Die religionsgeschichtliche Methode in der Theologie 9783111546285, 9783111177625


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Vorwort
Die religionsgeschichtliche Methode in der Theologie
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Die religionsgeschichtliche Methode in der Theologie
 9783111546285, 9783111177625

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Die relígíonsgescbícbtUcbe ]VIetbode in der Cbeologíe •voti

prof. Lic. Dr. Carl Clemen privatdoztnt der Cheologfe an der Universität Sonn

X Kíckcr'eche Verlagsbuchhandlung (Hlfrcd Cöpelmann) » 6tesscn 1904

Antrittsvorlesung gehalten am 29. April 1904 in der Aula der Universität Bonn und in erweiterter Gestalt herausgegeben.

Vorwort. Die nachstehende Vorlesung zu veröffentlichen, bestimmen mich im wesentlichen zwei Gründe. Einmal sind, soweit ich sehe, die verschiednen Forderungen, die namens der religionsgeschichtlichen Methode an die Theologie gestellt werden, bisher noch nirgends vollständig zusammengestellt und auf ein einheitliches Prinzip zurückgeführt worden. Zum andern aber hat m. W. auch noch niemand die allerdings erst in neuester Zeit versuchten Ableitungen neutestamentlicher Anschauungen aus andern Religionen gesammelt und im einzelnen nachgeprüft. Beides glaube ich, so gut es in Kürze anging, nachgeholt zu haben und daher auch die bisherige Literatur zu unserer Frage durch Veröffentlichung meiner Vorlesung ergänzen zu können. B o n n , den 29. April 1904.

Der Verfasser.

Hochansehnliche Versammlung! Wer gegenwärtig als Theolog nach einem zeitgemäßen Thema für einen Vortrag oder eine Rede sucht, der kann gar nicht anders, — zahlreiche Vorgänge aus den letzten Jahren, die wir später noch kennen lernen werden, beweisen das — als auf die Frage nach der Berechtigung der religionsgeschichtlichen Methode in der Theologie zu verfallen. Ist das doch geradezu — ob mit Recht oder mit Unrecht, ist hier nicht zu untersuchen — d a s Problem der Gegenwart, das sich vermöge seiner Bedeutung f ü r die systematische und neutestamentliche Theologie auch ganz besonders zur Behandlung bei Beginn einer auf diese beiden Gebiete zu erstreckenden akademischen Lehrtätigkeit eignet. Freilich könnte man zweifeln, verehrte Anwesende, ob sich in der kurzen Stunde, die mir zur Verfügung steht, über ein so schwieriges Thema etwas Brauchbares zutage fördern läßt, und in der Tat werde ich — leichten Herzens — darauf verzichten, das, was schon von andern vorgebracht worden ist, hier ausführlich zu wiederholen. Aber das ist doch auch bei beschränkter Zeit möglich und gegenüber einseitigen Behandlungen unseres Problems vor allem nötig, sich zunächst einmal darüber klar zu werden, was unter jener Forderung der religionsgeschichtlichen Methode alles verC l e m e n , Religionsgeschichtliche Methode.

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standen wird. Trotz des gemeinsamen Schlagwortes handelt es sich nämlich in Wahrheit um sehr verschiedne Forderungen, die freilich alle aus derselben Anschauung oder, wie man heutzutage gern sagt, derselben „Stimmung" hervorgehen. Ich sehe dabei freilich von vornherein ab von derjenigen Auffassung unsrer Forderung, die in dem religionsgeschichtlich das Wort R e l i g i o n betont, die im Unterschiede von der Theologie die R e l i g i o n , im Unterschiede von der Kirche die p e r s ö n l i c h e F r ö m m i g k e i t untersucht und gefördert sehen möchte. Allerdings geschieht das heutzutage zumeist, aber keineswegs allein, von solchen Theologen, die die religionsgeschichtliche Methode auch noch in einem andern Sinn vertreten — w a r u m sich bei ihnen beides verbindet, werden wir später sehen. Aber a n s i c h hat es doch kaum etwas miteinander gemein. Die Frage nach der Berechtigung der religionsgeschichtlichen Methode in d i e s e m Sinne kann daher auch ganz für sich behandelt werden oder ist vielmehr schon von S E L L in dem grundlegenden Artikel über die wissenschaftlichen Aufgaben einer Geschichte der christlichen Religion in den preußischen Jahrbüchern ( 1 8 9 9 , 9 8 12 ff.), von J Ü L I C H E R in seiner Rektoratsrede über moderne Meinungsverschiedenheiten über Methoden, Aufgaben und Ziele der Kirchengeschichte ( 1 9 0 1 ) , sowie endlich von H E G L E R in seiner vor drei Jahren gehaltnen und dann in der Zeitschrift für Theologie und Kirche (1903 1 ff.) veröffentlichten Antrittsvorlesung zur Genüge behandelt worden. Keiner von ihnen denkt daran, an Stelle der Kirchen- und Dogmengeschichte christliche Religionsgeschichte tre-



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ten zu lassen, aber sie alle verlangen, wenngleich in verschiednem Maße, vor und neben der Berücksichtigung der Kirche und des Dogmas eine solche der Frömmigkeit, auch des sog. Christentums zweiter oder dritter Ordnung. Dieselbe Aufgabe wird endlich neuerdings (um von der vergleichenden Konfessionskunde zu schweigen) auch seitens der praktischen und, zum Teil allerdings mit Unrecht, der systematischen Theologie 1 ) in Angriff genommen; aber gerade d a s zeigt eben wieder, daß wir es hier mit einer Strömung zu tun haben, die im Grunde von der r e l i g i o n s g e s c h i c h t l i c h e n , wie wir zum Unterschied von der r e l i g i o n s geschichtlichen kurz sagen können 2 ), u n a b h ä n g i g ist, ja die in letzter Linie im P i e t i s m u s wurzelt, während diese auf den D e i s m u s zurückgeht. Zwar könnte man — um von vereinzelten Anwendungen der religionsgeschichtlichen Methode, wie sie beinahe von Anfang an vorgekommen sind, überhaupt gleich abzusehen — auch ihre ausdrückliche Proklamierung wenigstens noch um ein paar Jahrhunderte weiter zurückverfolgen. Sobald das Christentum mit dem Islam in nähere Berührung kam, mußte sich die ') Ich meine damit natürlich die Aufsätze von S C H I A N (Der Einfluß der Individualität auf Glaubensgewinnung und Glaubensgestaltung, Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1897 513 ff., Glaube und Individualität, ebenda 1 8 9 8 170 ff.) und D R E W S (Dogmatik oder religiöse Psychologie, ebenda 134 ff.). 2 ) So unterscheidet T R A U B , Kirchliche und unkirchliche Theologie, ebenda 190 3 44, während J Ü L I C H E R und H E G L E R , sowie R E I S C H L E (Theologie und Religionsgeschichte 1904) und SCHMIDT (Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, deutsch-evangelische Blätter 1904 184 ff.) beides zu eng verknüpfen. 1*

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Frage erheben, ob es wirklich die allein wahre Religion sei: es entstand das Märchen von den drei Ringen, R A I M U N D U S L U L L U S verlangte gelegentlich, daß sich Christen, Juden und Mohammedaner gegenseitig tolerieren sollten, und in Spanien blieben diese Gedanken bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts nicht ganz ohne Nachwirkung. Aber in weitre Kreise drangen sie doch eben erst durch den Deismus, der zunächst, namentlich unter dem Eindruck der Religionskriege, an der alleinigen Wahrheit seiner Konfession, dann, je mehr die andern Religionen in seinen Gesichtskreis kamen, auch an der des Christentums irre wurde. H O B B E S sprach zwar noch von einer Offenbarung neben der natürlichen Religion, und LOCKE ließ durch sie die natürliche Erkenntnis wenigstens antizipiert und ergänzt werden, aber wie schon HERB E R T VON C H E R B U R Y a l l e Religionen einander gleichgestellt hatte, so noch mehr die spätem, die nun zugleich auf Frankreich und von da auf Deutschland hinüberwirkten *). Namentlich hier suchte man freilich dem Christentum doch wieder seinen überkommenen Vorzug zu wahren, indem man es mit der Vernunftreligion gleichsetzte; aber je weniger diese als haltbar erschien, und je mehr man teils das Christentum, teils andre Religionen genauer kennen lernte, um so mehr mußte dieser Ausweg versagen. Es wurde also am Ende des vergangenen Jahrhunderts mit ganz anderm Nach') vgl. TRÖLTSCH, Deismus, prot. Realencyclopädie 3 IV 1898 532 ff., Theologie und Religionswissenschaft des 19. Jahrhunderts, Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 190 2 92 ff., Religionswissenschaft und Theologie des 18. Jahrhunderts, preuß. Jahrbücher 1903, 114 30 ff.

druck als früher und innerhalb der Theologie selbst die alte Forderung der prinzipiellen Gleichstellung der Religionen von neuem erhoben: und das ist nun der e r s t e Sinn, in dem heutzutage von der religionsgeschichtlichen Methode die Rede ist. I. Genauer lassen sich hier wieder — wenn auch nicht nach einem einheitlichen principium dividendi — d r e i Forderungen unterscheiden. 1. Die am weitesten gehende lautet dahin, daß immer nur die Religion überhaupt, nicht das Christentum oder gar nur der Protestantismus untersucht werden sollte, daß also auch unsre theologischen Fakultäten in religionsgeschichtliche zu verwandeln wären. Dieses Verlangen ist von dem Holländer TIELE schon im Jahre 1866 in einem Artikel der Gids: theologie en godsdienstwetenschap (II 205 ff.) ausgesprochen und zehn Jahre später bei Gelegenheit der Umgestaltung des höhern Unterrichtswesens in Holland wenigstens insofern erfüllt worden, als den theologischen Fakultäten der konfessionelle Charakter genommen ward. I n Deutschland hatte schon früher L A G A R D E in seiner Abhandlung über das Verhältnis des deutschen Staates zu Theologie, Kirche und Religion (vgl. Deutsche Schriften, Gesamtausgabe letzter H a n d 2 1891 67) das gleiche wie T I E L E verlangt; aber d a r i n wenigstens kaum irgendwo Nachfolge gefunden. Und in der Tat ließ sich der Grund, den jener gegen die christliche Theologie geltend machte, sie sei nämlich „ebensowenig eine "Wissenschaft, wie Österreich ein Staat", mit gleichem Recht auch gegen die Medizin und Jurisprudenz



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vorbringen. Denn auch sie fassen verschiedene, zunächst andern Wissenschaften angehörige Kenntnisse und Fertigkeiten unter dem Gesichtspunkt eines praktischen Zwecks zusammen, wie die Theologie — schleiermacherisch ausgedrückt — unter dem der Kirchenleitung. "Wollte man also an ihre Stelle an der Universität die Religionsgeschichte setzen, so würden sämtliche Kirchen, wie es ja in Holland geschehen ist und LAGARDE voraussah, daneben eigne Fakultäten oder wenigstens Professuren errichten, d. h. von einem Ersatz der theologischen Fakultäten durch religionsgeschichtliche wäre keine Rede. Es ist daher auch weder wahrscheinlich, daß dieses Ansinnen von neuem ernstlich gestellt wird, noch nötig, weiter von ihm zu sprechen. 2. Ganz anders steht es mit einer zweiten, viel weniger weitgehenden Forderung, die daher auch von sogenannten positiven Theologen und Katholiken erhoben worden ist. Schon vor neunzehn Jahren verlangte NATHÜSIUS in Greifswald, daß für die jungen Theologen das Studium der allgemeinen Religionsgeschichte obligatorisch gemacht werden sollte 1 ), und im Jahre 1900 sprach sich auf dem Kongreß katholischer Gelehrter in München HARDY in demselben Sinne aus. I n der Tat kann das Christentum — von der Verteidigung gegen andre Religionen und der Polemik gegen sie ganz abgesehen — so gut wie jede andre geschichtliche Erscheinung nur verstanden wer') vgl. das Wesen der Wissenschaft und ihre Anwendung auf die Religion 1885 und dazu: Die Einordnung der allgemeinen Religionswissenschaft in das theologische Studium, allg. evang.-luth. Kirchenztg. 1901 1130 ff. H54 ff.



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den, wenn man es zunächst mit andern ähnlichen Erscheinungen zusammenfaßt. Dann erst merkt man, worauf es in der Religion und also auch im Christentum vor allem ankommt; dann erst werden einem zahlreiche Vorgänge, nicht nur in seiner ältesten, sondern auch seiner spätem Geschichte bis auf die Gegenwart recht verständlich 1 ). Wenn H A R N A C K in seiner Rektoratsrede über die Aufgabe der theologischen Fakultäten und die allgemeine Religionsgeschichte (vgl. Reden und Aufsätze 1904, I I 168 ff.) dagegen geltend macht, die Kenntnis des Christen- und seiner Vorstufe, des Judentums, deren Geschichte nahezu drei Jahrtausende umfaßte und die noch jetzt als lebendige Religionen studiert werden könnten, ersetze nahezu die Kenntnis der Religionsgeschichte in ihrer ganzen Breite: so vergißt er meiner Meinung nach, wenngleich natürlich nur einen Augenblick, daß wir jene Geschichte eben vielfach erst durch die komparative Methode zu verstehen g e l e r n t haben. Und hält er zum andern die allgemeine Religionsgeschichte wie die allgemeine Sprachgeschichte f ü r dilettantischen Unfug, so hat dagegen schon J. R É V I L L E eingewandt (Revue de l'histoire des religions 1901, 44 437), Spezialisierung sei ebenso bedenklich wie Generalisierung. Gewiß wird jeder Religionshistoriker nur dort, wo er auch die Sprache und Geschichte genau kennt, die Religion vollständig verstehen; aber behandelt nicht r

) Man erinnere sich an die Parallele zwischen K Ö S T H N S Glaube und G H A Z Z A L I S préservatif de l'erreur, die T R Ö L T S C H , Gott. gel. Anz. 1896 681 ff. zog, sowie die Vergleichung von B I L L E I N O S I A S warning word to Parsees mit dem Rückgang auf den geschichtlichen Christus, theol. Jahresber. f. 1901 854.



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ebenso der Kirchenhistoriker die ganze Geschichte des Christentums, ohne in jedem Jahrhundert in derselben "Weise zu Haus zu sein? So sind denn auch anderwärts schon längst sogar eigne Lehrstühle für allgemeine Religionsgeschichte errichtet worden: zuerst wieder in Holland, dann in Frankreich, der Schweiz, Nordamerika — von den einzelnen Vorlesungen, die auch bei uns schon darüber gehalten werden, nicht erst zu reden 1 ). Ob das in der theologischen oder philosophischen Fakultät geschieht, ist ja schließlich gleichgültig, obwohl der Durchschnittsstudent erst dann Religionsgeschichte hören wird, wenn er, wie in den meisten Kantonen der deutschen Schweiz, auch darin examiniert wird; aber auch wenn in Deutschland in nächster Zeit überhaupt keine Änderung eintreten sollte, so gibt es doch zahlreiche andre Gelegenheiten, um sich die betreffenden Kenntnisse zu erwerben oder um sie zu verbreiten. 3. Unsre Theologen können — und das wäre die dritte Form, in der jener allgemeinen Forderung Genüge geschehen würde — zunächst einmal Vorlesungen über e i n z e l n e , für das Christentum besonders wichtige Religionen hören, die dann auch von den eigentlichen Fachleuten dafür gehalten werden würden. Ferner haben wir bereits eine reiche religionsgeschichtliche Literatur, die natürlich hier selbst zum Teil nicht angeführt werden kann, und neben zahlreichen Zeitschriften allgemeinerer Tendenz zwei spe*) vgl. J. RÉVILLE, La situation actuelle de l'enseignement de l'histoire des religions, Revue de l'histoire des religions 1901, 43 58 ff., JASTROW, The study of religion 1901 47. 54 ff. 351 ff.



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ziell für unsre Fragen, die Revue de l'histoire des religions und das Archiv für Religionswissenschaft. Vielleicht darf in diesem Zusammenhang auch — wieder neben Museen für Ethnologie oder Kunst im allgemeinen — an das für Religionsgeschichte erinnert werden, das Paris seit 1888 in dem Musée G-uimet besitzt, und endlich mögen selbst die internationalen Kongresse für Religionswissenschaft, wie sie seit 1897 gehalten werden, zunächst wenigstens der gegenseitigen Annäherung der einzelnen Gelehrten dienen — so wenig auch auf die Dauer bei solchen Schützenfesten für die Wissenschaft unmittelbar herauszukommen pflegt. Jedenfalls aber kann man mit Bestimmtheit voraussagen, daß in den nächsten Jahren die religionsgeschichtliche Forschung beträchtliche Fortschritte machen und so auch der Theologie zugute kommen wird — w e n n man sich vor einer naheliegenden Gefahr hütet, auf die auch hier noch kurz hingewiesen werden mag 1 ). Wie anderwärts, so wird auch hier die vergleichende Methode leicht zu einer ausgleichenden; d. h. aber in unserm Fall: das Christentum wird auf diejenigen Anschauungen reduziert, in denen es sich von den andern Religionen gerade n i c h t unterscheidet. Erklärt sich nun schon daraus, daß das Hauptinteresse der Religionshistoriker vielfach den enthusiastischen, ja ekstatischen Erscheinungen innerhalb des Christentums gilt, so wirkt in derselben Richtung außerdem noch der Wunsch, wenn auch nicht für das Christen*) Im übrigen vgl. geschichte 27 ff.

REISCHLE,

Theologie und Religions*



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tum, so doch wenigstens für die Wahrheit der Religion im allgemeinen einen Beweis zu haben. So hatte, wenn wir auf diese religionsgeschichtliche Methode einmal sozusagen selbst wieder die religionsgeschichtliche Methode anwenden wollen, schon zur Zeit des Deismus D O D W E L L in seinem Buche: Christianity not founded on argument auf die innere Erleuchtung als Beweis des Christentums verwiesen; so haben jetzt L A G A R D E und D U H M in dem Geheimnis in der Religion zugleich die Garantie ihrer "Wahrheit gefunden. Nur schade, daß dabei die objektive Realität mit der psychologischen verwechselt, daß aus der Tatsächlichkeit eines psychischen Phänomens die Wirklichkeit des dabei Vorgestellten erschlossen wird, was natürlich nicht angeht. J a auch wenn dieser Beweis wirklich zöge, so könnte er doch für uns nicht genügen. Der Religionshistoriker mag sich ja bei diesem Glauben an die Wahrheit der Religion im allgemeinen, bei dieser Gleichgültigkeit gegen die Unterschiede im einzelnen, die man in Frankreich treffend Renanism nennt, beruhigen; aber der christliche Theolog, verehrte Anwesende, der einer bestimmten Religion und Kirche dienen will — und das soll auch der akademische Lehrer — muß doch unbedingt trotz jener vorläufigen Gleichstellung derselben mit den andern Religionen von ihrem Vorzug vor diesen überzeugt sein. Dazu soll ihm aber nun — wie Odhins Lanze die Wunden, die sie schlägt, auch wieder heilt — dieselbe religionsgeschichtliche Methode verhelfen, nur eben in einem andern, als dem bisher betrachteten, in dem z w e i t e n Sinn, den wir unterscheiden können.



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II.

Soweit ich sehe, ist dieser Beweis für die "Wahrheit des Christentums — trotz mancher Ansätze bei frühern — doch erst von einem ehemaligen Mitgliede der hiesigen evangelisch-theologischen Fakultät, von T R Ö L T S C H , im einzelnen durchgeführt worden. Er zeigte zunächst in verschiednen Artikeln in der Zeitschrift für Theologie und Kirche (Die Selbständigkeit der Religion 1896 177 ff.; Geschichte und Metaphysik 1898 1 ff.), den preußischen Jahrbüchern (Christentum und Religionsgeschichte 1897, 87 415 ff.) und den theologischen Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen Predigerverein (Uber historische und dogmatische Methode der Theologie 1900 87 ff.), dann abschließend in der vor zwei Jahren erschienenen Schrift: Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, daß das Christentum in der Tat den Höhepunkt der religiösen Entwicklung der Menschheit bildet. Wenn wir uns deshalb zu ihm bekennen, so setzen wir freilich neben der "Wahrheit der Religion überhaupt voraus, daß in der Geschichte Vernunft waltet und sich fortschreitend offenbart; aber das ist ganz etwas andres, als wenn unmittelbar die "Wahrheit des Christentums erwiesen werden soll. Diejenigen, die den behaupteten Unterschied der neuen Methode von dieser altern auf Selbsttäuschung zurückführen, haben also meiner Meinung nach unrecht — auch wenn T R Ö L T S C H vielleicht noch deutlicher hätte aussprechen können, daß er nur die — eigentlich selbstverständliche — Voraussetzung macht: wollen wir uns in der "Welt behaupten, so müssen wir uns der Tendenz fügen, die in ihrer Entwicklung erkenn-



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bar ist. Aber die Frage, verehrte Anwesende, ist doch nun die: kann diese Argumentation — die wir in der Ethik, wenn es sich um die Bedeutung der in der Geschichte gewordnen Güter handelt, ja schon längst anwenden — kann sie auch hier f ü r uns genügen? Ich möchte, ehe ich meine Bedenken dagegen äußere, erst einen Vorzug hervorheben, den dieser Beweis unzweifelhaft hat, der aber sonst noch nicht genügend anerkannt worden zu sein scheint. T R Ö L T S C H rechtfertigt nicht irgendeinen B e g r i f f der Religion, der doch f ü r uns keine unmittelbare Bedeutung haben kann, sondern eine p o s i t i v e Religion, wie sie allein lebenskräftig ist, und zwar das für uns im Grunde allein in Frage kommende C h r i s t e n t u m . Aber die Frage bleibt allerdings bestehen: w a s beweist er von ihm? Während in seinen frühern Arbeiten noch mehrfach von der Absolutheit des Christentums die Rede war, wird dieselbe jetzt ausdrücklich aufgegeben. Alles, was wir von ihm sagen können, ist, daß es die tiefste und beste Religion darstellt, d i e w i r k e n n e n ; aber daß es nie etwas Höheres geben wird, ist nur Glaube, nicht Gewißheit. T R Ö L T S C H sucht auch zu zeigen, daß uns das durchaus genügen könne, ja daß unter Absolutheit ursprünglich nichts andres verstanden worden sei; und in der Tat dürfen wir wieder nicht verkennen, daß mit dieser relativ größten Vollkommenheit schon viel gewonnen wäre. Nicht einmal die Mission brauchte deshalb eingeschränkt oder gar aufgegeben zu werden; aber, verehrte Anwesende, das ist doch auch unleugbar, daß das Christentum noch ganz anders



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dastände, wenn es sich als die vollkommenste uns überhaupt erreichbare Religion erweisen ließe. T R Ö L T S C H hält das für ausgeschlossen und zwar nicht nur, weil die Aufgabe nicht zu lösen ist, sondern weil sie überhaupt nicht gestellt werden darf. „Die Historie ist kein Ort f ü r absolute Religionen", so lesen wir bei ihm; die historische Methode relativiert alles. Hier gehen nun aber offenbar bei ihm drei verschiedne Gedanken durcheinander, die nur zum Teil haltbar sind. Richtig ist nämlich, 1. daß kein Ereignis deshalb, weil es in der Geschichte des Christentums (oder einer andern Religion) vorkommt, ohne weitres anders beurteilt werden darf, als wenn es sich sonst findet; sondern überall gelten dieselben Voraussetzungen und Maßstäbe. Richtig ist auch, 2. daß keine historische Persönlichkeit schlechterdings unabhängig von ihrer Zeit ist, daß vielmehr selbst die originellsten Denker immer gewisse Anschauungen aus ihrer Umgebung aufnehmen. Aber unhaltbar ist, 3. daß in der Geschichte überhaupt keine absolut wertvollen Ideen, wenngleich, wie gesagt, in zeitgeschichtlich bedingter F o r m 1 ) , auftreten könnten. TRÖLTSCH bekennt sich allerdings jetzt zu dem be') Auch die Polemik gegen diese Unterscheidung (Die Absolutheit 33 ff.) vermag ich nicht gutzuheißen; dazu hat T R Ö L T S C H selbst früher in seinem Vortrag: Die 'wissenschaftliche Lage und ihre Anforderungen an die Theologie 1900 48 den der Religion eingebornen Trieb von ihrer Anpassung an fremde Lebensgebiete unterschieden. Daß er das jetzt nicht mehr tut, bezeichnet auch W O B B E R M I N , Das Verhältnis der Theo-



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kannten STRAUSZsehen Satz: es ist nicht die Art, wie die Idee sich realisiert, in ein Exemplar ihre ganze Fülle auszuschütten; aber früher (theologische Arbeiten 1900 92) hatte er ihn doch ausdrücklich als in einer besondern philosophischen Theorie wurzelnd verworfen; und noch jetzt urteilt er: „Nichts hindert, die großen, wichtigen Erwerbe des wissenschaftlichen, staatlichen, künstlerischen, sozialen und religiösen Lebens als bleibende anzusehen." J a wenn er der Theologie neben jenem Beweis aus der Geschichte auch die Aufgabe stellt, in der sonstigen menschlichen Erkenntnis den Ort für die Religion aufzuweisen und sie mit deren gesicherten Ergebnissen in Beziehung zu setzen, so nimmt er doch wohl bereits an, daß dem Christentum — soweit das für uns Menschen überhaupt einen Sinn hat — absolute "Wahrheit zukommt. Freilich wie das nun auch zu e r w e i s e n wäre, kann hier nicht mehr auseinander gesetzt werden; genug, daß die religionsgeschichtliche Methode nicht zur Relativierung der I d e e des Christentums nötigt. Wohl aber legt sie uns die Frage nahe, ob es in seiner g e s c h i c h t l i c h e n A u s p r ä g u n g , wie überhaupt von seiner Umgebung, so nicht auch von andern Religionen beeinflußt worden sei: und das ist endlich der d r i t t e Sinn, in dem man heutzutage von religionsgeschichtlicher Methode redet.

in.

Handelte es sich bei dem letzten P u n k t um eine Anschauung, die in dieser Form erst in neuester Zeit logie zur modernen Wissenschaft und ihre Stellung im Gesamtrahmen der "Wissenschaft, Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1900 391, l als einen Mangel.



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Vertretung gefunden hat, so ist umgekehrt der Versuch, das Christentum zum Teil aus andern Religionen zu erklären, wieder schon im 17. und 18. Jahrhundert gemacht worden. An einzelnen Stellen war das sogar noch früher bereits geschehen — so wurde z. B. die Frage nach dem Piatonismus der Kirchenväter schon im 16. Jahrhundert, u. a. auch von L U T H E R , ventiliert — aber auf die gesamte Entwicklung des Christentums ist diese Methode doch eben erst vom Deismus angewandt worden. Man leitete also nicht nur den Katholizismus aus heidnischen Einflüssen ab, sondern führte auch das Christen- und Judentum auf solche zurück — zumeist freilich Ähnlichkeit (und zwar auch recht entfernte Ähnlichkeit) sofort für Abhängigkeit nehmend und um die Erklärung einer solchen sich in keiner Weise bemühend 1 ). Auch wer sich daher von der daraus erkennbaren Unbefangenheit angesprochen fühlt — und in der Tat können ja ganz gut auch dauernd wertvolle Elemente im Christentum aus andern Religionen stammen — auch der sollte sich doch zugleich von der Methodelosigkeit dieser Literatur, die in populärem Grewande noch heute fortlebt 2 ), aufs allergewissenhafteste fernhalten. Mit Bestimmtheit kann nämlich nur dann von fremden Einflüssen auf ') Für die ganze Literatur gilt, was NORK, Biblische Mythologie I, 1842, I X so ausdrückte: Der Verfasser hofft billigen. Ansprüchen begegnet zu sein, wenn er durch die Menge der Beweise die mangelnde Strenge derselben zu ersetzen beflissen war. 2 ) Besonders allerdings in England; vgl. meinen Artikel: Der gegenwärtige Stand des religiösen Denkens in Großbritannien, Stud. u. Krit. 1892 649 f.



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das Christentum gesprochen werden, wenn folgende — eigentlich selbstverständliche, aber vielfach übersehene — drei Bedingungen erfüllt sind: 1. eine Anschauung darf sich aus den ursprünglich christlichen Ideen schlechterdings nicht erklären lassen; 2. sie muß in einer andern Religion wirklich nachweisbar sein und 3. es muß sich verständlich machen lassen, wie sie aus dieser in das Christentum überging. Allerdings v e r m u t e n können wir solche Einflüsse auch dann, wenn die letzte Bedingung n i c h t erfüllt wird, und überhaupt p o s t u l i e r e n müssen wir sie selbst dort, wo, ohne daß anderwärts ähnliche Anschauungen nachzuweisen wären, doch die im Christentum uns begegnenden aus diesem allein absolut nicht abzuleiten sind; wo das aber der Fall ist, da schweben alle religionsgeschichtlichen Erklärungen in d i e s e m Sinne völlig in der L u f t und kann es sich höchstens darum handeln, in andern Religionen — vielleicht sehr interessante und lehrreiche — A n a l o g i e n aufzuweisen. Aber das ist, obgleich auch sie wieder auf eine b e s o n d r e geistige Atmosphäre zurückgehen können, doch ganz etwas andres und sollte daher viel schärfer von dem, wovon wir hier sprechen, unterschieden werden, als es vielfach geschieht. Freilich wo nun m i t R e c h t ein fremder Einfluß auf das Christentum angenommen wird: das könnte ich doch zunächst für seine spätre Geschichte, auch wenn ich mir ein selbständiges Urteil über die ganze Frage zutrauen dürfte, bei der Kürze der Zeit jetzt



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nicht untersuchen. Aber es bedarf dessen ja auch hier gar nicht; denn daß auf das Christentum, von dem vielfach in ihm fortlebenden Götterglauben abgesehen, die Mysterien und namentlich die verschiednen Phasen der griechischen Philosophie sehr stark eingewirkt haben: das wird wohl im allgemeinen nirgends mehr bestritten. Auch beim Alten Testament handelt es sich nur um das M a ß des Einflusses, den weniger die ägyptische — obgleich man auch auf sie neuerdings wieder verwiesen hat 1 ) — als die babylonische und eranische Religion ausgeübt haben. Wohl aber muß hier immer wieder betont werden, daß es sich bei alledem immer nur um N e b e n s a c h e n handelt, während der eigentliche G e i s t der israelitischen Religion von diesen Einflüssen unabhängig war. Und ebenso möchte ich im Judentum n o c h mehr, als schon BOUSSEX in seiner „Religion des Judentums" (1903) tut, auf die immanente Entwicklung zurückführen, so gewiß auch an einigen Stellen, wie auf den Engels- und Teufelsglauben, der Parsismus eingewirkt hat. Ginge dagegen der Auferstehungsglaube auf ihn zurück, so müßte er meiner Meinung nach schon viel früher, wo wirklich ein solcher Einfluß stattfinden konnte, nachweisbar sein; denn wenn man dagegen die auch erst im ersten vorchristlichen Jahrhundert, nämlich zu Anfang des dritten Buchs der Sibyllinen (V. 46 ff. 83 ff.), nachweisbare Vorstellung vom Weltbrand geltend machen wollte, so geht dieselbe z u n ä c h s t vielmehr auf griechische Vorlagen vgl. VÖLTER, Ägypten und die Bibel 1903. Clemen, Religionsgeschichtliche Methode.

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zurück1). Im übrigen freilich darf dieser hellenistische Einschlag nicht überschätzt werden; eine Auffassung, wie die in 0. HOLTZMANNS neutestamentlicher Zeitgeschichte (1895) vorgetragne, hat mit Recht keinen Beifall gefunden. Das hauptsächliche Kampfgebiet der Freunde und Feinde der religionsgeschichtlichen Methode in dem hier in Rede stehenden Sinn wird daher für die nächsten Jahre vielmehr das Neue Testament bilden. Zwar von buddhistischen Einflüssen, wie sie vor zwanzig Jahren SEYDEL entdeckt zu haben glaubte, ist jetzt nicht mehr viel zu hören 2 ); ich gehe also auf diese Frage überhaupt nicht erst ein. Auch handelt es sich dabei meist um die Erklärung einzelner evangelischer Erzählungen, die immerhin nicht so wichtig sind, wie die religiös-sittlichen Anschauungen des Neuen Testaments; und unter ihnen wieder lasse ich *) Wenn in diesem und andern sibyllinischen Büchern, wie G E F F C K E N (Die babylonische Sibylle, Gött. gel. Nachr., phil. hist. Kl. 1900 88 ff., Die Sibylle, preuß. Jahrb. 1901 loe. 193 ff., Komposition und Entstehungszeit der oracula Sibyllina, Texte u. Unters. XXIII, 1, 1902) und B O U S S E T (Die Beziehungen der ältesten jüdischen Sibylle zur chaldäischen Sibylle usw., Zeitschrift f. d. neutest. Wiss. 190 2 23 ff.) nachgewiesen haben, heidnische Orakel stecken, die die babylonische Urgeschichte wiedergeben, so handelt es sich dabei doch um einen ganz besondern Weg für die Einwandrung dieser und ist damit also im übrigen nicht viel bewiesen. Doch vgl. VAN D E N B E R G H VAN E Y S I N G A , Indische invloeden op oude christelijke verhalen 1901 und dazu die ausführliche Anzeige von F R A N K E , Deutsche Literaturztg. 1901 2757 ff., sowie P F L E I D E R E R , Das Urchristentum 2 1902, I 411 ff., Das Christusbild des urchristlichen Glaubens in religionsgeschichtlicher Beleuchtung 1903 23 ff.



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hier diejenigen, die sich nur gelegentlich in einzelnen Gremeinden finden1), außer dem Spiele und beschränke mich auf die von den neutestamentlichen Autoren selbst vorgetragnen. Da versteht es sich nun aber von selbst, daß man die fremden Einflüsse, die auf das Urchristentum eingewirkt haben sollen, vor allem (1) durch das J u d e n t u m , von dessen entsprechendem Charakter wir ja eben schon hörten, vermittelt denkt. Und in der Tat wird die zuerst bei Paulus begegnende hellenistische Lehre, daß das Fleisch zwar nicht von Natur böse, aber auch nicht nur schwach ist, sondern — und dies von Anfang an, nicht erst infolge des Falls der Protoplasten — zur Sünde r e i z t , schon dort vorhanden gewesen sein; was er und die spätem, besonders der Verfasser des Jakobusbriefs, dagegen d i r e k t aus dem Hellenismus entlehnt zu haben scheinen, bezieht sich — wenn wir von dem von vornherein unwahrscheinlichen Einfluß der eleusinischen Mysterien auf seine Abendmahlslehre wohl gleich absehen können 2 ) — wieder nur auf Einzelheiten oder gar Ausdrücke. r

j Daß auf sie ihre Umgebung einwirkte, ist ja leicht verständlich und daher für die uns am genauesten bekannte korinthische zusammenfassend von H O L L M A N N (Urchristentum in Korinth 1903) nachgewiesen worden. Gewiß e r i n n e r t e den Griechen auch vieles, was er von Jesus hörte, an seine Mythologie; aber damit ist noch keineswegs gesagt, daß es sich daraus erklärte. Vollends wenn W E R N L E , Die Anfänge unsrer Religion 1901 329 den Satz aufstellt: was Paulus von Jesus aussagte, das war im Grunde ein Mythus — so übersieht er die ganz besondre Bedeutung, die sein Tod nach paulinischer Lehre hat. 9 ) Auch G A R D N E R hat diese früher von ihm vorgetragne Anschauung jetzt (Exploratio evangelica 189 9 454 f.) aufgegeben. 2*



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I n solchen ist nun aber auch der babylonischeranische Einschlag, von dem heutzutage vor allem die Rede ist, am ehesten nachzuweisen. So ist z. B. so gut wie sicher, daß, wie der siebenarmige Leuchter im Tempel und bei Sacharja 1 ), so auch die sieben Leuchter, zwischen denen der Menschensohn in der Apokalypse erscheint, die sieben Sterne, die er in seiner Hand hat, die sieben Fackeln vor dem Throne Gottes und sieben Augen des Lammes u r s p r ü n g l i c h die vielfach verehrten sieben Hauptsterne, d. h. Sonne, Mond und die fünf den Alten allein bekannten Planeten sind, die so Gott und Christus untergeordnet werden sollten. Auch die vierundzwanzig Altesten, die apoc. 4 rings um den Thron Gottes sitzen, sind wohl ursprünglich die nach Diodor (II 31) von den Babyloniern außerdem noch unterschiednen und als Richter des Weltalls bezeichneten Sterne. Es ist endlich so gut wie sicher, daß den in Kap. 12 erwarteten Nachstellungen des Drachen gegen das Sonnenweib und sein Kind i n l e t z t e r L i n i e ein außerisraelitischer Mythus zugrunde liegt, wie wir ihn mehrfach nachweisen können, und man ihn v i e l l e i c h t auch sonst auf die Endzeit übertragen hat. "Wenn das alles also namentlich G U N K E L in seinem epochemachenden Buche: Schöpfung und Chaos schon vor neun Jahren nachgewiesen hat, so sind ihm andre mit Recht beigetreten; dagegen kann i c h wenigstens, wenn in seiner spätem Schrift: Zum religionsgeschichtlichen Verständnis des Neuen Testaments (1903) auch andre Von Vorstellungen, die im Alten Testamente schon ebenso wie im Neuen vorkommen, sehe ich überhaupt ab.



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Anschauungen desselben ebenso beurteilt werden, so gut wie nirgends zustimmen. Schon dies ist meiner Meinung nach nämlich bedenklich, daß G U N K E L von der Apokalypse, um die es sich bisher allein handelte, doch offenbar auf das übrige Neue Testament weitergeschlossen hat. E r betont zwar gelegentlich ihre Sonderstellung und hat uns ja früher vor allem gelehrt, daß die Apokalyptik überhaupt mit übernommenen, manchmal nicht einmal mehr verstandnen Stoffen arbeitet: dann aber darf man, was für sie gilt — obwohl mir vieles von dem, was er j e t z t für sie beibringt, auch nicht einleuchtet — noch weniger ohne weitres für die übrigen Schriften des Neuen Testaments voraussetzen. Freilich will ja nun auch GUNKEL, wie ich es früher als unumgänglich bezeichnet habe, nur dort fremde Einflüsse annehmen, wo die Erklärung aus dem Juden- und Christentum selbst versagt; aber den Beweis dafür hat er sich wohl doch fast überall zu leicht gemacht. E r nimmt zumeist an, daß entsprechende Anschauungen anderwärts vorhanden gewesen seien, und führt dann auf sie die neutestamentlichen Aussagen zurück; es ist indes auch rein an sich sehr wenig wahrscheinlich, daß in f ü r die christliche Gemeinde erreichbarer Nähe solche Vorstellungen existierten. G U N K E L weist allerdings mit Recht darauf hin, daß wir auch die für die Offenbarung vorauszusetzenden Traditionen nur zum Teil im Judentum belegen können, daß uns viele von den jüdischen Apokalypsen verloren sind und das Judentum sich überhaupt nach 70 ungemein vereinseitigt habe. Aber all das erklärt doch noch nicht, worum es sich hier handelt; denn von



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einem solchen Gnostizismus, wie ihn G u n k e l zur Erklärung des Christentums voraussetzt, haben wir meines Wissens im damaligen Judentum nirgends die geringste Spur; ja es wird sich zeigen, daß zum Teil gerade die entgegengesetzten Anschauungen unter dem jüdischen Volk zur Zeit Jesu und der Apostel verbreitet waren. Beginnen wir nämlich unsre Prüfung der einzelnen religionsgeschichtlichen Erklärungen G - U N K E L S im übrigen Neuen Testament mit derjenigen der Lehre des Paulus von der Taufe, so wird ja allerdings heutzutage auch von vielen andern angenommen, daß der Apostel ihr eine besondre, nicht oder nicht allein durch den Glauben vermittelte "Wirkung zugeschrieben habe 1 ). Ich muß — auf die Gefahr hin, deshalb als reaktionär angesehen zu werden — gestehen, daß ich diese Auffassung nicht für richtig halten kann. Zwar will ich mich nicht auf I. Kor. 117 berufen, um daraus, daß Paulus in der Regel nicht selbst taufte, zu folgern, daß er diesem Gebrauch keine solche b e s o n d r e Bedeutung zugeschrieben haben könne; aber gerade die Hauptstelle für die mystische Fassung, Rom. 6, scheint mir sie vielmehr auszuschließen. Denn wenn Paulus hier, daß wir der Sünde abgestorben sind, damit begründet, daß wir wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt wurde, damit der Leib der Sünde vernichtet würde — so kann dieses Mitgekreuzigtwerden des alten Menschen nicht das der Sünde Absterben bedeuten, da dann weder ersichtlich wäre, wie davon das doch vgl. neuestens die Zusammenstellung yon H . H o l t z m a n n , Sakramentliches im Neuen Testamente, Archiv f. Religionswiss. 1904 58 ff.



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eigentlich gleichbedeutende Vernichtetwerden des Leibes der Sünde als Zweck unterschieden, noch wie das Ganze als Grund des Vorangehenden bezeichnet werden konnte. Vor allem aber müßte man den dann folgenden Satz: denn der Gestorbne ist von der Sünde losgesprochen — im Sinne der Tautologie: wer der Sünde abgestorben ist, ist ihr abgestorben — verstehen; und das geht natürlich erst recht nicht an. Er kann nur dasselbe, wie schon bei den Rabbinen, bedeuten: der Tod hat eine sühnende K r a f t — und zwar nicht nur f ü r den, der ihn wirklich erleidet, sondern auch f ü r die, für die er von einem andern, wie hier Christus, erlitten wird. Sind wir aber so von der Schuld losgesprochen — das ist nun der zu ergänzende Zwischengedanke —, dann können wir auch G-ottes Willen erfüllen, dann sind wir der Sünde abgestorben; d. h. die ethische Wirkung des Todes Christi geht auf die religiöse zurück und steht nicht etwa selbständig neben ihr. Heißt es doch an der sehr ähnlichen Stelle Kol. 2 geradezu: ihr seid in Christo d u r c h d e n G l a u b e n an die Wirksamkeit Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat, (zu einem neuen sittlichen Leben) auferweckt; er hat euch mit ihm lebendig gemacht, i n d e m er e u c h a l l e Ü b e r t r e t u n g e n s c h e n k t e . Denn wenn man endlich noch fragen wollte, weshalb diese Wirkung an beiden Stellen dann gerade an die T a u f e geknüpft wird, so erklärt sich das vollauf daraus, daß diese beim Eintritt in die christliche Gemeinde stattfand, der damals wirklich einen prinzipiellen Bruch mit der Vergangenheit bedeutete 1 ). Wenn man sich für die zurückgewiesene Auffassung der paulinischen Lehre von der Taufe außerdem auf seine An-



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J a hier möchte ich nun noch einen Schritt weitergehen und behaupten: auch wenn Paulus an beiden Stellen die "Wirkung der Taufe nicht selbst so erklärte, bliebe es doch sehr kühn, für das damalige Judentum — und nur von ihm ist eben zunächst die Rede — eine andersartige, mystische Schätzung solcher Waschungen zu postulieren. "Was wir in dieser Beziehung hören, weist nämlich vielmehr darauf hin, daß man ihnen außerhalb des Essenismus nicht einmal mehr eine sühnende Bedeutung zuschrieb. Von Rabbi Jochanan ben Zakkai z. B. wird die merkwürdige Äußerung überliefert: bei eurem Leben, weder macht der Tote unrein, noch macht das "Wasser rein, sondern der Heilige . . . hat gesagt: ein Gesetz habe ich festgesetzt, einen Entscheid getroffen. Also nicht, als ob der Ritus an sich eine Bedeutung hätte; aber Gott hat ihn einmal vorgeschrieben, deshalb muß man ihn befolgen. Und ist — von Philo und dem Hebräerbrief, die eine Sonderstellung einnehmen könnten, zu geschweigen — nicht auch dies bezeichnend, daß Paulus, wo er im Anfang des Römerbriefs von der Allgemeinheit der Sünde spricht, mit keinem Wort der Sühnmittel gedenkt, die das Gesetz darbot? Selbst der Täufer hat, schauung von der cdp£ beruft, so habe ich oben schon angedeutet, wie dieselbe meiner Meinung nach zu verstehen ist; der Gebrauch der Formel „im Namen Jesu" aber, der, wie H E I T M Ü L L E R in seiner gleichnamigen Schrift (1903) zeigt, ursprünglich allerdings eine magische Wirkung haben sollte, braucht doch später nicht mehr so angesehen worden zu sein. Überhaupt handelt es sich bei den Entlehnungen aus andern Religionen vielfach nur um Begriffe und Formeln, die ihren ursprünglichen Sinn so gut wie völlig verloren haben.



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obwohl er eben als solcher auftrat, doch im übrigen, soweit wir wissen, nur sittliche, aber keine zeremonialgesetzlichen Leistungen verlangt; jedenfalls deutet auf eine m y s t i s c h e Vorstellung von der Taufe, wie sie h i e r in Rede steht, bei ihm schlechterdings nichts hin. Doch ich will mich nicht länger dabei aufhalten, eine Annahme als unwahrscheinlich zurückzuweisen, die wir ja gar nicht zu machen brauchten, sondern wende mich von der Lehre des Paulus von der Taufe zu der vom Abendmahl, die zwar nicht G U N K E L (oder nur gaiuz nebenbei), wohl aber P F L E I D E R E R (in der zweiten Auflage seines Urchristentums) und HEITM Ü L L E R (in einer besondern Schrift: Taufe und Abendmahl bei Paulus (1903)) religionsgeschichtlich abzuleiten unternommen haben. Ich muß auch diesem Versuch gegenüber zunächst darauf den Finger legen, daß die entsprechenden Aussagen des Apostels gar nicht einer solchen Erklärung aus außerchristlichen Anschauungen b e d ü r f e n . Allerdings nämlich bezeichnet er I. Kor. 10 das Manna und das von Mose aus dem Felsen geschlagene Wasser, worin er das Vorbild des Abendmahls sieht, im Anschluß an die jüdische Theologie als eine geistliche Speise und einen geistlichen Trank; aber daß er deshalb auch Brot und Wein so angesehen habe, liegt d a r i n gewiß noch nicht. Die Hauptbeweisstelle für diese Deutung der paulinischen Abendmahlslehre bildet vielmehr der Vers: ist der gesegnete Kelch, den wir segnen, nicht Gemeinschaft mit dem Blute Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Gemeinschaft mit dem Leibe Christi? — und in der Tat scheint ja dieser Ausdruck so verstanden werden zu müssen, daß wir nach der Meinung *



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des Apostels im Abendmahl mit Leib und Blut Christi in Verbindung treten. Erinnert man sich indes, daß er — zunächst allerdings nur mit Bezug auf uns, indirekt aber doch auch auf Christus als den Erstling der Entschlafenen — sagt: Fleisch und Blut können die Herrschaft Gottes nicht ererben, daß er bei dem Blut Christi sonst vielmehr immer an das am Kreuz vergossne denkt — dann geht es auch nicht mehr an, hier eine besondere mystische Gemeinschaft mit dem erhöhten Christus gelehrt zu finden. Ist doch ebenso kurz nachher nur von einer Gemeinschaft Israels mit dem Altar, nicht Gott oder wenigstens dem Opfer die Rede, und wird daher auch der endlich gebrauchte Ausdruck: Teilhaber an den Dämonen, obwohl er u r s p r ü n g l i c h mehr bedeutete, b e i P a u l u s so zu verstehen sein, daß man sich im heidnischen Kult zu ihnen bekennt. Oder deutet im nächsten Kapitel der Vers: wer also unwürdig das Brot ißt oder den Kelch trinkt, der wird an dem Leib und dem Blut des Herrn schuldig sein — trotz alles Bisherigen auf deren wirkliche Gegenwart im Abendmahl hin? I n den pseudoklementinischen Homilien heißt es einmal (III 17): wer gegen ein Bild und noch dazu des ewigen Königs frevelt, t u t eine Sünde, die sich auf jenen bezieht, den das Bild darstellt; also konnte sich wohl auch Paulus (im Anschluß an die Einsetzungsworte) so ausdrücken, ohne auch nur den erhöhten Christus im allgemeinen auf besondre "Weise im Abendmahl gegenwärtig zu denken. Denn daß er seinen unwürdigen Genuß so streng beurteilt, das erklärt sich, ebenso wie daß er es mit der Taufe als besondres Gnadenmittel zusammenstellt, daraus, daß er in ihm ein Mahl zur Erinnerung an den Tod Christi



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sieht, das Opfer, auf Grund dessen uns Gott die Sünden vergibt. Ja selbst wenn wir die Anschauung des Paulus vom Abendmahl daraus n i c h t völlig erklären könnten, dürften wir doch im damaligen Judentum kaum nach andern Vorbildern für sie suchen. Man schreibt zwar jetzt vielfach den Mahlzeiten der Essener einen sakramentalen Charakter zu und setzt das Gleiche dann für andre Kreise des Judentums voraus; ich kann aber nicht einmal für jene diesen b e s o n d e r n Charakter durch Philo oder Josephus bezeugt finden. Und wenn man ursprünglich allerdings im Opfer den Gott zu essen oder wenigstens mit ihm in reale Verbindung zu treten glaubte, so ist das doch später nirgends mehr bezeugt 1 ); und vollends, daß die Syrer, wenn sie die der Atargatis heiligen Sardellen aßen, von Geschwüren heimgesucht zu werden glaubten, offenbar ganz etwas andres, als wenn Paulus Krankheiten und ') Wenn HEITMCTLLER G R U P P E , Griechische Mythologie (bei Handbuch der klass. Altertumswissenschaft V, 2) 1902 731 zitiert: „Daß durch die gemeinsame Speisung mit der Gottheit eine geheimnisvolle Weihe auf die Genossen des Mahls übergeht, ist auch bei den klassischen Völkern nicht vergessen", so f ü h r t dieser zum Beweis dafür nur Myth. Vat. I 177 an: templum Junonis fuit, in quo mensam Hercules et Diana lectum habebat, ubi portabantur pueri, u t de ipsa mensa ederent et inde acciperent fortitudinem et in lecto Dianes dormirent, ut omnibus amabiles fierent et illorum generatio succresceret, wo doch von einer geheimnisvollen Verbindung mit der Gottheit gar keine Rede ist. Plutarch, qu. rom. 112 aber, auf den sich G R U P P E weiterhin dafür beruft, „daß die nirgends ausdrücklich erwähnte (!) Vorstellung von der Verspeisung des Gottes nicht früh verschollen sei, vielmehr während des ganzen Altertums in den beteiligten Kreisen fortbestanden habe", sagt vom Efeu, MÜLLER,



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Todesfälle unter den Korinthern auf ihren u n w ü r d i g e n Abendmahlsgenuß zurückführt 1 ). K l ä n g e es aber doch von weitem daran an, so hätten wir wenigstens im J u d e n t u m von solchen Anschauungen schlechterdings keine S p u r ; es müßte vielmehr auch hier an die schon erwähnte entgegengesetzte Tendenz in demselben erinnert werden 2 ). E h e r denkbar wäre es daher an sich — obwohl das den meisten von uns erst recht widerstreben wird — den Glauben an die Auferstehung Christi a m dritten den die Bacchantinnen zerreißen und essen, nur: WCTE |AR] imvTtXtfic diriödvouc eivai TOÜC X ^ O V R A C , ö T l K a ' itveüna |uaviac ^XUJV ¿T € P TlK ° v Kai irapaK\r|TiKÖv, ¿£icxr|ci Kai CTrapoiTxei, also nichts von seiner Identität mit Bacchus. ') Auch hier sagt übrigens wenigstens Porphyrius, de abstin. IY, 15 nur: TÖ |nivxoi TIIIV ixöuuuv äuixecOai äxpi T Ü I V Mevavbpou Y p ö v u ) v TOO K U J | U I K O Ö bi^neive. — Die babylonische Vorstellung vom Lebenswasser und der Lebensspeise, auf die ZIMMERN bei S C H R Ä D E R (Die Keilinschriften und das alte Testament 3 1 90 3 525) zurückgeht, hat mit Recht weder G U N K E L noch H E I T M Ü L L E R herangezogen. ) F E I N E , Jesus Christus und Paulus 1902 217 f. 243 hat zwar aus Philo, de vict. off. (so heißt die Schrift) 8, ed. M A N G E Y I I 245 zu erweisen gesucht, „daß im damaligen Judentum und Heidentum der Gedanke einer realen Verbindung der Gottheit mit dem Menschen durch das Mittel des Opfers eine geläufige war". Aber die in Betracht kommenden Worte: o(i upocr|Kd|uriv &6ÜTWV . . ., iliv rivyriKac K p e w v , die Philo Gott in den Mund legt, können unmöglich bedeuten: nicht bin ich hinzugekommen zu nichtgeopfertem . . . Fleisch, das du gekocht hast, sondern nur, wie M A N G E Y ganz richtig übersetzt: nihil moror tua Sacra profana; Trpocr|Kd|ar|v kommt nicht, wie F E I N E will, von irpocr|Keiv, sondern irpociecBai. Indes selbst wenn seine Erklärung richtig wäre, würde damit diejenige Auffassung der Einsetzungsworte, die F E I N E für richtig hält, noch nicht verständlicher geworden 2



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Tage mit G-UNKEL (der sich dabei an den Neubearbeiter von SCHRÄDERS Keilinschriften und das alte Testament, ZIMMERN, anschließt) aus jüdischen Geheimtraditionen fremden Ursprungs zu erklären; denn wenigstens von dem Tode des Messias ist ja IV. Esra 7 29 gelegentlich die Rede 1 ). Aber — so müssen wir auch hier wieder fragen — bedarf es wirklich einer solchen Anleihe? Ich sehe nicht ein, warum Jesus nicht nach drei Tagen im Sinne von: in kürzester Frist seine Auferstehung angekündigt haben und die Frauen, als sie am dritten Tage den Leib Jesu, den sie jetzt, nach dem Sabbat, erst ordentlich bestatten wollten, nicht mehr fanden, ihrer gewiß geworden sein sollen 2 ). Denn wenn GUNKEL fragt: ist es Zufall, sein. Darauf hat HOFFMANN, das Abendmahl im Urchristentum 190 3 246 ff. mit R e c h t aufmerksam gemacht und deshalb schließlich die Vorstellung von dem realen Abendmahlsgenuß neu und original vom Urchristentum gebildet werden lassen. W e n n dagegen O. HOLTZMANN, W a r J e s u s Ekstatiker? 1 9 0 3 109 die Anschauung des Paulus aus dem antiken Totenmahl e r k l ä r t , so f r a g t es sich eben immer wieder, ob dieses im damaligen J u d e n tum noch üblich w a r und als Gemeinschaft mit dem Toten a u f g e f a ß t wurde. *) W e n n GUNKEL, wohl nach ZIMMERN, auch dieses Leiden des Messias in letzter Linie aus der zeitweiligen Verdunkelung, die einer astralen L i c h t g o t t h e i t widerfährt, erklären will, so deutet doch darauf schlechterdings nichts h i n und ist außerdem von einer sühnenden Bedeutung desselben im Babylonischen nirgends die Rede; denn die Erlösertätigkeit Marduks bildet doch dazu nicht einmal eine gewisse Analogie. a ) Auch gegen P F L E I D E R E R , Das Christusbild 61, L: Der Ausdruck triduum ist wohl gewählt mit Rücksicht auf das AttisCybele-Fest, wo am vierten T a g e , also nach drei Tagen auf das Trauerfest des Todes das Freudenfest der A u f e r s t e h u n g



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daß man behauptet hat, gerade an diesem besondern Kalendertage, an diesem hochheiligen Sonntage, da die Sonne ans Winternacht ersteht, sei Jesus auferstanden, so setzt er bereits voraus, daß der Sonntag überhaupt und der erste nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tag- und -Nachtgleiche besonders gefeiert worden ist — das letztre hat er aber überhaupt nicht zu beweisen versucht 1 ), und ob das erstere postuliert werden muß, haben wir noch besonders nachzuprüfen 2 ). GUNKEL meint allerdings, der Auferstehungstag hätte nicht ohne weiteres allwöchentlich gefeiert werden können, diese bis in die älteste Zeit zurückgehende Sitte setze vielmehr eine besondre Schätzung des Sonntags, die natürlich wieder babylonischen Ursprungs sein müßte, voraus. Er glaubt auch in dem slavischen Henochbuch (331) eine Anspielung darauf entdeckt zu haben; aber sollte die Stelle nicht vielmehr erst christlich sein? Sonst wissen wir ja doch von einer solchen jüdischen Sonntagsfeier nichts; es läßt sich des Gottes folgte. Hingegen stimmt die evangelische Zählung zu der des Osiris-Isis-Festes, wo auf die Trauerfeier am 17. die Freudenfeier am 19. Athyr folgte. ') Auch Z I M M E R N sagt nur, daß das babylonische Neujahrsfest im Frühjahr, in den ersten Tagen des Monats Nisan, zugleich das Hauptfest Marduks, das Fest seines Aufstehens gewesen sei, setzt aber später hinzu, dasselbe könne sich auch nur auf des Gottes Auszug aus dem Tempel beziehen. 2 ) Anmerkungsweise schalte ich hier noch ein, daß auch der descensus nicht, wie immer wieder geschieht, aus fremden Einflüssen erklärt zu werden braucht, ja mit den Hadesfahrten von Göttern und Heroen, die nirgends nach deren Tode stattfinden, überhaupt nichts zu tun haben dürfte.



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meiner Meinung nach vielmehr ohne dies ganz gut erklären, daß die paulinischen Gemeinden — denn nur für sie ist die Feier zunächst bezeugt — an Stelle des Sabbats allwöchentlich den Tag der Auferstehung Christi begingen — dann aber erübrigt sich auch hier wieder eine Anleihe bei andern Religionen. Und damit ist nun zugleich gesagt, daß wir diesen Gebrauch ebensowenig (2) auf die M i t h r a s r e l i g i o n zurückzuführen brauchen, an die man seit dem Erscheinen von CUMONTS großem Werk darüber neuerdings auch sonst vielfach appelliert 1 ). Vor allem sind es wieder Taufe und Abendmahl, die man aus jener Quelle hat erklären wollen; es scheint mir aber keine der drei früher genannten Vorbedingungen f ü r eine solche Annahme erfüllt zu sein. Daß wir nämlich zunächst überhaupt nach solchen Vorbildern jener Einrichtung zu suchen haben, ist schon vorhin widerlegt worden. Nur f ü r die Vergleichung der Taufe mit dem Tod, Begräbnis oder l ) vgl. im allgemeinen CUMONT, Textes et monuments figurés relatifs aux mystères de Mithra I 1899, II 1896, (Die conclusions auch deutsch unter dem Titel: Die Mysterien des Mithra 1 9 0 3 ) , J. RÉVILLE, De la valeur du Mithriacisme comme facteur religieux du monde antique, études de théol. et d'hist.

1 9 0 1 323 f f . , PFLEIDERER, D a s U r c h r i s t e n t u m I 44 f f . ,

GRILL,

Die

persische Mysterienreligion im römischen Reich und das Christentum 1 9 0 3 , DIETERICH, Eine Mithrasliturgie 1 9 0 3 , W . NESTLE, Mithrasreligion und Christentum, Protestantenblatt 190 3 355. 361 f. 375 ff. 384 ff., GENNRICH, Der Mithrakult und das Christentum, Reformation 1 9 0 4 83 ff. 100 ff. 117 ff. Übrigens hat schon DUPUIS, Origine de tous les cultes 1795 das Christentum aus der Mithrasreligion ableiten wollen, während die Yorhergenannten das entweder ablehnen oder doch viel vorsichtiger geworden sind.



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einer neuen Geburt, wie wir sie bei Paulus und Johannes finden, könnte man eine fremde Quelle postulieren1); aber ist sie deshalb gerade im Mithraskult zu suchen? "Wenn DIETERICH einen in dem großen Pariser Zauberbuch enthaltnen Text, in dem das Bild von der neuen Geburt allerdings besonders häufig angewandt wird, als Bearbeitung einer Mithrasliturgie auffaßt, so hat dem doch soeben CUMONT, unzweifelhaft der erste Kenner dieser Religion, widersprochen; die darin enthaltnen Vorstellungen seien vielmehr ägyptisch2). Aber auch wenn sie sich in der Mithrasreligion fänden, so würden doch immer noch gegen ihre Einwirkung auf das älteste Christentum starke Bedenken bestehen. *) Ich habe zwar (Niedergefahren zu den Toten 1900 101) nach andern das erstere daraus zu erklären versucht, daß schon zur Zeit des P a u l u s bei der Taufe des Todes Christi gedacht worden sei, u n d A. S E E B E R G (Der Katechismus der TJrchristenheit 190 2 52 ff.) h a t dasselbe f ü r das Begräbnis v e r m u t e t ; aber sicher ist das nicht, und auch dann würde noch der Vergleich mit der neuen Geburt zu erklären bleiben. Denn im J u d e n t u m war er, wie H . H O L T Z M A N N , Handkommentar zum N. T. IV, 1891 52 zeigt, nicht üblich; auch S C H L A T T E R , Die Sprache u n d Heimat des vierten Evangelisten, Beiträge zur F ö r d e r u n g christlicher Theologie VI, 4, 1902 weiß zu J o h . 3 3 f. keine jüdischen Parallelen anzuführen. 2 ) Ich entnehme diese Notiz der Berl. phil. Wochenschrift 1904 537 u n d der Wochenschrift f. klass. Philol. 190 4 472; der Artikel selbst (Un livre nouveau sur la liturgie paienne) ist in der Revue de l'instruction publique en Belgique T. XI",VIT livr. 1 erschienen. Noch zweifelhafter ist übrigens die Deutung des Kultmahls in der Mithrasreligion, die man vielfach, um die A u f f a s s u n g des Paulus vom Abendmahl daraus zu erklären, zu-



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Allerdings nämlich war Cilicien, die Heimat des Paulus, die erste Etappe auf dem Eroberungszug des persischen Gotts in die römische "Welt; aber zunächst hat er wohl auch dort keine große Rolle gespielt. Dio Chrysostomus, der um 100 seine zwei Reden an die Tarser hielt, weiß nichts von einem dortigen Mithraskult; die erste und einzige auf ihn hindeutende Münze gehört in die Zeit Gordians. Und da nun zu Anfang unsrer Zeitrechnung der Mithraskult im römischen Reiche überhaupt nur wenig verbreitet war — nicht mehr, sagt CUMONT, als heutzutage in Europa der Buddhismus 1 ) — so wird auch sein Einfluß auf das gründe legt. Allerdings bekleidete man sich dabei mit Masken, die z u m T e i l den Gott selbst darstellten; aber daß man ihn dadurch später noch „anzuziehen" glaubte, ist uns nirgends überliefert; j a in der Zusammenstellung dieser Mythen mit der Mahlzeit Mithras' und Helios' auf zwei Reliefs (zu dem Textes I 175 f. besprochnen ist nämlich noch ein andres gekommen, das CUMONT, Notice sur deux bas-reliefs mithriaques, revue archéologique 1902, I 10 ff. beschreibt) sieht er «une nouvelle preuve du parallélisme qu'on a certainement cherchée à établir au III® siècle entre les traditions mazdéennes et les doctrines de l'église». Vollends welchen Zusammenhang dieses Mahl etwa mit dem bekannten Stieropfer hat, sagt D I E T E R I C H , ist in keiner Weise anzugeben — geschweige denn daß die Taurobolien, die überhaupt nie zum Mithraskult gehört haben, damit in Verbindung zu bringen wären. ) vgl. auch Textes I 244, 6: Strabon et Quinte-Curce ne parlent encore de Mithra que comme d'un dieu des Parses. Aucun autre auteur du siècle d'Auguste ne dit un mot de lui, et à Pompéï, où tant de monuments des cultes égyptiens ont été mis au jour, on n'a rien trouvé qui rappelât Mithra. L e s plus anciens auteurs qui le nomment, voient encore en lui un étranger. Plutarque place ses mystères sur le même rang que Ciernen, Religionsgeschichtliehe Methode. 3 J



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älteste Christentum höchstens ein sehr geringer gewesen sein. Es bleibt also nur noch ein drittes religiöses System übrig, auf dessen Einfluß auf das Neue Testament man erst seit wenigen Jahren aufmerksam geworden ist: das der sogenannten hermetischen, d. h. unter dem Namen des Hermes umlaufenden Literatur. REITZENSTEIN hatte schon in seinen „zwei religionsgeschichtlichen Fragen" (1901) die Logoslehre des Johannesevangeliums in letzter Linie auf die ägyptische Religion zurückgeführt und in seinem erst dies Jahr erschienenen Poimandres glaubt er auch bei Paulus Nachwirkungen dieses ersten Teils des hermetischen Korpus entdeckt zu haben. Zumeist freilich würde es sich bei diesen Berührungen, die auch anderwärts noch nachzuweisen wären 1 ), wieder nur um Nebenles pratiques barbares des Ciliciens (il n'eut point parlé ainsi d'Isis), et au milieu du I I e siècle, Lucien s'exprime encore avec un dédain analogue. ') Schon bei dem vorjährigen Ferienkurs in Bonn machte mein Kollege A. MEYER auf folgende Parallele im Jakobusbrief aufmerksam: I 8 f.: ¿K ßou\r|c 6eo0 . . . Jakob. 118: ßou\ri9eic àitEö i>i NoOc . . . äir£KÜr|ce \ÖYW KÛr)C£v rj/aâc Aô-fw àXriôeiac £T€pov NOÜV brmioupföv; 12: 6 b£ irdvTUüv itari'ip 6 Noüc . . . &TREKIJR|C€v ÄvOpujtrov aüxüj icov. (vgl. auch Jakob. 1 15 und I 8); ich f ü g e noch hinzu: I. Kor. 15 39: ¿KvrnjiarE bi- I I 27: il Xaoi . . ., oi Kaiuuc Kai (ir) duapTdvexe • ¿rrvu"- I xai öirviy ¿KbebuuKÖTEC Kai rfj ciav f a p ÖGOÜ nvec ix°uciv ] ¿tYvwciqi toü öeoö, vrnyare. Das ist vielleicht die auffälligste Berührung und dies um so mehr, als bei Paulus der Ausdruck ¿Kvr|iyare eigentlich überraschen muß; auch zu Rom. 12 l wäre besser noch als



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Sachen handeln; und auch beim Johannesevangelium kämen lediglich gewisse immer wiederkehrende Begriffe in Frage, die nun aber in der Tat aus jener Literatur und ihren Kreisen herstammen könnten. Hier haben wir es nämlich zunächst einmal wirklich — das zeigt ihre unvermittelte Einführung —, mit Begriffen zu tun, die schon anderwärts üblich gewesen sein müssen und nur auf Jesus angewandt werden. Vom Logos ist das ja wohl anerkannt; es gilt aber auch vom Leben und Licht, die ja gleich im dritten Vers des Evangeliums mit jenem in Verbindung gesetzt werden. Und nicht anders steht es endlich wahrscheinlich mit der Tür und dem Hirten, sowie namentlich dem Weinstock — wenn Jesus Joh. 151 sagt: eyw ein1 ^ ä^ineXoc f) aXrjöivri, so muß das doch wohl ein längst üblicher Vergleich gewesen sein. Nun finden wir aber die meisten dieser Begriffe in der Tat im Poimandres wieder; vor allem der Logos, das Leben und das Licht — darauf hat auch REITZENSTEIN noch nicht genügenden Nachdruck gelegt — erscheinen hier in e i n e r V e r b i n d u n g , w i e meines Wissens sonst n i r g e n d s 1 ) . Ferner kommt in der ganzen hermetischen Literatur häufig der Ausdruck rr\ripuj|ia für Gott oder die als persönlich geX I I I 18 die Stelle I 31 zu vergleichen gewesen. Endlich könnte die Bezeichnung Christi als des äpxnroi|ur|v I. Petr. 5 4 auf jene Literatur hinweisen; aber sicher ist das alles keineswegs. Und noch weniger braucht man bei den andern, von REITZENSTEIN angeführten Stellen gerade an sie zu denken. Daß sie jedes für sich auch sonst vielfach vorkommen, hat zuletzt GRILL, Untersuchungen über die Entstehung des vierten Evangeliums I, 1902 nachgewiesen.

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dachte Welt vor, so daß man auch in Joh. 116: ¿K TT\r|piu|uaToc c o i T o ü RMEIC irdvrec e\aßo|uev einen Anklang daran finden k ö n n t e . Daß sich so das Wort J e s u : ich bin der gute Hirt, besser als ohne dies erklären würde, braucht ja gar nicht erst erwähnt zu werden; wenigstens rruXujpoc erscheint übrigens auch im Poimandres als Beiname des Noüc. Selbst die fortwährenden Mißverständnisse der Jünger haben an der anfänglichen Verständnislosigkeit Tats (so heißt der Schüler des Hermes hier) ihr Analogon — und doch, verehrte Anwesende, dürften wir an eine, wenn auch nur gelegentliche und äußerliche Abhängigkeit des Johannesevangeliums erst dann denken, wenn sich ein Einfluß dieser Literatur auf die christliche nachweisen ließe. Das scheint mir nun aber hier wirklich möglich zu sein. Ich will mich nicht bei den neugefundnen Xofia 'Irjcoö aufhalten, von denen das dritte: ich fand alle trunken — auf eine Stelle im Poimandres 1 ) und das f ü n f t e : hebe den Stein auf und du wirst mich dort finden; spalte das Holz und ich bin da — auf den Pantheismus, der die ganze Literatur durchzieht, zurückgehen k ö n n t e . Vor allem ist der Eingang des Hirten des Hermas unzweifelhaft von dem Poimandres abhängig; ja auch Hermas soll wohl ein Wortspiel mit Hermes bilden 2 ). Dann aber k o n n t e gewiß auch anderwärts eine solche Berührung stattfinden, und TOÖ

' ) GRANGER, an emendation in Logia Jesu I I I , Class. Rev. 1903, 13 251 will deshalb sogar statt buyüüvTa vrmiavra lesen. 2 ) Ist der Jakobusbrief mit dem Hirten verwandt, so könnte also auch in ihm ein Einfluß des Poimandres angenommen werden; aber notwendig ist das, wie gesagt, nicht.



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wenn nun die kolossischen Irrlehrer, die von dem 7t\r|puj|ia geredet zu haben scheinen, in dieser Richtung von der hermetischen Literatur mitbeeinflußt sein s o l l t e n , dann m o c h t e sich ebensogut das nicht weit davon entstandne Johannesevangelium (nebst den Briefen) in einigen Ausdrücken und Anschauungen an sie anlehnen. Aber G e w i ß h e i t ist doch selbst hier wenigstens vorläufig noch nicht zu erreichen — namentlich auch deshalb nicht, weil es immer noch möglich bleibt, daß die hermetischen Schriften stellenweise den christlichen G-nostizismus und das Johannesevangelium schon voraussetzen 1 ) •—; und noch weniger scheint mir für eine der vorher besprochenen Religionen bisher ein tiefer gehender Einfluß auf das Urchristentum nachgewiesen zu sein. Ich fürchte vielmehr, wie die früheren Theorien über seine Entstehung mit Recht vergessen worden sind, so wird auch über die meisten dieser neuesten Vermutungen eine spätre Zeit einfach zur Tagesordnung übergehen. Außerhalb der Theologie ist ja unter USENERS Einfluß bereits eine strengere religionsgeschichtliche Methode in Aufnahme gekommen; wollen wir da immer von neuem hintennach hinken? Der Versuch, im Christentum alles aus einem Prinzip zu entwickeln, wie ihn SCHLÉIERMACHER und HEGEL machten, hatte doch das Gute, daß die n ä c h s t e Aufgabe nicht übersehen werden konnte; so darf auch jetzt der Religionshistoriker immer den Exe*) vgl.

Grundriß der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Griechen 3 I I I , 2 , 1 8 8 1 224, 4, B E R G K , Griechische Literaturgeschichte I V , 1 8 8 7 572. 576, 3 S C H Ü R E R , Geschichte d. jüd. Volkes I I I , 1 8 9 8 483. 3

1 , 1 8 7 8 181

ERDHANN,

f.,

ZELLER,



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geten und biblischen Theologen nur ergänzen, aber nie ersetzen wollen. Und wichtiger noch scheint mir ein andres. Auch wo fremde Einflüsse anzunehmen sein sollten, täusche man sich doch nicht immer wieder über ihre Tragweite. R E I T Z E N S T E I N hat ja, um noch einmal an ihn zu erinnern, klar erkannt und bestimmt ausgesprochen, daß aus der hermetischen Literatur das Johannesevangelium natürlich entfernt noch nicht zu e r k l ä r e n sei; wenn dagegen G U N K E L schließlich doch den Satz aufstellt: Das Christentum ist eine synkretistische Religion, so erinnert das bedenklich an ähnliche Behauptungen längst vergangener Zeiten und ist, wenn man von den äußeren Zutaten nicht den innern Kern unterscheidet, direkt unrichtig. Denn das eigentliche Wesen des Christentums, der G-laube an Gottes Liebe auch zu dem Sünder, wie wir ihn nur durch Jesus Christus haben: er läßt sich eben in keiner Weise aus irgend einer andern Religion ableiten. In fast allen Fällen, wo bisher fremde Einflüsse auch nur behauptet worden sind, handelte es sich bloß um Ausdrücke, die entlehnt, um Formen, in die ein schon vorhandener Inhalt gegossen worden wäre. Gerade diese Untersuchungen werden also vielmehr die Besonderheit des Christentums aufzeigen und so, ebenso wie die andern Formen der religionsgeschichtlichen Methode, von denen wir gesprochen haben, schließlich eine ganz andere Wirkung haben, als man noch vielfach erwartet. Hochansehnliche Versammlung! Die religionsgeschichtliche Methode ist ein Forschungsprinzip, das auch die christliche Theologie, wenn anders sie Wissenschaft sein will, einfach anwenden m u ß ; der wäre ein



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jämmerlicher Theologe und ein schlechter Christ dazu, der sich davor fürchten oder gar dagegen um Hilfe rufen wollte. Ich glaube aber auch gezeigt zu haben, daß zunächst einmal erst die Vergleichung des Christentums mit andern Religionen uns sowohl sein allgegemeines, als besondres Wesen recht erkennen lehrt, daß ferner seine geschichtliche Betrachtung die Behauptung seiner Absolutheit nicht ausschließt und daß endlich der Versuch, es aus andern Religionen zu erklären, grade zur Sicherstellung seiner Originalität führen wird. "Wir können uns also all diesen Untersuchungen, die namens der religionsgeschichtlichen Methode von uns verlangt werden, nicht nur, weil es nun einmal nicht anders geht, sondern mit froher Zuversicht widmen — aber, verehrte Anwesende, vergessen wir darüber das eine nicht, daß es nämlich für den Eeutestamentler und Systematiker, wie vorher, so auch nachher noch manche Probleme gibt, die keine religionsgeschichtliche Methode lösen kann und die doch nicht weniger, ja zum Teil in viel höherem Grade wichtig sind, die also nie über jenen jetzt im Vordergründe des Interesses stehenden Fragen übersehen werden sollten.