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German Pages 184 [192] Year 1903
Schriften
zur
Beleocktnng der Lebrweise des Talmnds.
und EntwiekeloDg
Die Mischna, Aufbau und Quellenscheidung. Von
Dr. L u d w i g A.
Rosenthal,
R a b b i n e r in P r e u s a i s c h - S t a r g a r d .
Erster Theil: Die Ordnung Seraim. Erste Hälfte: Von B e r a k h o t bis Schebiit. Mit U n t e r s t ü t z u n g der Zunzstiftuntf
Strassburg. V e r l a g von Karl J. T r ü b n e r . 1903.
Dem Andenken meiner seligen Mutter R o s a l i e geb. Braun.
I n h a l t . Seite
Vorrede als Einleitung
VII
Allgemeines über Seraim
XXIV
Uebersichtstafel über die Quellenscheidung. Verhältniss der Mischna und ihrer Ordnung zur Tosscfta
XXVI
Abkürzungen
XXIX
Berakhot
.
.
.
1
Peah
20
Deraai
51
Kilaim
72
Schebiit
102
Bemerkungen
148
Register
155
Vorrede als Einleitung. Ein Werk, das seinen Verfasser Jahre lang an sich fesselt, darf schon ans d i e s e m Grunde auf Beachtung rechnen. Kaum dürfte auch eine andere Arbeit ihre Notwendigkeit so in sich tragen, wie die vorliegende. Mit einer Scheidung der Quellen beginnt bei allen alten Texten die erfolgreiche wissenschaftliche Forschung nach ihrer Entstehung, die Erkenntuiss ihres Geistes, zumal wo mehrere Zeitalter in Frage kommen. Mehr als auf e i n e m Gebiete ist das bei der Mischna der Fall, bei welcher ausserdem ein räthselhafter Zusammenhang zu ergründen ist. Die Feststellung des Aufbaues der Gesannntinischna, die Kennzeichnung der in ihr verarbeiteten Quellen ist der Zweck der vorliegenden Arbeit, ein Versuch, der in dieser Ausdehnung zum ersten Male gemacht wird. Die bisherige Behandlung dieser Fragen, wie die Hauptwerke auf diesem Gebiete habe ich bereits in früheren Schriften gekennzeichnet, auf welche ich hier verweise. Ich Hess 1890/91 im gleichen Verlage zwei Bände „Über den Zusammenhang der Mischna" erscheinen, die schon selbst das Ergebniss langer Vorarbeiten waren. Scheinbar regellose Theile der Mischna hatten meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, worin ich mit Dr. H o f f m a n n („Die erste Mischna") zusammentraf. (S. Zshg. d. M. I S. 7, 35—50.) In ihnen fand ich den gemeinsamen Zweck, den Sadduzäismus durch grosse Kundgebungen festlicher Art zurückzudrängen. Ein zweiter mischnischer Ansatz enthielt weniger Schilderungen derartiger Veranstaltungen, als die älteste Schicht; vielmehr werden darin die Streitpunkte zwischen Pharisäern und
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Vorrede als Einleitung.
Sadduzäern Iialakhiscb entschieden und begründet. Doch werden auch die damit verwandten Halakhagebiete (selbst ohne Zusammenhang mit dem Sadduzäerkampfe; zum Theil mit herangezogen. (Ib. 50—58.) Wir n e n n e n d i e s e b e i d e n Q u e l l e n A u n d As. Wir halten für die ältesten Mischnastücke selbst in d e n Traktaten die Bezeichnung A 2 fest, in welchen A fehlt, damit diese Quelle als v o r h a n d e n vor dem Auge des Lesers stehe. Diese älteste Aneinanderreihung folgt der Ordnung des Schriftwortes, wodurch die sonderbarsten Halakhareihen klar werden. (Ib. S. 58—79.) (Mikraordnung=Mkr.) Dem Gedächtnisse (Ib. S. 79—94.)(Memorialmischna=Mem.) dient die Zahlenmischna (Z und Z 2), es begegnen uns Stab-, Binnen- und Endreime (Rm), alphabetische Reihen- und Bruchstücke in auf- und absteigender Ordnung (Alph.). Sammelmischnas bringen ganze Gebiete der Halakha unter gewisse Regeln. (Ib. II S. 16—37.) Treffendere Kennzeichen für eine Sonderquelle, als wir sie hier bei A2 (Meni.) finden, kann es überhaupt kaum geben. Zunz hat in den Gottesd. Vorträgen (Ausg. Brüll. Frkf. a. M. 1892, S. 392) nur einige Beispiele aus dem talmudischen Schriftthuni angeführt, und wir wissen, was er auf dem Gebiete der P i u t i m in dieser Beziehung geleistet und aus solchen Zeichen gefolgert. Welchen Werth man aber sogar Einzelentdeckungen dieser Art beimisst, zeigt die Aufnahme der Bikkell'schen Wahrnehmungen, der Nahum, wie das letzte Kapitel des Sirach als alphabetisch erkannt, im vjj 110 1-4 die Anfangsbuchstaben als •pyos entdeckt, in der Aneinanderreihung der Sprüche im Grossen Aehnliches gesehen hat. Cbajes in den Proverbiastudien (Schwetsclike 1899) hat sich in gleicherweise bemüht. Die Wichtigkeit solcher Untersuchungen zeigen uns CorniH's „Metrische Stücke des Jeremia" fHinrichs); Sievers „Metrische Fragen" (Teubner); Duhm's „gesammte Erklärungen undUebersetzungen des Jesaia, Jeremia, Hiob, der Psalmen. Derartige Forschungen nehmen die Breite der jetzigen Bemühungen auf dem Gebiete biblischer Dichtung ein. Welchen Werth muss eine solche Wahrnehmung nicht bezüglich der M i s c h n a haben! Im „Zsh. d. M." I S. 86 flf.
Vorrede als E i n l e i t u n g .
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habe ich das Vorhandensein derMem.-mischna mit Reim, Rhythmus etc. festgestellt; nun haben sich die damals vereinzelt dastehenden Wahrnehmungen zu Grundlagen der Beurtheilung und Auffindung ganzer H a l a k h a g e f ü g e verdichtet. D e r W u r z e l b u c h s t a b e , nicht die Vorsilbe, ist hier maassgebend, da es in der lebendigen Sprache auf den T o n ankommt, iui Hebräischen auf den C o n s o n a n t e n , weniger auf Vokale. Damit haben wir es uns nicht leichter gemacht — u m g e k e h r t ! Wir haben vielfach den Stabreim und die alphabetische Folge mit Umgehung der ersten etwaigen Beugungssilbe gefunden. Es Hesse sich auch eine Anzahl talmudischer Stellen für die Thatsache anfuhren, dass verwandte Buchstaben darin wechseln, da nicht das g e s c h r i e b e n e , sondern das g e s p r o c h e n e Wort die Gleichheit der Laute bedingt. Unter diesen eigenthUmlichen Bedingungen, die j e d e Willkür ausschliessen, liess sich Mem. von uns als neue, zum ersten Mal an's Licht gebrachte Quelle einführen. In A und A 2 greifen die Schulen Hillel's und Schammai's (S) ein. (Ib. II. 1 6 — 3 7 ; Frankel, Hod. 3 7 — 4 0 , 45—56.) Benutzen sie auch die vorhandenen Formen der Aneinanderreihung, so ordnen sie doch, soweit grössere S-Stücke vorhanden, die Gegenstände nach der Gleichheit der Verhältnisse. Sie erwähnen nur die streitigen Punkte, während sie das Unbestrittene auf sich beruhen lassen. Nicht, wie man oft sagte, liegt im Erleichtern oder Erschweren an sich der Unterschied zwischen Hilleliten und Nchammaiten, sondern darin, dass die L e t z t e r e n mehr am Staatsg e d a n k e n und an der Erhaltung des Volksthums in seiner Eigenart hängen, die E r s t e r e n die Erhaltung des G e d a n k e n s als den Schwerpunkt ansehen. Die Schammaiten (BSi lassen j e d e Mizwa sichtbar hervortreten und drängen auf ihre unbedingte Ausführung. Die Hilleliten (BHi sind nicht darauf aus, jede Satzung so ersichtlich wie möglich und so recht augenfällig zur Erscheinung zu bringen, sind dagegen viel peinlicher in der Beachtung der halakhischen Hindernisse, welche die Ausführung ungültig machen. In diesen Schulen bekämpfen einander Zeloten und Friedensfreunde, beide von dem gleichen
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Vorrede als Einleitung.
Ernste beherrscht. Die schammaitische Halakha ist als ä l t e r e genau zu erkennen. Jochanan ben Sakkai (Frankel, Hod. 64 ff.), in der Geschichte von so grossem Einflüsse, tritt in der Mischna nur selten und auch da öfters mit agadischen Aeusserungen auf. Er vcrschwindet wie Hillel und Schammai hinter seinen Schülern. Das Zeitalter Gamaliel's II. folgt (Hd. 68 ff.; Zshg. II S. 37 bis 58). Während er in Jamnia mit Josua streitet, gestaltet man die Tempelhalakha, die in A und A 2 nur die von S ausgebildeten gegensadduzäischen Theile hatte. Das Reinheitsund das damit verbundene Ehegesetz, wie die von S begründeten Seraim erhalten ihre Grundlage. Ueber die Quelle N, die G mit begründet hat, sprechen wir später. Ueber diese Zeit hinaus wirken Elieser und Josua (Hod. ib. 75 ff.), deren genau erkennbare Mischnatheile wir mit J E bezeichnen. E birgt im Gegensatze zu J schammaische Bes t a n d t e i l e , also die ä l t e r e Fassung der Mischna. In Anlehnung an die Halakha der T e m p e 1 z e i t erscheint bei ihnen erst das Uebrige (Zsh. II 53—681; besonders gering ist noch ihr Antheil an den Dine Mammonot, den Bestimmungen über das Mein und Dein, welcher Halakliagebiete sich erst das Zeitalter R. Ismael's und Akiba's bemächtigt hat. (Ib. 69—85.) J und E sind, wo sie als Vertreter der Mischna JbS's auftreten, einander oft zum V e r w e c h s e l n ähnlich. Das dem E zugeschriebene Tinv oder T j i « kV findet sich weit öfter bei J, so dass es scheint, als wenn die gleichen Eigenschaften vou verschiedenen Schulen (M oder Jd) auf ihre Lieblingsgestalten angewandt worden seien. iS. Succa 27 b, 28 a; Ber. 27 b; Tanchuina r-w -riK 6, was E ; Pes. 9 e, Jeb. 84, Ed. 8 g ( hier auch E j 7 Parah 1 1, was J anlangt. Wir werden auch noch sehen, wie nicht gerade E immer der Schamuti, J nicht immer der Hillelit ist, sondern sich uns oft das umgekehrte Bild zeigt. An einzelnen Stellen ist der Gegensatz zwischen M und Jd die einzig erkennbare Ursache dieser Erscheinung. (Frankel, ib. 101 ff.) Soweit führen die beiden Bände „Ueber den Zusammenhang der Mischna"; wir haben hier aber noch Neues bezüglich der vorliegenden Arbeit hinzufügen müssen.
Vorrede als Einleitung.
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Diesen Erzeugnissen der J a h r e 1891/92 folgte 1897 in den Semitic Stndies (Calvary) „Einiges Uber die Agada in der Mechilta", wodurch über die Zeit vom Falle des Tempels bis nach dem Barkochbakampfe Licht verbreitet werden soll. Schwieriger war es, die Gestaltung der jüngeren Mischnaqnellen zu erforschen. Die früheren Gegenstände boten durch ihre Eigenart dem Forscher viele Anhaltspunkte über ihr Entstehen ; für die Zeit von Akiba bis zum Abschlüsse der Mischna fehlen diese in's Auge springenden E i g e n t ü m l i c h k e i t e n . In den jüngeren Theilen ist Alles geordneter, einförmiger, die Tempelhalakha tritt vor der zum Tagesgebrauche nöthigen Mischna zurück. Von B e s o n d e r h e i t e n konnte ich nun nicht ausgehen, und doch erheischte schon der Wunsch, meine früheren Ergebnisse zu prüfen, eine Fortsetzung bis zum Abschlüsse der Mischna. Ich wollte nun von Rabbi aus beginnen und den W e g zu Akiba zurück suchen. Aber (1er Stoff Hess sich in dieser Weise nicht bewältigen. Es artete Alles in ein todtes Einerlei aus, d a dem Leser die Voraussetzungen der Entwicklung fehlten. Man musste sich auf Schritt und Tritt wiederholen. Ausserdem war Rabbi selbst in x kaum zu entdecken, da doch die ganze Zusammenstellung auf ihn zurückgeführt wird; ebenso Me'ir, sofern er namenlos dem Ganzen zu Grunde liegen soll; ebenso Akiba, da doch alle seine Schüler in seinem Namen reden. Die a n d e r e n in der Mischna verarbeiteten Quellen scheinen sich noch immer deutlicher abzuheben, als gerade diese so viel gesuchten Hauptbestandtheile. Und noch eine F r a g e tauchte a u f : Meine frühere Darlegung der geschichtlichen Verhältnisse, wonach die Mischna ein Ergebniss der Zeit und vielfach der Noth war, ist an sich gewiss die einzige Art, ein derartiges Schriftwerk zu erklären: ob sie aber mit der Q u e l l e n s c h e i d u n g verbunden werden kann? Sobald wir an ein geschichtliches Ergebniss glauben, drängen sich uns auch Zweifel erregende Erscheinungen auf. Wir wollen dieselben mit unseren Ansichten in E i n k l a n g bringen. Das gelingt uns bei der Beweglichkheit und Dehn-
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Vorrede als Einleitung.
barkeit menschlicher Voraussetzungen mehr oder weniger, leichter oder schwerer — aber es gelingt uns. Kommen die entgegengesetzten Punkte da zu ihrem Rechte? Werden sie nicht w e g - oder mindestens umgedeutet? Ist es nicht besser, vom Aufspüren geschichtlicher Beziehungen zunächst abzusehen, so lange man über die Eigenthümlichkeiten der gesammten Quellen nicht im Klaren ist? Die früheren Arbeiten behalten für das jetzige Werk doch ihre Vortheile. Ich kann, um mich nicht zu wiederholen, auf sie verweisen, ohne die Absicht, sie selbst begründen oder durch sie etwas beweisen zu wollen. Sie sind gedruckt, also davor geschützt, dass ich sie angeblich besseren Anschauungen zu Liebe widerrufe. Bei manchen Fortsetzungen ist das Bessere der Feind des Guten, und man zerstört das etwa Lebensfähige leicht selbst, wenn man nicht andererseits mit übergrosser Liebe daran hängt. Im Ganzen haben sich meine früheren Aufstellungen bewährt, j e weniger ich an sie zu denken brauchte. Gerade indem ich die Quellenscheidnng von der etwaigen geschichtlichen Erklärung trennte, konnte ich mit etwas Brauchbarem eine lange empfundene Lücke auszufüllen versuchen. Das einzig Feststehende in der Entwickelung einer Wissenschaft ist das Erkennen einer sich besonders abzeichnenden Quelle. Man kann verschiedene Erklärungen für das Gebotene suchen und dabei über Einheit oder Verschiedenheit der Bes t a n d t e i l e einer und derselben Quelle anderer Ansicht sein. Hauptsache bleibt das Auseinanderhalten des thatsächlich nach Wortschatz, Satzbildung und Art der Aneinanderreihung von einander Verschiedenen. Selbst die Verkettung der in der Mischna von Einzeltannaiten vorgetragenen Ansichten kann, so nahe sie unserem Zwecke steht, doch nicht die bedingungslose Grundlage des Ganzen sein. Wo wir ungesucht Gedankeneinheit finden, stellen wir sie dar. Ueberall Bezüge suchen, verrückt dem Forscher den "Standpunkt, und man könnte leicht einem Tannaiten eine Mischna ohne Berechtigung absprechen, die keine geistvolle Verbindung mit einer anderen zulässt. Um so eher wird man
Vorrede als Einleitung.
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uns da, wo wir die Gestalt eines Mischualehrers erkennbar herausarbeiten können, Glauben schenken. Die Aufdeckung jeder als zusammenhängend bewiesenen Mischnareihe, sei sie klein oder gross, ist ein Erfolg. Jede Möglichkeit, die Ansichten eines Tannaiten mit seinen Hauptgrundsätzen zwanglos in Einklang zu bringen, bietet einen Baustein zur Geistesgeschichte des Ganzen. Und um so willkommener sind solche Ergebuisse, j e weniger sie den ausgesprochenen Zweck der Arbeit ausmachen, j e notwendiger sie sich also aus den Einzeleindrücken hervordrängen. Unsere einzige Aufgabe bleibt die Aufhellung des Zusammenhangs der Mischna und die Forschung nach den in ihr verarbeiteten Quellen. Wir hören wohl von Rabbi, seinem Abschlüsse, dem Werke der Schüler Akiba's, einein Nomikon Joses, den Kabwenakimischnas des Simon ben Eleasar und Eleasar ben Jakob, eiuer Mischna Akiba's selbst! Aber das sind auf Treu und Glauben hingenommene Begriffe, die erst Inhalt erhalten müssen. Was fehlt uns also? Gerade das, was ich hier g e s o n d e r t bieten musste: eine Q u e l l e n s c h e i d u n g im Grossen. Aus einem Traktat, j a , aus einem S e d e r lässt sich wenig Sicheres folgern. Nur beim Ueberblick über das G a n z e kann man mit Erfolg zugleich für die g e s c h i c h t l i c h e Erkenntniss arbeiten. ^Klüger hat in seinem Buche „Über Genesis und Composition der Halachasammlung Edujot" eine sehr bemerkenswerthe Qucllenscheidung geboten. Er hat in deren Erklärung den dankbareren Weg gewählt, die geschichtlichen Verhältnisse, die sich aus den Abschnitten ergeben, darzustellen; dem Leser ist es aber überlassen geblieben, die engeren Beziehungen dieser Folgerungen aus dem Vorausgehenden selbst zu suchen. Meine Darstellung konnte nicht so farbenfrisch werden, da ich dem Leser den Weg durch die Mischna nicht ersparen konnte, um dann das gelegentlich sich Bietende und Nothwendigste als Anhängsel anzugeben.) Da ich das Geschichtliche nicht als Hauptzweck festzuhalten brauchte, schien es mir thunlicher, eine Quellenscheidung nach T r a k t a t e n vorzunehmen. Das ist trockener
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Vorrede als Einleitung.
und handwerksmässiger, aber auch s i c h e r e r als ein verfrühtes Fortbauen auf eigenen Voraussetzungen. Jeder T r a k t a t ist ein Ganzes für sich und zeigt im Kleinen die Bewegungsgesetze des Ganzen. Hier haben wir etwas Uebersehbares, einen Anfang und ein Ende. So wendet sich der Blick des Forschers von allen glänzenden Allgemeinheiten ab, und man darf von ihm Ergebnisse nüchterner Art erwarten. Wie viel oder wie wenig er findet — gleichviel! Er soll nur sagen, was er weiss, nur anmerken, was er sieht und bemerkt. Ein Zweiter kann mehr finden als er; kann ihn e r g ä n z e n , b e r i c h t i g e n . Sobald eine Quellenscheidung nicht mehr e r s e h n t , sondern vorg e n o m m e n wird, ist eine Grundlage für die späteren Forschungen da, ein Rahmen vorhanden, der sich nicht mehr verengen läset. Schon hierdurch würde der vorliegenden Arbeit ein nicht geringes Verdienst erwachsen. Dagegen ist es ausgeschlossen, dass gerade ein solches ohne erschöpfende Vorarbeiten Anderer vorgenommenes Werk an sich vollkommen wäre. Kann ein E i n z e l n e r die Quellenscheidung für ein so grosses und r ä t s e l haftes Schriftthum erschöpfend behandeln? Schaue man auf a n d e r e Gebiete, wo der E i n e die e i n e Wahrnehmung durch einen alten Text durchführt, der nächste die a n d e r e , wo Geschlecht um Geschlecht daran arbeitet, das Alte immer wieder zerstörend. Also verbesserungsbedürftig wird diese Arbeit sein, und sie soll recht viele Verbesserungen hervorrufen. Nur soll man dabei nicht ausser Acht lassen, wie schwer dem Verfasser die Aufhellung des Mischnawerdens nach seiner Auffassung geworden ist. Das Sichere an meinen Aufstellungen scheidet sich durch die Fülle der Beweise von selbst von dem Notbbehelflichen, das noch der Bestätigung bedarf, womit ich aber d o c h nicht zurückhalten durfte, um etwas G a n z e s zu bieten. Akiba's Werk (Ak.) ist wegen seiner Vielseitigkeit (Frkl. Hod. 111 ff.) schwer bestimmbar. Merkwürdig, dass Ak., der (Men. 29b) „die Krönchen der Buchstaben gedeutet und an sie Haufen von Halakhot gehängt haben soll", in der Mischna meist einen um so nüchterneren Eindruck macht, je mehr er Eigenes vorträgt. Wir müssen diese Wahrnehmung, so sehr
Vorrede als Einleitung.
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sie den geschichtlichen Nachrichten widerspricht, liier als sicheres Ergebniss der einfach ans den Quellen sich ergebenden Thatsachen festhalten. Auch aus d i e s e m Grunde ist es vortheilhaft, dass wir die Zeitgeschichte nicht mit der Hauptaufgabe verquickt haben, sondern nur g e l e g e n t l i c h betrachten. Bemerkbar ist bei Ak. ein Gegensatz zu E und seinen Genossen Tfn, Jhgl, EbA und die Schammaiten überhaupt; wer Ak's Halakha hervorkehrt, drängt die genannten Tannaiten zurück. Es scheint, dass das Streben nach A b s c h l u s s , also nach E i n f a c h h e i t der Halakha ihn, wie späterhin M und R, dahin gedrängt hat. Von Ak. können in die Mischna eingeführt sein J E und Manches von A2; seine HauptschUler sind die Gestalter seiner Entwürfe. Man unterscheidet die ä l t e r e Akibaschule von der j ü n g e r e n . Von dem Werke j e n e s durch Ben Asai und Ben Sorna (ib. 134) vertretenen Lehrhauses ist wenig übrig geblieben. Sie haben dem Akiba die Tempelhalakha im Sinne Josua's gestaltet, während der j ü n g e r e n Schule, den Mel'r, Juda, Jose, Simon und auch Eleasar der Löwenantheil zugefallen ist(Frkl. Hod. 149 ff.). Sie ergänzen Ak. aus der älteren und der zeitgenössischen Halakha und bilden das Ganze selbstBtändig fort. Wie dem Werke Akiba's (ib. 154 ff.), so fehlt auch M. j e d e scharf gezeichnete EigenthUmlichkeit, da er ihn am treuesten wiedergiebt und überall, wo das Gegentheil nicht feststeht, Ak. anführt. Die namenlose Mischna (TP-JP» are), die wir mit x bezeichnen ('« w » dagegen x)> gehört M an; der öftere Anfang der Gemara a^nm a-wm u heisst oft nur: DieB ist T n,jr " 3 0P0> aber es gibt noch eine andere Ansicht. Jer. Beiakhot 2 Hai. 1 entschuldigt Jakob bar Idi den Eleasar, der nie in Jochanan's Namen spricht, mit M, der zwar im Namen Ismael's gesprochen, aber nie im Namen Ak's, weil seine Mischna selbstverständlich die des Ak. sei. M bietet ein nüchternes Gesetzbuch. Von den Deutearten M's für jeden Einzelfall nach zwei Seiten hin ist darin Nichts zu verspüren (Erub. 13b). Nur die E r g e b n i s s e der halakhischen Erörterung werden kurz angegeben, jedes Schwanken, selbst
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Vorrede als Einleitung.
die Scheidung des Rabbiuischen vom Schriftgemässen wird erschwert. Gewährsmänner nennt M selten, weil sich dadurch die einfache Halakha in E r ö r t e r u n g umwandelt. (S. Hod. S. 157 unten.) W i r suchen die Quelle Ak. 2 meist in M. und betrachten bei deren geringer E i g e n t ü m l i c h k e i t die anderen Schüler A k ' s im Gegensatze zu M. W a s wir M nicht absprechen müssen, werden wir in ihm als Grundlage des Mischnazusammenhangs doch a u c h vermuthen und so der Regel „ x sei M" ihr Recht werden lassen, zumal wir sie oft genug werden durchbrochen sehen. Die Wichtigkeit der M-quelle tritt um so mehr zurück, j e mehr man die älteren Bestandtheile o h n e sie und im Gegensatz zu ihr entdecken kann, j e m e h r das gefundene Gut in die Vergangenheit zurückgreift. Als man A k . für den ältesten B e s t a n d t e i l ansah, rausste man M als unentbehrliches Hülfsmittel zu ihrer E r k u n d u n g b e t r a c h t e n ; wenn aber A k . als jüngeres Glied sich in eine ungleich ältere Entwicklungskette einzufügen hat, so liegt für uns die wichtigste F r a g e in der Erkenntniss des Ausgangspunktes und in der Möglichkeit, den leitenden F a d e n bis zum Abschlüsse zu finden. J u d a (Jd) bildet zu M den schärfsten Gegensatz (Frankel 158 ff.). Er hebt gerade die feineren Nebenbedingungen hervor, welche M ausschliesst, und erweitert damit die Möglichkeit neuer Entscheidungen. Mit Vorliebe führt er den erörterungsreichen halakhischen Midrasch an. Er vertritt die alte H a l a k h a , die im Namen E s durch seinen Vater Jlai ihm zugekommen; wie die Schammal'ten und E dringt er auf unverhülltes Hervortreteu mit sichtbaren gesetzlichen Handlungen, auf scharf erkennbares Gestalten derselben, auf Beseitigung halakhischer Hindernisse, die zur V e r f l ü c h t i g u n g führen. W a s sich bei M kaum, bei Simon e t w a s und bei Jose o f t findet, wird bei J d feststehende E i g e n t ü m l i c h k e i t : S t a t t der M'schen Form des Gesetzes liebt er die n»»e, die einen Einzelfall als H a l a k h a hinstellt. Mehr als seine Genossen schöpft er aus den nichtpentateuchischen biblischen Büchern seine Halakhot. (Sanh. 2 2, 3, Succa 37 a scheint J d E s r a anzuführen, Chullin 90 a nimmt er Gen. vor der Gesetzgebung am Sinai als Gesetzes
Vorrede als Einleitung1.
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quelle an. Und bezüglich gesetzeslicher Fragen nimmt Gen. eine Sonderstellung ein.) Mit Jose bringt J d Geschichtliches und Schilderungen aus der Tempelzeit. Ihm verdanken wir die E r h a l t u n g eines grossen Theils von E s , Tarfon's (Tf) und Eleasar ben A s a r j a ' s (EbA) Ansichten, alexandrinischer Ueberlieferungen und insbesondere auch grosser Theile der Tempelmischna. Durch i h n wird uns das geschichtliche Zurückgehen vor die Zeit Ak.'s, selbst vor die Tbätigkeit von S ermöglicht. Unsere eingehenden Darlegungen werden also den Nachweis fuhren, dass Grätz IV 200 Unrecht hat, der Lehrweise J u d a ' s j e d e E i g e n t ü m l i c h k e i t abzusprechen. Dass nicht g e r a d e M der so überaus scharfsinnige Tannait sei, sondern Jd, habe ich nachher bei Frankel Hod. S. 158 (und zwar aus der Geistesschärfe des J d zugeschriebenen Sifra gefolgert) gefunden. Mir ist aus der Mi s e h n a die gleiche Wahrnehmung aufgestossen. S. übrigens das. S. 155 etc. Bei J d zeigt sich die hier angegebene Eigenschaft überall. M und J d kommen mit geringen Ausnahmen von Ak.'s Schülern am meisten vor. Wichtig ist die Stellung Jose's (Js) (Frkl. Hod. 164 ff.). Den geschichtlichen Zug theilt er mit J d . Er entzieht sich nicht der Erörterung, wie Mx, er dehnt dieselbe nicht aus, wie J d . Mit kurzen, schlagenden Bemerkungen vereinfacht er den halakhischen Kampf und die Halakha selbst. Die Mahnungen zum Frieden und zum Verständniss für fremde Ansichten stammen von ihm; ebeuso was von Uebereinstimmung der Schulen in S öfter vorkommt. E r ist es, der das Anwachsen der Streitigkeiten durch S bedauert (Toss. Chag. 29 und Parallelst.), der Middot 2-2 gegen M dem mit dem Banne Belegten wünschen lässt, er möchte seinen Genossen folgen, damit sie ihn wieder aufnehmen, damit man nicht glaube, sie hätten Unrecht g e t h a n ; er mag es auch sein, der (gegen Jd) nach dem U r t e i l s s p r u c h e (Sanh. 62) verhindert, dass der Verurtheilte noch seine Unschuld behaupte; von i Ii m berichtet die Bar. Sabb. 118 b, dass er seinen Genossen nie widersprochen, d a er auf ihr Wort selbst den Priestersegen vorgenommen hätte, ohne Priester zu sein. Toss. Ber. 5 2 wird
deutlich
veranschaulicht,
wie
SbG
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Vorrede als Einleitung.
dem Jose selbst gegen Jd Folge leistet. R folgt dem Ismael bar Jose, der in seines Vaters Namen spricht (Jeb. 104b). Vor Jsmael bar Jose's Tod lässt sich R schnell von ihm wichtige Agadot Jose's überliefern (Pes. 118 b). Ende Horijot vermittelt Jose zwischen M und SbG. N i c h t zu s e h r d i e M i s c h n a z e r f a s e r n , das ist Jose's Grundansicht. Als Freund des Nassihauses stützte er in Kämpfen Simon ben Gamaliel und Rabbi, und seine Bemerkungen unterscheiden sich in Sprache und Geist oft kaum von denen der Nassi. Er ist von R stark dazu benutzt worden, die crörterungslose Mischna des Nassihauses (N) einzuführen (Hd. 57, 63, 69, 178 ff.)- N ist eine uralte Quelle, die auf Hillel selbst zurückgeht und in Tekanot, Einzelverordnungen, zu gipfeln scheint. Ob wir Gamaliel I, II, ob wir SbG, ob wir vielleicht R darin hören — immer ist der Ton der gleiche. Vorsichtig entfernt sich N von jeder Einzelrichturig der Schule, scheut die Unvorsichtigkeit, dieUebertreibung, sucht die Halakha von der Erörterung zu trennen, um dein Nassi eine unabhängige Stellung über den Parteien zu sichern. Als Vertreter des Volkes der Aussenwelt gegenüber entziehen sich die Patriarchen durchaus nicht den Anschauungen des herrschenden Griechen- und Römerthums, wenden griechische Bezeichnungen mit Vorliebe in ihrer Mischna an (was ihre Freunde a u c h thun) und berufen sich gern auf a l l e n Gebieten (was Jd etwa nur im Einzelnen thut) auf den feststehenden Brauch, der weder schanimaitisch, noch h i l l e l i t i s c h ist und als Mischna des Bet Abba oder als Dreiländerhalakha der Erörterungslust der Weisen einen Damm entgegenhält. Die wirkliche Absicht eines Abschlusses konnte nur einem Mitgliede dieses Hauses, nicht den Vertretern irgend welcher Schulrichtungen, aufsteigen. N hängt mit der Ausgestaltung des Rechtes der Frauen, Arbeiter und Sklaven, wie auch mit den Angaben über den Minhag, den Brauch der Gemeinden und Landstriche zusammen, gestaltet mit den Genossen die Dine Mammonot aus, die damit aus den mit Js zusammenhängenden Tekanot (Tkn) oder Verordnungen heraustreten. Von Simon (Sm) sind nur wenige zusammenhängende
Vorrede als Einleitung.
XIX
Abschnitte aufgenommen, wovon Vieles sich noch sichtbar an andere Mischnagestaltungen anlehnt (Frkl. Hod. 168 ff.). Daher wohl die Aeusserung Jssi ben Jehuda's Abot d. R. N. 18 W»? nstral m m (s-p) ivaa -V oder besser Gittin 67 a ro-n ynta »s? -swi, und wie Simon selbst sagt -rn>= n a r r « r--i-p Ti-p-a Das heisst, er verarbeitet innerlich viel, aber er bringt wenig (als Mischna) als Ergebniss seiner überaus sorgfältigen Arbeit an's Licht. Gerade e r lässt aui besten erkennen, was er vorgefunden, indem er sich in wörtlicher Angabe auf vorhandene Misclinas beruft. Oft steht Simon neben Jose, so dass sie kaum von einander zu unterscheiden sind. Jcb. 60 wird der Eine w ^ des Anderen genannt. Gemeinsam ist ihnen eine Scheu vor Erschwerungen, und sie scheinen (im Gegensatze zu M) N bei seinem Streben, die Verhältnisse zu berücksichtigen, unterstützt zu haben. Seine wissenschaftliche Eigenart stellt sich bei der Behandlung des Stoffes am besten heraus. Hervorheben müssen wir, dass a n d e r e von ihm berichtete Eigenschaften, dass er z. B. Regelu gebe, bereits älteren Tannaiten zukommen. Ausser diesen Hauptquellen fand R noch die Arbeiten anderer Tannaiten vor, denen wir aber besondere Zeichen nicht verleihen wollen. Besonderen Vorzug hat R der Quelle M verliehen, die dem Gegner seines Vaters SbG angehört, sei es, dass die erörterungslose Form die beste Grundlage für seine Arbeit bot oder dass er dessen Schulc begütigen wollte (ib. 178 ff.). S. das Gespräch R's und seines Sohnes Simon Ende Horijot. Hin und wieder hat er dagegen N und den Arbeiten J o s e s und Simons vor M und Jd den Vorzug gegeben (Schebiit). Wie er mit Jose N bearbeitet, haben wir schon oben gesehen; auch die anderen Schüler Ak.'s hat er benutzt, um eine Verständigung Aller seinem friedfertigen Wesen gemäss herbeizuführen. Dabei scheinen Simon ben Eleasar (SbE) für M, Jose ben .Inda für Jd, Eleasar barr. Simon für Sm und Ismael und Eleasar bar Jose für Js seine H Ulfsarbeiter gewesen zu sein. SbE ist auch gegen N aufgetreten, wir sehen ihn an vielen Stellen neben SbG, er wird f v n n - o ) auch als Schüler Tfns, wahr-
XX
Vorrede als Einleitung.
scheiulich als Vertreter von dessen Ansichten genannt. Simon ben Juda lieferte eine besondere, zumeist auf Sm sieh beziehende Arbeit, die wir Sm 2 nennen. Aus früheren Zeiten ragte noch Josuu ben Korcha herüber, der vielfach berichtigend und ergänzend neben dem Mischnaordncr einhergeht. Die selbständige Arbeit ß ' s (Fi kl. Hod. 191, Brüll KI.« II über K s Werk Fkf. S.645, Hofm. Mag. 1892 33, 245) war also mehr ein Sichten und Ordnen, als eine N e u s c h ö p f u n g , und da selbst die O r d n u n g zumeist aus alten Zeilen feststand, so können wir vielfach ihm nur die A u s w a h l und die Zusammenstellung der einzelnen Fälle in den schon bestehenden Mischnas zuschreiben; so z. 15. die Einfügung der schon bei J z. Th. vorhandenen Kelalim in die Einzelmischnas und der r.wi in die g e s e t z l i c h geformte Halakha (Jd neben M), wodurch ein Bestandtheil den anderen ergänzt oder dessen Wirksamkeit auf einen Fall einschränkt. ß müssen wir gewisse Bemerkungen über die vorhandene Mischna zuschreiben, soweit wir solche nicht als ä l t e r erkennen. Da finden wir bereits gemaraähnllche Ausdehnungen gesetzlicher Bestimmungen auf weitere Halakhagebiete, die uns den amoräischen Arbeiten näherführen. (S. unsere Inhaltsangaben der Traktate, wie die Erklärung der Einschiebsel.; In der Gemara werden wir Amoräer finden, denen gewisse Mischnas unbekannt zu sein scheinen. Die Gemara sucht bei derartigen Gelegenheiten zumeist einen Ausgleich; sie will die bestehende Halakha damit in Einklang bringen. Da nehmen wir an, dass die betreffenden Mischnasteilen erst n a c h ß a b b i hineingerückt sind. Je näher die Amoräer der Mischnazeit stehen, desto häufiger sind solche Stellen; sie vermindern sich in der späteren Amoräerzeit. Und zwar sind es nicht nur a g a d i s c h e Sätze, die man als Anfangs- und Endpunkte des Lehrvoitings aus den Midraschitn beliebig auswählte, bis sie endlich Bestandteile der Mischna wurden — es sind auch h a l a k h i s c h e Theile, deren Einrücken aus der Baraitha in die Mischna man bis zu den Saburäern hin bemerken kann. Wir nennen solche Stellen die A m o r ä e r m i s c h n a (Am.). Können wir die Ordnung der Mischna im Midrasch be-
Vorrede als Einleitung.
XXI
gründen, so dass die Reihenfolge der Deutungen die unausgesprochene Grundlage der Misehnaordnung bildet, so ist der Midrasch älter als die Mischna, oder mindestens an der Stelle ein Urbestandtlieil zu vermuthen, der manche Umwandlungen durchgemacht, aber seine Hauptgcstalt gewahrt hat. Unter der Formel v:k werden dagegen Mischnas angeführt, die der Midrasch schon vorgefunden hat. Die Behandlung des Midrasch an sich gehört in die Geniara hinein, mit deren Erforschung wir uns gleichzeitig, aber gesondert von der der Mischna beschäftigen. In einer Darlegung des Aufbaues, in einer Qnellenscheidung kann sie, wie unsere Arbeit zeigt, im Einzelnen sehr förderlich sein; im Allgemeinen widerstrebt ihr Gang den hier uns vorschwebenden Zwecken. Die Gemara fasst die Mischna (und nach R's abschliessender und ausgleichender Absicht mit Recht) als eine Einheit auf, während w i r gerade die noch nicht vereinigten Quellen in ihrem Urbestande finden wollen. Die Sonderung nach Schulen ist der Gemara immer erst das z w e i t e Ziel, worauf sie im Nothfalle oder zur Klarlegung der maassgebenden Halakha strebt. In unserer Behandlung der G e m a r a thun wir das E n t g e g e n g e s e t z t e : Wir haben da, ohne die Urquellen zu beachten, deren Verarbeitung durch die Amoräer und das Wachsen der Erörterungsglieder von Geschlecht zu Geschlecht genau darzulegen. Dort sondern sicli die Quellen leichter, als in der Mischna. Die E r ö r t e r u n g , die im halakischen Midrasch beginnt und in der Tossefta den weiteren Stoff der halakhischen Sonderung oder Vereinigung vor sich hat, spielt dort die Hauptrolle. Das Ganze eines Mischnatraktats muss in der von R ihm verliehenen Gestalt in seinem Z u s a m m e n h a n g e dargestellt werden, wodurch der aufbauende Geist und die Aneinanderreihungsgesetze der Tannaiten uns klar werden. Die Inhaltsangaben sollen der Klarlegung des Z u s a m m e n h a n g s dienen. Wo der Gegenstand an sich und der Zusammenhang ersichtlich vor uns liegen, sei es in der einfach sachlichen Ordnung, sei es in der klaren Erkenntniss ihrer Sonderbarkeiten, da beschränkt die Inhaltsangabe sich auf die einfachen Umrisse des
XXII
Vorrede als Einleitung'.
Ganzen. Im umgekehrten Fall, wo ein versteckter und tiefer Plan viele eigentümliche und fernliegende Gegenstände enthält, muss die Inhaltsangabe ausführlich das Einzelne angeben, was bei der Quellenscheidung schon Vieles erleichtert. Eine durch den Traktat hindurch sich windende Theilung der Quellen würde der Uebersichtlichkeit ermangeln. Darum müssen wir nach der Reihenfolge der einzelnen Quellen dieselben behandeln, von den ältesten beginnend bis zum Abschlüsse hin. Der Leser kann für sich die Probe in der Umkehr machen und von ß nach A sich bewegen, was unserer Darstellung dagegen die grössten Schwierigkeiten bereitet hätte. Dabei werden mehr oder weniger einzelne Stellen oder Abschnitte hervortreten, die sich dem Zusammenhange nicht fügen. Deren Betrachtung ist um so nothwendiger, als noch jetzt Stimmen sich äussern, der Ordner hätte der Mischna eine so einheitliche Gestalt verliehen, dass sie wie e i n Gebäude erscheine, ohne die alten Gefüge erkennen zu lassen. Da gilt es, die Traktate aufzusuchen, auf welche sie hinweisen, den Ort zu bestimmen, wo sie sich früher befunden haben. Dies Aufsuchen der Beziehungen zu älteren Ordnungen ist ein Hauptzweck der vorliegenden Arbeit, indem wir dadurch schliesslich die ältere und älteste Mischna, wenn auch nicht mehr in ihren Urbestandtheilen, so doch in ihrer A n o r d n u n g finden. Es bestätigt sich dadurch, was wir oben über den Seder Mikra, über die S c h r i f t O r d n u n g ausgesprochen, der die ältesten Ordner folgten. Der Umstand, dass wir die Umstellung der einzelnen Theile verfolgen können, wird uns oft auf die geschichtlichen Gründe bringen, die solches veranlasst haben. Und soweit ein einzelner Traktat über seine e i g e n e Geschichte Naheliegendes bietet, werden wir die Folgerungen nicht zurückhalten. Die Ordnung nach dem Zusammenhange der Schrift wurde von Dr. HoiFmann in seiner Besprechung meines Zsh. d. M. noch angezweifelt; Strack Einl. (1894 S. 8) setzt für viele Theile den Seder Mikra bereits voraus. Auch Schwarz Toss. Chullin Vorrede. Indem wir hier Gelegenheit haben, in's Einzelne zu gehen, erheben wir dieses Ergebniss zur wissenschaftlichen
XXIII
Vorrede als Einleitung.
Zweifellosigkeit.
Gleichzeitig
mit
mir
hat
Ludw.
Blau
in
„Monatsbl. f. V e r g . " I 9 0 7 ff. bezüglich des T r a k t a t s S c h e b u o t die R ü c k s i c h t auf die Schriftordnung aufgedeckt. An der Stelle, die ein T r a k t a t einst eingenommen, wir oft
einen
desselben.
zurückgebliebenen,
auch
kleinen
Theil
Dass man bei einem auf's Gedächtniss berechneten
Schriftthum so verfuhr, Stellen
wenn
finden
beweisen.
liisst
Finden
sich
wir
sogar
durch
biblische
z. B. Anfang E s r a
am E n d e
der Chronik (das Ende der Chronik im apokryphischen E s r a b u c h am Anfang), so sind hier die Schlusssätze mit Absicht belassen worden, und wir folgern daraus, einander verwandt sind,
auf
zumal
da
die Gegenstände
die einstige Gemeinsamkeit des
Zusammenhanges. So werden wir die alten Gebilde erkennen, wie auch die Ordnung, wonach gearbeitet wurde, den Zusammenhang, der den jeweiligen Bedürfnissen der Zeit entsprach.
Die Ordnung des
Schriftwortes, die Ausgestaltung einzelner halakhischer Verhältnisse, die R ü c k s i c h t auf's Gedächtniss, endlich die
sachliche
Ordnung — das sind die von uns aufzuhellenden Verhältnisse. W a s wir Uber die T r a k t a t e n f o l g e
sagen
können,
damit
werden wir auch nicht zurückhaltend sein, um auch in d i e s e r Beziehung einen Zusammenhang festzustellen und auf frühere Ordnungen stellung
schliessen
nach
zu können.
der L ä n g e
grenzen s e l b s t
sind,
Wie
des T r a k t a t s
alt
die
und
Zusammen-
die
Traktat-
wird sich während der Arbeit heraus-
stellen. Zum
Schlüsse
spreche
ich
dem Curatorium
der
Zunz-
stiftung in Berlin für die mir bewilligte Unterstützung meinen Dank aus.
Auch bin ich Herrn Dr. C a r l J . T r ü b n e r ,
dem
Verleger, für seine entgegenkommende Haltung dankbar, wodurch
das
ungetheilte Erscheinen
vorliegender
Traktate
er-
möglicht wurde, und Herrn C a r l G e o r g i für die Geduld und Umsicht, mit welcher er die schwierige Drucklegung gefördert. Ganz besonders hervorheben muss ich die W i n k e , welche mir Professor S t r a c k
bezüglich wichtiger Punkte gegeben.
XXIV
Vorrede als Einleitung'.
Allgemeines über Seraim. Auf Seraim hat das uns f r ü h e r e n t g e g e n g e h a l t e n e Gesetz von der O r d n u n g der T r a k t a t e nach der L ä n g e an sich keinen Einfluss g e h a b t , d a hier dasselbe sich nicht bewahrheitet. D e m n a c h h a b e n wir in diesem Seder sicher noch a n d e r e Gesichtspunkte zu suchen. W a s aber L ä n g e oder Kürze eines T r a k t a t s heisst, das w e r d e n wir z. B. in Schebiit erkennen, dass nämlich zwei T r a k t a t e zu einem einzigen zusammengezogen worden sind. (S. auch S c h w a r z a. a. 0 . ) Die O r d n u n g Seraim k a n n t e bereits Simon ben L a k i s c h ( S a b b a t h 3 1 a ) als erste; weit ältere A n g a b e n über die Ordnung der Sedarim aus der T a n n a i t e n z e i t haben wir S. 32, w o n a c h S e r a i m a l s e r s t e O r d n u n g g e s i c h e r t i s t . Im Münchener Manuskript (cod. H e b r . 95) stehen die nicht mit G e m a r a versehenen T r a k t a t e von Seraim und T o h a r o t hinter Kodoschim in der -Maimunischen Reihenfolge. So steht die G e m a r a zusammen und die blossen Mischnatraktate (ganz Seraim ohne B e r a k h o t , ganz T o h a r o t ohne N i d d a ) davon getrennt. Den N a m e n Seraim f a n d e n wir (s. S. 21) in einer von M stammenden Tossefta angedeutet. Ursprünglich w a r Seraim mit einem grossen Mischnawerk vereinigt, welches Naschim und Moed mit enthielt. N a c h und n a c h ist es d a r a u s hervorgetreten, zumeist nach den Zeiten E ' s und J ' s d u r c h die W i r k s a m k e i t A k ' s und A k ' s 2. W i r haben bei j e d e m T r a k t a t e die Verbindungslinien angegeben, die noch eine ältere O r d n u n g e r k e n n e n lassen. B e r a k h o t hat die Zeichen der Verbindung mit Moed am meisten f e s t g e h a l t e n . M h a t t e bereits die Bestandtheile des T r a k t a t s in seinen Beziehungen zu S e r a i m vor sich (s. S. 32). An der Spitze von Seraim stehend, soll Ber. n a c h alten A u f f a s s u n g e n den Satz w a h r m a c h e n : M i t G o t t f a n g a n , oder d e r A n f a n g d e r W e i s h e i t i s t d i e G o t t e s f u r c h t . Der N a m e B e r a k h o t k o m m t B K 30 a bei ß a w a vor. sich
P e a h ist der alte A n f a n g von Seraim. D e r N a m e findet bereits BM 1 0 a bei Schülern J o c h a n a n s . Ursprünglich
Vorrede; als Einleitung.
XXV
bildete Peah mit Schebiit ein Ganzes, weil Beides von Armengaben handelt. Beide T r a k t a t e zeigen die grösste Verwandtschaft mit einander und haben die gleichen Beziehungen zu anderen Gebieten. Demai wurde wegen seiner wenn auch losen Verbindung mit dem Arniengesetze hierher gezogen und man erkennt genau, wie die Verbindung mit Peah hergestellt wurde. Kilaim ist der ganzen Behandlung nach Demai ähnlich-, das begründet ihre Vereinigung an einer Stelle. Sie bilden ein späteres Einschiebsel in die Peah-Schebiitgruppc. So haben wir hier d a s A r m e n g e s e t z vor uns, während die später von uns zu behandelnde z w e i t e Hälfte von Seraim die Abgaben an Priester, Leviten und die nach Jerusalem zu bringenden Früchte betrifft. (Vgl. die L a n d w i r t s c h a f t in Palästina zur Z. d. Mischna. I. Getreidebau, Dr. Vogelstein. Berlin 94, Mayer und Müller. Jahresber. j ü d . theol. Sein. 1867, Zuckennann, Das jüdische Maasssystem i. s. Bez. zum griech. u. röm.)
XXVI
Verhältniss der Mischila uml ihrer Ordnung zur Tossefta.
Yerhiltniss der Mischna und ihrer Ordnung zur Tossefta. Zeichen:
zugekommen; % versetzt; M Mischna; T Tosseftr..
Nachzulesen: A d o l f S c h w a r z , ri-wan - - e W i l n a 1890. Desgl. C h u l l i n Fft. a. M. 1901. Berakhot
Mischna 11, 2 s (va) 4 5 2 1-3 4, sa .
32
4—6
4 l sß 4ß 5, Ii 5 l
6 1—4 5—7 8a 8ß 7 l 2
4
8 «
Schlusswort s . T 41-8)
9
Tossefta
= = = =
11, 2 3 4 > '-:rrrn £—9 > 6 — 9 r-O-3 9—15 2 l > 10—15 P W «rVai. = 2 2,3—5 (''5* '-EP = 6 —lOGB-VD < — 5 —sN! = 11 < Ml 3 IS D"»J = 12—21 (21 Hillel agadischer Schluss) = 3 l, 2, 3 ' T e n pjuo halbagad. entspr. M 2 — 3 ß 4 < 5 Jd «WO > c Gebethalakhot — 7 >• 7—13 F e s t g e b e t e = 14—20 2 o = ^ M i s t h n a 5 i ß sß zur S o n d e r u n g von yiBW 1-S = 21 (22 = '"XIC) > 23, 24 0-Vat! 25 -;3S 32G 4 : = Mischna 8» = 4 l—8beidesSchlussworte = 8—15 > N Minhag A 2 = ib ß N ( J o s e ! ) , dann J d = 16— I8>pV-SS r - ; n > 5 i—5 S a b b a t und Festmahlzeit. J o s e N = 5 5 — 14 Minhag N A 2 bis Amor. (12) = 5 14 —18 < Mischna 7a A 2 = 19, 23 > Zwischenliegendes u. 24 hal. Zusätze = 6 [N n-bsnj
: 7 1 ß 2—8, 16, 17, 19 21 bis Schluss Do h in 9 £ M 9 5 a = T 7 i ß (dort An f a n g ) Fts. T 7 7 > T 7 8 M Einl. Ser. 9, H.isBerakhotsainmlung ebenfalls zu Ser. überleitend
ttrtc^rr I Ordo SeraYn,
Berakhot Mischna Zu 94
Mischna 11 2, 3
Tossefta 7 16 > 7 17 j > 7 18 J d drei Berakhoi > 7 25 Ueberleitung zu Hilchot Zizit Tefilliu, also Mss. Sofrim, wovon ob. 2 g—10, 3 22 Einiges zerstreut.
=
Peah
Tossefta = 1 i—4 > Agad. Kinl Ser.
=
5, G
7 a r n s : in-j-p'i
4 ß —5 = 5-11 6 = 2» 2l,2 7 = < 8, !>, l« a = l—13 Dublette n und i:t, liier Anf., dort Schi. 10 ß = 4: i 3 1—4 = 14—20 5 = 3 1, 2 6 < 7—0 = 3. 4 10 = 5 > 6, 7 4l = 8, 9 (Toss. 21,4 Dublette, dort Anf., hier Schi. 2, 3 (-Sil = 10, 11 BlV®) > 12, 13 = DA» -S-" 4—5 a = < 14 a > 14 ß, 15 Ss nbira 5ß = > 16—18 = =
Mischna 46 7—10 5 1—3 4 5 c—Ii
Tossefta = 3 Iii >20 = 21, 22 = 4 1—3 = < = 4 = 5 (s. 3 23 Verkaufsha lakhot) 6i = g—11 < M 6 a a unter Voraussetzung d e r L ä n d e r niischna 2 ß—3 = 12, 13 > 14 4—6 = 15 — l'.l > 20, 21, T33B Vis ß. Anf. R H 5 1—2 7 1-2 = 3—7 3—7 a = 8 — 15 > M 7 7 ß sfcsn rrt 8 1 = 1 6 , 17, l!)ß, 20, 21 a > 22, 23 2 =ßi—4(Ausfülirungen-is»3) 6—15 [> 5 3, 4, 5 = 17, 19— 22, 21! > 23 —25, G— 7 = 27 — 20 =7i—»(MS!) 8 y —11 = < (früher •/.. T h . d a g e wesen, 5 ii), 6 io, in) 91 = < 2—4 10-IG 5 = < « = 7 16—18'tK>S< M97(a'T:3) 8—10 i = 8 1 - 3 < M 10 2 a 10 2 ß = 5—G < M 3, 4 a 4 ß—G = 7 —D 7(Ersatz 10 (ähnlich, B e g r e n z u n g fürypp) = des B e g r i f f s ) 8, 9 li
Abkürzungen. Mischnaquellen: BH = Bet Hille!. J E = Josua Elieserquelle. Ak. Ak 2 = Akiba und seine
A, A 2 = gegensadduzäische Urmischna, wozu gehörig: Z = Zahlenmischna. Mem. = Mnemotechnische
Schüler. M = Mei'r. J d = Juda bar Hai. Sm = Simon ben Jochai. J s = Jose ben Chalafta. N = Nassiquelle. R = Rabbi, Redaktion. Amor. = Amoräiscbe Zusätze.
Mischna. All. = Alliteration. Alph. = Alphabetisch. Rm. = Reim. S = Mischna der Schammaiten etc. B S = Het Schammai.
Sonstige Tamaiten: G = Gamaliel.
S b E = Simon ben Eleasar.
S b G = Simon b. Gamaliel.
J h g l = Jose Hagelili.
J b S = Jochanan ben S a k k a i .
Ism = Ismael.
J b N = Jochanan ben Nuri. T f n = Tarfon. E b A = Eleasar ben Asarja.
J d b Bth = J u d a ben Bathyra. X = Chakhamim. x = Unbenannte Mischna
E b J = Elieser ben J a k o b . E b Z = Eleasar ben Zadok. Sonstige
(D PS).
T K = Tanna Kamma. Abkürzungen:
B K , BM, B B = Baba Kamma, mezia, bathra.; MS =
Maasser
scheni; RH = Rosch haschana. (Die anderen Traktatenbezeichnungen sind leicht erkennbar.)
AbN. =
Abot d. R . Nathan;
Mekh. = Mekhilta; Toss. = Tossefta, Tossafoth; Sens = Simson a u s S e n s , Erklärung auf Seraitn und Toharot; Bert. = Bertinoro; Toss J . t. = Tossafot Jomtob; Hod. = Frankel Hodegetik; MM = MUnebener Manuskript;
DS =
Dikduke Sofrim;
Z. d. M.
=
Ueber den Zuammenhang der Mischna; Keph. = Kephula (Halakha mit wiederholendem Beleg.)
I. Berakhot. § 1. (Benennung des Traktats.) Berakhot, am Anfang der Mischna stehend, hat seinen Namen von Segenssprücben, mit denen die darin behandelten Gegenstände verbunden sind. Das Schema beginnt und schliesst mit Berakhot; die T e f i l l a , die sich daran knüpft, b e s t e h t aus solchen; ebenso die Danksagungen für Genüsse und das Tischgebet. Gottesdienstliche Verrichtungen, die gar nicht oder nur lose mit Berakhot verbunden sind, finden sich hier nicht. § 2. (Inhaltsangabe.) I. Wann soll das Schema abends und morgens gelesen werden und welche Haltung ist dabei geboten? Die Anzahl der vorausgehenden und nachfolgenden Berakhot wird bestimmt. II. Auch nur g e l e g e n t l i c h gelesen kann das Schema gottesdienstlichen Werth haben: an gewissen Ruhepunkten oder unter zwingenden Verhältnissen darf man sich im Lesen unterbrechen. Das führt zur Feststellung der Ruhepunkte und der Reihenfolge, die nicht geändert werden darf. Zur scharfen Ausprägung gehört hörbares Beten, und im Falle des Irrthums muss die fragliche Stelle wiederholt werden. Um die Stimmung zu erhalten, muss man Schema und noch mehr die T e f i l l a , auf die der Tannait nun übergehen will, an geeigneten Orten sprechen. B e v o r die H a l a k h o t d e r T e f i l l a b e s p r o c h e n werden, schiebt sich hier ein grösserer Theil dazwischen, von Personen handelnd, die vom Schema befreit sind. III. Auch V e r h ä l t n i s s e , die ein llinderniss bilden, werden nun erörtert. So 1
2 sind
I. Berakhot. z. B .
die Leidtragenden
und
die
Haupttheilnelimer
an
einer Beerdigung nicht in der L a g e , das S c h e m a zu sprechen. Frauen, Sklaven und Kinder sind f r e i ; reine ( - " IV.
z. T h .
auch der Un-
( I I I hatte R a s c h i als V, s. T o s s . B e r . 1 3 b . ) Nach
diesem
erkennbaren
Einschiebsel
folgt
obigen Ueberleitung gemäss der z w e i t e T h e i l von die T e f i l l a .
W i e beim S c h e m a wird auch zuerst die
des Gebetes bestimmt, die Eindrücke, wird
der
Berakhot,
dann
sein Umfang,
wie dort,
welche die Andacht hervorrufen.
nachdrücklich
empfohlen,
es werden
bestimmt und andere ausgeschlossen.
Zeit sodann
(V.)
gewisse
Diese
Formeln
Auch vom Priestersegen,
der zum Gebet gehört, ist die R e d e . VI. D a n a c h d e m G e b e t e d e r G e n u s s
erlaubt
ist,
so folgen nun die Segenssprüche vor den zur Speise und zum T r a n k e bestimmten Gegenständen; n a c h das T i s c h g e b e t
behandelt,
d e r M a h l z e i t wird
das auch ( V I I . )
in Tischgesellschaften gesprochen werden kann. (VIII.)
die Verbindung
des
Tischgebets
und der Habdala der S a b b a t e und F e s t e . in d i e w e i t e W e l t und L e i d
mit
gemeinsam E s folgt nun
dem
und auf die S c h ö p f u n g ,
des Menschen
und
Kiddusch
Z u l e t z t (IX.) B l i c k
damit
Freud
verbundene
Berakhot. § 3.
(Einschiebsel.)
Tagesfolge,
welche
Grundlage dieser Ordnung ist die
die Tossafisten (Anfang S a b b a t )
auch
in S a b b a t , Pesachim und Jonia bemerken. Doch drängen sich auch f r e m d e Gegenstände ein.
So
gestattet 11, nicht nur S c h e m a (G), sondern auch das Verbrennen der Opferstücke und den Genuss der S c h e l a m i m die ganze Nacht hindurch.
Das gehört nicht unbedingt her.
Ein anderes dem
Hauptgegenstande zum Theil fremdes S t ü c k ist (wiederum G) gelegentlich der Nachricht, dass Gamaliel als Bräutigam
den-
n o c h das S c h e m a g e s a g t , hinzugekommen: E r habe auch (2o) die erste Nacht nach dem T o d e seiner F r a u gebadet und (2 7) beim Tode seines Sklaven T o b i die T r a u e r gebräuche üben lassen. Als Einlagen,
auch
als Erläuterungen für Vorausgegan-
genes erkennen wir: Die Erzählung von den Söhnen G's, die
§ 3.
Einschiebsel.
Erklärung.
3
bei einer Hochzeit bis Mitternacht das Schema noch nicht gebetet hatten (G). 1 3 E. Tarfons Lebensgefahr bei Befolgung der schammaitischen Satzung is-p- rj-. 1 s Eleasar ben Asarja über die Erwähnung des Auszugs aus Egypten zur Nacht; 2 1 Josua ben Korcha über die Reihenfolge der Schemäabschnittc; 4 2 Nechunia ben Hakana's Gebete im Lehrhause. Der Schlussabschnitt enthält 9 3 eine sittliche Mahnung fortgesetzt 9 5: -p== - - Als selbständiger Satz macht sich a-s xi geltend, während ns-a -«p^ is, wie mir Dr. Hoffmann mündlich mitgetheilt, den sprechendsten Abs c h l u s s f ü r B e r a k l i o t bildet. § 4. (Quellen der Einschiebsel.) Diese Einschiebsel lenken unseren Blick nach Megilla. s"r-? »ys -.3 f i s i o—a-«i abn -apr entspricht Meg. 2« '--a-s: s-z'-r, -jpn; ns-ir ss, und (im üs) riyr-:; den ni-ra siss": ^c::: a-:-: (Tauchbad am A b e n d ) gleicht Meg. ib. .--nr -y -r-a-^r x? (Tebila am T a g e ) — A l l e s Voraussetzungen aus dem gleichen Halakhakreise. Ber. 2 r,,« steht der Trauernde neben dem Bräutigam und 2r, handelt von Trüstungsbräuchen; im Anschluss an Schema steht Meg. 43 'Vax -«ainan a-ias rs-a a*":iK as-^ -.?ti r o 1 y 7*" Und Sofort a«:nn rs-ai, wonach =sa r« 1 (gemeinsames Tischgebet Berakhot VII). Berakhot 9 s betont die Heiligkeit des Tempels u«w «Ai; bezüglich eines eingegangenen Bethauses sagt Jd. Meg. 3 3 genau das Gleiche. Eine Mischna (Ber. 5 3, Meg. 4 ¡1) haben beide Traktate gemeinsam. Auf Meg. deutet noch Toss. 2 i-s, 3 23,24; auf R1I und die Moedgcbetc 3 1», auf Taanit, wenn nicht 3 l-i, so docli dieselbe Baraitha in Oschia's Namen (also eine echte Tossefta) Sabbat 24 a. Mit Meg. hängt RH und Taanit zusammen, so dass sie fast einen einzigen Traktat ausmachen. Taanit 1 1 wird die Tefilla erwähnt und 4 3 lesen die Maamadot zu Mincha die Thoraabsclinitte si-j px v"r=; deutliche Beziehungen auf Berakhot. Aller wir müssen noch nach a n d e r e n Theilen des Moedseders blicken. 15 V;«ba s V t"" 1 '-- von EbA erklärt, scheint der Mischna dieses Nassi entnommen zu sein. (Wir vermuthen eine solche neben Ak., weil EbA oft an Schlussstellen steht: Berakliot 1 r, ß, 4 7, Peah Schluss (s. S. 50—51); sehr be-
4
I. Berakhot.
merkenswerth ist der Schluse von Joma, wo wie Ber. 15 von ihm a erklärt wird und das Ganze mit Ak. schliesst. Vgl. damit weiterhin Kil § 5a (die Halakhareihe der Aruga und Sabbat 9 etc.: ein Ak. und EbA gemeinsames Stück) Scheb. § 6 d. EbA's Mischna ist aus unbekannten Gründen zurückgetreten vielleicht als schammaitisch, trotzdem er Vertreter J's am Bobajomtage ist. J ist aber gerade Hillelit, soweit seine Mischna nicht umgestaltet wurde. Unter den bisherigen Lösungen der Frage mag das die ansprechendste sein, dass mau ihn als gemässigte Mittelperson neben G gestellt hat.) Jeruschalmi Ber. 1 1 hat unter den bis zum Morgen gestatteten Gegenständen auch a-nsE pVok (nach Ak.; s. Berakhot 9a), und in der verwandten Stelle Meg. 2 u bezieht sich die Schlussregel, „was zur Nacht gestattet sei, dürfe auch die g a n z e Nacht geschehen", wie die Gemara erklärt, auf den Genuss des Pesacliopfers nach Ak. Diese Stellen deuten auf Pesacliim hin (vgl. den Wortlaut von Ber. 7 5 Pes. 7 u ) ; die Frage, ob beim Kiddusch zuerst das Fest oder zuerst der Wein erwähnt wird (Ber. 81 S) steht wörtlich Pes. 10 2. Berakhot 8 S gleicht aber s e l b s t einem aus Sabbat und Pesachim stammenden Einschiebsel. Sabbat weist auch eine Verbindung mit Berakhot Sabb. 12 auf (gleichfalls S s. Sabb. 14 Anfang) -ppxtn. Vtn; vp-cE»: (s. Toss. Ber. 2 6, u). Auf Sabbat und Pes. zugleich deutet Toss. 51-5, welche Bar. auch Anfang Pes. X im Babli und Jer. behandelt werden. Cf. Erubin 3 9. Alle Wege f ü h r e n also von B e r a k h o t n a c h der Mo cd O r d n u n g . Meiri (Anfang Beza) hat B e r a k h o t a m A n f a n g e von M o e d g e s e h e n u n d d a h i n t e r M e g i l l a u n d T a a n i t ! Vor Taanit stand aber stets RH. (Gem. Anf. Taanit). Dieser Lehrbrauch Eabbi's (s. Anf. Tossafot BM.) betrifft nicht die Stellung des Traktats in der M i s c h n a , sondern in der G e m a r a , wo im Babli mit Uebergehung der anderen Seraimtraktate sofort Sabbat folgt. Er ist älter als der Zusammenhang der von R abgeschlossenen Mischna. Lange vor Me'iri schrieb Scherira. Scherirabrief (Ausg. Goldberg Chofes Matmonim, Berlin 1845) S. 23 '"Vpes '^ies w—n 3"» ^ m w : ! ff. wird die Moedordnung so angegeben, wie wir sie vor uns haben. Ge-
§ 4. Einschiebsel.
Erklärung.
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legentlich der Kairuauer Anfrage gibt Scherira nnr d i e s e n Seder an, um zn sagen, nicht J o m a v o r S c h e k a l i m , sondern S c h e k a l i m v o r J o m a . Hätte die Anfrage sich auf das W e i t e r e erstreckt, so wären auch über die a n d e r e n Ordnungen Aufschlüsse gegeben worden. Ihm waren aber andere Gegenstände wichtiger, als gerade die F r a g e nach der O r d n u n g . Nicht mit Taanit-Megilla, sondern mit S a b b a t hat die Moedordnung begonnen. Die Münchener Handschrift (cod. Hebr. 95), welche die beiden Ordnungen Seraim-Toharot ohne die mit Gemava versehenen Berakhot und Nidda an 5. und 6. Stelle hat, brachte Berakhot mit Moed, allerdings als Schlusstraktat, in Verbindung (D. S. I S. 27, 28). Die ältere gemeinsame Quelle der in Berakhot und diesen Moedtraktaten behandelten Gegenstände ist Sota VII etc. A 2. Dort wird die Gebet- und Amtssprache bei gottesdienstlichen und gerichtlichen Formeln und priesterlichen Handlungen besprochen. In j e d e r Sprache darf Schema, Tefilla und Tischgebet (Gegenstände des Traktats Berakhot) gesprochen werden, nur hebräisch der Priestersegen (Berakhot 04, Meg. 4 s, 5, r., 7). Beziehungen zu weiteren Gegenständen jener Sotastelle finden wir Meg. 1 u, 10, 2 5, alles A 2 angehörig. Man erkennt das Alter der Sotastelle bald an der Fülle der dort unter Behandlung der Sprachenfrage vereinigten Gegenstände, wo keine Traktaten- oder selbst Sedergrenze berücksichtigt wird. (Zshg. d. M. I 76 ff.) Alles das, selbst Sota VII, findet seine Quelle in den halakhischen Midraschim der Schule Ismaels, weniger in den Resten der des Ak. (s. Hoffmann Einl. in die hal. Midr. 6 ff. unsere Hagada in der Mech. 464). Besonders verspricht uns die Mekhilta, die den Namen Ism. an sich trägt, Aufschluss über diese Zusammenstellungen. Schriftquellen für Berakhot sind zunächst die Schriftstellen des Schema (Deut. 64- 8, 1113-21); vergl. Sifri II31-37 und 41-47. Aber die Hauptgegenstände des Traktats finden sich doch schon im Anschluss an die Mischnasteile EbA Ber. 1 5 (also Schema wird vorausgesetzt) Mekh. Pis-cha mw -i gehörige) Tempelformel anführen. (Wir unterscheiden das mitten in einer Misehna stehende Fragewort -r-= als späteres Verbindungsmittel wohl von dem das am Anfang einer Frage oder hinter der Benennung des halakhischen Gegenstandes (nicht etwa der halakhischen Bedingung z. B. Jeb. 1 etc.) steht. MS 54 y-ir m ib. 2 s ß -•ra -s's (ich nehme diese L A statt des blossen -a-s an, zum Beweise diene) ib. 5 7 -n Bicc. 3 s Vs'an '^-e-s -rrs, 3 i '•e-ar r s •p-*^ -rs-r Erub. 5 :i a—yr rs p a y : - s ' i 8 1 E P P B « -s-a Pes. 5 s ist die F r a g e fortgefallen, wie 5 » '-o 's"5 und im Anschluss 7 1 'EH '« ^ I I S ISRS beweist; S u c c a 4 i an den Schluss V ^ C E PK r - i i 4 s 's-r 'a-y'-s-j 4 a-s-i a-jn -po"J RH 23 TS"»-: r-rr -s*s 2 6 -p-a rs-s Taan. 2 i -s-: Chag. 3 8 -s-s. — Diese durch 2 Sedarim von uns verfolgten Sätze bilden fast die Ueberschriften zu unserem Zsh. d. M. I, worin A und A s dargestellt wird. Dies erübrigt uns die Beibringung weiterer Beispiele.) Ein Bruchstück aus der in Berakhot verarbeiteten Tempelmischna ist 9 r> R-an -ri s:i m KI .. N-TIAN - Y A - ; J S PN C-K IP* »'; .np'p'ii N^--3tp bi'v pa's'a- insrVai iVyjtsai Apaa Hier ist der Stabreim und die alphabetische Folge sicher, so dass wir A 2 Mein, vor ups haben. Geradezu gegensadduzäisch ist der Schluss '•=-= "srir bis abiyn - r t W r i«. ( Z . d . M . I I 6 0 . ) b ) S. Sodann haben wir mit S zu thun. I3 a-ya «"»a •s—a N--p '-s s'V-ai ' n-y- -paai w D-N is ist als Ausgestaltung von 11 und 2 anzusehen (S steht öfter mit den Meemathisätzen in Verbindung, da diese Quelle aus A 2 hervorgeht. S. w. Scheb. § 6 b), erwähnt daher auch den Abend zuerst und dann den Morgen, während 1 1 -n»a sich schon in A 2 an das zweite •p-:-si3 schloss. Die Schammaiten verlangten schärfste Ausprägung jeder Einzelmizwa in ihrer Unterscheidbarkeit von der anderen. 65 nennt nur Bct Schammai; der Gegenstand gehört aber zu S, denn "«-» 1" und die Beschränkung der Berakha entspricht dem nun zu betrachtenden Abschnitte 8,
8
I. Berakbot.
ja, selbst dem Schlussabschnitte von Pesachim, der ähnliche Fragen enthält. Selbst der A u s d r u c k r t - i weist dorthin (Pes. 10s, das sich an S und die Miscbna Pes. l Ü 2 = B e r . 81 anschliesst). Abschnitt 8 verdient besondere Beachtung. Die Schulen wenden sich von den Gegenständen des Werktags ab und betrachten den Festtag und die Festmahlzeit, den Kiddusch und die Habdalah. Bei der engen Verbindung von Berakhot mit Moed blicken wir hier nach Sabbat und noch mehr nach Pesachim. An Pes. erinnert 81,2 rtt •p , 1 -=Pes. 10 2, 4, 7; 81 entspricht in etwas 875 an S a b b a t mahnen uns 83 t--napu 84 15 y-asa, da Sabbat 213 beides in e i n e r Mischna vereinigt, pisxy irVwr: ^ •¡•rvs:» etc., dann ynjp» '"= J:EC- S hatte B e r a k h o t und Moed n o c h z u s a m m e n . (Zshg. d.M. 1131.) Es hat einst S in alphabetischer Folge gegeben, soweit es sich an A 2 anschloss, wie auch gleiche Anlaute beabsichtigt wurden (aus Mem. hervorgehend). 8 1 sind die Streitpunkte und o-r; 82 ovr, s^b; 8 s nts (da es auf den Stammlaut ankommt, nicht auf Vor- oder Schlusssilben); 84 d>~ ya:«; 85 niua «in; 8 6 fis^b tust; 87 isss, "p"i; 8 s cc y-, ;k-b!', -Pt. Diese Glieder sind aus ihrer alphabetischen Ordnung gerissen worden, aber die Kennzeichen sind nicht ganz verwischt. Auch der G e i s t der Schulen verleugnet sich nicht. Der Wein rückt hinter den Festessegen und hinter das Händewaschen; die Reinheitssatzung gilt solange wie möglich, bis nach dem Abräumen der Tische; die W o h l g e r ü c h e (D-roa) rücken soweit wie möglich an den Schluss; wer die Berakha vergessen, muss zum Orte der Mahlzeit zurückgehen; der Wein bildet weder den Anfangs- noch den S c h l u s s p u n k t des Ganzen. Dies Zurückdrängen der Lebenslust und der Genussmittel kennzeichnet den Schammaiten; beim Hilleliten das gerade Gegentheil. Die beiderseitige religiöse Strenge tritt 8 c und 8 7 Schluss hervor. c) J E . Der Erste der in Berakhot auftretenden Tannaitcn ist Elieser, der für das Schema der Nacht als Schluss der Gebetszeit das Ende der ersten Nachtwache festsetzt; Josua, sein Genosse (in x versteckt), gestattet es bis M i t t e r n a c h t . Desgleichen beim Schema des Morgengebetes, wo E schon
§ 5d.
Quellenscheidung-.
Ak.
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beim Ansetzen der Anfangszeit betheiligt ist und als Endpunkt den Sonnenaufgang nennt, während J es noch 3 Stunden später erlaubt. J erleichtert auch bei der Tefilla 4s, täglich ein kurzes Gebet gestattend. 4 4 will E ein stets anders lautendes Gebet (während J auch die kurze Formel für die Stunde der Gefahr wörtlich festsetzt) den Abschiedssegen vom Sabbat (Habdalah) 5 s in das Dankgebet einschiebend. 7 s verlangt er fttr die Berakha die Versetzung des Weins mit Wasser (gegen x = J ) , eine schammaitische Mischna vortragend (s. 8B). E rundet die Halakha nicht einfach verständlich ab, sondern prägt ihre Eigentümlichkeiten scharf ans. Daher 1 i W - '-•«»« statt r'xn, daher 4 3 ein dem Augenblicke sich anpassendes Gebet statt der allgemeinen Gebetformel; der erschwerende Standpunkt verbindet sich damit, wo er ~rtr: -,•=als Endpunkt für das Aussprechen des Morgenschemil festsetzt; die Verdiinnung des Weines (vgl. mit 81) entspricht der schammaitischen Zuriickdiängung der Genussmittel. So führt die Linie von BS zu E hin, und J stellt die hillelitische Gegenlinie dar: Nicht die äussersten Erschwerungen festhalten — die Ecken der Halakha abschleifen, damit sie befolgt und begriffen werden könne. d) Ak. Ak vermittelt 43 8« in den Kämpfen zwischen Gamaliel und seinen Genossen. G verlangt täglich das Achtzehnergebet, Josua genügt die kurze Inhaltsangabe. Ak. gibt (cf. o. J E zu 4 s) G Recht, wenn das Gebet dem Betreffenden geläufig ist, J , wenn dies n i c h t der Fall. 6 s verlangt G nach Feigen, Trauben oder Granatäpfeln das volle Tischgebet, J nur dessen inhaltsgleiche Kürzung; Ak entscheidet wie G, wenn das Genossene als Hauptspeise gilt. Nicht ßo entschieden kennzeichnen sich 52, wo die Habdalah als besondere vierte Berakha erscheint (gegen x und E ) ; 7s, wo er gegen Jose Hagelili in As eine stets gleichartige Simmunformel verlangt wie J gegen E 4t. Ak neigt zu J mehr als zu E hin. Das zeigt auch die Tosscfta. Ii überliefert sie ein Wort Simons, das sonst auf Ak zurückgeführt wird, wonach das Abend-Schema (weit abweichend von E) noch vor dem Aufgehen des Morgensterns,
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I. Berakhot.
nach e i n e r Ansicht (Gemara) selbst vor Sonnenaufgang gesprochen werden darf. Bedenke man, dass J dies Morgenschemä noch drei Stunden nach Sonnenaufgang gestattet, E nur bis zu diesem Zeitpupkt, um den Gegensat/, zu E und den Anschluss an J zu erkennen. In der Toss. 415 beeilt sich Ak, gegen G nach J zu entscheiden; 41« trägt Ak Agadisches im Lehrhause J ' s vor, dessen Schüler sich damit befassen. e) Ak2. Zur älteren Akibaschule gehören Ben Sorna und Ben Asai. Mit ihnen in Verbindung zu stehen scheinen Namen wie Nechunja ben Hakana (4s) und Chaniua ben Dosa (5 5). Bekannt ist Nechunja's Gebet iMrs'ai •¡'sn-ai ire-»a 4 8; man vergleiche damit 9 4, wo beim Eintritt in eine Stadt und beim Verlassen derselben incs-a ki irs-asa verlangt wird, was Ben Asai noch v e r d o p p e l t . 42 -p^n ?»'irin •¡nu. hier "ayoV »nn •¡n-a; Nechunja's — i» «''» gleicht Tossefta 712 beim Ein- und Austritt aus dem Bade V " " " '«i- Der D a n k beim Verlassen des Lehr- oder Badehauses beginnt Toss. wie Gemara •:» mi» T « ' - Neben Ben Asai findet sich oft Ben Sorna (Toss. 7 2). W a s nun den Wunderthäter Chanina ben Dosa betrifft, so ist Ak's irVrr n-ws DX 4 3 die Voraussetzung zum gleichen Satze Chan. b. Dosa's 5r>. Ganz in dessen Sinne legt die Toss. dem Ak noch ein -E(3 3) bei und überliefert in Ak's Namen wr'rra r — r m » Vs, welcher Satz nach Abot 3 11 Chanina ben Dosa angehört. Abd r. N. E n d e 21 wird das liier in den Gemarot Necli. zugeschriebene Gebet t ^ "•»= a u c h A k in den Mund gelegt. Die leitenden Namen sind dort auch Dosa ben Harchinas, Chanina ben Dosa, Nech. b. Hak. (Ab. III), ü n d auch l i i e r , Toss. Ber. 34, steht Ben Asai mit einem -V HE- •¡i-c in der Nähe. Das sind Sätze der älteren Ak-Schulc. Nechunja ben Hakana war Ak's Lehrer, vielleicht auch Chan. b. Dosa. Ben Asai hat dem Ak öfter alte Ueberlieferungen im Namen J ' s ( T a a n i t 4 i Joma 23) übermittelt. Dem Satze Nechunja's g e h t (Mischna 4 1) die Maaribhalakha voraus, die sicher J angehört. (Ber. 28a). Bald darauf kommt Ak mit T i e r n w =s(4 3, wie Chan. b. Dossai, dann J E mit dem Gebete in der Gefahr, anschliessend die Erzählung von Chan. b. Dosa (5 s ß). Die
§ 5 f.
Quellenscheidung'.
Jd.
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Schlussstellen des Traktats, von Beil Asai überliefert, schliessen Her. 9 3 mit s;'; - r y s -s-u-. was ein wirksames Schlusswort scheint (S. Abot II Ende). Da hier weniger strenge Halakhisten, als Männer der V e r i n n e r l i c Ii u n g, j a , der K a b b a l a reden, so wird 5 i r""5"' mit -=•=, dem Gegentheile von rs- p-fep (Abot 317 Ak), mit der Verachtung j e d e r Gefahr ebenfalls in diesen Kreis gehören. f ) M setzt 2 1 ein, wo, die Zeit des Schema vorausgesetzt, =;n rsvs als Hilfsbegriflf hinzukommt, ersteres aus Ber. I, dies aus der älteren Ak'scliulc stammend. Das Lesen in der T h o r a trifft hier mit dem Schema zusammen. Neu unterschieden wird die Unterbrechung zwischen den Abschnitten (=-p-E=) oder in deren Mitte (ssw:) und gefragt unter welchen Umständen der Gruss erlaubt ist, aus Achtung oder aus Menschenfurcht. liier steht M neben J d . 23 ß; und rwsi *-p kann auch M gehören; s. Meg. 2 i . Das Vorhandensein von J d . hat das Vorausgehen von M als T K . zur Regel, und so dürfen wir, wie oben diese Quelle T h o r a lernen und Schema zusammenbrachte, 3 i (Todtenbestattung und Schema) d a s s e l b e annehmen. Die Verästelungen, Leichenträger und Ehrenreihen (2 2) betreffend, weist Toss. 211 ß J d zu; so liegt M dem Ganzen zu Grunde; ebenso 3 1 (Verhältnis» des - - -y- zu den Gebeten), fortgesetzt 3 5, das schon wegen der Aehnlichkeit mit 3 2 ' hier k-b .. r-iss dort '-"='" sVs '---r-'- --bi;- as) hierliergehört, woran sich 3 n gut schliesst. In die S t ü c k e der älteren Schule greift M n 2 ein, wo E bei Habdalah hinter Ak. steht. 61—7 (Berakhot des Genusses), von J d begleitet, ist auch M, ebenso die Simmunbestimmungen 7 1, 2, die sich 7 4 fortsetzen. Durch abgrenzende Halakhot wird der Glaube gegen Ketzereien geschützt. 5 2 n"ma '-a3 i"; n-rra -vt sin® m-ai mu Vaa; (Mem. All. Besser als MM -hi -k-c -k -tn da der Stabreim dadurch gestört wird) also Mx = Ak. g) M erkennt man am besten durch den Gegensatz zu Jd. 21 ß fügt Jd zu den Begriffen « b k , a-pita, --35m, -je* noch und a-oi, zwei weitere halakhische Möglichkeiten hinzu. 2ta bei Angabe der Abschnitte verlangt Jd (r--ets r ^ -,-3) ein unverkennbares Gottesbekenntniss. Gegen M unterscheidet er 2 8 zwischen lautem und leisem Aussprechen (Gemara Ber. 15 ß M tr-3-:n in in sin rsns -ns) und verlangt die einzelnen Laute auszuprägen. 3 2 ist er es, der (Toss. 2 11) beim Vorhandensein selbst blos e i n e r Reihe von Folgenden oder bei der Leichenrede die überzähligen Begleiter zum Lesen des Schema verpflichtet. 3 4 gestattet er dem Baal Keri alle Segenssprüche bei Schema und dem Tischgebete oder Genüsse. 3 g erlaubt er verschiedenen Unreinen die Gebete ohne Tebilah. Er beseitigt also alle Hindernisse zur Ausführung einer Glaubenspflicht, selbst durch gesetzliche Erleichterung. Die Gebetszeiten (41) setzt Jd ('wie E 11 und 2) früher als a an, wodurch die Zeit der Tamidopfer sich scharf kennzeichnet. 5s gestattet er das Mussafgebet nur bei einem Stadtverbande, d. h. bei zehn Personen, an das öffentliche Opfer der Tempelzeit eriunernd. Sondernd dringt er auf neue Unterschiede bei den nmn rc-u. Da verlangt er (6 1 ß) für Gräser eine besondere Berakha, schliesst ß 3 die nttp überhaupt aus, hebt dagegen 64 die Arten, die den Ruhm des heiligen Landes in der Thora ausmachen, also der Ausdruck des göttlichen Segens sind, zur Bevorzugung bei der Berakha hervor. (Die Schiurim 7 t als Voraussetzung für's Tischgebet gehören Jd M mit gleichem Rechte an, s. Pesachim Ende 3 und R. Jochanan zu unserer Stelle.) Auch der Anblick des W e l t m e e r e s (9a) erheischt einen besonderen Segensspruch. Genau zu erkennen ist der Schluss der Jd-Quelle: l s ->-d t;» rs dtk vh it>p« r-3r -rA c::^ (MM -W-rs-, doch -Vyser besserer Stab-
5 5 h.
Quellenscheidung.
N.
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reim, vielleicht kann dann •»•'«-rai folgen D. S. 288) •Awsai -yi a'.-jr yi rn® m;-: »nnr: '5: " — « • — r a t ? •auy "•b:^ 's»® paxü a'iisn. In einen Satz aus A 2 mündet die Jd-Quelle ein, da nicht M, sondern Jd derselben nahesteht. Während M nur das einfach Gesetzliche, das augenblicklich Gültige beachtet, trägt Jd die neuen Gesichtpunkte hinein, prägt gleich den Schammaiten und E die gesetzliche Handlung scharf aus und ermöglicht ihre Ausübung nach Kräften. Bedenklichkeiten der jüngeren Zeit beseitigt er. Die älteren Theile, die Tempelmiscbnas erinnern an i h n , wie manche geschichtlichen Bemerkungen. Die Voranstellung E's Ii, der Midrasch ls, die Erzählung R. Tarfons, das Schlusswort EbA betreffend ls (man beachte die Erwähnung Ben Soma's) sind von der Schule Jd's eingeführt. Im Namen EbA's spricht er nach dem Zeugniss der Gemara (Berakhot 15 b), in dessen Namen führt er 4g an; ihm wird auch angehören, was von der älteren Schule Ak's erzählt wird (besonders zu beachten ist 5 s, wo in den Baraithot der zumeist bei Jd vorkommende Jochauan ben Sakkai genannt wird). Bei ihm nimmt nicht Ak und J die erste Stelle ein, sondern E, EbA und Tarfon, vielleicht auch Ismael; was die Mischna lebendiger, reger und mannigfaltiger macht, ist Sache Jd's, was sie einfacher, nüchterner und übersichtlicher macht, kennzeichnet M. h) Um N zu finden, müssen wir unter den Schülern Ak's Jose betrachten. Neben Jd behandelt er die Frage, ob das Schema h ö r b a r gebetet werden müsse, in erschwerendem Sinne (2 3); er schliesst sich hier is. Gemara 15) gegen seine sonstigen Ansichten dem durch Rabbi vertretenen Nassihause an. Dass wir hier N vor uns haben, zeigt 2 4, worin den Arbeitern (s. S. XVII) das Schemälesen auf Bäumen oder Baugerüsten gestattet wird (im Gegensatz zur Tefilla); zeigt das von N behandelte Eherecht, das hier (2 4) den Bräutigam bis zur Sabbatnacht nach der Hochzeit (s. Kethubot Anfang) vom Schema befreit. Nun werden einige Maassemischnas aus dem Leben G's eingeschoben. Er betete das Schema in der Hochzeitsnacht, badete in der ersten Nacht nach dem Tode seiner Frau und liess beim Ableben seines Tobi die Trauergebräuche üben.
14
I. Berakhot.
(Keth. 6 regelt die Baraitha im Sinne und Namen G's die Trauer- und Hochzeitsbräuche gemeinsam.) In diesen drei Fällen stellen ihm die Schüler unter der Formel w -ir-™; vor, er habe selbst umgekehrt entschieden; er begründet den abweichenden Brauch. Dies sind die oft erwähnten Bet-Abba-Halakhot, die Minhagim des Nassihauses, wo im Namen G's I., II. und SbG's uns nicht strenghalakhische, aber geschichtlich durch den Brauch begründete Satzungen vorgeführt werden, oft unter dem Widerspruche der strengen Halakliisten. Diese Quelle erkennt man an den griechischen Ausdrücken, wie d-jucx ( = daeevii?). Gestattet die Hauptquelle (MJd) 2 s jedem Bräutigam das freiwillige Schemälesen, so beschränkt SbG dies als eiu Recht für besonders Würdige, in Uebereinstiinmung mit der 2 r, ß. Diese erzählenden Sätze sind auf J s zurückzuführen, soweit sie sich auf N beziehen, während sie s o n s t mehr das Werk Jd's sind. Js gehört demnach auch das Einschiebsel 1 i von den Söhnen G's, das sich ebenso wie 2 s ß an's Vorhergehende scbliesst und die Halakba ihrer Unbedingtheit entkleidet. G stellt weiterhin in Verbindung mit J E an erster Stelle 4.i. Dass hier ein dem Nassihause freundlicher Geist gewaltet, zeigt uns schon 41 yz- n's v« '-'-Er. Dahinter verbirgt sich der Satz J ' s m r r'-rr, um welchen G gegen ihn am T a g e der Einsetzung EbA's gestritten hat. Dass der Nassi (s. Ber. 2