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German Pages 567 [568] Year 1917
DIE
LEBENSANSCHAU UNO EN DER G R O S S E N D E N K E R EINE ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES LEBENSPROBLEMS DER MENSCHHEIT VON PLATO BIS ZUR GEGENWART VON
RUDOLF EUCKEN ELFTE AUFLAGE
LEIPZIG V E R L A G VON VEIT & COMP. 1917
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage. Bei aller Veränderung im einzelnen hat unser Werk in der zweiten Auflage den Plan der ersten durchaus festgehalten. Es möchte durch eine geschichtliche Vorführung der Lebensanschauungen der großen Denker zunächst dafür wirken, daß die Helden des Gedankens nicht bloß wie leblose und gleichförmige Schatten an uns vorüberziehen, sondern daß ihre Gestalten Fleisch und Blut gewinnen und zugleich einen eigentümlichen Charakter zeigen; so allein kann die K r a f t und Leidenschaft, welche ihre Schöpfungen durchströmt, auch unserer eigenen Arbeit zufließen. Insofern darf das Werk sich als ein Supplement zu allen Darstellungen der Geschichte der Philosophie geben, ohne sie irgend ersetzen zu wollen. Zugleich aber hofft es der Philosophie selbst einen Dienst zu leisten, indem es eine Art Einleitung in ihre Hauptprobleme bietet. Die Lebensanschauung eines großen Denkers läßt sich nicht entwickeln, ohne daß diese Probleme deutlich zur Sprache kommen, sie müssen sich hier, in dem Zusammenhange mit dem Ganzen der lebendigen Persönlichkeit und ihrem starken Verlangen nach Glück, besonders durchsichtig und eindringlich darstellen. Endlich k ä m p f t das Werk für einen engeren Zusammenhang der Philosophie mit dem allgemeinen Leben. Die gegenwärtige Spaltung, die Gleichgültigkeit weiterer Kreise gegen die Philosophie und die Abschließung der Philosophie zu einer gelehrten Fachwissenschaft, ist ein großer Schaden f ü r beide Teile; es gehört zur Gesundung unseres geistigen Lebens, daß
IV
Vorwort
man sich wieder mehr um einander kümmere. Ist aber nicht die Lebensanschauung ein Punkt, wo die philosophische Arbeit dem reinmenschlichen Interesse besonders nahe k o m m t ? Sollte es nicht alle Gebildeten treiben, bei einer Frage, die so sehr unser eigenes Glück angeht, eine Fühlung mit den Meistern des Gedankens zu gewinnen? J e n a , im Herbst 1896.
Vorwort zur elften Auflage. Die Lebensanschauungen der großen Denker haben durch die Reihe der Auflagen hindurch manche V e r ä n d e r u n g erfahren, ich w a r unablässig b e m ü h t , an dem Buche zu feilen u n d es auch inhaltlich
zu verbessern.
Durch
alle V e r ä n d e r u n g
ist a b e r sein G r u n d g e d a n k e beharrlich festgehalten. blick
und
eine W ü r d i g u n g
gung
des
Lebensproblems
der läßt
hindurch Ein Über-
gesamtgeschichtlichen
Bewe-
sich
Weise
in verschiedener
versuchen, m a n k a n n sich dabei ganz wohl in einen geschlossenen G e d a n k e n k r e i s stellen und an ihm alle Leistung messen, von ihm aus ihre ganze Fülle in ein Für oder Wider zerlegen.
Das
h a t den Vorteil einer schärferen Beleuchtung und einer direkteren N u t z a n w e n d u n g , es kann den Leser wohl auch u n m i t t e l barer erregen und m e h r zur P a r t e i n a h m e zwingen.
Aber es
h a t das die Gefahr einer Verengung, die Gefahr auch Anlegens ten hält
fremder
Verteilung von ein
gutes
Maße
an
die
Licht und
Recht
eine
Dinge und
Schatten.
Behandlung,
einer
eines
ungerech-
Demgegenüber welche
vor
be-
allem
darauf b e d a c h t ist, die Gedankenwelten in ihrem eignen Wollen u n d Wirken zu erfassen u n d sie möglichst u n g e t r ü b t
vorzu-
das Positive zu
sehen
u n d zugleich die Bewegung mehr als ein gemeinsames
Werk
f ü h r e n , an
den
Leistungen
der Menschheit zu verstehen.
möglichst
N u r so lassen sich die verschie-
denen Aufgaben, die den menschlichen Geist beschäftigten und beschäftigen müssen, in gerechtem
Gleichmaß würdigen
und
z u e i n a n d e r in Beziehung setzen, n u r so läßt sich der Gesamte r t r a g des menschlichen
Strebens ruhigen Sinns
überschauen.
VI
Vorwort
Eine solche vornehmlich auf innere Erweiterung und Befestigung bedachte Art der Behandlung scheint besonders berechtigt in einer Zeit, die so sehr in Sekten und Parteien auseinandergeht und so sehr innerer Sammlung bedarf, wie es die unsrige t u t ; an ihrem Teile mag solche Behandlung zur Stärkung des Bewußtseins gerrreinsammenschlicher Geschicke und Ziele wirken. Auch die Stürme des Weltkrieges konnten uns in solchem Streben nicht beirren. Was die neue Auflage betrifft, so ist sie gegen die vorangehende mehr verändert als diese gegen die früheren. Nicht nur ist wiederum die Darstellung klarer und lebendiger zu gestalten gesucht, nicht nur sind einzelne Abschnitte teilweise umgearbeitet worden, wie namentlich die über Plato und über Kant, es trieb auch die durch den Weltkrieg herbeigeführte Lage zu verschiedenen Änderungen. Daß die Neuzeit auch in ihrer inneren Art viele ungelöste Probleme t r ä g t , das wird uns durch jene recht deutlich vor Augen gestellt; solche Einsicht aber mußte auf die Behandlung der Abschnitte wirken, welche eine Übersicht unternehmen, namentlich trieb sie zu neuen Schlußkapiteln. Stofflich aber schien es bei aller Wahrung des Strebens nach Universalität geboten, in einer Zeit heldenhafter Anspannung des deutschen Volkes seine Helden des Gedankens eingehender darzustellen als bis dahin geschehen war; denn so wenig das Buch ausschließlich für Deutsche geschrieben ist, wie schon seine zahlreichen Übersetzungen in fremde Sprachen bekunden, an erster Stelle ist es für Deutsche geschrieben und soll Deutschen etwas sein. Möge sich denn das Werk in der neuen Bearbeitung die alten Freunde erhalten und neue dazu gewinnen! J e n a , im September 1916. Rudolf Eucken.
Inhalt Seite 1
Einleitung Erster Teil Das Griechentum. A. Die Denker der klassischen Zeit. 1. Vorbemerkungen über griechische Art und Entwicklung 2. Plato. a. Einleitendes b. Die Ideenlehre c. Die Lebensgüter d. Weltflucht und Wcltvcrklärung e. Das Gesamtbild des Menschenlebens f. Die einzelnen Lebensgebiete. a. Die Religion ß . Der S t a a t y. Die Kunst