachgeschichte nicht überbewerten 38 . Auch wenn es aus theoretischen Gründen plausibel erscheint, daß der Wandel von S O V zu S V O nicht ohne die Zwischenstufe V S O verlaufen ist, sollte man eher davon ausgehen, daß das Asp. zu den, wie es Myhill (1985) nennt, «VS/SV-languages» gehört. D.h., es handelt sich um eine Sprache «with varying frecuencies of V S and SV order» (178), in der beide Serialisierungsmuster einerseits bestimmte (oft komplementäre) Funktionen haben, andererseits in bestimmten Äußerungstypen aber auch alternieren können 39 . Nun behaupten allerdings weder Givon (1977, 241-242) noch Bossong, daß es im Romanischen zu irgendeiner Zeit eine Phase gegeben hat, wo V S ( O ) das einzig mögliche Wortstellungsmuster war, da es neben V S immer eine «topikalisierte» Variante SV gab (Bossong 1984a, 107). Dies ist richtig, und wir glauben daher sagen zu können, daß man bei allen Vorbehalten gegenüber einer Phase der «reinen Zentrifugalität» zumindest davon ausgehen kann, daß im Spanischen die Entwicklung nicht direkt von S O V zu S V O verlief, was ja auch die Untersuchungen Wanners bestätigen. Zum Nsp. hin entwickelt sich S V ( O ) zwar zum dominanten Wortstellungsmuster in Äußerungen mit explizitem Subjekt, die VS-Stellung ist allerdings nach wie vor die wichtigste Anord38

39

V g l . auch Wanner (1992, 353): «The V S O order can be seen as a stylistic phenomenon in certain registers and in particular for certain periods. It appears with insistence in the late 13th-century chronicles [...] and predominantly in the 14th century in all genres». V g l . auch oben Kap. III.3.2. Ä h n l i c h stellt auch Wanner (1989) die Situation im A i t . dar (vgl. Kap. III.2.1). Eine reine V S O - P h a s e ist auch für das Spätlatein nicht nachzuweisen (vgl. Wanner 1987, 390), allerdings waren verbinitiale Strukturen häufig.

419

n u n g im t h e t i s c h e n B e r e i c h u n d ist als stilistische V a r i a n t e a u c h in k a t e g o r i s c h e n Ä u ß e r u n g e n n o c h d u r c h a u s l e b e n d i g (vgl. K a p . III.4.2). A u f d e m v o n M y h i l l (1985) p o s t u l i e r t e n K o n t i n u u m v o n r e i n e n V S - S p r a c h e n ü b e r VS/SV-Sprachen

z u S V - S p r a c h e n , w ü r d e n s o w o h l das A s p . als

auch,

w e n n g l e i c h auf d e m K o n t i n u u m w e i t e r in R i c h t u n g S V v o r g e r ü c k t , das Nsp. in d i e s e n m i t t l e r e n B e r e i c h g e h ö r e n , w i e m a n es j a a u c h aus B o s songs Feststellung schließen kann: Hierbei gilt grundsätzlich, daß das Spanische zu allen Zeiten, von den ältesten Dokumenten bis heute, die Stellungstypen SV und V S im Aussagesatz als mögliche und oft ohne direkt erkennbaren Unterschied gebrauchte Varianten kennt (1984a, 95-96) 4 0 . In A n b e t r a c h t d i e s e r F a k t e n sollte m a n sich b e z ü g l i c h der « V S O - P h a s e » d e m Vorschlag Renzis anschließen: Forse l'approfondimento piü proficuo sarebbe a questo punto quello che cercasse di stabilire con piü precisione i rapporti tra V S O e SVO, provando a definirli come sottotipi, forse mettendoli in rapporto con il concetto di fräse tetica, denn postulare per le lingue romanze un passaggio intermedio, cioe una trafila S O V > V S O > SVO, puö sembrare piuttosto complicare que semplificare le cose (1980, 179 ) 4 '.

3.4 Subjektprominenz im Altspanischen V o n d e m p o s i t i o n s t y p o l o g i s c h e n A n s a t z nicht z u t r e n n e n ist die v o n Li/ Thompson (1976) v o r g e n o m m e n e Unterscheidung von ten bzw. topikprominenten

subjektprominen-

S p r a c h e n . W i r m ö c h t e n uns d a h e r im f o l g e n -

den fragen, inwieweit der typologische Parameter der

Subjektprominenz

z u r e r g ä n z e n d e n C h a r a k t e r i s i e r u n g d e s A s p . b e i t r a g e n k a n n . D i e folg e n d e D e f i n i t i o n ü b e r n e h m e n wir v o n Sasse (1982, 2 6 8 - 2 6 9 ) : Die topicprominente Sprache besitzt ein Topic als syntaktischen Beziehungsbegriff, der als 1:1 Ausdrucksmittel für die pragmatische Relation T O P I C steht. Dieses Topic ist frei verfügbar; es ist nicht auf bestimmte, mit dem Verb valenzmäßig verbundene semantische Rollen festgelegt, ja es braucht nicht einmal notwendigerweise ein Argument des Verbs zu sein. [...]. Demgegenüber setzt 40

41

Seine Prozentangaben für das Asp. mögen dabei allerdings in der Tat, wie es Meyer-Hermann (1991) moniert, zu idealtypisch sein. Vgl. auch Terker (1984, 283): «Pragmatically alternating SV/VS is common to a wide range of languages which have developed from earlier SOV, among them Swahili, Russian, Hebrew and Spanish», und Fanselow (1987, 122). Vanelli (1986, 267) ist hier deutlicher. Die Tatsache, «di non trovare V (non inaccusativo) S, in particolare nelle subordinate» spricht ihrer Ansicht nach klar gegen eine VSO-Phase. 420

die subjektprominente Sprache als Ausgangspunkt ein funktional viel diffuseres «Subjekt», das viel deutlicher in die Syntax eingebunden ist als das Topic. D e r Satz gliedert sich hier also nicht in Topic und Comment sondern in (grammatisches) Subjekt und (grammatisches) Prädikat. [...]; während der topicprominente Satz eine Aussage an einem x-beliebigen Element aufhängen kann, ist der subjektprominente Satz meist gezwungen, die Subjektwahl auf einen der obligatorischen Mitspieler des Verbs zu beschränken 42 . W ä h r e n d Sprachen wie z.B. das Englische die Kategorie Subjekt in vollem U m f a n g grammatikalisiert haben, d.h. also ausnahmslos subjektprominent sind, ist diese Kategorie in anderen Sprachen weniger deutlich ausgeprägt, d.h., es gibt, wie es Sasse ( 1 9 8 2 , 2 7 6 ) formuliert, « G r a d e von Subjektprominenz». W ä h r e n d die Wortstellung in subjektprominenten Sprachen grammatikalisch distinktive Funktion hat, funktioniert sie in topikprominenten Sprachen nach der T h e m a - R h e m a - G l i e d e r u n g 4 3 . N u n besteht kein Z w e i f e l darüber, daß das Spanische seit den ersten Zeugnissen zum Typus der subjektprominenten Sprachen gehörte, denn bis auf wenige Ausnahmen haben spanische Sätze ein Subjekt, das immer auch ein A r g u m e n t des Verbs ist und mit diesem kongruiert 4 4 . M a n kann sich allerdings fragen, ob A l t - und Neuspanisch auf dem gleichen Punkt der von Li/Thompson postulierten Skala zwischen den beiden idealtypologischen Extrempunkten topikprominent

und subjektprominent

anzusie-

deln sind 4 5 . Zunächst - als Kontrastfolie - ein Blick auf das Nsp. Dieses 42

43

44

45

Vgl. auch Chafe (1976, 51): «In brief, topics (in topic-prominent languages) are not so much as . Li/Thompson (1976, 462) zitieren dazu ein Beispiel aus dem Lahu: This field (topic), the rice is very good. Siehe dort auch die Kriterien zur Bestimmung von «Topik-Prominenz». Vgl. auch Shibatani ( 1 9 9 1 ) für eine Definition von im Vergleich zu sowie unsere Ausführungen in I.i. Vgl. auch Jacob (1990, 34), der wie in Anm. 10 dieses Kapitels angeführt, auch in bezug auf die Konstituentenabfolge von einem Arbitrarietätsprinzip ausgeht: «viele Sprachen benutzen die lineare Anordnung primär zur Bezeichnung von Thematizität und Rhematizität (wie das Lateinische und Deutsche), andere primär zur Bezeichnung von Aktantenfunktionen (wie das Französische oder Englische) oder für beides». Letzteres trifft u.E. auf das Spanische zu. So stellt es auch Vanelli (1986, 266) für das Ait. fest: «Ma non ci sono argomenti per sostenere che l'it.a. sia topic prominent. Esso in realtä presenta tutte le caratteristiche che sono associate alle lingue subject prominent: ad. es. in it.a. quello che definiamo S e sempre un argomento selezionato dal V, c'e l'accordo tra S e V, il S puö mancare ο essere riempito da un pleonastico, e il S che regola ad es. la coreferenza del riflessivo, cosi come gioca un ruolo prominente nella trasformazione passiva». Auch Li/Thompson (1976, 459) weisen darauf hin, daß sich Subjekt- und Topikprominenz nicht ausschließen: «However, this is not to say that in T p languages, one cannot identify subjects, or that Sp languages do not have topics. In fact, all the languages we have investigated have the topic-comment construction, and although not all languages have the subject-predicate construction, there appear to be ways of identifying subjects in most T p languages». 421

gehört u.a. aufgrund der folgenden, von Li/Thompson (1976) und Sasse (1982, 276) angeführten Kriterien zu den subjektprominenten Sprachen, insgesamt ist aber der Grad an Subjektprominenz schwächer ausgeprägt als z.B. im Französischen oder Englischen. Für eine Klassifikation als subjektprominente Sprache sprechen: -

Ist der E A eines Verbs das grammatische Subjekt, wird dieses obligatorisch als Nominativ kodiert; - zwischen Subjekt und Verb besteht Kongruenz; - das Subjekt steht in der Mehrzahl der Fälle an satzinitialer Stelle, allerdings werden zur Signalisierung eines neu eingeführten Subjekts die pragmatischen Kodierungseigenschaften in der Regel geändert, und es wird die «thetische» VS-Anordnung bevorzugt. Z u diesem letzten Punkt muß allerdings angemerkt werden, daß Subjektinitialstellung bei Li/Thompson kein Kriterium für Subjektprominenz ist 46 . Nun ist es aber so, daß subjektprominente Sprachen nicht nur dazu tendieren, das Satzthema auch subjektal zu kodieren (vgl. Givon 1979c, 84: «Although it is true that subjects in discourse are M O S T C O M M O N L Y also the topic, there is probably a residue of between 1 0 - 2 0 % in which the topic does not coincide with the grammatical subject»), sondern, so Sasse, daß solche Sprachen, deren Syntax über einen gewissen Grad an Subjektsensitivität hinausgeht, offenbar auch subjektinitial sind. In unserem Zusammenhang ist weiter von Bedeutung, daß es offenbar keine stark subjektprominente Sprache gibt, die einem verbinitialen Stellungstyp angehört. [...] Die Pragmatisierung der primären grammatischen Relation (d. h. der verstärkte TOPIC-Charakter des Hauptpartizipanten) findet also auch in der Wortfolge ihren Niederschlag (Sasse 1982, 2 7 7 - 2 7 8 ) .

D.h. letztlich, daß das Ausmaß, mit dem eine Sprache die satzinitiale Position mit dem Subjekt besetzt, offensichtlich doch als Gradmesser für die Subjektprominenz gewertet werden kann. «Die Wortstellung konsolidiert sich in dem Maße, wie die Subjektprominenz fortschreitet. Der Weg führt meist über T V X zu SVO, wobei die rigide SVO-Folge sich offenbar erst nach völliger Desemantisierung der Objektsrelation einstellt» (Sasse 1982, 284)47. Als Beispiele dafür, daß im Nsp. die präverbale Position keineswegs immer mit einem Nominativsubjekt besetzt werden muß - ein Indiz für 46

47

«The reason that the topic but not the subject must be in sentence-initial position may be understood in terms of discourse strategies. Since speech involves serialization of the information to be communicated, it makes sense that the topic, which represents the discourse theme, should be introduced first. The subject, being a more sentence-oriented notion, need not receive any priority in the serialization process» (1976, 465). In diesem Zusammenhang ist auch der vielzitierte Satz von Li/Thompson «Subjects are essentially grammaticalized topics» (1976, 484) zu sehen. Vgl. auch Geisler (1982, 157): «Die zunehmende Subjektprominenz führt zu einer Grammatikalisierung der ehemals diskursfunktional möglichen Verbzweitstellung».

422

schwächer ausgeprägte Subjektprominenz seien folgende Faktoren genannt: - eine Reihe unpersönlicher Konstruktionen ohne Formalsubjekt (dummy subject); - keine obligatorischen Subjektpronomina; - subjektlose und unpersönliche Reflexivkonstruktionen. Die Unsicherheit über den Status der jeweiligen N P - Subjekt und Objekt erscheinen in diesem Kontext als relativierte Größen - begünstigt in diesen Konstruktionen die VS-Tendenz und kann als weiteres Symptom für die Minderung der kategorialen Eigenständigkeit des Subjekts gewertet werden (vgl. Kap. I.2.4.1,1.2.4.2 und Körner 1987, 158). - VS-Konstruktionen mit der Struktur E x p - V - E A vom Typ me gusta la cerveza . Um mit Sasse (1982, 282) zu sprechen, ist die primäre grammatische Relation im Nsp. also noch nicht hundertprozentig pragmatisiert 48 . Was demgegenüber das Asp. anbelangt, so gelten die für das Nsp. genannten Punkte natürlich auch für die frühe Sprachstufe. Unseres Erachtens kommen aber noch eine Reihe weiterer Faktoren hinzu, die darauf hindeuten, daß der Grad der Subjektprominenz im Asp. insgesamt niedriger ist als im Nsp. Dieser Gedanke müßte natürlich von einer detaillierten typologischen Analyse des Spanischen im einzelnen vertieft werden, wir belassen es hier bei zugegebenermaßen relativ vorläufigen Beobachtungen: - Typisch für subjektprominente Sprachen ist nach Sasse die Reduktion der subjektalen Kodierungseigenschaften, zu denen ja auch die Initialstellung gehört, immer dann, wenn die Einführung eines neuen Subjekts signalisiert werden soll. Dies betrifft den Großteil der thetischen Äußerungen im Alt- und Neuspanischen mit Verbvoranstellung. Wesentlich häufiger als im Nsp. können diese Kodierungseigenschaften im Asp. auch dann reduziert werden, wenn das Subjekt nicht neu ist, man denke an die zahlreichen dezentriert-kategorischen Äußerungen. Von einem Automatismus zwischen semantischer Agensrolle, hohem Bekanntheitsgrad des Subjekts sowie obligatorischer Subjektposition vor dem Prädikat kann im Asp. nicht die R e d e sein. - Typisch für die asp. VS-Konstruktionen v. a. im thetischen Bereich sind Kongruenzschwächen vom Typ: Ε ha tergera noche aparesgio al Papa 48

Vgl. Sasse (1982, 280): «Diese Tendenz [zur Subjektprorainenz, I. N . - H . ] setzt sich in den weiteren Stadien der Entwicklung der europäischen Hauptsprachen fort. A m spürbarsten ist sie im Zentrum Englisch-Französisch, so daß die Annahme einer gegenseitigen Beeinflussung naheliegt [...], schwächer ausgeprägt in den peripheren Gebieten, doch mit Phasenverschiebung und individuellen Variationen überall erkennbar». So ähnlich formuliert es auch Lazard (1990, 246): «L'un des traits les plus caracteristiques, quoique peu remarque, de la plupart des langues europeennes est l'extension de la fonction de sujet».

423

dos omes (1344, 87, 9), die auf mangelnde Eigenständigkeit der Kategorie Subjekt hindeuten (vgl. auch England 1976). - Umthematisierungen können im Asp. durch bloße Umstellungen erfolgen. Dabei kann die satzinitiale Konstituente auch im unmarkierten Fall das Merkmal [-vorerwähnt] haben, und die syntaktische Einbindung des thematisierten Objekts war auch in der geschriebenen Sprache nicht zwingend (vgl. Kap. II.5). Im geschriebenen Nsp. hingegen werden in solchen Fällen in der Regel bestimmte Fokussierungs- bzw. Rhematisierungstechniken angewendet, die, wie z.B. die Passivtransformation, das Satzthema (im Sinne von Prädikationsbasis) als Subjekt erscheinen lassen49. - Im Asp. gibt es eine Reihe von verbalen Ausdrücken ohne Argument im Nominativ und ohne verbale Subjektkonjugation, die darauf hindeuten, daß die nominativische Subjektkonstruktion hinter das Thema-Rhema-Prinzip zurücktreten konnte. Beispiele sind zweiwertige Impersonalia vom Typ: Al conde plogo de lo que Patronio le dixo (Luc, 86). Bereits im Asp. gab es daneben allerdings analoge Konstruktionen, in denen die eine oblique Komponente durch einen Nominativ ersetzt wird: Al conde plogo esto mucho (Luc, 84). Im Vergleich zum Nsp. hatte die Kategorie «Subjekt» auf der syntaktischen Ebene also offensichtlich im Asp. einen verminderten Stellenwert, was auf eine größere Bedeutung der pragmatischen Funktion «Thema» in der frühen Sprachstufe schließen läßt50.

49

Umthematisierungen gehören zu den wichtigsten syntaktischen Operationen in einer subjektprominenten Sprache, es scheint jedoch so, «daß im Stadium fortgeschrittener Subjektprominenz die Verbindung des topikalen Status mit subjektaler Kodierung so stark internalisiert wird, daß der Sprecher sich mit einer bloßen Umstellung nicht mehr zufrieden gibt» (Sasse 1982, 2 8 2 - 2 8 3 ) . Bezüglich der Entwicklung Lateinisch —» Romanisch merkt Oesterreicher (1991, 373) an, daß hinsichtlich der morphosyntaktischen Hierarchisierung der nominalen Aktanten (mit dem Subjekt an der Spitze der Hierarchie), die Entwicklung vom Lateinischen zum Romanischen als «Verstärkung der Subjektprominenz» bzw. als «Verstärkung der Akkusativität» charakterisiert werden kann. Z u r Hierarchie der Aktantenrepräsentationsformen vgl. auch Koch (1981).

50

So ähnlich sieht es auch Meyer-Hermann (1991, 99): «stattgefunden hat vielmehr - auch wenn mittelalterliches Spanisch keine VS-Sprache gewesen ist, eine Zunahme der Subjektvoranstellungen ist dennoch festzustellen - eine stärkere Konzentration auf das Subjekt als die syntaktische Funktion, die links vom Verb die Themafunktion übernimmt, und vermutlich gekoppelt damit bzw. parallel dazu eine Abnahme anderer syntaktischer Funktionen in Topik-Position». Ähnliches konstatiert Ludwig (1996) übrigens für die französischen Kreolsprachen, in denen ebenfalls die syntaktische Subjekt-Obligatorik hinter das Thema-Rhema-Prinzip zurücktritt und die von daher in höherem Maße als das Französische «Thema-Sprachen» sind. Ludwig weist ferner darauf hin, daß die Kategorie Subjekt auch in der ontogenetischen Entwicklung zunächst nur

424

3-5 Syntaktischer und pragmatischer Modus im Altspanischen Wie verhält sich das Asp. nun hinsichtlich der beiden von Givon etablierten Parameter pragmatic und syntactic mode, die er als die typischen Ausprägungen der menschlichen Kommunikation ansieht? Die zugrundeliegende These Givons (1979c, 97-98) ist bekanntermaßen, daß Sprachen im Laufe ihrer Geschichte syntaktisch zunehmend komplexer werden, wobei pragmatisch bedingte Strukturen graduell durch festere, syntaktische Strukturen ersetzt werden 51 . In diesem Zusammenhang weist Givon mit Recht darauf hin, daß sich gesprochene Sprache («informal speech») von geschriebener Sprache («formal speech») deutlich im Grad der Ausprägung des syntaktischen Modus unterscheidet. Nun hat das Spanische, soweit es schriftlich überliefert ist, sicherlich immer eher den syntaktischen als den pragmatischen Modus repräsentiert, allerdings können wie bei dem Parameter «Subjektprominenz» auch hier wieder Gradunterschiede nicht nur zwischen Alt- und Neuspanisch, sondern auch innerhalb der ältesten Phase des Spanischen selbst festgestellt werden 52 . Betrachten wir dazu zwei der von Givon angeführten Parameter und fragen nach der Relevanz für das Asp. 3.5.1 Thema-Rhema-Anordnung vs. Subjekt-Verb-Anordnung Hier kann im Prinzip wiederholt werden, was wir bereits im Zusammenhang mit dem Faktor «Subjektprominenz» und der Frage nach der Grundwortstellung im Asp. erwähnt haben: (a) Es gab im frühen Asp. (von dem die alfonsinischen Texte ja nur ein sehr approximatives Bild liefern!) größere Freiheiten bei der katego-

51

52

sehr schwach ausgeprägt ist (S. 4i4ff·). Vgl. auch Koch (1985) und Mahlau (1991, 82-83). Givon spricht von diachronischen Prozessen, «by which loose, paratactic, P R A G M A T I C discourse structures develop - over time - into tight, G R A M M A T I C A L I Z E D syntactic structures» (1979c, 82-83). Z u dem Kriterienkatalog vgl. Givon (1979c, 98). Hopper (1986, 125) spricht in Anlehnung an Givon von Grammatik «as a rather random and disconnected set of regularities which have emerged from discourse over time and are continually in a process of sedimentation (grammaticization), fossilization, and perhaps disappearance». Vgl. auch W. Lehmann (1976), Geluykens (1989) und Shibatani (1991). Vgl. zu diesem Thema auch Kap. III.4.3.2. Es ist jedoch anzunehmen, daß eine genauere Untersuchung der Zeit zwischen dem 8-/9. Jh. und 13. Jh. hier zu differenzierteren Aussagen führen wird. Fleischman (1991, 278) weist im Zusammenhang mit dem Übergang von T V X zu S V O im Französischen auf einen sehr wichtigen Aspekt hin, der auch für das frühe Iberoromanische u.W. bislang nicht berücksichtigt worden ist: «In particular, it would be of interest to probe the extent to which the word-order shift from T V X to S V X , one facet of a more general drift from pragmatically driven grammar to a grammar more narrowly constrained by formal categories, correlates with the overall move from orality to literacy».

425

rialen Besetzung der pragmatischen Funktion Thema (im Sinne von Prädikationsbasis); ab dem 14. Jh. wird die TVX-Anordnung im Bereich der Äußerungen mit zwei Aktanten graduell durch die SVOAnordnung ersetzt. Dies bedeutet, daß das, was Thema ist, nicht mehr ausschließlich von pragmatischen, sondern von syntaktischen Bedingungen geregelt wird; mit anderen Worten: Die «Topic-Comment»-Anordnung wird zunehmend zugunsten der syntaktischen Struktur Subjekt-Prädikat aufgegeben, ohne daß diese im Nsp. vollständig grammatikalisiert ist. (b) In diesen Zusammenhang gehören auch die bereits in Kap. II.5.3 erwähnten kasusfreien Linksherausstellungen sowie die Subjektisolierungen, die v. a. in den frühen akast. Texten sehr häufig waren. Nach Shibatani (1991, 98-99) sind solche Isolierungen typische Kennzeichen für topics; man sollte daher hier vielleicht eher von «ThemaIsolierungen» sprechen, die in jedem Fall darauf hindeuten, daß im Asp. die pragmatische Funktion «Thema» Vorrang hatte vor der grammatischen Funktion der jeweiligen Satzkonstituente. Diese Konstruktionen deuten auf Dreierlei hin. Erstens: Das Asp. war auch in der geschriebenen Sprache weniger starken Restriktionen unterworfen als spätere Sprachstufen. Zweitens: Die satzinitiale Position wurde nicht in erster Linie vom Subjekt, sondern vom Thema, das eine beliebige Konstituente sein konnte, besetzt (von den verbinitialen Strukturen sei hier einmal abgesehen), und drittens: Die Verknüpfung der Konstituenten auf satzgrammatischer Ebene war aufgrund der fehlenden Kasuskongruenz oft weniger eng 53 . Körner (1987, 129) korreliert die größere Neigung des Asp. zum nominativus pendens folgerichtig mit einer geringeren Neigung zum redundanten Objektpronomen und zum präpositionalen Akkusativ, beides Phänomene, die im Sinne Givons zum syntactic mode zu rechnen wären. Durch den zunehmenden Ausbau und die damit einhergehende Festigung der Sprache im Laufe des Hoch- und Spätmittelalters werden diese von Badia Margarit (i960) auch für den Cid konstatierten Merkmale einer «sintaxis suelta» in den Texten seltener (vgl. Kap. II. 1.1.3). Im Nsp. sind sie weitgehend auf den Bereich der gesprochenen Sprache beschränkt. Dies bestätigt wiederum die in ganz anderem Kontext geäußerte These Ludwigs (1996), daß es durch den zunehmenden Ausbau «integrativer», also schriftsprachlicher Register zu einer Aufwertung der Kategorie «Subjekt» und damit im Sinne Givons zu einer weitgehenden Durchsetzung des syntactic mode

53

Vgl. auch Riiho (1988, 69), der von der «exuberancia de la sintaxis medieval quizä proxima a la lengua hablada» spricht und im Zusammenhang mit den «redundanten» Pronomen auf die «lockere» Verknüpfung der Konstituenten auf der syntaktischen Ebene hinweist. Vgl. auch Lapesa (1980, 219): «Pero la lengua antigua preferia la vivacidad espontänea y desordenada».

426

kommt 54 . Auch heute noch ist das Spanische eine Sprache, die die lineare Anordnung sowohl für die Verdeutlichung thematisch-rhematischer Beziehungen als auch zur Kasusdifferenzierung nützt, letzteres aber in geringerem Maße als in anderen romanischen Sprachen (man denke an den präpositionalen Akkusativ sowie an die «redundanten» Objektpronomen; vgl. Bossong 1984b, 9). Wir werden in Kap. III.4 auf den Zusammenhang zwischen der Zunahme des präpositionalen Akkusativs und der SV-Konstruktionen im Nsp. zurückkommen und diese Phänomene mit einer zunehmenden syntaktischen Differenzierung der Opposition thetisch/kategorisch in Verbindung bringen. 3.5.2 Koordination vs. Subordination Auch im Bereich der Satzverknüpfung ist das Asp. im allgemeinen noch weniger «integrativ» als die späteren Sprachstufen. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang noch einmal an die in Kap. II. 1.1.3 zusammengefaßten Bemerkungen von Bossong zur Komplektisierung der akast. Syntax unter arabischem Einfluß. Bossong weist darauf hin, daß komplexe Hypotaxen im Asp. nicht geläufig waren und daß die Übersetzer dazu tendierten, «hypotaktische Fügungen parataktisch aufzulösen» (1979a, 189). Er führt dafür eine Reihe von Belegen aus der frühen wissenschaftlichen Prosa an und bezeichnet den Hang zur Parataxe als Beispiel für die «syntaktische Kurzatmigkeit des Altspanischen» (ibid., 187). Unter dem Einfluß des Arabischen kommt es zwar im Bereich der Junktion von Sätzen zunehmend zu Veränderungen dergestalt, daß das arabische Modell als Impuls wirkt, «die stilistischen Gewohnheiten in bezug auf die Komplexität hypotaktischer Gefüge zu ändern» (ibid., 196), extensive Parataxe bleibt aber dennoch ein wichtiges syntaktisches Merkmal von schriftlich konzipierten Texten wie den alfonsinischen Chroniken 55 . Hier ein Beispiel aus der PCG (Kap. 396; 223b, 8): (III.3-1)

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E n quanto aquesto fue, murio el rey Ostrogota, e algaron los godos a G n a u i a por rey. Ε auino assi en el tiempo de D e c i o eil emperador, en la era de trezientos et nouaenta y un anno, que este rey G n a u i a partio su hueste en dos partes, et enuio ell una a destroyr a Mesia que desampararon sus principes por su flaqueza et su maldad, et guisos el con el otra parte de su huest pora yr a la cibdad de Philopoli; et fue et cercola, et teniendo la cercada

L u d w i g (1996) spricht bezüglich der Kreolsprachen von einer Entwicklung von aggregativen zu integrativen Textstrukturen. Im Z u s a m m e n h a n g mit einer U n tersuchung des G u a d e l o u p e - K r e o l s vertritt er die These, daß Verschriftlichung zu einer A u f w e r t u n g der Subjekt-Kategorie (im umrissenen formalsyntaktischen Verständnis) führt. V g l . K o c h (1985, 59): «Hypotaxe erfordert eine k o m p l e x e r e Planung als Parataxe. Insofern entspricht dem pragmatischen M o d u s der K o m m u n i k a t i o n die Koordination, d e m syntaktischen M o d u s die Subordination».

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luengo tiempo, desbaratola robando la todauia. Et era y por cabdiello della uno que dizien Prisco; et este Prisco ueyendo [...], ouosse de auenir con ell, [...]. D i e s e « p a r a h y p o t a k t i s c h e n » A n o r d n u n g e n sind n a c h S t e m p e l t y p i s c h e M e r k m a l e d e s e p i s c h e n Stils u n d d a h e r charakteristisch f ü r d e n Recü

(im

V e r g l e i c h z u r R e d e , die g a n z a n d e r e n B e d i n g u n g e n u n t e r w o r f e n ist) 5 6 . D i e e(t)...efi)-Konstruktionen

s o w i e die v o r g e s c h a l t e t e n T e m p o r a l s ä t z e ,

die e i n e A b f o l g e a u s d r ü c k e n , e r m ö g l i c h e n T a t s a c h e n b e r i c h t e , die e i n e n g r ö ß e r e n E r z ä h l r a u m u m f a s s e n , w o b e i die E r e i g n i s s e in ihrer tatsächlichen R e i h e n f o l g e geschildert werden57. D u r c h diese A r t der

e(t)...e(t)-

P a r a t a x e w i r d die G l e i c h z e i t i g k e i t d e r H a n d l u n g e n m a r k i e r t , u n d die T e x t e h a b e n im U n t e r s c h i e d z u s t ä r k e r h y p o t a k t i s c h e n T e x t e n e i n e relativ s c h w a c h a u s g e p r ä g t e R e l i e f s t r u k t u r 5 8 . N a c h S t e m p e l h a n d e l t es sich hier u m e i n e stilistische E r s c h e i n u n g , die aus d e r A n l e h n u n g d e r mittelalterlic h e n H i s t o r i o g r a p h i e an d e n Bibelstil (und m a n sollte vielleicht n o c h hinz u f ü g e n : an d e n Stil der V o l k s m ä r c h e n ) e r k l ä r t w e r d e n k a n n 5 9 . N u n w a r aufgrund des stärker «aggregativen» Charakters der frühen Sprachstufe die V e r w e n d u n g typisch s p r e c h s p r a c h l i c h e r S t r a t e g i e n , w i e es die P a r a t a x e j a ist, sicher per se intensiver 6 0 ; dies schließt a b e r natürlich die stilisti-

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Vgl. dazu Stempel (1964, 205ff.) und Moignet (1973, 307). Speziell zu den alfonsinischen Texten vgl. auch unsere Kap. II.1.1.2 (v.a. Anm. 5) und II.1.1.3. Für eine mögliche lateinische Vorlage dieses Konnexionsmusters vgl. Chr. Lehmann (1989b, 172-174), der diese efiJ-Parataxe auf einem Kontinuum der «explicitation of linking» anordnet. Wie Stempel (1964, 380) betont, bietet die P C G ein reiches Repertoire hypotaktischer Konjunktionen sowie eine wohlausgewogene Periodik - aber eben in der Rede (Prolog, direkte Rede). In diesem Zusammenhang sei auf die subtile Analyse der periodeneinleitenden Partikel et von Wehr (1984, 150-181) hingewiesen, die um eine funktionale Erklärung dieser Partikel insbesondere in Verbindung mit subordinierenden Konjunktionen bemüht ist. «Es sieht also so aus, als habe E T an der Gelenkstelle - derjenigen Position, die für Elemente der Aufmerksamkeitslenkung prädestiniert ist - die Funktion, eine folgende Mitteilung als [+SURPRIS] hinzustellen» (168). Bezüglich der Bewertung des e(t)-e(t)-Stils in den ersten Dokumenten der afr. Prosa schreibt Stempel (1964, 379): «In Prosa war auch die Bibel geschrieben, die das naheliegende Stilmuster für eine in der Volkssprache so gut wie traditionslose Art literarischer Darstellung bot. [...] Dabei ist zu bedenken, daß die neue Prosa vorwiegend Historiographie war oder sich, wie die Prosaromane, als solche ausgab und infolgedessen direkt an die im Mittelalter als Geschichtsbuch par excellence geltende Bibel anschließen konnte und im Falle der Prosaromane anschließen mußte, sollte die Rückführung des höfischen Romans auf die Historie, d. h., ihre historische Drapierung, überzeugend gelingen». Interessant sind im Zusammenhang mit hypotaktischen Konstruktionen die Ersetzung der Konjunktion durch einfaches que («c/ie-polivalente», Koch 1985), nach Stempel (1964, 211) eine gemeinromanische Erscheinung. «Die konjunktionale Wiederholung nach Einschub ist geradezu ein Kennzeichen des Prosastils, gleich welcher Epoche». Dazu ein Beispiel: Un anno ante que Julio Cesar 428

sehe Nutzung dieser Strategien durch die Chronisten keineswegs aus 61 . Nach Blumenthal sind denn auch diese parataktischen Konstruktionen nicht Ausdruck eines gewissen Unvermögens der Autoren, bestimmte Sachverhalte komplexer darzustellen, sondern dienen vielmehr als stilistische Mittel einer bestimmten Ausdrucksintention, nämlich der Einordnung verschiedener Einzelaktionen in einen Gesamthandlungsrahmen, wobei es um die «pure Ereignishaftigkeit» (Blumenthal 1990, 54) und nicht so sehr um kausale Vernetzung geht. Stempel bemerkt treffend, daß die Protagonisten in chronistischen Texten nicht «als Helden der Erzählung präsentiert werden, sondern nebeneinander oder hintereinander als Figuren auftreten, an denen sich das Geschehen vollzieht» (357). Interessanterweise findet diese Beobachtung auf der Ebene der Satzgliedanordnung in den frühen akast. Chroniken eine Bestätigung dahingehend, daß in der PCG die mit et verbundenen Äußerungen sehr häufig die VSAnordnung aufweisen, und dies nicht nur bei Intransitiva62. Es handelt sich hier um diejenigen VS-Anordnungen, die in Kap. II. 1.3.3 a ' s «narrativ» bzw. dezentriert-kategorisch kategorisiert wurden und die definitionsgemäß nicht den Handelnden, sondern die Taten/die Handlung als solche herausstellen. Die Differenzierung von SV und VS in parataktisch gereihten Sätzen diente speziell im 13. Jh. der perspektivischen Darstellung des Geschehens/der Handlung, eine Funktion, die in späteren Texten zum Teil die Hypotaxe übernahm 63 . Sowohl die Vorrangigkeit der Thema-Rhema-Struktur als auch die große Zahl parataktisch gereihter Äußerungen sind für den pragmatischen

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fuesse algado por emperador et que se comengasse eil imperio de Roma (PCG, 2223,51). Für Blumenthal, der für die Kommunikationsgewohnheiten des 13. Jhs. anhand der Chronik von Villehardouin ein «Fehlen von Abstraktheit» (30) sowie geringere Informationsdichte konstatiert, stellen epische Parataxe und Temporalsätze im Vergleich zu syntaktisch elaborierteren Texten weniger Anforderungen an den Leser. Vgl. auch Stempel (1964, 88): «die Parataxe verlebendigt, wirkt spontaner, die Hypotaxe distanziert und bringt einen variierenden Grad der Reflexion zum Ausdruck». Vgl. auch Stempel (1964, 368-369), der bezüglich des Afr. anmerkt: «Noch ein anderes Indiz scheint diese Betonung des Geschehensvollzuges zu erweisen, die I n v e r s i o n des Subjekts nach et. [...] Kann aber die Inversion nach et bei Intransitiva und bei Passivkonstruktionen etwas anderes bedeuten, als daß der Vollzug des G e s c h e h e n s in den Vordergrund gerückt werden soll?» Bezüglich der Chronik von Villehardouin stellt er fest: «In einer auf breiter Partnerbasis angelegten Darstellung kommt den Handlungen des einzelnen, selbst wenn sie nacheinander ablaufen, nur gleichsam ein deskriptiver Wert zu; sie zusammen bilden e i n Element des Geschehens, dessen interne zeitliche Gliederung dem Gesamtzusammenhang untergeordnet ist» (359). Diese Interpretation sollte bei der Frage, inwieweit «Einleitung» durch e(t) die Inversion begünstigt, berücksichtigt werden vgl. Kap. II. 1.4.2. Parallelen in bezug auf die zunehmende Ablösung parataktischer durch hypotaktische Strukturen gibt es im Altenglischen, vgl. Blake (1977, 144-145).

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Modus typische «Unebenheiten der syntaktischen Strukturierung» (Koch 1985), die auf einen geringeren Grad an syntaktischer Integration schließen lassen. Sie zeigen u.E., daß das Asp., so wie es uns u.a. in den Chroniken des 13. Jhs. begegnet, zahlreiche sprechsprachliche Merkmale aufweist, die illustrieren, wie eng in der asp. Epoche die Schriftlichkeit noch an die Mündlichkeit gebunden war64. Natürlich handelt es sich bei diesen Texten um Beispiele für konzeptionelle Schriftlichkeit mit weitgehend integrativem Charakter, dennoch ist gerade in den frühen Chroniken der «aggregative» Charakter vieler mittelalterlicher Texte bisweilen noch erkennbar. Im Vergleich zu den späteren Texten sind die Versprachlichungsstrategien im 13. Jh. noch nicht so elaboriert, so daß selbst die alfonsinischen Texte, untersucht man die einzelnen Formen unter dem Aspekt der Funktionalisierung im Diskurs, gelegentlich Ausblicke auf die Mündlichkeit ermöglichen.

3.6 War das Altspanische eine typologisch inkonsistente Sprache? Aus dem bislang Gesagten geht hervor, daß das Akast. des 13. Jhs. im Bereich des Kategorischen Wortstellungsschwankungen unterworfen war, die es verbieten, zumindest in diesem Jahrhundert von einem dominanten Wortstellungsmuster zu sprechen. Dies ändert sich, wenn auch nur graduell, in den beiden folgenden Jahrhunderten dahingehend, daß sich eine stärkere Komplementarisierung der beiden Anordnungstypen SV und V S im Sinne einer Unterscheidung der Opposition Thetisch/Kategorisch abzeichnet. Bevor wir in Kap. III.4 nach den Bedingungen und Kanälen des Wandels im Bereich der Satzgliedanordnung fragen, soll an dieser Stelle noch auf die Frage nach dem von Körner (1987, 130) postulierten «höheren Grad an typologischer Inkonsistenz» des Asp. im Vergleich zum Nsp. eingegangen werden. Nach Körner zeigt die mittelalterliche Sprache im Vergleich zum Nsp. (a) trotz Fakultativität der Subjektpronomina eine größere Neigung für ihre Setzung als im Nsp., (b) eine geringere Neigung zur objektpronominalen Doppelung, (c) eine größere Neigung zum nominativus pendens und (d) eine etwas geringere Neigung zum präpositionalen Akkusativ (129), was, so Körner, mit einer Bevorzugung der «Subjektspitzenstellung» einhergeht (56, 121). Diese Merkmalbündelung berechtigt seiner Ansicht nach dazu, das Akast. eher in die Nähe des Französischen zu rücken als in die des Nsp.: «Nicht nur war die altspanische Syntax (und damit auch noch die des Lazarillo) in der Tat französischer als die neu64

Vgl. Neumann-Holzschuh (1994). Dies gilt umso mehr für Texte wie den Cid, in denen aufgrund der Textsorte ein höherer Anteil sprechsprachlicher Strukturen zu erwarten ist.

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spanische, sondern es war auch die altfranzösische Syntax spanischer als die neufranzösische!» (130) 65 . Typisch für das Asp. ist nun allerdings, so Körner, das Nebeneinander von typologisch Widersprüchlichem (130), denn in der frühen Sprachstufe existierten auch die jeweiligen Kontrastkonstruktionen der o.g. Phänomene, d.h., Einsparung der Sp, objektpronominale Doppelung, kasuskongruente Linksherausstellung und Verwendung des präpositionalen Akkusativs. Dazu ist aus unserer Sicht Folgendes anzumerken: - Grundsätzlich ist es richtig, daß «Stellungsregelmäßigkeiten nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit anderen syntaktischen Phänomenen vom Sprachtypologen berücksichtigt werden sollten» (Körner 1987, 167), wie es ja auch Coseriu, wenngleich unter einer anderen Prämisse, fordert. Ein Problem, auf das wir jedoch nicht näher eingehen können, ist natürlich die Vergleichbarkeit und Kompatibilität sowie die Hierarchisierung der untersuchten Phänomene 66 . - Körners Beobachtungen, daß im Asp. die redundanten Objektpronomina eher sparsam verwendet würden, während die Setzung der Subjektpronomina großzügiger erfolge als im Nsp., decken sich weitgehend mit unseren Ergebnissen in den Kap. II.5.3.3 und II.7. In der Tat haben die Sp im Asp. oft keine erkennbare hervorhebende Funktion, d.h., sie sind nicht wie in der Gegenwartssprache kontrastiv oder fokussierend6"7. Das Nsp. ist eine typische «pro-drop» Sprache und unterscheidet sich damit sowohl vom Asp. als auch vom Französischen. Körner (1987, 56) korreliert dies mit der Wortstellung: In der Mehrheit der heutigen romanischen Sprachen, also Portugiesisch, Spanisch, Rumänisch etc. - aber nicht im Französischen - geht ja die Natürlichkeit der Folge V S (als Nicht-Inversion und damit als «nicht-markierte» Wortstellung) Hand in Hand mit der der Subjektpronomen.

Auch was die «Tendenz zu , also nicht-redundanten Objektpronomen», die «Tendenz zur kasusfreien, Linksheraustellung» sowie die «geringere Ausdehnung des präpositionalen Akkusativs» betrifft, so stimmen wir ihm zu 68 . Aufgrund der 65 66 67

68

Vgl. zu diesem Gedanken auch Meyer-Hermann (1988a, 92). Vgl. dazu auch Eckert (1986, 35ff.) und Ramat (1988). Allerdings muß man sich in bezug auf die Sp vor pauschalisierenden Feststellungen in acht nehmen, denn ihr Gebrauch ist stark textsortenabhängig. «Die Tendenz zu , also nicht-redundanten Objektpronomen begünstigt auch die Tendenz zur kasusfreien, Linksherausstellung (früher nominativus pendens genannt) und ist nicht nur [...] ein Korrelat zum weniger sparsamen Umgang mit Subjektpronomen, sondern auch zur geringeren Ausdehnung des präpositionalen Akkusativs» (1987, 126). Zur Ausdehnung des präpositionalen Akkusativs vom Asp. zum Nsp. vgl. Garcia (1993). Vgl. auch Ramat (1988, 168), der eine Korrelation zwischen nominativus pendens und präpositionalem Akkusativ bezweifelt. 431

fehlenden Kasusmarkierung sowie der nicht-obligatorischen Objektkonjugation beim linksversetzten kasusfreien Objekt war die Verknüpfung der Konstituenten auf satzgrammatischer Ebene weniger eng, was u.E. in Einklang steht mit den in Kap. III.3.5 gemachten Beobachtungen, daß erstens die Thematisierungsbedingungen im Asp. andere waren als im Nsp. und daß es zweitens Unterschiede in der Ausprägung des syntaktischen Modus gab. - Problematisch erscheint uns hingegen die Korrelation der genannten Phänomene mit der «größeren SVO-Tendenz» (Körner 1987, 179) der älteren Sprachstufe. Wie wir gesehen haben, war das Asp. zumindest im 13. Jh. eben nicht dominant S V O (im Asp. war die VS-Anordnung ja durchaus «natürlich»), und auch in den beiden folgenden Jahrhunderten konnten noch starke Schwankungen im Bereich der Satzgliedanordnung festgestellt werden. Das «Nebeneinander von typologisch Widersprüchlichem», wie es in den o.g. Kriterien zum Ausdruck kommt, steht also eher in direkter Beziehung zu den verschiedenen im Asp. möglichen und oft alternierenden Linearisierungsmustern als mit der SVO-Anordnung. - Was das Nsp. angeht, so deuten unsere Beobachtungen nicht darauf hin, daß die Gegenwartssprache, zumindest in bezug auf die Satzgliedanordnung, konsistente Korrelationen aufweist. Nach Körner ist das Nsp. eine Vertreterin desjenigen Sprachtyps («Α-Sprachen» 69 ), der sich durch Reflexivpassiv, redundante Objektpronomina, nicht-obligatorische Subjektpronomina, die D O M und, damit korrelierend, relative Wortstellungsfreiheit auszeichnet (vgl. Körner 1987, 22, 113, 158159) 70 . Gerade dieser letzte Punkt bedarf der Differenzierung, denn trotz diachroner Funktionsverschiebungen im Bereich der Wortstellung, ist die Wortstellungsfreiheit heute u.E. nicht größer als in der frühen Sprachstufe (vgl. Kap. III.4.2). Allerdings pflichten wir Körner bei, wenn er feststellt: «Auch die Geschichte der spanischen Wortstellung verläuft in viel weniger eindeutig und kontinuierlich auf S V O hin gerichteter Weise als gemeinhin, wohl aus «theoretischen» Gründen, behauptet wird» (1987, 179), denn in der Tat war die Entwicklung keineswegs geradlinig, und auch heute noch sind S V und V S im Nsp. ja lebendige, weitgehend komplementäre Muster. Muß man aus diesen Beobachtungen nun folgern, daß das Asp. eine typologisch inkonsistente Sprache war? Wir glauben nicht. Die Verneinung dieser Frage hängt in erster Linie damit zusammen - und hier folgen 69

70

Dazu gehören neben dem Spanischen auch das Portugiesische, das Gaskognische, das Sardische und Korsische, Sizilianische, Unterengadinische und Rumänische. Typ Β wird repräsentiert durch Französisch, Katalanisch, Norditalienisch und Venezianisch. Bezüglich der unterschiedlichen Positionen von Op und On vgl. auch Anm. 3 in Kap. II.5.

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wir O e s t e r r e i c h e r (1989) u n d M c M a h o n (1994) - , d a ß K o n s i s t e n z bzw. I n k o n s i s t e n z als t y p o l o g i s c h e K r i t e r i e n nicht g e e i g n e t e r s c h e i n e n u n d d a ß m a n g e l n d e K o n s i s t e n z v o n d a h e r a u c h nicht als M o v e n s d e s t y p o l o g i s c h e n W a n d e l s b e t r a c h t e t w e r d e n k a n n 7 1 . A u c h a n g e b l i c h «inkonsistente» S p r a c h e n « f u n k t i o n i e r e n » n ä m l i c h als s p r a c h l i c h e S y s t e m e , oder, u m e s mit O e s t e r r e i c h e r s W o r t e n z u s a g e n , « p o s i t i o n s t y p o l o g i s c h e I n k o n s i s t e n z e n » stellen ä u ß e r s t e f f e k t i v e u n d k o h ä r e n t e D i s k u r s i v i t ä t s t y p e n

dar

(1989, 2 5 1 ) u n d h a l t e n sich ü b e r l a n g e Z e i t r ä u m e h i n w e g 7 2 . D a S p r a c h e n z u k e i n e r Z e i t ihrer D i a c h r o n i e e i n e n S p r a c h t y p u s rein v e r k ö r p e r n , sollte das K o n z e p t d e r t y p o l o g i s c h e n K o n s i s t e n z , s o O e s t e r r e i c h e r , ersetzt w e r d e n d u r c h ein s k a l a r e s M o d e l l , d a s zwar auch extreme, nämlich idealtypisch Linearisierungstypen definiert, aber ein Kontinuum ansetzt, in dem alle real existierenden einzelsprachlichen und sprachgruppenspezifischen Linearisierungstypen in jeweils unterschiedlichem angesiedelt sind. Diese Mischungsverhältnisse verschieben sich beim typologischen Wandel (1989, 239) 73 . W i r e r i n n e r n in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g an u n s e r e B e o b a c h t u n g e n z u d e n g r a d u e l l e n U n t e r s c h i e d e n z w i s c h e n A s p . u n d Nsp. b e z ü g l i c h d e r t y p o l o g i s c h e n P a r a m e t e r Subjektprominenz

u n d pragmatischer/syntaktischer

Mo-

dus u n d an die K l a s s i f i z i e r u n g d e s A s p . als e i n e ü b e r k e i n e d o m i n a n t e Grundwortstellung verfügende SV/VS-Sprache

(vgl. K a p . III.3.2).

Die

hinter d i e s e n Ü b e r l e g u n g e n s t e h e n d e A u f f a s s u n g v o n S p r a c h e ist klar: S p r a c h e ist, w i e es C o s e r i u e i n m a l f o r m u l i e r t hat, ein « S y s t e m in B e w e g u n g » , d . h . , E i n z e l s p r a c h e n b e f i n d e n sich in e i n e m d a u e r n d e n W a n d e l

71

Ähnlich argumentieren auch Sasse (1977, 121), Lightfoot (1979, 156), Fanselow (1987, 126); Comrie (1989, 211) spricht von der «rather mystical notion of consistent word order type»; vgl. auch Givon (1984, 189). McMahon analysiert zusammenfassend die Argumente, die gegen Konsistenz bzw. Inkonsistenz als typologisches Kriterium sprechen, und folgert: «consistency is not a perfect state towards which all languages eternally struggle, driven by the irresistible force of a principle like natural serialisation; instead, it is a tendency observable in languages, which itself requires explanation» (1994, 160). Mit dem Problem der Konsistenz unmittelbar verbunden ist der Begriff des drift, vgl. dazu Kap. III.4.1.

72

So ähnlich formuliert es übrigens auch Wanner in bezug auf das Frühromanische: «In each case, at any one moment, a fully functional expressive code results regardless of its typological purity. The maintenance of a considerable amount of typological indeterminacy over centuries in proto-Romance to Old Romance (to modern Romance) indicates rather clearly that this dimension of the change is not of primary significance» (1987, 429). Vgl. auch Chr. Lehmann (1985b, 313): «If the intermediate stage is inconsistent, why did the language move into it in the first place? [...] Or typological inconsistency does not make a language any less functional. TTien it provides no reason whatsoever for a change away from such a state», und ders.: «If a given linguistic system functions today, why can it not function in the same way tomorrow?» (1985b, 314).

73

Vgl. auch Bossong (1982a, 35-38) und Myhill (1985). 433

und sind eigentlich zu keinem Zeitpunkt wirklich «stabil»74. Die Tatsache, daß für jede Sprache zu jedem Zeitpunkt ihrer Entwicklung eine «nichtharmonische» (Bossong 1982a, 40) Distribution verschiedener typologisch relevanter Parameter die Regel und nicht die Ausnahme ist, liegt also im Wesen der Sprache begründet: «Die allgemeinste Form einer Antwort auf diese Frage (i.e. «Warum kommt die Bewegung in der Sprache nicht zur Ruhe?» I. N.-H.) impliziert eine Aussage über das Wesen der Sprache, das in ihrer Historizität begründet liegt: ein synchronisches System ist immer ein Kompromiss zwischen vielen widerstreitenden Tendenzen» (Bossong 1979b, 81). Was bedeutet dies nun für die Charakterisierung des Asp.? Es dürfte deutlich geworden sein, daß man mit der Verwendung des Begriffs Inkonsistenz vorsichtig sein sollte (dies gilt natürlich auch für alle anderen altromanischen Sprachen), ohne dabei die von Körner für das Asp. festgestellten syntaxtypologischen Gegensätze in Frage stellen zu wollen. Anstatt von typologischer Inkonsistenz zu sprechen, schlagen wir vor, die ältere Sprachstufe, die noch deutliche Züge des pragmatischen Modus trägt, dadurch zu charakterisieren, daß sie sich im Vergleich zur Gegenwartssprache zumindest im Bereich der Subjekt-Verb-Anordnung durch ein Mehr an Möglichkeiten, also ein größeres Variationspotential auszeichnet. Daß die Satzgliedanordnung weitgehend diskurspragmatischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen und damit weniger reglementiert war als das Nsp., heißt jedoch nicht, daß das Asp. in anderen positionstypologisch relevanten Bereichen, wie z.B. der Stellung des nominalen Objekts oder der Position des Genitivs, ähnlich flexibel war 75 ! In der Synchronie erweist sich das Asp. vom 13. bis 15. Jh. somit, wie es Bossong in Anlehnung an Antinucci formuliert, als ein «in sich spannungsvolles Gebilde, in dem sich die Einwirkung verschiedener, heterogener und für sich jeweils autonomer Komponenten in seinem [sie] stets labilen Gleichgewicht zusammenfinden» (1979b, 81) 76 . Im Verlauf der Sprachgeschichte kann es dann durchaus zur «Harmonisierung» verschiedener Kategorien kommen (man denke beispielsweise an die Generalisierung der redundanten Op),

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75

76

V g l . zu diesem Punkt u.a. Coseriu (1974), B o s s o n g (1979b, 78), Ulrich (1985, 24), Eckert (1986). V g l . dazu D r y e r (1989, 71): «There are languages which exhibit highly flexible word order at the clause level, so that it is difficult to assign a basic word order at that level, but in which the order is less flexible at the phrase level, so that it is possible to identify a basic or normal order for the other pairs of elements», sowie seine T h e s e «that languages with discourse-governed word order often exhibit the word order characteristics associated with the more frequent word order in the language» (ibid., 86). V g l . dazu oben unsere A n m . 29. V g l . auch Kap. III.4. R a i b l e (1989a, X X I X ) drückt diesen G e d a n k e n folgenderm a ß e n aus: «Der augenblickliche, scheinbar stabile Z u s t a n d einer Einzelsprache ist das Resultat von Tendenzen, die nie miteinander vereinbar sind. D e r augenblickliche Z u s t a n d einer Sprache ist stets ein labiles Gleichgewicht».

434

ohne daß deswegen gleich an eine Strömung zu einem

konsistenten

Sprachtypus gedacht werden muß77. G e r a d e der B e r e i c h der W o r t s t e l l u n g hat g e z e i g t , d a ß A l t e s u n d N e u e s e i n e Z e i t l a n g (in u n s e r e m k o n k r e t e n Falle ist dies im 13. Jh. b e s o n d e r s ausgeprägt) nebeneinander existieren -

u m mit d e n W o r t e n B o s s o n g s

( 1 9 7 9 b , 78) z u s p r e c h e n : die D i a c h r o n i e ist in d e r S y n c h r o n i c i m m e r präsent

bis es aus v e r s c h i e d e n e n G r ü n d e n z u e i n e m g r a d u e l l e n W a n d e l

bzw. b e s s e r z u e i n e r V e r s c h i e b u n g der r e l a t i v e n G e w i c h t u n g d e r einzeln e n S t r u k t u r e n k o m m t 7 8 . N a c h R a i b l e (1980, 1992) b e i n h a l t e t der status quo e i n e r S p r a c h e b e k a n n t e r m a ß e n i m m e r die « G l e i c h z e i t i g k e i t d e s U n g l e i c h z e i t i g e n » , u n d g e n a u dies m a c h t u . E . e i n e n Teil d e r « U n g e r e i m t h e i t e n » o d e r der t y p o l o g i s c h e n « I n k o n s i s t e n z e n » d e s A s p . aus 7 9 .

77

78

79

Lüdtke (1980a, 5) weist darauf hin, daß «jeder nennenswerte Optimierungserfolg auf einem Parameter (gemeint sind die Variablen «Minimierung des Arbeitsaufwands», «Erleichterung des Lernprozesses» und «Maximierung des Kommunikationsradius», I. N.-H.) mit Rückschlägen auf einem oder gar beiden anderen Parametern erkauft wird». Man denke beispielsweise an leismo, laismo und loismo in der habla popular Kastiliens. Hier wird zwar sowohl im Dativ als auch im Akkusativ eine Genusdifferenzierung erreicht, die Kasusdifferenzierung geht hingegen verloren; vgl. Berschin et al. (1995, 195). Vgl. auch Hetzron (1980, 177): «synchronic stages are but slices of a diachronic continuum» und «all synchronic stages are necessarily transitions between the old and the new». Vgl. auch Coseriu (1974, 108), Givon (1979a, 235 ff.), Lightfoot (1979, 143). Ebenso Berendonner (1987, 17): «On apergoit ici un trait de structure fondamental des langues naturelles: elles forment des systemes non consistants, heterogenes, faiblement integres. [...] On doit done cesser de les concevoir comme des algorithmes formels ou des corps de regies parfaitement coherents, renoncer ä prendre au pied de la lettre le mythe du , et envisager plutöt une langue comme la reunion quelque peu heteroclite de moyens d'expression tantot redondants ou chevauchants, tantöt concurrents, voire antagonistes, recouvrant vaille que vaille la totalite des besoins communicatifs». 435

4 Zur Entwicklung vom Altspanischen zum Neuspanischen

4.1 Allgemeines zum sprachlichen Wandel im Bereich der Satzgliedanordnung Z i e l dieses l e t z t e n K a p i t e l s ist es, a n h a n d d e r w i c h t i g s t e n V e r ä n d e r u n g e n , die i n n e r h a l b d e s u n t e r s u c h t e n Z e i t r a u m e s im B e r e i c h d e r asp. S a t z g l i e d a n o r d n u n g s t a t t g e f u n d e n h a b e n , T e n d e n z e n und W e g e d e r s p r a c h l i c h e n E n t w i c k l u n g a u f z u z e i g e n . E s g e h t uns d a b e i w e n i g e r u m die E r m i t t l u n g m ö g l i c h e r G r ü n d e des s p r a c h l i c h e n W a n d e l s , als v i e l m e h r d a r u m , d e n k o n k r e t e n W a n d e l in e i n e r b e s t i m m t e n E i n z e l s p r a c h e z u e i n e m b e s t i m m t e n historischen Z e i t p u n k t z u b e s c h r e i b e n u n d seine m ö g l i c h e n B e d i n g u n g e n z u e r m i t t e l n . K a u s a l e F r a g e s t e l l u n g e n sind b e k a n n t e r m a ß e n i m Z u s a m m e n h a n g mit der U n t e r s u c h u n g v o n S p r a c h w a n d e l p r o z e s s e n p r o b l e m a t i s c h ; n a c h C o s e r i u sind sie s o g a r v ö l l i g u n a n g e m e s s e n , d a V e r ä n d e r l i c h k e i t ein W e s e n s m e r k m a l d e r S p r a c h e als energeia

ist (vgl. C o s e r i u

1974, 91 ff. u n d 1 6 6 f f . ) 1 . U n s interessieren also nicht p r i m ä r die «causes», s o n d e r n die « p a t h w a y s » d e r V e r ä n d e r u n g e n , w i e es H a r r i s (1984, 1 8 1 ) e i n m a l f o r m u l i e r t e , d. h., nicht das Warum, s o n d e r n das Wie d e s W a n d e l s 2 .

1

So auch Schwegler (1990, 186-187: «the ultimate cause of structural (or, for that matter, any other) language change are not yet known, nor do linguists even agree on the possibility of in historical linguistics») und Chr. Lehmann (1985b, 317: «The relevant question is not: why is there this variation or that change? but rather: what are this variation and that change for?»); Lehmann mißt allerdings der menschlichen Kreativität eine nicht unbedeutende Rolle beim Sprachwandel zu: «it is no exaggeration to say that languages change because speakers want to change them» (1985b, 315). Sasse (1977, 133, Anm. 4) stimmt Coseriu prinzipiell in bezug auf die Ablehnung kausaler Fragestellungen im Zusammenhang mit sprachlichem Wandel zu, merkt darüber hinaus aber an: «Das ist prinzipiell richtig, doch ist speziell für die Universalienforschung die Sprachgeschichte von fundamentaler Bedeutung: es gibt rund um die Welt gemeinsame Tendenzen im Sprachwandel; es ist anzunehmen, daß diese gemeinsamen Tendenzen gemeinsame Gründe haben, und diese Gründe sind eben die Universalien». Keller (1994) hingegen, der Sprache als ein Phänomen der dritten A r t beschreibt, schließt in seiner invisible hand-Erklärung von Sprachwandelprozessen die Frage nach der Kausalität des Wandels nicht von vornherein aus.

2

Einschränkend sei hinzugefügt, daß die «pathways», so wie sie Harris beschreibt, von den «causes» nicht streng abgekoppelt werden können.

436

Im Unterschied zur Frage nach der kausalen Determinierung besteht nämlich weitgehend Einigkeit darüber, daß morphologischer und syntaktischer Wandel die Folge bestimmter gerichteter Restrukturierungsprozesse ist. Stellen wir zunächst einige Argumente aus der Diskussion um die «Wege» des sprachlichen Wandels zusammen und betrachten anschließend den konkreten Fall der Wortstellungsveränderungen vom Alt- zum Neuspanischen. Die meisten Arbeiten zum Sprachwandel gehen davon aus, daß es für sprachlichen Wandel grundsätzlich keine monokausalen bzw. einsträngig-finalistischen Erklärungsansätze gibt, sondern daß immer von einem Zusammenspiel mehrerer externer wie interner Faktoren ausgegangen werden muß. Wie bei allen Vorgängen des Sprachwandels dürfte auch bei der Wortstellungsveränderung das Zusammenwirken verschiedener innerer Stimuli, globaler Tendenzen und sprachsoziologisch/areallinguistischer Gegebenheiten ausschlaggebend sein (Sasse 1977, 132)3.

In der Regel wird dabei den internen, also den sprachimmanenten Faktoren größere Bedeutung beigemessen als externen Faktoren wie z.B. Sprachkontakt, Sprachpolitik etc. 4 . There seems to be an overriding tenor that would tend to give logical priority to internal factors, in particular, structural prerequisites, preexisting tendencies, «structural niches» [...] which are activated by external conditions (Gerritsen/ Stein 1992, 9).

Weiterhin besteht Konsens darüber, daß in der Regel kein abrupter Wechsel von zwei (oder mehr) im System angelegten syntaktischen Möglichkeiten stattfindet 5 , sondern daß es vielmehr zunächst innerhalb der Norm zu schrittweisen Veränderungen bezüglich des Akzeptabilitätsgrades einer Struktur und infolgedessen zu Funktionsverschiebungen und 3

4

5

Vgl. auch Hawkins (1983, 242-243): «It seems eminently reasonable that there will be a multiplicity of change-inducing factors operating upon different languages, and even upon one and the same language [...]. It simply means that explanations for diachrony are as complex, and as multifactored, as explanations for synchrony, which is what we would expect». W. Lehmann (1986a, 14) spricht von «structurally regulated change» und «externally induced change». Vgl. auch Givon (1977), Schmidt (1980), Andersen (1983), Payne (1990, 243), W. Lehmann (1990) sowie die Beiträge in dem Sammelband von Gerritsen/ Stein (eds.) (1992); speziell zu den externen Faktoren vgl. u.a. Manoliu-Manea (1985, 1 1 - 4 8 ) und Harris (1984b, 193ff.), der z.B. die TVX-Phase im Afr. auf germanischen Einfluß zurückführt. Vgl. dazu Fanselow (1987, 129): «Der Übergang von X Y zu Y X erfolgt nicht durch ein abruptes Umspringen zwischen Linearisierungen, sondern durch ein den Gesetzmäßigkeiten der implikativen Universalien unterworfenes Entwikkeln einer marginalen YX-Strategie am Umkehrpunkt der beiden Serialisierungstypen, die dann langsam an Häufigkeit zunimmt und endlich X Y ersetzt und so den «Umkehrpunkt» weiter nach oben verschoben hat».

437

Frequenzveränderungen kommt 6 . Für den Übergang vom Lateinischen zum Frühromanischen hat Wanner ( 1 9 8 9 ) überzeugend gezeigt, daß auch Veränderungen im Bereich der Wortstellung eine graduelle Verschiebung des funktionalen Wertes der einzelnen Anordnungsmuster bedeutet (vgl. Kap. III.2.1) 7 ; für die Veränderungen im Bereich der spanischen Wortstellung konnten wir ähnliches feststellen: D e r Wandel ist graduell und setzt auf dem von uns in Kap. I.2.7 postulierten Kontinuum dort ein, w o innerhalb des Kontinuums eine transitorische Z o n e mit einem gewissen Maß an Labilität und daher ideolektaler Variation besteht 8 . Unsere Beobachtungen bestätigen daher die heute weitverbreitete Auffassung, daß sich jede Form von Sprachwandel als Selektion in einem synchron vorhandenen Variantenreservoir erklären läßt (vgl. Mattheier 1988), d.h., Sprachwandel ist demnach «unmittelbar an sprachliche Variation gebunden und vollzieht sich in der Variation» (Wurzel 1 9 9 1 , 168). Ludwig (1996) beschreibt das Verhältnis von Sprachwandel und Variation in Anlehnung an Bickerton wie folgt: Sprachvariation von heute spiegelt den Sprachwandel von morgen (und, so sollte man vielleicht hinzufügen, den Sprachwandel von gestern) 9 .

6

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8

9

Was sich ändert, ist also zunächst nicht das Inventar der im Sprachsystem vorhandenen Formen und Konstruktionsmöglichkeiten, sondern es sind die Regeln für ihre Verwendung im konkreten Sprechen und damit die Häufigkeit und die Bedingungen ihres Vorkommens, vgl. Stein (1989). So ähnlich formuliert es auch Eckert (1986, 77): «In den allermeisten Fällen findet Wandel nur auf der Ebene der Norm statt. Verschiedene Normen wechseln sich diachron ab, ohne daß das System davon berührt wird. A b e r auch das System kann sich ändern, da das benutzte und realisierte System die Möglichkeiten seiner eigenen Überwindung schon in sich trägt». Raible (1992, 301) interpretiert den Übergang vom Lateinischen zum Romanischen wie folgt: «In language change one technique will be replaced by another, but all the techniques, those growing obsolete, the flourishing ones, and the techniques bound to the main devices of future, are present in the synchrony of the language system. Those different techniques that coincide in the synchrony of language will belong to different registers or different styles. The techniques growing obsolete usually have high stilistic value and are typical for written language. The techniques advancing in productivity, i.e. the techniques of the future, are typically oral, initially they belong to colloquial and familiar speech». «If we proceed from the assumption that language systems have to solve problems which underly cognition and human communication, and if we assume that for certain problems there exist scales of techniques forming a continuum, continua of this kind will be » (Raible 1992, 301). Vgl. Bickerton (1975, 165): «linguistic variation is the synchronic aspect of linguistic change, and linguistic change is the diachronic aspect of linguistic variation». Vgl. auch Hawkins: «Languages will change historically only within the parameters of synchronically attested variation types» (1979, 634, zit. nach Delbecque 1987, 27). Wir gehen hier nicht auf das Problem ein, inwieweit die Variation bereits vor Einsetzen des Selektionsprozesses in Form eines bereits exi-

438

W e l c h e internen

F a k t o r e n w e r d e n n u n in d e n e i n s c h l ä g i g e n positions-

t y p o l o g i s c h e n A r b e i t e n in b e z u g a u f V e r ä n d e r u n g e n b e i d e r A b f o l g e d e r primären Satzkonstituenten angeführt? D i e Grundlage der

folgenden

A u s f ü h r u n g e n ist d e r B e i t r a g v o n H a r r i s « O n t h e c a u s e s of w o r d o r d e r c h a n g e » (1984b). (a) A n erster Stelle n e n n t H a r r i s das v. a. v o n W. L e h m a n n ( 1 9 7 4 ) u n d V e n n e m a n n ( 1 9 7 5 ) v e r t r e t e n e P r i n z i p d e s drift towards

consistency,

w o b e i dieses K o n z e p t als B e d i n g u n g f ü r s p r a c h l i c h e n W a n d e l k e i n e s w e g s u n e i n g e s c h r ä n k t a k z e p t i e r t w i r d 1 0 . H a r r i s selbst, d e r f ü r d e n drift k o g n i t i v e F a k t o r e n v e r a n t w o r t l i c h m a c h t , e r k e n n t die P r o b l e m a tik dieses K o n z e p t s z w a r , m ö c h t e auf d a s E r k l ä r u n g s p r i n z i p als solc h e s a b e r nicht v e r z i c h t e n , d a es s e i n e r A n s i c h t n a c h allen a n d e r e n genannten sprachimmanenten Faktoren zugrunde liegt11. Preferred manners of change, however, there clearly are, and the evidence in favour of the tendency towards consistency - Lehmann's structural principle of language>, Vennemann's (1982, 1 1 3 ) 6 4 . Seine Grammatikalisierungsskala in bezug auf die Kategorie «Subjekt» sieht wie folgt aus ( 1 9 8 2 , 1 1 7 ) 6 5 : 63

64

65

So bemerkt Lehmann ( 1 9 9 1 , 523) in bezug auf die Wortstellung: «Such are not prima facie cases of grammaticalization. However, one of the factors in grammaticalization is the reduction of syntagmatic variability. This leads to a fixation of the sequential order of grammaticalized elements in relation to their host elements». Vgl. dazu auch Lehmann (1992, 413): «Reduction of syntagmatic variability includes fixation of word order. This is why grammaticalization goes hand in hand with the loss of word-order freedom». Vgl. Kap. III.3.4, Anm. 47, wo wir das berühmte Dictum von Li/Thompson (1976, 484), «Subjects are essentially grammaticalized topics», zitiert haben. Z u r Definition: «it is implied that topic and focus, as they appear in left-dislocation and clefting, are completely free and wild, as it were, since they transcend the bounds of the simple sentence; whilst theme and rheme may be considered

458

funct. sent, persp.

syntax

topic/focus

subject/predicate

theme/rheme

morphology

Unabhängig von Lehmann hat v. a. Givon mit seiner These «from discourse to syntax» die weitere Diskussion über Grammatikalisierungsprozesse auf der Satzebene stark beeinflußt (1979c und passim). Demnach muß Grammatikalisierung in diesem Bereich als zunehmende Syntaktisierung («process of syntacticization», 1979c, 97) eines ursprünglich pragmatisch bedingten Anordnungsmusters verstanden werden, was in der Regel eine Reduktion der Kodierungstypen oder zumindest deren Spezialisierung bedeutet66. Fassen wir zusammen: Durch die zunehmende Grammatikalisierung im Bereich der Satzgliedanordnung werden die positioneilen Variationsmöglichkeiten der beiden wichtigsten Anordnungsmuster geringer. Da Grammatikalisierung als ein diachroner Prozeß zu verstehen ist, können die ablösende und die abzulösende Variante in der jeweiligen Synchronic allerdings eine Zeitlang koexistieren67. 4.3.2.2 Bezogen auf die Satzgliedanordnung im Spanischen bedeutet dies, daß sich der beobachtete Wandel v. a. im Bereich der kategorischen Äußerungen in Richtung auf die ontogenetisch, psychologisch und kommunikationstheoretisch am stärksten motivierte Form SV vollzogen hat, ohne daß es jedoch zu einer völligen Grammatikalisierung bzw. Syntaktisierung der Subjekt-Prädikat-Anordnung gekommen ist. Auch das Nsp. kann zwar noch als eine Sprache mit «discourse determined word order» (Dryer 1989) angesehen werden - wir denken hier insbesondere an die oberflächensyntaktische Unterscheidung von thetischen und kategorischen Äußerungen im Gegensatz zum Asp. ist aber ein Anordnungs-

66

67

as tamed forms of the topic and the focus, respectively, since they may structure the simple sentence» (1982, 1 1 7 ) . Vgl. dazu auch Kap. 1.1.2. Vgl. Kap. III.3.5. «Syntax» definiert Givon an anderer Stelle als «a communicative mode which arises - diachronically, ontogenetically, and most likely also phylogenetically - as a result of grammaticalization-syntactization of the pragmatic mode of discourse» (1979a, 268). Vgl. auch III.3.6. «The notion of grammaticalization thus presupposes the notion of as well as those of basic and derived variant« (Lehmann 1989a, 178), und: «In all these cases, there is, on the synchronic level, a choice among alternative strategies which enjoy different degrees of grammatical autonomy, and on the diachronic axis, a steady movement in the direction of lesser autonomy and stronger grammaticalization» (1985b, 3 1 1 - 3 1 2 ) . Vgl. auch Seiler (1986, 165): «Grammaticalization constitutes a principle of synchronic variation and at the same time a general tendency in language change which reinforces the principle of indicativity. In a principled fashion, grammaticalization follows the steps of a continuum and is ascertainable in terms of morpho-syntactic and semantic criteria».

459

muster deutlich als neutrales, unmarkiertes Glied der Opposition SV/VS erkennbar. Während es für die frühe Sprachstufe schwierig war, ein dominantes Anordnungsmuster zu erkennen, hat es im Verlauf der Sprachgeschichte sowohl auf der Ebene der Frequenz als auch auf der Ebene der Funktionalität Verschiebungen hinsichtlich der Gewichtung der beiden wichtigsten Anordnungsmuster gegeben: Heute dominieren im kategorischen Bereich die SV(0)-Konstruktionen, und die VS-Konstruktionen haben außerhalb des thetischen Kernbereichs an Markiertheit zugenommen 68 . Damit hat das Nsp. zwar im Vergleich zum Asp. im Bereich der Wortstellung an Flexibilität verloren und an syntaktischer Rigidität gewonnen, andererseits hat sich das Inventar der im Sprachsystem vorhandenen syntaktischen Konstruktionsmöglichkeiten nicht prinzipiell geändert. Es ist lediglich im Bereich der Anwendungsregeln - also im Bereich der Norm - zu Veränderungen hinsichtlich der Häufigkeit und der Bedingungen ihres Vorkommens gekommen. Ob allerdings Givons oben (Kap. III.4.2, Anm. 32) zitierte Behauptung, das gesprochene Spanisch (er bezieht sich hier auf Daten zum amerikanischen Spanisch) sei auf dem Wege, eine Sprache mit «rigid word order» (d.h. mit SV-Stellung) zu werden, uneingeschränkt zugestimmt werden kann, muß noch im einzelnen überprüft werden. Die Tendenz ist sicherlich vorhanden, allerdings ist auch diese Entwicklung als solche nicht neu, sondern zeichnet sich bereits seit dem 14. Jh. ab 69 .

4.4 Fazit Insgesamt gesehen handelt es sich bei der Entwicklung der Satzgliedanordnung im Spanischen also sowohl um Verschiebungen im Bereich der Funktionen der beiden wichtigsten Anordnungsmuster als auch um Veränderungen hinsichtlich ihres Markierungsgrades. Bezüglich der SVO-Anordnung kann, so zeigen es unsere Daten, von einem «Abbau von Markiertheit» (Wurzel 1991, 166) gesprochen werden, bei der VSOKonstruktion ist wohl eher von einer Zunahme von Markiertheit auszugehen. Der Wandel selbst ist ein komplexer Prozeß sich gegenseitig bedingender Faktoren, wobei das «Prinzip der pragmatischen Linearisie68

Unsere Beobachtungen bestätigen somit den von Sasse (1987, 5 7 7 ) vermuteten Zusammenhang zwischen «thetic-intransitive-background and categoricaltransitive-foreground» sowie seine Behauptung, «The predication base/predicate dichotomy of categorical statements is mirrored in the grammatical core relations of subject and predicate. Languages having these grammatical relations may be said to grammaticalize the format of the categorical statement as the unmarked sentence form» (1984, 564).

69

Vgl. dazu auch Silva-Corvalän (1982, i n ) , Delbecque (1987), Körner (1987, 178), Meyer-Hermann (1988b), Neumann-Holzschuh (1993).

460

rung» und das «Transitivitätsprinzip», die beide mit kognitiv-perzeptiven Faktoren in Verbindung gebracht werden können, sowie die Tendenz der Sprache, bestimmte häufige Anordnungsmuster zu grammatikalisieren, letztlich, will man denn die Frage nach dem «Warum» nicht ganz ausschließen, auf ein gemeinsames Movens zurückgeführt werden können: das Streben der Sprache nach optimalem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel 70 . Das Asp. unterscheidet sich sowohl in bezug auf die deutlichere Differenzierung von thetischen und kategorischen Äußerungen als auch in bezug auf die oberflächensyntaktische Kodierung von «Transitivität» vom Nsp.: Während in der frühen Sprachstufe SV- und VS-Anordnungen im kategorischen Bereich mitunter die gleiche Funktion hatten und stark «transitive» Äußerungen uneingeschränkt die VSAnordnung und den kasusunmarkierten Akkusativ aufweisen konnten, ist auf dem Weg zum Nsp. zuerst im Bereich der stärker «transitiven» Äußerungen eine deutliche Tendenz zu mehr SV-Anordnungen festzustellen. Auch das Nsp. kann zwar noch als Sprache mit weitgehend diskursfunktional determinierter Wortstellung klassifiziert werden, im Vergleich zu der mittelalterlichen Sprachstufe haben die Restriktionen aber zugenommen. Dies alles bedeutet nun u. E. aber nicht, daß das Nsp. einen anderen Syntaxtyp als das Asp. verkörpert (Körner 1987, 125). Bei den Veränderungen im Bereich der Satzgliedanordnung handelt es sich vielmehr um einen Aspekt des Übergangs vom pragmatischen zum syntaktischen Modus, wie er auch für die Entwicklung anderer europäischer und nicht-europäischer Sprachen kennzeichnend ist. Zumindest was die Entwicklung im Bereich der spanischen Satzgliedanordnung anbelangt, scheint sich daher der Satz, den Faarlund (1989, 7 1 ) in Anlehnung an ein berühmtes Zitat von Givon formuliert 7 ', zu bestätigen: In a diachronic perspective, syntax is motivated by the pragmatics of previous stages. Thus today's syntax may be the product of yesterdays' discourse pragmatics71.

Diese Beobachtungen sind letztlich auch für das Thetisch-Kategorische Modell als solches von Bedeutung. Selbst wenn es sich bei Thetisch und 70

71

72

So geht Lüdtke (1980b, 249) davon aus, «daß Sprachwandel - als Menge tatsächlicher Ereignisse genommen - zwei Ursachen hat, nämlich die angelegte Variabilität in einem vorgegebenen Rahmen [...], die dem Kommunikationsverfahren Sprache eigen ist, und das im Kommunikationsakt wirksame Optimierungsstreben [...]»; seiner Ansicht nach «bewirkt der gesellschaftliche Zwang zur Optimierung des Kommunikationsverfahrens dessen unaufhörlichen Wandel» (1980a, 5). So ähnlich formulieren es auch Lehmann (1985b, 315), Manoliu-Manea (1985, 4 7 - 4 8 ) und Danchev (1991, 108). «Today's morphology is yesterday's syntax» (1971); vgl. dazu im übrigen die kritischen Bemerkungen von Lightfoot (1979, 160) und Wanner (1987, 238). Vgl. auch Kap. III.3.5, wo wir bereits auf diesen Prozeß verwiesen haben. Zur Grammatikalisierung der Kategorie Thema/Topik als grammatisches Subjekt vgl. auch Shibatani (1991).

461

Kategorisch um Universalien des Denkens handelt, unterliegt die syntaktische Kodierung dieser übereinzelsprachlichen Opposition, trotz gewisser sprachübergreifend zu beobachtender Affinitäten zwischen kasueller und pragmatischer Ebene, einzelsprachlich den jeweils gültigen grammatischen Regeln 7 3 . Unter Bezugnahme auf unsere in Kap. 1.2.1.1.5 hinsichtlich des Spanischen gestellte Frage nach dem Verhältnis von diskurspragmatischen und semantisch-syntaktischen Bedingungen zueinander, bedeutet dies, daß das Wortstellungsmuster S V auch bei Veränderungen der diskursiven Struktur beibehalten werden kann und daß pragmatische Unterschiede mithin nicht mehr ausgedrückt werden 74 . Mit anderen Worten: Semantisch-syntaktische Restriktionen können pragmatische Gesichtspunkte bei der Konstituentenabfolge und im weiteren Sinne bei der Textgestaltung als solcher überlagern, was letztlich W. Lehmanns Vermutung bestätigt, «that textual patterning is secondary to that of syntax» (1986a, 13) 7 5 . Die diachronen Betrachtungen haben ferner gezeigt, daß die syntaktische Umsetzung der diskursfunktionalen Kategorien auch innerhalb einer Einzelsprache in verschiedenen Epochen mit unterschiedlichem Ausmaß erfolgen kann, d. h., die Möglichkeit, Thetisch und Kategorisch einzelsprachlich z.B. mit Hilfe der Satzgliedanordnung zu unterscheiden, ist davon abhängig, ob die Norm der jeweiligen Sprachstufe diese Unterscheidung zuläßt. Der Grad der Möglichkeit, diese pragmatische Opposition auszudrücken, kann daher sowohl in synchroner als auch in diachroner Hinsicht als typologisches Kriterium gewertet werden 76 . Inwieweit im Spanischen am Ende dieses Syntaktisierungsprozesses die völlige Durchsetzung der SV-Anordnung in Sätzen mit explizitem Subjekt steht und inwieweit das Sprachsystem als Ganzes sich wandelt, wird die zukünftige Sprachentwicklung zeigen müssen.

73

V g l . dazu Ulrich ( 1 9 8 5 ) und unsere abschließenden B e m e r k u n g e n in K a p . I.2.6.1 sowie A n m . 2 1 1 von K a p . 1.2.

74

D i e s bestätigt wiederum G i v o n s B e h a u p t u n g , daß S p r a c h e im Z u g e von S y n taktisierungsprozessen an kommunikativer Klarheit verliert, die K o m m u n i k a tion als solche aber effektiver wird: « V i a syntacticization, the language loses message transparency while gaining processing speed» ( G i v o n 1 9 7 9 c , 94).

75

V o n daher beurteilen wir Siewierskas ( 1 9 8 8 , 8 3 ) B e h a u p t u n g , « T h e fact that discourse considerations tend to outweigh purely semantic and syntactic ones as determinants of order is universally recognized», eher skeptisch.

76

V g l . Sasse ( 1 9 8 7 , 5 7 7 ) : «languages may differ typologically as to the degree of grammaticalization and/or the markedness value of one or the other type of statement; this is to a large extent dependent on their basic syntactic organization».

462

Literaturverzeichnis

ι.

Texte

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