Die richtige Partei im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren: Sachlegitimation - "Klagerecht" - Prozessführungsbefugnis. Dissertationsschrift 9783161564161, 9783161564178, 3161564162

Wer kann als Partei über ein Recht bzw. ein Rechtsverhältnis einen Zivilprozess 'führen' bzw. in einem solchen

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German Pages 158 [177] Year 2018

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Kapitel: Forschungsgegenstand
2. Kapitel: Die Sachlegitimation
I. Überblick über den heutigen Meinungsstand
II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts der Sachlegitimation
III. Heutiger Bedeutungsgehalt
3. Kapitel: Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis
I. Die Vermeidung von Popularklagen als vermeintlicher Entstehungsgrund der Prozessführungsbefugnis
II. Die Verselbstständigung des Klagerechts vom materiellen Anspruch
1. Windscheids Aufspaltung der actio in Anspruch und Klagerecht
2. Degenkolbs Lehre vom abstrakten Klagerecht
3. Wachs Lehre vom Rechtsschutzanspruch
4. Hellwigs Lehre vom konkreten Klagerecht
5. Rezeption der Hellwig’schen Lehre
III. Zwischenergebnis
4. Kapitel: Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess im geltenden Recht
I. Vorbemerkung
II. Das Recht auf richterliche Beurteilung
1. Das Kummer’sche Klagerecht
2. Der Justizgewährungsanspruch
III. Das Recht auf ein günstiges Urteil
1. Der Rechtsschutzanspruch
2. Klagbarkeit und „Klagebefugnis“
a) Meinungsstand
b) Der materielle Anspruch
c) Materiellrechtlich fundierte Klagebefugnis?
d) Klagbarkeit als eine vom materiellen Recht vorgegebene Eigenschaft
IV. Gestaltungsklagen als Sonderfälle?
V. Zwischenergebnis
5. Kapitel: Die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien
I. „Richtiger“ Kläger und „richtiger“ Beklagter
II. Die Gefahr von Popularklagen
1. Der Begriff der Popularklage
2. Einwände gegen die Zulassung von Popularklagen
3. Stellungnahme
III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft
1. Die Urteilswirkung der materiellen Rechtskraft
2. Die Grenzen der materiellen Rechtskraft
3. Funktionsverlust bei Zulassung von Popularklagen
4. Folgerungen
IV. Zwischenergebnis
6. Kapitel: Die richtigen Parteien
I. Meinungsstand
1. Bestimmung der richtigen Parteien anhand der Prozessführungsbefugnis
2. Bestimmung der richtigen Parteien anhand des Feststellungsinteresses
II. Stellungnahme
III. Eigener Lösungsansatz
1. Vorbemerkung
2. Die richtigen Parteien in Gestaltungsklagen
3. Die richtigen Parteien in Leistungs- und Feststellungsklagen
a) Grundsatz: Die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses
b) Prozessstandschaft
4. Die richtigen Parteien bei gemeinschaftlicher Berechtigung bzw. Verpflichtung mehrerer Personen
IV. Zwischenergebnis
7. Kapitel: Prozessuale Behandlung
I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien
1. Funktionaler Zusammenhang mit der Erhaltung der Ordnungsaufgabe der materiellen Rechtskraft
2. Zulässige Beschränkung der Verfahrensgrundrechte
3. Ungeschriebene Prozessvoraussetzung?
a) Teilgehalt des Rechtsschutzinteresses?
b) Teilgehalt der Partei- bzw. der Prozessfähigkeit?
c) Eigenständige, ungeschriebene Prozessvoraussetzung
II. Überprüfung im Prozess
1. Überprüfung von Amtes wegen
2. Überprüfung im Schlichtungsverfahren?
3. Vorgehen im Falle der Beteiligung falscher Parteien
III. Voraussetzung für eine Beendigung des Verfahrens ohne Entscheid nach Art. 241 ZPO?
IV. Folgen einer fehlerhaften Beurteilung
8. Kapitel: Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft?
I. Meinungsstand
II. Stellungnahme und eigene Lösung
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Materialienverzeichnis
Sach- und Personenregister
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Die richtige Partei im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren: Sachlegitimation - "Klagerecht" - Prozessführungsbefugnis. Dissertationsschrift
 9783161564161, 9783161564178, 3161564162

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Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht Band 151 herausgegeben von

Rolf Stürner

Predrag Sunaric

Die richtige Partei im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren Sachlegitimation – „Klagerecht“ – Prozessführungsbefugnis

Mohr Siebeck

Predrag Sunaric, geboren 1988; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Zürich (MLaw) sowie am King’s College London (LL.M.); 2014–17 wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Römisches Recht und Privatrecht an der Universität Zürich; 2018 Promotion; derzeit Substitut in Zürich.

Diss. 2018, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Zürich. ISBN  978-3-16-156416-1 / eISBN  978-3-16-156417-8 DOI 10.1628/978-3-16-156417-8 ISSN  0722-7574 / eISSN  2568-7255 (Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Times gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.

Meinen lieben Eltern

Vorwort Die Entstehung der vorliegenden Arbeit haben zahlreiche Personen in verschiedenster Weise unterstützt. Ich möchte an dieser Stelle all jenen meinen ganz herzlichen Dank aussprechen, ohne die ein erfolgreicher Abschluss nicht möglich gewesen wäre. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt dabei meinem Doktorvater Prof. Dr. Dres. h.c. Wolfgang Ernst, der meine Arbeit von der Themenwahl bis hin zur Drucklegung stets mit grossem Interesse und Wohlwollen begleitet hat. Die ­Tätigkeit als Assistent an seinem Lehrstuhl war für mich sowohl in fachlicher wie auch in menschlicher Hinsicht eine ausserordentliche Bereicherung. Prof. Dr. Samuel P. Baumgartner ist für die Übernahme der Zweitbegutachtung gedankt. Prof. Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner möchte ich für die Aufnahme der Dissertation in die Schriftenreihe meinen Dank aussprechen. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts danke ich Dr. Robert Lauko sowie MLaw Moritz Kellenberger. Ein herzliches Dankeschön gilt sodann Dr. Cordula Lötscher, welche mir ihre Dissertation zur Prozessstandschaft im schweizerischen Zivilprozess freundlicherweise noch vor deren Publikation elektronisch zukommen liess sowie Andrea Schärer für das zügig erstellte und akkurate Lektorat. Der grösste Dank gebührt aber den mir wichtigsten Personen: Meiner Schwester Marina Sunaric sowie meiner Freundin Christina Wipf, welche stets bedingungslos für mich da waren und – vor allem – meinen Eltern, Dusanka und Dragan Sunaric, ohne deren fortwährende und liebevolle Unterstützung in sämtlichen Belangen ich heute nicht dort stehen würde, wo ich stehe. Letzteren ist die vorliegende Arbeit von Herzen gewidmet. Zürich, im Frühling 2018

Predrag Sunaric

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Kapitel:  Forschungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Kapitel:  Die Sachlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung       der Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . 21 4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte      zum Prozess im geltenden Recht . . . . . . . . . . . 39 5. Kapitel:  Die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung       der richtigen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 6. Kapitel:  Die richtigen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 103 8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft? 129 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Kapitel:  Forschungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Kapitel:  Die Sachlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Überblick über den heutigen Meinungsstand . . . . . . . . . . 11 II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts der Sachlegitimation . . . . . . . . . . . . . 13 III. Heutiger Bedeutungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Die Vermeidung von Popularklagen als vermeintlicher ­Entstehungsgrund der Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . 21 II. Die Verselbstständigung des Klagerechts vom materiellen Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Windscheids Aufspaltung der actio in Anspruch und Klagerecht 24 2. Degenkolbs Lehre vom abstrakten Klagerecht . . . . . . . . 28 3. Wachs Lehre vom Rechtsschutzanspruch . . . . . . . . . . . 30 4. Hellwigs Lehre vom konkreten Klagerecht . . . . . . . . . . 32 5. Rezeption der Hellwig’schen Lehre . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

XII

Inhaltsverzeichnis

4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess im geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 II. Das Recht auf richterliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Das Kummer’sche Klagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Der Justizgewährungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Das Recht auf ein günstiges Urteil . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Der Rechtsschutzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Klagbarkeit und „Klagebefugnis“ . . . . . . . . . . . . . . . 50 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Der materielle Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Materiellrechtlich fundierte Klagebefugnis? . . . . . . . . 55 d) Klagbarkeit als eine vom materiellen Recht vorgegebene ­Eigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 IV. Gestaltungsklagen als Sonderfälle? . . . . . . . . . . . . . . . 60 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5. Kapitel:  Die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. „Richtiger“ Kläger und „richtiger“ Beklagter . . . . . . . . . . 65 II. Die Gefahr von Popularklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Der Begriff der Popularklage . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Einwände gegen die Zulassung von Popularklagen . . . . . . 67 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft . . . . 69 1. Die Urteilswirkung der materiellen Rechtskraft . . . . . . . 69 2. Die Grenzen der materiellen Rechtskraft . . . . . . . . . . . 73 3. Funktionsverlust bei Zulassung von Popularklagen . . . . . 75 4. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

6. Kapitel:  Die richtigen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Bestimmung der richtigen Parteien anhand der Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Bestimmung der richtigen Parteien anhand des Feststellungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Inhaltsverzeichnis

XIII

III. Eigener Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Die richtigen Parteien in Gestaltungsklagen . . . . . . . . . 86 3. Die richtigen Parteien in Leistungs- und Feststellungsklagen 88 a) Grundsatz: Die vermeintlichen Subjekte des streitigen ­Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4. Die richtigen Parteien bei gemeinschaftlicher Berechtigung bzw. Verpflichtung mehrerer Personen . . . . . . . . . . . . 97 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien . . . . . . . . 103 1. Funktionaler Zusammenhang mit der Erhaltung der Ordnungsaufgabe der materiellen Rechtskraft . . . . . . 103 2. Zulässige Beschränkung der Verfahrensgrundrechte . . . . . 105 3. Ungeschriebene Prozessvoraussetzung? . . . . . . . . . . . 107 a) Teilgehalt des Rechtsschutzinteresses? . . . . . . . . . . . 108 b) Teilgehalt der Partei- bzw. der Prozessfähigkeit? . . . . . 112 c) Eigenständige, ungeschriebene Prozessvoraussetzung . . 112 II. Überprüfung im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Überprüfung von Amtes wegen . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Überprüfung im Schlichtungsverfahren? . . . . . . . . . . . 119 3. Vorgehen im Falle der Beteiligung falscher Parteien . . . . . 121 III. Voraussetzung für eine Beendigung des Verfahrens ohne Entscheid nach Art.  241 ZPO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 IV. Folgen einer fehlerhaften Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . 126

8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft? 129 I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Stellungnahme und eigene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Abkürzungsverzeichnis a. A. anderer Ansicht a. a. O. am angegebenen Ort a. E. am Ende a. M. am Main AB Amtliches Bulletin der Schweizerischen Bundesversammlung ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch vom 1. Juni 1811 (Österreich) Abs. Absatz aBV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, SR 101 AcP Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) aCPO D Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 (Deutsches Reich) AG Kanton Aargau AGVE Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide AJP Aktuelle Juristische Praxis (Zeitschrift) Art. Artikel Aufl. Auflage BBl Bundesblatt Bd. Band BE Kanton Bern Bearb. Bearbeitung Bericht BR Bericht des Bundesrates vom 3. Juli 2013 über kollektiven Rechtsschutz in der Schweiz – Bestandesaufnahme und ­Handlungsmöglichkeiten, Bern 2013, VPB 2013 Nr.  7, S.  59 ff. BGB Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (Deutschland) BGE Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts (amtliche Sammlung) BGer Bundesgericht BGH Bundesgerichtshof (Deutschland) BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen ­(Deutschland) BL Kanton Basel-Landschaft Botschaft BV Botschaft des Bundesrates über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I, S.  1 ff. Botschaft OR Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Obligationenrechts (Verjährungsrecht) vom 29. November 2013, BBl S.  235 ff. Botschaft ZPO Botschaft des Bundesrates zur Schweizerischen Zivilprozess­ ordnung (ZPO) vom 28. Juni 2006, BBl 2006, S.  7221 ff. BR Bundesrat oder Bündner Rechtsbuch

XVI

Abkürzungsverzeichnis

bspw. beispielsweise BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, SR 101 BZP Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess vom 4. Dezember 1947, SR 273 bzw. beziehungsweise D. Digesta d. h. das heisst ders. derselbe dies. dieselbe/-n Diss. Dissertation DSG Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) vom 19. Juni 1992, SR 235.1 E ZPO Entwurf zur Schweizerischen Zivilprozessordnung ­(Zivilprozessordnung, ZPO), BBl 2006, S.  7413 ff. E. Erwägung/-en EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einl. Einleitung einschl. einschliesslich EMRK Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der ­Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention), SR 0.101 f./ff. folgende/fortfolgende Fn. Fussnote gem. gemäss GesKR Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) GL Kanton Glarus gl. Glossa/Glosse GR Kanton Graubünden GS Gesetzessammlung des Kantons Glarus HGer Handelsgericht Hrsg. Herausgeber i. E. im Ergebnis i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit insb. insbesondere inst. institutiones Jherb Jherings Jahrbücher (Zeitschrift) JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JZ JuristenZeitung (Zeitschrift) Kap. Kapitel KGer Kantonsgericht KV SH Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002, SR 131.223 LGVE Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide LS Loseblattsammlung des Kantons Zürich LU Kanton Luzern m.w.Nachw. mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis

XVII

mp Mietrechtpraxis (Zeitschrift) N Note/-n NDB Neue Deutsche Biographie NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nr. Nummer/-n OGer Obergericht OGH Oberste Gerichtshof (Österreich) OR Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Fünfter Teil: Obligationenrecht), SR 220 pr. principium Pra Die Praxis des Bundesgerichts (Zeitschrift) recht recht (Zeitschrift) resp. respektive RG Reichsgericht (Deutsches Reich) RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Deutsches Reich) s. siehe S. Seite SchKG Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889, SR 281.1 SGS Systematische Gesetzessammlung des Kantons Basel-Landschaft SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung (Zeitschrift) sog. sogenannt/-e SR Systematische Sammlung des Bundesrechts SZ Sammlung Zivilrecht (Österreich) SZZP Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozessrecht (Zeitschrift) TREX Der Trauhandexperte (Zeitschrift) u. a. unter anderem URL Uniform Resource Locator VE ZPO Vorentwurf der Expertenkommission für eine Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), Juni 2003, URL: https://www.bj. admin.ch/dam/data/bj/staat/gesetzgebung/archiv/zivilprozessrecht/ entw-zpo-d.pdf, zuletzt besucht am 29. Mai 2018 vgl. vergleiche Vorb. Vorbemerkung VPB Verwaltungspraxis der Bundesbehörden ZBJV Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins (Zeitschrift) ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, SR 210 ZH Kanton Zürich Ziff. Ziffer zit. zitiert ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung) SR 272 ZPO BL Gesetz betreffend die Zivilprozessordnung vom 21. September 1961 (Kanton Basel-Landschaft), SGS 221 ZPO D Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (Deutschland)

XVIII ZPO GL ZPO GR ZPO ZH ZR ZSR ZZP ZZZ

Abkürzungsverzeichnis Zivilprozessordnung des Kantons Glarus vom 6. Mai 2001, GS III C/1 Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden vom 20. Juni 1945, BR 320.000 Gesetz über den Zivilprozess vom 13. Juni 1976 (Kanton Zürich), LS 271 Blätter für Zürcherische Rechtsprechung Zeitschrift für Schweizerisches Recht (Zeitschrift) Zeitschrift für Zivilprozess (Zeitschrift) Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozess- und Zwangs­ vollstreckungsrecht (Zeitschrift)

Einleitung „D[as] Verhältnis von materiellem Recht und Prozeß­ recht, mit dem, so scheint es, niemand je zu Ende kommt, stellt sich jeder Zeit neu und es stellt sich jedem Juristen, dem an einem ganzheitlichen Grundverständ­ nis von Recht und Rechtsverwirklichung liegt.“ Wolfgang Zöllner, AcP 190 (1990), S.  476.

Zivilrecht und Zivilprozessrecht werden heute als zwei selbstständige Teil­ rechtsordnungen begriffen. Dem Zivilrecht wird die Aufgabe zugewiesen, die Entstehung, den Inhalt und den Untergang privater Rechte und Rechtsverhält­ nisse zu regeln, wohingegen das Zivilprozessrecht bestimmt, auf welche Weise die privaten Rechte und Rechtsverhältnisse verbindlich festgestellt und durch­ gesetzt werden können.1 Das Zivilrecht bildet Bestandteil des Privatrechts, das Zivilprozessrecht wird dagegen zum öffentlichen Recht hinzugezählt.2 Zivil­ recht und Zivilprozessrecht werden in der heutigen universitären Ausbildung für gewöhnlich an verschiedenen Lehrstühlen unterrichtet und getrennt geprüft. Noch bis vor kurzem bestand gar eine unterschiedliche verfassungsrechtliche Kompetenzaufteilung: Bis zu der Revision der Bundesverfassung vom 12. März 2000 lag die Gesetzgebung im Bereich des Zivilprozessrechts in der Kompetenz der Kantone, im Gebiet des Zivilrechts dagegen in der Kompetenz des Bundes.3 Die uns heute so geläufige Unterscheidung zwischen Zivilrecht und Zivilpro­ zessrecht ist aus historischer Perspektive keine Selbstverständlichkeit, sondern das Produkt einer langwierigen Entwicklung weg vom römischrechtlichen Ak­ tionensystem, hin zu einem ausdifferenzierten System subjektiver Privatrechte und Regelungen, die deren gerichtliche Durchsetzbarkeit sichern sollen.4 Das 1  Guldener, Zivilprozessrecht, S.  54; Beinert, S.  8, 21; Willisegger, S.  41, 45; Berti, Ein­ führung, N 27; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  482. 2  Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  1 N 5; Spühler/Dolge/Gehri, 1.  Kap.  N 24; Willisegger, S.  46; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 30 f.; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  482. 3  Art.  6 4 aBV. Zur Geschichte des schweizerischen Zivilprozessrechts s. auch Staehelin/ Staehelin/Grolimund, §  2. 4  Zöllner, AcP 190 (1990), S.  471; Wagner, AcP 193 (1993), S.  320 f.; Coing, S.  29 ff.

2

Einleitung

klassische römische Recht war noch gekennzeichnet von einer „ganz unmittel­ baren Beziehung“ zwischen der Existenz eines Rechts und der Möglichkeit sei­ ner prozessualen Verwirklichung.5 Materielles Recht und Prozessrecht wurden nicht systematisch getrennt.6 Der Zentralbegriff der actio stand so zugleich für die Möglichkeit zu klagen, als auch für die materielle Berechtigung.7 Ein abstrak­ter Rechtsbegriff der materiellen Berechtigung, wie jener des subjek­ tiven Rechts in seiner heutigen Ausgestaltung, war dem klassischen römischen Recht fremd;8 wie sich das der Klage zugrunde liegende Recht systematisch fassen liess, stand nicht im Mittelpunkt des Interesses der damaligen Juristen.9 Die materielle Berechtigung wurde im Wesentlichen stets nur als ein Reflex bzw. als eine Äusserung der actio aufgefasst.10 Diese Auffassung hielt sich im kontinentaleuropäischen Rechtsraum bis weit ins Mittelalter hinein. Erst ab der Zeit der Glossatoren wurde der materiellrechtlichen Grundlage der Klage ver­ mehrt Aufmerksamkeit geschenkt.11 Man begann, ihr eigenständige begriff­ lich-dogmatische Relevanz zuzuerkennen.12 Zeitgleich löste man sich von der Vorstellung, wonach sich die materielle Berechtigung lediglich als Reflex der actio auffassen liess.13 Die Entwicklung hin zu der uns heute geläufigen, isolier­ ten Betrachtungsweise der materiellen Rechte vollzog sich indessen erst im Laufe des 18. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Naturrechtslehre14 und wur­ de Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Arbeiten Windscheids,15 v. Bülows16 sowie Degenkolbs17 endgültig wissenschaftlich besiegelt.18 Das subjektive Pri­ vatrecht und die Möglichkeit seiner prozessualen Verwirklichung wurden fort­ an getrennt gedacht, Zivilrecht und Zivilprozessrecht als zwei selbstständige

5  Honsell, S.  374 mit Hinweis auf D. 44,7,51 (Celsus): „nihil aliud est actio quam ius quod sibi debeatur, iudicio persequendi.“ 6  Kaser/Knütel/Lohsse, §  80 N 1. 7  Kaser/Knütel/Lohsse, §  4 N 6; Kummer, Klagerecht, S.  11; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  483. 8  Wagner, AcP 193 (1993), S.  320. 9  Kummer, Klagerecht, S.  11; Coing, S.  36 f.; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  483 f. 10  Kaser/Knütel/Lohsse, §  4 N 7; Kummer, Klagerecht, S.  11. 11  Wagner, AcP 193 (1993), S.  320; Coing, S.  38 ff.; Zöllner, AcP 190 (1990), S.  472; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  484 ff. 12  Wagner, AcP 193 (1993), S.  320; Coing, S.  38 ff.; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  484 ff. 13  Vgl. etwa gl. actio autem ad Inst. 4.6 pr.: „Obligatio est causa et mater actionis […]“ sowie dazu Coing, S.  40 m. w. Nachw. 14  Zöllner, AcP 190 (1990), S.  472 f. m.w.Nachw; Funcke, S.  37 f.; Georgiades, S.  27 f. 15  Die Actio des römischen Civilrechts, vom Standpunkte des heutigen Rechts (1856). 16  Die Lehre von den Proceßeinreden und Proceßvoraussetzungen (1868). 17  Einlassungszwang und Urteilsnorm, Beiträge zur materiellen Theorie der Klagen ins­ besondere der Aberkennungsklagen (1877). 18  Zu den Lehren Windscheids und Degenkolbs s. hinten 3.  K ap.  I I. 1. und 2.

Einleitung

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Teilrechtsordnungen begriffen.19 Das Verhältnis beider Teilrechtsordnungen zueinander blieb jedoch in vielerlei Hinsicht ungeklärt und beschäftigte in der Folge ganze Generationen von Juristen.20 Das komplexe Verhältnis von Zivilrecht und Zivilprozessrecht weist auch heute noch zahlreiche ungeklärte Teilaspekte auf. Der Problemkreis der „richti­ gen Partei“ greift aus diesem Themenkomplex spezifisch die Frage heraus, wer als Partei über ein Recht bzw. ein Rechtsverhältnis einen Zivilprozess „führen“ bzw. in einem solchen eine Sachentscheidung erwirken kann. Dieses auf den ersten Blick eher banal anmutende Thema erweist sich bei genauerem Hinsehen als eines der „interessantesten und schwierigsten“ Probleme aus dem Grenz­ gebiet zwischen Zivilrecht und Zivilprozessrecht, da es aufs Engste „mit der Beziehung zwischen der Führung eines bestimmten Prozesses und dem durch die Klage geltend gemachten subjektiven Privatrecht“ zusammenhängt.21 Die Aufgabe der Bestimmung der „richtigen Partei“ wird heutzutage für ge­ wöhnlich dem dogmatischen Konstrukt der Prozessführungsbefugnis zugewie­ sen. Dieses steht denn auch im Mittelpunkt der nachfolgenden Untersuchung. Will man dem Thema gerecht werden, so kommt man indessen nicht umhin, auch allgemeine Überlegungen zur Frage nach dem heutigen Verhältnis zwi­ schen dem Zivilrecht und dem Zivilprozessrecht anzustellen. Dabei wird na­ mentlich zu untersuchen sein, welche Bedeutung den vermeintlich funktions­ verwandten Rechtsinstituten der Sachlegitimation und des „Klagerechts“ heut­ zutage noch zukommt.

19  Zu der Entwicklung der Verselbständigung des Klagerechts vom materiellen Anspruch s. hinten 3.  Kap.  II. 20  Vgl. nur Zöllner, AcP 190 (1990), S.  475 Fn.  17 mit einer nicht abschliessenden Aufzäh­ lung der Beiträge aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die sich explizit diesem Ver­ hältnis annahmen. 21  Kisch, S.  403, 405.

1. Kapitel

Forschungsgegenstand Am 1. Januar 2011 ist die schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten und hat den bis dahin fragmentierten, da kantonal geregelten Zivil­ prozess für die Schweiz vereinheitlicht. Das Erfordernis der Prozessführungs­ befugnis, wie es noch einige kantonale Zivilprozessordnungen vorsahen,1 er­ wähnt die ZPO nicht mehr explizit. Auch in der Botschaft wird einzig punktuell im Zusammenhang mit der Regelung der Veräusserung des Streitobjekts von einem der veräussernden Partei verbleibenden „Prozessführungsrecht“ gespro­ chen;2 allgemeine Ausführungen zu diesem „Recht“ sucht man indessen ver­ geblich. Nichtsdestotrotz wird das Erfordernis der Prozessführungsbefugnis in der Schweiz heute für die ZPO in der Lehre und Rechtsprechung allgemein be­ jaht. Die Prozessführungsbefugnis wird dabei für gewöhnlich als die Befugnis verstanden, einen Prozess über ein Recht bzw. ein Rechtsverhältnis im eigenen Namen führen zu können,3 und als solche als eine ungeschriebene Prozessvor­ aussetzung im Sinne von Art.  59 ZPO aufgefasst.4 Fehlt es einer der vor Gericht 1  Vgl. Art.  97 ZPO GL, §  50 ZPO BL sowie Art.  25 ZPO GR. Die genannten Bestimmun­ gen wiesen unterschiedliche Regelungsinhalte auf; einzig Art.  97 ZPO GL befasste sich da­ bei mit der Frage, wer ein Recht im eingen Namen vor Gericht geltend machen kann, indem es festhielt: „Eine Person kann Rechte Dritter in eigenem Namen vor Gericht wahrnehmen, wenn das Bundesrecht dies vorsieht.“ 2  Botschaft ZPO, S.  7286. 3  Urteil des HGer ZH HG140160 vom 17. März 2016 E. 1.3.2; Staehelin/Staehelin/Groli­ mund, §  13 N 24; Meier, S.  159; Willisegger, S.  66; Berti, Einführung, N 339; Domej, KUKO ZPO, Art.  67 N 20 sowie Art.  59 N 21; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 67; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 95. Deckungsgleiche Begriffsdefinitionen finden sich auch in der deutschen Lehre, s. Picht, ZZP 131 (2018), S.  94; Jacoby, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  50 N 27 sowie Heintzmann, S.  57. Lötscher, N 50 will die Begriffsdefinition wie folgt ergänzen: „Es handelt sich bei der Prozessführungsbefugnis um die Befugnis, einen Prozess über einen konkreten Streitgegenstand zu führen und in eigener Person in den Grenzen des Zivilprozess­ rechts über diesen prozessual zu disponieren“ [Hervorhebung im Orignial]. 4  Urteil des HGer ZH HG140160 vom 17. März 2016 E. 1.3.2; Staehelin/Staehelin/Groli­ mund, §  13 N 27; Meier, S.  230; Berti, Einführung, N 340; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 21 m. w. Nachw. sowie Art.  67 N 20; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 69; Klopfer, SJZ 112 (2016), S.  29; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 9; Bohnet, Procédure, N 1047. So bereits vor Inkrafttreten der ZPO: Habscheid, Zivilprozessrecht, N 276 f.; Kopp, S.  40 ff. Lötscher, N 71,

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1. Kapitel:  Forschungsgegenstand

auftretenden Parteien an der Prozessführungsbefugnis, ist das Verfahren dem­ nach durch einen Nichteintretensentscheid abzuschliessen.5 Weiter ist man sich im Ergebnis einig, dass die Prozessführungsbefugnis grundsätzlich nur den Subjekten des streitigen Rechtsverhältnisses zusteht und lediglich in Ausnah­ mefällen auch rechtsfremden Personen zukommt;6 diese Ausnahmefälle fasst man unter dem Begriff der Prozessstandschaft zusammen.7 Die allgemeine Akzeptanz über das Bestehen des Erfordernisses der Prozess­ führungsbefugnis täuscht über die vorhandenen Ungereimtheiten hinsichtlich dieses dogmatischen Konstrukts hinweg. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass bereits hinsichtlich der Frage, was unter der Prozessführungsbefugnis genau zu verstehen ist, keine Einigkeit besteht. Stellt die Prozessführungsbefugnis – wie es ihr Wortlaut vermuten liesse – wirklich eine Befugnis im technischen Sinne, sprich ein Sonderrecht dar? Oder ist damit schlicht eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Streitgegenstand bzw. zu dem, dem Streitgegenstand zugrunde liegenden streitigen Rechtsverhältnis gemeint, die vorliegen muss, damit das Verfahren nicht mittels Prozessentscheid als unzulässig abgewiesen wird?8 ­Damit einhergehend ist man sich über die der Prozessführungsbefugnis zuge­ schriebene Funktion uneins. Kennzeichnet die Prozessführungsbefugnis ledig­ lich den Kreis derjenigen Parteien, die als „richtige Parteien“ eine Entscheidung in der Sache erlangen können oder äussert sie sich zur Frage, wer als „richtige Partei“ einen Prozess führen kann, wobei hier wiederum unklar ist, was unter „Prozessführung“ genau zu verstehen ist.9 Umstritten ist ferner, woraus sich die 185, weist darauf hin, dass es auch denkbar wäre die Prozessführungsbefugnis als Teilgehalt des in Art.  59 Abs.  2 lit.  a ZPO explizit normierten Rechtsschutzinteresses auffassen. Zur Frage, inwieweit der Prozessführungsbefugnis neben dem Rechtsschutzinteresse eigenstän­ dige Bedeutung zuzumessen ist, s. hinten 7.  Kap.  I. 3. a. 5  Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 27; Berti, Einführung, N 340; Domej, KUKO ZPO, Art.  67 N 20. 6  Urteil des BGer 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5; Meier, S.  159; Bohnet, Procé­ dure, N 391; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 95; Lötscher, N 52 ff., 61, 1807; Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, N 343; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 21 sowie Art.  67 N 21. Willisegger, S.  67 f., 74, wobei aber in der Terminologie zwischen „Prozessführungsbefugnis“, „Prozess­ führungsrecht“ und „Klagebefugnis“ schwankend. So bereits vor Inkrafttreten der ZPO: Habscheid, Zivilprozessrecht, N 276 f.; Beinert, S.  24; Kopp, S.  7. 7  Urteil des BGer 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5; Lötscher, N 1, 3, 1807; Staehelin/­ Staehelin/Grolimund, §  13 N 25; Pichler, S.  36; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 67; Meier, S.  159; Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, N 343; So bereits vor Inkrafttreten der ZPO: Beinert, S.  15. Heute fasst denn auch die herrschende Lehre die Prozessstandschaft als ein Auseinanderfallen von Sachlegitimation und Prozessführungsbefugnis auf, vgl. Lötscher, N 85 m. w. Nachw. sowie N 123. 8  S. dazu hinten 6. und 7.  K ap. 9  S. dazu hinten 7.  K ap.

1. Kapitel:  Forschungsgegenstand

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Prozessführungsbefugnis herleitet. Ergibt sie sich aus der (behaupteten) Rechts­ inhaberschaft, aus der (behaupteten) materiellen Verfügungsbefugnis, aus dem klägerischen Rechtsschutzinteresse, aus dem „Klagerecht“ bzw. der „Klage­ befugnis“ oder ist sie nicht vielmehr Ausdruck einer sachlichen Beziehung zwi­ schen der „richtigen Partei“ und dem, dem Streitgegenstand zugrunde liegenden streitigen Rechtsverhältnis?10 Zahlreiche grundlegende Fragen werden nur an­ satzweise oder gar nicht thematisiert; etwa, ob die Prozessführungsbefugnis stets als Prozessvoraussetzung zu prüfen ist, ob sie sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite gefordert wird und ob sie sich bei Leistungs-, Feststellungssowie Gestaltungsklagen nach denselben Regeln bestimmt.11 Die mangelnde dogmatische Durchdringung zeigt sich schliesslich auch bei der Behandlung der Frage der Zulässigkeit gewillkürter Prozessstandschaften. Rechtsprechung und Lehre halten am Befund, diese sei nach schweizerischem Verfahrensrecht unzu­ lässig, zumeist ohne weitere Ausführungen fest; Gründe, die aus dogmatischer Sicht für oder gegen eine solche Möglichkeit sprechen, werden dagegen nur selten vorgetragen.12 Die Bestimmung des genauen Wesensgehalts der Prozessführungsbefugnis wird durch terminologische Ungereimtheiten erschwert. Neben dem Begriff der Prozessführungsbefugnis wird eine ganze Bandbreite von Begriffen teilweise synonym zur Beschreibung der uns hier interessierenden Rechtsposition ver­ wendet, wobei diesen Begriffen aber zeitgleich eine andere Bedeutung zuge­ wiesen wird. So werden unter anderem die Begriffe der „Klagebefugnis“, des „Klagerechts“ als auch und vor allem derjenige der „Sachlegitimation“ teilweise synonym mit dem Begriff der Prozessführungsbefugnis verwendet.13 Zusätz­ lich verwirrend tritt hinzu, dass man sich nicht einig ist, wie der Begriff der Prozessführungsbefugnis auf Französisch und auf Italienisch bezeichnet wer­ den soll. Für gewöhnlich wird die Prozessführungsbefugnis im Französischen mit „qualité pour agir“ bzw. „qualité pour défendre“ übersetzt.14 „Qualité pour agir“ bzw. „qualité pour défendre“ wird jedoch auch als Übersetzung des deutschsprachigen Begriffspaares der Aktiv- und Passivlegitimation verwen­ det.15 Daneben wird die Prozessführungsbefugnis auch mit „faculté de conduire

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S. dazu hinten 6.  Kap. S. dazu hinten 5. und 6.  Kap. 12  S. dazu hinten 8.  K ap. 13  Vgl. Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 32 m. w. Nachw. sowie hinten 2.  K ap. 14  BGE 139 III 391 E. 5; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 94 ff.; Bohnet, Procédure, N 390 f.; Bohnet, SZZP 2017, S.  484; Bettschart, GesKR (2015), S.  435 Fn.  61. 15  BGE 142 III 782 E. 3.1.3.2; BGE 139 III 504 E. 1.2; BGE 138 III 537 E. 2.2.1; Hohl, N 759 ff. 11 

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1. Kapitel:  Forschungsgegenstand

le procès comme partie“16 sowie mit „capacité de procéder“17 übersetzt.18 Im Italienischen wird die Prozessführungsbefugnis für gewöhnlich mit „legittima­ zione a condurre il processo“19, zuweilen aber auch mit „qualità per agire“20 übersetzt, wobei „qualità per agire“ wiederum als Übersetzung für den deutschsprachigen Begriff der Aktivlegitimation verwendet wird.21 Den besag­ ten t­erminologischen Ungereimtheiten ist auch das Bundesgericht verfallen. Es ­unterscheidet in seiner Rechtsprechung als Folge dessen namentlich ungenau zwischen der Sachlegitimation und der Prozessführungsbefugnis.22 Zum eigent­ lichen Gehalt dieser beiden Institute hat es sich dabei bislang nicht ge­äussert. Vielmehr hat es die in der Lehre vorgetragenen Begriffsverständnisse aufge­ nommen und teils unsauber miteinander vermengt und damit das seine dazu beigetragen, dass heute über den genauen Gehalt der Prozessführungsbefugnis nur wenig als gesichert gilt. Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um ein historisch gewachse­ nes dogmatisches Konstrukt, das von der deutschen Prozessrechtslehre Eingang in die schweizerische fand. Dies ist insofern nicht weiter erstaunlich, als die schweizerische Prozessrechtsdoktrin in weiten Teilen der deutschen entlehnt ist.23 Auch heute wird bei der Erörterung dieses Prozessrechtsinstituts zu Recht immer wieder auf das deutsche Recht verwiesen. Indessen werden dabei zu­ meist nur die Ergebnisse der im deutschen Schrifttum geführten Diskussion übernommen. Eine eigentliche dogmatische Auseinandersetzung findet hier­ zulande nicht statt. Dies hängt stark damit zusammen, dass es an wissenschaft­ lichen Untersuchungen zur Grundkonstellation der Prozessführungsbefugnis im schweizerischen Recht ganz allgemein mangelt. Die Problematik der Pro­ zessführungsbefugnis wird in der Doktrin meistens nur im Hinblick auf die besonders gelagerten Fälle der Prozessstandschaft diskutiert, und dies darüber hinaus zumeist stark positivistisch. In der vorliegenden Arbeit soll der Versuch unternommen werden, sich dem geschichtlich gewachsenen Konstrukt der Prozessführungsbefugnis grundle­ gend anzunehmen und der Frage nachzugehen, ob und – bejahendenfalls – wie es im Rahmen der ZPO Beachtung findet. Die Untersuchung legt den Fokus auf Urteil des BGer 6B_834/2011 vom 11. Januar 2013 E. 2.1; Hohl, N 798 ff. Urteil des BGer 4A_163/2014 vom 16. Juni 2014 E. 2, 2.2. 18  Zu den Übersetzungsschwierigkeiten ausführlich Bohnet, SZZP 2017, S.  475 ff. 19  BGE 139 III 391 Regeste; BGE 142 III 78 Regeste. 20  Urteil des BGer 5A_578/2009 vom 12. Oktober 2009, SZZP 2010, S.  29 ff. Regeste (französisch); Urteil des BGer 5A_33/2014 vom 26. Februar 2014, SZZP 2014, S.  211 ff. ­Regeste (französisch). 21  Urteil des BGer 4A_408/2008 vom 26. Februar 2009 E. 5. 22  S. hinten 2.  K ap.  I., dort insb. Fn.  12. 23  Spühler/Dolge/Gehri, 1.  K ap.  N 35 ff. sowie Guldener, Herkunft, S.  11 ff. 16  17 

1. Kapitel:  Forschungsgegenstand

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den Grundfall der Prozessführungsbefugnis, mithin den Fall, dass eine Person ein vermeintlich eigenes Recht im eigenen Namen vor Gericht geltend macht. Auf die einzelnen, positivrechtlich angelegten Fälle der Prozessstandschaft wird dagegen nicht einzeln eingegangen. Für diese sei auf die kürzlich erschie­ nene Dissertation von Lötscher24 verwiesen. Vorsorglich sei noch angemerkt, dass mit der vorliegenden Untersuchung kein Beitrag zu der sich im Rechtsmittelverfahren stellenden Problematik der Beschwerdelegitimation geleistet werden soll. Diese Problematik, die sich hauptsächlich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Berufungs- bzw. Be­ schwerdekläger durch den angefochtenen Entscheid als „beschwert“ angesehen werden kann (vgl. Art.  76 BGG),25 gilt es von der uns hier interessierenden Fra­ ge nach der „richtigen Partei“ zu unterscheiden, bei der danach gefragt wird, wer in erster Linie, d. h. in einem erstinstanzlichen, zivilprozessualen Erkennt­ nisverfahren zur „Prozessführung“ ermächtigt ist bzw. ein rechtskräftiges Ur­ teil zur Sache als Partei erwirken kann.

24  Die Prozessstandschaft im schweizerischen Zivilprozess, Grundsätze, Auswirkungen und Anwendungsfälle unter Berücksichtigung ausländischer Rechtsordnungen (2016). 25  Vgl. hierzu für das Rechtsmittelsverfahren vor kantonalen Gerichten: Kunz, ZPO­-Rechts­ mittel, Vor Art.  308 ff. N 46 ff. sowie für dasjenige vor Bundesgericht: von Werdt, N 344 ff.

2. Kapitel

Die Sachlegitimation I. Überblick über den heutigen Meinungsstand Die Problematik der Abgrenzung der Prozessführungsbefugnis von der Sach­ legitimation zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Rechts­ instituts der Prozessführungsbefugnis. Die zwei Begriffe „Sachlegitimation“ und „Prozessführungsbefugnis“ wurden und werden zum Teil synonym, zum Teil bewusst gegenüberstellend verwendet.1 Beiden Begriffen wurde in der Ver­ gangenheit und wird teils heute noch die Aufgabe der Bestimmung der „richti­ gen Partei“ zugeschrieben.2 Angesichts des Umstandes, dass die Ursprünge der Sachlegitimation zeitlich weiter zurückreichen als diejenigen der Prozessfüh­ rungsbefugnis und dass der Sachlegitimation zunächst ausschliesslich die Funktion der Bestimmung der „richtigen Partei“ zugewiesen wurde, soll zu­ nächst Klarheit über den Bedeutungsgehalt der Sachlegitimation geschaffen werden, bevor der Frage nachgegangen wird, welche Bedeutung der Prozess­ führungsbefugnis heutzutage zukommt. Die Sachlegitimation wird gleichsam wie die Prozessführungsbefugnis in der ZPO nicht geregelt.3 Hinter dem Begriff verbirgt sich ein dogmatisches Kon­ strukt, das als solches von der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung seit geraumer Zeit anerkannt wird.4 Dieses dogmatische Konstrukt hat seine Ur­ sprünge im gemeinen Prozessrecht der frühen Neuzeit und fand wie die Pro­ zessführungsbefugnis über das deutsche Recht Eingang in das schweizerische Vgl. Windel, S.  27 m. w. Nachw. S. sogleich 2.  Kap.  III sowie hinten 6.  Kap.  I. 3  Andere Gesetzeserlasse erwähnen den Begriff der „Sachlegitimation“ bzw. diejenigen der „Aktiv- und Passivlegitimation“ zwar punktuell, unterlassen es jedoch eine Legaldefini­ tion dieses Begriffs aufzustellen, vgl. so etwa die Marginale zu Art.  290 SchKG sowie Art.  21 Abs.  2 BZP. S. zu der zuletzt genannten Vorschrift BGE 94 I 312 E. 1b. 4  So hat angeblich bereits Professor Reinwald in der Vorlesung zum Bernischen Zivilpro­ zess im Wintersemester 1842/43 die legitimatio ad causam erörtert, s. Kummer, Grundriss, S.  66. Eine Behandlung der Sachlegitimation im älteren schweizerischen Schrifttum findet sich bei Göschke, ZBJV 52 (1916), S.  486; Seifert, S.  8 ff.; Kupfer, S.  89 ff.; Kopp, S.  12 f. m. w. Nachw. Aus der älteren bundesgerichtlichen Rechtsprechung etwa BGE 74 II 215 sowie 94 I 312 E. 1b. 1  2 

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2. Kapitel:  Die Sachlegitimation

Recht. Trotz der weit zurückliegenden Überlieferung bestehen in der schweize­ rischen Prozessrechtsdoktrin noch heute teils tiefgreifende Unstimmigkeiten über den genauen Bedeutungsgehalt der Sachlegitimation. Als allgemein aner­ kannt gilt nur, dass der Sachlegitimation materiellrechtliche Natur zukommt bzw. dass sie sich ausschliesslich nach materiellem Recht richtet5 und dass im Falle eines Mangels der Sachlegitimation das Verfahren in der Sache abzuwei­ sen ist.6 Worüber die Sachlegitimation genau Auskunft gibt, spaltete dagegen seit je her das schweizerische Schrifttum.7 Es stehen sich dabei zwei Bedeutun­ gen gegenüber: Der einen Ansicht folgend steht der Begriff der Sachlegitima­ tion für die subjektive Zuständigkeit am streitigen Recht bzw. Rechtsverhältnis, während nach der anderen Ansicht der Begriff der Sachlegitimation auch oder gar ausschliesslich für die Berechtigung zur gerichtlichen Verfolgung eines Rechts bzw. Rechtsverhältnisses steht. Mitte des letzten Jahrhunderts schien es, als wäre Einigkeit im schweizerischen Schrifttum eingetreten, dass unter dem Begriff der Sachlegitimation nur die materiellrechtliche Rechtszuständigkeit zu verstehen sei.8 In der Folgezeit wurde der Begriff der Sachlegitimation dann aber wieder (teils ausschliesslich) als Ausdruck der Berechtigung verstanden, einen Prozess als Kläger im eigenen Namen führen zu können.9 Die heute herr­ schende Lehre vertritt – mitunter auch bemüht um eine Abgrenzung zur Pro­ zessführungsbefugnis – nun wieder die Ansicht, die Sachlegitimation gebe aus­ schliesslich Antwort auf die Frage, wer hinsichtlich des streitigen Rechts bzw. Rechtsverhältnisses als materiellrechtlich berechtigt (sog. aktivlegitimiert) bzw. verpflichtet (sog. passivlegitimiert) anzusehen sei.10 Daneben wird die Sachlegi­ 5  BGE 138 III 213 E. 2.3; BGE 138 III 537 E. 2.2.1; BGE 139 III 353 E. 2.1; Urteil des BGer 4A_603/2014 vom 11. November 2015 E. 4.2; Urteil des BGer 4A_696/2014 vom 13. März 2015 E. 2.2.1; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 20; Meier, S.  162; Hohl, N 761; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 22 sowie Art.  67 N 20; Lötscher, N 72 m. w. Nachw. 6  Urteil des BGer 4A_696/2014 vom 13. März 2015 E. 2.2.1; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 22 m. w. Nachw. sowie Art.  67 N 20; Pichler, S.  42; Berti, Einführung, N 340; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 191; Spühler/Dolge/Gehri, 5.  Kap.  N 105; Leuenberger/Uffer-Tobler, N 5.24; Meier, S.  162; Klopfer, SJZ 112 (2016), S.  29; Holzer, N 20; Lötscher, N 51 m. w. Nachw., 1807 f. 7  Vgl. Seifert, S.  10 m. w. Nachw. 8  Kupfer, S.  90 f.; Kopp, S.  12 f.; Beinert, S.  12 f.; Kummer, ZBJV 112 (1976), S.  167; ­Kummer, Grundriss, S.  66. 9  Guldener, Zivilprozessrecht, S.  139; Ott, SJZ 78 (1982), S.  17. 10  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 22 sowie Art.  67 N 20; Berti, Einführung, N 340 und dort Fn.  350, wo er seine in Berti, Verhältnis, S.  31 getätigte Aussage revidiert, wonach sach­ legitimiert und prozessführungsbefugt „ein und dasselbe“ ist; Bohnet, ZSR 128 (2009) II, S.  290 ff.; Bohnet, Procédure, N 391, 430; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 94; Bohnet, SZZP 2017, S.  483 f.; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 171; Pichler, S.  34 f.; Bettschart, GesKR (2015), S.  435; Klopfer, SJZ 112 (2016), S.  29; Lötscher, N 66 ff., 111, 1808.

II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts

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timation indessen auch im neueren Schrifttum teils als Bezeichnung für die Berechtigung, einen Prozess im eigenen Namen führen zu können, verwendet.11 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung folgt ebenfalls keiner klaren Linie, was wohl zum Teil auf die bereits angesprochenen Übersetzungsschwierigkeiten zu­ rückzuführen ist.12 So wird der Begriff der Sachlegitimation bisweilen als Aus­ druck der Berechtigung einen Prozess als Partei führen zu können verstanden, die als solche grundsätzlich dem Träger des fraglichen Rechts zukomme.13 Mit­ unter wird aber auch ausgeführt, die Aktivlegitimation gebe Antwort auf die Frage, „wer einen Anspruch in seiner Eigenschaft als Inhaber eines Rechts in seinem eigenen Namen geltend machen kann“.14 Schliesslich wird der Begriff der Sachlegitimation in einigen Fällen nur als Ausdruck der materiellen An­ spruchsinhaberschaft verwendet, ohne diese mit der Berechtigung, einen Pro­ zess führen zu können, in Verbindung zu bringen.15

II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts der Sachlegitimation Der Begriff der Sachlegitimation (oder auch „Legitimation zur Sache“) geht zurück auf den im deutschen gemeinen Prozessrecht der frühen Neuzeit aufge­ kommenen Ausdruck der legitimatio ad causam.16 Dieser stand für den Beweis, dass das gerichtlich geltend gemachte Recht zwischen den „rechten Parteien“ erhoben wurde, d. h. dass als Kläger derjenige auftrat, der – die Existenz des streitigen Rechtsverhältnisses vorausgesetzt – dazu befugt war, das streitige Recht gerichtlich geltend zu machen (legitimatio ad causam activa), und dass es sich beim Beklagten um denjenigen handelte, der aus jenem Recht auch wirk­ lich in Anspruch genommen werden konnte (legitimatio ad causam passiva).17 Die legitimatio ad causam wurde in ihrer ursprünglichen Erscheinungsform gesondert vom Hauptbeweis, dem Beweis des Bestandes des streitigen Rechts Hohl, N 759 ff.; Spühler/Dolge/Gehri, 5.  Kap.  N 105; Meier, S.  162; Holzer, N 20. Zu der uneinheitlichen bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausführlich Lötscher, N 75 ff. sowie Bohnet, SZZP 2017, S.  475 ff. Zu den Übersetzungsschwierigkeiten s. vorne 1.  Kap. 13  BGE 116 II 253 E. 3; BGE 139 V 316 E. 1; BGE 142 III 78 E. 3.2. 14  BGE 125 III 82 = Pra 88 (1999) Nr.  113, E. 1a. 15  BGE 139 III 353 E. 2.1; Urteil des BGer 5A_872/2012 vom 22. Februar 2013 E. 1.2.3; Urteil des BGer 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5. 16  Zur geschichtlichen Entwicklung dieser Lehre s. von Bethmann-Hollweg, S.  127 ff. Bei den Ausdrücken legitimare und dem davon abgeleiteten legitimatio handelt es sich um Wort­ schöpfungen des mittelalterlichen Lateins, die als solche dem römischen Recht fremd waren: Hellwig, Lehrbuch, S.  156 Fn.  47; von Bethmann-Hollweg, S.  80; K. Rosenthal, S.  2. 17  von Bethmann-Hollweg, S.  81; K. Rosenthal, S.  1; Vossius, S.  77 m. w. Nachw. 11 

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2. Kapitel:  Die Sachlegitimation

als solchem,18 zu Beginn des Verfahrens gefordert;19 sie stellte, modern gespro­ chen, eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar. Ihr Fehlen konnte mittels einer pro­ zesshindernden Einrede20 geltend gemacht werden, musste indessen auch von Amtes wegen berücksichtigt werden 21 und führte zur anfänglichen Nichtigkeit des Verfahrens.22 Prozessual betrachtet erbrachte man mit der legitimatio ad causam den Beweis, dass man als „rechte Partei“ berechtigt war zur Sache, d. h. über den Bestand des streitigen Rechts als solches zu verhandeln, womit sich auch der Wortsinn des Ausdrucks erklärt.23 Nach der zu dieser Zeit herrschenden Lehre vom materiellen Parteibegriff kamen als Parteien eines Zivilprozesses nur die am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Subjekte in Frage.24 Diese Sichtweise entsprach der zeitgenössischen, noch vom aktionenrechtlichen Denken der Römer stammenden Vorstellung, wo­ nach materielles Recht und Prozessrecht eine Einheit bildeten.25 Danach gab es keine vom materiellen Recht selbst unabhängige Befugnis, das Recht mittels Klage zu verfolgen; das sog. Klagerecht wurde als eine dem materiellen Recht innewohnende Befugnis gedacht.26 Der Beweis, dass einem das Klagerecht zu­ stand, deckte sich folglich mit dem Beweis über das streitige Recht als solchem, d. h. mit dem Hauptbeweis. Um als „rechte Partei“ zur Sachverhandlung zuge­ lassen zu werden, reichte für gewöhnlich die klägerische Behauptung, wonach dem Kläger ein eigenes Recht gegen den Beklagten zustand;27 ob das streitige Recht Bestand hatte, wurde erst im Hauptverfahren geprüft.28 Nur in bestimm­ von Bethmann-Hollweg, S.  83 f. m. w. Nachw. von Bethmann-Hollweg, S.  93; Wetzell, S.  156; Vossius, S.  77 m. w. Nachw. 20  Dabei wurde unterschieden, ob der Legitimationspunkt im Prozess gar nicht vorge­ bracht wurde (sog. formeller Mangel) bzw. ob es sich bei den Parteien wirklich nicht um den rechten Kläger bzw. den rechten Beklagten handelte (sog. materieller Mangel). Der formelle Mangel konnte mittels exceptio libelli inepti, der materielle mittels der exceptio deficentis legitimationis ad causam seitens des Beklagten geltend gemacht werden, s. von Bethmann-­ Hollweg, S.  93 f. m. w. Nachw. 21  Martin, S.  40; von Bethmann-Hollweg, S.  95 m. w. Nachw. 22  Martin, S.  39 f.; von Bethmann-Hollweg, S.  93 ff. m. w. Nachw. 23  Legitimare stand im Zusammenhang mit der legitimatio ad causam für eine (nachzu­ weisende) Berechtigung, s. Hellwig, System, S.  156 Fn.  47; von Bethmann-Hollweg, S.  80; Wetzell, S.  155. 24  K. Rosenthal, S.  15; Wach, Handbuch, S.  518 f., wonach als Parteien nur die aktiven und passiven Subjekte der „Res in iudicium deducenda sive deducta, des den Streitgegenstand bildenden materiellen Rechtsverhältnisses“ in Frage kamen. Gem. Oetker, Juristisches Lite­ raturblatt 1890, S.  189 entsprach diese Begriffsbestimmung der damals vorherrschenden Auffassung. 25  Henckel, S.  15; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  6 f.; Mantzouranis, S.  96. 26  von Bethmann-Hollweg, S.  83. 27  Gensler, S.  116; von Gönner, S.  328 f. 28  von Gönner, S.  328 f. 18 

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II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts

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ten, besonders gelagerten Fällen forderte man einen besonderen Legitimations­ nachweis, eben die legitimatio ad causam.29 Gönner führte in seinem Handbuch des deutschen gemeinen Prozesses (1805) in diesem Zusammenhang aus: „Wer in eigenem Namen ein Recht verfolgt, bedarf keines Beweises über sein Klagerecht, um den Streit zu führen; denn der Rechtsstreit selbst ist erst das Mittel, wodurch sein Klagerecht geprüft werden soll. Nur dann, wenn ungewiß ist, ob Jemand überhaupt das streitige Recht, auch seinen Grund vorausgesetzt, zu verfolgen befugt sey; ob er sich das in Anspruch ge­ nommene Recht, wenn auch die Verbindlichkeit des Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, zueignen könne, tritt eine Ausnahme ein; nur dann kann ein solches Subjekt nicht for­ dern, daß man mit ihm früher den Kampf bestehe, bis es gezeigt hat, daß es mit Gültigkeit und rechtlichen Folgen über den Prozeßgegenstand in eigenem Namen zu streiten befugt sey.“30

Ein Legitimationsnachweis wurde unter anderem in den Fällen gefordert, in denen der Kläger ein ihm ursprünglich fremdes Recht einklagte, das durch Zes­ sion auf ihn übergegangen war, als auch in solchen Fällen, in denen das Recht des Klägers, bzw. die Verbindlichkeit des Beklagten mittelbar auf einem ding­ lichen Verhältnis beruhte.31 Im erstgenannten Fall bildete die Zession den Legi­ timationspunkt, im letzteren der Beweis des dinglichen Verhältnisses.32 Die ­legitimatio ad causam bezog sich mithin auf Tatsachen, die das streitige Recht bedingten, die aber aus sich selbst heraus den Beweis über dessen Existenz noch nicht vollständig erbrachten.33 In dieser ursprünglichen Erscheinungsform kam der legitimatio ad causam die Funktion zu, rechtsfremde Subjekte in denjenigen Fällen, in denen sich die Frage nach der subjektiven Rechtszuständigkeit vorfrageweise verneinen liess, von ­Anfang an von der gerichtlichen Geltendmachung auszuschliessen und damit un­ nütze Verfahren zu vermeiden.34 Diese prozessuale Einlassfunktion verlor das Institut der Sachlegitimation indessen bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die Tatsachen, auf die sich die legitimatio ad causam in den genannten Fällen bezog, selbst integraler Teil des Klagegrundes, 29  von Gönner, S.  328 f., 336; Gensler, S.  116; von Bethmann-Hollweg, S.  85 ff.; Wetzell, S.  155 f.; Renaud, S.  224, welcher in diesem Zusammenhang von „Sachlegitimation im enge­ ren Sinne“ spricht. 30  von Gönner, S.  328 f. 31  von Bethmann-Hollweg, S.  85 f., dort insb. Fn.  14 m. w. Nachw. Entgegen der Ansicht von Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  407 beschränkte sich die legitimatio ad causam gerade nicht nur auf Fälle einer Subjektverschiebung. 32  von Bethmann-Hollweg, S.  85 f. 33  von Gönner, S.  336; K. Rosenthal, S.  2: „Es handelt sich also durchweg um Fälle, in welchen das Recht des Klägers, bzw. die Verbindlichkeit des Beklagten im allgemeinen aus bestimmten Tatsachen bewiesen werden können; dagegen die Beziehung zu den bestimmten Personen, zum Kläger und Beklagten, durch besondere Beweismittel dargetan werden muss.“ 34  von Bethmann-Hollweg, S.  123 ff., insb. 134 f. Vgl. auch Vossius, S.  77.

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2. Kapitel:  Die Sachlegitimation

d. h. des Hauptbeweises bildeten und als solche nicht zur Vorbedingung eines gültigen Verfahrens gemacht werden konnten, sondern vielmehr selbst im Ver­ fahren geprüft werden mussten.35 v. Bethmann-Hollweg führte so aus: „Gehört der Legitimationspunkt wirklich zum Klaggrunde, so ist er, wie andre Bedingungen der Klage, Gegenstand der Verhandlung und Untersuchung des Richters. Was aber zum In­ halt des Prozesses gehört, was durch ihn ermittelt werden soll, kann nicht Bedingung seiner förmlichen Gültigkeit seyn.“36

Die Prüfung der Sachlegitimation wurde in der Folge in den Bereich der Be­ gründetheit überführt, d. h. die Frage nach der Sachlegitimation wurde nicht mehr gesondert, sondern gemeinsam mit den übrigen Elementen des Hauptbe­ weises beantwortet.37 Damit einher ging auch eine Änderung des allgemeinen Sprachgebrauchs. Der Begriff der Sachlegitimation stand nicht mehr für einen lediglich in besonders gelagerten Fällen geforderten Beweis, sondern diente all­ gemein als prozessuale Bezeichnung für die subjektive Seite des Klagegrundes, die einen zeitgleich zur gerichtlichen Geltendmachung des streitigen Rechts ­berechtigte.38 Mit der Überführung der Sachlegitimation in den Bereich der ­Begründetheit büsste diese auch ihre ursprüngliche Funktion ein, nämlich die Bestimmung derjenigen Parteien, die zur Sachverhandlung zuzulassen sind. Die Sachlegitimation gab fortan darüber Auskunft, ob zwischen den im Prozess auftretenden Parteien eine positive Sachentscheidung ergehen konnte.39 Ein Mangel der Sachlegitimation führte neu auch nicht mehr zur Nichtigkeit des Verfahrens, sondern zur Abweisung der Klage als unbegründet.40 Die Vorstellung, wonach der Begriff der Sachlegitimation einerseits für die subjektive Seite des Klagegrundes, andererseits für die Berechtigung zur ge­ richtlichen Geltendmachung eines Rechts stand, vermochte sich auf die Dauer nicht zu halten. Es konnte nicht lange verborgen bleiben, dass es Fälle gab, in denen eine Person dazu befugt war, ein ihr fremdes Recht im eigenen Namen von Bethmann-Hollweg, S.  99 f.; von Bayer, S.  39 f.; Gemäss Wetzell, S.  155 sowie K. Rosenthal, S.  12 war diese Ansicht Mitte des 19. Jahrhunderts bereits allgemein anerkannt. Vgl. weiter auch Vossius, S.  81 sowie G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  8 Fn.  16, beide mit Hinwei­ sen auf die Gesetzgebung zu dieser Zeit, die ebenfalls darauf umstellte, die legitimatio ad causam zusammen mit den übrigen Elementen des Klagegrundes zu prüfen. 36  von Bethmann-Hollweg, S.  99 f. 37  von Bethmann-Hollweg sprach sich aber, den praktischen Wert einer vorrangigen Prü­ fung der Sachlegitimation durchaus honorierend, für eine generelle, d. h. nicht nur auf den Legitimationspunkt begrenzte Möglichkeit einer inzidenten Prüfungen bestimmter Tatsa­ chen des Klagegrundes aus, sofern über diese ein „schleuniger, aber vollständiger Beweis“ erbracht werden kann, a. a. O., S.  133 ff. 38  Vgl. K. Rosenthal, S.  13 m. w. Nachw.; Wetzell, S.  155; Beinert, S.  10 m. w. Nachw. 39  von Bayer, S.  39. 40  von Bethmann-Hollweg, S.  99 f.; Henckel, S.  16; Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  334. 35 

II. Dogmengeschichtliche Entwicklungsetappen des Rechtsinstituts

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geltend zu machen. So sah beispielsweise §  236 aCPO D vor, dass im Falle einer Veräusserung der streitbefangenen Sache der Veräusserer weiterhin als Partei zur Prozessführung berechtigt blieb, obschon ihm das streitige Recht nicht mehr zustand.41 Josef Kohler prägte für diese Fälle den heute noch gängigen Begriff der Prozessstandschaft.42 Die Erkenntnis, dass die Befugnis, ein Recht klage­ weise geltend zu machen, unter Umständen auch getrennt von der materiellen Rechtszuständigkeit vorkommen konnte, hatte weitreichende Auswirkung auf die damalige Parteilehre. Die Lehre vom materiellen Parteibegriff wurde, da sie keine dogmatisch konsistente Begründung für die Fälle der Prozessstandschaft zu liefern vermochte, durch die heute noch herrschende Lehre vom formellen Parteibegriff ersetzt.43 Gemäss dieser ist Partei, wer im eigenen Namen Rechts­ schutz sucht bzw. gegen wen im eigenen Namen Rechtsschutz ersucht wird.44 Mit der Anerkennung der Fälle der Prozessstandschaft liess sich auch die dem Begriff der Sachlegitimation zugrundeliegende Gleichung, wonach die materi­ elle Rechtszuständigkeit einen zur klageweisen Geltendmachung des Rechts berechtigte, nicht mehr länger aufrecht erhalten. Der Begriff der Sachlegitima­ tion konnte nur noch als Bezeichnung für eine dieser zwei nunmehr heterogen gedachten Bedeutungen Verwendung finden. Über die Frage, auf welche dieser Bedeutungen der Begriff der Sachlegitimation fortan zu beschränken war, ent­ brannte ein Meinungsstreit. Einige Autoren wiesen der Sachlegitimation weiter­ hin die Aufgabe zu, die „rechten“ bzw. „richtigen Parteien“ zu bestimmen, d. h. sie verwendeten diesen Begriff weiterhin als Bezeichnung für die Berechtigung, ein Recht klageweise geltend zu machen,45 während ein anderer Teil der Dok­ trin die Sachlegitimation weiterhin als Bezeichnung für die materielle Rechts­ zuständigkeit nutzen wollte.46 Letztere Ansicht wurde anfänglich auch von Hellwig vertreten, der als prozessuale Bezeichnung für die Berechtigung, als „richtige Partei“ ein Recht klageweise geltend zu machen, statt des Begriffs der Sachlegitimation, den Begriff des Prozessführungsrechts verwenden wollte.47 In einem seiner später erschienenen Werke wandte er sich indessen wieder von dieser Begriffsbestimmung ab und setzte den Begriff der Sachlegitimation mit dem von ihm geprägten Begriff des Prozessführungsrechts gleich, mit der Be­ 41 

Der heutige §  265 ZPO D weist nahezu den gleichen Wortlaut aus. Kohler, JherJb 24 (1886), S.  319 ff.; Kohler, Grundriß, S.  17. 43  Mantzouranis, S.  98; Braun, S.  333. S. sogleich auch bei und mit Kap.  3 Fn.  17. 44  Henckel, S.  17 m. w. Nachw.; Mantzouranis, S.  100. 45  K. Rosenthal, S.  24 ff., 27; Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  357 ff. 46 So ausdrücklich Hellwig, Lehrbuch, S.  157 bei und mit Fn.  51; ihm zustimmend R. Schmidt, Lehrbuch, S.  315 bei Fn.  3. Vgl. auch Kohler, Gesammelte Beiträge, S.  348 wel­ cher den Prozessführer klar von dem Subjekt des behaupteten Anspruchs trennt und die Fra­ ge der Sachlegitimation lediglich auf den letzteren bezieht. 47  Hellwig, Lehrbuch, S.  157 bei und mit Fn.  51; Hellwig, Klagrecht, S.  69. 42 

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2. Kapitel:  Die Sachlegitimation

gründung, dass der Begriff der Sachlegitimation „in jenem andren Sinne zu fest eingebürgert“ gewesen sei.48 Die Unstimmigkeiten über den genauen Bedeutungsgehalt des Begriffs der Sachlegitimation zogen sich trotz vereinzelter Untersuchungen, die darum be­ müht waren, die entstandenen terminologischen Ungereimtheiten zu entwir­ ren,49 lange Zeit weiter und führten allen voran in der schweizerischen Prozess­ rechtsdoktrin mitunter auch zu unsauberen Abgrenzungen gegenüber anderen prozessualen Instituten, namentlich der Prozessführungsbefugnis.50

III. Heutiger Bedeutungsgehalt Dem Begriff der Sachlegitimation kann heutzutage nicht mehr die Aufgabe zu­ kommen, den Kreis der „richtigen Parteien“ zu bestimmen und zugleich Aus­ kunft über die materielle Rechtszuständigkeit zu geben. Angesichts des Wort­ sinns und der Wortherkunft des Begriffs erschiene es durchaus gerechtfertigt, diesen weiterhin mit der Frage nach den „richtigen Parteien“ im Sinne der Be­ rechtigung zur gerichtlichen Geltendmachung eines Rechts gleichzusetzen. Hält man indessen mit der heutigen Lehre und Rechtsprechung daran fest, dass sich die Sachlegitimation ausschliesslich nach dem materiellen Recht richtet, so scheidet diese Begriffsdeutung aus. Wie bereits ein kursorischer Blick über die aktuelle Rechtslage zu erkennen gibt, kann die Berechtigung zur gerichtlichen Geltendmachung eines Rechts nicht in sämtlichen Fällen als Ausfluss des mate­ riellen Rechts aufgefasst werden. So nehmen Lehre und Rechtsprechung heute zum Teil auch in solchen Fällen eine Prozessstandschaft an, in denen dem Pro­ zessstandschafter nicht nur die Rechtszuständigkeit, sondern vielmehr jegliche materielle Berechtigung abgeht.51 Die Berechtigung zur gerichtlichen Geltend­ machung ergibt sich in solchen Fällen mithin aus rein prozessrechtlichen Über­ legungen. Hält man daran fest, dass sich die Sachlegitimation ausschliesslich nach dem materiellen Recht bestimmt, kann dieser Begriff folglich zumindest nicht als allgemeingültiger Ausdruck für die Berechtigung zur gerichtlichen Geltendmachung eines Rechts bzw. Rechtsverhältnisses verwendet werden. Die herrschende Lehre will den Begriff der Sachlegitimation heute denn auch nur noch als Bezeichnung für die materielle Rechtszuständigkeit gebrauchen. Der Hellwig, System, S.  161. G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  6 ff.; Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  406 ff.; Beinert, S.  9 ff., insb. S.  12 f. 50  Zu den heute noch bestehenden Abgrenzungsschwierigkeit zwischen der Sachlegitima­ tion und der Prozessführungsbefugnis s. statt aller Lötscher, N 73 ff. m. w. Nachw. 51  S. hinten 6.  K ap.  I II. 3. b. 48  49 

III. Heutiger Bedeutungsgehalt

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Begriff der Sachlegitimation hat dann aber weder Einfluss auf die Parteistel­ lung, noch besagt er etwas über die Befugnis zur Prozessführung.52 Vielmehr wird – diesem Begriffsverständnis folgend – bloss der Begriff der materiell­ rechtlichen Rechtszuständigkeit auf eine prozessual gefärbte Semantik umge­ stellt und an und für sich unnötigerweise verdoppelt. In der deutschen Prozess­ rechtslehre haben sich denn auch einzelne Autoren ganz gegen die Weiterver­ wendung dieses Begriffes ausgesprochen. Sie führen ins Feld, beim Begriff der Sachlegitimation handle es sich um eine Reminiszenz des materiellen Partei­ begriffs, welchem keine eigenständige prozessuale Funktion zukomme und welcher lediglich den Blick auf die prozessualen Institute der Prozessführungs­ befugnis und des Parteibegriffs verdunkle und deshalb verbannt werden soll­ te.53 Diesen Einwänden ist in der Sache zuzustimmen. Will man von einer Wei­ terverwendung des Begriffs aufgrund seiner nahezu flächendeckenden Verwen­ dung dennoch nicht absehen, muss man sich stets über seine prozessuale Inhaltsleere bewusst bleiben. Insbesondere geht es nicht an, den Begriff der Sachlegitimation weiterhin an die Parteistellung rückzubinden. Dies wird aber jeweils dann getan, wenn ausgeführt wird, der Begriff der Sachlegitimation gebe Antwort auf die Frage, ob gerade der Kläger bzw. genau der Beklagte Ad­ ressat des geltend gemachten Rechts ist und man zeitgleich vorträgt ein Mangel der so verstandenen Sachlegitimation müsse stets zur Klageabweisung führen.54 Konsequent zu Ende gedacht würde dies nämlich bedeuten, dass Fälle, in denen der Kläger oder Beklagte als Prozessstandschafter auftritt, immer in einer Kla­ geabweisung enden müssten, da der Prozessstandschafter selbst ja gerade nicht materiellrechtlich berechtigt bzw. verpflichtet ist.55 Dies kann nicht der Fall sein und wird auch in der Lehre, soweit ersichtlich, von niemandem angenommen. Vielmehr scheinen, wie Lötscher zutreffend hervorhebt, die Vertreter der Lehr­ meinung, welche die Prozessstandschaft als ein Auseinanderfallen von Sach­ legitimation und Prozessführungsbefugnis definieren, stillschweigend davon auszugehen, dass auch ein Prozessstandschafter ein gutheissendes Sachurteil Schilken, Zivilprozessrecht, N 76 m. w. Nachw. Zeiss/Schreiber, N 126; Stern, S.  224 f.; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  19; Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  407 ff.; Neumeyer, S.  22. 54  So aber Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 20; Spühler/Dolge/Gehri, 5.  Kap.  N 105; Meier, S.  162; Grob-Andermacher/Walder-Richli, §  25 Fn.  5. 55  Dieser Konsequenz scheinen sich die soeben in Fn.  54 erwähnten Autoren bei ihrem Begriffsverständnis nicht bewusst zu sein, wenn sie die (mindestens in den gesetzlich vorge­ sehenen Fällen für zulässig befundene) Prozessstandschaft als Fall des Auseinanderfallens von Sachlegitimation und Prozessführungsbefugnis auffassen: Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 25 f.; Spühler/Dolge/Gehri, 4.  Kap.  N 42; Meier, S.  159; Grob-Andermacher/Walder-­ Richli, §  9 N 4. 52  53 

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2. Kapitel:  Die Sachlegitimation

erlangen kann.56 Richtig gesehen kommt es in solchen Fällen deshalb nicht zu einer Klageabweisung aufgrund der mangelnden Sachlegitimation des Prozess­ standschafters, weil getreu dem klägerischen Sachvortrag57 über die Sachlegiti­ mation im Sinne der materiellen Rechtszuständigkeit des Dritten entschieden wird.58 Dies hat auch das Bundesgericht mit Blick auf die prozessuale Stellung des Willensvollstreckers so festgehalten: „Ausser den Fällen, in denen der Willensvollstrecker als Partei in eigener Sache klagt […] stellt sich nirgends die Frage seiner Aktiv- oder Passivlegitimation, die durch das materielle Recht beherrscht wird. […]; aus seiner gesetzlichen Stellung (ZGB 518 i. V. m. ZGB 596 I) ergibt sich, dass er die Rechte der Erbschaft in seinem eigenen Namen wahrnehmen muss. In Rechtsstreitigkeiten hat man es daher mit einem Fall zu tun, wo wegen besonderer Gründe ein Dritter (der Willensvollstrecker) einen Prozess in eigenem Namen und als Partei für den­ jenigen führen kann, der in der Sache die Aktiv- und Passivlegitimation bezüglich des be­ strittenen Rechts hat (Prozessführungsbefugnis, Prozessstandschaft, legitimatio ad causam; […]). Der Willensvollstrecker hat demnach auf seine gesetzliche Legitimation hinzuweisen, die im Bestehen eines Sondervermögens begründet ist, das er zu verwalten hat. Daher geht es nicht darum, seine Klagelegitimation in der Sache weder zu behaupten noch abzustreiten, sondern es ist zu prüfen, ob er die Befugnis hat, als Partei einen Prozess zu führen.“59

Das Bundesgericht unterscheidet im soeben referenzierten Fall nur unzurei­ chend zwischen den Begriffen der Sachlegitimation und der Prozessführungs­ befugnis. Aus dem Entscheid geht indessen klar hervor, dass die mangelnde materielle Rechtszuständigkeit des Willensvollstreckers für den Ausgang des Verfahrens nicht weiter von Relevanz ist. Mit anderen Worten kann aus der Tatsache, dass der Kläger oder der Beklagte hinsichtlich des geltend gemachten Rechts bzw. Rechtsverhältnisses selbst nicht sachlegitimiert ist, nicht allgemein auf eine Klageabweisung mangels Begründetheit geschlossen werden, sondern nur dann, wenn gerade dies geltend gemacht wird.

Lötscher, N 90. S. dazu hinten 7.  Kap.  II. 1. 58  I.E. wie hier: Lötscher, N 90, 121, 123. 59  BGE 116 II 131 = Pra 79 (1990) Nr.  186, E. 3a. S. zu diesem Entscheid auch Pichler, S.  37 ff. 56  57 

3. Kapitel

Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis I. Die Vermeidung von Popularklagen als vermeintlicher Entstehungsgrund der Prozessführungsbefugnis Friedrich Oetker, der Begründer der Lehre vom formellen Parteibegriff, setzte der bis dahin vertretenen Lehre vom materiellen Parteibegriff, wonach als Par­ teien nur die Subjekte des res in judicium deducta angesehen wurden, folgende Begriffsbestimmung gegenüber: „Parteien sind rem in judicium deducens und is contra quem res in judicium deducitur.“1 Diese Neufassung des Partei­begriffs hatte zur Folge, dass die Prozessparteien nicht mehr zwingend mit den Subjek­ ten des streitigen Rechtsverhältnisses übereinstimmten bzw. mit diesen nicht mehr übereinzustimmen hatten.2 Solange eine Partei Rechtsschutz im eigenen Namen ersuchte, stand einer Prozessführung über fremde Angelegen­heiten, rein vom Standpunkt des neugewonnenen Parteibegriffs, nichts entgegen. Von diesem aus betrachtet war es vielmehr gänzlich irrelevant, wer materiellrechtli­ che Rechte gerichtlich geltend machte, womit auch der Weg für sog. Popularkla­ gen3 theoretisch eröffnet war.4 Dies hätte – sofern man zur Bestimmung der klageberechtigten Personen einzig auf den Parteibegriff abgestellt hätte – in extremis zur Folge gehabt, dass zwei materiellrechtlich in keiner Weise in Be­ ziehung zueinander stehende Personen einen Prozess über das Bestehen einer für beide gleichermassen fremden Angelegenheit hätten führen können.5 Das jüngere Schrifttum verortet nun nahezu unisono den Ursprung der Prozessfüh­ 1  Oetker, Juristisches Literaturblatt 1890, S.  189 [Hervorhebung im Original]. Diese Be­ griffsbestimmung wurde in der Folge namentlich Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  357 ff. sowie von R. Schmidt, S.  312 ff. übernommen. 2  Dies besonders hervorhebend: Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  358: „[…] wenn der Kläger den einem Dritten zustehenden Anspruch aus eigenem Rechte in judicium deduziert; hier wird der erste als Deduzent Partei und tritt so in Gegensatz zu dem Subjekte des in judicium deduzierten Anspruchs, dem Dedukten.“ [Hervorhebung im Original] 3  Zum Begriff der Popularklage s. hinten 5.  K ap.  I I. 1. 4  Davon ausgehend: Mantzouranis, S.  102 m. w. Nachw. 5  Henckel, S.  17; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  10 f., 13; Heintzmann, S.  5 f.

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3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis

rungsbefugnis in diesem potentiellen Gefahrenzusammenhang.6 Die Prozess­ führungsbefugnis bzw. das Prozessführungsrecht, wie es zur Zeit seiner Entste­ hung überwiegend genannt wurde, sei zur Vermeidung der Verwirklichung der Gefahr von Popularklagen entwickelt worden,7 bzw. es habe nach dem Wechsel zum formellen Parteibegriff diese Korrektivfunktion übernommen.8 Durch die „Erfindung“ der Prozessführungsbefugnis sei die durch den Wechsel zum for­ mellen Parteibegriff verloren gegangene Beziehung zum materiellen Recht wie­ der hergestellt worden.9 Die Dogmatik der Prozessführungsbefugnis sei „dem­ nach eine Folge des Übergangs vom materiellen zum formellen Parteibegriff“.10 Als Schöpfer dieses dogmatischen Konstrukts wird dabei auf Hellwig11 verwie­ sen, der zwar nicht als Erster dem Kläger eine „Befugnis“ bzw. ein „Recht“ zur Prozessführung zusprach,12 der aber die grundlegenden Konturen dieses Insti­ tuts festlegte.13 Die vom jüngeren Schrifttum getätigten Rückschlüsse hinsichtlich der Ent­ stehung der Prozessführungsbefugnis bzw. des Prozessführungsrechts lassen sich – abgesehen vom richtigen Befund, dass es Hellwig war, der die grundle­ genden Konturen dieses prozessrechtlichen Instituts festlegte – quellenmässig nicht bestätigen. Sie gründen auf hypothetischen juristischen Schlussfolgerun­ gen, die sich bei näherem Hinsehen als unzutreffend herausstellen. So baut die These, die Prozessführungsbefugnis sei zur Vermeidung der Verwirklichung der Gefahr von Popularklagen entwickelt worden, auf der Überlegung auf, dass der Wechsel vom materiellen hin zum formellen Parteibegriff diese Gefahr neu entstehen liess. Wie oben gesehen, verlor die Sachlegitimation noch unter der Geltung des materiellen Parteibegriffs mit ihrer Überführung in den Bereich der Begründetheit die ihr ursprünglich zukommende Einlassfunktion.14 Die Frage, ob die vor Gericht tatsächlich auftretenden Parteien die vom materiellen Recht aus gesehen „rechten Parteien“ waren, wurde fortan erst im Rahmen der Brühl, S.  31 ff., insb. S.  50 ff. scheint diese Ansicht ausdrücklich nicht zu vertre­ ten. 7  Mantzouranis, S.  102; Goetzke, S.  45; R. Weber, S.  8; Grunsky, Prozessstandschaft, S.  111; Bauer, S.  55; Leyendecker, ZZP 122 (2009), S.  467; Windel, S.  26. 8  Henckel, S.  17; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  10 f.; Diederichsen, S.  413, Heintzmann, S.  5 f.; Dunkl, S.  52; Liedtke, S.  21; Lötscher, N 60. 9  Schumann, S.  461; Lötscher, N 60. 10  Windel, S.  26. 11  Hellwig, Lehrbuch, S.  155 ff., 316 ff. 12  Kohler, Gesammelte Beiträge, S.  297 Fn.  8 sprach bereits von einer „Befugniss der Pro­ cessführung“ bzw. von einem „Recht der Processführung“, jedoch nur am Rande im Zusam­ menhang mit der vom ihm begründeten Figur der Prozessstandschaft. 13  So bspw. bei G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  11; Mantzouranis, S.  102. 14  S. vorne bei und mit 2.  K ap.  Fn.  35. 6 Einzig

I. Die Vermeidung von Popularklagen als vermeintlicher Entstehungsgrund

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Hauptverhandlung untersucht und für die Fällung einer positiven Sachentschei­ dung notwendig. Ein Teil des oben zitierten jüngeren Schrifttums geht nun aus­ drücklich davon aus, dass der materielle Parteibegriff nach der Überführung der Sachlegitimation in den Bereich der Begründetheit fortan die Aufgabe über­ nahm, Verfahren von Parteien, die schon nach dem Rechtsbegehren selbst nicht die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses zu sein behaupteten, auszu­ schliessen, indem solche Verfahren als unzulässig abgewiesen werden konn­ ten.15 Dass der materielle Parteibegriff diese Einlassfunktion tatsächlich über­ nommen hatte, lässt sich quellenmässig nicht stützen, worauf im Schrifttum bereits verschiedentlich hingewiesen wurde.16 Quellenmässig widerlegen lässt sich die These, wonach der formelle Parteibegriff dazu führte, dass nun jeder­ mann, der Rechtsschutz im eigenen Namen ersuchte und damit unter den Partei­ begriff fiel, auch berechtigt war, Rechtsschutz in der Sache zu erlangen. Der Wechsel zum formellen Parteibegriff war veranlasst worden vom Streben, einen Parteibegriff zu schaffen, unter den sich auch diejenigen gesetzlich geregelten Fälle fassen liessen, in denen eine rechtsfremde Person klagte bzw. verklagt wurde.17 Mit dem Wechsel zum formellen Parteibegriff war indessen keine Ausweitung der Fälle, in denen rechtsfremde Personen als Parteien eine positive Sachentscheidung erlangen konnten, gewollt, noch führte die Umstellung zum neugewonnenen Parteibegriff nach den Ausführungen ihrer frühen Befürwor­ ter zu einer solchen Ausweitung. Diese sprachen sich zwar prinzipiell für die Aufgabe der gedanklichen Einheit von Prozessparteien und den Subjekten des behaupteten materiellrechtlichen Rechtsverhältnisses aus, vertraten aber zeit­ gleich die Ansicht, dass ein Auseinanderfallen derselben nur in Ausnahmefällen anzunehmen sei, nämlich nur dann, wenn dem Kläger bzw. dem Beklagten eine „besondere“ Befugnis zur klageweisen Verfolgung des fremden Rechts zu­ kam.18 Diese Ansicht war offensichtlich noch von der Vorstellung einer dem subjektiven Recht innewohnenden bzw. sich als dessen blosse Konsequenz er­ gebenden Befugnis zu klagen, dem sog. Klagerecht, getragen. Die Fälle, in de­ nen rechtsfremde Personen als Parteien auftraten, wurden folglich auch nach dem Wechsel zum formellen Parteibegriff mindestens anfänglich noch, als Henckel, S.  17; Goetzke, S.  44 Fn.  2; Bauer, S.  53; So wohl auch R. Weber, S.  8. G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  8; Brühl, S.  22 Fn.  1. 17 Sowohl Oetker als auch Stegemann wiesen darauf hin, dass die Notwendigkeit einer Neufassung des Parteibegriffes darin begründet lag, dass sich die Fälle, in denen eine von Gesetz wegen nichtanspruchsberechtigte Person vor Gericht auftreten konnte, einerseits nicht unter den damaligen Parteibegriff fassen liessen, andererseits aber auch nicht als Ver­ tretungstatbestände angesehen werden konnten: Oetker, Juristisches Literaturblatt 1890, S.  189; Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  384 ff. 18  Oetker, Juristisches Literaturblatt 1890, S.  189; Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  358. So bereits auch Kohler, Gesammelte Beiträge, S.  348. 15  16 

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3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis

Ausnahmeerscheinungen des Grundsatzes aufgefasst, wonach nur derjenige, der „ein Recht hat, auch befugt ist, dasselbe durch Klage zur Geltung zu brin­ gen“.19 Illustrativ hierfür stehen die nachfolgenden Ausführungen von Stege­ mann, einem der frühen Mitverfechter des formellen Parteibegriffs: „Ist es nun für Jedermann möglich, irgend einen, seiner Behauptung nach einem Dritten zu­ stehenden Anspruch in judicium zu deduziren? Dabei ist zu unterscheiden: Sind alle Prozess­ voraussetzungen erfüllt und ist die Klage formell korrekt, so wird unbedingt das Prozess­ rechtsverhältnis gültig erzeugt. Aber es würde im Prozesse zu einem obsiegenden Urtheile, selbst im Falle der Kontumaz des Beklagten, nicht kommen können, denn da das Civilrecht nicht einem jeden die Befugniss gewährt, ohne weiteres über den Anspruch eines Dritten zu disponieren, und die prozessuale Geltendmachung eines Anspruchs in den Wirkungen denen einer Disposition gleichsteht, so gehört zur Sachlegitimation in einem derartigen Prozesse noch die dem Deduzenten nach Civilrecht (resp. den Vorschriften einer anderen Rechtsnorm) zustehende Befugniss, den Anspruch in judicium zu deduciren. Besteht eine solche Befug­ niss nicht, oder ist sie gar nicht behauptet, so muss ein in der Hauptsache abweisendes Urtheil erfolgen.“20

Das Festhalten an der Vorstellung eines dem subjektiven Recht innewohnenden bzw. sich aus diesem ergebenden Klagerechts führte dazu, dass der Wechsel vom materiellen hin zum formellen Parteibegriff gerade nicht, wie vom jüngerem Schrifttum angenommen, die Gefahr von Popularklagen neu entstehen liess. So ist denn auch die Entstehung des dogmatischen Konstrukts der Prozessführungs­ befugnis in Tat und Wahrheit in einem anderen Sachzusammenhang zu verorten, nämlich im Kontext der Überwindung der Vorstellung von der „Immanenz des Klagerechts im subjektiven Privatrecht“21 bzw. konkret als ein Teilgehalt der von Hellwig vorgetragenen Lehre vom sog. konkreten Klagerecht.

II. Die Verselbstständigung des Klagerechts vom materiellen Anspruch 1. Windscheids Aufspaltung der actio in Anspruch und Klagerecht Die Entwicklung der Loslösung des Klagerechts von der materiellrechtlichen Rechtsinhaberschaft wurde von Windscheid initiiert. Dieser stellte sich in sei­ nem Werk Die Actio des römischen Civilrechts, vom Standpunkte des heutigen Rechts (1856) zunächst gegen die namentlich von v. Savigny vorgetragene Deu­ So noch Ende des 19. Jahrhunderts prominent von Dernburg, §  128, S.  302 vertreten. Stegemann, ZZP 17 (1892), S.  358. Dieser verwendete den Begriff der Sachlegitima­tion als Bezeichnung für die Berechtigung zur klageweisen Geltendmachung eines Rechts, s. vor­ ne bei und mit 2.  Kap. Fn.  45. 21  Wach, Feststellungsanspruch, S.  22. 19 

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tung der actio, wonach Klagerechte nicht selbstständige Klassen von Rechten bildeten, sondern „nur zu dem Entwicklungsprozeß oder Metarmophose, die in jedem selbstständigen Rechte eintreten kann“,22 gehörten.23 Diese Anschauung hatte – so Windscheid – unzulässigerweise geltungszeitliche Rechtsvorstellun­ gen in das römische Recht hineingetragen.24 Die römischrechtliche actio könne man nicht mit dem subjektiven Recht im Zustand seiner Rechtsverletzung gleichsetzten; sie war in Tat und Wahrheit „nicht etwas Abgeleitetes“, sondern „etwas Ursprüngliches und Selbstständiges“ gewesen.25 Indessen anerkannte Windscheid, dass man zwischenzeitlich von dieser Vorstellung abgekommen sei. Dem damaligen Rechtsbewusstsein entsprach es, das Recht als das Prius, die gerichtliche Verfolgbarkeit dagegen lediglich als die „Consequenz des Rechts“ aufzufassen.26 Vor diesem Hintergrund unternahm Windscheid den Versuch, „dasjenige, was das römische Recht in der Sprache der Actio aus­ drückt, in die Sprache unserer Rechtsanschauung zu übertragen“.27 Dazu ver­ selbstständigte er den materiellrechtlichen Gehalt der actio, verstanden als die „persönliche Richtung des Rechts, kraft deren von einer bestimmten Person etwas gefordert wird“28 und überführte diesen in den Begriff des „Anspruchs“. Nicht Teil des neugewonnen Anspruchsbegriffs bildete das der römischrechtli­ chen actio ebenfalls innenwohnende „Element des Gerichts“.29 Ein Klagerecht, verstanden als „Recht auf Hülfe des Staates“, sei zwar als solches weiterhin anzuerkennen, gehöre aber nicht in das materielle Recht, sondern in das Prozes­ srecht.30 Daneben ging Windscheid indessen auch noch von einem weiteren, gegen den Beklagten gerichteten, materiellrechtlich verstandenen Klagerecht, gefasst als „Befugnis, durch Klage zu verfolgen, was man von ihm in Anspruch nimmt“,31 aus. In welchem Verhältnis die zwei Klagerechte zueinander angelegt waren, lässt sich den Ausführungen Windscheids nicht klar entnehmen und bil­ det heute noch Gegenstand wissenschaftlichen Diskurses.32 Besonders kontro­ vers wird dabei die Frage behandelt, inwiefern Windscheid schon in seinem frühen Werk über die actio33 beide Klagerechte nebeneinander zugestanden von Savigny, §  204, S.  3. Windscheid, Actio, S.  1. 24  A.a.o., S.  3. 25  A.a.o., S.  3. 26  A.a.o., S.  3, 6. 27  A.a.o., S. III [Vorwort]. 28  Windscheid, Abwehr, S.  1 Fn.  1 29  Windscheid, Pandekten, S.  106 30  Windscheid, Abwehr, S.  26. 31  Windscheid, Pandekten, S.  360 Fn.  5. 32  S. statt aller Wagner, Prozessverträge, S.  402 bei und mit Fn.  402 m. w. Nachw. 33  Die Actio des römischen Civilrechts, vom Standpunkte des heutigen Rechts (1856). 22  23 

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hatte, oder ob er nicht eines der beiden erst in seinen später erschienenen Wer­ ken anerkannt hatte, was vor allem für die Deutung der in seinem frühen Werk über die actio enthaltenen Ausführungen zum Klagerecht von Relevanz ist. Der Grossteil der Lehre vertritt dabei die Ansicht, Windscheid habe ursprünglich nur das materielle Klagerecht vor Augen gehabt und habe das gegen den Staat gerichtete und daher „publizistische“34 Klagerecht erst als Zugeständnis an die von Muther35 vorgebrachte Kritik in seiner gegen ihn gerichteten Abwehrschrift anerkannt.36 Darauf aufbauend würden sich die Ausführungen Windscheids in seinem Werk über die actio, wonach ein Klagerecht nicht schon bei einer Rechts­ verletzung entstehe, sondern erst dann, wenn sich der Verletzte darüber hinaus noch der Aufforderung des Berechtigten zur Aufhebung der Rechtsverletzung in Widerspruch setzte,37 auf das materielle Klagerecht beziehen.38 Das materiel­ le Klagerecht sei damit nach der von Windscheid erarbeiteten Konzeption be­ reits im Anspruch mitenthalten und aktualisiere sich lediglich im Falle eines „Sichinwiderspruchsetzens“.39 Windscheid sei von der gemeinrechtlichen Vor­ stellung des Klagerechts damit letzten Endes nur marginal abgewichen.40 Gegen diese Sichtweise hat sich in der jüngeren Zeit Gerhard Wagner ge­ wandt und zutreffend darauf hingewiesen, dass Windscheid selbst bereits in sei­ nem frühen Werk über die actio das Klagerecht als „richterliche Hülfe“ be­ schreibt.41 Darüber hinaus hat Windscheid sowohl in seiner Abwehrschrift ge­ gen Muther als auch in seinem Pandektenlehrbuch die oben wiedergegebenen 34  Windscheid bezeichnete dieses jeweils lediglich als „Klagerecht“. Die zusätzliche Kennzeichnung als „publizistisch“ erfolgte erst durch das ihm zeitlich folgende Schrifttum, vgl. etwa Simshäuser, S.  78. Diese Bezeichnung hat sich in der neueren Lehre etabliert: ­Rimmelspacher, S.  20; Roth, Einrede, S.  24, 294 f.; Münch, S.  44. 35  Muther, S.  47: „Auch bei uns existirt ein Recht des in seinem Recht Verletzten auf Staatshülfe (Klagrecht), auch bei uns, wie bei den Römern, ist die Voraussetzung dieses Rechts ein anderes Recht und eine Verletzung dieses lezteren Rechts.“ 36  Rimmelspacher, S.  19 f.; Simshäuser, S.  78; Münch, S.  4 4 f.; Roth, Einrede, S.  24, 294; H. Kaufmann, JZ 1964, S.  488; Vossius, S.  165 f.; so wohl auch Jacobs, S.  156 ff. sowie Böhler, S.  64 f. 37  Windscheid, Actio, S.  222. Diese Voraussetzungen an die Entstehung des Klagerecht wiederholt er auch in seinen späteren Werken: Windscheid, Abwehr, S.  29; Windscheid, Pan­ dekten, S.  360 bei Fn.  5. 38  Rimmelspacher, S.  19 f.; Simshäuser, S.  78; Münch, S.  45. 39  Windscheid, Actio, S.  222. Dazu: Rimmelspacher, S.  21; Münch, S.  45. 40  Nur fordere Windscheid als Entstehungsgrund für das Klagerecht über die Rechtsver­ letzung hinaus noch ein „Sichinwiderspruchsetzen“ mit der Aufforderung zur Beseitigung der Rechtsverltzung: Münch, S.  44, wobei aber der Autor an anderer Stelle (S.  44 Fn.  39) da­ rauf hinweist, dass Windscheid diesem Klagerecht im Vergleich zu von Savigny einen sehr viel geringeren Stellenwert zuweist. 41  Wagner, Prozessverträge, S.  402 Fn.  60.

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Ausführungen zum Erfordernis des „Sichinwiderspruchsetzens“ explizit dem publizistischen Klagerecht zugewiesen;42 ein Umstand der vom Grossteil der Lehre übergangen wird. Gerhard Wagner geht denn auch davon aus, dass das von Windscheid selbst erst in seinem Pandektenlehrbuch ausdrücklich erwähnte materiellrechtlich gefasste Klagerecht43 als nachträgliche Konzession an die sei­ nerzeit noch vorherrschende aktionenrechtliche Denkweise gedeutet werden müsse.44 Sich solcher Mutmassungen enthaltend kann jedenfalls festgehalten werden, dass Windscheid mindestens ursprünglich das Element der gerichtli­ chen Verfolgbarkeit von demjenigen des materiellen Gehalts der actio trennte. Darüber hinaus löste er sich mit der Konzeption des publizistischen Klagerechts von der bis dahin vorherrschenden Vorstellung, wonach das Klagerecht gegen­ über dem Beklagten bestand.45 Das publizistische Klagerecht war, anders als der Anspruch, nicht gegen den Anspruchsgegner, sondern gegen den Staat ge­ richtet 46 und hatte als Kompensation für die unterlassene Selbsthilfe einen ­A nspruch auf Ausübung staatlichen Zwanges zum Inhalt.47 Das publizistische Klagerecht blieb indessen vom Bestand des subjektiven Rechts abhängig, da es notwendigerweise ein „Sichinwiderspruchsetzen“ gegen die Aufforderungen zur Aufhebung der Rechtsverletzung, und damit letztlich einen Anspruch, vor­ aussetzte.48 Von dieser Abhängigkeit nahm Windscheid punktuell eine Ausnah­ me an, nämlich bei der actio praeiudicialis, die auf die Feststellung „irgend ei­ nes rechtlichen oder thatsächlichen Verhältnisses durch richterlichen Spruch“49 gerichtet war: „Will man nun in dieser actio ebenfalls den Ausdruck eines Anspruchs finden, so kann man als Inhalt desselben nur bezeichnen, dass er auf Anerkennung des Bestehens gerichtet sei. Richtiger erscheint es aber, die actio praeiudicialis lediglich als processualischse Gebilde, Anrufung des Richters, oder Recht zur Anrufung des Richters, aufzufassen, ohne daß dabei irgend ein Anspruch gegen den Gegner zu Grunde läge.“50

Die actio praeiudicialis erscheint in der Windscheid’schen Konzeption des ­publizistischen Klagerechts als eine Anomalie, und so will dieser die actio 42  Windscheid, Abwehr, S.  29; Windscheid, Pandekten, S.  360 bei und mit Fn.  5. Auf die­ sen Umstand zutreffend hinweisend: Wagner, Prozessverträge, S.  402 Fn.  60; Windel, S.  91. 43  Windscheid, Pandekten, S.  360 Fn.  5: „Das Klagerecht in diesem Sinne ist ein Recht gegen den Staat. Man kann unter Klagerecht aber auch ein Recht gegen den Gegner verste­ hen, die Befugniß, durch Klage zu verfolgen, was man von ihm in Anspruch nimmt.“ 44  Wagner, Prozessverträge, S.  402 Fn.  60. 45  Vgl. auch Vossius, S.  166. 46  So explizit Windscheid, Pandekten, S.  360 Fn.  5. 47  Windscheid, Pandekten, S.  360. 48  Simshäuser, S.  81 f.; Jacobs, S.  157; J. Schmidt, S.  404 f.; Vossius, S.  106. 49  Winscheid, Pandekten, S.  111. 50  A.a.o., S.  112; noch unentschieden in: Winscheid, Actio, S.  16 f.

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praeiudicialis denn auch nicht unter den Begriff der „Klage“ fassen, sondern für diese weiterhin den römischrechtlichen Begriff der actio verwenden.51 ­Daran wird ersichtlich, dass Windscheid, trotz der formalen Scheidung des ­A nspruches vom publizistischen Klagerecht, Letzterem im Allgemeinen kein eigenständiges Schicksal zugestanden hatte, sondern dieses eben nur als „ein Schatten des Rechts“52 auffasste.53

2. Degenkolbs Lehre vom abstrakten Klagerecht Den entscheidenden Schritt weg von der Vorstellung der Ableitung des Klage­ rechts aus dem materiellen Anspruch unternahm wenig später Degenkolb.54 Dieser wies darauf hin, dass die bis dahin vertretene Ansicht den Fehler beging, aus dem siegreichen Urteil auf das Klagerecht zurück zuschliessen.55 Im sieg­ reichen Urteil erblickte man schlechthin die Entfaltung des materiellen Rechts, woraus wiederum auf die Identität von Recht und Klagerecht geschlossen wur­ de:56 „Der Zusammenhang von Klage und von ‚materiellem‘ Recht ist unmittelbar in unserem Gefühl gegeben. Der Glaube an ihn ist die Lebensbedingung des Processes; aus ihm heraus gewährt der Staat das Gericht. Nothwendig ist damit der Glaube an die Zuverlässigkeit des Richterspruchs gegeben. Das Urteil ist ein Wahrspruch. Zu dem siegreichen Urteil führt un­ serm Glauben nach nur das wirklich vorhandene Recht. Und so möchte man in der Klage einfach die Entfaltung des Rechtes, ja das Recht selbst schlechthin erblicken; denn Klagrecht – so meint man – hat nur der wirkliche Berechtigte.“57

Die hergebrachte Ansicht übersehe nun aber den Umstand, dass auch ein güns­ tiges Urteil nicht schlechthin durch die Existenz des behaupteten Rechts bedingt ist, sondern vielmehr durch die Gestaltung des „processrechtlichen Materials, der Klage- und Einredethatsachen“ sowie durch „die processrechtliche Bewahr­ Windscheid, Pandekten, S.  361 f. Fn.  7: „Möglicherweise kann das Gericht bloß zu dem Ende angerufen werden, um einen zwischen den Parteien streitigen Punkt festzustellen. Auch in diesem Fall wird heutzutage der Ausdruck Klage gebraucht, obgleich hier Hülfe ge­ gen eine erlittene Rechtsverletzung nicht begehrt wird. Besser paßt der römische Ausdruck actio (actio praeiudicialis), insofern actio zunächst gerichtliche Verfolgung im Allgemeinen bezeichnet.“ Vgl. dazu auch Simshäuser, S.  82. 52  Winscheid, Actio, S.  229. 53  Im Ergebnis wie hier: Simshäuser, S.  81; Jacobs, S.  157; Böhler, S.  120. 54  So auch Althammer, S.  42. Vgl. auch Vossius, S.  141 und 226, demzufolge Degenkolb die Trennung von Zivilrecht und Zivilprozessrecht im Sinne zweier wissenschaftlich selbst­ ständiger Disziplinen begründete und durchführte. 55  Degenkolb, S.  13 f. 56  A. a. O., S.  13. 57  A. a. O., S.  9. 51 

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heitung oder Nichtbewahrheitung der nach Processregeln vertheilten Partei­ behauptungen.“58 So könne es unter Umständen von Rechts wegen vorkommen, „dass der Kläger im Urteil verliere, obwohl das Recht ihm zur Seite stand oder umgekehrt, dass der Beklagte verurteilt werde, obwohl der klägerische An­ spruch in Wahrheit nicht bestand“.59 Weiter gerate die hergebrachte Sichtweise auch und gerade mit Blick auf das klageabweisende Urteil in Erklärungsschwie­ rigkeiten. Wenn es die im materiellen Anspruch enthaltene Klagebefugnis ist, die einen zur Klage erst ermächtigt und die den mit der Klage unzertrennlichen Einlassungszwang erst begründet, woher soll dann jener Einlassungszwang bei den unbegründeten Klagen entnommen werden?60 Wenn sich das klageabwei­ sende Urteil über die Nichtexistenz des streitigen Rechts ausspricht und damit auch die Nichtexistenz der Klagebefugnis festhält, worauf stützt sich dann die Gültigkeit des Verfahrens bis zum Urteil bzw. die Rechtskraft des abweisenden Urteils?61 Nirgends mehr als hier offenbart sich nach Degenkolb das „Unklare des herrschenden Klagbegriffs“.62 Es sei nämlich nicht vorstellbar, dass der mit der Klage unzertrennliche Einlassungszwang des Beklagten hinterher durch ein Urteil erst geschaffen oder vernichtet werde.63 Aus alledem folgerte Degenkolb: „Also ist auch in der allerbegründetsten Klage gerade das, was sie recht eigentlich zur Klage macht und über das ausserprocessualische Begehren und Verlangen hinaushebt: die Gewalt, den Verklagten vor Gericht und in den Process hineinzuziehen, überhaupt die Anwartschaft der Partei, dass es zum Judicieren über ihren ‚Anspruch‘ komme, nie und nimmer aus dem materiellen Rechte selbst einfach zu deduciren: d. h. die Klagbefugniss, welche jenen Ge­ richts- oder Einlassungszwang gegen den Verklagten begriffsnothwendig in sich schliesst, welche ohne ihn überhaupt nicht gedacht werden kann, ist nie und nimmer mit dem ‚materi­ ellen‘ Anspruch, dem materiellen Rechte selbst identisch.“64

Die Klagebefugnis ist nach Degenkolb ein vom materiellen Anspruch unabhän­ giges publizistisches Institut,65 welches sich „aus dem weit allgemeineren recht­ lichen Interesse an Gewähr von Rechtsgenuss überhaupt“ ergebe.66 Die Klage­ [befugnis] stelle im geordneten Staate den Preis dafür dar, dass das recht­ suchende Subjekt auf Selbsthilfe verzichtet.67 Voraussetzung der Klagebefugnis 58 

A. a. O., S.  11 f. A. a. O., S.  12. 60  A. a. O., S.  13 f. 61  A. a. O., S.  14. 62  A. a. O., S.  13. 63  A. a. O., S.  14 f. 64  A. a. O., S.  14. 65  A. a. O., S.  33 f., wo er dieses als Teilgehalt des „Grundrecht[s] über alle andern“ be­ zeichnet sowie S.  79 f. S. hierzu auch Hesselberger, S.  98. 66  Degenkolb, S.  37. 67  A. a. O., S.  31 f. 59 

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war in subjektiver Hinsicht eine ehrliche, d. h. in gutem Glauben erfolgende Klagebehauptung, in objektiver Hinsicht eine rechtlich erhebliche, d. h. eine „Behauptung einer Rechtsgenussverkümmerung“ zum Inhalt habende Klage­ behauptung.68 Der Kläger musste eine jenseits der Klage bestehende Anwart­ schaft auf rechtlichen Genuss behaupten.69 Die Klagebefugnis kam einem red­ lichen Kläger, der rechtlich erheblich eine Rechtsgenussverkümmerung be­ hauptete auch auf Grund des „nur vermeinten Rechts“ zu.70 Die Klagebefugnis fasste Degenkolb so denn auch nicht als Anwartschaft auf ein günstiges, d. h. dem vom Kläger beantragten Inhalt entsprechendes Urteil, sondern vielmehr nur als „Anwartschaft darauf, dass überhaupt geurteilt werde“71 auf.72 Dieser Umstand führte zur nachträglichen Benennung der Degenkolb’schen Lehre als „abstraktes“ publizistisches Klagerecht, das, im Gegensatz zum „konkreten“ publizistischen Klagerecht, gerade keine Anwartschaft auf ein bestimmtes Ur­ teil begründete.73

3. Wachs Lehre vom Rechtsschutzanspruch Mitunter auf den Überlegungen Windscheids zur actio praeiudicialis aufbau­ end,74 folgerte auch Wach, der Begründer der Lehre vom Rechtsschutzan­ spruch,75 dass die gerichtliche Verfolgbarkeit gänzlich vom Bestand eines mate­ riellen Anspruchs zu lösen sei, da nicht jede Klage als die Geltendmachung ei­ nes materiellen Anspruchs aufgefasst werden könne. Dies zeige sich besonders deutlich am Beispiel der negativen Feststellungsklage,76 deren Zweck nicht die „Bewährung, Erhaltung eines subjektiven Rechts, sondern der integern Rechts­ position des Klägers überhaupt“ ist.77 Indessen verwehrte sich Wach gegen die Vorstellung eines abstrakten publizistischen Klagerechts, wie sie Degenkolb vorgetragen hatte. Diese Vorstellung sei aus vielerlei Hinsicht „irreführend und wissenschaftlich unfruchtbar“.78 Die Möglichkeit, rechtswirksam zu klagen, sei 68  A. a. O., S.  41 ff., 65 ff. S. hierzu auch Simshäuser, S.  114 sowie Althammer, S.  43 Fn.  48, die beide darauf hinweisen, dass sich Degenkolb hier in der Terminologie an v. Jhering an­ lehne. 69  Degenkolb, S.  54 f. 70  A. a. O., S.  32. 71  A. a. O., S.  32. 72  Vgl. dazu Hesselberger, S.  98 f. 73  Langheineken, S.  3; Wach, Handbuch, S.  22; Hesselberger, S.  99. 74  Wach, Feststellungsanspruch, S.  11. 75  Wach, Handbuch, S.  19 ff. 76  A. a. O., S.  16 f., 19; Wach, Feststellungsanspruch, S.  14, 22. 77  Wach, Handbuch, S.  19. 78  A. a. O., S.  23.

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lediglich „res merae facultatis“, nicht Ausübung eines Rechts.79 Damit ein Pro­ zess zustande kommen kann und Rechtsschutz gewährt wird, bedarf es zwar einer solchen Klagebefugnis.80 Sie ist nach Wach jedoch „nur Mittel zum Zweck, weder Gegenstand noch Zweck des Prozesses“.81 Wenn sich nun aber das Recht, Feststellung zu fordern, zum einen nicht aus dem privatrechtlichen Verhältnis ergebe, zum anderen aber auch nicht aus der blossen Möglichkeit, rechtswirk­ sam zu klagen folge, so müsse es „anderweitig seine Quelle und sein Recht“ haben.82 Diese Quelle verortet Wach im sog. Rechtsschutzanspruch, den er als ein das Privat- und Prozessrecht verbindendes öffentliches Recht auffasste, wel­ ches einen Anspruch auf staatlichen Rechtsschutz zu eigenen Gunsten gegen­ über bestimmten Personen beinhaltete, und der zeitgleich den eigentlich Pro­ zessgegenstand bildete.83 Der Rechtsschutzanspruch richtete sich dabei sowohl gegen den Beklagten auf Duldung der Urteilswirkung, als auch (und in erster Linie)84 gegen den Staat auf Gewährung eines dem Kläger günstigen Urteils.85 Indem er nicht bloss einen Anspruch auf ein Urteil, sondern einen Anspruch auf ein Urteil ganz bestimmten Gehalts vermittelte, war er – anders als noch bei Degenkolb – als ein konkretes publizistisches Klagerecht gedacht.86 Der Rechts­ schutzanspruch war bedingt durch das Vorliegen eines „ausserprozessualen Tatbestandes“, der sich aus „Schutzobjekt“ und „Schutzgrund“ zusammensetz­ te.87 Schutzobjekt bildete für gewöhnlich ein Recht oder Rechtsverhältnis, so­ fern es „für den Zivilrechtsschutz qualifizierbar“ erschien, konnte indessen 79 

A. a. O., S.  22. A. a. O., S.  22 f. 81  A. a. O., S.  23. 82  Wach, Feststellungsanspruch, S.  14. 83  Wach, Handbuch, S.  19; Wach, Feststellungsanspruch, S.  14 f.; Wach, ZZP 32 (1904), S.  25, 29. Hesselberger, S.  109 spricht im Hinblick darauf, dass Wach den Rechtsschutzan­ spruch nicht nur als Anspruch gegen den Staat und den Beklagten sondern darüber hinaus auch als eigentlichen Streitgegenstand auffasst, von einer dem Rechtsschutzanspruch zu­ kommenden Doppelfunktion. 84  Dass der Rechtsschutzanspruch primär gegen den Staat gerichtet ist, zeigt sich daran, dass nur letzterer diesen befriedigen konnte, wohingegen der Gegner diesen nur (durch die Beseitigung des Rechtsschutzinteresses) gegenstandslos machen kann: Wach, Handbuch, S.  21 bei und mit Fn.  22. Vossius, S.  185 wertet die Richtung des Rechtsschutzanspruchs ge­ gen den Beklagten denn auch als „Nachwirken des alten aktionenrechtlichen Denkens.“ 85  Wach, Handbuch, S.  19, 21; Wach, Feststellungsanspruch, S.  15. Vgl. auch Hesselberger, S.  105; Jacobs, S.  129; Detterbeck, AcP 192 (1992), S.  333; Vossius, S.  175 ff. 86  Wach, Handbuch, S.  211; Wach, Feststellungsanspruch, S.  14; Hesselberger, S.  106. Die „abstrakte, generelle Klagemöglichkeit“ fasste Wach dagegen als „die selbstverständliche Voraussetzung für die Durchsetzung des Rechtsschutzanspruchs“ auf, Wach, ZZP 32 (1904), S.  25. 87  Wach, Feststellungsanspruch, S.  15; Wach, ZZP 32 (1904), S.  29 f. Zu beachten gilt in­ dessen, dass der Rechtsschutzanspruch, obwohl bereits vorprozessual bestehend gedacht, nur 80 

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auch anderweitig begründet liegen, wie etwa bei negativen Feststellungsklagen in der integren Rechtsposition der Person im Allgemeinen.88 Schutzgrund bilde­ te ein nach Massgabe des Prozessrecht zu bestimmendes „berechtigtes Rechts­ schutzinteresse“.89 Die Voraussetzungen des Rechtsschutzanspruchs gehörten nach Wach der „Sachverhandlung und Sachenentscheidung im Prozesse an“ und bildeten gerade nicht Teil der Frage der Zulässigkeit des Prozesses.90

4. Hellwigs Lehre vom konkreten Klagerecht Die Lehre vom Rechtsschutzanspruch wurde von Hellwig, einem Schüler Wachs,91 übernommen und weitergeführt.92 Dieser unternahm – neben dem, dass er terminologisch dazu überging vom „konkreten Klag[e]recht“ statt vom „Rechtsschutzanspruch“ zu sprechen – einige, mit unter weitreichende Modifi­ kationen an der von Wach begründeten Lehre.93 So fasste er unter anderem die Voraussetzungen der Rechtsschutzgewährung unter den Begriff „Klag[e]vor­ aussetzungen“ zusammen und unterteilte diese in materielle und prozessuale.94 Zu den materiellen Klagevoraussetzungen zählte er in erster Linie die Existenz der aufgestellten Rechtsbehauptung (des sog. prozessualen Anspruchs), welche den Gegenstand des Prozesses bildete.95 Die prozessualen Klagevoraussetzun­ gen wiesen dagegen keinen Bezug zur Existenz oder zum Inhalt des prozes­ sualen Anspruchs auf, sodass bei ihrem Fehlen zwar eine Klageabweisung (ge­ „nach Massgabe der ihn normierenden Prozessordnung“ erfüllt werden konnte: Wach, Hand­ buch, S.  211 f. Vgl. dazu auch Hesselberger, S.  106. 88  Wach, ZZP 32 (1904), S.  29. 89  Wach, Handbuch, S.  20; Wach, ZZP 32 (1904), S.  30. 90  Wach, Feststellungsanspruch, S.  24. 91  Blomeyer, NDB Bd. 8, S.  490. 92  Hellwig, Lehrbuch, S. VI: „Es ist der Versuch gemacht, die meines Erachtens für die Fortbildung der Prozeßrechtslehre außerordentlich wichtige Wach’sche Theorie des Rechts­ schutzanspruchs systematisch nach allen Seiten hin zu verwerten.“ 93  Anders als noch Wach fasste Hellwig den Rechtsschutzanspruch nunmehr nur noch als gegen den Staat gerichtet auf: Hellwig, Anspruch, S.  159; Hellwig, Lehrbuch, S.  148 f.; Hellwig, Klagrecht S.  20, 43; Hellwig, System, S.  295 f. Dies hatte zur Folge, dass er sich auch von der Vorstellung, wonach der Rechtsschutzanspruch den eigentlichen Streitgegenstand des Pro­ zesses bilde, trennte, vgl. Hesselberger, S.  115; Althammer, S.  46; Henckel, S.  27. Streitgegen­ stand bildete neu der prozessuale Anspruch, verstanden als „bestehend behauptetes oder – bei der negativen Feststellungsklage – negiertes Recht“, bzw. als „das Urteilsbegehren im Sinne dessen, was begehrt wird“: Hellwig, Anspruch, S.  156; ähnliche Formulierung in ­Hellwig, Lehrbuch, S.  150; Hellwig, Klagrecht, S.  61; vgl. hierzu auch Simshäuser, S.  146 Fn.  135. Der so gefasste prozessuale Anspruch unterschied sich sowohl vom materiellen An­ spruch als auch vom Rechtsschutzanspruch: Hellwig, Anspruch, S.  157. 94  Hellwig, Lehrbuch, S.  145 ff., 150; Hellwig, Klagrecht, S.  61. 95  Hellwig, Lehrbuch, S.  150; Hellwig, Klagrecht, S.  61. Siehe auch vorne 3.  K ap.  Fn.  93.

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nauer: eine „Abweisung zur Zeit“96) erging, mit welcher aber lediglich ausge­ sprochen wurde, dass das Klagerecht, verstanden als das Recht, Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten des betreffenden Staates zu verlangen, verneint wurde, ohne dass dabei zugleich über den Bestand des eingeklagten materiellen Rechts geurteilt wurde.97 Hellwig unterteilte die prozessualen Klagevorausset­ zungen zuletzt noch in allgemeine und konkrete.98 Konkrete prozessuale Klage­ voraussetzung bildete das Vorliegen eines Rechtsschutzgrundes, das von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängig war.99 Zu den allgemeinen pro­ zessualen Klagevoraussetzungen zählte Hellwig dagegen unter anderem die Parteifähigkeit, die Zulässigkeit des Rechtsweges sowie das Prozessführungs­ recht.100 Hellwig bezeichnete Letzteres als „die sich aus dem Verhältnis des Klä­ gers zu dem geltend zu machenden Rechtsverhältnis“ oder aus „prozessualen Vorschriften ergebende und an die wegen seines Fehlens mangelnde Berechti­ gung zur gerichtlichen Verfolgung eines konkreten Rechts als solche.“101 Dem Prozessführungsrecht sprach Hellwig dabei – ausdrücklich in Anlehnung an die im Zusammenhang mit der Sachlegitimation geübte Semantik – die Aufgabe zu, den „richtigen Kläger“ bzw. den „richtigen Beklagten“ zu bestimmen.102 Die Frage, ob dem Kläger bzw. dem Beklagten das aktive resp. das passive Prozess­ führungsrecht zukam, trennte er indessen scharf von der Frage nach der Sach­ legitimation im Sinne der materiellen Rechtszuständigkeit; dies auch unter Ver­ weis auf die unterschiedlichen Rechtskraftfolgen im Falle des Mangels der Sachlegitimation und des Mangels des Prozessführungsrechts.103 Wie bereits erwähnt ist Hellwig zuletzt von der begrifflichen Unterscheidung zwischen Pro­ zessführungsrecht und Sachlegitimation abgekommen, indem er den Begriff der Sachlegitimation mit dem von ihm geprägten Begriff des Prozessführungs­

Hellwig, Klagrecht, S.  64 f. erkannte die gegen diese Begrifflichkeit angeführten Be­ denken und hielt dafür, dass es sich vielleicht mehr empfehle statt von einer „Abweisung zur Zeit“ von einer „Abweisung der Klage als unzulässig“ zu sprechen. Zu dieser Terminologie ist er später denn auch übergegangen: Hellwig, System, S.  253 f. 97  Hellwig, Lehrbuch, S.  151, 162; Hellwig, Klagrecht, S.  63 ff. 98  Hellwig, Klagrecht, S.  65; Hellwig, System, S.  251 ff., 256 ff. 99  Hellwig, Klagrecht, S.  71; Hellwig, System, S.  256; ähnlich bereits in Hellwig, Lehr­ buch, S.  160. 100  Hellwig, Klagrecht, S.  65 ff.; Hellwig, System, S.  251. 101  Hellwig, Lehrbuch, S.  156 f. 102  A. a. O., S.  155, 158. 103  Fehlt es an dem Prozessführungsrecht, so werde nicht die Existenz des eingeklagten Rechts, sondern nur die jetzige Existenz des „Klagrecht“ als solches verneint: Hellwig, Lehr­ buch, S.  157, 162 f.; Hellwig, Klagrecht, S.  64, 69. 96 

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3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis

rechts gleichsetzte; sachlich hielt er weiterhin an seiner ursprünglich eingenom­ menen Position hinsichtlich des Prozessführungsrechts fest.104 Das Prozessführungsrecht ergab sich nach Hellwig entweder aus einer rein prozessualen positivrechtlichen Bestimmung oder bestimmte sich – so im Re­ gelfall – „indirekt nach dem bürgerlichen Recht“, indem es an das sog. Verwal­ tungsrecht anknüpfe.105 Unter Letzterem verstand er ein umfassendes Recht auf Geltendmachung eines Vermögensrechts „mit vorzugsweise civilistischen In­ halt“, das aber, sofern nicht eingeschränkt, „sekundär auch das Recht zur ge­ richtlichen Geltendmachung der Rechte“ in sich einschloss,106 und das in aller Regel den Subjekten des streitigen Rechtsverhältnisses zukam.107 Das Verwal­ tungsrecht liess sich seiner Ansicht nach nicht beliebig von Privaten erzeugen und kam nur in bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen, einem materiellrecht­ lich Nichtberechtigten zu.108 Die Fälle der Prozessstandschaft, d. h. der prozes­ sualen Geltendmachung fremder Rechte109 waren damit begrenzt, nämlich auf diejenigen Fälle, wo positivrechtlich entweder das Verwaltungsrecht auf eine materiellrechtlich nichtberechtigte Person übertragen war oder wo das Prozess­ recht selbst eine abweichende Regelung aufstellte. Das Prozessführungsrecht war als ein rein prozessrechtliches Institut ange­ legt.110 Diese Zuteilung wurde indessen in den Fällen, in denen sich das Prozess­ führungsrecht nach dem Verwaltungsrecht bestimmte, nicht konsequent ein­ gehalten. So hielt Hellwig zwar dafür, dass sich das Prozessführungsrecht in solchen Fällen – wie dies auch bei anderen prozessualen Begriffen üblich ist – lediglich indirekt nach dem materiellen Recht bestimmt.111 Zeitgleich fasste er aber das Verwaltungsrecht als die eigentliche „Quelle“ des Prozessführungs­ rechts auf, Letzteres dagegen nur als „Ausfluss“ des Erstgenannten.112 Weiter wies er dem Verwaltungsrecht eine eigentümliche Doppelnatur zu, indem die­ ses einerseits die Befugnis zu allen zivilen Rechtsgeschäften, die das Vermögen vermehren, in sich trug, sekundär dann aber auch noch die Befugnis zur allen­ S. vorne bei und mit 2.  Kap.  Fn.  48 sowie Hellwig, System, S.  160 ff. und S.  251 ff. Hellwig, Lehrbuch, S.  155 f.; Hellwig, Klagrecht, S.  70; Hellwig, System, S.  162. 106  Hellwig, Lehrbuch, S.  155, 317. 107  A. a. O., S.  320 für das aktive Prozessführungsrecht, S.  335 implizit für das passive Prozessführungsrecht; Hellwig, Klagrecht, S.  70; Hellwig, System, S.  162, 164 ff. 108  Hellwig, Lehrbuch, S.  323 ff.; Hellwig, System, S.  165. 109  Hellwig, System, S.  166. 110  Hellwig, Klagrecht, S.  70, wo er das Prozessführungsrecht explizit als „prozessualen Begriff“ bezeichnet. Die prozessuale Natur dieses Instituts zeigt sich auch daran, dass das Prozessrecht gemäss Hellwig auch selbst Regelungen aufstellen kann, in denen das Prozess­ führungsrecht einer Person zukommt, die gerade nicht im Besitz des Verwaltungsrechts ist. 111  A. a. O., S.  70. 112  A. a. O., S.  70; Hellwig, System, S.  162. 104  105 

II. Die Verselbstständigung des Klagerechts vom materiellen Anspruch

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falls notwendig werdenden prozessualen Verfolgung bzw. Verteidigung der zum Vermögen gehörenden Rechte beinhaltete.113 Die Berechtigung zur ge­ richtlichen Geltendmachung von Rechten wurde in solchen Fällen damit zwar nicht wieder im materiellen Anspruch selbst, dafür aber in einem hybriden, pri­ mär materiellrechtlich verstandenen Verwaltungsrecht verortet, womit sich Hellwig dem überwunden geglaubten aktionenrechtlichen Denken wieder annä­ herte. Ausführungen aus Hellwigs spätem Werk System des Deutschen Zivilpro­ zeßrechts (1912) lassen die Vermutung zu, dieser habe sich bei der Konzeption der Ableitung des Prozessführungsrechts aus dem Verwaltungsrecht mitunter ergebnisorientiert von den wirtschaftlichen Folgen einer Rechtsschutzgewäh­ rung leiten lasen: „Die Prozeßführung dient zur Verfolgung vorhandener Rechte und zur Rechtsverteidigung; sie ist deshalb ebensowenig eine Verfügung, wie sie dazu benutzt werden kann, um Ver­ pflichtungen zu erzeugen oder aufzuheben. Aber durch Herbeiführung eines unrichtigen Ur­ teils, welches vorhandene Rechte ab- oder nicht bestehende Verpflichtung anerkennt, wird wirtschaftlich im Endergebnisse die gleiche Wirkung wie durch jene Zivilrechtsgeschäfte herbeigeführt. Deshalb kommt es beim Verwaltungsrechte als der Quelle des Prozessfüh­ rungsrechts in der Regel gerade auf das Vorhandensein oder Fehlen jener zivilen Befugnisse an.“114

5. Rezeption der Hellwig’schen Lehre Die Vorstellung des Prozessführungsrechts als eine das Recht auf Rechtsschutz bedingende Voraussetzung hielt sich anfänglich noch unter den Befürwortern der Lehre vom konkreten Klagerecht, so etwa bei Schüler.115 Die der Lehre vom Rechtsschutzanspruch als Ganzem zugrunde liegende Vorstellung eines Rechts auf Rechtsschutz in der Sache, welche bereits von Beginn an namhafte Wider­ sprecher fand,116 stiess aufgrund vielfältiger Einwände117 zusehends auf Ableh­ nung und wurde bereits Mitte des 20. Jahrhunderts kaum mehr vertreten,118 was Baumgärtel im Jahre 1962 zur Aussage verleitete, es sei eine „gesicherte Er­ kenntnis der Prozessrechtswissenschaft, daß der Kläger keinen Anspruch auf eine ihm günstige Entscheidung in der Sache hat“.119 Überdauert hat die Lehre vom konkreten Klagerecht der von Hellwig geprägte Begriff des „Prozess­ Hellwig, Lehrbuch, S.  155, 317; Hellwig, System, S.  162. Hellwig, System, S.  162. 115  Schüler, S.  33 f. 116  Allen voran Kohler sowie von Bülow, s. Schüler, S.  16 m. w. Nachw. 117  Vgl. Hesselberger, S.  117 f. m. w. Nachw. 118  Droese, res iudicata, S.  71; Detterbeck, AcP 192 (1992), S.  334. 119  Baumgärtel, ZZP 75 (1962), S.  391. Ein Jahr später griff diesen Blomeyer, Zivilpro­ zessrecht, S.  4 ff. indessen wieder auf. 113  114 

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3. Kapitel:  Dogmengeschichtliche Verortung der Prozessführungsbefugnis

führungsrechts“ bzw. derjenige der „Prozessführungsbefugnis“. Mit Verwer­ fung der der Lehre vom Rechtsschutzanspruch als Ganzem zugrunde liegenden Vorstellung eines Rechts auf Rechtsschutz in der Sache wurde diesem aller­ dings ein seiner ursprünglichen Bedeutung abweichender Gehalt zugewiesen. Man löste sich von der Vorstellung, wonach die Prozessführungsbefugnis in subjektiver Hinsicht das Recht auf Rechtsschutz in der Sache bedingte und ging dazu über, dieses lediglich als ein Hilfsinstrument zur Vermeidung von Popu­ larklagen aufzufassen.120 Es setzte sich die heute noch vorherrschende Auf­ fassung durch, wonach der Begriff der Prozessführungsbefugnis die einst der Sachlegitimation zugewiesene Funktion übernommen habe, Auskunft darüber zu geben, wer als „richtige Partei“ einen Prozess zur Sache führen bzw. eine Sachentscheidung erwirken könne.121 Eine präzise Nachbildung der Entwick­ lungsgeschichte des Begriffs der Prozessführungsbefugnis, ausgehend von der Lehre Hellwigs bis hin in die Gegenwart, scheint namentlich vor dem Hinter­ grund der terminologischen Verwirrungen mit dem Begriff der Sachlegitima­ tion nahezu unmöglich und würde wohl auch wenig erkenntnisreich ausfallen. Für die hier erfolgende Untersuchung reicht der Befund, dass sich wichtige Teil­ aspekte der Hellwig’schen Konzeption des Prozessführungsrechts bis in die heutige Zeit erhalten haben, so namentlich die Vorstellung, wonach die Prozess­ führungsbefugnis als solche zwar prozessual aufzufassen ist, sich aber im ­Regelfall aus einer materiellen Rechtsposition herleite, sowie der Gedanke, dass angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Prozessführung diese grundsätzlich nur den materiellrechtlichen Verfügungsbefugten zuzustehen sei. Die Ansicht, nach der die Prozessführungsbefugnis im Sinne einer prozes­ sualen Klagevoraussetzung darüber Auskunft gibt, wem das Recht zusteht, Rechtsschutz in der Sache zu erlangen, wird in der heutigen Doktrin, soweit ersichtlich, von niemandem mehr vertreten; nota bene auch nicht von den heuti­ gen Vertretern der „wiederbelebten“122 Lehre vom Rechtsschutzanspruch. Nichtsdestotrotz wird bei der Erörterung der Prozessführungsbefugnis nach wie vor auf die Ausführungen von Hellwig verwiesen, ohne indessen darauf hinzuweisen, dass dieser dem Prozessführungsrecht einen im Vergleich zu heu­ te abweichenden Bedeutungsgehalt zugewiesen hatte.

Vgl. so etwa aus dem jüngeren schweizerischen Schrifttum: Beinert, S.  24 sowie ­Lötscher, N 60. Zum Begriff der Popularklage s. hinten 5.  Kap.  II. 1. 121  S. vorne 2.  K ap.  I II. 122  Vgl. den 1968 erschienen Aufsatz von K. Schwab, ZZP 81 (1968), S.  412 ff. mit dem Titel „Zur Wiederbelebung des Rechtsschutzanspruchs“ sowie hinten 4.  Kap.  III. 1. 120 

III. Zwischenergebnis

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III. Zwischenergebnis Die voranstehenden Erläuterungen haben gezeigt, dass die Entstehung des Rechtsinstituts der Prozessführungsbefugnis nicht, wie allgemein im jüngeren Schrifttum angenommen, als Reaktion auf die mit dem Wechsel zum formellen Parteibegriff neu entstandene Gefahr der Verwirklichung von Popularklagen zurückzuführen ist. Diese Gefahr realisierte sich mit der Aufgabe der Lehre vom materiellen Parteibegriff überhaupt nicht erst, da man an der Vorstellung der Immanenz des Klagerechts im subjektiven Privatrecht zunächst weiter fest­ hielt. Die dogmengeschichtliche Entstehung der Prozessführungsbefugnis ist denn auch in einem anderen Sachzusammenhang zu verorten, nämlich im ­Kontext der Überwindung der Vorstellung der Immanenz des Klagerechts im subjektiven Privatrecht. Als Teilbestand der von Hellwig vorgetragenen Lehre vom konkreten Klagerecht bildete das Prozessführungsrecht ursprünglich eine prozessuale Voraussetzung des vorprozessual bestehend gedachten konkreten Klagerechts, d. h. des Rechts auf Rechtsschutz in der Sache. Anders als die ­Lehre vom konkreten Klagerecht bzw. die der Lehre vom Rechtsschutzanspruch als Ganzem zugrundeliegende Vorstellung eines Rechts auf Rechtsschutz in der Sache hat sich der von Hellwig geprägte Begriff des Prozessführungsrechts bzw. der Prozessführungsbefugnis bis heute erhalten, wobei dem Rechtsinstitut der Prozessführungsbefugnis heutzutage aber eine andere Bedeutung zuge­ schrieben wird, nämlich die Bestimmung derjenigen Parteien, die einen Prozess zur Sache führen bzw. eine Sachentscheidung erwirken können. Nichtsdesto­ trotz haben sich wichtige Teilsaspekte der Hellwig’schen Konzeption des Pro­ zessführungsrechts im heutigen Begriffsverständnis der Prozessführungsbe­ fugnis erhalten.

4. Kapitel

Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess im geltenden Recht I. Vorbemerkung Die Diskussion rund um das Verhältnis zwischen Zivilrecht und Zivilprozess­ recht, insbesondere die Frage, wie die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess angelegt ist, ist in der jüngeren Vergangenheit aus dem Fokus der Rechtswissenschaft geraten. Die wenigen Stimmen, die sich dazu äussern, be­ gnügen sich zumeist mit Verweisen auf vorgefasste dogmatische Konstrukte, namentlich auf das „Klagerecht“, die „Klagebefugnis“ sowie die „Klagbarkeit“, wobei die genauen Konturen der sich hinter diesen Begriffen steckenden Ge­ dankengebilde zumeist im Dunkeln verborgen bleiben. An einer grundlegenden Untersuchung fehlt es. Ein Seitenblick in die deutsche Rechtslehre, von der die schweizerische Prozessrechtsdoktrin über weite Teile entlehnt ist, vermag nur bedingt Klarheit zu schaffen. Zwar wird dort ein lebendiger Meinungsstreit über die Frage geführt, inwieweit bereits im subjektiven Privatrecht das – in den Worten Windscheids – „Element des Gerichts“ mitgedacht werden muss.1 Das Verhältnis der soeben erwähnten dogmatischen Konstrukte zueinander ist in­ dessen auch in der deutschen Doktrin alles andere als geklärt. Allgemein lässt sich konstatieren, dass die im älteren Schrifttum bestehenden Unklarheiten und Streitpunkte im Wesentlichen erhalten geblieben sind. Die heutige Diskussion fällt zuweilen gar hinter den Erkenntnisstand des ausgehenden 19. Jahrhunderts zurück und vertritt – nicht selten unbewusst – überwunden geglaubte zivilisti­ sche Klagerechtstheorien.

1 

S. vorne 3.  Kap.  I. 2. a. bei und mit Fn.  29.

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

II. Das Recht auf richterliche Beurteilung 1. Das Kummer’sche Klagerecht In der schweizerischen Prozessrechtsdoktrin wird, wenn vom „Klagerecht“ die Rede ist, zumeist in Anschluss an Kummer der einer jeden Privatrechtsordnung notwendig innewohnende Grundsatz verstanden, wonach grundsätzlich jede Rechtsbehauptung einer autoritativen Überprüfung zugeführt werden können muss.2 Kummer leitete diesen Grundsatz aus zwei Überlegungen ab. Zum einen bedinge die Privatrechtsordnung nicht nur die Privatautonomie und die Zwangs­ vollstreckung, sondern überdies immer auch die Möglichkeit, umstrittene Rechts­lagen autoritativ klären zu können.3 Da aber erst das Urteil autoritativ darüber Auskunft gibt, ob das geltend gemachte subjektive Privatrecht tatsäch­ lich besteht, müsse der Weg zum Urteil zum anderen bereits dann offen stehen, wenn ein subjektives Privatrecht lediglich behauptet wird.4 Andernfalls wäre die Privatrechtsordnung schlicht nicht durchsetzbar.5 Aus dem Gesagten folgt, dass das Recht auf Erlass eines Sachurteils nicht als Teilgehalt des subjektiven Pri­ vatrechts gedacht werden kann, da das Klagerecht auf der blossen Behauptung eines Rechts, und damit unter Umständen auf der Behauptung eines sich im Nachhinein als nichtexistent erweisenden Rechts gründet.6 Kummer führte aus: „Damit ist aber der entscheidende Punkt aufgegriffen: Es ist nämlich nicht zu umgehen, in der Beziehung zwischen materiellem Recht und dem Recht, zu klagen, diese stete Ungewiss­ heit, ob sich ein erhobener Anspruch im Prozess auch durchsetze, einzurechnen. Das kann nun aber nur durch die Annahme geschehen, dass es nicht der (begründete) materielle Rechtsanspruch und nicht das (begründete) materielle Recht ist, denen der Weg zum Urteil offenstehen muss, sondern das bloss behauptete Recht, der bloss behauptete Anspruch.“7

Das Kummer’sche Klagerecht kommt in der Sache dem von Degenkolb vorge­ tragenen „abstrakten“ Klagerecht nahe.8 Wie jener verwehrte er sich einer Ab­ 2  Kummer, Klagerecht, S.  18; Berti, Einfluss, N 97 Fn.  54; Berti, Einführung, N 26; Coendet/­ Hurni, ZBJV 143 (2007), S.  211; Stacher, AJP 2007, S.  1125 f., 1128; Portmann, N 148; Leim­ gruber, N 55 Fn.  102; BGE 98 II 344 E. 3. Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 32 weist darauf hin, dass für die Bezeichnung dieses Grundsatzes in der schweizerischen Lehre weiter auch die Be­ griffe „Klagebefugnis“, „Klagbarkeit“ sowie „Prozessführungsrecht“ geläufig sind. 3  Kummer, Klagerecht, S.  14 m. w. Nachw. 4  A. a. O., S.  17 f. 5  A. a. O., S.  18. 6  A. a. O., S.  21; Portmann, N 150; Coendet/Hurni, ZBJV 143 (2007), S.  212, wonach das Klagerecht (bzw. die „Klagebefugnis“) „logisch von der durchzusetzenden Norm zu diffe­ renzieren“ ist. 7  Kummer, Klagerecht, S.  18 [Hervorhebung im Original]. 8  S. vorne 3.  K ap.  I I. 2.

II. Das Recht auf richterliche Beurteilung

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leitung des Klagerechts aus dem subjektiven Privatrecht.9 Und wie jener forder­ te er für das Klagerecht eine gewisse Selbstbetroffenheit. So sollte der Rechts­ weg bis zum Urteil seiner Ansicht nach nur dann eröffnet sein, wenn der Rechtsschutzsuchende zusätzlich zur Rechtsbehauptung ein schutzwürdiges Interesse an der urteilsmässigen Bestätigung desselben vorweisen konnte (sog. Rechtsschutzinteresse).10 Von einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse kön­ ne dabei nur dann ausgegangen werden, wenn der Kläger das Gericht zu seinen Gunsten aufruft.11 Anders als Degenkolb fasste Kummer das Klagerecht explizit nicht als ein publizistisches, d. h. gegen den Staat gerichtetes öffentliches Recht auf,12 und dies obschon er an verschiedenen Stellen zu erkennen gab, dass als möglicher Anspruchsgegner eines solchen Klagerechts nur der Staat, bzw. die Kantone in Frage kommen.13 Zu dieser widersprüchlichen Aussage sah er sich offensicht­ lich vor dem Hintergrund der damals noch geltenden Kompetenzaufteilung zwischen dem Bund und den Kantonen genötigt, wonach die Gesetzgebung im Bereich des Zivilprozessrechts in der Kompetenz der Kantone, im Gebiet des Zivilrechts dagegen in der Kompetenz des Bundes lag.14 Kummer folgerte nun daraus, dass die Annahme eines publizistischen Klagerechts, „weil öffentlich­ rechtlicher Natur, dem kantonalen Prozessrecht zuzuteilen“ gewesen wäre.15 Dies hätte eine Gefahr für eine schweizweit einheitliche Verwirklichung des Bundeszivilrechts bedeutet.16 Aufgrund der „künstlichen Zerteilung der Privat­ rechtsordnung in Zivilrecht des Bundes und Prozessrecht der Kantone“ müsse daher angenommen werden, dass das Klagerecht dem Bundeszivilrecht ent­ springe.17 Diese Argumentationslinie vermag damals wie heute nicht zu über­ zeugen. Auch wenn man sich der Ansicht anschliesst, wonach das Klagerecht, verstanden als das Recht, bei blosser Rechtsbehauptung Zugang zu einer autori­ tativen Feststellung zu erhalten, wesensnotwendig aus der Statuierung des Kummer, Klagerecht, S.  14, 17. A. a. O., S.  18, 28. 11  A. a. O., S.  29. 12  A. a. O., S.  21. 13  A. a. O., S.  21 sowie 60 f., wonach ein kantonaler Richter das Klagerecht verletzte, wenn er eine nach Bundesrecht mögliche Rechtsbehauptung bei hinreichendem Rechtsschutzinter­ esse nicht an die Hand nimmt. 14  Art.  64 aBV. S. zur Geschichte des schweizerischen Zivilprozessrechts Staehelin/­Staehe­ lin/Grolimund, §  2. 15  Kummer, Klagerecht, S.  21. 16  Vgl. a. a. O., S.  6, wonach „sich die kantonalen Prozessvorschriften überall dort dem Zivilrecht anzupassen [haben], wo es die Einheitlichkeit der Anwendung erheischt“ [Hervor­ hebung im Orginal]. 17  A. a. O., S.  21. 9 

10 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

(Bundes-)Zivilrechts folgt, vermag dies an der Rechtsnatur dieses Rechts – als eines nämlich, das gegen den Staat auf Gewährung von Rechtsschutz gerichtet ist – nichts zu ändern. Nichtsdestotrotz hat sich die Vorstellung, wonach sich das zum Klagerecht gehörende Rechtsschutzinteresse nach dem materiellen Recht bestimmt, bis heute in der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung zu halten vermocht, worauf weiter hinten nochmals zurückzukommen sein wird.18

2. Der Justizgewährungsanspruch Der sowohl in den Lehren Degenkolbs als auch in den Lehren Kummers vorge­ brachte Gedanke, wonach bereits jede Rechtsbehauptung einer autoritativen Überprüfung zugeführt werden können muss, beansprucht auch heute noch Geltung, ergibt sich aber nicht mehr nur als eine notwendige Folgerung aus der Statuierung des Zivilrechts bzw. „aus dem Monopol des staatlichen Rechts­ schutzes und der Art und Weise seiner Ausgestaltung“,19 sondern lässt sich heut­ zutage vielmehr aus dem konventions- (Art.  6 Ziff.  1 S.  1 EMRK)20 und verfas­ sungsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch ableiten.21 Gemeint ist damit ein subjektiv-öffentlichrechtlicher Anspruch des Einzelnen auf Gewäh­ rung wirksamen Rechtsschutzes, d. h. der Einzelne hat einen Anspruch darauf, dass das angerufene Rechtspflegeorgan das prozessrechtskonform vorgebrachte Rechtsschutzgesuch entgegen nimmt und zu einem verbindlichen Abschluss bringt.22 Der so verstandene Justizgewährungsanspruch verbürgt nicht nur ei­ nen Anspruch auf Zugang zu einem Gericht (right of access to the court), son­ 18 

S. hinten 7.  Kap.  I. 3. a., dort insb. bei und mit Fn.  44. Beinert, S.  23. Ähnlich noch BGE 98 II 344 E. 3. Ebenfalls von einer ungeschriebenen Generalklausel des Zivilprozessrechts ausgehend: G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  20. 20  Gemäss der Rechtsprechung des EGMR ergibt sich aus Art.  6 Abs.  1 EMRK das Recht auf ein Gericht („right to a court“), das als Teilgehalt das Recht auf Zugang zum Gericht („right of access“) beinhaltet: Urteil des EGMR 4451/70 vom 21. Februar 1975 (Golder/Ver­ einigtes Königreich) E. 36; Urteil des EGMR 26083/94 vom 18. Februar 1999 (Waite and Kennedy/Deutschland) E. 50; Urteil des EGMR 59519/00 vom 22. März 2007 (Staroszczyk/ Polen) E. 123. S. dazu auch: BGE 141 I 241 E. 4.2.1; Kofmel Ehrenzeller, Vorläufige Rechts­ schutz, S.  352 ff., 372 ff.; Brehm, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  1 N 286; Schmehl, S.  260 f. m. w. Nachw. 21  Bohnet, Procédure, N 359. So wohl auch Hoffmann-Nowotny, N 282 bei und mit Fn.  1255. 22  Berti, Einführung, N 26; Berti, Verhältnis, S.  18; Bohnet, Procédure, N 359; Staehelin/ Staehelin/Grolimund, §  1 N 9; Willisegger, S.  79; Emch, S.  27 f.; S. Rüetschi, N 163; Sogo, Gestaltungsklagen, S.  37; Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67; Ambauen, N 254. Ein solcher wird auch für das deutsche Recht angenommen: Schmehl, S.  217 ff.; Urteil des BGH vom 7. Mai 1962 E. 31, BGHZ 37, S.  113 ff.; Musielak, Musielak/Voit-Komm. ZPO, Einl. N 8; Detterbeck, AcP 192 (1992), S.  327. 19 

II. Das Recht auf richterliche Beurteilung

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dern reicht darüber hinaus, indem er einen Anspruch auf ein insgesamt faires Verfahren ( fair trial) gewährleistet.23 Es ist der so verstandene Justizgewäh­ rungsanspruch, der die gerichtliche Durchsetzbarkeit von subjektiven Privat­ rechten ermöglicht und sichert.24 Die genauen Konturen dieses Verfahrens­ grundrechts liegen sowohl im Hinblick auf das Konventions- als auch mit Blick auf das Verfassungsrecht teils noch im Unklaren, was mitunter auf die fehlende terminologische Einheitlichkeit zurückzuführen ist.25 Im Hinblick auf das schweizerische Verfassungsrecht ist namentlich umstritten, worin die norma­ tive Grundlage des Justizgewährungsanspruchs zu erblicken ist. Ob man diesen dabei aus Art.  29 Abs.  1 BV,26 aus Art.  29 Abs.  1 i. V. m. Art.  5 BV,27 aus den Art.  29–30 BV,28 aus Art.  29 Abs.  1 i. V. m. Art.  29a BV29 oder aus Art.  29a BV30 ableitet, ist dabei von untergeordneter Bedeutung.31 Spätestens seit Inkrafttre­ ten des Art.  29a BV (Rechtsweggarantie) kann an dessen verfassungsrechtlicher Existenz jedenfalls nicht mehr gezweifelt werden.32

S. statt aller Kofmel Ehrenzeller, Vorläufige Rechtsschutz, S.  409. Detterbeck, Streitgegenstand, S.  28. S. auch Botschaft BV, S.  503. 25  Weder Art.  6 Abs.  1 EMRK noch die Art.  29 ff. BV sprechen von einem „Justizgewäh­ rungsanspruch“. In der Lehre werden denn auch eine ganze Bandbreite von Begriffe teils synonym verwendet, so etwa das „Recht auf effektiven Rechtsschutz“, die „Rechtsweggaran­ tie“, das „Recht auf Justizgewähr“, der „Justizanspruch“ sowie der „Anspruch auf Rechts­ pflege“. Der Begriff des Justizgewährungsanspruchs wird andererseits auch mit abweichen­ dem Bedeutungsgehalt verwendet. So wird er teils mit dem blossen Zugangsrecht als solchem gleichgesetzt (Ruch, S.  177), teils als die objektivrechtlich bestehende Verpflichtung des Staates zur Errichtung einer Gerichtsorganisations zwecks Streitbeilegung verstanden (Kley, St. Galler Kommentar BV, Art.  29a N 5). 26  BGE 129 V 27 E. 2.2. 27  Hoffmann-Nowotny, Doppelrelevante Tatsachen, N 281. 28  Willisegger, S.  79. 29  Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67. 30  Emch, S.  27; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  1 N 8; Bohnet, ZSR 128 (2009) II, S.  203; Leutwiler, SZZP 2016, S.  380; Meier, S.  137; Droese, res iudicata, S.  68; Sogo, ZBJV 147 (2011), S.  966; Ambauen, N 254; so wohl auch Kofmel Ehrenzeller, ZBJV 137 (2001), S.  824; BGer 2P.112/2005 vom 7. Juni 2005 E. 3.2, wo aber von Justizgewährungs­ pflicht die Rede ist; Urteil des HGer AG vom 9. April 2002 E. 1.b, AGVE 2002, S.  60 ff. 31  Vgl. Kofmel Ehrenzeller, Vorläufige Rechtsschutz, S.  409 f., die zur gleichen Schlussfol­ gerung für die Frage der Verortung des Anspruchs auf vorläufigen Rechtsschutz kommt. 32  BGE 130 I 388 E. 4, demgemäss „dem schweizerischen Verfassungsrecht kein generel­ ler Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz entnommen werden kann“ muss daher als über­ holt angesehen werden. Vgl. Schaub, AJP 2008 S.  1124 f., der diesbezüglich von einem „Para­ digmawechsel“ spricht. 23 

24 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

Der Justizgewährungsanspruch gilt nicht absolut.33 Der Gesetzgeber darf un­ ter bestimmten Voraussetzungen Einschränkungen desselben vorsehen.34 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind Einschränkungen der in Art.  6 Abs.  1 EMRK zusammengefassten Verfahrensgrundrechte solange zulässig, als sie nicht gerade den Wesensgehalt dieser Rechte (the very essence of the right) betreffen.35 Es steht dem Gesetz­ geber so insbesondere zu, den Zugang zum Sachurteil einzuschränken.36 Aus dem Justizgewährungsanspruch fliesst denn auch kein subjektives Recht auf Beurteilung der vorgebrachten Rechtsstreitigkeit in der Sache37 und schon gar kein subjektives Recht auf Fällung eines in der Sache günstigen Urteils.38 In der deutschen Lehre wird der Justizgewährungsanspruch denn auch als ein „formell subjektives öffentliches Recht“ bezeichnet,39 womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass sich dieses gegen den Staat gerichtete subjektive Recht darauf beschränkt, effektiven Rechtsschutz als solchen zu gewährleisten, selbst aber nicht auf die Verwirklichung des im Streit liegenden materiellen Rechts gerich­ tet ist, d. h. selbst gerade nicht den Erlass eines bestimmten Urteils fordert.40 Der Justizgewährungsanspruch kommt jedermann zu.41 Fraglich erscheint hingegen, inwiefern er eine gewisse Selbstbetroffenheit voraussetzt, wie dies sowohl Degenkolb als auch Kummer für ihre Klagerechte forderten. Der Wort­ 33  Willisegger, S.  79. So auch explizit mit Blick auf Art.  6 Abs.  1 EMRK: Urteil des EGMR 4451/70 vom 21. Februar 1975 (Golder/Vereinigtes Königreich) E. 36 sowie BGE 141 I 241 E. 4.2.1. Mit Blick auf Art.  29a BV: BGE 136 I 323 E. 4.3; BGE 137 II 409 E. 4.2. 34  Vgl. weiter hinten 7.  K ap.  I. 2. 35  S. grundlegend Urteil des EGMR 12750/87, 13780/88 und 14003/88 vom 27. August 1991 (Philis/Griechenland) E. 59, 65 sowie dazu BGE 141 I 241 E. 4.2.1. 36  Mit Blick auf Art.  29a BV: BGE 136 I 323 E. 4.3; BGE 137 II 409 E. 4.2. Mit Bick auf Art.  6 Abs.  1 EMRK: Urteil des EGMR 32190/96 vom 17. Juli 2003 (Luordo/Italien) E. 85. So bereits auch schon Habscheid, Zivilprozessrecht, N 11; Emch, S.  28 Fn.  158. 37  Vollkommer, S.  197; Detterbeck, Streitgegenstand, S.  31; Emch, S.  27 f.; Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  199; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 16. S. auch Urteil des BGer 5P.319/­2005 vom 9. November 2005 E. 4.1, wo das Bundesgericht noch vor Inkrafttreten von Art.  29a BV im Hinblick auf die in Art.  17 KV SH statuierte Rechtsweggarantie festhielt, eine solche „verbietet insbesondere auch nicht, das Eintreten auf ein Rechtsmittel von den üblichen Sach­u rteilsvoraussetzungen abhängig zu machen“. Dies wird tel quel auch für das Erkenntnisverfahren zu gelten haben; so auch Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  199. 38  Vollkommer, S.  197; Detterbeck, AcP 192 (1992), S.  337 m. w. Nachw. 39  Vollkommer, S.  197; Detterbeck, Streitgegenstand, S.  28, 32; M. Kaufmann, S.  254 40  M. Kaufmann, S.  254 f.; Brehm, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  1 N 291; Detter­ beck, Streitgegenstand, S.  28, wonach dieser keine „materiell-sachliche“ Dimension besitzt. 41  Berti, Einführung N 26 spricht in diesem Zusammenhang von einem „allgemeinen Klagerecht“. Vgl. weiter auch den Wortlaut von Art.  29a BV, der von „jede Person“ spricht. Für das deutsche Recht s. Schmehl, S.  239 sowie Brehm, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  1 N 290.

II. Das Recht auf richterliche Beurteilung

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laut von Art.  6 Abs.  1 EMRK hält einschränkend fest, dass die in dieser Vor­ schrift zusammengefassten Verfahrensgrundrechte jeder Person im Hinblick auf Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflich­ tungen zukommen. Auch das Bundesgericht vertrat noch vor Inkrafttreten der ZPO die Ansicht, dass jeweils dem „Ansprecher eines Rechtes“ die Möglichkeit zukommen müsse, dem Richter die Frage des Bestandes und des Inhalts seines behaupteten Rechtes zu unterbreiten.42 Es stellt sich daher die Frage, ob der Justizgewährungsanspruch nur Personen zusteht, die ein vermeintlich eigenes Recht im eigenen Namen geltend machen. Diese Frage kann mit Blick auf die Regelung der Rechtshängigkeit in Art.  62 ZPO für das zivilprozessuale Er­ kenntnisverfahren offenbleiben. Gemäss der Rechtsprechung des EGMR bean­ spruchen die in Art.  6 Abs.  1 EMRK zusammengefassten Verfahrensgrund­ rechte nämlich auch dann Geltung, wenn der nationale Gesetzgeber über den völkerrechtlich gebotenen Schutzbereich hinaus ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung stellt.43 Diese Ansicht wird, im Hinblick auf die in Art.  29 ff. BV enthaltenen Verfahrensgrundrechte, auch in der schweizerischen Lehre vertre­ ten.44 Eröffnet ein Gesetz die Möglichkeit eines Gerichtszuganges, so kommen die konventions- und verfassungsrechtlich garantierten Verfahrensgrundrechte dementsprechend ungeachtet der Tatsache zur Anwendung, ob vom Standpunkt der EMRK und der BV aus ein solcher Zugang zum Gericht überhaupt geboten gewesen wäre. Die ZPO regelt nicht, wer ein Gerichtsverfahren initiieren darf, bestimmt aber in Art.  62 Abs.  1 ZPO, welche Handlungen zur Begründung der Rechts­ hängigkeit führen. Danach bedarf es für die Begründung der Rechtshängigkeit lediglich der Einreichung einer der in Art.  62 Abs.  1 ZPO aufgeführten Pro­ zesseingaben. Die Eingabe muss dabei derart beschaffen sein, dass sie eine Prü­ fung der Prozessvoraussetzungen ermöglicht,45 die das Gericht gemäss Art.  60 ZPO von Amtes wegen zu prüfen hat. Insbesondere muss die Prozesseingabe die Parteien genügend klar bezeichnen,46 bei denen dann im Verlaufe des Ver­ fahrens die parteibezogenen Prozessvoraussetzungen zu prüfen sind, zu denen neben der Partei- und Prozessfähigkeit gemeinhin die Prozessführungsbefugnis 42 

BGE 98 II 341 E. 3. Grundlegend: Urteil des EGMR 63235/00 vom 19. April 2007 (Vilho Eskelinen u. a./ Finnland) E. 61. S. auch Urteil des EGMR 17056/06 vom 15. Januar 2008 (Micallef/Malta) E. 41: „In other words Eskelinen recognised the principle that Article 6 protection should not be less in Strasbourg than under the domestic system.“ 44  Schaub, AJP 2008, S.  1132 m. w. Nachw. 45  Infanger, BSK ZPO, Art.  62 N 14. 46  Dies ergibt sich aus Art.  202 Abs.  2 , Art.  221 Abs.  1 lit.  a sowie aus Art.  244 ZPO. S. auch Botschaft ZPO, S.  7331; Infanger, BSK ZPO, Art.  62 N 16 sowie Berger Steiner, BK ZPO I, Art.  62 N 16 m. w. Nachw. 43 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

gezählt wird.47 Indem die Prozesseingabe lediglich die Prüfung der Prozess­ voraussetzungen ermöglichen soll, wird die Rechtshängigkeit auch dann be­ gründet, wenn Erstere gar nicht erfüllt sind.48 Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung müssen die Prozessvoraussetzungen spätestens im Zeitpunkt der Sachentscheidung vorliegen; ansonsten kommt es zu einem Nichteintretens­ entscheid.49 Das Verfahren bis zu einem allfälligen Nichteintretensentscheid findet mit den im Rechtsschutzgesuch als Parteien angeführten Personen statt, ungeachtet der Tatsache, wer darin genannt wird.50 Die beklagte Partei be­ stimmt sich dabei – treu des Grundsatzes der Parteiherrschaft51 – in Erkenntnis­ verfahren betreffend streitige Zivilsachen52 ebenfalls ausschliesslich nach der in der Prozesseingabe erfolgenden Parteibezeichnung.53 Voraussetzung für das Auftreten als klagende wie auch als beklagte Partei ist in Verfahren betreffend streitiger Zivilsachen folglich nur die in der Prozesseingabe erfolgende Partei­ bezeichnung, d. h. ein rein formales Kriterium, was der Lehre vom formellen Parteibegriff entspricht.54 Dementsprechend können auch eigenen Angaben zu­ 47  Vgl. etwa die Einteilung bei Domej, KUKO ZPO, Art.  59 vor N 20 sowie bei Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 3. 48  Berger Steiner, BK ZPO I, Art.  62 N 27 m. w. Nachw.; Windel, S.  39. Berti, SZZP 2005, S.  75 bezeichnet denn auch die formgerechte Klageerhebung als „die einzige echte Prozess­ voraussetzung im Sinne einer Bedingung für die Eröffnung eines kontradiktorischen Verfah­ rens“; so bereits Berti, Einfluss, N 142. 49  BGE 140 III 159 E. 4.2.4 m. w. Nachw. 50  Schemmann, S.  19 f.; Staehelin, S.  31 f. 51  Diese äussert sich in der grundsätzlichen Geltung des Verhandlungs- sowie des Dispo­ sitionsgrundsatzes, wie sie in Art.  55 bzw. Art.  58 ZPO festgelegt sind. 52  I.S.v. Art.  1 lit.  a ZPO. 53  So auch Berti, Einführung, N 72; Willisegger, S.  97. Dies ergibt sich auch aus Art.  62 Abs.  2 ZPO, wonach den „Parteien“ [Plural] der Eingang der in Abs.  1 umschriebenen Pro­ zesseingaben zu bestätigen ist. Für das deutsche Recht s. Schemmann, S.  19; Zeiss/Schreiber, N 134. 54  Ebenfalls von der Geltung des formellen Parteibegriffs ausgehend: Berti, Einführung, N 72; Domej, S.  117; Willisegger, S.  94, 97; Willisegger, BSK ZPO, Art.  228 N 19 sowie aus der älteren Lehre Guldener, Zivilprozessrecht, S.  124; Kummer, Grundriss, S.  61; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 18, 270; Beinert, S.  4; Kupfer, S.  86 f. Dies nur für die klagende Partei explizit aussprechend: BGE 139 III 498 E. 2.1. Die Annahme des formellen Parteibegriffs will aber nicht heissen, dass der Begriff „Partei“ wie auch die Ausdrücke der „klagenden“ bzw. „beklagten Partei“ in der ZPO einheitlich aufzufassen sind. Zum einen regelt die ZPO gem. Art.  1 lit.  b ZPO auch die kantonalen Verfahren der gerichtliche Anordnungen der frei­ willigen Gerichtsbarkeit, wo – da es sich in der Sache um eine Verwaltungstätigkeit in zivil­ rechtlichen Angelegenheiten handelt (Guldener, freiwillige Gerichtsbarkeit, S.  2) – ein ande­ res Parteiverständnis Geltung beansprucht, vgl. BGE 140 III 501 E. 4.1.1 f. Zum anderen werden die Begriffen „klagende“ bzw. „beklagte Partei“ als Tatbestandselemente bestimmter Rechtsnormen innerhalb der ZPO abweichend vom formellen Verständnis ausgelegt, vgl. BGE 139 III 498 E. 2.2.2. ff. sowie hinten 8.  Kap.  II.

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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folge rechtsfremde Personen die Rechtshängigkeit herbeiführen. Tun sie dies, so kommen sie ebenfalls in den Genuss der in Art.  6 Abs.  1 EMRK sowie in den Art.  29 ff. BV statuieren Verfahrensgrundrechte.55 Der Eintritt der Rechtshän­ gigkeit führt dann vor dem Hintergrund des Justizgewährungs­anspruchs dazu, dass nicht nur ein behandlungsbedürftiges, sondern vielmehr auch ein behand­ lungspflichtiges Rechtsschutzgesuch einer Rechtspflegeinstanz zur Beurteilung vorliegt, wie dies bereits verschiedentlich in der Lehre zutreffend hervorgeho­ ben wurde.56

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil 1. Der Rechtsschutzanspruch Die eingangs beschriebene, auf Wach zurückgehende Lehre vom Rechtsschutz­ anspruch wurde, nachdem sie zwischenzeitlich als überwunden gegolten hatte, Mitte des letzten Jahrhunderts von einem Teil der deutschen Lehre wieder auf­ gegriffen.57 Dabei wurde unter anderem vorgebracht, der Rechtsschutzanspruch sei die „logische Weiterentwicklung“ des Justizgewährungsanspruchs.58 Der Anspruch auf ein in der Sache günstiges Urteil bilde nämlich die „materiell-­ rechtliche Fortsetzung des primär formell-rechtlichen Justizgewährungsan­ spruchs“.59 Die Lehre vom Rechtsschutzanspruch wird heute sowohl in Deutschland60 als auch in der Schweiz von einem Grossteil der Lehre61 abgelehnt, hat hierzulande 55  Vgl. Willisegger, S.  59: „Die gegenüber dem Staat bestehenden Rechte werden grund­ sätzlich an die Parteistellung gebunden.“ 56  Droese, res iudicata, S.  275; Berti, KUKO ZPO, Art.  62 N 10; vgl. auch Berti, Einfüh­ rung, N 119, wonach ab Eintritt der Rechtshängigkeit solange ein Verfahren durchzuführen ist, „bis auf ein Prozesserledigungsgrund anerkannt werden kann“ sowie Willisegger, S.  60, wonach ein „Anspruch besteht auf Erlass eines formellen Erledigungsentscheids, weil das Gericht über jedes rechtshängige Rechtsschutzgesuch einen solchen Entscheid zu fällen hat.“ 57  Detterbeck, Streitgegenstand, S.  30 Fn.  120 f. m. w. Nachw. 58  Detterbeck, AcP 192 (1992), S.  335. 59  A. a. O., S.  335. S. auch Vollkommer, S.  198 f. 60  Zum Meinungsstand in der deutschen Prozessrechtslehre s. statt aller Brehm, Stein/ Jonas-­Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  1 N 239 ff., dort insb. Fn.  549 m. w. Nachw. 61  Kummer, Klagerecht, S.  14; Guldener, Zivilprozessrecht, S.  194 f.; Portmann, N 149; Emch, S.  28; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  1 N 9; Spühler/Dolge/Gehri, 1.  Kap.  33; Coendet/Hurni, ZBJV 143 (2007), S.  211 Fn.  23. So wohl auch Sogo, Gestaltungsklagen, S.  37. In der Lehre wird teils unter Hinweis auf BGE 67 II 74 E. 2 vorgetragen, das Bundes­ gericht hätte diese Lehre ebenfalls unlängst verworfen. In dem besagten Entscheid, der u. a. in BGE 118 II 479 E. 2. f und g sowie zuletzt in Urteil des BGer 4P.94/2002 vom 27. Juni 2002

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

indessen jüngst wieder prominente Befürworter gefunden.62 Dabei wird die Lehre von ihren heutigen Befürwortern nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form, wie sie einst von Wach angelegt worden war und namentlich von Hellwig weiterentwickelt wurde, vertreten. Dieser haftete, wie Wach seinerzeit selbst zugab, „metaphysische“ Züge an.63 Die damit gemeinte Idealisierung64 mag vor dem heutigen Erkenntnisstand, nach dem sich aufgrund der Unvollkommenheit menschlicher Erkenntnismöglichkeiten niemals mit abschliessender Gewissheit sagen lässt, ob ein richtiges, d. h. ein dem Rechtsschutzanspruch entsprechendes Urteil ergangen ist, nicht zu überzeugen.65 Die Vorstellung eines bereits vorpro­ zessual bestehenden Anspruchs auf Erlass eines bestimmten Urteils kann dar­ über hinaus vor allem auch vor dem Hintergrund der dem Zivilprozess anhaf­ tenden Ungewissheit bzw. angesichts seiner ureigenen Ergebnisoffenheit nicht Bestand haben.66 Der Erlass eines günstigen Urteils ist nicht nur vom Vorhan­ densein vorprozessualer Rechtspositionen wie dem „Schutz­anspruch“ und dem „Schutzgrund“ abhängig, sondern vielmehr immer auch davon, dass es den Par­ teien gelingt, diese im Prozess rechtsgültig zu beweisen67 und sie die übrigen an

E. 3.2.2 bestätigt wurde, bezeichnete es das Bundesgericht als „eine doktrinäre Überspan­ nung als Gegenstand des Prozesses nicht den eingeklagten Anspruch, sondern den darauf bezüglichen Rechtsschutzanspruch als solchen anzusehen.“ Die bundesgerichtlichen Aus­ führungen in den verschiedenen Entscheiden betrafen, wie Berti, SZZP 2005, S.  73 zutref­ fend resümiert, im Kern die Frage, in wie weit der damals noch kantonale Prozessrechtsge­ setzgeber ermächtigt war, an die Verletzung einer (kantonalen) prozessrechtlichen Norm die Folge einer Prozessrechtsverwirkung mit Rechtskraftfolge vorzusehen; sie standen somit „offenkundig im Zeichen der vertikalen Rechtszersplitterung“ (Willisegger, S.  77). Aus den Ausführungen lässt sich denn auch mit an Wahrscheinlichkeit kein eindeutiges Votum gegen die von der Lehre des Rechtsschutzanspruch vorgetragenen Vorstellung eines Anspruchs auf günstiges Urteils herauslesen. Zu beachten gilt, dass das Bundesgericht jüngst den Begriff des „Rechtsschutzanspruchs“ wieder verwendet hat, indessen ohne einen Bezug zu der vor­ mals ergangenen Rechtsprechung herzustellen: Urteil des BGer 4A_439/2014 vom 16. Febru­ ar 2015 E. 5.4.3.1, SZZP 2015, S.  233 ff. mit Note von Droese. 62  Allen voran Berti, Einfluss, N 96 ff.; Berti, SZZP 2005, S.  69 ff.; Berti, SZZP 2008, S.  193 ff.; Berti, Einführung, N 23 ff. sowie Droese, res iudicata, S.  62 ff.; insb. S.  77 ff. Wei­ ter auch Bohnet, ZSR 128 (2009) II, S.  200 ff. sowie Willisegger, S.  80 ff. 63  Wach, Handbuch, S.  23 Fn.  27; Wach, ZZP 32 (1904), S.  5 f. 64  Wagner, Prozessverträge, S.  407. 65  Urteil des BGH vom 7. Mai 1962 E. 31, BGHZ 37, S.  113 ff.; Musielak, Musielak/VoitKomm. ZPO, Einl. N 8; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 15. 66  Kummer, Klagerecht, S.  17; Portmann, N 149 f. Vgl. auch Willisegger, S.  81 f. 67  Im Zivilprozess kommt gem. Art.  55 Abs.  1 ZPO grundsätzlich die Verhandlungsmaxi­ me zur Anwendung. Auf diesen Umstand bereits hinweisend: Habscheid, ZZP 67 (1954), S.  190 m. w. Nachw.

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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den Erlass eines positiven Sachurteils geknüpften Voraussetzungen68 erfüllen.69 Dies hat Degenkolb seinerzeit bereits erkannt und wie bereits erwähnt darauf hingewiesen, dass es unter Umständen von Rechtswegen durchaus vorkommen könne, „dass der Kläger im Urteil verliere, obwohl das Recht ihm zur Seite stand oder umgekehrt, dass der Beklagte verurteilt werde, obwohl der klägeri­ sche Anspruch in Wahrheit nicht bestand“.70 Daran zeigt sich, dass es dem Pro­ zessrecht gerade nicht um die unbedingte Durch­setzung vorprozessual beste­ hender Rechtspositionen geht.71 Als Folge der teils heftigen Kritik an dieser Lehre wird sie heute denn auch nur noch in einer abgeschwächten Form vorgetragen. So wird der Rechtsschut­ zanspruch zum einen nicht mehr im Sinne eines unbedingten Anspruchs auf ein günstiges Urteil verstanden, sondern nur noch als ein Anspruch darauf, „dass das Gericht sämtliche Handlungen vornimmt, die nach dem anwendbaren Pro­ zess- und Sachrecht für die Gewährung von Rechtsschutz erforderlich sind.“72 Zum anderen hat man sich heutzutage von der Vorstellung eines vorprozessual bestehenden Anspruchs gegen den Staat gelöst.73 Vielmehr gehen die heutigen Befürworter dieser Lehre davon aus, dass erst mit und aus dem formell rechts­ kräftigen Entscheid ersichtlich werde, wem der Rechtsschutzanspruch zukom­ me.74 Willisegger führt so aus: „Eine Eigenschaft ausserhalb des Prozesses, mit der sich die Anspruchsberechtigung vorpro­ zessual bestimmen liesse, kann und will die Konzeption nicht nennen.“75

Der so verstandene Rechtsschutzanspruch reicht damit aber richtig gesehen in subjektivrechtlicher Hinsicht nicht über den Schutzgehalt des allgemein aner­ kannten Justizgewährungsanspruchs hinaus.76 Entsprechend wird der Lehre vom Rechtsschutzanspruch heute kaum noch Bedeutung bei der Erörterung der Problematik rund um das „Klagerecht“ zugewiesen, sondern vornehmlich im Zusammenhang mit der Streitgegenstandproblematik vorgebracht, wo sie, als heuristische Hypothese verstanden, dabei helfe, vielerlei Dinge klarer zu se­ hen.77 Die Lehre vom Rechtsschutzanspruch kann in der Form, wie sie von ih­ 68 

Dabei ist etwa an die Einhaltung von Prozessfristen sowie an die Bezahlung allfälliger Kostenvorschüsse zu denken. 69  S. statt aller Wagner, Prozessverträge, S.  406. 70  S. vorne 3.  K ap.  Fn.  59. Ähnlich Kummer, Klagerecht, S.  17. 71  So auch Wagner, Prozessverträge, S.  406. 72  Droese, res iudicata, S.  72. 73  Hesselberger, S.  127; Willisegger, S.  81. 74  Droese, res iudicata, S.  81, 91. 75  Willisegger, S.  81. 76  Willisegger, S.  81; Wagner, Prozessverträge, S.  407. 77  Willisegger, S.  82; Droese, res iudicata, S.  77 f.; Droese, SZZP 2015, S.  237. Zu den in

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

ren heutigen Befürwortern vorgetragen wird, denn auch nicht mehr als „materi­ ell-rechtliche Fortsetzung“ des Justizgewährungsanspruchs aufgefasst werden, noch vermag sie heutzutage einen vorprozessual gedachten Anspruch auf Sachentscheidung oder gar eine Sachentscheidung bestimmten Inhalts zu ver­ mitteln, was auch von den heutigen Befürwortern dieser Lehre nicht bestritten wird. Bezeichnenderweise wird die Frage nach der „richtigen Partei“ von den heutigen Befürwortern der Lehre vom Rechtsschutzanspruch denn auch nicht mehr aus dem Rechtsschutzanspruch selbst zu beantworten versucht, sondern dem davon unabhängig gedachten prozessualen Institut der Prozessführungs­ befugnis überbunden.78

2. Klagbarkeit und „Klagebefugnis“ a) Meinungsstand Die Frage, wie die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess angelegt ist, wird immer wieder, wenn nicht gar vornehmlich unter dem Aspekt der sog. Klagbarkeit thematisiert. Der herrschenden Lehre zufolge gibt der Begriff der Klagbarkeit darüber Auskunft, ob ein materiellrechtlicher Anspruch prozessual durchgesetzt werden kann.79 Dabei ist man sich darin einig, dass den materiel­ len Ansprüchen für gewöhnlich die Klagbarkeit anhaftet.80 Sind sie ausnahms­ weise nicht klagbar, so spricht man von „Naturalobligationen“ bzw. von „un­ vollkommenen Verbindlichkeiten“.81 Diese lassen sich gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung zwar prozessual nicht erzwingen, können aber den­ noch rechtswirksam erfüllt werden und begründen dann für den Anspruchs­ berechtigten einen bereicherungsrechtlichen Behaltenstitel.82 der deutschen Lehre davon ausgehenden Vertretern, s. Droese, res iudicata, S.  77 f. Fn.  408 m. w. Nachw. 78  So etwa Berti, Einführung, N 339. 79  Willisegger, S.  65; Berti, Einführung, N 28; Portmann, N 138 ff.; Huguenin, N 34 ff. 80  Berti, Einführung, N 28; Portmann, N 139; Huguenin, N 34. Inwiefern die Klagbarkeit ein wesensnotweniges Element einer vollwertigen Forderung bzw. eines vollwertigen An­ spruchs bildet, ist in der heutigen Lehre umstritten. Dies befürwortend: Gauch/Schluep/ Schmid/Emmenegger, N 29, 82; B. Berger, N 83, 208; Furrer/Müller-Chen, Kap.  1 N 99. Ablehnend: Willisegger, S.  65; Huguenin, N 35. 81  Engel, S.  43; Koller, Guhl OR, §  3 N 1; Portmann, N 138; Huguenin, N 34; Willisegger, S.  65 sowie Honsell, S.  367 ff. Zur Terminologie, allen voran zur Frage, ob zwischen den Begrifflichkeiten „Naturalobligation“ und „unvollkommene Verbindlichkeit“ zu unterschei­ den ist, s. statt aller Schulze, Naturalobligation, S.  262 ff. 82  Willisegger, S.  65; Portmann, N 138; Honsell, S.  368; Schwander, OFK OR, Art.  63 N 3; Oberhammer/Fraefel, KUKO OR, Art.  63 N 7; Botschaft OR, S.  239 mit Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung.

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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Über die Rechtsnatur der Klagbarkeit ist man sich in der schweizerischen Lehre uneins. Streitpunkt bildet dabei die Frage, ob die Klagbarkeit als eine objektive Eigenschaft des materiellen Anspruchs oder als eine ihm innewoh­ nende, subjektivrechtliche Teilbefugnis aufzufassen sei. Der Grossteil der Leh­ re spricht diese Frage nicht offen an, thematisiert die Klagbarkeit indessen im­ mer wieder im Zusammenhang mit dem „Klagerecht“, dem jeweils ein subjek­ tivrechtlicher Gehalt zugewiesen wird.83 Dagegen stellt gemäss einer vor allem in der Zivilprozessrechtslehre vorgetragenen Mindermeinung die Klagbarkeit eine dem materiellen Anspruch objektiv anhaftende Eigenschaft dar, die als solche von der subjektiven Befugnis Rechtsschutz zu ersuchen (der „Klagebe­ fugnis“ bzw. dem „Klagerecht“) zu unterscheiden ist.84 Die Frage nach der Rechtsnatur der Klagbarkeit wird auch im deutschen Schrifttum kontrovers dis­ kutiert, wobei die Bandbreite der vertretenen Meinungen grösser ist.85 So wird auf der einen Seite des Meinungsspektrums vorgetragen, die Vorstellung, wo­ nach die Klagbarkeit dem materiellen Recht zuzuordnen ist – sei es im Sinne einer dem materiellen Anspruch objektiv anhaftenden Eigenschaft oder im Sin­ ne einer dem materiellen Anspruch innenwohnenden Teilbefugnis – führe ent­ weder zu inkonsistenten oder zu redundanten Lösungen und sei deshalb zu ver­ werfen.86 Auf der anderen Seite des Meinungsspektrums wird die Klagbarkeit dagegen von einer Lehrmeinung nicht nur in die Nähe des „Klagerechts“ bzw. der „Klagebefugnis“ gestellt, sondern vielmehr explizit mit diesen gleichge­ setzt.87 Dieser Ansicht folgend ist zwischen den Begriffen der Klagbarkeit und der Klagebefugnis in der Sache kein Unterschied zu machen, da den zwei ge­ nannten Begriffen lediglich eine unterschiedliche Betrachtungsweise derselben Rechtsposition zugrunde liege: Spricht man von Klagebefugnis, so nimmt man die Sicht des Gläubigers ein, spricht man von Klagbarkeit, so wird dieselbe Po­ sition des Gläubigers dagegen objektiviert als eine Eigenschaft des Anspruchs dargestellt.88 Im Falle einer Naturalobligation fehle demzufolge nicht nur dem 83  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 48 ff.; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43; Huguenin, N 35; Kuhn, TREX 2010, S.  39; Lötscher, N 65. Furrer/ Müller-Chen, Kap.  1 N 94 fassen die Klagbarkeit gar explizit als „das Recht des Gläubigers, staatliche Hilfe zur Durchsetzung seines Rechtes auf Leistung in Anspruch zu nehmen“ auf, s. hinten 4.  Kap.  III. 2. c. 84  Willisegger, S.  65 f.; Grob-Andermacher/Walder-Richli, §  1 N 17; Stacher, AJP 2007, S.  1129; Portmann, N 138 ff., 147 ff.; Berti, Einführung, N 28. 85  Vgl. Schulze, Subjektives Recht, S.  13 f. m. w. Nachw. 86  Wagner, Prozessverträge, S.  415; Jacoby, S.  166 f. 87  Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 142; Schulze, Naturalobliga­tion, S.  632. 88  Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 142; Schulze, Naturalobliga­tion, S.  632.

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

materiellen Anspruch objektiviert betrachtet die Durchsetzbarkeit, sondern zu­ gleich auch dem Gläubiger die subjektive Befugnis zur Erhebung der Leistungs­ klage.89 Die Kontroverse um die Rechtsnatur der Klagbarkeit ist für die dieser Arbeit zugrunde liegende Fragestellung von unmittelbarer Relevanz. Den Gedanken, nach welchem die Begriffe der Klagbarkeit und der Klagebefugnis dieselbe Rechtsposition lediglich aus verschiedenen Blickwickeln beschreiben, weiter­ führend, gehen im deutschen Schrifttum einige Stimmen so weit zu sagen, dass, wenn man daran festhält, dass der materielle Anspruch gerade und nur an der Klagebefugnis zu erkennen ist, man von der Voraussetzung der Prozessfüh­ rungsbefugnis absehen könne.90 So wird ausgeführt, dass wenn „schon das ma­ terielle Recht dafür Sorge trägt, dass grundsätzlich nur der Rechtsinhaber selbst sein Recht mit Erfolg einklagen kann […] das Institut der Prozessführungs­ befugnis seine Existenzberechtigung verloren“91 habe. Dieser Ansicht liegt die Vorstellung zugrunde, dass das materielle Recht mit der Bestimmung der Anspruchszuständigkeit (bspw. dem A steht gegenüber dem B ein Anspruch auf Zahlung von CHF 100 aus Vertrag zu) zugleich auch festlege, wer den Anspruch in subjektiver Hinsicht prozessual durchsetzen kön­ ne (nämlich der A gegen den B).92 Dieser Gedanke wird, wenn auch zumeist nicht in gleicher Deutlichkeit, auch hierzulande in der Diskussion rund um das „Klagerecht“ angeführt.93 Auch das Bundesgericht scheint in seiner Begrün­ dungslinie gegen die Zulassung gewillkürter Prozessstandschaften von einer solchen Konzeption des materiellen Anspruchs auszugehen.94 In nunmehr ge­ festigter Rechtsprechung hält es dafür, dass das schweizerische Recht „keine auf die Prozessführungsbefugnis oder ein Klagerecht beschränkte Abtretung [kennt], sondern nur die Abtretung des materiell-rechtlichen Anspruchs, mit der die Berechtigung übergeht, den Anspruch vor Gericht in eigenem Namen gel­ tend zu machen“.95

89 

90 

194.

Schulze, Naturalobligation, S.  632; Schulze, Subjektives Recht, S.  14. Röhl/Röhl, S.  390; Grunsky, Grundlagen, S.  267. In diese Richtung auch Jacobs, S.  189 f.,

Grunsky, Grundlagen, S.  267. So etwa Grunsky, Grundlagen, S.  267. 93  Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43; Sutter-Somm, Zivilprozess­ recht, N 8; Wiegand, S.  130 f. 94  Davon ebenfalls ausgehend: Portmann, N 176. 95  BGE 137 III 293 E. 3.2 m. w. Nachw.; jüngst bestätigt in: Urteil des BGer 4A_710/2014 vom 3.7.2015 E. 5 (Erwägung nicht publiziert in BGE 141 III 289) sowie in BGer 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5.2. S. zur Frage der Möglichkeit gewillkürter Prozessstandschaften s. hinten 8.  Kap.   91 

92 

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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Damit ist der vermeintliche Kern hinter der ganzen Problematik der Vermitt­ lung subjektiver Privatrechte verortet: die Ungewissheit, welche prozessualen Aspekte heute noch im materiellen Anspruch mitenthalten sind. b) Der materielle Anspruch Anders als das deutsche96 enthält das schweizerische Recht keine Legaldefini­ tion zum Begriff des materiellen Anspruchs. Das ZGB und das OR setzen die­ sen vielmehr als bekannt voraus, wird er doch an verschiedenen Stellen im Ge­ setz verwendet.97 Über den genauen Gehalt dieses als „Prototyp des subjektiven Rechts“98 aufgefassten Begriffes besteht indessen nach wie vor keine Einigkeit. Vielmehr wird der Begriff vielseitig verwendet.99 Die herrschende Lehre und Rechtsprechung setzen den Begriff „Anspruch“ im Bereich des Obligationen­ rechts mit dem Begriff der „Forderung“ gleich und verstehen diesen dement­ sprechend als das „relative Recht auf ein fremdes Verhalten“ bzw. als das „Recht Leistung zu verlangen“.100 Eigenständige Bedeutung wird dem Begriff des An­ spruches ausserhalb des Schuldrechts zugestanden, da dort die relativen Rechte auf ein fremdes Verhalten nicht als Forderungen aufgefasst werden können und dementsprechend ein geeigneter Ausdruck fehlt.101 Der materielle Anspruch er­ scheint somit als Oberbegriff, bzw. als der weitere Ausdruck, unter den auch die Forderung fällt.102 96 

§  194 Abs.  1 BGB. Böhler, S.  5 m. w. Nachw. Zur anfänglichen Rezeption des Anspruchsbegriffs in der Schweiz s. ebenda, S.  76 f. In der französischsprachige Sprachfassungen der Bundesgesetze wird, wo in der deutsprachigen Fassung von „Anspruch“ die Rede ist, in der Regel lediglich von „droit“, teils aber auch von „action“ oder von „réclamation“ gesprochen: Schönenberger/ Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. vor Art.  1 N 87 m. w. Nachw. 98  Medicus, S.  37 (vor N 73); Portmann, N 210, der die „Forderung“ als Prototyp der rela­ tiven Rechte auffasst, die „Forderung“ selbst aber als Unterart des „Anspruchs“ qualifiziert (N 215). 99 S. Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. vor Art.  1 N 86 ff.; Böhler, S.  6, je m. w. Nachw. In diese Zusammenhang sei die zutreffende Feststellung von Tuhr/Peter, S.  15 Fn.  33 wörtlich wiedergegeben: „Angesichts dieser Unbestimmtheit der gesetzlichen Termi­ nologie ist es erlaubt in der theoretischen Behandlung des Rechts dem Wort Anspruch einen bestimmten Sinn beizulegen, woraus natürlich für die Auslegung einzelner Artikel, in denen dieses Wort vorkommt, keine Folgerung gezogen werden darf.“ 100  BGE 87 II 155 E. 3.b; BGE 106 Ia 163 E. 4.a; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 92; Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 80; Portmann, N 182; Furrer/ Müller-­Chen, Kap.  1 N 94; Koller, Guhl OR, §  2 N 15; B. Berger, N 95, 208; Kramer/Probst, N 59; Berti, ZK OR V/1h, Art.  127 N 16. 101  Portmann, N 183; Koller, §  2 N 71; Kramer/Probst, N 59. 102  Portmann, N 183; Koller, §  2 N 71; Berti, ZK OR V/1h, Art.  127 N 16. So auch die herrschende Lehre in Deutschland: Georgiades, S.  133 f. m. w. Nachw. 97 S.

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

Gemäss der herrschenden Lehre weist der materielle Anspruch weiter einen „mehrfachen Inhalt“ dergestalt auf, als er eine Bezeichnung für ein ganzes Bün­ del von Einzelbefugnissen darstellt.103 Die Vorstellung des materiellen An­ spruchs als einem Bündel von Einzelbefugnissen entspricht heute auch der herr­ schenden Lehre in Deutschland.104 Die zentrale Einzelbefugnis, die zumeist auch ausschliesslich gemeint ist, wenn von „Anspruch“ bzw. von „Forderung“ die Rede ist, ist dabei die sog. Einziehungsbefugnis.105 Diese berechtigt den Gläubiger, vom Schuldner die Leistung bei Fälligkeit „einzufordern“, sprich rechtmässig zu verlangen.106 Als weitere, dem Anspruch zugewiesene Einzel­ befugnis wird hierzulande vor allem die Genussbefugnis genannt.107 Recht­ sprechung und herrschende Lehre gehen darüber hinaus davon aus, dass der Anspruch auch ein „Recht auf Rechtsschutz“, verstanden als „Recht auf Verur­ teilung des Schuldners zur Leistung“ im Sinne einer Einzelbefugnis mitein­ schliesse,108 wobei sich die Lehre damit schwertut, diese Befugnis begrifflich zu fassen und mal von „Klagerecht“109, mal von von „Klagbarkeit“110 spricht. In Deutschland, wo diese Ansicht ebenfalls der herrschenden Lehre entspricht, hat sich in diesem Zusammenhang der Begriff „Klagebefugnis“ durchgesetzt.111 Dieser soll nachfolgend ebenfalls als Bezeichnung für die vermeintlich im ­materiellen Anspruch fussende Einzelbefugnis verwendet werden, da er vom Wortlaut her auf ein Sonderrecht Bezug nimmt und weil die anderen genannten Begriffe bereits mit einer Fülle von Bedeutungen überladen sind. Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 42; Furrer/Müller-Chen, Kap.  1 N 92 ff.; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 39 ff. Dagegen will Portmann, N 133, 144, die Forderung als ein einheitlich strukturiertes Recht mit dem einzigen Inhalt verstehen, dass dem Gläubiger eine Leistung geschuldet ist. 104  Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 120 m. w. Nachw. 105  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 44; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 39. Zur Terminologie s. Portmann, N 128. 106  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 44; Furrer/Müller-Chen, Kap.  1 N 93; ­Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 39. Vgl. auch §  241 Abs.  1 BGB: „Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern.“ Für die deutsche Lehre Wagner, Prozessverträge, S.  398 sowie Schmidt, Staudinger-­ Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 122 ff., je m. w. Nachw. 107  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 46; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 41 f. 108  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 48 ff.; Koller, §  2 N 37; Furrer/Müller-Chen, Kap.  1 N 94; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43 ff.; BGE 86 II 41 E. 4, wonach das Klagerecht „nach schweizerischer Auffassung ein Ausfluss des materiellen An­ spruchs“ ist. So jüngst auch in Urteil des BGer 4A_194/2012 vom 20. Juli 2012 E. 1.2. 109  Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 48 ff.; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43 ff.; Koller, §  2 N 37. 110  Furrer/Müller-Chen, Kap.  1 N 94. 111  S. statt aller Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 141 ff. m. w. Nachw. 103 

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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Die Klagebefugnis wird als eine Metabefugnis, d. h. als eine auf eine andere Einzelbefugnis bezogene Befugnis gedacht,112 wobei davon ausgegangen wird, dass sie sich in aller Regel auf die Einzelbefugnis Einziehungsbefugnis be­ zieht.113 Dabei wird die Klagebefugnis nicht nur als eine ausschliesslich dem materiellen Anspruch zukommende Einzelbefugnis verstanden, sondern davon ausgegangen, sie könne sich auf „jedwedes subjektive Recht“ erstrecken.114 In­ wieweit die These einer im subjektiven Privatrecht fussenden Klagebefugnis Bestand hat, soll nachfolgend exemplarisch anhand des materiellen Anspruchs untersucht werden. c) Materiellrechtlich fundierte Klagebefugnis? Bevor der Frage nachgegangen wird, ob eine als Einzelbefugnis gedachte Kla­ gebefugnis im materiellen Anspruch mitenthalten ist, gilt es sich zunächst nochmals klar zu machen, was für einer Befugnis hierbei das Wort geredet wird. In der Lehre wird teils vorgebracht, dass wenn jede Rechtsbehauptung einer autoritativen Überprüfung zugeführt werden können muss, eine Zuord­ nung der Klagebefugnis zum materiellen Anspruch ausscheiden müsse, da die damit einhergehende Subjektivierung115 ja gerade die Möglichkeit ausschliesse, dass ein nichtberechtigter Dritter eine Rechtsbehauptung zur autoritativen Überprüfung bringen kann.116 Dass die als ein Kompetenzrecht aufgefasste Be­ fugnis, einen streitigen Anspruch vor Gericht einzuklagen und damit einen Pro­ zess zu begründen,117 heutzutage als Teilgehalt des Justizgewährungsanspruchs jedermann zukommt, wurde oben bereits erläutert. Sie kann dementsprechend auch nicht als eine im materiellen Anspruch zusammengefasste Einzelbefugnis verstanden werden. Der Grossteil der Lehrmeinungen geht, wenn er von der im materiellen Anspruch mitenthaltenen Klagebefugnis spricht, dagegen von der als eigentliches Anspruchsrecht118 gedachten Befugnis aus, Rechtsschutz in der Sache erlangen zu können.119 112  Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 142; Schulev-Steindl, S.  37; Weller, Vertragstreue, S.  231. 113  Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 142, 150. 114  A. a. O., N 142. 115  Portmann, N 99: „Was jedermann aufgrund der Freiheitsvermutung darf oder infolge der Privatautonomie kann, bildet nicht Inhalt eines subjektiven Rechts.“ Kritisch dazu Schulev­-Steindl, S.  151 f. 116  Coendet/Hurni, ZBJV 143 (2007), S.  211, 216. 117  Schulev-Steindl, S.  38; Willisegger, S.  75. 118  Anspruchsrecht, da verstanden als das Recht auf ein fremdes Verhalten des Staates, s. Schulev-Steindl, S.  37 f.; Willisegger, S.  75. 119  S. vorne 4.  K ap.  Fn.  108.

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

Der von der herrschenden Lehre vorgetragenen Ansicht einer im materiellen Anspruch mitenthaltenen Befugnis auf Verurteilung des Schuldners zur Leis­ tung liegt die Vorstellung einer „Einheit von materieller Rechtslage und Rechts­ schutzlage“ zugrunde.120 Diese Einheit wird dadurch bewerkstelligt, dass dem Anspruchsbegriff neben dem materiellrechtlichen noch ein öffentlichrechtli­ cher Gehalt zugewiesen wird, nämlich durch das Hinzudenken der Klagebefug­ nis in das Bündel der Einzelbefugnisse, die im Anspruchsbegriff zusammenge­ fasst sind. Die Klagebefugnis kann dabei richtig betrachtet nur öffentlichrecht­ lich aufgefasst werden, nicht aber mit einem rein materiellrechtlich, gegen den Schuldner gerichteten Gehalt,121 da eine Verurteilung des Schuldners zur Leis­ tung nicht vom Gläubiger selbstständig, sondern nur durch staatliche Mithilfe bewerkstelligt werden kann.122 Der materielle Anspruch erscheint damit als ein „materiellrechtlich-prozessualer Zwitter“,123 womit er an die zivilistischen Kla­ gerechtstheorien des 19. Jahrhunderts erinnert. Diese vermeintliche Einheit materieller Rechtslage und Rechtsschutzlage er­ fährt an dreierlei Stellen Risse. Zunächst fehlt es bei den Fällen der Natural­ obligationen an der Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzbarkeit, was die herrschende Lehre wie eingangs erläutert mit dem ausnahmsweise vorkommen­ den Fehlen der Einzelbefugnis „Klagebefugnis“ erklärt.124 Grössere Begrün­ dungsschwierigkeit bereiten die Fälle der Prozessstandschaft, d. h. die Fälle, in denen einer materiellrechtlich nicht berechtigten Person die Möglichkeit zu­ kommt, den rechtsfremden Anspruch im eigenen Namen, sprich als Partei, pro­ zessual geltend zu machen. Hier behilft sich die herrschende Lehre mit der Kon­ struktion sog. selbstständiger Klagerechte.125 Die Klagbefugnis wird hier einer rechtsfremden Person zugesprochen, indessen weiterhin mit demselben Inhalt, nämlich als Recht auf Verurteilung des anspruchsverpflichteten Schuldners zur 120  Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 44 f. Georgiades, S.  134 geht davon aus, der Anspruch hätte die Funktion der actio mitübernommen, die geschuldete Leis­ tung klageweise erzwingen zu können, weshalb er auch der Verbindung der materiellen Rechtsordnung mit dem Prozess dienen könne. 121  Portmann, N 150; Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, N 49; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43; Schulev-Steindl, S.  37 f.; Habscheid, ZZP 67 (1954), S.  189. In der deutschen Lehre wird dagegen weiterhin zum Teil von einem auch materiell­ rechtlichen Klagerecht ausgegangen, wobei unklar erscheint worin der genaue Gehalt dessel­ ben zu liegen kommt, vgl. Schmidt, Staudinger-Komm. BGB, Einl. zu §§  241 ff. N 142. 122  Schulev-Steindl, S.  37, 44; Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 43. 123  In Anlehnung an Roth, Einrede, S.  309, der unter Verweis auf Larenz die Einrede als solche qualifiziert. 124  S. vorne 4.  K ap.  I II. 2. a. 125  Schönenberger/Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 48. Ähnlich Kopp, S.  8, der vom Bestand einer „selbständigen Prozessführungsbefugnis“ jeweils dort ausgeht, wo diese unab­ hängig von der Sachlegitimation besteht.

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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Leistung an den anspruchsberechtigten Gläubiger. Die Metabefugnis Klage­ befugnis wird mit anderen Worten lediglich einer anderen Person zuteil, die ihr als Bezugspunkt dienende Einzelbefugnis (zumeist die Einziehungsbefugnis) bleibt indessen dieselbe. Einen offenen Widerspruch erfährt die Vorstellung ei­ ner Einheit der materiellen Rechtslage und Rechtsschutzlage schliesslich in den­ jenigen Fällen, in denen kein auch nur behaupteter Anspruch prozessual durch­ gesetzt werden soll, wie dies etwa in den Fällen negativer Feststellungsklagen der Fall ist. Dies vermag auch die herrschende Lehre nicht zu leugnen und ge­ steht ein, dass es auch eine Klagebefugnis ohne Anspruch gebe.126 Neben dem, dass die Vorstellung einer im materiellen Anspruch fussenden Klagbarkeit nicht ohne, teils gewichtige Ausnahmen auskommt, vermag sie da­ rüber hinaus auch in den Regelfällen, d. h. in den Fällen, in denen ein Gläubiger seinen eigenen Anspruch bzw. seine eigene Einziehungsbefugnis gerichtlich durchzusetzen sucht, nicht zu überzeugen. Zwar schlägt der Einwand der struk­ turellen Verschiedenheit der Klagebefugnis von den übrigen im materiellen An­ spruch zusammengefassten Einzelbefugnissen, d. h. der Umstand, dass die Kla­ gebefugnis gegenüber dem Staat als Träger der Gerichtsbarkeit und nicht gegen­ über dem Verpflichteten besteht,127 fehl, da dies ja gerade der propagierten Einheit von materieller Rechtslage und Rechtsschutzlage entspricht. Gegen die Vorstellung einer im materiellen Anspruch fussenden Klagebefugnis spricht je­ doch noch ein anderer Gesichtspunkt. Wie einleitend bereits erwähnt baut diese Konzeption auf der Vorstellung auf, dass das subjektive Recht gerade und nur an der Klagebefugnis zu erkennen ist.128 Diese Ansicht entspricht einer in der deutschen Lehre weitverbreiteten Lehrmeinung, die wohl am prominentesten von Kelsen vorgetragen wurde und derzufolge von einem subjektiven Recht erst dann ausgegangen werden könne, wenn dieses mit der Rechtsmacht verbunden ist, es notfalls mittels staatlichem Rechtsschutz durchzusetzen.129 Diese Lehr­ meinung fand auch in der schweizerischen Rechtslehre Zuspruch, so allen voran bei Schluep.130 Gegen eine solche Konzeption der subjektiven Rechte wurde zu Recht einge­ wendet, dass sie die Vielschichtigkeit der Rechtspositionen, die heutzutage als subjektive Rechte bezeichnet werden, nicht angemessen zu erfassen vermag.131 Hält man dafür, dass subjektive Rechte gerade an der Klagebefugnis zu erken­ Georgiades, S.  132 Fn.  17. Portmann, N 150 m. w. Nachw. 128  S. vorne 4.  K ap.  Fn.  90 sowie Grunsky, Prozessstandschaft, S.  111 Fn.  11. 129  Kelsen, S.  139 f., 141. S. dazu Jacobs, S.  187 f.; Portmann, N 31 f. sowie ausführlich Schulev-Steindl, S.  34 ff. 130  Schluep, S.  287 ff., insb. 295 f. 131  Wagner, AcP 193 (1993), S.  341 f. 126  127 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

nen sind, so fallen die Rechtspositionen, die in einem Dürfen oder Können be­ stehen, a priori als subjektive Rechte ausser Betracht.132 Die Vorstellung einer dem subjektiven Privatrecht innenwohnenden Klagebefugnis vermag aber auch solche Rechtspositionen, die wie der materielle Anspruch in einem Verlangen­ können bestehen, immer dann nicht zu erfassen, wenn die geschuldete Hand­ lung eine unvertretbare ist und folglich als solche selbst nicht gegen den Willen des Schuldners durchgesetzt werden kann. Verweigert der Schuldner die Vor­ nahme der Handlung und tritt „an Stelle des Vollstreckungszwanges ausschliess­ lich die Eventualverpflichtung auf Schadensersatz“, so hat dies nach der oben referierten Lehrmeinung nämlich zur Folge, dass kein subjektives Recht gege­ ben ist.133 Neben dem, dass eine solche Konzeption der subjektiven Rechte folglich be­ reits aus begriffssystematischen Überlegungen nicht zu überzeugen vermag, kann ihr auch in der Sache nicht gefolgt werden. Denn auch dort, wo nach der oben referierten Lehre ein subjektives Recht angenommen werden kann, d. h. bei Rechtspositionen des Verlangenkönnens, bei denen die geschuldete Hand­ lung eine vertretbare ist, bei denen mithin auch bei einer Handlungsverweige­ rung seitens des Schuldners eine Durchsetzung im Sinne einer Substitution des eigentlich geschuldeten Verhaltens möglich ist,134 vermag die Vorstellung einer im subjektiven Recht innenwohnenden Klagebefugnis nicht zu überzeugen. Denn auch in solchen Fällen kann nicht angenommen werden, dem Gläubiger komme ein bereits vorprozessual bestehendes Recht auf Verurteilung des Schuldners zur Leistung zu. Gegen eine derartige Annahme sprechen dieselben Argumente wie sie bereits gegen die Lehre vom Rechtsschutzanspruch in ihrer ursprünglichen Form vorgetragen wurden. Ein dem Gläubiger zukommendes, vorprozessual bestehend gedachtes subjektiv-öffentliches Recht auf Erlass eines bestimmten Urteils, nämlich eines, dass den Schuldner zur Leistung verpflich­ tet, kann angesichts der dem Zivilprozess ureigenen Ergebnisoffenheit nicht Be­ stand haben.135 Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass sich die Vorstellung einer im materiellen Anspruch fussenden Klagebefugnis, verstanden als ein Portmann, N 32; Wagner, AcP 193 (1993), S.  342. Schluep, S.  297. Zutreffender Ansicht nach handelt es sich bei solchen Primärpflichten indessen selbst schon um vollwertige subjektive Rechte: Portmann, N 38; Schönenberger/ Jäggi, ZK OR V/1a, Vorb. zu Art.  1 N 72; Schulev-Steindl, S.  52; Riehm, S.  242 m. w. Nachw. Zur dogmatischen Einordnung des primären Naturalerfüllungsanspruchs s. statt aller Riehm, S.  241 ff. 134  Schulev-Steindl, S.  51. 135  S. vorne 4.  K ap.  I II. 1. bei und mit Fn.  66 sowie explizit mit Blick auf das „Klagerecht“, verstanden als das Recht auf Verurteilung des Schuldners zur Leistung: Portmann, N 149. 132  133 

III. Das Recht auf ein günstiges Urteil

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vorprozessual bestehendes subjektiv-öffentliches Recht des Gläubigers gegen den Staat auf Verurteilung des Schuldners zur Leistung, nicht halten lässt. Da­ mit kann auch nicht angenommen werden, dass immer dann, wenn nicht der tatsächliche Rechtsinhaber als Kläger auftritt, eine Sachabweisung aufgrund mangelnder Klagebefugnis zu erfolgen habe. d) Klagbarkeit als eine vom materiellen Recht vorgegebene Eigenschaft Lässt sich die Klagbarkeit nicht als eine subjektive Einzelbefugnis des Gläubi­ gers verstehen, so stellt sich die Frage, ob sie entsprechend der, insbesondere von Willisegger136 und Portmann137 vorgetragenen Mindermeinung138 als eine dem materiellen Anspruch objektiv anhaftende Eigenschaft aufgefasst werden kann. Gegen diese Sichtweise hat sich in der deutschen Lehre Gerhard Wagner gewandt. Er gibt zu bedenken, dass vor dem Hintergrund der geschichtlich er­ folgten Emanzipation des Anspruchsbegriffs von der Klage die Vorstellung ei­ ner prozessualen Eigenschaft des subjektiven Privatrechts nicht tragfähig sei.139 Es sei so nicht möglich, Dispositionen über prozessuale Einzelbefugnisse, wie bspw. einen vertraglichen Ausschluss der Rechtsbehelfe des einstweiligen Rechtsschutzes, adäquat mit Hilfe der Vorstellung einer als Anspruchseigen­ schaft gedachten Klagbarkeit zu erfassen, da der Einzelne hier nicht pauschal über seine Kompetenz überhaupt vor staatlichen Gerichten klagen zu können disponiert, sondern vielmehr nur über eine konkrete prozessuale Einzelbefug­ nis.140 Diese Argumentationslinie vermag nicht zu überzeugen, da sie zwei strukturell verschiedene Fragen miteinander vermengt und von der einen Rück­ schlüsse auf die andere zieht. Die Frage, was Gegenstand vertraglicher Abma­ chungen bilden kann, die ihrerseits objektiv betrachtet zu einem Zustand der mangelnden prozessualen Durchsetzbarkeit führen, beschlägt in keiner Weise die Frage, inwiefern das materielle Recht sich eine generelle Aussage zur pro­ zessualen Durchsetzbarkeit von subjektiven Privatrechten vorbehalten kann. Dass es sich eine solche Entscheidung vorbehält, zeigen nun aber gerade die Fälle der Naturalobligationen.141 Bei diesen wird zutreffender Ansicht nach nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Erfüllungszwangs aufgehoben, ohne dass damit die Pflicht zur Erfüllung aufgehoben wird.142 Dem Gläubiger kommt Willisegger, S.  65 f. Portmann, N 138 ff. 138  S. vorne 4.  K ap.  Fn.  84. 139  Wagner, Prozessverträge, S.  411. 140  A. a. O., S.  411, 413. 141  So auch Droese, res iudicata, S.  6 4, wonach das Sachrecht im Falle einer Naturalobliga­ tion anordne, „dass dieser keine Rechtsschutzfähigkeit zukommt“. 142  Schulze, Naturalobligation, S.  469. Vgl. auch BGE 133 II 366 E. 3.3 sowie 137 III 16 136  137 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

demzufolge weiterhin die Einziehungsbefugnis, verstanden als Recht, die Leis­ tung rechtmässig einfordern zu können, zu, der Staat missbilligt jedoch – aus welchen Gründen auch immer – die zwangsweise Durchsetzung der subjektiv­ rechtlichen Position.143 Da alle Macht zum Zwang im staatlichen Gewaltmono­ pol fusst,144 ist es dem Gesetzgeber auch möglich, diese auszuschliessen bzw. einzuschränken.145 Dabei ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob für einen An­ spruch sämtliche oder bloss einzelne Formen des Erfüllungszwanges ausge­ schlossen sind sowie ob einem vermeintlich unklagbaren Anspruch in Wahrheit nicht eine der im materiellen Anspruch zusammengefassten Einzelbefugnisse fehlt. Über die Frage, ob ein materiellrechtlicher Anspruch der Klagbarkeit er­ mangelt, kann denn auch ein Verfahren geführt werden, welches jedoch immer dann in einer Sachabweisung münden wird, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass diese nicht vorhanden ist.146 Die Klagbarkeit beschlägt demzu­ folge auch nicht den jedermann zukommenden Justizgewährungsanspruch, sondern schliesst lediglich die Gewährung von Erfüllungszwanges aus, und dies gerade unabhängig davon, wer als Partei auftritt.

IV. Gestaltungsklagen als Sonderfälle? In der traditionellen Trichotomie der Leistungs-, Feststellungs- und Gestal­ tungsklage147 kommt der Gestaltungsklage eine Sonderstellung zu, als sie als einzige Klageart nicht dem Schutz einer bereits vorprozessual verwirklichten Rechtsposition dient, sondern mittels Urteil konstitutiv erst eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeiführt.148 Dies zeigt sich bereits am Wortlaut von Art.  87 ZPO, demzufolge bei Gestaltungsklagen „die klagende Partei die Be­ E. 2, wonach die Verjährung, welche die Forderung in eine Naturalobligation wandle, nicht den Bestand der Forderung, sondern deren Durchsetzbarkeit betreffe. 143  Schulze, Naturalobligation, S.  468; Schulze, Subjektives Recht, S.  14; Portmann, N 140, wonach sich klagbare Forderungen und Naturalobligationen materiellrechtlich nicht vonein­ ander unterscheiden lassen: „ihr materieller Gehalt besteht überstimmend darin, dass dem Gläubiger eine Leistung geschuldet ist“. A. A. Wagner, Prozessverträge, S.  414 f. m. w. Nachw.; Jacoby, S.  167. 144  Eichel, S.  309 f. m. w. Nachw.; Schaub, AJP 2008, S.  1126 m. w. Nachw. 145  Zöllner, AcP 190 (1990), S.  482 hebt dies gesondert noch für den einstweiligen Rechts­ schutz hervor. 146  So auch Willisegger, S.  65; Grob-Andermacher/Walder-Richli, §  1 N 17 Fn.  40; Berti, Einführung, N 28. Vgl. auch BGE 123 III 213 E. 1, wonach die Einrede der Verjährung (falls zulässig und begründet) dazu führt, „dass die streitige Forderung ihre Eignung einbüsst, ei­ nem klagegutheissenden Sachentscheid zugrunde zu liegen.“ 147  Vgl. Art.  84, 87 und 88 ZPO. 148  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  8; Jacobs, S.  170.

IV. Gestaltungsklagen als Sonderfälle?

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gründung, Änderung oder Aufhebung eines bestimmten Rechts oder Rechts­ verhältnisses“ verlangt. Die Eigenart, wonach der Rechtsgrund für die mit ei­ nem Gestaltungsurteil erfolgende Rechtsänderung im materiellen Recht fusst, deren Verwirklichung aber an den Erlass des Gestaltungsurteils selbst gebun­ den ist, hat der Ansicht Vorschub geleistet, Recht und Rechtsschutzform seien hier von vornherein als Einheit konzipiert.149 Diesem Einheitsverständnis fol­ gend wurde im Schrifttum von unterschiedlichen Stimmen angenommen, das „Klagerecht“ sei vom materiellen Recht vorbestimmt. So bestimmt der einen Lehrmeinung nach das materielle Recht, wer zur Klageerhebung berechtigt ist,150 nach einer anderen, allen voran im deutschen Schrifttum geäusserten Meinung soll den Gestaltungsklagen ein öffentlichrechtlicher Rechtsschutz­ anspruch gegenüber dem Staat auf Erlass eines Gestaltungsurteils zugrunde liegen, der aber im materiellen Recht angelegt ist.151 Diese Annahmen halten einer näheren Untersuchung nicht stand. Sie gründen auf einem Missverständ­ nis der den Gestaltungsklagen immanenten Eigenart, wonach die Rechtsände­ rung erst durch gerichtliches Urteil eintritt. Anders als bei den rechtsgeschäft­ lichen Gestaltungsrechten hat der Gesetzgeber bei den sog. Gestaltungsklage­ rechten, die Gegenstand der Gestaltungsklagen bilden, von der Möglichkeit der einseitigen Verwirklichung ausserhalb des Prozesses abgesehen.152 Die formell rechtskräftige Entscheidung seitens des Gerichts bildet vielmehr ein objektives Tatbestandsmerkmal für den Eintritt der materiellen Gestaltungswirkungen.153 Dadurch, dass das materielle Recht für den Eintritt der Gestaltungswirkungen als Tatbestandsvoraussetzung auf einen formell rechtskräftigen Entscheid ab­ stellt, kann nun aber nicht sogleich gefolgert werden, dass es zugleich einen zwangsweise nur öffentlichrechtlich denkbaren Anspruch auf denselben dem materiell Berechtigten zuweist. Gegen eine solche Zuweisung spricht bereits die legislatorische Tatsache, dass Gestaltungsklagen in der ZPO dem Verfahren be­ treffend streitiger Zivilsachen und nicht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuge­ wiesen wurden. Dementsprechend kommt bei den Gestaltungsklagen gemäss Art.  55 Abs.  1 ZPO wie bei den übrigen Klagearten grundsätzlich der Verhand­ lungsgrundsatz zur Anwendung, und der beklagten Partei steht es offen, mittels Zöllner, AcP 190 (1990), S.  486; Jacobs, S.  159. Willisegger, S.  151. 151  So aus der deutschen Lehre: Lakkis, S.  32, 37 f., der neben dem Recht auf Gestaltung, das er mit dem Rechtsschutzanspruch gleichsetzt, noch ein materielles Gestaltungsklage­ recht anerkennt. In der schweizerischen Lehre hat diese Ansicht keinen Zuspruch erfahren, vgl. Sogo, Gestaltungsklagen, S.  37. 152  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  95; Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  87 N 1 f.; Bessenich/ Bopp, ZPO-Komm., Art.  87 N 3 m. w. Nachw. 153  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  96. 149 

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

Gegenbeweisen die von der klagenden Partei vorgebrachten Beweise zu ent­ kräften. Gelingt es der klagenden Partei nicht, die im materiellen Privatrecht fussenden Gestaltungsvoraussetzungen zu beweisen – mitunter auch aufgrund einer eingetretenen prozessualen Präklusion –, so wird das Gericht die Gestal­ tungsklage nicht gutheissen, sondern dass Verfahren in Form eines negativen Feststellungsurteils beenden.154 Daran zeigt sich, dass es dem Prozessrecht bei den Gestaltungsklagen eben auch nicht um eine unbedingte Verwirklichung der im materiellen Recht angelegten Gestaltungsklagerechte geht. Ein vorprozes­ sual bestehend gedachter Anspruch auf den Erlass eines Gestaltungsurteils ist demnach zu verneinen. Auch muss bei den Gestaltungsklagen jedermann die Möglichkeit haben, eine solche zu erheben und ein entsprechendes Verfahren zu initiieren. Dies ergibt sich wie oben gesehen aus dem Justizgewährungsan­ spruch, der hier keinerlei Einschränkungen erfährt. Ob die im materiellen Recht geregelten Gestaltungsvoraussetzungen vorliegen, muss auch hier bereits bei blosser Rechtbehauptung einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können. Die den Gestaltungsklagen immanente Eigenart, wonach die Rechtsänderung erst durch gerichtliches Urteil eintritt, hat indessen zur Folge, dass es die im materiellen Recht geregelten Gestaltungsvoraussetzungen sind, die bestimmen, wer als klagende Partei gegen wen als beklagte Partei ein gutheissendes Sach­ urteil erwirken kann. Da nämlich ein gutheissendes Sachurteil im Falle einer Gestaltungsklage begriffsnotwendig eine Änderung der materiellen Rechtslage ausspricht, kann ein solches nur dann ergehen, wenn das Gericht zur Überzeu­ gung gelangt ist, dass die Voraussetzungen für den Eintritt der materiellen Rechtsänderung erfüllt sind. Die mit Eintritt der formeller Rechtskraft einer gutheissenden Gestaltungsklage eintretenden Änderungen der materiellen Rechtslage, die sog. Gestaltungswirkungen, sind ausschliesslich materiellrecht­ licher Natur; sie stellen nichts anderes dar als die aufgrund einer einschlägigen materiellen Norm durch Urteil verfügte Änderung der materiellrechtlichen Ver­ hältnisse.155 Wer die Gestaltungswirkungen mittels Klageerhebung und Pro­ zessführung hervorrufen kann, bestimmt sich folglich ebenfalls ausschliesslich nach dem materiellen Recht. Das materielle Recht bestimmt auch, gegen wen als beklagte Partei die Gestaltungsklage zu erheben ist, damit es zum Eintritt der Gestaltungswirkungen kommen kann; diese Frage bildet Bestandteil des tatbestandsmässigen Tatsachenkomplexes,156 welcher den Eintritt der Gestal­ tungswirkungen bedingt. Die unmittelbare Verknüpfung zwischen dem Eintritt Droese, res iudicata, S.  376 Fn.  1829. Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  87 N 6 m. w. Nachw.; Sogo, Gestaltungsklagen, S.  226 m. w. Nachw. 156  Vgl. Oberhammer, S.  93. 154  155 

V. Zwischenergebnis

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der materiellen Rechtsänderung und dem gutheissenden Sachurteil hat mithin zur Folge, dass bei Gestaltungsklagen das materielle Recht selbst unmittelbar vorgibt, wer als klagende Partei gegen wen als beklagte Partei in einem Prozess aufzutreten hat, damit es zu einem gutheissenden Sachurteil kommen kann. Die davon getrennt zu behandelnde Frage, wer als Partei zur Sachverhandlung bzw. zur Sachentscheidung zuzulassen ist, wird dagegen auch bei den Gestaltungs­ klagen nicht vom materiellen Recht vorbestimmt; dieses spricht sich selbst nicht darüber aus, ob eine von einem unbefugten Dritten erhobene Gestaltungsklage mittels Prozess- oder mittel Sachentscheid abzuweisen ist.

V. Zwischenergebnis Die voranstehenden Erörterungen haben gezeigt, dass das subjektive Privat­ recht heute weder ein subjektiv-öffentliches Recht auf gerichtliche Beurteilung noch ein subjektiv-öffentliches Recht auf ein in der Sache günstiges Urteil ver­ mittelt. Die Möglichkeit, umstrittene Rechtslagen autoritativ klären zu lassen, be­ dingt, dass subjektive Privatrechte bereits bei blosser Behauptung ihrer Exis­ tenz einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können müssen; das Recht auf Erlass einer Sachentscheidung kann folglich nicht als Teilgehalt des subjektiven Privatrechts angesehen werden. Es folgt heutzutage vielmehr aus dem konventions- und verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährungsan­ spruch, der jedermann zukommt. Inwiefern der Justizgewährungsanspruch konventions- und verfassungsrechtlich eine gewisse Selbstbetroffenheit voraus­ setzt, d. h. nur dann einer Partei zukommt, die ein vermeintlich eigenes Recht im eigenen Namen durchzusetzen sucht, ist angesichts der Regelung der Rechts­ hängigkeit in der ZPO ohne Bedeutung. Indem die ZPO jeder Partei die Mög­ lichkeit eröffnet, ein Verfahren auch über fremde Rechte zu initiieren, kommen die in Art.  6 Abs.  1 EMRK und in den Art.  29 ff. BV statuierten Verfahrens­ grundrechte auch rechtsfremden Personen zugute, sofern sie sich als Partei kon­ stituieren bzw. als solche konstituiert werden. Der Justizgewährungsanspruch vermittelt indessen keinen unbedingten Anspruch auf ein Sachurteil oder gar auf ein günstiges Sachurteil. Der Gesetzgeber darf Einschränkungen desselben vornehmen und so namentlich den Zugang zur Sachentscheidung beschränken. Inwiefern er für eine solche Beschränkung sinnvollerweise auch hinsichtlich des Kreises der Parteien, die eine Sachentscheidung erwirken können, zu sor­ gen hat, wird im nächsten Kapitel näher untersucht werden. Die Vorstellung einer vorprozessual bestehenden subjektiven Rechtsposition gegen den Staat auf Erlass eines günstigen Urteils, d. h. auf Gewährung von

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4. Kapitel:  Die Vermittlung subjektiver Privatrechte zum Prozess

Rechtsschutz in der Sache lässt sich angesichts der dem Prozessrecht ureigenen Ergebnisoffenheit nicht halten. Dem Prozessrecht geht es gerade nicht – wie Gerhard Wagner zutreffend festhält – „um die unbedingte Durchsetzung sub­ jektiver Rechte ohne Rücksicht auf den dadurch verursachten Aufwand für die Allgemeinheit und den Gegner.“157 Der Einwand einer zu weit getriebenen Emanzipation prozessualer Rechtsinstitute158 schlägt hier fehl und lässt sich mit Hilfe der Konstruktion eines materiellrechtlich-prozessualen Zwitters, egal ob in Gestalt des Rechtsschutzanspruchs oder in der Gestalt einer im subjektiven Privatrecht fussenden Klagebefugnis, nicht beheben. Folglich kann auch nicht angenommen werden, dass, wenn immer eine rechtsfremde Person als Partei auftritt, zwingend eine Sachabweisung zu erfolgen hat, da es der rechtsfremden Partei an der Klagebefugnis bzw. dem Rechtsschutzanspruch gebricht. Nicht anders verhält es sich bei Gestaltungsklagen. Diese Klageart weist die Eigenart auf, dass sie, nicht wie die übrigen Klagearten dem Schutz einer bereits vorprozessual entstandenen Rechtsposition dient, sondern mittels Urteil erst konstitutiv eine Änderung der materiellen Rechtslage bewirkt. Nichtsdestotrotz vermittelt nicht das Gestaltungsklagerecht, das den Gestaltungsklagen zugrun­ de liegt, dem Einzelnen das Recht, eine Gestaltungsklage zu erheben. Es muss vielmehr auch bei den Gestaltungsklagen möglich sein, bereits bei blosser Be­ hauptung der Existenz eines Gestaltungsklagerechts Zugang zu einem Sachur­ teil zu erhalten. Das Gestaltungsklagerecht vermittelt weiter auch keinen vor­ prozessual bestehend gedachten Anspruch auf Erlass eines Gestaltungsurteils. Gestaltungsklagen weisen indessen insofern die Eigenart auf, als sich hier un­ mittelbar nach dem materiellen Recht, genauer nach den materiellen Gestal­ tungsvoraussetzungen bestimmt, wer als klagende Partei gegen wen als beklag­ te Partei ein gutheissendes Sachurteil und damit eine Änderung der materiellen Rechtslage erwirken kann.

Wagner, Prozessverträge, S.  406. Zöllner, AcP 190 (1990), S.  487: „(…) in etlichen Beziehungen [ist] die Emanzipation der prozessualen Rechtsinstitute und Rechtsfiguren gegenüber materiellem Privatrecht zu weit getrieben worden […], zu weit vor allem überall dort, wo ohne Not Folgerungen aus der wenig sinnvollen Zuordnung des Verfahrensrechts zum öffentlichen Recht gezogen worden sind.“ Zustimmend: Jacobs, S.  176. 157 

158 

5. Kapitel

Die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien I. „Richtiger“ Kläger und „richtiger“ Beklagter Ist es in einem Zivilverfahren betreffend streitiger Zivilsachen für jedermann möglich, sich selbst als klagende sowie eine beliebige andere Person als beklag­ te Partei zu konstituieren und lässt sich auch aus dem materiellen Recht keine Beschränkung des Kreises der Parteien, die einen Prozess begründen und an­ schliessend eine Sachentscheidung erwirken können, ableiten,1 so stellt sich die Frage, ob denn auch aus der Perspektive des Zivilprozessrechtes jeder Partei Zugang zur Sachverhandlung bzw. zur Sachentscheidung gewährt werden soll. Die Lehre verneint dies und geht stattdessen davon aus, dass das Prozessrecht mit Blick auf die Gefahr von Popularklagen im Sinne einer Ordnungsaufgabe für eine Begrenzung der dazu befugten Parteien zu sorgen habe.2 Diejenigen Par­ teien, die zur Sachverhandlung bzw. zur Sachentscheidung zuzulassen sind, werden heute wieder als die „richtigen Parteien“ bezeichnet. Obschon diese Aus­ drucksform geschichtlich vorbelastet ist,3 soll sie aufgrund ihrer flächendecken­ den Verwendung auch in der vorliegenden Arbeit nachfolgend synonym für die soeben umschriebene Ordnungsaufgabe verwendet werden. Es gilt jedoch zu betonen, dass „richtig“ hiernach nicht für eine sich aus dem materiellen Recht ergebende Berechtigung steht. Weiter wird in der Folge auch bewusst von der prozessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung der „richtigen Parteien“ im 1  Auch bei den Gestaltungsklagen bestimmt das materielle Recht lediglich wer eine posi­ tive Sachentscheidung erwirken kann, nicht aber wer zur Sachentscheidung zuzulassen ist, s. vorne 4.  Kap.  I V. 2  Vgl. Picht, ZZP 131 (2018), S.  94 m. w. Nachw. Will man Popularklagen nicht zulassen, so besteht gemäss Baumgarten, S.  301 „die für alle denkbaren Verfahrensgestaltungen iden­ tische Ordnungsaufgabe des richtigen Klägers darin, die Partei zu bestimmen, die über einen bestimmten, von ihr selbst oder durch Verfahrensvertreter zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Streitstoff in ihrer Person ein zusprechendes Urteil erhalten soll, sofern ihr Begehr im übrigen erweisbar begründet ist.“ Ähnlich Beinert, S.  6 ff., der aber zutreffend dafürhält, dass sich die Frage nach der richtigen Partei sowohl hinsichtlich des Klägers wie des Beklag­ ten stellt. 3  S. vorne 2.  K ap.  I II. sowie 3.  K ap.  I I. 4., dort insb. bei und mit Fn.  102.

66 5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien Plural gesprochen. Denn es gilt zu beachten, dass in einem Zivilverfahren be­ treffend streitiger Zivilsachen immer über eine Rechtsposition im rechtlichen Verhältnis zu einer oder mehreren anderen Personen gestritten wird.4 Diese, dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige materielle Rechtsbeziehung wird nachfolgend in Anlehnung an die in der Prozessrechtsdoktrin geübte Semantik5 als das „streitige Rechtsverhältnis“ bezeichnet.6 Das streitige Rechtsverhältnis bildet bei den Leistungsklagen der geltend gemachte Anspruch, bei den Feststel­ lungsklagen das festzustellende Rechtsverhältnis und bei den Gestaltungsklagen die geltend gemachte Gestaltungsberechtigung.7 Wie noch zu zeigen sein wird, genügt es nun nicht, wenn das Prozessrecht bloss klägerseitig bestimmt, wer hinsichtlich des streitigen Rechtsverhältnisses als richtige Partei in Frage kommt; dieser Aufgabe hat es vielmehr stets auch beklagtenseitig nachzukommen.

II. Die Gefahr von Popularklagen 1. Der Begriff der Popularklage Der Begriff der Popularklage wird im Schrifttum uneinheitlich verwendet.8 Ei­ nem engen Begriffsverständnis zufolge steht der Begriff für die jedermann zu­ kommende Möglichkeit, ungeachtet der eigenen Betroffenheit Rechtsschutz zu ersuchen, d. h. unabhängig davon, in was für einer Beziehung der Kläger zum geltend gemachten Recht steht und in welchem Interesse er die Klage anhebt.9 Dieses Begriffsverständnis setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, einer­ seits der jedermann zukommenden Klagemöglichkeit und andererseits der Un­ erheblichkeit der eigenen Beschwer des Klägers.10 Dagegen wird im Schrifttum teilweise bereits dann von einer Popularklage gesprochen, wenn nur eine dieser Komponenten vorliegt, nämlich wenn vom Kläger keine eigene Betroffenheit gefordert wird, der Kreis der möglichen Kläger aber nicht offen, sondern viel­ mehr beschränkt ist.11 Gemein ist beiden Ansichten, dass sie davon ausgehen, Vgl. Willisegger, S.  137. Kass, S.  11; Lötscher, N 3; Zeiss/Schreiber, N 125. 6  Zu der Bedeutung des Begriffs des „Rechtsverhältnisses“ im Privatrecht s. statt aller Lauko, S.  76 f. m. w. Nachw. 7  Kass, S.  11, 61, 68, 71; Lötscher, N 3. 8  Flurschütz, S.  21 m. w. Nachw. 9  Halfmeier, S.  199 f. m. w. Nachw.; Kurzweil, S.  43; Bettermann, ZZP 85 (1972), S.  141 f. 10  Flurschütz, S.  21. 11  So etwa D. Rosenthal, mp 2012, S.  166 (N 18) der im Zusammenhang von Art.  29 DSG von „einer Art Popularklage“ spricht, obschon gemäss Abs.  4 der besagten Norm ausschliess­ lich der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter die Angelegenheit 4  5 

II. Die Gefahr von Popularklagen

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dass im Falle einer Popularklage der Kläger nicht nur einen Prozess initiieren und als Partei führen kann, sondern dass er diesen vielmehr auch und gerade mit Aussicht auf Erfolg führen, d. h. Rechtsschutz in der Sache erlangen kann. Im Zusammenhang mit der Prozessführungsbefugnis wird, wenn von Popu­ larklage die Rede ist, auf das engere Begriffsverständnis Bezug genommen, da ja gerade die Prozessführungsbefugnis die an sich jedermann zukommende Klagemöglichkeit einschränken soll. Dieses Begriffsverständnis erfährt in der Diskussion rund um die Prozessführungsbefugnis aber insofern eine Abwand­ lung, als nicht nur die Klägerrolle, sondern auch die Beklagtenrolle einbezogen wird, d. h. die Möglichkeit, jedermann zu verklagen.

2. Einwände gegen die Zulassung von Popularklagen Die Popularklage, verstanden als die jedermann zukommende Möglichkeit, ge­ gen jedermann einen Prozess führen bzw. Rechtsschutz in der Sache erlangen zu können, wird im Zivilprozessrecht als eine „Gefahr“ bzw. gar als ein „Schreck­ gespenst“ angesehen,12 deren Vermeidung eine der Zivilprozessordnung zukom­ mende Ordnungsaufgabe darstellt.13 Gründe, die gegen die Annahme einer so verstandenen Popularklage sprechen, werden indessen nur selten genannt. Die wenigen Stimmen, die sich dazu äussern, suchen von zwei Standpunkten aus die Popularklage zu beschränken. Zum einen wird die mit der Zulassung einer Po­ pularklage einhergehende Möglichkeit der Klageerhebung seitens eines rechts­ fremden Klägers als eine Einmischung in fremde Interessensbereiche angese­ hen.14 Es folge im Sinne einer „prozeßrechtliche[n] Konsequenz der Privatauto­ nomie“, dass alleine der vermeintlich materiellrechtlich Berechtigte darüber entscheiden dürfe, ob er sein vermeintlich bestehendes Recht auch prozessual geltend machen will.15 Zum anderen wird der Ausschluss der Popularklage mit der Entlastung des Gerichts sowie des Prozessgegners vor einer potentiell mehr­ fachen Beanspruchung begründet. Sowohl das Gericht als auch der Prozessgeg­ ner sollen davor bewahrt werden, unnötigerweise mehrere, zeitlich nacheinander gelagerte Prozesse über denselben Streitgegenstand führen zu müssen,16 bzw. dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheid vorlegen kann. Zum deutschen Schrifttum s. Flurschütz, S.  21 m. w. Nachw. 12  Votum Bundesrat Blocher, AB 2007, S.  510. 13  Windel, S.  33; Baumgarten, S.  301. 14  Jauernig, S.  308 f.; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  13; Lüke, Feststellung, S.  576; Diederich­ sen ZZP 76 (1963), S.  420; Kurzweil, S.  44; Windel, S.  29. 15  Jauernig, S.  308 f. 16  Grunsky, Grundlagen, S.  258; Grunsky, ZZP 76 (1963), S.  53; Grunsky, Prozessstand­ schaft, S.  111 f.; Mantzouranis, S.  105; Kurzweil, S.  44 f.

68 5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien die Möglichkeit von Doppelprozessen über denselben Streitgegenstand soll auf diejenigen Fälle reduziert werden, bei denen sich diese Möglichkeit aus einer expliziten gesetzlichen Regelung ergibt.17

3. Stellungnahme Die Möglichkeit bzw. die „Gefahr“ einer Popularklage ist heute auch ohne die Annahme einer prozessualen Beschränkung nicht bei allen Klagearten glei­ chermassen eröffnet. Wie bereits erwähnt bestimmt bei den Gestaltungsklagen das materielle Recht selbst unmittelbar, wer als klagende Partei gegen wen als beklagte Partei ein gutheissendes Sachurteil erwirken kann.18 Eine materiell­ rechtlich unbefugte Partei wird folglich bereits aufgrund des materiellen Rechts selbst kein Gestaltungsurteil erwirken können. Die Möglichkeit einer Popular­ klage besteht bei Gestaltungsklagen dementsprechend nur insoweit, als jeder­ mann eine Gestaltungsklage erheben und einen Prozess mit der Wirkung führen kann, dass zur Sache entschieden werden muss, nicht aber auch dahingehend, dass jedermann Rechtsschutz in der Sache erwirken kann. Der gegen die Popu­ larklage erhobene Einwand, wonach sie die Einmischung in fremde Interessens­ bereiche ermögliche, vermag bei Gestaltungsklagen folglich nicht bzw. nicht im gleichen Umfang wie bei den anderen Klagearten zu verfangen. Der zweite Ein­ wand, wonach die Popularklage die Gefahr einer mehrfachen Beurteilung des­ selben Streitgegenstandes eröffne, verweist dagegen auf die Funktionsweise der materiellen Rechtskraft und greift als solcher auch bei den Gestaltungsklagen, da eine materiellrechtlich unbefugte Person zwar allein aufgrund des materiel­ len Rechts kein gutheissendes, jedoch durchaus ein abweisendes Sachurteil er­ wirken kann, das als solches ebenfalls in materielle Rechtskraft erwachsen wür­ de. Nachfolgend soll daher untersucht werden, inwieweit bereits die jedermann zukommende Möglichkeit, eine Sachentscheidung über einen bestimmten Streitgegenstand erwirken zu können, eine Gefahr für die Funktionsweise des Zivilprozesses darstellt und als solche, unabhängig von der jeweiligen Klageart, auszuschliessen ist.

17 

18 

Henckel, S.  193. S. vorne 4.  Kap.  I V.

III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft

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III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft 1. Die Urteilswirkung der materiellen Rechtskraft Der primäre Zweck des Zivilprozesses liegt gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung in der Verwirklichung und Durchsetzung der im Privatrecht begründeten subjektiven Rechte mittels autoritativer Entscheidung über die vor­ gebrachten Rechtsschutzgesuche im Einzelfall.19 Der Zivilprozess dient damit in erster Linie dem Individualrechtsschutz, d. h. dem Schutz der Interessen der am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Rechtssubjekte.20 Die Verpflichtung zur Gewährung desselben folgt aus dem konventions- und verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch 21 und stellt einen Ausgleich für das staatliche Gewaltmonopol dar.22 Indirekt bezweckt der Zivilprozess mit der In­ dividualrechtsschutzgewährung auch die Durchsetzung der objektiven Rechts­ ordnung,23 was in einer Gesamtbetrachtung einer Mehrzahl von Fällen zur Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit beitragen soll.24 Der soeben skizzierte Zweck des Zivilprozesses stellt sich nun nicht schon alleine durch die Tatsache ein, dass ein Gericht im Anschluss an ein Verfahren ein Urteil erlässt, sondern setzt vielmehr voraus, dass dem Urteil gewisse Rechtswirkungen, sog. Urteilswirkungen zukommen. Im Laufe der Zeit hat sich ein Kanon der möglichen Urteilswirkungen herausgebildet, zu denen heute all­ gemein die materielle Rechtskraft, die Vollstreckbarkeit sowie die Gestaltungsund Tatbestandswirkungen gezählt werden.25 Welche Rechtswirkungen einem Urteil zukommen, hängt dabei mitunter auch von der jeweiligen Klageart ab. 19  BGE 116 II 215 E. 3; Botschaft ZPO, S.  7230; Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67; Hoffmann-­ Nowotny, N 281 m. w. Nachw.; Willisegger, S.  85; Spühler/Dolge/Gehri, 1.  Kap.  N 15; Sutter-­ Somm, Zivilprozessrecht, N 1; Leuenberger/Uffer-Tobler, N 1.3 f.; Bohnet, Procédure, N 10. Aus der deutschen Lehre: Schilken, Zweck, 24, demzufolge der primäre Zweck des Zivilpro­ zesses in der „Gewährung von Individualrechtsschutz durch Wahrung materieller Gerechtig­ keit im Einzelfall bei der Feststellung und Verwirklichung subjektiver Rechte“ liegt. 20  Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67; Hoffmann-Nowotny, N 281; Sutter-Somm, Zivilprozess­ recht, N 1. Aus der deutschen Lehre: Schilken, Zweck, S.  24. 21  Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67. 22  Schilken, Zweck, S.  23, Jacoby, S.  9. 23  Hoffmann-Nowotny, N 281 weist unter Hinweis auf Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  1 N 4 darauf hin, dass die Verwirklichung der objektiven Rechtsordnung und der Individual­ rechtsschutz nur verschiedene Setie derselben Medallie darstelllen; dagegen etwa Schilken, Zweck, S.  25. 24  Bericht BR, VPB 2013/7, S.  67; Hoffmann-Nowotny, N 283 m. w. Nachw.; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 3 f.; Bohnet, Procédure, N 11; Spühler/Dolge/Gehri, 1.  Kap.  N 16 ff. 25  Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 2; Droese, res iudicata, S.  265 ff.; Berti, Einführung, N 469 ff.

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5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien

Gestaltungswirkungen kommen so ausschliesslich Gestaltungsurteilen zu, Vollstreckbarkeit ist dagegen nur bei Leistungsklagen denkbar.26 Die zentrale Urteilswirkung, um die herum sich die ganze Dogmatik der Urteilswirkungen konzentriert, ist die materielle Rechtskraft.27 Materielle Rechtskraft meint die Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen, d. h. mit Hilfe ordentlicher Rechtsmittel im betreffenden Verfahren nicht mehr anfechtbaren Entscheids28 in späteren Verfahren.29 Sie trägt massgeblich zur Erreichung des dem Zivil­ prozess als Ganzem zugrunde liegenden Zwecks bei, indem sie sicherstellt, dass eine umstrittene Rechtsposition nach einem bestimmten Zeitpunkt als unabän­ derbar entschieden gilt.30 Sie will verhindern, dass über einen identischen Streitgegenstand widersprüchliche Entscheide ergehen können,31 womit sie gleichzeitig zu einer Entlastung der Gerichte beiträgt, als diese nicht ein erneu­ tes Mal in derselben Sache in Anspruch genommen werden können.32 Materiel­ le Rechtskraft bezweckt damit letzten Endes die Endgültigkeit bzw. die Ein­ maligkeit des Rechtsschutzes in der Sache.33 Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 21. Bei den Tatbestandswir­ kungen handelt es sich insofern um einen „privatrechtliche[n] Sonderfall“ (Naegeli/Mayhall/ Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 21), als diese rein materiellrechtlichen Rechtswirkun­ gen selbst nicht Inhalt des Urteils bilden bzw. von diesem ausgesprochen werden. Sie treten bereits aufgrund der blossen Tatsache, dass ein Urteil bestimmten Inhalts ergangen ist, ein, sei es, dass bestimmte Rechtsfolgen an diese Tatsache im Sinne einer Tatbestandsvorausset­ zung anknüpfen, sei es, dass sie dadurch gehemmt werden, s. Droese, res iudicata, S.  273 f. m. w. Nachw.; Kummer, Klagerecht, S.  142 f.; Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 24. 27  So folgt die Bestimmung der subjektiven Grenzen der Vollstreckbarkeit derjenigen der materiellen Rechtskraft, s. Huber, N 576. 28  BGE 139 III 486 E. 3; Berti, Einführung, N 466; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  24 N 2; Willisegger, S.  174; Meier, S.  239; Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Vor Art.  236–242, N 20; Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 27; Grob-Andermacher/Walder-­ Richli, §  26 N 1; Roth-Grosser, S.  3 f. 29  BGE 139 III 126 E. 3.1; BGE 142 III 210 E. 2; Droese, res iudicata, S.  205; Zingg, BK ZPO I, Art.  95 N 59; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  24 N 8; Roth-Grosser, S.  5. Zu beach­ ten gilt, dass nicht jeder formell rechtskräftige Entscheid auch in materielle Rechtskraft er­ wächst, s. hierzu Berti, Einführung N 472 m. w. Nachw. 30  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  219 m. w. Nachw.; Droese, res iudicata, S.  286 ff. m. w. Nachw.; Roth-Grosser, S.  1; Guldener, Zivilprozessrecht, S.  364; BGE 115 II 187 E. 3. b. 31  Killias, BK ZPO II, Art.  236 N 29; Guldener, Zivilprozessrecht, S.  364. 32  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  219 Fn.  1037 mit Verweis auf BGE 83 II 263 E. 2. Aus der deutschen Lehre so etwa Leipold, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 4, §  322 N 29 a. E. 33  Droese, res iudicata, S.  288. S. auch BGE 83 II 263 E. 2: „Die normale Funktion der materiellen Rechtskraft besteht darin, dass eine Partei, die in einem frühern Prozess unterle­ gen ist, am Versuch gehindert werden kann, in einem neuen Prozess ein für sie günstigeres Urteil zu erwirken.“ 26 

III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft

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Der eidgenössische Gesetzgeber hat es unterlassen, die materielle Rechtskraft in der ZPO zu regeln.34 Art.  59 Abs.  2 lit.  e ZPO hält einzig fest, dass das Fehlen einer (materiell) rechtskräftigen Entscheidung eine negative Prozessvorausset­ zung darstellt. Die genauen Konturen dieser unstrittig vorhandenen Urteilswir­ kung35 sind, mangels gesetzlicher Regelung, soweit als möglich der bundesge­ richtlichen Rechtsprechung zu entnehmen, andernfalls mittels des allgemeinen methodischen Instrumentariums zu ermitteln.36 Materielle Rechtskraft kommt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sämtlichen Sachurteilen zu, egal welche Klageart vorliegt.37 Ein Sachurteil liegt dann vor, wenn sich das Gericht zur Begründetheit der Klage ausspricht, d. h. wenn es den Streitgegenstand bestandesmässig beurteilt.38 Inwieweit auch Pro­ zessurteile, d. h. solche Urteile, die sich nur über die formelle Zulässigkeit der Klage äussern,39 rechtskraftfähig sind, ist umstritten.40 Die heute wohl herr­ schende Lehre geht davon aus, dass Prozessurteile nur, aber immerhin, hinsicht­ lich der beurteilten Zulässigkeitsfrage in Rechtskraft erwachsen.41 Die mittels materieller Rechtskraft vermittelte Massgeblichkeit betrifft den Entscheid als solchen und dies weiter auch nur mit Blick auf die Möglichkeit einer erneuten gerichtlichen Befassung.42 Lehre und Rechtsprechung in der Schweiz sind sich darin einig, dass die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsbeziehung durch die materielle Rechtskraft keine Änderung erfährt.43 Die auf den Entscheid bezogenen Wirkungen der materiellen Rechtskraft wer­ 34 

Botschaft ZPO, S.  7345: „Die Definition der materiellen Rechtskraft kann – wie bisher – Lehre und Rechtsprechung überlassen werden.“ Kritisch dazu Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Vor Art.  236–242, N 27 sowie Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 34. 35 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gehört die materielle Rechtskraft zum verfahrensrechtlichen ordre public, s. BGE 140 III 278 E. 3.1 m. w. Nachw. 36  Droese, res iudicata, S.  2 , 418. 37  BGE 115 II 187 E 3.b; BGE 127 I 133 E. 7a; BGE 134 III 467 E. 3.2. 38  BGE 115 II 187 E 3.b; Berti, Rechtskraft, S.  8 f. 39  BGE 115 II 187 E 3.b; Berti, Rechtskraft, S.  5. 40  Droese, res iudicata, S.  173 m. w. Nachw.; Hoffmann-Nowotny, N 228 m. w. Nachw. 41  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 11 m. w. Nachw. sowie Droese, res iudicata, S.  174. Das Bundesgericht hat sich bislang noch nicht klar festgelegt, führte aber in BGE 134 III 467 E. 3.2 aus, Prozessurteile erwüchsen „höchstens“ hinsichtlich der beurteilten Zulässigkeits­ frage in Rechtskraft. In der Lehre wird in diesem Zusammenhang auch zwischen sachan­ spruchs- und prozessanspruchsbezogener Rechtskraft unterschieden, vgl. Berti, Einführung, N 470; Willisegger, S.  176. 42  Droese, res iudicata, S.  219. 43  A. a. O., S.  219; Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Vor Art.  236–242, N 23; Naegeli/ Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 30; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  24 N 23. In diesem Zusammenhang wird auch von der „prozessualen“ bzw. der „formellen Rechts­ krafttheorie“ gesprochen, vgl. BGE 121 III 474 E. 2; Urteil des BGer 1P.113/2000 vom

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5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien

den für gewöhnlich in eine positive und eine negative aufgegliedert.44 In posi­ tiver Hinsicht bindet die materielle Rechtskraft das Gericht im Falle der Prä­ judizialität, wenn also in einem späteren Prozess eine Vorfrage aufkommt, die bereits im Erstprozess rechtskräftig entschieden wurde, an das im Erstprozess Festgestellte (sog. Präjudizialitäts- oder Bindungswirkung).45 In negativer Hin­ sicht schliesst die materielle Rechtskraft im Sinne eines Wiederholungsverbots die Möglichkeit einer erneuten Entscheidung über denselben Streitgegenstand aus, sofern der Kläger nicht ein schutzwürdiges Interesse an der Wiederholung des früheren Entscheids geltend machen kann (sog. Ausschlusswirkung bzw. ne bis in idem-Wirkung).46 Auf eine neue identische Klage hat das Gericht nach Art.  59 Abs.  2 lit.  e i. V. m. Art.  59 Abs.  1 ZPO nicht einzutreten. Bisweilen wird der materiellen Rechtskraft noch eine dritte Wirkungsweise, nämlich die sog. Präklusionswirkung zugesprochen.47 Darunter versteht man den Umstand, dass die materielle Rechtskraft zu einer prozessualen Präklusion privatrechtlicher Einwendungen führt,48 d. h. zu einem Ausschluss von Angriffsmitteln gestützt auf Tatsachen, die zum Streitgegenstand gehören und die zum Zeitpunkt des Ersturteils bereits bestanden hatten, „unabhängig davon, ob sie den Parteien bekannt waren, von diesen vorgebracht oder vom Richter beweismässig als er­ stellt erachtet wurden.“49 Inwiefern darin eine eigenständige Wirkungsweise der materiellen Rechtskraft zu erblicken ist, oder ob dieser Umstand lediglich als ein Unterfall der Bindungswirkung aufzufassen ist,50 ist von bloss klassifi­ katorischer Bedeutung.51

20. September 2000 E. 3.a, wo diese als in der Schweiz „nunmehr herrschend“ bzw. „vorherr­ schend“ bezeichnet wird. Dazu eingehend Droese, res iudicata, S.  211 ff. 44  So bspw. BGE 139 III 126 E. 3.1 mit Verweis auf Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 95; Berti, Einfluss, S.  69. 45  BGE 139 III 126 E. 3.1; BGE 142 III 210 E. 2; Willisegger, S.  179; Droese, res iudicata, S.  219; Berti, Rechtskraft, S.  5. 46  BGE 139 III 126 E. 3.1; BGE 142 III 210 E. 2.1; Willisegger, S.  179; Droese, res iudicata, S.  227 m. w. Nachw.; Berti, Rechtskraft, S.  5. 47  Berti, Rechtskraft, S.  6; Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 45 f.; Bohnet, Procédure, N 1059. 48  Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 46. 49  BGE 115 II 187 E 3.b; BGE 139 III 126 E 3.1; BGE 142 III 210 E. 2.1. 50  So wohl BGE 115 II 187 E 3.b; BGE 139 III 126 E 3.1; BGE 142 III 210 E. 2.1; Urteil des BGer 5A_922/2013 vom 20. Januar 2014 E. 2.3. 51  Droese, res iudicata, S.  239.

III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft

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2. Die Grenzen der materiellen Rechtskraft Die materiellen Rechtskraftwirkungen erfahren in objektiver, in subjektiver und in zeitlicher Hinsicht eine Begrenzung. Wie weit die Rechtskraftwirkungen im Einzelnen reichen, wird kontrovers diskutiert. Als allgemein anerkannt gilt Folgendes: In objektiver Hinsicht wird die materielle Rechtskraft durch den Streitgegenstand begrenzt,52 wobei sich die Rechtskraftwirkungen grundsätz­ lich nur auf das Urteilsdispositiv beschränken.53 Die Urteilserwägungen sind davon nicht erfasst, sollen aber gegebenenfalls zur Klärung der Tragweite des Urteilsdispositivs beigezogen werden.54 Weiter ist man sich einig, dass die Rechtskraft eines Urteils immer auch das kontradiktorische Gegenteil des rechtskräftig Festgestellten erfasst,55 obschon das Urteilsdispositiv genau ge­ nommen keine Aussage darüber enthält.56 In subjektiver Hinsicht bindet die materielle Rechtskraft, getreu der Parömie „res iudicata ius facit nisi inter par­ tes“57 grundsätzlich nur die (formellen) Prozessparteien.58 Prozessaussenste­ hende Personen werden von der materiellen Rechtskraft des Urteils dagegen grundsätzlich nicht erfasst. Eine Erstreckung der materiellen Rechtskraft auf prozessaussenstehende Personen ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen.59 52 

BGE 121 III 474 E. 4.a; Urteil des BGer 4A_288/2014 vom 06. August 2014 E. 2.1.; Droese, res iudicata, S.  429 53  BGE 136 III 345 E. 2.1 m. w. Nachw. 54  BGE 121 III 474 E. 4.a; BGE 136 III 345 E. 2.1 m. w. Nachw.; BGE 141 III 257 E. 3.2. 55  BGE 139 III 126 E. 3.2.3; Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 41 m. w. Nachw. sowie ausführlich Droese, res iudicata, S.  230 ff. 56  Droese, res iudicata, S.  231 ff.; Terhalle, S.  48. 57  Vgl. Urteil des BGer 5A_763/2012 vom 18. März 2013 E. 5.1.2; Urteil des BGer 5A_­434/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 3.3.1.1; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  24 N 15; Sogo, Gestaltungsklagen, S.  539. Teilweise wird auch von „res iudicata ius facit inter eadem partes“ gesprochen, so etwa bei Willisegger, S.  175 und bei Droese, res iudicata, S.  2. Zu den verschie­d nen Formulierungen und ihren Ursprüngen s. Droese, res iudicata, S.  2 Fn.  7 m. w. Nachw. 58  Urteil des BGer 5A_763/2012 vom 18. März 2013 E. 5.1.2 sowie 5A_434/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 3.3.1.1. S. auch BGE 139 III 126 E. 3.1 sowie 142 III 210 E. 2, wo die materielle Rechtskraft als die „Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen Urteils in je­ dem späteren Verfahren unter denselben Parteien“ definiert wird [Hervorhebung hinzuge­ fügt]. Dies entspricht der Rechtslage, wie sie noch vor Inkrafttreten der ZPO gegolten hatte, s. etwa §  191 Abs.  1 ZPO ZH sowie Roth-Grosser, S.  38 f. m. w. Nachw. Dies gilt auch für Gesstaltungsurteile, obschon die mit formeller Rechtskraft eintretenden Gestaltungswirkun­ gen grundsätzlich inter omnes Wirkungen zeitigen, s. Droese, res iudicata, S.  267 f. sowie hinten bei und mit 5.  Kap.  Fn.  77. 59  Zu diesen s. Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  24 N 15 sowie Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Vor Art.  236–242, N 48 ff.; Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 55 ff., je m. w. Nachw.

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5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien

Schliesslich erfährt die materielle Rechtskraft in zeitlicher Hinsicht dergestalt eine Begrenzung, als sie sich nur auf den entscheidungsmassgeblichen Zeit­ punkt bezieht, also nur auf solche Tatsachen, die zu diesem Zeitpunkt bereits existiert hatten.60 Im Zusammenhang mit der Möglichkeit von Popularklagen interessiert allen voran die subjektive Begrenzung der Rechtskraftwirkungen. Diese wird zum einen mit dem Umstand begründet, dass es sich beim Zivilprozess um ein Zwei­ parteiensystem handelt.61 Da bei diesen nur die (formellen) Prozessparteien mit­ tels Prozessteilnahme die Möglichkeit haben, Einfluss auf den Ausgang des Prozesses zu nehmen, soll die materielle Rechtskraft grundsätzlich auch nur sie an das Urteil binden.62 Zutreffender Ansicht nach ist die subjektive Beschrän­ kung der materiellen Rechtskraft in erster Linie aber vor dem Hintergrund des konventions- und verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör zu sehen.63 Der Anspruch auf rechtliches Gehör dient gemäss bundesge­ richtlicher Rechtsprechung einerseits der Sachaufklärung und stellt andererseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht der Parteien dar.64 Der An­ spruch auf Gehörsgewährung sorgt dafür, dass die Parteien nicht zu Objekten des staatlichen Handels degradiert werden, sondern sich im Hinblick auf eine Entscheidung als Subjekte des Verfahrens zu Wort melden können, wodurch gerade das Urteil und die Bindung der Parteien daran legitimiert werden.65 Die Urteilsbindung ist dementsprechend grundsätzlich auf diejenigen Personen be­ schränkt, die zuvor im Verfahren gehört wurden bzw. denen dazu die Möglich­ keit gegeben wurde.66 Alle anderen Personen, die nicht als Parteien am Verfah­ ren teilgenommen haben, werden von den Rechtskraftwirkungen grundsätzlich nicht erfasst. 60  Urteil des BGer 4A_508/2010 vom 14. Februar 2011 E. 2.1; Naegeli/Mayhall/Ober­ hammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 62 ff.; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 49, je m. w. Nachw. 61  Roth-Grosser, S.  38. 62  Baumgarten, S.  67; Ch. Berger, S.  133 f. 63  Art.  6 EMRK sowie Art.  29 Abs.  2 BV. Art.  53 ZPO wiederholt diesen Grundsatz bloss nochmals für die ZPO, wobei dieser Bestimmung keine eigenständige Bedeutung zukommt: Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  53 N 1 m. w. Nachw. 64  BGE 127 I 54, E. 2.b; BGE 132 V 387 E. 3.1; BGE 140 I 99 E. 3.4; BGE 142 I 86 E. 2.2. 65  Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  53 N 2; Hurni, BK ZPO I, Art.  53 N 13; Schenker, Handkomm. ZPO, Art.  53 N 2. 66  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Vor Art.  236–242, N 21 f., 47; Naegeli/Mayhall/ Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 28 f., 54; Lötscher, N 357; Sogo, Gestaltungsklagen, S.  270, der dies explizit auch für Gestaltungsklagen hervorhebt. Aus der deutschen Lehre s. Braun, S.  938; Jacoby, S.  17 m. w. Nachw.; W. Lüke, S.  118 sowie Mantzouranis, S.  113, der noch weiter geht und die Prozessführungsbefugnis als einfachgesetzliche Konkretisierung des Rechts auf rechtliches Gehör ansieht.

III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft

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3. Funktionsverlust bei Zulassung von Popularklagen Ginge man im Sinne der Möglichkeit von Popularklagen davon aus, dass jeder­ mann als klagende Partei gegen eine beliebige andere Person als beklagte Partei ein Sachurteil über einen bestimmten Streitgegenstand erwirken könnte, so würde die subjektive Begrenzung der Rechtskraftwirkungen zu einem eigentli­ chen Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft führen. Endgültiger Rechts­ schutz liesse sich dann nämlich auch in denjenigen Fällen nicht mehr denken, in denen sich die am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Personen selbst als Parteien im Prozess gegenüberstehen. Ein zwischen ihnen ergehendes Urteil würde zwar in verbindlicher Weise festlegen, ob und wie das streitige Rechts­ verhältnis zwischen ihnen besteht, doch stünde es jeder anderen Person offen, denselben Streitgegenstand nochmals einzuklagen. Die Parteien des Erstpro­ zesses könnten sich demzufolge niemals vor einer erneuten Klage sicher wissen, was umso schwerer wiegt, als das Gericht in einem Folgeprozess aufgrund einer allenfalls anders ausfallenden Prozess- und Beweisführung der Parteien des Zweitprozesses zu einer abweichenden Entscheidung gelangen könnte. Die Möglichkeit mehrfacher, allenfalls widersprüchlicher Entscheidungen über denselben Streitgegenstand würde die materielle Rechtskraft als solche ent­ werten,67 womit auch der eigentliche Zweck des Zivilprozesses, nämlich die Verwirklichung und Durchsetzung subjektiver Privatrechte und die damit an­ gestrebte (Wieder-)Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, ver­ fehlt würde.

4. Folgerungen Hält man an der heutigen Konzeption der subjektiven Begrenzung der materiel­ len Rechtskraft fest, so können Popularklagen nicht zugelassen werden. Die subjektive Begrenzung der materiellen Rechtskraft erfolgt wie gesehen in erster Linie vor dem Hintergrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör.68 Sie will si­ cherstellen, dass grundsätzlich nur diejenigen von den Rechtskraftwirkungen erfasst werden, die zuvor im Prozess gehört wurden, bzw. Gelegenheit dazu hatten. Die subjektive Begrenzung der materiellen Rechtskraft bezweckt dage­ gen nicht, dass jedermann als Partei eine Sachentscheidung über ein beliebiges Rechtsverhältnis herbeiführen soll können. Genauso wenig lässt sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ableiten, dass jedermann das Recht zusteht, hinsichtlich einer fremden Angelegenheit gehört zu werden.69 Die jedermann Ch. Berger, S.  62 f. S. vorne bei und mit 5.  Kap.  Fn.  63. 69  So auch Waldner, N 285. 67 

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5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien

zukommende Möglichkeit, sich als klagende Partei zu konstituieren bzw. als beklagte Partei konstituiert zu werden, verleiht dem Einzelnen noch kein Recht auf ein Urteil zur Sache. Der Justizgewährungsanspruch kann, wie bereits er­ wähnt, Beschränkungen unterworfen werden.70 Namentlich ist es möglich, den Zugang zum Sachurteil vom Bestehen prozessualer Bedingungen abhängig zu machen. Eine derartige prozessuale Bedingung muss hier angesichts des an­ dernfalls eintretenden Funktionsverlustes der materiellen Rechtskraft ange­ nommen werden. Diese Verpflichtung erscheint mithin gerade als ein notwendi­ ges Korrelat zu der subjektiven Begrenzung der materiellen Rechtskraft. Die mittels materieller Rechtskraft angestrebte Einmaligkeit des Rechts­ schutzes in der Sache lässt sich grundsätzlich nur dann erreichen, wenn für je­ den Streitgegenstand lediglich zwei Personen bzw. Personenmehrheiten als richtige Parteien bestimmt werden. Wird die Befugnis, als richtige Partei auf­ treten zu können, dagegen kläger- oder beklagtenseitig einer Mehrzahl von Per­ sonen individuell zugewiesen, so hat dies – wenn es nicht zu einem Funktions­ verlust der materiellen Rechtskraft kommen soll – immer Hand in Hand mit einer Erweiterung der subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft auf die übrigen zur Sachentscheidung zugelassenen richtigen Parteien zu erfolgen.71 Die Verpflichtung zur Bestimmung der richtigen Parteien besteht nicht nur klägerseitig, sondern stets auch beklagtenseitig.72 Durch die Bestimmung des richtigen Klägers wird die Gefahr einer mehrfachen Entscheidung in derselben Streitsache nämlich auch dann nicht gebannt, wenn man zusätzlich dafürhält, dass der richtige Kläger nur einmal von der ihm zustehenden Möglichkeit Ge­ brauch machen darf, d. h. nur gerade gegenüber einer einzigen Person als be­ klagten Partei. Wie bereits angesprochen erstreckt sich die materielle Rechts­ kraft in objektiver Hinsicht immer auch auf das kontradiktorische Gegenteil.73 Der beklagten Partei soll es so verunmöglicht werden, in einem Folgeprozess ein rechtskräftiges Urteil über das Gegenteil des bereits im Erstprozess rechts­ kräftig Festgestellten zu erlangen.74 Überliesse man die Wahl der Person der 70 

S. vorne 4.  Kap.  II. 2. sowie hinten 7.  Kap.  I. 2. Ch. Berger, S.  64. Im Ergebnis ebenso: Lötscher, N 336 ff., 361. 72  Dies wird auch von Grunsky, ZZP 76 (1963), S.  49 ff., nicht bestritten, obschon er dafür hält, dass auf das Erfordernis der Prozessführungsbefugnis auf Seiten des Beklagten, abge­ sehen von den Fällen der Gestaltungsklagen, verzichtet werden könne. Grunsky spricht sich indessen einzig gegen die Annahme einer selbstständigen Prozessvoraussetzung „Prozess­ führungsbefugnis“ aus und will dasselbe Ergebnis unter anderem über die Prozessvorausset­ zung des „Rechtsschutzinteresses“ erreichen, s. Grunsky, ZZP 76 (1963), S.  72. Zur Frage, inwieweit der Prozessführungsbefugnis neben dem Rechtsschutzinteresse eigenständige Be­ deutung zuzumessen ist, s. hinten 7.  Kap.  I. 3. a. 73  S. vorne 5.  K ap.  I II. 1. bei und mit Fn.  55. 74  Droese, res iudicata, S.  230 f. 71 

III. Drohender Funktionsverlust der materiellen Rechtskraft

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beklagten Partei nun dem richtigen Kläger, so hätte dies zur Folge, dass die Gefahr einer erneuten Entscheidung über denselben Streitgegenstand in Form des kontradiktorischen Gegenteils gerade nicht gebannt wäre. Dies folgt daraus, dass grundsätzlich nur der formelle Beklagte von der materiellen Rechtskraft in subjektiver Hinsicht erfasst wird, das Prozessrecht aber für jeden Folgeprozess selbst bestimmt, wen es als richtigen Kläger ansieht. Erlangt der richtige Kläger gegen eine Person, die das Prozessrecht im Falle einer Klage mit dem kontra­ diktorischen Inhalt selbst nicht als richtige Partei ansieht, ein rechtskräftiges Urteil, so wäre es Letzterer weiterhin möglich, eine erneute Entscheidung in derselben Sache zu erwirken. Würde bspw. statt einer Aktiengesellschaft der Alleinaktionär derselben Gesellschaft als beklagte Partei für eine Forderung gegenüber der Aktiengesellschaft eingeklagt75 und hiesse das Gericht die Klage gestützt auf einen Vertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Kläger gut, so stünde es der Aktiengesellschaft selbst weiterhin offen, in einem Folgepro­ zess das rechtskräftig Festgestellte nochmals in Form des kontradiktorischen Gegenteils beurteilen zu lassen. Die Aktiengesellschaft könnte so bspw. eine bereits erfolgte Zahlung gestützt auf Art.  62 OR mit dem Vorbringen, dass der zugrunde liegende Vertrag nichtig sei, zurückfordern. Das Gericht müsste in einer solchen Konstellation auch bei unveränderter Tatsachenlage ein erneutes Mal über die Gültigkeit des Vertrages befinden, da das im Ersturteil rechtskräf­ tig Festgestellte die Aktiengesellschaft selbst nicht zu binden vermöge. Soll die materielle Rechtskraft die ihr zugedachte Funktion erfüllen, muss das Prozess­ recht somit stets auch bestimmen, wer als richtiger Beklagter in einem Verfah­ ren aufzutreten hat, damit es zu einer Sachentscheidung kommen kann. Die Verpflichtung zur Bestimmung der richtigen Parteien besteht ungeachtet der jeweiligen Klageart, da gemäss Lehre und Rechtsprechung bei sämtlichen Klagearten Sachentscheide in materielle Rechtskraft erwachsen.76 Nicht anders verhält es sich bei Gestaltungsklagen. Diese führen bei Gutheissung zwar zu einer Änderung der materiellen Rechtslage, welche grundsätzlich inter omnes Wirkung entfaltet.77 Die grundsätzlich im Verhältnis gegenüber jedermann ein­ tretende Änderung der materiellen Rechtslage bedeutet nun aber mitnichten, dass auch jedermann von der Rechtskraft des Urteils gebunden wird.78 Die Rechtskraft eines Gestaltungsurteils erfasst vielmehr wie bei den übrigen Kla­ gearten grundsätzlich nur die am Prozess beteiligten Parteien.79 Soll endgülti­ 75 

Für den Fall einer Durchsgriffshaftung s. hinten 7.  Kap.  II. 1. S. vorne 5.  Kap.  Fn.  37. 77  Markus, BK ZPO I, Art.  87 N 19 Sogo, Gestaltungsklagen, S.  227, je m. w. Nachw.; Kummer, Klagerecht, S.  143 f. 78  Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  87 N 5. 79  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  270. 76 

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5. Kapitel:  Prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien

ger Rechtsschutz eintreten, so muss auch bei Gestaltungsklagen bestimmt wer­ den, welche Personen als die richtigen Parteien eine Sachentscheidung erwirken können. Andernfalls stünde es allen von der materiellen Rechtskraft des Erst­ urteils nicht erfassten Personen offen, in derselben Sache nochmals eine Gestal­ tungsklage bzw. im Sinne des kontradiktorischen Gegenteils eine negative Fest­ stellungsklage anzustrengen und so eine erneute Sachentscheidung notwendig werden zu lassen.

IV. Zwischenergebnis Die heutige Ausgestaltung der subjektiven Begrenzung der materiellen Rechts­ kraft würde bei Zulassung von Popularklagen zu einem eigentlichen Funktions­ verlust der materiellen Rechtskraft führen. Das Zivilprozessrecht hat zur Wah­ rung der Einmaligkeit des Rechtsschutzes in der Sache und damit letztlich auch zur Erreichung des dem Zivilprozess als Ganzem zugrunde liegenden Zwecks für eine Beschränkung des Kreises derjenigen Parteien zu sorgen, die eine Sachentscheidung über einen bestimmten Streitgegenstand erwirken können. Dieser Verpflichtung hat es nicht nur klägerseitig, sondern immer auch beklag­ tenseitig nachzukommen. Weiter besteht sie ungeachtet der jeweiligen Klageart, da gemäss Lehre und Rechtsprechung bei sämtlichen Klagearten Sachentschei­ de in materielle Rechtskraft erwachsen. Soll sich der mittels materieller Rechts­ kraft angestrebte endgültige Rechtsschutz in der Sache einstellen, so hat das Prozessrecht dabei für jeden Streitgegenstand grundsätzlich jeweils ausschliess­ lich zwei Personen bzw. Personenmehrheiten zu bestimmen, die zusammen als richtige Parteien eine Sachentscheidung erwirken können, oder bei einer Mehr­ zahl von Personen, die kläger- bzw. beklagtenseitig individuell als richtige Par­ teien gelten, eine Rechtskrafterstreckung auf die übrigen, nicht am Prozess teil­ nehmenden richtigen Parteien vorzusehen.

6. Kapitel

Die richtigen Parteien I. Meinungsstand 1. Bestimmung der richtigen Parteien anhand der Prozessführungsbefugnis Die herrschende Lehre sucht die Frage nach den richtigen Parteien für gewöhn­ lich anhand der Prozessführungsbefugnis zu beantworten. Soll untersucht wer­ den, wer gemäss heutigem Meinungsstand als die richtigen Parteien anzusehen sind, so muss dementsprechend danach gefragt werden, wem die Prozessfüh­ rungsbefugnis zugestanden wird. Im Schrifttum werden dabei fast ausschliess­ lich zwei Ansichten vertreten: Der einen Lehrmeinung folgend kommt die Pro­ zessführungsbefugnis grundsätzlich nur den (vermeintlichen) Subjekten des streitigen Rechtsverhältnisses zu, wogegen der anderen Ansicht nach grund­ sätzlich nur die (vermeintlichen) materiellrechtlich verfügungsbefugten Perso­ nen als prozessführungsbefugt anzusehen sind. Um ein Vielfaches heterogener fallen dagegen die Begründungen aus. In der Lehre wird von verschiedenen Seiten die Ansicht vertreten, es sei die „Klagebefugnis“, die festlege, wem die Prozessführungsbefugnis zukommt.1 Der Begriff der Klagebefugnis wird dabei uneinheitlich verwendet. Eine Lehr­ meinung versteht darunter die Befugnis, die staatlichen Rechtspflegeorgane um Schutz anzurufen und sich der Kompetenzfunktion des Gerichts zu unterstel­ len.2 Die so verstandene Klagebefugnis bilde Bestandteil des Komplexrechts „Klagerecht“ und stehe grundsätzlich allen Rechtssubjekten zu, die ein eigenes, privates Recht behaupten und im Prozess verfolgen wollen.3 Eine andere Lehr­ meinung setzt den Begriff der Klagebefugnis dagegen mit der vermeintlich im materiellen Anspruch fussenden Einzelbefugnis auf Verurteilung des Schuld­ ners zur Leistung gleich.4 Prozessführungsbefugt ist dieser Ansicht folgend grundsätzlich nur der materielle Anspruchsinhaber. Da sich die Klagebefugnis Lötscher, N 63; Willisegger, S.  66. In der Sache ebenso: Wiegand, S.  130 f. Willisegger, S.  74. 3  Willisegger, S.  74; Lötscher, N 63. 4  Wiegand, S.  130. 1  2 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

privatautonom nicht von der materiellrechtlichen Grundlage des materiellen Anspruchs abspalten lasse, scheide auch die Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft aus.5 Der Grossteil der heutigen Lehre lehnt eine Herleitung der Prozessführungs­ befugnis aus einer vorprozessual bestehend gedachten Klagebefugnis dagegen ab und versucht anhand anderer Kriterien zu bestimmen, welche Parteien als prozessführungsbefugt anzusehen sind. Einige Autoren versuchen anhand einer Untersuchung der Fälle der Prozessstandschaft einen gemeinsamen Nenner he­ rauszufiltern, der sämtlichen Fällen der Prozessführungsbefugnis zugrunde liegt.6 Sie gehen dabei von der Prämisse aus, dass für gewöhnlich der Rechts­ inhaber als richtige Partei anzusehen ist. Da dem Rechtsinhaber im Normfall nun aber eine ganze Bandbreite von materiellrechtlichen Befugnissen im Rah­ men von Regelzuweisungen zufielen, sei die Ermittlung der für die Qualifika­tion als richtige Partei entscheidenden Berechtigung nur anhand einer Unter­suchung der Ausnahmefälle der Prozessstandschaft möglich.7 Die umfangreichste Unter­ suchung dieser Art findet sich in der deutschen Lehre bei Henckel.8 Dieser kommt zum Ergebnis, dass die Prozessführungsbefugnis im Allgemeinen auf dem Rechtsschutzinteresse in Kombination mit der materiellen Verfügungsbe­ fugnis gründe, wobei die Bestimmung der richtigen Parteien je nach Klageart und weiter jeweils für den Kläger und den Beklagten unterschiedlich ausfalle.9 Im Falle der Leistungsklage gründe etwa die Prozessführungsbefugnis des Klä­ gers in seinem Interesse an der Prozessführung sowie an der ihm zukommenden Verfügungsbefugnis über das behauptete Recht,10 wohingegen als richtiger Be­ klagter bei Feststellungsklagen jeder angesehen werden könne, der dem Kläger Anlass zur Klage gegeben hat und gegen den damit ein Interesse an der Fest­ stellung begründet ist.11 Ähnliche Untersuchungen mit teils abweichenden Er­ gebnissen finden sich auch im neueren Schrifttum wieder.12 Andere Autoren versuchen ausgehend vom Grundtatbestand der Prozess­ führungsbefugnis zu ermitteln, auf welcher Berechtigung die Prozessführungs­ befugnis mittelbar gründet. Am häufigsten wird dabei auf die materielle Verfü­ 5 

A. a. O., S.  131. Henckel, S.  37 ff.; Heintzmann, S.  11 ff.; Mantzouranis, S.  114 ff. 7  So ausdrücklich Heintzmann, S.  11. 8  Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961). 9  A. a. O., S.  105 ff., 184. 10  A. a. O., S.  105. 11  A. a. O., S.  106. 12  Vgl. Mantzouranis, S.  129: „Grundlage der Prozessführungsbefugnis ist mit anderen Worten die Trägerschaft einer schützenswerten materiellrechtlichen Position, die meistens – aber nicht immer – mit der privatrechtlichen Verfügungsbefugnis einhergeht“ [Hervorhe­ bung im Original]. 6 

I. Meinungsstand

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gungsbefugnis verwiesen,13 da die Prozessführung im Ergebnis verfügungs­ ähnliche Wirkungen zeitigen könne;14 ein Argument, das bereits von Hellwig zur Begründung der Rückbindung seines Prozessführungsrechts an die materi­ ellrechtliche Verfügungsbefugnis vorgebracht wurde.15 Häufig ist auch die Aus­ sage anzutreffen, wonach die Prozessführungsbefugnis das prozessuale Gegen­ stück der materiellen Verfügungsbefugnis bildet.16 Daneben wird auch die Ansicht vertreten, die Prozessführungsbefugnis er­ gebe sich aus der behaupteten Rechtsinhaberschaft.17 Es folge nämlich „aus der Natur der Sache“, dass jeweils nur die Subjekte des behaupteten Rechtsverhält­ nisses als die richtigen Parteien auftreten können, da gerade sie am staatlichen Rechtsschutz besonders interessiert seien18 bzw. nur bei ihnen die „Kompetenz zum Streit“ über ihre eigenen Rechte gegeben sei.19

2. Bestimmung der richtigen Parteien anhand des Feststellungsinteresses Im Zusammenhang mit den Feststellungsklagen wird die Frage, wer als die rich­ tigen Parteien anzusehen sind, üblicherweise nicht unter der Voraussetzung der Prozessführungsbefugnis abgehandelt, sondern unter derjenigen des sog. Fest­ stellungsinteresses.20 Das Feststellungsinteresse wird in der ZPO selbst nicht geregelt; Lehre und Rechtsprechung fassen dieses als Teilaspekt des nach Art.  59 Abs.  2 Ziff.  1 ZPO allgemein geforderten Rechtsschutzinteresses auf.21 Mit Blick auf die Frage, wer als die richtigen Parteien einer Feststellungsklage anzusehen sind, wird zumeist kurzerhand dafürgehalten, richtiger Kläger sei derjenige, der ein Feststellungsinteresse an der Feststellung hat, wohingegen als Pichler, S.  35; Urteil des OGer ZH PF110042 vom 07. November 2011 E. 4; etwas zu­ rückhaltender: Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 25; BSK SchKG II-Wohlfart/Meyer, Art.  204 N 44; in einer differenzierteren Fassung so auch Lötscher, N 56. Diese Ansicht scheint auch das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zur Konkurseröffnung zu vertre­ ten, wenn es die Ansicht vertritt, der Wegfall der Prozessführungsbefugnis bei Konkurs­ eröffnung bilde das Gegenstück zum Verlust der Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners über das Massevermögen: Urteil des BGer 2C_650/2011 vom 16. Februar 2012 E. 1.2.2. 14  Henckel, S.  42; Grunsky, ZZP 76 (1963), S.  53; Goetzke, S.  63. 15  S. vorne bei und mit 3.  K ap.  Fn.  114. 16  Meier, S.  159; Pichler, S.  35 f. 17  Habscheid, Zivilprozessrecht, N 276; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  18; Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  421; Ch. Berger, S.  102. 18  Beinert, S.  24; Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  421. 19  Ch. Berger, S.  104; M. Schwab, S.  126 f.; Liedtke, S.  57. 20  Henckel, S.  86; F. Weber, N 47 f. m. w. Nachw. 21  BGE 141 III 68 E. 2.2; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  14 N 25; Weber, BSK ZPO, Art.  88 N 9; Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  88 N 1, 10 m. w. Nachw. 13 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

richtiger Beklagter derjenige anzusehen sei, gegen den der Kläger ein hinrei­ chendes Feststellungsinteresse vorweisen könne.22 Herrschende Lehre und Rechtsprechung gehen dabei davon aus, dass das nach Art.  88 ZPO festzustel­ lende Rechtsverhältnis nicht notwendig zwischen den Prozessparteien bestehen muss, sprich eine Feststellungsklage auch zur Klärung eines zwischen Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses (sog. Drittrechtsverhältnis) begehrt werden kann.23 Ein hinreichendes Feststellungsinteresse an der Feststellung eines Dritt­ rechtsverhältnisses wird indessen nur ausnahmsweise bejaht, nämlich dann „wenn Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehung unter den Parteien vom Be­ stehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen Dritten bzw. zwischen einer der Prozessparteien und Dritten abhängt“.24 Weiter fehlt es gemäss bun­ desgerichtlicher Rechtsprechung auch in solchen Fallkonstellationen an dem schutz­w ürdigen Interesse, „wenn die verlangte Feststellung gegenüber der be­ troffenen Person nicht verbindlich wäre, d. h. das angestrebte Feststellungsurteil den Dritten nicht zu binden vermag“.25

II. Stellungnahme Die Fülle der unterschiedlichen Lösungsansätze bei der Bestimmung der richti­ gen Parteien lässt eine gewisse Ratlosigkeit sichtbar werden, deren Ursache letztlich wohl darin begründet liegt, dass man sich über das genaue Verhältnis von Zivilrecht und Zivilprozessrecht nicht im Klaren zu sein scheint. Keine der soeben wiedergegebenen Ansichten vermag eine stringente Begründung für die Bestimmung der richtigen Parteien zu geben, weshalb nachfolgend eine eigene Lösung vorgeschlagen werden soll. Vorab gilt es jedoch, zu den vorgetragenen Ansichten kurz Stellung zu nehmen. Vgl. Henckel, S.  86 Fn.  149 m.w.Hinw.; Kopp, S.  7. BGE 137 III 293 E. 4.2; Urteil des BGer 4C.290/2001 vom 8. November 2002 E. 1.3; Urteil des BGer 4C.147/2004, vom 17.8.2004, E. 2; Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  88 N 8 m. w. Nachw.; Weber, BSK ZPO, Art.  88 N 12; Leimgruber, N 339; Bessenich/Bopp, ZPOKomm., Art.  88 N 6; F. Weber, N 48, 159 ff. Sich grundsätzlich gegen die Möglichkeit von Feststellungsklagen über Drittrechtsverhältnisse aussprechend: Staehelin/Staehelin/Groli­ mund, §  14 N 24; Markus, BK ZPO I, Art.  88 N 31 ff. Sich noch vor Inkrafttreten der ZPO kategorisch gegen ihre Zulässigkeit aussprechend: Kummer, ZBJV 105 (1969), S.  69 ff. Die Frage der Zulässigkeit von Feststellungsklagen über Drittrechtsverhältnisse ist auch in Deutschland umstritten, wobei die herrschende Lehre und Rechtsprechung ebenso wie in der Schweiz von deren Zulässigkeit ausgeht, s. Jacobs, S.  303 ff. m. w. Nachw. 24  BGE 137 III 293 E. 4.2 m. w. Nachw.; Urteil des BGer 4C.147/2004 vom 17. August 2004 E. 2; so bereits auch Guldener, Zivilprozessrecht, S.  141 bei und mit Fn.  11. 25  BGE 137 III 293 E. 4.2; Urteil des BGer 4C.290/2001 vom 8. November 2002 E. 1.3; Urteil des BGer 4C.147/2004 vom 17. August 2004 E. 2. 22  23 

II. Stellungnahme

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Der Ansicht, wonach es die Klagebefugnis ist, die bestimmt, wer als die rich­ tigen Parteien anzusehen sind, kann nicht gefolgt werden, unabhängig davon, welcher der zwei vorgetragenen Deutungen des Begriffs der Klagebefugnis man folgt. Die Befugnis, eine Rechtsbehauptung einer autoritativen Überprü­ fung zuzuführen, ergibt sich heutzutage aus dem konventions- und verfassungs­ rechtlich verbürgten Justizgewährungsanspruch. Inwieweit dieser von konven­ tions- und verfassungswegen eine Selbstbetroffenheit voraussetzt kann, wie bereits gesehen, für die ZPO mit Blick auf die Regelung der Rechtshängigkeit in Art.  62 ZPO offenbleiben.26 Indem die ZPO in Art.  62 Abs.  1 auch einer eigenen Angaben zufolge rechtsfremden Person die Möglichkeit eröffnet, ein Verfahren anhängig zu machen, kommen dieser potentiell auch die in Art.  6 Abs.  1 EMRK und Art.  29 ff. BV enthaltenen Verfahrensgrundrechte zu. Aus dem Justizge­ währungsanspruch kann folglich nicht entnommen werden, wer als die richti­ gen Parteien anzusehen sind, da dieser infolge der Regelung von Art.  62 Abs.  1 ZPO potentiell allen formellen Parteien zukommt. Auch die Klagebefugnis, verstanden als die im materiellen Anspruch innewohnende, vorprozessual be­ stehend gedachte Einzelbefugnis auf Verurteilung des Schuldners zur Leistung, vermag auf diese Frage keine Antwort zu geben, da sich die Vorstellung einer solchen Einzelbefugnis wie gesehen selbst nicht halten lässt.27 Gegen die Ermittlung des für die Qualifikation als richtige Partei entscheiden­ den Bezugspunktes anhand einer Untersuchung der Fälle der Prozessstandschaft wurden von verschiedenen Autoren methodische Bedenken vorgebracht. Es gehe nicht an, aus der Regelung der Ausnahmefälle ein auch dem Grundtatbestand zugrundeliegendes Prinzip herzuleiten, da die Ausnahmefälle einer „besonderer Ermächtigung“ bedürfen, die beim Grundtatbestand gerade nicht gefordert wird, mit der Folge, dass die Prozessführungsbefugnis in den Ausnahmefällen vom Bestand weiterer Voraussetzungen abhängt, welche beim Grundtatbestand selbst nicht gefordert werden.28 Diesen Bedenken ist in der Sache beizupflichten. Wei­ ter gilt es zu beachten, dass bereits das Vorhaben der Herausarbeitung eines gemeinsamen Nenners, der sämtlichen Fällen der Prozessstandschaft zugrunde liegt, aufgrund der Verschiedenheit der Fälle der Prozessstandschaft selbst bis­ lang nicht widerspruchsfrei gelungen ist und auch als unmöglich erscheinen muss, worauf im Schrifttum ebenfalls bereits hingewiesen wurde.29 Insbeson­ dere ist nicht allen Fällen der Prozessstandschaft gemein, dass die materielle Verfügungsbefugnis dem vermeintlichen Rechtsinhaber entzogen ist.30 26 

S. vorne 4.  Kap.  II. 2. S. vorne 4.  Kap.  III. 2. c. 28  G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  18; Rüßmann, AcP 172 (1972), S.  530; Goetzke, S.  65. 29  G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  17; Ch. Berger, S.  121 f. 30 S. Lötscher, N 132 ff., 447 m. w. Nachw. sowie hinten 6.  Kap.  III. 3. b. bei und mit Fn.  102. 27 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

Der Verweis auf die verfügungsähnlichen Wirkungen eines Urteils vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Zunächst kann, wie im Schrifttum bereits richti­ gerweise hingewiesen wurde, die Prozessführung selbst nicht als eine materiell­ rechtliche Verfügung angesehen werden, da es an der dafür geforderten Tatbe­ standvoraussetzung der unmittelbaren Einwirkung fehlt.31 Wird dem Kläger mittels Urteil Rechtsschutz gewährt, so ist dieser nicht unmittelbar auf die Pro­ zessführung des Klägers rückführbar, sondern beruht auf dem dazwischenge­ schalteten Verhalten der Rechtspflegeorgane.32 Weiter hält aber auch der Hin­ weis auf die bloss verfüngungsähnlichen Wirkungen einer Prozessführung ei­ ner nähren Betrachtung nicht stand. Abgesehen von den Gestaltungsklagen, auf die anschliessend noch gesondert einzugehen sein wird, ändert ein Urteil aner­ kanntermassen nicht die materielle Rechtslage selbst, sondern stellt diese ledig­ lich verbindlich fest.33 Ein Urteil will der materiellen Rechtslage mithin bloss tatsächliche Geltung verschaffen, greift aber gerade nicht ändernd in diese ein.34 Es kann folglich, wenn überhaupt, nur in den seltenen Fällen, in denen das Ur­ teil von einem objektiven Standpunkt aus als unrichtig, da mit der materiellen Rechtslage selbst nicht übereinstimmend, erscheint, zulasten des Inhabers des Verfügungsgegenstands verfügungsähnliche Wirkung aufweisen.35 Im Gel­ tungsbereich des Verhandlungsgrundsatzes ist es für die Parteien zwar durch­ aus möglich, auch aktiv auf solche „unrichtige“ Urteile hinzuwirken.36 Was in der Diskussion um die verfügungsähnlichen Wirkungen der Prozessführung jedoch zumeist übergangen wird, ist die Tatsache, dass ein solches „unrichtiges“ Urteil nur dann verfügungsähnliche Wirkungen für den Inhaber des Verfü­ gungsgegenstandes zeitigt, wenn dieser von den Rechtskraftwirkungen des Ur­ teils (mit-)erfasst wird. Der vermeintliche Rechtsinhaber als der vermeintliche Inhaber des Verfügungsgegenstandes wird aber grundsätzlich nur dann von den Rechtskraftwirkungen erfasst, wenn er selbst als Partei auftritt. Darauf wird sogleich zurückzukommen sein. Die Rückbindung der Prozessführungsbefugnis an die behauptete Rechtsin­ haberschaft aufgrund des Umstandes, dass die Subjekte des streitigen Rechts­ verhältnisses am staatlichen Rechtsschutz besonders interessiert sind, entspricht zwar prima vista der Zielsetzung des Zivilprozesses, vermag in dieser Pauscha­ Beinert, S.  28; Ch. Berger, S.  98. Zu der Voraussetzung der unmittelbaren Einwirkung, s. Lauko, S.  82 ff. 32  Ch. Berger, S.  98; Schulev-Steindl, S.  37 f. 33  Beinert, S.  27; Kummer, Klagerecht, S.  143 f. 34  So bereits Sinaniotis, ZZP 79 (1966), S.  83 f. 35  Ch. Berger, S.  96 f.; M. Schwab, S.  126; Sinaniotis, ZZP 79 (1966), S.  84; Liedtke, S.  27; Kass, S.  418 f. 36  Kass, S.  418 f. 31 

II. Stellungnahme

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lität indessen auch nicht zu überzeugen, da sich die Interessenslage der am strei­ tigen Rechtsverhältnis beteiligten Subjekte gerade nicht abstrakt bestimmen lässt. Die Aussage, wonach die „Kompetenz zum Streit“ grundsätzlich nur für eigene Rechte gegeben ist, erinnert dagegen an die Vorstellung eines im materi­ ellen Recht fussenden „Klagerechts“, welche sich, wie bereits gesehen, nicht halten lässt.37 Die richtigen Parteien lassen sich schliesslich auch bei den Feststellungskla­ gen nicht isoliert anhand des klägerischen Feststellungsinteresses bestimmen. Der Umstand, wonach die herrschende Lehre und Rechtsprechung die Frage nach den richtigen Parteien bei den Feststellungsklagen in der Voraussetzung des Feststellungsinteresses aufgehen lässt, wurde in der deutschen Lehre denn auch zu Recht kritisiert.38 Bestimmt man die richtigen Parteien ausschliesslich danach, ob der Feststellungskläger ein schutzwürdiges Interesse gegenüber dem Beklagten an der Feststellung vorzuweisen vermag, so kommt es dieser Ansicht nach zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ausdehnung der Feststellungskla­ ge.39 Dies zeige sich besonders deutlich bei den Feststellungsklagen über Dritt­ rechtsverhältnisse. Diese könnten nur dann zu einer Beseitigung der Rechts­ ungewissheit führen, wenn der am festzustellenden Rechtsverhältnis beteiligte, prozessaussenstehende Dritte ebenfalls von den Rechtskraftwirkungen des Ur­ teils miterfasst wird; ansonsten liesse sich gerade nicht von einer „Bindung“ des Dritten sprechen, weshalb eine Feststellungsklage dann auch nicht zuzulassen sei.40 Diese Ansicht hat auch in der schweizerischen Lehre vereinzelt Zuspruch erfahren.41 Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Feststellungsklagen über Drittrechtsverhältnisse zuzulassen sind, wird bei der Vorstellung der eige­ nen Lösung nochmals zurückzukommen sein. Dass zur Bestimmung der richti­ gen Parteien im Falle einer Feststellungsklage nicht ausschliesslich auf das klä­ gerische Feststellungsinteresse abgestellt werden kann, leuchtet schon in Anbe­ tracht der Fälle der Prozessstandschaft ein.42 Die Feststellungsklage eines Erben über ein zum unverteilten und unter Willensvollstreckung gestellten Nachlass gehörendes Recht wird auch dann, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung vorzuweisen vermag, nicht zuzulassen sein; als richtige Partei kann mit Blick auf ein zum unverteilten und unter Willensvollstreckung gestell­ 37 

S. vorne 4.  Kap.  V. So allen voran G. Lüke, Feststellung, S.  571 f., 575 ff. sowie bei Michaelis, S.  452 ff. 39  G. Lüke, Feststellung, S.  576 f. 40  G. Lüke, Feststellung, S.  572; Michaelis, S.  461 f. sowie ausführlich Jacobs, S.  308 ff. 41  Bodmer, S.  72 ff.; Kummer, ZBJV 105 (1969), S.  74; Markus, BK ZPO I, Art.  88 N 34. 42  Henckel, S.  89 will bei der Bestimmung der richtigen Parteien denn auch zumindest klägerseitig das Feststellungsinteresse nicht genügen lassen, sondern fordert darüber hinaus, dass der Kläger über das Rechtsschutzobjekt prozessführungsbefugt ist. 38 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

ten Nachlass gehörendes Recht vielmehr auch bei Feststellungsklagen nur der Willensvollstrecker in seiner Rolle als Prozessstandschafter angesehen wer­ den.43 Das klägerische Feststellungsinteresse erweist sich daher ohne weitere Konkretisierungen als ungeeignetes Kriterium zur Bestimmung der richtigen Parteien.

III. Eigener Lösungsansatz 1. Vorbemerkung Bei der Bestimmung der richtigen Parteien muss zuvorderst daran erinnert wer­ den, dass – wie Degenkolb und Kummer in ihren jeweiligen Konzeptionen des Klagerechts schon erarbeitet hatten und wie sich heute aus dem Justizgewäh­ rungsanspruch ergibt 44 – der Zugang zu einer autoritativen Überprüfung bereits bei blosser Rechtsbehauptung eröffnet sein muss. Bei der Herausarbeitung ei­ nes Bestimmungsmerkmals ist folglich darauf zu achten, dass es sich auch für ein sich am Ende als nichtexistent erweisendes Rechtsverhältnis eignet. Als mögliche materielle Bezugspunkte kommen dementsprechend nur behauptete, materiellrechtliche Rechtspositionen in Betracht.

2. Die richtigen Parteien in Gestaltungsklagen Wie erwähnt kommt den Gestaltungsklagen insofern eine Sonderstellung zu, als sie mittels Urteil konstitutiv eine Änderung der materiellen Rechtslage herbei­ führen.45 Wer die rein materiellrechtlichen Gestaltungswirkungen in einem Pro­ zess als klagende Partei gegen wen als beklagte Partei hervorrufen kann, be­ stimmt sich ausschliesslich nach dem materiellen Recht. Aufgrund der unmittel­ baren Verknüpfung zwischen dem Eintritt der materiellen Rechtsänderung und dem gutheissenden Sachurteil gibt das materielle Recht damit auch selbst unmit­ telbar vor, wer bei Gestaltungsklagen als klagende Partei gegen wen als beklag­ te Partei in einem Prozess aufzutreten hat, damit es zu einem gutheissenden Sachurteil kommen kann. Wer als die richtigen Parteien zur Sachentscheidung zuzulassen sind, kann bei den Gestaltungsklagen folglich anhand der materiellen Gestaltungsvoraussetzungen beantwortet werden. Ein Kläger, der behauptet ­materiellrechtlich berechtigt zu sein, in einem Verfahren gegen eine bestimmte Person als beklagte Partei die Gestaltungswirkungen hervorzurufen, muss Zu­ Vgl. Holzer, N 23 ff. S. vorne 4.  Kap.  II. 45  S. vorne 4.  K ap.  I V. 43 

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III. Eigener Lösungsansatz

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gang zu einer Sachentscheidung erhalten. Steht die Gestaltungsberechtigung dem Kläger dagegen schon aufgrund seiner eigenen Behauptung nicht bzw. nicht gegen die als beklagte Partei ins Recht gefasste Person zu, so kann bereits auf­ grund des materiellen Rechts in der Sache kein günstiges Urteil ergehen; das Gericht hätte die Klage in der Sache abzuweisen. Ein solches Sachurteil würde aber gerade nicht zu einer endgültigen Beurteilung des Streitgegenstandes füh­ ren, da alle von der materiellen Rechtskraft dieses Sachurteils nicht erfassten Personen nochmals ein Verfahren über denselben Streitgegenstand anstrengen und so eine erneute Sachentscheidung nötig werden lassen könnten. Zwecks Funktionserhaltung der materiellen Rechtskraft hat das Prozessrecht dem entge­ genzuwirken und folglich nur denjenigen Parteien Zugang zu einem Sachurteil zu gewähren, die aufgrund der klägerischen Behauptung materiellrechtlich überhaupt dazu in der Lage sind, die Gestaltungswirkungen hervorzurufen. Das materielle Recht sieht grundsätzlich vor, dass die Subjekte des zu gestal­ tenden Rechtsverhältnisses selbst als Parteien am Prozess teilnehmen müssen, damit es zum Eintritt der Gestaltungswirkungen kommen kann.46 In einer Schei­ dungsklage nach Art.  114 ZGB müssen so die Ehegatten als Parteien im Prozess auftreten. Klagt der Ehemann auf Scheidung der Ehe und tritt, statt der Ehefrau die Geliebte des Ehemannes als beklagte Partei auf, so kann das Gericht die Ehe nicht scheiden.47 Es gibt jedoch auch Fälle, in denen einer am zu gestaltenden Rechtsverhältnis selbst nicht beteiligten Person eine Gestaltungsklageberechti­ gung zukommt. So sieht etwa Art.  261 ZGB vor, dass neben dem Kind auch die Mutter auf „Feststellung“ des Kindesverhältnisses zwischen dem Vater und dem Kind klagen kann. Bei dieser Klage handelt es sich, entgegen dem Gesetzeswort­ laut der Bestimmung, nicht um eine Feststellungs-, sondern um eine Gestal­ tungsklage.48 Wird die Klage gutgeheissen, wird das Kindesverhältnis zum ­Vater rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt begründet.49 Entgegen dem Bundesgericht50 und Teilen der Lehre51 sollte hier nicht von einer Prozessstand­ 46  Oberhammer, S.  97. Sogo, Gestaltungsklagen, S.  455 spricht in diesem Zusammenhang von den „Inhabern“ bzw. von den „Trägern“ des umzugestaltenden materiellen Rechtsver­ hältnisses [Hervorhebung hinzugefügt]. 47  Spricht das Gericht dennoch eine Scheidung aus, etwa weil es fälschlicherweise davon ausgeht, dass es sich bei der vor Gericht als Partei auftretenden Geliebten um die Ehefrau handelt, so kommt diesem Urteil keinerlei Wirkung zu, vgl. Sogo, Gestaltungsklagen, S.  464 m. w. Nachw. 48  Lötscher, N 994; Riemer, recht 1993, S.  181 bei und mit Fn.  7. 49  Schwenzer/Cottier, BSK ZGB I, Art.  261 N 18; Rusch/Götschi, KUKO ZGB, Art.  261 N 17. 50  Urteil des BGer 5A_104/2009 vom 19. März 2009 E. 2.2. 51  Sterchi, BK ZPO I, Art.  67 N 23c. Lötscher, N 199, 994, wobei sie in N 995 dafürhält, dass es aufgrund des erheblichen Eigeninteresses der Mutter nicht abwegig erschiene „eine

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

schaft gesprochen werden. Das zu gestaltende Rechtsverhältnis, nämlich das Kindesverhältnis zwischen dem Vater und dem Kind, ist für die Mutter zwar „fremd“, doch macht die Mutter hier nicht ein „fremdes Recht“, sondern die ihr vom materiellen Recht selbst zukommende Gestaltungsberechtigung geltend. Das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige Rechtsverhältnis bildet bei Gestaltungsklagen die geltend gemachte Gestaltungsberechtigung, aus der sich die Befugnis des Richters ergeben soll, die begehrte Rechtsgestaltung durch Urteil herbeizuführen.52 Mit Blick auf dieses ist die Mutter nun aber gerade keine „rechtsfremde“ Person. Von einer Prozessstandschaft liesse sich bei Ge­ staltungsklagen vielmehr nur dann sprechen, wenn man davon ausginge, dass der materielle Gestaltungsberechtigte die prozessuale Herbeiführung der Ge­ staltungswirkungen als solche einer Drittperson übertragen könnte. Eine solche Konstruktion, die zum Teil in der deutschen Lehre befürwortet wird,53 liesse sich nur dann bejahen, wenn man von der Zulässigkeit gewillkürter Prozess­ standschaften ausginge, was in der Schweiz, wie noch zu zeigen sein wird, ge­ rade nicht der Fall ist.54 Es kann demnach festgehalten werden, dass bei Gestal­ tungsklagen jeweils nur die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsver­ hältnisses als die richtigen Parteien angesehen werden können.

3. Die richtigen Parteien in Leistungs- und Feststellungsklagen a) Grundsatz: Die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses Anders als die Gestaltungsklagen dienen die Leistungs- und Feststellungskla­ gen dem Schutz bereits vorprozessual entstandener subjektiver Rechte. Die Fra­ ge, wer zur Sachentscheidung zuzulassen ist, lässt sich damit nicht wie bei den Gestaltungsklagen danach beantworten, wer mittels Urteil eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeiführen kann. Weiter lässt sich auch die Vorstel­ lung, wonach das Recht auf ein in der Sache günstiges Urteil bereits vorprozes­ sual einer bestimmten Person zugewiesen ist, heutzutage nicht mehr halten.55 Es muss daher nach einem anderen Bezugspunkt zur Bestimmung der richtigen Parteien Aussicht gehalten werden. Dass die Möglichkeit, als richtige Partei eine Sachentscheidung über einen bestimmten Streitgegenstand erwirken zu können, nicht irgend einer beliebigen Person zukommen kann, ist evident; der eigenständige Aktivlegitimation der Mutter, d. h. eine Klagebefugnis aus eigenem Recht an­ zunehmen.“ 52 S. Kass, S.  71. Ähnlich Henckel, S.  286 sowie auf diesen verweisend Oberhammer, S.  94. 53  Lakkis, S.  133 m. w. Nachw. 54  S. hinten 8.  K ap.   55  S. vorne 4.  K ap.  I II.

III. Eigener Lösungsansatz

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in der Lehre vorgetragenen Ansicht, wonach im Sinne einer „prozeßrechtli­ che[n] Konsequenz der Privatautonomie“56 davon auszugehen ist, dass grund­ sätzlich nur die vermeintlich materiellrechtlich berechtigten Personen zur Sachentscheidung zuzulassen sind, ist daher im Ergebnis ohne Weiteres zuzu­ stimmen. Es gilt jedoch zu untersuchen, ob sich dieses Ergebnis wissenschaft­ lich auch anderweitig als bloss mit dem Hinweis auf die Privatautonomie be­ gründen lässt und wann davon abgewichen werden kann. Im letzten Kapitel wurde ausgeführt, dass sich die mittels materieller Rechts­ kraft angestrebte Endgültigkeit des Rechtsschutzes in der Sache grundsätzlich nur dann erreichen lässt, wenn das Prozessrecht für jeden Streitgegenstand ­jeweils ausschliesslich zwei Personen bzw. Personenmehrheiten bestimmt, die, wenn sie zusammen als richtige Parteien in einem Prozess auftreten, eine Sachentscheidung erwirken können.57 Diese Verpflichtung ergibt sich als not­ wendiges Korrelat aus der subjektiven Begrenzung der materiellen Rechtskraft, wonach grundsätzlich nur die formellen Prozessparteien von den Rechtskraft­ wirkungen eines Urteils erfasst werden. Von dieser These ausgehend stellt sich die Frage nach den richtigen Parteien nicht nur dahingehend, welchen Personen die Möglichkeit zugestanden werden soll, eine Sachentscheidung herbeizufüh­ ren, sondern zeitgleich immer auch dahin, welche Personen grundsätzlich aus­ schliesslich von den Rechtskraftwirkungen eines Urteils erfasst werden sollen. Bei der Bestimmung der richtigen Parteien muss man sich mithin die Frage stellen, welche Personen von den Rechtskraftwirkungen eines Urteils erfasst werden müssen, damit der vom Zivilprozess als Ganzes angestrebte Zweck er­ reicht werden kann.58 Die Antwort sei vorweggenommen: Eine Verwirklichung bzw. Durchsetzung subjektiver Privatrechte und die damit angestrebte (Wie­ der-)Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden lässt sich grundsätz­ lich nur dann erreichen, wenn die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses von den Rechtskraftwirkungen erfasst werden, was – vorbehaltlich einer Rechtskrafterstreckung – voraussetzt, dass sie selbst als die richtigen Parteien am Verfahren teilnehmen. Die materielle Rechtskraft führt nach der heute wohl herrschenden prozessua­ len Rechtskrafttheorie selbst nicht zu einer Änderung der materielle Rechtslage; dies auch dann nicht, wenn das Urteil von einem objektiven Standpunkt aus als unrichtig, da mit der materiellen Rechtslage selbst nicht übereinstimmend, er­ scheint.59 Die Rechtskraft bindet danach vielmehr bloss die Gerichte im Hinblick Jauernig, S.  308 f. sowie vorne bereits 5.  Kap.  II. 2. S. vorne 5.  Kap.  III. 4. 58  Vgl. Kummer, Klagerecht, S.  138, wonach die Rechtskraft einzig mit ihrer Notwendig­ keit um der Rechtsverwirklichung willen zu begründen ist. 59  S. vorne bei und mit 5.  K ap.  Fn.  43. 56  57 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

auf ein späteres Verfahren an das im Urteil Entschiedene, und dies weiter jeweils nur in den Grenzen der Rechtskraft, d. h. subjektiv grundsätzlich nur im Verhält­ nis zu den im Prozess als Parteien auftretenden Personen. Subjektive Privatrech­ te werden durch die materielle Rechtskraft denn auch nicht im eigentlichen Wortsinne „verwirklicht“ bzw. „durchgesetzt“. Nichtsdestotrotz wird ein mate­ riell rechtskräftiges Urteil in der Rechtswirklichkeit im Grossteil der Fälle – auch in Anbetracht einer möglichen Vollstreckung – bereits selbst zum ge­ wünschten Ergebnis führen, vorausgesetzt die Subjekte des streitigen Rechts­ verhältnisses werden von der Rechtskraft des Urteils erfasst. Denn nur in diesem Fall wird das zwischen ihnen im Raum stehende, streitige Rechtsverhältnis auch und gerade zwischen ihnen autoritativ festgestellt. Diese autoritative Feststel­ lung gebietet es den Parteien, ihr Verhalten im Verhältnis untereinander am Entscheidungsinhalt auszurichten.60 Hier zeigt sich, dass die materielle Rechts­ kraft auch heute, d. h. unter der Vorherrschaft der prozessualen Rechtskraftthe­ orie eine materielle Komponente aufweist, indem sie den Parteien stets eine Verhaltensnorm aufgibt.61 Gegenüber anderen, von der Rechtskraft des Urteils nicht betroffenen Personen vermag das Urteil dagegen keinerlei Verpflichtung zur Verhaltensausrichtung bzw. -anpassung aufzugeben. Treten nicht die am behaupteten Rechtsverhältnis beteiligten Personen selbst als Parteien auf, so trifft diese – vorbehaltlich einer Rechtskrafterstreckung – keinerlei Verpflich­ tung, ihr Verhalten untereinander entsprechend dem im Urteil autoritativ Fest­ gestellten auszurichten. Ihnen steht es vielmehr frei, von dem autoritativ Festge­ stellten abzuweichen bzw. den rechtswidrigen Zustand weiter aufrechtzuerhal­ ten; dies umsomehr, als sie sich auch vor keiner Vollstreckung fürchten müssen, da die Vollstreckung eines Urteils grundsätzlich ebenfalls nur in den Grenzen der Rechtskraft möglich ist, d. h. eine Vollstreckung gegen eine Person, die selbst nicht am Erkenntnisverfahren teilgenommen hat, prinzipiell nicht möglich ist.62 Soll der vom Zivilprozess als Ganzes angestrebte Zweck erreicht werden, genügt es aber nicht, dass im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung bloss auf der Beklagtenseite die vermeintlich materiellrechtlich verpflichtete Person auftritt. Wird ein Urteil in der Sache abgewiesen, so muss gerade auch die vermeintlich materiellrechtlich berechtigte Person von den Rechtskraftwirkungen erfasst werden, damit der Zivilprozess seine streitbeilegende Funktion erfüllen kann. Bestimmt das Gesetz, dass eine rechtsfremde, d. h. eine selbst nicht am streitigen 60  So für das deutsche Recht: Leipold, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 4, §  322 N 34; Mant­ zouranis, S.  208; Koussoulis, S.  34 ff. In diesem Zusammenhang ist auch von der „materiellen Komponente“ bzw. „materiellen Seite“ der materiellen Rechtskraft die Rede: Roth, Rechts­ krafttheorien, S.  517; Mantzouranis, S.  208; Koussoulis, S.  34, 37 ff. 61  Mantzouranis, S.  208; Koussoulis, S.  37. 62  Huber, N 576.

III. Eigener Lösungsansatz

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Rechtsverhältnis beteiligte Person einen Prozess als Prozessstandschafterin füh­ ren kann bzw. zu führen hat, so muss das allenfalls ergehende Sachurteil daher stets auch den vermeintlichen Rechtsinhaber binden. Das Vorliegen einer Pro­ zessstandschaft hat mit anderen Worten stets mit einer Rechtskrafterstreckung auf den vermeintlichen Rechtsinhaber einherzugehen.63 Das soeben Ausgeführte beansprucht nicht nur für Leistungsklagen, sondern auch für Feststellungsklagen Gültigkeit, was es besonders hervorzuheben gilt. Wie bereits erwähnt gehen das Bundesgericht sowie die heute herrschende Leh­ re davon aus, dass das nach Art.  88 ZPO festzustellende Rechtsverhältnis nicht notwendig zwischen den Prozessparteien bestehen muss, sprich eine Feststel­ lungsklage über sog. Drittrechtsverhältnisse unter bestimmten Voraussetzun­ gen zulässig ist.64 Das Bundesgericht setzt für die Zulässigkeit ein Zweifaches voraus: Einerseits muss das Rechtsverhältnis unter den Prozessparteien vom Bestand des festzustellenden Drittverhältnisses abhängig sein, andererseits muss die begehrte Feststellung auch den Dritten binden.65 Zum letztgenannten Punkt führte das Bundesgericht in 4C.290/2001 aus, dass ein schutzwürdiges Interesse an einer Feststellung grundsätzlich nur gegeben ist, „soweit die Rechtskraft des Urteils reicht, da dieses lediglich insoweit verbindlich und ge­ eignet ist, der Gefährdung der Rechtsstellung des Feststellungsklägers entge­ genzutreten“.66 Im besagten Fall beantragte eine Verwertungsgesellschaft urhe­ berrechtlicher Vergütungsansprüche die Feststellung, wonach die Beklagte, eine Radio- und Fersehgesellschaft, für bestimmte Handlungen der Einwilli­ gung der ausübenden Künstler und des Tonträgerherstellers bedürfe.67 Die Klä­ gerin begründete ihr Feststellungsinteresse damit, dass die Höhe der ihr als Ver­ wertungsgesellschaft nach dem Urhebergesetz zustehenden Vergütung vom Bestand der Rechte Dritter abhängig sei.68 Dieses Vorbringen wurde nicht ge­ hört. Das Bundesgericht verneinte das Feststellungsinteresse mit dem Hinweis darauf, dass die angestrebte Feststellung keine verbindliche Rechtslage für die Klägerin zu schaffen vermöge, zumal ein entsprechendes Urteil, die am Verfah­ ren nicht beteiligten darbietenden Künstler und Tonträgerhersteller selbst nicht Im Ergebnis ebenso: Urteil des BGer 4C.138/2002 vom 22. Januar 2003 E. 2.3; Lötscher, N 332 ff.; Spühler/Dolge/Gehri, 7.  Kap.  N 215; Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, N 356; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 139; Zuber/Gross, BK ZPO I, Art.  79 N 11; von Werdt, Hand­ komm. BGG, Art.  61 N 12. A. A. Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 59 sowie Beinert, S.  37, der eine Rechtskrafterstreckung auf die Fälle der „kumulativen“ Pro­ zessstandschaften begrenzen will. 64  S. vorne bei und mit 6.  K ap.  Fn.  23. 65  S. vorne 6.  K ap.  Fn.  24 und 25. 66  Urteil des BGer 4C.290/2001 vom 8. November 2002 E. 1.3. 67  A. a. O., E. 1.1 und 1.3. 68  A. a. O., E. 1.3. 63 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

binden würde.69 Zum selben Ergebnis kam es auch in mehreren anderen Fäl­ len.70 Von dem Grundsatz, wonach ohne Rechtsbindung des Dritten kein Fest­ stellungsinteresse angenommen werden könne, nahm es indessen punktuell eine Ausnahme an, als es in BGE 137 III 293 eine Bindung des Dritten auch ohne Rechtskraftbindung desselben bloss aufgrund einer schuldrechtlichen Ver­ einbarung bejahte.71 Im besagten Fall ging es um die Zulässigkeit der Feststel­ lungsklage des Käufers eines Grundstücks gegen die im Grundbuch als Eigen­ tümer eingetragenen Vorkaufsberechtigten. Der Käufer beantragte beim Ge­ richt einerseits die Feststellung, dass die Vorkaufsberechtigten ihr Vorkaufsrecht nicht innert Frist rechtswirksam ausgeübt hatten und andererseits die Anwei­ sung an das Grundbuchamt, die bestehende Eintragung im Grundbuch zu be­ richtigen.72 Mit der Klageschrift reichte der Käufer eine öffentlich beurkundete Vereinbarung ein, worin die vorkaufsbelasteten Verkäufer ihn dazu ermächtig­ ten, den Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs selbstständig gerichtlich durchzusetzen.73 Das Bundesgericht erachtete die vom Käufer beantragte Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art.  975 ZGB als unzulässig, mit dem Argument, eine gewillkürte Prozessstandschaft sei in der Schweiz nicht zulässig.74 Die allgemeine Feststellungsklage erachtete es dagegen als zulässig, da aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Käufer und den Verkäufern davon auszugehen sei, dass die gerichtliche Feststellung den Verkäufern entgegen­ gehalten werden könne, zumal der Kläger gestützt auf die schuldrechtliche ­Vereinbarung auch dazu befugt war, im Namen der nicht prozessbeteiligten Verkäufer das Feststellungsurteil gegen die Beklagten beim Grundbuchamt zur Eintragung anzumelden.75 Die vom Bundesgericht vorgetragene Begründung hält einer näheren Unter­ suchung nicht stand. Zunächst war der Käufer im besagten Fall aufgrund der schuldrechtlichen Vereinbarung lediglich zum Handeln im eigenen Namen 69 

A. a. O., E. 1.3. Vgl. Urteil des BGer 4C.147/2004 vom 17. August 2004 E. 2 sowie Markus, BK ZPO I, Art.  88 N 33 m. w. Nachw. 71  Vgl. mit Blick auf die in Deutschland ergangene Rechtsprechung Michaelis, S.  460: „Es wird also auch von der Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen, daß das erklärte Ziel des Feststellungsprozesses, eine vorhandene Ungewißheit durch eine rechtkräftige Entscheidung zu beseitigen, ohne Zuziehung des Drittbeteiligten nicht zu erreichen ist […]. Es wird nur in einzelnen Urteilen angenommen, daß die fehlende Bindung ersetzt werden könne durch die Erwartung, der Dritte werde das Urteil freiwillig anerkennen“ [Hervorhebungen im Origi­ nal]. 72  BGE 137 III 293, 294. 73  A. a. O., S.  294 f. 74  A. a. O., E. 3.2. 75  A. a. O., E. 4.3. 70 

III. Eigener Lösungsansatz

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e­rmächtigt worden, womit er zur Anmeldung des Feststellungsurteils beim Grund­buchamt im Namen der Verkäufer, d. h. im fremden Namen gerade nicht berechtigt war.76 Aber auch bei Annahme einer Vertretungsbefugnis wäre eine Bindung der prozessaussenstehenden Verkäufer in causa zu verneinen gewe­ sen. Wie Jacobs für das deutsche Recht bereits zutreffend hervorgehoben hat, lässt sich die mittels Feststellungsklage angestrebte Beseitigung von Rechtsun­ gewissheit nicht bloss mittels einer schuldrechtlichen Vereinbarung erreichen.77 Auch wenn ein Dritter schuldrechtlich dazu verpflichtet ist, die vom Gericht ausgesprochene Feststellung zu beachten, ist er prozessual gesehen dadurch nicht gehindert, seinerseits erneut eine Feststellungsklage über denselben Streit­ gegenstand zu erheben.78 Wäre im besagten Fall die Feststellungsklage des Käufers in der Sache abgewiesen worden, so hätten die Verkäufer denn auch selbst eine Feststellungsklage gegen die Vorkaufsberechtigten anstrengen kön­ nen. Das Gericht hätte in der Folge nochmals in derselben Sache entscheiden müssen; die von dem Käufer im Erstprozess erwirkte Feststellung hätte damit ihren Zweck verfehlt, da sie gerade nicht zu einer Beseitigung der Ungewissheit hinsichtlich des streitigen Rechtsverhältnisses geführt hätte. Auf die Feststel­ lungsklage des Käufers hätte im besagten Fall daher mangels Rechtskraftbin­ dung des Dritten nicht eingetreten werden dürfen.79 Bisweilen wird in der Lehre mit Blick auf die Feststellungsklage über Dritt­ rechtsverhältnisse die Ansicht vertreten, eine Bindung des Dritten liesse sich dadurch bewerkstelligen, dass dieser jeweils als einfacher Streitgenosse mit­ verklagt werde.80 Diese Ansicht übersieht, dass ein Entscheid im Falle einer einfachen Streitgenossenschaft nach Art.  71 ZPO keine Rechtskraft im Verhält­ nis der Streitgenossen untereinander entfaltet.81 Die mittels Feststellungsklage angestrebte Beseitigung der Ungewissheit hinsichtlich des streitigen Rechts­ verhältnisses lässt sich nun aber nur dann erreichen, wenn die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses im Verhältnis untereinander von der Rechtskraft erfasst werden. Eine Bindung des Dritten lässt sich daher auch durch die Einklagung desselben als einfachen Streitgenossen nicht bewerkstelligen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts ist folglich dahingehend zu präzisie­ ren, dass eine Feststellungsklage über ein Drittrechtsverhältnis nicht nur grund­ sätzlich, sondern immer nur dann zuzulassen ist, wenn sie Hand in Hand mit 76 Dies zutreffend hervorhebend: Schmid/Rüegg, BR 2011, S.  197; Hürlimann-Kaup, ZBJV 149 (2013), S.  339. 77  Jacobs, S.  385. 78  A. a. O., S.  385. 79  I.E. ebenso: Schmid/Rüegg, BR 2011, S.  197; Hürlimann-Kaup, ZBJV 149 (2013), S.  339 f. 80  Krenger, S.  134; Rüegg, N 1017; Hürlimann-Kaup, ZBJV 149 (2013), S.  339 f. 81  Domej, KUKO ZPO, Art.  71 N 1.

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

einer Rechtskrafterstreckung auf die vermeintlichen Rechtsinhaber erfolgt.82 Nur wenn diese von den Rechtskraftwirkungen miterfasst werden, vermag das Feststellungsurteil Rechtsgewissheit über die zur Feststellung vorgelegte Rechtsbeziehung herzustellen, da nur dann die daran beteiligten Personen auch daran gehalten sind, ihr Verhalten am Urteilsspruch auszurichten.83 Wo eine Rechtskrafterstreckung aus Gründen des rechtlichen Gehörs nicht statthaft er­ scheint, ist nicht einfach von dieser abzusehen, sondern die Feststellungsklage über das Drittrechtsverhältnis als Ganzes nicht zuzulassen.84 Abschliessend sei noch angemerkt, dass dem praktischen Bedürfnis nach ei­ ner Feststellungsklage über Drittrechtsverhältnisse in den meisten Fällen ohne­ hin auch anderweitig begegnet werden kann. Wo nämlich die Rechtsbeziehung zwischen den Prozessparteien von einem Rechtsverhältnis zwischen Dritten bzw. einer Partei und einem Dritten abhängt, wird zumeist auch die Möglichkeit bestehen, eine Feststellungsklage über das unmittelbar zwischen den Prozess­ parteien bestehende Rechtsverhältnis anzustrengen.85 Streitgegenstand bildet dann die zwischen den Parteien unmittelbar bestehende Rechtsbeziehung; die Beziehung zum Dritten tritt, wenn überhaupt, nur als Präjudizialpunkt auf und wird auch nicht von der Rechtskraft eines allenfalls ergehenden Sachurteils er­ fasst.86 So geht die heutige Lehre denn auch mehrheitlich davon aus, dass im Falle eines Forderungsprätendentenstreits kein Drittrechtsverhältnis beurteilt wird.87 Vielmehr geht es hier um die Klärung eigener, miteinander kollidieren­ 82  Die Frage, inwieweit eine Feststellungsklage über ein Drittverhältnis auch ohne Rechts­ krafterstreckung auf den eigentlichen Rechträger für zulässig erachtet werden soll, ist auch in der deutschen Lehre umstritten. Wie hier: Jacobs, S.  303 ff., 362 ff.; Becker-Eberhard, MüKo ZPO §  256 Rndr. 34; Schumann, S.  469; Häsemeyer, ZZP 101 (1988), S.  396 f.; Micha­ elis, S.  460. A. A. Ch. Berger, S.  164; Roth, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 3 §  256 N 34. 83  Schumann, S.  469; Jacobs, S.  310, demzufolge „das Feststellungsurteil über ein Dritt­ rechtsverhältnis nicht mehr als eine bloß abstrakte Rechtsprognose ohne verbindliche Wir­ kung“ darstellt. Vgl. weiter Kummer, ZBJV 105 (1969), S.  74 der eine Feststellungsklage über Drittverhältnisse generell für unzulässig erachtete und stattdessen forderte, dass die Rechts­ beziehung immer unmittelbar zwischen den Prozessparteien bestehen müsse, dies nicht nur „dogmatischer Schönheit willen“, sondern weil „eine Rechtsbeziehung autoritativer Klärung durch Urteil nur zugeführt werden kann, wenn alle daran Beteiligten von der Rechtskraft erfasst werden“. Ähnlich auch Bodmer, S.  72 ff. 84  So allgemein für die Prozessstandschaft: Lötscher, N 341. 85  Vgl. Roth, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 3, §  256 N 33, wonach in solchen Fällen die Zulässigkeit der Feststellungsklage ohnehin unproblematisch ist, weil sie den allgemeinen Grundsätzen gehorcht. 86  Kummer, ZBJV 105 (1969), S.  72. 87  Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  14 N 24; Markus, BK ZPO I, Art.  88 N 33; Bodmer, S.  71 f.; F. Weber, N 49 m. w. Nachw. Aus der deutschen Lehre s. G. Lüke, Feststellung, S.  573 sowie Jacobs, S.  389 ff.

III. Eigener Lösungsansatz

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der Rechte der Forderungsprätendenten.88 Hat bspw. der Schuldner nicht hinter­ legt, ist der Bestand der Forderung aber an sich unbestritten, so erscheint als das streitige Rechtsverhältnis der Unterlassungsanspruch des klagenden Forde­ rungsprätendenten gerichtet gegenüber dem beklagten Forderungsprätenden­ ten, d. h. ein unmittelbar zwischen den Prozessparteien zu beurteilendes Rechts­ verhältnis.89 b) Prozessstandschaft Lehre und Rechtsprechung gehen heute davon aus, dass in bestimmten Fällen statt oder neben den Subjekten des streitigen Rechtsverhältnisses auch rechts­ fremde Dritte eine Sachentscheidung über das streitige Rechtsverhältnis als Prozessstandschafter erwirken können. Eine Prozessstandschaft wird hierzu­ lande von der Voraussetzung einer einschlägigen gesetzlichen Regelung abhän­ gig gemacht, die eine Prozessstandschaft anordnet.90 Gewillkürte Prozessstand­ schaften, d. h. privatautonom vereinbarte Prozessstandschaften werden dagegen als unzulässig angesehen.91 Auf die Frage, inwieweit an dem Dogma der Unzu­ lässigkeit gewillkürter Prozessstandschaften auch inskünftig festzuhalten ist, wird am Ende dieser Arbeit nochmals eingegangen.92 Mit Blick auf das von Lehre und Rechtsprechung geforderte Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage gilt es zu beachten, dass das Gesetz nur in den wenigsten Fällen explizit eine Prozessstandschaft anordnet.93 In der Mehrzahl der heute anerkannten Fälle der Prozessstandschaft kann die gesetzliche Entscheidung für eine Prozessstand­ schaft nur mittels Auslegung der gesetzlichen Norm entnommen werden. Wo überall eine Prozessstandschaft anzunehmen ist, ist dabei alles andere als ab­ schliessend geklärt.94 Wie bereits erwähnt, hat die Annahme einer Prozessstandschaft immer Hand in Hand mit einer Erstreckung der Rechtskraft auf den prozessaussenstehenden vermeintlichen Rechtsinhaber zu erfolgen, da sich sonst der mittels Zivilprozess S. statt aller G. Lüke, Feststellung, S.  573 ff. G. Lüke, Feststellung, S.  574 f. I.E. ebenso: Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  14 N 24; Markus, BK ZPO I, Art.  88 N 33; Bodmer, S.  71; F. Weber, N 49 m. w. Nachw. 90  Lötscher, N 2; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 26; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 21 m. w. Nachw. 91  S. hinten 8.  K ap.  I. 92  S. hinten 8.  K ap.  I I. 93  Dies zutreffend hervorhebend Lötscher, N 1249. 94  So ist etwa höchst umstritten, ob im Falle einer Veräusserung des Streitobjekts nach Art.  83 ZPO eine Prozessstandschaft anzunehmen ist, wenn der Erwerber darauf verzichtet, in den Prozess einzutreten, vgl. Domej KUKO ZPO, Art.  83 N 10 m. w. Nachw. Für eine Übersicht über die Fälle, in denen heute im schweizerischen Recht eine Prozessstandschaft angenommen oder zumindest diskutiert wird, s. Lötscher, N 1226. 88  89 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

angestrebte Zweck der Verwirklichung und Durchsetzung subjektiver Privat­ rechte nicht erreichen lässt. Eine Rechtskrafterstreckung auf den prozessaussen­ stehenden vermeintlichen Rechtsinhaber stellt für diesen aber immer einen Ein­ griff in seinen konventions- und verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör dar.95 Vor diesem Hintergrund kann eine Prozessstandschaft nur dann angenommen werden, wenn die mit ihr einhergehende Rechtskrafter­ streckung auf den prozessaussenstehenden vermeintlichen Rechtsinhaber den Anforderungen an eine Einschränkung von Art.  6 Abs.  1 EMRK und Art.  29 Abs.  2 BV genügt.96 Das Festhalten an dem Erfordernis einer gesetzlichen Re­ gelung für die Annahme einer Prozessstandschaft erscheint damit mit Blick auf Art.  36 Abs.  1 BV begründet, aus sich selbst heraus jedoch noch nicht genügend. Es muss im Einzelfall vielmehr jeweils noch geprüft werden, ob die übrigen Voraussetzungen für eine Einschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erfüllt sind, namentlich ob es verhältnismässig erscheint, eine andere Person statt des vermeintlichen Rechtsinhabers als richtige Partei zuzulassen.97 Wie weiter hinten im Zusammenhang mit der Frage der Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft nochmals zu erörtern sein wird, gehen einige Bestimmungen in der ZPO, trotz der grundsätzlichen Geltung des formellen Parteibegriffs, davon aus, dass als die Parteien eines Prozesses die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses auftreten.98 Lässt man nun eine rechtsfremde Per­ son als Partei zu, so kann dies unvorteilhafte Folgen für die Gegenpartei nach sich ziehen, die sich nur zum Teil dadurch beseitigen lassen, indem die besagten Normen teleologisch praeter bzw. contra verba legis ausgelegt werden, weshalb eine Prozessstandschaft auch von diesem Standpunkt aus betrachtet nur zurück­ haltend angenommen werden sollte.99 Die heute anerkannten Fälle der Prozessstandschaft lassen sich nicht als Er­ scheinungsformen eines abgeschlossenen, streng axiomatischen Systems den­ ken. Auf die Frage, wann jeweils von einer Prozessstandschaft auszugehen ist, lässt sich aufgrund der Verschiedenheit der Fälle der Prozessstandschaft denn auch keine Lehrformel als Antwort abgeben. Die heute anerkannten Fälle der Prozessstandschaft lassen sich vielmehr nur aufgrund bestimmter Gemeinsam­ keiten einer Grobkategorisierung zuführen. So korrelieren die Fälle der Prozess­ So auch Lötscher, N 1239 ff. Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 55, 60. 97  Zu weit geht die von Lötscher, N 1242 vertretene Ansicht, wonach eine Rechtskraft­ erstreckung (nur) dann als gerechtferitgt angesehen werden kann, wenn der „Rechtsträger entweder auf die Beteiligung am Verfahren verzichtet hat, oder wenn er die Prozessstand­ schaft bewusst herbeigeführt hat.“ 98  S. hinten 8.  K ap.  I I. 99  So auch Lötscher, N 1236 ff., insb. 1238. 95 

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III. Eigener Lösungsansatz

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standschaft in der Regel mit einem Entzug der Verfügungsbefugnis des Rechtsin­ habers, wobei dem Rechtsinhaber in diesen Fällen die Verfügungsbefugnis nicht nur mit Blick auf einzelne Gegenstände, sondern hinsichtlich einer ganzen Ver­ mögensmasse entzogen ist. So hat mit Blick auf ein zum unverteilten und unter Willensvollstreckung gestellten Nachlass gehörendes Recht gemäss herrschen­ der Lehre und Rechtsprechung der Willensvollstrecker als Prozessstandschafter zu klagen bzw. verklagt zu werden.100 Dann gibt es Fälle, in denen die Annahme einer Prozessstandschaft vordergründig nicht mit der Verfügungsbefugnis, son­ dern vielmehr mit einem Verwaltungsrecht einherzugehen scheint. Die Inhaber der elterlichen Sorge machen so gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Rechte ihrer minderjährigen Kinder als Prozessstandschafter geltend.101 Schliesslich gibt es auch Fälle, in denen dem vermeintlichen Rechtsinhaber weder Verfügungsbefugnis noch Verwaltungs­ recht hinsichtlich des geltend gemachten Rechts bzw. Rechtsverhältnisses entzo­ gen ist, er aber dennoch nicht als die richtige Partei angesehen wird. In der Lehre wird so etwa die Annahme einer Prozessstandschaft im Zusammenhang mit der Regelung von Art.  83 Abs.  1 ZPO diskutiert.102 Kommt es im Verlaufe eines Pro­ zesses zu einer Veräusserung des Streitobjekts und tritt der Erwerber selbst nicht in den Prozess ein, so soll der Veräusserer den Prozess, dieser Ansicht folgend, für ihn als Prozessstandschafter zu Ende führen können.103

4. Die richtigen Parteien bei gemeinschaftlicher Berechtigung bzw. Verpflichtung mehrerer Personen Die voranstehenden Erörterungen erfolgten mit Blick auf diejenigen Fälle, an denen am streitigen Rechtsverhältnis nur zwei Personen beteiligt sind. Das ma­ terielle Recht kennt nun aber selbstredend auch Rechte bzw. Rechtsverhältnisse, an denen eine Mehrheit von Personen gemeinschaftlich berechtigt bzw. ver­ pflichtet ist. Mit Bezug auf die gerichtliche Geltendmachung solcher Rechte bzw. Rechtsverhältnisse stellt sich gleichfalls die Frage, wer als die richtigen Parteien zur Sachentscheidung zuzulassen sind. Die ZPO enthält hierzu eine 100  BGE 129 V 113 E. 4.2; Urteil des BGer 6B_582/2014 vom 7. Januar 2015 E. 2.1.3; Pichler, S.  199 ff.; Lötscher, N 1005 ff. m. w. Nachw. 101  BGE 142 III 78 E. 3.2 m. w. Nachw. 102  S. statt aller Domej, KUKO ZPO, Art.  83 N 10 m. w. Nachw. 103  Vgl. Botschaft ZPO, S.  7286: „Die veräussernde Partei kann den Prozess als sog. Pro­ zessstandschafterin weiterführen, denn nach anerkannten Grundsätzen behält sie ihr Pro­ zessführungsrecht.“ Dieser Befund stellt, wie Domej, S.  119 zutreffend hervorhebt, eine ein­ gigermassen gewagte Aussage dar, zumal unter den kantonalen Zivilprozessordnungen gera­ de kein Konsens über die prozessualen Folgen einer Veräusserung des Streitobjekts bestand.

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

Bestimmung in Art.  70. Danach bilden mehrere Personen eine notwendige Streitgenossenschaft, wenn sie an einem Rechtsverhältnis beteiligt sind, über das nur mit Wirkung für alle entschieden werden kann. Als Folge hieraus statu­ iert die ZPO, dass sie gemeinsam klagen bzw. beklagt werden müssen. Die notwendige Streitgenossenschaft wird von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung als ein prozessrechtliches Institut begriffen, das seine Begrün­ dung im materiellen Recht findet. Das materielle Recht bestimme, in welchen Fällen eine gemeinsame Prozessführung notwendig werde.104 Wird im Falle ei­ ner notwendigen Streitgenossenschaft die Klage nicht von bzw. gegen alle not­ wendigen Streitgenossen erhoben, so ist die Klage gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung wegen mangelnder Aktiv- bzw. Passivlegitimation in der Sache abzuweisen.105 Dem einzelnen Streitgenossen fehle es in einem solchen Fall „an der Rechtszuständigkeit über den eingeklagten Anspruch alleine einen Prozess führen zu können“.106 Eine Mindermeinung spricht sich gegen die Ab­ weisung der Klage aufgrund mangelnder Sachlegitimation aus und befürwortet stattdessen ein Nichteintreten aufgrund mangelnder Prozessführungsbefug­ nis.107 Eine Sachabweisung aufgrund mangelnder Sachlegitimation soll nur dann erfolgen, wenn der einzelne Streitgenosse behauptet, selbst alleiniger Trä­ ger des geltend gemachten Rechts zu sein.108 Die praktische Relevanz dieses Lehrstreites wird dadurch gemindert, dass die Rechtskraft des sachabweisen­ den Urteils einer erneuten Klage aller notwendigen Streitgenossen mangels per­ soneller Identität nicht entgegensteht.109 Der letztgenannten Ansicht, wonach im Falle des Fehlens eines notwendigen Streitgenossens auf die Klage mangels Prozessführungsbefugnis nicht einzutre­ ten ist, ist zuzustimmen. Der Sachlegitimation kommt heutzutage wie gesehen keinerlei prozessuale Bedeutung zu.110 Der Begriff der Sachlegitimation kenn­ 104  BGE 138 III 737 E. 2, 4.1; BGE 140 III 598 E. 3.2; Botschaft ZPO, S.  7280, Staehelin/ Schweizer, ZPO-Komm., Art.  70 N 17, 39; Ruggle, BSK ZPO, Art.  70 N 1, 4 m. w. Nachw.; Gross/Zuber, BK ZPO I, Art.  70 N 7 m. w. Nachw. Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 217; Leuenberg/Uffer-Tobler, N 3.30; von Holzen, S.  75. S. dagegen auch Schwander, ZZZ 2007, S.  356, wonach es letztlich „prozessrechtliche Motive sind, die ein Gericht dazu bewegen, eine notwendige Streitgenossenschaft zu bejahen oder zu verneinen“ [Hervorhebung im Original]. 105  BGE 138 III 737 E. 2; BGE 140 III 598 E. 3.2; Botschaft ZPO, S.  7280; Staehelin/ Schweizer, ZPO-Komm., Art.  70 N 56 m. w. Nachw.; Ruggle, BSK ZPO Art.  70 N 23 m. w. Nachw.; Gross/Zuber, BK ZPO I, Art.  70 N 33; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 217; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 45; Willisegger, S.  98; von Holzen, S.  78. 106  von Holzen, S.  78. 107  Habscheid, Zivilprozessrecht, N 281; Edelmann, S.  80 f.; Bohnet, Comm. CPC, Art.  59 N 100; Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 10. 108  Edelmann, S.  81; Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 10. 109  von Holzen, S.  79; Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 10. 110  S. vorne 2.  K ap.  I II.

III. Eigener Lösungsansatz

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zeichnet nicht mehr die Akteure des Zivilprozesses, sondern gibt heutzutage nur noch darüber Auskunft, wem das streitige Recht bzw. Rechtsverhältnis zusteht. Trägt der einzelne Streitgenosse offen vor, das streitige Recht bzw. Rechtsver­ hältnis stehe nicht nur ihm, sondern einer Mehrheit von Personen gemeinsam zu, so kann die Klage folglich auch nicht mangels Sachlegitimation abgewiesen werden. Dem einzelnen Streitgenossen gebricht es in einem solchen Fall viel­ mehr aufgrund von Art.  70 ZPO an der Berechtigung, das streitige Recht bzw. Rechtsverhältnis klageweise geltend zu machen. Das Rechtsinstitut der notwen­ digen Streitgenossenschaft erweist sich damit als eine Sonderregelung der pro­ zessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien. Die herrschende Lehre geht davon aus, dass sich die Notwendigkeit der ge­ meinsamen Prozessführung unmittelbar aus dem materiellen Recht ergibt.111 Dies ist nach der hier vertretenen Ansicht nur bei Gestaltungsklagen der Fall. Wie bereits erwähnt sind die mit Eintritt der formellen Rechtskraft eines Gestal­ tungsurteils eintretenden Gestaltungswirkungen rein materiellrechtlicher Na­ tur. Wer diese als klagende Partei gegen wen als beklagte Partei hervorrufen kann, bestimmt sich ausschliesslich nach dem materiellen Recht.112 Das materi­ elle Recht sieht nun grundsätzlich vor, dass die Subjekte des zu gestaltenden Rechtsverhältnisses selbst als Parteien am Prozess teilnehmen müssen, damit es zum Eintritt der Gestaltungswirkungen kommen kann.113 Nicht anders verhält es sich, wenn an dem zu gestaltenden Rechtsverhältnis mehr als bloss zwei Per­ sonen beteiligt sind. Klagt bspw. ein Gesellschafter nach Art.  545 Abs.  1 Ziff.  7 OR auf Auflösung der einfachen Gesellschaft, so hat er die Klage gegen alle übrigen Mitgesellschafter als beklagte Parteien zu richten. Richtet ein Gesell­ schafter die Auflösungsklage nur gegen einen Teil der Mitgesellschafter, so hät­ te das Gericht die Klage folglich spätestens mangels Vorliegens der Gestal­ tungsvoraussetzungen in der Sache abzuweisen.114 Ein derartiges Sachurteil würde allerdings nicht zu einer endgültigen Beurteilung des Streitgegenstandes führen, zumal die Ausschlusswirkungen des abweisenden Urteils einer erneu­ ten Auflösungsklage desselben Gesellschafters, gerichtet gegen alle übrigen Ge­ sellschafter, mangels personeller Identität nicht entgegenstehen würde. Zwecks Funktionserhaltung der materiellen Rechtskraft hat ein Gericht auf eine Auflö­ sungsklage eines Gesellschafters, die nicht gegen alle übrigen Gesellschafter als notwendige Streitgenossen erhoben wird, folglich gar nicht erst einzutreten. Bei Leistungs- und Feststellungsklagen ergibt sich die Notwendigkeit einer Streitgenossenschaft dagegen nicht unmittelbar aus dem materiellen Recht, da 111 

S. vorne 6.  Kap.  Fn.  104. S. vorne 4.  Kap.  I V. 113  S. vorne 6.  K ap.  I II. 2. 114  Sogo, Gestaltungsklagen, S.  455. 112 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

dieses wie gesehen selbst kein Recht auf richterliche Beurteilung bzw. auf güns­ tige richterliche Beurteilung vermittelt.115 Sie gründet vielmehr in dem Um­ stand, dass über ein Rechtsverhältnis, an dem mehrere Personen gemeinschaft­ lich berechtigt bzw. verpflichtet sind, jeweils „mit Wirkung für alle“ (Art.  70 Abs.  1 ZPO) entschieden werden muss. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung wird in der Lehre mit dem Argument begründet, widersprüchliche Urteile könnten zu einer Unmöglichkeit der Vollstreckung führen.116 Eine ein­ heitliche Entscheidung ist bei gemeinschaftlicher Berechtigung bzw. Verpflich­ tung mehrerer Personen indessen nicht nur mit Blick auf eine allfällige Vollstre­ ckung notwendig, sondern ergibt sich nach der hier vertretenen Ansicht bereits aus dem oben ausgeführten Grundsatz, wonach ein Urteil nur dann den mittels Zivilprozess als Ganzes angestrebten Zweck der Verwirklichung und Durch­ setzung subjektiver Privatrechte zu erreichen vermag, wenn gerade die Subjek­ te des streitigen Rechtsverhältnisses von der autoritativen Feststellung gebunden werden.117 Steht das streitige Rechtsverhältnis aktiv- und/oder passivseitig einer Mehrheit von Personen gemeinschaftlich zu, so müssen sie demnach auch alle von der Rechtskraft miterfasst werden, was vorbehaltlich einer Rechtskrafter­ streckung voraussetzt, dass sie alle als formelle Parteien am Prozess teilnehmen. Die Frage, wann von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen ist, d. h. wann eine Mehrheit von Personen gemeinsam aktiv- bzw. passivseitig als die richtigen Parteien anzusehen sind, ergibt sich damit auch hier bloss mittelbar aus dem materiellen Recht. Bei Aktivprozessen ist dies namentlich dort der Fall, wo eine nicht parteifähige Gemeinschaft zur gesamten Hand vorliegt,118 bspw. im Falle einer einfachen Gesellschaft.119 Ein der einfachen Gesellschaft zuste­ hendes Recht müssen alle Gesellschafter gemeinsam als notwendige Streitge­ nossen geltend machen.120 Passivseitig gilt es zu beachten, dass der Gesetzgeber bei den Gemeinschaften zur gemeinsamen Hand mit Blick auf obligatorische Verhältnisse grossmehrheitlich vom Gesamthandprinzip abgewichen ist und eine Solidarhaftung vorgesehen hat, mit der Folge, dass ein Gläubiger hier jeden Gesamthänder einzeln belangen kann.121 In solchen Fällen müssen die Gesamt­ 115 

S. vorne 4.  Kap.  V. von Holzen, S.  71 f. m. w. Nachw. 117  S. vorne 6.  K ap.  I II. 3.a. 118  Kollektiv- und Kommanditgesellschaften gelten dagegen von Bundesrechts wegen als parteifähig (Art.  66 ZPO i. V. m. Art.  562 OR bzw. Art.  602 OR). 119  BGE 140 III 598 E. 3.2; Staehelin/Schweizer, ZPO-Komm., Art.  70 N 41; Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 3; Ruggle, BSK ZPO, Art.  70 N 6; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 221; Leuenberg/Uffer-Tobler, N 3.37. 120  BGE 137 III 344 E. 3.5. 121  Caroni, ZBJV 103 (1967), S.  311; Bucher, S.  501; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 222; Leuenberg/Uffer-Tobler, N 3.37. 116 

IV. Zwischenergebnis

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händer denn auch nicht als notwendige Streitgenossen auftreten.122 Anders ver­ hält es sich im sachenrechtlichen Verhältnis. Ein ding­licher Anspruch richtet sich stets gegen alle Gesamthänder, sodass hier auch passivseitig eine notwendi­ ge Streitgenossenschaft zu bilden ist.123 So muss bspw. eine Klage auf Gewäh­ rung eines Notwegrechts stets gegen alle Gesamthänder als Gesamteigentümer gerichtet werden,124 andernfalls ist auf die Klage nicht einzutreten.

IV. Zwischenergebnis Bei der Bestimmung der richtigen Parteien muss zwischen den Gestaltungs­ klagen sowie den Leistungs- und Feststellungsklagen unterschieden werden. Bei den Gestaltungsklagen lässt sich die Frage nach den richtigen Parteien anhand der materiellen Gestaltungsvoraussetzungen beantworten. Ein Kläger, der behauptet, materiellrechtlich berechtigt zu sein in einem Verfahren gegen eine bestimmte Person als beklagte Partei die rein materiellrechtlichen Gestal­ tungswirkungen hervorrufen zu können, muss Zugang zu einer Sachentschei­ dung erhalten. Als die richtigen Parteien können mithin nur die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses angesehen werden. Eine Prozess­ standschaft kommt bei Gestaltungsklagen nicht in Frage. Treten nicht die ver­ meintlich gestaltungsberechtigten Personen selbst als Parteien auf, so kann ­bereits aufgrund des materiellen Rechts in der Sache kein günstiges Urteil erge­ hen. Das Prozessrecht hat zwecks Funktionserhaltung der materiellen Rechts­ kraft dafür zu sorgen, dass solche Parteien bereits von der Möglichkeit abge­ schnitten werden, eine negative Sachentscheidung zu erwirken. Anders als die Gestaltungsklagen dienen die Leistungs- und Feststellungs­ klagen dem Schutz bereits vorprozessual entstandener subjektiver Privatrechte. Die Frage, wer als die richtigen Parteien zur Sachentscheidung zuzulassen sind, lässt sich folglich hier nicht danach beantworten, wer durch ein Urteil materiell­ rechtlich eine Rechtsänderung hervorrufen kann. Es muss folglich nach einem anderen Bezugspunkt zur Bestimmung der richtigen Parteien gesucht werden. Vor dem Hintergrund der subjektiven Begrenzung der Rechtskraft auf die for­ mellen Prozessparteien ergibt sich, dass grundsätzlich die Subjekte des dem Streitgegenstand zugrunde liegenden, streitigen Rechtsverhältnisses als die richtigen Parteien anzusehen sind. Nur wenn sie von der Rechtskraft des Urteils Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 3; Gross/Zuber, BK ZPO I, Art.  70 N 16; Staehelin/ Staehelin/Grolimund, §  13 N 41; Leuenberg/Uffer-Tobler, N 3.37. 123  Domej, KUKO ZPO, Art.  70 N 3; Gross/Zuber, BK ZPO I, Art.  70 N 16; Leuenberger/ Uffer-Tobler, N 3.37. 124  Staehelin/Schweizer, ZPO-Komm., Art.  70 N 41. 122 

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6. Kapitel:  Die richtigen Parteien

erfasst werden, wird das zwischen ihnen im Raum stehende streitige Rechtsver­ hältnis gerade auch unter ihnen autoritativ festgestellt; nur dann lässt sich der dem Zivilprozess als Ganzes zugrunde liegende Zweck der Verwirklichung und Durchsetzung subjektiver Privatrechte und die damit angestrebte (Wieder-)Her­ stellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden erreichen. Daran wird die oft­ mals beschworene, dienende Funktion des Zivilprozesses125 gegenüber dem materiellen Recht ersichtlich. Ersterer besteht nicht um seiner selbst willen, son­ dern soll dem materiellen Recht zum Durchbruch verhelfen.126 Dazu ist es aber nötig, dass die am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Personen auch von der Rechtskraft des Urteils gebunden werden, was grundsätzlich voraussetzt, dass sie als formelle Parteien am Prozess teilnehmen. Die Annahme einer Prozess­ standschaft muss dagegen vor dem Hintergrund der mit ihr notwendig einher­ gehenden Rechtskrafterstreckung auf den prozessaussenstehenden, vermeintli­ chen Rechtsinhaber stets den Anforderungen an eine Einschränkung von Art.  6 Abs.  1 EMRK und Art.  29 Abs.  2 BV genügen.127 Das soeben Ausgeführte gilt gleichermassen für den Fall, dass an einem Recht bzw. Rechtsverhältnis mehrere Personen gemeinschaftlich berechtigt bzw. verpflichtet sind. Die in Art.  70 ZPO enthaltene Regelung der notwendigen Streitgenossenschaft hat sich so auch als eine Sonderregelung der prozessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung den richtigen Parteien erwiesen. Bei den Gestaltungsklagen kann zur Bestimmung der richtigen Parteien wiederum auf die Gestaltungswirkungen abgestellt werden. Damit diese eintreten, müssen grundsätzlich alle Subjekte des zu gestaltenden Rechtsverhältnisses am Verfah­ ren als Parteien teilnehmen. Wo eine Mehrheit von Personen gemeinschaftlich an dem zu gestaltenden Rechtsverhältnis beteiligt ist, müssen daher alle ge­ meinsam als notwendige Streitgenossen im Prozess auftreten. Bei den Leis­ tungs- und Feststellungsklagen ergibt sich die Notwendigkeit einer Streitgenos­ senschaft dagegen nicht unmittelbar aus dem materiellen Recht, sondern folgt auch hier dem Umstand, dass der, dem Zivilprozess als Ganzes zugrunde lie­ gende Zweck der Verwirklichung und Durchsetzung subjektiver Privatrechte nur dann erreicht werden kann, wenn sämtliche am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Personen von der Rechtskraft des Urteils erfasst werden, was, abge­ sehen von einer Rechtskrafterstreckung, nur dann der Fall ist, wenn sie alle zusammen als formelle Parteien im Prozess teilnehmen.

125  Botschaft ZPO, S.  7230; BGE 139 III 457 E. 4.4.3.3; Willisegger, S.  50; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 30; Liedtke, S.  41 m. w. Nachw. 126  BGE 139 III 457 E. 4.4.3.3. 127  Naegeli/Mayhall/Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  236 N 55, 60.

7. Kapitel

Prozessuale Behandlung I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien 1. Funktionaler Zusammenhang mit der Erhaltung der Ordnungsaufgabe der materiellen Rechtskraft Die materielle Rechtskraft strebt, wie bereits erwähnt, die Einmaligkeit des Rechtsschutzes in der Sache an.1 Art.  59 Abs.  2 lit.  e ZPO hält denn auch fest, dass das Fehlen einer rechtskräftigen Entscheidung eine negative Prozessvoraus­ setzung darstellt. Damit soll verhindert werden, dass über denselben Streitgegen­ stand eine erneute Sachentscheidung ergehen kann. Nicht verhindern lässt sich, dass über denselben Streitgegenstand unter Umständen erneut ein Prozess ge­ führt wird, mit der Folge, dass eine Prozessentscheidung zu ergehen hat.2 Dies gründet darin, dass die Begründung der Rechtshängigkeit, verstanden als „Zeit­ spanne, während der ein Rechtsschutzgesuch einer Instanz zwecks rechtskonfor­ mer Erledigung unterbreitet ist und deshalb behandlungsbedürftig und -pflichtig ist“,3 gerade nicht vom Vorliegen der Prozessvoraussetzungen abhängt.4 Wird, nachdem eine Sache bereits materiell rechtskräftig entschieden worden ist, eine erneute Klage in derselben Sache zwischen denselben Parteien anhängig ge­ macht, so kann das Gericht diese nicht einfach unbeachtet lassen.5 Es hat die Klage vielmehr mittels eines Nichteintretensentscheids förmlich abzuweisen; ein solches Urteil äussert sich selbst nicht zum geltenden gemachten Sachan­ spruch und erwächst in dieser Hinsicht auch nicht in materielle Rechtskraft.6 Inwieweit die negative Prozessvoraussetzung der materiellen Rechtskraft ne­ ben dem, dass sie eine erneute Sachentscheidung verhindert, bereits eine erneu­ te Sachverhandlung ausschliesst, hängt mit der Frage zusammen, ob in jedem Verfahren zwingend zunächst die Zulässigkeit der Klage festgestellt sein muss, 1 

S. vorne 5.  Kap.  III. 1. bei und mit Fn.  33. Droese, res iudicata, S.  288 f. Fn.  1441. 3  Berti, KUKO ZPO, Art.  62 N 10. 4  Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  195; Kopp, S.  41. 5  Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  11 N 1. 6  BGE 115 II 187 E. 3a; Droese, res iudicata, S.  299 ff.; Steck/Brunner, BSK ZPO, Art.  236 N 36; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 11. 2 

104

7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

bevor eine Verhandlung zur Begründetheit der Sache stattfinden kann.7 Die ZPO gibt dazu keine klare Regel zur Hand;8 der Gesetzgeber hat die Ausgestal­ tung des Verfahrens vielmehr bewusst in das gerichtliche Ermessen gestellt.9 Den Parteien steht so auch kein Anspruch auf Beschränkung des Verfahrens auf die Vorabprüfung der Prozessvoraussetzungen zu.10 Liegt bereits eine rechts­ kräftige Entscheidung in der Sache vor, so wird das Gericht in aller Regel aus prozessökonomischen Gründen von einer Verhandlung zur Begründetheit der Klage absehen, da diese für den entscheidungserheblichen Grund, nämlich das Vorliegen einer bereits rechtskräftigen Entscheidung, keine weiteren Erkennt­ nisse liefern können wird. Solange das Gericht aber in jedem Fall keine erneute Entscheidung in der Sache fällen darf,11 erscheint eine Verhandlung zur Sache im Falle eines bereits rechtskräftigen Urteils zwar überflüssig, tut der Funk­ tionsfähigkeit der materiellen Rechtskraft indessen keinen Abbruch, da der Be­ stand des rechtskräftigen Ersturteils unangetastet bleibt. Die materielle Rechts­ kraft steht einer erneuten Sachverhandlung mithin selbst nicht begriffsnotwen­ dig im Wege. Will die materielle Rechtskraft sicherstellen, dass über einen Streitgegen­ stand nur einmal eine Sachentscheidung ergehen kann, so muss die ihrer Funk­ tionserhaltung dienende Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Par­ teien hier ansetzen und sicherstellen, dass nur die richtigen Parteien überhaupt eine Sachentscheidung erlangen können. Eine rechtskräftige Entscheidung über die materielle Begründetheit der Klage, sprich eine autoritative Feststellung über den zur Beurteilung gestellten Sachanspruch, soll nur dann erfolgen, wenn die richtigen Parteien am Prozess teilnehmen. Es muss daher im Sinne einer Sachurteilsvoraussetzung bzw. – um die Terminologie der ZPO zu verwenden – im Sinne einer „Prozessvoraussetzung“12 jeweils geprüft werden, ob die formel­ len Parteien, d. h. diejenigen Personen die als solche im Rechtsschutzgesuch gemäss Art.  62 Abs.  1 ZPO genannt werden, auch die richtigen Parteien sind. Berti, Sachbeurteilungsvoraussetzungen, S.  256, 262. BGE 140 III 159 E. 4.2.4. 9  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 6. 10  Hoffmann-Nowotny, N 34; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 6; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 7. 11  Ist eine Prozessvoraussetzung im entscheidungsmassgeblichen Zeitpunkt nicht gege­ ben, so kann das Gericht auch bei offensichtlicher sachlicher Unbegründetheit keinen abwei­ senden Sachentscheid anstelle eines Nichteintretensentscheid fällen, s. Zürcher, ZPOKomm., Art.  60 N 7 sowie Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 12 m. w. Nachw. 12  Der Begriff der „Prozessvoraussetzung“ ist insofern ungenau, als die darunter subsu­ mierten Voraussetzung nicht die Entstehung eines Prozesses als solchen bedingen, sondern vielmehr den Erlass eines Sachurteils. Ein Teil der Lehre spricht sich denn auch gegen die Weiterverwendung dieser Begrifflichkeit aus, so etwa Berti, Sachbeurteilungsvoraussetzun­ gen, S.  253 ff. S. dazu auch Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 1. 7 Befürwortend: 8 

I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien

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2. Zulässige Beschränkung der Verfahrensgrundrechte Prozessvoraussetzungen bedingen die Ausfällung einer Sachentscheidung.13 Sind sie im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht vorhanden, so hat das Ge­ richt die Klage mittels Prozessentscheid abzuweisen. Dies hat zur Folge, dass der zur Beurteilung gestellte Streitgegenstand nicht rechtskräftig beurteilt wird. Aus konventions- und verfassungsrechtlicher Perspektive betrachtet stellen die in Art.  59 Abs.  2 ZPO geregelten Prozessvoraussetzungen denn auch nichts an­ deres als einfachgesetzliche Beschränkungen des Justizgewährungsanspruchs dar.14 Prozessvoraussetzungen, gleich ob geschriebene oder ungeschriebene, haben daher den konventions- und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen an die Einschränkung von Verfahrensgrundrechten zu genügen.15 Bevor unter­ sucht werden soll, ob die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien als ein Teilgehalt einer der in Art.  59 Abs.  2 ZPO explizit normierten Prozessvoraussetzungen aufgefasst werden kann, oder ob von einer eigenständigen und damit ungeschriebenen Prozessvoraussetzung auszugehen ist, gilt es zu klären, ob die Voraussetzungen an eine Einschränkung des Justiz­ gewährungsanspruchs erfüllt sind. Gemäss der Rechtsprechung des EGMR sind Einschränkungen der in Art.  6 Abs.  1 EMRK zusammengefassten Verfahrensgrundrechte zulässig, sofern sie auf einen rechtmässigen Zweck gerichtet sind, verhältnismässig erscheinen und nicht den Kerngehalt der garantierten Verfahrensgrundrechte beschlagen.16 Das Bundesgericht wendet vergleichbare Grundsätze für die Einschränkung der nach Art.  29 ff. BV gewährleisteten Verfahrensgrundrechte an.17 Dabei gelangt die Regelung von Art.  36 BV, die sich in erster Linie auf die Einschränkung materieller Grundrechte bezieht, mindestens sinngemäss zur Anwendung.18 Die Beschränkung des Kreises der Parteien, die eine Sachentscheidung er­ wirken können, dient wie gesehen der Funktionserhaltung der materiellen Kopp, S.  40. Dies für die Rechtsweggarantie aussprechend: Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  199. 15  Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  199 ff. Gemäss Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 10 bleibt unter Beachtung dieser Vorgaben wenn überhaupt nur ein eng begrenzter Raum für eine rechtsfortbildende Anerkennung ungeschriebener Prozessvoraussetzungen übrig. Ohne auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben einzugehen nimmt er indessen an, dass die Prozess­ führungsbefugnis eine (ungeschriebene) Prozessvoraussetzung bildet (N 69). 16  Urteil des EGMR 8225/78 vom 28. Mai 1985 (Ashingdane/Vereinigtes Königreich) E. 57; Urteil des EGMR 17101/90 vom 21. September 1990 (Fayed/Vereinigtes Königreich) E. 65; Urteil des EGMR 1398/03 vom 14. Dezember 2006 (Markovic u. a./Italien) E. 99. 17  BGE 132 I 134 E. 2.1 m. w. Nachw. 18  BGE 130 I 312 E. 4.2; BGE 132 I 134 E. 2.1 m. w. Nachw.; Waldmann, BSK BV, Art.  29a N 29. 13  14 

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

Rechtskraft, nämlich der Sicherstellung der Einmaligkeit des Rechtsschutzes in der Sache und damit letztlich auch der Erreichung des dem Zivilprozess als Ganzem zugrunde liegenden Zwecks. Zeitgleich sorgt sie für eine Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gerichte, was wiederum Voraussetzung dafür ist, dass der Staat die ihm zukommende Verpflichtung der Gewährung von Rechtsschutz in effektiver Weise erfüllen kann. Die Beschränkung dient damit klarerweise einem rechtsmässigen Zweck und erfüllt auch die Vorgabe von Art.  36 Abs.  2 BV. Die Beschränkung des Kreises der Parteien, die zur Sachentscheidung zu­ zulassen sind, erscheint weiter auch verhältnismässig. Sie stellt ein taugliches Mittel dar, um den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck der Erhaltung der Ordnungsfunktion der Rechtskraft zu erreichen. Sie ist erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich ist, mit der sich die Ordnungsfunktion der materiel­ len Rechtskraft ebenfalls erhalten liesse, und sie erscheint schliesslich auch zu­ mutbar. Rechtsfremde Personen werden für gewöhnlich kein besonderes Inte­ resse an der Geltendmachung fremder Rechte vorweisen können, zumal ein von oder gegen sie ergehendes Urteil über ein fremdes Rechtsverhältnis aufgrund der subjektiven Begrenzung der materiellen Rechtskraft grundsätzlich ohnehin nicht die prozessaussenstehenden Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses zu binden vermag. Die Zulassung von Personen zur Sachentscheidung, denen das streitige Rechtsverhältnis nach dem klägerischen Sachvortrag nicht zusteht,19 käme regelmässig einer gesteigerten Einmischung in fremde Interessensberei­ che gleich, die gerade nicht durch die Funktionsweise des Prozesses gefordert wird. Das Interesse der vermeintlichen Rechtsinhaber als auch des Staates am Ausschluss rechtsfremder Parteien und damit an der Gewährleistung, dass über ein und denselben Streitgegenstand nicht mehrmals entschieden werden muss, überwiegt klar. Insbesondere stehen nach der ZPO andere Möglichkeiten offen, wie rechtsfremde Dritte bei Bedarf am Prozess beteiligt werden können, ohne dass sie selbst als Parteien auftreten. Erwähnt sei hier bloss die Möglichkeit ei­ ner Nebenintervention nach Art.  74 ZPO. Fraglich erscheint, ob mit dem grundsätzlichen Ausschluss rechtsfremder Parteien von der Sachentscheidung nicht der Kernbereich der ihnen zukommen­ den Verfahrensgrundrechte, mithin des ihnen zukommenden Justizgewäh­ rungsanspruchs beschnitten wird, da ihnen damit letztlich die Möglichkeit ge­ nommen wird, eine autoritative Feststellung in der Sache zu erwirken. Es ist, wie bereits gesehen, der Justizgewährungsanspruch, der als Korrelat zum staat­ lichen Gewaltmonopol die Durchsetzbarkeit der im materiellen Privatrecht ­fussenden subjektiven Rechte ermöglicht und sichert.20 Einschränkungen des 19 

20 

S. dazu 7.  Kap.  II. 1. S. vorne 4.  Kap.  II. 2.

I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien

107

Justizgewährungsanspruchs werden dann jeweils nicht mehr für zulässig ange­ sehen, wenn sie zu einem eigentlichen Verlust der Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzbarkeit führen.21 So wird es als unzulässig erachtet, wenn ein Gericht sich aufgrund fehlender sachlicher oder örtlicher Zuständigkeit für unzuständig erklärt, obschon ersichtlich ist, dass in der Sache kein anderes zuständiges Ge­ richt gegeben ist.22 Die Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines im materiellen Recht wurzelnden subjektiven Rechts wird durch die Beschränkung des Kreises derjenigen Parteien, die eine Sachentscheidung erwirken können, nun aber gerade nicht gänzlich entzogen, da nicht sämtlichen Parteien die Mög­ lichkeit genommen wird, eine Sachentscheidung zu erwirken. Vielmehr sorgt die Beschränkung dafür, dass bloss die richtigen Parteien eine Sachentschei­ dung über ein bestimmtes, dem Streitgegenstand zugrunde liegendes Rechts­ verhältnis erwirken können. Die subjektiven Privatrechte bleiben ­damit weiter­ hin prozessual durchsetzbar, womit die Beschränkung den Kern­gehalt des Jus­ tizgewährungsanspruchs unberührt belässt.

3. Ungeschriebene Prozessvoraussetzung? Die ZPO enthält in Art.  59 Abs.  2 ZPO eine nicht abschliessende Aufzählung der Prozessvoraussetzungen.23 Nicht erwähnt wird darin die Prozessführungs­ befugnis. Die herrschende Lehre qualifiziert sie, wie bereits gesehen, als eine selbstständige, ungeschriebene Prozessvoraussetzung.24 Diskutiert wird dane­ ben, ob man sie nicht auch als Teilgehalt des in Art.  59 Abs.  2 lit.  a ZPO explizit normierten Rechtsschutzinteresses auffassen könnte,25 wobei aber darauf hin­ gewiesen wird, dass die Frage nach der Einordnung der Prozessführungsbefug­ nis letztlich eine Überlegung rein dogmatischer Natur sei.26

Kloth, S.  17 f. mit Blick auf die in Art.  6 Abs.  1 EMRK zusammengefassten Verfah­ rensgarantien: „Even if a restriction of the right to access to court because of the operation of immunity pursued a legitimate aim and was proportionate, it might not be permissible if the restriction impairs the essence of the right. In other contexts, the Court finds this to be the case if the right in question has been effectively destroyed by the restriction; thus, Contract­ ing Parties have to ensure that an acceptable scope for its exercise remains.“ 22  Hoffmann-Nowotny, N 281 m. w. Nachw. 23  Vgl. Wortlaut von Art.  59 Abs.  2 ZPO, der unter Verwendung des Ausdrucks „insbeson­ dere“ zum Ausdruck bringt, dass es sich nicht um eine abschliessende Aufzählung handelt. Dies ebenfalls hervorhebend: BGE 139 III 273 E. 2.1 24  S. vorne 1.  K ap.  ( bei und mit Fn.  4). 25 Befürwortend: Lötscher, N 182 ff.; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 37 a. E. Noch vor In­ krafttreten der ZPO dagegen ablehnend: Beinert, S.  8 f. 26  Lötscher, N 185. 21 S.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

Mit Blick auf die nach Art.  36 Abs.  1 BV geforderte gesetzliche Grundlage wird andererseits vorgetragen, dass die nicht abschliessende Aufzählung der Prozessvoraussetzungen in Art.  59 Abs.  2 ZPO nicht unproblematisch sei, mit­ hin nur mit Zurückhaltung von der Existenz eigenständiger, ungeschriebener Prozessvoraussetzungen ausgegangen werden kann.27 Es soll nachfolgend daher zunächst geklärt werden, ob die Frage nach den richtigen Parteien als Teilgehalt einer der in Art.  59 Abs.  2 ZPO explizit normierten Prozessvoraussetzungen aufgefasst werden kann. a) Teilgehalt des Rechtsschutzinteresses? Von den in Art.  59 Abs.  2 ZPO explizit normierten Prozessvoraussetzungen nennt das Gesetz zuvorderst dasjenige des „schutzwürdigen Interesses“ des Klägers bzw. des Gesuchstellers (lit.  a). Für diese Prozessvorausstzung wird in der Lehre fast durchgängig und mit gleichem Bedeutungsgehalt der Begriff des Rechtsschutzinteresses verwendet.28 Der genaue Gehalt dieser Prozessvoraus­ setzung lässt sich nur schwer in eine prägnante Formel fassen, zumal das in Art.  59 Abs.  2 lit.  a ZPO geforderte Rechtsschutzinteresse anerkanntermassen sehr allgemeiner Natur ist.29 Von ihrer Stellung als Prozessvoraussetzung aus betrachtet stellt das Erfordernis des Rechtsschutzinteresses sicher, dass der Klä­ ger nicht mit jedweder Rechtsbehauptung Zugang zu einem Sachurteil erlangen kann. Damit es zu einer autoritativen Beurteilung der Klage in der Sache kommt, muss der Kläger ein bestimmtes, schutzwürdiges Interesse an der be­ gehrten Rechtsschutzgewährung vorweisen können. Lehre und Rechtsprechung haben Anhaltspunkte dafür entwickelt, wann ein solches zu bejahen ist. Das Rechtsschutzinteresse ist demnach unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage zu beurteilen.30 Bei der Prüfung des Rechtsschutzinteresses ist vielmehr 27  Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  201 f.; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 10, der aber zeitglich in N 69 davon ausgeht, dass die Prozessführungsbefugnis eine Prozessvorausset­ zung darstellt. 28  Art.  46 VE ZPO sprach noch von „Rechtsschutzinteresse“, Art.  57 Abs.  2 lit.  a E ZPO dann bereits von „schutzwürdigem Intersse“. Die sprachliche Änderung ist bloss redaktio­ neller Natur, s. Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 31. In der Botschaft ZPO, S.  7276, 7288 ist denn auch vom „Rechtsschutzinteresse“ die Rede. 29  Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 34; Droese, res iudicata, S.  278. So ist man sich einig, dass sich die in Art.  59 Abs.  2 lit.  d und e ZPO gesondert aufgeführten Prozessvoraussetzungen der fehlenden Rechtshängigkeit bzw. der fehlenden materiellen Rechtskraft auch als Teilge­ halte des Rechtsschutzinteresses auffassen liessen, vgl. Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 12; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 34; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 24; Spühler/Dolge/Gehri, 7.  Kap.  N 71; Bohnet, Procédure, N 1057. 30  Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 32; Urteil des HGer ZH HE150348 vom 18. Februar 2016 E. 6.2. Noch vor Inkrafttreten der ZPO: Urteil des BGer 4C_45/2006 vom 26. April 2007 E. 6.

I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien

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die Begründetheit der Klage zu unterstellen und danach zu fragen, ob der Klä­ ger ein schutzwürdiges Interesse an der Gewährung des begehrten Rechtsschut­ zes hat.31 Das Rechtsschutzinteresse kann tatsächlicher oder rechtlicher Art sein.32 Gefordert wird, dass die Inanspruchnahme des staatlichen Rechtsschut­ zes erforderlich erscheint,33 d. h. das angestrebte Rechtsschutzziel in zumutba­ rer Weise nur mittels staatlicher Hilfe herbeigeführt werden kann.34 Unbeacht­ lich ist dabei die Frage, ob der vom Kläger gewählte Weg der Rechtsverwirk­ lichung im Einzelfall verhältnismässig erscheint, d. h. ob nicht im Einzelfall ein anderes prozessuales Vorgehen schneller und effizienter zum begehrten Rechts­ schutz führen würde.35 Das Erfordernis des Rechtsschutzinteresses gilt glei­ chermassen für Feststellungs-, Leistungs- sowie Gestaltungsklagen. Lehre und Rechtsprechung nehmen indessen an, dass das Rechtsschutzinteresse bei posi­ tiven Leistungs- und Gestaltungsklagen in aller Regel „offenkundig“, bzw. „in­ härent“ sein wird, wohingegen es bei Unterlassungsklagen und Feststellungs­ klagen besonders geprüft werden muss.36 Von besonderer Relevanz im Zusammenhang mit der Frage, ob auch die pro­ zessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien als Teil­ aspekt des Rechtsschutzinteresses aufgefasst werden kann, ist die Frage, inwie­ weit das Rechtsschutzinteresse ein persönliches sein muss, d. h. inwieweit der Kläger das Gericht zu seinen Gunsten anrufen muss, wie dies namentlich ­Kummer noch für den Bestand seines Klagerechts forderte.37 Das Bundesgericht vertrat vor Inkrafttreten der ZPO vereinzelt die Ansicht, dass „im Regelfall ein 31  Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 32; Urteil des HGer ZH HE150348 vom 18. Februar 2016 E. 6.2. 32  Botschaft ZPO, S.  7276; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 35 ff. m. w. Nachw. 33  Stacher AJP 2007, S.  1126, 1130; Urteil des HGer ZH RV120014 vom 1. März 2013 E. 2; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 12; Gehri, BSK ZPO, Art.  59 N 7; Spühler/Dolge/Gehri, 7.  Kap.  N 71. 34  Vgl. Wieser, S.  239. 35  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 24; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 12. A. A. wohl Berti, Einführung, N 329. 36  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 24; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 39; Gehri, BSK ZPO, Art.  59 N 8; Willisegger, S.  233; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 587 ff.; Meier, S.  208 f.; Berti, Einführung N 330; Botschaft ZPO, S.  7288, wonach das Rechtsschutzinteresse bei der Feststellungsklage, anders als bei der Leistungs- und Gestaltungsklage „nicht auf der Hand“ liegt. Zum benötigten Rechtsschutzinteresse bei einer Feststellungsklage s. BGE 141 III 68, wo das Bundesgericht in E. 2.3 seine noch aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der ZPO stam­ mende Rechtsprechung zum Erfordernis des Feststellungsinteresses zusammenfasst, dann aber explizit offen lässt, ob es an dieser weiter festhalten will, indessen selbst auf verschiede­ ne eigene Entscheide verweist, bei denen die Grundsätze ohne Hinterfragen für die ZPO übernommen wurden. 37  S. vorne 4.  K ap.  I I. 1.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

persönliches Interesse des Petenten“ erforderlich ist, da das Prozessrecht nicht zur Verfügung stehe, um „abstrakte Rechtsfragen ohne Wirkung auf konkrete Rechtsverhältnisse zu beurteilen.“38 Diese Ansicht wird auch unter der Geltung der ZPO zum Teil von Seiten der Lehre vertreten.39 Am Erfordernis eines persönlichen Rechtsschutzinteresses kann nicht festge­ halten werden. Die Frage, in wessen Interesse Rechtsschutz begehrt wird, stellt wie bereits gesehen ein ungeeignetes, da zu pauschales Kriterium für die Be­ stimmung der richtigen Parteien dar.40 Dies zeigt sich gerade mit Blick auf die heute anerkannten Fälle der Prozessstandschaft, da bei diesen der Prozessstand­ schafter den Rechtsschutz nicht oder zumindest nicht primär zu seinen eigenen Gunsten ersucht.41 Das Bundesgericht behilft sich in diesen Fällen denn auch damit, dass es ausnahmsweise vom Erfordernis eines eigenen Rechtsschutz­ interesses absieht.42 Auf die Frage, wie bzw. anhand welchen Kriteriums dann aber in den Fällen einer Prozessstandschaft eine falsche Partei davon abgehalten werden kann, einen rechtskräftigen Entscheid in der Sache zu erwirken, bleibt das Bundesgericht eine Erklärung schuldig. Fraglich ist, ob sich die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien auch und gerade ohne das Erfordernis eines persönlichen Rechtsschutzinteresses als ein Teilgehalt der in Art.  59 Abs.  2 lit.  a ZPO nor­ mierten Prozessvoraussetzung auffassen lässt. Bei Gestaltungsklagen wäre dies ohne Weiteres möglich, da ja ohne die Beteiligung der richtigen Parteien bereits aufgrund des materiellen Rechts kein gutheissendes Sachurteil ergehen kann. Bei Leistungs- und Feststellungsklagen ergibt sich dagegen ein differenziertes Bild: In den Fällen, in denen weder kläger- noch beklagtenseitig eine Prozess­ standschaft gefordert wird, liesse sich der Ausschluss rechtsfremder Dritter ebenfalls als ein Teilgehalt des Rechtsschutzinteresses auffassen. Ein zwischen falschen Parteien ergehendes Sachurteil würde gerade nicht die am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Personen verbindlich untereinander an das autori­ tativ Entschiedene binden, womit letztlich der dem Zivilprozess als Ganzes zu­ grunde liegende Zweck verfehlt werden würde. Der Zivilprozess würde bloss um seiner selbst willen durchgeführt, die Ausfällung einer autoritativen Ent­ scheidung zum Selbstzweck verkommen. Dies zu verhindern bezweckt nun aber gerade auch das Erfordernis des Rechtsschutzinteresses.43 38 

BGE 122 III 279 E. 3.a; Urteil des BGer 4C_45/2006 vom 26. Apirl 2007 E. 5. Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 42; Gehri, BSK ZPO, Art.  59 N 7. 40  S. vorne 6.  K ap.  I I. 41  Teixeira de Sousa, S.  6 4; Kurzweil, S.  51; Lötscher, N 137. 42  Urteil des BGer 5A_310/2015 vom 20. April 2015 E. 2. 43  Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 12; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 586; Sutter-­ Somm, ZZZ 2007, S.  317. 39 

I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien

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Schwieriger verhält es sich mit Blick auf die heute anerkannten Fälle der aus­ schliesslichen Prozessstandschaft, d. h. mit Blick auf diejenigen Fälle, in denen der Prozessstandschafter statt und nicht nur neben dem vermeintlichen Recht­ sinhaber als richtige Partei anzusehen ist. Der Ausschluss des vermeintlichen Rechtsinhabers von der Möglichkeit, ein Sachurteil zu erwirken, liesse sich nicht in sämtlichen Fällen mit dem Argument stützen, dem vermeintlichen Rechtsinhaber fehle es an einem schutzwürdigen Interesse an der Gewährung von Rechtsschutz, bzw. dieses Argument könnte nur dann vorgebracht werden, wenn man das Tatbestandsmerkmal der Schutzwürdigkeit teleologisch praeter bzw. contra verba legis auslegt. Gegen das Auffassen der prozessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien als ein Teilgehalt des Rechtsschutzinteresses spricht wei­ ter die Tatsache, dass sich Letzteres gemäss der heute herrschenden Ansicht, nach dem materiellen Privatrecht bestimmt.44 Diese Auffassung entstammt noch aus der Zeit vor Inkrafttreten der ZPO, als das Klagerecht und mit ihm das Rechtsschutzinteresse aus dem materiellen Bundeszivilrecht hergeleitet wur­ den, da man der Auffassung war, dass sich nur so eine schweizweit einheitliche Verwirklichung des materiellen Bundeszivilrechts sichern liess.45 Diese Ansicht ist spätestens mit Inkrafttreten der ZPO nicht mehr haltbar.46 Solange aber die Mehrheit der Stimmen in der Lehre nach wie vor an dieser Ansicht festhält, würde die Subsumtion der prozessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien unter die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses die Gefahr mit sich bringen, dass überwunden geglaubte zivilistische Klage­ rechtstheorien wieder Aufschwung erhielten.47 Um allfälligen Verwirrungen vorzubeugen, empfiehlt es sich daher, die prozessuale Ordnungsaufgabe der Be­ stimmung der richtigen Parteien in sämtlichen Fällen nicht als Teilgehalt der Rechtsschutzinteresses aufzufassen.

44  Spühler/Dolge/Gehri, 7.  K ap.  N 71 m. w. Nachw. zu der bundesgerichtlichen Rechtspre­ chung noch vor Inkrafttreten der ZPO; Gehri, BSK ZPO, Art.  59 N 5; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 12; Kritisch: Stacher, AJP 2007, S.  1125 ff. 45  Stacher, AJP 2007, S.  1125 f. sowie bereits vorne 4.  K ap.  I I. 1. 46  Stacher, AJP 2007, S.  1127; Dasser/Roth, S.  282 f. 47  Vgl. so auch Henckel, S.  38 f.: „Berücksichtigt man, daß in dem Rechtsschutzbedürfnis der letzte sachliche Gehalt des Rechtsschutzsanspruchs – der Struktur eines Anspruchs ent­ kleidet – als selbständige Prozeßvoraussetzung fortlebt, so muß man sich davor hüten, diese Prozeßvoraussetzung nun wieder aufzufüllen. Es wäre nichts damit gewonnnen, wenn man alle Elemente, die zum Beginn der Lehre vom Rechtsschutzanspruch als prozessuale Rechts­ schutzvoraussetzungen angesehen, dann aber vom Rechtsschutzanspruch getrennt wurden, nun wieder in das Rechtsschutzbedürfnis hineinprojizieren wollte.“ Ihm folgend: Lötscher, N 185; Ch. Berger, S.  95 f.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

b) Teilgehalt der Partei- bzw. der Prozessfähigkeit? Noch vor Inkrafttreten der ZPO wurde die Frage nach den richtigen Parteien immer wieder mit der Partei- bzw. der Prozessfähigkeit in Beziehung gebracht.48 Sowohl die Partei- als auch die Prozessfähigkeit bilden nach Art.  59 Abs.  2 lit.  c ZPO Prozessvoraussetzungen, wobei die ZPO in den Art.  66 f. ausführt, wer als partei- und prozessfähig anzusehen ist. Danach gilt als parteifähig, wer rechts­ fähig ist oder von Bundesrechts wegen als Partei auftreten kann (Art.  66 ZPO), und als prozessfähig, wer handlungsfähig ist, wobei für eine handlungsunfähige Person ihre gesetzliche Vertretung handelt (Art.  67 Abs.  1 und 2 ZPO). Sowohl die Partei- als auch die Prozessfähigkeit umschreiben damit bestimmte, persön­ liche Eigenschaften, die eine als Partei auftretende Person vorweisen können muss, damit es zu einer Sachentscheidung kommen kann. Die Frage nach den richtigen Parteien ist davon grundverschieden. Sie hat nicht wie die Partei- und Prozessfähigkeit eine persönliche Eigenschaft zum Inhalt, sondern bezieht sich auf die sachliche Beziehung der Partei zu dem, dem Streitgegenstand zugrunde liegenden streitigen Rechtsverhältnis.49 Sie kann daher niemals abstrakt, d. h. unabhängig von dem zur Beurteilung gestellten streitigen Rechtsverhältnis be­ antwortet werden.50 Bei der Vertretung Prozessunfähiger gemäss Art.  67 Abs.  2 ZPO handelt es sich schon von der äusseren Erscheinungsform her nicht um eine Prozessstandschaft, da der gesetzliche Vertreter nicht im eigenen, sondern im fremden Namen auftritt, sprich als Vertreter und gerade nicht selbst als Partei. Die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien kann daher weder als ein Teilaspekt der Parteifähigkeit, noch als ein Teilaspekt der Prozessfähigkeit aufgefasst werden. c) Eigenständige, ungeschriebene Prozessvoraussetzung Lässt sich die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Par­ teien nicht bzw. nicht in sämtlichen Fällen als Teilaspekt einer der in Art.  59 48  Die Frage nach den richtigen Parteien mit der Parteifähigkeit in Beziehung stellend: BGE 135 I 63 E. 1.1.2 m. Hinweis auf Schwander, Einführung, N 667, wonach sich die Frage nach dem anwendbaren Recht bei einer Prozessstandschaft kollisionsrechtlich nach demjeni­ gen Recht richte, dass über die Prozessfähigkeit der in Frage stehenden Person entscheidet. Zu Recht krititsch hierzu: Lötscher, N 477, wonach diese Rechtsprechung mindestens in der Begründung nicht zu überzeugen vermag. Die Frage nach den richtigen Parteien mit der Prozessfähigkeit in Beziehung stellend: Frank/Sträuli/Messmer, §  27/28 ZPO ZH N 20, wo­ nach die Prozessfähigkeit die Postulationsfähigkeit miteinschliesse und diese mit der Pro­ zessführungsbefugnis, verstanden als Berechtigung zur persönlichen Vornahme prozessua­ ler Parteihandlungen, gleichzusetzen sei. 49  Beinert, S.  7; Lötscher, N 57; Kopp, S.  11; Heintzmann, S.  43 f. 50  Beinert, S.  7.

I. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien

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Abs.  2 ZPO explizit normierten Prozessvoraussetzungen auffassen, so ist mit der heutigen Lehre eine eigenständige, ungeschriebene Prozessvoraussetzung anzunehmen. Sowohl in der schweizerischen als auch in der deutschen Prozess­ rechtsdoktrin hat sich als Bezeichnung für diese Prozessvoraussetzung der Be­ griff der Prozessführungsbefugnis etabliert. Dieser Begriff ist jedoch aus ver­ schiedener Hinsicht irreführend. Zum einen lehnt er sich an den von Hellwig geprägten Begriff des „Prozessführungsrechts“ an, der, wie eingangs erwähnt, als prozessuale Klagevoraussetzung das konkrete Klagerecht, d. h. das Recht auf Rechtsschutz in der Sache, bedingte.51 Ein solches, vorprozessual bestehend gedachtes Recht auf Rechtsschutz in der Sache wird heute zu Recht abgelehnt. Weiter weist der Begriff der Prozessführungsbefugnis auch von seinem Wort­ sinn her in die falsche Richtung und dies gleich in doppelter Hinsicht: Es ist zum einen nicht die Qualifikation als richtige Partei, die eine Person dazu er­ mächtigt, einen Prozess zu begründen und anschliessend zu führen, sondern vielmehr der konventions- und verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewäh­ rungsanspruch, der jedermann zukommt. Auch falsche Parteien können folglich einen Prozess begründen und diesen bis zur Fällung eines Nichteintretensent­ scheids führen. Zum anderen wird einer Person durch ihre Qualifikation als richtige Partei auch nicht eine eigenständige, vom Justizgewährungsanspruch zu unterscheidende „Befugnis“ zuteil. Der Anspruch auf Zulassung zur Sachent­ scheidung kommt einer richtigen Partei in einem hängigen Verfahren, in dem auch die andere richtige Partei beteiligt ist und alle übrigen Prozessvorausset­ zungen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt erfüllt sind, bereits aufgrund des Justizgewährungsanspruchs zu, da dieser selbst ja gerade einen Anspruch auf gerichtliches Tätigwerden nach Massgabe der Prozessrechtsordnung ver­ mittelt. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien stellt mithin nichts an­ deres dar als eine einfachgesetzliche Beschränkung des Justizgewährungs­ anspruchs, die, wenn beide richtigen Parteien als solche am Prozess teilnehmen, nicht greift. Es empfiehlt sich daher, von der Weiterverwendung des Begriffs der Prozessführungsbefugnis abzusehen und stattdessen schlicht von der Pro­ zessvoraussetzung der richtigen Parteien zu sprechen. Nachfolgend wird der Einfachheit halber jeweils dort, wo zu einer Lehr­ meinung Stellung genommen wird, die von der Prozessvoraussetzung der Pro­ zessführungsbefugnis spricht, darauf verzichtet, berichtigend von der Prozess­ voraussetzung der richtigen Parteien zu sprechen.

51 

S. vorne 3.  Kap.  II. 4.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

II. Überprüfung im Prozess 1. Überprüfung von Amtes wegen Die Prozessvoraussetzungen sind nach Art.  60 ZPO von Amtes wegen zu über­ prüfen. Damit kommt grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz zur Anwen­ dung, wobei dieser aber insofern eine Relativierung erfährt, als das Gericht anerkanntermassen nicht selbst zu ausgedehnten Nachforschungen verpflichtet ist, sondern nur dort proaktiv den Sachverhalt abzuklären hat, wo Anhaltspunk­ te dafür bestehen, dass eine der Prozessvoraussetzung nicht erfüllt sein könn­ te.52 In diesem Zusammenhang wird denn auch von einem eingeschränkten Un­ tersuchungsgrundsatz gesprochen.53 Aus der amtswegigen Prüfung folgt auch, dass das Gericht jeweils von sich aus, d. h. auch ohne dass ein Antrag der Ge­ genpartei erfolgt, zu entscheiden hat, ob sämtliche Prozessvoraussetzungen vor­ liegen oder nicht.54 Für die Überprüfung der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien hat das Gericht auf das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige Rechtsver­ hältnis abzustellen. Dieses wird unter der Geltung des Dispositions- und Ver­ handlungsgrundsatzes anhand des klägerischen Sachvortrages, d. h. anhand des im Rahmen des Dispositionsgrundsatzes gestellten klägerischen Rechtsbegeh­ rens in Verbindung mit dem dazu im Rahmen des Verhandlungsgrundsatzes beigebrachten Sachverhalt bestimmt.55 Lässt der Kläger offen, auf welche Rechtsgrundlage er seine Klage stützt, wozu er anerkanntermassen befugt ist,56 wird das Gericht in einem ersten Schritt mittels Subsumtion des klägerischen Sachvortrages zu ermitteln haben, welches das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige Rechtsverhältnis ist.57 Das Gericht wird dabei für gewöhnlich, 52  Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 4; Domej, KUKO ZPO, Art.  60 N 5; Gehri, BSK ZPO, Art.  60 N 3. Die Prüfung doppelrelevanter Tatsachen erfolgt dabei auf Basis der klägerischen Behauptung: BGE 141 III 294 E. 6.1. 53  Sutter-Somm, ZZZ 2007, S.  316; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 4; Domej, KUKO ZPO, Art.  60 N 5 m. w. Nachw. In Verfahren, in denen gesamthaft die Untersuchungsmaxime zur Anwendung gelangt, wird auch eine uneingeschränkte Pflicht zur Tatsachenermittlung im Hinblick auf die Prüfung der Prozessvoraussetzungen befürwortet: Hoffmann-Nowotny, N 53; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 4 m. w. Nachw. 54  Hoffmann-Nowotny, N 50; Schwander, ZZZ 2008/2009, S.  209; Domej, KUKO ZPO, Art.  60 N 1; Gehri, BSK ZPO, Art.  60 N 1; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 6. 55  S. statt aller Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  57 N 3. 56  Vgl. Art.  221 Abs.  3 sowie Art.  244 Abs.  2 ZPO. 57  Kass, S.  96 ff. Wie es sich verhält, „wenn der Kläger seine Ansprüche im Rechtsbegeh­ ren selbst qualifiziert oder beschränkt“, ist umstritten, s. dazu Urteil des BGer 4A_307/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 2.4, SZZP 2012, S.  293 ff. mit Note von Bohnet und Droese sowie andererseits Oberhammer, KUKO ZPO, Art.  57 N 4.

II. Überprüfung im Prozess

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d. h. ohne besondere Offenlegung des Klägers davon ausgehen dürfen, dass das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige Rechtsverhältnis eines ist, das vermeintlich zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht, mithin der Klä­ ger ein eigenes Recht, das sich gegen den Beklagten persönlich richtet, gericht­ lich durchzusetzen sucht. Ergeben sich aus dem klägerischen Sachvortrag keine gegenteiligen Indizien, so wird das Gericht lediglich zu prüfen haben, ob das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streitige Rechtsverhältnis eines ist, das gemäss Lehre und Rechtsprechung kläger- und/oder beklagtenseitig eine Pro­ zessstandschaft voraussetzt. Ist dies nicht der Fall, so sind sowohl die klagende als auch die beklagte Partei als die richtigen Parteien anzusehen. Die im Schrift­ tum häufig anzutreffende Formulierung, wonach einer Partei für die Verfolgung vermeintlich eigener Rechte in aller Regel die Prozessführungsbefugnis ohne Weiteres zukommt, ist folglich im Ergebnis nicht zu beanstanden, will aber nicht heissen, dass die Prüfung der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien damit in diesen Fällen obsolet ist58 oder mit der Frage der Sachlegitimation zu­ sammenfällt.59 Schwieriger verhält es sich in den Fällen, in denen aufgrund des klägerischen Sachvortrages nicht restlos geklärt ist, ob der Kläger tatsächlich ein ihm persön­ lich zustehendes Recht einklagt bzw. tatsächlich ein Recht einklagt, dass sich gegen den Beklagten persönlich richtet. Hier gilt es drei Sachverhaltskonstella­ tionen zu unterscheiden. Zunächst ist vorstellbar, dass der Kläger in einem der gesetzlich anerkannten Fälle der Prozessstandschaft ein Recht als Prozessstand­ schafter geltend macht bzw. gegen einen formellen Beklagten in dieser Eigen­ schaft klagt, die Prozessstandschaft aber im Rahmen des Sachvortrages nicht offenlegt. In der Lehre wird zum Teil eine Offenlegungspflicht für die Anwen­ dungsfälle der gesetzlichen Prozessstandschaft angenommen, welcher der Klä­ ger durch eine entsprechende Formulierung des Rechtsbegehrens und/oder durch den Zusatz in der Parteibezeichnung „als Prozessstandschafter-/in“ nach­ zukommen habe.60 Das Bundesgericht hat mit Blick auf diejenigen Fälle, in de­ nen der Willensvollstrecker als Prozessstandschafter auftritt, ebenfalls eine Of­ fenlegungspflicht bejaht, indem es dafürhielt, dieser habe „auf seine gesetzliche

So aber für das deutsche Recht: Teixeira de Sousa, S.  63; Diederichsen, ZZP 76 (1963), S.  419 ff.; G. Lüke, Feststellung, S.  576. Dagegen bereits zutreffend: Schneider, ZZP 77 (1964), S.  279 f. 59  So aber Kopp, S.  7, die in diesem Zusammenhang von einer „unselbstständigen“ Pro­ zessführungsbefugnis spricht. 60 S. Lötscher, N 126 ff. Lötscher will aber in den Bereichen in denen die Offizialmaxime zur Geltung gelangt und die Fremdprozessführung „offensichtlich ist“ vom Erfordernis einer Offenlegungspflicht absehen (a. a. O., N 130). 58 

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

Ermächtigung hinzuweisen“.61 Klar erscheint, dass ein Kläger, der die Prozess­ standschaft selbst nicht offenlegt, Gefahr läuft, dass das Gericht fälsch­ licherweise annimmt, dass ein zwischen ihm und dem Beklagten streitiges Rechtsverhältnis zur Beurteilung vorliegt, mit der Folge, dass zwar sowohl er als auch der Beklagte als die richtigen Parteien anzusehen wären, dass aber in der Folge regelmässig ein abweisendes Sachurteil zu ergehen hätte, da dem Klä­ ger gegenüber dem formellen Beklagten in aller Regel selbst kein derartiges Recht zustehen wird.62 Fraglich erscheint indessen, ob das Gericht bei unter­ lassener Offenlegung der Prozessstandschaft selbstständig eine solche bejahen darf. Lötscher verneint dies und geht stattdessen davon aus, dass das Gericht ohne klägerseitige Offenlegung davon ausgehen müsse, dass der Prozessführen­ de ein eigenes Recht geltend macht, mit der Folge, dass die Klage regelmässig in der Sache abzuweisen sein wird.63 Dem kann nicht gefolgt werden. Der Kläger ist von Gesetzes wegen nicht dazu verpflichtet, eine rechtliche Begründung vor­ zutragen; es gilt vielmehr der Grundsatz iura novit curia. Unter diesen Grund­ satz fällt auch die rechtliche Würdigung des klägerischen Sachvortrages durch das Gericht. Erweist sich dieses als genügend substantiiert, d. h. werden die rechtserheblichen Tatsachen nicht nur in den Grundzügen, sondern so umfas­ send und klar dargelegt, sodass das Gericht die einschlägigen Rechtsnormen darauf anwenden, die Gegenpartei dazu Stellung nehmen und darüber Beweis abgenommen werden kann,64 so ist es am Gericht zu ermitteln und darüber zu urteilen, ob eine rechtliche Grundlage für dieses Vorbringen besteht. Das Ge­ richt wird daher auch ohne klägerseitige Offenlegung in einem der gesetzlich anerkannten Fälle der Prozessstandschaft eine solche bei genügend substantiier­ tem Sachvortrag zu bejahen haben. Daneben ist es vorstellbar, dass ein Kläger ein eigenes Recht, das sich gegen den Beklagten persönlich richtet, gerichtlich durchzusetzen sucht, dieser Um­ stand aber aus dem klägerischen Sachvortrag nicht eindeutig hervorgeht, son­ dern vielmehr nur bei Zugrundelegung einer bestimmten rechtlichen Subsum­ tion des klägerischen Sachvortrages folgt. Zu denken ist hier etwa an die Fälle der sog. Durchgriffshaftung, bei denen die rechtliche Selbstständigkeit einer juristischen Person ausser Acht gelassen wird und auf das beherrschende Sub­ jekt „durchgegriffen“ wird.65 Wird der Alleinaktionär einer Aktiengesellschaft persönlich für einen Anspruch, der sich gegen die Aktiengesellschaft richtet, 61 

BGE 129 V 113 E. 4.2. So auch Lötscher, N 127. 63  Lötscher, N 127. 64  Hoffmann-Nowotny, N 188; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  10 N 16; Urteil des BGer 5P_210/2005 vom 21. Oktober 2005 E. 4.1. 65  Vgl. Urteil des BGer 5A_994/2014 vom 11. Januar 2016 E. 5.4 m. w. Nachw. 62 

II. Überprüfung im Prozess

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ohne Angabe einer rechtlichen Begründung eingeklagt, so stellt sich die Frage, ob das Gericht selbstständig eine Durchgriffshaftung prüfen darf. Solange die Tatsachen, auf die sich eine allfällige Durchgriffshaftung im konkreten Einzell­ fall stützt, substantiiert vorgetragen wurden, wird man dies ohne Weiteres zu be­jahen haben. Wo die Substantiierung nur ungenügend erfolgte, wird das Ge­ richt zunächst im Rahmen der richterlichen Fragepflicht nach Art.  56 ZPO eine Nachsubstantiierung zu erwirken versuchen.66 Wo auch eine solche ohne Erfolg bleibt, wird es von der Überprüfung einer Durchgriffshaftung mangels genü­ gender Substantiierung absehen können, mit der Folge, dass es auf die Klage nicht einzutreten haben wird, da der Alleinaktionär ohne die Annahme eines Durchgriffs für einen Anspruch, der sich gegen die Aktiengesellschaft richtet, nicht als die richtige Partei anzusehen ist. Schliesslich sind auch Fälle denkbar, in denen ein Kläger unzulässigerweise, d. h. in einem gesetzlich nicht vorgesehenen Fall der Prozessstandschaft ein fremdes Recht im eigenem Namen geltend macht bzw. gegen einen rechtsfrem­ den Dritten als Beklagten ein Recht geltend macht, selbst aber nicht auf die Prozessstandschaft hinweist. Ergibt sich aus einer rechtlichen Würdigung des klägerischen Sachvortrags, dass das geltend gemachte Recht auch bei Annahme seiner Begründetheit nicht dem Kläger bzw. dem Beklagten zusteht, so ist auf die Klage mangels Vorliegen der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien nicht einzutreten. Die ZPO äussert sich selbst nicht dazu, wann die Prozessvoraussetzungen vorliegen müssen bzw. wann das Gericht deren Prüfung vorzunehmen hat. Ge­ mäss herrschender Lehre und Rechtsprechung müssen die Prozessvorausset­ zungen grundsätzlich spätestens im entscheidmassgeblichen Zeitpunkt, d. h. im Zeitpunkt der Fällung der Sachentscheidung vorliegen, andernfalls ist auf die Klage nicht einzutreten.67 Auf die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien bezogen bedeutet dies, dass das Gericht im entscheidmassgeblichen Zeitpunkt aufgrund einer rechtlichen Würdigung des klägerischen Sachvortrags zur Über­ zeugung gelangt sein muss, dass die richtigen Parteien am Prozess als Kläger und Beklagter beteiligt sind. Ist dies der Fall, hat es sich zu der Begründetheit der Klage auszusprechen, andernfalls auf die Klage nicht einzutreten. Fraglich erscheint, ob stets die Rechtslage, wie sie sich im entscheidmassgeb­ lichen Zeitpunkt präsentiert, entscheidend ist, oder ob es nicht auch ausreicht, wenn zu Beginn der Rechtshängigkeit die richtigen Parteien am Verfahren be­ teiligt waren, mithin ob ein nachträglicher Wegfall der Prozessvoraussetzung Willisegger, BSK ZPO, Art.  221 N 30; Fellmann, S.  24. BGE 140 III 159 E. 4.2.4 m. w. Nachw.; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 3; Zürcher, ZPOKomm., Art.  59 N 10; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 17. 66  67 

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

der richtigen Parteien zu beachten ist. Für die örtliche Zuständigkeit sieht die ZPO in Art.  64 Abs.  1 lit.  b eine perpetuatio fori vor. Danach ist ein nachträg­ licher Wegfall der zuständigkeitsbegründenden Tatsachen für die örtliche ­Zuständigkeit des Gerichts unbeachtlich.68 Mit der Frage, wie es sich verhält, wenn die Umstände, die eine gesetzliche Prozessstandschaft begründen, nach Rechtshängigkeit wegfallen, hatte sich schon das Bundesgericht auseinanderzu­ setzen. Es hat für den Fall, dass ein Kind im Laufe eines Scheidungsverfahrens volljährig wird, eine Fortdauer der gesetzlichen Prozessstandschaft der Eltern angenommen, vorausgesetzt das nunmehr volljährige Kind stimmt der Prozess­ führung zu.69 Inwiefern die vom Bundesgericht getroffene Annahme der Fort­ dauer der gesetzlichen Prozessstandschaft der Eltern als interessensgerecht zu gelten hat, muss vorliegend nicht weiter untersucht werden. Indem das Bundes­ gericht eine Fortdauer der Prozessstandschaft bejahte, hatte es sich nämlich ge­ rade nicht mit dem Fall eines nachträglichen Wegfalls der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien auseinanderzusetzen. Vielmehr galten die Eltern danach auch im entscheidmassgeblichen Zeitpunkt noch als die richtigen Parteien. Da­ ran wird man im Ergebnis festzuhalten haben. Vor dem Hintergrund der subjek­ tiven Begrenzung der materiellen Rechtskraft70 kann allein die Rechtslage, wie sie sich im entscheidmassgeblichen Zeitpunkt präsentiert, entscheidend sein. Wo die Umstände, die eine Prozessstandschaft begründen nach Rechtshängig­ keit wegfallen und eine Fortdauer der gesetzlichen Prozessstandschaft nicht als interessensgerecht erscheint, wird man dementsprechend auf die Klage mangels Vorliegen der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien nicht einzutreten ha­ ben. Genau gleich wird man auch dort vorzugehen haben, wo sich die Umstän­ de, die eine Prozessstandschaft begründen, erst nach Rechtshängigkeit ergeben und die Aufschiebung der Prozessstandschaft als nicht interessensgerecht er­ scheint. In diesem Zusammenhang gilt es auf die Sonderregelung von Art.  207 SchKG hinzuweisen, die für den Fall, dass während eines hängigen Prozesses der Konkurs über eine Prozesspartei eröffnet wird, grundsätzlich zunächst eine Sistierung des Verfahrens vorsieht, wobei die Frage, ob es danach zu einem Parteiwechsel von Gesetzes wegen kommt und falls ja, wer für den Gemein­ schuldner in den Prozess eintritt, nämlich die Konkursmasse oder die Konkurs­ verwaltung, Gegenstand einer langwierigen Kontroverse bildet.71

Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 5; Zingg, BK ZPO I, Art.  59 N 17; Staehelin/Staehelin/ Grolimund, §  11 N 7; Willisegger, S.  167. 69  BGE 129 III 55 E. 3; Urteil des BGer 5A_959/2013 vom 1. Oktober 2014 E. 7.2. 70  S. vorne 5.  K ap.  I II. 2. 71 S. Domej, KUKO ZPO, Art.  66 N 10 sowie Lötscher, N 1162 ff., beide je m. w. Nachw. 68 

II. Überprüfung im Prozess

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2. Überprüfung im Schlichtungsverfahren? Die ZPO sieht nach Art.  197 ein grundsätzliches Schlichtungsobligatorium vor. Einem Entscheidverfahren hat danach für gewöhnlich ein Schlichtungsverfah­ ren vorauszugehen. Die Einreichung eines Schlichtungsgesuchs begründet denn auch bereits die Rechtshängigkeit gemäss Art.  62 Abs.  1 ZPO. Mit Blick auf die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien stellt sich die Frage, ob diese be­ reits von den Schlichtungsbehörden überprüft werden darf bzw. muss und wie eine Schlichtungsbehörde vorzugehen hat, wenn es der Meinung ist, dass nicht die richtigen Parteien am Prozess beteiligt sind. Auf diese Frage lässt sich der ZPO keine klare Antwort entnehmen. Der Wortlaut von den Art.  59 f. ZPO spricht bloss von einem „Gericht“. Ob damit auch Schlichtungsbehörden ge­ meint sind, wird in der Lehre und in der kantonalen Rechtsprechung kontrovers diskutiert.72 Das Bundesgericht hat sich dazu bislang noch nicht geäussert. Klar erscheint zunächst, dass den Schlichtungsbehörden in denjenigen Fäl­ len, in denen sie selbst einen Entscheid zur Sache fällen können, auch die Be­ fugnis zukommen muss, über die Prozessvoraussetzungen zu urteilen, d. h. bei Nichtvorliegen einer Prozessvoraussetzung einen Nichteintretensentscheid zu erlassen.73 Gemäss Art.  212 ZPO kann eine Schlichtungsbehörde in vermögens­ rechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 2000 in der Sache entscheiden, sofern die klagende Partei einen entsprechenden Antrag stellt. Die Schlichtungsbehörde figuriert in solchen Fällen als ein echte erstinstanz­liche Entscheidinstanz74 mit der Folge, dass sie, wie ein ordentliches Gericht, nur dann einen Entscheid zur Sache erlassen kann, wenn sämtliche Prozessvoraus­ setzungen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt vorliegen.75 Dies muss selbstredend auch für die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien gelten, da der zur Beurteilung vorgelegte Sachanspruch hier, ebenso wie wenn er von ei­ nem ordentliches Gericht beurteilt werden würde, in materielle Rechtskraft ­erwächst. Inwieweit die Schlichtungsbehörden in den übrigen Fällen, in denen sie über keine Entscheidkompetenz verfügen, bei Nichtvorliegen einer der Prozessvor­ aussetzungen einen Nichteintretensentscheid fällen dürfen, ist hochumstritten. S. statt aller Schrank, Grundsatzfragen, S.  4 ff. m. w. Nachw. Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 10; Schrank, Schlichtungsverfahren, N 219; Schrank, Grundsatzfragen, S.  4; Weingart/Penon, ZBJV 151/2015, S.  468; Dolge/Infanger, S.  29; ­Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 6d; Zingg, BK ZPO I, Art.  60 N 23; Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.1, LGVE 2016 I Nr.  8; Urteil des KGer GR ZK1 16 42 vom 3. Mai 2016 E. 2. b; Urteil des OGer AG vom 16. November 2011 E. 3.2.1, AGVE 2011, S.  33 ff. 74  Botschaft ZPO, S.  7334. 75  Zingg, BK ZPO I, Art.  60 N 23; Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.1, LGVE 2016 I Nr.  8. 72 

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

Einer Ansicht folgend sollen die Schlichtungsbehörden dies nur bei offensichtli­ cher Unzuständigkeit tun dürfen.76 Einer anderen Ansicht zufolge sollen die Schlichtungsbehörden nur über diejenigen Prozessvoraussetzungen befinden dürfen, die für die Gültigkeit der Klagebewilligung von Bedeutung sind. Die Schlichtungsbehörde soll einerseits über diejenigen Prozessvoraussetzungen befinden dürfen, die sich auf ihr eigenes Tätigwerden beziehen, wozu neben der Gerichtsbarkeit auch die Prozessvoraussetzungen der fehlenden anderweitigen Rechtshängigkeit und der fehlenden materiellen Rechtskraft gezählt werden, andererseits aber auch über diejenigen Porzessvoraussetzungen, die Vorausset­ zung für ein gültiges Schlichtungsverfahren bilden, wozu namentlich die Par­ tei- und Prozessfähigkeit der Parteien gezählt werden.77 Schliesslich wird auch die Meinung vertreten, Schlichtungsbehörden seien nicht dazu befugt, über das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen mittels Nichteintretensentscheids zu be­ finden, da ihnen keine Gerichtsbarkeit zusteht und sie daher nicht als ein „Ge­ richt“ im Sinne der Art.  59 f. ZPO aufgefasst werden können.78 Der letztgenannten Ansicht ist in der Sache beizupflichten. Wie das Bundes­ gericht bereits festgehalten hat, handelt es sich bei der Schlichtungsbehörde nicht um ein Gericht.79 Die Schlichtungsbehörde ist für gewöhnlich nicht zu einem Entscheid in der Sache berufen, sondern hat im Rahmen eines weitge­ hend formlosen Verfahrens bloss auf eine vorprozessuale Einigung der Parteien hinzuarbeiten. Dieses formlose Verfahren ist nun gerade nicht darauf ausgelegt, Rechtsfragen einer endgültigen Beurteilung zuzuführen,80 gleich ob diese die Zulässigkeit oder die Begründetheit der Klage betreffen. Den sich mehrheitlich aus Laien zusammensetzenden Schlichtungsbehörden wird dafür ohnehin in aller Regel die Fachkenntnis abgehen.81 Sämtliche der in der Lehre und Recht­ sprechung vertretenen Ansichten kommen aber ohnehin im Hinblick auf die uns hier interessierende Frage zum selben Ergebnis, nämlich, dass es, abgesehen von den Fällen nach Art.  212 ZPO, nicht in der Entscheidungskompetenz einer Schlichtungsbehörde liegt, über die Prozessvoraussetzung der richtigen Partei­ Dolge/Infanger, S.  29, 32, 109; Bohnet, Comm. CPC, Art.  60 N 17; Infanger, BSK ZPO, Art.  202 N 20; Urteil des KGer GR ZK1 16 42 vom 03. Mai 2016 E. 2. e; Urteil des OGer ZH LU130001 vom 30. April 2013 E. 3.2. 77  Weingart/Penon, ZBJV 151/2015, S.  478; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 6b; Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.2.1, LGVE 2016 I Nr.  8. 78  Schrank, Schlichtungsverfahren, N 208 ff., insb. 211 ff.; Schrank, Grundsatzfragen, S.  5 f.; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 10; Urteil des OGer AG vom 16. November 2011 E. 3.2.1, AGVE 2011, S.  33 ff. 79  BGE 139 III 273 E. 2.3. 80  Schrank, Schlichtungsverfahren, N 211; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 6c. 81 Ähnlich Schrank, Schlichtungsverfahren, N 211; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 6c. 76 

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en zu urteilen.82 Dies mit Recht: Die Frage, wer als die richtige Parteien in ei­ nem Verfahren anzusehen sind, bestimmt sich anhand des dem Streitgegenstand zugrunde liegenden streitigen Rechtsverhältnisses. Dieses zu bestimmen wird aber regelmässig eine rechtliche Beurteilung des klägerischen Sachvortrages voraussetzen, da die klagende Partei anerkanntermassen selbst nicht die rechtli­ che Grundlage für ihre Klage zu nennen braucht.83 Es gilt der Grundsatz iura novit curia.84 Die Schlichtungsbehörde erscheint für eine solche rechtliche Be­ urteilung ungeeignet, weshalb ihr auch die Befugnis abzusprechen ist, über die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien selbstständig zu urteilen. Ist die Schlichtungsbehörde der Ansicht, es handle sich bei einer der am Ver­ fahren formell beteiligten Parteien nicht um die richtige Partei, so hat sie die Parteien darauf hinzuweisen und dem Gesuchssteller die Möglichkeit zu geben, sein Schlichtungsgesuch zurückzuziehen.85 Zieht der Gesuchsteller sein Schlich­tungsgesuch dennoch nicht zurück, so hat die Schlichtungsbehörde im Falle einer unterbleibenden Einigung eine Klagebewilligung auszustellen und den Entscheid über die Zulässigkeit der Klage dem ordentlichen Gericht zu überlassen.86

3. Vorgehen im Falle der Beteiligung falscher Parteien Kommt das Gericht zum Schluss, es handle sich bei einer der am Prozess be­ teiligten Parteien nicht um die richtige Partei, so darf es keinen Entscheid zur Sache fällen, sondern muss das Verfahren mittels Nichteintretensentscheids be­ enden. Fraglich erscheint, ob das Gericht Letzteren auch ohne vorgängige An­ hörung der Parteien fällen darf, mithin sogar a limine litis, d. h. bevor es die Klageschrift überhaupt der beklagten Partei zustellt. In der Lehre wird allge­ 82  Vgl. Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.2.2, LGVE 2016 I Nr.  8, wonach der Schlichtungsbehörde hinsichtlich der Prozessvoraussetzung der Aktiv- und Pas­ sivlegitimation die Entscheidkompetenz fehlt. Gemeint ist hier offensichtlich die Frage nach den richtigen Parteien. Implizit so wohl auch BGer 4A_135/2018 vom 27. April 2018 E. 2. 83  Art.  221 Abs.  3 und Art.  244 Abs.  2 ZPO. 84  Art.  57 ZPO. 85  Schrank, Grundsatzfragen, S.  7 f.; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 10; Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.2.2, LGVE 2016 I Nr.  8. In diesem Zusammenhang wird auch betont, dass nicht die Prüfungskompetenz der Schlichtungsbehörde eingeschränkt sei, sondern ausschliesslich ihre Entscheidkompetenz: Urteil des OGer ZH LU130001 vom 30. April 2013 E. 3.2; Schrank, Schlichtungsverfahren, N 211; Schrank, Grundsatzfragen, S.  7. 86  Schrank, Grundsatzfragen, S.  7 f.; Urteil des KGer LU 1B 15 59 vom 24. März 2016 E. 6.3.2.2, LGVE 2016 I Nr.  8. Kommt das ordentliche Gericht in der Folge zum Schluss, dass am obligatorischen Schlichtungsverfahren die falschen Parteien teilgenommen haben, so wird es auf die Klage auch mangels gültiger Klagebewilligung nicht einzutreten haben: BGer 4A_135/2018 vom 27. April 2018 E. 2.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

mein mit Blick auf die Prozessvoraussetzungen vorgetragen, dass bei Vorliegen eines verbesserlichen Mangels das Gericht den Parteien noch vor Erlass eines Nichteintretensentscheids Gelegenheit zur Heilung desselben geben muss.87 Na­ mentlich dort, wo die Möglichkeit einer Einlassung besteht, muss das Gericht der beklagten Partei dazu Gelegenheit geben.88 Eine Heilung des Mangels der Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien ist in einem hängigen Verfahren aufgrund der mit Eintritt der Rechtshängigkeit einhergehenden Fixierung der Parteien nur mittels eines Parteiwechsels möglich,89 indem an die Stelle der falschen formellen Partei die prozessaussenstehende richtige Partei in den Pro­ zess eintritt. Auf genau diesen Sachverhalt ist die Norm von Art.  83 Abs.  4 1. Teilsatz ZPO zugeschnitten, die die Zulässigkeit des sog. schlichten Partei­ wechsels regelt. Gemäss Lehre und Rechtsprechung wird ein solcher jeweils dann von Bedeutung sein, wenn sich im Verlauf des Verfahrens zeigt, dass die Sachlegitimation auf der einen oder anderen Seite fehlt und diese noch im Ver­ fahren saniert werden soll.90 Hier wird der Begriff der Sachlegitimation wiede­ rum an die Parteistellung rückgebunden, was wie eingangs erläutert gerade nicht mehr angeht.91 Die Sachlegitimation beschlägt heutzutage nicht mehr die Frage nach den richtigen Parteien, sondern stellt lediglich eine prozessuale Be­ zeichnung für die sich aus dem materiellen Recht ergebende Rechtszuständig­ keit dar. Es ist denn auch nicht davon auszugehen, dass Art.  83 Abs.  4 1. Teilsatz ZPO lediglich oder überhaupt auf diejenigen Fälle Anwendung finden will, in denen sich zwar die richtigen Parteien gegenüberstehen, sich aber im Verlauf des Verfahrens herausstellt, dass das zur Beurteilung vorgelegte Recht bzw. Rechtsverhältnis als solches nicht besteht. Art.  83 Abs.  4 1. Teilsatz ZPO nimmt vielmehr gerade diejenigen Fälle ins Visier, bei denen mit Blick auf das zur Beurteilung vorgelegte Recht bzw. Rechtsverhältnis nicht die richtigen Parteien am Prozess beteiligt sind.92 Ein schlichter Parteiwechsel setzt die Zustimmung aller Beteiligten voraus, mithin neben der Zustimmung der neueintretenden Partei auch diejenige der Zingg, BK ZPO I, Art.  60 N 52; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 3; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 17 ff. 88  Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 8; Zingg, BK ZPO I, Art.  60 N 52; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 4, 12 m. w. Nachw.; Hoffmann-Nowotny, N 73. 89  Lötscher, N 224. 90  Domej, KUKO ZPO, Art.  83 N 14; Graber, BSK ZPO, Art.  83 N 34; Schwander, ZPOKomm., Art.  83 N 10, 36; Willisegger, S.  115. Noch vor Inkrafttreten der ZPO: BGE 118 Ia 129 E. 2.b. 91  S. vorne 2.  K ap.  I II. 92  Vgl. Graber, BSK ZPO, Art.  83 N 34 wo explizit mit Blick auf Art.  83 Abs.  4 1. Teilsatz ZPO von den „richtigen“ Parteien gesprochen wird. 87 

III. Voraussetzung für eine Beendigung des Verfahrens

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Gegenpartei.93 Vor diesem Hintergrund erscheint die Fällung eines Nichteintre­ tensentscheids a limine litis ausgeschlossen, da dies dazu führen würde, dass den Parteien die Möglichkeit eines schlichten Parteiwechsels nach Art.  83 Abs.  4 1. Teilsatz ZPO genommen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gericht die Parteien noch vor Erlass eines förmlichen Nichteintretensent­ scheids darauf hinzuweisen hat, dass es der Ansicht ist, dass es sich bei einer der am Verfahren formell beteiligten Parteien nicht um die richtige Partei handelt und ihnen so mit Blick auf den ihnen zukommenden Anspruch auf rechtliches Gehör Gelegenheit gibt, sich dazu zu äussern.94 Von der Möglichkeit eines schlichten Parteiwechsels ist die bloss formelle Berichtigung der Parteibezeichnung zu unterscheiden.95 Eine solche ist immer und voraussetzungslos möglich, kommt aber nur dann in Betracht, wenn die ursprüngliche Parteibezeichnung auf einem offensichtlichen, redaktionellen Versehen beruht und die Identität der eigentlich gemeinten Partei von Anfang an eindeutig feststand, sodass jede Gefahr einer Verwechslung ausgeschlossen werden kann.96

III. Voraussetzung für eine Beendigung des Verfahrens ohne Entscheid nach Art.  241 ZPO? Die ZPO sieht in Art.  241 drei Entscheidsurrogate vor, die zu einer rechtskräfti­ gen Beendigung des Verfahrens ohne Entscheid zur Sache führen, nämlich den (gerichtlichen) Vergleich, die Klageanerkennung sowie den Klagerückzug. Bis­ lang wurde erarbeitet, dass zwecks Funktionserhaltung der materiellen Rechts­ kraft von einer den Erlass eines Sachurteils bedingenden Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien ausgegangen werden muss. Es stellt sich nun die Frage, ob das Gleiche für das Zustandekommen einer der in Art.  241 ZPO genannten Ent­ scheidsurrogate zu fordern ist, mithin ob diese nur von den richtigen Parteien rechtswirksam abgeschlossen werden können. Schwander, ZPO-Komm., Art.  83 N 36; Domej, KUKO ZPO, Art.  83 N 14. Noch vor Inkrafttreten der ZPO: BGE 118 Ia 129 E. 2.b, wo dem Zustimmungserfordernis der Gegen­ partei gar Verfassungsrang zugestanden wurde. 94 Einen Gehörsanspruch hinsichtlich der Prozessvoraussetzungen ebenfalls bejahend: Hoffmann-Nowotny, N 73; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 13; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 8. 95  Urteil des BGer 4A_116/2015 vom 9. November 2015 E. 3.5.1 (Erwägung nicht publi­ ziert in BGE 141 III 539). 96  BGE 120 III 11 E. 1b; BGE 131 I 57 E. 2.2; BGE 136 III 545 E. 3.4.1; Urteil des BGer 4A_116/2015 vom 9. November 2015 E. 3.5.1 m. w. Nachw.; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 2; Graber, BSK ZPO, Art.  83 N 34. 93 

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

Grundsätzlich gilt, dass die Parteien zur Vornahme einer der in Art.  241 Abs.  1 ZPO aufgelisteten Prozesshandlungen bis zur Eröffnung eines Entschei­ des (Art.  239 ZPO) soweit befugt sind, als der Dispositionsgrundsatz reicht.97 Das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs bzw. die Vornahme einer Klageanerkennung oder eines Klagerückzugs beendigen das Verfahren gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung unmittelbar; dem nach Art.  241 Abs.  3 ZPO zu erfolgenden Abschreibungsbeschluss kommt bloss deklaratorische Be­ deutung zu.98 Unklar ist, welchen materiellen und prozessualen Voraussetzun­ gen die genannten Parteihandlungen zu genügen haben, damit ihnen wie in Art.  241 Abs.  2 ZPO vorgesehen „die Wirkung eines rechtskräftigen Entschei­ des“ – womit die materielle Rechtskraft gemeint ist99 – zukommt und sie damit als Entscheidsurrogate angesehen werden können. Materiellrechtlich wird für gewöhnlich gefordert, dass das dem Streitgegenstand zugrunde liegende streiti­ ge Rechtsverhältnis in der freien Verfügungsbefugnis der Partei(en) liegt.100 Welche weiteren, materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen zu beachten sind, ist nicht restlos geklärt, so namentlich ob ein Willensmangel die Parteidispositi­ on als solche ungültig oder bloss anfechtbar macht.101 Prozessrechtlich wird die Partei- und Prozessfähigkeit der Parteien vorausgesetzt.102 Ob und falls ja, wel­ che weiteren Prozessvoraussetzungen vorliegen müssen, damit von einem gülti­ gen Entscheidungssurrogat ausgegangen werden kann, ist nicht abschliessend geklärt.103 Fraglich erscheint schliesslich, inwieweit dem Gericht mit Blick auf den nach Art.  241 Abs.  3 ZPO zu erfolgenden Abschreibungsbeschluss eine Überprüfungsbefugnis zukommt. Die herrschende Lehre stellt sich auf den 97  Killias, BK ZPO II, Art.  241 N 4; Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  241 N 1, 24; Gschwend/Steck, BSK ZPO, Art.  241 N 9; Leumann Liebster, ZPO-Komm., Art.  241 N 6; Vgl. BGE 141 III 376 E. 3.3.3, wo das Bundesgericht die Frage, ob Art.  241 ZPO aufgrund von Art.  219 ZPO auch auf das summarische Verfahren Anwendung findet, explizit offen liess. Mit Blick auf den Klagerückzug wird teils die Ansicht vorgetragen, ein solcher sei stets zu­ lässig, d. h. auch dort wo der Dispositionsgrundsatz nicht zur Anwendung gelangt: Gschwend/ Steck, BSK ZPO, Art.  241 N 9 m. w. Nachw. 98  BGE 139 III 133 E. 1.2 mit Blick den gerichtlichen Vergleich; Urteil des BGer 5A_327/2015 vom 17. Juni 2015 E. 1 mit Blick auf sämtliche der in Art.  241 Abs.  1 ZPO ge­ nannten Entscheidsurrogate; Botschaft ZPO, S.  7345; Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  241 N 11; Gschwend/Steck, BSK ZPO, Art.  241 N 4; Killias, BK ZPO II, Art.  241 N 26 ff.; ­Leumann Liebster, ZPO-Komm., Art.  241 N 17a; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  23 N 18. 99  Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  241 N 34. 100  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 34 ff.; Killias, BK ZPO II, Art.  241 N 44. Vor Inkrafttreten der ZPO so bereits Habscheid, Zivilprozessrecht, N 537. 101  S. hierzu statt aller Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 40. 102  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 42; Leumann Liebster, ZPO-Komm., Art.  241 N 24. 103  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 42 m. w. Nachw.

III. Voraussetzung für eine Beendigung des Verfahrens

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Standpunkt, dass dem Gericht trotz der an sich bloss deklaratorischen Natur des Abschreibungsbeschlusses nach Abs.  3, eine gewisse Überprüfungsbefugnis zukomme,104 da mit diesem das Gericht implizit auch eine Bestätigung abgebe, dass es die Parteidisposition für rechtswirksam erachtet, d. h. es von einem wirksamen Entscheidsurrogat ausgeht.105 Der Umstand, dass das Gericht bei den in Art.  241 ZPO genannten Entscheid­ surrogaten selbst keinen Entscheid fällt, sondern die Beendigung aufgrund ei­ ner der in Art.  241 Abs.  1 ZPO genannten Parteihandlungen beruht, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Letzteren erst und nur aufgrund der gesetzlichen Anordnung in Art.  241 Abs.  2 ZPO materielle Rechtskraftwirkungen zukom­ men. Ohne eine entsprechende gesetzliche Anordnung können die Parteien die materielle Rechtskraft als Ausfluss der hoheitlichen Entscheidtätigkeit des Ge­ richts106 gerade nicht parteiautonom herbeiführen. Da nun aber das Zivilpro­ zessrecht zwecks Funktionserhaltung der materiellen Rechtskraft dafür zu ­sorgen hat, dass nur die richtigen Parteien eine rechtskräftige Beurteilung des Streitgegenstandes erwirken können, wird man auch für die in Art.  241 ZPO genannten Parteihandlungen zu fordern haben, dass die richtigen Parteien im Prozess beteiligt sind. Andernfalls entstünde der falsche Anschein einer end­ gültigen Beurteilung des Streitgegenstandes, und damit auch die Gefahr sich widersprechender materiell rechtskräftiger Entscheidungen, was sowohl dem Ansehen des Gerichts als auch der Rechtssicherheit abträglich wäre. Geben die falschen Parteien einen Vergleich, eine Klageanerkennung oder einen Klage­ rückzug dem Gericht zu Protokoll, hat dieses das Verfahren dementsprechend nicht abzuschreiben, da zwischen den falschen Parteien gerade kein Entscheids­ surrogat im Sinne von Art.  241 ZPO zustande kommen kann.107 In einem sol­ chen Fall wird das Gericht das Verfahren vielmehr entgegen den Parteianträgen mittels Nichteintretensentscheids abzuschliessen haben.

104  Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  23 N 23; Gschwend/Steck, BSK ZPO, Art.  241 N 14; Leumann Liebster, ZPO-Komm., Art.  241 N 19; Killias, BK ZPO II, Art.  241 N 44 f., 47; Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 11, 22; zurückhaltender Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  241 N 17. 105  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 22; Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  241 N 12; Killias, BK ZPO II, Art.  241 N 31, 33; Gschwend/Steck, BSK ZPO, Art.  241 N 16; Leumann Liebster, ZPO-Komm., Art.  241 N 21; Lerch, Handkomm. ZPO, Art.  241 N 9. 106  Oberhammer, BSK ZPO (1.Aufl.), Art.  241 N 21. 107 Selbstredend können aber auch falsche Parteien miteinander einen aussergericht­ lichen Vergleich abschliessen. Bei diesem handelt es sich im Unterschied zum gerichtlichen Vergleich nach Art.  241 ZPO um einen rein privatrechtlichen Innominatkontrakt, s. BGE 100 II 144 E. 1c; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  23 N 25.

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7. Kapitel:  Prozessuale Behandlung

IV. Folgen einer fehlerhaften Beurteilung Geht das Gericht fälschlicherweise davon aus, dass sowohl kläger- und beklag­ tenseitig die richtigen Parteien am Verfahren beteiligt sind, und erlässt in dieser Annahme in der Folge einen Sachentscheid, so stellt sich die Frage, ob ein sol­ cher Entscheid rechtswirksam ist.108 Grundsätzlich gilt, dass auch fehlerhafte gerichtliche Entscheide gültig und rechtswirksam sind.109 Sind die Parteien der Ansicht, dass das Gericht falsch geurteilt hat, so stehen ihnen die Rechtsmittel zur Verfügug, um den Entscheid durch Rechtsmittelinstanzen überprüfen zu lassen. Umstritten ist hingegen, ob ein Sachurteil bei Fehlen einer Prozess­ voraussetzung nicht schon als absolut nichtig anzusehen ist,110 mit der Folge, dass es auch ohne Anfechtung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet.111 Fehler­ hafte Entscheide gelten nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung als nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, er sich als offen­ sichtlich oder zumindest leicht erkennbar erweist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird.112 In den Fällen, in denen weder kläger- noch beklagtenseitig eine Prozessstand­ schaft gefordert wird, wird es wohl kaum je dazu kommen, dass das Gericht die Frage nach den richtigen Parteien falsch beurteilen wird. Spricht das Gericht einer Partei fälschlicherweise ein vermeintlich eigenes Recht zu oder ab, so wird darin keine fehlerhafte Beurteilung der Prozessvoraussetzung der richti­ gen Parteien zu erblicken sein, sondern vielmehr eine fehlerhafte Beurteilung der Frage der Sachlegitimation im Sinne der Rechtszuständigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts führen solch inhaltliche Mängel regelmäs­ sig nicht dazu, dass der Entscheid als solcher als nichtig zu qualifizieren ist.113 Durchaus vorstellbar ist dagegen, dass ein Gericht in einem von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Fall der ausschliesslichen Prozessstandschaft die­ se übersieht und eine Sachentscheidung in einem Verfahren mit dem vermeint­ 108  Dem Abschreibungsbeschluss nach Art.  241 Abs.  3 ZPO kommt ohnehin nur deklara­ torische Wirkung zu, s. vorne 7.  Kap.  Fn.  98. 109  Hoffmann-Nowotny, N 77. 110  Zingg, BK ZPO I, Art.  60 N 50 f.; Domej, KUKO ZPO, Art.  59 N 12; Hoffmann-Nowotny, N 77 ff.; Urteil des HGer AG HSU.2014.36 und HSU.2014.37 vom 30. Juli 2014 E. 2.2.2, CAN 2015 Nr.  8, S.  26 ff. 111  Hoffmann-Nowotny, N 78. Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechts­ anwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten: BGE 137 I 273 E. 3.1; BGE 138 II 501 E. 3.1. 112  BGE 137 I 273 E. 3.1 m. w. Nachw.; BGE 138 II 501 E. 3.1; Urteil des BGer 6B_997/2016 vom 10. November 2016 E. 3. 113  BGE 137 I 273 E. 3.1 m. w. Nachw.; BGE 138 II 501 E. 3.1; Urteil des BGer 6B_997/2016 vom 10. November 2016 E. 3.

IV. Folgen einer fehlerhaften Beurteilung

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lichen Rechtsinhaber als Partei erlässt. Hier wird man im Einzelfall zu prüfen haben, ob die Beweggründe, welche die Prozessstandschaft notwendig werden liessen, die Annahme der Nichtigkeit des Entscheides rechtfertigen oder nicht, wobei Nichtigkeit mit Blick auf die Rechtssicherheit nur mit grosser Zurück­ haltung angenommen werden kann.

8. Kapitel

Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft? I. Meinungsstand Rechtsprechung und herrschende Lehre gehen davon aus, dass eine gewillkürte Prozessstandschaft, „d. h. eine rechtsgeschäftlich eingeräumte Befugnis, einen Prozess in eigenem Namen als Partei anstelle des materiell Berechtigten zu füh­ ren“, nach schweizerischem Recht grundsätzlich unzulässig ist.1 Das Bundes­ gericht vertritt dabei in ständiger Rechtsprechung2 die Ansicht, dass die Befug­ nis, einen Prozess im eigenen Namen führen zu können nicht isoliert, sondern jeweils nur mit dem Anspruch als solchem rechtsgeschäftlich übertragen wer­ den kann.3 Diese Rechtsprechung reicht zurück auf einen Grundsatzentscheid aus dem Jahre 1952, indem das Bundesgericht festhielt: „D’une façon générale, le créance ne peut pas être scindée en une prétention de fond et un droit d’action (Klagerecht). Le droit suisse ne connaît pas une cession portant sur la seule faculté de déduire une créance en justice; il connaît seulement la cession de la créance comme telle, qui fait passer au concession­naire la qualité pour intenter action. En conséquence, une personne ne peut pas être chargée de faire valoir en son propre nom le droit d’autrui.“4

Diese Ansicht gründet auf der Vorstellung, wonach dem materiellen Anspruch, gedacht als ein Bündel von Einzelbefugnissen, unter anderem auch die Klage­ befugnis (bzw. in der vom Bundesgericht verwendeten Teminologie: das „Kla­ gerecht“) immanent ist und dass Letztere vom materiellen Anspruch nicht abge­ spaltet werden kann, ohne dass dieser seines Wessensgehalts verlustig werden würde.5 Von dieser Rechtsprechung ist das Bundesgericht in einigen wenigen Entscheiden abgewichen und hat, wenn auch nicht expressis verbis, so doch in der Sache, eine gewillkürte Proezssstandschaft zugelassen.6 Diese Entscheide 1 

Urteil des BGer 5A_578/2009 vom 12. Oktober 2009 E. 2.5. BGE 78 II 265, 274 E. 3a; BGE 129 III 715 E. 3.3.; BGE 130 III 417 E.3.4; BGE 137 III 293 E. 3.2. m. w. Nachw.; Urteil des BGer 4A_710/2014 vom 3. Juli 2015 E. 5 (Erwägung nicht publiziert in BGE 141 III 289); Urteil des BGer 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5.2. 3  BGE 137 III 293 E. 3.2 m. w. Nachw. 4  BGE 78 II 265 E. 3a. 5  S. vorne 4.  K ap.  I II. 2. c. 6  So in BGE 113 II 190, wo das Bundesgericht davon ausging, dass der Lizenznehmerin 2 

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8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft?

waren indessen allesamt geprägt vom Bemühen um die Herstellung eines Inter­ esssensausgleichs im konkreten Einzelfall.7 Das Bundesgericht argumentierte in ihnen streng fallbezogen und gab nicht zu erkennen, dass es gewillt ist, eine gewillkürte Prozessstandschaft über den jeweiligen Einzelfall hinaus anzuer­ kennen. So hält es in seinen jüngsten Entscheiden auch weiterhin mit Verweis auf die ältere Rechtsprechung ganz allgemein dafür, dass eine gewillkürte Pro­ zessstandschaft in der Schweiz unzulässig ist.8 Die vom Bundesgericht vorgetragene Ansicht, wonach die Klagebefugnis nicht vom materiellen Anspruch bzw. vom subjektiven Privatrecht abgetrennt werden könne und deshalb eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht möglich sei, wird nur vereinzelt auch in der Lehre zur Begründung der Unzulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft vorgetragen, so etwa von Wiegand, der in diesem Zusammenhang auch auf die in Österreich ergangene Rechtsprechung9 verweist.10 Die Mehrheit der sich im Schrifttum gegen die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft äussernden Stimmen führt dagegen selbst kei­ ne eigene Begründung an, sondern begnügt sich damit, auf die bundesgerichtli­ che Rechtsprechung zu verweisen.11 Lötscher spricht sich in ihrem kürzlichen erschienen Werk ebenfalls gegen die Möglichkeit einer gewillkürten Prozess­ standschaft aus, führt hierfür in erster Linie jedoch nicht dogmatische Beden­ ken an, sondern argumentiert mit den praktische Folgeproblemen, die sich gene­ rell aus der Annahme einer Prozessstandschaft ergeben.12 Nur vereinzelt wird im hiesigen Schrifttum die Gegenauffassung vertreten, wonach es wie im deutschen Recht möglich sein sollte, privatrautonom eine mittels vertraglicher Ermächtigung unter anderem auch das Klagerecht übertragen wurde (E. I.1.c) sowie in BGE 119 II 452, wo die Klage eines Inkassobevollmächtigten zugelassen wurde, nachdem der Schuldner ihm gegenüber eine Schuldanerkennung abgegeben hatte. S. zu diesen Entcheiden Berger/Güngerich, recht, S.  133 ff. Vogel, ZBJV 131 (1995), S.  453 f. sowie ausführlich Lötscher, N 615 ff., 629 ff. 7  So auch Lötscher, N 627. 8  Urteil des BGer 4A_710/2014 vom 3. Juli 2015 E. 5 (Erwägung nicht publiziert in BGE 141 III 289) sowie in 4A_250/2016 vom 11. August 2016 E. 5.2. 9  Urteil des OGH 3Ob522/95 vom 22. Februar 1995, SZ 68/36, S.  214: „Seine materiell­ rechtliche Begründung findet das grundsätzliche Verbot der gewillkürten Prozeßstandschaft aber darin, daß die Klagebefugnis in untrennbarem Zusammenhang mit dem Hauptrecht steht […], das Eintreibungsrecht das Wesen des Anspruches ausmacht und daher von diesem nicht getrennt werden kann […].“ 10  Wiegand, S.  130 f. 11  Graber, BSK ZPO, Art.  83 N 11; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  13 N 26; Zürcher, ZPO-Komm., Art.  59 N 68; Spühler/Dolge/Gehri, 4.  Kap.  N 47; Leuenberger/Uffer-Tobler, N 3.83; Sutter-Somm, Zivilprozessrecht, N 193; Hohl, N 821 ff.; Bohnet, Procédure, N 398. Noch vor Inkrafttreten der ZPO: Kopp, S.  62. Frank/Sträuli/Messmer, §  49 ZPO ZH N 8. 12  Lötscher, N 697 ff.

II. Stellungnahme und eigene Lösung

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Prozessstandschaft zu begründen.13 Berger/Güngerich führen aus, dass allein die öffentlichrechtliche Natur des Klagerechts der Möglichkeit einer rechtsge­ schäftlichen Übertragung nicht entgegenstehe. Da das Klagerecht nur den sach­ legitimierten Personen zukomme, die Sachlegitimation sich aber ausschliesslich aus dem materiellen Zivilrecht ergebe, stünde einer Dispositon über das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruches im Rahmen der Vertrags­ freiheit nichts entgegen.14 Sie stellen sich dabei auf den Standpunkt, dass die gewillkürte Prozessstandschaft, unter Beachtung der im deutschen Recht ent­ wickelten Voraussetzungen, auch in der Schweiz zulässig sein sollte.15

II. Stellungnahme und eigene Lösung Die Vorstellung einer dem materiellen Anspruch bzw. dem subjektiven Privat­ recht immanenten Einzelbefugnis „Klagebefugnis“ lässt sich, wie zu Beginn dieser Arbeit aufgezeigt, nicht halten.16 Das subjetive Privatrecht vermittelt dem Rechtsinhaber weder ein Recht auf richterliche Beurteilung, noch verschafft es ihm einen vorpozessual bestehend gedachten Anspruch auf ein in der Sache günstiges Urteil. Vor diesem Hintergrund können die von Lehre und Rechtspre­ chung vorgetragenen Ansichten grossmehrheitlich nicht verwertet werden, gleich ob sie sich für oder gegen die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozess­ standschaft aussprechen. Sie gehen nämlich fälschlicherweise von der Vorstel­ lung aus, dass Dispositonsgegenstand bei der einer gewillkürten Prozessstand­ schaft zugrunde liegenden Ermächtigung die dem subjektiven Privatrecht inne­ wohnende Klagebefugnis bildet. Da eine solche aber wie gesehen nicht existiert, kann sie auch nicht Gegenstand von privatautonomen Dispositonen bilden.17 Es stellt sich damit die Frage, worüber im Falle einer gewillkürten Prozessstand­ schaft überhaupt disponiert wird bzw. was für ein Vorgang der gewillkürten Prozessstandschaft eigentlich zugrunde liegt.

13  Berger/Güngerich, recht 2003, S.  138 f.; Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, §  6 N 351 ff.; so wohl auch Schumacher, N 333 ff. Sich ebenfalls kritisch gegen das Dogma der Unzulässigkeit gewillkürter Prozessstandschaften äussernd: Domej, KUKO ZPO, Art.  67 N 29 sowie Art.  59 N 21; Habscheid, Zivilprozessrecht, N 277. 14  Berger/Güngerich, recht 2003, S.  138. Auf Berger/Güngerich verweisend bezeichnet es Schumacher, N 333 als „allgemein fraglich, weshalb die Parteien über das Recht zur gericht­ lichen Geltendmachung nicht zumindest grundsätzlich frei disponieren können sollen.“ 15  Berger/Güngerich, recht 2003, S.  139; Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, §  6 N 354. 16  S. vorne 4.  K ap.  I II. 2. c. 17  So für das deutsche Recht auch Kass, S.  333.

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8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft?

In der deutschen Lehre wurde die gewillkürte Prozessstandschaft zu Beginn immer wieder in die Nähe der materiellen Einziehungsermächtigung gestellt.18 Von dieser Ansicht ist man im Laufe der Zeit abgekommen; Lehre und Recht­ sprechung unterscheiden heute zwischen der materiellen Einziehungsermächti­ gung und der prozessualen Prozessführungsermächtigung.19 Dieser Ansicht ist im Ergebnis beizupflichten. Mittels einer materiellen Einziehungsermächti­ gung, welche eine rechtsfremde Person dazu ermächtigt, ausserprozessual rechtswirksam Einziehungshandlungen vorzunehmen,20 lässt sich zutreffender Ansicht nach selbst noch keine gewillkürte Prozessstandschaft herbeiführen. Wer als richtiger Kläger anzusehen ist, bestimmt sich wie gesehen auch bei den Leistungsklagen weder unmittelbar noch bloss mittelbar nach der behaupteten Einziehungsbefugnis, sondern mittelbar nach der behaupteten Vollrechtsinha­ berschaft.21 Eine gewillkürte Prozessstandschaft lässt sich weiter auch nicht durch eine Übertragung der „Prozessführungbefugnis“ erreichen. Wie bereits erwähnt lässt sich die mittels Qualifikation als richtige Partei vermittelte Rechtsposition nicht als eine eigenständige, vorprozessuale Befugnis der richtigen Parteien auffassen. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien stellt vielmehr eine einfachgesetzliche Beschränkung des konventions- und verfassungsrechtlich verbürgten Justizgewährungsanspruchs dar.22 Treten die richtigen Parteien als solche in einem Prozess gegeneinander an, so kommt diese Beschränkung nicht zum Tragen. Einer falschen Partei kommt damit selbst bereits ein Anspruch auf Justizgewährung zu,23 nur reicht dieser potentiell nicht soweit wie derjenige ei­ ner richtigen Partei, da sie als falsche Partei kein Sachurteil erwirken kann. Der vermeintliche Rechtsinhaber kann einer rechtsfremden und damit an sich fal­ schen Partei nun nicht einfach gesondert die Befugnis übertragen, eine Sachent­ scheidung zu erwirken. Diese Rechtspostition ist ihm vorprozessual noch nicht zugewiesen, sondern kommt ihm im Verfahren nur unter bestimmten Voraus­ setzungen, darunter auch aufgrund seiner Beziehung zu dem dem Streitgegen­ stand zugrunde liegenden streitigen Rechtsverhältnis, zu.24 Die Annahme, dass 18 

Zur geschichtlichen Entwicklung der gewillkürten Prozessstandschaft und deren engen Verwobenheit mit der Anerkennung der Einziehungsermächtigung s. statt aller Frank, ZZP 92 (1979), S.  327 ff. 19  Urteil des BGH vom 20. Januar 2012, NJW 2012, S.  1207 ff.; Jacboby, Stein/Jonas-­ Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  50 N 59; Haas, S.  538 f.; Schack, S.  871; Koch, JZ 39 (1984), S.  810; Kass, S.  322. 20  Jacboby, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  50 N 59; Haas, S.  538 f. 21  S. vorne 6.  K ap.  I II. 3.a. 22  S. vorne 7.  K ap.  I 3 c. 23  So auch Kass, S.  333. 24  S. vorne 7.  K ap.  I 3 c.

II. Stellungnahme und eigene Lösung

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eine rechtsfremde und damit an sich falsche Partei mittels privatautonomer Er­ mächtigung in die Lage versetzt werden kann, eine Sachentscheidung über das ihr fremde Recht zu erwirken, lässt sich daher nur dann aufrechthalten, wenn man davon ausgeht, dass die richtigen Parteien privatautonom auf die an sich geforderte Sachbeziehung, mithin auf die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien Einfluss nehmen können. Inwieweit dies möglich ist, erscheint vor dem Hintergrund der grundsätzlich zwingenden Natur der Prozessvoraussetzungen fraglich. Die Prozessvoraussetzungen markieren die Grenzen, innerhalb welcher der Staat zur Rechtsverwirklichung mittels Sachentscheidung Hand bieten darf.25 Sie stehen als solche grundsätzlich nicht zur Parteidisposition.26 Ausnahmen bestehen mit Blick auf die örtliche Zuständigkeit, wo sich die beklagte Partei im Rahmen nicht zwingender und teilzwingender Gerichtsstände auf ein Verfahren vor einem an sich unzuständigen Gericht einlassen kann.27 Der grundsätzlich zwingende Charakter der Prozessvoraussetzungen folgt nicht schon aus dem Umstand, dass das Zivilprozessrecht als öffentliches Recht grundsätzlich zwin­ gender Natur ist, sondern ergibt sich vielmehr daraus, dass diese der Wahrung öffentlicher und/oder privater Interessen dienen, die privatautonomen Disposi­ tionen entgegenstehen.28 Fraglich erscheint, inwieweit dies auch für die Prozess­ voraussetzung der richtigen Parteien zutrifft. Die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien bezweckt, wie bereits gesehen, die Erhaltung der Ordnungs­ aufgabe der materiellen Rechtskraft und dient damit sowohl öffentlichen wie auch privaten Interessen.29 Indem bloss die richtigen Parteien zu einer Sach­ entscheidung zugelassen werden, wird die mittels materieller Rechtskraft an­ gestrebte Endgültigkeit bzw. Einmaligkeit des Rechtsschutzes in der Sache ge­ wahrt.30 Dass grundsätzlich nur die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses als richtige Parteien ein Sachurteil erwirken können, folgt weiter daraus, dass der dem Zivilprozess als Ganzem zugrundeliegende Zweck der Verwirklichung und Durchsetzung der im materiellen Recht angelegten subjektiven Rechte nur dann erreicht werden kann, wenn gerade sie, d. h. die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses von den Rechtskraftwirkungen erfasst werden.31 Der Pro­ zessvoraussetzung der richtigen Parteien kommt damit eine für den Zivilprozess Guldener, Zivilprozessrecht, S.  224. Zürcher, ZPO-Komm., Art.  60 N 6; Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  11 N 3; Sutter-­ Somm, ZZZ 2007, S.  315. 27  Vgl. Staehelin/Staehelin/Grolimund, §  9 N 61. 28  Wagner, Prozessverträge, S.  57 ff. S. auch hinten 8.  K ap.  Fn.  36. 29  S. vorne 5.  K ap.  I V sowie 7.  K ap.  I. 2. 30  S. vorne 5.  K ap.  I II. 1. bei und mit Fn.  33. 31  S. vorne 6.  K ap.  I V. 25 

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8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft?

als Ganzes funktionserhaltende Ordnungsaufgabe zu. Es geht daher nicht an, dass die Parteien nach freiem Belieben über diese disponieren. Fraglich erscheint indessen, ob die Prozessvoraussetzung der richtigen Parteien gänzlich indispo­ nibel ist, d. h. auch solchen Dispositionen entgegensteht, die, wenn zugelassen, die von der Prozessvoraussetzung selbst bezweckte Ordnungsaufgabe wahren würden. Letzteres liesse sich dadurch bewerkstelligen, dass sich der vermeint­ liche Rechtsinhaber im Voraus den Rechtskraftwirkungen eines allenfalls er­ gehenden Urteils, auf das er selbst nicht als Partei hingewirkt hat, unterwirft. Damit würde die mittels materieller Rechtskraft angestrebte Einmaligkeit des Rechtsschutzes in der Sache gewahrt bleiben und es käme zu einer Bindung des vermeintlichen Rechtsinhabers. Dass der einer gewillkürten Prozessstandschaft zugrunde liegenden Ermächtigung immer auch eine Rechtskraftunterwerfung seitens des vermeintlichen Rechtsinhabers immanent ist bzw. im Ergebnis zu einer Rechtskrafterstreckung auf diesen führt,32 wird in Deutschland, wo die gewillkürte Prozessstandschaft heute mindestens klägerseitig unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen anerkannt ist,33 allgemein bejaht.34 Gegen die Möglichkeit einer im Voraus erfolgenden Rechtskraftunterwerfung wurde vorgetragen, dass die materielle Rechtskraft als öffentlichrechtliches In­ stitut indisponibel ist, mithin die Parteien privatautonom auch nicht eine Erstre­ ckung der subjektiven Grenzen dieser Urteilswirkung vereinbaren können.35 32  In der einer gewillkürten Prozessstandschaft zugrunde liegenden Ermächtigung eine Rechtskraftunterwerfung seitens des vermeintlichen Rechtsinhabers erblickend: Berg, JuS 1966, S.  466; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  30; Bork, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 2, vor §  50 N 54. Ein Teil der deutschen Lehre erblickt dagegen in der Ermächtigung selbst noch keine Rechtskraftunterwerfung, sondern geht davon aus, dass sich diese als Rechtsfolge aus der Bejahung der gewillkürten Prozessstandschaft ergebe, da der vermeintliche Rechtsinhaber kein schützenswertes Interesse daran habe, nicht von den Entscheidwirkungen erfasst zu werden: Jacoby, S.  77 f. m. w. Nachw. 33  Urteil des BGH vom 10. November 1999 E. 10 m. w. Nachw., NJW 2000, S.  738 ff.; ­Jacoby, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  50 N 45 m. w. Nachw.; Althammer, Zöller­-Komm. ZPO, Vor §  50 N 39; Lindacher, MüKo ZPO, Vor §§  50 ff. N 55; Leyendecker, ZZP 122 (2009), S.  469; Schumann, S.  457 ff. Neben der Bezeichnung „gewillkürte Prozessstandschaft“ wer­ den in der Lehre und Rechtsprechung eine Vielzahl weiterer Begriffe synoynm verwendet, wobei sich die Bezeichnung „Prozessermächtigung“ mittlerweile am häufigsten winderfin­ det, vgl. Schumann, S.  458 f. m. w. Nachw. 34  Urteil des BGH vom 7. Juli 1993 E. 11, BGHZ 123, S.  132 ff.; Grunsky, Prozessstand­ schaft, S.  120; Schack, S.  870; Leyendecker, ZZP 122 (2009), S.  471; Kurzweil, S.  109; Frank, ZZP 92 (1979), S.  322; G. Lüke, ZZP 76 (1963), S.  29. So bereits grundlegend das Reichs­ gericht in Urteil des RG vom 27. April 1910 E. 8, RGZ 73, S.  306 ff.: „Der Ermächtigende muß, weil er mit der Prozessführung über sein Recht den Ermächtigten betraut hat, auch ein ungünstiges Urteil als gegen sich wirksam anerkennen und kann sich nicht etwa darauf be­ rufen, daß er an dem Rechtsstreit nicht als Partei beteiligt gewesen sei.“ 35  Kisch, S.  413.

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Aus dem öffentlichrechtlichen Charakter einer Norm kann nun aber zutreffender Ansicht nach nicht sogleich auf ihre Indisponibilität geschlossen werden.36 Viel­ mehr wird man ohne explizite gesetzliche Regelung nur dann von einem zwin­ genden Charakter einer öffentlichrechtlichen Norm ausgehen können, wenn private und/oder öffentliche Interessen der Möglichkeit von Privatdispositionen entgegenstehen.37 Fraglich ist, ob dies auch bei den subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft der Fall ist. Die subjektive Begrenzung der Rechtskraft erfolgt wie gesehen in erster Linie vor dem Hintergrund des konventions- und verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör.38 Eine Per­ son, die nicht selbst als Partei an einem Prozess teilgenommen hat, wird, da sie zur Sache nicht gehört wurde, von den Rechtskraftwirkungen eines Urteils grundsätzlich nicht erfasst. Die subjektive Begrenzung der materiellen Rechts­ kraft erfolgt damit zum Schutz prozessaussenstehender Dritter und wird gerade nicht im öffentlichen Interesse angeordnet.39 Den öffentlichen Interessen an ei­ nem möglichst weitreichenden Entscheidungseinklang sowie einer kosteneffi­ zienten Rechtspflege wäre vielmehr damit gedient, wenn ein Urteil gegenüber jedermann in Rechtskraft erwachsen würde.40 Fraglich erscheint, ob der ver­ meintliche Rechtsinhaber auf die Wahrnehmung seines Gehörsanspruchs als ein ihm zukommendes persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verzichten kann. Dass dieses Mitwirkungsrecht nicht von absoluter Geltung ist, beweisen die Fälle der gesetzlichen Prozessstandschaft, die, wie bereits gesehen, immer Hand in Hand mit einer Rechtskrafterstreckung auf den vermeintlichen Rechts­ inhaber einhergehen.41 In den Fällen einer gesetzlichen, ausschliesslichen Pro­ zessstandschaft wird dem eigentlichen Rechtsinhaber schlechtweg die Möglich­ keit genommen, selbst ein rechtskräftiges Sachurteil als Partei zu erwirken. Es ist nun nicht ersichtlich, wieso der vermeintliche Rechtsinhaber nicht auch selbst, d. h. privatautonom auf sein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verzichten können soll, indem er sich im Voraus unter die Rechtskraft eines al­ lenfalls ergehenden Urteils, das zwischen Drittpersonen ergeht, unterwirft. Mindestens dort, wo eine Ermächtigung nur mit Blick auf ein konkretes Recht oder gar bezogen auf die prozessuale Geltendmachung dieses Rechts in einem

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ausführlich zum überkommenen Dogma der Indisponibilität öffentlichrechtlicher (allen voran prozessrechtlicher) Normen: Wagner, Prozessverträge, S.  57 ff.; Zustimmend: Möslein, S.  13 m. w. Nachw. Für das schweizerische Recht so bereits Gygi, S.  5. 37  Wagner, Prozessverträge, S.  71 ff. 38  S. vorne bei und mit 5.  K ap.  Fn.  63. 39  Wagner, Prozessverträge, S.  726. 40  Wagner, Prozessverträge, S.  726. 41  S. vorne 6.  K ap.  I II. 3.

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8. Kapitel:  Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft?

bestimmten Verfahren erteilt wird, wird man eine unzulässige, übermässige Bindung im Sinne von Art.  28 Abs.  2 ZGB ausschliessen können.42 Aus dem Umstand, dass eine privatautonome Rechtskraftunterwerfung an und für sich denkbar wäre, kann jedoch nicht sogleich gefolgert werden, dass der vermeintliche Rechtsinhaber mittels einer solchen auch auf die Frage Ein­ fluss nehmen kann, wer als richtige Partei anzusehen ist. Es muss in diesem Zusammenhang mitbedacht werden, dass – wie das deutsche Reichsgericht vor nunmehr 100 Jahren bereits treffend hervorgehoben hat – die Annahme einer Prozessstandschaft stets einen „nicht unerheblichen Eingriff in das Gefüge des Zivilprozesses“43 darstellt. Diese Feststellung trifft auch heute noch für die schweizerische Zivilprozessordnung zu. Denn obschon die ZPO mit der in Art.  62 getroffenen Regelung einem formellen Parteibegriff folgt, gehen verein­ zelte Bestimmungen in der ZPO von der Annahme aus, dass die Parteien selbst auch die am streitigen Rechtsverhältnis beteiligten Personen sind. Lässt man eine rechtsfremde Person als Partei zu, so können sich daraus nachteilige Folgen für die Gegenpartei ergeben. Eine Widerklage als innerprozessuales Verteidi­ gungsmittel ist so nur gegen die formelle Gegenpartei zulässig, da eine Identität der Parteien der Haupt- und Widerklage gefordert wird.44 Tritt nun nicht der vermeintliche Rechtsinhaber, sondern ein Rechtsfremder als Partei auf, wird die Gegenpartei faktisch um die Möglichkeit einer Widerklage gebracht, da ihr ­regelmässig kein Anspruch gegenüber der rechtsfremden formellen Partei zu­ stehen wird.45 Auch stünde es dem prozessaussenstehenden vermeintlichen Rechtsinhaber bei wörtlicher Auslegung von Art.  169 ZPO frei, selbst als Zeuge aufzutreten, obschon der in dieser Vorschrift vorgesehene Ausschluss der Par­ teien vom Zeugnis gerade dies zu vermeiden sucht.46 Aus der Verschiebung der Parteirollen können sich aber auch dort nachteilige Folgen für die Gegenpartei 42  Eine Generalermächtigung wird denn auch in der deutschen Lehre als unzulässig er­ achtet, vgl. Leyendecker, ZZP 122 (2009), S.  473 m. w. Nachw. 43  Urteil des RG vom 5. Januar 1918 E. 12, RGZ 91, S.  390 ff. 44  Naegeli/Richers, KUKO ZPO, Art.  224 N 1; Killias, BK ZPO II, Art.  224 N 20; Leuen­ berger, ZPO-Komm., Art.  224 N 4; Grieder, N 589 m. w. Nachw.; Lötscher, N 278. 45  Schumann, S.  483. Schumann fährt a. a. O. fort: „Wollte man sich mit diesem Ergebnis abfinden, müsste man die Zulässigkeit der Prozessermächtigung als grundrechtswidrig ver­ neinen. Denn die Widerklage ist Ausfluss der prozessualen ‚Waffengleichheit‘.“ Diesem Er­ gebnis entzieht sich Schumann, indem er die Möglichkeit einer sog. isolierten Drittwiderkla­ ge, d. h. einer ausschliesslich gegen den Ermächtigenden gerichteten Widerklage, für zuläs­ sig erachtet (a. a. O., S.  484). Die Möglichkeit einer isolierten Widerklage scheitert in der Schweiz bereits an der diesbezüglich klaren gesetztlichen Regelung, s. sogleich bei und mit 8.  Kap.  Fn.  55. 46  Der Ausschluss der Parteien vom Zeugnis nach Art.  169 ZPO will gerade verhindern, dass Personen die ein rechtliches oder tatsächliches Interesse am Prozessausgang haben selbst als Zeugen auftreten können, vgl. Rüetschi, BK ZPO II, Art.  169 N 2.

II. Stellungnahme und eigene Lösung

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ergeben, wo das Gesetz selbst nicht zu erkennen gibt, dass es von einer Identität der Parteien mit dem vermeintlichen Subjekten des streitigen Rechtsverhältnis­ ses ausgeht, so etwa bei der Regelung der Kostentragung. Tritt eine insolvente Person als Prozessstandschafterin auf, läuft die Gegenpartei im Falle eines Ob­ siegens Gefahr, auf ihrem Kostenanspruch sitzen zu bleiben. Auf all diese sich aus der Verschiebung der Parteirollen ergebenden, potentiell nachteiligen Fol­ gen für die Gegenpartei liesse sich bei Zulassung einer gewillkürten Prozess­ standschaft gezielt hinwirken.47 Die Möglichkeit einer gewillkürten Prozess­ standschaft eröffnet mithin ein nicht zu unterschätzendes Missbrauchspotential. Angesichts der potentiell nachteiligen Folgen für die Gegenpartei kommt denn auch Lötscher zum Schluss, dass man die gewillkürte Prozessstandschaft ­weiterhin für unzulässig erachten sollte, zumal für diese gar keine praktische Notwendigkeit besteht, da sich mittels Stellvertretung und fiduziarischer Voll­ rechtsabtretung dieselben Ergebnisse erreichen liessen.48 Das zuletzt genannte Argument vermag nicht zu überzeugen. Die Vielzahl der Sachverhaltskonstellationen, in denen die gewillkürte Prozessstandschaft im deutschen Recht Anwendung findet, beweist, dass ein praktisches Bedürfnis an einem solchen prozessualen Institut durchaus gegeben wäre, zumal die schweizerische ZPO, verglichen mit dem deutschen Recht, keine alternativen prozessualen Instrumente kennt, mit denen sich ähnliche Ergebnisse wie mit der gewillkürten Prozessstandschaft erreichen liessen.49 Das Argument, wonach die gewillkürte Prozessstandschaft angesichts der potentiell nachteiligen Folgen für die Gegenpartei nicht zuzulassen ist, trifft dagegen den entscheidenden Punkt. Voraussetzung dafür, dass mittels privatautonomer Disposition Einfluss auf eine Prozessvoraussetzung genommen werden kann, ist, wie bereits er­ wähnt, dass keine öffentlichen und/oder privaten Interessen dem entgegenste­ hen. Neben den privaten Interessen des vermeintlichen Rechtsinhabers müssen dabei aber stets auch die privaten Interessen der Gegenpartei mitberücksichtigt werden. Wie gesehen können sich aus dem Auseinanderfallen von vermeintli­ chen Rechtsinhaberschaft und Parteistellung nachteilige Folgen für die Gegen­ partei ergeben. Wie diesen zu begegnen ist, bildet den zentralen Problemkom­ Lötscher, N 664. Lötscher, N 728 ff., 738, 1135. 49  Vgl. zu den im deutschen Recht anerkannten Fallgruppen der zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft: Kass, S.  327 f. sowie Althammer, Zöller-Komm. ZPO, Vor §  50 N 46. Der Bundesgerichtshof sieht es bspw. als zulässig an, wenn zusammen mit einer Sicherungsabtre­ tung zugleich eine gewillkürte Prozessstandschaft vereinbart wird, s. Urteil des BGH vom 17. Juli 2008 E. 21 ff., NJW 2009, S.  1882 ff. In der schweizerischen Lehre hält Schumacher, N 334, dafür, dass mit Blick auf solche Sicherungskonstrukte, wie sie sich vor allem bei Pro­ zessfinanzierungsverhältnissen finden, ein durchaus begründetes Bedürfnis für die Möglich­ keit einer gewillkürten Prozessstandschaft bestünde. 47 

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plex rund um die Fälle der gesetztlich angeordneten Prozessstandschaften. Man ist sich dabei einig, dass ein sog. prozessualer Durchgriff, d. h. eine teleologi­ sche Auslegung der Bestimmungen, die an die Parteieigenschaft anknüpfen, praeter bzw. contra verba legis mit dem Ergebnis, dass statt der formellen Par­ tei das Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses ins Recht gefasst wird, nicht in sämtlichen Fällen in Frage kommt, zumal bei einer ausschliesslichen gesetz­ lichen Prozessstandschaft das Subjekt des streitigen Rechtsverhältnisses die Verschiebung der Parteirollen auch nicht zu verantworten hat.50 Hat der Gesetz­ geber eine Prozessstandschaft vorgesehen, so sind die sich aus diesem Entscheid allenfalls ergebenden nachteiligen Folgen für die Gegenpartei zu akzeptieren,51 solange darin nicht gerade eine ungerechtfertige Beschränkung der in der EMRK und BV verbürgten Verfahrensgrundrechte zu erblicken ist. Anders ver­ hält es sich bei den Sachverhaltskonstellationen, in denen eine richtige Partei eine an sich falsche Partei privatautonom als Prozessstandschafterin installieren möchte. Hier gilt es zu beachten, dass der Gesetzgeber eine gewillkürte Prozess­ standschaft allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen hätte vorsehen können, es de lege lata aber nicht getan hat. Ohne gesetzliche Wertung, die eine derartige Parteiverschiebung gebietet, wird man eine solche nur dann zulassen können, wenn sich sämtliche potentiell aus ihr ergebenden Nachteile für die Gegenpartei ausschliessen lassen.52 Auch in der deutschen Lehre haben sich in der jüngeren Vergangenheit die Stimmen vermehrt, die eine gewillkürte Pro­ zessstandschaft nur dann zulassen wollen, wenn sie mit keinerlei nachteiligen Folgen für die Gegenpartei verbunden ist, was in aller Regel durch die Postulie­ rung des Erfordernisses eines schutzwürdigen Interesses des Ermächtigenden sowie des Ermächtigten zu gewährleisten versucht wird.53 Sämtliche potentiell nachteiligen Folgen für die Gegenpartei lassen sich aber nicht bereits dadurch ausschliessen, dass man eine gewillkürte Prozessstandschaft nur dort für zuläs­ sig erachtet, wo der Ermächtigende sowie der Ermächtigte diese aus schutzwür­ digen Interessen heraus anstreben. Denn auch wenn diese mit der gewillkürten Prozessstandschaft selbst keine Schlechterstellung der Gegenpartei bezwecken, kann sich eine solche aus denjenigen Bestimmungen ergeben, die von der An­ S. statt aller Lötscher, N 315 ff., 1302 ff. So auch Lötscher, N 300 mit Blick auf die Möglichkeit einer isolierten Widerklage. 52 Ähnlich Lötscher, N 299, die dafürhält, dass die Interessen der Gegenpartei bei der gewillkürten Prozessstandschaft höher zu gewichten sind. 53  Vgl. Kass, S.  334 f.; Jacoby, Stein/Jonas-Komm. ZPO, Bd. 1, vor §  50 N 46; Lindacher, MüKo ZPO, Vor §§  50 ff. N 50 ff. Schumann, S.  472 f., kritisiert diese Vorgehensweise als methodisch ungenau und weist daruf hin, dass sie leicht dazu führt, dass die Belange des Prozessgegner übersehen werden. Ihm zustimmend Althammer, Zöller-Komm. ZPO, Vor §  50 N 40. 50  51 

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nahme ausgehen, dass die Parteien selbst auch die am streitigen Rechtsverhält­ nis beteiligten Subjekte sind. Wollte man sämtliche potentiellen Nachteile für die Gegenpartei ausschliessen, so müsste man einen prozessualen Durchgriff generell zulassen.54 Letzteres wird aber vielerorts bereits mit der diesbezüglich klaren gesetztlichen Regelung nicht vereinbar sein. So wird eine isolierte Dritt­ widerklage in der heutigen schweizerischen Lehre sowohl allgemein55 als auch spezifisch mit Blick auf die Fälle der Prozessstandschaft56 für unzulässig erach­ tet.57 Einen generellen prozessualen Durchgriff auf den prozessaussenstehen­ den Rechtsinhaber wird man aber auch bereits angesichts der Tatsache, dass der Zivilprozess seiner Natur nach als ein Zweiparteienverfahren angelegt ist, abzu­ lehnen haben. Einen prozessualen Durchgriff generell zuzulassen würde näm­ lich bedeuten, dass man die Grenzziehung zur Stellvertretung, d. h. zur Prozess­ führungen über ein fremdes Recht im fremden Namen nahezu vollsträndig auf­ geben würde.58 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass an der von Lehre und Rechtsprechung vertretenen Unzulässigkeit einer gewillkürten Prozessstand­ schaft, mit abweichender Begründung, weiterhin festgehalten werden sollte. Das Auseinanderfallen von vermeintlicher Rechtsinhaberschaft und Parteistel­ lung stellt auch unter dem, der ZPO zugrunde liegenden formellen Parteibegriff eine Ausnahmeerscheinung dar, die aufgrund der mit ihr einhergehenden poten­ tiellen Nachteile für die Gegenpartei nur bei einer diesbezüglichen gesetzlichen Wertung angenommen werden kann.

Für einen solchen sich in der deutschen Lehre stark machend: Schumann, S.  479. S. statt aller Grieder, N 291, 589 ff., 607 m. w. Nachw. 56  Lötscher, N 278, 280, 287 ff., 320, derzufolge auch eine formell gegen den Prozess­ standschafter, inhaltlich aber gegen den Rechtsträger gerichtete Widerklage de lege lata nicht in Frage kommt. Indessen legt sie sich nicht definitiv fest, wie es sich im Falle einer gewill­ kürten Prozessstandschaft verhalten würde, sondern hält vielmehr dafür, dass es sich dann „möglicherweise“ anders verhält bzw. eine isolierte Drittwiderklage dann „eher begründbar“ erschiene: Lötscher, N 291, 298. 57  Die Frage nach der Zulässigkeit einer Drittwiderklage kann sich daher nur im Zusam­ menhang mit der streitgenössischen Drittwiderklage stellen: Grieder, N 601. Diese weist je­ doch insofern einen eingeschränkteren Anwendungsbereich auf, als sich mit dieser nach der Konzeption der ZPO nur Regressansprüche geltend machen lassen: Grieder, N 286; Gross/ Zuber, BK ZPO I, Art.  81 N 33; Domej, KUKO ZPO, Art.  81 N 9; Schwander, ZPO-Komm., Art.  81 N 17. A. A. Göksu, DIKE-Komm. ZPO, Art.  81 N 9. 58  Schack, S.  874 spricht im Zusammenhang mit der gewillkürten Prozessstandschaft denn auch von einem „systemsprengenden Zwitter“, welcher dogmatisch zu verwerfen sei. 54  55 

Schlusswort Der Ertrag der voranstehenden Überlegungen vermag aus praktischer Sicht ge­ ring erscheinen. Im Ergebnis kann den von der Lehre und Rechtsprechung vor­ getragenen Ansichten im Zusammenhang mit der Prozessführungsbefugnis grossmehrheitlich gefolgt werden. So ist mit Blick auf Art.  59 ZPO von einer ungeschriebenen Prozessvoraussetzung „Prozessführungsbefugnis“ – bzw. nach der hier vorgeschlagenen Nomenklatur: „der richtigen Parteien“ – auszugehen. Als die richtigen Parteien können weiter, bis auf die Fälle der Prozessstand­ schaft, nur die vermeintlichen Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses ange­ sehen werden. Nehmen diese nicht als Parteien am Verfahren teil, so hat das Gericht dieses mittels Nichteintretensentscheids abzuschliessen. Für die An­ nahme einer Prozessstandschaft wird man weiterhin unter anderem eine gesetz­ liche Grundlage fordern müssen; an dem Dogma der Unzulässigkeit gewill­ kürter Prozessstandschaften ist mithin nach der hier vertretenen Ansicht auch inskünftig festzuhalten. Nichtsdestotrotz waren die dogmatischen Anstrengungen nicht umsonst. Sie haben bislang verborgen gebliebene Zusammenhänge zwischen der Frage nach der richtigen Partei und der materiellen Rechtskraft sowie der notwendigen Streitgenossenschaft zutage gefördert. Es konnte aufgezeigt werden, dass sich die prozessuale Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien als ein notwendiges Korrelat aus der subjektiven Begrenzung der materiellen Rechtskraft ergibt. Die subjektive Begrenzung der materiellen Rechtskraft ist es auch, die bei den Leistungs- und Feststellungsklagen vorgibt, wer grundsätzlich als die richtigen Parteien anzusehen sind: Soll der Zivilprozess den von ihm angestrebten Zweck der Verwirklichung und Durchsetzung subjektiver Privat­ rechte erreichen, so müssen die Subjekte des streitigen Rechtsverhältnisses von den Rechtskraftwirkungen erfasst werden, was abgesehen von den Fällen einer Rechtskrafterstreckung voraussetzt, dass sie selbst als Parteien am Prozess teil­ nehmen. Nicht anders verhält es mit Blick auf Rechtsverhältnisse, an denen eine Mehrzahl von Personen gemeinschaftlich berechtigt bzw. verpflichtet ist. Das Rechtsinstitut der notwendigen Streitgenossenschaft erwies sich so auch als eine Sonderregelung der prozessualen Ordnungsaufgabe der Bestimmung der richtigen Parteien. Weiter konnte auch klärendes Licht in das von unzähligen

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Schlusswort

Ungereimtheiten geprägte Verhältnis zu den vermeintlich funktionsverwandten dogmatischen Konstrukten der Sachlegitimation sowie des „Klagerechts“ ge­ bracht werden. Schliesslich ist es die Hoffnung des Verfassers, mit dieser Arbeit auch einen Beitrag zur Klärung des Verhältnisses zwischen Zivilrecht und ­Zivilprozessrecht geleistet zu haben, sei es aus praktischer Sicht auch nur, dass die Diskussion rund um die Zulässigkeit gewillkürter Prozessstandschaften mit neuen Argumenten angereichert wurde.

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Sach- und Personenregister abstraktes Klagerecht, siehe Klagerecht  actio  2, 24–28, 56 Fn.  120 – siehe auch Windscheid, Bernhard  actio praeiudicialis  27 f., 30 Aktivlegitimation, siehe Sachlegitimation  Anspruch, siehe materieller Anspruch  Anspruch auf rechtliches Gehör  74 f., 94, 96, 123, 135   Degenkolb, Heinrich  2, 28–31, 40–42, 44, 49, 86 – siehe auch abstraktes Klagerecht    Feststellungsklage  80–82, 85 f., 88, 91–94, 99, 101 f., 110 – Drittrechtsverhältnis  82, 85, 91, 93 f. – Feststellungsinteresse  81 f., 85 f., 91, 109 Fn. 36 – negative  30, 32, 57 Feststellungsinteresse, siehe Feststellungs­ klage    Gerichtlicher Vergleich  123–125 Gestaltungsklage  7, 60–64, 65 Fn.  1, 66, 68, 76 Fn.  72, 77 f., 84, 86–88, 99, 101 f., 109 f. – Gestaltungsklagerecht  61 f., 64 – Gestaltungsvoraussetzungen  62, 86, 101 – Gestaltungswirkungen  61 f., 70, 86 f., 99, 102   Hellwig, Konrad  17, 22, 24, 32–37, 48, 81, 113 – siehe auch konkretes Klagerecht  – siehe auch Prozessführungsrecht  Henckel, Wolfram  80  

Justizgewährungsanspruch  42–47, 49 f., 55, 60, 63, 69, 76, 83, 105–107, 113, 132 – Selbstbetroffenheit  44 f., 63, 83 – siehe auch Klagebefugnis    Kelsen, Hans  57 Klagbarkeit  39, 50–52, 54, 57, 59 f., – siehe auch materieller Anspruch  Klageanerkennung  123–125 Klagebefugnis  7, 29–31, 39, 50–52, 54–59, 64, 79 f., 83, 130 f. – siehe auch Degenkolb, Heinrich  – siehe auch materieller Anspruch  – siehe auch Wach, Adolf  Klagerecht  3, 7, 14 f., 23–33, 35, 37, 39–42, 44, 49, 51 f., 54, 56, 61 f., 64, 79, 85 f., 109, 111, 113, 129, 131, 142 – abstraktes  28–30, 40 – konkretes  24, 30–37, 113, – materielles  26 – publizistisches  26–28, 30 f., 41 – siehe auch Degenkolb, Heinrich  – siehe auch Hellwig, Konrad  – siehe auch Muther, Theodor  – siehe auch Wach, Adolf  – siehe auch Windscheid, Bernhard  Klagerückzug  123–125 Kohler, Josef  17 Kummer, Max  40–42, 44, 86, 109 – siehe auch Klagerecht    legitimatio ad causam, siehe Sachlegitima­ tion  Lötscher, Cordula  9, 19, 116, 130, 137   Materielle Rechtskraft  68–78, 87, 89 f., 93 f., 98, 100–102, 103 f., 106, 118–120, 124 f., 133–135

158

Sach- und Personenregister

– Rechtskrafterstreckung  78, 89–91, 94, 96, 100, 102, 134 – Rechtskraftunterwerfung  134, 136 – siehe auch Anspruch auf rechtliches Gehör  Materieller Anspruch  13, 24–30, 35, 50–60, 79 f., 83, 129–131 – Einziehungsbefugnis  54 f., 57, 60, 132 – siehe auch Klagbarkeit  – siehe auch Klagebefugnis  Muther, Theodor  26   Naturalobligation  50 f., 59 Notwendige Streitgenossenschaft  93, 98–102, 141   Oetker, Friedrich  21   Parteibegriff  – formeller  17, 21–24, 37, 46, 96, 136, 139 – materieller  14, 17, 21–24, 37 – siehe auch Klagerecht  Parteifähigkeit  33, 112, 120, 124 Parteiwechsel  118, 122 f. Passivlegitimation, siehe Sachlegitimation  Popularklage  21 f., 24, 37, 65–68, 74 f., 78 Prozessfähigkeit  45, 112, 120, 124 Prozessführungsbefugnis  3, 5–9, 11, 18, 21 f., 36 f., 45, 52, 67, 79–81, 83 f., 98, 113, 115 – Prozessführungsrecht  5, 17, 22, 33–37, 81, 113 – siehe auch Feststellungsinteresse  – siehe auch Hellwig, Konrad  – siehe auch Klagebefugnis  – siehe auch Klagerecht  – siehe auch Prozessstandschaft  – siehe auch Sachlegitimation  Prozessführungsrecht, siehe Prozess­ führungsbefugnis 

Prozessstandschaft  6–9, 17–20, 34, 52, 56, 80, 83, 85 f., 88, 91 f., 95–97, 110–112, 115–118, 126 f., 129–132, 134–139 – gewillkürte  7, 52, 80, 88, 92, 95 f., 129–132, 134, 137–9, 142 – Offenlegungspflicht  115   Rechtliches Gehör, siehe Anspruch auf rechtliches Gehör  Rechtshängigkeit  45–47, 83, 103, 117–120, 122 Rechtskraft, siehe materielle Rechtskraft  Rechtsschutzanspruch  30–32, 36 f., 47–50, 58, 64 – siehe auch Wach, Adolf  – siehe auch Hellwig, Konrad  Rechtsschutzinteresse  7, 41 f., 107–111 Richtige Parteien  3, 6 f., 9, 11, 17 f., 33, 36, 50, 65 f., 76–86, 88 f., 96 f., 99–105, 107–123, 125 f., 132–134, 136, 138, 141   Sachlegitimation  3, 7 f., 11–20, 22–24, 33, 36, 98 f., 115, 122, 126, 131, 142 – legitimatio ad causam  13–15, 20 Streitgenossenschaft, siehe notwendige Streitgenossenschaft    Veräusserung des Streitobjekts  5, 95 Fn 94, 97 Vergleich, siehe gerichtlicher Vergleich    Wach, Adolf  30–32, 47 f. – siehe auch Rechtsschutzanspruch  Wagner, Gerhard  26 f., 59, 64 Willisegger, Daniel  49, 59 Windscheid, Bernhard  2, 24–28, 30, 39 – siehe auch materieller Anspruch  – siehe auch actio